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Full text of "Geschichte des Alterthums"

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1 


Geschichte 
des  Altertums: 


Bd.  Geschichte 


des  Orients  bis 
zur ... 


Eduard  Meyer 


I  1 
I  • 


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GESCHICHTE 

DES 

ALTER THUMS 

EDUARD  ]I£Y£B. 


£BST£E  BAND. 

QESCHIOHTE  DS3  OBIENTS  BIS  ZUB  BEaBOin>ÜNa  DES 

FEBSEBBBIGHS. 


STÜTTOAKT. 
VEBLAO  DER  J.  G.  OOTTA'SCHEN  BUCHHAIIDLUKO. 

1384. 


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All»'  Rechte  vorbehalten. 


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•nur 
\ 


fSma  UBBSK  UIRIB  UND  TiTBKUOmil  FIBORDa 

DIRECTOR  Dit  JOHANNES  CLASSEN 

IN  HAMBURG 


IN  DAKKBABER  TREUE 


GEWIDMET. 


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Vorwort 


Als  vor  mehr  als  vier  Jahren  die  Verlagrsbuchhandlung 
die  Aufforderung  an  mich  richtete,  eine  um  lassende  Darstel- 
lung der  Geschichte  des  Alterthiinis  zu  unternehmen,  welche 
zujrleich  das  historische  Material  in  handbuchartip:er  Form 
enthalten  sollte,  hat  mich,  dieselbe  anzunehmen,  in  erster 
lAme  der  Umstand  bestimmt,  dass  es  mir  durch  den  Ganc^ 
niMDer  Studien  vergdnnt  war,  auch  auf  orientalischem  Ge- 
biete fast  durchweg  aus  den  Originalquellen  zu  schöpfen.  Für 
den  ersten  Tbeil^  die  Geschichte  des  alten  Orients,  musste 
es  meine  n&chste  Aufgabe  sein,  die  Eigenart  der  einzelnen 
V51ker  möglichst  bestimmt  hervortreten  zu  lassen  und  der  kritik- 
losen Vermengung  alles  »Orientalischen«,  welche  die  ältere 
Auffassung  von  der  Geschichte,  dem  Leben  und  dem  Denken 
der  pranz  verschiedenartig  veranlaprten  Nationen  beherrscht  hat 
und  auch  jetzt  noch  in  weiten  Kreisen  die  Herrschaft  be- 
hauptet, nach  Kräften  entgegenzuwirken.   Erst  im  Verlaufe 

Arbeit  erkannte  ich,  dass  es  wissenschaftlich  zulässig 
nnd  damit  zugleich  geboten  war,  Qber  dieses  Ziel  hinauszu- 
gehen, die  internationalen  Beziehungen,  welche  schliesslich  zu 
der  grossen  Vdlkerverschmelzüng  geführt  haben,  in  der  Politik 
wie  im  Gulturiehen  nicht  nur  m  den  allgemeinsten  Umrissen, 
sondern  vielfach  auch  im  einzelnen  zu  zeichnen  und  damit 
den  einzelnen  Völkern  ihre  Stellung  in  dem  grossen  Ganzen 
des  historischen  Lebens  anzuweisen.   So  ist  die  Anlage  des 


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» 


VI  Vorwort. 

vorliegenden  Werkes  entstanden.  Es  wurde  dadurch  ein 
freierer,  umfassender  Standpunkt  gewonnen,  der  hofifentlich 
auch  der  Geschichte  der  einzehien  Völker  zu  gute  gekommen 
ist.  Gar  manche  auf  den  ersten  Blick  isolirt  dastehende 
Notit  hat  sich  einem  grösseren  Zusammenhange  .eingefügt,  die 
Wechselwirkung  der  ftusseren  und  der  inneren  Zustftnde  konnte 
vielfach  in  ein  noucs  Lirht  ^^erückt  werden.  Wie  umfang- 
reich die  Lüi  kell  sind,  \vel(  lie  in  der  Geschichte  der  einzelnen 
A  Iker  ebensogut  wie  auf  dem  eben  berührten  universaleren 
Gebiet  klaffen,  wie  vielfach  wir  nur  tastend  auf  wankendem 
Boden  vordringen  können,  habe  ich  auf  Schritt  und  Tritt 
empfunden.  Gar  manche  Frage,  die  sich  uns  aufdrängt,  wird 
das  uns  erhaltene  Material  nie  zu  beantworten  gestatten ;  doch 
hoffe  ich,  dass  in  Tiden  F&llen  gerade  die  von  mir  gewagte 
zusammenfossende  Behandlung  die  Anregung  zu  weiteren 
Untersuchungen  geben  wird,  deren  Resultate  weit  über  das 
hier  Gebotene  hinausführen. 

Bis  zu  welchem  Umfange  es  erstrebt  worden  ist,  das 
Material  vollständig  zu  geben,  wird  der  Leser  leiclit  erkennen; 
dass  dies  Ziel  iiucii  nur  annfiliernd  erreiebl  worden  sei,  wage 
ich  nicht  zu  hoilen.  Dagegen  ist  es  nie  ineine  Absicht  ge- 
wesen, die  neuere  Literatur  über  emen  Gegenstand  in  biblio- 
graphischer VoUst&ndigkeit  zusammenzustellen;  mit  wenigen 
Ausnahmen  habe  ich  nur  Schriften  citirt ,  die  ich  seihst  in 
Hftnden  gehabt,  und  die  mir  eine  Förderung  der  Wissenschaft 
zu  enthalten  schienen.  Gar  manche  werthvolle  Werke  und 
Aufsätze,  die  ich  gern  benutzt  hätte,  sind  mir  freilich  hier 
unzu^^in^'lieb  geblieben,  manches  andere  werde  ich  übersehen 
Iiaben.  Was  mir  von  n(»uentdeckteni  Material  während  der 
Ausarbeitung  l)ekannt  gevvordi  ij  ]<[,  habe  ich  möglichst  nach- 
getragen; dagegen  wird  man  mir  verzeihen,  dass  ich  um- 
fEissendere  Werke  über  die  hier  behandelten  Gegenstände,  die 
mir  erst  während  oder  nach  der  Vollendung  der  betreffenden 
Abschnitte  zu  H&nden  gekommen  sind,  nicht  mehr  berück- 
sichtigt habe,  z.  B.  Hommel's  Semiten,  1882,  Rcuss*  Geschichte 
der  heil.  Schriften^  Alten  Testamentes,'  1881,  MiLcaaöRR's 


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Vonfort. 


TU 


Anf&Dge  der  Kunst  in  Griechenland,  1888;  Degegoi  bedaure 
icb|  DcHif*s  Theologie  der  Propheten,  1875,  denen  Aufiusnng 
sich  mit  der  meinigoi  in  vielen  Ponkten  berOhrt,  nidit  recht- 
zeitig eingesehen  zu  hah«n. 

Nur  liul  grossen  Bedenken  habe  ich  den  Abschnitt  über 
das  Avesta  und  die  Eni  Wickelung  der  iranischen  Religion  ge- 
schrieben, da  ich  mich  mit  dem  Zend  nie  näher  beschäftigt 
habe.  Ein  Eingehen  auf  die  äusserst  verwickelten  Fragen, 
die  hier  ihrer  Beantwortung  harren,  war  durch  den  Plan  des 
Werkes  geboten,  nnd  wie  wenig  es  möglich  ist,  sich  hier  den 
gangbaren  Ansichten  einfach  anzuschllessen,  weiss  jeder,  der 
sich  auch  nur  oberflächlich  mit  diesen  Dingen  befasst  hat 
Wenn  zukünfüge  Forschungen  ergeben  sollten,  dass  das  Avesta 
doch  in  weiterem  Umfange  als  Quelle  für  die  ältere  Zeit  be- 
nutzt werden  darf,  als  ich  es  thnn  zu  dürfen  geglaubt  habe, 
so  wird  die  hier  gegebene  Darstellung  dadurch  insofern  nicht 
gesiliädigt  werden,  als  sie  nicht  umgestossen,  sondern  nur 
weiter  ins  Detail  nusgeführt  und  lobondigcr  gestaltet  wird. 
In  der  Geschichte  ist  überall,  wo  wir  keinen  festen  Boden 
unter  den  Füssen  haben,  ein  zu  wenig  besser  als  ein  zu  viel. 

Von  sonstigen  Einzelheiten  will  ich  nur  noch  erwähnen, 
dass  ich  bedaure,  bei  der  Darstellung  der  a^gyptischen  Re- 
ligion nicht,  wie  bei  den  übrigen  Religiotten,  von  der  Volks- 
religion, sondern  vom  Cnlt  der  Lichtgottheiteii  ausgegangen 
za  sein. 

Der  zweite  Band  dieses  Werkes  soll  die  griechische  Ge- 
schichte und  die  Zeiten  des  Perserreichs,  der  dritte  die  helle- 
nistische Zeit  behandeln ;  ich  hoffe  dieselben  in  nicht  allzu 
grossen  Pausen  folgen  lassen  zu  können.  Ob  es  mir  möglich 
sein  wird,  auch  noch  die  römische  Geschichte  zur  Darstellung 
zu  bringen,  muss  der  Zukunft  überlassen  bleiben. 

Allen,  die  mir  mit  Rath  und  That  bei  dieser  Arbeit  geholfen 
haben,  sage  Ich  hier  meinen  besten  Dank.  £ine  Reihe  werth- 
voller Bemerkungen  verdanke  ich  den  Herren  CaR^BARTHOLOiufi, 
Fbbdrigh  Diutzsgh,  Gbobo  Ebers,  H.  HUiPfocBT,  Tb.  Sgrrsiber, 
Ganz  besonders  verpflichtet  aber  bin  ich  meinen  lieben  Freunden 


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vin 


VutWOIl. 


Adolf  Erman  und  Hermann  Guthe,  von  denen  jener  die  auf 
Aegypten  bezüglichen  Abschnitte  revidirt  und  mir  specieU  be- 
treffs der  lYaiiscrfplion  sehr  wertbvolle  Bemerkungen  gegeben, 
dieser  eine  Gorrectur  des  ganzen  Bandes  gelesen  und  mich 
an  zahlreicben  Stellen  m  prägnanterer  und  klarerer  Formn- 
lirung  meiner  Ansieht  Teranlasst  hat. 

Zum  Schluss  sage  ich  Hcriii  l'iarrer  G.  Pleibel  in  Zazen- 
lictü^en  bti  Cannstatt  für  die  sorgfältige  Ausarbeitung  des  Index 
meinen  besten  Dank. 

Leipzig,  den  17.  ^^ovember  1883. 

Eduard  Heyer* 


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Inhalt. 


Seite 

Einleitung   1 

Elemente  der  Anthropologif  §,  1  — 10.  Anthropologie  und  Ge« 
schichte  §.  11.  12.  Inneres  Wesen  der  Geschichte  §.  13 — 16. 
Aeussere  Bedingungen  der  Geschifhte.  Das  historische  Material 
§.  17  — 19.  Allgemeiner  Charakter  der  Goschichtsschrcihutig  §.  20. 
Chronologie  §.  21.  22.    Geschichte  des  Alterthums  §.  23  —  27. 

Erstes  Buch. 
Geschichte  Aegyptens  l)is  zum  Ende  der  Hykgosteit. 
Quellenkunde  zur  aegyptischen  Geschichte  29 


Die  Hieroglyphenschrift  §.  28.    Denkmftler  und  Schriristeller 

S.  29-32.   Chronologie  §.  83-41. 

47 

Die  Aegypter  und  ihre  Nachharn.    Alter  und  Charakter  der 

aepvptischen  Cultur  §.  42—45.  Anfinge  des  aegyptischen  Staates 

§.  40—49.    Organisation  des  Staates  §.  60—53.    Religion  der 

Aegypter  §.54— 69  (Der  Todfendienst  §.  61— 64.  Moral.  Priester- 

ßchafl.   Theologie  luid  Mysterien  §.  65 — G9).   Materielle  Cullur. 

Kunst  und  Literatur  §.  70-74. 

91 

Vierte  und  fünfte  Dynastie       75  —  79.    Kunst  und  Literatur 

§,  80.  81.    Religiöse  Entwickelung.    AnfSnge  der  Osirisreligion 

S.  82-85. 

102 

Sechste  bis  zehnte  Dynastie  §.  86 — 90.  Culturentwickelung. 

Aushildung  der  monotheistischen  Geheimlehre  §.  91  —  94. 

118 

Elfte  Dynastie  §.  05.  96.  Zwölfte  Dynastie  §.  97—101.  Literatur 

und  Kunst  §.  102-104. 

X  Inhalt.- 

V.  Verfall  des  tbebanischen  Reichs.  Anarchie  und  Fremdherrschaft.  126 
Dreizehnte  Dynastie  §.  105—107.    Die  Fremdherrschaft  §.  108 
bis  112.    Culturentwickelung.    Abschluss  des  Aegypterthums 
§.  113-118. 

Zweites  Buch. 
Altbabylonischc  Goechichte. 

Qiielleiikuiiile  zur  liahyloniscli-asgyrischen  Gest^nciite     .    .    .    .    .  145 
Die  Keilschrift  §.  119.  120.  Quellen  und  neuere  Werke  §.  121 
bis  124.    Chronoloeie  §.  125-127. 
I.  Geschichte  Babyloniens  bis  auf  die  Herrgchafl  der  Kossaeer   .  156 
Das  Land  und  seine  altfslen  Bewohner  §.  12-^ — 130.  Semi" 
tische  Invasion.    Die  Chalciacer  §.  131.  132.    Aeiteste  Staaten 
§•  138.  134.  Elamitische  Eroberung  §.  135-137.  Einheimische 
Köni^re  §.  i:^8.  139.    Herrschaft  der  Kos<^aeer  ^.  140.  141. 

II.  Die  CuUur  Altbahylouiens  172 

Nationalität  §.  142.  143.  Religion     144-152.   Literatur  §.  153 
bis  157.    Kunst      158  -l'Jl. 


Drittes  Ruch. 

Die  Semiten.  Geschichte  Yorderasiens  im  Zeitalter  der  aegyp- 

tischen  Eroberongeu. 

Quellenkunde  zur  Geschichte  Syrietis  194 

Die  iieliraeiscbe  Literatur  ^.  Dj2— 1<>9. 

I.  Die  semitiscbeu  Stämme  206 

Syrien  und  Arabien.    Charakter  und  Religion  der  Semiten 

§.  170—175.    Die  Volksstämme  Syriens  §.  176-180.  Anfänge 
der  Assyrer  §.  181.  182. 

II.  Handel  und  ('ullur  der  syri>chen  Latnier  221 

Der  Landhandel  Syriens  und  Arabiens  §.  183— 18'J.  Seehandel 

der  Phoeniker  §.  190—194.    Politische  Verbältnisse  Syriens 
§.  195.    CuUur.   Schrift.   Industrie  §.  190-108.    Kunst  §.  199 
bis  204.    Religion  der  syrischen  Stämme  §.  205—209. 
III.  Die  aegyptischcn  Eroberungen  253 


Allgemeiner  Ueberblick.  Umgestaltunt<  des  Kriegsweijens  §.  210 
bis  212.  Vertreibung  der  Hyksos  §.  213.  214.  Die  achtzehnte 
Dynastie  §.  215—225.  Reformationsversuch  Chuenatens.  Durch- 
führung des  solaren  Monotheismus  §.  22l» — 229. 
IV.  Das  Reich  der  Gheta  und  die  neunzehnte  Dynastie  ....  275 
Aurrichtung  des  Chetareichs  §.  230  232.  Die  Kriege  Jer  Ae- 
gypter  gegen  die  Cheta  §.  2:33-238.  Staat  und  Cultur  der 
Ramessidenzeit  §.  239—243. 


Inhalt.  XI 

Halt« 

V.  Die  Kleinasiaten  und  die  chetitischen  Eroberungen    .   .       .  292 
Die  Volksstilmme  des  kleinasiatisch -armenischen  Hochlandes 
§.  244-249.  Die  VVeslkleinasiaten  §.  250— 2Ö4.  Die  Eroberungen 
der  Cheta  §.  255 -258. 


Viertes  Buch. 

Vom  Ende  des  zwölften  bis  zur  Mitte  des  neunten  Jabrhnnderls. 


Q1 1 

RtMction  der  Hellenen  gc^eu  die  Phoeniker.   AngrifTe  der  See- 
völker auf  Syrien  und  Aegypten  §.  259.  260.    Wirren  in  Ae- 
gypten,   fiamses  III.  §.  2t!l.  262.    Untorj^an^,'  des  (Ihetarcichs. 

Die  Philister  §.  263—266,  Die  späteren  Ramessiden.  Aufrich- 
tung der  Priosterherrschufl  in  Aegypten  §.  207  — 2» '»9. 

825 

Babylonien  und  Assyrien  bis  auf  Tiglatpileser  1.  §.  270 — 272. 

Tiglatpücser  I.  und  seine  Nachfolger  §.  273  — 27G.   Innere  Ver- 

hältnisse und  Cullur  Assyriens  §.  277.  278. 

330 

Zurückdrängung  der  Phoeniker  durch  die  Hellenen  §.  279.  Die 

Fahrten  der  Phoeniker  nach  Westen  §.  280—282.   Das  Mutter- 

land.   Vormacht  von  Tyros  §.  2><3-286. 

346 

Verhältnisse  Syriens  §.  287.  Occupation  Kana'ans  durch  die 
Stämme  der  Hebraeer  §.  288  —  292.  Bedrüngniss  durch  die 
Nachbarstämme.  Anfänge  des  Köniythums  §.  293.  294.  Herr- 
schaft der  Philister.  Die  Kriege  SauPs  und  David's  §.  295-300. 
Das  Reich  David's  und  Salomo's  §.  301-305.  Bürgerkriege 
und  Aunösnng  des  Reichs  §.  306-308.    Religion  §.  309-314. 

V.  Aegypten  unter  der  Herrschaft  der  Söldner  380 

Die  tanitischen  Könige  und  die  Oherpriester  von  Theben 
§.  315.  31G.  Die  libyschen  Söldner  und  die  zweiund/wanzigste 
Dynastie  317-320. 

VI.  Israel  unter  ih  r  Herrschaft  des  Hauses  'Qrnri  389 

PnlitisrhP  (Vsf  hirhtft  dpr  Hnbraeer  und  ihrer  Nachbarstaaten 
§■  321—325.  Anfänge  des  israelitischen  Monotheismus  §.  326 
bis  329.    Literatur  §.  330.  331. 

Ffinftes  Buch. 

Die  Zeiten  der  aBsyrlschen  Grossmscht. 

I.  Die  Begründung  des  grossen  Assyrerreichs  405 

Ueberblick  §.  332.  Die  Ernbcrnngen  Assurnäsirpars  und  Sal- 
managsar's  II.  §.  333—339.    Die  Nachfolger  Salmanassar^s  II. 


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XII  Inhalt. 

Das  armenische  Reich  S.  340—343.   Staat  und  Cultur  der  As- 

svrer  5.  344-:^49. 
II.  Aegypten  und  Syrien  bis  auf  flie  Erohenmpen  Tip-Iatpileser^s  II.  425 
Das  Reich  von  Napata  und  die  Eroberung  A^t^yptens  durch  die 
Aethiopen  §.  350—353.  Damaskus.  Israel.   Phoenikien  §.  354 
bis  357.  Israelitische  Cullurenlwirkelunfr.   Ausbildung  des  jah- 
wistisch-prophelischen  Monotheismus  §.  358—364. 


III.  Die  Eroberung  Syriens  und  Babyloniens  durch  die  Assyrer  .    .  446 


Tiglatpileser  II.  §.  365 — 371.  Salninnassar  IV.  §.  372.  S;irgon's 

FeldzüRe  §.  373  -  376. 

460 

Das  Hoicb  Sargon's  §.  ;i77— viSO.    Saiiherih  und  Assarliadiion 

§.  381—389.    Die  Assyrt'r  in  A»  tfy[)tPti.    Ahzu^f  der  Adbiopen 

§.  390—392,    Assyrien  unter  Assurbanipal  §.  393—395. 

483 

Die  Nachbarstaaten  Assyriens:    Elnni  ,  ArituMiier) ,  Kleinasien 
P.9(i  — 400.    Handfl   uiiJ  Verkehr.    Das  Sabaeorreich  401 
bis  403.    nie  Seeherrsi-baft.    Piioeniker  und  Hellenen  ^.  404 
bis  407.    Kunst  §.  408.  409. 


Sechstes  Buch. 

Die  iranischen  Stimme,  die  Rcstanrationszcit  Tind  die  Be- 
gründung des  PerserreichB. 


Quellenkunde  zum  sechsten  Buch  497 


Denkmfller.    Schriftsfeller.   Clironolopio      410  —  413.    Die  reli- 

giöse Literatur  der  iranier.    Das  Avesla  §.  414—420. 

I.  Die  Stämme  der  Arier  

511 

Das  iranische  Hochland.    Die  nirbtarisrhRn  Stflmmp  WpsliranR 

5.  421.  422.    Die  Arier  §.  423-427.    Religion  der  arischen 

Stämme  4'28-434. 

II. 

526 

Die  iranischen  Stämme  §.  435—438.    Die  Ahuramazdareligion 

§.  439 — 447.    Die  Verbreilun«:  rler  IVligion  und  die  (iollheiten 

des  Volk^^'lanbens  §.  448-451. 

III. 

Die  Invasionen  der  Xordvölker  und  die  letzten  Z»^ilen  der  as- 

543 

Die  Kimmerier  in  Kleinasien  §.  4.')2 — 4."i-'>.  AssurbanipaTs  spatere 

Zeit.   Kriet?e  mit  Elatn  §.  45ii--4t)0.    I>ie  Skytheninvasion  und 

das  Vordrin^ren  der  Iranier      461  — 4»36. 

IV. 

Die  Restauration  irj  Ae^'vplen  und  Juda  und  der  Untergang 

Aegypten  unter  Psammeticb  und  seinen  Nachfolgern  §.  467—471. 

xm 


Das  r,e<.-izl.Lioh  von  Jii.la  §.  472—479.     Pfv  F:ill  As>yritMi^. 
Necho  in  Syrien  §.  480—483. 

V.  Die  Zeiten  (ies  tieuhaliylonischeii  Reichs   .  579 

Das  inedische  uinl  tl.is  lydisr-ln-  Heich  §.  484  —  489.  D;ts  [{eich 
Nehukadaezar'a  II.  §.  490 — 493.  Nehuka'inezar  und  Aegypten. 
Der  Fall  Jeru<;alems  §  494  —  497.  Nelnjkarhiezar'a  Naclil'nlt^er. 
Amasis  §.  498—500. 

VT.  Die  Rpgründuny  de;?  Perserreichs  601 

Kyrus     501-506.  Kamhyses  §.  .^07-510.    Dariiis  §.  511-515. 
Scliluss  ^.  51»;. 


KOnigslisten. 

A  e    y  p  t  e  n. 

Vierte  und  füntte  Dynastie  S.  95.  Sechste  \m  zehnte  Dyna^^tie  107. 
Zwölfte  Dynastie  S.  122»  Dreizehnte  Dynastie  S.  129.  Achtzehnte 
Dynastie  S.  274.  Neunzehnte  Dynastie  S.  315.  Die  tanitischen  Kö- 
nige und  die  Oberpriester  des  Amon  S.  H83.  Zweiundzwanzigste 
Dynastie  S.  389.  Uehersicht  der  KleiciizeiliKen  Dynastien  der  Ae- 
thiopenzeit  S.  479.    Sechsundzwanzij^ste  Dynastie  S.  601. 

Bahylonien  und  Assyrien. 

Die  älteren  Könige  S.  329.  Bis  auf  Tiglatpiieser  II.  S.  419.  Bis  auf 
Assurbanipal  S.  472.    Die  Könige  Neubabyloniens  .S.  598. 

Igrnf^l,  Tyros,  Dama«kos. 

Von  .Salüuio  iiia  Jehu  S.  397.  Bis  zur  Zerstörung  Samaria's  S.  434. 
Die  leUten  Könige  von  Juda  S.  595.  Die  spateren  Könige  von  Tyros 
S.  596. 


AbkOrzimgen. 


AZ.  =  Zeitschrift  für  aegyptiscbe  Sprache  und  Alterthumskunde. 

Ak.  =  Akademie. 

Ber.  =  Berichte  (Monatsberichte). 

Deutzsch,  Par.  =  Delitzsch,  Wo  lag  das  FaradieüV  18S1. 
h  SS  Journal. 

J.  As,  SS  Jouroal  AaiaUqae.  J.  Ar.  Vn,  15  =s  Jooro.  Asiat  7^  96ne, 
tome  15. 

JRAs»  Soc.  =  Journal  of  the  Royal  Aaiatie  Society  of  Great  Britain  >anil 
Irelaud. 

liBpanis,  D.  —  Lepsius,  DenkmBler  aus  Aegypten»  Kubien  und  Aetbiopien, 
in  6  Abth. 

I  R.»  II  R.  u.  9.  w.  s  RAWURBCHt,  Guoeiform  Inscriptions  of  Western 

Asia,  5  Bde. 

RA.  =  Revue  arcb^^olnrrique.    RAn.  =  Revue  arcb.,  nouv.  sdrie. 

RP.  =  [;*  rords  of  ihr  Püst,  12  Hdp. 

ScHRADKK,  KAT.  =  SciiHAiiEH,  Die  keUinschriften  und  das  alle  Testamentt 
2.  Aufl.  1883. 

DEH,  KGF.  =  ScHRADEH,  Keilinschrtflen  und  Geächicbtsforbchung,  1878. 
Tr.  —  TransacUons. 

TtSBA.  =  Transaetions  of  the  Society  of  Biblical  Areheology.  (Proe.  SBA. 
=  Proceedinga  of  the  Soc.  ol  Bibl.  Areb.) 
s=  Zeitsebritt. 

ZDM,  SS  Zeitschrift  der  Deutseben  Morgenländiscben  Gesellsehaft» 


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I 

i 


Traiiscription. 


Die  Grundla<.'e  der  in  dem  vorliegenden  Werk  befolgicn 
Transcription  bildet  naturgemäss  das  semitisch- aegyptische 
Alphabet.  Ueber  die  Laute  des  aegyptischen  Alphabets  ist 
man  noch  Decennien  nach  dem  Abschluss  der  eigentUchen 
EntzüSenmgr  dör  Hieroglyphenschrift  im  Unklaren  gewesen, 
da  die  Tranacriptionen  griechischer  Namen,  von  denen  man 
ausging,  aus  einer  Zdt  stammen,  in  der  der  LautbestaDd  der 
aKen  Sprache  längst  völlig  umgewandelt  und  überdies  das 
Schriftsystem  in  eine  rebusartige  Spielerei  ausgeartet  war.  Es 
ist  das  Verdienst  von  H.  Brügsch,  in  seinen  geographischen  In- 
schriften (1 857)  zur  rst  den  Lautwerth  der  Zeichen  in  allem  wesent- 
lichen richtig  bestimmt  und  zugleich  die  fast  vollige  Identität 
des  aitaegyptischen  mit  dem  s-emitischen  Lautbestande  dar- 
gelegt zu  haben.  Nach  vielfachem  Widerspruch  hat  sich  jetzt 
die  £rkenntni8s  des  richtigen  Sachverhalts  ziemlich  allgemein 
Bahn  gebrochen  and  es  steht  zu  hoffen,  dass  auch  die  wenigen 
noch  helbehaltenen  und  den  Laien  anfe  äigste  verwirrenden 
Ueberreste  der  alten  Sehreibung,  namentlich  der  Gebrauch 
von  t  und  k  für  d  und  g  und  von  ä  für  'ain,  bald  völlig 
verschwinden  werden.  Ich  lasse  jetzt  zunächst  eine  Ueber- 
sicht  des  von  mir  angewandten  TiaiKscriptionsalphabetes  folgen, 
wobei  ich  von  dem  bebraeischcn  Alphabet  ausgehe. 


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XVI  Traxueriptioii. 

aeg.    ^  ^)  Spiritus  lenis,  nur  wo  Irrlhümcr  zu  befürcliteii 

waren,  durch  '  oder  -  bezeichnet. 


J 

b. 

d. 

n  , 

ra 

h. 

w 

7  tehlt 

aeg. ») 

z 

n  a)  =  arab.  ^  aeg.  X  h  (starkes  Ii). 

b)  =  9     ^    9   •  ch  (rauhes  ch  des  oberen  Gaumens). 

^  fehlt  aeg.  t  (emphatisches  t). 

•»   aeg.         j  (unser  j),  I. 

'»p  fehlt  ao^.  P). 


□  aeg.  _h>^  m. 


j         9      '^'•^^  II. 

D    g  — „_  s  (immer  scharf)*). 

y   d  *  ('ain,  ein  dem  Semitischen  und  Aegyptischen 

  eigentliünilicher  Kehllaut) 

')  Ob  das  aegyptische  Zcir  linn  sich  wirklieb  mit  ^  genau  deirki 
oder  vocaJische  BedeuliiDg  Uat,  ist  nicht  sicher* 
*)  s.  unten  bei  j*. 

•)  Das  aegyptische  das  man  gewöhnlich  mit  1  umschreibt, 

i-'  »las  Silbrrizf'ichf'n  ru.  \^a<  Zeiclien  r  vertritt  im  Hieropl.  zugleich  das 
1  fremder  Sprarlicn.  Nur  ein  paar  mal,  ?.  B.  in  Sapaiel  §.  232,  i*?t  die 
alle  SchreihiiriK  (iurrh  VersrluMi  stt-hen  geblieben.  Richtig  wäre  Saparum 
=  ass.  Sapalulrui  [sprich  Supalulini]. 

*)  In  Transcriplionen  entspricht  aeg.  s  manchmal  auch  dem  sein. 
tS?,  z.  B.  in    Aslarta  =  nlnC^J?»  Tainsqu  =  pt2?D1,  Asqaruna 

')  Den  Unterschied  zwischen  ain  und  ghairi  habe  ich  nicht  be- 
rQcksichligl.  obwohl  er  auch  in  Paiaestina  in  der  Aussprache  vorhanden 
war,  vgl.  niyi  Ta;«»  aeg.  Ga^atu  u.  s.  w. 


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IVanseription. 


XVH 


"  I  .  ^  r. 


s  (empliatlsches  scharfes  s)  i). 
p      fi     /    ^  (emphatisches  k). 
1      „  r  (vertritt  ira  Aeg.  auch  1,  s.  o.;. 

t!*     9  r-TT-i  s  (unser  sch). 

Dazu  kommen  die  kurzen,  von  der  semitischen  Schrift  gar 
nicht,  hieroglyphisch  nur  in  einzelnen  Fällen  bezcK  hneh  n  Vorale 
a,  i,  u,  ferner  e  und  o.  In  der  Regel  müssen  dieselben  beim 
Lesen  nach  unserer  Kenntniss  der  Sprache  ergänzt  werden, 
UDd  es  ist  daher  auf  aegyptischem  Gebiete  sehr  häufig  und 
mitaoter  auch  auf  semitischem  fraglich,  ob  wir  den  richtigen 
Voeal  eingesetzt  haben.  Es  hat  sich  in  vielen  Fällen  sogar 
zweifellos  eine  Hüsche  Transcriptionsweise  herausgebildet;  z.  B. 

hat  man  sich  in  Folge  der  falschen  Umsehreibung  des  ^  o 

durch  a  gewöhnt,  in  allen  Wörtern,  die  dieses  Zeichen  ent- 
halten, ein  a  zu  sprechen,  obwohl  die  griechischen  Insciiriften 
und  das  Koptische  vielfach  ganz  andere  Voeale  aufweisen,  z.  B. 
Ameoemha't  'A(ji(isvd(ii]<;,  Keferkara'  Ns^spy^pr^^  u.  a.  Im  all- 
gemeben  war  es  daher,  zumal  da  gründliche  Vorarbeiten  noch 
ganz  fehlen,  unmöglich,  eine  correcte  Schreibung  auch  nur 
zu  erstreben,  und  ich  habe  meist  an  der  alten  und  am 
wenigsten  verwirrenden  Gewohnheit  festgehalten ;  da  wo  ein 
Vocal  nicht  geschrieben  oder,  wie  in  den  mit  Har  beginnenden 
Compüsitis,  sicher  überliefert  ist,  einfach  e  zu  setzen. 

*)  Das  Zeichen  ^  entspricht  in  Trai)>^(Ti[)liunen  gewöhnlich  i*  tu 
1^,  z.  B.  Siduna,  ?arii,  Samar.  Sarpta,  !;;>a^)U  (Tanis),  aber  gelegent- 
lich, 1.  b.  in  Casatii  ~  Gaza,  -vtrh  dem  Der  correcte  Werth  des 
aifiryptischen  Zeichens  scheint  weder  §  noch  z,  sunderu  ein  dem  d  näher 
stehendtr  Laut  gewesen  zu  sein. 

')  Den  Buchstaben  l  >,  der  schon  früh  mit  l  zubainmeogefallen  ist, 
habe  ich  von  diesem  nieht  geschieden  ;  in  TraiucriptiontD  TertHtt  er 
ein  —  Mehrfach  entspricht  ein  aegyptisohes  t  dem  semitischen  *|  d, 
z.  B.  MakU  Tamsqu      pii»öl.  Maklar  bXÖ- 


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XVUI  Tnuucriptton. 

Bei  der  Transcription  des  Assyrischen  umschreibe  ich 
den  etymologisch  dem  hebraeischen  ^  ent^rechenden 
Laut  mit  &,  den  dem  D  entsprechenden  mit  s.  Sghradbr 
(Ber.  Berl.  Ak.  1877,  79. ff.)  hat  erwiesen,  und  seine  Aus- 
führungen sind  durch  die  zuversichtlichen  Behauptungen  Haüpt's 
(65tt.  Nachr.  1883,  85  ff.)  in  nichts  erschüttert  worden,  dass 
diese  Aussprache  arsprfinglich  in  Assyrien  (daher  AäSur 
=  T)t!*J<)  und  zu  allen  Zeiten  in  Babylonien  geherrscht  hat. 
Dagegen  li  iben  die  beiden  Zeichen  im  Laufe  der  Zeit  in  Assyrien 
ihre  Bedeutiuig  gewechselt,  das  alte  s  ist  s,  das  alte  s  als  s 
gesprochen  worden.  Daher  schreiben  die  späteren  Assyrer  Same- 
rina,  Asdudu,  Kusu  (Kus,  rb^rgen  bahyl.  Küsu NR.  19)  u.  s.  w., 
die  Hebraeer  prnD«?  tU")D  u.  s«  w.  Es  entsteht  dadurch 
für  uns  ein  unangenehmes  Dilemma,  sobald  es  sieh  um  die 
Umschreibung  fremder  Namen  handelt  Wenn  «.  B.  die 
snnenischen  Inschriften  Upuhud,  Tui^e)  und  ebenso  die 
Assyrer  Turudpä  oder  z*  B.  Parsua  u.  fl.  schreiben  [nach 
unserm  lYanscrIptlonssystem] ,  so  kann  kein  Zweifel  sem, 
dass  sie  damit  Ispuinis,  (Tuspä  Turuspä)^  Parsua  ausdrücken 
wollen.  Wo  assyrische  Texte  vorlieEren,  habe  ich  trotzdem 
durchweg  die  etymologisciie  i^mschreibung  beibehalten,  da- 
gegen die  Namen  der  armenischen  Inschriften  nach  der  Aus- 
spractie  umsciiriebcn.  Sollte  gelegentlich  ein  Versehen  vor- 
kommen, so  bitte  ich  dasselbe  nachsichtig  zu  beurtheilen 

Im  übrigen  ist  zu  bemerken,  dass  das  assyrische  m  zugleich 
das  w  etymologisch  vertritt.  Wenigstens  in  ]3aby1onien  ist  das- 
selbe im  Inlaut  jedenfalls  als  w  gesprochen  wordeUi  tgl.  amyq 
Same,  oomc  damas,  Vi«  simil,  aber  Tn&  Marduk  u.  s.  w. 

Die  Umschreibung  der  arischen  Laute  sehHesst  sich  der 
der  semitischen  an.  Den  sog.  lingualen  Zischlaut,  unser  scli,  um- 
schreibe ich  mit  s,  die  palaiale  Tenuis  mit  ts.  Leider  bai}e  ich 

*)  Vielleicht  wäre  es  auch  ralhsam  gewesen,  bei  den  hahyloniscben 
tnid  a«yrlfldien  Niiiini  die  «imeliiea  Giltder  der  Gomposita  durchweg 
doreh  Bindeetiiehe  sa  trennen.  Leider  halie  ich  mioh  dureb  Haüpt 
?erleitm  tanen»  des  A-A  geecfaridtene  Zeiebm  mit  4  ni  umaehniben, 
obwohl  es»  s.  B.  in  Na*na-a-a  »  N^m«       eieher  den  Lantweiih  ai  hkt. 


Tlnuiacriptioii.  XIX 

aber  Tersäumt,  für  die  entsprechenden  tönenden  Laute  recht- 
zeitig ein  eigenes  Zeichen  einzuf  uhreo,  und  habe  daher  tönendes 
ach  (das  franz.  j)  mit  zh,  die  palatale  Media  (das  engl,  j)  mit 
dsch  [gelegentlich  auch  mit  dj]  timscbrieben.  Die  Epenthese  im 
Zend,die  lediglich  auf  dem  litmgischen  Vortragder  religi()sen  Texte 
tn  beruhen  scheint,  habe  ich  bei  der  Transcription  weggelassen, 
ebenso  die  durch  Svarabhakti  entstandenen  Vokale. 

Eine  Frage,  die  übeilianpf  tlieoretiscb  nicht  m  lösen  ist, 
wohl  aber  jeden,  der  ein  wisstnscliaftlichcs  Werk  über  fren)de 
lind  namentlich  orientalisclie  Geschichte  schreibt,  einiger- 
maassen  zur  Verzweiflung  bringen  kann,  ist  die,  wie  weit  die 
wisf^cnschaftUch  genaue  Transcription  durchgeführt  werden 
darf.  DaflB  man  ohne  arge  Geschmacklosigkeit  nicht  Sa'ül, 
Dawtd,  Sl6mö  schreibea  darf,  liegt  auf  der  Hand,  wfthreod 
kein  Grund  vorliegt,  seltene  und  wenig  bekannte  Namen  nkht 
auch  correct  zu  transcribiren.  Im  einzdnen  habe  ich  mk 
hier  mandie  Tnconseqnenzen  zu  Schulden  kommen  lassen. 
Die  Bezeichnung  des  uiii  habe  ieh  als  für  niemanden  störend 
fast  nirgends  weggelassen.  Jeden  Assyriologen  niuss  es 
schmerzen,  wenn  er  die  von  den  Masorethen  geschalTenen 
ünformen  Tiglatpilcser,  Sanherib,  Assarliaddon  oder  gar  Ne- 
bukadnezar  (neben  Bclkudurnufur)  schreiben  muss,  zumal  wo 
so  schöne  griechische  Transeriptionen  wie  Ssvoxiipcßoc  und 
NoßooxodpöQopoc  Torliegen;  aber  hier  wird  man  Ton  dem 
Usus  nicht  abweichen  dürfen  Auf  der  anderen  Seite  wäre 
es  Tielleicht  passender  gewesen,  wie  bei  Remses  für  Ra'moestt, 
so  auch  bei  Tbutmosis  fSr  Dhutmes  die  grieehische  Form 
beizubehalten.  Die  von  den  Modernen  geschaffene  ünform 
Tutmes  ireilich  bat  gar  keine  Berechtigung. 

■)  Die  nwBoratbiMhe  YoeaU«Uoii  sehr  vieler  nielit  gans  gelftullger 
fremder  und  zum  Tbeil  aoeb  der  einheimiechen  Namen  ist  rein  willkOhrlieh 
and  ohne  iigend  welchen  Werth.  Vielfach  bewehrt  LXX  noch  die  cor- 
recien  Pornien.  Ueberbaapt  würde  eine  nnfn-  »nule  Bearbeltong  der  Tran- 
seriptionen in  LXX,  die  meines  Wissens  noch  nie  unternommen  ist,  nach 
mehr  alf^  oiner  Seile  hin»  i.  B.  euch  für  die  Sprachgeschichte,  intereeseote 
Resultate  ergeben. 


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Nachträge  und  Bericlitigimgen* 


S.  54»  ZI.  19  ft  8er  findet  sich  bleroglyphiseh  nar  als  einhelinischer 
Adi^lstitel;  das  Tielbcb  für  ser  gehaltene  Zeichen,  welches  fremde  Dy- 
nasten und  die  Forsten  der  Ha  ($.  317)  beieiebnet,  ist  immer  nr  so  lesen. 

8.  64.  ZI.  14  lies:  Umit  fllr  Unnot 

S.  69,  ZI.  2  V.  u.  lies:  des  O^lrh. 

S.  138,  ZI.  1.  Ra^agenen  Apepi  findet  sich  auch  auf  der  Opfer- 
tafel Mr  (Un  Sutech  von  Auaris  bei  Mariette,  Hun.  div.  38. 

S.  12^).  ZI.  5.    Die  Angaben  Ober  die  babylonische  Schal- 

tung beruhen  auf  einem  Vprsehen.  Der  zweite  Elul  findet  sich  als  Schalt- 
monat  neben  dem  Veadar  vielfach  Rnf  den  Contractlafein  des  sechsten 
Jahrhunderte.  —  Zu  der  in  der  Anmerkung  erwähnten  Tafel  aus  Kyros' 
Regierung  s.  §  498  Anm. 

S.  160.  ZI.  17  lies:  der  Nante  Chaldaeer  ist  vor  den  assyrischen 
Inschriften  des  neunten  Jahrbonderts  his  jetst  nicht  nachweisbar  n.  s.  w. 

8.  168,  ZI.  7  V.  n.  Ein  Siegel  Gkmllsin's  hat  Schrasbr»  Ber.  Berl. 
Ak.  1879.  888  ff.  publidrt. 

8.  169.  Die  Tbontafeln  aus  Warica  aus  den  Regierungen  des  Nur- 
ramftn,  RImsin,  Gbammurabi  und  Samsttüuna  sind  jetst  von  Strassmaueb, 
Abb.  Berl.  Or.  Congr.  I,  publidrt. 

S.  214,  ZI.  12  lies:  §.  281  für  2^1?. 

S.  278.  ZI.  6  lies :  Ruka  für  Buka.  —  Die  Bemerkung  über  Ka^en 
ist  zu  streichen.  Das  Wort  findet  sich  als  aegjptiscber  Titel  unter 
Rannses  II.  bei  Sharpe;  E/^.  Inscr.  II,  31 

S.  31"^,  ZI.  7  V.  u.  lies:  die  auch  geographisch  unmögliche  Ansicht. 

S.  339.  ZI.  8  V.  u.  lie^  :  das  Zinn. 

S.  4.S3_  Dass  Salroanassar  IV.  ein  Sohn  Tiglatpileser's  II,  war,  ist 
lediglich  Verrauthung. 

8.  506.  Zur  Literatur  Qber  den  avestiscben  Kalender  ist  nachsu- 
tragen  de  Uarlb,  Abb.  Berl.  Orient.  Gongr.  n,  838  ff. 

a  582.  ZI.  21  lies  sullssige  fOr  luverliwige. 


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Einleitung. 


Elemente  der  Anfhropologia. 

§.  1.  Die  Wissenschaft  von  der  Entwickelung  des  Menschen 
(Anthropologie)  hat  durch  die  Forschungen  der  neueren  Zeit 
eine  festere  Geetaltung  erhalten  und  ist  aus  dem  Bereiche 
logischer  Deductionen  hinweg  anf  den  Bbden  sicherer  That- 
eachen  gestellt  worden.  Die  Sprachwissenschaft  föhrt  uns 
nicht  nur  in  Zeiten  hinauf,  in  denen  die  ethnographischen 
Verhältnisse  in  ganz  anderer  Welse  gestaltet  waren,  als  in 
den  ältesten  historisclion  Epochen,  und  lässt  gclegentliclie  Schlag- 
lichter fallen  auf  die  Völkerbewegungen  und  Gulturverhältnisse 
weit  früherer  Zeiten ,  sie  ermöglicht  uns  auch,  zwar  nicht  bis 
zum  Ursprung  der  Sprache  vorzudringen  —  denn  dies  ist  ein 
rein  psychologisches,  keiner  historischen  Forschung  zugänorliches 
Problem  — ,  aber  doch  zu  erkennen,  wie  mit  und  in  der 
Sprache  zugleich  die  menschliche  Vernunft  wächst  nnd  sich 
bewegt,  immer  freier  sich  ausbildet  und  für  jede  neue  Wahr- 
nehmung imd  fOr  jeden  neuen  Gedanken  sich  neue  Formen 
schafft.  Die  prähistorischen  Funde  gewähren  uns  einen  Ein- 
blick m  die  langsam  fortschreitende  Geschichte  der  Werkzeuge, 
der  Wohnungen  und  Lebensmittel.  Die  vergleichende  Eth- 
nologie sucht  die  primitivsten  Formen  des  Lebens,  der  Stlteti 
und  Bräuche  zu  •  lüiitteln  und  die  Gesetze  aufzuzeigen,  denen 
ihre  Entwickelung  unterliegt.  Die  allgemeine  Entwickelungs- 
theorie  endlich  gibt  uns  zwar  Über  die  geistigen  Anfange  des 
Menschen  keinen  Aufschluss  —  denn  indem  sie  denselben  sich 


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2 


Einleitung, 


aus  den  niichstverwaiidlLii  organischen  Wesen  herausbilden 
lässt,  postulirl  sie  ein  Geschöpf,  dessen  inneres  Loben  — 
auf  dns  es  der  historischen  Erkennlniss  aliein  ankommt  — 
uns  aiemals  erschlosseo  werden  kann.  Aber  indem  sie  den 
Menschen  in  den  grossen  Zusammenhang  der  organischen 
Wesen  einordnet,  lässt  sie  auch  in  seiner  Entwickelung  die* 
selben  Bedingungen  erkennen,  welche  diese  beherrschen:  eine 
fbrtwfthrende  Differenzirnng  und  eine  fortwährende  Anpassung. 

Die  »Periode  der  Sprachhilduii^r«  oder  wie  man  sie  sonst  lU'iuu'n 
will  (VVurzelperiüde  u.  a.)  ist  kritiHclier  (d.  b.  historischei)  Forschung 
niemals  erreichbar;  diese  hat  es  immer,  auch  wenn  sie  eine  um  ungezählte 
Jahrtausende  zurückliegende  Sprache  construireu  könnte,  mit  einer  fer« 
tigeti,  in  flieh  vOlIig  abgeichloMtii«!  und  sich  fteli  iweh  deiuelben  Qe- 
Belsen  weiter  entwidceloden  Sprache  la  thuo.  —  Die  BeluLuptnngen 
ScnLticinii*B»  dus  Sprtchblldting  und  Geeciiichte  eich  ablOeende  Thfttig- 
Iceiten  des  meosehlicben  Geietee  eeien  ood  dase  die  Sprache  in  geechieht- 
iicfaen  Zeiten  mfialle,  eind  Tielleicbt  das  Verkehrteste,  was  je  Ober 
Sprache  po?agt  isf,  und  beruhen  auf  der  sehr  gewöhnlichen  Verwechselung 
der  Sprach  wissenscb&fl  mit  der  rein  mecbaniscben  Wissenschaft  vom 
Lautwandel. 

§.  2.  Der  Mensch,  d.  h.  nicht  der  abstracte  »Ur- 
mensch«, sondern  der  concrete,  ethnologisch  und  geschichtlich 
gegebene,  steht  niemals  isolirt  da.  Er  ist  tpnas:  roXittxöv 
Ccj)OV  und  kiuiii  nur  cxistiren  in  einem  grüsseicn  ;i ,i Mirheii 
Verbände,  d.  h.  in  einem  auf  interessengemeinschalt  beruiien- 
den  festbegründeten  Verhaltniss  zu  anderen.  Ein  seiner  Natiu: 
nach  —  nicht  durch  zufällige  Schicksale  —  staatloses  Wesen 
ist,  wie  Aristoteles  richtig  sagt,  entweder  mehr  oder  weniger 
als  em  Henscb,  d.  i.  ein  Gott  oder  eni  Thier.  Die  landlänflge 
Anschauung,  welche  die  Familie  logisch  und  historiaeli  dem 
Staate  vorangehen  lässt,  ist  falsch.  Denn  sie  fasst  die  Familie 
ja  nicht  als  physische  Gemeinschaft  von  Mann,  Weib  und 
Kind,  sondern  als  eine  ethische  Institution:  aus  der  patriarcha- 
^  üsclicn  Familie,  in  der  das  Haupt  über  Sühne  und  Enkel 
und  über  die  Scliaaron  der  Knechte  gebietet,  Ifi^^st  sie  duich 
den  Zusammentritt  mehrerer  zu  einem  Ganzen  den  Staat  her- 
vorgehen. Eine  solche  Familie  aber  kann  nur  ezistiren,  wenn 


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EUemente  der  Anthropologie. 


3 


sie  nach  aussen  und  innen  anerkannt  ist,  ueiin  sie  als  ge- 
heiligle und  unverletzliche  Institution  ^ilt  und  ein  Element 
eines  grösseren,  sie  respectirenden  und  sciiülzenden  Verbandes 
ist;  sie  setzt  also  das  Bestehen  staatlicher  Gemeinschaft  voraus. 
£ln  gleiches  gilt  von  der  Sprache;  denn  diese  entwickelt  sich 
Qidit  etwa  aus  dem  Verh&ltniss  der  Eltern  zu  den  Kindern 
—  wie  man  wohl  gemeint  bat,  aus  dem  Lallen  der  Kinder, 
das  lediglich  ein  Versuch  Ist,  die  gehörte  Sprache  sich  anzu- 
eignen — ,  sondern  sie  beruht  auf  dem  llittheilungsbedörfnlss 
Gleichstehender  und  durch  gemeinsame  Interessen  Verbundener. 
Ebenso  ist  alle  Enlwickelui^ij^  der  religiöstin  Anschauungen,  der 
Werkzeuge,  jeder  Fortschritt  des  Lebens  nur  niödich  durch 
die  Wechselwirkung  der  Individuen  in  einer  gesclilu.-senen,  in 
fortwährendem  Verkehr  sich  unterstützenden  und  fördernden 
Gesammtbeit. 

Jede  Theorie  Ober  den  Ursprung  staatlicher  Verbältnisse  —  dies 
Wort  ist  hier  durchweg  in  dem  oben  deflnirten  umfauenden  Sinne 
tu  rentebeo  —  ist  falsch,  da  wir  einen  Menschen  ohne  Staat  nicht 
denken  kOtuien.  Auch  hier  kOnnen  wir  nur  eine  Sntwickelnogsreifae  von 
primitiren  zu  immer  complicirteren  Formen  anfkeigeii.  Noch  seltsamer 
fretUch  ist  es,  wenn  neuere  Forscher  Ober  den  Ursprung  eines  historisch 
gegebenen  Staates  Theorien  aufstellen  und  den  römischen  z.  B.  aus  einer 
freien  Voreinigung  von  FamiHenhäuptern  sich  in  logischer  Folge  ent- 
wickeln la«!«?en,  dabei  sich  über  die  alten  Gelehrten  weit  erhaben  düni^ead, 
die  viel  correcler,  wenn  denn  einmal  von  einem  Ursprimg  die  Rede  sein 
sollte,  den  Ursprung  der  Staatsordnung  auf  einen  W'illensact  seine:^  Be- 
gründers zurückführten. 

§.  3,  Jeder  Mensch  betrachtet  sich  als  den  Mittelpunkt 
der  ihn  umgebenden  Welt  Alle  Erscheinungen  interessiren 
ihn  zunächst  nur  so  weit,  als  sie  ihn  berühren,  und  umgekehrt, 
in  jeder  Wahrnehmung,  die  sich  ihm  aufdrängt,  sudit  er  eine 
persönliche  Beziehung  zu  sich  selbst.  Wie  er  in  sich  den 
Gegensatz,  des  inneren  und  äusseren  Menschen  empfindet,  jenen 
als  Triebfeder,  als  Ursache  der  Handlungen  des  letzteren 
walirninimt,  so  denkt  er  auch  in  jedem  Din^e  und  als  Ursache 
jeder  jBewegung  der  Aussenwelt  ein  inneres  Agen«,  das  er 
sich  dem  eigenen  Wesen  möglichst  conform  vorstellt.  Auf 


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4 


BloleUatig. 


dieBer  Grandlage  beraht  die  priniili?e  Denkweise  des  Menschen^ 
die  man  nach  ihrem  prägnantesten  Aasdnick  als  die  mythische 

bezeichnet.  Erst  allmählich  und  schwankend  bildet  sich  der 
Betriff  dG->  I.^nbelebten,  der  immer  und  immer  wieder  durch 
die  alte  Vor.steilun^s\vei?e  zAirückgedrfm^d  wird.  Da  nun  die 
Menschen  überall  von  der  Aussen  weit  abhängig  sind,  suchen  sie 
diese  in  ihr  herrschenden  Mächte  zu  beeinflussen,  sich  günstig 
zu  sUmmeni  behandeln  sie  wie  sie  ihre  Mitmensclien  behandeln. 
So  entstehen  die  Anfänge  des  religiösen  Gultus,  Zauberformeln, 
Opfer,  Gebete,  Ihre  individnelle  Gestaltung  erhalten  diese  An- 
schauungen in  der  Gemeinschaft,  welche  Wirkungsart  und  Namen 
der  9aC(fc0V8c  und  die  Formen  des  Cultus  bestimmt«  Je  weiter  sich 
aber  diese  Vorstell unj^en  ausbilden,  je  complicirter  und  detaillirter 
das  Ritual  wird,  desto  weni^'er  ist  der  Einzelne  im  Stande, 
CS  zu  bt'litMT.sciicn,  den  richtigen  Verkehr  mit  den  G<Mstern  zu 
fuhren.  Nur  diejenigen,  welche  sich  pranz  dit-.-er  Aufpal>e 
wiiimen,  das  Detail  ihres  Berufs  von  den  Vätern  lernen  und 
ihren  Kindern  und  Schülern  überliefern,  und  welche  nament- 
lich im  Besitze  der  geheimnissvollen;  der  Masse  verborgenen 
Formeln  und  Riten  sind,  welche  die  Herrschaft  über  die 
Dftmonen  gewähren,  sind  dazu  befähigt.  So  entstehen  zu- 
gleich die  Anfinge  eines  mehr  oder  weniger  gesclüossenen 
Priesterstandes. 

Nähere  Ausfähriingen  (Iber  die  GrunüzQgc  der  religiösen  Enlwicke- 
lung  ful^-'f  II  in  tler  anjyypti^ctien  Geschichte.  Dort  ist  auch  Ober  den  »pri« 
riiilivfn  Henotlieisinus«  das  Nöthige  bemerkt  (§.  f»;)).  —  Najn^n  wie 
Fflisehismus,  Aiiiniisntus  u.  R.  bahp  ich  durchwt'^'  inil  Absiclit  vermieden. 
Im  übrigen  bedarf  es  wohl  kaum  der  BeiiiHtkuiig,  üass  die  liier  vor- 
getragenen Ansichten  Ober  die  Entwickelaog  der  Religion  in  erster  Uni« 
«uf  den  gratitllegenden  Arheiteii  Stbuitbal*«  berahen. 

• 

§.  4.  Jede  Generation  steht  auf  den  Schultern  ihrer 
Vorfahren,  sie  ut)emimmt  von  diesen  Anschauungen,  Lebens- 
weise, Sitten.  Wenn  nun  auch  Jedes  Geschlecht  Neues  schafft, 

so  ist  doch  die  Summe  des  I'eberkonuiieneii  bei  weitem  grösser 
als  alles  was  neu  hinzutritt.  So  steht  jeder  Mons(»li  unter 
dem  Banne  der  Tradition,  und  je  bedeutender  ihr  inbait  ist, 


£leiiienU  der  Anthropologie. 


5 


namenllicli  jo  mehr  materielle  Leistungen  (in  (ie\vorb(\  Kiuisf, 
Wisseoscbaft)  sie  enthält,  desto  grösser  niuss  das  Bealreben 
sein,  sie  unverfälscht  durch  willkürliche  Aenderungen  Einzeloor 
fest  zu  halten,  sie  rein  von  allen  neuen  Zusätzen  zu  bewahren. 
Sie  erscheint  als  etwas  Heiliges,  Uebermenschliches,  von  den 
ansserirdischen  Mächten  Ueberkommenes,  und  die  Ahnherren, 
welche  ae  gelernt  oder  geschaffen  haben,  als  weit  weiser  und 
glückh'cher  ate  die  gegenwärtige  Generation,  die  etwas  Der- 
artiges aus  sich  selbst  nie  zu  leisten  vermöchte.  In  Wirklich- 
keit ist  diese  überall  herrschende  Anscliauung  nur  der  niy- 
thische  Ausdruck  des  Satzes,  da«s  der  Inhalt  der  Tradition 
(dies  Wort  im  weitesten  Sinne  genommen),  eben  weil  sie  das 
Werk  zahlloser  Individuen  und  Geschieohter  ist  und  sich  all- 
mählich den  sich  ändernden  Verbältnissen  angepasst  hat,  nie- 
mals von  dem  Einzelnen  oder  der  neuen  Generation,  die  selbst 
fiberall  unter  ihrem  Einfiuss  steht,  nmgestossen,  durch  etwas 
Neues  ersetzt  werden  kann,  oder  m  anderen  Worten,  dass  es 
nnmOglich  ist,  die  Ckmtinuität  der  historischen  Entwickelung 
zu  durchbrechen.  Je  mehr  man  nun  aber  die  Tradition  be- 
stimmt zu  fixiren,  rein  zu  erhalten  sucht,  desLu  niehr  verliert 
sie  die  Fähi<^keit,  das  zu  leisten,  was  sie  leisten  soll.  Da  die 
äusseren  Bedin^nn^^en  des  Lebens  sich  zwar  liäuüg  sehr  lang^- 
sam  aber  doch  stetig  ändern ,  muss  die  Tradition  sicli  den- 
selben anpassen;  und  das  kann  <;e  nicht  mehr,  sobald  sie 
unabänderlich  geworden  ist.  Entweder  also  entsteht  hier  ein 
Gonflict,  der  in  die  tiefsten  Letiensbedingungen  eingreift,  oder 
die  Tradition  erlangt  den  völligen  Si^  und  führt  dann  za 
fester,  undurchreissbarer  £inschnfi{ung  des  gesammten  Lebens, 
zum  Aufhören  aller  Entwickelung,  d.  h.  zu  Stillstand  und  Tod. 

§.  5.  Die  nächste  Aufgabe  des  staatlichen  Verbandes  Ist 
der  Schutz  des  Lebens  und  Eigenthums  seiner  Anc^ehörigen 
gegen  äussere  Feinde,  d.  h.  die  Kriegführung,  und  die  autori- 
tative Entscheidung  über  Mein  und  Dein  im  Falle  eines 
Streites  unter  den  Angeiiürigen  selber,  d.  h.  die  Rechtspre- 
chung. Weitere  Aufgaben  können  hinzutreten;  wird  Viehzucht 
oder  Ackerbau  nicht  von  den  Einzelnen^  sondern  von  der  Ge- 


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6 


Einleitung. 


sanimtheit  l)olrieben,  sind  WanUerzüge  zu  unternehmen  u.  a., 
so  liegt  aucli  hier  die  Leitung  dem  Staute  ob.  Die  Gestalt nn? 
desselben  kann  mannigfach  verschieden  sein.  Zwar  die  Krieg- 
führung erfordert  immer  eine  einheitliche  Leitung,  aber  ob 
der  Häuptling  auch  im  Frieden  die  herrschende  Stellung  ein- 
nimmt, oder  ob  der  Staat  im  wesentlichen  auf  einer  Eini- 
gung freier,  gleichberechtigter  Elemente  beruht,  ob  die  »Ael« 
testen«  der  Geschlechter  zusammentreten,  um  Recht  zu  sprechen 
and  2U  berathen,  oder  ob  sie  lediglich  den  Beirath  des  Fürsten 
bilden,  das  beruht  auf  den  zahllosen  Bedingungen,  welche 
durch  Wohnsitz  und  Lebensart,  durch  Grösse  und  Geschichte 
des  Staiiiui*  s  gegeben  öind.  Im  allgemeinen  herrscht  bei  no- 
inatlisciien  Völkern,  wo  jeder  die  \\  allen  führt  und  sofurt  zur 
Verllieiiligung  bereit  i?t,  wo  man  den  Wohnsitz  leichten  Her- 
zens aufgüjt,  die  freiere  Organisation,  während  leste  Ansiede- 
lungen und  Ackerbau  auch  eine  weniger  schwankende  und 
stärkere  Staatsform  erfordern. 

Da»  iir«|Krlliig1ieh  tadiglich  die  Givi)jaritdleÜoa  Attljgcahf  des  Staates 
ist,  wfthrend  er  die  Verfolgniig  von  yerbreefaen  —  atnaer  wenn  sie  diieet 
gegen  den  Staat  gerichtet  siad  —  Überall  erst  sehr  tpit  vor  aetn  Forum 
steht,  ist  bekannt. 

§.  6.  Mit  dem  Uebergang  zum  festen  Wohnsitz  und  zum 

Ackerbau  vollzielit  sich  überhaupt  eine  lief  einsehneidende 
Umjresfaltung  aller  Lebens verliältnisse.  Mit  dem  Eigenlhum 
seilest  ist  auch  dessen  unclcidie  Verlheilung  nothwendig  pro- 
geben,  und  überall  finden  wir  Wohlhabende  und  Arme,  Herren 
und  Knechte.  Die  Ungleichheit  des  Grundbesitzes  aber,  die 
lll)erall  da  eintreten  muss^  wo  nicht  das  Ackerland  in  be- 
stimmten Fristen  immer  wieder  gleiehmässig  unter  die  Ge» 
meinde  vertheilt  wird,  schafft  den  neuen  Gegensatz  der  grossen 
Orundbesitseer,  welche  ihre  Felder  dorch  Knechte  und  Tage- 
löhner bestellen  lassen  und  sich  ganz  dem  Krieg,  dem  Staats- 
leben oder  der  Müsse  widmen  können,  und  dem  kleinen  Bauern, 
der  sein  Land  selbst  lillügen  muss  und  lür  andere  Din?e  wenig 
Zeit  hat.  Von  Generation  zu  Geneiation  erweitert  sicli  die 
Klutt.  Die  Herrensöhne  selieii  sich  durch  einen  weiten  Ab- 


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Elemevle  d«r  Anthropologie. 


7 


stand  getrennt  von  den  Bauernkindem ,  die  ihren  Vfttern  bei 

der  Arbeit  helfen,  sie  fühlen  sich  zu  einem  anderen,  edleren 
l^eruf  ^'ohoren;  es  enlsleht  der  Unterschied  der  Stündo.  — 
Andererseits  vermehren  sich  die  materiellen  iiedui  fnisse ;  wnv 
deni^flu?  zu  führen  verstellt,  kann  ihn  noch  nicht  schmieden,  noch 
nicht  sein  Haus  bauen.  Das  sesshafte  Leben,  das  Zusammen- 
schliessen  in  Dörfern  und  Städten  bietet  die  Gelegenheit  zur 
weiteren,  WgfälÜgeren  Ausbildung  der  Plandwerke  und  Künste. 
Auch  kann  man  jetzt  daran  denken,  den  Göttern  ein  wurdigee 
Haus  zu  bauen,  die  Priest^  können  ihre  Wissenschaft  weiter 
ausbilden,  andere  wie  Medicin,  Sternkunde,  Geometrie  beginnen 
sich  van  derselben  abzuzweigen.  Genug,  fiberall  tritt  Arbeits- 
theiiung  ein.  Neben  die  Adligen,  Priester  und  Bauern  tritt 
der  neue  Stand  der  Gewerl»treibenden  und  seine  nolhwendige 
Ergänzung,  die  Händler  und  Kaufleule. 

§.  7.  Jede  ^Tüssere  staatliche  Genos  unschaft  zerfällt  in 
Unterabt  heilungen,  die  je  nach  der  Lebensweise  als  Geschlech- 
ter, als  Gauverbände,  als  Dörfer  erscheinen,  und  durch  be- 
sondere Institutionen,  namentlich  specielle  religiöse  Culte,  ver^ 
einigt  sind.  Das  Ganze  aber  wird  durch  das  Gefühl  der  engen 
Zusammengehörigkeit  in  Sprache  und  Sitte,  durch  die  Gemein- 
samkeit der  Tradition  zusammengehalten;  die  Einzefaien  be- 
trachten sich  meist  als  Nachkommen  eines  Ahnherrn.  Der 
Stamm  selbst  aber  gehört  immer  einem  grösseren  Verbände 
an.  Seine  Nachbarn  sprechen  im  wesentlichen  die  gleiche, 
nur  dialektisch  abweichende  Spracht  ,  sie  liaben  dieselbe  Le- 
bensweise, fast  gleiche  Anschauungen  und  Culte.  Häufig  hat 
sieh  ein  alter  Stamm  in  mehrere  neue  au%eiöst,  mehrere  sind 
zu  emem  politischen  Bande  vereinigt  worden.  So  weit  diese 
Gleichartigkeit  reicht^  herrscht  auch  trotz  aller  Kfimpfe  und 
GegensUze  ein  Gefühl  der  Zusammengehörigkeit,  des  gemein- 
gamen  Ursprungs;  erst  wo  andere  Sprache  und  Sitte  beginnt, 
ist  die  Grenze  des  Volkes.  Ursprünglieh  ist  dies  Nationalge- 
fflhl  nur  äusserst  schwach,  oft  fehlt  sogar  ein  Name  för  die 
grosse  Gesammtheit.  Aber  namentlich  in  sesshaflen  Zu-tänden, 
wo  Handel  und  Verkehr  sich  entwickeln,  wo  das  Bedürfhiss 


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8 


Einleitung^ 


eines  friedUchen  Verkehrs  mit  den  Nachbarn  weit  stärker  au<^ 
tritt,  und  andererKtts  die  festere  Ausblldubg  der  staatlieheo 
Formen  —  in  vielen  Ffiilen  specieli  die  fintwiekelunfp  des  Adels 
zu  einem  besonderen  Kriegerslande  —  Eroberungen  erieichtert» 

tritt  das  Streben  nach  Einigunff,  nach  Aufrichtung  eines  geschlos- 
senen nationalen  Slaattja  iiiiiucr  stärker  hervor.  Roi  rrianchen 
Völlcern,  wie  denAegypteni,  den  Persern  u.  a.,  i?l  (ieiseJbe  beim 
Beginne  historischer  Kunde  schon  im  wesi  iitliehen  vollendet ; 
bei  anderen,  wie  den  Griechen,  den  Hebräern,  den  Germanen» 
bildet  er  den  Hauptinhalt  der  geschichtlichen  Entwickelung. 

Me  Sprachforscher  operiren  in  der  Regel  mit  den  Begriffen  eines 
ürfolkes  und  einer  einheitlichen,  erst  späier  in  Dialekte  Mrikllenilen 
Ursprtebe.  OeschiehUieli  sind  beide  Begriffe  fiJech;  eine  einh«ttielie 
Unfkraelie  gibt  es  niigende,  mindern  fibenll  nur  nhlreiebe,  eich  immer 
gegenseitig  beeinflussende  Dialekte,  von  den«!  die  geographisch  sich 
berührenden  sich  auch  sprachlich  am  nächsten  etdien.  Wie  der  Natio* 
nalstaat  das  letzte  Rosultat  der  politischen,  so  ist  die  Einbeitsspracbe 
(Schriftsprache)  das  letzte  Ziel,  nicht  der  Ausgangspunkt  der  sprachlichen 
Entvvirk >^Uu)g.  Im  übrigen  vergleiche  man  die  trotz  vieler  nnrif-hliger 
Einzellieiloii  für  die  rieht iun're  Auffassung  der  s[)raclilicheu  Verwand Lschaft 
bahnbrechende  Schnit  von  Juu.  .Schmidt  Die  VerwandtsctiafLsverhäitmsse 
der  indogermanischen  Sprachen,  1874. 

g.  8.  Ueberau  denkt  sich  der  Mensch  die  Übernatürliche 
Welt  als  Abbild  seiner  Umgebung;  dieselben  Formen,  welche 
sein  Verhflltniss  zu  seinen  Mitmenschen  regeln,  walten  daher 
auch  unter  seinen  Gottheiten  (Arist.  Pol.  I,  2).   Ueber  die 

Masse  der  Dämonen  erheben  sich  eine  oder  mehrere  grdssere 
Mächte,  welche  unter  ihiiLii  Ordnung  halten,  ihre  Uebergriffe 
zurückweisen,  jedem  seinen  Wirl^unprskreis  zuschreiben,  welche 
nltprlKmpt  die  einmal  beshdiende  Geslaltung  der  Dinge  hervor- 
geruien  hüben  und  erhalten;  sie  sind  die  Urheber  und  Schirmer 
der  Tradition.  Denn  wie  für  jede  Erscheinung,  deren  Ursache 
nicht  unmittelbar  auf  der  Hand  liegt,  der  Grund  in  einer 
übernatürlichen,  verborgenen  Einwirkung  gesucht  wird  —  auch 
wir  reden  in  solchen  Fftllen  je  nach  der  Wichti^it  des 
Gegenstandes  entweder  vom  ZufaH  oder  von  göttlicher  Fügung  — , 
so  auch  für  die  Gesainmtheit  der  Erschdnungen.  Zuniehst 


Elemente  der  Anthropologie. 


9 


werden  in  der  Regel  diese  bfichsten  Wesen  sehr  unbestimmt 

gedacht  ;  eben  weil  sie  in  der  Gesammtheit  wirken,  treten  sie 
im  einzelnen  wenig  hervor,  berühren  das  Individuum  kaum  — ■ 
so  der  grosse  Geist  der  Indianer,  der  11  der  Semiten  u.  s.  w. 
Speciellere  Gestalt  und  mächtigere  Wirkung  erhalten  sie  erst 
da,  wo  die  LichtgoUheiten  in  den  Vordergrund  der  religiösen 
Anschauungen  treten,  wo  man  m  Sonne  und  Mond,  im 
Licbthimmel  den  Urgrund,  das  bewegende  und  belebende 
Element  aller  Dinge  zu  erkennen  glaubt  und  Ihnen  vorwiegend 
die  Verdimng  zuwendet.  Ueberall  bezeichnet  das  Henror- 
frelen  der  Lichtgottheiten,  neben  denen  die  älteren  Anschauungen 
namentlich  für  die  Masse  des  Volices  durchweg  bestehen  bleiben, 
schon  eine  höhere  Stufe  religiöser  uinl  luUllrclueller  Ent- 
wickrlung.  Natürlic'h  aber  ist.  dass  hier  die  jii:inttigfachsten 
An  '  hauungen  neben  einander  auftreten  und  sich  zunäclist 
vertragen,  dass  femer  in  demselben  Volke  an  dem  einen  Orte 
diese,  an  dem  anderen  eine  andere  Gottheit  oder  dieselbe  mit 
sehr  verschiedenen  Attiiboten  versehen  —  verehrt,  und  wenn 
die  Richtung  der  Religion  monarchisch  ist,  als  die  herrschende, 
die  einzige  betrachtet  wird.  Daraus  ergibt  sich  mit  der  Zeit 
die  Nothwendigkeit  einer  Ausgleichung,  der  Versuch,  dn  System 
aufzustellen,  imd  damit  gelangen  wir  in  das  dritte,  das  theo- 
logtselie  Stadium  der  Religionsentwickelung, 
u  '  §.  9.  Die  moralischen  Anschauungen  1)'  ruhen  auf  den 
Fonierungen  und  Bedingungen  des  socialen  Zusammenlebens, 
die  sich  mit  zwingender  Nothwendis?keit  uberall  geltend  machen. 
Nach  den  Formen  des  Lebens  ist  auch  iiu*  Inhalt  verschieden ; 
die  Moral  eines  Ackerbauvolkes  ist  eine  andere  als  die  eines 
Wüslcnstaromes,  von  der  Höhe  der  religiösen  und  intellectuellen 
Anschauungen  ist  auch  die  Höhe  der  Moral  abhängig.  Ueberall 
aber  bildet  sie  einen  Hauptbestandtheil  der  geheiligten,  ererMen 
Tradition  und  steht  wie  diese  unter  göttlicher  SancUon.  Denn 
ihre  Sätze  beruhen  ja  auf  dem  GefOhl  der  durch  die  Gesammt- 
heit der  Leiwens  Verhältnisse  gegebenen  Noth  wendigkeit;  dies 
Gefühl  aber  findet  seinen  Ausdruck  in  dem  Glaubtii  an  die 
weltordnende  Gottheit  (§.  8).    Dagegen  in  dem  Verhäitniss 


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10 


EiolciUuig. 


der  einzelnen  Götter  und  Dämonen  zum  Menschen  haben 
moralische  Anschauungen  ursprünrrlich  gar  keine  Stelle.  Eine 
Aenderung  tritt  hier  erst  ein  mit  der  £niwickelung  einer  Lieht- 
rel^ioQ.  Die  Licbigdtier  sind  vorwiegend  eegenspendende, 
den  Menschen  wohlwollende  Mächte,  sie  sind  zugleich  die 
eigentlichen  Weltherrscbar,  von  denen  also  auch  die  Moral- 
gebote ausgegangen  sind.  Es  bildet  steh  die  Ansehanung,  dass 
sie  zunächst  den  Menschen  freundliche,  iiir  Bestes  crslrel)ende, 
dann  schlechthin  ^lAv  Wesen  sind.  Dies  eth Ische  Postulat, 
dass  die  Gottheit  nuiraÜsch  ^'iit  sei  und  die  Welt  (für  den 
Menschen)  vollkouiinen  gcselKifVen  liahe.  steht  freilich  itii 
schroüsten  Gegensatz  sowohl  zu  den  alten  Ansciiauungen  über 
die  Gölter,  wie  zu  den  faclisch  bestehenden  Verhältnissen  und 
fuhrt  so  zu  einem  unlösbaren  Conflict  der  Anschauungen. 
Im  übrigen  fällt  diese  moralische  Wendung  der  Religion,  wo 
sie  überhaupt  eingetreten  ist,  fiberall  erst  in  den  Beginn  der 
eigentlich  historischen  Zeit,  und  vollends  die  Empfindung  und 
Discussion  des  Gonflictes  gehört  einer  geistig  noch  weiter  fort- 
geschrittenen Epoche  an. 

§.  10.  So  lange  wir  ülK  i  h  tupt  einen  Blick  in  das  Leben 
der  Völker  zu  werfen  vennügen,  herrschen  zwischen  ihnen 
nicht  nur  feindliche,  sondern  auch  friedliche  Berührungen 
mannigfacher  Art.  Die  Producte  des  Landes  werden  ausge- 
tauscht, die  Kunsterzeugnisse  über  die  Grenze  verhandelt,  neue 
Entdeckungen,  wie  z.  6.  das  Bronzewerkzeug,  dringmi  von 
einem  Volke  zum  andern.  In  ähnlicher  Weise  werden  auch  die 
epochemachenden  Errungenschaften  uralter  Zeit,  wie  die  Eni- 
dieckung  des  Feuers,  d*  h.  seine  Nutzbarmachung  zu  mensch- 
lichen Zwecken,  sich  von  einem  bestimmten  Ausgangspunkt  flbcr 
die  ganze  Erde  verbreitet  haben  (Laz.  Geiger  Kl.  Abhand- 
lungen). Es  ist  bekannt,  wie  vielfach  prähistorische  Funde 
einen  Kinblick  in  die  ältesten  Verkehrsverhälini5?se  gewäliren. 
Auch  geistiger  Austausch  fehlt  nicht;  ist  doch  jede  neue  Kunst- 
fertigkeit, die  erworben  wird,  zugleich  eine  Bereicherung  des 
geistigen  Lebens.  Ebenso  können  Gottheiten  und  Cultusformen, 
die  bei  einem  Stamme  in  hervorragendem  Ansehn  stehen  und 


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Anthropobgie  und  Gewbicbte.  11 

als  besonders  mächtig  gelten,  auch  m  den  Nachbarn  dringen « — 
doch  ist  bei  Annahme  eines  derartigen  Aastausches  besondere 

Vorsicht  anzuwenden,  da  kein  Volk  sich  leicht  entschliesst, 
auf  religiösem  Gebiete  etwas  Fremdes  neben  oder  an  die  Stelle 
des  Altbt  währten  zu  setzen.  Um  so  bedeutender  ist  der  in- 
directe  Einfluss,  den  Handel  uml  der  Austausch  matenelier 
Güter  auf  das  Leben  der  Völker  auch  auf  geistigem  Gebiete 
zu  allen  Zeiten  ausgeübt  haben. 


Anthropologie  und  Geschichte. 

g.  11.  Während  die  Anthropologie  die  allgemeinen  Grund- 
zuge menschlicher  Entwickelung  zu  erforschen,  die  in  ihnen 
herrschenden  Gesetze  darzulegen  sucht,  setzt  die  Geschichte 
'ihre  Er?el)nisse  als  gegeben  voraus.  Die  Geschichte  l)eschärtifrt 
«ich  niemals  mit  dem  Menschen,  dem  Staate,  dem  Volke  im 
allgemeinen,  sondern  stets  mit  einem  räumlich  und  zeitlich 
bestimmten  Volke,  da?  unter  dem  Einfluss  nicht  allgemeiner 
Gesetze,  sondern  bestimmter,  für  den  einzelnen  Fall  gegebener 
Verhfiitnisse  steht.  Daher  hat  die  Geschichte  zunächst  das 
Vorhandensein  einer  Ueberliefening  zur  äusseren  Voraussetzung. 
Nach  den  Anfangen  eines  VoUlcs  hat  die  Geschichte  niemals 
zu  fragen;  da,  wo  die  Kunde  beginnt,  setzt  sie  ein  und  ent- 
wirft ein  Bild  der  in  diesem  Momente  bestellenden  Zustcände. 
Auf  die  zunächst  voi  lierliegenden  Zeiten  gestatten  innere  und 
äussere  Verhall nisse  oft  noch  einige  Rückschlüsse.  Indessen 
was  darüber  hinausgeht,  verliert  sich  in  die  Unendlichkeit, 
die  äusseren  Bedingungen  der  Entwickelung  entziehen  sich 
jeder  Erkenntniss.  Von  den  Griechen  der  homerischen  Zeit 
zu  den  Indogermanen  fuhrt  keine  Brücke  und  diese  selbst 
gehören  nicht  m  den  Bereich  der  Geschichte.  Denn  weder 
lassen  sich  die  bei  der  hier  eingetretenen  Entwickelung  w- 
flossenen  Zeilräume  auch  nur  annähernd  bestimmen,  noch  die 
Localität  derselben  feststellen,  noch  ermitteln,  welche  Gestaltung 
nach  aussen  und  innen  das  Leben  des  V'olkes  gehabt,  welche 
Schicksale  dasselbe  betroffen  haben.    Ebenso  schwebt  eine 


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12 


Schilderung  der  GaltiurerhlUtDisse  der  indogennanen  —  von 
allen  andern  Bedraken  abgesehen  <—  historisch  ▼Ollig  in  der 
Luft,  da  ihr  die  räumliche  und  seitliche  sowie  die  staatliche 

Grundlage  fehlt.  Dagegen  für  die  Schilderung  der  Verhält- 
nisse der  homerischen  Zeit  sind  die  Ergebnisse  der  Sprnrh- 
lorscliuijg  vuii  bedeutendem  Werths;  es  ist  z.  B.  von  Wichligkeit 
zu  wissen,  dass  der  Gott  üranos  in  die  indü^ernianiselie  Zeit 
hinaufragt,  dass  wir  es  also  hier  mit  einer  verblasbendeo  uralten 
und  nicht  mit  einer  neu  sich  bildenden  Vorstellong  zu  thon 
haben,  u.  a,  m. 

§.  12.  Indessen  auf  dem  Vorhandensein  einer  Ueber^ 
lieferung  beruht  nur  die  Möglichkeit,  nicht  das  Wesen  der 
Geschichte.  Von  den  Sdiicksalen  mancher  Negerstftmme 
besitzen  wir  genaue  Eenntniss,  und  doch  gehören  sie  nur 
der  L.Üiiiulo^ne  an.  lün  gleiches  gilt  von  den  Aethiojjen,  obwohl* 
sie  eine  Literatur  und  geschichtliche  Aufzuichnungen  besitzen. 
Diese  und  zahlreiche  andere  Völker  werden  von  der  (lescliicM'^ 
nur  berucksiciitigt,  wo  sie  mit  historischen  Völkern  in  Berührung 
konimen.  Umgekehrt  sind  die  Inder  ein  eminent  historisches 
Volk,  obwohl  die  geschichtliclie  Ueberlieferung  Aber  sie 
ftusserst  geringfügig  ist.  Es  ist  die  Aufgabe  zu  erkennen, 
worin  dieser  Gegensatz  besteht,  auf  welchen  Factoren  das 
»historische  Leben«  eines  Volkes  beruht,  wodurch  es  dem 
Bereiche  der  Ethnologie  enthoben  wird  und  seine  Schicksale 
auf  den  Namen  der  Geschichte  —  im  engeren  Sinne  des 
Wortes  —  Ans|iruch  erheben  können. 

Inneres  Wesen  der  Geschidite. 

g.  13.  Die  gesammte  organische  Welt  zeigt  neben  dem 
beharrenden  Element,  welches  in  den  typischen  Formen  der 
Arten  und  Rassen  hervortritt,  einen  Dtfferenzirungstrieb,  auf 
dem  die  speciflsche  Eigenart  jedes  Einzelwesens  beruht.  Je 
höher  ein  Organismus  steht,  ein  desto  grosserer  Spielraum  ist 
dem  letzteren  gelassen,  desto  nianni|?faUiger  sind  die  Formen, 
in  denen  er  Ausdruck  findet    Das  gleiche  gilt  vom  Menschen, 


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Inneres  Wesen  der  Oesebiebte. 


id 


Auch  hier  tritt  uns  eine  fortschreitende  Individualisirung  ent- 
gegen, und  zwar  sowohl  des  einzelnen  Volkes  (resp.  Stammes) 
gegenüber  den  anderen,  wie  des  einzelnen  Menschen  gegenüber 
der  Masse.  Ursprunglich  tritt  der  Einzehie  nirgends  aus  setner 
Umgebung  hervor.  Zwar  darf  nie  übersehen  werden,  dass 
die  ganze  Entwiclrelnng  der  Sprache,  der  Religion,  der  Sitten 
im  letzten  Grunde  immer  auf  dem  Zusammenwirken  der 
einzelnen  Menschen  beruht  und  der  rein  subjective  Factor, 
die  AulTassun^^  und  Thäli^keit  des  Individuums  immer  eine 
Rolle  gespielt  hat.  Aber  dasselbe  steht  in  seinen  Anschauungen 
nicht  im  Gegensalz  zur  Gesammtheit,  die  Masse  ist  noch 
homogen.  Erst  allmählich  tritt  der  Einzelne  zunächst  unbe- 
wusst,  dann  mit  vollem  Bewusstsein  den  ihn  umgebenden 
Anschauungen  und  damit  zugleich  der  Tradition,  in  der  er 
aulj^wachsen  ist,  entgegen.  Er  sucht  aus  sich  selbst  heraus 
die  Dinge  zu  gestalten  und  zu  bogreifen,  als  eigenartige  Persön- 
lichkeit, nicht  in  der  Welse,  wie  es  jeder  andere  an  seiner 
Stelle  auch  könnte,  Einfluss  zu  üben;  Auf  sLiuLlii-iiem,  auf 
künstlerischem  Gebiete  können  wir  uborall  dies  Erwachen  der 
Individualitat  verfolgen,  nir<^ends  aber  tritt  es  stärker  hervor 
als  in  der  Religion.  In  der  That  beruht  jeder  weitere  l'  ort 
schritt  derselben  und  schon  die  ganze  Ausbildung  einer  Lirlit- 
religicn  (§.  8  f.)  auf  der  Wirksamkeit  Einzelner,  welche  die 
ursprüngliche  Auffassung  zu  rectiflciren  oder  zu  ergänzen 
suchen,  wenn  auch  die  ^on  ihnen  erzielten  Resultate  wieder 
Eigenthum  der  Masse  werden  und  in  die  Tradition  übergehen. 

§.14.  In  gleicher  Weise  bilden  sich  höher  entwickelte 
Völker  als  Ganzes  eine  Individualitat  aus,  die  ihnen  ein  speci- 
fisches  Gepräge  gibt,  sie  von  allen  anderen  bestimmt  uiikr- 
schcidot.  Auch  hier  wird  die  allgeuieine  Gesetzlichkeit 
und  üleichmässiprkeit  der  Entwickelung  durchbrochen ,  das 
Volk  gewinnt  sich  eine  charakteristische  Form  des  Lebens  und 
Denkens.  Wenn  danei)en  nicht  als  Gegenströmung  die  Op- 
position des  Einzelnen  gegen  die  ihn  umgebende  Masse  sich 
entwickelt  oder  behauptet,  so  kann  eine  derartige  Entwicke- 
lang  wieder  zu  einem  festen,  traditionellen  Typus  führen,  der 


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14 


Eioieiluog. 


keine  Abänderung  mehr  duldet,  wie  in  At^^ypfon.  Mit  voüoni 
Bewusstsein  ist  die  Individualisirung  der  Naliou  von  den  Israe- 
liten seit  dem  Beginn  der  jahwislisch-prophetischen  Bewegung 
erstrebt  wordeD»  Auch  in  Griechenland  herrscht  dasselbe 
Streben,  nur  weniger  einseitig  und  schroff,  und  findet  sein 
Gegengewicht  in  der  immer  freieren  Ausbildung  der  Persön- 
lichkeit, die  schliesslich  zum  absoluten  Gegentheil  der  Erstarrung, 
sur  Selbstxerselsung  der  Nation  geführt  hat 

g.  15.  Alle  IndiTtdoalisirang  ist  zugleich  ein  fortwährender 
Gonflicl,  ein  Kampf  sowohl  gegen  die  Macht  der  Tradition 
und  die  Wuclit  der  lierrschend«'!!  Anschauungen  zu  Gunsien 
t\v^  Fortschrills  und  der  individuellen  Freiheit,  wie  gegen  die 
allgemeinen  und  nniforinen  Gesetze  der  Entwickelung  zu 
Gunsten  eigener  Gestaltung  des  Gesdücks  der  Gesammtheit 
und  des  Einzelnen.  In  diesem  Kampfe  besteht  das 
historische  Leben,  auf  ihm  beruht  die  geschicht- 
liehe Eni  wie  icelung  eines  Volkes.  Nach  beiden  Seiten 
sind  ihm  bestimmte  Grenzen  gesteckt.  Wird  die  Individualitftt 
erstickt,  so  tritt  CQ)erhaupt  keine  Geschichte  ein;  fährt  sie  zur 
Ausbildung  eines  festen  Typus,  der  dann  die  Alleinherrschaft 
gewinnt  und  alle  weitere  freie  Brnveijuni,'  unlersagt,  so  liitt 
das  Volk  mehr  und  mehr  aus  der  Reihe  der  liislorisrhen 
Nationen  heraus,  wie  die  Ae^^ypter  im  Alterthum  und  die 
Moliammedaner  der  Gegenwart.  Durchbricht  sie  dagegen  alle 
Scliranken,  sucht  sie  die  Tradition  zu  vernichten  und,  alle 
Entwickelungsgesetze  läugnend,  die  Weit  nach  ihren  eigenen 
Ideen  zu  gestalten,  wie  in  der  französischen  Revolution,  fo 
entfesselt  sie  die  elementarsten  Gewalten,  hebt  alle  Bedingungen 
des  individuellen  Lebens  und  eigener  Gestaltung  auf  und  unter- 
wirft die  Nation  vollkommen  der  Herrschaft  des  Naturgesetzes. 
Innerhalb  dieser  Grenzen  aber  hat  der  Widerstreit  zwischen 
Freiheit  und  Nothwendigkeit,  zwischen  dem  Kin/.elneu  und  der 
Gesanmiüieit  freien  Spielraum.  In  den  Grundzügen  der  Ent- 
wickelungt^erkennen  wir  die  allgemeinen  Gesetze,  in  der  Ge- 
staltung des  Einzelnen  die  Wirkung  der  Individualität  des  Volkes 
und  der  handelnden  Personen,  welche  die  gegebenen  Umstände 


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Aeuasere  Beding' uugen  der  GSeschiebte, 


15 


richtig  oder  unrichtig  verwerthen.  Dqss  die  Entwickelung  der 
deaischm  Geschichte  in  diesem  Jahrhundert  zu  einer  Einigung  der 
Nation  führen  niusste,  erscheint  uns  als  geschichtliche  Nolhwen- 
digkeit;  dass  sie  sich  in  den  Jahren  1866  und  1871  in  der 
Form  eines  Bundesstaates  mit  25  Mitgliedern  vollzogen  liat,  be- 
ruht auf  der  Individualität  der  f'eschichtllch  wii  konden  Fai  loren. 

g.  16.  Die  Geschichte  lässt  sich  dahei*,  obwohl  sie  all- 
gemeinen 'Gesetzen  unterworfen  ist,  doch  niemals  auf  solche 
reduciren  oder  einfach  in  Formeln  aufIdeen.  Sie  ist  noth- 
wendig  mannigfaltig,  kein  Abschnitt  dem  anderen  gleich. 
Während  die  Anthropdogie  sich  beschränkt,  das  Gesetzmässige 
und  Allgemeine  aufzuweisen,  herrscht  in  ihr  daneben  der 
Zufell  und  der  freie  WiUe  des  Einzelnen  Die  Wissenschaft 
der  Geschichtsschreibung^  ^^chort  daher  nicht  zu  den  philoso- 
phischen und  naturwissensciiaftlichcn  DiscipHncn ,  und  jeder 
Versuch,  sie  uiil  dem  Maasse  dieser  zu  messen,  ist  unzulässig. 
Mit  beiden  berührt  sie  sich,  denn  sie  hat  die  Aufgabe,  die 
allgemeinen  Gesetze*  und  Formen  historischen  Lebens  zu  er- 
forschen und  die  Verkettung  von  Ursache  und  Wirkung  im 
£inze]Torgang  nachzuweisen.  Aber  ihr  eigentücher  Beruf  ist, 
ins  Detail  hinabzusteigen,  die  Entwickelung  im  einzelnen  zu 
▼erfolgen;  sie  beschäftigt  sich  zwar  auch  mit  den 
typischen  Formen,  aber  vorwiegend  und  in  erster 
Linie  mit  den  Varietäten. 

AeuBsero  Bedingungen  der  GeschiGhte»  Das  hiatorisolie 

Katerial. 

§.  17.  Ihrem  Inhalte  nach  beginnt  somit  die  Geschichte 
da,  wo  die  Individualitat  zuerst  als  eingreifender  Factor  im 
Leben  eines  Volkes  hervortritt.    Indessen  in  Wirklichkeit 


')  Dabei  ist  es  völlig  gleichgQitig,  wie  man  philosophisch  Ober  beide 
Begriffe  denkt.  Die  Gescliichtaecbreibung  spricht  nuiit  in  einer  philo- 
sophi?rh  con<^lrt!irlen  Sprache,  sondern  in  der  des  tfiglicben  Lebens. 
Und  diese  verbindet  mit  boirlcn  vfiUig  klare  Anschanungen  und  setzt  sie 
fiberall  als  FundamentalbegrlfTe  voraus. 


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16 


Einleituof, 


vermögen  wir  nii^jends  so  weit  liinaufzudi iii^^en.  Die  charak- 
terislische  Gestaltung  der  aegyptischon  Gullur  hat  lanj?e  vor 
Menes  oder  gar  den  Pyramidenerbauern  begonnen,  die  Peruaner 
und  Mexicaner  haben  eine  Geschichte  durchlebt,  die  für  uns 
fast  ?5lHg  verschollen  ist.  Die  ganze  Geschichte  der  üeber- 
Ueferungt  auf  der  die  Möglichkeit  historischer  Kunde  beruht, 
ist  vom  ersten  Anfang  an  Tom  Zufall  beberrscbt;  auch  hier 
bat  die  Forsdrang  es  mit  einem  rein  individuellen  Elemente 
zu  than,  das  sich  jeder  Gesetzlichkeit  entzieht  Da  mündliche 
Tradition  in  kürzester  Frist  den  Inhalt  einer  Begebenheit 
vollkommen  umgestaltet  und  daher  für  weiter  zurückliegende 
Epochen  kein  historisch  verwerthbares  Material  Ijewahrt,  ist 
die  Schrift  die  nothwendige  Voraussetzuni?  einer  zuverlässigen 
üebcrliefcrung.  Ob  aber  und  in  weleiiem  Zeitpunkt  seiner 
Geschichte  ein  Volk  schreiben  lernt,  ist  lediglich  vom  Zufall 
abhängig»  Erfunden  ist  die  Schrift,  so  weit  wir  sehen  können, 
—  abgesehen  von  den  Schriftanfängen  der  amerikanischen 
V6\k&  —  an  drei  Stellen,  in  Aegypten»*  in  Babylonien  und 
in  China.  Von  diesen  Ländern  aus  hat  sie  sidi  dann  all- 
mählich mid  mit  mannigfaltigen  Variationen  zu  immer  ent- 
fernteren Völkern  verbrettet.  Zwischen  China  und  Aegypten 
ist  eine  historische  Uebermittelung  undenkbar.  Dagegen  mag 
<lie  babylonische  Schrift  von  der  aegyptischen  abhängig  sein; 
als  Miltelghed  steht  zwischen  beiden  vielleicht  die  altsyrische 
(hamathenische,  chetilische)  Schritt. 

§.  18.  Die  Schrift  dient  zunächst  rein  praktischen  Bedürf- 
nissen, der  Abfassung  von  Urkunden,  gerichtlichen  Documenten, 
Anordnungen  und  Berichten  von  Verwaltungsbehörden  u.  s.  w. 
Daneben  treten  Aufzeichnungen  von  religiösen  Formeln  und 
Satzungen,  von  wissenschaftlichen  Beobachtungen,  von  Lie- 
dern und  Erzählungen ,  die  Anfinge  einer  Literatur.  Was 
von  derartigen  Denkmälern  bis  auf  uns  gekommen  ist,  ge- 
währt cintui  Einblick  in  das  Leben  und  Treiben  des  Volkes, 
in  seine  Anschauungen  und  häufig  auch  in  seine  Schicksale. 
Aber  selbst  wo  dies  Material  so  reichlich  fliesst.  wie  z.  B.  in 
Aegypten,  reicht  es  für  die  historische  i^rkenntniss  nie  aus. 


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Aeuss«re  Bedingungen  der  Geschichte. 


17 


Jede  Urkunde  —  wir  können  hier  unter  diesem  Worte  auch 
die  literarischen  Werke  mit  umfassen  —  giht  nur  ein  Augen- 
hiicksbild,  bezieht  sich  nur  auf  einen  bestiinniten  Vorfall,  und 
selbst  wenn  nicht  nothwendij:^  zahllose  Lücken  in  der  Reihe 
vorkamen,  Hesse  sich  doch  aus  ihnen  nur  ein  sehr  abgeblasstes 
Bild  der  Bewegung  des  hisiorisclien  Lebens  gewinneD.  Um 
7X1  einem  solchen  zq  gelangen,  bedörfen  wir  einer  zusammen* 
fassenden,  die  fortschreitende  Entwidcelimg  verfolgenden  Dar^ 
stellmig,  die  auf  grfindliche  Kenntniss  der  Einzelvorgänge  bosirt 
sein  muss  and  dann  ia  ihren  Details  durch  die  Docomente 
«ontrollirt  werden  kann. 

§  19.  Die  historische  Literatur  entwickelt  sich  von  zwei 
enlgepfeni^esetzten  Auspan^'spüuklen  her.  Auf  der  einen  Seite 
liep^t  il(  u  IJandeliKien  selbst  daran,  von  ihren  Tliaten  den 
Zeitgenossen  und  daneben  auch  den  Nachkommen  einen 
genauen  Bericht  zu  geben,  ihren  Ruhm  der  Welt  zu  verkün- 
digen. So  finden  wir  an  den  meisten  orientalischen  Hdfen 
«me  officielle  Historiographie^  raid  der  Tendenz  nach  wenig 
yerschteden  sind  die  Stadtchroniken  Griechenlands,  Schliessen 
sich  derartige  Au&elchnung^  ohne  Unterbrechung  an  ein- 
ander an,  so  erhalten  wir  Annalen,  welche  die  äusseren 
Schicksale  des  Volkes  und  das  Leben  der  Könige  ziemlich 
vollständig  erzählen,  dagegen  die  innere  Entwickehmg  der 
Nation  natürlich  nirgends  in  den  Bereich  ihrer  Betrachtung 
7.iehen.  Auf  derartiger  Grundlage  beruhen  z.  B.  die  Königs- 
bücher  von  Israel  und  Juda  und  die  Quellen,  aus  denen 
Berossos  und  Manetho  den  historischen  Theil  ihrer  Geschichten 
geschöpft  haben*  Der  Masse  des  Volks  dagegen  liegt  nichts 
an  einer  Aufzeichnung  der  gleichzeitigen  Begebenheiten;  sie 
haben  diese  ja  selbst  miterlebt  und  jeder  kann  davon  erzählen« 
Ihr  Interesse  richtet  sich  auf  die  älteste  Geschichte  des  Volks, 
auf  die  Zeiten,  in  denen  noch  Götter  und  Menschen  mit  einander 
verkehrten,  in  denen  die  Ahnherrn  lebten,  von  welchen  alle 
bestehenden  Einrichtungen  herstammen,  da  das  Volk  selbst 
und  seine  Religion  entstand.  Die  Ur-  und  Sagen geschichte 
wird  eifrig  durchforscht  und  bearbeitet  und  immer  weiter  aus- 

Mey«r,  OMchlohte  do»  Altortliuin«.  I.  2 


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18  Einteitnn«. 

gebildet.  Von  der  Gegenwart  mit  all*  ihrer  Noth  trennt  «e 
eine  wette  Kluft,  dieselbe  erscheint  doppelt  klein  und  degene- 
rirt  im  Lichte  der  Vergangenheit.  Bei  den  historischen  Zeiten 
verweilt  die  Betrachtung  nur  da,  wo  sich  die  Kunde  von 
grossen  Helden  des  Volkes,  von  mäclitigen  Herrschern,  von 
einem  glucklichen  Zustand  erhalten  hat,  und  die  Phantasie 
die  Traditionen  immer  übertriebener  und  unhistoriscber  aus- 
malen Itann»  Dann  wird  wohl  auch  der  Versuch  gemacht^ 
das  Ganze  snsaramenzofassen,  die  Lüdcen  aussuföllen,  natürlich 
nach  den  Ansehaunngen  und  Forderungen,  mit  denen  die  Gegen* 
wart  an  die  Vergangenheit  herantritt  Ud)er  diese  Auffias- 
snng  ist  die  Geeefaichtsschräbong  des  Orients  nie  hinaus- 
gekommen und  auch  die  griechische  hat  zuerst  auf  demselben 
Standpunkt  gestanden.  Krst  die  gewaltigen  Begebenheiten 
der  Pcrserkrictre  erschienen  der  näclisten  Cleneration  —  nicht 
den  Zeitgenossen  —  bedeutend  genug,  um  anf^^ezeichnel  und 
der  Vergessenheit  entrissen  zu  werden,  und  darauf  lusKend 
hat  zuerst  Thukydides  sich  die  Aufgabe  gestellt,  die  Geschichte 
seiner  eigenen  Zeit  planmässig  zu  erforschen  und  der  Mit- 
und  Nachwelt  zu  überliefern. 

Auf  die  Grundsätze,  nach  denen  die  Gescbicbtsforsctiung  dies  Ma- 
teriol  in  bearbeiteii  hat,  einsngehen,  ist  falor  niehl  unser«  AnCgabe;  a«. 
darflber  vor  allem  Dbotsbv,  Gmodrist  der  Bistorik.  Eine  Uebertieht 
der  griechischen  Historiographie  wird  In  Bd.  n  B.  folgen.  Hier  bemerke 
leb  noTf  dass  die  gangbar  gewordene  AttfTassung,  jeder  f  pfttere  Historiker 
habe  seine  Vorgänger  einfach  abgeschrieben  (pewfihnlich  setzt  man 
noch  ein  patir  Floskeln  hinzu),  grundfalscb  ist.  Wer  die  antike  Historio- 
graphie nnrh  Compendien  und  Schnlhncbern  oder  einem  Sammelwerke  wie 
dem  Diodor's  i»euillieilt,  verkennt  ihre  Bedeutung  vollständig.  El>enso 
ist  die  landläufige  Heurtlieilung  des  Livius  (die  bich  übrigens  sehr  mil 
Unrecht  auf  Nit»&EN  beruft)  mindestens  schief  und  einseitig. 

Allgemeiner  Charakter  der  GescMchtssclireibung. 

§.  20.   Die  Aufgabe  des  Geschichtsschreibers  ist,  ans  der 

Fülle  des  überlieferten  Materials  dicjonigon  Thalsaclicn  aus- 
zusciieiden,  welche  historisch  bedeutend  sind,  den  Zusaninien- 


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Chronologie.  19 

hang  der  Entwiekehmg  darzulegen,  die  massgebenden  Strö- 
mungen hervortreten  zu  lassen.  Er  bedarf  dazu  allgemeiner 
Ideen  und  leitender  Gesichtspunkte.  Alle  Geschichtsschreibung 
ist  nothwendig  subjectiv ;  objectiv  sind  nur  die  ungeordneten 
Thatsachcn,  ist  nur  das  wirkliche  Leben  der  Gegenwart,  u'ie 
das  zusamroenfas^ode  Abbild  der  Vergangenheit.  Die  Zeit 
des  Historikers  und  seine  eigene  Individualität  muss  sich  in 
seinem  Werke  abspiegeln;  sonst  erhebt  sich  dasselbe  nicht 
über  eine  trdckene  Aneinanderreihung  von  Begebenheiten. 
Ohne  Besiehnng  zur  Gegenwart  ist  keine  Geschichtsscbreibmig 
denkbar;  die  Vergangenheit  erseheint  ihr  als  eine  Vorstufe  der 
jetzt  herrsehenden  ZtislSndef  imd  nur  ans  einem  In  der  Gegen- 
wart möglichen  Ideenkreise  können  die  Gesiclitspunkte  genommen 
werden,  welche  der  Darstellung  zu  Grinide  liegen.  Unsere 
kriti^^riie  Zeit  unterscheidet  sich  nur  dadurch  von  früheren 
Epüclien,  dass  ihr  diese  Abhängigkeit  klarer  bewusst  ist;  aber 
voraussetzungslos  kann  kein  Historiker  sein.  Das  Goethe'sche 
Wort  vom  Geist  der  Zeiten  ist,  seiner  ironischen  Fassung  ent- 
kleidet, durchaus  richtig,  aber  enthält  keinen  Vorwurf  gegen 
die  Geschichtsschreibung.  Dieselbe  ist  eine  Darstellung  und^ 
Beurtheilung  der  Vergangenheit  Im  Lichte  der  Gegenwart,  f 

Chronologie« 

§.  21.  Alle  GeschichtsschrciLunfT  ist  Darstellung  einer 
Folge  von  Begebeniieiten ;  sie  l)e(larr  mitiiin  eines  Mittels,  nni 
den  Abstand  derselben  von  einander  wie  von  der  Gegenwart 
zeitlich  genau  fixiren  zu  können.  Die  Grundlage  eines  jeden 
chronologischen  Systems  ist  die  grösste  Zeiteinheit,  das  Jahr, 
Bekanntlich  wird  jedoch  die  Länge  desselben  bei  den  einzelnen 
Völkern  Terschieden  bestimmt  Historisdi  geht  dem  Jahr 
überaU  als  erstes  Element  der  Zeitrechnung  der  Monat  voraus, 
d.  b.  zunächst  der  von  einem  Neumond  zum  nächsten  ver- 
laufene Zeitraum  von  29  bis  30  Tagen.  Nach  zwiVlf  Monaten 
sind  die  Sonne  und  der  Kreislauf  der  Jahreszeilen  annähernd 
wieder  auf  den  Ausgangspunkt  zurückgekeiirt ;  doch  macht 


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20 


Binldtaiig. 


sich  der  Ober  10  Tage  betragende  ünterscfaied  »wischen  zwölf 
Mondmonaten  and  dem  Sonnenjahr  sehr  raech  fOhttwr.  Hier 
gibt  es  zwei  Mittel  des  AusgleichB:  entweder  man  behSH 

den  Mondmonai  bei  und  gleicht  das  Mondjahr  durch  Ein- 
schallung  eines  dreizehnten  Monats  in  bestimmten  Jahren 
imTner  wiedor  mit  dem  Sonnenjahr  aus,  oder  man  geht  jjunz 
zum  Sonnonjaiir  über  und  ersetzt  den  Mondmonat  durch  einen 
rein  convenÜoneJlen  Monat^  etwa  von  30  Tagen.  Dass  das 
Sonnenjahr  ungefUhr  365  Tage  enthält,  musste  man  sehr  früh 
wahmelunen  ~~  ein  Jahr  ?on  360  Tagen  hat  es  nie  gegeben  — ; 
in  dem  zuletzt  angenommenen  Falle  mnssten  also  noch  fünf 
flberschteige  Tage  am  Schloss  der  zwOlf  Monate  hInzngeflQgt 
werden.  Die  Erkenntniss,  dass  damit  dfeLftnge  des  Sonnenjahres 
noch  nicht  genau  ftgM  sei,  führte  dann  zn  weiteren  Ausgleich- 
versuchen durcli  Einschaltungen  oder  zu  einem  Wandeljahre, 

Das  reine  Mondjahr  der  Mohammedflner  scheint  ursprilnfrlicli  nir- 
gends vorznkommon  und  ist  ja  auch  sirh  nh«nr  ?,  f!a  fh  r  Begriff  des 
Jahres  an  den  Sonutiulauf  oder  vielmehr  den  Wechsel  der  Jahreszeiten 
anknüpft. 

§  22.  Um  in  der  anfangs»  mid  endlosen  Reihe  der  Jahre 
jedes  einzelne  bestimmt  bezeichnen  zu  k&nnen,  genügt  eine 
Benennung  desselben  nach  Ereignissen,  Namen,  Regierungs- 
jahren u.  s.  w.  offenbar  nicht ;  es  bedarf  einer  Aera,  d.  h. 
einer  Jahr^ählunu'  vorwärts  und  rückwärts  von  einem  will- 
kürlich ^'ewählfen  aber  ^festen  Anfangspunkte  an>.  Für  unsere 
Zeitrechnimf?  ist  dieser  Ausgangspunkt  die  Mitternacht  vom 
31.  Dez.  1  v.  Chr.  auf  den  1.  Jan.  1  n.  Chr.  Das  Jahr, 
nach  dem  wir  rechnen,  ist  das  juh'anische  Sonnenjahr  von 
365  Tagen  6  Stunden  (alter  Stil);  daneben  wird  vom  Jahre 
325  n.  Chr.  (Gk>ncil  von  Nicaea)  ab  auch  nach  gregorianischen 
Jahren  von  365  Tagen  5^  4Sf  4Sf'  gerechnet  (neuer  Stil). 
Auf  diese  Aera  ist  jedes  überlieferte  Datum  zu  reduciren. 

Bei  chronologischen  Untersuchungen  legt  man  vielfach  auch  die 
von  Scahper  gebildete  jnlianische  Periode  von  7980  Jahren  7u  (Jrunde, 
die  im  Jahre  4713  v.  Chr.  heprinnt.  Die  Aslrononien  wählen  nicht  einen 
Zeitpunkt,  sondern  ein  ganzes  Jahr,  das  Jahr  1  v.  Chr.  (astron.  mit  0 


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GMehiebt«  dw  Alterthums. 


21 


bezeichnet)  als  Ausgangsepoche,  und  bezeichnen  z.  B.  das  Jahr  323  v.  Chr. 
durch  —  322.  —  Im  allgemeinen  s.  das  noch  immer  vorzQglidbe  Werk  von 
Id£lsb,  fianilbucb  der  Chronologie,  2  Bde.,  Berlin  1825. 

Qesohidite  des  Alterthums. 

§.  23,  Je  weiter  ein  Volk  in  seiner  Entwickelutig  fort- 
schreitet, desto  ^'rösseren  Einlluss  üt)t  es  auf  seine  Nachbarn, 
Diese  suchen  sich  seine  überlegene  Gullur  anzueignen,  werden 
von  den  bei  ihm  herrschenden  Anschauungen  beeinflussi; 
die  festere  Ausbildung  der  Staalsform,  die  Entstehung  erobern- 
der Beiciie  führt  zu  ununterbrochenen  politischen  Besiehungen. 
-Noch  vielseit^r  wird  die  Entwickdung«  wenn  zwd  ursprfing- 
lieh  unabhängige  Gulturen  in  Berfihmng  treten,  sich  gegen- 
seitig beeinflussen  und  auf  neutralem  Gebiet  mischen,  immer 
neue  Nationen  in  den  Bereich  ihrer  Einwirkung  ziehen.  So 
entstehen  grosse,  sich  imiiier  weiter  ausdehnende,  zu  immer  ge- 
steisrerterer  Wechselwirkung  der  einzehien  Glieder  auf  einander 
tnr [schreitende  Cultuikieise.  Schliesslich  haben  sich  in  der 
alten  Welt  zwei  solche  Kreise  gebildet,  die  zwar  auch  nicht 
otme  ßerüiirung  mit  einander  geblieben,  aber  doch  im  aJlge« 
meinen  bis  auf  die  neueste  Zeit  herab  jeder  seinen  eigenen 
Weg  gegangen  sind.  Es  sind  der  ostasiatiscbemit  den  Genlren 
Chfaia  und  Indien,  und  der  der  Mittelmeervölker  um  Ihn 
mit  einem  kurzen,  annfihemd  zutreffenden  Namen  zu  liezeichnen 
—  mit  den  Ausgangspunkten  Aegypten  und  Babylonien.  Der 
letztere  umfasst  alle  Völker  Nordafrikas,  Europas  und  Vorder- 
asiens hi^  au  die  Ost^^renze  des  iranischen  Hochlandes.  Den 
ersten  ^^rossen  HaiijjtaJ)schtiitt  seiner  Enlwickolnng^  bezeichnen 
wir  als  (i'eschlchte  des  Alterthums.  In  neueren  Darstellungen 
hat  man  auch  die  Inder  in  den  Bereich  der  letzteren  gezogen, 
indessen  mit  Unrecht.  Denn  die  Inder  sind  zwar  mit  den 
Iraniern  und  den  Indogermanen  Europas  verwandt,  und  ihre 
Sprache,  ihr  ältestes  Gulturleben,  ihre  ursprfingUcbe  Religion 
ist  f&r  die  Erkenntniss  der  £ntwickelang  dieser,  namentlidi 
der  Iranier,  von  Bedeutung;  aber  in  der  historischen  Ent- 


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22 


Einleitong. 


Wickelung'  -ind  sie  ganz  andere  Wege  gt  prangen.  Ihre  Cultur 
ist  von  der  der  westlichen  Völker  zunächst  garnicht  und  auch 
seit  der  bellenistiscben  Zeit  nur  vorübergeheDd  beeinflussi 
worden,  eine  dauernde  politische  Verbindung  mit  denselben 
erst  durch  die  mohammedanische  Eroberung  herbeigeführt* 
Dagegen  ist  die  religiöse  Entwickelung  Indiens  bdEanntlieh 
filr  ganz  Ostasien  roaassgebend  geworden.  Der  Buddhismus 
ist  das  Bindeglied  zvrischen  Indien  imd  China,  die  Grundlage 
der  Gulturen  der  Mongolen  und  Tibetaner  wie  der  hinter- 
indischen Völker.  \)iihvv  bleibt  von  unserer  Darstellung  die 
indische  Geschichte  ausgeschlossen. 

§.  24.  Die  Geschichte  der  Mittelmeervölker  zeiprt  uns 
zunächst  in  Aegypten  und  Babylon ien  die  Entstehung  hoiier, 
von  einander  jedenfalls  in  aUeoi  Wesentlichen  unabhängiger 
Goltttren.  Mindestens  seit  dem  zweiten  Jahrtausend  t.  Chr.  be- 
ginnen diese  in  die  weiten  zwischenliegenden  Gebiete  friedlich 
und  erobernd  dberzogreifen,  es  entwickelt  sich  hier  eine  yorder- 
asiatische  Gesammtcultur,  die  durch  Handd  und  SehifEshrt 
an  alle  Kästen  des  mittelländischen  Meeres  getragen  wird. 
Gleichzeitig  entstehen  erobernde  Reiche,  die  vergel)1ioh  sich  ab- 
mühen, die  verschiedenen  Völkerschalteii,  welche  sie  liirer  Macht 
untci  weilen,  zu  niK'in  Staate  zusanmienzufügen,  und  in  fort- 
währenden Kriegen  ihre  Kräfte  erschöpfen.  Auf  geistigem 
Gebiet  führt  gerade  die  Höhe  der  Cultur  zum  Stillstand,  zum 
Sieg  der  Formel;  uberall  erhalten  fest  ausgebildete  religiöse 
Systeme  die  Herrschaft.  So  gehen  die  Nationalitftten  äusserlich 
und  innetlich  zu  Grunde,  und  schliesslich  werden  alle  Völker 
des  vorderasiatisch -aegyptisehen  Kreises  von  dem  zuletzt  zu 
historischem  Leben  erwachten  und  (irischesten,  den  Persem, 
zu  einem  gewaltigen  Weltreiche  vereinigt,  das  zusammenhält, 
bis  ein  Stoss  \un  aussen  es  übtn-  den  Haufen  wirft. 

§.  25.  Inzwischen  entwickelt  sich  in  Hellas  in  stetem 
Zusaniinenhange  mit  dem  orientalischen  Lehen  und  vielfach 
von  demselben  beeinflusst,  ein  neues,  weit  höher  tortsclu-eitendes 
Culturleben,  in  dem  die  Individualität  in  ganz  anderer  Weise 
sich  entfaüst  als  im  Orient.  Eine  kurze  Zeit  lang  fährt  dies 


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Geschichte  de«  Alterihuma.  2^ 

7M  einem  gewaltigen  Aufschwung  der  Nation,  aber  nur  um 
so  schärfer  trelen  dann  die  inneren  Gegensätze  hervor  und 
führen  zu  ihrer  politischeo  Venuchtung.  Die  überschüssigen 
Krfifle  fliessen  nach  aussen  ab,  unterwerfen  ganz  Vorderasien 
den  grieduacben  Waffen  und  der  griechischen  Gultur.  Ein 
iinendlidi  reges  und  mannigfiilUges  Leben,  ein  grossartiger  gei- 
stiger Gibningsprocess  ist  das  Ergebniss  dieser  Völkermiscfanng. 
Indessen  m  politisch  danerbaften,  fest  auf  sich  selbst  ruhenden 
Schöpfiaigeii  erweist  sich  die  Zeit  um  so  unfähiger.  Es  bedarf 
einer  neuen,  geschlossenen  staatlichen  Form,  welche  die  Kräfte 
der  Nation  in  Krieg  und  Fiiedeii  einigt  und  sie  unüberwindlich 
macht.  Darauf,  dass  sie  diese  gefunden  haben,  beruht  die 
Grösse  der  Römer.  Nachdem  sie  Italien  unter  ihrer  Supre- 
matie geeinigt,  fallt  ihnen  in  hartem  Ringen  die  Herrsciiafl 
älier  den  Westen,  dann  in  rascfaem  Siegesläufe  der  westliche 
Theil  des  Erbes  Alexanders  zu,  während  der  Osten  sieb  k»- 
iOst  und  noch  einmal  seine  alten  Wege  einschlägt« 

§.  30.  Nach  einem  langen,  von  den  gewaltigsten  Ensen 
begleiteten  Zersetzungsprocess  entsteht  aus  der  Wellherrschaft 
der  Republik  das  römi-che  Kaiserreich,  der  grossartigste  St;ials- 
bau,  den  die  Ge«chif  Iii«  kennt.  Eine  zweihundertjähri>:e  kaum 
getrübte  Friedens{M  i  iddc  folgt  seiner  Begründunpr.  Iiuli  ssen 
unter  seiner  Herrschaft  vollendet  sich  nur  der  Zersetzungs- 
process der  antiken  Völker  und  des  antiken  Lebens.  Alle  Na- 
tionen sind  vollkommen  nivellirt;  das  nationale  Leben  erlischt, 
der  Staat  arbeitet  als  Maschine,  deren  Gang  von  d«r  Regierung 
geordnet  wird,  während  die  Masse  der  Uutertbanen  nfa^nds 
in  ihn  eingreift  und  alles  Interesse  am  staatlichen  Leben 
verliert  So  bricht  der  gewaltige  Bau  urplötzlich  in  sich  zu^ 
sammen;  mit  einem  Schlage  vollzieht  sich  nach  dem  Tode 
des  Gommodus  der  Uebergang  zur  vollkommenen  Anarchie. 
Alle  Versuche,  den  Staat  auls  neue  zusMinuienzufügen,  sind 
vergeblich.  Dadurch  wird  das  Reich  zugleich  unfähig,  den 
äusseren  Feinden  kraftig  zu  widerstehn,  ein  Stück  nach  dem 
andern  erliegt  dem  Ansturm  der  Barbaren.  Hand  in  Hand 
damit  geht  der  Zerfisll  des  Geistesleliens.   Alle  Anschauungen 


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24 


EuüeituDg, 


sind  ausgelebt,  der  ganze  Kreis  der  Ideen  ist  durehmesscn^ 
die  religiösen  Vorstellungen  der  früheren  Zeiten  sind  sinnlos 
geworden  und  genügen  nieniaiiilem  nieiir,  die  Philosophie, 
welche  zeitweilig  an  ihre  Stelle  getreten  war,  vermag  auf  die 
Dauer  die  Masse  nicht  zu  befriedigen,  in  diesem  Gährungsj  jro«  ess 
entwickelt  sich  eine  neue  Religion,  welche  von  überall  her  die 
bewegenden  Ideen  in  »ich  aufiaimmt  und  mit  dem  Anspruch 
anf  Universalität  auftritt.  Sie  erringt  den  Sieg,  hat  aber  weder 
Staat  und  Gultur  neu  gestaltet  noch  die  WelÜierrschalt  he- 
hauptet  Der  Unterschied  der  Denkweise  des  Orients  und 
des  Ocddents,  welcher  lange  geschlummert,  bricht  in  tausend 
Gegensätzen  hervor;  überall  sind  die  Völker  bis  in  liue  untersten 
Tiefen  hinein  aufgeregt.  Der  schroffste  Gegensatz  führt  auch 
die  Katastrophe  herbei.  Der  semitische  (iri-i  empört  sich 
gegen  die  philosophische  Religion  der  liellenistischen  Welt. 
Eine  neue  Religion,  die  seine  Anschauungen  wiederspiegelt, 
gewinnt  den  Sieg  und  zerreisst  die  bisher  geeinigte  Welt  der 
MHtehneervOlker  in  zwei  HAlften.  Mit  dem  Siege  der  Germanen 
im  Westen,  der  Araber  hn  Osten  endet  die  Geschichte  des 
Alterthnms.  Die  specifische  religiiSee  Färbung,  welche  beide 
Bewegungen  angenommen  haben,  bestimmt  den  geschichtlichen 
Charakter  der  nächsten  grossen  Epoche. 

§.  27.  Die  Geschichte  des  alten  Orients  war  bis  in  den 
Anfang  dieses  Jahrhunderts  ein  völlig  dunkeles,  kauiji  hu  r  und 
da  durch  einen  Lichtstrahl  erhelltes  Gebiet.  Erst  die  gewal- 
tigen Entdeckungen  der  Neuzeit,  die  Erforschung  der  Monu- 
mente und  Literaturen  Aegyptens,  Assyriras,  Babyloniens, 
Persiens  haben  uns  die  Möglichkeit  genauerer  Erkenntniss 
gewfthrt.  Das  Verdienst,  zuerst  die  Ergebnisse  dieser  Forschung 
susammaigefasst,  auf  Grund  des  neuen  Materials  ein  Büd 
der  Entwickelung  der  einzelnen  Volker  und  ihrer  Beziehungen 
zu  einander  gegeben  zu  haben,  gd^ührt  Max  Düncksr^s  Ge- 
schichte des  Alterthums.  Ho  vielfach  wir  auch  in  cinzehicn 
Fragen  von  ihm  abweichen,  in  anderen  über  die  von  ihm 
gezogenen  Hrenzen  hinausgehen  werden,  Liberal!  stelm  wir 
auf  seinen  Schultern,  haben  ihn  als  den  Wegimlmer  anzu- 


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Geschichte  des  Alterthomr. 


25 


erkennen.  Neben  ihm  veniienen  für  Vordera?ien  die  namentlich 
an  cuIturgeschichUicbem  Material  sehr  reichhaltigen  Arbeiten 
Georob  Rawursoii's  genannt  zu  werden.  Alle  anderen  mir 
bekannt  gewordenen  Darstellungen  —  am  besten  und  lebendig- 
sten darunter  Ist  das  auf  einer  eingehenden  Kenntniss  der 
einbeimischen  Literaturen  beruhende  Werk  Haspbro's  —  tragen 
einen  wesentlich  populfiren  Charakter  und  entbehren  nur  zu 
sehr  der  gesicherten  kritischen  Grundlage.  Auch  das  gross 
angelegte,  reich  illustrirte  Werk  von  FRANgois  Lenormant 
Histoire  ancienne  de  l'Orient  jusqu'aux  giierres  mediques, 
welciies  vor  allem  die  nionunientale  Gesrliic  htf^  in  grosser 
Ausführlichkeit  wiedergibt  und  daneben  viele  Literaturproijen 
enthält,  trägt  im  .wesentlichen  denselben  Charakter. 

'  G.  RAmuBoir,  Tbe  five  great  Monarebiw  of  the  Andtnt  Sattttm 
World,  8  Bde.  Daiu  seine  Ristoiy  of  Horodotns,  4  Bde.,  mit  nhJreiehen 
saehliehen  Anmerkungen  nnd  Eicorsen.  Maspbro,  Qetebichte  der  morgenl. 
Volker  im  Altertbuni,  flbenetit  von  PurscBHAmr.  '-^  Von  Alteren  Werken 

verdienen  vor  allem  Heeren's  Ideen  öber  die  PoIIlik ,  den  Verkehr  und 
den  Handel  der  vornehmsten  Völker  der  Alten  Weit,  Bd.  1  u.  %  hier 
ErwAhnong. 


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Gescliiclite  des  Alterthums. 

firster  TheiL 

Geschichte  des  Orients  bis  znr  Begrflndimg  des 

Perserreichs. 


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Erstes  Buch. 


Oescliichte  Aegyptens  Mb  zum  Ende  der 

Hyköoszeit 


Quellenkunde  zur  aegyptischen  Geschichte. 


§.  28.  Die  Grundlage  unserer  Kenntniss  Aegyptens  bilden 
die  einheimischen  Denkmäler  und  die  Ueberreste  der  alten 
Literatur  des  Landes.  Dieselben  sitid  uns  verstfindlich  ge- 
worden, seitdem  J.  FRAN901S  Chami  üllion  im  Jahre  1822  die 
*  Entzifferung  der  Hieroglyi^nschrifl,  gelungen  ist.  In  derselben 
sind  drei  Elemente  zu  einem  harmonischen  Ganzen  verbunden : 

1)  Buchstabenzeichen,  d.  h.  beliebig  gew&hlte  Bilder,  welche 
lediglich  eufien  bestimmten  Laut  darstellen,  ohne  Uficksicht 

auf  die  Bedeutung,  z.  B.  a,  m,  AMMM  n,  s,  #  ch. 
Die  kurzen  Vocale  werden  meist  nicht  geschrieben.  Die  Ent- 
deckung des  Lautes  als  des  einfachsten  Elementes  der  mensch- 
lichen Rede  ist  Eigenthum  der  Aep^ypler ;  die  Keilschrift  kennt 
denselben  so  wenig  wie  die  Cliiin  s^n. 

2)  Ideogramme,  d«  h.  Bilder,  welche  nicht  dem  Laute  als 
Zeichen  dienen,  sondern  den  Begriff  bildlich  darstellen.  Ent- 
weder treten  dieselben  als  Determinative  hinter  die  laut- 


Die  HieroglyphentchrifL 


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30  Erstes  Buch.   Aegyptische  Quellenkunde. 


#         neht  »stark«  (der  bewaffnete  Arm  bezeichnet  die  Kraft 

od^  Gewalt),  sehr  »Plan«  (die  Schriftrolle  bezeichnet 

das  Abstractum) ;  oder  die  lautliche  Schreibong  Allt  ganz  weg, 
das  Ideogramm  stellt  zugleich  Laut  und  Bedeutung  dar.  So 

bezeichnet  die  menschliche  Figur  ^  je  nach  Umständen  das 
Wort  se  »Person«,  rot  »Mensch«,  a  »ich,  mein«  oder  tritt 
als  Detern lüialiv  hinter  das  piiunolisch  geschriebene  Wort, 

z.  ß.  ^=rn>  ^  rt  Mensch. 

3)  Aus  den  Ideogrammen  entwickeln  sich  die  Silbenzeichen, 
d.  h.  Bilder,  welche  einen  Lautwerth  ohne  Räcksicht  auf  die 

Bedeutung  bezeichnen,  z,  B.  I  nfr  (eig.  »Laute«,  dann  ledig- 
lich Lautzeichen  auch  in  dem  Wort  nofer  schön,  nofer 
Fällen  u.  ä.);         mh  (eig.  »GQrtel,  Band«,  dann  auch  zur 

Schreibung  der  Worte  mdit  Nordwind,  meli  voll  u.  a.  ver- 
wandt). Aus  ihrem  Ursprung  erklärt  sich,  dass  die  Silben- 
zeichen meist  polyphon  sind,  d.  h.  auf  verschiedene  Weise 
ausgesprochen  werden  können,  z.  B.  -'So-  ar  und  mer  (Aug- 
apfel und  Auge,  aber  auch  ar  machen);  ^  (Binse,  Zeiclieii 
des  Südens)  res  und  qma'  (Süden,  vertritt  aber  den  Laut- 
werth qma'  auch  in  der  Bedeutung  »singenc)  u.  &.  Dieselben 
können  zur  Verdeutlichung  ein  »phonetisches  Gomplement«  zu 


sich  nehmen,  z.  B.  schreibt  man  gewöhnlich  mn(n), 
{<=>  nfr(fr),  ^  res,  qma'  u.  ä.  Dahinter  tritt  dann 
das  ideographische  Determinativ^  z«  B.  nfr  »schöne, 

nfr  »Fullenc  u.  ft. 

Das  Wesen  der  Hieroglyplienschrift  ist  auf  den  ältesten 
Dcukinülern  dasselbe,  wie  in  der  spätesten  Epoche;  nur  in 
der  Wahl  der  angewandten  Zeichen  herrschen  bedeutende 


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Di«  DenkmAler. 


31 


Unterschiede.  Wann  und  wie  sie  entstanden  ist,  entzieht  sich 

völlig  unserer  Kenntniss;  nur  das  lässt  sich  aus  den  ältesten 
Denkmälern  mit  Sicherheit  folgern ,  dass  man  ursprünglirh 
vorwiegend  rein  phonoliRrh  mit  Buch.stahpn  schrieb  und  die 
Determinative  und  Silbeiizeicljen  erst  alliiuihlicli  in  grösserem 
Umfange  zu  weiterer  Verdeutlichung  anwandte. 

Zum  Sehreibftii  auf  Papyrus  [and  Leder]  bedieote  man  steh  ge- 
wObDlicb  einer  aus  den  hieroglyphischen  Zeichen  abgekttnten  CSnrsivsehrift, 

der  so<^.  hieratischen  Schrift.   Ans  derselben  hat  sich  später  eine  noch 

mehr  abgekürzte  Sctireibart  entwickelt,  die  man  im  ersten  Jahrtausend 
V.  Chr.  rur  Schreibung  der  (iamaligen  Volkssprache,  dos  sog.  Demolisclien, 
verwandte.  —  Dass  die  gangbare  Annahme,  welc-lie  in  den  Silbenzeichen 
den  Ausgangspunkt  der  Hieroglyphenschrift  sieht,  falsch  ist,  lehren  die 
neuentdeck  teu  P^ramideninschriflen. 

Detikmiler  un4  Sobriftsieller» 

§.  29.  Unter  den  Denkmälern  Aegyptens  sind  rein 
historische  Urkunden,  wie  Siegestafeln,  Grenzsielen,  Vertrags- 
lirkunden u.  ft,  Terhftltnissmässig  selten.  Bei  weitem  diemeisteD 
sind  GralH  oder  Tempelinschrillen,  und  dürfen  daher  nur  mit 
Vorsicht  historisch  verwerthet  w^en.  Der  Natur  der  Sache 
nach  wird  nur  Rühmenswerthes  berichtet,  das  Nachtheilige 
verschwiegen,  und  überhaupt  nur  die  für  den  Verfasser  inter- 
essanten Momente  liervorgelioben.  Am  zuverlässigsten  sind 
im  allgemeinen  die  Bios'raphien,  die  sich  in  den  CIräbern  finden; 
dagegen  haben  die  Kunige  wcnip:stens  der  späteren  Zeit  sich 
häufig  nicht  vor  den  ärgsten  Uebertreibungen  und  Enlstellnn^en 
gescheut.  Es  kommt  hinzu,  dass  die  Könige  des  Neuen  Reichs 
sehr  allgemein  dem  Brauch  huldigen,  ältere  Monumente  för 
nch  zu  usarpiren,  d.  h.  einfach  an  Stelle  des  alten  Königs- 
namens ihren  eigenen  auf  dieselben  eingraben  zu  lassen.  Im 
übrigen  liegt  es  m  der  Natur  der  Sache^  dass  uns  Monumente 
in  grösserer  Anzahl  nur  aus  den  Epochen  vorliegen,  in  welchen 
der  Staat  sich  wüiiJgeordneter  Zustände  und  grösseren  Wohl- 
standes erfreute  und  überdies  der  in  Tempel-  und  Grabba\iten 
entfaltete  Luxus  besonders  gross  war,  während  in  den  historisch 


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32 


Erltes  Bueh.  Acgfptwehe  Qoalteiikiiade^ 


80  wichtigen  Zeiten  des  Verfolb  und  ebenso  des  neuen  £n)por- 
Strebens  die  monumentalen  Quellen  selten  werden  und  wiederholt 
völlig  versiegen.  £s  kommt  der  Ausserliche  Umstand  hinzu, 

dass  —  abgesehen  Ton  Tanis  —  Monumente  in  grösserer  Anzahl 

ausschliesslich  in  der  Todtcnstadl  von  Memphis  und  in  Ober- 
aegvjifrn  erliaiten  oder  doch  bis  Jetzt  gofnndon  sind,  also  für 
die  Epochen,  in  denen  der  Schwerpunk!  <]r-  Reichs  im  Delta 
lag,  das  Material  bedeutend  zusammenschrumpft.  Eine  Ergän- 
zung der  aegyptischen  Monumente  durch  die  anderer  Völker, 
vor  allem  der  Aetbiopen  und  Assyrer,  kommt  natöiilch  nur 
selten  vor,  ist  dann  aber  um  so  werthvoller. 

Im  attgemeiflen  vf  1.  WiiDiHAini,  Geieb.  Aegjpt.  von  Paammetieh  L  lib 
aof  Alexander,  nebst  einer  EriUk  der  Quellen  der  aegypt  Oeeebiehtei  1880. 

§.  80.  Eine  zuverlässiprc  historische  Darstellung,  deren 
wir  zur  Ergänzung  der  Denkmäler  so  nolhwondig  bedürften, 
felilt  uns  fast  völlig.  Wie  weit  sich  eine  wirkliche  liistorische 
Literatur  in  Aps'jpten  entwickelt  hat,  welchen  Charakter  die 
ÄvaYpa^at  der  Priester  trugen  (Her.  II,  100 ;  Diod.  I,  46,  7  u.  a.), 
ist  nicht  völlig  klar.  Im  allgemeinen  scheint  es,  d&ss  man 
sich  mit  kurzen  Regentenlisten  —  wie  der  des  toriner  EGnigs- 
papyras  (§.  8G)  —  und  Erzählungen  von  interessanten  Epi- 
soden begnügte;  so  sind  uns  BruchstAcke  einiger  weniger, 
lange  nach  den  Ereignissen  geschriebener  und  in  Totksthümlich- 
märchenhaftem  Ton  ^^elialtener  l^i /älilmigcn  erhalten,  vor 
allem  die  vom  Ilyksoskönig  Apepi.  Jedenfalls  war  die  Ge- 
schichtsüberlielerun^  in  Aegypten  lan^e  nicht  so  entwickelt 
wie  in  Babylonien  und  Assyrien  (§.  121),  und  stand  wie 
überall  unter  dem  Einflass  des  priesterlichen  Schemas.  Ein 
äbernatürlicher  Pragmatismus  tritt  durchweg  an  die  Stelle  des 
natürlichen.  Niederlagen,  welche  Aegypten  erlitten  hat,  werden 
wo  möglich  vertnacfat  (wie  die  assyrische  Eroberung),  oder  wo 
dies  nicht  maglicfa  Ist,  die  Gegner  als  Gatterfeinde  in  den 
schwärzesten  Farben  geschildert,  wie  die  Hyksos  und  die^ 
Perser,  zahlreiche  Anekdoten,  Sagen,  Wundcrerzähluiigen  ver- 
drängen die  historischen  Nachrichten.  Daneben  finden  wir 
Traditionen,  welche  an  die  Entstehung  und  Erläuterung  der 


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lUiietho.  33 

Monumente  anknüpfen,  vor  allein  die  Tempelgeschichten.  Aus 
daarUgem  Material  hat  anter  Ptolemaeoe  IL  (285—247) 
der  Priester  Manetho  Ton  Sebennytos  seine  drei  B0cher 
Aitwncatä  6ito|i.v7]{i.aTa  zusammengestellt.  Das  Werk,  welches 
▼on  den  Griechen  nicht  beachtet  ta  sein  scheint,  ist  von  den 
jüdischen  und  christlichen  Gelehrten  (Josephus,  Julius  Africaiius, 
Eusebius)  für  ihre  chronologischen  und  alltestain nHiclien  For- 
schnngen  vielfach  verwerthet  worden.  Die  hei  ihnen  erhal- 
tenen Bruchstücke  stimmen  nicht  durchweg  überein,  was  sich 
namentlich  daraus  erklären  dürfte,  dass  alle  uns  erhaltenen 
Schriftstelier  nicht  das  Original,  sondern  nur  Auszüge  benutzt  zu 
haben  scheinen,  in  christlicher  Zeit  sind  dann  dem  Manetho 
auch  eine  Reihe  von  F&bchnngen,  »das  Sothishnch«,  »die  alte 
Cihronik«,  untergeschoben  worden.  So  weit  wir  nach  den 
Fragmenten  urtheilen  kOnnen,  hat  Manetho  zwar  die  allge- 
meinen Umrisse  der  aegyptischen  Creschichte  richtig  gegeben  — 
daher  waren  seine  Königslisten  für  die  AiifcUige  der  aegypto- 
logischen  Forschunfr  von  unschätzbarem  Werth  —  aber  alles 
Detail  trftgt  den  ot  ii  ^'ekeoQzeichQeten  Charakter  und  ist  für 
uns  nicht  verwerLhbar. 

MaiieUio^a  Flngincinte  sind  uns  erhalten:  1)  bei  Josephus  c.  Äp.  ein 
paar  zusammenhangende  Bruchslücke;  2)  die  Dynastien-  und  KönigsHste, 
welche  Julius  Africanus,  der  Vater  der  christlichen  Chronographie,  in  seine 
bis  217  n.  Chr,  reichende  Chronik  aufnahm;  dieselhen  sind  in  Synkellos 
Chronographie  und  Iheihveise  in  iler  mit  dem  Namen  Excerpln  Rarhari 
(ed.  ScHOENE  in  seiner  Ausgabe  des  Eusebius)  bezeichneten  üiirunik  er- 
halten; 8)  die  DyaaslieD-  und  Königsiiste  des  Eusebius,  weiche  von  der 
aMksDiaehea  Reeeosion  viellkeh  abweicht  und  ftwt  immer  eine  aobleehtera 
Tenioo  gibt.  Plotaieb  de  It.  Icennt  nur  ein  tbeologiaehea  Werk  Hanetbo^a 
(Up&  ßtpXoc?)«  —  An  Hanetbo  knQpft  eine  aebr  umfkngrelcbe  neuere 
LHeratnr»  die  zahlreiche  phantastische  und  wiaaeoacbatUich  wertbloee 
Werice  enthält  Von  brauchbaren  Arbeiten  nenne  ich  hier:  Böckh,  Ma^ 
netho  und  die  Hundssternperiode,  1845  (auch  in  Z.  f.  Geschichtswisscn- 
achaa  II,  1844).  Mfrirn,  Fr.  Hist.  gr.  II,  511  ff.  Lei-ts  Chronologie, 
l,  1849.  Ti  vrxH,  Manetho  und  der  Turiner  Königspapyrus,  1865  (h.  3ü). 
Ukcer,  Chronoioßie  des  Manetho,  1867  [wonach  die  Fragmente  hier  cilirt 
werden].  Krall,  Composition  und  Schicksale  des  manethonischen  Ge- 
schichtswerksi  Ber.  Wien.  Ak.  95,  1879  [nur  mit  grosser  Vorsicht  zu  be- 
tnilMo].  —  üeber  lIanetho*s  Chronologie  s.  §.  88. 


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34  EntoB  Bucb.  Asgyptlielift  QaelleDkimde. 


9.  31.  Noch  weit  geringeren  Werth  hat  Alles,  was  die 
Griechen  roa  der  Geschichte  Aegyptens  erzählen.  Als  dieselben 
sieb  seit  der  26.  Dynastie  (Psammeticb)  zablteich  in  Aegypten 
angesiedelt  hatten,  verlangtett  sie  von  den  Aegyptem  nicht 
nnr  Auskunft  fiber  die  Monumente,  Geschichte,  Religion  des 
Landes,  sondern  da  die  Aegypter  sich  ihnen  gegenüber  mit 
dem  Xmihu.-.  uraU(n'  geheimnissvoller  Weisheit  unikltiiieten, 
wollten  sie  auch  über  ihre  eif^ene  Geschichte,  ilber  die  Her- 
kunft ihrer  Gölter  und  Gülte,  über  den  troischcn  Krieg,  über 
Proteus  u.  s.  w.  genaueres  erfaliren.  Die  Aegypter  waren 
natürlich  um  eine  Antwort,  die  den  Fremden  zusagte,  wenig 
verlegen.  Dazu  kamen  dann  Anekdoten  und  Erzählungen, 
in  denen  sich  die  griechische  AnflSassung  der  ihnen  so 
fremdarügen  Verhältnisse  ausspricht,  so  z.  B.  die  Enfth- 
hmgen  über  die  Pyramidenerbauer,  über  Rhodopis,  über  die 
Dodekarehie  u.  a.;  endHefa  dne  Reihe  von  Sagen,  die  an 
historisciie  Krei^misse  anknüpfen  (Moeris,  Se.-ostris,  Rhampsinit). 
Auch  an  einfachen  Missverständnissen  fehlte  es  nicht.  Nament- 
h'ch  die  zahlreiche  Kaste  der  Dolhnelscher,  die  als  Fremden- 
führer dienten,  hat  diese  Traditionen  gepflegt  und  ausgebildet. 
Auf  diesem  Material  —  das  dann  durcl]  Autopsie  ergänzt 
ward  —  fassen  die  kurze  Skizze,  welche  Hekataeos  von  Miiet 
(um  520)  von  Aegypten  gab,  die  ausfuhrhche  Schilderung 
Herodot's  (um  450),  und  dienso  die  spftteren  Darstellungen  wie 
die  des  Ephoros.  Auch  ui  der  Ptolemaeerzeit,  in  der  vor  aOen 
Hekataeos  von  Abdera  (um  800),  die  Hauptquelie  Diodor's  im 
ersten  Buch,  hervortritt,  wurde  es  nichl  wesentlich  anders. 
Den  gegenwärtigen  Zustand  Aegyptens  lerni*  nun  genauer 
kennen,  obwohl  auch  liier  vielfache  Missverstänchiisse,  nament- 
lich der  Geheimleliren ,  nicht  ausblieben  (vgl.  §.  114),  aber 
die  Angaben  über  die  Geschichte  des  Landes  blieben  gleich 
schlecht  wie  früher.  Nur  einzelne  gelehrte  Forscher,  von  denen 
kaum  mehr  als  der  Name  auf  uns  gekommen  ist,  z.  fi.  Ptole- 
maeos  von  Ifendes  {M  MDllbr,  Fr.  Hist.  graec.  IV,  485],  scheinen 
richtigere  Kenntnisse  gewonnen  zu  haben.  Daher  smd  die 
griechischeii  Angaben  von  historischem  Werths  nur  für  die 


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Die  Gtieeben.  Nenira  Werke. 


35 


letzte  Zeit  der  aegyptischen  Geschichte  (20.  Dyn.),  von  der  sich 

eine  in  den  Grondzügen  richtige  Ueberlieferung  bei  den  im 

Lande  ans&seigen  Griechen  erhielt,  und  in  der  Schilderung  von 

zur  Zeit  dee  Schriftstellers  herrscfaeiden  ZustSnden,  namentlich 

soweit  sie  auf  Äutopne  beruht  Hier  ist  der  oft  unterschätzte 

Ilerodot  unzweifelhaft  der  wichtigste  und  zuverlässigste. 

Im  allgemeinen  Ygl.  v.  Gitüchmid,  De  rerum  aegypt.  scriptoribus 
Ijraecis,  im  Philologus  X,  522  fT. 

§.  32.  Die  Grundlage  aller  neueren  Forschungen  über 
Aegjrpien  hat>en  die  Publicationen  der  die  Expedition  Napo* 
leons  beg^tenden  Gelehrten  gebildet  Als  dann  Ghampoixh» 
die  Entzifferung  der  Hieroglyphen  gelungen  war,  hat  zuerst, 
auf  der  von  ihm  gegebenen  Grundlage  fortbauend,  Rosbluni 
(Monumentt  dell'Egitto  e  della  Nubia,  1832  ff.)  ein  BM 
der  altaegyptischen  Geschichte  zu  entwerfen  gesucht,  das 
trotz  der  sorgfaltigen  Arbeit  des  Verlassers  doch  gegen- 
wärtig überall  überholt  ist.  Bünsen  (AegypU hs  Sfelle  in  der 
Weltgeschichte  1845  f\\)  suchte  dann  die  aegyjjtisclie  Chronologie 
zu  reconstruiren  und  die  Stellung  der  aegyptischen'  zu  den 
asiatischen  Gulturen  zu  bestimmen.  Inzwischen  gab  Lkpstos 
die  Grundlage  zu  aller  weiteren  Forscliung  durch  sein  gewal- 
tiges Denkmälerwerk  (1846  ff.).  £r  theilt  zugleich  mit 
E.  DK  RoüGti  den  Ruhm,  zuerst  eine  sichere  methodische  For- 
schung in  die  Ägyptologie  eingeführt ,  den  phantasiereichen 
DOettantisraus  aus  der  Wissenschaft  hmausgewiesen  zu  haben; 
Überali  haben  seine  zahlreichen  einzelnen  Untersuchungen  ein- 
schneidend und  aulklärend  gewirkt.  Den  nächsten  Forlschritt 
bezeichnen  Bhugscii's  geographische  Inschrillen  (3  Bde.,  1857  ff.), 
seitdem  hat  jedes  Jahr  grössere  und  kleinere  f^inzeluntersuchungen 
(vor  allem  sind  E.  de  ftouGs's  Recherches  sur  les  monunients 
qu'on  peut  attribuer  aux  siz  premieres  Dynasties  de  Man^thon, 
in  M^m.  de  TAc.  des  Inscr.  XXV,  1866,  zu  nennen)  gebracht 
Hiezu  kommt  die  bedeutende  E^eiterung  des  Materials  theils 
durch  die  ununterbrochenen  Ausgrabungen  A.  Marobttb's  und 
DOmoHKii's  Publicationen,  theils  durch  die  Publlcation  und  Entzif- 
ferung zahlrdchor  Papyri  (BmcH;  Chabas,  Goodwin,  Ebsrsu.  a.). 


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Erstes  Boeh.   AegypUscbe  Quellenkunde. 


Zasammenfasflend  hatBRuoscH  Kuerst  1B59  (Hfstoire  del'Egypte) 

die  aegypiische  Geschichte  bearbeitet;  demselben  verdanken 
wir  neiienlinfrs  eine  Zusammenstellung  des  von  den  Denk- 
mälern gebotenen  Materials  in  vielfach  poetischer  Uebertragung 
(Geschichte  Aegyptens  unter  den  Pharaonen,  1877).  Die  zahl- 
reichen mehr  cder  weniger  populären  Arbeiten,  weiche  fort- 
während iaber  Aegypten  erscheinen,  bedürfen  hier  keiner  Er« 
w&hnung. 

Von  sonstiger  Literatur  ist  hier  zu  nennen :  Wilkinson,  Mannersand 
Customs  of  Ihe  ancienl  Egyptians,  8  voll.,  1837.  Second  Serie.s  2  voll. 
1841  (in  zweiter  Auflage  herausgegeben  von  Bmcu,  3  Bde.,  1878).  — 
DOmichek,  Genbiebte  Aegyptens  (erscbeint  seil  1878  in  dtr  0neken*8chen 
Sunmlnng).  —  Ebirs,  Aegypten  und  die  Bflcher  Moee't,  I,  1869.  — 
Brugsgh,  Dietionnaiie  gfognphiqne,  1878  (f.  —  v.  Qotsghiiio,  Beitrage  lur 
Gesebicbte  des  alten  Orients,  1858  (Kritik  des  BoKstif*scben  Werices).  — 
Die  Texte  in  CBiiiPOtuoii*s  Monuments  <4  Bde.,  1840  ff.)  finden  sieh 
fikst  sftnimtlich  auch  bei  Rosellisi  nnd  Lbpstiis  und  sind  daber  im  fol- 
genden nicht  besonders  citirt  Eine  Ergänzung  dazu  und  zugleich  einen 
trefflichen  Führer  durch  die  Monumente  Aegyptens  bilden  GBAMFOLLioir, 
Notices  descriptives,  publikes  par  de  Houo^,  2  Bde. 

.« 

Chronologie. 

R.  liBPStcs,  Chronologie  der  Ae^ypter  I,  1849.  —  Oers.,  KSnigsbuch 
der  Aegypter,  1858.  —  J.  Lieblein,  Recberches  sur  la  ebron.  4g»  d*apr6s 
les  iistes  gdntelogiqoes,  1878.  Femer  s.  S«  30.  34. 

§.  33.   Bei  der  geschilderten  Beschaffenheit  der  Quellen 

ist  es  begreiflich,  dass  wir  eine  sichere  chronologische  Grund- 
lage der  aegyptischen  (beschichte  nicht  gewinnen  kumien.  Die 
allgemeinen  Umrisse  derselben  hat  Manetho  richtig  bewahrt. 
Er  Ihcilte  die  Könige  von  der  Begründung  des  Reiches  durch 
Menes  bis  auf  den  Sturz  des  letzten  Darios  in  31  Herrscher- 
häuser, Dynastien.  Historisch  richtig  scheint  seine  Eintbel- 
lang  nicht  immer  za  sein,  namentlich  macht  der  Turiner 
Papyrus  bei  den  ersten  Dynastien  vielfach  andere  Abschnitte. 
Indessen  Manetho*s  Ordnung  ist  Ifingst  allgemein  recipirt,  und 
aus  praktischen  Gründen  empfiehlt  es  sich,  dieselbe  auch  ferner 
beizubehalten. 


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Epochen  der  aegyptlschen  Gesehiehte.  37 

Die  31  Dynastien  sondern  sich  in  mehrere  Gruppen. 

Vierilöhepunkte  treten  hervor:  Das  Alte  Reich  von  Mem- 
phis, Dyn.  4.  o  (Pyramidenzeit);  das  altthebanische  Reich, 
Dyn.  12,  oft  als  das  mittlere  Reich  bezeichnet;  die  Blüthe- 
zeit  des  Neuen  (thebanischen)  Reiches,  Dyn.  18—20, 
die  Zeit  der  asiatischen  £roherungen;  und  die  Restaura- 
tionszeit der  26.  Dyn.  (Psammetich  und  seine  Nachfolge). 
Zwischen  diesen  Hoheptmlcten  liegen  dann  lange  Zeiträume 
des  Verfalles  und  des  erneuten  Aufschwunges,  oft  auch  der 
FVemdherrschaft.  Wir  gliedern  daher  die  aegyptische  Geschichte 
folgüuderiiiassen: 

1)  Anfange  des  aegyptischen  Staates.  Dyn.  1—3. 

2)  Das  Alte  Reich  Ton  Memphis.   Dyn.  4.  5. 

3)  üebergangsepoche.   Dyn.  6—10. 

4)  Das  altthebanische  Reich.    Dyn.  11.  12. 

5)  Verfall  des  tliebanischen  Reichs.  Fremdherrschaft 
(Hyksos).    Dyn.  13-17. 

6)  Das  Neue  (thebanische)  Reich.    Dyn.  18—21. 

7)  Libysche,  aethiopische,  assyrische  Fremdherrschaft. 
Dyn.  22—25. 

8)  Restaurationszeit.  Dyn.  26. 

9)  Perserzeit.  Dyn.  27—31. 

g.  34.  In  der  Zeitrechnung  haben  die  Aegypter  schon 
sehr  früh  den  natürlichen  Monat  aufgegeben  und  sind  zum' 
reinen  Sofinenjahr  fortgeschritten  (§.  21).  Der  conventionelle 

Monat  wird  zu  30  Tagen  gciLclmet;  damit  indessen  die  Sonne 
wieder  zu  ihrem  alten  Stande  zurückkehrt,  müssen  noch  fünf 
weitere  Tage  vei iiiessen,  die  am  Schlüsse  des  Jahres  aiisser- 
lialb  der  Monate  stehen  (die  sog.  Epagomenen).  So  wird  ein 
Jahr  Yon  365  Tagen  gewonnen,  das  vom  Mondlauf  völlig  un- 
abhängig ist.  Dieses  Jahr  ist  zu  allen  Zeiten  die  Grundlage 
des  aegyptischen  Kalenders  geblieben.  Es  ist  aber  hekannt- 
lidi  ein  Wandel  jähr,  und  bald  musste  man  zu  der  Ent- 
deckung kommen,  dass  sich  bei  demselben  der  Jahresanfang 
alle  vier  Jahre  um  einen  Tag  zurüclcverschob.    Den  An- 


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38  EntM  Baeb.  An^jpIMtB  QoflllMikimde. 


fangspunkt  des  Jahres  (1.  Tboth  =  20.  Jcüi  juliaDisch)  bil- 
dete der  Tag,  an  dem  in  Ifittelaegypten  (Parallel  von  Ifemphis) 
um  die  Zeit  der  Soromersonnenwende  der  hellste  Stern  des 
aegyp^uMühen  Himmels,  der  Sirius  oder,  wie  die  Aegypter  ihn 

nennen,  die  Sothis,  der  Stern  der  Isis,  zuerst  wieder  am 
Morgen iiiairael  erschien  und  zugleich  den  Beginn  der  Uebcr- 
schwemmung  verkündete.  Dieser  Frühaüf<rang  der  Sothis,  so 
fand  man,  edoh/ie  nach  Verlauf  von  vier  bfirgerliclien  Jahren 
jedesmal  um  einen  Tag  später.  So  gewann  man  ein  Solhis- 
jahr  von  365^4  Tagen,  und  die  Gleichung:  1460  Sothisjahre 
SB  1461  bürgerliche  Jahre.  Das  wirkliche,  feste,  Sonnenjahr 
hatte  man  so  allerdings  nicht  gewonnen,  sondern  ein  etwas 
grösseres  [in  100  Jahren  beträgt  die  Differenz  18  Stunden 
40  Min.];  indessen  in  Folge  der  Praecession  der  Naehtgleichen 
blieb  der  Frühaufjping  der  Sothis  viele  Jahrhunderte  hindurch 
ziemlich  in  demselben  Maasse  wie  das  julianische  Jahr  gej^en 
das  [gri^^ui  i mische]  Sonnenjahr  zurück,  so  dass  die  Diflercnz 
zwischen  heiden  überhaupt  nicht  Ijtinerkt  zu  sein  scheint.  Im 
vierten  Jalirtausend  v.  Chr.  fiel  der  Sothisaufgang  am  20.  Juli 
Julian i sc h  mit  der  Sonnenwende  ziemlich  zusammen  —  im 
Jahre  2782  v.  Chr.  fällt  er  auf  den  28.  Juni  gregorianisch 
—  im  Verlaufe  der  aegyptischen  Geschichte  blieb  er  schliesslich 
.fast  um  einen  Monat  hmter  dersdben  zurück.  Aus  Gen* 
sorin.  de  die  nat.  21, 10  (u.  a.)  wissen  wir,  dass  eine  Sothis- 
periode  («ovtxöc  x&xXoc)  in  den  Jahren  136 — 189  n.  Chr., 
die  vorhergehenden  also  1325—1322  v.  Chr.,  2785—2782, 
4245 — 4242  abgelaufen  waren.  Damit  ist  uns  indessen  wenig 
gedient,  da  wir  nicht  wissen,  unter  welchem  Herrscher  eine 
dieser  Epochen  abgelaufen  war.  Der  Mathematiker  Thcon 
(bei  Lepsrjs,  Königsbuch  123)  bezeichnet  die  Sothisepoche  von 
1322  V.  Chr.  als  Aera  ^«6  Mftvö^ptttc ;  welcher  König  ind^sen 
mit  diesem  Menophres  gemeint  sein  soll,  ist  uns  völlig  un- 
bekannt. Ebenso  wenig  ist  öberttefert,  in  welche  Zeit  die 
Regnlirung  des  aegyptischen  Kalenders  hinaafreicbt  Die  fünf 
Epagomenen  kommen  monumental  zuerst  im  altthebanischen 
Reiche  vor.    Es  hindert  indessen  nichts,  die  Fixirung  des 


Das  Myjrpttsehe  Jahr.  Die  Sothisperiode. 


89 


Sfötigigen  Jahres  und  die  Entdeckung  der  Sothisperlode,  die,- 
sobald  man  einmal  das  Jahr  von  der  Natur  losgelöst  hatte, 

sehr  nahe  lag,  in  die  hochcultivirte  Zeit  vor  Entstehung  un- 
serer ältesten  Müimmente  zu  versetzen ;  aucli  maclien  os  die 
vorhin  erwähnten  astronomischen  Thatsacheii  wahiboheinlich, 
dass  sie  vor  das  Jahr  3000  v.  Chr.  gehört.  Das  feste  Jahr  ist 
Torubergehend  zuerst  unter  Ptolemaeos  III.  im  Jahr  238  v.  Chr. 
(Dekret  Ton  Kanopos),  dann  dauernd  seit  Augustus,  29  v.  Chr. 
(Jahr  der  Alezandrln^),  eingeführt.   Früher  scheint  man  die 
Einführung  desselben  verpönt  zu  haben,  um  nicht  durch  die 
Gestattung  von  Einschaltungen  die  Möglichkeit  einer  Kalender- 
verwirrung zu  schaffen,  — jedenfalls  sind  mannigfache  Schalt- 
versuche fler  deiinitiven  Regelung  des  aofjyptischen  Jahres  vor- 
angegangen —  sondern  die  Zeitrechimng  völlig  von  allen 
äusseren  Einflüssen  zu  emancipiren  (s.  Nigidius  Figulus  in  den 
scbol.  ad  Germanicum  p.  88,  ed.  Bbetsig).  £s  versieht  sich  von 
selbst,  dass  daneben  das  natürliche  Jahr,  d.  h.  die  Folge  der 
Jahreszeiten,  nicht  nur  die  Grundlage  des  Landlebens  blieb, 
sondern  man  auch,  ebenso  wie  jetzt  die  Mohammedaner, 
manche  Feste,  z.  B.  den  Frühaufgang  der  Sothis,  nach  dem- 
selben feierte,  unbekümmert  um  das  Wandeljahr,  ebenso  wie 
das  Neu-  und  Vollraondstest  unabhängig  vom  dreissigtägigen 
Monat  gefeiert  wurden. 

Die  vorstebeoden  AiufQbrung«!}  beruhen  vor  allem  auf  Biot*i  Unter- 
socbnngeD  (DaroeaMieh;  Sor  Tannfo  vagoe  des  ßgyptiens,  in  Wm*  de 
fAe,  dea  Seiences^Xin,  1885)  und  Lefsios*  Caironologie,  und  aeheinen  mir 
dtmb  die  neueren  Venacbe,  ffana  andere  Systeme  auftustelleo»  in  keiner 
Weise  ersehfittert.  Namen  Hieb  Rul,  Das  Sonnen*  und  Siriusjabr  der  Rame»- 
siden,  1875;  der  Doppelkalender  des  Papyrus  Ebers,  1876  [er  will  den- 
selben in  den  Anfang  der  rCroischen  Zeit  setzen,  obwohl  schon  die  Palaeo- 
grapbie  beweist,  dass  er  um  den  Anfang  des  Neuen  Reiches  geschrieben 
ist];  der  Thierkrei?  und  fp'^te  Jahr  von  Dendera,  1878,  sucht  (wie 
früher  nnu»:<<;n)  oine  EHUulini ti^»  des  festen  Jahres  mit  vierjähriger 
Schaltung  zu  Anfang  des  Neuen  iieiches  zu  erweisen,  setzt  den  Sirius- 
aulgaiig  auf  den  ersten  Thoth,  hillt  die  AufrfteUung  der  Sotbisperiode 
für  späten  Ursprungs  u.  s.  w.  Ilerodol's  Angabe  II,  4  beweist  nur, 
dass  derselbe  von  Astronomie  und  Chronologie  nichts  verstand;  vgl. 
I,  32.    Hftlt  er  doeh  aueh  die  Erde  für  eine  Ebene  i  —  Die  sehr 


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40 


EntM  Baeb.  AtgfpÜaeh»  Qu«Ueiikimde. 


schwierige,  aber  ebenso  loiinende  Aulgabe,  die  zahlreiciien  kaieiidai  ischen 
Ans/aben  der  aegyplischen  Monumente  zu  bearbeiten,  ist  noch  nicbt  gelöst; 
Ytiiurbeiteu  in:  Brugsch,  Maleriaux  pour  servir  ä  la  rccousLiuctioii  du 
eal.  des  anc  £g.,  1864  [daio  um  BmA,  kl,  1805,  73  fT.];  Lauth,  Zo- 
diaquM  d«  Denden,  1885;  DSmcstK»  AllMf.  Kalendwiniehr.;  Girblir, 
Theban.  Taibln  rttliidl.  StemMili(lnge,  1871 ;  BaoaecHi  IM  FasteaL  Ton 
Edfu,  1877*  tt.  a.  Nebenbei  bemerke  idi,  daaa  in  den  Annalen 
DhutmesMIT. ,  Lepsius  D.  III,  32,  13,  keinefwegi  nach  dem  f^ten  und 
dem  Wandeljabre  neben  einander  daürt  (Brugsch,  Gescb.  S77),  sondern 
nur  angegeben  wird,  dass  der  astronomische  Ncninond  im  Jahre  23  auf 
den  21.  Pachons  fiel.  Tabellen  der  Sothisperiode  s.  bei  Bhamik-^,  Abb.  zur 
Gesch.  des  Orients,  Das  aepypiische  Jahr  von  3Ö5  Tagen  i.st  von  den 
griechischen  Astronomen  in  Akxandria  adoptirt,  und  dieseiben  haben 
die  astroiiomischeu  Angaben  der  Dabylouier  darauf  reducirt. 

§.  35.  Während  das  Jahr  seit  uralten  Zeiten  fett  ge- 
ordnet war,  gibt  es  eine  feste  Aesra  im  allen  Aegypten 
ebensowenig  wie  sonst  irgendwo  im  Alterthum.  Man  datirte 
nach  den  Regierungsjabren  des  jedesmaligen  Königs.  Dessen 
erstes  Jahr  begmnt  natfirUch  mit  dem  Tage  seiner  Thronbe- 
steigung (vgl  BntiescH,  Gkseb.  Aeg.  290),  so  dass  das  Re- 
gierungsjahr mit  dem  bürgerlichen  niclit  zusammenfällt.  Später 
machte  sich  hier  das  Bedürfniss  einer  Ausgleichung  geltend,  die 
dahin  getrolTcn  wurde,  dass  man  dasjenige  hiir^^^erliche  Jahr,  in 
welchem  der  König  den  Tiirun  bestieg,  als  sein  erstes  rechnete, 
mithin  seinem  Vorgänger  das  Jahr,  in  dessen  Verlauf  er  ge- 
storben war,  nicht  mehr  in  Rechnung  brachte.  So  wurd^ 
jedem  Könige  nur  ganse  Jabre  zugerechnet.  Diese  Recbnm>iB^ 
weise  ist  wohl  jedenMls  In  der  26.  Dynastie  sebon  Oblich 
gewesen  imd  liegt  allen  chronologischen  Angaben  der  Griechen 
20  Grunde.  In  fiHerer  Zeit  indessen  kannte  man,  wie  der 
Turiner  Papyras  zu  lehren  scheint,  dieselbe  noch  nicht,  son- 
dern niusstc  die  überschüssigen  Monate  und  Tage  jeder  Re- 
gierung mit  in  Rechnung  bringen. 

Dass  unter  der  26.  Dynastie  in  der  Rn^eg:ehenen  Weise  gerechnet 
wurde,  machen  die  Ar^raben  mehrerer  niographischer  Inscbriflen  dieser  Zeit 
(BöcKii,  Manetho  ^45  Ü.;  VVikdemann,  Gesch.  Aeg.  117  f.)  sehr  wahrscheinlich. 

g.  36.  Die  Grundlage  der  aegyptischen  Chronologie  bilden 
daher  die  KönigsUsten.   Unter  diesen  ist  am  wichtigsten  die 


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KOnlftlMeD.  Der  Turfaier  Papiras.  41 


des  Turiner  Papyros.  Derselbe  ist,  so  scheint  es^  unter 
Ramses  HI.  geschrieben;  der  Name  dieses  Königs  kommt  in 
den  Rechnungen  anf  der  RÜcksdte  vor.  Er  aithäU  ein  Ver- 
zacbniss  der  aegyptischen  Könige  —  voran  gehen  die  Götter- 
dynastien  mk  Angabe  ihrer  Regierongsjahre  und  theilweise 
auoii  liiic.^  Lebensalters.  Leider  ist  der  l'apyrus  vollständig 
zerbröckelt,  neben  zahlreiclien  kleineren  Fetzen  sind  nur  wenige 
g^ö^-*  re  Bruchstücke  erhalten.  Doch  ist  es  möglich,  im  all- 
gemeinen die  Anordnung  des  Piipyrus  wieder  herzustellen  und 
den  wichtigsten  Fragmenten  ihren  richtigen  Platz  zuzuweisen.  Er 
umfasste  —  falls  nicht  am  Schluss  Seiten  1!  p^erissen  smd  — 
10  Golnmnen  von  durchschnittlich  27 — 28  Zeilen  und  gab  im 
gamen  etwa  220  Königsnamen  von  Menes  bis  vor  oder  in 
die  Hyksoszeit  (9*  112,  Anm.).  Dieselben  sind  in  Dynastien 
eingetheilt,  welche  theils  durch  ein  Rubrum,  theils  aach  nur 
dadurch,  dass  hinter  dem  Königsnamen  das  Wort  »regiertec 
wiederholt  wird,  gekennzeichnet  sind.  Nach  grösseren  Ab- 
schnitten finden  sich  Summirungen.  In  den  wenigen  Fällen, 
wo  wir  die  Zahlen  des  Papyrus  mit  Hülfe  der  Denkmäler 
conlroUiren  können,  sind  dieselben  corrccl.  Dagegen  hat  sich 
der  Verfasser  bei  der  Summimngder  12.  Dynastie  ehien  argen 
Irrthum  zu  Schulden  kommen  lassen  (§.  101). 

Der  T^ifiner  P^^yras  ist  von  Gbampoluov  «ntdeekt,  von  SnrrAaTB 
geordnet,  von  hosm  (Auswahl  der  wichtigsten  Urkonden)»  nnd  mit  dem 
Vtxw»  —  das  bei  der  BeeonstraeÜon  immer  berflokaiebUst  werden  miias  — 
TOD  WnjcmBoii  (Hieratio  Papyrus  of  Turin  1851)  publidrt.   Eine  er- 

schöprende  philologische  Bearbeitung  fehlt  nofib}  einzelnes  ist  von  Hikcks 
(Tr.  Süc.  Literaliire,  2  Ser.  III,  1860)  und  he  Rouge  (Six  prem.  dyn.) 
trefflich  behandelt.  Lautu,  Manetho  und  der  turiner  Königspapyni«,  ent- 
hält neben  vielem  rintpn  auch  jTrn^-^f  Willk r;rlirhkeit«^n  und  Irrlhümer, 
die  namentlich  aus  dem  lieslreben  hervurgegangea  sind,  Gberall  im  Pa- 
pyrus und  bei  Manetho  die  glsichen  Angaben  wieder  zu  finden.  Leider 
sind  mehrere  derselben  auch  iu  Unger's  Chrun.  des  Manetho  übergegangen. 
Ob  der  Papyrus  die  Köuigsliste  bis  auf  die  Zeit  sdner  Abfusung  fort* 
fQhrto  und  die  letsto  Seite  vOllig  Terloren  ist,  lisst  sich  nicht  entscheid«!. 

§.  87.  Theilweise  ergfUizt  werden  die  Lücken  des  Pa* 
pyrnt  durch  dte  uns  erhaltoien  monomentalen  Ednigstafeln. . 


42 


Erstes  Buch.  Aegyptisehe  Qnelltnkande. 


Dieselben  tragen  sämmtlich  einen  fiinerären  Charakter:  ein 
späterer  König  (oder  Privatmann)  bringt  den  alten  Herrschern 

die  Todteiiüpfer  dar.  Daher  etif  halku  edle  diese  Listen  nur 
eine  mehr  oder  minder  correct  geordnete  Auswahl;  illegitime 
oder  imbeileutende  Könige  werden  übergangen.  Uistori^dch 
wichtig  sind  drei  Listen: 

1)  Die  Tafel  Seti'  I.  in  Abydos  (entdeckt  1864).  voll- 
ständig erhalten,  umfasst  76  Namen.  Von  ihr  ist  die  Tafel 
Ramses'  II.  (jetzt  in  London)  nur  eine  Gopie. 

2)  Tafel  Dhutmes*  in.  aus  Kamak,  jetzt  im  Louvre,  sehr 
zerstört  und  völlig  willkürlich  geordnet,  umfasste  61  Namen. 

8)  Tafel  aus  dem  Grabe  Tunrei's  in  Sa^^qara  (unter 
Raiiises  II.,  entdeckt  18ü0;  umfasste  52  Namen,  von  denen  47 
erhalten  sind. 

KOnigstafeln:  Die  Ton  Karnak  und  die  Ramses'  IE.  bei  Lbpsiüs,  Ans- 
wähl  und  Abh.  BerL  Ak.  1852  (Ober  die  ,  12  Djm.);  Nr.  1:  XTL  1864, 
Mariettb,  Abydos  u.  a. ;  Nr.  8 :  KAn.  X,  Uariette,  Hon.  div.  57;  Nr.  1  u.  3 
auch  bei  de  Bolo^,  Six  pr.  dyn.  —  Ueber  die  Tafel  von  Karnak: 

E.  T'F  pATtrY,  Etüde  sur  la  serie  des  rois  inscrils  a  la  salle  des  ancötres 
de  Tliuutlini»''s  III.  (Mt'in.  de  VAr.  imp.  de  Metz  186'?.)  —  Auf  eine  der- 
artige Tnfel  gehl  wjilir^rlieinlicli  die  Lisle  von  38  (urspr.  81)  tlieliani-^f^hpn 
Köni^'eu  zurück,  weiche  Synkellos  aus  Apollodor  und  Eratustheiies  erhalten 
hat  und  fiber  deren  Echllieit  viel  gestritlen  ist  (s.  u.  a.  Fiuckk,  Rhein. 
Mus.  XXIX;  DitLs,  Rhein.  Mus.  XXXI,  1).  Grösseren  hislorischen  Werth 
hat  dieselbe  nicht. 

§.  38.  Neben  diesen  Urkunden  steht  die  manethonische 
Liste  in  ihren  verschiedenen  Redactionen.  Man  hat  lange 
geglaubt,  durch  Herstellung  derselben  in  ihrer  urprünglichen 
Gestalt  auch  eine  sichere  Grundlage  der  aegyplischen  Chrono- 
logie zu  gewinnen.  Indessen  eine  genauere  Untersuchung  lehrt, 
dass  Manetho  für  dieselbe  nicht  zu  gebrauchen  ist:  wo  wir 
in  der  älteren  Zeit  seine  2-ahlen  controUiren  können,  sind  sie 
fast  ausnahmslos  falsch,  und  zwar  keineswegs  etwa  nur  durch 
die  Schuld  flüchtiger  Abschreiber  und  Ezcerptoren;  überdies 
kommen  in  der  Namensfolge  häufig  Verwirrung  und  Lücken 
vor.  Zahlreiche  Beispiele  werden  sich  spater  aus  der  Ver- 
gleichung  Manetho's  mit  den  Monumenten  ergeben.  Erst  etwa 


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ünmdglidhkeit  etnor  genlohertoD  GhroDologie.  43 


von  der  20.  Dynastie  an  scheinen  seine  Zahlen  einiger- 
maaasen  zuverlässig  zu  sein.  ^  Ein  anderer  UmstaDd  kommt 
hinzu.  Nach  Hanetho*«  Anschauung  suid  die  Dynastien  in  der 
Ordnung,  welche  er  gibt,  aufeinandergefolgt,  wie  daraus  her^ 
vorgebt,  dass  er  bi  der  17.  Dynastie  ein  thebanisches  und  ein 
gleichzeitiges  Hirtengeschlechi  zusammenfasst,  nicht  jedes  als 
ein  besonderes  Herrscherhaus  rechnet.  In  Wirklichkeit  haben 
aller  solche  Nebenregierungen  wiederholt  stati gefunden,  un^ 
es  inussten  mithin  die  manethonischen  Daten,  selbst  wenn  sie 
correct  wären,  reducirt  werrlen;  König  Mena  würde  nicht  mit 
Manetbo  [nach  Unger's  Rechnung]  ins  Jahr  5613  Chr., 
sondern  um  ein  Bedeutendes  später  anzusetzen  sdn. 

LBPsn»  u.  a.  haben  angenommm,  dass  Manetho  selbst  eine  Aniabl 
TOD  DjaastieD  als  Nebendynastien  beaakhnet  und  deo  Umfang  der  Mgjp» 
tisehen  Gesebtchto  auf  8655  Jahre  besümmt  habe  (vgl.  Abb.  Berl.  Äc.  1857) ; 
demgemäss  gewinnt  Lepsius  fQr  Meoes  als  angeblich  manethonisches  Da- 
lum das  Jahr  3892  v.  Chr.  Indessen  die  bei  Synkellos  p.  98  Qbcrlieferto 
Gesammtsumrae  von  3555  Jahren  stammt  nich'  aus  Manelho,  «ondern, 
wio  fl^r  Worl!;i'it  lehrt,  aus  dern  gefälschten  Sulhisbuch  (§.  80),  ist  also 
historisch  wertlilos.  Dass  Manetho's  Regierungszahlen  unter  dem  Ein- 
flnsse  eines  chronologischen  Schemas  [der  Solhisperiode]  ständen  (Böukh), 
ist  nicht  erwiesen. 

§.  39.  Somit  müssen  wir  die  Gewinnung  absoluter  Daten 
als  hf^ungsk»  aufgeben  und  uns  auf  eine  apivckzimative 
Abschätzung  der  Zeitr&ume  der  aegyptischen  Geschichte  be- 
sehifinken.  Wesentliche  Dienste  leisten  dabei  die  Genealogien 
sowohl  der  Herrscherhfiuser  wie  von  Privatpersonoo ;  wo  wfar 
einen  Stammbaum  durch  längere  Zeiträume  verfolgen  können, 
ermnelicht  er  eine  ungefähre  Abschätzung  nach  Generationen. 
Auf  (]iese  Weise  können  wir  Minimaldalen  gewiimen,  mit 
denen  wir  uns  bis  auf  weiteres  begnügen  müssen.  Für  die 
grossen,  fast  völlig  denkmälerlosen  Zeiträume  von  Dyn.  7 — 11 
und  14 — 17  werden  dieselben  freilich  nur  äusserst  problotna- 
tisch  ausfoOen,  und  die  Ansätze,  welche  im  folgenden  für  die 
12.  Dynastie,  die  Pyramidenzeit  und  Mena  gegeben  werden, 
sollen  weiter  nichts  besagen,  als  dass  dieselben  nicht  wohl 
später  angesetzt  werden  kennen,  während  esdemBe- 


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44 


Erstes  Buch.  AsgypUache  Quellenkunde. 


Heben  eines  Jeden  überlassen  bleibt,  ihre  Zeit  weit 
höher  hinaufzurücken. 

Zahlreiche  Slammhäume  hat  namentlich  J.  Lium.hin  in  seinem  Dic- 
Uounuire  des  nums  hierogl.  zusamiuengeslelit  und  in  seinen  Recherches 
sar  ]ä  chron.  für  die  Chronologie  zu  verwerthen  gesucht  Dass  diese 
Methode  eine  sehr  unsichere  ist,  braucht  nicht  erst  bemerkt  tu  werden; 
aber  wir  haben  keine  anderen  Mittel. 

g.  40.  Zwei  astronomisch -kalendarische  Daten  wurden, 
wenn  sie  für  uns  präcise  genug  gefasst  wären,  der  Wieder- 
herstellung der  Chronologie  einen  festen  Anhalt  bieten.  Die- 
selben sind: 

1)  Das  Fragment  einer  Opferliste  in  Elephantlne,  Lspsros 

Dcnkin.  III,  43c,  nach  der  das  Fest  des  Sothisaufgangs  auf 
den  28.  Epiplii  fiel.  Berechnet  für  den  Nonnnlparallel  der 
Sotliisperiode  (Memphis  und  Hcliopolis)  ergäbe  die-s  Datum  die 
Jahre  1473 — 1470  v,  Chr.,  lür  den  Parallel  von  Elephantine, 
unter  dem  der  Siriusaiifganp'  etwa  5  Tage  früher  beobachtet 
wird,  etwa  1457 — 1454  v.  Chr.  In  dem  Fragment  findet  sich 
kein  Königsname,  wohl  aber  auf  dem  [verwandten,  Lepstos 
Denkm.  III,  43  f.,  der  Dhutmes*  m.  Vielleicht  gehört 
also  die  Inschrift  seiner  Regierung  an,  die  demnach  in  die 
erste  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  v.  Chr.  zu  setzen  wäre 
—  was  mit  der  von  uns  befolgten  approximativen  Rechnung 
ganz  gut  stimmt. 

2)  Der  Kalender  auf  der  Rückseite  des  Papyrus  Ebers, 
wonach  im  9.  Jahre  des  Königs  Gerli(?)-?-ra*  das  Neu* 
jahrsfest  des  festen  Jahres  auf  den  9.  Epiphi  fiel.  Dies  ergäbe 
1553—1550  oder  3013—3010  v.  Chr.  Leider  ist  der  König 
völlig  uiii>ekaiinl;  der  Papyrus  ist  aber  zweifelsohne  um  den 
Anfang  des  Neuen  Reiches  nicht  nur  ^psohrieben,  sondern 
auch  verfasst  (§.  114).  Nun  ist  die  Königsiolge  des  N.  R.  von 
A'ahmeS;  dem  Besieger  der  Hyksos,  an  bekannt;  in  der  ein- 
zigen  Epoche,  wo  wir  vielleicht  nicht  alle  Königsnamen  kennen, 
der  Zeit  nach  Chuenaten's  Reformation  (§.  229),  wird  man 
doch  schwerlich  eine  mindestens  neunjährige  Regierung,  von  der 
wir  sonst  gar  nichts  wissen,  unterbringen  können.  Demnltch 


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Minimaldalen. 


45  • 


gehört  der  unbekannte  Herrscb^^r  wahrsch«  inlii  h  in  die  Hyksos- 

zeit  und  das  ^eue  Reich  beginnt  nach  1550  v.  Chr. 

Das  Kalenderfragment  von  Elephantine  wollen Broosch,  Reisebriere  244, 
andGHABAs,  Hdlanges,  II,  16  ff.,  einer  np&teren  Zeit,  etwa  der  Ramses  IT.,  zu- 
weisen (vgl.  Unoer,  Chron.  des  Man.  193),  was  an  sich  sehr  wohl  möglich 
ist,  indessen  diesen  König  zu  hoch  hinaufturücken  scheint.  —  Die  An- 
oahme  von  DTmichkn,  Ebers,  Lf.psiüs  (ÄZ.  1875,  145),  <ier  Krlnig  des  Pap. 
Ebers  gehöre  ins  Alle  Reich,  wird  dadurch  unmöglich  gemacht,  dass 
derselbe  in  seiner  Titulatur  als  gegenwärtig  regierend  ('anch  set)  he- 
leichnet  wird,  andererseits  aher  das  im  Papyrus  enthaltene  medicinische 
Sammehverk  aus  sprachlichen  (p.  47,  18)  und  sachlichen  Gründen  nicht 
im  Alten  Reich  Terfasst  sein  kann.  —  Die  astronomischen  Darstellungen 
der  KönigsgrSber  sind  ehrondogiiefa  nicht  ▼erwerthbar,  a.  LaFaum»  KOnigs- 
hncb  152  ff.  gegen  Bior,  Rech,  de  quelques  dates  abeolues,  üi  M^m.  de 
YAe,  des  Sciences  XXIV,  1854i  und  vor  allem  La  Pagb  Rbioiif,  Tr.  See 
BiU.  Arcb.  HI,  400  ff.  (nach  dem  das  den  Stemtafeln  der  Ramesalden 
m  Grunde  liegende  Original  um  1450  t.  Chr.  verfasst  wäre).  Aus  dem 
Festkalender  von  Medinet  Habu  (Lepsiüs,  Königshuch  162)  folgt  viel- 
leicht, dasa  unter  Ramses  III.  der  Siriusaufgang  in  den  Monat  Thoth  fiel, 
seine  Regierung  also  zwischen  1325  und  1206  v.  Chr.  anzusetzen  wftre; 
v'/l.  darüber  jetzt  DfMicHFX,  die  kalend  Opferfestlislen  von  Med.  Habu, 
1881,  der  aus  denselben  ein  festes  Jahr  zu  erweisen  sucht. 


§.  41.  Auf  dem  angegebenen  Wege  gelangen  wir  zur  Auf- 
Stellung  der  folgenden,  im  Verlauf  weiter  zu  rechtfertigenden 


3180  Chr. 

2830 

2530,  ev.  weit  früher, 


2130 
1930 
1780 
1530 


Minimaldaten. 

Mena. 

Snefru;  Altes  Reich  von  Memphis. 

Pepi. 

Amenemha't  1.;  altthebanisches  Reich. 
13.  Dynastie. 


1050 

m 


1480—1430 

1320 

1300-1230 
1180—1150 


A'al^mes;  Anfang  des  Neuen  Reichs. 
Dhutmes  HI. 

Ramses  I.,  Seti  I. 

Ramses  II. 
Ramses  III. 

Priesterkönige  und  21.  Dynastie, 
äeäonq;  22.  Dyn. 


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46 


.  Erstes  Buch.  Aegyptitcbe  QaeUenkimde. 


Das  letzte  Datum,  die  Herrschaft  Sesonq's,  des  EroLi  ri  rs 
Jerusalems  zur  Zeit  Rehabeam's,  ist  das  erste,  welches  durch 
fremde  Zeugnisse  wenigstens  annähernd  (d.  h.  mit  einem  Spiel- 
raum Ton  etwa  ^  Jabreo)  feststeht.  —  Tiefer  als  8200  v.  Chr. 
wird  man  nach  dem  angeführten  Mena  nicht  heraMcken 
dflifen;  wieviele  Jahrhunderte  fHüber  er  regiert  haben  mag, 
das  zu  beurtheilen  fehlt  jeder  Haasstah. 

Soweiiig  die  liiei  liufg!  -lUen  Dateii  lien  Anspruch  :nif  niphr  als 
eine  gewisse  Wahrsclieiulichkeit  erheben,  so  mag  doch  bemprkt  werden, 
dass,  wenn  wir  Dj^LUtmes  IIL  um  1460,  Ramses  II.  um  1300  ansetzen, 
der  Aalbraeh  des  enterai  smn  syriselien  Feldiug  Bade  Fbunnatl  seines 
88«  Jahrei  ebenso  wie  der  dee  leUteren  am  9.  Payni  selnee  6.  Jahres 
am  den  16.  April  (jalianiseh)  Adieu  wOrden;  vgl.  LuBLBir,  Recoeil  de 
travanx  rel.  ä  la  pbUoI.  Agypt  et  assyr.  I,  «9.  95«  Iii ;  Abb.  Barl.  Orient. 
Googiess  m»  92. 


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L  Die  Grundlagen  der  aegyptischen  Cultur. 

Die  Atgypter  und  ihre  Nachbarn.    Alter  und  Charakter  der 

aegyptischen  Cultur. 

g.  42.  Aegypten  (aeg.  Qemt)  ist  der  schmale  Strmfen 
fruchtbaren  Lancles,  welches  der  Nil  <)urehstrOmt,  nachdem  er 

beim  ei-^t* n  Kaiai  akl  zum  letzten  Mal  sich  uninitlelbar  zwischen 
den  Felsuu  liiüdüicli  seinen  Weg  gebahnt,  liat.  Der  grössle  Theil 
des  Landes  ist  kaum  zwei  deutsche  Meilen  breit  und  wird  rechts 
von  den  kahlen  Höhen  des  arabischen,  Units  von  denen  des 
libyschen  Wüstengebirges  eingeschlossen.  Erst  in  dem  von 
zahlreichen  Stromarmen  und  Ganälen  durchsogenen  Mündangs- 
gebiet  des  Nil  gewinnt  das  Gulturland  ehie  grössere  Ans- 
dehoung. 

Der  Volksstamm  der  Aegypter  —  diesen  Namen  haben 
Ihm  die  Griechen  gegeben,  eine  einhehnisehe  Bezeichnung  haben 

die  Bewüliner  von  Qenil  nie  gekannt  —  steht  mit  den  übri^'en 
der  kaukasischen  Ilasse  angehörigen  Volksstämmen  Xordali  ikas, 
vor  allen  den  Kuschiten  (§.  43),  den  Libyern  und  den  Mauren 
(Berbern)  in  einem  in  seinen  Einzelheiten  noch  nicht  genauer 
dargelegten  Verwandtschaftsvcrbältniss.  Dagegen  sind  diese 
»Dordafrikanischen«  Völker  —  der  mehrfach  für  sie  gebrauchte 
>  Name  Hamiten  ist  unpassend  und  irreführend  —  Ton  den 
übrigen  Bewohnern  Afrikas,  speciell  den  nubischen  und  den 
Negerst&nmen,  scharf  gesondert.  Allerdings  hat  sich  gegen- 
wärtig in  Folge  der  fortwährenden  Kreuzungen  der  aegyptische 
Typus  dem  rein  ali ikanischen  mehr  genähert,  so  dass  man 


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48  EntM  Bucit,  enter  AbaehnilU 


von  natiirwissenäcbafllicher  Seite  den  Ursprung  der  Aegypter 
aus  dem  inneren  Afrika  hat  ableiten  wollen;  indessen  die 
monamentalen  Darstellungen  Tornehmer  Aegypter  namentlich 
uns  dem  Alten  Rdch  widerlegen  diese  Vermuthoni^  voUst&ndig, 
Im  (tt>rfgen  zeigt  die  Sprache  der  Aegypter  im  Wortschatze 
und  im  grammatisehen  Baa  eine  onTerkennhare,  wenn  auch 
entferntere  Verwandtschaft  mit  den  semitischen  Sprachen. 
Nicht  unwaiirscheinlich  ist  es  daher,  dass  die  Aegypter  —  und 
eb^so  die  übrigen  Nordafrikaner  —  einmal  aus  Asit  u  nach  ilirer 
späteren  fTfitnath  gewandert  sind.  Man  hat  weiter  vonnuüiet, 
dass  die  ^Einwanderer  den  lienenstand  bildeten,  die  Masse 
der  Leibeigenen  auf  die  unterworfene  afrikanische  Urt)evölke- 
Tun^  zurückgehe;  dass  jenen  die  höheren  Elemente  der  aegyp- 
tischen  Gultur,  diesen  die  niederen,  namentlich  die  Verpflan- 
zung des  m  Afrika  weit  yerbreiteten  Thlerdienstee  nach 
Aegypten,  maschreiben  seien.  So  Tlel  Ansprechendes  diese 
Hypothesen  auch  enthalten,  beweisbar  sind  sie  nicht;  und  sie 
beziehen  sich  auf  Zeiten,  die  sehr  weit  jenseits  aller  geschicht- 
liclitii  Kunde  liegen.  In  historischer  Zeit  sind  die  verschie- 
denen Elemente  jedenfalls  längst  vollständig  mit  einander 
verschmolzen,  von  einem  Bewusstsein ,  dass  es  innerhalb 
Aegyptens  verschiedene  Kassen  oder  Nationalitäten  gäbe,  Ündet 
,  sich  keine  Spur. 

»Aegypten  ist  das  Land,  welche»  der  Nil  bewässert,  und  Aegypter 
«ind  tlle,  walcho  onlerhtlb  Blepliaiitiii«*f  wohnen  und  NihrsMer  trinken«, 
Berod.  II,  18»  Woher  der  g rieehliche  Nene  AtYtMNe«  nnd  der  eeaitieehe 
MofT,  Mi|r  (hebr.  D^^VD  i*t  eine  Locatlvbildang,  kein  Dual)  etamnien, 
iet  unbekannt.  Ueber  die  Herkunft  der  Aegypter  s.  Ebois,  Aeg ,  B.  M.  40  ff.  o.  a* 
Afrikanischen  Ursproog  dereelben  bat  namentlich  B.  HAnnuum,  Z,  t 
Ethnol.  I,  zu  erweisen  gesucht.  Nach  LEPSiit^'  Verrmilhung  f\iib.  Oramm.) 
wären  die  Aegypter  flher  den  Isthmus  von  Suez,  die  Kuschiten  Qber  den 
arabischen  Mb.  nach  Afrika  gckninmen.  Die  Hypothese  einer  Mischung 
asiatischer  und  afrikanischer  Besl;iM<hheile  in  Aegypten  ist  neuerdings 
von  TiKi.ii  und  EiiEns  ausgesprochen  wurden.  —  NatHrlich  betrachten 
die  Aegypter  sich  als  Autochthonen  uml  als  die  ältesten  Menüchen;  der 
Angabe  Diodor's  III,  3,  die  Aegypter  und  ihre  Cultur  slamaUea  aus 
Aetbiopien.  liegt  aoeeer  der  [(Usehen}  Annahme,  das  untere  Niltbml  eei 
erst  in  bistorieefaer  Zeit  angeaehweannt  (Berod.  II,  4),  die  ThalMMhe  su 


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Libyer,  Nabiar,  Katobiteo. 


49 


Grunde ,  dass  das  priesterliche  System  später,  in  Aetbiopiea  weil  voll- 
«tändiger  durchgeführt  war  als  in  Aegypten. 

§.  43.  Die  westlichen  Grenznachbam  der  Äegypter  werden 

von  diesen  unter  dem  Namen  der  Temchu  znsammengefasst 
und  auf  ilvii  Monumenten  durch  ihre  weisse  Hautfarbe  als  eine 
von  der  rothen  aegyptischen  gesonderte  Rasse  dargestellt.  Zu 
ihnen  gehören  zunächst  die  Tehenu  an  der  Westgrenzc  des 
Deila,  wo  sie  vielleicht  schon  seit  dea  ältesten  Zeiten  (nament- 
lieh  in  Sais)  neben  den  Aegyptern  ansässig  waren,  dann  die 
Masanaäa  (§.  284)  und  in  Kyrenaika  die  Rebu  (Lebu),  nach 
denen  die  Griechen  alle  diese  Stämme  unter  dem  Namen  der 
Libyer  zusammenftissen«  Auch  die  Bewohner  der  schon  früh- 
zeitig von  AL^}pten  abh&ngigen  Oasen  gehören  zu  ihnen; 
gemeinsam  ist  ihnen  allen  die  Sitte  der  Tältowirung.  —  In 
ähnlicher  Weise  sind  die  Wüsten  östlich  vom  Delta  und,  wie 
es  scheint,  auch  das  öde  Gebirgsland  östlich  vom  Nil  (ae^,'. 
*An  oder  »das  ruthe  Lnnd--)  von  Nomaden  semitischen  Stammes 
besetzt,  die  oft  genug  gegen  das  Culturland  andrängen  und 
wahrscheinlich  schon  seit  den  ältesten  Zeiten  einen  bedeutenden 
Theil  der  Bevölkerung  des  östlichen  Delta  bildeten..  Unver- 
miscfat  treffen  wir  die  Aegypter  nur  im  südlichen  Delta  und 
im  Nilthal  bis  in  die  NShe  des  eisten  Katarakts.  Hier  be- 
ginnt das  Land  der  Neger  (Nehesiu),  der  Vorfahren  der  heu- 
tigen Nnbier,  die  in  dem  engen  und  zunächst  wenig  frucht- 
baren Nilthal  ])is  zum  dritten  und  vierten  Katarakt  hinauf 
At  kor  bau  und  Viehzucht  treiben  und  in  zahlreiche  Stämme 
zerfallen,  unter  denen  die  Uaua  besonders  hervortreten. ,  Eine 
•  höhere  Gultur  haben  sie  nie  entwickelt;  nach  Aegypten  wurden 
sie  seit  den  ältesten  Zeiten  wie  gegenwärtig  in  Masse  als 
Sklaven  und  Lohnarbeiter  importirL   Scharf  von  ihnen  ge- 
dondert,  dagegen  den  Aegyptern  verwandt,  sind  |hre  Ost- 
fichen  Nachbarn,  die  Bewohner  des  gbldreichen  und  in  seinen 
oberen  Theflen  auch  culturßihigen  Landes  östlich  vom  Nil. 
Die  Aegypter  nennen  sie  Kas,  wir  pflegen  sie  nach  der  he- 
bräischen Form  des  Samens  (Z*\D)  gewöiuiUch  als  Kuschiten 

Ueyer.  QmtUM»  äm  AltotHnuM,  X.  4 


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50  Erstes  Bach,  erster  Abschnitt 

zu  bezeichnen.  Es  sind  dies  die  Al^Coitsc  der  Griechen,  die 
filhn&hltch  immer  weiter  gegen  die  Neger  des  Nilthais  Tor- 

dringen,  hier  seit  den  Zeiten  des  Neuen  Reiches  als  Grenz- 
nachbarn der  Aegypter  erscheinen  und  schliesslich  die  grossen 
Reiche  von  Napata  und  Meroe  gegründet  haben.  Von  ihnen 
völÜpr  verschieden  ist  das  Volk,  welches  in  christlicher  Zeit 
den  Namen  der  Aethiopen  angenommen  bat,  die  semitischen 
Bewohner  des  Hochlandes  Ton  I^abesch;  mit  ihnen  sind  die 
alten '  Aegypter,  wie  es  scheint,  nie  in  BerQhrung  gekommen,, 
erst  in  der  römischen  Zeit  treten  sie  in  den  Bereich  der  Ge- 
schichte ein. 

Im  allgemeinen :  BRifiscH,  Geogr.  Inschr.  II.  —  Ueber  die  Libyer  vgl, 
Stern,  Augsb.  Allg.  Ztg.,  4.  Juni  1882.  ÄZ.  1888.  1  flf.  —  Ueber  die  Oasen: 
DCMicnFN,  Die  Oasen  der  üb.  ^^  li^le,  1877.  BRroHCH,  Reise  nach  der  gr. 
Oase  el-Khargeh,  1878.  —  Semilen  im  Deila;  Ereh-,  Ae.  B.  M.  I.  —  Ueber 
das  »rothe  Land«  t^la  deser;  daher  bei  den  Griechen  der  Name  des 
erytbräischen  Meeres)  und  das  Land  'An  s.  Bruosch,  Dict.  g4ogr.  III  tL» 
965  ff.,  vgl.  §.  241.  —  Ueber  4ie  NuUer  und  Ktueliiten  t.  vor  allem  die  Ein* 
Icitiing  von  Lepsivb,  Nabiiebe  Gramm.,  188(K  deeaen  weitgehenden  Gom- 
binalionen  über  die  Wanderungen  der  Koeehiten,  Aber  Pmia  Poeni  und 
Hykeoe,  Aber  Kefa  und  Ktjffoz  ich  allerdings  nirgends  sa  folgen  vermag* 
Dadorcb,  dass  in  der  jafainatiseben  ($.  177)  Völkertafel,  Gen.  10.  8.  Knft 
äla  der' Vater  Nimrods  eraeheint  —  offenbar  ist  dabei  an  die  Koasfter 
oder  ^aä§i  in  Babylonien  (§.  140)  gedacht  —  und  dass  dann  der  Elohitt 
in  7  dem  Kus  alle  möglichen  arabischen  Stämme  zu  Söhnen  gibt  (im 
Widerspruch  mit  Gen.  10  ,  28.  25  ,  2),  ist  der  Name  Euschiten  einer  der 
unheilvollsten  auf  d*^m  Gebiete  der  alten  Ethnographie  peworden.  —  Die 
allaegyptischen  Kuschiten  (Kas)  sind  nach  Lepsius  die  Vorfahren  der  beu- 
tigen Bedja,  Verwandte  der  Falascha,  Galla«  Som&li  u.  a. 

§.  44.  In  aus-serordenÜich  früher  Zeit  herrscht  im  untern 
Nillhal  bereits  eine  hohe  Cultur.  Durch  den  zufälligen  Um- 
stand, dass  spateslüiis  etwa  um  das  Jahr  3000  v.  Chr.  bei 
den  Grossen  des  Hofes  von  Memphis  die  Anschauung  die 
Herrschaft  gewann,  der  Todte  bedürfe,  damit  es  ihm  wohl* 
ergehe,  einer  gewaltigen,  allen  Stürmen  der  Zeit  trotzenden 
lind  dabei  durch  Bild«r  und  Inschriften  reich  gezierten  Woh- 
nungf,  sind  uns  von  diesem  Zdtpunkte  an  zahlreiche  Zeugnisse 
aegyptischen  Lebens  und  Denkens  erhalten.    Es  imterliegt 


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Alter  and  Charakter  dar  aagfpUieliftii  Galtor« 


51 


indessen  keinem  Zweifel,  dass  wenn  irgend  ein  Zufall  uns 
Jahrtausende  vorher  einea  Einblick  in  dasselbe  gestattete,  wir 
eine  zwar  vielfeeh  anders  gestaltete  und  weder  soweit  fort- 
geschrittene, noch  so  scharf  eharakterisirte  Gultorf  aber  doch  einen 
Zustand  wahrnehmen  wMen,  der  über  das  onciFilisirte  Leben 
der  Nachbarstfimme  weit  hinausragte.  Zur  Zeit  der  Erbauung 
der  Pyramiden  sind  Industrie  und  Gewerbe  hoch  entwickelt, 
die  Kunst  ist  üb*>r  ihre  Anfüngc  längst  hinaus  und  erreicht 
gerade  damals  einen  Höhepunkt,  dfr  später  nie  wieder  ge- 
wonnen wurde,  das  Staatswesen  ist  seit  langer  Zeit  in  fester, 
wähn  nri  der  ganzen  weiteren  Entwickeiuog  Aegypten?  kaum 
geänderter  Weise  geordnet.  Der  Ursprung  der  Schrift,  die 
Ordnung  des  Jahres  (§.  34),  die  Anfinge  der  Wissenschaften, 
der  Literatur  fallen  weit  vor  den  Beginn  unserer  historischen 
Kunde,  und  iSngat  haben  damals  das  Denken  und  die  An- 
schauungsweise der  Aegyptw  die  Richtung  erhalten,  welche 
für  alle  Folgezeit  die  herrschende  geblieben  ist;  nur  die  weitere 
Ausbildung  vermögen  wir  hier  nocli  zu  verfolj^en. 

45.  Die  aegyptische  Gultur  hat  sich,  soviel  wir  s(  hen 
können,  völlig  selbständig  entwickelt.  Auf  die  Nachbarvölker 
bat  sie  wohl  Einfluss  ausgeübt,  ist  aber,  abgesehen  von 
den  späteren  Zeiten,  in  denen  das  eigentliche  Aegyptertbum 
Ifingst  zum  Abschlnss  gekommen  war,  nie  wes^tlich  tod 
ihnen  beeinflusst  worden.  Daher  kommt  nirgends  schärfer 
als  In  Aegypten  der  allgemeine  Satz  zum  Ausdruck,  dass  eine 
Gultur  desto  stabiler  wird,  je  hdher  sie  sich  materiell  ent- 
wickelt. Jeden  Fortschritt,  jede  neue  Entdeckung  sucht  man 
ängstlich  festzuhalten,  man  zwängt  sie  in  bestimnile  Hegeln, 
die  für  alle  Zeiten  bmdend  bleiben  und  als  heilige,  uralte 
Weisheit  den  Nachkommen  überliefert  werden;  jede  Abwei- 
chung von  ihnen  ist  auf  das  strengrste  verpönt.  Daher  wird 
alle  Selbständigkeit,  alle  Individualität  erdrückt;  die  einmal 
gewonnene  Höhe  der  Kenntnisse,  der  Technik  wird  zwar  con- 
serrirt,  auch  das  Detail  noch  weiter  auifgebildet,  aber  das 
gastige  Lehen  erstarrt  Tollständig.  Zur  Pyramidenzeit  finden 
wir  diese  Richtung  der  Gultur  berdts  in  voller  Entwickelong; 


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52 


Erttes  Buch,  erater  Abwhnitt 


mit  dem  Anfang  des  Neuen  Reiclis  hat  sie  die  volle  Herr- 
schaft erlialton. 

£in  Zweites  kommt  hinzu.  Alle  Gultur  entspringt 
uunitCelbaren  praktischen  Bedürfniss,  dem  Streben,  das  Leben 
angenehmer,  reichbaHiger  zu  gestalten;  auch  die  höheren, 
geistigen  Elemente  derselben,  die  in  Kunst  und  Literatnr,  in 
Wissenschaft  und  Theologie  ihren  Ausdruck  finden,  entstammen 
denselben  Triel)en.  Hier  aber  haben  die  Aejrypter  sich  nie, 
wie  dio  Hellenen  und  die  occidentalischen  GuRuren ,  über  die 
zunächst  ge^^ebene  iiialerielle  Grundlage  zu  erbeben  und  den 
Begriff  einer  geistigen  Gultur  zu  erfassen  vermoclit ;  überall 
ist  die  rein  praktische  Aufgabe  nirht  nnr  der  nächste,  sondern 
der  einzige  Zweck  der  geistigen  Thätiglceit  Daher  sind  ihre 
Leistungen  am  bedeutendsten  auf  dem  Gebiet  der  bildenden 
Künste,  soweit  dieselben  praktischen  Zwecken  dienen  —  und 
das  thun  sie  in  Aegjrpten  ausnahmslos  — ,  da  hier  Zweck  und 
Material  immer  das  herrschende  Element  sem  müssen.  Dagegen 
ist  es  den  Aegyptern  nie  gelungen,  sich  in  der  Sprache  von 
den  Fesseln  des  Wortes  und  dos  Wortbildes,  in  der  Religion 
und  Speculation  von  den  Fesseln  des  mythischen  Symbols  zu 
befreien,  oder  auf  wissenschaftlichem  Gebiet  zu  theoretischer 
Formulirung  und  Behandlung  der  Probleme  fortzuschrdten. 
Wenn  die  Griechen  und  manche  unter  den  Neueren  vielfach 
anders  geurtheilt  liaben,  weil  sie  die  phantastischen  Lehren 
der  aegyptischen  Priester  ilber  das  Leben  nach  dem  Tode, 
ttber  die  Gottheit  und  die  menschliche  Seele  für  abstraete, 
philosophische  Speculationen  hielten,  so  ist  dabei  übersehen, 
dass  dieselben  für  den  alten  Aegypter  nichts  weniger  als  dies, 
sondern  äusserst  wichtige  piaklische  Fraprcn  und  Jdeen  waren, 
bei  denen  seine  gan'ze  irdif^che  und  zukunllige  Existenz  auf 
dem  S[)ieie  stand,  und  dass  die  ihnen  gegebene  philo8(^hische 
Einkleidung  durchaus  unaegyptisch  ist 


Anfänge  des  aegypUschen  Staates.  53 


Anfänge  des  aegyptischen  Staates. 

E.  nE  RüüGE,  Recherches  sur  les  iiionuinents  qu'on  peut  altribner 
aux  si\  premiör^  dyuAsUes  de  Mftnöthon,  in:  Mem.  de  TAc.  des  insir. 
XXV,  2.  1866. 

§.  46.  Die  Grundlage  des  aegypttscben  Lebens  bildel  zu 
aUen  Zeiten  der  Ackerbau.  Wie  heutzutage  die  Fellachen,  so 
bfldeo  hn  Alterthum  die  Bauern  und  Hirten  den  Grundstock 
der  Bevölkerung,  und  dem  entepiieht  es,  dass  die  Masse 
der  Aegypter  immer  durchaus  unkriegerischer  Natur  ge- 
wesen ist.  Der  Grundbesitz  ist  nicht  in  den  Händen  eines 
freien  Bauernstandes,  sondern  reicher  Familien,  unter  denen 
der  Erbadel  die  höchste  Stelle  einnimmt.  Hüuüg  ünden  wir 
zahlreiche  Güter  und  Dorfschaften  in  den  Händen  eines  hohen 
Adligen  (rpa')  vereinigt,  und  die  Zahl  der  ihm  gehörigen 
Leibeigenen  (hen),  Rinder  und  Heerden  von  Kleinvieh  grenzt 
oft  ans  Unglaubliche.  Auch  Handwerker,  Schiffer,  Händler 
finden  wir  im  Dienste  der  grossen  Herren  so  gut  wie  Ackere 
knechte  und  Hirten.  Die  Hauptsitze  der  Industrie  und  des 
Gewerbes  sind  Indessen  die  zahlreichen  Städte  des  Landes, 
die  sich  währscheinKch  meist  aus  Ansiedelungen  um  die  Gultus- 
stätten  der  Iluuptgötter  des  Distrikts  entwickelt  haben.  Wie 
weit  sich  hier  ein  freier  MiLlelstand  enlwitkelt  hat,  lässt  sich 
leider  nicht  verfolgen.  Die  Städte  sind  der  Mitteipunkt  des 
politischen  und  geistigen  Lebens  der  Landschaft;  hier  haben 
die  hohen  Adligen  ihre  Wohnhäuser,  die  Götter  der  Land- 
schaft ihre  Tempel,  um  die  sich  die  Priesterschaft  versammelt. 
So  zerfällt  das  Land  in  zahlreiche  kleine  Gruppen,  die  später 
dem  Gesammtstaate  als  Gaue  (vo(i/$Ct  aeg.  hesep)  untergeordnet 
sind,  aber  ursprfkAglich  jedenfalls  yOUig  selbständige  Gemein- 
wesen bildeten.  Sie  entsprechen  den  Stämmen,  den  localen 
Gruppen,  aus  denen  wie  uberall,  so  auch  in  Aegypten  der 
treointe  nationale  Staat  erwächst.  Jeder  Gau  hat  seinen  ihm 
!  iuaiitiiümlichen  Cultus,  seine  speciellen  Gottheiten,  Feste  und 
heiligen  Thiere.   Auch  die  Sorge  für  die  HeguliruDg  des  NU- 


4 


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64 


Erstes  Buch,  erster  Abschnitt 


Stroms  und  der  üoberscbwiiiiinunj:,  die  Anlage  von  Canäli  ii, 
die  früh/.eitigc  Katastrirung  des  Grundeigenlhums  sind  Ange- 
l^nheiten  des  Gaues,  wenn  sie  auch  später  theil weise  vom 
Gesammtstaat  übernommen  werden.  An  seiner  Spitze  steht 
der  Gaufurst  (9  ^  hri  fa),  dessen  Wurde  sich  in  der  Regel 
▼om  Vater  auf  den  Sohn  forterbt  und  der  noch  unter  der 
12.  Dynastie  eine  fast  königliche  SteOe  einnimmt. 

Dip  Angaben  der  Grabinschriften  über  den  gewaltigen  Umfan?  des 
Grundbesitzes  und  Viehatandes  einzelner  vornehmer  Aegypten  für  über- 
trieben zu  halten  fso  Marikttk  \m]  Ma^pfro],  liegt  kein  (truiid  vor.  — 
Der  Titel  rpa'  bezeichnet  den  höiieren  Adel,  und  verbunden  mit  lia'  Niein 
Anit:^litel  der  höchsten  Beamten,  z.  B.  des  Nomarchen,  des  Comiiia;niaulen 
des  Nord-  oder  Südlande?  u.  a.|  die  höchste  Classe  des  Lih.idels.  Es 
ist  charakteristisch,  dass  Männer  wie  Ptaiihotep,  Ptaliscpses,  Ti,  Una 
trotz  ihrer  hohen  Würden  diesen  Titel  nicht  führen.  Sie  sind  eben 
keine  «Standesherrenc  ifewesen,  ja  Ti  seheint  niederer  HerkoDft  ge* 
wesen  ni  sein  (oe  Rooo^  Pr.  Dyn.  812).  Alletdings  kann  die  Würde  des 
rpa*  t^a'  aueh  vom  Künige  verlieben  werden.  —  Eine  allgemeine  Beseieh- 
ttttng  des  Adels  scheint  sa*^  zu  sein;  ser  dagegen  (eio  io  Aegypten 
uralter  Titel,  der  daneben  von  den  Dynasten  oder  Scheichs  der  asiatischen 
Stämme  gebraucht  wird  und  hier  dem  hebräischen  'Iti'*  Fürst  [philist. 
p^].  assyrisch  sarru,  König,  entspricht)  ist  kein  so  hoher  Titel  (vgl.  die 
Unainschrift).  —  T'eber  die  Stellang  der  Nomarchen  erfahren  wir  Ge* 
naueres  durch  die  Grabschriften  von  Benihassan  (12.  Dyn.,  97).  Hiw 
steht  hinter  ihrem  NaniMi  wiederholt  der  sonst  nur  dem  König  zukom- 
mende Sp^'»^ns\vunsch :  »Leben.  Heil,  Gesundheit!«,  auch  wird  nach  ihren 
Jahren  daürL  —  l  eher  die  Geographie  Altaegyptens  und  die  Nomeuein- 
theilung  s.  Bhuü.^ch,  Geogr.  Inschriften  altae^r.  Denkmäler,  3  Bde.,  1857. 
J.  DE  RotGE,  Textes  geographiques  du  lemple  d'Edfou  RAn.  XI  ff. 
Ders.,  Monnaies  des  nomes  de  TKu'ypte  in  Rev.  numism.  XIV.  BRrc^cH, 
Dictionnaire  geographique  de  Tanc  Kg.,  1879.  Ferner  DCmichex.  Geugr. 
Inschriften,  2  Bde.,  nebst  erl.  Text,  u.  a.  —  Wir  besitzen  in  den 
Tempelinschriften  theils  vollsttndig,  theils  fragmentarisch  eine  grosse 
Anzahl  von  Nomenlisten  von  der  Zeit  Dhutmes  III.  abwärts;  dazu  kommen 
als  Hülbmittel  für  dieldentiflcirung  der  Gaunamen  die  Angaben  der  übrigen 
Inschriften  und  der  Griechen  und  die  in  der  Kaiserseit  von  den  Nomen 
geprigten  Münsen,  Es  etgiht  sichp  dass  die  Zahl  der  Nomen  nicht  immer 
dieselbe  war,  gelegentlich  einzelne  getheitt  oder  mehme  vereinigt  wurden. 
In  der  Regel  werden  in  Oberaegypten  22,  in  Unteraegypten  20  Nomen 
gezählt.  Die  geographische  Feststellung  der  letzteren  ist  noch  nicht  vüllig 
durchgeführt 


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Die  Nomen  und  die  beiden  Lande. 


55 


§.  47.  Die  Nomen  mit  ihrem  Adel  und  ihrer  Priester- 
schafl  sind  immer  die  einfachsten  Elemente  des  Staatslebens 
in  Aegypten  geblieben;  iiire  politische  Seibstaiidigkeit  haben 
sie  indessen  längst  vor  dem  Anfang  historischer  Kunde  verloreOi 
über  ihnen  bat  sich  ein  nationales  Königthum  erhoben.  Zur 
nächst  haben  sich  zwei  Staaten  gebildet:  Oberaegypten  (»das 
Südlandc  ta-res,  spater  mit  Artikel  pa  ta-res,  daher  hehr. 
CV^n9)t  das  ganze  Nilthal  vom  ersten  Katarakt  b»  unterhalb 

des  Faijüms  umfassend,  dessen  Herrscher  den  Titel  1  suteni 

führt  und  die  weisse  Krone  Q  trägt ;  und  Unteraejn^pten  (>das 
Nordiand«  ta-meh),  das  Gebiet  von  Memphis  mit  dem  Delta, 

,  dessen  König  \^  . . .  ti  heisst  und  die  rothe  Krone  V  tragt. 
Dies  sind  die  »beiden  Lande«,  in  die  AHaegypten  serföllt; 
jedes  steht  unter  dem  Schutze  einer  besonderen  Gottheit:  der 
Süden  unter  dem  der  Mondgöttin  Necheb,  der  Herrin  yon 

Eileithyia,  der  Xorduri  unltT  dem  der  Usit,  die  in  Bulo  verehrt 
wird.  Die  Legende  berichtet  dann  später,  wie  der  Kampf 
zwischen  Horus  und  Set  von  ihrem  Vater  Qeb  oder  von  Ra' 
dem  Götterkönig  dadurch  beendet  wurde,  dass  man  Aegypten 
zwischen  beide  t heilte.  Gewdiuilich  ist  Horus  der  Herr  des 
Sfidens,  Set  der  des  Nordens;  vereinzelt  findet  sich  auch  die 
umgekehrte  Auffassung. 

Die  Z(veiLheilung  Aegyptens  besteht  bis  auf  den  heutigen  Tag ; 
■daneben  bal>en  die  Ptolemaeer  und  Römer  zu  administrativen  Zwecken 
«De  Dreitheilung  vorgenommen,  welche  aber  die  allgebeiligte  Ordoiing 
nieht  beseitigt  hat.  —  Das  Symbol  des  Sfldlandes  ist  die  Binse  oder  der 

totos  ^  f  das  Dnterfigyptens  der  Papyms  I,  oder  der  Hanf  £  — 
Tbeilung  swiseben  Horas  ond  Set:  mein  Set-Tjrpbon,  p.  90.  84  If.»  theil* 
weise,  namentlich  in  der  Ueberaetsung  von  peseil  la  berichtigen  nacli 
^ooownt  bei  Ghabas,  M^Ianges  6gyptol.  DI,  I,  p.  281  fll;  vgl.  Brugsch,  Dict 
|tegr.f  p.  754.  In  dem  hier  besprochenen  Text,  der  Ck)pie  eines  älteren 
Teiles  aus  der  Zeit  Sabako*s,  wird  dem  Set  das  SQdland,  dem  Horus  das 
Delta  zugewiesen  (ebenso  in  dem  Text  aus  Edfu  bei  Brugsch,  Dict. 
g^ogr.,  1382)  ;  sonst  Hegt  gewöhnlich,  namentlich  Pap,  Sali.  iV,  29  Athyr, 
L,  i)»  ttl,  146  b,  die  umgekehrte  Vertheiiung  vor. 


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56 


üntes  Buch»  «ciler  AhsebniU. 


§.  48.  Auch  die  Zeiten,  in  denen  Iseide  Reiche  neben 
einander  bestanden,  sind  ilQr  uns  Terscbollen.  Wir  kennen 
nur  ein  geeintes  Ae^^ypten,  dessen  König  die  »Anfheile« 

(pe.sest)  des  Horus  und  Set  beide  besitzt  und  beide  Kronen 
auf  dem  liaupt  trägt.  Ein  Hau|)lelirentitcl  der  Könige  ist  zu 
allen  Zeiten  sam  taui  »der  Vereiniger  der  beiden  Lande«,  und 
wie  dem  Könige  kommt  derselbe  natürlich  auch  dem  eigenl- 
«  liehen  Nationalgotte,  dem  Horus,  zu.  Die  Einigung  nni'^s  vom 
Südreich  ausgegangen  sein,  da  ausnahmslos  in  der  Titulatur 
und  in  allen  politischen  und  religiösen  Aufzählungen  der  Süden 
dem  Norden  vorangeht.  Nicht  undenkbar  ist,  dass  der  Name- 
Mena,  mit  dem  unsere  £önigslisten  beginnen  und  d&a.  nicht  für 
historisch  zu  halten  kein  Grund  vorliegt,  den  Herrscher  be- 
zeichnet, d«>r  zierst  das  geeinte  Reich  geschaffen  hat.  Nach  der  * 
nianethorii-rlien  Ueberlieferring  (ebenso  Eratosthenes)  stanniite 
er  aus  Thinis,  der,  Nacld)arsiadl  des  altheiligen  Abydos,  und 
mehrfach  schreibt  ihm  die  Sage  die  Gründung  der  ersten 
Hauptstadt  des  Gcsamnitslaates,  Memphis,  zu. 

Von  der  allmählichen  Entstehung  des  Einheitsstaates  weiss 
natürlich  unsere  Ueberlieferung  nichts.  Sie  führt  die  Einthei* 
lungen  des  Landes  auf  willkürliche  Akte  zurück  —  so  wäre 
die  Nomenemtheilung  nach  Diod.  I,  54  ein  Werk  des  Sesoosis. 
An  die  Spitze  der  Geschichte  setzt  sie  die  lange  Herrschaft 
.der  Götter  nacli  ihrer  Reihenfolge  im  System.  Dann  kommt 
die  Dynastie  der  »Nachfolger  der  Horus*  (semsu  lior,  in  der 
ni;iiM  Uionischen  Ueberlieferung  v^xos?  T^judsoi),  an  die  un- 
mittelbar Mena's  Herrschaft  anschliesst. 

Mf-nos  gründet  Memphis:  Herod.  II,  99;  bei  Htnetho  ist  der  ziveitfr 
König,  Athothis,  der  GriinJer  des  Palastes  iu  Memphis.  Grundfalsch  ist 
Diodor*s  Darstellung  I,  50,  Memphis  sei  jünger  als  Theben.  —  l'el)er  die 
Semsn  Hör  s.  Df.  Rrn  rF.  Six  pr.  djn. ,  37Ö  f.  Bei  den  griecbiscbeii 
SchrifUteilern  werden  sie  nicht  erwähnt« 

g.  49.  Auf  EGnig  Hena  iassen  unsere  Listen  etwa 
24  weitere  Herrscher  folgen,  von  denen  uns  Inschriften  nicht 
erhalten  sind.    Dagegen  lassen  sieh  ihnen  mit  ziemlicher 

Sicherheit  mehrere  Monumente  der  Todtenstfidte  Ton  Memphis 


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ll«iui  und  seine  NechiSDlger. 


67 


ZQWeiseD,  so  die  drei  ganz  verialleDeD  Pyramiden  Ton  Abo 
RoäS  mit  ihrer  Tdllig  zerstörten  Nekropole  im  N.,  die  ältesten 
Pyramiden  von  Dahiür  im  S.  der  Stadt,  vielleicht  auch  die 
rftthselhafte  Stafenpyramide  Ton  Saqqara.   Auch  der  gigan" 

tische,  aus  dem  Felsen  gehauene  Sphinx  von  Gizo  v-vur  nach 
dem  Zeugniss  einer  allerdings  späterer  Zeit  entstammenden 
Inschrift  (de  Rolul,  Fr.  dyn.  565.  Mariftte,  Mon.  div.  58) 
schon  zu  König  C4hufu's  Zeit  vorhanden,  i^'enier  sind  einzelne 
der  Gräber  von  Saqqara  wegen  des  archaisctiea  Charakters 
ihrer  Scnlpturen  und  Inschriften  dieser  Epoche  zuzuweisen. 

Ifanetho  theilt  die  ältesten  Könige  in  drei  Dynastien,  von 
denen  zwei  aus  Tbinis,  eine  aus  Memphis  stammen,  während 
der  Turiner  Papyrus  nur  einmal  ^nen  Abschnitt  zu  machen 
scheint.  —  Der  letzte  König  der  Reihe  ist  Huni.  »Als  er 
zur  Ruhe  gegangen  war,«  heisst  es  im  Pap.  Prisse,  »da  erhob 
sich  König  Snefiu  als  woliUliiltiger  Herrscher  über  das  ganze 
Land«  Snefru  ist  der  erste  Köni^,  dessen  iXame  uns  auf 
den  Denkmälern  begegnet;  aus  der  Zeit  seiner  nächsten  Nach- 
folger besitzen  wir  dann  ein  so  reichhaltiges  monumentales 
Material,  dass  es  möglich  ist,  die  Umrisse  der  damaligen  Ge- 
staltung Aegyptens  mit  Sicherheit  zu  zeichnen. 

ICanetho  eebreibt  den  Bau  dar  Pynmide  von  Kodiome  (Kaqem)  in 
Sftqqtot  dem  vierten  Könige  m.  Giiber  der  Uteeten  Zeit:  HAiusnfi, 
RAiu  XIX,  18.  —  Die  Angaben  Ober  die  literarische  Tbitigiceit  der  ersten 

Könige  e.  $.  74.  För  die  aegyptische  Ueberlieferung  Ist  charakteristisch, 
daes  ein  medic.  Pap.  in  Berlin  (Brü(:>(:h  Recuei!  pl,  99)  auf  König  ^usapU 
unmittelbar  Senda  folgen  lässt,  während  nach  den  Listen  sieben  Könige 
zwischen  den  beiden  lagen.  —  Der  Versuch  von  Krall,  Gompos.  des 
manelh.  Gescbichtswerkes  1879,  die  ältesten  Könige  als  unhistorische 
Pnestererliudung  zu  erweisen,  ist  durch  nichts  begründet,  seine  Ueber- 
setzung  der  Namen  p.  16  f.  fast  ausnahmslos  falsch.  —  Zusammen- 
stellung der  Künigslisten  hei  de  Roug^,  Pr.  dyn.  239.  Lieblein,  Rech, 
•or  ia  chrtnol.  Taf.  L  Der  Toriner  Papyrus  tthlte  von  Hena  bis  Sneliro 
esd.  wahrseheinHeh  24  Namen  und  maebte  beim  20.  (resp.  21.)  9eser 
einen  Einsehnilt.  Maneth6*e  drei  erste  DTnaetien  umÜMsen  26  KOnige 
mit  769  Jabren;  die  vierte  beginnt  mit  Sorie  »  Snefirn.  —  lieber  die 
Cbn>n«>iogie  s»  %,  79. 

^)  Aehnlich  in  einem  Petersburger  Papyrus :  Golexischeff,  ÄZ.  1876, 109. 


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58 


BntM  Bttdit  Butm  AbidiiiitL 


Organisation  des  Staates. 

§.  hd  Schon  (iie  ältesten  Inschriften  zeigen  uns  einen 
völlifT  ausgebildeten  Beamtenstaat.  Die  ganze  Verwaltung  und 
ebenso  die  Rechtspflege  wird  schriftUch  erledigt.  Letztere  ist 
fest  geordnet  und  unzweifelhaft  auf  schriftliche  Gesetzbucher 
begründet,  und  unendlich  oft  werden  in  den  Inschriften  aller 
Zeiten  die  Hitglieder  der  htebsien  GerichtabOfe  des  Landes 
-  und  die  Oberricfater  erwfiimt  Die  hflcfaste  Instanz  bildet  der 
EOnig  selbst,  an  den  <u  sapplidren  jedem  freizustehen  scheint 
Königliche  Beamte  gd^ieten  in  den  Stfldten  und  Nomen,  wenn 
auch  ihre  Würde  in  der  Regel  von  Gescliicciit  zu  Geschlecht 
forterbt  (§.  46).  Ueber  ihnen  stehen  die  vom  Könige  ernannten 
Commandaiiten  der  beiden  Ueichshälften  (vgl.  de  Roi'^f,  Pr. 
dyn.  345,  348).  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  wird  schon 
gcit  den  ältesten  Zeiten  eine  regelmässige  Grundsteuer  für  die 
Bedürfnisse  des  Staates  erhoben ;  nur  das  Gut  der  Götter  und  das 
Besitzthum  der  Priester  ist  zu  allen  Zeit^  steuerfrei  geblieben. 
Die  Aushebung  der  zu  Vertheldigung  und  Angriff  nfitbigen  Trup- 
pen wird  Yom  Könige  angeordnet,  er  ernennt  die  Befehlshaber 
derselben.  Im  übrigen  frülen  natürlich  diehiteressen  des  Rünigs 
und  des  Staates  vollständig  zusammen ;  für  die  Bauten,  die  er 
den  Göttern  oder  für  sich  selbst  errichtet,  z.  B.  für  die  Errichtung 
seiner  Grabpyramide,  werden  die  Kräfte  des  gesaumiten  Landes 
in  Anspruch  genommen,  und  für  jeden  Aegypter  ist  es  die 
bdchste  Ehre,  dabei  dem  Könige  gedient  zu  batien. 

Du  reidM  Mitsrial,  wekhes  di«  aegypUieheii  Gnbimohriftn  Ar 
dt«  YerwaUnng  des  Landes  bietan,  itt  nodi  iranig  geordnet,  viele  Titel 
Bind  Doefa  Hiebt  erfcMrL  Am  meleten  bietet  k  Roint,  daneben  vgL 
DOiOGBni,  Reeultate  der  preoie.  Eipedition  18SS,  u.  a.  —  Elna  uinfuig» 
reiche  Liste  der  Verwaltungsbeamten  entbllt  die  Qimlieduifl  des  üna, 
ZM7  fr.  UeLer  die  Richtertitel  s.  Brdobcb,  WOrterbneb.  Suppl.  S.  389  fF.  Viele 
Titel  und  Aemter  harren  nncli  der  Erklftrung.  —  Das8  die  Priester  steuerfrei 
waren,  berichten  Gen.  47,  22,  Herod.  II,  108,  Diod.  I,  73.  Dann  sagt 
Herodüt,  dass  die  |i.ä/_'}j.ot,  das  isf  dpr  .lu'*  dei?  Söldnern  hervorge- 
gangene Kriegerstand  (g.  317),  12  Morgen  Landes  steuerfrei  besesten  bftttm. 


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Stelhing  des  KAniftliimis. 


59 


woTon  Ci«D.  47,  20— S6  oad  bat  Diodor  niehlt  •rwibnt  wird;  «t  mag 
indessen  die  Bestimmung  hier  als  unwesentlich  nbergangen  idn.  Die 
Geneaia  achreibt  bekanntUeh  die  Einführung  einer  Grundetauer  von  20*/» 
dam  Joseph  n. 

§.  51.  Das  Centrum  alles  politischen  Lebens  bildet  der 
Tlof  (per  'a  »das  iiohe  Haus«,  dalier  ny"13  Pharao;  auch 
hat  at  »das  grosse  Haus«).  Der  Adel  ist  in  Masse  in  den 
Hofdienst  ^getreten,  daneben  erhebt  der  König  wen  er  will 
so  den  höchsten  Stellen  im  Reich.  Zahllos  sind  die  Titel, 
denen  wir  hier  hegegnen:  »Der  Vertraute«  (seduner  oifti), 
»der  Gefaeimrath«  Q^ri  se&ta),  »der  erste  am  Throne  des 
Königs«  ('ap  nest  suteni)  vu  ä.  Daneben  die  Staatsämter: 
»Geheimsecretfirc,  »Vorsteher  äer  Bittschriften  ans  dem  ganzen 
Lande  an  das  Herz  seines  Herrn«,  »Verwalter  des  Bücher- 
hauses«, >Schatzmeister«,  »Vorsteher  aller  Arbeiten  des  Königs«, 
»Aufseher  der  Aibeiten«,  »Domänen inspector«  (cherp  sochet), 
»Bergwerksinspector«,  »Vorsteher  der  Schlachtopfer«  u.  s.  w.  bis 
zu  den  niedrigeren  und  niedrigsten  Hofchargen  hinab.  An  der 
Spitze  der  Hofrangordnung  stehen  natürlich  die  »Königlichen 
Verwandten«  (rech  snteni),  vor  aOen  die  Prinzen  und  Prin- 
lessimien,  unter  denen  wieder  der  »Eönigssohn  vom  Huiterlelbe 
an«,  d.  h.  der  «op^upoYdwTjToc,  den  Vorrang  dnnimmt.  Die 
Königskinder  werden  mit  den  Söhnen  vornehmer  Aegypter  zu- 
sammen erzogen  (de  Roi  ge  p.  284),  die  Töchter  mit  den  Lieh- 
lingen  des  Königs  vermählt.  i^Das  Herz  seines  Herrn  zu  erfreuen 
jeden  Tag«,  »geehrter  zu  sein  beim  König  als  irgend  ein 
anderer  Diener«  erscheint  als  das  liöchste  Ziel  des  Beamten. 


Eine  Herstellung  dar  aegyptiscken  Hofirangordnang  in  ihren  Grond^ 
sögen  Ist  im  allgemeinen  ganz  wohl  mögHeh.  Bei  den  Auftiefatsbeamten 
scheint  mer  die  Mdiste  Stelle  zu  besdcbnen;  dann  folgt  or  (»der 
6rosse«X  sebUeaslicb  cherp  i*^^  Aufseher«).  Einzelne  hfiuSge  Titel  wie 


mar  mit  »Stadteommandant«)  u.  a.  sind  noch  nicht  erkl&rL 

§.  52.  Das  Staatsoberhaupt  selbst  ragt  empor  über  alle 
UnterUianen  wie  der  Adel  über  seine  Leibeigenen.  Eine 


u 


60 


Entaa  Blieb,  «fster  Abielmitt. 


Leibgarde  beschützt  ilm,  nur  in  feierlicher  Procession  zeigt 
er  sieh  dem  Volk,  Wer  sieh  ihm  naht,  wirft  sieh  zu  Boden, 
nur  die  HGcbstbegunstigten  haben  die  Erlaubniss,  statt  dessen 
die  Eniee  des  Königs  zu  umfassen  (de  Rouoi  p.  286).  Er  ist 
der  Inbegriff  aller  staatliehen  Ordnung,  durch  den  alldn  die 
Pflege  der  Gerechtigkeit,  die  Sicherheit  von  Leben  und  Eigen- 
thum möglich  ist.  »Den  Herrn  der  Gerechtigkeit«,  (neb  ma'at), 
d.  h,  den,  der  jedem  ünterthan  zu  seinem  Rechte  verliilfl, 
nennt  sich  schon  Snetru,  und  seinem  Namen  folgen  wie  dem 
aller  späteren  Pharaonen  die  Worte  »der  Verleiher  von  Schutz, 
Dauer,  Leben,  Gesundheit,  Herzensfreude,  der  Herr  der  Ewif^ 
keit«.  Mit  den  Göttern  steht  der  König  in  unmittelbarem 
Verkehr,  von  ihnen  wird  er  geleitet,  ja  er  ist  selbst  >der 
•  groese  Gott«,  die  Incarnation  der  Gottheit  auf  Erden,  Tor 
allem  des  Horas,  des  thatkräfligen  lebendigen  Gottes,  der  seine 
Feinde  besiegt,  Aegypten  geeint,  den  Thron  seines  Vaters 
wiedergewonnen  hat  (sj.  'uk  57),  ferner  des  IIa',  des  ewig 
leuf'htend(^n  Sonnengottes,  des  eigentliclien  Welttierrschers.  Die 
Pharaonen  gelten  als  Nachkommen  der^Ra',  von  dem  sich  in 
männlicher  oder  weibUcher  Folge  die  Herrschaft  von  Genera- 
tion zu  Generation  forterbt.  »Der  goldene  (Sonnen-)Horus< 
und  »der  Sohn  des  Ra'«  sind  ständige  Titel  der  Pliaiaoneii, 
seit  der  5.  Dynastie  wkd  es  Gebrauch,  neben  dem  Eigennamen 
einen  Thronnamen  anzunehmen,  der  fast  ünmer  eine  Eigen- 
schaft des  Ra'  auf  den  König  Qbertrftgt  Daneben  ersebehit 
der  König,  als  Besitzer  aller  Macht  auf  Erden,  auch  als  Incar- 
nation des  Horns  und  Set,  d.  h.  des  Lichts  und  der  Finsterniss, 
d«'>  Guten  und  des  Bösen.  Mit  dem  Tode  geht  der  König  zu 
den  üöttern  ein  und  ein  regelmässiger  Gultus  wird  für  ihn 
eingerichtet  (g.  64), 

Tbroufolge  der  Töchter :  Manetbo  Dyn.  11,  '6  u.  a.   Ueber  die  Be- 

sdebnimg  des  Königs  als  yar-Set  s.  m.  Set-Typho»  p.  oi.  — 

Da  Kflnig  und  Qoit  gleiehstebeM,  ünd  dl«  aegypiischea  Pmomeniiuiieii 
lefar  hlufig  aueh  von  dem  Namen  de«  regierenden  oder  eines  veretoiy 
benen  EOnigs  abgeleitet. 


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VerbUtaitte  der  Uotertbaiieo. 


61 


§.  53.  Dass  sich  unter  diesem  Beamtenstaate  Aegypten 
ZQ  hohem  Wohlstande  entwickelte,  dass  die  Verwaltanip  one 
wohlgeordnete  war,  dass  das  EOnigthum  in  kräftigen  H&nden 
xobie,  zeigen  die  gewaltigen  Monmnsnte  der  Pyramidenzeit 

nicht  nur  durch  ihre  Wandgemälde  und  Inschriften,  sondern 
schon  durch  die  Thatsache  ihrer  Existenz.  Im  iibrigen  geben 
natürlich  diese  durchweg  officiell  oder  halboUiciell  gehaltenen 
Darsfellnngen  über  die  Lage  der  Bevölkerung  nur  ungenügende 
Auskunft  und  auf  viele  Fragen  suchen  wir  vergeblich  eine  Antwort. 
Wie  dar  Landadel  sich  in  die  ITerrschaft  des  Königthums  fugte, 
wissen  wir  nicht;  spätere  Tbatsachen  lehren,  dass  die  loeaien 
und  antonomistisehen  Strömungen  keineswegs  erloschen  waren. 
Die  Analogie  anderer  Entwickelmigen  und  einzehie  Andeu- 
tungen (9.  46  Anm.)  lassen  yermuthen,  dass  das  Königthum 
dem  Adel  gegenüber  sich  vielfach  auf  die  niederen  Stände 
gestützt  luU  und  diese  an  sein  Interesse  fesselte.  Wie  weit 
indessen  die  Bildung  eines  freien,  Handel  und  Gewerbe  trei- 
benden Mittelstandes,  namenilich  in  den  Städten,  etwa  von 
oben  herab  gefördert  worden  ist,  darüber  ist  nicht  einmal 
eine  Muthmassung  möglich.  Nur  das  ist  gleich  hier  zu  betonen, 
daas  von  einem  Kastenwesen  in  Aegypten  trotz  der  Berichte 
der  Griechen  keine  Rede  seui  kann.  Alierdings  übernahm 
wie  überall,  so  auch  hier  in  der  Regel  der  Sohn  das  Gewerbe 
semes  Vaters  und  der  Adel  war  natürlich  erblich.  Indessen 
zahllose  Ausnahmen  beweisen,  dass  die  Wahl  des  Beruft 
völlig  frei  war,  und  von  einer  Abgeschlossenheit  z.  B.  des 
Prieslerstandes  kann  keine  Rede  sein.  In  der  Resiaurations- 
zeit  der  26.  Dynastie  mag  man  allerdings  versucht  haben, 
auch  hier  eine  feste  Theorie  aufzustellen  und  praktisch  durch- 
zuführen. 


Religion  der  Aegypter. 

9.  54.  Kern  Factor  greift  tiefer  in  das  Leben  und  in 
die  Geschichte  der  Aegypter  ein,  als  die  religiösen  An- 
schauungen, und  es  ist  denn  auch  ausser  den  Indern  kein 


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62 


SntM  Btwh,  «nUr  Abseboitt. 


Volk  religionsgeschichüich  interessanter  aU  sie.  Freilich  ist  die 
aegyptische  Religion  zu  einem  so  complicirtoi  Gebilde  erwacbseo, 
dass  eine  Darstellung  ihrer  Entwickeiung  vmd  der  in  ihr  hen^ 
ichttideii  Orafidanschanungen  mit  deo  gHMen  Schwiengkeiten 
za  kfimpfen  bat  Im  Folgenden  aoll  der  Versuch  gemaeht  werden, 
ihre  ftHesle  C^estaH  in  kunsen  Umrissen  za  xeiehnen,  wobei  alles 
ausgeschieden  ist,  was  der  Geheimlehre  [nicht  zu  verwechseln 
mit  Mysterium!]  angehört.  Die  Entwickeiung  der  letzteren 
hat  zwar  unzwcifelliart  schon  vor  König  Snefru  begonnen, 
indessen  zur  Herrschaft  gelangt  sie  erst  allmäliiich  zur  Zeit 
der  Pyramidenerbauer,  und  jedenfalls  ist  ihre  Aussonderung 
für  das  Verständniss  der  aegyptischen  Religion  durchaus  erft»^ 
derlich  (vgl.  g.  62  Anm.)«  Die  Anordnung  ist  im  folgenden 
nach  praktischen  Gesichtsininkten  gegeben;  es  ist  aber  nie 
ausser  Augen  zu  ksseUt  dass  die  einzelnen  Süem^te  der 
Religion  —  Priester  und  heAm,  Lichtgötter  und  Dämonen, 
Todtendienst  und  Festcultus,  locale  und  Heichsreligion  — 
durchweg  in  engster  unauflöslicher  Beziehung  zu  einander 
stehen  und  sich  fortwährend  gegen^^citig  beeinüussen. 

Literatur:  Pietfcfimarn,  Der  aegypti^^che  FetischiflBiis  und  GOtter- 
glaube,  in  Z.  f.  Ethnologie  1878,  153  ff.  Le  Faut.  Rknocf,  VorIe«ung«a 
über  TTrsprun/  nnd  Entwickeiung  der  Heligioo,  erl&utttt  an  d«r  RAÜgiai 
der  all  Ii  Atgypter  (aus  dem  Engl.),  1881. 

Ijertxiut  II,  37  (ol  A^Y^irttot)  ihmtfiitq  tcept^sux;  »ovrc^  fj-aXtata  savtaiv 
4v^p«»ffo)v,  —  Alf»  Quellen  siiul  in  erster  Linie  die  Texte  der  PyramidenTeit, 
von  religiösen  Werken  das  Todteiibuch  zu  vervvertben.  Die  Angaben  der 
späteren  Zeit,  auch  dar  Griechen,  über  bestehende  InsUtulioaea,  Feste, 
IfOcalgottbtItea  o.  s.  w,  dOrfni  danebea  henugezogea  werden,  obwohl 
bier  natflrlleb  vieles,  ntmentUch  im  Ritual,  eich  ent  ap&ter  auegelnldet 
hat  Im  Qbrigen  stehen  alle  Texte  des  Neuen  Reicfas  ▼6llif  nnter  der 
Herrschaft  der  Geheimlebre  und  behandeln  alle  Gottheiten  nach  dem 
Schema  derSonnengötter.  Die  ausfahrlichen  mythologischen  Texte  der  Ptole- 
maeerzeit  geben  die  letzte  sp&teste  Gestalt  der  Sagen,  ganz  euhemeristi^-cli 
und  schemutisch  behandelt  und  von  «pfiteren  Znsiitzen  vielfach  durchselzt. 
Die  (Jriecljen  endlich  haben  in  ihre  Darstellmigen  der  aegyptiThen 
Mythen  sebr  viel  eigenes  hineingetragen  und  sie  häuitg  missverslan  iFMU 
dürfen  daher  nur  mit  grosser  Vorsicht  benutzt  werden.  —  Eine  Kni  k 
der  modernen  Bearbeitungen  würde  zu  weit  führen ;  ich  bebe  hier  nur 
folgende  Ponkte  hervor:  1)  Es  ist  i^dfalsch  bei  Betrachtung  irgend 


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Die  Sonnengötter. 


63 


einer  Religion  von  kosmogonistchen  oder  grar  pliilosophisclicn  Gedanken 
auszugeben.  2)  Die  Göltersystertie  und  Genealogien  sind  sccundären  Ur- 
sprungs und  gehen  flberall  auf  den  mit  Bewusi^tsein  unternommeneu 
Versuch  zurück,  eine  Ordnung  in  die  Ueberlieferunp  zu  brinj^en.  Nur  die 
nächsten  Verwandtschaftsgrade;  Vater,  Mutter,  Sohn,  Bruder  gehören 
dem  Mythus  an.  8)  Die  Aufgabe  der  Kritik  ist  ee,  die  eiozetnen  Mythen 
mOgüehat  von  einander  sa  aondem,  anfroUeeni  nicht  lu  verbinden. 
Keine  Aellgion  iet  nnprflnglieh  ein  Slyetem,  seihst  die  hOehstentwiekelten 
haben  es  nur  aUniählleh  tu  einen  solchen  gebracht«  und  in  Iceiner  ein- 
sigen ist  die  Totte  Darehmhrung  desselben  mOgUeh.  4)  Die  Sterne  spielen 
in  der  aegyptlschen  Belgien  und  Mythologie  —  wie  nberall  aosser  in 
Babylon  —  nur  eine  ganz  anlet^eoi-dnete  Rolle.  5)  Die  aegyptischen 
Sonnenmythen  beziehen  sich  auf  die  täglichen  Schiel; sale  der  Sonne, 
nicht  auf  den  Jahrf>^lauf,  an  den  dagegen  die  Feste  dpt  ..'rossen  Natur- 
göttinnen  und  die  Im M^Mlte  anknüpfen.  6)  Von  iirm  irin  Einfluss» 
fremden  Göttern  u.  a.  kanü  in  Aegypten,  abgesehen  von  den  nach- 
weisbar in  historischer  Zeit  eingeführten  Culten,  keine  Hede  sein. 

§.  55.  Die  grossen  Gottheiten  Aegyptens  sind  vorwie- 
gend Lichtgottheiten ,  und  sie  sind  es,  an  die  zunächst  die 
gesaniiulc  Mythologie  nnd  Symbolik,  Hnnn  die  Theoloeie  und 
Speculation  Aegyptens  anknüpft.  Obenan  steht  der  Sonnen- 
^U,  der  lieben  und  Kraft  Terleiht,  aber  auch  durch  die 
fearige  Gluth  seiner  Strahlen  s^gt  und  Tmiichtet,  von  dessen 
Laufe  das  Schicksal  der  ganzen  Welt  abhftngt  Wie  er  »am 
Morgen  geboren  wird  am  Horizonte  jeden  Tage,  wie  er  gross 
wild  und  über  den  Himmd  f&hrt,  die  sieb  ihm  entgegen- 
thftrmenden  Wolken  besiegend,  bis  er  an  die  Pforten  des 
Westreichs  kommt,  sei  es  um  den  Mächten  der  Finsterniss 
zu  erliegen,  sei  es  um  auch  hier  den  Eingang  sich  zu  er- 
kämpfen und  das  Westreieh,  die  Unterwelt,  zu  durchziehen, 
wie  er  dann  am  nächsten  Morgen  wieder  si«  ^Telch,  »triumphirend 
über  seine  Feinde«  am  Horizonte  hervortritt,  derselbe  Gott 
wie  der  gestrige,  und  doch  sein  Sohn,  sein  Nachfolger  und 
Rieber,  —  das  ist  in  tausend  Variationen  der  Hauptinbalt 
der  aegyptischen  Mythologie. 

Ausserordentlich  zahlreich  shid  nun  aber  die  mythischen 
Formen,  unter  denen  die  Sonne  aufgefasst  wird,  und  die 
Namen,  die  dementsprechend  der  Sonnengott  führt  Ganz 


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64 


EnUs  Buch,  enlOT  Abschnitt 


Aegypten  verehrt  ihn  in  den  Gestalten  des  Ra*  und  Horns 
(Har  »der  hohe«  saperus).  Ha'  ist  der  ewige  Gott  der  liebten 
Sotme,  -welcher  tagtäglich  seine  Feinde,  vor  allem  die  groeae 
Wolkenschlange  ^Apep  benegt,  der  den  Tod  nie  leidet,  auch 
wenn  er  in  die  Unterwelt  hinabsteigt  um  dort  zu  ruhen  oder 
zu  herrschen.  Nach  der  gewöhnlichen  Ansdiaming  fährt  er 
in  einer  Barke  über  den  lliinniel,  von  kräftigen  Rutlcrein  ^'e- 
fahren;  doch  auch  in  einem  Schlitten  wird  er  häufig  von 
Schakalen  gezogen,  oder  er  wandelt  einher  auf  den  »Stützen  des 
Suc,  des  Luftgottes,  oder  steigt  die  grosse  Himinelstreppe 
empor  (Todtenb.  17,  3,  Bruosch,  Ree.  1,  pl.  7,  1);  oder  der 
Himmel  wird  als  eherne  Feste  (ba)  angesehen,  über  die  er 
dahin  schreitet.  Auf  dem  Haupte  trfigt  er  die  Sonnnenscheibe, 
an  deren  Spitze  die  Urftoaschlange  [Umrnt,  die  Göttin  der 
»Stundet]  die  Temiehtende  Gluth  der  Sonnenhitze  darstellt. 
Er  vor  allen  ist  der  König  und  Herr  der  Götter,  das  Vorbild, 
der  Ahnherr  der  irdischen  Könige.  I^r  wird  daher  gebiltki 
wie  diese,  und  alle  Attribute  Ra's  koinmen  den  irdisclien 
Herrschern  zu.  —  Völlig  identisch  mit  Ra'  ist  Tum ,  der 
S(Äinengott  von  HeliopoUs.  Durch  den  Einfluss  der  Priester 
dieser  Stadt  ist  sein  Name  weit  verbreitet  worden  (§.  93);  er 
wird  immer  dem  Ra*  völlig  gleichgesetzt. 

Im  Gegensatz  zu  der  Majestät  des  Ra'  ist  Horns  dmr  be- 
wegliche, der  ewig  kämpfende^  »der  starice,  siegreidiec  Gott 
Er  durcheilt  den  Himmel  als  Sperber  mit  leuchtendem  Ge- 
fieder; oder  die  Sonne  ist  sein  rechtes  Auge,  der  Mond 
sein  linkes  (die  beiden  Usaaugen  ^S)«  Als  s>flief?enden 
Horus«  (HarBehedti,  Localgött  von  Edfu,  ae?.  Dbu,  Apollinopolis 
magna)  kennzeichnet  ihn  die  geflügelte  Sonnenscheibe  ^^3S7,. 
das  gewöhnlichste  Symbol  des  Sonnengottes.  Jeden  Morgen 
wird  er  neu  geboren  am  Horizonte  als  schöner,  fröhlicher 
Jüngling  (^arpechrod,  »Horus  das  Kinde,  gr.  Harpokrates; 
davon  abgezwagt  Al^,  der  in  Tentyra  verehrte  Gott  der  Fest- 
freude). Seine  Mutter  Q^Q^or  (»das  hohe  Haus«),  die  Him- 
melsgöttin, gebiert  ihn  am  Horizonte^  sfiugt  ihn  und  zieht  ihn 
gross.  Und  dann,  wenn  er  zum  Manne  herangewachsen  inmitt^ 


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fU*  und  Horns. 


65 


4es  Hinrtmftlg  steht,  Termählt  er  sieb  mit  der  Motter,  um  mit 
ihr  den  neuen  Gott  des  nfichsten  Tages,  d.  h.  sieh  selbst  zu 
zeugen.  Horas  ist  aber  undenkbar  ohne  seinen  ewigen  Feind, 
den  Dämon  der  Finstemiss,  seinen  Bruder  Set  (»der  niederec, 

der  Erdgott,  der  das  Licht  verschlingt,  in  Unteraegjpteii  ge- 
wöhnlich Sutech  genaiiut).  Jeden  Morgen  besiegt  und  ver- 
nichtet er  ihn,  aber  immer  aufs  neue  gewinnt  Set  die  alte 
Kraft  zurück  und  beginnt  den  Kampf  wieder.  Auch  die  Sonnen- 
uud  Mondfinsternisse  sind  ein  Kampf  beider  Mächte,  dem  die 
Aegypter  wie  alle  Naturvöliser  mit  höchster  Spannung  folgen, 
Set  in  Gestalt  eines  Ebers  verwundet  das  Auge  des  Horus, 
dieser  reisst  ihm  die  Hoden  aus,  endlieh  schreitet  der  Mond- 
gott D^uU  ein,  macht  dem  Kampf  ein  Ende  und  heilt  die 
Wunden.  Daher  «^fert  man  in  Aegypten  beim  Vollmond  ein 
Schwein.  Set  und  Horas  smd  polare  Gegensätze,  keiner  ist 
je  der  vollständige  Sieger;  jener  bezeichnet  alles  Feindliche, 
Verderbliche,  ist  daher  auch  der  S(  iiiirnherr  des  Auslandes, 
der  Feinde  Aegyptens,  Horns  der  nationale  Held.  Beide  Eigen- 
schaften zusammen  werden  daher  auf  den  Künig  übertraf,'en, 
um  den  Vollbesitz  der  Macht  zu  bezeicimen  (§.  52).  In  der 
späteren  Entwickelung  wird  dann  Horus  naturgemäss  der  gute 
Gott,  Set  der  Iiütegriff  des  moralisch  Bösen. 

Horns  und  Ha'  sind  nicht  identisch,  aber  berQhren  sich 

so  vielfach,  dass  nicht  ihre  Mythen,  wohl  aber  ihre  Attribute 

seit  frühester  Zeit  vielfach  mit  einander  veischinol/f^n  sind. 
Beide  Götter  werden  vereint  zu  der  Gestalt  des  Ra^  HariiiiLi  huti 
(Ra  Harmachis,  Ra^  der  Horussperber  an  den  beiden  Hori- 


zonten Ihm  zu  Ehren  errichtete  man  die  Obelisk rri  al- 

Sinnbilder  der  Sonnenstrahlen,  schlanke  Spitzsäulen,  deren  jede 
ihren  eigenen  Namen  und  Priester  hatte.  Sein  Sinnbild  ist 
ein  liegender  Löwe  mit  Menschenkopf  und  den  Attributen  der 
KömgswQrde,  der  Sphinx.  Es  ist  nur  natürlich,  dass  man 
demgemäss  auch  den  König,  die  Incarnation  der  Gottheit  auf 
Erden,  in  dieser  Gestalt  bildete. 


u 


66 


EnteB  Bueli,  «nttr  Abiebnitt. 


Im  allgemeinen:  Lk^kbure,  I<e  mythe  osirien.  I.  Les  yeux  d*Honi» 
Par.  1874.  II.  üsiris  1S74.  Mein  Set -Typhon,  Leipzig  1875,  und 
die  B-^merkungen  ÄZ.  1877,  155.  N\vnj,E,  Textes  rolalifs  ;iu  mythe 
d'Horus.  BnuüSCH,  Sage  von  der  gfllnjirelten  Sonuenscljcihe,  Ahh.  CiOll. 
Ges.  1B^9.  —  Da?8  Tum  als  Göll  der  Abendsonne  hezeichnel  wini,  ist 
ledigUcb  späteres  Schema ,  von  dem  kern  aller  Text  etwas  weiss.  Ich 
btmerk«  noch,  dtm  Todtcnbacli  17,  24  ff.  mit  dem  ConnMnUtor  «iif  dto 
Soim«iiilii8t«niiM»  nicht,  wie  ich  früher  annahm,  auf  die  Hondfluteraiae 
zu  hedehen  ist.  Die  jAhrliehe  Bahn  der  Sonne,  die  man  so  rielAich 
tnr  Mlftrung  herangeiogea  hat,  epielt  Imi  der  £ntetehung  der  Sa^^ 
gar  keine  Rolle  und  dflrfte  z.  ß.  im  Todlenbuch  sehwwlich  vorkommen., 
Üeherali  ist  nur  von  den  täglichen  Schicksalen  der  Sonne  die  Rede.  Erst 
in  späterer  Zeit,  als  der  Sinn  der  Sagen  längst  entschwunden  war,  hat 
man  auch  den  Jahreslauf  der  Sonne  in  das  mythologische  System 
logen:  vgl  z.  B.  Bauoscu,  ÄZ.  1881,  105  ff. 

g.  56.  Neben  den  Sonnengöttern  stehen  die  Gdttüum 
des  Himmds,  Nut,  Qathor,  Isis,  Mut-nrt  »die  grosse  Mutterc 
nnd  andere.  Nut  ist  der  Hinunelsooean,  die  Gemahlin  des  Erd- 

goltes  Qeb,  mit  dem  sie  das  Licht  erzeogt;  auf  ihrem  Leibe 
glänzen  die  Sterne,  sie  »breitet  ibre  Arme  aus  über  den  Spross 
des  Qeb«,  auf  ilireni  Rücken  fälirt  Ra-Tum  dahin.  Sie  wie 
Hathor  heisst  »Herrin  der  Svkomorec,  d.  h.  des  Himmels- 
baumes,  »aus  dem  Ra'  hervortritt«.  Sonstwe  rden  diese  GÖt* 
tinnen  vor  allem  als  Kühe  gedacht,  zwischen  deren  Höroem 
— der  myttuseben  Auffassung  des  getiirgtgen  Horisontes  —  die 
Sonnenscheibe  herrortritt  (cfii). 

Aber  wenn  der  Sonnengott  mftchtig  am  Himmel  straUt, 
dann  ist  er  nicht  mehr  der  Sohn,  sondern  der  Gemahl  der 
Himmelsgöttin.  Er  ist  >der  kräftige  Stier«  (ka  necht,  ge- 
wöhnlicher Bein  iiiK'  des  Ilorus),  welclier  den  Sonnengott  des 
nächsten  Tages  v mi  ihr  erzeugt;  oder  ein  gewaltiger  Skarabäus- 
käfer  —  das  Treiben  dieser  Thiere  ersciiien  den  Aej^yptern 
als  hoch  geheime is.v  voll  —  der  Gott  Chepera  rollt  sein  Ei 
über  den  Himmel,  um  die  Göttin  Nut  zu  befruchten.  Ja  der 
Sohn  »▼ermählt  sich  mit  seiner  eigenen  Mutter«,  oder  wie  es 
▼on  Horns  heisst,  »er  setzt  sich  auf  den  Sitz  seines  Vatersc. 
Der  Sonnengott  ist  vorwiegend  der  HännUche,  Krftfitige,  der 
Erzeuger.   Man  sieht,  wie  alle  Gottheiten  des  Geschlechts- 


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Die  UimraelsgöltitineD. 


67 


lebens  und  der  Zeugung  zur^leich  zuSonnenfj^öltern  werden  (i;.  58). 
Unendlich  oft  wird  der  Sonnengott  als  Stier  oder  Widder  be- 
zeiihiiet,  der  heilige  Widder  von  MeuJi  wird  für  eine  In- 
carnalion  des  Sonnengotts  Üsiris  erklärt,  alle  heiligen  Stiere 
und  Widder  werden  ähnlich  gedeutet. 

Es  ist  naturlich,  dass  Ton  hier  aus  sich  die  Ansätze 
ergeben  einmal  zu  einer  Systematiarung,  einer  Genealogie 
der  Götter  und  zu  kosmogonischen  Speculationen  —  so  ent- 
wickelt sich  ans  der  Nut  das  männliche  Urwesen  Nuu,  »der 
Vater  aller  GöUer«,  der  Himmelsocean ,  aus  dem  alle  Götter 
geworden  sind,  das  Chaos  —  andererseits  die  crassesten  Wider- 
sprüche unvermittelt  neben  einander  stehen.  Horns  ist  Sohn 
des  Qeb  und  der  Nut,  oder  der  Isis  und  des  Osiris,  Gemahl 
oder  Sohn  der  l^thor,  ein  Kind  oder  ein  noannlicher, 
kriegerischer  Gott;  die  sp&tere  Zeit  unterscheidet  mindestens 
acht  Horns  von  einander.  Tum,  Ra*,  Qeb,  Nuu  o.  s.  w. 
sind  alle  die  ältesten,  ur3|)r anglichen,  schöpferischen  Götter. 
Nimmt  man  die  zahllosen  Namen  und  Unterschiede  im  Gultus 
hinzu,  so  ergibt  sich  von  selbst,  dass  man  in  jedem  Nomos 
anders  lehrte  und  erlaubte,  und  dass  von  hier  aus  sich  den 
beiden  grossen  Factoren  jeder  mythisch -theologischen  Ent- 
Wickelung,  der  fortwährenden  Differenzirung  und  der  fort- 
währenden Identülcirung  der  Götter,  der  weiteste  Spielraum 
öfbete« 

Die  Griechen,  denen  die  Neueren  sehr  mit  Unrecht  fast  durchweg 
gefolgt  siad»  haben  die  Kubbörner  mit  dem  Diskus  für  eine  Abbildung 
dtt  Mondes  gehalten,  w&hrend  IriSt  Hathor  u.  »•  w.  durch Himmeifl- 
fOttifloen  sind  and  als  solche  sfAter  (Philae,  Dendera,  ^1.  DihuGHsv, 
BsQorkunde  von  Dendera,  20  ff.)  so  SonnengOtUnnen  werden.  —  Ueber 
den  Himmelsbattin  9,  kZ,  1877,  157 ;  Todtenbuch  c.  59.  100.  —  Ueber 
die  Bedeutang  des  Skarabäus  vgl.  Flut,  de  Is.  10.  74.  —  Zar  Ver* 
iDfthlung  mit  der  Mutter  vgl.  Herod.  II,  64.  —  Die  acht  Horus  sind: 
Ibnnachis,  Harpokr^es,  ^arur  (Vlp,o6*rjEpi<;,  Horns  der  ältere),  l^ar  behedti, 
Bar-sopd  (der  Herr  des  Ostens),  Horns  der  Sohn  der  Isis,  Horas  der 
iUcber  seines  Vaters,  Horus  der  Vereiniger  der  beiden  Lande. 

§.  57.  Der  berühmteste  ae^ryptische  Sonnengott  ist  Osiris 

(Asarj  geworden.  Sein  Cultus  war  ursprünglich  local  beschränicL 


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68  EntM  Buch,  erster  Absohnitt 

Seine  eigentliche  Heimath  sind  Abydos('Abdu)«  die  h  eil iir^^te  Stadt 
Aegyptens,  und  Busiris  (d.  i.  pe-Asar,  »Haus  des  Osiris«)  im  • 
Delta  [vergl«  Bergmarh,  ÄZ.  1B80,  89};  beide  rühmen  sieb 
das  Grab  and  den  heiligen  Leib  des  Gottes  zu  besitzen.  Dnrcfa 
die  Geheimlebre  ist  er  dann  mdir  als  Irgend  ein  anderer  Gott 
(Her.  42)  über  das  ganze  Land  verbreitet.  Odris  ist  der 
Sohn  des  Qeb  und  der  Nut,  der  Bruder  des  Set.  Er  »schreitet 
mächtig  hervor  aus  dem  Hiiiiiiielsüccan«,  aber  am  Ende  seiner 
Laufbahn  erliegt  er  der  Tücke  des  Set,  der  ihn  ermordet 
und  die  Welt  seiner  Herrschaft,  der  Nacht,  unterwirft.  Die 
Scliwestern  und  Gemahlinnen  des  Osiris,  Isis  und  Nephthys^ 
die  Göttinnen  des  östlichen  und  des  westlichen  Horizontes^ 
stehen  klagend  an  seiner  Leiche.  Indessen  In  Horns,  seinem 
Sohne  von  der  Isis,  ersteht  ihm  dn  RAeher;  er  besiegt  den 
Set,  tritt  die  Finstemlss  nieder,  steigt  als  jugendlich^  Golt 
auf  am  Horizonte  und  gewinnt  den  Sitz  seines  Vaters.  Osiris 
selbst  aber,  der  bestattete  Sonnengott  von  gestern  (Todtenb. 
17,  5  f.),  der  Gott,  »de.ssen  Herz  stillsteht«,  herrscht  im  West- 
reich in  Frieden,  sich  freuend  über  den  Sieg  seines  Sohnes, 
der  seiner  Sache  zum  Triumphe  verholfen  hat. 

Wie  alle  mj^hischen  Vorstellungen  wandelt  sich  auch  die 
von  Osiris,  deren  ursprüngliche  13edeutung  in  den  älteren 
Texten  und  namentlich  im  Todtenbuch  noch  überall  klar  vor- 
liegt, aus  der  Aufbssnng  eines  natürlichen,  alltAglicben  Vor- 
gangs allmählich  um  bi  die  Erzählung  von  etwas  einmal  vor 
kmger  Zeit  Geschehenem,  sie  wird  eine  historische  Enfihlung, 
deren  Zeit,  Ort  und  einzelne  Umstände  schliesslich  bis  üis 
kleinste  Detail  angegeben  werden.  Zum  Andenken  an  die  Be- 
gebenheiten des  Kampfes  werden  dauii  an  den  Jahrestajjen  des- 
selben die  Trauer-  und  i  leudenfeste  gefeiert,  die  ursprüngrlich 
aus  der  unmittelbaren  Tlieilnahme  des  Menschen  an  den  Vor- 
gängen der  Natur  erwachsen  sind.  Zuletzt  werden  Osiris, 
Set,  Horns  irdische  Könige  Aegyptens,  die  dann  zu  den  Göt- 
tern fibergegangen  sind.  Zugleich  aber  ist  der  Lichtgott  der 
l^iender  und  Vertheidiger  aUes  Guten  und  £rstrebenswerthaif 
—  daher  z.  B.  auch  der  Spender  der  Nllfluth  — ^  dem  der 


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Omsk,  Die  Abrigen  Gottheiten. 


69 


Mensch  naclizuelfera,  dessen  Gebote  er  zu  befolgen  hat,  wenn 
er  wfll,  dass  es  ihm  gut  gehe. 

Dass  Osiris  :SonnejigüU  ist,  liat  zuerst  Lki.siüs,  Ueber  den  ersten 
ftegypliächen  GAtierkreis,  Abb.  Berl.  Ak.  1851,  belonU  Dass  Osiris  ein 
•jfingerer«  Golt  Mi  als  «ndere,  ist  gnmdftilieh ;  eeiiie  SteUmg  in  der 
Retheolbige  des  QOIterltreisM  (g.  69)  beweist  d«nir  utOriieh  gar  niehta. 
Ebensa  wenig  enthllt  die  Sage  fremde  Elemente  (Bbbb%  Ae.  K  M,  287), 
obwohl  sie  in  spAteier  Zeil  mit  der  Adonissage  von  Bybloe  contaminirt 
wird.  —  Die  letzte  Fassung  der  Sage  und  die  späteren  Deutungen  gibt 
bekanntlich  Piutarch  de  Is.  et  Os.  —  Trauerfest  um  Osiris  Tod  in  Busiris 
Herod.  II .  61.  BesUttong  des  Osiris  II,  80.  Der  Osirismylhus  als  My- 
sterium; §.  67. 

§.  58.  Neben  den  besprochenen  Göttern  stehen  zaUr 
rache  andere,  deren  Gült  zum  Th^  weit  verbreitet  ist.  Vor 
allem  die  Gottheiten  der  Zeugung  und  Ernte,  die  wie  überall 

im  Cult  der  Landbevölkerung  eine  iiauptrolle  spielen,  immer 
ithTphall  gebildet,  häufig  als  B5cke  oder  Stiere  gedticht  werden 
(daher  werden  sie  im  System  dem  Sonnengolte  gleich j^eselzt 
§.  56);  so  vor  allem  Min  (Amsi),  der  Gott  von  Pnrio|)olTS 
und  Koptos,  der  den  Aeckem  Fruchtbarkeit  gibt  und  unter 
Baumen,  namentlich  der  Cypresse,  verehrt  wird.  Femer  Ghnum 
(Chnnbis,  Knepb),  der  Gott  von  Elephantine,  Ammon  von 
Theben,  der  Bock  von  Hendes  n.  a.  Dann  der  Nilgott  Ha^pt, 
dargestellt  als  eui  Mannweib  mit  schwellenden  Brüsten,  der 
Bringer  alles  Segens;  die  ErntegOttin  Rannut;  die  grossen 
Göttinnen  der  Natur,  der  selialfenden  und  segensreichen  wie 
der  finsteren,  verderblichen,  die  eng  verwandten  Göttinnen  ■ 
Sechet,  Pacht,  Bast,  die  namentlich  in  Unterae^ypteri,  in  Bu- 
baptis  undMemphi?  (hier  ist  Sechet-Ba.-t  die  Gemahlin  desPlah) 
zu  Hause  sind.  Sechet  und  Pacht,  die  vernichtenden  Göttinnen, 
werden  als  Löwinnen,  Bast,  der  man  in  Bubastis  ein  rau- 
schendes Freudenfest  feiert,  als  Katze  gedacht  Aucti  Neit, 
»die  Pfadöffioerinc,  die  grosse  Göttin  von  Sais,  scheint  in  diesen 
Kreis  zu  gehören.  —  Dann  die  MondgOtter  Dhuti  (Thoth), 
Ghnnsu  (fai  Theben);  A'ah  »der  Ho^dt,  von  denen  der  erste 
in  dem  Sagenkreis  des  Horos  und  der  Osiris  eine  grosse  Rolle 
spielt.    Wie  den  Indogermanen  (mäns  der  »Messer«),  ist  der 


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70 


EntM  Boeb,  antar  Abacbnltt 


Mond  auch  den  Aegyptern  der  Gott  des  Maasses,  von  dem 
die  Zciteintheilung  und  dann  überhaupt  jede  Regel  und 
Satzung,  ja  die  gesammte  Weltordnung  abhängt.  So  wird  er 
dann  der  Gott  der  lateUigenz  im  allgemeiiiea,  der  Erfinder 
der  Schrift,  der  Lehrer  der  Künste  und  WiseenschafteD,  der 
YerCeuser  der  heiligen  BQdier.  Dass  sich  auch  an  den  Mond  zahl- 
reiche Mjrthen  knflpfen,  ist  natürlich.  Vor  allem  aber  ist  er  der 
ursprungliche  Zeitlheiler,  an  dessen  Phasen  alle  Hauptfeste  an- 
knüpfen, dessen  neues  Erscheinen  in  der  AbenddäiiiiiK  i  uiig  eben- 
so wie  der  Vollmond  regelmässig  durrh  Opfer  ^'efciert  wird.  Zu 
den  Mondgottheiten  gehört  anrh  die  in  Eileilhyia  (Elknl))  verehrte 
Necheb,  eine  geicrköpfige  Göttin,  zugleich  die  siegvericihende 
Schirmherrin  Oberaegyptens  (§.  47).  Schlies>]ieh  Ptnh,  der 
Haiiptgott  von  Memphis,  wo  er  liei*  Gemahl  der  BastrSechet,  »der 
grossen  Geliebten  des  Ptahc,  ist  Seinem  Wesen  nach  ist  er 
▼ielleicht  auch  ein  Lichtgott,  da  die  Griechen  ihn  Hephaestos 
nennen  und  er  wie  Tüm  den  Beinamen  »der  Sefaöngesicfatigec 
fflhrt.  In  unseren  Texten  enidieint  er  indessen  durchweg  als 
eine  abstracte  Gottheit,  als  der  Aellesle,  Ursprünglichste  der 
Götter,  als  der  Bildner  des  llinunels  und  der  Erde  —  sein 
Name  hi-zeichnet  ihn  vielleicht  als  dea  Schöpter  oder  vielmehr 
»Eniffner«  der  Welt  (so  Jambl.  de  myst.  Aeg.  8,  3  ed.  PARTirEY) 

—  ihm  werden  dann  Prädicate  beigelegt,  die  nicht  mehr  der 
ursprünglichen  Auffassung,  sondern  weit  fortgeschrittener  Specu- 
lation  entstammen.  Neben  ihm,  vielfach  mit  ihm  identificirt, 
steilen  die  memphitischen  Götter  Tanen  und  Sokar  (letzterer 
wird  auch  dem  Osiris  gleichgesetzt),  übor  deren  nr^rflngliehes 
Wesen  sich  gar  nichts  sagen  l&sst. 

Fest  i]vr  Hast  in  Rubaslis:  H'T.mI,  II,  CO.  Lamptnife.,!  i\or  NVit 
(Athene)  in  Sais  ib.  62.  —  Xeben  Bast  steht  der  Name  Bairest,  vielleicht 
nur  als  Nebenform,  s.  ZDM.  XXX.  727.  Im  System  werden  Sechet 
und  Bast  der  löwenköpfi^Tti  Tafnul,  der  Schwester  des  Luttgottes  ku, 
der  Göttin  der  verzehrenden  Süiiueuijlutb,  gleichgesetzt.  Uebrigens  wird 
die  Sonne  in  der  Tbat  gelegeniUeh  ab  Kater  getot:  Todtenb.  17*  47. 

—  Ueber  D|^ali  a.  vor  allem  PisncBiuini,  Hermea  Triemegiatoa  naeh 
aegyptiaeben«  grieehiseben  und  orientaUachen  ÜebtfliefeniDgeii ,  1875. 
Ueber  Necheb  (gr.  Eileithyia,  Lueina)  a.  Snui,  AZ.  1875.  72.  —  Veber 


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Wewn  der  Volkartfigion.  71 

widderköpfigen  Gßttpr  Ammon  und  Ghniini  vg].  Lep^ti'?,  AZ.  1877,  8. 
Wenn  über  alle  diese  Götter  schwer  ins  Klare  711  knmnien  ist,  da  in  der 
älteren  Zeil  nur  ihre  iVani^  it  genannt,  in  den  späteren  ausführlicbereii 
Texten  alle  Götter  iiacii  dem  Schema  der  Sonneogotlheilen  behandelt 
werden,  so  sind  wir  bei  den  mempbiiischen  Gottheiten  wegen  des  geringen 
«ilMltaiifn  Ilaleriiis  besonders  sebUmni  dsrsn.  FQr  die  spiters  Auf- 
fuBong  vor  allem  Gr.  Harris  pap.  p,  44.  Die  liisr  anknOpItoden  Voc^ 
-eteUmigen  von  den  E1ementar|0(teni  (Lkpsius»  Abh.  BetL  Ak.  n«  8. 
sind  nodi  sehr  dankeL  Die  tuewam  Berod,  Ol»  37  sind  pboenikbche 
Götterbilder,  die  offenbar  mit  Ptab  nichts  zu  thun  haben.  —  Eine  Auf- 
zähl unf  der  zahllosen  kleineren  Gottheiten  und  Gestalten  des  Volks- 
glaubens gehört  nicht  hierher.  Eine  höchst  interessante  umfangreiche 
Götterliste  aus  der  Zeit  der  6.  Dynastie  beündet  sich  auf  einem  Altar  in 
Turin:  Tr.  Soc.  Bibl.  Arcb.  III,  110  iL 

%,  59.  fOr  die  eigentliche  Volksreligion  treten  die  Fragen 
nach  dem  Wesen  nnd  den  tiberirdischen  Functionen  der  Gott- 
heiten nrfick.  Der  Mensch  braucht  die  Götter,  damit  sie  ihm 

den  Kampf  mit  der  Natnr  und  den  Wechselfallen  des  Lebens 
erleichlern  und  bestehen  helfen.  Er  verehrt  diejenigen  Götter, 
von  denen  er  weiss,  dass  sir  ruriclitig  sind,  dass  sie,  sei  es  im 
allgemeinen,  sei  es  specitH  lur  die  Ernte,  das  Haus,  die  Geburt, 
Segen  bringen  können,  oder  die  bösartigen  GotUieiten,  welche 
den  Menschen  vernichten  würden,  wenn  er  sie  nicht  besanf* 
tigt  oder  durch  2^uber,  durch  die  grössere  Macht  der  guten 
Cfött^  bezwingt  und  unschädlich  macht.  Daher  wird  Set,  der 
nie  völlig  besiegte  böse  Dämon«  an  vielen  Orten  eifing  ver- 
ehrt, obwohl  er  den  Lichfgöttem  verhaust  ist  und  man  sich 
scheut,  seinen  Namen  auszusprechen.  Neben  ihm  stehen  zahl« 
reiche  Dämonen,  »die  Feinde«,  »die  Bösen«,  welche  dem 
Einzelnen  nachstellen,  sein  Leben,  seine  Wohlfahrt  bedrohen. 
Vor  allein  k  inmt  es  darauf  an,  die  richtigen  Opfer  zu  bringen, 
die  Formehl  und  Handlungen  zu  brauchen  imd  zu  üben, 
welche  die  Herzen  der  Götter  gnädig  stimmen  und  das  Uebel 
abwenden.  Dann  aber  haftet  die  Verehrung  oder  die  Furcht 
immer  an  dem  Gegenstande,  aus  dem  man  sich  die  Kraft 
einer  Gottheit  oder  eines  Dämons  wirkend  denkt,  in  dem  sie 
nUweise  oder  dauernd  ihren  Wohnsitz  genommen  hat*  fis 
sind  nieht  nur  die  Bilder  und  Symbole  der  bekannten  Gott- 


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72 


EnitB  Buch,  enler  ÄbaebniU. 


hoiten:  die  ganze  Natur  ist  voll  von  frottliclien  Wesen.  Da 
sind  heilige  Bäume,  Steine,  Geräthe,  in  denen  sie  wohnen; 
vor  allem  aber  das  Thier  in  Aegypten  wie  anderwärt» 
in  Afrika  als  ein  gefaeimnisavoUes  Wesen,  in  dem  eine  Ober^ 
menseliliche  —  freundliche  oder  feindliebe  Macht  wborgei» 
tst  Wie  sie  beisst,  weiss  man  nicht;  will  man  sie  beteichnen, 
so  redet  man  in  Aegypten  wie  fiberall  ^on  einem  Dfimon^ 
einem  Gotle,  oder  dem  Gotte.  Unendlich  oft  ist  daher  in  den 
mystischen  Todtentexten,  deren  Ansbildnng'  wir  später  zu  ver* 
folgen  haben,  di'-  licde  von  den  » jreh ei mniss vollen  Wesen^ 
deren  Namen,  deren  Ceremoniell  man  nicht  kennt«,  die  nach 
Blut  kchzen,  die  deo  Tod  bringen,  die  als  verzehrende  Flamme 
umgehen,  oder  anch  von  solchen,  die  Gutes  wirken;  ihre 
Namen  zu  erfiüiren,  sie  zu  besänftigen,  über  sie  die  Herrschaft 
za  gewinnen,  Ist  die  Haaptanf^iabe  der  Geheimlehre  wie  der 
Zanberlnnst.  Diese  Anschauungen  sind  nattbrlich  kein  Aus- 
druck eines  dunklen  Bewusstseins  Yon  der  Einheit  der  Gott- 
heit, eines  »primitiven  Henotheismus«,  wofür  man  sie  so  oft 
genonmien  hat,  sondern  das  dirccte  Gegentheil  davon. 

Im  allgemeinen  hat  über  dies«  Dinge  Pietschmaw.  D*>r  a^^pTptisclle• 
Fetischismus  uii«l  fiiUtorplanbe.  Z.  f.  Ethnol.  1878,  158  ff.,  ^je^rpiiüher  dea 
pfanpbaron  Darstellunj^en  das  Hichtitro  posaizt.  Nur  Aberträgt  er  manche 
erst  in  ppAterer  Zeit  anf^okommene  Vorstellungen  (2.  B.  Hen  mnsseu- 
haften  Gebrauch  der  Anmiete,  der  üsebti's  u.  ä.)  schon  aut  die  älteste 
Zeit,  die  vom  Zauber-  uhd  Formelwesen  weit  weniger  beherrscht  ist  als 
di»  q>lteren  Epochen.  Im  flbrigen  vgl.  §.  3.  G«aaa  wi«  in  Mgjptiaehm 
nnttr  (»Gott'),  Imtocht  msii  bekanotlieh  im  GrlseUtelink  la  allan  Zaitoa 
dt6c  oimI  t«i|M>v.  Im  Pam  Bmoor  (Rel.  der  Aeg,)«  ^  im  Aosehliiai  «n 
DE  Boo9i  den  urqnüngllelien  Henotheisnrai  In  Aegypten  emreiflen  wiU, 
ebenao  Mispero  in  seiner  Geschichte  u.  a.,  verwerthen  ]iier  fast  dureb!-' 
weg  epitere  Texte«  die  von  der  Geheimlehre  beherrscht  sind.  —  In  diesen 
Zuaammenhani?  gehOrt  auch  die  in  Aegypten  allgemein  herrschende  Sitt«^ 
der  Beschnfidung  (Herod.  TI,  m.  37.  104,  Jos.  c.  Ap.  II.  13; 
RAn.  III,  2'^«;  Ei'.kik.  A»'.  H.  M.  278  ff.).  Dieselbe  ist  ein  den  teind- 
lichen  DSmouen  trel)ra(hie.s  Upfer  vom  ei^'enen  Blute,  und  dürfte  ihrem 
Ursprünge  nach  wohl  eine  Müderung  der  Castration  sein. 

§.  60.  Zum  grossen  Tbeil  haben  diese  Objecte  des  Volks- 
glanbens  in  die  gewissennassen  offideDe  Religion  iänganf 


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73 


gdiinden.  VieJfech  werden  sie  auf  Grund  irgend  welcher  Be- 
rührungspunkte mit  den  grossen  Gottheiten  in  Verbindung 
gesetzt:  so  ist  die  Sjkomore  der  Baum  der  Hat  hör  oder  Nut 


(B.  56),  die  heilige  Sftule  Ded  \J\,  Nilniesser?)  von  Bosiris 
das  Rückgrat  des  Osiris  (Todtenb.  155, 1),  der  Ibis  — ^  unserem 
Hann  im  Monde  entsprechend  ~  das  Thier  des  Dhuti«  ebenso 

der  Hnndskopfsaffe.  Die  Katzen  sind  der  Bast  heilig,  die 
Kuiie  der  oder  Hathor  (§.  56\  der  Bock  \<yn  Mendes  ist 
eine  Inrarnation  des  Osiris  f§.  .">(»),  der  heili^'e  Stier  Hfipi 
(Apis)  von  Memphis  ist  »das  neue  Lel>en  (die  Incarnation)  des 
Ptah«  u.  s.  w.  In  anderen  Fällen  entstehen  neue  Götter: 
80  ßnden  wir  in  der  Pyramidenzeit  häufig  Priester  4^  Ded 
—  die  S&ule  wird  also  hier  zu  einem  eigenen  Gotte;  so  wird 
sehr  oft  der  Gott  Ghribaq-f,  »der  unter  semem  Oelbaum«,  d.  h. 
der  namenlose  Dftroon  eines  heiligen  Oelbaums  erwfthnt;  so 
die  Kuh  Hesit  und  die  Froschgöttin  Heqt  in  Abydos,  so  zahl- 
lose !/ute  unf]  böse  Schlangen gottheiten.  Vor  allem  haben  die 
bösartigen  Thiere,  die  an  vielen  Orten  eifripr  vcTehrf  werden, 
zu  einer  Erweiterung  des  Pantheons  Anlass  gt-r^^eben:  das 
Nilpferd  ist  die  Göttin  Apet,  an  der  nubisclien  Grenze  verehrt 
man  die  Skorpionengöttin  Selqt.  Das  Krokodil  wird  an  vielen 
Orten  eifrig  yerehrt,  Tor  allem  in  Ombos,  im  Faijüm,  auch  in 
Theben  (Berod.  H,  69)  und  führt  als  Gott  den  Namen  Sebak« 
der  dann  im  System  mit  Ra*  identificirt  wird,  als  Reprä- 
sentant der  vernichtenden  Seite  der  Sonnengluth. 

Auf  diese  Weist-  sind  die  »Gntterkreise«  (paut,  meist  aus 
neun  Göttern  bestehend)  der  einzelnen  Nomen  gebildet.  An 
ihrer  Spitze  stehen  die  »grossen  Götter«,  die  Lichtgottheiten 
und  ihre  Verwftndten  (dies  ist  wahrscheinlich  die  so  viel 
genannte  8aaanut(?)  a'at  eines  Ortes),  daran  scfaliessen  sich 
die  zahlreicben  D&monen,  die  heiligen  Thiere  und  sonstigen 
^Geisterc  des  Orts  mit  ihren  Riten,  Symbolen  und  Legenden. 
Dass  hier  jeder  Nomos  seine  Localgötter  (nuter  nuti)  hatte 
und  in  den  Einzelheiten  anders  glaubte,  d;iss  vielfach  die 
grösste  religiöse  Feindschaft  zwischen  ihnen  bestand,  namenthch 


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74 


£tsto6  Bach,  erster  Abschnitk 


betreffs  der  heiligen  Tiiierc,  die  oft  noch  in  der  römischen 
Kaiserzeit  zu  förmlichen  Kriegen  führte  (Herod.  II,  69.  71, 
Diod.  I,  89  «=  Plut.  Is.  72,  Juvenal.  sat.  15),  ist  (Inrrhaus 
natürlich;  aber  der  Gnindcharakter  der  Religion  ial  überall 
genau  derselbe. 

Drei  heilige  Kinder  aus  der  Zeit  Ghufu's  bei  J.  de  Rouge,  Inscr.  I,  4. 
Eine  Liste  thebaniscber  heiliger  Btamt  o.  1.  Im  Pap.  von  BakgiM  bat 
Gbabab,  Mel.  III,  2,  lOB.  Auch  die  loealen  DiraoiMii  obne  bcMndm 
Nadmd  (i.  B.  G.  Idkt.  gr.  4898)  gvhOren  hiwbw.  —  D«r  apäteraii  gebUdeten 
AullhMaiig  Ist  der  Tbierdienst  swar  nnantaetbarefl,  uraltes  Herkomneo, 
abcf  vOUig  aoTerstAndlich;  daher  die  absurden  Legenden  bei  Phitareh, 
Diodor  tt.  a.  (vgl.  Herod.  II,  65).  Ebenso  erklärte  man  die  Besclineidoog 
fQr  eine  gesnndbeitq»oIizeiliche  Massregel  (Herod.  II ,  37).  —  Die  gang^ 
bare  Annahme,  dass  das  Krokodil  mn  Thier  des  Set  gewesen  ??ei,  ist 
falscli :  wenigstens  ist  mir  kein  Hele^'  dafi'ir  hekai\iit.  Seine  Thiere  sind 
Ziegen.  Schweine  und  besonders  die  Nilpferde.  Der  Kroko^iiljroU  Setiak 
dagegen  wird  nie  dem  Set  gleichgesetzt,  sondern  immer  dem  Ra'.  — 
Dass  der  »NeungOtterkreis«  nicht  regelmässig  gerade  aus  neun  Goltheiiea 
besteht,  ist  bekannt,   lieber  die  Triaden  s.  §.  69. 


g.  61.  Eine  Hauptsorge  des  Aegj^pters  war  die  um  seine 
Existenz  nach  dem  Tode.  Dass  die  Existenz  eines  Menschen 
mit  dem  Tode  nicht  beendet  ist,  dass  gewissennassen  ein 
geistiger  Extraet  desselben  fortlebt,  den  Ueberlebenden  in 
Trfiumen  und  Vbtonen  erscheint,  die  alten  Stätten  seines 
Schaffens  wieder  aufsucht,  ist  ein  Glaube,  der  fast  allen  Völ- 
kern gemein  ist.  Wie  in  dem  Gultusobject  ein  Gott  oder  ein 
Daiiiuii.  SC)  liat  auch  im  Menschen  ein  Geist  seinen  Woimsilz 
genommen,  der  ihn  beim  Tode  wieder  verlässt.  Man  denkt 
ihn  sich  als  ein  förmliches  Abbild  des  Lebenden,  Li  Ka, 
eine  Art  Ton  Genios,  einen  Doppelgänger  des  Menschen,  oder 


lieb  aber  hört  der  Zusammenhang  mit  dem  Körper  (cbat) 
nach  dem  Tode  nicht  auf.  Wenn  die  Leiche  der  Verwesung 
anheimßült,  ist  es  um  die  Existenz  des  Ka  oder  des  Ba  schlecht 
bestelit.  Man  sucht  sie  daher  so  gut  wie  mOglich  zu  erhalten, 


Der  Todtendiensi. 


auch  als  ein  vogelnrtiges  Wesen 


Natür- 


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Der  TodtondkosU  Die  Grftber. 


75 


es  entwickelt  sich  die  Kunst  der  Balsamirung,  die  übrigens 
zur  Pyraniidenzeit  noch  in  den  ersten  Anf&ngen  liegt.  Durchweg 
wird  <äe  Leiche  au  Orten  beigesetzt,  die  vom  NUwasser  auch 
zur  Ueberschweramungszeit  nicht  erreicht  werden  können. 
Wer  die  Mittel  dazu  hat,  baut  sich  em  Grab,  sei  es  ein  ehi- 
ftushes  Gewölbe  aus  Ziegeln,  sei  es,  wie  in  Oberaegypten,  eiji 
Felsengrab,  sei  es,  wie  in  den  Todlenslädten  von  Memphis, 
einen  grossen,  viereckigen,  oben  abgestumpften  Grabbau  mit 
schrägen  Wänden  ans  Ziegeln  oder  aus  Kalkstein  (die  sog. 
Mastaba's),  er  legt  die  Lei(  he  in  einen  Kasten  aus  Holz  oder 
aas  Stein.  Dann  aber  bedarf  der  Todte  der  Nahrung,  damit 
er  nicht  Terkomme.  Es  ist  die  Pflicht  der  Nachkommen, 
hierfOr  zn  sorgen,  und  wenn  auch  nicht  tfiglich,  so  doch  bei 
besonderen  Gelegenheüen,  an  den  grossen  Festen,  ihm  Speise 
und  Trank  zu  bereiten.  Auf  der  Ausbildung  dieser  Vorstel- 
lungen, auf  der  eifrigen  Sorge  für  das  Leben  nach  dem  Tode 
beruht  all  unser  Wissen  von  Aegypten,  und  sie  sind  auch 
das  eigentUch  treibende  Element  im  Geistesleben  des  Volks. 

Im  allfwneinftn  b.  vor  allem  Mabirtb,  Let  tombes  de  Tancien 

Empire  RAn.  XIX,  7.  81.  Ders.,  Les  mastabas  de  Tanc.  enip. ,  1882  ff. 
Femer  Bmoeeca,  Die  aegypUsche  Gräberwelt  (Vortrag),  1868.  Mastero,  . 
Et.  sur  quelques  peinlur*»«  pt  fur  f|iif»lques  texte«  rc\.  nnx  funerailles 
Journ.  as.  VII  s^r.  15,  1880.  111-170.  S65-420  u.  a.  -  Üeher  den 
Ka:  Le  Page  Renoüf,  Tr,  Soc.  Bibl.  Arch.  IV,  494.  Masi'ühu,  Hec.  de 
Iravaux  I,  152  u.  a.  In  der  alleren  Zeil  tritt  der  Ka  durchaus  in  den 
Vordergrund,  daher  auch  die  Königsnamen  Neleikara'  ^ächün  Ist  der  Ka 
des  Ra^),  Nebkara'  (Inhaber  des  Ka  des  Ra'),  Uskaf  (stark  ist  sein  Ka)  u.  a. 
1d  der  Gehdmldira  (i.  B.  im  Todtenlmcb)  tritt  dagegen  der  Ka  gegen  den 
geisügeran  Ba,  die  Seele»  (und  den  Ghn)  zurOek.  Daee  indeeeen  die  Vorstellang 
vom  Ba  alt  Ist,  lehrt  der  Name  des  11.  Königs  Banateru  (Seele  der  GOtter), 

§.  62.  Natürlich  ist  die  Heimath  der  Todten  da,  wo  die  | 
grossen  Gdtter  zur  Ruhe  gehen,  im  Westen,  im  Grenzgebiet 
der  libyschen  Wüste.  Das  Westlaad  (set^  amentit)  ist  zu- 
gleich die  Unterwelt  (angeit),  das  Land  des  Todes  und  der 
Bestattung;  hierhin  schafft  man  daher  die  Leiche,  hier  er- 
richtet man  die  Grabbauten,  die  nach  den  Himmelsrichtungen 
orientirt  werden.  Und  wie  hier  die  Schakale  des  Nachts  die 


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76 


Erstes  Buch,  erster  AbschniU. 


Gräber  Timheulen,  so  ist  es  ein  schakalsköpfiger  Gott,  Anubis, 
der  die  Todten  beschützt  und  belierrscht,  »der  Herr  des  Grabes, 
der  dem  Todten  die  Bestattung  bereitet  in  dem  grossen  und 
guten  West]ande«,  der  ihm  Speise  und  Trank  gewährt  und 
ihm  ermöglicht ,  dass  er  »lebendig  umhergehe  auf  seinen 
Beinenc.  Im  flbrig«n  sind  natürlich  hier  wie  überall  die  Vor- 
stellungen vom  Leben  nach  dem  Tode  äusserst  schwankend 
mid  widersprnchsToll.  Man  hofft  sich  wieder  auf  Erden  frei 
bewegen  zu  können,  oder  im  Grabe  der  Rulie  zu  ^renie^^sen,  oder 
\Veiter  einzudringen  in  die  g^^lieimnissvollen  liegionen  de»  West- 
reichs. Ain]bi>  ist  hior  der  »PfadöÜner«  (ap  uat),  er  g'cwährt 
den  Todten  »zu  wandeln  auf  den  schönen  We^^en,  auf  denen 
der  Fromme  (amchu)  wandelt«^.  Wie  der  Gott  über  den 
Himmelsocean  nach  dem  »trefflichen  Westen«  gelangt^  so 
ffthrt  der  Todte  über  den  »schünen  Westsee«  nach  dem  »Ge» 
Aide  der  Ruhe«.  Und  hier  darf  er  hoffen  mit  den  Seligen 
im  Gefolge  der  GOtter  zu  leben,  ihre  Herrlichkeit  zu  schauen 
und  mit  tu  geniessen.  Wie  es  scheint,  wird  dem  Frommen 
dieses  letzte  und  liöclisle  Gut  gewährt  durch  die  Recitatiou 
be.stiinmler  Verklärungsformeln  (sechu)  von  Seiten  eines  Prie- 
sters, der  den  Namen  cber^eb  führt. 

Ich  habe  vemichU  in  diesem  Paragraphen  nUes  auf  Osiris  und  die 
Geheimlebre  BezQtfliche  auszuscheiden,  und  daher  namentlich  diejenifttt 
Gräber  verwerthet,  in  denen  Osiris,  nuler  'a  u.  fl.  noch  nicht  vorkommen. 

Oh  df»r  Chcrlipb  schon  mit  dem  Osiriscnlttjs  in  Verhindnnp  stebt,  babp  ieb 
nicbt  sicher  ermitteln  können.  —  Amchu  lieissl  nie  etwas  andere^- 
lat.  pius,  pr.  s'nf-^TjC ,  und  wird  daher  sowohl  vom  Vorhältiiiss  zu  den 
Gollern  wie  von  dem  zum  Könige,  zum  Elit^'atlon  etc.  fc'ohiauclit.  — 
Ueber  die  Fahrt  nach  Westen  s.  Masperu,  Joura.  as.  VU,  15, 141  fl'.  Zur  Fahrt 
nach  AlijdoB  kann  aie  ent  durch  das  Eindringen  des  Osiriscultus  geworden 
ie!n,  nnd  m  der  11.  Dynastie  ist  denn  auch  meinea  Wissens  nie  von 
dieser  die  Bede. 

§.  03.  Während  der  Arme  sich  mit  den  einfachsten 
Massregeln  fttr  die  Conservining  und  Beisetzung  soinor  Leiche 
begnügen  musste,  war  es  die  Hauptsorge  des  hoben  Beamten 
oder  des  grossen  Grundbesitzers,  sich  einen  würdigen  und 
dauerhaften  Grabbau,  eine  »Wohnung  der  £wi|^eit«  (per 


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Dm  Laben  nach  dam  Tode  und  der  Todtendieiut.  77 

n  fet  =  adJkiK  otxoci  Diod.  1^  51),  .kerzoricbten.  In  den 
Todtenst&dten  foo  Mnnphis  wird  clor  Sarg  (»der  Hm  des 
Lebensc  neb  'anch)  mit  der  Leiche  in  einem  tiefen  Schachte 

in  Uli  Ilm  der  Mastaba  geborgen;  an  ihrer  Ostseite,  seltener 
im  iXurden  od^r  Si'idm,  befindet  sieh  eine  olTene  Halle,  in  der 
die  Ueberleiieriden  doäi  Tudteiidienst  verrichten,  die  Opfer  dar- 
bringen köDAen.  Oft  sind  die  Wände  nianmgCach  geschmückt 
mit  Scenen  aus  dem  Leben  des  Verstorbeneo,  und  auch  mit 
soIcbeD,  die  sieh  auf  seine  künftige  ExiatenZ;  z.  B.  die  Fahrt 
nadi  Westen,  beziehen»  In  einer  verschiossenen  Seitenniscfae 
(dem  sog.  serdftb),  in  die  höchstens  durch  eine  Oeflhung  der 
Opferdampf  eindringen  kann,  bereitet  man  dem  Ea  eine  be- 
sondere Statte,  ein  Ebenbild  des  Todten  von  Stein  oder  Holz, 
in  dem  der  Ka  jetzt  seinen  Wohnsitz  nehmen  kann.  Eigene 
Diener  (—  Priester),  die  henu  ka,  werden  auf  ewige  Zeiten 
zur  Bedienung  desselben  angestellt ;  den  Hörigen  der  einzelnen 
Dörfer  liegt  es  ob,  ihm  an  jedem  Festtage  bestimmte  Opfer- 
gaben darzubringen*  Der  König  seU>st  trägt  bei  zum  Unter* 
haH  seines  Terstorbenen  Beamten,  schenkt  ihm  «inen  Sarkopliag 
(Inschr.  des  Una),  weist  ihm  Einnahmen  und  Opf(ngelUle  zu; 
daher  beginnt  die  stereotype  Formel,  welche  sich  auf  der 
Haupttafel  an  der  Westwand  der  Grabkammem  von  Memplus 
befindet,  in  der  Regel  mit  den  Worten  »Königliche  Opfergabe«. 
Später  wird  dieselbe  dann  auf  jeden  Aegypter  übertragen, 
auch  wo  von  königlichen  Spenden  nicht  die  Rede  sein  kann. 
In  derselben  wird,  so  scheint  es,  Anubis  der  Grabesherr  — 
und  schon  früh  neben  oder  für  ihn  auch  andere  Götter  — 
anli|pefordert|  dem  Todten  die  Opfer  an  ßrod,  Fleisch,  Wein 
zukommen  zu  lassen  und  ihm  jei^ches  Wolüergefaen  zu  be- 
reiten, ünd  natflrlich  gewinnt  die  Formel  hier  wie  fiberall 
ein  seihständiges  magisches  Lehen;  dadurch  dass  sie  in  Stein 
gehauen  und  ins  Grab  gestellt  wird,  erhält  der  Todte  auch 
seine  Opfer,  ohne  dass  sie  ihm  wirklich  dargebracht  werden. 
Ja  seit  der  ü.  Oytiristie  wird  es  Brauch,  die  zufällig  Vor- 
übergehenden aufzufordern,  die  turmel  für  den  Todten  aus- 
zusprechen, ihm  »Tausende  von  Rindern,  Tausende  ?on 


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78 


Erstes  Buch,  erster  Abschaitt. 


Gänsen«  ii.  s.  w.  zu  wünschen.  So  kuuute  man  später  die 
Formel  jedem  Verstorbenen  auf  den  Grabstein  schreiben. 

Ueber  die  Kapriesler  und  ihre  Bestallung  s.  ILiarBRO,  Tr.  Soc 
Bibl.  Aieli.  Vn,  6  ff.  J.  db  Rouoi,  Inser.  I,  1.  Lepsius  D.  II,  79.  — 
Die  Formel  luten  [so  geicbriebeii  DCmighiii,  Resalt.  1, 7 ;  Lepsios  Denkm. 
II,  IIS]  ^elep  de  ete.  erMheint  in  den  Ältesten  Grftbem  noch  nicht 
flbereli  (sie  fehlt  i.  B,  Marirtb,  Mqo.  div.  18;  Lepsids  Denkm.  II,  6). 
Daas  in  derselben  in  der  That  von  kAniglieber  Bewilligung  die  Rede  ist, 
lehren  J.  na  Romt,  loser.  hieFogK  I,  1,  ZI.  8.  16.  20;  U,  98  unten  (vgl. 
Erhait,  Az.  1881 ,  S.  54).  Die  hftufige  Debersetiung  durch  Proeeyntaie 
ist  fiiilBch ;  aber  eine  völlig  gesicherte  Ueberaetzung  Ifisst  sich  noch  nicht 
geben.  Die  Aufforderung  an  die  »Lebenden  auf  Erden«,  die  Formel  su 
recitiren,  findet  sich  wohl  zuerst  Lepsii*-  Denkm.  II.  114;  J.  de  Rouge, 
Inser.  I,  2;  M  TM^rrr,  Abyi^os  I,  2.  —  Die  Beziehung  der  Grabdarstel- 
lungen des  AM.  auf  das  Leben  nach  dem  Tode  scheint  bei  Maristte, 
RAn.  XIX,  81  ff.  und  Haspero  1.  c.  mehrfach  übertrieben  su  sein. 

§•  64.  Was  von  den  Vornehmen,  gilt  in  weit  höherem 
Maasse  von  dem  König.  Auch  sein  Sarkophag  ruht  in  einem 
Schacht,  aber  ihn  bedeckt  nicht  eine  Mastaba,  sondern  eine 
Pyramide.  Gleich  beim  Re^n'orungsantritt  trifft  er  die  Mass- 
regeln für  eine  würdige  IIcü iclitung  seines  Grabes,  und  je 
länger  er  liei  rscht,  desto  gewaltiger  erhebt  sieh  ihm  der  Bau. 
Zu  jeder  Pyramide,  die  einen  eigenen  Namen  führt,  gehört, 
wie  es  scheint,  ein  eigener,  ästiich  von  ihr  belegener  Tempel, 
der  die  Stelle  der  offenen  Hallen  der  Mastaba's  vertritt;  die 
Rolle  der  Kapriester  übernehmen  hier  die  Vornehmsten  des 
Reichs,  und  den  Nachkommen,  den  stilleren  Königen,  liegt 
es  ob,  das  Andenken  ihrer  Vorfahren  zu  ernenenu  ihnen 
Todtenopfer  darzubringen.  Ausserdem  aber  sind  die  Könige 
ein  Ausüuss,  eine  Verkörperung  der  Gottheit,  und  als  solche 
göttlicher  Ehren  theilhaftig  (vgl  §.  52).  Vielfach  hat  sich 
dieser  Gult  der  Könige  lange,  manchmal  sogar  bis  in  die 
Perser«  und  Ptolemaeenseit  erhalten  oder  ist  in  dieser  Zeit 
wieder  aufgefrischt  worden.  So  entstanden  die  grossen  Todlen- 
stadte  von  Memphis  und  seiner  Nachbarschaft,  die  ältesten 
Zeugnisse  aegyptischen  Lebens,  Meidüni,  Gize,  Saqqara,  Abusir, 
Dahsür  n.  s.  w.   Was  vor  ihnen  liegt,  wie  die  Könige  be* 


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Die  Pyramiden.    Moral.  79 

stattet  wurden,  ehe  die  feste  Form  der  Mastaba  sich  ausge- 
bildet hatte,  darüber  fehlt  uns  jede  Andeutung. 

lieber  die  P]pfmiDideD;  Vtsi,  Operations  carried  on  at  the  Pyramid» 
of  Giseb,  8  ▼Ol.,  1840  (nach  PiRiuifo*8  Meuungen)  ond  dazu  daa  Foliowerk 
nm  Pbruixo,  Tbe  Pjramids  of  Giieb,  1839.  Imojs,  Ueber  den  Bau  der 
Pyramiden,  In  IfonaUber.  Berl.  AV.  1843,  177  ff.  Vgl.  flemQr  BZoBKan^a 
Utttenegypten«  —  Der  Gult  der  Terstorbeaen  Könige  [versebieden  ▼OD  dem 
Dieoate  jbrer  PyramideB]  wird  in  Allerer  Zeit  sebr  oft  erwttlint;  bto  in 
spAtere  Zeit  bat  er  rieb  erbalten  bei  Hena  and  Teta:  na  Roog£,  Pr.  dyn., 
ffil;  Senda  (2.  Dyn.):  Lcp^iu^i  Aosw.  9;  Nebka  (8.  Dyn):  Berlin.  Mub. 
Nr.  1 141  und  1142;  Statue  desKgs.  Seser  (8.  Dyn.)  von  Usertesenll.  erriebtet: 
ib.  Nr.  7702:  ebenso  die  des  An  (5.  Dyn.)  von  Usertesen  1. :  Lepsiüs,  Ausw.  9. 
Der  Cult  des  Snefru  (4.  Dyn.)  und  Sahura'  (5.  Dyn.)  wird  oft  erwähnt. 
Priester  des  Cbufu,  Cha'fra  und  Ha'dedef  in  der  26.  Dyn.:  LAirra,  Ha- 
oetbo  175,  DE  RouG^  Fr,  Dyn.  271. 

Moral.  Prieaterschaft  Tbeologie  und  Mysterien. 

g.  65.  Dem  natürlichen,  d.  h.  dem  mythischen  Denken 
(§.  3.  8)  sind  überall,  wo  ein  Causalzusammenhang  nicht  un« 
mittelbar  in  die  Augen  springt,  die  übersinnlichen  Wesen  der 

Grund  der  Erscheinungen.  Daher  sind  die  höchstt  ii  Götter 
der  einzelnen  Nomen  Schöitter  der  Welt,  Bildner  der  Menschen, 
daher  heissen  sie  »Lebensspender,  Herr  der  Ewigkeit«  u.  s.  w. 
Sie  sind  es,  welche  den  aegyptischen  Staat  geschaffen,  den 
König  sich  zum  Nachfolger  gezeugt  haben,  ihm  ihren  Schutz 
verleihen^  mit  ihm  in  fortwährendem  Verkehr  stehen  (§.  52). 
Und  wie  die  politische,  so  geht  auch  die  sociale,  d.  h.  die 
sittliche  Weltordnung  auf  sie  zurück. 

Wie  öciion  früher  ausgeführt  ist  (§.  9),  erwachsen  die 
Gebote  der  Moral  aus  unmittelbarer  praktischer  Nothwendig- 
keit  und  werden  zunächst  unbewusst  befolgt;  auf  einer  höheren 
Entwickelungsstofe  beginnt  man  sie  zu  formulfren  und  zu 
motiviren.  Die  einzelnen  Sätze  erläutert  und  begründet  man 
an  praktischen  Beispielen;  aber  in  ihrer  Gesammtheit  gehen 
sie  auf  den  Willen  der  GoUlieit  /.urück.  Je  mehr  die  Ent- 
wickeiung  fortschreitet,  desto  mehr  verwachsen  Moral  und 
Religion.   Die  Gottheit  verlangt  für  ihren  Dienst  nicht  nur 


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80 


Entm  buch,  entor  Abtchnitt. 


Reinheit  des  Leibes,  sondern  auch  des  Geistes,  nicht  nur  die 
UebUDg  ihr  aogenehmer,  die  Vermeidung  ihr  verhasster  Hand- 
lungen, sondern  auch  die  Beobachtung  der  Moralgebote.  Dem 
Gegensatz  von  Licht  und  Finstemiss,  von  nütdich  und  scbftd- 
lich,  schiebt  sieb  allmählich  der  yon  Gut  und  Böse  unter. 
Im  übrigen  richtet  sich  der  Inhalt  der  Bforal  überall  nach  der 
geistigen  Entwickelungsstufe  der  Völker,  und  Wer  stehen  die 
Aegypter  der  Pyramidenzeit  recht  liocli.  Ein  huiiuiner  (jcist, 
ein  lebendiger  Sinn  für  Recht  und  Gerechtigkeit  tritt  uns 
überall  entj,^egen.  Vor  allein  aber  ist  das  Familienleben  ein 
reines  und  inniges;  übcri!]  nimmt  die  Frau  eine  hohe,  ge- 
geacbtete  Stellung  ein,  durchweg  herrscht  Monogamie  (vgl, 
Herod.  0,  92)  —  was  naturlich  nicht  ausschliesst,  dass  beim 
Hofe  und  gelegentlich  auch  hei  den  Magnaten  vom  Harem 
und  den  zahlreichen  Sklavinnen  desselben  die  Rede  ist. 

Da  die  Moralsiltze  göttlichen  Urspruugs  bind,  aber  im  allgemeinen 
nichl  auf  eiuvu  besiUmmten  Gott  zurflckgehen,  findet  sich  in  den  morali- 
aehea  Sebriffleo,  z.  &  im  Pap.  Priate  (S.  81),  aahr  btufig  der  oobüliiDiiiU 
AoBdrnek  »Gott«.  Dan  dies  k^in  MonottieiM&us  lit»  ward  aohoo  bemerkt 
($.69).  —  Monliaehe  Fonneln  In  den  Gilbem:  Lmius  Denkon.  II,  48. 47. 

§.  66.  Der  EinÜuss  der  moralischen  Ideen  tritt  am 
schärfsten  hervor  in  der  Göttin  Ma  at,  d.  h.  Recht  oder  Wahr- 
heit, deren  Gult  gerade  in  der  Pyramidenaeit  sehr  in  Blütbe 
stdit  Sie  steht  kk  engster  Verbhidung  namentlich  mit  RaS 
dessen  Tochter  sie  durchweg  genannt  wird,  und  mag  viellelcfat 
ursprünglich  die  CM^ttin  des  reinen  blauen  Lichthimmels  sein. 
Daher  ist  sie  die  Göttin,  welche  dem  Ra*  wie  den  Menschen 
und  den  Verstorbenen  im  Wostlainl  »den  frischen  Haucli  des 
Kordwindes  seiideU.  Im  übrigen  is(  -le  eine  we.-^cnliicli  ab- 
stracto Göttin,  der  Inbegriff  der  nia  at,  d.  h.  des  BegriÜes  des 
echten,  wahren,  reinen  und  vor  allem  des  positiven  Rechts. 
Als  solche  steht  sie  mit  jedem  Gotte  und  mit  dem  König  in 
engster  Verbindung»  sie  alle  shid  »Herren  (Inhaber)  der  Ma^atc. 
Ihr  Bild  trftgt  der  Oberrichter  um  den  Bals  (Diod.  I,  75),  ihr 
Symbol;  die  Sfaraussenfeder,  ist  das  Zeieben  der  Gereditigkeit 

Durch  die  allmibllehe  Umwanddung  der  Götter  in  sittliche 


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Ma'at  Die  Priesterscbaft. 


81 


Wesen  entsteht  ein  schroffer  Gegensatz  gegen  die  ursprüng- 
licbe  naive  Auffassung,  gegen  die  Mythen  und  Legenden 
und  die  sinnlichen  Attribute  der  Götter,  bei  denen  ja  mora- 
lische Vorstellungen  ganz  fem  liegen  —  ein  Ckmflict,  den 
keine  Religion  völlig  zu  überwinden  vermag.  Zu  helfen  sucht 
man  sich  überall,  indem  man  die  Mythen  und  Attribute  sym- 
bolisch  deutet,  nicht  f3r  etwas  Reales,  sondern  für  eine  sinn- 
liche Einkleidung-  höherer  Ideen  ausgibt.  Im  übrigen  tritt 
gerade  in  der  aegyptischen  Entwickelung  dies  Element  weit 
mehr  zurück,  die  symbolischen  Deutungen  der  Sagen  in  späterer 
Zeit  sind  jedenfalls  weit  mehr  ein  Product  der  Grieche  als 
der  Aegypter. 

Ueber  die  Ma'at  vgl.  Stern,  ÄZ.  1877,  78  fl'.  Le  Pagl  R£*nouf, 
Religion,  p.  III  ff.  —  Der  ol>en  deünirte  Begriff  des  Wortes,  ist  natQrUcb 
immer  mOgliehtt  concret  n  taen:  im  Reeht,  die  Wahrheit  gilt  jeder 
primitiveii  AntebamiDg  als  ein  wirklich  eiistirender,  greifburer  Gegen- 
stand. —  Spftter  wird  lla*at  häu^  im  Doal  gebraneht,  wobei  an  die 
iiegeofltise  lon  Reebt  und  tJnreebt,  Wahrheit  nnd  Lüge  gedacht  sn  sein 
iebeint  (Stbrh).  Im  System  ist  Ma*at  begreiflicher  Weise  Gemahlin  des 
D^nti,  des  Gottes  der  Intelligens. 

§.  67.  Die  Pflege  des  Gultus,  die  Erforschung  und  Be- 
obachtung des  Willens  der  Götter,  der  Vorzeichen  und  Wunder, 
die  Aoshildung  des  Rituals  liegt  in  den  Hftnden  der  Priester- 
achaft,  d*  h.  derjenigen,  welche  sich  von  Jugend  auf  dem 
Dienste  der  Gdtter  widmen,  von  ihren  Vfitem  oder  Lehrern 
die  genaue  Keiiiitniss  des  Geremoniells  überkommen  haben, 
und  sie  wieder  ihren  Schülern  überliefern.  Sie  pQeprcn  und 
ordnen  die  Traditionen  von  den  Göttern ,  eeben  Auskunft 
über  Ursprung  und  Bedeutung  der  Feste,  der  heiligen  Bräuche 
und  Zeichen.  Wesentlich  unter  ihrem  Einfluss  vollzieht  sich 
die  allmähliche  Umwandelung  der  vielgestaltigen,  schwan- 
kenden, aber  m  ihrer  Bedeutung  klaren  Göttermythen  in  Er^ 
Zählungen  von  einmaligen  historischen  Begebenheiten  in  uralter 
Zdt  (§.  57),  und  diese  werden  natdrlieh  fortwährend  de- 
taillirter  und  bestiiaiiiter  fixirt.  Hier  {bietet  sich  dann  die 
Gelegenheit,  den  Ursprung  eines  jeden  Ritus,  jedes  Festes, 

Mejrer,  Gesohlcbte  de»  Aliertbums.  I.  Q 


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82 


Ente»  Bach«  enter  Absehnitt. 


jeder  der  spfiteren  Zeit  unverständliche  Anschauung  auf  eine 

historische  Beeebcnhoit  zAiriickzutuliren.  So  trägt  z.  B.  Isis 
einen  Kuhkopf,  weil  ihr  Ilorus,  als  sie  sich  in  den  Kampf  mit 
Set  einmischte,  im  Zorn  das  Haupt  abgeschlagen  und  Dhuti 
dafür  einen  Kuhkopf  aufgesetzt  hat.  Diese  Erzählungen, 
die  akiat  des  Rituals,  sind  aber  nicht  für  jedermann,  sie 
dürfen  nur  den  auserwählten  Gläubigen  mitgetheilt  werden, 
während  die  Masse  des  Volkes  sich  mit  dem  Anschauen  der 
ihr  Unverstand lu  hen  Riten  zu  begnügen  hat.  So  entstehen  die 
geheimen  Ueberlieferungen  der  Mysterien,  deren  Inhalt  in  Aegyp- 
ten wie  überall  nicht  philosophische,  moralische  oder  religiöse 
Speculationen  bilden,  sondern  der  Up^  Xöyoc  von  Osiris,  Ha^^ 
Horas  u.  s.  w.  Daher  ist  der  Zutritt  ins  Innere  der  Tempel 
nur  den  EJingeweihten ,  den  »Wissendenc  (rechiu)  gestattet, 
dem  Volke  werden  die  Götterbilder  nur  an  den  Festlagen  in 
feierlicher  Procession  gezeigt. 

Ueber  die  Hasse  der  von  den  aegjptischen  Priestern  beobacbleten 
«ipata  Tgl.  die  charakteristische  Bemerkung  Herod.  11,  82.  —  Was 
Mysterium  ist,  lehren  die  alten  Angaben  auf  das  deutlichste.  Das  Osiris- 
mysterium  ist  die  heilige  Sage  von  Osiris:  Herod.  11,  61.  86.  132.  170.  171 ; 
▼gU  II,  46»  62.  65.  81  u.  a.  Ein  Gleiches  gilt  von  den  eleusmisehen  und 
Ton  allen  anderen  Mysterien.  Denooch  Ul  iler  Begriff  derselben  so  häufig 
vollständig  verkannt  worden.  —  Ueber  die  »Wissenden«  vgl.  DCmichen, 
Bauurkunde  von  Dendera  p.  12.  —  Wir  uherall.  wird  natürlich  auch 
in  Aop'ypfen  liio  heilige  Geschichte  bei  den  Festeo  vollständig  zur  Dar* 
Stellung  gebracht. 

§.  68.  In  der  Pyramidenzeit  Ist  die  Priesierschaft  bereits 

äusserst  zablreicli  und  angesehen  und  im  Besitze  eines  grossen 
Vermögens.  Die  meisten  <ier  vornehmen  Beamten,  vor  allem 
aber  ihre  Frauen,  bekleiden  die  Priesterwürde  oft  im  Dienste 
mehrerer  Götter.  Die  Prie?:terschaft  ist  streng  bnrenukratisch 
gegliedert,  über  den  niedrigen  Priestern,  den  »Reinenc,  den 
Hierogrammaten,  den  »göttlichen  Vätern«,  steben  die  Haupt- 
priester,  welche  als  »Götterdiener«  (hen  nuter^  ^^r.  rpo^pifjTT;?) 
bezeichnet  werden;  neben  ihnen  finden  wir  no»  Ii  »Tempel- 
.  Vorsteher«  genannt.  Die  Priester  neiimen  eine  hohe  Stellung 
unter  den  Staatsbeamten  ein;  unter  der  ü.  Dynastie  ünden 


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MysterieD.  Gottersysteme. 


83 


wir  die  »Obeipriester  des  Süd-  und  des  Nordlandes«  und 
die  Tempelvorsteher  an  der  Spitze  eines  Truppencontingentes 
neben  den  Nomarchen  und  Stadthäuptem  und  den  ersten 

Hofbeamten  (Inschr.  des  Una,  ZI.  18).  Der  Ciiltus  ist  durrli- 
Rm  Staatpsache,  seine  Pflege  eine  ITauptauf^'abe  dos  Koni^- 
thums;  von  ihr  hängt  ja  die  Wohlfahrt  des  Roichos  ab.  Wenn 
uns  auch  keine  sicheren  Tempelbauten  erhalten  sind,  die  über 
die  12.  Dynastie  hinaufreichen^  so  erfahren  wir  doch  durch  die 
bschritten  oft  genug  von  den  Tempeln,  welche  die  Könige 
der  ältesten  Zeit  den  Göttern  errichtet  oder  erweitert  haben. 

Ueber  die  Rangordnung  der  Prieftterscliafl  s.  vor  allem  die  liiscbrift 
Bokenchonsu*s  (Dev^ria.  Mon.  bioj?raph.  de  Bokenkhonsu,  in  M6m.  de 
l'Inst.  Esryptien ,  I,  1862.  Lalth,  Der  Hohepriester  Bokencbon?.  1863. 
BnTr:-.(:H.  (Jesch.  S.  ,^04.  De  Hohhack,  HP.  XII),  (la<  Üecret  von  Kanopos, 
Clemens  Alex,  blrom.  VI,  4;  ferner  £b£hs,  Aeg.  B.  Mos.  I,  341  u.  a. 

§.  69.  Eine  weitere  Aufgabe  der  Priesterschaft  ist,  Ord- 
nung in  die  widerspruchsvollen  Göttertraditiom n  zu  bringen, 
die  Gompctenz  der  einzelnen  Gottheiten  abzugrenzen,  kurz  ein 
theologisches  System  zu  entwickeln.  Hier  concurriren  natür- 
lich die  localen  Anschauun^n  mit  den  allgemein  aegyptischen 
und  der  Reichsreligion  —  wenn  der  Ausdruck  gestattet  ist  — 
fortwährend.  In  den  einzelnen  Nomen  ordnen  sieh  die  Haupt- 
^'otthciten  in  der  Regel  zn  Triaden  (Vnler,  Mutter  und  Sohn 
oder  Tochter,  vgl.  §.  50),  so  in  Abydos:  Osiris,  Isis,  Iloru?, 
in  Memphis:  Ptah,  Sechet,  Imhotep  in  Theben:  Amon, 
Mut,  Chunsu  an  den  Katarakten:  Ghnum,  Sätet,  'Anuqat*); 
an  sie  schliessen  sich  dann  die  übrigen  in  sehr  wechselnder 
Reihenfolge  an  (vgl.  §.  60).  Alle  diese  Gottheiten  eines  Ortes 
werden  in  seinem  Haupttenipel  gemeinsam  verehrt;  daher 
sind  die  griechischen  Weihinschriften  immer  der  Haupifrotllieit 
xai  Toic  ouvvdoK;  \^sol^  gewidmet.    Für  die  Reichsreligion 

')  Griech.  Asklepios. 

»!  Amon  §.  58,  Mut  ^.  5n.  Chunsu  §.  58. 

=>)  Chnum  §.  58.  Sätet  und  'Ann.jat  (vgl.  ZDM.  XXXI,  723)  sind 
locale  (ioltbeilen ,  die  in  den  Ftolemaeertexlen  der  Isis  und  l^epbLbys 
gleichgesetzt  werdeu. 


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84 


Erstes  Buch,  erster  Abschnitt. 


haben  natürlich  die  Götter  der  Hauptstadt,  Ploli  nnd  ?ein 
Kreis,  den  Vorrang;  später  machen  ihnen  die  thebanischeu 
Gottheiten  erfolgreich  Concurrenz.  Daneben  gewinnen  die 
Centren  priesterlicher  und  gelehrter  Bildung  einen  maasa- 
gebenden  Einfliiss,  vor  allen  HeÜopolia  (Ann),  die  Stadt  des 
Tum,  Abydos,  die  Stadt  des  Osiris,  Hermopolis  (CShmuno),  die 
Stadt  des  Dhuti. 

Die  Hauptgötter  sind  natörlich  zugleich  die  «gentlichen 
Herrscher  der  Welt,  der  Ursprung  der  Din^e.  In  MomphU 
ist  Ptah  »der  Vater  aller  Götter,  der  von  Anfang  war-,  der 
die  Menschen  gebaut,  die  Götter  gemacht,  die  Erde  gegründet, 
den  Himmel  ausgebreitet  hat«.  In  Heliopolis  ist  Tum  da* 
Schöpfer,  der  üranlangliche,  anderswo  Ra';  auch  Dhuti  heisst 
»nicht  gezeugte.  Gewöhnlich  aber  denkt  man  sieh  als  an- 
fängliche Gottheit  den  Nun  (§.  56),  das  Urgewftsser,  aus  dem 
alles  hervorgegangen  ist.  Sein  Sohn  Ist  RaS  der  die  Welt- 
ordnung geschaffen  hat,  anf  ihn  folgen  dann  die  übrigen  Gott- 
heiten. Das  genealogisclie  Verliiiltniss  ist  hier  aus>(?ror(Ii  nllicli 
schwankend,  so  dass  z.  B.  sogar  Osiris  zum  Sohti  des  Ra' 
wird.  Die  Machtbereiche  der  Götter  werden  abgegrenzt,  Ra^ 
Harmachis  herrscht  im  Himmel  und  leitet  das  Schicksal  der 
Weit,  Osiris  und  Anubis  herrschen  über  die  Todten,  die  Erde 
ist,  so  scheint  es,  der  Wirkungskreis  des  »grossenc  und  des 
»kleinoi  Kreises  der  NeungOtterc.  Daneben  bildet  sich  eine 
GOttergescbichte,  deren  elncehie  Abschnitte  in  den  Mysterien 
mitgetfaeiH  werden,  und  damit  yerlieren  die  Götter  einen  Theil 
ihres  ursprünglichen  Cliarakters,  sie  werden  zu  den  ersten 
Herrschorn  dos  Landes,  die  sicli  >{)üler  aus  dieser  Welt  zurück- 
gezogen haben  und  von  denen  die  Herrschaft  dann  auf  die 
menschlichen  Könige  übergegangen  ist  (s.  §.  48).  Jede  Religion, 
die  Ton-  mythischen  Elementen  stark  durchsetzt  ist,  entwickelt 
einen  euhem'eristischen  Zug,  der  im  Laufe  der  Zeit  iumer 
zur  Herrschaft  gelangt. 

Ff'her  die  Bildung  dor  (Jntterfolgen  und  GöUerkreise  s.  Lepsiüs, 
Erster  aeg.  (ifjUerkreis,  Ahh.  nerl.  Ak.  1851.  Die  älteste  erhaltene  Liste 
stammt  vom  Turiner  Altar  des  Pepi,  Ö.  Üjd.,  und  gehört  vielleicht  nach 


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CMtiersjsteme.   Auswärtige  Besitzungen« 


85 


Heliopolis.  —  Von  kosmogonischen  und  göttergescbichtlichen  Sagen  linden 
sich  im  Todtenbuch  viele  Spuren;  ferner  gehört  nach  Ebman,  A.Z.  1881,  43, 
in  cüese  Zeit  d]«  Sage  von  der  VerniehtuDg  des  eOndigen  MeiiBeheii  dureih  . 
Ra*  (NAmu,  Tr.  Soe.  BUiI.  Aldi.  IV,  1;  RP.  Vi.  BRoeaca,  Die  neue 
Weltci^mig  naeb  Verniehtaog  de»  aOndigen  Henieheiigeselileefats,  1881). 
~  Eine  TOUig  eubemerietisehe  Anflkasang  der  GMter  ial  nie»i  oaebwusbär 
auf  der  Berliner  Hausapotheke  aus  der  11.  Dyn.  (Berl.  Mus.  Nr.  1175), 
wo  vom  > seligen  König  D^nti«  die  Rede  ist;  dann  in  den  GMterdynaatien 
des  turiner  Papyrus, 


Materieiie  Cultiur.  Kuntt  und  UtiratHr. 

§.  70.  Ein  festgeordneter  Beamtenstaat  mit  dem  in  die 
Gülterweit  hineinragenden  König  an  der  Spitze,  und  eine  alle 
Anschaanngen  und  Th&tigkeiten  durchdringende  und  beherr- 
schende ReSgioD,  in  der  die  Sorge  für  den  Todten  den  Mittel- 
punkt bildet,  das  sind  die  beiden  Grundfesten,  auf  denen  die 
GoHur  und  die  weitere  Entwielcelung  Aegyptens  l>eruht  Nir^ 
gends  deutliclier  treten  uns  l)ei(]e  vereint  ent^^epen  als  in  den 
gewaltigen  Monumenten  —  den  grössten,  die  je  von  Mensclien- 
händen  gescha£fen  sind  —  welche  für  uns  den  Beginn  der 
aegyptischen  Geschichte  bezeichnen.  Der  König  verwendet  die 
gesammte  Kraft  s^nes  Reiches,  um  seiner  Leiche  ein  gewal- 
tiges und  nie  zu  vernichtendes  Wohnhaus  für  die  Ewigkeit 
zu  schaifen,  und  dasselbe  Ziel  erstreben  in  kldneren,  aber 
doch  immer  noch  gigantischen  Dimensionen  die  Grossen  sdnes 
Reichs.  Ueberall  ist  das  Streben  nach  einem  friedlichen  und 
behaglichen  Lebensgen uss  in  dieser  und  jener  Welt  das  trei- 
bende Element.  Dem  entspricht  es,  dass  Altaegypten  einen 
durchaus  firiedlichen  Charakter  trägt ;  Ackerbau  und  Viehzucht 
biühen,  die  Gewerbe  sind  hoch  entwickelt,  auf  kriegerische 
Unternehmungen  lässt  man  sich  nur  ein,  wo  es  gilt  feindliche 
Angriffe  abzuwehren  oder  sich  den  Besitz  wichtiger  Producte 
der  Nachbarländer  zu  stehem.  So  hat  man  die  Westküste 
der  Shiaihalbinsel  frdh  besetzt,  um  ihre  Malachit-  und  Eupfer- 
gruben  (in  Wfidi  Maghära  und  ^BThüi  el-Ghftdem)  auszu- 
beuten. Ebenso  steht  das  goldreiche  Land  der  Uaua  und  der 


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B6 


Erstes  Buch,  erster  Abschnitt. 


ihnen  verwandten  Nej?er.s lamme  (Nubier,  §.  48)  wenigstens 
zur  Zeit  der  6.  Dynastie  in  Abhängigkeit  von  den  Pharaonen, 
ihre  Häuptlinge  sind  zu  Heeresfolge  und  Frohndiensteü  ver- 
pflichtet. Nach  der  manethonisehen  Uel)erliefeniog,  deren 
Ziiverlteigkeit  wir  bis  jetzt  nicht  lienrtheilen  können,  wären 
auch  die  libyachen  Grenzstamme  seit  Alters  Unterthanen  der 
Aegypter  gewesen.  Ebenso  wird  das  Wüstengebirge  im  Osten 
Aegyptens,  das  »rothe  Land«  (ta  de$er),  von  ihnen  abhängig 
gewesen  sein.  Hier  fuhrt  die  Hauptstrasse  von  Koptos  durch 
die  nachweislich  seit  den  Zeiten  der  0.  Dyjiastie  bearbeiteten 
Steinbrüche  von  HammamAt  (aeg.  Roiianu)  7ai  dem  haienort, 
den  die  Griechen  Leukos  Linien  nennen  (jetzt  Qoseir).  Von 
hier  aus  ertiandelten  die  Nomadenstärnme,  welche  mit  ihren 
Segelkftbnen  das  rothe  Meer  befahren,  die  Producte  des  gegen- 
überliegenden Arabien  (aeg.  Pont),  vor  allem  den  Weihrmodi 
Jemen's.  Einen  directen  Handel  seheinen  die  Aegypter  hier 
so  wenig  betrieben  zu  haben  wie  mit  den  syrischen  Landen, 
wo  er  durch  die  Karawanen  der  Beduinen  der  Sinaihalbinsel 
vermittelt  wurde. 

Aegyptische  Bergwerke  auf  der  Sinai balbinsel :  Lefsivs^  Briefe  aas 
Aegypten,  336.  Ebers,  Durch  Gosen  zum  Sinai,  2.  Aufl.,  144.  459,  — 
Ueber  die  Niverslamnie  lier  ünain«rhrift  (6.  Dyii.):  Hm-cscH,  ÄZ.  1882,  30. 
—  I'iint  balle  ich  trotz  Makiette  und  BRiiGs«;fi  für  Aiahjpn,  lischt  fOr  das 
Somaliland,  vgl,  §§.  96.  185.  Der  Name  ta  nuter  »(tas  (uUlerland«  be- 
zeichnet die  üeblt^te  örtlich  von  Aegypten  ganz  im  allgenH'ineii  als  Länder 
des  Somienaufgangs  (ZOM.  XXXI,  728).  —  Ueber  den  Handel  mit  Syrien 
und  weiter  nach  Babylon  und  die  ältesten  ElinflQsse  Aegyptens  auf  die 
bthyloDisehe  Cultur  8.  §.  158  und  Buch  HL  Diu  bisher  in  den  Dar-, 
Bt«Uiinf«a  der  P^mmidengitlMr  fremde,  epeciell  eeiatiaehe  Produela  und 
Kmutgtgeiwtinde  naebgewiesen  waren,  iat  mir  nicht  bekannt,  die  Frage 
ferdiente  aber  jedeofiüls  eine  Untersocbung. 

§.  71.  Die  Ausbildung  der  aegyptischen  Industrie  und 
Gewerbthätigkeit  im  einzelnen  zu  verfolgen,  liegt  jenseits  un- 
serer AuiJ^aJie.  Im  grdssten  Umfange  sind  bier  die  Aegypter 
die  Lehrmeister  der  übrigen  Völicer  des  Alterthnms  gewesen; 
fast  aUes  was  die  classisehe  Ueberliefemng  als  Erfindung  der 
Phoeniker  l>ezeichnet,  haben  diese  nur  den  Aegyptem  entlehnt. 


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iBdoatrie  und  Gewerbe« 


87 


Speciell  henrorgehoben  zu  werden  ▼erdlent,  daas  die  Berettuncr 
des  Glases  wie  d^  Fayence  aegyptische  Erfindungen  sind; 

detai)Hrte  Darstellungen  dos  GJasblasens  finden  sieh  z.  B.  in 
einem  Grabe  der  12.  Dynastie  (Beiuhassan).  Die  Leinen- 
industrie und  Weberei ,  eijenso  die  Tischlerei  und  Töpferei 
sind  hoch  entwickelt.  Auch  gestatten  die  Denkmäler  eine 
vollständige  Gesdiichle  der  aegyptischen  Moden  auf  dem  Ge- 
biete der  Kleidung  und  des  Hausraths  eu  schreiben.  Die  tech* 
niscben  Schwierigkeiten  der  Arbdt  in  Stein  sind  längst  über- 
wunden, selbst  den  härtesten  Syenit  Termag  man  mit 
bewnnderangswCirdiger  Sicherheit  und  Schftrfe  zu  bearbeiten, 
und  bereits  viele  Jahrhunderte  vor  Snefru  bal  man  den  Kalk- 
stein von  Ptufu  (bei  Memphis,  gr.  Tpoia,  jetzt  Turra),  den 
Sandstein  von  Silsilis,  den  Granit  von  Svene  für  die  Bauten 
der  Könige  und  die  Arbeiten  des  Bildhauers  gebrochen.  Vor 
allem  aber  sind  die  Aegypler  seit  Alters  Meister  auf  allen 
Gebieten  der  Metallarbeit,  die  Phoeniker  sind  auch  hier  ledige 
lieh  ihre  Schüler,  ohne  indessen  die  techniscfae  und  die  künst- 
lerische Vollendung  ihrer  Vorbilder  je  erreicht  zu  haben. 

Ceber  die  aegyplisclie  Industrie  und  das  Privatleben  s.  vor  allem 
'RosKLUiM,  Monumenti  civili  (niil  1  Bd.  Tafeln)  und  WiLKi^fsoN,  Marmers 
and  Cufltütns  of  the  ancient  Egyptians  (vor  allem  Bd.  11.  III);  femer 
zahlreiche  Abbildungen  in  ChamimmlionV  Monuments.  Gegenwärtig  be- 
sitzen wir  für  die  älteste  Zeit  weit  mehr  Material  als  Wilkinsun  zu  Ge- 
böte  stand,  Eioe  Scheidung  nach  den  üauptperioden,  eine  Oeichichto 
^er  tegyptiscbea  Industrie  wflrde  «ehr  interesBante  Resultate  ergeben. 

§.  72.  Die  aegyptische  Kunst  hat,  wo  wir  sie  zuerst 
kennen  lernen,  l&ngst  alle  Vorstufen  der  au£iteigenden  Ent- 
wfckehing  hinter  sich.  Auf  dem  Gebiete  der  Sculptur  l)e6itzen 

wir  einige  wenige  Werke  der  allerältesten  Zeit^  bei  denen 
man  noch  von  einem  archaischen  Stil  reden  kann;  dann 
folgen  un!ni{trl!)ar  Meisterwerke  allerersten  Range?.  Die  Holz- 
statue des  sog.  Scheich  el-Beled,  der  Schreiber  aus  Kalkstein 
im  Louvre,  die  Kalksteingruppe  des  Ra'hotep  und  seiner  Frau 
(g.  75)  sind  Arbeiten,  welche  dsenso  in  ihrer  technischen 
VoDeiidung,  wie  in  ihrer  Naturwahrheit  und  scharfen  Indi- 


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88 


Entes  Buch,  enter  AbeohDiti. 


TidualiBiTnny  kaum  flbertroflisD  werden  können.  Wer  erwfigt^ 
dass  alle  diese  Bildwerke  dem  Ka  des  Verstorbenen  als  Wohnsitz 
dienen  sollten,  und  daher  eine  ernsle,  würdevolle  Haltung 
unbedingt  geboten  war,  wird  gegen  diese  Werke  i  n  ofl- 
geäussLTlen  Vorwurf  der  Steifheit  nicht  erheben,  sondern  er- 
kennen, dass  der  Künstler  die  ihm  ^.'eslelUe  Aufgabe  auf  das 
vollkommenste  gelöst  bat.  Daneben  stehen  die  Arbeiten  itn 
härtesten  Granit,  vor  allem  die  Statuen  König  Gha'fra"s  (g.  17), 
bei  denen  das  Material  eine  feinere  Doicbarbeitnng  nicbt  ge- 
stattete. Auch  das  Detail  der  Wanddarstellungen  in  den 
Grflbem  ist  oft  tretflicb  ausgefOfart  Dagegen  steht  die  Ge- 
sammtoomposition  nicht  unter  kdnstlerischen  Gesichtspunkten. 
Die  Gesetze  der  Perspective  sind  noch  nicht  erfasst.  Alles 
Einzelne  soll  deutlich  gesehen  werden,  bei  dem  Mensehen 
werden  daher  (lesieht  und  Beine  im  Profil,  die  Brust  und 
ebenso  das  Auge  en  face  gezeichnet.  Die  Hauptfiguren 
werden,  um  als  solche  erkennbar  zu  sein,  weit  grösser  ge- 
bildet als  die  tUnrigen.  Ein  momentanes  oder  gar  ein  perspeo- 
tiiriscbes  Bild  will  man  gar  nicht  geben,  sondern  nur  eine 
Reihe  fortlaufender  Scenen  aus  diesem  oder  dem  zukünftigen 
Leben  darstellen.  Das  Gemälde  tritt  an  die  Stelle  einer  Er- 
zählung, ist  gewissermassen  nur  eine  Variante  des  Buches. 
Bekanntlich  ist  wie  die  babylunisch-as^^vrische,  so  auch  die 
altgriechische  Malerei  und  Reliefbildnerei  von  den  gleichen 
Anschauungen  J^eiierrscht,  und  erst  ganz  allmählich  hat  sich 
die  letztere  zu  einem  höheren  Standpunkt  erhoben.  Es  ist 
selbstTerstftndlich,  dass  diese  Bebandlongsweise  sablreicber 
eouTentlondler,  symbolischer  Ausdrucksmittel  nicht  entbehren 
kann;  ebenso  entspricht  es  dem  Zwecke  der  Gemälde  ToDkommen, 
dass  mitten  unter  die  Darstellungen  erläuternde  Beischriften  oder 
Zwiegespräche  zwischen  den  abgebildeten  Personen  eingefügt  sind. 

Zu  Getehiehte  dar  segypUtchea  Kunst  Im  allgemeiiiaii  Tgl.  Scbraass, 
G«eh!chta  der  bildeDden  KOnste,  I  (der, Orient).  Skhpbr,  Der  Stil,  I, 
105  ff.  o.  sonst.  Pribbi  d^Atbh»»  fiistolre  de  rtrt  ^ptian,  2  Bde» 
Tafeln»  mit  nangelbaftem  Text  von  llABCBiumoN  db  la  Fats,  1879. 
Pbbbov  und  Gbiphs,  Gesch.  der  Kunst  im  Alterüium  I,  denlseh  fem 


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Bildead«  KfintlA.  Arehitektur. 


PnncHifAjni,  1882;  AbbUdnngttn  bei  Pbubb  und  vor  alkn  in  tm  Rooai 

et  Banville,  Albnm  photograpbiqne  de  la  mission  remplie  en  figypte  1865. 

Za  den  archnisclien  Statuen  gehören  die  des  'Amien  (Lf.i*8ius  Denkm. 
n,  120,  a— e),  die  des  Sepa  und  seiner  Frau  (Le?«ormai!t,  HisU  anc.  de 
Vor.  II,  63)  u.  a.  Die  oft  wiederholte  Behauftfiin^r,  dass  die  apgyptische 
s'  c  11  ]  p  t  u  r  »in  ihrem  Geist  uad  ihrer  Ausfflhrung  architektonUcb«  ge' 
weeen  sei»  ist  grundialscb. 

§.  78.  Das  einiachste,  formloseste  und  billigste  Bau- 
material in  Aegypten  gewährt  der  Nilsclilamm,  entweder  ein- 
fach an  der  Sonne  credörrt  oder  zu  Ziegelsteinen  gebrannt. 
Die  höhere  Entwickelung  des  architektonischen  Stiles  knüptl 
indessen  naturgemäss  an  den  Holzbau  und  an  den  Stein  bau. 
In  jenem,  dessen  älteste  Formen  uns  nur  durch  die  Orna- 
mentik, namentlich  der  Hinterw&nde  der  Gapellen  in  den 
Mastaba's,  bekannt  ist,  berrscben  leichte,  oft  zierliche,  anfvrftrts 
strebende  Formen;  aus  ihm  haben  sich  in  sp&terer  Zeit  die 
Pflanzensftulen  entwickelt,  welche  in  der  aegyptischen  Tempel- 
architektur eine  so  bedeutende  Rolle  spielen.  Die  Privathiluser, 
die  Königspaläsfe,  vielleicht  auch  die  älU  sten  Tempel,  wurden 
durchweg  aus  Holz  oder  im  Holzstil  erbaut.  Dagegen  wird 
der  Grabbau  aus  Stein  errichtet;  er  soll  in  Ewigkeit  bestehen 
und  trägt  im  Ganzen  wie  im  Detail  durchweg  den  Charakter 
festester  Geschlossenheit  und  feierlichen  Ernstes.  Daher  wird 
z.  B.  der  Bogen,  obwohl  er  den  Aegyptem  bekannt  war,  als 
maasagebendes  Architekturelement  nirgends  verwendet.  Am 
reinsten  und  gewaltigsten  tritt  der  dem  Grabbau  zu  Grunde 
liegende  Gedanke  hervor  in  der  Form  der  Pyramiden.  Neben 
das  freistehende  Grab  tritt  das  Felsengrab  (§.  61),  welches 
später  die  Alleinherrschaft  erlangt,  und  einen  eigenen,  hoch- 
ausgebildeten  Kunststil  entwickelt,  ihm  entstammt  die  sog. 
j[Nrotodorische  Säule,  welche  uns  zuerst  unter  der  12.  Dynastie 
in  den  Gräbern  von  Benihassan  entgegentritt  (§,  103). 

FEBAoasoK,  History  of  Ardütectnre  I,  189  ff.  IjEpsius,  Ueber  einige 
aegypt.  Konttformen  und  ibre  fintwickeliing,  Abb.  Berl.  Ak.  1871. 

g.  74.  In  die  Literatur  und  Wissenschaft  des  ältesten 
Aegypten  ermöglicht  das  erhaltene  Material  nur  in  wenigen 


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90 


Eniat  Baeh,  «nrter  Abaehnitt» 


FäUeo  einen  tieferen  £iublick.  Daas  zur  Pyramldenzeit  viel 
geschrieben  wurde,  ist  schon  erwfihnt  Auch  an  Literatur 
fehlte  es  nicht;  der  Vorsteher  des  kgl.  Bücherhauses,  das  jeden- 
falls auch  das  Staatsarchiv  enthielt,  wird  Öfter  genannt  Die 

praktischen  Wissenschaften  sind  hoch  entwickelt;  wir  können 
nicht  zweitein,  dass  es  inalhemaiische  Werke  ^^itb,  die  für 
die  Bauten  und  die  in  Aegypten  höchst  wichtigo  Landver- 
messung verwerthet  wurden.  Ebenso  fehlte  es  nicht  an  astro- 
nomischen Beobachtungen,  wenn  auch  die  Astronomie  nie  in 
dem  Grade  entwickelt  wurde  wie  in  Babylon  und  Ton  einer 
Astrologie  in  Aegypten  nichts  zu  finden  Ist;  wir  wissen  be- 
reits, dass  das  aegyptasche  Jahr  durchaus  auf  astronomische 
Beobachtungen  gegründet  und  man  vom  Mondjahr  und  Mond- 
monat  zu  einem  Jahr  von  865  Tagen  mit  conventioneilen 
Monaten  zu  30  Tagen  übergegangen  war,  daneben  aber  auch 
das  Sonnenjaiir  von  36574  Ta?en  kannte.  Für  die  Ausbil- 
dung der  Astronomie  legt  auch  die  meist  ziemlich  genaue 
Orient! run^r  der  Pyramiden  Zeugniss  ab.  Besonders  entwickelt 
war  die  Medicin.  Nicht  nur  Manetbo  lässt  mehrere  der  ersten 
Könige  ( Athothi%  den  Sohn  des  Mena  und  Tosorthros,  Dyn.  III,  2) 
medicinische  Schriften  verfassen,  auch  nach  den  Angaben  der 
uns  erhaltenen  mediclnischen  Papyri  sollen  mehrere  Abschnitte 
derselben  unter  den  Königen  Husa))ti,  Srada  (vgl.  §.  49), 
Chutu  aufgefunden,  ein  Haarwuchsmittel  für  die  Mutter  des 
Königs  Teta  {=  Athothis)  verfertig?!  sein:  ebensogut  führen 
sie  freilich  andere  Mittel,  z.  B.  eines  gegen  Kopfweh,  auf  die 
kranken  Götter  Ra',  Su  u.  a.  zurück.  Von  den  guten  ana- 
tomischen Kenntnissen  der  Aegypter  dieser  Zeit  legen  auch 
ihre  Scuipturen  Zeugniss  ab.  Im  abrigen  trfigt  die  Medicin 
wie  Jede  andere  Wissenschaft  der  Aegypter  einen  durchaus 
empirischen  Gharatter  und  vermag  sidi  Qber  die  nftchsten 
praktischen  Aufgaben  nicht  zu  erhellen;  zur  rein  theoretischen 
Formulirung  und  Behandlung  eines  Problems,  z.  ß.  der  .Ma- 
thematik, ist  der  Aegypter  nie  fortgeschritten.  Dass  es  da- 
neben in  der  Medicin,  anders  in  späteren  Texten,  an 
magischen  Formeln  u.  ä.  nicht  Mit,  ist  sehr  begreiflich. 


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Ltttmtnr  und  WiManieluift. 


91 


Ferner  gab  ea  iinxweilelbaft  religiöse  Schriften,  Ätifeeich- 
nuiig (  II  des  Ritnals,  der  heiligett  Handlungen  hei  den  Mt- 

slerien.  u.  s.  w. ;  wir  sehen  z.  H.  olt  den  ClitThcb  seine  Ver- 
klärungsformeln für  den  Todlen  aus  einer  Holle  able^^en  <  i)2). 
Derartige  Schriften  sind  uns  inde.-sen  aus  dem  AUlii  ileich 
nicht  erhalten,  und  sie  waren  wohl  jedenfalls  noch  nicht  so 
complicirt  und  bis  ins  kleinste  Detail  auagebüdet  wie  die 
Ritualbücher  dar  späteren  Zeit. 

DsM  die  Astrologie  lediglieh  babyloniaehen  Urspnioga  ist  nnd  aaefa 
Aegypten ,  das  von  den  Spftteren  oft  als  ihre  Helmalh  betraebtei  wird, 
ent  in  ptoleinaeisober  und  lemieelter  Zeit  gekomtnen  ist,  bat  Lmunont, 
Observ.  erit.  et  arcbtol.  sur  l^objet  des  reprisentations  sodiicales  1884 

und  Analyse  crit.  des  repr<^sent.  zodiac.  de  Dendera  et  d*Csne,  in:  Mön. 
de  TAc.  des  loser.  XVI,  2.  1846  nachgewiesen.  —  lieber  die  medicinischen 
Schriften  der  ältesten  Zeit  s.  Erkus  in  cier  Einleitung  zum  Pap.  Ebers; 
Lepsiu?,  ÄZ.  187.*),  154  ff.  Dass  die  erhaltenen  medicinischen  Werke  in  der 
That  zum  g:uten  Tiieii  aus  8«hr  aller  Zeit  stammen,  geht  aus  ihrer  Spradie 
mit  Sicherheit  hervor. 


IL  DoB  alte  Boich  von  Mempbis. 
Vierte  und  fOnfte  Dynastie. 

§.  75.  König  Snefru  ist  der  erste  Herrscher  Aegyptens, 
▼on  dessen  Thaten  wir  etwas  wissen.  Ein  Relief  mit  In- 
schrift im  Wftdi  Maghftra  auf  der  Sinaihaibinsel  zeigt  ihn  ans, 
wie  er  die  rftuberiscben  Stämme  der  Wüste,  die  Mentn,  mit 
der  Keule  niederschmettert  (Lcpsras,  D.  II,  2).  Nach  den 
Andentungen  von  bischriften  der  12.  Dynastie  in  l^büt  e1- 
Chadem  (ib.  II,  137g,  144  p.  q)  scheint  es,  dass  er  über- 
liai][)t  für  den  Begründer  der  aejzypiiscben  Herrschaft  auf  der 
Sinailialbinsel  (i;.  70)  p^alt.  Sein  Andenken  blieb  bis  in  die 
spätesten  Zeiten  geelirt :  sein  Gull  wird  häufig  erwähnt,  und 
auch  in  üterariscben  Werken  gedenkt  man  seiner  »wohlthätigen 
Regierange  (§.  49).  Bestattet  ist  er  wahrscheinUch  in  der 
grossen  Terrassenpyramide  von  Heidüm,  deren  Erdiftrang  tot 


■ 


92  Erstes  Bach,  «weiter  Abschnitt. 

kurzem  begonnen  ist.  In  einem  der  benaclibarten  Gräber  hat 
sich  auch  die  Statue  ihres  Baumeisters  Henka  gefunden,  und 
wahrscheinlich  gehören  auch  die  fibrigen  Gräber  von  Meidüm 
dieser  Epoche  an. 

Gräber  von  Meidüm,  darunter  das  des  Prinzen  Ua'holep  mit  den  he- 
rühmlen  Statuen  desstfUten  und  seiner  Gemahlin  Nefert:  Mahikttk,  Mon. 
div.  lü— 20.  --  Statue  des  Henka  :  Berl.  Museum  Nr.  7834.  —  Ausserdem 
gehört  das  jetzt  in  Berlin  hetiiidliche  Grab  des  'Amten  aus  Abusir  in 
diese  Zeit  (Lepsius,  D.  II,  3  tl.,  120  a— e). 

§.  76.  Snefru's  Nachfolger  Ghufu  ist  der  Erbauer  der 
grrOssten  Pyramide,  der  Gheops  Herodots  (Diodor  I,  63  Xd{j.{iic ; 

Manetho  loo'f  Auch  Tempelbauten  (der  Tempel  der  »Pyra- 
midenherrin« Isis  in  Gize  und  die  Anhifie  des  Deiiiieratempels j 
werden  auf  ihn  zurückgeführt,  und  die  Stadt  Mena't  Ghufu 
(Minje  n.  von  Hermopolis)  trägt  seinen  Namen.  Auch  auf 
der  Sinaihalbinsei  hat  er  gekämpft.  Vor  dem  gewaltigen 
Grabbau  des  Königs  liegen  in  drei  kleinen  Pyramiden  seine 
Gemahlinnen  oder  aridere  Verwandte  bestattet,  um  ihn  herum 
in  den  iMastaba's  die  Grossen  seines  HulVs.  Was  che  Griechen 
von  der  Bedrückung  Aegyptens  durch  Ghufu  und  Cha'fra* 
und  von  ihrer  Gottlosigkeit  erzählen  —  während  Menkaura" 
als  Erbauer  der  kleinen  Pyramide  zum  frommen  und  gerechten 
Herrscher  wird  —  sind  ihre  eigenen  Combinationen,  die  sie 
den  Aegypten!  in  den  Mund  legen;  diesen  selbst  liegt  eine 
derartige  Auffassung  völlig  fern,  und  das  Bild,  welches  wir  aus 
den  Gräbern  von  dieser  Zeit  gewinnen,  ist  ein  durchaus  heiteres 
und  freudiges.  Sicherlich  war  jeder  Zeitgenosse  stolz,  an  dem 
Riesenbau  mitgewirkt  zu  haben. 

Es  liegt  kein  Grund  vor,  Ghufu  nicht  für  den  ältesten  Sohn  Snefru'a  zu 
zu  halten.  Die  Construclionen  von  ^'Av■lLLt,  AZ.  187ü,  III  IT.,  entbehren 
jeder  Begrflndung.  Für  Ghufu  findet  sich  in  seiner  Pyramide  und  sonst 
(s,  B.  t^BPsiDs,  D.  H,  26)  aaek  der  Käme  Gbnumcbufa.  —  Die  grieehi- 
flehen  Enftblungen  Ober  Gbufü  (Berod.  H,  124  IT.,  Diod.  I,  03  f.)  bat 
aaeh  Hftnetbo  adopUrt:  Sc  w\  6iup6icnQc      ^o&c  irivtto.  Die  weiten» 


^)  Im  Späta^yplischen  wird  eh  in  der  Kegel  zu  k,  daher  das  ^ 
bei  Manetho. 


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Die  PyrunidoierbaiMr. 


93 


BpTTtprknnp' .  er  habe  tYjv  W'-^v  ßiß/.ov  verfasst,  stammt  von  \fni  aiius, 
der  diiü  ajiokrvphe  Ruch  sellirt  besass.  Die  Erzählung  Herodots  von  der 
Tochter  dest.ilieops  ist  ein  echt  griechisches  Seilenstih  k  z  i  den  Geschichten 
▼on  Rhodopis,  Her.  il,  IM,  von  Alyaltes  Grab  Her.  i,  'jö  u.  ä.  — 
^'ach  Manetho  regierte  Chufu  63  >  Gha'fra'  66  Jahre  (nach  Berod,  und 
IKod.  50  und  66  Jahn);  dot  steht  «atgegen,  daas  djaaaiba  Dtmt,  Marit* 
atefba,  dia  naeheiiiandflr  dam  Harem  daa  Snefhi  imd  das  GhuAi  aiifO> 
liOrt  hatte,  noch  nntar  Gha*fira*  lebte  (n  Rouoi,  Pr.  d|ii.  257);  swisehan 
den  beiden  letitereii  Hegt  noch  die  Regierung  des  Ra'dedet  Der  Tnriner 
Papyma  gibt  dem  Ghnfh  wahraeheinlieh  28  Jahre,  seinem  Voigftnger 
Snefru  24  (s.  §.  79).  Ueber  die  Hofbeamtm  der  Könige  der  Pyramiden- 
leit  ist  alles  Material  bei  na  Kaaai  siaammengeateUt  Ueber  die  Pyra* 
Diden  aelbat  a.  §.  64. 

§.  77.  Nach  der  kunen  Regierung  des  Ra^dedef  folgt 
ChBLtcBL  (griech.  Xippifjv  u.  ä.),  der  Erbauer  der  zweiteu  Pyra- 
mide von  Gfze,  auf  den  wahrsch^ich  auch  dar  rftthselhafte 

gewaltige  Quadurbau  aus  Granit  und  Alabaster  im  S.  der 
grossen  Sphinx  zurückguiit;  in  demselben  sind  die  Trümmer 
von  neun  Statuen  des  Königs  gefunden  worden.  Seine 
nächsten  Nachfolger  sind  Menkaura',  der  Mykennos  Herodots, 
der  £rbauer  der  dritten  Pyramide  von  Gize,  und  Sepseskaf, 
über  den  wir  durch  die  Biographie  des  in  Saqqara  begrabenen 
PtafaSepees  genaueres  erfahren.  Er  war  zuerst  am  Hofe  Ifen- 
kaura's  mit  den  Eönigskmdem  erzogen  worden;  unter  Sep- 
seskaf  wuchs .  er  heran  und  dieser  gab  ihm  sehie  Atteste 
Tochter  zur  Gemahlin,  überhäufle  ihn  mit  Ehren  und  ernannte 
ihn  zum  Sekretär  aller  Bauten,  die  er  ausznfiihr n  beabsichtigte. 
Der  Umstand,  dass  weder  in  dieser  BiouTa]  hie ,  nocti  sonst 
in  den  Monumenten  dieser  Epoche  von  kriegerischen  Unter- 
nehmungen die  Hede  ist,  dagegen  fortwährend  von  den  fried- 
lichen Beschäftigungen,  von  Reisen  und  Festen,  vor  allem  aber 
TOD  den  Bauten  des  Königs,  legt  ein  deutliches  Zeugniss  ab 
f6r  den  Charakter  der  Zelt 

Ra^dedaf  wird  in  den  Listen  und  sonst  genannt,  fehlt  aber  bei 
MmeUMw  —  Biographte  dea  Ptahlepsea:  E.  ob  Rovoi,  Pr.  dyn.  284  ff. 
J.  M  Rofuoi,  baer.  pl.  79^1. 

78.  Marielho  lüsst  jetzt  noch  drei  in  den  Inschriften  nir- 
gends vorkommende  Könige  mit  zusammen  38  Jahren  folgen  und 


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94 


Erstes  Buch»  swdter  Abschnitt, 


beginnt  dann  mit  Usercheres  eine  neue  (die  fünfte)  ans  Elephan* 
tine  stammende  Dynastie.  Dagegen  steht  durch  die  Monumente 
völlig  fest,  dass  auf  Sepseskaf  unmittelbar  üskaf  (oder  üserkaf) 

gefolgt  ist  —  höchstens  ganz  kurze  Zwischenregierun^^f n  künuen 
eingetreten  sein  —  und  dass  der  Prinz  Sechemkara'  unter  den 
fünf  Königen  Cha'fra',  Menkaura',  Sepseskaf,  üskaf  und  Sahura' 
gelebt  hat,  deren  Regierungsseit  daher  ungefähr  ein  Jahr- 
hundert füllt.  Dass  sei  es  auf  friedlichem,  sei  es  auf  gewalt- 
samem Wege  ein  neues  Geschlecht  auf  den  Thron  gekommen 
ist,  ist  allerdings  sehr  möglicli:  im  Turiner  Papyrus  ist  die 
Zeile,  welche  wahrscheinlich  Uskafs  Regierung  entliielt,  zwisciien 
Fr.  32  lind  'M  voll  ständig  ausgefallen. 

Von  üskaf  erfahren  wir  wenig.  Sein  Nachfolger  Sahura' 
ist  dagegen  emer  der  gefeiertsten  Herrscher  des  AR.  Auch 
er  hat  wieder  im  Wddi  Maghftra  gekämpft.  Die  nächsten 
Könige  lassen  sich  niclit  mit  Sicherheit  ordnen.  Der  Turiner 
Papyrus  lässt  acht  meist  kurze  Regierungen  {eigen  und 
macht  mit  der  fünften  derselben  einen  Dynastieneinschnitt ; 
die  Listen  von  Abydos  und  Saciqara  haben  nur  je  drei  Namen 
angenommen.  Von  grösserer  Bedeutung  sind  nur  Neferarkara' 
und  besonders  An,  der  erste  König,  der  sich  einen  Thron- 
nanien  (Userenra')  beigelegt  hat  (§.  52).  Dann  folgen  Men- 
kauhor  (reg.  8  Jahre),  Assa  mit  dem  Vornamen  Dofik  na 
(28  Jahre),  und  Unas  (30  Jahre),  von  denen  die  beiden 
ersteren  ebenso  wie  An  Siegesmonumenle  auf  der  Sinaihalb- 
insel hinterlassen  haben. 

LLiisiLs,  KCnigshuch  S.  20  will  dtn  Zu<aLz  tz,  IC/a^pavtivtjc  von  der 
fUnften  auf  die  sechste  manethonische  Dynastie  übertragen.  —  Stein  mit 
Uflkaff  Namen  aus  Elephantine:  Mariette,  Mon  div.  54e.  ->  Stele  Ded- 
kara's  in  Wftdi  Maghära;  Birch,  AZ.  1869,  26;  die  übrigen :  LEPsnis, 
Denkm.  If,  99.  152  a.  ^  Vase  mit  (Jnas*  Namen:  Prisse,  Mon.  49.  6. 

g.  79.  Mit  der  langen  Regierung  des  Unas  schliesst  die 
erste  £poche  der  aegyptischen  Gesehichie.  Nahezu  300  Jahre 
sind  verflossen,  seitdem  Snefru  sich  seine  Pyramide  aufthfirmte 

und  seinen  Sieg  im  Wadi  Maghara  feierte.  Während  der 
ganzen  Zeit  ist  Memphis  der  Mittelpunkt  des  Reichs,  sind 


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Ffinft«  Dynastie. 


95 


seine  Todtenstädte  fast  die  einzige  Quelle  unserer  Belehrung. 
Nach  dem  Tode  des  Unas  —  ob  er  in  Frieden  g^eslorben  oder 
durch  eine  Revolution  gestürzt  worden  ist,  wissen  wir  nicht 
—  besteigt  ein  neues  Geschlecht  den  Thron,  und  der  Mittel- 
punkt des  aegyptischen  Lebens  beginnt  allmählich  sich  zu 
Toschleben.  Mit  Tollem  Rechte  macht  daher  der  Turiner 
Papyrus  hier  den  ersten  Haupleinschnitt  und  giht  die  Summe 
sämmtlieher  Regierungen  von  Mena  bis  Unas;  aber  die  Ziffern 
sind  für  uns  verloren. 

Unas  ist  nicht,  wie  man  bisher  meinte,  in  der  Mastabat  eKFar^ta, 
sondern  in  einer  der  kleineren,  neuerdings  geOffheten  Pyramiden  von 
Saqqara  bestattet:  AZ*  I88I1  15*  —  Ich  gebe  im  folgenden  die  KOnigsliste 
des  Toriner  Papyrus  (P.)  von  König  ^eser  ($.  49,  Anm.)  bis  Unas  unter 
Vergleichung  der  Tareln  von  Abydoe  (A,)i  Saqqara  (S.)  und  Karnak  (R.) 
und  stelle  ihr  Manelho  gegenüber.  Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass 
die  Liste  der  Jahreszahlen  im  Papyrus  swar  mit  ziemlicher  Sicherheit 
[f.  indessen  de  Rouge,  Pr.  dyn.  366  ff.]  angeordnet  ist  (abweic  hend  von 
den  froheren  Bearbeitern  glaube  ich  zwischen  Fr.  32  und  34  den  Ausfall 
einer  Zeile  annehmen  zu  mus?en),  die  Zulheilung  der  Kt'tnipo  zu  dptiselben 
dagegen  sich,  mit  Ausnahme  der  beiden  ersten  und  der  drei  letzten,  nur 
auf  \Vahr«cbeinlichkeitsfjrnnde  stützt.  Dass  die  Heihe  von  Huni  bis 
^hurtt'  durch  die  Angaben  der  Monumente  feststeht,  ist  schon  bemerkt. 


Turiner  Papyrus. 

Manetbo. 

1. 

§eser  F.A.S. 

(Dynastieeinschnitt)  . 

19  J.  . 

.   3.  Dyn.  2.  Toaopifpo? 

29  J. 

2. 

19  h 

3. 

[Seses  A.,  Nebkara*  S.  ■)] 

ej. 

• 

4. 

[Neferkara*  A.  I^oni  S.  *)] 

24  J, 

* 

5. 

[Snefm  A.S.K.]    .  .  . 

24J.  . 

.  4.  Dyn.  1.  ^u>^ii 

29  J. 

t 

[Ghufu  A.S.]  

2dJ.  . 

....   2.  Soof  tc 

63  J. 

t 

81.  . 

& 

66  J. 

9. 

.   .   .   .   5.  'Patoio-y^c 

68  J. 

10.  [Sepseekaf  A.SO    .  .  . 

25  J. 

22  J. 

7.  £»ßtpx<f>^« 

7  J. 

8.  9cipif  . 

9  J. 

')  Die  Identität  dieser  Namen  ist  sehr  fraglieh;  Ober  den  Namensrest 
^  Papyrus  vgl.  wt  KwGi,  Pr.  Dyn.  866  f. 


96 


Erstes  Buch,  sweiter  Abschnitt 


n. 

12. 

13. 
14. 
15. 

16.' 
"i 
18.| 

19. 

20. 
21. 
22. 
23. 


Turiner  Papyros.  Ifanetho. 
[Uskaf  A.S.]  .   .   .   .  aosgefiülen  .   5.  Dyn.  1.  O^aep/iprj;  28  J. 


[Sahura*  A.S.K.J   .   .  . 

Hierher  gehören: 
Kakaa  A.  und  llonotn. 
Nererra'  A. 

NeferarlLara*  S.  und  Hon. 

Sepseskara*  S. 
Nefereha'ra'  S. 

Akauhor  Monum. 
und  TielleichtAhtes  (de 
Rouoi,  Pr.  dyn.  304) 

[üseronra*  An  A.  K.J 
Menkauhor  P.A.S.    .  . 
Dedkara'  Assa  P.  A.S.K.  *} 


18-38  J  2.  If  ^ppr.c 


18 


4J. 

2  4. 

7  J.  [wahrscb. 
Nefefarkaia*] 

12  h 

xJ.  (Dynastie- 
einscbnitt) 

7  J. 


8.  Ns'f  ep/EpY^?  20  J. 

4.  £i3'lpY,':   .    7  J. 

5.  ^iprtfi  «  .   20  J. 

6.  Ta»o6^c    44  J. 


[Qbergangen]. 


X  J. 

10-80  J.  .   .  . 

8  J.     .    ,    •    .    .  7.  Mevy6p4j5 

2^  J   8.  Tav^^BptjC 


UnA8P.A.S  80  J. 


9.  'Owoc . 


9  J. 

44  J. 
38  J. 


Summe  von  17  Regierungen:  288—276  J. 
Dazu  6  Regierungen,  deren  Jahresiahlen 
unbekannt  sind. 


Als  Summen  werden  für 
Dyn.4: 877,  filrDyn.5: 248 J. 
gegeben,  abweichend  von 
der  Summe  der  Eintelposten, 

Rechnen  wir  auf  die  fehlendm  6  Regierungen  die  Durebschnitts- 
dauer  von  je  15  Jahren,  so  erhalten  wir  för  die  Zeit  von  $eser  bis  tJnas 
ca.  850  Jahre.  Auf  die  etwa  19  KOnige  des  Papyrus  von  Hena  bis  ^eser 
(excl.)  fielen  dann  etwa  800  Jahre;  von  Mena  bis  Snefru  (excl.)  wftnn 
demnach  etwa  850,  von  Snefru  bis  Unas  800  Jahre  verflosseut  was  su  den 
Andeutungen  der  Monumente  recht  gut  stimmt  [Nach  den  am  besten 
(Iberlieferten  Zahlen  hei  Manetho  umfisssen  die  drei  ersten  Dynastien 
769  Jahre,  die  vierte  und  fOnfte  525  Jahre]. 


Kunst  ttiid  Uieratiir. 

§.  80.  Die  ungestörte,  völlig  friedlicbe  fiDtwickeiung 
Aegyptens  unter  der  Herrschaft  der  grossen  Pharaonen  von 
Memphis  gewährte  der  Kunst  die  Möglichl^eit  voller  Entfaltung 
und  Ausbildung.  lieber  die  ihr  zu  Grunde  liegenden  An- 
schauungen ist  schon  gesprochen;  die  früher  erwähaLen  Meisler- 


*)  In  S.  venchrieben  Makara". 


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Kunst  und  Litmtar. 


97 


werke  der  alten ,  noch  nicht  in  den  Fessehi  des  Kanons 
erstarrten  Kunst  gehören  in  die  Glanzzeit  der  4.  Dynastie. 

Unter  der  5.  Dynastie  tritt  eine  grössere  Zierliciikeit  der  xVrbeit, 
eine  genaue  Durchbildung  des  Details  an  die  Stelle  der  kräf- 
tigeren Züge  der  älteren  Zeit.  Ihr  gehören  als  bedeutendste 
Werke  die  iierühmten  Gräber  des  Ti  und  Ptahhotep  In 
Saqqara  an,  ferner  ein  jetzt  im  Louvre  bewahrtes  Relief, 
welches  den  König  Menkau^or  in  kriegerischem  Schmucke  dar- 
stdlL  Allmählich  sehen  wir,  wie  an  die  Stelle  freier,  indi- 
▼iduaUsbrender  Behandlung  ein  festes  lebloses  Schema  tritt 
Man  sacht  die  erreichte  Höhe  dadurch  zu  behaupten,  dass 
man  bestimmte,  festbindende  Regeln  aufstellt,  dass  das  Ver- 
hältniss  der  Ciliedmaasseu,  die  Anordnung  der  Theile,  die  ganze 
Hehandlungsweise  durch  genaue  Regeln  bestimuit  wird.  So 
bildet  sich  ein  hieratischer  Kanon,  der,  wenn  er  auch  in  den 
folgenden  Ej)()chcn  noch  wiederholt  in  einigen  Bestimmungen 
geändert  wird,  doch  den  einzelnen  Künstler  unbedingt  bindet 
und  so  die  völlige  Erstarrung  der  aegyptischen  Kunst  herbei- 
geführt hat. 

Ueber  den  aegypliscliL-n  Kanon  s.  Diodor  I,  98;  vgl.  Plalo,  De  legg. 
II,  p.  656  D.  LEi'öiUB,  Briefe  au.s  Aegypten,  105  ff.  Auswahl  der  wich- 
tigsten Urkunden  Taf.  20  u.  21. 

§.  81.  Von  der  Literatur  dieser  Zeit  ist  uns  ausser  reli- 
giösen Texten  wenig  erhalten.  Einzelne  Gr&ber  wie  das  des 
PtahSepses  (g.  77)  enthalten  kurze,  durch  ihre  Schmudüosig- 
k&i  ansprechende  Biographien.  Ueber  die  medicinischen  Werlte 
ist  schon  gesprochen  (§.  74).  Ausserdem  enthält  der  älteste 
Papyrus,  den  wir  besitzen,  Pai>\TUs  Prisse  —  geschrieben 
etwa,  unter  der  12,  Dynastie  —  zwei  Werke,  die  in  dieser 
Zeit  entstantlen  sein  sollen.  Beide  enth.ilten  rnoralisciie  Be- 
trachtungen. Das  erste,  von  dem  nur  der  Scbluss  erhalten 
ist,  soll  von  dem  Stadtgouvemeur  Qaqemna  zur  Zeit  des 
Königs  Snefru  verfasst  sein.  Das  zweite,  vollständig  erhaltene, 
nennt  als  Verfasser  den  Prinzen  Ptefihotep  unter  der  Regie- 
rung Assa*8  und  beginnt  mit  einer  Klage  über  die  Beschwerden 


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98  Erltes  Bneh,  swtitar  Absehnitt 

des  Alters,  der  sich  dann  eine  lange  Reihe  kurzer  Lebens- 
regeln  anschliesst. 

Uebor  den  Pap.  Pri.ssp;  Chaba"«,  Le  ylm  anciea  livre  du  monde 
KA.  XVI,  1858,  S.  1.   ÄZ.  1870,  81.  Ö7. 


ftoligWse  Entwietolffiig.  Anfinga  der  Osirisrallgisii. 

§.  82,  Auf  religiösem  Gebiete  fällt  in  diese  Epoche  die 
Verbreitung  und  weitere  Ausbildung  der  Osirisreligion.  Wir 
haben  bereits  gesehen  (g.  62),  wie  in  den  Anschauungmi  vom 
Leben  naeh  dem  Tode  neben  den  materiellen  aocfa  tran- 
scendente,  mystische  Ideen  henrortreten,  der  Verstorbene  ins 
Westreich  eindringt,  mit  den  Sonnengottheiten  in  Verbindung 
tritt.  War  doch  die  Sonnenbahn  ein  Abbild  des  irdischen 
Lfhen?,  die  Hube  der  Sonne  im  \Ve.>,lon  das  \  uibiid  des  Todef*. 
Kein  Süiinencrott  aber  stand  dem  Menschen  näher  als  Osiris. 
£r  war  nicht  nur  im  Westen  zur  ßnhc  gegangen,  er  hatte 
den  Tod  erlitten  wie  der  Mensch  und  der  Sieg  seines  Sohnes 
Horas  hatte  ihm  nenes  Leben  und  die  Herrschaft  im  Westen 
Terlieh^.  So  kam  man  dazu,  den  Todtendlenst  mit  dem 
Osiriscult  zu  verbinden,  und  dadurch  hat  sich  der  letztere 
allmählich  namentlich  von  Abydos  aus  über  ganz  Aegypten 
verbreitet.  Die  Osirissage  war  ein  Mysterium  (g.  67),  nur  mit 
Sclieu  sprach  man  den  Namen  des  Gottes  aus,  man  nannte 
ihn  ^eruc  -»den  im  Westreich«  (Ghentamenti)  oder  »den  grossen 
Gott«  (nuter  a). 

Die  G^eimiehre  lässt  nun  den  Todten  nicht  nur  als 
»Verklfirtenc  (chu)  im  Gefolge  des  Osiris  erscheinen,  sie  spricht 
es  offen  aus,  dass  sein  Schicksal  nur  ein  AbbOd  ist  'vom 
Schicksal  des  Gottes,  dass  ihm  die  gleichen  Freuden,  die 
gliche  Seligkeit  bevorstehe  wie  diesem,  dass  er  mit  ihm 
identisch  ist.  Wie  der  König  eine  Verkörperung  des  Ra'» 
so  ist  der  Mensch  nicht  nur  ein  Ausfluss  des  Osiris,  suridern 
Osiris  selbst.  Der  Todte  heisst  daher  direct  »dieser  Osiris  N.  N.<v, 
Horus  ist  sein  Sohn,  der  ihm  zur  Rache  verhilft,  Qeh  erkennt 


I 

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I 


IdenüOt  des  Todien  mit  Osiris. 


99 


ihn  an  als  sein  Fleiscii  und  seinen  Erben,  seine  Mutter  Nut, 
die  Himmelsgöttin,  breitet  schützend  die  Arme  über  ihn  aus, 
Isis  und  Nephtbys  treten  klagend  und  schirmend  zugleich  an 
den  Sarg  des  Todten.  Auch  Dhuti  tritt  in  diesen  Kreis,  er 
ist  es,  der  dem  Oaris  und  folglich  audi  dem  Verstorbenen 
»zu  seinem  Rechte  verhUflc  (sma'a  chru-f).  Wie  Anubis 
den  Ka  und  den  Grabbaii  beschützt  und  bewacht,  so  wird 
Dhuti  allmählich  zum  Schirmer  und  Geleiter  des  Ba.  der 
Seele.  Damit  aber  der  Todte  dieses  Schicksals  Iheiihaflig 
werde  und  nicht  aufs  neue  sterbe,  ist  es  erforderlich,  dass  er 
wisse,  dass  er  die  geheimen  Namen  der  Gottheiten  kenne, 
die  ihm  Schirm  verleihen,  (»der,  dessen  Name  verborgen  ist«, 
findet  sich  schon  in  den  Pyramidentexten,  Maspbro,  KL  1882, 
129),  dass  er  seine  Ansprüche  als  Osirls  geltend  machen 
kann,  dass  die  heiligen  Formeln  über  ihm  gesprochen  smd. 
Das  Wort  ist  hier  wie  immer  in  ähnlichen  Fällen  das  ent- 
scheidende Element,  mit  magischer  Kraft  behaftet  und  im 
Stande,  die  feindlichen  Mächt»^,  die  Dämonen  (Chaftiu)  zu  be- 
zwingen. Zu  grösserer  Sicheriieit  setzt  man  dalier  die  ent- 
scheidenden Formeln,  welche  dem  Todten  seine  Laull)ahn 
zusichern  oder  auch  von  ihm  selbst  zu  sprechen  sind,  auf 
den  Sarkophag  oder  auf  die  Wände  der  Todtenkammer.  Aus 
ihnen  hat  sich  später  die  umfangreiche  Sammlung  des  Todten- 
buchs  entwickelt. 

Zu  vervverlhen  sind  hier  lediglich  dip  ältesten  Todtenlexte  vor 
Dyn.  11.  nSrnlirh :  Sarkophag  des  Mykerinos,  L>;i  sius,  Benkm.  II,  2,  uud  des 
Apa'aiichu,  ib.  98.  99,  Pyramiden  des  Alerenra'  und  Pepi,  verößentlicht 
Ton  Bbüokb,  IZ.  1881,  1  ff.  and  BmcH,  Proceedings  Soc.  Bibl.  Arcii.  1881 
[der  Teil  des  Unu  war  mir  nicht  tugänglicb] ,  famer  die  Formeln  der 
TodteDopfcr.  —  Dan  die  Identifieirniig  mit  Osiris  oraprflnglieh  lediglich 
dem  "Könige  ndcam  nnd  von  ihm  erst  auf  die  Übrigen  Stefblichen  Qber- 
titgen  ist  (Hnccxs,  Bmca,  ÄZ.  1869*  49)i  ivire  denkhar,  aber  ist  wenig 
wahrscheinlich;  schon  Apa^anchu  heisst  immer  »dieser  Osirisc,  ebenso 
l^epa,  J.  DE  RoüGÄ,  Inser.  I,  8.  —  Dhuti  habe  ich  in  Todtenformeln 
(suten  da  hotep)  nicht  vor  Lkppk'?,  Denkm.  II,  112  (6.  Dyn.)  gefunden. 
Seit  der  11.  Dynastie  setzt  man  in  Osiristexten  gewöbnh'ch  das  Wort 
ina'a-rhru,  fem,  nui'at-chru,  hinter  den  Xaraen  des  Todten,  dessen  viel- 
umstnltene  Bedeutung  einfach  ist  >der,  dessea  W(Hrt«  (d.  h.  Process- 


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100 


Erstes  Boch,  xwdter  Abschiiitt. 


Sache)  wahr  [fprefht]  ist«.   Später  wird  das  Wort  in  reUfiOsm  Texten 
sehr  häufig  hinter  den  Namen  Lebender  gesetiL 

§.83.  Der  Ursprung  dieser  Anschauungen  fftOt  in  sehr 
frühe  Zeit:  die  Texte  der  Pjrramiden  des  Pepi  und  Merenra' 
sind  iiacli  Ausweis  ihrer  Sprache  und  Schrift  lange  vor  der 
Zeit  Snel'ru's  verfasst.  Iiult.'ssen  er>t  in  unserer  Periode  lial)en 
sie  alhniihlich  weitcio  Vcri^reitung  gefunden.  Keine  der  alteren 
Pyramiden  weist  eine  his(  hrift  auf,  die  Sarkophage  sind  mil 
wenig  Ausnahmen  unheschrieben,  in  den  Todten Formeln  der 
Altmn  Zeit  fehit  häufig  jede  Anspielung  auf  die  Osirisiehre. 
Allmfthlicb  wird  es  dann  Gebrauch,  neben  Anubis,  oder 
seltener  anstatt  seiner,  den  Osiris  in  der  Todtenfornid  an- 
zurufen, sieb  ab  einen  »Frommen  vor  dem  grossen  Gotte« 
zu  ;;ezeichnen,  und  zu  Ende  der  5.  Dynastie  felilen  derartige 
Wendungen  wohl  in  keiii(>ni  Grabe  nieiir.  König  Menkauia's 
Holzsarkophag  ist  für  uii.s  der  erste,  der  die  Formeln  derselben 
aufweist,  und  es  ist  bezeichnend,  dass  seinem  Sohne  ^ardedef  die 
Auffmdung  oder  Abfassung  von  Todtenbuciilexten  zugeschrieben 
whxl  —  eb^so  fireiUch  auch  dem  uralten  König  ^usapti. 

Prinz  Qardedef:  Todtenb.  c.  64»  Tgl.  180;  Pap.  Anast  1, 11, 1.  Lied 
aus  dem  Hause  Antefe  ($.  102)  ZU  6  »die  Worte  des  Im^otep  und  Qar^ 
dedef«.  Vgl.  Aelteste  Texte  des  Todtenbuchs,  S.  18;  Grabas, 

Voyage  43  ff.  Dass  die  betreflenden  Capitel  wirklich  so  alt  sind,  ist 
höchst  unwahrscheinlicb.  —  Die  Anj^aben  der  Griechen  Ober  Mjrkeriuos 
Frömmigkeit  hängen  g<>\vi?s  mit  diesen  Traditionen  zusammen.  — >  Auch 
dass  jel/tt  in  Ktjrennaincii ,  tind  pben^o  in  den  Nanipn  der  Pyramiden 
der  letzten  Köni^'»'  Jt-r  5.  Dynastie,  so  iuiuti^'  vom  Ba.  der  Seele,  die 
Hede  ist,  licheiut  mit  der  Ausbreitung  der  Usirisreligion  zusaramen- 
zubängen. 

g.  84.   Wie  mit  Osiris  tritt  der  Todte  auch  mit  den  • 
übrigen  Sonnengottbeiten  in  Verbindung,  er  fahrt  in  der  BarJ^e 
des  Rii  Ober  den  Himmel,  wird  ein  Genosse  des  Tum,  er 
wünscht  sich  »das  Himmelsgewölbe  zu  befahren  mit  den  toII- 

kommenen  Verklärten  (chuu)  der  Unterwell«  (Lepsius,  Denkm. 

II,  n:?e),  oder  als  Mor^'enstern ,  als  Sirius,  als  Orion  vom 
Jlinuue!  ym  slralilen  {l'yiainide  des  Meienra),  er  ist  nicht  nur 
der  Sohu  des  Qeb  und  der  ^ut,  sondern  auch  des  l\£  oder 


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j 


AUgemeiiMT  GharakUr  der  Geheimlehre. 


101 


Ttn»,  oder  des  Sa  und  der  Tefnut  q,  ä.  Natürlich,  dass  hier 
die  Phantasie  freiesten  Spielraum  hat,  die  stärksten  Wider- 
sprüche neben  einander  bestehen  können  nnd  ein  efaihettliches 

System  nie  gebildet  wurde.  Auch  sind  die  localen  Guite  von 
grossem  Einfluss;  es  ist  selbstverständlich,  dass  man  den 
Todten  zunächst  mit  den  Göttern  seiner  Heimath  in  Verbin- 
dung bringt,  durch  sie  sein  Heil  zu  vermitteln  sucht.  Kein 
Ort  aber  ist  hier  so  maassgebend  gewesen  wie  Heliopolis,  der 
eigentliche,  schon  in  den  Pyramidentexten  als  solcher  oft  ge- 
nannte Hauptsitz  der  Geheimlehre,  während  äufl&niger  Weise 
Memphis  und  seine  Götter  in  derselben  kaum  irgendwie  er- 
wähnt werden.  Daher  kommt  es  auch,  dass  neben  Osiris  tot 
allem  Ra  und  Tum,  die  man  jetzt  schon  als  wesentlich 
identisch  auffasst,  in  der  weiteren  Entwickelung  dieser  An- 
schauungen die  Hauptrolle  spielen. 

§.  85.  Im  übrigen  sind  alle  diese  Ideen  nichts  weniger 
als  transcendentale  Speculationen.  Das  Mittel:  das  ge- 
sprochene oder  geschriebene  (Zauber-)  Wort,  wie  das  Ziel: 
ein  genussreiches,  von  allem  Uebel,  namentlich  dem  »Wieder- 
sterbenc  befreites  Leben  in  alle  Ewigkeit,  sind  durchaus 
materiell  gedacht  Der  Todte  erhält  seinen  Körper  wieder, 
die  ihm  bei  der  Baisami rung  ausgenommenen  Eingeweide 
werden  ihm  zurückgegeben,  ebenso  Sprache  und  Beweglich- 
keit, die  Seele  (Ba)  vereiniul  sich  wieder  mit  ihm,  so  dass 
er  alle  sinnlichen  Freuden  geniessen  kann  wie  nnf  Erden. 
Wir  stellen  das  aegyptische  Geistesleben  viel  zu  hoch,  wenn 
wir,  um  die  ihm  zu  Grunde  liegenden  Ideen  verstehen  zu 
können,  dieselben  von  der  materiellen  Grundlage  loslösen,  mit 
der  de  immer  anfe  Innigste  verschmolzen  geblieben  sind. 
Wenn  es  dnem  jeden  Volke  schwer  ist,  neue  Gedanken  wirk- 
lich ins  Leben  umzusetzen,  die  alten  zu  überwinden  und  zu 
beseitigen,  so  ist  das  dem  Aegypter  völlig  unmöglich;  beide 
Reihen  laufen  einfach  neben  einander  fort.  So  bleiben  auch 
jetzt  die  Todtenopfer  und  Todtenformeln  dieselben  wie  früher, 
ja  erhalten  erst  recht  eine  magische  Kraft  (§.  63),  so  wird 
dem  £a  nach  wie  vor  eine  Stätte  bereitet,  und  die  Kunst 


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102 


Erstes  Buch,  dritter  Abscbnitt 


der  Balsamirun^  macht,  wie  die  Mumie  Merenra^*8  zeigt 
(Brugsch,  ÄZ.  1881,  7),  bedeutende  Fortschritte,  obwohl  die 
Idee  der  Osirislehre  aller  dieser  Dinge  völlig  entbehren  könnte. 

Das  Resultat  dieser  Entwickelung  ist  denn  auch  lediglich  ge- 
wesen, dass  die  Masse  der  Formeln  und  des  Rituals  ins  Un- 
endliche vermehrt,  der  Geist  durch  sie  völlig  geknechtet  wird, 
und  an  die  Stelle  der  frischen,  naturwüchsigen,  keuschen 
Lebensauffassung  der  älteren  Zeit,  in  welcher  der  Mensch  dem 
Leben  unmittelbar  enigegentiitt  und  die  Götter  nur  selten 
und  dann  aufrichtig  nennt  und  anruft,  allmählich  das  wirrste, 
absurdeste  magische  System  getreten  ist,  welches  die  Ent- 
wickelungsgesclüchte  des  menschlichen  Geistes  überhaupt  auf- 
zuweisen hat 

Von  der  Wiederbevveglieiiinachiiiig  des  Leibes  u.  s.  w.  ist  in  den 
Pyramidentexteu  vielfach  die  Rede.  Vgl.  auch  das  alte  ■'Capitel  vou  der 
[ROckJgabe  des  Kopfes«,  Lepsius,  Aelteste  Texte,  pl.  5.  Später  wird  das 
Thema  bis  ios  kleinste  Detail  ausgeführt.  Vgl.  z.  B.  auch  HAHirmt 
Hon.  div,  21.  —  IKe  Opfertafeln  fQr  Todto  rind  in  Abydoi  aelt  Dyn.  6 
sehr  gew&hnlieh,  kommen  dagegen  hier  mit  dem  Neuen  Reich  aiueer 
Gebrauch:  Mariette,  Abydos  III,  S.  506. 


ni.  Die  Uebergangsepocbe. 
Sechste  bis  zehnte  Dynastie. 

§.  86.   Wie  es  scheint,  ist  die  Begründung  einer  neuen 

Dynastie  nach  Unas'  Tode  nicht  ohne  Kämpfe  erfolgt.  Ein 
König  Ati,  der  im  ersten  J.ihie  seiner  Regierung  im  Wädi 
Hammanifit  Steine  für  seine  Pyramide  brechen  liess  (Lepsius, 
Denkm.  II,  115  f),  ein  König  Imhotep,  dessen  Werltmeister 
gleichfalls  hier  arbeiteten  (ib.  115  h),  während  beide  sonst  nie 
erwähnt  werden,  dürften  dieser  Zeit  vielleicht  als  Präten- 
denten angehören.  Der  eigentliche  Begründer  des  neuen 
Herrscherhauses  scheint  Teta  zu  sein»  den  die  Grabinschriften 


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Pepi  und  seine  Dynastie.  103 

des  Ptahsepses  und  seines  Sohnes  Sabu,  der  am  Hofe  des 
neuen  Flerrscliers  in  hoher  Gunst  stand,  als  den  Nachfolger 
des  Unas  bezeichnen.  Nach  ihm  nennt  die  Tafel  von  Abydos 
eioen  König  Uskara*,  iron  dem  wir  sonst  nichts  wisa^.  Der 
nächste  Herrscher,  Pepi  mit  dem  Vornamen  Meririf,  ist  der 
nächtigste  Fürst  dieser  Dynastie.  Seinem  Namen  begegnen 
wir  überall  in  Aegypten,  in  den  Gräbern  von  Saqqara,  von 
Zawijet  el-Meitm  (Hebenu),  in  dessen  Nähe  er  einen  Ort 
Hal-Pepi  gründete,  in  Abydos  und  Cbenoboskion ,  ebenso  in 
den  Steinbrüchen  von  Elkab,  von  Hammamät,  von  Wädi 
Maghära.  Dass  seine  Herrschaft  sich  auch  über  die  Neger 
Nobiens  erstredcte,  ist  schon  erwfthnt  (§.  70).  Am  Tempel 
von  Dendera  hat  er  gebaut,  ebenso  bewahrt  ein  Granitblock 
in  Tanis  seinen  Namen.  Es  ist  das  erste  Mal,  dass  neben  die 
Grabstätten  von  Memphis  auch  andere  Todtenstädte  treten, 
and  überhaupt  scheint,  wenn  auch  Memphis  Residenz  blieb 
und  die  Könige  hier  nach  wie  vor  ihre  Pyramiden  bauten« 
das  obere  Land  von  jetzt  ab  eine  grössere  Bedeutung  ge- 
wonnen zn  halben. 

Im  allgemeinen  s.  de  Ruuge,  Fr.  Dyn.  223  iT.  Ueber  den  Bau 
des  auf  Chöfu  zunlrkpeführten  (§.  76)  Denderatempels  durch  Pepi  s, 
Df  jiicHEN,  Bauurk.  v.  Dend.  und  ders.,  Baugeschicbte  von  Dendera,  Taf.  1.2; 
bestaiij^  wird  diese  Angabe  dadurch,  dass  Pepi  2U  Tanis  und  auf  einer 
Vase  bei  Priöse,  Mon.  49.  7,  »Sohn  der  Hathor  von  Ant  (Dendciaj«  beibst. 
Altar  Pepi's  in  Turin:  Bonomi  und  BiRCH,  Tr.  See.  Bibl.  Arch.  III. 
Deniimäler  der  Zeit  in  Abydos:  MAmETTE,  Abydos  II,  pl.  43;  III,  p.  83  ff.; 
Qk'i'  die  Gräber  in  Abydos  aus  dieser  Zeit  ib.  S.  40.  Iiau]>tquelle  für 
diese  Zeit  ist  die  Grabinschrift  des  Una  aus  Abydos,  zuerst  puhlicirt  von 
DB  RooGE,  Pr.  Dyn.  und  Mariette,  Abydos  II,  44,  nach  besseren  Gopien 
übersetzt  and  emmnentirt  too  Brhah,  AZ.  1882,  1  ff. 

§.  87.  Das  Ende  der  Regierung  Pepi's  ist  durch  einen 
grösseren  Krieg  im  Osten  ausgefi^lt  gegen  den  zu  den  *Amu  (d.  h. 
den  Syrern)  gehörigen  Stamm  der  HeruSa*  (Wflstenbewohner?). 

Die  Mannschaften  Aegyptens  und  die  Contingente  der  nubischen 
Negerstämme  wurden  in  Masse  dazu  aufgeboten.  Durch  die 
Grabinschrift  des  Richters  und  späteren  Gouverneurs  von  Ober- 
aqiTpten,  Una,  dem  die  Leitung  (?)  der  Expeditionen  gegen 


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104 


Erstes  Buch,  dritter  Abtctiniit. 


das  Feindesland  übertragen  war,  erfahren  wir,  dass  man  in 
filnf  Feldzügen  die  feindlichen  Castetle  eroberte,  die  Wein- 
gärten (des  petraeischen  Arabiens?)  verwüstete,  zalilreiche 
Gefangene  machte  und  schliesslich  mit  einer  Flotte  noch  weiter 
nach  Norden  vordrang.  Doch  lässt  sich  nicht  erkennen,  ob 
dem  Kampfe  eine  grdssere  historische  Bedeutung  zukommt. 

Pepi*8  Sohn  Merenra*  erscheint  häufig  auf  den  Monu- 
menten, doch  erfahren  wir  Genaueres  nur  über  den  Bau  sein^ 
Pyramide,  für  die  Una  bei  Elcphantine  Steine  brechen  und  den 
Sarkophag  hauen  lie.-^.  Er  ist  in  juiifren  Jahren  gestorben;  ihm 
folgte  sein  Bruder  Neferkara%  der  zweite  oder  dritte  dieses  Namens. 

Ueber  den  Krieg  gegen  die  Qerula*  vgl.  die  kflhnen  Gomhtnationeii 
KiULL*8.  AZ.  1879t  34.  64;  1880.  121.  Pyramiden  Pept*s  und  Herennt^s: 
Bruosch,  ÄZ.  1881,  1  fr.  lieber  ihren  Stammhaum  vgl.  Hariettb^  Abydos 
I»  pl.  2.  Vase  Neferkara^d:  PmesE,  Hon.  49,  5. 

§.  88.  Neferkara'  (IT.)  Name  und  der  Dienst  seiner 
Pyramide  erscheinen  noch  cmige  Male  auf  den  Denkmälern ; 
dann  bedeckt  völlige.^?  Dunkel  die  folgenden  Jahrhunderte.. 
Höchstens  einige  wenige,  inhaltlich  unbedeutende  Grabstelen 
aus  dieser  Zeit  sind  auf  uns  gekommen.  Die  Ueberreste  der 
Königslisten  lassen  nur  die  dunklen  Umrisse  der  Epoche  er- 
kennen. Im  Turiner  Papyrus  war  zunächst  eine  Regieniii^ 
von  90  oder  mehr  Jahren  verzeichnet ;  sie  eijts|iricht  der 
hundertjährigen  Regierung  des  Phiops  oder  Apappus  bei 
Manetho  und  firatostbenes.  Dann  folgen  eine  Regierung  von 
1  Jahr,  1  Monat,  und  nach  einer  Lücke  Ton  etwa  3  Zeilen 
vier  weitere  von  2,  4,  2,  1  Jahren  und  einigen  Monaten. 
Auch  einzelne  hierher  gehörige  Namen  .sind  erhalten,  die 
Königin  Neitaqert  (Ntrwxpic,  llerod.  II,  100,  der  eine  Sage 
erzahlt,  wie  sie  den  Mord  ihres  Bruders  gerächt  habe),  ein 
König  Neferkara*  (III.),  die  Könige  Nefrus  und  Ab.  Dann 
folgt  ein  Rückblick  bis  auf  Mena  und  mehrere  Summirungen ; 
die  Zahlen  sind  leider  fast  völlig  verloren.  Manetho  schliesst 
abweichend  vom  Papyrus  mit  Nttokris  —  die  er  die  dritte 
Pyramide  bauen  Kisst  —  die  6.  Dynastie.  Dann  hStten 
70  Könige  je  1  Tag  geherrscht,  darauf  sei  eine  neue  mem- 


Siebente  bis  zeimte  Dynastie. 


105 


phistische  Dynastie,  die  8.,  von  27  Königen  prcfol^t.  Die  Namen, 
welche  der  Turiner  Papyrus  im  Folgenden  gab,  sind  fast 
s&mmtlich  verlorenf  aber  die  Angabe  ist  erhalten,  dass  diese 
Dynastie  aus  18  EÖaigen  bestanden  habe  (fr.  61t  1)*  Dann 
fdgt  ein  neues  Geschlecht  von  6  Königen.  Nur  die  Namen 
der  beiden  letzten  von  diesen  sind  Im  Papyrus  erhalten;  sie 
erscheinen  auch  in  allen  anderen  Kdaigslisten  und  sind  uns 
wieder  durch  Monumente  bekannU 

lieber  die  Gral)in«=rbriflpn,  welche  vielleicht  in  diese  Zeit  gehören, 
s.  LfFDi  EiN,  Rech,  sur  la  chronol.  »  g..  48.  70—72.  —  Die  Tafel  von  Saqqara 
ül)ergeht  diese  Zeit  ganz;  die  Tal'el  von  Abydos  nennt  von  den  etwa 
26  Herrschern  des  Papyrus  nach  Neferkara'  II,  18  Namen,  unter  denen 
der  Name  Neferkara'  iiocli  sechsmal  (III. — VIII.)  vorkommt.  Der  Name 
eines  deraelben  findet  sich  in  Elephantine,  MARurrTE,  Mon.  di?.  54  f.\ 
der  eines  hierfaergebörigen  Königs  Menkera*  unter  anderen  Namen  in 
Saqqara,  Lbfstos,  Denkm.  153 d.  Aoeb  der  KOnig  Menebepem  (in 
Elkab,  ÄZ.  1875,  72)  gehört  wohl  bierfaer.  —  Ueber  die  Pragmeote  des 
Toriner  PapTms  in  diesem  Ahsebnitt  s.  Hfsaa,  Tr.  R.  Soc.  Literat., 
U.  ser.  Ol,  1860,  128  ff.  db  Roira^  Pr.  djn.  864  ff. 

§.  89.  Man  erkennt,  dass  wir  es  mit  einer  Epoche  ?.u 
thun  haben,  in  der  Usurpationen  nnd  Aufstände  an  der 
Tagesordnung  waren,  die  Thronwechsel  rasch  auf  einander 
folgten,  die  Einheit  des  Reiches  aufgelöst  war  und  die  Gau- 
försten  und  der  alte  Erbadel  (rpa^  §.  46)  sich  souverfin  zu 
machen  suchten.  *  Ja  wir  können  mit  ziemlicher  Sicherheit 
annehmen,  dass  fremde,  syrische  Stämme  Aegypten  angriffen 
nnd  vielleicht  eine  Zelt  lang  das  Land  od^^  einen  Theü 
desselben  beherrsclitcn.  Ein  sehr  verstümmelter  Petersburger  Pa- 
pyrus enthalt  Erzälilungen  von  Kämpfen  mit  den  Amn  (Syrern) 
unter  den  Königen  Clirufi  und  Ameni,  welclie  dieser  Epoche 
angehören ;  Manetho  lasst  auf  die  Memphiten  zwei  Dynastien 
(9.  und  10.)  aus  Herakleopolis  (vielleicht  H.  parva  an  der 
Ostgrenze  des  Delta)  folgen,  deren  Begründer  Achthoes  »ge- 
waltthätiger  war  als  alle  Könige  vor  ihm  und  viel  Böses  that, 
bis  er  in  Wahnsinn  verfiel  und  von  einem  Krokodil  gefressen 
wurdet.  Wohl  nicht  mit  Unrecht  hat  man  hierin  die  An- 
deutung eüier  Fremdherrschaft  gesehen.    Jedenfalls  gehört 


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106 


Erstes  Bach,  dritter  Abeetmitt, 


dieser  Zeit  die  ErlMiunng  eines  grossen  Grenzwalles  attf  dem 

Isthmus  von  Siies  an,  der  iFürstenmauer  zur  Abwehr  der 

'Aniu«,  von  deren  Errichtung  in  dem  erwähnten  Petersburger 

Papyrus  die  Rede  ist. 

lieber  die  HerakleopoHten  s.  Lepsios,  KOoigsbuch  S.  22.  Ebers, 
Aeg.  B.BI.  18$  fif»  —  Ueber  den  Petersb.  Pap.  Golenischeff,  AZ.  1876, 100  f. 
Die  Grenzmauer  wird  auch  in  der  Geschichte  des  Saneha  erwalinl.  vgl, 
Brügsch,  Dict.  ^rro^'r.  S.  52,  1106.  —  Auf  die  Fremdherrschaft  in  dieser 
Zeit  bezieht  sich  v  i  e  1 1  eicht  auch  eine  Inschrift  im  Souterrain  des  Tem* 
pels  von  Dendera  (Dümichen,  Baugeich,  von  Dend.  Taf.  llle,  vgl.  Khall, 
AZ.  1880,  121),  in  der  es  heisst,  dieser  Raum  sei  von  den  Fremden,  welche 
in  Aegypten  eindrangen,  nie  betreten,  und  in  einer  Liste  als  solche  die 
Sati  (Perser),  Feuchn  ( Pho»Miiker) .  NordvfMk^^r  r'uUer  MernephtalO  und 
Hertisa'  (§,87),  in  einer  zweiten  die  'Aruu,  Sasu  (  Hyksos)  und  Nurdvölker 
genannt  werden.  —  Um  die  grosse  LHeke  in  der  monumentalen  Geschichte 
Aet'vptens  zu  begreifen,  denke  man  sich,  wie  viel  wir  unter  Hhnlichen 
T'nisliiiideu  von  der  Kaisergesch io hie  von  Th»' Hi,,-,ia.s  ins  auf  Karl  d.  Gr. 
oder  von  Lothar  bis  auf  Otto  d.  Gr.  wissen  würden. 

g.  90.  Dass  die  Einheit  des  Reiches  aufgelöst  war, 
wissen  wir  mit  TdUiger  Sicherheit  Der  Turiner  Papyrus  gibt 
eine  ToUstfindige,  die  Tafel  von  Abydos  eine  ausgewählte 
Liste'  nur  yon  den  Harschem,  die  in  Memphis  regierten,  von 

den  Heraklüüpolilen  Manetlio's  findet  sich  dalier  bei  beiden 
keine  Spur.  Ebenso  wenig  ist  aber  eine  Herrsciierreilie  auf- 
genommen, weiche  uns  die  Tafel  Dhutmes'  III.  in  Rarnak 
bewahrt  hat,  und  welche  die  Ahnen  des  (hebanischen  Herr- 
scherhauses umfasst,  dem  endlich  die  Einigung  Aegyptens 
gelang.  Der  erste  derselben  ist  der  »Standesherr«  (rpa^) 
Antef,  oireiibar  ein  Ihtkini^cher  Gaufürst,  der  sich  unabhängig 
gemacht  hatte.  Sein  Nachfolger  Mentuiiutep  führt  nur  den  Titel 
Uorus,  den  wir  seinem  Werthe  nach  etwa  durch  »Herzog« 
wiedergeben  könnten,  ebenso  die  beiden  f<dgenden  Antef s 
(n.  und  HL).  Von  den  nächsten  dieser  Fihrsten  besitzen  wir 
bereits  Monumente  und  können  das  Anwachsen  ihrer  Macht 
einigermassen  verfolgen;  die  letzten  von  ihnen  sind  die 
6  Könige,  welche  der  Turiner  Papyrus  nach  seiner  Dynastie 
von  18  Königen  genannt  iiat;  sie  entsprechen  der  11.  the- 
banischen  Dynastie  Manetho^s.  ^  £ine  chronologische  Bestim- 


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Auflörang  der  Rftiuhminhelt, 


107 


mung  der  Dauer  der  behandolien  Epoche  ist  so  gut  wie  un- 
möglich. Auf  die  dunkle  Zeit  Ton  Neferkara^  (ü.)  bis  zum 
Siege  der  thebanischen  Dynastie  wird  man  mindestens 250 Jahre 
rechnen  müssen «  da  die  (mindestens  etwa  10)  thebanischen 
Fürsten,  die  dieser  Zelt  angehören,  jedenfalls  weit  filier  ein 
Jahrliundort  regierten.  Auf  Teta  Pepi  Merenra'  dürften  etwa 
50  Jahre  zu  rechnen  sein,  auf  die  0  letzten  Könige  der  (11.) 
'  tliebanischen  Dynastie  etwa  100  Jahre,  so  dass  wir  von  Unas 
bis  Amenemlia't  I.  mindestens  etwa  400  Jahre  zu  rechnen 
haben,  vielleicht  aber  auch  viel  mehr;  wenn  z.  B.  die  g.  88 
erwähnte  mehr  als  90jährige  Regierung  historisch  ist,  so  wfiren 
schon  ÜBst  500  Jahre  anzusetzen. 

leb  gebe  wie  in  §.  79  dfe  K^^mgalisten  nach  P.  A.S.K.  und  Hanetho; 
IL  bflseiebiiek  die  numinnentel  belunntcn  Nan^n.  Zur  Literatur  Aber 
P.  irgl.  $.  88;  die  Gleiebtmg  swiaeben  den  im  Papyrus  erbaltenen  Zablen 
der  6.  Dynastie  und  den  Namen  iet  ziemlich  wahnebeinlicb  aber  keinea- 
wegs  sieber,  s.  DE  Rouoi  {».  382  ft  Die  Antabl  der  Stellen  des  Papyms 


ist  alemlieh  sieber. 

Turin  er  Papyrus, 

M  a  11  e  t  h  0. 

1. 

[Ati,  Im^otep 

nur  M.]  .  . 

xJ.6N.21T. 

e.Dyn.,mempfa.  I.'0f6ni)c  «  •  SOJ. 

d. 

[TeiaA.S.H.] . 

X 

[Uekara'nurA.} 

[fehlt  gans] 

[Kerira'  Pepi 

A.S«K>lfJ 

20J. 

4. 

[Merenra'  I, 

^Jar[?]pm5af 

A.S.K.M.]  . 

6. 

[Neferkara'  U. 

A.  S.M.]  .  . 

90    X  J. 

 4.  <I''.üj'l/    .   .  100  J. 

6. 

\  Hierher  gehören 

1  J.  1  M. 

 5.  Msv£he50ü<pi;  IJ. 

7.1 

die  Namen  von 

8.1 

'    Fr.  48  des  P. 

Sa.  208  J. 

9.1 

Neitaqert 

7«DyD*  70Mempbiten       70  T. 

10.J 

Nefcika 

2J,1M.1T. 

8.Dyn.  97      „           140  J. 

11. 

1  NefruB 

4J.2M.1T. 

9.Dyn.  19Hera)[leo|M)Uten409  J. 

18.^ 

Ab 

2J.1M.1T. 

la 

IJ.  -  8T. 

lO.Dyn.  19Herakleopolitenl85  J. 

Summe  und 

ll.Dyn.  16DiospoUten        43  J. 

DynasUeneinsehnitt  p*^'  oft«  'A)k|uvi|A.f)c  <n)  t^. 


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108 


Erstes  Buch,  dritter  Abschnitt. 


Turiner  Papyrus. 


14. 

15. 


Dynastie 
von 
18  Königen. 


IG.    Neferkara  P. 

17.  Chruti  P.  .  . 
(vgl.  §.  89) 

18.  Sneferkara'  P.  [VJ 

A.K.  (Nr.  25) 
19—31.  Hierhor  pehriren  wahrscliHin- 
lich   nocli  die  Namen  von 
Fr.  48  P. :  X,  Neferka,  . .  nda, 
. .  i.  X,  und  der  König  Men- 
cheperu  (§.  88,  Anm.) 

Den  F^o^jifTungen  Nr.  G— 31  »ips  I*apyrii9  entsprechen  in  A.  (S.  über- 
geht diese  Zeit  ganz):  1.  Merenra'  II.  Safemsaf;  2.  Neferkara";  3.  Mcnkara 
(vgl  88.  Anm.);  4.  Xeferkara  III.;  5.  Nefprkara  IV.  Nebi;  0.  Dedkara 
Maa' . . .:  7.  Neferkara  V.  Chendu;  8.  Merenhor  .  i).  Sneferka  (=  Nr.  18?): 
10.  Kaenra;  11.  .\eferk:ira'  VI.  Terru ;  12.  N«'rerk:ihnr:  i:^.  \Vf<*rkara' VII. 
Pepi  senib ;  14.  Neferkara  VIII.  'Anu;  15.  ...kaura';  1«!.  Neferkaura'; 
17.  Neferkauhor;  18>  Neferarkara*  II.   Die  Ibebanische  Dynastie  s.  %.  95  f. 


Culturentwickelung.  Ausbildung  der  monotheittiichen 

Gehaimlelire. 

§.  91.  Die  hinter  uns  liegende  Epoche  ist  für  die  aegyp- 
tische  Entwickelung  von  der  grOssten  Bedeutung  gewesen. 
Auf  allen  Gebieten  vollziehen  sich  während  derselben  tief- 

reifende  Veränderungen.  Wie  fortan  nicht  mehr  Memphis, 
sondern  Theben  die  H;m|)tstadt  des  Reiclies  ist,  ?o  ist 
der  Gharalcter  der  Monumente  ein  wesentlich  anderer.  Die 
Sprache,  die  Details  der  Schreibung  haben  sich  geändert;  auch 
der  Kunststii  ist  ein  anderer  geworden,  ein  von  dem  alten 
abweichender  hieratischer  Kanon  beherrscht  Sculptor  und 
Malerei.  Die  Könige  bauen  zwar  noch  Ziegelpyramiden,  aber 
offenbar  legi  rnaii  keinen  Werth  mehr  auf  die  Aufthüiiaung 
eines  gewaltigen  Grabbaues:  in  Theben  (Drah  abu-lneg^a) 
sind  sie  nur  als  äusseres  Beiwerk  vor  den  meist  in  den  Felsen 
gehauenen  Grabkamroem  aufgerichtet.   In  den  Phvatgräbem 


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Der  flolan  Monotheiflnnu. 


m 


▼ersehwindet  die  Form  der  Mastaba  vOUig^  man  erricbtet 
statt  ihrer  niedrige  Ziegdpyramiden  CUber  der  Grabkammer. 

Daneben  erreicht  der  Bau  der  Felsengräber  eine  grossartige 

Ausbildung.  Sogar  die  Personennamen  der  folgenden  Zeit 
sind  zum  grossen  Theil  neu,  die  der  Pyramidenzeit  oft  völlig 
verschwunden. 

Ueber  die  Giftber  der  altthebttnischen  Zeit  s.  vor  tXlem  Harictte, 
Abjdos     S.  88—49.  Ueber  Üni)^  abu-loegipi  §.  95.  Anm. 

§.  92.  .Auch  in  der  Religion  und  Speculation  hat  eine 
tiefjjrreifende  Fortentwickelung  stattgefunden.  Die  nahe  Be- 
rfihmng  unter  so  vielen  eincelnen  Göttern  fährte  dazu,  sie  als 

idenüsdj,  die  Namen  lediglich  als  verschiedene  Bezeichnungen 
derselben  Gottheit  aufzufassen,  WcUuciid  andererseits  ebenso 
häufig  aus  einfachen  Attributen  oder  localen  Namen  neue 
Gottheiten  werden.  So  hat  man  Ra"^  und  Horus  seit  den 
ältesten  Zeiten  gleichgesetzt  (§.  55);  ebenso  Ra^  und  Tum; 
seit  der  6.  Dynastie  begegnen  wir  der  Identificirung  von  Pta^ 
und  Sokar«  Allmähiidi  werden  diese  Gleichsetzungen  all- 
gemein; man  erklärt  Min  (§.  58)  fOr  eine  Form  des  zeur 
genden  Horus;  der  krokodilsköpfige  Sebak  ist  der  Sonnengott 
Ra*  in  seiner  vernichtenden  Gestalt,  Gleichungen  wie  Tum- 
Ilarmachis,  Sokar-Osiris,  Amun-Ra*  werden  ganz  gewöhnlich. 
Die  Zersplitterung  des  Reichen  mag  hierbei  von  wesentlicher 
Bedeutung  gewesen  sein^  da  jetzt  jeder  Localgott  auf  die  erste 
Stelle  Anspruch  erheben  konnte,  und  rnan  ihm  dieselbe  durch 
seine  Gleichsetzung  mit  den  anerkannten  Hauptgöitern  Ra% 
Horus,  Ofiiris  zu  sichern  suchte,  hddessen  es  treten  auch  tiefere 
Anschauungen  dabei  hervor.  Die  grossen  Gdtter  süid  fast 
sSmmtlieh  Sonnengotthelten  oder  lasseh  sich  wenigstens  leicht 
in  solche  umsetzen;  die  Himmelsgöttinnen  sind  bald  ihre 
Mutter,  Ijald  ihre  Gemalilin  5i>j.  Der  Sohn  folgt  dem 
Vater  und  nimmt  seinen  Platz  ein;  das  Kind  wächst  heran 
und  vermählt  sich  mit  der  Mutter;  ja  wenn  der  Himmel 
erst  licht  wird,  wann  der  Sonnengott  sich  am  Horizonte 
erhebt;  ist  dann  dieser  es  nicht,  der  die  Himmeisgöttin,  seme 


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110 


EntCff  Buch,  dritter  AbMlmitt. 


eigene  Matter,  erst  scbaffl?  Und  wenn  er,  der  Siegreiche, 
der  immer  anfe  neue  Leben  «engt,  zum  Horizonte  eilt  und 
die  Hernichaft  der  Nacht  zuläast,  Ist  dann  er  es  nicht «  der 
»die  Finstemiss  herbeiliQhrt  uImt  die  Erde«,  der  sich  den 

Eintritt  ins  WesUr^ch  erzwingt,  um  dort  rohen  und  herrsch«! 
zu  können»  wie  Jtn  ii  nach  den  Mühen  des  Lebens 

eingeht  zu  den  ewigen  Freuden  der  Grabeswohnung  V  Diese 
Ideen  sind  es,  welche  in  zahllosen,  oft  widerspruchsvollen, 
bald  rein  materiell  gefassten,  bald  roebr  geistigen  Ausdrücken 
alle  weitere  Entwickelung  beherrschen;  sie  führen  zur  Ausbil- 
dimg  einer  Geheimlefare  von  dem  Einen  nranfitagiichen  ewigen 
Sonnengott,  der  die  Welt  beherrscht  und  in  ihr  sich  manifea- 
\iri,  von  dem  alle  anderen  Gottheiten  lediglich  Formen  (oder 
Namen)  sind,  von  dem  auch  der  Hensehengeist  (alfl  OsiHs) 
nur  ein  Austluss  ist,  der  nach  dem  Tode  wieder  zu  ilmi 
zurückkehrt. 

»Der  dem  Ptah  Sokar  ergebene  (amchu)«  findet  sich  zuerst  Lepsiüs, 
Denkm.  II,  113  a  und  J.  de  Kouok,  Inscr.  92,  4,  wo  indessen  charakteristisch 
gpnut?  tl't^  betrefTende  Person  »Priester  des  Ptah  und  Priester  des  Sokarc 
lirisst;  in  deo  Cult  ist  also  damals  die  Verachmelson^  noch  uicht  ein- 
gedrungei]. 

§.  98.  Der  Ausgangspunkt  der  neuen  Lehre  ist  das 
unteraegyptische  Ana  (HeUqpofis).  Sein  Sonnengott  Tum 
(resp.  Ra*  oder  Rrf-Tiim)'i3t  es  daher,  der  als  der  »Eine«, 

der  i>Ungeschafifene«,  »der  sich  selbst  schafft«,  der  »Bildner 
der  Welt,  aus  dessen  Gliedern  die  Götter  hervorgegangen  sind«, 
gefeiert  wird.  Und  glcichzx'itig  erklärt  man  den  V'erstorbenea 
für  identisch  mit  diesem  Gotte;  er  ist  nicht  nur  ein  »Genosse« 
des  Tum,  er  ist  es,  der  die  Welt  geschaffen  hat,  der  die 
Fittsterniss  besiegt,  der  in  der  Untmvelt  ruht  und  am  nfiebstaa 
Morgen  auf»  neue  vom  Himmel  herabstrahlt,  den  Menscfa«!  ^ 
und  Götter  anbeten.  In  ausgeführten  Hymnen,  wäche  man 
dem  Todten  mit  ins  Grab  gibt,  werden  diese  Ideen  ins  Ehndne 
durchgeführt,  durchweg  mit  bestimmtester  Beziehung  auf  die 
tägliche  Bfihn  der  Sonne.  Es  entsteht  so  der  älteste  Kern 
des  »Buches  vom  Hervortreten  l^des  Todten J  bei  Tage«,  des 


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Dta  Todtonboch. 


III 


sog.  TodteDbuchs.  Selbstverständlich  aber  gelingt  auch  hier 
wieder  nicht  die  Emancipation  von  der  materiellen  Anaebaunng 

(§.  85).  Alle  diese  Hymnen  und  Todtentexie  sind  durchsetzt 
mit  zahlreichen  Anspielunjren  auf  die  Attribute,  die  ;iur<sere 
Gestalt  des  Gottes,  auf  meist  locaie  Mythen  und  Gebräuche. 
Und  da  es  in  erster  Linie  gilt,  dem  Menschen  auf  Erden, 
dem  Toclten  im  Jenseits  seine  Existenz  7a\  sichern,  und  dies 
nur  durch  das  »Wissen«,  die  Macht  des  Wortes,  der  Zauber- 
formel erreicht  werden  kann  (§.  82),  da  femer  die  neuen  An- 
schauungen einikch  neben  die  altm  treten,  d^  Todte  nicht 
nur  Ra*  oder  Tum  (resp.  Osiris)  werden,  sondern  auch  im 
Westen  ein  behagliches  Leben  fuhren,  oder  auf  die  Erde  zu- 
rückkehren will  und  »Gestalten  annehmen,  welche  er  will«, 
so  ütlnet  sich  hier  der  Magie  und  Phantasterei  der  weiteste 
Spielraum.  Zahllos  sind  die  Gespenster  und  Dämonen,  welche 
den  Frommen  bedrohen,  die  Krokodile,  Schlangen,  Popanze 
u.  s.  w.,  welche  ihm  im  Jenseits  mit  Marter  und  neuem  Tod 
droben,  »geheimnissvolle  Wesen^  deren  Namen  und  Geremonien 
unbekannt  sindt  und  die  es  zu  besänftigen  (sei^otep)  gilt; 
natürlich  ist  die  Theologie  auf  diesem  Gebiete  nicht  weniger 
thätig  ak  auf  dem  pantheistbcher  Speeulation.  So  schliessen 
denn  an  die  Hymnen  die  abenteuerlichsten,  bis  ins  kleinste 
Detail  ausgeführten  Beschreibungen  dieser  Ungeheuer  nebst  den 
zugt  Ii  l  i^en  Beschwörungsformelni  durch  die  dem  Todten  seine 
Laufbahn  gesichert  wird. 

üeber  die  Entstehung  des  Todtenbuchs  s.  LFr-rt  -,  Aelteste  Texte 
des  Todtenb.  1867;  meinen  Set-Typhon  p.  7  ff.  lieber  den  Unterschied 
zwischen  den  an  Osiris  und  den  an  Tiim-Ra'  anknilpfenden  Texten  vgl.  m. 
Bemerkungen  ÄZ.  1877,  155  f.  In  den  letzteren  heis.«*  der  Todte  ursprüng- 
lich nie  »Osiris  N.  N.c,  sondern  »der  dem  Ra'  ergeWeae  N.  N.«.  —  Das 

17.  Gap.  def?  Todtcnhuchs  ist  entschieden  heliopolitanischen  Tlrsprungs; 
Osiris  ist  ihm  ursprünglich  ganz  fremd.  Es  ist  in  der  12.  Dynastie 
bereits  mit  einem  zweifachen  Commentar  versehen.  Es  entb&lt  1)  die 
OlfliehseUung  des  Todten  mit  Tom,  die  ZI,  S8  [nidit  wie  Lspsn» 
annahiD,  ZI.  14]  abscUiesst;  fi)  Gleictasetnuigen  mit  Hon»  u.  ZI.  24— 49* 
9)  Zaaberfönneln,  ZL  50  IT.,  die  mm  guten  Tbeil  schon  imter  der 

18.  Dystslie  vorbanden  waren ,  aber  spiter  bedeutend  vermehrt  worden 
flind.  «-  Ein  reiner  Sonnenhjnnos  nach  Art  der  Im  N.  R«  bAofig  auf 


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112 


Erstes  Blieb,  dfitter  Ateebnitt 


Todteiistelen  vorkoinmenden  ist  Cap.  15  (eJ.  LEF^ernF:  1868);  aocli 
Ckp.  79  ist  jedenfalls  heliopolitanLich  und  hält  sich  aufrallend  f^i  von 
crasseren  ZaubeiTormeln.  —  Ueber  den  aegyptischen  Monotheismus  und 
was  damit  zusainmei)l)än^;t  ist  im  allgemeinen  wie  im  einzelnen  unendlich 
viel  Verkelii  tes  jjesagt  worden ;  so  z.  B.  die  Völlig  unbegründete  Behaup- 
tung, dte  Golilieit  werde  durch  »ich  bin  ichc  bezeichnet  (dagegen 
PiEmiuuiiK,  A.Z.  187d,  61). 

§.  94.  Was  von  Ra  und  Tum,  gilt  nun  auch  von 
jedem  anderen  llauptgott.  Osiris,  obwohl  ausserweltlicli  und 
»ruhenden  Herzende,  ist  docli  auch  der  »Herr  des  Uiüver* 
SQoas«  (neb  er  ter),  der  König,  für  den  sein  Sohn  Horns  ge- 
wissermassen  als  Minister  die  Welt  regiert;  und  natürlich 
bildet  sich  jetzt  die  Lehre  von  seiner  Identität  mit  dem  Todten 
weiter  aus,  und  die  Seenen  des  Lebens  nach  dem  Tode 
werden  ins  Detail  ausgearbeitet ;  so  wird  z.  B.  die  »Fahrt  nach 
Westen  €  (§.  G2)  jetzt  zu  einer  mystischen  Falu  t  nach  Abydos, 
der  eigenHi(  hen  Grabstätte  des  Gottes  (t.  B.  Lkp^ius  Denkm. 
II,  127).  Pliih  in  Memphis  als  der  Sdiüpler,  iiU  der 
Ural  teste  Gott,  der  von  Anfang  an  war  und  alle  Götter  und 
Menschen  geschaffen  hat;  im  Todtenbuch  tritt  er  dagegen 
auüiallender  Weise  ganz  zurQck.  Aber  Dhuti,  Ghnum,  Min, 
Hör  US,  oder  z.  6.  in  Herakleopolis  der  dort  verehrte  Haupt- 
gott Qerief  (Mibuttb,  Mon.  div.  21),  ebenso  ^athor,  Isis, 
Nut  werden,  die  einen  in  diesem,  die  anderen  in  jenem  Texte, 
als  die  höchsten  Gottheiten  gepriesen  und  spielen  auch  in  den 
Todtentexten  eine  hedeulende  Holle.  Ja  so^rar  Set,  der  böse 
Dämon,  wird  gele^^t  ntlich  dem  iiii  {^leich^'esetzt ,  natürlich 
nur  in  localen  Culten,  und  selbst  ins  Todtenbuch  hat  ein 
Text  Aufnahme  gefunden  (Cap.  44),  in  dem  der  Todte  sich 
rühmt,  sein  Sohn  zu  sein.  So  icommt  es,  dass  schliesslich 
von  allen  Gottheiten  dasselbe  gilt  und  ausgesagt  wird,  sie 
alle  sind  »Herren  (oder  Herrinnen)  des  Himmels  und  der  Erde, 
Fürsten  aller  Götterc,  und  vor  allem  werden  sie  sftmmtlich 
nach  dem  Sdiema  der  Sonnengottheiten  behandelt.  Als  dann 
die  Einheit  des  Ueiclis  wiederhersrestellt  war  und  Theben 
seine  Hauptstadt  vvuide,  da  war  es  natürlich,  dass,  die  ein- 


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Wwenaglekihheit  aU«r  Götter. 


118 


zelnen  localen  Onttheiten  mochten  noch  so  viel  dagegen  pro- 
'  te8tire&,  sein  Hauptgott  Amon  die  EriMschaft  dieser  fintwicke- 
"    hang  antrat,  für  den  »Einen«  erldftrt  wurde  und  als  » Amon-Rs^, 
König  der  GGtter«  an  die  Spitze  des  olOcieUen  aegyptischen 
Cnltus  trat. 

Einzeluntersurhungen,  naiiieiillicli  auf  Grund  drr  von  Navh.i.f  7u 
«jrwarlendpn  Todtenbuchnn«sfrahe ,  werden  noch  viele  Aufschlüsse  über 
den  Einiluss  der  localen  Anschauungen  geben  und  auch  Manches  chro- 
nologisch genauer  fixiren  lassen.  Soviel  lÄssl  sich  mit  Sicherlitit  sapen, 
dass  die  Texte  des  Todtenhuchs  zum  guten  Theii,  seine  Anschauungen 
aber  durchweg  der  Yortbebaiiiaeheii  Epoelie  aogehöreD,  während  sie 
andereneite  ebenso  evident  jOnger  aind  als  die  Texte  der  Pjnramiden 
und  der  ]fastabe*8.  leh  bemerke  noch,  dess  man  in  dieser  Epoche  ali- 
BBihliob  beginnt,  dem  Namen  des  verstorbenea  Osiiis  N.  das  Wort 
ma*acheni,  d.  Ii.  etwa  »der  Tcionphirende«  (|.  82)  naehnsstaen;  YgL 
Todtenbuch  Gap.  18.  —  Amon  ist  lediglich  der  Localgott  von  Theben 
und  wahrscheinlich  orsprönglich  ein  Gott  der  Fruchtbarkeit  und  Zeugung, 
daher  ilhyphall.  Aus  vorthebanischer  Zeit  kenne  ich  ihn  nur  in  dem 
Namen  Amensefas  hei  Lefsius,  Denkm.  II,  27.  Nach  einer  No*iz  m  der  Äcad. 
10.  Juni  1882  p.  42t3  findet  sich  Amon-Ra  auf  einer  Statut  K  nig  Fepi's 
erwähnt.  I)ie  Etymologie  ist  duakel.  Dass  die  Priester,  weiclie  iliu  als 
höchsten  Gott  priesen,  dabei  an  den  amen  ren-f,  »den,  dessen  Name  ver- 
borgen ist«  (§.  82)  dachten,  ist  sehr  wahrscheinlich}  aber  natürlich  iät 
4las  nicht  der  Ursprai^  des  Ksmeas. 


IV.  Das  altthebanisclie  Eeich. 
Elfte  Dynastie. 

§.  95.  Die  Monnmente  gestatten  nns  einigennaaasen,  das 
aUmÜdiehe  Emporkommen  -  des  thetianischen  Herrscherhauses, 

welches  schliesslich  die  Herrschaft  über  ganz  Aegypten  gewonnen 
hat,  zu  verfolgen.  Die  ältesten  Denkiaaler,  die  wir  von  ihm 
besitzen,  .sind  der  schlichte,  in  einem  unscheinbaren  Grabe  im 
N.W.  der  thebanischen  TodtensLadt  (Draiji  abu-lnegga)  ge- 

M«y««,  ÖtMhleht«  de«  Altertlium*.  X,  g 


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114 


Erstes  Buch,  vierter  Aiieebiiitt 


fimdene  Sarg  eines  Königs  Antef  (IV.) «  und  die  in  Berlin 

(Nr.  1175)  bewahrte  Hausapotheke  der  Gemahlin  eines  Königs 
Mentuhotep  (IL;  ihr  Sarkopliag  AZ.  1866,  53),  wahrschein- 
lich dieselbe,  die  eine  Inschrift  auf  der  Insel  Säi  oberhalb 
des  zweiten  Kataraktes  nennt  (Lepsius,  Denkm.  II,  149a;  sollte 
aber  wirklich  die  Herrschaft  des  KQnigs  so  weit  hinau^erdcht 
haben  ?).  Ein  König  Mentuhotep  (II.  ?)  erscheint  auch  in  den  Stein- 
bruclien  von  Hammamftt  und  auf  der  Kataraktenlnsel  Konosso 
(ib.  II,  150  c.  d).  Von  König  Antt  f  (V.)  'a  d.  h.  >dem  Grossen« 
ist  uns  die  Grabpyramide  erhalten,  in  der  eine  Stele  aus  dem 
fünfzigsten  Jahre  seiner  Regierung  ihn  von  vier  Hunden 
umgeben  darstellt;  sein  Sarkophag,  den  ihm  sein  Bruder  König 
Antef  (VI.)  herrichtete,  wird  im  Louvre  bewahrt.  Den  Beschluss 
dieser  Reihe  bildet  Nebhotep  sertf  Mentuhotep  (III.),  der  auf  der 
Katarakteninsel  Konosso  den  dortigen  Localgöttern  seine  Ver- 
ehrung bezeugt,  wofür  ihm  diese  »alle  Lande  unter  seine 
Sohlen«  werfen  (Lspsius,  D.  U,  150  b). 

Bei  der  Anordnimg  der  Könige  habe  ich  zuerst  diejenigen  gesetzt,  bei 
denen  der  Königstitel  vor  dem  einfachen  Namen  steht;  dann  folgen  die- 
jenigen, welche  den  Titel  se  Ra'  »Sohn  der  Sonne«  innerhalb  der  Cartoiiche 
trai^'cn.  Mentuhotep  III.  hat  ausserdem  noch  den  Vornamen  Xcbhotep 
ui  der  Cartouche;  seinen  weiteren  Titel  »Herr  der  weissen  Krone«  führt 
auch  Gbufu,  man  darf  ihn  daher  nicht  zur  BegrOndung  der  Annahme 
Ton  der  Relehslhefliinf  verweitheii*  Im  nidiitMi  Paragraphen  folgen 
dann  die  seehe  Könige,  von  denen  der  volle  Pharaonentitel,  mit  dop- 
peltem Namenering,  geführt  wird,  und  die  daher  wahiw^einlieh  den  sechs 
m  den  Toriner  Papyme  aufgenommenen  KOnigen  dieser  Dynastie  ent* 
sprechen,  —  Ueber  die  Grftber  mehrerer  dieser  FUnten  werden  wir  dureh 
die  Processaeten  Ober  einen  Grflberdiebstahl  unter  Remses  IX.  belehrt, 
die  der  Papjras  Abbott  bewahrt;  v|^.  BmcH,  RA.  XVI,  1859,  267  t 
Zu  beaehlen  ist,  dass  der  Papyrus  den  Namen  Antef  durchweg  iUsch 
schreibt  —  Ueber  Hamrr's  Ausgrabungen  in  Üralji  abu^lnegga  s.  RAn. 
II,  86  f.;  TkSBA.  IV,  ld8  f.  —  Die  Tette  der  diel  erhaltenen  Sirge  aind 
Sttsammengestellt  von  Emen,  ÄZ.  1869,  52;  der  des  Antef  (IV.)  publicirt 
von  Toin.niaov,  Tr.  R.  Soc.  Literat,  in,  1859.  —  Stele  Antef  (V.)  'a's: 
Mariette,  Mon,  div.  49;  J.  de  Rouot,  Inscr.  160  ff.  ;  Bmcn,  TrSBA.  IV. 
Eine  andere  in  Abydos:  Mariette,  Abydos  UI,  Nr.  544.  Nach  einer 
von  DE  Roüo£,  RA.  VI,  1850  ,  563  ff.  besprochenen  8tele  lebte  er 
etwa  vier  Generationen  vor  Usertesen  I.  —  Einer  der  enlMi  Anteb  mit 


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• 


Ein«  Dynartie.  115 

dem  Vornam«!!  Dedbau  obno  kOnigfiehaii  Titd  aebdnl  auf  iiiier  Stela 
bei  Boich*  ÄZ.  1874»  0d  Tonukommen.  —  Ueber  die  11.  Dynastie  im 
aUgemetneii  vgl.  oi  Rovoä,  RA.  VI»  1860,  557;  Saulcy,  Salle  des 
taae^iren  17  ff.;  Lierlkin,  Rech,  sur  la  chronol.  52  ff.  —  In  diese  Zeit 
gehört  aurh  ein  ÄZ.  1874,  113;  1876.  110  [§.  89],  Maiuette,  Not.  des 
mon.  de  Boulaq  77.  191  erwähnter  KOnif  Ameni  oder  Ameou  [vgl.  in- 
deeeen  g.  96  Ana.]. 

§.  96.  Die  folgenden  Herrscher  —  von  denen  übrigens 
keiner  lange  auf  dem  Throne  gese^-^en  zu  haben  scheint  — 
nehmen  endlich  wieder  den  vollen  Titel  der  alten  Pharaonen 
an;  hi  ihren  Yomamen  und  Titehk  beseicbnen  sich  vier  von 
ihnen  als  »Erfrener«,  »Herrc,  »Ehiigerc,  »Beieber  der  beiden 
Landec,  ein  beseiehnender  Hinweis  darauf,  dass  ihnen  die 
Unterwerfung  wenn  nicht  de«?  ganzen  so  doch  eines  grossen 
Theils  von  Aegypti n  gelunn'en  war.  Antef  VII.  'a  II.  kennen 
wir  nur  durch  seinen  gJeirlifalls  im  Louvre  bewahrten  Sar- 
kophag; Antef  Vin.  (Nubchcperra"^)  wird  auch  in  der  Liste 
von  Karnak  genannt  und  inschriftbruchstücke  erwähnen  seine 
Kämpfe  gegen  die  Neger  und  die  Bewohner  von  Sätet  (dem 
Eataraktenlande).  Von  Antef  IX.  ^a  IH.  Grabe  sind  gleich- 
füls  Ueb^reste  erhalteut  vor  allem  ein  Pyramlifion  aus  Kalk- 
stefai.  Aus  Hentuhotep  IV.  (Rtfnebtaui)  2.  Jahre  erwähnen 
Inschriften  in  den  Steinbrüchen  von  Hammamät  die  Arbeiten 
für  die  Beschaffung  seines  Sarkupliages  und  wie  man  dabei 
einen  neuen  Brunnen  in  der  Felsenwüste  g-eg-raben  habe 
(Lepsiüs,  D.  II,  149c — h).  Mentuhotep  V.  (Nebchrura') ,  der 
vorletzte  König  der  R^he,  muss  kein  unhedeut^er  Heirscher 
gewesen  sein,  da  fast  alle  Listen  ihn  nennen,  ja  in  manchen 
Listen  aus  dem  Neuen  Reich  er  allein  von  allen  Hmschem 
vor  der  Hyksoszmt  genannt  wird  (fimm^  KOnigsbuch  Taf.  20 
bis  22).  Von  dem  letzten  Könige  dieses  Hauses,  S^anchkanf, 
erzählt  eine  Inschrift  hi  Hammamät  aus  seinem  8.  Jahre, 
wie  er  von  Koptos  aus  eine  Expedition  unter  Fuhrung 
Hanu's  durch  die  Wüste  ans  rothe  Meer  entsandte,  um  von 
den  »Fürsten  des  rothen  Landes«,  d.  h.  des  ostaegyptischen 
Wüstengebirges      70),  die  von  ihnen  erhandelten  Specereien 


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116 


Erstes  Buch,  vierter  Absebnitt. 


des  Landes  l^unt  (Arabien)  in  Efiiplang  m  nehmen.  Auf 
dem  Zuge  legte  er  in  der  Wöste  mehrere  Brunnen  an ,  ein 
Beweis,  dass  man  eine  dauernde  HandeJsverbindung  herzu- 
stellen beabsichtigte;  vgl.  §.  98. 

Die  von  mir  gegebene  Ordnung  der  vier  ersten  Fürsten  dieses 
Paragraphen  ist  ziemlich  willkürlich.  —  Sarkophag  des  Ra'sechetn  her 
hertnui  Antef  VII,  'a.:  Birch,  ÄZ.  18ü'J.  52.  —  Nubchepena  Atilef  MIL: 
Pap.  Abbott.  Marif.tte,  Mob.  div.  50 ;  Birch,  RA.  XVI.  2G7  f.  —  Ra  sechem 
apat  roa*a  Antef  IX,  'a:  Sbarpe,  Egypt.  inscr.  1,  47  b.  Pap.  AbboU. 
BtRCH  1.  c.  208.  —  Ra'  nebtaui  Mentuhotep  V.:  Leraos»  Denkm.  II, 
149  c*-h.  BcRTOH,  Exc.  hierogl.  5.  Nebchrura'  Mentuhotep  VL: 
Lepsius,  Denkro.  II,  149b.  Auswahl  9  =  Pfeusss,  Mon.  7.  Königsbuch 
Tat  20—22.  Sein  Grab  wird  im  Pap.  Abott  genannt.  —  STanchkara*  (nach 
Haspero  gleich  Ameni,  §.  95  Aom«):  Lcpsios,  Denkm.  II,  150  a.  Cbabas, 
Voyage  d*im  £gyptien  66  ft  Maspero,  Rev.  historique  IX,  8  I.  Im 
Hafenort  hat  ||anu  ein  SchiflF  gebaut;  doch  erfahren  wir  nichts  Ge- 
naneres  Aber  dessen  Fahrt  —  Ausserdem  gehören  in  diese  Epoche  eine 
Ansahl  Grabstelen  von  Privatpersonen  nach  Ausweis  der  in  ihnen  vor- 
kommenden Eigennamen. 

Zwtfifte  Dynastie. 

g.  97.  Die  Zeit  der  11.  Dynastie  ist  eine  Epoche  des 
Aufstrebens  und  Kämpfens,  in  der  von  der  Ausführung  grosser 
Monumente  nicht  die  Rede  sein  konnte.  Die  12.  Dynastie 
dag^n  ist  im  ruhigen  und  gesicherten  Besitze  der  Macht, 
und  wenn  auch  von  den  Bauten  ihrer  Könige  waiig  mehr 
erhalten  ist,  so  beg^egnen  uns  doch  ihre  Namen  auf  zahlreichen 
Inschriften  aus  allen  Thcilen  Aegyptens,  und  von  vielen  der- 
selben haben  sich  noch  gigantische  Porträtstatuen  erhalten. 
Die  grossen  ihrer  Epoche  ungehörigen  Gräber  von  Benihassan 
und  Berse  enthalten  ausführliche  Biographien  hoher  Beamter 
dieser  Zeit,  auch  einzelne  Literaturwerke  sind  auf  uns  ge- 
kommen. Dennoch  ist  es  auch  hier  unmöglich,  eine  wirklich 
zusamnieiiliängende  Geschichtsdarstellung  zu  gewinnen,  eine 
sichere  Verbindung  iler  isolirt  dastehenden  Thatsachen  herzu- 
stellen, die  Ursachen  des  Glanzes  wie  des  Veriails  im  einzelnen 
zu  erkennen. 


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Amenem^a't  I. 


117 


Wie  AmenemhaH  1.,  der  ßcsgründer  des  neuen  Fürsten- 
geschlechtes, auf  den  Thron  gekomiiv  n  !st^  warum  der  Turiner 
Papynis  wie  Manetho  mit  ihm  einen  Haupteinschnitt  mach^, 
wissen  wir  nicht;  dass  er  ein  In  jeder  Beziehnng  bedeutender 
Hensdier  gewesen  ist,  der  das  Rdch  neu  und  fest  organisirte, 
die  unzufriedenen  Elemente  niederhielt,  lehren  die  Thatsachen 
und  die  Tradition.  Einzelne  Inschriften  zeigen  uns,  wie  der  König 
nnd  seine  Nachfolger  persönlich  in  die  Verwaltung  eingreifen, 
er  selbst  setzt  den  Gauherrn  ein  —  allerdings  vererbt  sich 
diese  Würde  wohl  fast  ausnahmslos  vom  Vater  auf  den  Sohn 
—  und  setzt  ihm  seine  Grenzsteine.  Auch  die  Weisheit  des 
Königs  wird  gerühmt:  eine  in  zionUch  dunkler  Sprache  ab- 
ge&sste  Schrift  enthält  die  »Unterweisungen  des  Amenem^iaH  1. 
för  seinen  Sohne  —  In  seinem  21.  Jahre  nahm  d^  König 
seinen  Soihn  Usortesen  I.  zum  Ifitregenten  an,  ein  Braach, 
der  von  den  meisten  Herrschern  dieser  Dynastie  nachgeahmt 
worden  ist. 

Die  Stellung  der  12.  Dynastie  ist  netst  Ton  Lepsius  bestimmt: 
Abb.  Beri.  Ak.  1862.  —  Unter  den  grossen  Gräbern  sind  vor  allen 
wichtig  das  des  Nomarchen  des  16.  oberaegyptischen  Nomos  Mali  (Anli- 
noites)  Ameni  und  seines  Enkels  Chnumhotfp  in  Beniliassnn  t  Lki-sios, 
Denkm.  II,  121  R. ;  Bhugsch,  Gesch.  128.  V.VJ ;  Maüi  ero,  Recueil  de  tra- 
vaux  rel.  a  la  philol.  egypt.  1,  ItH)  IT.;  ßiuui,  RP.  XII;  daneben  Uaa 
des  Dhutiholep,  Nomarchen  des  15.  Nomos  Un  ( Herrn opolites)  in  Berse: 
Lepsius,  Denkm.  II,  lo4;  Ma^iero,  Tr.  Soc.  Bibl.  Arcb.  VII,  7.  Femer 
vgl,  die  Gntbsohrift  des  Komarchen  Mentunessa  von  Theben  (Louvre  C I) : 
Maspebo,  GoQgrte  intern,  des  Orient  1873.  II,  48.  Denkmiler  aas  Abydos: 
ILuuBm»  Abydos  m,  Nr.  588—765.  ^  Dass  Amenemha^t  I.  nicht  obne 
Kampf  auf  den  Thron  gekommen  ist,  schelDt  siemlich  siebsri  fai  wdehem 
Znssmmenhaag  damit  aber  die  Festoo«  Tettani  [Abanthos  sildlich  von 
Memphis]  Stdit,  die  wiederhcdt  mit  ihm  msammen  genannt  wird  (Tor. 
Königspapyrus  fr.  64,  de  Komi,  Jnser.  pl.  8,  vgl.  14),  ist  nichts  weniger 
als  klar.  —  Die  Unterweisungen  sind  uns  handschrifllich  mehrfuch  er- 
halten, üebenetzungsvefsache  von  DOjuchbji,  ÄZ.  1874,  30;  Maspero, 
RP.  U,  d. 

§.  98.  Der  Reorganisation  im  Innern  entspricht  eine 
bedeutende  Machtentwickelung  nach  aussen.  Natürlich  wurden 
die  Minen  der  Sinaüiaibiasei  wieder  besetzt  und  ausgebeutet; 


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118 


Entm  Bodi,  vierter  AbtehnitL 


zahlreiche  Inschriften  reden  von  der  Tbatigkeit  der  Bergleute 
der  12.  Dynastie  im  BKaftatlande.  Bei  den  HftupÜingea  des 
asiatisdieii  Nachbarlandes  stand,  wß  die  Memoizen  des  Saneha 
uns  lehren,  der  Name  der  Pharaonoi  in  hohem  Ansehen.  Der- 
selbe war  ein  vornehmer  Aegypler,  der  vor  Amenemha*^t  I.  zu 
dem  Scheich  von  Tenu  [wahrscheinlich  auf  der  Stnaihalbinsel] 
floh,  und  nach  langem  Aiileiithalt  an  dessen  Hofe  in  hohem 
Alter  die  Erlaubniss  zur  ehrenvollen  Rückkehr  nach  Aegyiitm 
erhielt.  Unzweifelhaft  herrschte  ein  reger  und  wohlgeordneter 
Handelsverkehr  mit  den  Kleinstaaten  Syriens,  der  vieileicfat 
direct  bis  nach  Babylon  hinfiber  reichte.  Von  demselben  kgt 
auch  das  berilhmte  Wandgemflide  Im  Grabe  des  Ghnumhotep 
Zeognlss  ab,  welches  darstellt,  wie  Im  6«  Jahre  des  Usertesen  L 
37  'Amu  (d.  h.  Kana^anaeer)  mit  reichen  Geschenken,  vor 
allem  mit  kostbarer  Auprensalbe,  in  den  antaeopoliüschen  Gau 
einwandern  und  Ghnuiuhutep's  Schulz  awlsuchen.  In  noch 
viel  höherem  Maasse  sind  die  asiatischoTi  iVemden  jedenfalls 
in  Unteraegypten  eingewandert.  Ebenso  blieb  der  Zug  des 
^anu  nach  dem  rothen  Meer  nicht  olme  Folgen.  Wiederholt 
wurden  milit&rische  £x|)editioiien  nach  Punt  hinfibergesehickt, 
Handelsreisen  nnd  Entdeckungsfahrten  schlössen  sieh  an.  Ein 
Härchen  aus  dieser  Zeit  (§.  102)  erzfthlt  uns  von  den  Irrfahrten 
eines  Kaufmanns,  der  weit  in  den  Sdden  nach  der  Lasel  des 
Schlangenkönigs  verschlagen  wird. 

üeber  die  Exped.  dieser  Zeit  nach  Punt  s.  Erman.  AZ.  1882,  203  ff. 
Memoiren  des  Saneha  im  Berliner  Pap.  Nr.  1,  zuerst  18r.3  von  Chaius  und 
Gonnwm  gleichzeitig  analysirt,  flhersetzt  von  Goodwin.  RP.  VI.  und  grossen- 
theils  von  Maspfho  in  seiner  Geschichte  und  in  Mel.  d'arcb.eg.  et  assyr.  III.  — 
Einwanderung  der  37  'Auiu :  Ghampollion,  Mon.  362  f. ;  Lepsius,  Denkro.  II,  13d. 

§.  99.  Die  wichtigste  Errungenschaft  der  12.  Dynastie 
ist  die  Unterwerfung  des  oberen  Nilthals.    Die  Negerstämme 

Nubiens,  vor  allem  die  Uaua,  neben  ihnen  aber  jetzt  auch 
die  Bewohner  des  Landes  Ka§,  d.  h.  die  Kuschiten  östlich 
vom  Nil  (§.  4;^),  die  hier  zum  ersten  Male  erscheinen,  werden 
seit  dem  Knde  der  Regierung  AmenemhaH  I.  wieder  und 
wieder  mit  Krieg  überzogen,  Ihre  Dörfer  niedergebrannt,  ihre 


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Unterwerfung  Nubiens. 


119 


Mumen  erachlagcD  und  uhMdie  Beate  an  Vieh,  Sklaven 
und  Gold  heimgeführt.  Von  Usertesen  I.  Kriegen  berichtet 
die  Grabschrift  des  Ameni,  dass  er  im  Lande  Kas  kämpfte 
und  letzterer  die  dabei  gewonnenen  Goldschätze  zurück- 
brachte; ein  Denkstein,  welcher  die  Siege  des  Königs  über 
die  Negerstämme  feiert,  findet  sich  am  2.  Katarakt.  Unter 
seinen  Nachfoleern  Aroenemlii«iH  IL  und  Usertesen  n.  ist  das 
nobisehe  Land  müitärisdi  besetzt,  die  lOuptlmge  der  St&mine 
müssen  flue  Leute  zur  Goldwisdie  hergetMi  und  jedenfalte 
ao^  sonst  Tribut  entriditen.  üsertesen  DL  ToUeodete  dann 
die  Unterwerfung  des  Landes;  zwei  j^rosse  Grenzsäulen  bei 
Semne  am  2.  Katarakt  aus  dem  8.  und  16.  Jahre  des  Königs 
verkündeten  den  Npfrern,  dass  hier  die  (irenze  des  Reiches 
.^ei,  die  zu  übersciireiten  nur  zu  Handelszwecken  gestattet 
werde«  Auf  der  Höhe  wurden  zu  beiden  Seiten  des  Flusses 
Festimgen  angelegt,  deren  Ruinen  noch  jetzt  erhalten  sind 
(Semne  und  Kumme),  fiis  in  späie  Zeiten  ist  Usertesen  IIL 
als  Eroberer  der  nubischen  Lande  hier  gOttlich  verehrt  worden, 
Dhutmes  IIL  hat  ihm  In  Semne  einen  Tempel  erbauen  lasssn. 
Weitere  Städte  und  Festungsanlagen  sicherten  den  Besitz  des 
Landes,  einzelne  Streifzüge  sind  auch  in  der  Folgrezeit  noch  ge- 
macht worden,  sovonÄmeneraha  tIII.(LEPsius,  Denkm.  11, 138g). 

Das  inschriftliche  Material  findet  sich  fast  durchweg  bei  Lepsius, 
Denkm  Tl.;  ferner  Rosellini,  Mon.  stör.  pL  25,  4;  Birch,  ÄZ.  1874,  112. 
Amt'iit'iiiha't  l.  ge^en  die  Uaua;  BRiHis<;H,  Gesch.  117,  AZ.  1882,  30. 

—  lieber  Semiie  und  KuiLirner  Lepsius,  Ber.  Berl.  Ak.  1844,  374.  399. — 
üeber  die  nubischen  tioldwerke:  Oharas  .  Inscr.  des  miues  d'or  1862.  — 
Die  Festung  Semne  heisst  Secbem-Cha  kaura'  (d.  b.  »Feste  des  Usert^en  IILc), 
Lepsius,  Denkm.  II,  151  c. 

§.  100.  Mehr  noch  als  die  kriegerische  Thätigkeit  der 
Könige  treten  uns  ihre  Bauten  entgegen.  Zu  dem  grossen 
Amonstempel  von  Theben  hat  Amenem^aH  L  den  Gnind 
gelegt,  den  Sonnentempel  von  Heiiopolls  Usertesen  1.  errichtet 

—  einer  seiner  Obelisken  ist  noch  erhalten  — ,  an  dem  Osiris* 
heiligthum  von  Abydos,  am  Hathortempel  von  Dendera,  im 
Faijüm,  in  HerakleopoUs  (Halchenensu)}  in  Tanis  und  an 


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120 


£rstes  Buch,  vierter  Abschnitt. 


anderen  Orten  bejjegTicn  wir  ihrer  und  ihrer  Nachfolj^er  Bau- 
tbätigkeit,  ebenso  legen  die  Steinbrüche  von  Turra  und  Ham- 
mamöt  Zeugniss  für  dieselbe  ab.  Kein  Herrscher  bat  aber 
auf  diesem  Gebiete  Bedeatenderes  geleistet  als  Amenemha^t  III, 
der  Sohn  des  dritten  Usertesen.  Er  ist  der  König,  welcher  den 
Moerissee  im  Fuijuiu  an^'elegt  hat,  das  grosse  Wasserbassin, 
welches  zur  Regelung  der  Nilübersi  hwemmung  dienen  sollte, 
und  Hl  demselben  zwei  Grabpyramiden,  in  seiner  Nähe  den 
berühmten  Tempeibau  errichtete,  welchen  die  Griechen  Laby- 
rinth nennen.  Die  Fürsorge  des  Königs  (der  bis  in  sein 
44.  Jahr  regiert  hat)  für  die  Regalining  der  Ueberschwem- 
mung  geht  auch  daraus  hervor,  dass  er  jährlich  an  den 
Felsenwänden  von  Semne  und  Kumme  die  höchste  von  der 
Ueberschwemmung  erreichte  Stelle  verzeichnen  liess,  eine  Ein- 
richtung, die  auch  unter  seinen  nächsten  Nachfolgern  bei- 
behalten ist 

Baugeschichte  von  Karnak  und  Abydos  s.  in  MAninTE's  grossen 
Werken  ilber  beide  Orte,  von  Dendera  in  DTmickknV  Bangpschirhle. 
Bauten  in  Tanis:  J.  dk  Roun^,  Inscr.  72.  75:  E.  r«E  Rolok.  FiAn.  IX.  128  (T. ; 
Maiukttk  ib,  III.  V.  Denkmäler  aus  Abydo.«?:  Mauiettk.  Abydos  II,  21 — 26. 
Bauurknndr  von  Heliopolis  auf  einer  Lederbandschrill;  Stern.  ÄZ.  1874. 
85,  bericbti^'t  von  denis,  UP,  Xil.  Im  übrigen  s.  LEPsir«,  Denkm.  II.  —  Die 
Ueberreste  des  allen  Moerissees  sind  von  Linant  (inem.  sur  le  lac  Moeri-^ 
1842j,  die  dürftigen  Trümmer  des  Labyrinths  von  LEPi^itt^  (Briefe  74  tt.) 
entdeckt.  He?chreibung  des  Faijüm  im  Pap.  Bulaq  Nr.  1  nnd  \r.  2. 
Beschreibung  ties  Labyrinths  in  einem  von  BRUfj-cn.  üict.  g^ogr.  391  und 
sonst  besprochenen  Papyrus.  Der  griechische  Name  Moeris  ist  w  a  h  r- 
scheinlich  aus  dem  aegyptischen  Wort  mer  >See«  hervorgegangen, 
das  dann  von  den  (iriechen  ^uai  Aamen  des  Königs,  der  den  Sfe  an- 
legte, gemacht  wurde.  Leber  den  Moerissee:  Herodot  II,  101.  148  f., 
(wo  die  Erbauung  des  Labyrinths  fälschlich  der  sog.  Dodekarchie  tilge* 
schrieben  wird),  Diodor  1,  51  f.  u.  a.  Strabo  XVII,  1,  37.  —  NilbObeii 
bei  Semna  und  Komme  (aoa  deoen  aich  ergibt,  dasa  damals  dort  die 
Ueberschwemmung  mehr  ala  8  Heier  hoher  atieg  als  gegenwllrtig): 
Lspsras,  Ber.  Berl.  Ak.  1844.  874  ff.,  die  Inachriften:  Denkm.  II,  188.  — 
Daa  Intereaae  des  KOniga  IDr  daa  FajjOm  gebt  auch  daraus  henrer,  daas  « 
seine  Tochter  nach  dem  dortigen  Loöügoite,  dem  krokodilskOpfigen  Sebak« 
benannte;  auch  unter  den  folgenden  Dynastien  steht  der  Sebakcolt  in 
hohem  Ansehen. 


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Baat«D  der  nrtUlen  Djnastie* 


121 


§.  101.  Nach  Amenan^iaH  ilL  erlischt  plötzlich  der 
Glanz  der  zwölften  Dynastie.  Nur  ganz  wenige  Monumente  sind 
uns  aus  den  kurzen  Regierungen  des  Amenemfia^t  IV.  (9  Jahre) 
und  der  Königin  Sebalmefrura'  (nach  Mimetho  der  Schwester 

des  vorigen ,  re^.  fast  4  Jahre)  erhalten.  Mit  der  letzteren 
endet  die  Dynastie,  nachdem  ihre  Fürsten  ungefähr  195  Jahre 
den  Thron  Aegyptens  inne  gehabt. 

DuB  Amenem^H  IV,  «enigatens  eiiiige  Zdt  mit  Mtnem  Vater 
inwiininen  regiert  Iiat»  tehnm  bieehriften  bei  Lbpsidb,  Amewabl  10  (Pbobb, 
Ulm,  9)  and  auf  einer  Qat^ontaliie  in  Berlin  (Nr.  65).  —  Die  12.  Dy- 
naetie  erechdnt  überall  als  geschlossene  Einheit,  so  aoeh  auf  der  Tafel 
von  Kamak.  In  der  Tafel  von  Saqqara  werden  ihr  noch  die  beiden 
letzten  (in  ihr  aHein  genannten)  Kfinige  der  11,  Dynastie  zugerechnet 
im<]  {{ie  gaoie  Reihe  in  umgekehrter  Ordnung  aulgeführt.  ManetUo  hat 
Aiiu.nemha't  I.  eine  Zvvischenstellimg  zwischen  Dynastie  11  und  12  ge- 
geben und  im  einzelnen  mehreren  verwirrt  ;  so  werden  Us.  11.  und  III, 
zu  einem  gigantischen  König  Sesostris  vcrächmolzen,  der  Asien  und 
Thrakien  erobert.  Am.  III.  dagegen  in  zwei  Könige  zerlegt.  —  Die  Chro- 
nologie ist  f&r  die  ersten  Könige  dnreh  die  Doppeldaten  dtf  Insehriflen 
▼eilig  gesichert  FQr  Ua«  H  gibt  der  Turiuer  Papyrus  19  Jabre,  die  Mo- 
nnmente  reichen  nnr  bis  in  seinem  11,  Jahre.  FQr  üa^  ÜL  ist  das  hOebste 
Datum  sem  2ß,  Jahr,  nnd  viel  Iflnger  kann  er  nach  der  im  PapjrQs 
erhaltenen  Gesanunlsnmme  der  Djmastie  nicht  regiert  haben.  Die  letsten 
Regierungen  sind  durch  die  Hon.  nnd  den  Turiner  Papyrus  bekannt, 
nur  wie  lange  A.  III.  und  A.  IV.  zusammen  regierten,  wissen  wir  nicht. 
—  Die  Zahlen  Manetho's  sind  meist  zu  niedrig,  der  Turiner  Papyrus 
hat  die  richtigen  K  e  g  i  e  r  u  n  g  s  z  a  Ii  I  e  n  gegeben,  aber  sie 
falsch  summirt.  da  er  die  g'e  m  e  i  n  s  a  m  e  n  fle  g  i  e  r  u  n  g  en  von 
Vater  undSohn  nicht  beachtet  hat,  also  z.  B.  die  lOJahre, 
welche  A.  I.  und  Us.  I.  zusammen  regierten,  doppelt  an> 
rechnet.   (Uebersicht  s.  nächste  Seite.) 


Literatur  und  Kunst. 

§.  102.  Unier  die  zwöfte  Dynastie  fSM  die  Blfithezeit  der 

altaegyptischen  Literatur.  Manche  Trünuner  derselben  sind 
auf  uns  gekommen,  mehrfach  hat  man  auch  weit  später 
entstandene  Werke  dieser  Zeit  zugeschrieben.  Die  iMeinoiren 
der  Saneha  —  eiues  der  schönsten  Werke  der  aegypUschen 


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Erstes  Buch,  vierter  Abscboitt 


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Idtantw.  128 

Uteratiir  — <  und  die  Unterweisiiiigea  Amenemhif  t  L  Bind  schon 
erwflhnt,  ebenso  die  biograpbischen  Texte  d^  Zeit  Dandien 
Märchen  und  Erzählungen;  die  Mftrchoi-  und  Fabelliteratur 

hat  in  Aegypten  zu  allen  Zeiten  in  Blüthe  gestanden.  Hier- 
her gehört  das  Märchen  vom  Sciilungenkönig  (§.  98)  und  die 
nur  fragmentarisch  erhaltene  Geschichte  eines  Bauern,  welcher 
bei  König  Nebkara'  (3.  Dyn.)  Gerechtigkeit  sucht.  Religiöse 
Texte,  die  in  dieser  Zeit  entstanden  oder  redigirt  sind,  be- 
sitzen wir  in  Masse;  auch  das  Lied,  welches  dar  Haiftier  bei 
der  Bestattung  —  und  wohl  auch  beim  Featgelage  —  smgt 
von  der  TergänglicfaiLeil  des  Lebens  und  der  ewigen  Herr- 
schaft des  Todes,  dem  selbst  die  GKtter  erlegen  sind,  in  dem 
er  7.U  fKjhom  Lcbensgenuss  auffordert,  so  lange  es  Zeit  ist, 
gehört  dieser  Zeit  an,  eine  Version  lässt  es  »dem  iiause 
König  Antefs«  entstammen.  Am  charakferistischsten  ist  aber 
ein  in  späterer  Zeit  viellach  abgeschriebenes  Werk,  der  Preis 
der  Geleiirsamkeit,  in  der  Form  eines  Briefes  des  Duaufsechruta 
an  seinen  am  Hofs  des  Königs  studiienden  Sohn  Pepi.  Hier 
wird  das  Sebicl»al  aüer  St&nde  in  schwarzen  Farben  ge- 
schildert, dieNoth  und  die  Abbfingigkeit  ihrer  Lage  dargestellt, 
und  dagegen  die  Vorzüge  und  Ehren  des  Schreibers  d.  h.  des 
Gelehrten  gepriesen  (s.  §.  104).  —  Däss  auch  die  wissenschaft- 
liche Literatur  sich  in  dieser  Epoche  weiter  entwickelt  hat, 
ist  unzweifelhaft ;  aber  direct  ist  nichts  von  derselben  auf  uns 
gekommen. 

Petersburger  Papyrus:  Golemscheff,  Abh.  des  Berl.  orient.  Con- 
gresses  m,  100  ff.  Ueber  die  Berliner  Papyri  s.  CWiabas,  Les  pap.  hi^ral. 
de  Berlin  1865.  Goodwin-,  RP.  VI,  131.  —  Da?  Lied  *aus  dem  Hause 
Antefs«  (Pap.  Harris  500)  'ind  da«;  entsprechende  >Lied  des  Harfnersc 
aus  dem  Grabe  des  iNeferiiülep  in  Abd  el-Qurna  (Dümichkk,  Hist.  Inschr. 
II,  40):  Onni.wiN,  Trans.  Sor.  Eibl.  Arch.  III,  RP.  IV.  Stern,  ÄZ.  1873, 
58;  1875,  174;  KP.  VI.  Maspero,  JourD.  as.  VII,  15,  1880,  S.  388-410. 
—  Aegyptiscbe  Fabeln  Hegen  una  nur  in  demotiseber  Fonn  for,  und  eftbimen 
warn  ThflU  mit  den  frieehiacben  Fabeln  Hut  wflttUcb  übarein:  L^mra, 
6er.  Haneta.  Ak.  Id68,  II,  Brvoscb,  IZ,  1878,  47.  Unsweffelbdl  find 
dieselben  aber  weit  llter;  satirische  Papyri  mit  DaitteBungen  ans  dem 
Thierieben  —  oder  vielmehr  Ulustrationen  sa  Thiennlrebeii  nnd  Fabeln 
beattisn  wir  ans  den  Zeilen  des  Neuen  Reichs:  Lhmiub,  Auswahl  89. 


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124 


Eni«  Boeh,  turtar  AbMlmitt. 


—  Der  Preis  der  Gelehrsamkeit,  in  mehreren  Handschriften  erhalten: 
GoODWiN,  r.amliridf^e  Essays  lsö8,  27J.  Masi  f.uo,  Genre  epislolaire  p.  48 
(in  BihI  Vre.  «Jes  hautes  etudes  Xli).  Dikch,  HP,  Vlli.  In  demselben 
ist  niciii  vuii  einer  Hochscliule  in  Clirnu  (Silsiüs),  aoaUern  vom 
Aufenthalt  >ani  Hofe«  die  Heile,      Buuui>cH,  Geach.  Aeg.  547. 

§.  103.  Auch  die  Kunst  dieser  Epoche  trägt  einen  ge- 
wisscTiriaassen  clap.sischon  Charakter.  So  fiele  und  lebens- 
wahre Werke  wie  iu  der  meuiphi tischen  Zeit  können  allerdings 
nicht  mehr  geschaffen  werden,  wohl  aber  befördert  die  un- 
umschränkte Herrschaft  deB  Kanons  eine  sorgfaltige  Durch* 
bildong  des  Details  und  eine  saubere,  niemals  ins  Rahe  Ter- 
ainkende  Arbeit  auch  bei  den  ein&chsten  Producten  des 
Kunsthandw^ks.  Im  Detail  hat  diese  Epoche  Vorbrefniches 
geleistet.  Nie  sind  die  Hiefoglyphen  schöner  gezeichnet  resp. 
eingeschnitten  worden,  und  die  zahlreichen  Bilder  aus  dem 
tagliehen  Leben  an  den  Graijwanden  von  Benihassan  stehen 
zwar  in  der  Gesammtcomposition,  aber  niclit  in  den  Einzel- 
heiten der  Zeichnung  den  Darstellungen  der  Pyranmiengräber 
nach.  Der  Porträtstatue  ist  der  Kanon  am  nachtheiligsten; 
trotz,  aller  Trefiflichkeit  der  Musculatur,  trotz  der  feinen  Arbeit 
der  Köpfe  u.  s.  w.  wird  ein  Eindruck,  wie  ihn  die  Altesten 
memphitischen  Werke  her Tomifen,  nicht  wieder  erzielt.  Da- 
gegen in  der  Architektur  ist,  wenn  wir  nach  dem  uns  vor- 
liegenden Material  urtheilen  dürfen,  ein  bedeutender  Fort- 
schrilt  wuhnielinibar.  In  dem  FeLsentrrab  entwickelt  sich  eine 
eigenartixe  Architektur,  deren  Gruadclement  die  aus  dem 
Stützpfeiler  entwickelte,  den  Architrav  tragende  sog.  prnlo- 
dorische  Felsensäule  bildet,  die  uns  in  den  Gräbern  von 
Benihassan  in  den  verscliiedensten  Formen  (8-,  12-,  16  kantig) 
entgegentritt  und  dann  auch  auf  den  Freibau  (Tempelbau) 
ubertragen  wird.  Denn  man  beginnt  jetzt  auch  den  ewigen 
Göttern  ewige  Wohnungen  su  gründen.  Naturgemfiss  hfilt  sich 
indessen  der  steinerne  Tempellmu  Torwiegend  in  den  Formen 
des  älteren  Holzbaues;  denn  d(?r  Tempel  ist  das  Wohnhaus 
der  Götter.  Vorzugsweise  verwendet  man  dalier  in  ihm  die 
heiteren,  dem  letzteren  entstammenden  Sauieuiormen  mit 


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I 


Knitft.  Gbankler  der  Epoehe.  125 

Papyn»-  oder  Palmenbipitäl  als  Ttflger,  und  spfiter  haben 
diese  Pflanzenaftnlen  die  protodorischen  Tollstftndig  verdrftngt. 

Die  Lilej  aliir  s.  im  allgemeinen  §.  72.  Die  StatiiPii  der  12.  Dynastie 
TOT  allem  bei  Rolue,  Album  phutographique,  Nr.  109  C.  Auch  die 
13.  Dynastie  iteht  hier  tum  Theil  noch  wt  der  Höhe  der  12.  —  Di« 
]>BrBteUuDgeii  der  Gittber  voo  Beni]|iasaaii  iind  tot  allem  toü  Gbampoluoii 
ausgebeutet:  Honuments  Nr  850  tt*  Als  Zeugnisse  der  Tempelarehltelto 
dieser  Zeil  sind  ans  nur  der  Kern  des  Tempels  von  Kamak  and  dOrlU'ge 
Uebeneste  des  Tempels  am  Hoerissee  erhalten.  Eine  dieser  Epoche  eigen- 
thUnticbe,  später  verschwindende  Säulenform  ist  die  Säule  mit  Lotoe« 
knoepenkapitäl.  —  Ueber  die  fintviiekelung  der  aegyptischen  Architektar 
s.  vor  allem  LErsifp,  Ueber  einige  aegyptiseho  Kunstforraen  und  ihre 
Entwickelung:  Abb.  Borl.  Ak.  1871  j  vgl.  auch  Semi  kh.  Der  Stil,  I,  418  ff. 
—  Von  den  Künstlern  dieser  Zeit  sind  uns  mehrere  durch  ihre  Grab- 
steien  bekannt,  so  Merlisen  aus  der  11.  Dynastie:  Lki-sius,  Ausw.  9  und 
Prisse,  Mon.  7;  Bmnsf:n,  Gesch.  Aeg.  170,  und  der  Baumeister  Mentu- 
hotep:  Brugsch,  Gesch.  132  ff. 

'  §.  104.  Im  allgemeinen  bezeichnet  die  Herrschaft  der 
12.  Dynastie  den  Höhepunkt  der  Entwickelung  Aegyptens, 
wie  denn  auch  die  Sprache  dieser  Zeit  den  Spftteren  immer 
als  classisch  gegolten  hat  und  man  sie  wenigstens  in  den 
rdigiöeen  Texten  und  den  Inschriften  der  Tempel  möglichst 
zu  bewahren  bemüht  ist.  Es  ist  eine  Epoche,  in  der  aUe 
Omndansdiauungen  l&ngst  feststdien,  aber  dem  geistigen  Leben 
noch  freier  Spieliaum  uiui  vielseitige  Entfaltung  gewährt  ist. 
Trotz  der  Eroberungen  im  Süden  trägl  sie  einen  wesentlich 
friedlichen  Charakter;  Handel  und  Gewerbe  blühen,  der  Acker- 
bau gedeiht.  Trotz  zahlreicher  einzelner  Denkmäler  ist  es  aber 
doch  weniprstens  bis  jetzt  noch  unmöglich,  ein  klares  Bild  der 
socialen  VarhiUtnisse  d^er  Epoche  zu  gewinnen.  Der  alte 
Erbadel  mit  den  Ganfürstra  an  der  Spitze  ist  noch  im  6e- 
atze  seiner  grossen  Lftndereien  und  zahlloser  Knechte;  hi 
zahlreicfaen  Grabinschriften  rühmen  sich  die  Grossen  keinen 
Armen  bedrückt,  das  Recht  nicht  jrebeugt,  in  Hungersnotli 
und  Elend  geholfen  zu  haben.  Während  so  die  Masse  der 
Landbevölkerung,  die  Vorfahren  der  heutigen  Fellachen,  durch- 
aus in  Leibeigenschaft  lebt,  muss  in  den  Städten  sich  ein 
freier  Kau&nanns»  und  wahrscheinlich  auch  Handwerkerstand 


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■ 


f 


126  BntM  Badit  mnte  Abiteftt. 

entwickelt  haben;  der  Brief  der  Duauisechruta  hat  die  Me 
Wahl  des  Berufes  sor  Yoranieetzanif.  hnmer  mäehtifer  wird 
die  Stellung  der  Priestennhaft  an  Bedts  und  Einflnee.  In 
den  Tempelsehnlen  wird  die  lügend  hmngebildet,  nnr  hier 

ist  die  Würde  und  Weisheit  eines  Schreibers  zu  erlan^n. 
Die  Erlernung  der  Schrift  ist  einerseits  die  Vorbedingung  für 
jede  höhere  Stcllnnp^  im  Stnat-dienst  und  in  der  Priesterschaft, 
andererseits  eine  mühselige,  jahrelanges  Studium  in  Anspruch 
nehmende  Aufgabe.  Alle  Wissenschaft  trägt  vollends  einen 
religiösen  CSharakto'.  Auch  der  Bildhauer  und  der  Baumelsler 
flbt  ja  nur  die  Kunst,  deren  geheimmnlssToUe,  fCir  atte  Ewig- 
keit feststehende  Refeieln  der  Gott  Dhuti  den  Menschen  ge- 
offenbart hat  Nor  der  Schreiber,  d.  h.  der  priesterliehe 
Gelehrte,  nimmt  daher  am  geistigen  Leben  Theil,  er  ragt  weit 
enijior  aber  ilie  Masse  des  Volks,  das  von  seinen  Geheimnissen 
niciils  versteht  und  nichts  zn  wiesen  brauelit.  Alle  Kunst, 
Wissenschaft  und  Literatur  ist  nur  für  diesen  lierrschenden 
Stand  berechnet ;  die  Masse  lebt  von  ihm  in  voller  Abhängig- 
keit und  hat  an  der  geistigen  Entwickehuig  Aegyptens  keinen 
TheU. 

FQr  dm  wmefaaeiiden  finfloi«  der  reUgiOm  AmchaitangeD  tat  m 
eburakterittiMfa,  dan  die  Zahl  der  reUglfiMB  BigeniiaiDtn  kimar  aubr 
snnimmt  tad  i.  B.  M  dan  E8ni|an  die  in  Ütarar  Zeit  flut  aneeehliaa^ 
lieh  gebräuchlichen  Namen  ohne  religülaeii  Shm  Hut  TOtHg  Teraehwinden. 


V.  Verfall  des  thebanischeu  Beiclis.  Anardiie 

und  Fremdherrsdiaft. 

Dreizehnte  Dynastie. 

§.  105.  Das  neue  Gesclilecht,  welches  mit  Sebakhotep  I. 
den  Thron  bestieg,  scheint,  wie  aus  zahlreichen  Namens- 
berühruiigen  hervorgeht  —  z.  haben  zwei  Herrscher  des- 
s^ben  den  Vornamen  des  Amenen^a't  L  angenommen  nnd 


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Die  drdieliiite  DyntMi«. 


127 


die  bei  ibm  gewdimlidie  Ableltimg  der  Eigennameii  von  dem 
Gotteenameii  Setmk  knfipft  an  den  Namen  der  letzten  Königin 
Sebeknoihmf  an  ^  nüt  der  vorigen  Dynastie  tersetawfigert  ge- 
wesen zu  sein.  Sebakhotep  I.  begegnet  uns  in  den  Monumenten 
nur  ein  einziges  Mal,  in  einer  Nilhoiienmessung  in  Kumme 
aus  seinem  1.  Jahre  (T.kp-h;^,  Denkm.  II,  151  a),  ausser  ihm 
von  seinen  Nachfolgern  nur  noch  der  sechste  mit  dem  merk- 
wördig  componirten  Namen  Ameni-Antef-AmenemhaH,  von 
dem  zwd  AUartafeto  für  den  thebaniachen  Amon  erhalten 
sind  (IfABinTS,  Katnak  pt.  9.  10;  J.  di  Roirai,  Inacr.  7). 
Offenbar  ist  keine  dieser  Regierangen  von  langer  Dauer  ge- 
wesen, üsorpationen,  inelldcbt  auch  EmpOnmgen  der  Nomardioi 
werden,  wie  zu  Ende  der  6.  Dynastie,  das  Reich  erschüttert 
haben. 

Die  Grandlage  der  hier  und  im  Folgenden  gegeheaen  Darstellung 
bilden  ausschliecsHch  f^ie  sehr  zahlreichen  und  sichpr  «geordneten  Frag- 
mente des  Turiner  i'npyrua  und  die  wenigen  erhaltenen  Mnnumente. 
Manetho  ist  zu  dürftig  erhalten  und  seine  Angaben  sind  zu  problematisch, 
um  verwerthet  werden  zu  können.  Nur  so  viel  ist  sicher,  dass  den  hier 
(§.  105 — 107j  aulzutührenden  Königen  bei  ihm  die  dreizehnte  Dynastie 
von  60  Thebanem,  reg.  453  Jahre,  und  die  vierzehnte  von  76  Xoiten, 
reg.  184  (var.  484)  Jalm  entipneliML  Die  KOnigififttti  von  Abydot  end 
Saqqant  eli«ipring«i  di»  Zeit  vom  Ende  der  12.  Ins  warn  Anlkiig  der 
18.  Djneetie  volhttiidig^  die  Tefel  von  Kenak  gibt  swar  etwa  80  bierber 
fdiOrige  Namen,  doch  wie  gewöhnlieb  Jket  dwehweg  ohne  Beaehtong 
der  cfaxonolopaehen  Ordnimg. 

§.  lOö.  Mit  dem  11.  oder  12.  Nachfolger  des  Sebakhotep  I., 
Ransenib,  macht  der  Turiner  Papyrus  einen  Einschnitt.  \aa 
dem  folgenden  Geschlecht  von  etwa  15  Herrschern  sind  nns 
die  meisten  ans  einzehien  Denkmälern  bekannt,  und  wir  er- 
kennen,  dass  dieselben  noch  das  gesammte  Reich  Usertesen  HL 
^vonTanis  biaSemne,  ja  noch  weiter  nach  Nnbien  hinein  belimsdit 
haben,  wenn  es  audi  in  demselben  oft  stürmisch  zugegangen 
sein  mag.  Freilich  darf  man  die  Vorstelhingen  von  ihrer 
Macht  und  dem  Glänze  ihrer  Herrschaft  niclit,  wie  neuer- 
dings wohl  geschehen  ist,  zu  hoch  schrauben;  was  sie  uns 
binierlassen  babeui  sind  kurze  iDScbhften  und  allerdings  zum 


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128 


Enttt  Bach,  fOnfter  AbMlmitt 


Thefl  meisterhaft  gearbeitete  Statuen,  die  «ch  auch  liei  einer 
iLurzen  Regierung  und  beschrftnkten  Mittdn  sehr  wohl  her^ 
steilen  üessen.  Der  Umstand,  dass  der  sediste  König  den  Namen 

Mermasa'u,  d.  h,  »General«  führt,  also  offenbar  ein  Usurpator 

war  —  wir  besitzen  von  ihm  zwei  in  Tanis  gefundene  Colossal- 

statuen  — derzelinto,  Neferhotep,  Solni  eines  Privatmanns  war, 

der  vielleicht  durch  Heirath  auf  den  Thron  gekonnnen  ist, 

dass  wir  ferner  den  Namen  dieser  Herrscher  in  Verbindung 

mit  Tempeibaaten  nur  ganz  yerelnzelt  (in  Kamak  und  Abydos) 

begegnen,  dass  endlich  die  fünf  Regisruogen,  deren  Dauer 

wir  kennen,  nur  sehr  kurz  sind:  das  alles  wirft  ein  deutliches 

Lieht  anf  die  damaligen  Zustände  Aegyptens.  Als  die  mäch- 

tlirsten  Herrscher  erschehien  der  eben  genannte  Neferhotep 

{y^jf!.  11  Jahre),  der  mit  seiner  Familie  auf  Inschriften  in  der 

Gecrend  des  ersten  Kalaiaktes  (Assuan  Konosso  Selirl)  und  im 

"^rt'iiipei  von  Karnalc,  femer  in  einer  grossen,  sehr  interessanten 

Inschrift  aus  Abydos  erscheint,  und  von  dem  das  Museum 

von  Bologna  eine  Stattie  besitzt,  sowie  sein  zweiter  Sohn 

Sebakhotep  V.  (Gha^neferra^);  der  filtere  Sehathor  war  nach  einer 

Regierung  von  wenigen  Monaten  gestorben.  Von  Sebal^otep  V. 

hat  sich  eine  colossale  Granitstatue  in  Tanis,  mne  andere  tief 

im  nnbischen  Lande  anf  der  Insd  Argo  weit  oberhalb  des 

zweiten  Kataraktes  gefunden,  zwei  andere  bewahrt  das  Louvre. 

Auch  in  Karnak  wwd  er  mehrfach  genannt.   Die  drei  letzten 

Herrscher  dieses  Hauses  sind  ohne  grössere  Bedeutung. 

Die  I^jnifi.stifpinschnilte  werden  in  diesem  Tlieile  des  Turiner  Papyru« 
nicht  mehr  durch  Rubra,  sondern  nur  durch  die  Wiederhn]i;ri|?  der  Worte 
»er  regierte«  (amef  m  putenit)  bezeichnet.  —  Sechs  Herrscher  unserer 
Dynastie  erscheinen  auch  auf  der  Tafel  von  Karnak  (Nr.  35 — 38.  40.  41 
hei  Lei^ius,  Auswahl)  in  richtiger  Folge;  vgl.  Hnnoscn,  Gesch.  183.  — 
Honamente:  NilbOhen-Angaben  aus  den  Jahren  2.  3.  4  des  Sebakholep  III. 
(mit  ErwUumos  efaMt  dem  BegrOnder  d«r  Dynttti«  gleleliiiamigeii 
QtBiialt  Raiu«iiib)  Lvous»  Deokm,  ü,  161b. cd}  «r  Ist  «obl  aoeh  der 
KAiug,  dawen  Gfab  in  «inem  Wiener  Papynu  bei  Bkmmib,  IZ.  1876,  $ 
erwftbnt  wird.  —  SUtoen  des  KtmiMvL:  J.  db  RoeeC.  Inser.  76  u.  a.  s  vgl 
§.  112  Anm.  —  Aus  der  Regierung  de»  Ra*eeehem  soa^Uiui  Sebel^^otep  IV., 
des  Vorgftngere  des  Neferhotep,  besitzt  dasL  .uvre  eine  von  sweien  teiner 
TOebter  erriebtate  Stele  (Pribbe,  Moo.  S);  em  Skarabaeuss  MAnnm. 


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Dreizehnte  Dynastie. 


129 


Mon.  div.  48  j,  Abydos  III,  Nr.  13S3.  Die  ihm  von  Brugsch,  Gesch.  182 
ntgeschriebene  Statue  in  Tanis  scheint  die  Sebakhotep  V.  zu  sein.  Als 
Terstorben  wird  er  erwftbnt  IiEpsius,  Denkm.  III,  13  b.  —  Neferhotep :  Lepsius, 
Denkm.  II,  IM  e~h,  Marbtis,  Kamak  pl.  8o;  Abydos  II,  28— 80..  40g. 
Statue  in  Bologna;  Robrlldh,  Hon.  stor.  (Text)  II,  pl.  18,  Nr.  152; 
Imms,  Denkm.  in,  291.  Einen  Nefer]|iotep  II.  erwftbnt  PmiiisT,  GaUl. 
4e  It  saile  histoiiqiie  du  Loum,  p.  106.  —  Zu  Sehathor  vgl.  Mariette, 
Abydos  m,  Nr.  1394.  Gha'neferra*  Sebakhotep  V.:  Lepsids,  Benkm.  II, 
151  is  120  h.  i.  J.  DE  Rouoi,  Inser.  76  (RAn.  Y,  298).  Statuen  im 
Loone,  angebl.  aus  Bubestis,  bei  Rosblumi,  Mon.  etor.  Text^  m,  Tat  I, 
ff.  7. 8.  Ferner  M arieite,  Kamak  8  k.  n.  p.  Mon.  dir.  48  u.  (Skarabaeus). 
-  AlUrUfeL  des  Gba"ancbra*  Sebaklhotep  VL  in  Leiden:  Aeg.  Monum. 
te  Leiden  I,  pl.  87.  —  Gba'^^otepra*  Sebakhotep  711:  LEPsnis,  Eanigsbueb 
Kr.  211.  Ein  Skarabaeus  bei  Mariittb,  Mon.  dir.  48  p.  Statue  eines 
Cha'eheperra'  Sebakhotep  (VIII.)  in  Tanis:  Mariette,  RAn.  V,  299. 


KOnigiliflte  »aeh  dem  taziner  Papyrns. 

(M.  =  Monumente,  K.  mit  folg.  Nummer  —  Liste  von  Karnak.) 

1.  Ra'  Chutaui  Sebakhotep  L  M.K.  51  2(?)J. 8M.24T. 

2.  Sechemkara*. 

3.  Ra*  Ampnemha't. 

4.  Shotepabra*  [Ii. ;  der  erste  König  mit  diesem  Vor« 

namen  ist  Amenemha't  L]. 

5.  Aufna. 

6.  >'aiKhabra'  Ameni  Antet  Ameoemha't  M.K.  34. 

7.  Smenkara. 

8.  Shotepabra*  (lU.). 

9.  . . .  ka[ra']. 

[10.  Hier  fehlt  wahrsch.  eih  Name.j 

11.  Nesemahra' . 

12.  Ra  Sebakhotep  U. 

Dynastieeinschnitt. 

18.  Hansell  ib. 
U.  Antu  . .  ra'. 

15.  Seief . . .  ra*. 

16.  Ra'ssebem  ebataul  Sebakhotep  m.  M.K.  35. 

17.  üaer . . .  ja', 

18.  Smenehkara*  Mermafta'u  M. 
W.-..ka,. 

Ä). ; . .  Qser . . 

21.  RaWbem  soa^Uui  Sebakhotep  IV.  M.K.  86  .  .    8  J.  2  M.  x  T. 
«•nr,  Owöhlobto  das  Altnriaimis.  L  9 


130 


Erstes  Bucli,  fOnfler  Abschnitt. 


22.  Gha*8flefea*  Nefer^otep  M.K.  87  11    x  M.  z  T. 

28.  Sehathor  0  J.  x  H.  8  T. 

24.  Gha'neferra*  Sebak^otep  V.  H.K.  88. 

[2S.  Gha*aiiehra*  Sebakiu)tep  VL  H.K.  40  gehört  waht^ 

acheinlich  hierlier  ans  Ende  der  6.  Seite  dea 

Papyrae.] 

26.  Cha'^Qtepra'  Sebak^otep  TIL  M.K.  41    .  .  .  .    4  J.  8  M.  29  T. 

27.  Ua^abra*  A'ab  10  J.  8  M.  18  T. 

Ferner  ist  entweder  nach  Nr.  25  einzuschieben  oder  noch  späterer 
Zeit  angebGrig  der  oben  erwähnte  Ghacbeperra*  Sebakhotep  VIII.  —  Die 
Oesammtdaiier  dieew  Regierungen  lisat  aieh,  wie  maa  sieht,  auch  nicht 
durch  DorcbschnittsrechDung  irgendwie  bestimmen. 

§.  107.  Weit  weniger  noch  als  7on  den  bisher  erwfihnten 
wissen  wir  von  den  folgenden  Herrschern,  deren  Namen, 

wahrscheinlich  etwa  100,  in  mehrere  Dynastien  getheilt  im 
Turiner  Pa[jyru3  fast  volle  vier  Spalten  gefüllt  haben.  Wo 
uns  Jahreszahlen  erhalten  sind  —  im  ganzen  sind  etwa  22 
mehr  oder  w  eniger  voUständig  erlcennhar  —  weisen  sie  durchweg 
ganz  kurze  Regierungen  auf,  von  wenigen  Monaten,  von  einem 
oder  zwei  Jahren  und  einigen  Monaten,  weit  seltener  von  drei 
oder  vier  Jahren;  eine  grossere  Regierungszahl  kommt  unter 
den  erhaltenen  nur  ein  einziges  Mal  vor,  bei  dem  ersten 
Herrscher  des  neuen  Geschlechtes,  Merneferra*  Ai,  der  13  Jahre, 
B  Monate,  18  Tage  regierte.  Dem  entspricht  es,  dass  nur 
sehr  wenige  dieser  Könige  monumental  bekannt  sind,  und 
zwar  meist  durch  unbedeutende  Denkmäler;  ganz  vereinzelt 
erscheinen  ihre  Namen  in  den  Stembrüchen  von  Hamm&mftt, 
oder  in  K;irii;ik  und  Abydos,  oder  haben  sich  Statuen  erhalten, 
deren  Aibeil  weit  schlechter  ist  als  die  der  unmittelbar  vor- 
hergebenden Epoche.  Doch  stammen  aus  ihrer,  sowie  aus  der 
unmittelbar  vorhergehenden  Zeit  ausser  einer  Reihe  kleinerer 
Gräber  und  Grabstelen  namentlich  in  Abydos  auch  zahh'eiche 
Felsengräber  in  Elkab  (Eiletthyia)  und  wahrscheinlich  die  grossen 
Felsengräber  von  Siut  (Lykopolis),  welche  uns  die  dortigen 
Oberpriester  des  Anubis  und  Vorsteher  des  Nomn^  im  Voll- 
besitze des  Wohlstandes  und  der  Macht  zeigen,  bie  sind  für 
diese  Zeit  von  ähnlicher  Bedeutung  wie  die  Gräber  von  Beni- 


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Dreizehnte  Dynaslie. 


131 


hassan  für  die  12.  Dynastie,  nur  leider  viel  schlechter  erhalten 
und  viel  ärmer  an  historischen  Angaben. 

Liste  derKöni^'e  dieser  Zeit,  soweit  der  Papyrus  einiger- 
maassen  erhalten  ist,  bei  Bklüscii,  Gesch.  178  f.  Die  beiden  letzten 
Columnen  des  Papyrus  sind  unrettbar  zerstört.  —  Gräber  von  Siut :  Mariette, 
Mon.  div.  64  —  69.  Der  lediglich  auf  den  Todtencult  bezQglicbe  grosse  Text 
ttns  dem  Grabe  Nr.  1  übenebt  von  Haspbro,  T^.  Soc.  Bibl.  Arcfa.  VII,  6  ff. 
Ebmas,  AZ.  1882»  159  ff.  Von  den  Giftbeni  ? ob  Elkab  gehörten  i.  B.  die  Ton 
Lepbiob,  Denkm.  lU,  18  pabKeirten  hierher,  Todtenstelen  aus  dieser  Zeit 
tind  demlicfa  ahlreieh  erhalten,  namentlich  in  Abydos:  Mariette,  Abydos 
m,  Nr.  766—1046.  Aach  die  grosse  Grabsehrift  der  Nomarchen  von 
HerakleopoUa  magna  (Hatchenensu)  Qotep  bei  MAnisTTE,  Hon.  div.  21  ge* 
hOrt  dieser  Zeit  an,  femer  die  interessante  von  Fiesmh  im  Ree.  des  travaux 
I,  107  veröffentlichte  Inschrift.  —  Denkniftler  von  KOnigen  oder  mit 
Ktaigtnamen:  Die  drei  ersten  KOnige,  AI  (s.  !m  Text),  Mer^etepra'  Ana 
(2  J.  2  H.  9  T.)  und  Sua^enra'  (8  J.  2  M.)  finden  sich  nach  Lautb, 
Man(  tho  239  auf  einem  Denkmal  des  Louvre.  König  Ai  such  bei  Lepsius, 
Königshucb  218  und  auf  zwei  Skarabaeen  bei  Mariette,  Mon.  div.  48  o.  q. 
—  Inschrift  aus  J.  7  eines  Sebakemsauf  in  ^ammämät:  Lepsius,  Deiikm. 
n,  151  k.I.  Statue  in  Abydos:  MARmna,  Abydos  U,  26,  vgl.  III,  Nr.  347. 
Die  Beraubung  des  Grabes  eines  anderen  Sebakemsauf  wird  im  Pap. 
Ahbott  f§.  95)  und  Amhurst  (Chaba^,  M61anges  III,  2)  erwähnt,  und  das 
British  Museum  besitzt  einen  Skarabaeus  von  ihm  mit  Todtcntexten : 
BiRCH,  HA.  XVI,  2G9.  Wahrscheinlich  ist  sein  Grab  das  von  Mahiette, 
RAn.  II,  2^  erwflhnte.  Stele  seiner  nach  im  Pap.  Abbot  prwilhnten  Gemahlin 
Xubcha'  =  im  T.niivre  C.  13.  Ein  dritter  bei  LiK.ni.Eix.  Üict.  des  noms  r'^l. 
Gegenstände  aus  dem  Grabe  eines  von  ihnen  in  Leiden:  LFtMAN.-,  Lettre 
ä  M.  Salvolini  1838,  p.  121.  —  Inschrift  eines  Meucha' ra  'Anab  aus 
ALydos;  J.  uk  Kokik,  Inscr.  15  =  Makiktte,  Abydos  II,  27.  —  Inschriften 
des  Amenisenib.  betretTend  Restaurali'  iip'n  am  Tempel  von  Abydos  aus 
der  Regierung  eines  Königs  Ma'anenr;i  leienra  im  Louvre:  Lti'sius, 
Asswsbl:  pRissE,  Mon.  9;  Sharpe,  Egypl.  Inscr.  II,  23.  24;  de  Horrack  in 
Chabas,  M^langes,  8  s^r.,  II,  203  iT. ;  vgl.  Maspero  in  M^l.  d^arch.  egypt. 
1, 140:  —  Bauten  eines  SOnigs  Merikara*  werden  im  Grab  4  in  Siut  erwähnt : 
MiBiRTB,  Moo.  div.  69  (ss  Lepsius,  Denkm.  II,  150g) ;  vielleieht  ist  er  iden- 
lisch  mit  dem  im  Tor.  Pap.  genannten  KOntg  Merkara*  und  dem  in  Kamak 
(MAKism,  Kamak  pl.  8 1)  und  auf  der  Tafel  von  Kamak  Nr.  45  vor- 
kommenden Herkanra'  Sebakbotep  (IX.)«  ^  Andere  KOnige  dieser  Zeit: 
LDnoB,  Denkm.  II,  150  f.  KOnigsbuch  Nr.  217.  219.  Mabiettb,  Kamak 
pl.  8  m.  r;  mon.  div.  pl«  48  b.  n.  t.  (vgl.  $.  218  Anm.).  —  Die  in  Nimrud 
StAmdene  Elfenbeinplatte,  auf  der  swei  aegyptisehe  Figuren  und  swischen 
ihnen  eine  Gartouehe  mit  dem  Namen  Abnu-ra'(?)  dargestellt  sind 


132 


Ersles  Buch,  fünfter  Abschnitt. 


(Layard,  Mon.  of  Nio.  1.  ser.  pl.  89,  11;  vgl.  Biiicai,  Tr.  Soc  Lit. 
2.  8er.,  III),  gebSrt  nicht  einem  der  in  dieser  Zeit  herrschenden 
Könige  Uben-n*  «n,  eondem  ist  ein  pseudoaegyptischee  Machwerlc;  vgl« 
$.  201  Anm. 

Die  Framiiherrschaft 

§•  108.  Die  angeführten  Thatsachen  lassen  deutlich  er- 
kennen, dass  in  dieser  £poche  in  Aegypten  ähnliche  Zustande 
herrschten  wie  im  römischen  Reich  im  dritten  Jahrhundert  n.Ghr. 
Die  meisten  der  Imrzlebigen  Herrscher  waren  offenbar  Usur- 
patoren, die  rasch  von  anderen  wieder  gestürzt  wurden:  viel- 
fach werden  mehrere  Pratondenten  neben  einander  gestanden 
haben.  In  der  That  scheinen  denn  auch,  wie  zuerst  wieder 
reicheres  Licht  auf  die  aegyptische  Geschichte  fallt,  eine  ganze 
Reibe  offenbar  localer  Dynasten  neben  dem  Oberkönig  von 
Theben  zu  stehen  (§,  213).  Daneben  beginnen  fremde  Völker 
in  Aegypten  einzudringen.  Wenn  Neferhotep  und  Sebakhotep  V. 
noch  ganz  Aegypten  von  Nubien  bis  Tanis  beherrschten,  so 
geht  unter  ihren  Nachfolgern  das  Delta  verloren.  Es  ist  eine 
nicht  unwahrscheinliche  Vermuthung  Stern's,  dass  unter  Ma- 
netho's  14.  Dynastie  von  76  Königen  aus  Xois  (im  westl. 
Delta)  libysche  Fremdherrscher  zu  verstehen  seien,  welche  das 
westliche  Delta  occupirten.  Vor  allem  aber  ist  ein  asiatischer 
Stamm  in  dieser  Zeit  eingedrungen  und  hat  die  Macht  der 
Pharaonen  von  Theben  aufs  äusserste  bedrängt,  die  Mentu 
(§.  75)  oder,  wie  i  Kin  jetzt  sagt,  Mentiu  von  Sätet,  d.  h. 
dem  (asiatischen)  »Barbarenlande«,  wie  sie  die  Zeitgenossen,  die 
«Hirten«  (irottiivsc)  oder  Hyksos,  wie  sie  Manetho  nannte. 

Ueber  die  Gründe  für  meine  chronologieehe  Ordnung  s.  §.  112.  Die 
Xoilen  Libyer  nach  Stern,  ÄZ.  1883, 24.  Hanetho*s  Geecbiehte  der  flyksoe 
ist  erhalten  bei  Jos.  c  Ap.  I,  14.  Mentiu  Sätet  heissen  die  Fremden  in  der 
Inichrift  des  A'a^mes  (vgl.  §.  214),  sonst  werden  sie  bSuflg  auch  Aad  »die 
Pest«  genannt.  VCtatoz  bedeutet  wahrscheinlich  »Forsten  der  §8su«  d.  h. 
der  Beduinen  der  Sinaibalbinsel.  In  der  That  seheint  Mentu  der  Altere, 
§asu  der  im  Neuen  Reich  aufkommende  und  spAter  —  abgesehen  von  den 
stereotypen  Formeln  der  Siegesinschriften  —  allein  gebrftuchliehe  acgyp* 
tische  Name  derselben  gewesen  zu  sein.  —  Im  allgemeinen  s.  Ghabas,  Lea 
pasteufs  en  £g7pte,  Amsterdam  1868}  Ebers,  Aeg.  6.  Mos.  I,  198  ff. 


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Die  Hykaos. 


133 


§.  109.    Wes  SLammeä  die  Hyksos  waren,  ist  nicht  be- 
kannt.   Die  Andeutungen  der  Ueberlieferang  weisen  darauf 
hin,  dass  wir  es  hier  mit  einem  Einbruch  Ton  Beduinen- 
slämmen  zu  thun  haben  ^  mit  einer  der  so  häufigen  Ueber- 

schwemmungen  der  CuUurlande  durch  die  Nomaden  der  Wüste. 
Wenn  daj^enren  die  Denkmäler,  auf  denen  wir  den  Namen 
ihrer  Könige  begegnen,  die  Portraits  derselben  darstellen,  so 
waren  sie  entschieden  nicht  semitischen  Ursprunges,  denn 
diese  breitknochigen  Gesichter  mit  aufgeworfenen  Lippen  und 
gmäea  Nasen  sind  das  gerade  Gegentheil  der  von  den 
Aegyptern  so  charaktenstlseh  gezeichneten  Portraits  der  semiti- 
schen Stämme.  Ebenso  stark  weichen  die  Gesichtszüge  von 
dem  aegyptiscben  Typus  ab.  Falls  also  nicht,  was  indessen 
nicht  unmöglich  ist,  hier  fremde  Monumente  ganz  unbekannter 
Zeit  und  Herkunft  von  den  Hyksos  lediglich  usurpirt  sind, 
so  müssen  dieselben  einer  unbekannten,  möglicherweise  inner- 
asiatischen Nationalität  angehört  haben.  Eine  Vermuthung 
s.  §.  137.  Sicher  ist  jedenfalls,  dass  im  Gefolge  der  Hyksos  massen- 
haft semitische  —  und  zwar  kana*anaeisctie,  nicht  arabi.^-ehe 
—  Elemente  in  Aegypten  eingedrungen  sind.  Die  aegyptische 
Sprache  ist  seitdem  mit  kana'anaeischen  Worten  durchsetzt, 
die  specifisch  kana*anaeischen  Gottheiten  Ba'al  Astarte  [in  der 
femininen  Form,  s.  §.  174]  'Anat  Relep  u.  a.  werden  seit- 
dem im  östlichen  Delta,  ja  in  ganz  Aegypten  vielfach  verehrt, 
zaJiireicli  begegnen  uns  überall  in  den  nächsten  Jahrhunderten 
kana'anaeische  Personennamen. 

Die  Portraits  der  Hykyürisphiüxe  und  Statuen  sind  völlig  verschieden 
z.  B.  von  dem  eines  Sasuhäuptlings  aus  der  Zeil  Ramses  III.  (bei  Brugsch, 
Geogr.  Inschr.  H,  Taf.  B) ;  flbrigens  herrscht  nach  Mariette  bei  den  An- 
wohnern  des  MenzAleseos   noch  jetzt  derselbe  Typus  vor.  Manelho's 
Angabe  fbei  Jos.  1.  c.)  v.'/ti  oi  ).v(rj<.jz'./  abzob^  "A^a^ia;  ji/ct:  [nach  den 
Auszügen  bei  Africanus  und  Eusebius  nannte  er  sie  dagegen  I'hoeniker] 
bat  jiatQrlich  keinen  grOneren  Werth.  Ich  mache  darauf  aufoierksam, 
dass  die  Götter  Ba*al  *Aitofet  n.  b.  w,  den  Arabern  xölW^  unbekannt 
sind,  und  d9»  es  sehr  wohl  möglich  ist,  dass  in  dieser  Zeil  und  noch 
weit  später  die  Beduinen  der  Sinaihalbineel  Kana*anaeer,  nicht  Araber 
ivaren  (s,  §•  l'^^  Anm.).  Ueber  die  semitischen  GOtter  in  Aegypten  s. 


134 


Erstes  Bucb|  fünfter  Abschnitt. 


m.  Aufsatz  ZDMG.  XXXI,  724.  —  Dass  ühri«;;!»!!»  jedenfalls  schon  weit 
früher  im  östlichen  Delta  zahlreiche  Semiten  ansässig  waren,  ist  §§.  43.  98 
bemerkt. 

g.  110.  Genauere  Nachrichten  über  den  Einfall  der  Hyksoe 
haben  wir  nicht.  Sicher  ist,  dass  sie  sich  In  Unteraegypten 
dauernd  festsetzten  und  hier  einen  Staat  gründeten,  der  natür- 
lieh  völlig  nach  aepyptischem  Musler  geordnet  war.  Ihre 
HaupUitze  waren  die  grosse,  von  ihnen  angelegte  oder  erwei- 
terte Grenzfestung  Hatu'ar  (Aoapi<)  d.  i.  entweder  Pelu.siuin 
oder  ein  wenig  südlich  davon  gelegener  Ort,  und  Tanis,  die 
mächtige,  durch  zahlreiche  Bauten  der  12.  Dynastie  geschmückte 
Hauptstadt  des  Östlichen  Delta,  die  eigentliche  Residenz  der 
Hykso?könitJ:e.  Dass  auch  Memphis  und  selbst  das  Faijürn 
dauernd  iii  ihren  Händen  war,  scheint  sicher ;  dagegen  werden 
sie  Oberaegypten  höchstens  vorübergehend  eroi>ert  haben.  Iiier 
herrschten  eben  während  dieser  Epoche  die  §.  107  erwähnten 
Könige  und  ihre  Nachfolger,  vielleicht  zum  Theil  als  tributäre 
Vasallenffirsten,  weshalb  sie  gelegentlich  auch  nur  den  Titel  hr  <| 
d.  h.  »Fürst«  erhalten.  König  Merneptah,  der  Sohn  des  grossen 
Ramses,  spricht  von  dieser  Zeit  als  der  »Epoelie  der  Könige 
von  Unteraegypten,  da  dieses  Land  Qem  in  ihrer  [Gewalt] 
war  und  der  Erbfeind  (aad,  die  ,PesL')  es  behauptete,  zur 
Zeit  da  die  Könige  von  Oberaegypten  [machtlos  warenjc. 

Die  Lage  von  Auaris  ist  noch  nicht  sicher  gestallt;  die  früher  ati- 
;xenommene  Identität  desselben  mit  Tanis  (aeg.  So'an  oder  ge» 

wohnlichor  Saruj  ist  jetzt  aufgegeben.  Die  Stelle  aus  dem  Mernephtali- 
text  (ZI.  3U,  bei  DCüichen,  Hisl.  hischr.  I,  4;  MAUitirt;,  Karnak 
pl.  53)  hat  zuerst  de  Rouge  erklärt.  —  Wi£Dehakn,  Gesch.  Aeg.  21  will 
die  Granitstatue  des  Louvre  A  18,  wdahe  den  Kanm  Amen^iotep  III. 
tr&gt  und  Siege  Ober  nobiache  VOUceraehaften  beriehtet,  dem  HyksoslLlkiig  * 
Apepi  suflchreiben.  Aber  wenn  er  anch  erwiesen  hat,  dass  Ameii|tolep  UL 
sie  lediglich  usurpirt  bat,  so  ist  sein  Argument  dafSr,  dass  sie  dem 
Apepi  angehöre,  Äusserst  sehwach;  eher  wird  sie  von  einem  Könige  der 
12.  Dynastie  stapimen,  wie  die  Statue  A  S9  mit  dem  Namen  Ramses  II. 
(Dev^ria,  RAn.  IV,  249  f.)  und  so  manche  andere* 

§.  III.  Dass  die  Hyksos  bei  der  Eroberung  Aegyptens 
arg  gehaust  haben,  ist  sehr  wohl  mögUch;  die  Behauptungen 


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Horracbafl  der  Uybgoa. 


135 


Manetlio's  aber,  dass  sio  systematisch  Tempel  und  Denkmäler 
zersKirt  liälten  u.  s.  w.,  wird  durch  die  Thatsachen  widerlegt. 
Als  Hanpt<.^jtt  verehren  sie,  wie  es  Ausländern  zukommt,  den 
Sutecb  oder  Set  (g.  55),  mit  dem  Beinamen  »der  goldenec^ 
wonmter  wahrscheuilidi  der  Sonnenba'al .  zu  verstehen  ist 
Ihm  haben  sie  in  Tanis  einen  grossen  Tempel  gebaut  und 
sein  Gttit  hat  im  Mlicben  Delta  bis  In  spAte  Zeiten  fort- 
bestanden;  auch  als  »Herr  von  Auaris«  wird  er  in  dieser 
Zeit  bezeiclinet  Daneben  aber  werden  die  ae^ptischen  Götter 
Ijeibehalten ,  die  Könige  nennen  sicli  »Sölme  des  Ka«  und 
beginnen  ihren  Thronnamen  meist  mit  Fla'  sogut  wie  die 
aegyptischen  Herrscher,  üel^erlianpt  wird  naturgemäss  die 
aegypÜsche  Gultur  von  den  Fremden  vdUig  adoptirt.  Der 
Umstand,  dass  ein  uns  erhaltenes  mathematisches  Handbuch 
unter  der  Herrschaft  eines  Hyksoskönigs  »nach  alten  Vor- 
lagen« geschrieben  ist,  und  dass  wir  eine  Scbreiberpalette 
Isesitzen,  welche  derselbe  König  dem  Schreiber  Alu  geschenkt 
hat,  lehrt,  dass  das  Schriftthum  auch  unter  ihrer  Herrschaft 
gedieh.  Die  Monumente,  welche  wir  ihnen  zuzusclireiben 
haben,  vor  allem  in  Tanis  gefundene  Sphinxe  mit  Königs- 
köpfen, eine  Gruppe  von  zwei  Männern  vor  einem  Altar  mit 
Fischen,  das  Bruchstück  einer  Statue  aus  Mit-Fares  im  Faijüm, 
weichen  zwar  im  Gesichtstypus  und  ebenso  in  der  Tracht 
Töllig  von  den  aegyptischen  ab  (vgl.  §.  109);  aber  die  Arbeit 
ist  durchaus  die  der  aegyptischen  Künstler  und  meist  sehr 
sorgfältig  ausgeführt. 

Di«  Angabe  des  Pap.  Sallier  I.,  EAnig  Äpepi  hebe  Snteeh  m  seinem 
Ckitto  geneeht  und  keinem  anderen  der  CKttler  des  Landes  gedient, 
iet  Debettreibang  dee  Volksmftreiiena.  —  Der  malh.  Papyras  Rhind  (edirt 
nnd  abcnetst  v<hi  EistKLOHR  1870;  data  Roinv,  Joorn.  As.  YU,  18,  184  ff^ 

8d0  ff.)  ist  im  88.  Jahre  eines  König  Ha"nus  geschrieben,  der  mit  dem 
Hauptnamen  Apepi,  der  ihn  als  Hyksosk<ynig  charakterisirt,  auf  der 
erwähnten,  neuerdings  vom  Berl.  Mus.  erworbenen  Holzpaletle  erscheint, 
deren  Kenntniss  ich  Herrn  Dr.  Stern  verdanke.  Monumente  der  Hyksos: 
Maiiiette  und  i.f  noicf  RAn.  III,  97  ff.,  248.  mi,  V,  297  flf.;  Deveria, 
ib.  IV,  24Ö  fl".  Die  Alon.  von  Tanis  u.  a.  photoiiraphirt  bei  de  Roüg^, 
Album  pbologr.  Nr.  116—124.    Die  Statue  voa  Mit-Fares  1.  c.  und 


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136 


Entes  Bwh,  fOnlUr  Absehiutt. 


Mariktte,  Mon.  div.  39.  —  Ferner  der  grosse  Hyksossphinx  des  Louvre 
A  2:^  mit  völlig  zerstörtem  Namen;  ein  Kopf  in  der  Villa  Ludovisi,  pu- 
blicirt  von  Lenormant,  Bull,  della  commissione  archeol.  comniun.  dl  Homa 
V,  1877,  Taf.  IX.  —  Den  in  Hagd.nl  gefundenen  L/)won  (jetzt  im  lirit. 
Mus.)  mit  der  Legende  »der  gute  Gott  Ra*-Set((*)nub[LiJ«  auf  der  Brust 
(RAn.  IV,  257)  halte,  ich  für  eins  der  io  Westasien  entstandenen  pseudo* 
acgfptiwlien  MoBamente  (8$.  107  Anm.  und  201  Anm.). 

§.  112.  Die  Dauer  der  Hykaosberrscbaft  ist  ans  anbe- 
kannt, ebenso  dh  Zahl  ihrer  Könige.  Bfanetho  Iftsst  zwei 
Hyksosdynastien  (Dyn.  15.  16)  (Uaer  ganz  Aegypten  regieren, 
welche  nach  Josephns  zusammen  511  lahre  geherrscht  hfitten, 

während  der  Auszug  des  Africanus  der  ersten  284  Jahre  [ein 
offenbares  Versehen  für  260,  was  Josephus'  Zahlen  ergebcnj, 
der  zweiten  518  [ßaib.  ul8]  Jahre  gil)t.  Darauf  hatten  gleich- 
zeitig 43  Hirten  und  43  thebanische  Könige  151  [Darb.  221] 
Jahre  lan^  geherrschf ;  es  sei  dies  die  Zeit  des  BefreiungskampfeSt 
der  mit  der  Vertreibung  der  Hyksos  geendet  habe.  Diese 
Zahlen  sind  unmöglich  richtig;  aber  es  gibt  keinen  Weg,  auch 
nur  approxtmatiT  die  historische  Wahrh^t  zu  finden.  Nur  so 
Tiel  lässt  sich  sagen,  dass  die* Monumente  eine  Lücke  von 
grösserem  Umfange  —  und  nun  gar  von  500  und  mehr 
Jahren  —  zwischen  dem  Ende  der  18.  [resp.  14.]  Dynastie 
und  den  Anfängen  des  Neuen  Reichs  unmöglich  zulassen.  Die 
Stammbaume  der  Nomarchen  und  Adligen  von  Elkab  (Eileithyia, 
g.  107)  aus  dem  Anfang  des  Neuen  Reiches  weisen  schon 
nach  wenigen  Generationen  Namen  auf,  die  unzweifelhaft  Zeit- 
genossen der  ld./14.  Dynastie  angehören  ^).  Die  Monumente 
der  ersten  Herrscher  des  Neuen  Reiches  in  Theben  zeigen  die 
engste  Verwandtschaft  mit  den  älteren  th^nlschen  und  auf- 
feilender Wose  gerade  mit  denen  der  11.  Dynastie,  üeber- 
haupt  klafTt  zwischen  der  Zeit  der  Amenomli^i  L  und  Sebakhotcp 
und  dem  Neuen  Reiche  weder  im  Geistesleben  noch  in  der 
Kunst  eine  unvermittelte  Lücke,  die  der  zwischen  dem  alten 


^)  Die  Sitte,  die  Kinder  nach  den  regierenden  Herrschern  zu  be- 
nennen. )ierrschte  in  Aegjrpten  mehr  noch  als  anderswo  und  genrährt 
häutig  einen  sicheren  efaronologiicben  Anhaltspunkt. 


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Chronologie  der  Hyksoszeit, 


137 


memphitischen  Reich  und  der  12.  Dynastie  vergleichbar  wäre. 
Offenbar  haben  wir  die  inanethonischen  Zahlen  sehr  bedeutend 
ZQ  leduciren,  die  Hyksosherrschaft  als  den  §.  107  besprochenen 
kurzlebigen  Herrschern  im  wesentlichen  gleichzeitig  zu  be- 
trachten  und  an  diese  umnittelbar  die  ersten  Herrscher  des 
Neuen  Reiches  anzuknüpfen ,  welche  den  Befreiungskampf 
unternahmen.  Wenn  wir  auf  die  ersten  Könige  tler  13.  Dy- 
nastie (§.  105  f.)  —  da  Zahlenansätze  sich  einmal  nicht  ver- 
meiden lassen  —  etwa  150  Jahre  rechnen,  so  würden  vom 
£ade  der  12.  Dynastie  bis  auf  die  Vertreibung  der  Hylcsos 
unter  A'ahmes  höchstens  etwa  400  Jahre  zu  rechnen  sein. 
Im  übrigen  wissen  wir  nur  noch,  dass  ein  Hyksoskönig  Nubti 
400  Jahre  vor  Ramses  II.  geherrscht  hat 

Ans  Uanetho  «nd  die  Namen  der  ersten  seehs  HyksoskAnige  bei 
Jof.  und  Afrie.  erhalten :  Satttjc  oder  SÄKanc»  Bvwv»  'Aicaxvdtv,  ^A^w^t/^ 
Stoav  (und  var).  ''ApxXii«  oder  ^Aom^,  Ueber  die  manetb.  Daten  rgl. 

Erman,  ÄZ.  1880,  125.  —  Auf  den  Denkmälern  sind  ihre  Namen  meist 
Töllig  zerstört;  bekannt  sind  nnr:  1) König  Sel'apehti  Nubti,  nach  dessen 
400.  Jahre  eine  Stele  in  Tanis  unter  Ramses  II.  datirt  ist.  Publicirt 
Ton  MARiETTr,  RAn.  XI.  169  ff.,  besprochen  von  dems»,  db  Rouge,  RAn.  IX, 
Chabas,  ÄZ.  1S65,  29  fif.  Dass  Nubti  ein  Hyksoskönig  war,  scheint  nach 
seinem  von  Set  hergeleiteten  Namen  und  Titel  unzweifelhaft.  Nach 
WijTr¥ANN.  ÄZ.  1879,  140  findet  sich  ein  ähnlicher  Name  auch  auf  Bige 
bei  Pbilae;  ob  der  in  Aliydos  gefundenn  Skarabaeus  bei  Mariette,  Abydus 
!1.  40r  wirklich  ilini  zu^^ehört,  erscheint  mir  sehr  frr^fzlich  ;  dagegen  ist 
(lerstihe  Name  vielleicht  auch  in  dem  auf  eine  ältere  zu  Teil  Moqdam 
W  Tanis  gefumlene  Königsstatue  gekritzelten  Namen  zu  erkennen 
(Marihte,  RAn.  III,  33G,  IV,  259,  mon.  div.  63  c;  Ehmvn.  ÄZ.  1877,  37). 
Leider  wissen  wir  nicht,  in  welche  Zeit  der  HyksusiierrschaCt  Künig 
Nubti  gehört  —  Ganz  unhaltbar  sind  die  Construclionen  von  VVif.demann, 
AZ,  1879,  140  IT.  (dagegen  Piehl,  Ree.  de  travaux  II,  121)  und  Kuall, 
Compos.  des  maiieth.  (leschichtswerks  104  f.  [Dass  die  dem  Bokchoris  bei 
Manethü  zugesetzte  Noliz  »990  J.«  sich  nicht  auf  eine  Aera,  sondern  auf  die 
Aiisetzung  des  Exodus  unter  diesen  König  durch  Lysimachus  bezieht,  hat 
Lactb,  Aeg.  Chronol.  212  zuerst  erkannt;  vgl.  Gelzer,  Africanus  I,  204  f.] 
kb  mache  noch  darauf  aufmerksam,  dass  auf  der  Stele  Ramses  den 
Hobti  weder  als  seinen  Ahnherrn  heseicfanet,  noch  ir^ndwie  ▼erfaerrlieht, 
Bbl,  Sonnen-  und  Siriu^ahr  der  Ramessiden,  bezieht  die  Aera  auf  die 
angebliehe  Einführung  eines  festen  Jahres  [im  J.  1766  Chr.] ;  sie  kann 
jedoch  auch  irgend  welche  andere  Veranlassung  hatten.  —  2)  ROnig 


138 


Erotot  Badi,  fünfter  Abtelmitt 


Ra'ans  Apppi  d.)  s.  §.  III.  —  3)  rui"aqenen  Apepi  (II,).  Jer  «einen 
Natneii  auf  die  Schultom  der  heiklen  Golosse  des  Mennasau  in  Tanis 
(§.  ICK))  gekratzt  hat:  Mabtettr  uiul  vv  Rougk.  [{An.  III,  102,  V,  29Ö.  308; 
J.  DE  Rouge,  Inscr.  7ß;  Makü tte  in  Mel.  irarch.  »igypt.  et  assyr.  I.  66.  — 
4)  Der  König  Apepi  (III,)  des  Pap.  Sallier  I.  —  Dem  Namen  Apepi  ent- 
spricht bei  Manetho  ''Af uii|>i(: ;  die  Annahme,  dass  Säkatt;  und  Bvüiv 
moDumeoUl  naebweisbur  eeieo,  war  ein  Irrthom,  s.  Ehman,  ÄZ.  1877, 37. 
—  Ob  der  Turiner  Papyroe  in  femtm  erhaltenen  Tbeil  noch- die  Hykna 
aufgeiShlt  bat,  ist  ftaglieb;  man  eiiganrt  indeefen  in  Fr«  112,  das  dann 
an  den  letsten  ScbluM  des  Pap.  geboren  würde,  iwei  mit  A  beginnende 
Namen  gewdbnlieb  zu  A[pejn].  —  Ueber  die  BerQhrangen  nriseben  der 
18.  imd  17./1S.  Dynastie,  namentUcb  In  den  fiigennamen  e,  LnEBumr, 
ehnm.  i%»  0, 

Gulturentwickeluns.   Abscbluss  des  Aegypterthum$. 

§.  113.  In  der  hinter  ims  liegenden  Epoche  der  politi« 

scheu  Zersetzung  und  Fremdherrschafl  ist  die  Ausbildung  des 
Aegry])terthuins  zum  Abschluss  gekuuimen.  Auf  allen  Gebieten 
des  Lebens  werden  die  Resultate  der  Juhrhunderle  oder  Jahr- 
tausende langen  Erfahrungen  zusammengestellt  zu  einem  festen 
Schema,  das  fortan  als  maassgebeod  und  bindend  gilt  und 
natürlich  als  göttliclien  Ursprungs  ~  speciell  als  Offenbarmig 
des  Dliuti  ^ermes  Trismegistos)  »  betrachtet  wird.  Den 
folgenden  Generationen  ist  höchstens  noch  eine  weitere  Ans* 
spinnung  des  Details  überlassen.  Natürlich  ist  vor  allem  das 
religiöse  Leben  diesem  Ritaal  völlig  unterworfen ;  auf  rehgiösem 
Gebiete  hat  sich  das  Schema  ja  aucli  in  erster  Linie  entwickelt 
und  das  Streben ,  in  den  Zeiten  der  Noih  die  Götter  durch 
genaueste  Befolgung  ihrer  Satzungen  wieder  günsti«^  m  stimmen, 
wird  wesentlich  mit  zu  seiner  Ausbildung  beigetragen  haben. 
Alles  ist  fortan  auf  diesem  Gebiete  stereotyp;  jeder  Hymnus,  jede 
Tempelinschiift  wird  nach  einem  bestimmtem  Seh^a  ver^sst 
und  bis  ms  unendliche  begegnen  wir  immer  wieder  deinsdbeiL 
Formdn  und  Anrufongen.  Das  CSeremoniell  des  Gultns  Ist 
natürlich  bis  ins  kleinste  Detail  vorgeschrieben;  zahlreiche 
iiiUialbücher  der  einzelnen  Tempel  sind  uns  erhalten.  Die 
Todtentexte  werden  definitiv  redigirt,  die  Masse  der  einzelnen 


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AbsehhMS  der  aegyiiUsebeii  Gultar. 


189 


auf  die  Identitst  der  Todten  mit  Osiris  und  den  enderen 
CrOttern  bezögliehen  GapKel  za  einem  groesen  »Buch  ▼om 
HeiTortreten  bei  Tagec  zusammengefiRset,  an  dem  die  Folge- 
zeit wenig  mohr  geiinderl  hat. 

Von  don  42  lieil.  Bürherii  dos  ITormM.  wplchR  dip  g:e<?annmte  Weis- 
heit der  Aegypter  zusammen fasslen.  bericVitel  (^lem.  AI.  Strom  VI,  4:  im 
übrigen  vgl.  Jamhlichos,  Do  niyst.  8,  4;  spätere  erzählen  von  20,000 
oder  36,500  Büchern  des  Hermes.  Ui.  8,  1.  —  Ueber  die  erhaltenen 
Hilualbücher  s.  v.  Lkum,  Das  Rilualbuch  des  Animondienstes  1882.  Dasä 
die  Hymnen  der  TeropelineehriCten  keine  fOr  den  augenblicklichen  Bedarf 
verfMin  NeuachCpfungen  sind,  eoadem  darehweg  fetten  Torlagen  mH 
geringen  Umindeniiigeii  enlnommeD,  iit  melirftieh  bemerkt  worden*  Hehtere 
dertrtige  Yorlagen  liesitsttn  wir  nodi,  so  den  berflhmten  AnoushymaoB 
Yon  Bolaq  (f.  115  Ann.).  —  Hierher  gehört  auch  das  fUtnalbnch  der 
Einbilsamirung :  Mastero,  H^m.  snr  qndques  papjros  da  Louvre  1875 
<ia  not  et  extraits  XXV,  1). 

§.  111.  AbrT  auch  auf  allen  anderen  Gebieten  herrscht 
fortan  die  gleiche  Anschauung.  So  regelte  ein  kanonisches 
Buch  bis  ins  kleinste,  wie  der  König  sein  Leben  zu  gestalten, 
was  er  in  jeder  Stunde  zu  thw  und  zu  lassen  habe,  und 
wenn  er  sich  auch  oft  davon  emancipirt  haben  mag,  so  be- 
gegnet er  uns  doch  m  allen  offidellen  DarsteUwigen  immer 
in  demselben  stäfen  festgeordneten  Geremoniell.  Ebenso  gelten 
die  Satzungen  der  Rechtsbücher  als  heilige,  von  den  Göttern 
bestimmte  Ordnung  (Pap.  Lee).  Die  wissenscliaitlichen  Er- 
gebnisse werden  in  gleicher  Weise  behandelt,  das  Streben,  die 
gewonnenen  Resultate  festzuhalten,  und  der  Respect  vor  der 
Weisheit  der  Ahnen  führen  zur  völligen  Erstarrung.  So  be- 
bandeln die  heiligen  Sciiriften  die  Leiire  von  der  Welt,  von 
der  Geographie  Aegyptens,  von  der  Sonne  und  den  Sternen. 
Sechs  Büdier  umfassen  die  Gesammtheit  des  medicinischen 
Wissens,  und  die  Aerzte  sind  verpflichtet,  ihre  Patienten  nach 
den  Vorsdiriften  derselben  zu  behandeln.  »Wenn  sie  aber  von  den 
geschriebenen  Vorschriften  abweichen,«  berichtet  üiodor  I,  82, 
»können  sie  auf  den  Tod  verklagt  werden.  Denn  der  Gesetzgeber 
nahm  an,  dass  nur  .sehr  selten  Jemand  niehr  Einsicht  haben  werde 
als  die  lange  Zeit  hindurch  befolgte  und  von  den  kundigsten 


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140 


Erstes  Buch,  füiifler  Abschnitt. 


Männern  zusammengestellte  Ordnung'.«  Eines  dieser  Bucher,  das 
über  die  Heilmittel,  ist  uns  in  einer  in  den  Jahren  1553 — 50 
im  0.  Jahre  eines  unbekannten  Kui.;7s  Gerh(?)-?-ra',  wahr- 
scheinlich eines  Hyksoskönigs,  geschriebenen  Handschrift,  dem 
Papyrus  £bers,  erhalten.  Dasselbe  ist  ein  Sammelwerk,  das 
neben  sehr  alten  auch  einzelne  Stficke  enthält,  welche  schon 
die  Sprache  des  Neuen  Reichs  zeigen ;  es  kann  also  nicht  viel 
früher  zusammonfrestellt  sein  als  das  Datum,  welches  die 
Handschrilt  tragt.  Wir  ünden  in  demselben  eine  Masse  oft 
sorgfaltiger  6eol>achtungen  und  eine  eingehende  Kenntniss  der 
Anatomie,  daneben  aber  gelegentlich  auch  recht  wunderliche 
Recepte  und  Zauberformeln,  die  natürlich  bei  den  Guren 
durchweg  eine  grosse  Rolle  spielten. 

Oer  ixXoYtoffc&c  ß«otXtxog  ßtoD  ist  das  iweite  der  Fennelbücher  bei 
Clemens;  AusxOge  daraus  bei  Diod.  I,  70  ff.  Ueberfaaupt  geht  Diodor's 
Darstellung  des  ae^yptischen  Ijebens  und  ihrer  Lehren  im  wesentlichen 
—  indirect  —  auf  diese  Schriften  zurQck,  wobei  naturlich  Missverständnisse, 
und  namentlich  grosse  Uebertreibungen  7.11  Gunstea  der  Aegypten  nicht 
ausgeschlossen  sind.  Das  Material  über  das  aegyptiscbe  Gerichtsver- 
fahren (nach  den  Vorarbeiten  von  BmcH,  Chaba«,  Deveria  u.  a.)  ist  auf 
Grund  der  erhaltenen  Processaclen  zusammengestellt  und  hesproclien  von 
Ehman,  ÄZ.  1879,  71.  148.  —  Ueber  die  kalendarische  Notiz  des  Pap.  Ebers 
s.  §.  40.  Ha  (las  Werk  aus  den  unterae^'yplisclH-n  Städten  Anu  (Heliopolis) 
und  Sais  hervorgepangen  fsein  will,  wird  der  Krni^'  ein  Uyksoskunig  sein, 
wie  der,  unter  dem  der  mathem.  Pap.  geschrieben  ist  t§.  III).  Ueber 
andere  mediciniscbe  Werke  e,  %.  74. 

§.  115.  Auf  religiösem  Gebiete  werden  die  früher  ent- 
wickelten Ideen  jetzt  völlig  durchgeführt.  Jeder  Gott  ist  mit 
jedem  anderen  identisch,  nur  eine  Form  des  grossen  Einen 
Unbekannten,  der  immer  mehr  oder  weniger  als  Sonnengott 
(Ra')  gedacht  wird,  aber  nach  den  einzelnen  Gulturstätten  bald 
diesen,  bald  jenen  Namen  als  den  hauptsächlichsten  führt. 
Vor  allem  ist  es  natfirlich  der  thebanische  Ämon,  »der  König 
der  Götter,  der  Gemahl  seiner  Mutter«,  der  als  der  Alleinige, 
als  »Ursubstanz«  g:e|)riesen  wird;  aber  ebenso  in  Memphis 
Ptah  »der  Ungeschaffene,  der  Bildner  des  Himmels  und  der 
Erde«,  femer  Chnuro,  Horns,  Dhuti,  daneben  besonders  der 


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Die  beniMtiidMft  BQefaar.  Abecliknt  dtr  Reli^oD.  14X 

Nilgott  o.  8.  w.  Hand  ia  Hand  damit  geht  die  sjmboliaebe 
Umdeutang  und  Auslegcnig  der  Attribute,  die  Hineinlegung 
eines  geheimmi  Sinnes  in  jede  GoHiiahandlang.  Die  Osirifl- 
lehre  gelangt  zu  votter  Herrschaft  mid  detailUrter  AusbOdiing. 
Osiris  gilt  jetzt  natürlich  dorchans  als  ein  alter  König,  als 
Begründer  der  Cultur  und  alles  Segens,  der  nach  seinem  Tode 
im  Westreich  herrscht.  Ueberall  in  Aegypten  zeigt  man  die 
Keliqiiif  n  si  iiier  Herrschaft,  vor  allem  seinen  Leichnam,  weiss 
von  den  Kachekriegen  des  Horas  gegen  seine  Feinde  zu  be- 
lichten, und  die  Aufgabe  der  Priesterschafl  ist  auch  hier 
wieder  die  Aasgleichung  der  yerscbiedenen  Traditionen,  was 
JL  tu  dadorch  geschieht,  dass  man  erzfihlt,  Osiris  Leidinam 
Bei  zerstüdcdt  worden,  jeder  seiner  Haupttempel  bewahre  eines 
seiner  Glieder  als  Reliquie.  Es  entwickelt  sich  eine  voll- 
ständige Osirisgeographte,  jeder  Nomos,  jeder  widi tigere  Ort 
erhall  neben  dem  profanen  einen  heiligen  auf  die  Osirissage 
bezüglichen  Namen. 

Hierher  gehören  die  zahlnieheD  panlbeislisclien,  aber  dtn  lnveg 
von  crass  materiellen  Anschauungen  dnrebaetzten  Hymnen,  z.  B.  der 
berühmte  Amonshymnus  von  Bulaq  (übersetzt  von  Stehn,  ÄZ.  1873; 
Ghebält,  Hymne  ä  Amon-Ra  1874  |  Bibl.  de  Tee.  des  bautes  eludes  XXIJ; 
GoonwiN,  ir.  Soc.  Bibl.  Arch.  II,  KP,  11),  die  Nilhymnen  (Gooüvvin, 
Cambridge  Essays  ;  MAsitRu,  Genre  ^pislolaire;  Sterx,  AZ.  1873,  RP.  X) 
und  zahreiche  andere.  Femer  die  in  den  KönigsgräLeüi  melufacb  auf- 
gezeichneten 'Lobpreisungeu  des  Ha'c  (Naville,  La  liUnie  du  soleil 
1875)  0«  ä.  —  Dk  heilige,  auf  dem  Osirismytbiis  benihende  Geographie 
Hegt  den  NomenUtten  (§.  46)  nnd  eoastigeo  geographiwheii  Texten  doreh- 
irag  m  Graiidt.  Hier  ift  das  DeUil  bis  in  die  ptolemadiche  Zeit  immer 
wiiter  dmehfearbeitet  mid  epeeiaHeirt  woiden« 

§.  116.  Auch  im  Todtendienst  schreitet  die  Ausmalung 
des  Details  rüstig  fort:  es  gibt  ja  kein  Gebiet,  wo  »der  im 
AbsnrdoD  luatwandelade  Verstände  sich  so  TdUig  frei  ergehen 
][finnte  wie  hier.  Die  Lanfbabn  nach  dem  Tode,  die  Pforten 
der  Üntnrwelt,  die  Ckister«  wdche  sie  bewadien,  die  Dämonen, 
welche  dem  Todten  nachstellen,  die  Zauberformeln  gegen  die- 
selben, die  Mittel,  um  ganz  sicher  wieder  in  den  Besitz  dos  Herzens, 
der  Bewegung,  der  Sprache  zu  gelangen,  um  »Gestalten  anzu- 


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142 


EniM  Blieb,  fflOfUr  Abschnitt, 


Behmfln,  wekhe  man  willc,  wieder  auf  Erden  einhenawanddii, 
im  Gefilde  der  Seligen  ein  m^eloies  Leben  m  fObren  mit 
sahlloeen  Knechten  und  reichen  Gütern  —  all  das  wird  ins 
breiteste  atisgefttfart,  namentlich  in  der  Namenorfindung  sind  ' 
die  Aegypter  unerschöpflich.  Neben  die  Zaaberformdn  treten 
als  anpserst  wirksam  die  Aniulcte,  die  früher  nur  eine  unbe- 
deulende  Rolle  spielten ,  während  jetzt  ihre  Zalil  bis  ins 
unendliche  wächst.  So  beginnt  man  jetzt  dem  Todten  Puppen 
ins  Grab  zu  legen,  die  auf  den  Gefilden  der  Unterwdt  für 
ihn  arbeiten  sollen,  u.  ä.  Natur  lieh  sind  alle  diese  Dinge 
äusserst  geheimnissToU  und  dörfen  Niemandem  mitgetbeilt 
werden,  der  nicht  eingeweiht  ist  Ihneren  Werth  hat  unter 
all  dem  neu  HinmgelLommenen  nur  eine  Vorstellung,  ?ofn  dem 
im  Westreich  vor  den  42  Beisitzern  des  Osiris  zu  bestehenden 
Todtini^cncht,  bei  dem  der  Verstorbene  erklärt,  keine  der 
42  Hauptsünden  begangen  zu  linben  —  wir  wissen,  dass  die 
moralischen  Anschauungen  der  Aegypter  hoch  entwickeU  waren. 
Indessen  auch  dieser  schöne  Gedanke  ist  völlig  durchsetzt  vom 
Zauberwesen;  jeder  der  Richter  hat  z.  B.  einen  möglichst 
absurden  Namen  und  eine  dem  entsprechende  Gestalt,  die  der 
Todte  kennen  muss,  und  schliesslich  ist  das  Recitiren  der 
Formel  auch  hier  die  Hauptsache. 

Neben  dorn  Todtcnburh  behandeln  auch  andere  Werke  diese  Vor- 
sleünngen,  sc.  B.  das  Buch  »von  der  Unterwelt«  (anii  duat;  flhers.  von 
PiEBiuT,  Inscr.  inid.  du  Louvre  I,  103  ff.;  LfKKiiiHK,  RP.  X.  XII), 
^da?^  liuch  vom  Durphwandern  der  Ewigkeit«  (ed.  v.  Hi:n<.MAN.N)  u.  a.  — 
Die  Usobli's  (AtbeiUjrliifuren  iu  Mumiengcslail)  beginiteii  in  Abydos  luil 
der  13.  Dynastie:  Mariette,  Abydos  III,  S.  45.  —  Ueber  die  grieefaisohen 
Angaben  Aber  ein  wirkliches  Todtengericht  auf  Erden  b,  Bach  TL 

§.  117.  Die  noChwendige  Folge  dieser  Entwickeiung  ist, 
dass  fortan  der  Aberglaube  alle  Anschauungen  beherrscht, 
all^  Sinn  für  eine  natürliche  AnfA»sung  der  Verhftitnisse 

schwindet,  ein  ängstliches  Ausspähen  nacli  Vorzeichen,  Ver- 
meiden ominöser  Handlungen  u.  ä.  das  ganze  Leben  beherrscht. 
Die  Wissenschaft  von  dem  was  man  in  jeder  Stunde  thun 
darf  oder  unterlassen  muss,  ob  ein  Tag  heilbringend  ist  oder 


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Magie.  Charakter  des  Ntaen  Rdchee.  14$ 

I  yeiderMch,  welche  Formel  bei  jedem  Unteroehmen  zum  Seten 
fOhrt  n.  i.  mehr,  wird  eine  der  wichtigsten.  Und  neb^ 
die  ofBdeOe  Magie  tritt  natflriieh  eine  geheime,  zu  bOsen 
Zwecken  betriebene,  die  zwar  mit  den  strengsten  Strafen  be- 
droht ist,  aber  doch  Adepten  in  Masse  findet.  Hier  und  hier 
allein  war  es  möglich,  noch  Neues  zu  leisten,  d.  h.  die  alten 
Absurditäten  noch  zu  überbieten.  So  ist  den  späteren  Zeiten 
des  Neuen  Reicha  die  £ntdeckung  vorbehalten  geblieben,  dass  . 
die  für  Zauberzwecke  und  eia  gluGkliches  Leben  nach  dem 
Tode  wirksamsten  Namen  der  anbrannten  Götter  md  Dä- 
monen in  absolut  sinnlosen  Zusammenstelhingen  von  Buch* 
Stäben  best&nden. 

Hierher  gehört  eine  Reihe  halb  oder  ganz  magischer  Haiidscbriflen 
aus  der  20.  «nd  21.  Dynastie:  so  der  Kalender  des  Pap.  Saliner  IV.,  der 
bei  jedem  Tage  angibt,  ob  er  Segen  oder  Unglück  bringe  u.  s.  w. 
(Chabas,  Le  calendrier  des  joun  fluten  et  nöfastes  1868);  der  Papyrus 
magique  Harris  (ed.  Ghabas  1800,  iwoe  UeberBetiuny  in  s.  Bl^lanfefl 
in,  2)  a.  ä.  Sinnlose  BnchstabenTeriiiiidunyen  finden  sieh  schon  im 
Londoner  med.  Ptpyms  (ZDMG.  XXXI,  452)  and  dann  in  allen  magischen 
Texten,  sowie  in  den  spftten  cp,  168^165  dea  Todtenboeba,  die  man  mil 
der  Beseidinung  »pantheistischc  beehrt  hat.  Dies  Treiben  hat  sieh  hia 
in  die  christliche  Zeit  als  »geheim«  Wissenschaft  der  Aegyplerc  fort- 
gesetzt, natürlich  gelegentlich  mit  allerlei  fremden  Elementen  durchsetzt. 
Vgl.  Pabtbet,  Zwei  Zauberpapyri  des  Berliner  Museoms,  Abli.  Berl.  Ak.  1865. 

§.  118.  Auf  politiscliem  Gebiete  liegt  fortan  der  Schwer- 
punkt nucii  weit  mehr  als  früher  in  den  Händen  der  Priester. 
Sie,  die  Inhaber  der  altererbteii  heiligen  Weisheit,  leiten  und 
regeln  das  Leben  des  Königs  wie  der  Unterthanen,  zu  ihrem 
und  der  Götter  Nutzen  wird  der  Staat  vollständig  ausgebeutet. 
Dar  Hanptnibm  der  Könige  des  Neuen  Reichs  ist,  gewaltige 
Tempelbautmi  au^füSbrt,  den  G(ittem  reiche  Gaben  zugewendet 
zu  haben.  So  gelingt  es  den  Priestern  zuletzt,  sich  auch  äusser- 
lldi  in  den  Vollbesitz  der  Macht  zu  setzen,  die  Krone  selbst 
zu  usurpiren. 

So  besitzt  das  Aegypfen  fies  Neuen  Reichs  zwar  eine  hoch- 
entwiekelie  und  durchgebildete  materielle  Cultur,  steht  aber 
doch  in  seinem  geistigen  Lieben  weit  unter  dem  alten.  Aegypten 


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144 


Erstes  Back,  ffinto  Abtchnitt. 


ist  nicht  das  einzige  Land,  in  dem  das  Hervortretea  höiierer 
Ideen,  tieferer  religiöser  Entwickelung  suletsi  doch  zum  Rock- 
scbritty  zur  voUsUndigeik  ErsUtming  geflUirt  bat;  aber  es  ist 
typisch  IQr  diese  Eraebeinang.  Ein  einsiges  Hai  ist  der  Vea^ 
such  gemacht  woiden,  m  reformiieD,  die  alles  beherrschende 
religiöse  Grundidee  rein  hinzustellen  —  soweit  das  einem 
Aegypter  möglich  war  —  duich  König  Gimenaten;  nach 
kurzem  Scheinerfolg  ist  er  gescheitert. 

Trotzdem  erreicht  Aegypten  noch  einmal  eine  Epoche  des 
hellsten  Glanzes.  Ein  neuer  fremdartiger  Geist  ist  über  das 
Volk  imd  seine  Herrscher  gekommen :  die  Lu^  am  Kriege  und 
am  EiTobem  ist  im  Kampfe  gegen  die  Hykaos  erwacht,  lo* 
dessen  auf  die  Dauer  hat  derselbe  in  Aegypten  keben  Platz; 
es  ist  charakterlstiscb,  dass  gerade  die  giössten  KriegsfOrsten, 
Dhutmes  III.  und  Ramses  IL,  in  beredten  Worten  über  den 
KleiniiiuLh  und  die  Unzuvcrlässigkcit  ihrer  Truppen  klagen. 
Sie  sind  genöthigt,  fi> mde  Völker  anzuwerben,  mit  auswär- 
tigen Söldnern  ihre  Kriege  zu  fuhren,  und  bereiten  so  schliess- 
lich der  Fremdherrschaft  den  Weg.  Im  Innern  aber  erstickt 
die  urwüchsige  Kraft,  auf  der  das  Leben  einer  Nation  beruht, 
mehr  und  mehr  unter  der  Last  der  Tradition;  die  Religion 
mit  aUem  was  daran  hfingt  tritt  an  die  Stelle  des  National- 
gefOhls.  Kurze  Zeit,  nachdem  die  Priester  ihren  Bau  voll- 
endet haben,  indem  sie  sieh  sdbst  die  Krone  der  Pbaraon^ 
aufs  Haupt  setzen,  geht  die  Selbständigkeit  der  Nation  für 
alle  Zukunft  verloren. 


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.1 


Zweites  BucL 

AltbabyloiuBclie  GeBcliiclLte. 


Quellenkunde  zur  babylonisch -assyrischen 

Qeschichte. 

Die  Keilschrift. 

§.  119.  Bekanntlich  haben  die  Monumente  der  Perser- 
ktoige  die  Grundlage  der  £iitziffieniiig  der  Keilioschrifteo  ge- 
bildet. Dieselbeii  sind  in  drd  Sprachen  abgefasst.  Voran 
steht  der  in  einer  sehr  einfachen  Silbenschrift  geschriebene  per- 
sische Text,  dessen  Sprache^  seit  GaonrEND  1802  dnreh  eine 
geniale  Gombination  den  Weg  gezeigt  hatte,  durch  Burnoup 
und  Lassen  (1836)  und  ihre  Nachiolger  völlig  erforscht  worden 
ist.  Dann  folgen  zwei  in  weit  complicirterer  Schrift  ge- 
schriebene Uebersetzungen,  die  susisclie  oder  olamiÜsche  [fälsch- 
lich auch  skythisch  oder  medisch  genannt]  und  die  babylonisch- 
-assyrische.  In  der  Sprache  der  letzteren,  der  sog.  dritten 
Keilsebriftgattnng,  sind  auch  die  zahllosen  Inschriften  abge- 
fasstf  welche  seit  1842  auf  Palastwänden^  Backsteintafek  und 
Gjlindem  aus  den  Ruinen  Ninive's  und  seiner  Nachimrstädte, 
sowie  ans  den  Schutthaufen ,  welche  die  altbabylonischen 
Städte  bedecken,  an  den  Tag  gefördert  sind.  Die  Entzifferung 
derselben  ist  seit  1849  den  parallel  laufenden,  sich  vielfach 
ergänzenden  Forschungen  von  F.  de  Saulgy,  Sir  Henry  Haw- 
LiNsoN,  HiNCKs,  Oi'i'KRT  u.  a.  geluiigeQ.   Während  die  ersten 

Uejer,  Qetchlohte  de«  Altertbnms.  L  XO 


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146       Zweites  Bueb.  Btbyhniiaoh-MeTrnehe  Quellenkunde. 


EDtziiferer  Tielfach  sehr  kühne  CkMubinationen  wagen  und 
zu  oft  willkürlichen  Hypothesen  greifen  mussten,  um  ihr 
Sei  TO  erreichen,  haben  die  besonnenen  kritischen  Arbeiten 
des  letzten  Jahrzehnts  das  Erreichte  noch  einmal  gesichtet 
nnd  eine  so  feste  Grundlage  der  Forschung  geschaffen,  dass 
in  dieser  Beziehung  die  Assyriolojrie  hinter  der  Aegyptolof^ie 
nirgends  zurücksteht.  Aiir  liat,  da  sie  waii  jünger  ist  als 
letztere,  das  ausserordentlicii  tiinfari'freiche  Material  noch  nicht 
in  dem  Maasse  wie  in  Aegypten  nach  allen  Seiten  hin  durch- 
gearbeitet werden  können.  Es  kommt  hinzu,  dass  während 
in  Aegypten  die  Durchforschung  des  Landes  einigermaassen 
vollendet  Ist,  dieselbe  in  Assyrien  noch  lange  nicht  dnrch- 
geföhrt  ist  und  In  Babylonien  kaum  begonnen  hat.  Gerade 
gegenwärtig  bringt  jedes  Jahr  eine  FOUe  Ton  neuem  und  oft 
ausserordentlich  wichtigem  Material. 

Die  Angriffe,  welche  vielfach,  namentlich  von  A.  v.  Gltj-chmiü 
(Neue  BeilrHjfe  zur  Geschichte  des  alten  Orients  1870)  iregen  die  Zuver- 
lässigkeil der  EutzifTerung  gerichtet  sind,  haben  zwar  ia  vielen  Einzel- 
heiten ihre  BerecbtigUDg»  da  namentlich  unter  den  älteren  Assyriologeu 
nuHidis  oft  recht  flQehtig  gearbeitet  ond  gans  nnbegrandete  Amiahnitn 
alt  neue  Entdeckungen  aoegegeben  haben,  Indeaaen  den  Kern  der 
Stehe  tieffen  eie  niifende,  und  ein  Text  wie  i.  B.  die  groeae  Insefarift 
Tiglatplleeer*8 1«  IImI  if  eh,  Ton  einigen  weiiigeii  Stetten  «bgeeehen,  ebenao 
•icher  abersetien  wie  etwa  eine  griecbiacbelntebrift.  Vgl.  Schrader^s  Replik : 
Keilinschriften  und  Qeechicbteforschung  1878.  —  Speciell  kommt  hier 
noch  der  grosse  Vorzug  der  assyrischen  Keilschrift  gegenflber  allen 
anderen  orientalischen  Schriftarien  in  Betracht,  das«;  die  V()cale  regel- 
mässig gesi'hrielien  werden  und  daher  ein  Zweifel  über  die  grammatische 
Form,  WJe  er  bei  Un  ae^'vptisehea  oder  gar  hei  den  we8tsetoitii>cben 
Inscbriflen  hftuBg  vorkommt,  hier  nur  selten  möglich  ist. 

§.  120.  Die  Keilschrift  ist  von  den  ältesten  Bewohnern 
fialqrlonienfl,  den  Sumeriern  und  Akkadiern,  erfunden  worden 
und  Ist  nrsprfinglkh  eine  Hierof^lyphenichrift.  Da  aber  das 
gewöhnliche  Schreibmaterial  aus  Thontafehd  bestand,  in  die 
man  die  Zeichen  mit  dem  Qriffel  ehigmb,  so  erhSelten  die- 
selben eine  ecldge  Gestalt  tmd  wurden  bald  in  eine  Gom^ 
bination  von  Striciien  aufgelöst,  aus  denen  durch  forl- 
sdareiteDde  Vereinfachung  die  gewöhnliche  aus  den  Zeichen 


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Die  KeÜMhrUU 


U7 


^/  zusamnieiigesetete  KeiLachrift  herrorgegangea  ist 
Das  System  der  Schrift  ist  der  acgyptischen  in  den  meisten 

Punkten  analog.  Nur  fehlt  ihr  das  Element  des  Buchstabens 
TÖllig;  ihre  einfachsten  Elemente  sind  Zeichen  für  die  Vocale 
lind  für  flio  aii^  Vocal  -)-  Cousonant  zusatninerigesetzteJi  Silben. 
F/ir  complicirterc  Silben  verwerlhete  man  entweder  besondere 
Zeichen,  oder  man  schrieb  für  pat :  pa-at,  für  pi :  pi-i  u.  s.  w. 
Nomina  und  Vorba  wurden  ursprünglich  meist  ideographisch 
geseilrieben«  Determinative  (die  meist  Tor  dem  Wort,  nicht,  wie 
im  Aegyptisdien,  hinter  demselben  stehen)  fehlen  nicht,  eben- 
sowenig die  phonetische  Ergänzung,  nur  werden  diese  Elemente 
in  der  Keilschrift  seltener  verwandt  als  im  Aegyptischen.  So 

bezeichnet  der  Stern  ^ ,  abgekürzt  »-»^f ,  zunächst  den  Himmel 
ana  und  daher  auch  das  Silbenzeichen  an ;  daneben  aber  auch 
das  Wort  dingira  »Gott«,  in .  welchem  Falle  gewöhnlich  das 

phonetische  Gomplement  ra  bhisutritt:       ^^TT-  Zugleich 

steht        regelmässig  als  Determinativ  vor  Gottesnanien. 

Eine  Reihe  Ton  Völkern  hat  sich  dieses  Schriftsystem 
angeeignet  und  es  dabei  mehr  oder  weniger  umgestaltet  So 
zunächst  die  In  Babylonien  eingewanderten  Semiten  (Ghaldaeer) 
und  die  Assyrer  (s.  §.  143);  weiter  die  Elaraiten  (Susier),  end- 
Heh  die  Armenier.  Die  persische  Keilschrift  ist  durch  tief- 
greifende Reductionen  aus  der  babylonischen  entwickelt. 

Ueber  den  hieroglyphischen  Urspnmg  der  Keilschrift  s.  HoifinToji, 
TkSfiA.  VI,  454;  Haupt,  akkad.  und  sanier.  Keikctarifttexte  157  flf.  - 
Die  snmerisch-akkadische  Spraclie,  deren  Existenz  7i!pr«t  OrrrriT  deut- 
lich erkannt  hat,  hat  man  erst  in  neuester  Zeit  wissenschaftlich  z-i  he- 
handehi  he^onnen.  Die  .Aussicht,  zu  einem  pnlndlichen  Verständiiiad 
derselben  vorzudringen,  verdanken  wir  vor  alli-m  den  Arbeiten  von 
Lenormant,  Deut7>ch  und  Haüft.  Der  Versuch  von  Hallvy,  die  Existenz 
einer  äumerii>ch-akkadischen  Sprache  zu  bestreiten  und  die  in  ihr  ab- 
gefassten  Inschriften  IQr  asajrrliche  Qehdmsehrift  so  eritllren,  fQbrt  in 
den  wQflderliehslen  Goneeqnenten  und  kann  nnr  als  TOIIig  verfehlt  be- 
aeiehnet  werden;  Tgl.  ScmtiscR,  ZDH6.  XXIX. 


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148 


Zweit»  Buch.  BabytoDiMb-aMyrisebe  QueHenkonde. 


Quell«!  and  nevert  Werke. 

g.  121.  Unter  den  auf  uns  gekommenen  keilinschrifl- 
lichen  Denkmälern  findet  sich  weit  mehr  historisches  Malarial 
als  in  Ae^ten.  Zunfiehst  ofiicielle  oder  halboffldelle  Ur> 
künden:  Ihsclirlft^  ans  den  Tempdn  und  Palästen,  welche 
die  Bauten  und  die  Kriegsihaten  der  Könige  auüEählen;  Stif- 
tungsurkunden  von  Tempeln,  welche  in  deren  Fundamenten 
vergraben  wurden;  Docuinente  aus  den  Archiven,  welche 
Berichle  und  Eingaben  an  die  Könige,  Briefe  u.  ä.  ent- 
haiten;  ferner  zahllose  privatrechtliche  Urkun  den  über  Kauf- 
verträge, Darlehen  u.  s.  w.  Daneben  ist  aber  die  eigent^ 
lieb  historische  Literatur  weit  mehr  entwickelt,  als  dies  in 
Aegy|>ten  der  Fall  gewesen  zu  sein  scheint  Im  aligem^nen 
trug  jeder  König  dafür  Sorge,  dass  bei  seinen  Lebzeiten  ein 
ausföhrlicher  officieller  Bericht  Ober  seine  Thaten  verfasst  wurde; 
in  einzelnen  Fällen,  wie  bei  Nabünähid  (Nabonedos),  ist  derselbe 
auch  erst  nach  seinem  Tode  abgefasst  oder  ergänzt  worden. 
Meist  sind  diese  Reichsannalen  auf  Cy lindern  oder  Prismen 
aus  Thon  aufgezeichnet .  luiufig  liegen  sie  uns  in  nielireren 
Exemplaren  vor.  Daneben  jjab  es  zahheiche  historisclie  Werke. 
Wir  besitzen  die  Bruchstücke  einer  Darsteliung  der  Beziehungen 
zwischen  Assyrien  und  Babylonim,  die  sog.  »synchronistische 
Tafel«,  und  Fragmente  einer  kurzen  Geschichte  babylonischer 
Könige.  Durchweg  sehen  wir^  dass  die  Könige,  wenn  sie 
z.  B.  einen  alten  verfallenen  Tempel  restauriren  oder  ein  von 
Feinden  geraubtes  Götterbild  wiedergewinnen,  iüier  die  Geschichte 
derselben  genau  orientirt  sind  und  ganz  bestimmte  chronolügisclie 
Anjj'aben  darüber  geben  können,  pranz  iimlcrs  als  in  Aegypten. 
An  der  Existenz  delaiiiuitr  Werke  über  die  (iesehichte  As- 
syriens und  Babyloniens  können  wir  dalier  nicht  im  Zweifel  sein. 

Wie  fQr  die  gerammte  babylonisch  -  assyrische  Litenlnr  hat  auch 
fOr  die  Geschichte  die  Bibliothek,  welche  der  letzte  grosse  Assrrei  könig» 
Assurbanipal ,  in  seinem  Palaste  zu  Ninive  anlegen  liess,  die  grösste  Be- 
deutung. Zahlreiche  alte  Urkunden,  Cylintler.  Hriefe  wurden  für  dieselbe 
neu  abgeschrieben  nnd  zusammengestellt  und  haben  sich  bis  auf  uns»  ?»- 
Tage  erhalten.  —  Die  Fragmente  der  syncbronistiscbeu  Tafel  siod  grössleu' 


4 


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MonimMnUk  Qaellen.  149 


theito  II  R  65,  I.  in  K.  4,  3  pubUeirt;  Uebersetzung  wm  Satcs,  TrSBA. 
n,  190  ff.  (nur  mit  Vorsicht  zu  benolianl)  Ein  neues  Fragment  bei 
Smith,  As>)t,  disco?.  250;  die  Kenntniss  einiger  weiterer  verdanke  ich 
Friedb.  Delitzsch.  —  Hrnrhstncke  einer  babyi.  Chrf>nik  :  Smith.  Tri^RA, 
III,  361.  Dazu  die  Köni^'slislon,  welche  Pin-kfs  Fror.  S[]A.  7.  i»ec.  1880 
und  11.  Jan.  1881  publicirt  hat.  Die  letztere,  von  .irr  fri3her  mir  »las 
fälschlich  für  ein  chronologiscijcs  ^'ehaltelle  Bruchstiick  11  H.  05,  2  hekaunt 
war,  gibt  kein  clironologiäches  Ver^eichniss,  sondern  stellt  die  Namen  ledig- 
lieh  naeh  etymologischen  GesicbUpunkten  zosammen.  Im  flbrigen  ist  zu  be- 
achten,  da«  iwar  Ätforbanipal  die  Zeit  des  Kadornanebmidi  (2280  t.  C&r.) 
genaa  beetimmt,  aber  NabOnftbid  die  Epoebe  des  Shgaiaktial  (um  1460) 
offenbar  niebt  genait  aniugebeii  weiss  (I R.  69).  Daseg™  Jcann  er  die  des 
mwamsin,  des  Sobnes  des  flariOD,  fiemUch  genau  bestimmen  t  |.  188. 

§.  122.  Da  NiDlTe  und  seine  Nachbaratädte  von  Feindes- 
hand zerstört  nnd  nur  vorübergehend  wieder  besiedelt  worden 

sind,  liaben  .sich  unter  dem  ScluiLt  (iie  Urkundon  und  Wand- 
inschrif'ten.  sowie  die  Lileraturwcikc  der  Bibijotheken  in  {^rossen 
Massen  eiiiaiton.  Wir  besitzen  so,  wenigstens  für  die  Bliitliezeit. 
Assyriens,  einäusserst  reichhaltiges  Material,  dasunseine  Wieder- 
herstellung seiner  Geschichte  in  allen  Ha uptzugen  ermöglicht.  In 
BabykMüen  dagegen  hat  sich,  weil  die  Städte  langsam  verfielen 
und  viel  Ifateria]  scerstdrt  oder  verschleppt  wurde,  weit  weniger 
erhalten,  und  da  die  zahlreichen  TrOnnnerhfigel  des  Landes  bis 
jetzt  erst  höchstens  ganz  oberflächlich  durchforscht  sind,  ist  hier 
unser  Material  fast  durchweg  nur  sehr  dürftig.  Ueberall  klaffen 
die  grössten  Lücken,  die  wichtigsten  Fragen  lassen  sich  oft 
nicht  beantworten,  von  irgendwelcher  Vollständigkeit  kann 
noch  nirgends  die  Rede  sein.  —  Im  Alterthum  war  die 
Sachlage  gerade  um  «gekehrt.  Mit  der  Zerstörung  Ninive's 
wurden  auch  die  Dokumente  seiner  Herrscher  begraben,  die 
Erinnerung  an  die  Assyrer  verblasste  zu  verschwommenen 
YorsteDungen  von  ihrer  ehemaligen  Macht  und  Herrlichkeit, 
ihre  Herrscher  wurden  zu  rein  sagenhaften  Gestalten.  Was 
uns  bei  den  griechischen  Schriftstellern  —  anders  verhält  es 
sich  naturlich  mit  den  prleichzeiti^en  Angaben  der  ilebraeer  — 
über  assyrische  Geschichte  erzählt  wird,  ist  historisch  völlig 
werthlos.  In  Babylon  dagegen  wurde  die  Continuität  nicht 
unterbrochen;  die  einheimische  Sprache  wurde  bis  weil  in  die 


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150       ZweiUs  Buch.   Babjloniscb-asAyrische  Quelieokunde. 


hellenistisrhp  Zeit  hinein  gesprochen,  du:  alten  l)<  i  uniente  Uii  beri 
,  zugänglich,  die  Priesterschulen  bestanden  nach  wie  vor.  Was 
die  Griechen  {?..  H.  TTorodot  und  Ktesias)  auf  Grund  eigener 
Forschung  über  Babylon  berichten,  steht  auf  gleicher  Linie 
mit  dem,  was  sie  über  Aegypten  erzfthlen  ^.  31),  d.  h.  ihre 
historischen  Angaben  sind  nur  für  die  spätere  Zeit  ron  einiger 
Bedeutung  und  durchweg  mit  griechischen  Anschauungen  und 
Erzählungen  durchsetzt,  während  ihre  Schilderungen  der  be- 
stehenden Zustände  f  inen  hohen  Werth  haben. 

Von  den  ^'ripchisrlifti  nericliteii  über  Assyrien  und  Bnhylonien 
(\'iii<)>;.  Sr>mira?nis,  Sardfikiiapal  u.  s.  \v.)  gilt  durchaus  das  §.  ;il  Ober  die 
griechiselie  L>Hi*»tellung  der  a^gypliscIiüH  Geschichte  Bemerkte. 

§.  123.  Um  so  wichtiger  und  zuverlässiger  war  dagegen, 
so  weit  wir  urtfaeilen  können,  die  Darstellung,  welche  um 
290  y.  Chr.  der  babylonische  Priester  Berossos  m  seinen 
BaßoX«»viax<ft  (B  Bücher)  gab.  Wie  er  die  babykmisdie  Ge- 
heimlehre, die  Astrologie,  den  Griechen  zugänglich  gemacht 
hat.  suchte  er  sie  auch  mit  der  uralten  Geschichte  seiner 
Ili'inmlh  bekannt  zu  machen,  und  lies^  es  hier  so  wenig  wie 
Manetlio  an  Polemik  gegen  die  landläufigen  griechischf^n  An- 
sichten fehlen.  Nicht  nur  seine  astrologischen  Werke,  son- 
dern auch  seine  Geschichte  sind  viel  gelesen,  weit  mehr  als 
Manetho.  Apollodor  hat  sie  benutzt,  Alexander  Polyhistor 
excerpirt,  Athenaeus  und  Josepbns  geben  Auszüge  aus  ihr. 
Schliesslich  hat  in  der  Kaiserzeit  Ahydenos  für  seine  assyrische 
Geschichte  das  von  Berossos  gegebene  Material  überarbeitet.  Aus 
diesen  abgeleiteten  Quellen  haben  die  Kirchenväter,  nament- 
lich Kusebins  in  seiner  Gluunik,  zahlreiclie  Rrnrhstücke  be- 
wahrt. Leider  bu/^ieiien  sich  dieselben  fast  aussclilie.-slich  auf 
die  Sagengeschichte  der  Urzeit  und  auf  die  Epoche  der  näheren 
Berührung  zwischen  den  TTebraeern  und  Babylon  von  Sanherib 
abwärts.  Von  Berossos*  Darstellung  der  grossen  dazwischen 
liegenden  Epoche  ist  nur  eine  ganz  kurze  Skizze  erhalten, 
welche  die  von  der  Fluth  bis  auf  die  Ghaldaeerkönige  Phul 
und  Sanherib  regierenden  Herrscher  in  sechs  Dynastien  ein- 
thf'ilt  und  ihre  Zahl  und  Regierungsdauer  angibt.  Leider  werden 


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Berossos. 


151 


anders  als  bei  Manetho  in  unseren  Auszü^'en  gar  keine  Naiiicn 
genannt,  so  dass  die  Einordnung  der  uns  monumental  bekannten 
Könige  iu  diese  Dynastien  nur  sehr  theilweise  möglich  ist.  Ueber- 
dies  ist  bei  der  3.  Dynastie  die  Zahl  ihrer  Jahre  ausgefallen,  so 
das8  wir  die  Zeit  der  beiden  ersten  nur  annähernd  bestimmen 
können.  Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass  die  6.  Dynastie 
mit  dem  Beginn  der  Aera  Nabonassar*s  747  v.  Chr.  (§.  126) 
abschliesse,  und  diese  Annahme  ist,  wenn  auch  durcli  nichts 
bewiesen,  doch  nicht  unmöglicii.  Vielleicht  aber  hat  Berossos  als 
Endpunkt  der  6.  Dynastie  die  Eroberung  Babyloniens  durch  den 
Assyrerkdnig  Tiglatpileser  (Phui)  betrachtet,  die  ins  Jahr  731 
fallt;  dann  sind  alle  Daten  um  16  Jahre  herabzurficken.  So 
erhaHen  wir  folgendes  Schema: 

1.  Dyn.  86  Könige  nach  der  Fluth  33,091  (oder  34,080)  J. 

2.  „  8  Meder  ,  224  (var.  190)  J. 
3*   ,     11  Könige  •   •  . 

4.  „    49  Chaldaeer  458  J. = 1976- 1 51 9  oder  1 960— 1 503. 

5.  ^       9  Araber     245 J.  =  1518— 1 274    ^  1502-1258. 

6.  „     45  Könige     526J.  =  1273—  748   ^   1257-  732. 

Ob  diese  Angaben,  abgesehen  von  der  naturlich  rein 
mythischen  Zahl  für  die  1.  Dynastie,  durchweg  historisch  zu- 
verlässig sind,  lässt  sich  bis  jetzt  nicht  entscheiden.  Im  all- 
gemeinen kann  nach  dem  früher  Bemerkten  nicht  bezweifelt 
werden,  dass  zur  Zeit  des  Berossos  die  Hersteilung  einer  auch 
chronologisch  correcten  Geschichte  Babyloniens  bis  ins  dritte 
Jahrtausend  t.  Chr.  hinauf  vollkommen  möglich  war.  Dass 
dagegen  für  die  älteren  Zeiten  d.  h.  die  1.  Dynastie  ^  und 
gar  für  die  Zeit  vor  der  Fluth  —  ein  auf  theologischen  Com- 
binalionen  beruhendes  chronologisches  Scliema  zu  Grunde  ge- 
legt wurde,  ist  selbstverständlich. 

Die  Fmgmeate  des  Berossos  s.  bei  HOllsr,  Fr,  bist.  gr.  II.  Die 
Dynsstienliste  bei  Eusebius,  Ghron.  I,  2S  f.  Scbobme.  Die  Angaben  des 
Synkellos  p.  147. 169. 172  ed.  Bonn«  heroben  offenbar  auf  arger  Entstellung 
^es  Berossos;  seine  Liste  von  7  chaldaeischen  und  6  arabischen  Königen 
ist  historisch  nicht  verwerthbar.  ^  Die  zahlreichen  an  Berossos  geknflpflen 
Gombinatloaen,  z.  B.  die  lange  Zeit  herrschende  Oleichsetsnng  der 


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152       Zweites  Buch.   Babylonisch-assyrische  QueUeßkunde. 


6.  Dynastie  von  526  Jaliren  mit  HerodoL'ä  520  Jalire  dauernder  Assyrer- 
herrschaft  (I,  95) ,  brauchen  jelzl  nicht  mehr  aufgeführt  zu  warte  >  da 
nä  jeder  Grandlagt  entbehren.  Zn  Beroeeoe*  Urgeschiebte  vgl.  Lchoriuht, 
Eseei  d*im  comnientaire  s«r  lee  firagmentB  eoemogoniquee  de  B^roee  1871» 

124.  Die  Möglichkeit  dner  Eiforsehimg  der  Geschichte 
Ass^pnaoa  und  Babyloniens  begann  mit  den  Auagrabon^en 
BoTTA*6  (seit  1842)  und  vor  allem  Latabd's  (sdt  1845)  in 
den  assyrischen  StSdten,  mit  Sir  Hshbt  RAWUNSoa's  Pnbli- 

cation  der  grossen  Tiilinguis  von  ßehistan  (1846),  mit  den 
gleichzeitigen  F'orsrhnngen  von  Loftüp,  Taylor,  Fresnei.  und 
Oppfrt  in  Bal)ylonieii.  Seitdem  ist  zahlreiches  neues  Material 
lüiizugekoaimea  und  in  den  vom  British  Museum  heraus- 
gegebenen Sammelwerken  wenigstens  zum  grossen  Theil  pu- 
blicirt  Die  historischen  Texte  smd  meist  wiederholt  und  je 
nach  dem  Stande  der  Forschung  in  mehr  oder  weniger 
genügender  Wdse  behandelt  Ausreichende  Bearbeitungen 
des  gesammten  Materials  fehlen  dagegen  noch  fast  völlig. 
M  V.  Niebuhr's  für  seine  Zeit  treffliche  Verarbeitung  der 
hebraeischen  und  griechischen  Nachrichten  unter  Berücksich- 
tigung der  Resultate  der  Deiikmälerforschung  (Assur  und 
Babel  1857)  ist  gegenwärtig  veraltet,  in  G.  Rawlinson's  Five 
great  Monarchies  of  the  Ancient  Eastern  World  (3  Bde.  1862» 
2.  Aufl.  1871)  ist  vor  allem  die  Zusammenstellung  des  archaeo- 
logischen  und  antiquarischen  Materials  sthr  dankenswerth. 
Dagegen  smd  M^ant^s  zusammen&ssende  Uebersetzungen  aller 
historischen  Inschriften  (Annales  des  reis  d*Assyrie  1874» 
Babylone  et  la  Ghald^  187$)  äusserst  flüchtig  gearbeitet  und 
dürfen  oluie  Vergleichung  der  Originaltexte  überhaupt  nicht 
benutzt  werden.  Weit  werth voller  sind  die  zahlreichen  Ar- 
beiten von  G.  Smjth  und  E.  Schräder;  letzterem  gebührt  das 
Verdienst,  die  Assyrioiogie  in  Deutschland  eingeführt  zu  haben. 
Von  epochemachender  Bedeutung  ist  schliesslich  die  Bearbei- 
tung eines  grossen  Theils  der  keilinschriftlichen  Geographie 
durch  FiUEDR.  Dbutzsgh  (in:  Wo  lag  das  Paradies?  1881)» 
die  Bbuqsch's  geographischen  Arb^n  auf  aegyptologischeai 
Gebiete  ebenbürtig  zur  Seite  steht 


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Neuere  Werke.  Babylonieehe  Zeitrecbniiny. 


15S 


tiuTTA  et  Flandin,  Monument  de  Ninive,  5  R  I 1^49.  Place,  Ninive 
el  l'Assyrie,  3  Bde.  1867.  Layahd,  Ninive  and  its  iiemams,  2  vols  1849. 
Ninive  and  Iiui>ylün  ISbii,  Loftus,  Travels  and  Researcbes  in  Chaldaea 
and  SoiiADa  1857.  Opfert^  Expedition  en  M^potamie,  2  Bde.  1859  II. 
Oppirt, hittoire des empiree  de Gholdto  etd'Ass)  i  e  1865.  G.  Smith,  Assyrian 
Diseoviriee  1875.  Ineefarilleowerke:  L&tmu»,  laser.  in  the  Can.  CSiar.  1851. 
fUivuMiai»  The  Gim.  Inacr.  of  Weetein  Arie  (mit  BeihOlfe  von  Nomus»  Sioth» 
PncHB),  bis  jeUt  5  Bdeu,  «Hirt  I R.— V  R.  —  ScBBADn.  die  assjr.-bab.  Keil- 
inschriflen,  in  ZDMG.  XXVI.  Die  KeUinschriflen  und  das  alte  Testament 
(XAT.)  1872;  2.  Aufl.  1888.  KeUtneebrifteii  und  Geeebicbtsforschun^  (KGF.) 
1878.  —  Eine  kTirze,  aber  sorgfSlti^e  Zusammenstellung  gibt  MCrdter, 
Gesch.  Babyloniens  und  Assyriens,  mit  Beigaben  von  Dklitzs<:ii  1882.  Hommfl, 
Abriss  der  bab.-agsyr.  und  iaraelit.  Gesch.  in  Tabellenfonn  1880.  G.  SiUTU, 
History  of  Babylonia,  ed.  by  Satcs  (1870  V)  ist  ziemlich  werthlos. 

ChroiMlofie. 

§.  t25.  Das  babylonische  Jahr  bestand  ans  reinen  Mond- 
monaten, deren  LSnpe  (29  oder  ^0  Tage)  wie  bei  den  Griechen 
und  Mohammedanern  durch  lituljachtiing  des  Aloiidlaules  selbst 
besliirimt  wurde.  Zur  Ausgleichung  mit  dem  Sonnenlauf  fiipfle 
man  am  Schluss  —  in  älterer  Zeit  wie  es  scheint  auch  nach 
dem  1.  oder  6.  Monat  —  einen  Schaltmonat  ein.  Dies  Jahr 
ist  mit  seinen  Monatsnamen  zur  Zeit  des  Exils  von  den  Juden 
adoptirt  worden  (Wbllhaüsen,  Gesch.  Israels  I,  S.  112.  338) 
und  bei  ihnen  bis  auf  den  heutigen  Tag  im  Gebrauch.  Der 
Jahresanfang  (1.  Nisan)  ftllt  in  die  Zeit  der  Frühjahrstag- 
*  und  Nachtgleiche.  Eine  Aera  kannten  die  Babylonier  nicht ; 
man  datirte  nach  den  Jahren  der  Könige  oder  vielmehr  man 
bezeichnete  das  Jahr  nach  ir^^end  einem  wichtigen  Ereigniss, 
das  in  demselben  stait^elunden  halte.  Auch  Datirungen  wie 
»am  80.  Adar  im  Jahr  6  nach  der  Eroberung  von  Nisin 
(durch  König  Rimsin)«  kommen  vor.  Später  zählte  man  in 
Babylonien  und  ebenso  in  Assyrien  einfach  die  Jahre  der 
Könige,  und  zwar  vom  Tage  ihrer  Thronliesteigung  an.  Der 
Rest  des  Eakndeijahres,  in  dessen  Verlauf  der  Vorgänger 
gestorben  war,  also  der  erste  Theil  des  ersten  Jahres,  wird 
dabei  sehr  oft  als  »der  Anfang  der  Reglemngc  des  betrefifenden 
Königs  bezeichnet. 


154       Zweites  Buch.  Bibylonlfleb-aMyrisehe  Quellenkunde. 

Im  ellgemeinen  •.  6.  Shitb.  The  Anyrien  Eponym  Canon  (1876?). 
—  Die  gangbare  Aniicht,  die  Könige  hätten  ihr  entee  Jalir  vom  Neu* 
jahieiage  je<Ies  ersten  vollen  Kalenderjahres  an  gereehnet,  den  Rest  des 

vorhergehenden  Jahres  aber  als  »Anfang  der  Regierunpc  besonders  ])e- 
zeichnel  und  mithin  ihre  Regierungsjahre  postdaiirt,  wird  von  Oppkkt. 
Hevised  Chronulogy  of  the  latest  Bahylonian  Kings  in  TrSR A.  VI, 
260  fl.  auf  Grund  der  Daten  der  so(r.  Egihilafoln  (publ.  von  Bu^aukn. 
TrSBA.  VI,  1  ff.,  daau  Pi.nuhes.  ih,  484)  vollstäiuiiif  widerlegt.  Allerdings 
fahrt  Smith,  I^pon.  Can.  p.  15S  eine  Tutel  aus  Cyi  us'  Regierung  an,  nach 
der  denen  dritteB  Jahr  TOm  Risan  (dem  ersten  Honet  des  Kalmdeijafaiee) 
bis  zum  Adar  (dem  twölfteo  Mionat)  gelaafon  w&re.  Es  wird  nichts  übrig 
bleiben  als  hier  ein  Versehen  (von  Snrb?)  aosonebmen. 

§.  126.  Für  die  chronographiache  Redmimg  wird  zu  dem- 
selben Atiskunflsmittel  gegriffen  wie  in  Aegypten.  Alan  redmet 
das  Kalenderjalir,  in  dem  ein  Konig  zur  Regierung  lunnmt,  als 

sein  erstes,  und  setzt  mithin  seinen  Tod  in  das  erste  Jahr  seines 
Nachfolfjers.  Hegierun^en,  die  kein  Kalenderjahr  füllen,  werden 
überhaupt  iiiclit  gerechnet.  In  dieser  Weise  ist  eins  der  aller- 
wichtigsten  chronologischen  Denkmäler  des  Alterthums  ge- 
ordnet, der  Kanon  des  Ptolemaeos.  Es  ist  dies  eine  mit 
Nabonassar  (747  v.  Chr.)  beginnende  Liste  der  einheimischen 
und  persischen  Könige  Babyloniens,  an  die  sich  nach  Alezander 
die  Herrscher  A^ptens  anschliessen;  dieselbe  ist  dem  astro- 
nomischen Werke  des  Ptolemaeos  beigegeben,  um  die  in 
demselben  angefahrten,  auf  babylonlBcher  und  später  auf 
alexandrinischer  Beobachtung  beruhenden  Finsternisse  füi-  die 
Rechnung  verwerthen  zu  können.  Sie  trägt  so  die  Garantie 
der  Zuverlässigkeit  in  sich  selbst,  und  ist  üljerdies  durcli 
alle  neueren  Monumente  bestätigt.  Jedocli  ist  bei  Benutzung 
derselben  zu  beachten,  dass  alle  Daten  auf  das  aegyptische 
Wande^alir  (und  die  aegyptiscben  Monate)  reducirt  sind. 
Das  erste  Jahr  Nabonassar's  beginnt  daher  am  1.  Thoth 
=  26.  Februar  747  v.  Chr. 

§.  127.  In  Assyrien  kommt  noch  eine  zweite,  weit  ge- 
wöhnlichere Bezeichnungsweise  der  Jahre  hinzu.  Seit  uralter 
Zeit  (nachweisbar  schon  im  vierzehnten  Jahrhundert)  ist  es 
Brauch,  jedes  Jahr  nach  einem  hohen  Beamten  zu  benennen. 


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Assyrische  Zeitrechnung. 


155 


Als  solches  heisst  da??  Jahr  Ijmu  i^Eponymenjalirc.  Natürlich 
führte  man  fortlaufende  Listen  dieser  Eponymen,  von  denen 
uns  mehrere  in  Bruchstücken  erhalten  sind.  Aus  denselben 
lässt  sich  die  Liste  für  die  Jahre  893-666  v.  Chr.  vollständig 
und  in  Brucbstücken  noch  weiter  hinab  herstellen.  Sehr  häaflg 
datiren  die  Könige,  fast  regelmässig  die  Privatpersonen  nach 
diesen  Epuiiyinen.  Einige  Exemplare  der  Liste  enthalten 
aiisserdein  Angaben  über  Regierungswechsel  und  zum  Theil 
auch  über  wichtige  innere  und  äussere  Ereignisse  der  ein- 
zelnen Jahre.  Dadurch,  dass  eine  Sonnenfinsterniss  (vom 
15.  Juni  763  Chr.)  in  derselben  erwähnt  wird,  lässt  sie  sich 
astronomisch  fixiren;  die  aus  ihr  gewonnenen  Daten  stimmen 
mit  den  Angaben  des  ptolemaelschen  Kanons  genau  überein. 
Die  Chi  üiiologie  der  assyrischen  Geöcliichle  dieser  Epoche  steht 
daher  vollständig  fest. 

Die  Eponymeiiliate  ist  zoeret  von  Sir  Hexat  Rawlihson  entdeckt, 
publidrt  II  R.  58.  68.  CS,  III  R.  1.  Deutisch  ,  Assyrisebe  Lesestficke, 
2.  AaS.»  S.  78  fL  Von  der  umtangreicben  Literatur  Aber  dieselbe  ist  von 
Bedeutung:  LEi>snjs,  Abb.  Berl.  Ak.  1869.  1}  Schräder,  KAT.  202  ff. 
(2.  Aufl.  460  ff.)>  KGF.  299  ff.;  Sioth,  Ass.  epon.  Canon  187G.  Die  An- 
uubmen  von  Oppert,  Haigh  u.  a..  dass  im  Kanon  eine  Lücke  m  sta* 
tuiren  sei,  bedürfen  jetzt  keiner  Widerlegung  mehr. 


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L  Geschichte  Babyloniens  bis  auf  die  Herrschaft 

der  Kossaeer. 


Das  LtiMl  und  Mine  iltetten  Bewoliiwr. 

§.  128.  Nachdem  der  Euphrat  mit  zahllosen  WindoDgen 
und  starkem  Gefälle  das  syrisch- mesopotamische  SteppenlaDd 
durchzogen,  in  welchem  er  nur  dem  allernächsten  Ufevgebiet 
Fruchtbarkelt  zu  geben  Termag^  nähert  er  sich  dem  Tigris 
bis  auf  wenige  Mellen  und  durchströmt  mit  ihm  zusammen 
ein  völlig  ebenes  Tiefland,  das  von  zahlreichen  Flussarmen 
und  Ganälen  (lurrli.st  lnutten  und  im  Sommer  durch  die  Ueber- 
schwemmungon  des  Euphrat  grossen llleil^^  unter  Wasser  gesetzt 
wird.  Die  Gebiete  fieiiich,  welche  von  der  Bewässerung  nicht 
erreicht  werden,  namentlich  zahlreiche  Districte  zu  beiden 
Seiten  des  unteren  Tigris  und  ebenso  alles  Land  westlich 
vom  £uphrat,  tragen  sofort  Wfistencharakter,  da  ein  Regen 
hier  ebenso  selten  ist  wie  in  Aegypten.  Um  so  fruchtbarer  aber 
ist  oder  war  wenigstens  im  Alterthum  und  Mittelalter  alles  der 
Bewässerung  erreichbäre  Land.  Das  Mündungsgebiet  der  Ströme 
trug  einen  völlig  marschigen  Charakter  mit  zahlreichen  Sümpfen 
und  Seen.  In  alter  Zeit  mündeten  beide  Ströme  etwa  unter 
3r  n.  Br.  in  einen  langen  schmalen  Meerbusen,  der  indessen 
jetzt  längst  durch  ihre  Ablagerungen  ausgefüllt  ist.  Im  Westen 
grenzt  die  arabische  Wüste  unmittelbar  an  den  Euphrat .  rr^^p. 
dessen  westlichsten  Arm^  den  Palkkopas;  östlich  vom  Tigris 
steigt  die  Landschaft  allmählich  an  zu  dem  wiklen  Qrenz- 
gebirge  des  iranischen  Hochlandes,  das  torrassenl&nnig  zum 


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Di«  Babylooiar  imd  ihre  Naddiani. 


157 


Tigris  hin  abfikUt  und  zahlreiche  Flösse  m  dem  letzteren  ent* 
sendet,  die  In  frfiheren  2Setten  zun  Tbefl  direct  ins  Meer 
strOmten.  Gegenwärtig  ist  der  grösste  Tbeil  des  hier  amschrie- 
benen  Gebiets  nnr  eine  zum  Theil  smnpflge,  wenig  bebaute,  yon 

Waiiderstämmen  durchzogene  Einöde:  durch  sorgfaltige  Ilegu- 
lirung  der  Bewässerung,  dui  cli  iMshnidhaltiin^  der  Dämme  und 
Canäle  war  es  im  AllerÜiuiu  und  dann  wieder  zur  Zeit  der 
Ghalifen  eine  der  gesegnetsten  Landschaften  der  Welt. 

§.  129.  Die  älteste  Bevölkerung  dieser  Landschaften 
bildeten  mehrere  nah^verwandte  Volksst&mme,  die  mit  keiner 
der  äbrigen  Nati(men  Vorderasiens  ia  ?erwandtschaft)ichen 
Beziehungen  stdien  und  Un  Lauf  der  Iiistarischen  Entwicke» 
lung,  zum  TheQ  schon  in  yerh&ltnissmässig  früher  Zeit, 
Sprache  und  Nationalität  verloren  haben  und  in  die  umwoh- 
nenden Släiijüie  aufgegangen  sind.  Im  Lande  Makan,  dem 
Mündungsgebiet  der  beiden  Hauptströme,  sassen  die  bumerier 
(Sumer,  Hauptstadt  Ur  am  Euphrat),  im  nördlicheren  Theile 
des  Zweistromlandes  (Land  Melucha)  von  Uruk  '^F/J^'^h 
jetzt  Warka)  aufwärts  bis  zu  den  Grenzen  der  mesopotamischen 
Ste|»pe  die  Akkadier,  so  benannt  nach  ihrer  Hauptstadt  Akkad 
(Ägade)  nfirdikh  von  Babylon.  OestUeh  vom  l^pis,  bis  weit 
in  die  unwegsamen  Districte  des  Zegrosgebirges  hinein,  hausten 
die  wilden  kriegerisidien  Stftmme  der  Kossaeer  (Koaoatot,  ass. 
Kassu).  Dieselben  sind  dem  Wohnsitz,  der  Lebensart  und 
dem  Charakter  nach  die  Vorgänger  der  heutigen,  bekanntlich 
zum  iranischen  Sprachstamme  gehörigen  Kurden.  An  sie 
schloss  sich  im  Lande  Elam,  oder  wie  es  in  der  einheimi- 
schen Sprache  hiess,  Ansan,  dem  Gebiete  der  Flusse  Choaspes 
rnid  Eulaeos,  der  von  den  Griechen  Kissier  genannte  Stamm, 
mit  der  Hauptstadt  Sulan,  griechisch  Susa« 

Die  viettkch,  iiaiii«DUich  von  Irnmausn  waSi^MH^  Ansieht,  daas 
die  Sumerier  und  Akkadier  tafa&ieeheii  (skytUaehen  n.  ft.)  Urapranga 
aeian,  wird  von  Haupt  (amner.  FaaiUiangea.  und  Abb,  BerL  Orient.  Gongr.  I)) 
entaebieden  beatritten.   FOr  die  geacbicbtliebe  Daratelloiif  ist  sie  obne 

weitere  Bedeutung,  da  ja  doch  von  den  supponirten  Urzuständen  zu  den 
ältesten  hislorisch  gegebenen  Verhältnissen  jede  Brücke  fehlt.  Die  ünter- 
acbiede  d«fi  sumerieeheu  und  dea  al^adiaclien  Dialektea  aind  zuerst  tod 


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158 


Zweites  Buch,  enUor  Abscluiitt 


Haupt.  Nachr.  Göll.  Hes.  tj.  \V.,  3.  Xov.  1880  erkannt  ;  Ober  die  Ver- 
theiliing  der  beiden  Dialekte  unter  die  beiden  Stiimme  vgl.  Deutzsch, 
Para-^li^'s  138,  198  f.  Weiteres  hei  Hai  pt,  Akkad.  und  sniiier.  KVilschrifl- 
text«  11.  (14  (anders  neuerUin^js  Hommkx,  die  Semiten  11).  TIebrr  die  geo- 
grapliischen  Verhaltnisse  8.  Schräder,  KGF,  5;i3,  Delitzsuk  I.  c.  —  Die 
(gewöhnliche  Annahme,  dass  Sumer  nüt  dem  bibl.  identisch  sei, 

aeheiot  mir  keinttwegs  «iehir.  Oaber  dio  Katti  ss  Koooa£ot  vgl.  Deutzsch, 
Par.  81. 184.  In  BabyloDim  finden  tieh  diesellMa  trotx  DtunscB»  Per«  ISB  f. 
ab  einbeimiaeber  Stamm  niemals,  sondern  anssehlieaslicb  ab  llmnde 
Eroberer,  s.  $.  140  f.  Ihre  Spraehe  sebeint  nach  den  Eigennamen  der 
elaniHiscben  verwandt.  —  Ueber  Elam  t.  Delitzsch,  Par.  820  ff.  Der  Name 
Kissier,  den  Herodot  den  Soaiern  i^iht,  scheint  mit  dem  der  Kossaeet 
im  wesentlichen  identisch  zu  sein.  Persisch  heisst  das  Land  Uvadsefaa 
(=  ChüzislAn).  —  Den  Susiern  gehört  nn zweifelhaft  die  Sprache  der 
zweiton  Keilschriftfratlunp  an,  die  man  vielfacli,  so  neuerdings  Saycr 
(TrSBA.  III,  ntlti),  Lknohmant  (Die  Magi^.  S.  ;504)  und  vor  allem 
Opfert  (Le  peuplc  et  la  langue  des  MAHes  1879).  den  Medcrn  hat  zu- 
weisen wollen;  s.  dagegen  die  treffenden  Austuhrungen  von  Daumesteter, 
Rev.  Grit.  21.  Juni  1880.  Die  susischen  Inschriften  sind  noch  nicht  ent- 
sUKerty  aber  dass  sie  in  einer  Sprache  aligeliuBt  sind,  die  mit  der  der 
Bweiten  Keilscbrillfattang  htA  identisch  ist,  lehren  die  Znsammenstellnngen 
Opfbht^s^  Gongrte  intern,  des  Orient.  1878,  I,  170  fT. 

§.  130.  Während  die  Koesaeer  immer  ein  wilder  Bergstamm 
biteben  und  auch  die  Bewoimer  der  Ebene  Elame,  obwolü  in 
fest  geordneten  staatlichen  VerhAKnissen  lebend,  in  der  Gnltur 
durcbaui  Ton  ihren  weetliehen  Naebbam  abhängig  sind,  ist 

Sumer  und  Akkad,  d.  h.  Bahylonien  die  rieimath  einer  ur- 
allen und  vüHig  selbständig  entwickelten  CuUur,  die  zwar  an 
innerem  Werth  und  abgeschlossener  Durchbildung  der  des 
unteren  Niithals  nachsteht,  aber  an  geschichtlicher  Wirkung 
dieselbe  vielleieht  noch  uberragt.  Durch  Anlage  von  Ganälen 
und  Deichen  regelte  man  die  Wasaermasaen  der  Uebereehwem- 
mung  und  vertheilte  sie  über  das  ganze  Land.  So  entstand 
zugleich  ehi  festerar  ZusammenschluBS  der  einzelnen  Gaue, 
der  Anftmg  geordneteh  staatliehen  Lebens.  Den  Mittelpunkt 
der  eiiweteen  Districte  bildeten  die  Heiligthumer  der  grossen 
Götter,  aus  denen,  so  scheint  es,  ähnlich  wie  in  Aegypten, 
die  Städte  Babyloniens  überall  er?t  erwachsen  sind.  In  Ur 
(jetzt  Muqagar)  war  der  Mondgotl  bin,  in  Eridu  (jetzt  Abu 


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AnfftDg«  dar  Gnltur.  Die  ftltetten  Städte. 


159 


Sahrein)  £a,  der  uralte  Meeigott,  in  Larsam  (jetzt  Senkere) 
der  Sonnengott  Babbar  der  Herr  der  Stadt.  Letzteren  ver- 
ehrte man  gleieherweiae  in  Sippar  (jetzt  Abn  Qabba),  wäh- 
rend in  dem  benachbarten  Agade  (Akkad)  die  Göttin  Anumt 

Stadtgöttin  war.  Südlich  davon  la^  die  dem  Marduk  lieilige 
»Gotlospt'orte«  Kiuiiiigira,  semitisch  Babii  ^^Bahylon),  die  spatere 
Hauptstadt  des  Landes.  Als  besonders  heilig  srheint  man 
die  Stadt  Uruk  ('Of/xÖTj,  ^I^C»  jetzt  Warka),  das  Ileiiigthum  der 
Göttin  Nanft  Qstar),  betrachtet  zu  haben.  Vielfach  ist,  so 
gchemt  es,  das  weltliche  Königthum  aus  dem  Priesierthnm 
dieser  Tempel  erwachsen,  überall  finden  wir  die  Könige  in 
engster  Bezi^ung  zn  den  Stadtgöttem,  denen  sie  ihre  Tempel 
erbauen  oder  wiederberstellent  und  bis  hi  die  spätesten  Zeiten 
stehen  im  Titel  der  babylonischen  Könige  die  Priesterwürden 
obcoaij. 

lieber  die  Städte  und  StadtgoUheiteu  s.  im  allgemeinen  DEim^cn, 
Paradios.  üebor  Warka  und  Senkere:  Loftus,  Travels  and  Researches 
in  Chaldaea  and  Susiana  1857,  Ueher  Muqaijar  und  Alm  Sahrein : 
Taylor  in  Journ.  B.  As.  Soc.  XV.  Ueber  das  von  Rassam  aufgedeckte 
Abo  Qabba  =  Sippar:  Dbitoch  bei  MOrdter,  Gesch.  Beb.  278  (f. 

Semitisciie  Invasion.  Die  Chaldaeer. 

§.  131.  Wie  m  der  Gegenwart  die  Kurden  und  Beduinen, 
in  der  licllonistischen  Zeit  die  elymaeischen  Gebirgsstämme* 
und  die  Araber  das  babylonische  Cullurland  bedrängen  und 
sich  in  demselben  festzu^^ef/t  n  surhen,  so  ist  auch  in  den 
ältesten  geschichtlich  ericennbaren  Zeiten  Babylonien  von  Ost 
und  West  immer  au&  neue  von  fremden  Angreifern  heim- 
gesucht worden,  hn  Osten  lag  es  den  Plünderungs^  und 
KiiegszAgen  der  Xossaeer  und  Etamiten  oflfen,  you  Westen 
drtogten  die  seroittseben  Wüstenl)ewohner  gegen  dassdbe  und 
suchten  das  Gulturiand  für  sich  zu  gewinnen.  In  drei  Schichten 
folgen  die  semitischen  Angriffe  auf  einander  und  haben  zu 
drei  semitischen  Ablagerungen  geführt.  Zuerst  setzt  sich  der 
seniitisclie  Stamm,  welcher  uns  unvermischt  in  Assyrien  ent- 
gegentritt und  in  Babylonien  mit  dem  Namen  Chaldaeer  (Kaidu, 


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160 


Zweites  Bueb,  entir  AbtefaniU. 


XaXSaioi,  urspr.  Ka^u  D"*ltC^D)  bezeichnet  zu  werden  scheint, 
im  Lande  fest  und  abeorbirt  die  aiteinhdinische  Nationalit&t 
Ihnen  folgen  die  Aramaaer^  Ton  denen  im  neunten  Jahrhundert 
bereits  zahlreiche  Stämme  als  Nomaden  In  Südbabylonien  an* 
flftssig  sind  (Dsutisch,  Par.  237  it).  Seit  der  Perserzelt  haben  sie 
die  Chaldaeer  allm&hlich  völ% verdrängt.  Von  da  an  dringen  dann 
die  Araber  gegen  Ijabyloni(*n  vur,  gründen  hier  in  lielienisUscher 
Zeit  eine  Reihe  einzelner  Stuaton  (zunächst  Charakene)  und 
nehinen  die  aramaeische  Bevölkerung  allmählich  in  sich  auf. 
Gegenwärtig  vollzieht  sich  derselbe  Process  zum  vierten  Mal ;  die 
Beduinen  würden  längst  zu  Herren  des  Landes  geworden  sdn, 
wenn  dasselbe  nicht  ehiem  grossen  Milit&rstaate  angehörte, 
der  sie  bish»  noch  Immer,  wenn  auch  nur  sdir  notldürftig, 
im  Zaum  gehalten  hat. 

Dass  der  Namt:  Kalüu  XahW^f^i  Uic  suiiiilische  Bevölkerunjp'  Baby- 
loniens  bezeichnet  im  Gegensatz  m  Sumer  und  Akkad,  ist  nur  wahr- 
aebeiDHcb,  steht  -indeaen  kafaiesiregi  M;  der  Name  kommt  nwnt  ia 
den  aMyr.  Ineebrifleii  des  nemiten  Jabrhanderle  rot  md  benichiwt  hier 
durehireg  die  Bewoihoar  des  Landet  tfldlieh  von  Bahylon.  —  Dtm  mit 
ihnen  die  gelesenUleb  aneh  XoX^loc  genannten  Gfaalyber  am  Pontot 
(§.  2i5)  nichts  zu  thun  haben,  bedarf  keiner  weiteren  Ausflihnmg;  vg). 
Schräder,  ZDM.  XXVII.  —  Im  al]s«mehien  vfU  Ober  Heimath  and  Ver^ 
dringen  der  Semiten  |.  170  ff, 

§.  132.  Die  Zeiten,  in  denen  die  ursprungliche  Bevölke- 
«rong  noch  Im  Alleinbesitz  Babyloniens  war,  sind  för  uns  TdUig 

verschollen.  Beim  Beginn  unserer  liistorischcn  Kunde,  d.  h. 
etwa  um  .'.onu  v.Chr.,  liaberi  sii  Ii  die  Semiten  bereits  überall 
im  Lande  festgesetzt.  Die  Ansiedeiunp  scheint  ebenso,  wie  später 
die  der  Aramaeer  und  Araber,  nieist  auf  friedlichem  Wege 
TOT  sich  gegangen  zu  sein.  Offenbar  hat  man,  um  sich  der 
fomdliehen  UeberfiUle  zu  erwdiren^  exnen  Tbeil  des  Acker-  und 
Weidelandes  den  Eindringlingen  Ül>eria»en,  angesehene  Ge- 
sdilecfater  derselben  wurden  ia  den  Verband  der  Städte  auf- 
genommen. Anderersdts  eigneten  sich  die  Einwanderer  die 
weit  überlegene  Gultur  der  älteren  Bevölkerung  vollständig  an. 
Zunächst  scheint  die  semitische  Bevölkerung  sich  in  Nord- 
babyionieu  festgesetzt  zu  haben  —  die  meisten  in  die  semitische 


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IMe  Bemitaii  in  Babyloni«. 


161 


Sprache  eiDgedrungenen  Lehnwörter  haben  akkadteehe  Form  — 

dann  dringt  sie  auch  in  Sumer  ein.  Beim  Beginn  unserer 
historischen  Kunde  finden  wir,  soweit  sich  nach  den  Naniea 
urtlieilen  lä'^sf ,  fiherall  f'me  buntfreniisclite  Bevölkorung,  in 
der  das  semitische  Element  allmählich  das  üebergewicht  ge- 
winnt Die  ältesten  historischen  Könige  bedienen  sich  in  ihren 
Urkunden  Torwlegend  noch  der  alteioheimischen  Sprache,  in- 
dessen Yerwertbet  daneben  z.  B.  schon  Dongi  (J.  134)  anch 
die  semitisehe,  und  allmfihlkh  sehen  wir  semitische  Ge- 
schlechter in  immer  grosserem  Umfange  znr  Herrschaft  ge- 
-langf^n,  bis  schliesslich  die  ältere  Nationalität  vollständig  ver- 
schwindet. 

Um  sich  die  VtUkenraclkältDisitt  des  alten  Babyloniens  klar  za 
machen  und  die  uns  hier  en^egentretenden  Schwierigkeiten  richtig  la 
heurtheilen,  stelle  man  sich  vor,  daas  wir»  am  eine  Ethnographie  der  §0901»- 
tvärtigen  Verhältnisse  des  Landes  zu  entwerfen,  auf  ein  dem  aus  dir 
alten  Zeit  erJiallenen  analoges  Material  angewiesen  wären, 

Aaltette  Staaten. 

§.  133.  Es  ist  sciion  erwähnt  worden,  dass  in  den  filtesten 
historischen  Zeiten  Babylonien  in  zahlreiche  einzelne  Staaten 
zerfiel^  deren  Gentren  die  Städte  mit  ihren  -  Tempeln  biideten. 
An  die  Tempdbaiiten  knüpfen  sich  fSr  uns  nnd  Imüpften  sich' 
schon  för  die  BabyTonier  die  ältesten  historischen  Nachrichten 
an.  Auf  den  Ziegehi  finden  sich  die  Namen  der  Herrscher 
als  Stempel,  an  den  Edcen  des  Yiereddgen  Fundamentes  wurden 
sehr  häufig  Cyünder  vergraben,  welche  über  den  Ursprung' 
des  Baues  urkundliche  Auskunft  gaben,  auch  sonst  finden 
sich  auf  Rueksieineii  gelegentlich  knrze  Inschriften. 

An  den  ersten  Anfang  der  babylonischen  Geschichte  ge- 
hört Sargoni  König  der  Stadt  Agade,  d.  i,  Akkad.  Nabilnäliid 
setzt  in  einer  ganz  neuerdings  gefundenen  Inschrift  die  Zeit 
TOn  Sargbn's  Sohn  Naramsin  3200  Jahre  vor  seine  eigene 
Regierung,  also  tun  S750     tSur.  Dabei  muss  gesrenwärtig 

M eye**  Q«MlUebte  4m  AUertlmBi.  L  *         11 ' 


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162 


Zwite  Boeh,  enter  Afaeeluiitt. 


noch  ¥6ttlg  dahbiseBteUt  Ueibea,  ob  wir  es  hier  mit  einer 
auf  «lathentiedien  NachrleUen  berabendeii  Ueberlieferung  oder 
einem  nnr  durch  ^tere  GeschichtsconstructioD  geAindenen 
Datum  m  thnn  haben.   Sargone  Name  —  derselbe  ist  wie 

der  seines  Sohnes  semitisch  —  Sarrukinu  bezeichnet  ihn  als 
den  »echten  König«.  In  einem  in  später  Absclirift  erhaltenen 
Texte,  dem  Aaiaiig  einer  Aimaleninsclirift,  erzählt  er,  »einen 
Vater  kenne  er  nicht,  seine  Mutter  habe  ihn  in  einem  Korb 
von  Schilfrohr  hn  £u{^ai  ausgesetzt,  Akki  der  Wasserträger 
habe  ihn  hcfausgezogen  und  als  GArtner  erzogen,  durch  den 
Schutz  der  grossen  Göttm  Utar  sei  er  König  geworden. 
Denkbar  ist  es  ja,  dass  ein  Usurpator  in  der  Weise  sich  za 
legitimfa^  sadite;  indessen  offenbar  ist  fflr  die  Spateren 
Sargon  eine  halbmythische  Gestalt.  Auf  ihn  wird  ferner 
das  {grosse,  aus  72  Tafeln  bestehende  I lau [  i werk  über  Astro- 
logie zurückgeführt  (§.  148),  ebenso  besitzen  wir  die  Bruch- 
stücke einer  Tafel,  welche  himmlische  Vorzeichen  aus  seiner 
und  seines  Sohnes  Regierung  zusammenstellt.  Nach  den  beige- 
fügten Deutungen  hätte  er  Elam  und  »das  Westlandt  beloriegt, 
die  Rebellen  ki  Babylonien  niedergeworfen,  und  das  Meer  der 
nntergeheaden  Sonne,  d.  h.  das  mittellfindische  Heer  beihhren, 
also  eb  mächtiges  Reich  anlj^chtet  Wie  viel  daTon  histo- 
risch sein  mag,  wissen  wir  nicht ;  jedenfaUs  aber  ist  Sargon's 
Sohn  Naramsiii  eine  völli^r  geschichüiche  Persönlichkeit.  Na- 
bünähid  fand  seine  Cyimder  in  den  Fundamenten  des  Sonnen- 
tempels von  Sippar  (§.  130),  der  iNachbarstadt  von  Akkad, 
und  in  denen  des  Tempels  der  Anunit  (Eulbar)  in  Agade. 
Die  französische  Expedition  fand  bei  Babylon  eine  —  seitdem 
Im  Tigris  versonkene  ^  Alabastervase  mit  ehier  Inschrift 
Naramsin's  ui  ganz  archafecheni  noch  halb  hierofljjrphischen 
Charakteren,  die  ihn  »KQnig  der  vier  Weltgegenden«  nennt 
und  mit  der  (unl3ekannten)  Stadt  Apirak  und  dem  Lande 
Makan  (Südbabylonien)  in  Verbindung  bringt.  Dem  entspricht 
es,  dass  er  nach  der  vorhin  erwähnten  Vorzeichen ta fei  den 
König  Risramän  von  Apirak  und  den  König  von  Makan  be- 
siegt haben  soU, 


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Saigon.  Dw  Reiob  ?oa  Ur. 


168 


Nabünähid's  Cylinder  mit  dem  Oatuin  ist  von  Pir^rHEs,  Proo.  SBA. 
7.  Nov.  1882  mitgelheiJt.  Den  Tempel  in  Agade  erwähnt  er  l  R.  69,  2,  29. 
Früher  setzte  man  Sargon  in  die  Zeiten  nach  der  elamitischen  Eroberung; 
und  vor  Chammurabi  (zw,  1900  und  1600  v.  Chr.).  —  Ju^endgeschiciite 
Sargon's  III  R.  4,  7  ifuii  weiUien  Bruchstücken  bei  Smith,  TröBA.  I,  4G); 
dazu  Delitzsch,  Parati.  208.  Tafel  der  Vorzeichen  IV  R.  34.  Alabaster- 
Tase  ^^aramsins  I  H.  3,  7.  »Palast  Sargons«  TrSBA.  III,  374.  37^. 
Eine  »Sugomburg €  n      50  b.  64,  vgl.  Dbjtibch,  Parad.  208. 

§.  184.  Die  Stadtkönige,  die  wir  sonst  dieser  ältesten  Epoche 
—  es  ist  die  Zeit  der  86  Könige  nach  der  Fluth,  die  BeroBm 
an  den  An&ng  der  hlstoiiacben  Zeit  setst  —  siiweiaen  Hiinen, 
stehen  meistens  Tdllig  isoUrt  da.  In  den  Fundamenten  des 
Tempels  von  Eridu  finden  sich  die  Namen  zweier  Patesi  d.  i 
»Fürsten«  (assyr.  isakku);  in  Zirlaba  haben  die  Patesi  En-anna 
und  Gudca  der  Nanä  (Istar)  und  dem  Ninep  Tempel  gebaut. 
Von  Gudea  haben  sich  auch  in  üruk  und  Babylon  Ziegel  ge- 
funden; ob  sich  indessen  seine  Macht  so  weit  erstreckte,  wissen 
wir  nicht.  Dagegen  sind  seine  Bauten  in  Zirkiha  neuerdings 
durch  DB  Sarzbc  aufgedeckt  ivorden;  in  dem  grossen  Tempel 
fknden  sich  unter  anderen  achtYerstümmeNe  Statuen  Ton  Diorit, 
die  seuien  Namen  tragen,  feiner  Firagmente  Ton  Basreliefs  mit 
Inschriften,  die  KAmpfe  und  refigiSse  Geremonien  darstdkn  und 
nach  dem  Kunststil  einer  noch  älteren  Zeit  anzugehören 
scheinen.  h\  Uruk  hat  der  Könißr  Singasit  —  der  Name 
zei^,  dass  er  einpm  semitischen  Ge^dilucht  angehörte  —  den 
der  Göttin  Nanä  geweihten  »Himmelstempel«  Eanna  und  einen 
Palast  gebaut  Aehnlich  mögen  noch  manche  der  vereinzelt 
auf  Backsteinen  Torkommenden  Königsnamen  dieser  Zeit  an- 
gMnsD,  Ein  grtaeres  Reich  sehänt  zuerst  Ton  Ur  im  Lande 
Sumer  ausgegangen  zu  sein.  Seine  Herrscher  unterwarfen 
sidi  sei  es  das  ganze,  sei  es  d^  sfidlichen  Thdl  Ton  Akkad, 
Tor  allem  ^e  Stftdte  Uruk,  Larsam,  Nippur,  und  bezeichnen 
sich  daher  als  »König  von  Ur,  König  von  Sumer  und 
Akkad«.  Dieser  Titel  wird  dann  von  allen  späteren  Königen 
Babvloniens  übernommen.  Auch  den  schon  bei  Naramsin 
Torkommenden  Titel  »Herr  der  vier  Weltgegenden«  haben 
diesettien  meistens  geführt.    £s  gehört  hierher  tot  allem 


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Zweites  Buch,  erster  Abäcliiiill. 


Ur-ea  der  den  grossen  Tempel  des  Sin  in  Li,  tiiicn  Sonnen- 
tempel  in  Lar^^am,  einen  Tempel  der  Bellt  in  Nippur  errichtet 
und  auch  an  dem  schon  erwähntea  Tempel  der  Nana  in 
Uruk  gebaut  iiat.  £ine  Statae  von  ihm  ist  in  Zirlaba  ge- 
funden. Somit  war  ihm  jedeniialls  ganz  Sfidbabylonien  bis 
in  die  Nähe  von  Babylon  hinauf  unterüian«  Sein  Sohn  und 
Nachfolger  Dun^i  ist  litalls  durch  Bauten  in  Ur  sowie  in 
Teil  Id  bei  Wnka  bekannt.  Die  Zeit  der  beiden  Könige 
können  wir  aui  imgeläiir  2400  v.  Chr.  ansetzen. 

Du  inschriftliche  Material  t.  I  R.  1«*5;  IV  R.  85.  Hehrere  der 
bei  SittTH,  Barl7  Bab.  History  in  TrSBA.  L  flbenetrten  Texte  sind  noeh 
unedirt  Ein  grosier  Theil  der  Inecbriflen  findet  sieb  aoeb  bei  Lbrobmakt, 
Ghoiz  des  textes  cuDÖifonnes  L  IL  Ob  die  hier  genannten  Hemeher 
eftmintlicb  in  dieee  oder  sum  Theil  in  die  Zeit  nach  der  elamitiacben 
Herrschaft  fallen,  ist  bis  jetzt  nicht  Stt  entscheiden,  lieber  Gudea: 
BoscAWEiit  TrSBA.  VI,  275  fT.  Bronze-  und  Harmorbild  des  Köiu^fs  im 
Louvre:  S^rra,  Hist.  of  Bab  92.  93.  Ans^^rabungen  de  Sarzec's  in  TeUo- 
Zirlnl  :i :  Hkuzey»  RAn.  XLII,  257,  XLIV,  271  IT;  1'fhi;ot,  Wev.  des  deux  mondes 
LUi,  525  ff. :  Menant,  Gaz.  des  heaiix  arts,  Dec.  1880  [vgl.  auch  Oppert,  Bert. 
Orient.  Congr.  I,  235  IT.].  Zwei  Siegel  Ur-ea's  bei  Ker  Porter,  Travels  II, 
pl.  79  (—  Rawlin>on,  Fivc  monarch.  I,  94,  I  R.  1,  10)  und  Wif.demakn 
und  Fisc.HKH,  Havlon.  Talismane.  Nr.  11.  Nach  der  Inscbrift  Nabunähid's 
I  R.  69,  2,  1  *•  scheint  die  Gründung  des  Sonnentempels  von  Larsam, 
in  dessen  !•  un«iamenten  sich  der  Name  rr-p:t^^  findet,  700  Jahre  vor 
Chammurabi  (uin  1650  v.  Chr.)  stattgeruudeu  ^u  haben. 

Elamitische  Eroberung. 

g.  135.  Um  das  Jahr  2300  v«  Chr.  wird  Babylonien 
von  den  Königen  Elam's  unterworfen.    Der  Assyrerkönig 

AssuriKiiii[);il  erzählt  in  seinem  Bericht  über  die  Eroberung 
Susas  {Hin  045  v.  Chr.),  dass  vor  lOiio  Jahren,  also 
ca.  2281)  V.  Chr.,  Kudurnanchundi,  König  von  Elam,  die 
Tempel  des  Landes  Akkad  geplündert  und  dabei  das  Bildniss 
der  Göttin  Nanft  aus  ihrem  Tempel  Eanna  (in  Uruk,  g.  134) 

*)  So,  oder  aemit  Arad-ea  ist,  wie  mir  Fiu  Dbutssch  mittheilt. 
dieser  viel  umstrittene  Name  nach  den  neuesten  Funden  Rassam*s  wahr- 
scheinlich za  lesen. 


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Die  elamitische  Eroberuug.  165 

entführt  habe.  Aus  derartigen  Kriegszügen  ist  ein  grosses 
elamitisches  Reich  entstanden,  das  auch  die  Oberherrschaft  über 
Babylonien  besass.  Wenn  Bercesos  erzählte,  dass  die  Meder 
Babylonien  eroberten  und  hier  die  2.  Dynastie  von  8  medi* 
sehen  Königen  gründeten  (reg.  224,  var.  190  Jahre),  so  meinte 
er  du  mit  zweifelsohne  diese  elamitischen  Herrscher.  Zu  ihnen 
gehört  seinem  Namen  nach  unzweifeUiaft  Kudurmabuk,  Sohn 
des  Simtisitarchak :  derselbe  wird  auf  Backsteinen,  die  sich 
in  Ur  gefunden  haben,  mit  dem  Westland  (mftt  Martu), 
d.  i.  wenigstens  nach  späterem  Sprachgebrauch  Syrien,  und 
dem  Lande  Emutbal,  einem  District  an  der  elamitisch-babyloni- 
sehen  Grenze  (Del.  Far.  230),  (al?  Eroberer  oder  Herrsclier?)  in 
Verbindung  gesetzt,  scheint  mithin  über  ein  gewaltiges  Reich 
geherrscht  zu  haben.  In  Babylonien  führt  unter  ihm  sein  Sohn 
Zikarsin(V)  die  Herrschaft  als  »König  von  Larsam  [wo  er  offenbar 
residirte],  König  Ton  Sumer  und  Akkadc.  Dass  die  Fremd- 
berrscher  durchaus  babylonische  Cultur  annahmen,  die  Götter 
des  I.andes  verehrten  und  an  ihren  Tempeln  bauten,  ist  sehr 
begreiiiich  und  wh:d  durch  diese  Inschriften  bezeugt. 

Kttiiurnancboodi:  Iii  R.  88.  1  u.  2;  V  R.  6,  107  ff.  —  Kudurmabuk 
und  Win  Sofan:  I  R.  2  Nr.  8;  5,  Nr.  16;  IV  IL  85,  6;  der  Titel  adda 
(Smith,  TrSBA.  l,  42)  mftt  Blartu  resp.  Emutbal  ist  nocli  nicht  erkl&rt. 
Nach  Alezander  Polyh.  bei  Synk,  p.  147  wftre  der  erste  Mederk^^nig 
Zorwuler  gewesen. 

§.  136.  Von  einem  anderen  Könige  dieser  Dynastie  ist 
uns  durcb  einen  merkwürdigen  Zufall  Kunde  erhalten.  In 
einem  der  spätesten  Stucke  des  Pentateuch's  wird  berichtet, 
dass  König  Kedoria'omer  (richtiger  Kudurla*amar  zu  lesen)  von 
Elam  nebst  den  Unteri^önigen  von  Sin'ar  (Sumer?  §.  129), 
EUasar  (Larsam?)  und  Golm  (?)  nach  Westen  j,'ezog:en  sei, 
Paldestina  unterworfen  und  12  Jahre  lang  beherrscht  liabe. 
Einen  Aufsland  habe  er  bewältigt,  sei  dann  aber  durch 
Äbraliam  besiegt  worden.  Die  Details  der  Erzählung  sind 
vollständig  unhistorisch;  nicht  nur  sind  Abraham  und  der 
Oberpriester  Melkifedeq,  der  ihm  den  Segen  ertheilt,  Iceine 
historischen  Persönlichkeiten,  auch  die  Staaten,  virelche  Kedor* 


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166 


Zweitoi  Daeh»  erster  AbechnitL 


la'omer  in  Palaestina  bekriegt  haben  soll,  Sodom,  Gomom, 
Seboim  u.  s.  w.,  und  die  VOfkersehaften  der  Rephaiten, 

Zuziten,  Emiten  (s.  §.  179)  haben  niemals  existiii.  Aber  der 
Name  Kudurlagamar  ist  echt  elamitisch  —  wir  kennen  in 
Susa  einen  Oolt  Laj^amaru  (V  R.  6,  38)  —  und  die  Herr- 
schaft der  Elamiten  in  Syrien  wird  durch  die  erwähnte  In- 
schrift Kudarmabuk's  bezeugt.  Es  scheint  also,  dass  der  Jude, 
welcher  die  ErzAhlung  Gen.  14  in  den  Pentaleoch  einfögte,  sich 
in  Babylon  genauere  Kenntnisse  Aber  die  fttteste  Geschichte  des 
Landes  verschallt  hatte  und,  dareh  irgend  ein  ans  unbekanntes 
Motir  Teranlasst,  den  Abraham  in  die  Geschichte  Eadurla- 
gamar's  einflocht.  Im  übrigen  hat  er  dann  die  Erzählung 
nach  den  jüdischen  Anschauungen  über  die  Urzeit  ausgemalt 

Zar  Kritik  von  Gen.  14  Tgl.  NOldkis»  Bntert.  nr  Kritik  AT. 
Das  Capitel  gebOrt  keinem  der  Geschichtswerke  an,  aus  denen  der 
Hexateucb  zusammengearbeitet  ist,  sondern  steht  isolirt  da  und  ist  nach 

Sprach«  und  Anschautmppn  keinenfalls  vor  dem  Exil  enl«tan'!en.  — 
Wenn  der  Name  des  Sohnes  Ku'^]rrTl?ll)uk's  anstatt  Zikarsiu  vvirklirh, 
wie  mehrfrtfth  vertnulhet.  Eri-akii  /u  iesen  ist,  so  wäre  er,  der  sich  »Köuig 
von  Lariam«  nennt,  un/.vveil'eHiaft  identisch  mit  dern  Geu.  14  genannten 

^Obn  ^^D  ^IHN  (vgl.  übrigens  §.  138  Anm.). 

^.  1:17.  Die  Verbindung  Babyloniens  mit  dem  Westen, 
welche  durch  ^lie  Kriop'^züge  der  Elatniten  herbeigeführt  wurde 
—  der  übrigens  vielleicht  sclion  eine  Eroberung  Syriens  durch 
Sargon  vorangehl  —  setzt  sich  auch  in  den  folgenden  Jalir- 
hnnderten  fort.  Durch  dieselbe  erkUirt  sich  der  mächtige 
Einflaast  den  fiabylonien  auf  Syrien  geübt  bat,  nicht  nur  in 
der  ftuflseren  Gestaltimg  dea  Lebens,  in  Kunst  und  Gewerbe, 
sondern  auch  In  der  Religion,  Ja  in  der  ganzen  Denk-  und 
Anschauungsweise.  Wir  erkennen  «ne  vielhundertjährige  enge 
Berüiii  uiig,  deren  Wirlvuiii^ca  uns  überall  bereits  entgegentreten, 
als  um  1500  v.  Chr.  von  Aegypten  aus  ein  helleres  Licht  auf 
die  syrischen  Verhältnisse  tallt.  Im  übrigen  mag  liier  noch 
eine  Vermuthung  wenigstens  geäussert  werden.  Die  Kriegs- 
zuge der  Elamiten  scheinen  chronologisch  mit  der  Hyksos- 
Invasion  in  Aegypten  ziemlich  genau  zusammen  zu  fallen« 


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Die  Elamiten.  Erobenmg  Sjffoiis* 


167 


Wir  haben  gesehen,  dass  Im  G^bige  des  Hyksoe  zwar  saht- 
reiche  Syrer  in  Aegypten  eindringen,  dass  de  selbft  aber  nach 
dem  CMehtstypns  ihrer  DenkmSkr  keine  Semiten  gewesen 
sehi  können  (§.  109).  Die  Gombinatkm  liegt  mithin  nahe, 
dass  wir  es  hier  mit  den  elamitischen  Eroberem  zu  tlmn 
haben,  die  ihre  Krie^szüjie  bis  nach  Aegypten  ausdehnten 
und  sich  daselbst  ein  eigenes  Reich  gründeten.  Eine  Entschei- 
dung dieser  Frage  wird  sich  allerdings  mit  unserem  bisherigen 
Alaterial  schwerlich  erzielen  lassen. 

Von  dem  Stars  der  Eiamiten  seheüit  die  haltylonische  NatkH 
nalsage  von  den  Tbaten  des  grossen  Helden  bdiibar  ^)  einen 
Nachklang  tiewafart  zu  haben.  In  derselben  wird  ercäiilt,  wie 
fremde  Eroberer  die  heilige  Stadt  Ürok  gewannen  nnd  das  Land 
arg  bedrückten,  bis  Izdubar  nach  mancherlei  Fährlichkeiten 
unter  dem  Schutze  des  SoiuiengoUes  und  der  Stadtgöttin  Istar 
ihren  Herrscher  Ghumbaba  erschlug  und  die  Krone  gewann. 
Der  Name  Ghumbaba  ist  zweifellos  elamitischj  wir  kennen 
mehrere  mit  dem  Gottesnamen  Cbamba  zuzammengesetzte 
eosiscbe  Namen  ans  späterer  Zeit 

Üeber  Itdnbar  und  Ghiimbaba  SmiB,  Ghald.  Genesis  8. 188— lOT. 
179—186.  Die  Fragmente  shid  so  dQrflig,  tun  mehr  als  die  angemeinelan 
Umrisse  ericennon  lu  kOnnen.  Dms  die  Sisge  einen  Usloriacben  Kern 
«Dthielt,  ist  sehr  wahrseheinlieh  $  doch  mOehte  ich  dämm  noch  nicht 
den  Iidabar  in  einem  geaehiehtlichen  KOnig  Btbylonient  macfaen. 

EiAheiroitche  Kfinigs. 

§.  138.  Aüi  die  medische  Dynastie  liess  Rerossos  zu- 
nächst 11  Könige  folgen,  deren  Ileiniath  und  Regierungsdauer 
bei  Eusebius  nicht  angegeben  sind,  dann  ll>  chaldaeische, 
mithin  einheimische,  Herrscher  mit  458  Jahren,  deren  Zeit 
inraturscbeinlich  auf  1976 — 1519  v.  dir.  anzusetzen  ist.  Nur 
ganz  vereinzelt  sind  Nachrichten  ans  dieser  Epoche  auf  uns 

^  So  wird  der  Nune  geschrieben.  Die  Aussprache  war  Jedenfalls 
gans  anders,  ist  aber  zur  Zeit  nooh  unliekennt  Wamm  die  Asqrriolofen 
ihn  bebanrtich  Nimrod  nennen,  weiss  ich  nSchl 


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Zweites  Boeht  enter  AbwhnitU 

gekommen.  Meist  scheinen  wieder  mehrere  kleinere  Staaten 
im  Norden  und  Süden  neben  einander  bestanden  zu  haben. 
Die  Fragmente  einer  Chronik,  die  wafarschänlicb  von  dieser  Zat 
handebi,  lassen  auf  Bfirgerkriege  und  Usurpationen  schliessen. 
Nach  einander  werden  [ob  aber  als  Hensdier  Aber  ganz  Ba- 
bylonien?]  genannt;  »drei  KOnige  ans  der  Dynastie  vom 
Meorlandc«  (dem  Mündunj?sland  des  Euphrat)  mit  zusammen 
23  Jahren,  »drei  Söhne  Bazi's«.  die  nach  einander  2U  Jahre^ 
3  Monate  herr>(  hpn,  ein  Hen>cher  aus  Elam,  der  6  Jaln-e 
re^ert.  Wie  hier  die  Elarniten  Babylonien  bekriegen  und 
erol)em,  müssen  auch  von  Westen  her  Angriffe  stattgefunden 
haben«  Wenn  Ktoig  Agukakrime  (§.  141)  eine  Statue  des 
Harduk,  des  Stadlgottes  von  Babylon,  »ans  dem  fernen  Lande 
Ghanat  d.  i.  Nordsyrien  (Del«  Par.  104)  zurückholen  Hess,  so 
mnss  sie  in  dieser  Zeit  fortgeschleppt  sein.  Im  übrigen  ISsst 
sich  von  den  Königen  dieser  Zeit ,  die  in  ür  und  anderen 
Städten  des  Südens  geherrscht  Ijaben,  wenngleich  sie  sich 
meist  »Könige  von  Sumer  und  Akkadc  nennen,  doch  mit 
Bestiimntheit  behaupten,  dass  der  nördliche  Theil  Akkads, 
das  Land  Kardunias  d.  i.  Babylon  und  seine  Nachbarsiädte» 
nicht  unter  ihrer  Botmftssigkeit  stand.  Meist  pflegen  diese 
Herrscher  sich  als  »Herrenc,  »Könige«,'  »Hirten«,  »Sdiirmer« 
einer  ganzen  Reihe  von  St&dten  zu  bezeichnen,  unter  denen 
ür  niemals  fehlt.  Die  mte  Stelle  nimmt  meist  Nippur 
ein,  das  mithin  damals  wahrscheinlich  Residenz  war,  dann 
folgen  Eridu  und  Uruk  und  bei  einigen  auch  Larsam  und 
Nisin  (Lage  unbekannt)  und  zum  Schluss  der  allgemeine 
Titel  »König  der  vier  Weltgegenden«  oder  >König  von  Sumer 
und  Akkad«.  Hieher  g^ören  Nur-ramän  und  Sin-idinnam» 
die  Herrscher  von  Larsam,  Gan]il(?)sin,  Sur(?)8in,  . . .  nmQ>, 
Libit-anunit,  läminlagan,  neben  dem  sein  Sohn  Gungunum  als 
KOnig  Ton  ür  erscheint;  im  einzelnen  läset  sieh  ihre  Reihen- 
folge nicht  feststellen.  Die  Ziegelinschriften  aller  dieser  Könige 
erwähnen  ihre  Bauten  an  den  Tempeln  der  einzelnen  Städte 
und  prelegentlich  auch  die  Anlage  von  Canälen  u.  ä.  Den 
Beschiuss  der  Reihe  bildet  Rim-sin,  von  dem  wir  erfahren. 


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GhaniiDurabi  von  Babylon. 


169 


dass  er  Nisin  eroberte.  Danach  hat  er  mindestens  noch 
28  Jahre  geherrscht  (IV  R.  36,  12);  schliesslich  erlag  er  dem 
Angriffe  des  Chammurabi  von  Babylon. 

Die  Braebstüeke  der  Chronik  sind  von  Smith,  TrSBA.  ni,  871  ff. 
piibliciits  unmöglich  ist  es  Qbrigens  nicht,  dees  diese  KOnfge  der  tpiteren 
Epoche  nmeh  1000  Chr.  angehfiren.  —  Da  Rimsin  sicher  der  Vor- 
ginger CbammarabiV  war  und  Libit-anunit  and  Umi*dagan  fiut  die 
gidcben,  die  fibrigen  hier  genannten  Herrscher  sehr  fthnlicbe  Titel 
Ähren«  so  dOrflen  sie  wohl  alle  dieser  Epoche  angeboren.  Wie  neuer- 
dings  SiOTR,  Len'ormast  (Langue  primit.  de  Chaldde  p.  374)  u.  a.  den 
Hitnsin  (eventuell  Himaku  zu  lesen)  für  identisch  mit  dem  Sohne  Kudur- 
mabuks  (%.  136)  haben  halten  kOnnen,  begreife  ich  nicht.  In  diese 
Epoelie  geboren  wohl  auch  Isbi  . .  ra,  König  von  Nisin  IV  R.  35,  7; 
ferner  Rim-a-gam  ?-um ,  König  von  Babylon  IV  B.  35,  8.  —  Ohne  allen 
Grund  hält  man  Ismi-dagan,  der  uns  neb'st  seinem  Sohne  durch  7.\p^p\ 
ans  Ur  bekannt  ist,  für  identisch  mit  den  um  1780  v.  Chr.  rejjierenden, 
ton  Tiglatpileser  I.  genannten  isakku  von  A=«nr  gleichen  Namens  (§.  182). 
—  Aus  Rimsin's  Regierung  besitzen  wir  zaiilreiche  Contracttafeln ,  die 
nach  Erpignissen  aus  derselben  datirt  smd  (IV  R,  36,  4—  20).  Einzelne 
i-itid  aucli  aus  früheren  Regierungen  erhaltt-n.  Vgl.  Smith,  TrSUA.  1,  90. 
Leider  sind  nur  die  Schlusc/i  ilen  derselLt  a  publicirt,  r  lAvohl  die  Texte 
jedenfalls  über  die  CnlturverfiSltnisse  der  Zeit  und  durtli  ihre  N'amen 
auch  über  die  Ethnographie  Babyloniens  aiawchen  Autschluss  ^eben 
würden.  —  Dass  die  meisten  der  zahlreichen  in  der  Königsliste  Proc. 
SBä,  11.  Jan.  1881  ohne  chronologische  Ordnung  aufgeführten  Königs- 
namen dieser  Epoche  angehören,  scheint  sicher  zu  sein. 

§.  189«  Während  dieser  Epoche  regierte  in  Babylon  und 
dessen  Nachbarstädten  eine  eigene  Dynastie..  Eine  Thontafel 

zählt  aus  dieser  Zeit  »elf  Könige  der  Dynastie  von  Babelc  nebst 
ihren  Rerrierun^szahlen  auf,  die  zusammen  304  Jnhre  betragen. 
Nach  der  Länge  der  Regierun j^en  und  dem  Umstände  zu  ur- 
theilen,  dass  durchweg  der  Sohn  dem  Vater  folgt,  scheinen 
es  Zeiten  einer  ruhigen  Entwickelung  gewesen  zu  sein.  Der 
dritte  dieser  Herrscher,  Zabu,  wird  I R.  69,  3,  29  als  Tempel- 
erbauer  in  Sippar  genannt;  sein  Sohn  Abil-sin  erscheint  auch 
in  dem  Fragment  III  R.  38,  64  b.  Ihm  folgt  Sin -muballit, 
diesem  Chammurabi,  dessen  55jährige  Regierung  (etwa  1700 
bis  1650  V.  Chr.)  einen  bedeutenden  Wendepunkt  in  der 
Gesdiicbte  Chaldaea's  bildet.    £r  besiegte  König  Rim-sin 


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170 


Zweites  fiaeh,  erster  AbsekoiU, 


(IV  R.  36,  21)  und  einigle  dadurch  ?anz  Babyionien  unter 
seiner  Herrschaft.  In  seinen  Inschriflea  preist  er  Anu  uml 
Bei  »die  ihm  die  Herrschaft  über  Sumer  und  Akkad  gaben«, 
and  nennt  nkh  »König  von  Babel,  Eönjg  der  vier  Weü- 
geflfendnnc.  Von  seiner  Zeit  an  ist  Babylon  die  Haopftstadt 
Gfaaldaeas.  Zahlreiefae  Gontracttafeln,  die  ans  seiner  Rq|ie< 
runf^  erhalten  shid,  tdgen  ihn  dem  Dienst  der  GOtter  ^ 
speciell  der  Güttin  Ta.<('?)niitu ,  der  Gemahlin  Nabu's  — 
eifrij?  erk'oben  und  erwähnen  seine  vielen  Bauten.  In  einer 
längeren  Inschrift  rühmt  er,  dass  er  einen  gössen  Ganal  zum 
Segen  des  Volkes  gegraben  und  an  demselben  eine  starke 
Barg  angelegt  habe.  Auch  aus  der  Regierung  seines  Sohn^ 
Sarasoihma  (35  Jahie)  besitzen  wir  zatdreicbe  Tafebi,  die 
nach  seinen  Ganaknlagan  und  Banten  datirt  sind.  Auf  ihn 
folgen  noch  yier  weitere  EOnige,  die  demselben  Qescfalechte 
angehören. 

Die  Königsliste  ist  publicirt  von  Pinghf5,  Proc.  SBA.  7.  Dec.  1480. 
Auf  d*?r  Rrtckspite  zilhll  die  Tafel  »11  Könige  der  Dynastie  von 
Ses-K'n  ('')'  nnf,  nfnif»  .lrihrp';7ah]!''n ;  mir  zweimal  folgt  hifr  der  Solin  dem 
Vater.  S  ieil-  ii  lil  -uid  l)\  Mn^t«iii,  die  gleichzeitig  mit  den  Königen  der 
Vorderseite  in  Saiib;i.bylouit'a  herrschten.  —  lieber  dhamraurabi  s.  Mlnakt, 
Leii  in&cr.  de  Hammurabi  ISUä;  Manuel  de  la  langue  assyrienne  ;^06,  Aec. 
des  trav.  II,  76,  vgU  auch  Smith.  TrSBA  I.  56  ü.,  DeL  Par.  191.  Die  Gon- 
traettaMB  s.  I?  R.  86;  bilingue  hisehrift  ant  Bagdad  i  äMtm,  Rae. 
das  timvam  I,  181.  Dia  gangbare  AnnahBia,  GhammtiraU  gebflre  der 
koaeaeiaBhan  DTiiaalia  «a  (daher  aach  die  aehwariloh  beraaiiliste  Aea> 
apraclia  CHiammoragal)  aBthebit  jeder  BagrtndiUK  oad  wird  durch  usaei« 
KOnigaliate  deflnitir  beeeitigt 

Herrschaft  der  Keasaeer. 

§.  140.  Auf  die  einheimischen  Hsirscher  folgten  nach 
BerosKis  9  Araber  mit  245  Jahren,  die  wahrsehemlich  in  die 
Jahre  1518—1274  (er.  1502^1258)  zu  setien  smd«  Wenn  wir 
nan  m  dieser  Epoefae  m  Etabylon  eine  Reihe  von  Königen  finden, 
welche  dem  Volkeetamme  der  KuUn  d.  i.  Kossaeer  angehören, 
so  kann  es  kaum  zweifelhaft  sein,  dass  Berossos  diesen  Namen 


Dlgitlzed  by  Coogic 


I 


Dia  Koanetr  in  Babylonlaii.  171 

irrUlämüch  durch  ''Apaßtc  übersetzt  bat  Wie  früher  die 
Elamiteii,  so  fleleo  jetet  die  nordOrtlidieii  Naebbani  der  Ghal- 
daeer  in  Babylonlen  ein  nnd  eroberten  mindestens  den  ndrd- 
Hdien  TheQ  des  Landes  mit  der  Hauptstadt  Bab^.  Wie  Immer  in 

ihnliehen  Fällen.  Mlden  die  fremden  Eroberer  die  Kriegerkaste, 

welche  Könige  ein-  und  absetzt  (II  R.  Ü5a,  10)  und  jedenfalls 
das  I.;ui  i  möglichst  ausbeutet;  da-^«  daneben  die  Könige  die 
alteiniieimische  Titulatur  annehmen,  die  babylonischen  Götter 
eifrig  verehren,  und  sich  ganz  als  legitime  Nachfolger  der  ein- 
faeimisclien  Herrscher  geberden,  kann  nicht  anfialien« 

Dan  Agukakvime  und  Kciaindai  (IV  R«  88*  8)  Komaer  waran, 
argibl  «eh  «oa  ihrer  Titidator;  für  Kanehardal  und  aeme  Nachfolger 

folgt  (las  gleiche  aus  II  B.  65.  Daraus  sehen  wir  zugleicb,  dtaa  die  aahl* 
reichen  Namen  auf  -ai,  die  hier  und  nur  hier  vorkommen ,  k<^aeiseh 
sind.  Auf  einer  Ennneruog  an  diese  kossaeische  Herrschaft  und  An- 
siedelung in  Babylonieri  *"s,  beruhen,  wenn  Cfni.  10.  8  Nimrod,  der 
Repräsentant  Bahyloniens.  eui  Sohn  de.s  Kus  genannt,  aJä»o  der 

snn^f  das  Land  Küs  südlich  von  Ae^^ypten  bezeichnende  Name  auf 
bai>ylonien  übertragen  wird.    Ebenso  vieiteicbl  Gen.  2,  13. 

§.  141.  Der  erste  uns  bekannte  König  dieser  Dynastie 
ist  Agakakrime,  der  sich  in  einer  grossen  Inschrift  »König 
der  Eossaeer  (KaSsi)  und  Afckadier,  König  des  wetten  Landes 
Babel,  Besiedler  des  weiten  Landes  Aintunak,  König  von 
Padan  und  Ahnan  und  der  mfidhiigen  Gut!«  nennt  Letztere 
sfaid  ehi  grosser  zwischen  Zab  und  Diäla  (Gyndes)  ansässiger 
Volksstamm,  die  nördlichen  Nachbarn  der  Kossaeer;  die  drei 
anderen  Namen  sind  unbekannt.  Wir  sehen,  dass  der  König 
seine  Macht  nach  Norden  weil  ausgedehnt  hat,  dagegen  Süd- 
babylonien  nicht  besitzt.  Das  Gleiche  gilt  von  seinen  Nacii- 
folgern,  die  m  einem  späteren  assyrischen  Geschichtswerk 
(Ii  R.  65)  sftmmthch  Könige  Ton  Kardunial,  d.  i.  der  Land- 
schaft, deren  Mfttelpankt  Babylon  bildet ,  genannt  werden. 
Offenbar  bestanden  Im  södlichen  Ghaldaea  in  dieser  Zeit 
8e1l)8tändige  Staaten,  und  es  ist  denkbar,  dass  manche  der 
früher  genannten  Ifrrrscher  dieser  Gebiete  erst  dieser  Epoche 
angehören.  —  Aguk akrime  rühmt  sich  in  ?;einer  Insclirift,  wie 
er  den  nach  dem  lernen  Lande  Ghana  fortgeschleppten  Gott 


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172 


ZwdlM  Bwth,  iweiter  Abeehnitt 


Marduk  (§.  1:^8)  nach  Babylon  zurückgeholt  und  ihm  sowie 
den  anderen  Qdttem  reiche  Gaben  dargebracht  habe.  In 
fthnlicher  Weise  hat  KAnig  Sagaraktiad,  d^  nnzweifeibaft  der- 
selben Dynastie  angdiM,  d^  alten  von  Zabu  (§.  139)  er^ 
bauten  Tempel  des  Sonnengottes  und  der  Anonit  in  Sippara 
wiederhergestellt  und  verschönert.  Ueber  die  späteren  kos- 
saeischen  Herrscher,  von  etwa  1450  v.  Chr.  an,  besitzen  wir 
genauere  Angaben  in  der  sog.  »synchronistisciien  Geschichte 
Assyriens  und  Babyloniens«  (§.  121);  wir  werden  sie  später 
im  Zusammenhang  mit  dem  Emporkommen  Assyriens  zu  be- 
sprechen haben. 

Intehiift  AgolaliliM^t  (in  spltefcr  Abtehrifl)  V  B.  33,  iowte  thefl* 
weise  n  B.  88»  8»  flberw.  von  Skrh,  Aeiyr.  diic.  898  und  BoecAWBi,  TtfiBA, 
IV,  182  ff.  Vgl.  duo  DiunKH,  Pmr.  206.  883.  Der  KQoig  nennt  vier 
leiner  Ahnen,  doch  ohne  eie  eis  KOnige  in  beadehnes.  Die  Btoineehrift 
des  Saganktisi  bentien  wir  in  der  Abeohrlft  NaboDfthid's  I  R.  09, 
8»  19  ff. 


n.  Die  Coltur  Aitbabyloniens. 
Nationalität. 

%.  142.    In  den  mindestens  etwa  achthundert  Jahren, 

welche  von  den  Zeiten  Ur-ea's  bis  auf  die  kossaeische  Er- 
oberung verflossen  sind,  ist  die  S<  iiiili.sining  linbylnniens  voll- 
ständip:  zum  Abschluss  gekommen.  Während  die  Königslisten 
^lilreicbe  der  älteren  £poche  angehürige  sunaerische  und  ak- 
icadische  Namen  aufweiseni  heiracben  bei  den  Königen  der 
sinteren  Zeit  die  semitischen  Namen  durchaus  vor.  Die  Ja* 
Schriften  der  EOnige  werden  jetzt  durchweg  in  semitischer 
Sprache  abgefasst,  das  ältere  Idiom  höchstens  noch  in  stereo- 
typen Fonnehi  verwerthet  Auch  die  Privatpersonen  tragen 
jetzt  durchweg  semitische  Namen.  Dem  enlspriehl  es,  dass 
in  der  Literatur  fortan  die  semitische  Sf)rar}ie  —  in  die  be- 
greitiicherweise  zahlreiche  Wörter  aus  dem  alteren  Idiom  ein- 


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HatioinlitlL  Sdurift. 


178 


gedrungen  sind  —  all^  die  herrschende  ist,  wfihrend  die 
ftlteren  Werke  in  dieselbe  übersetzt  werden.    Es  Ist  nun  die 

Aufgabe  der  Forschung,  die  verschiedenen  Elemente  zu  son- 
dern, ein  Bild  der  sunierisch-akkadischen  Cultui  zu  entwerfen, 
wie  sie  vor  der  semitisciiA  ii  l  .inwanderuii;^  liestand,  und  zu 
zeigen,  wie  sie  durch  diese  beeinilusst  und  umgestaltet  worden 
ist.  Indessen  dies  Ziel  ist  gegenwärtig  noch  nicht  zu  erreichen; 
eine  Rah»  von  Einzeluntersodiungai  und  w  allem  eine 
grflndMche  Erforsebung  der  vorsemitischen  Sprache  sind  die 
nnerlässliehen  Vorbedingungen.  Nur  in  allgemeinen  Umrissen 
▼ermögen  wir  bis  jetzt  festzustellen,  was  semitisch,  was  nicht 
semitisch  ist;  im  übrigen  müssen  wir  uns  begnügen,  ein  Bild 
der  babylonischen  Gultur  zu  skizziren,  wie  sie  sich  etwa  zur 
ZeiLChammurabi  s  gestaltet  hatte. 

Im  aUgcmeinen  s.  die  nur  mit  Vorsicht  zu  benntsenden  Arbeiten 
LcNORHANT^B,  vor  allem  die  Magie  und  Wabnagekunst  der  Ghaldaeer, 

Verl),  deutsche  Ausgabe  1878.  Ferner  Schräder,  Semitismus  und  Baby- 
lonisniuä,  im  Jahrb.  iur  prot.  Theol.  I.  Fflr  einaeine  Fragen  vor  allem 
Uadft,  Die  sumeriecben  Famiiiengesetxe  ld79. 

g.  143.  Im  aUgemeinen  lässt  sieh  schon  jetzt  auf  das 
deutlichste, erkennen,  dass  alle  grandlegenden  Elemente  der 

babylonischen  Guliur  der  älteren  Bevölkerung  angehören,  die 
Semiten  dieselben  lediglich  adoptirt  und  hier  und  da  auch 
nach  ihren  Anschauungen  erweitert  und  umgestaltet  haben. 
So  ist  zunächst  die  Sphrift,  wie  schon  erwähnt,  sumerisch- 
akkadischen  Ursprungs.  Sie  ist  dann  auf  die  semitische 
Sprache  übertragen  worden,  obwoiü  sie  für  dieselbe  wenig 
geeignet  war  und  ihren  Lautbestand  nur  sehr  unToUkommen 
wiedergab.  Man  b^niigte  sich  indessen  nicht  mit  einer 
Herübernahme  der  phonetischen  BestandtheOe;  auch  die 
Ideogramme  erhicllen  jcUl  neben  ihrem  sumerischen  einen 
semitischen  Sinnwerth ,  aus  dem  sich  vielfach  neue  Silben- 
werthe  entwickelten.  Daneben  wurden  häufige  Wörter  und 
Wortgruppen  oft  ohne  weiteres  in  die]  semitische  Schrift  hin- 
übergenommen, man  sprach  dann  aber  nicht  mehr  die  Silben- 
zeichen aus,  sondern  setzte  an  ihre  Stelle  das  semitische 


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174 


Zweites  Bndi,  iwäter  AbMhnitt 


Aeqnivalent,  schrieb  also  z.  B.  patesi  (§.  134)  und  las  isakkn 
oder  sebiieb  dogga  (gut)  und  las  tAba  n.  s.  w.  Sogar  gnun- 
matische  Fonnen  worden  gelegentUch  au%eDOiiimeD;  so  scfarieb 
man  wohl  mak  »er  tDaehte«,  las  aber  epi£.  So  entstand  ein 
ftnsserst  eomplidrtes  Schriftsystem,  das  xäetA  ohne  das  gründ- 
lichste Studium  erleriii  uiid  angewandt  werden  konnte. 

Gerade  in  der  IltMtan  Zelt  werden  in  den  aeniltischen  Inschriften 
die  sumerischen  tdeogitmine  und  als  Ideogramme  gebraoebte  Wörter 
in  solchem  Umfange  verwerthet,  dass  es  hei  den  kurzen  Backstein- 

inschriften  oft  schwer  zu  entscheiden  ist,  in  welcher  der  beiden  Sprachen 
sie  abgefasst  siml,  —  lieber  die  Eulwickelung  des  assyrischen  Schrifl- 
sysiems  aus  dem  akkadisehen  s.  Haupt,  Akk«  u.  sum.  Texte  181  II. 


Religion. 

§.  144.  Die  spätere  babylonische  Religion  rulit  in  allen 
Haupts  Lücken  durchaus  auf  den  Anschaunngen  der  Urbevöl- 
kerung. Wie  überall,  steht  nuch  hier  die  Verehrung  der 
Dämonen,  welche  in  der  Natur  wirken,  dem  Menschen  Unheil 
oder  Segen  bringen,  im  Mittelpunkt  der  Religion.  Man  sucht 
sie  durch  Gebete  und  Opfer  gnfidig  zu  stimment  durch  Zauber 
in  seine  Gewalt  zu  bringen  oder  mit  HCUfe  anderer,  gfinsUger 
Geister  ihi«r  Tfleke  entgegen  zn  wirken.  Zahllos  sind  ihre. 
Schaarenf  ftusserst  unb»tunmt  ihr  Wirlcmigskräe,  rielfiieh 
sind  sie  namenlos.  Einzelne  werden  zu  grösseren  Gruppen 
zusammcngefassl,  so  die  Igigi,  Geister  des  Hinimels,  urul  die 
Anunuaki,  die  ursprünglich  Wasscrdäniuneii  zu  sein  Schemen, 
doch  auch  als  »Götter  der  Erde«  (IV  R..45,  31)  oder  >des 
Himmels«  (Delitzsch  bei  Lötz,  Tiglatp.  S,  80)  bezeichnet 
werden.  TheUs  denkt  man  sich  diese  Dftmonen  als  menscfaen- 
fihnliche  Wesen,  theils  in  Gestalt  von  LOwen  oder  anderen 
wilden  Thieren,  vor  allem  aber  als  miaehgestaUige  Ungeheuer, 
Drachen,  EbhOrner,  Greife  u.  ft.  Alle  diese  phantastischen 
Wesen,  die  später  durch  die  Kunst  auch  zu  den  abendländi- 
schen Völkern  gekoauiien  sind,  entstaiumen  den  ruiigiööen  An- 
schauungen der  Babylonler. 


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Die  DlncBai  und  Gölter  dtr  BähfUmaet.  175 


EiiM  eingehimdere  Duttalhiiif  dar  b«b7loiiiselien  ReUgkii  llitt  sieh 
noch  nicht  geben,  da  es  an  zuverlässigen  Vorarbeiten  noch  fast  ganx 
fehlt.  Lenorman't,  La  magie  chez  les  Chald^ens  1874  nnd  La  divination 

chez  les  Ch  l"^!'-,  fin  deutscher  Ueberaetzung :  Die  Magie  und  Wahrsage- 
kunst der  Chaidai  t  r  1^78)  ist  nur  mit  Vorsicht  tu  verwerlhen,  ebenso 
ailes  Detail  in  G.  Smith,  Die  chald.  Genesis  (deutsehe  l'ebers.)  1876.  Nur 
die  Beigaben  von  Fr.  Delitzsch  zu  lelzferem  Werke  sind  zuTerlässig  und 
beschränken  sich  auf  das  sicher  zu  Ermittelnde. 

§.  145.  Neben  den  Dämonen  stehen  die  grossen  Götter, 
welche  in  den  MachtgcliieU n  des  Himmels  und  der  Erde 
walten  und  über  die  Geister  herrschen.  Da  ist  der  Hinimels- 
gott  Ann,  der  Vater  und  König  der  Götter;  der  >Herrsrher 
der  Tiefe«  £a,  der  im  Wasser  seineii  Wobnflitz  hat,  aUe 
Weisheit  ergründet  und  mit  unerforBeUiclism  Rathecfaluss  die 
Geschicke  lenlct;  der  in  semHtacher  Sprsehe  Ramfin  (auch 
Barqu)  genannte  Gott,  der  die  Atmosphlre  behemcht,  Regen 
und  Gewitter  sendet  und  im  Sturmwind  einherfährt.  Dann 
die  Gotthfitcn  des  Kampfes  und  Todes,  des  Krie£?s  und 
Streites,  Nergal,  »der  Herr  der  Grabes^tadt«,  »der  Zerstörer«, 
und  Ninip  der  Kämpier  und  mächtige  Jäger,  beide  als  ge- 
flügelte Löwen  oder  Stiere  mit  Menschenkopf  gedacht  und 
gebildet.  Ferner  »der  Herr«,  En  oder  Mulu,  semitisch 
der  als  oberster  Herascher  und  Vater  der  GOtter  vielfocfa  ver- 
dirt  wird.  Daneben  stehen  die  Gottheiten  der  Himmelskörper, 
Sin  (Akn,  Nannar),  der  Mondgott,  der  sieh  seit  der  ftltesten 
Zeit  des  höchsten  Ansehens  erfreut  und  als  der  erhabenste 
und  mächtigste  der  Götter  in  Hymnen  vielfach  gepriesen  wird, 
und  der  Sonnengott  Samas  (simi.  BaLbar).  Jeder  dieser 
Götter  hatte,  wie  schon  erwähnt  (§.  130),  seine  besondere 
GuitiHetätte,  an  der  er  ak  der  Höcliste  verehrt  wurde, 
und  mannigfach  yerschieden  waren  in  den  einzelnen  Städten 
Babykmiens  die  Anschaaungen  Öber  die  Verwandtschaft  und 
das  UachtTerbfiltniss  der  Götter  nnter  ebiander.  In  einxebien 
FSIkn  treten  rein  locale  Gottheiten  an  die  Spitze  des  Pan- 


^  Die  AoMpiaehe  irt  nnaleher.  Hiebt  nnm^^jich  lat  die  Lesung  Adar. 


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176 


ZwoitM  Biieli,  sweiter  Abschnitt 


theoDS,  90  in  Babel  der  Stadtgott  Mardnk,  der  hier  später 
direct  dem  Bei  gleichgesetzt  wird. 

Der  Name  Sin,  der  auch  bei  den  i;iiinjaren  und  bei  den  Syrern 
von  Charrän  den  Mond^'olt  bezeichnet,  scheint  akkaflischen  Ursprungs  zu 
sein,  obwohl  er,  so  viel  tob  weiss,  in  akk.-sum.  Texten  .bisher  nicht  mit 
Sicherheit  nachzuweisen  isU 

§.  146.  Unter  den  Göttinnen  Bahyloniens  tritt  yor  allem 

eine  hervor,  die  früh  mit  Nanä  (Navotto,  Maccab.  II,  1,  13), 
der  Ilauptgöttin  von  Uruk,  identiücirle  litar,  >die  Ikrnnc. 
Sie  i->t  dio  Gottheit  aller  Lebens-  und  Zeutzungskrall  der 
Natur  und  wird  mit  rauschenden  Freudenfesten  gefeiert.  Wie 
sich  ihr  /ai  Ehren  die  Jungfrauen  preis  geben  (vgL  Uerod.  1, 
so  erzählt  die  Sage  zahlreiche  Geschichtea  Ton  ihren  Lieb- 
schaften, namentlich  von  ihrer  Ndgung  zu  dem  schteen  Jting* 
ling  Däzi  (hebr.  Tammik  tlDD«  £Becb.  8, 14).  Indessen  wie  das 
Leben  der  Natur  hn  Winter  erstirbt,  dieBlnme  terbläht,  das  Saat- 
korn in  die  Erde  gesenkt  wird,  so  erKegt  OOzi  der  Täeke  seiner 
Feinde,  allgemein  betrauert.  Nach  einer  anderen  Sage  zielit  Istar 
aus,  um  ihrer  Herrschaft  auch  das  Gebiet  der  finsteren  Königin 
des  Todtenreichs,  der  Allat,  zu  unterwerfen,  wird  aber  von  den 
Dienern  der  feindlichen  Göttin  in  Bande  geschlagen  und  ver- 
liert hier  alle  Attribute  ihrer  Macht.  Alles  Leben,  alle  Pro- 
duction  erlischt  auf  £rden«  allgemeines  Verderben  droht  ein- 
zutreten, so  dass  schliesslich  die  grossen  Götter  sich  erbarmen 
und  die  Allat  zwingen,  ihre  Gegnerin  frei  za  geben.  —  Nach 
dem  allgemehien  Schicksal  der  Mythen  Terwandehi  sich  auch 
diese  primitiven  Erklärun^versuche  des  Naturlebens  aHmählich 
in  Er/:aiiluitgen  von  einmaligen,  uranfanglichen  Begebenheiten, 
während  sie  in  den  Festen,  die  nun  zur  Erinnerung  au  die- 
selben geleiert  werden,  dauernde  Nachwirkungen  iiinteriassen. 

Dl«  in  dieiem  Panigraphea  berflhrteo,  für  di«  gMammte  ReUgioas- 
goMhiebte  Yord«rasieii8  ausMnt  wichtigen  Probleme  bedOrfen  äner  weit 
genaaeren  Prfteialniiig,  die  indeaaen  bei  dem  gegenwärtigen  Stande  der 
Wissenschaft  noch  nfcht  erreichbar  seheint   FOr  den  Namen  Utar 

(=  Astarte,  Atar  gatis,  bei  (h n  llimjaren  *Athlar)  hat  Fr.  Dkutsscb 
(in  SmiB  chaM.  Gen.  278)  siuneriachen  Ursprung  behanplet,  und  sefaie 


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Ottar.  Dlft  BekimpftiDg  der  Dtmonen. 


177 


Orfinde  biboi,  «bfeeehen  aJlerdiogs  fOD  der  bOebet  proUeiDatiachen 
Etymologie,  fiel  Beileebendee.  Dagagen  erUIft  Eunr  (ZDM.  XXXIV,  768 

and  sonst)  den  Namen  fQr  semitisch.  Soviel  steht  dass  er  in 
«mneriach-atkaditchen  Texten  bis  jeirt  nirgends  vorkoount,  un  1  h  ?  in 

deneelben  der  Name  der  StadtgOtlin  Ton  Ciuk  (geeefarieben  »^yy^l) 

Nan&,  niebt  Btar  in  lesen  iei;  dagegen  wird  sie  eelion  in  der  Izdabat^ 
sage  Btar  genannt.  Ee  wftre  alao  mflgtieb,  daae  Ittar  der  Name  der 

semitischen  G6Um  war,  die  man  mit  der  alteiobeiroischen  Nanfi  Idea- 
tiflcirte.  —  Dass  Bellt  (=  Ba*alat,  vgl.  §.  174;  bei  Herodot  MoXttta) 
ursprünglich  nur  ein  Beiname  der  Btar  ist  und  dieselbe  als  >Herrin«  und 
zugleich  als  Gemalin  Bel's  hezeichn<^t,  scbpinl  mir  ziemlich  sicher.  Dass 
sie  später  häufig  von  Istar  geschieden  (§.  1491  und  ebenso  N?iiin  neben 
beiden  als  besondere  Göttin  (genannt  wird,  beweist  nichts  dugegen, 
da  ja  hier  der  Differenzirungsprocess  forlwähreud  weiter  wirkt;  be- 
trachten doch  die  Assyrer  die  Utar  von  Niaive  und  die  lätar  von  Arbela 
als  swel  versebiedene  Qötlinn«D.  Dki  späteren  grfeebfaeben  and  orien« 
taÜseben  Angaben  fllMr  die  (mit  der  Artemis,  d.  b.  der  epbesiseben 
NatoigOltin  idenUfieirte)  NanA  s.  bei  G.  HomuiiiTj  Ausiflge  am  syrfsdien 
Akten  persiaeher  Hlrtfrer  (Abb.  Kde.  des  HocgenL  YU  180.  flC)«  —  Noeb 
weniger  wissen  wir  über  das  Wesen  der  sehr  häufig  genannten  GOtUn 
Anonitam  (Stadtgöttin  von  Akkad).  Die  GOttia  Anat  (§.  149)  hat  nur  in 
der  Kosmogonie,  nicht  im  Cultus,  Bedeutung,  vgl.  ZDM.  XXXI,  717.  — 
Die  Sage  von  der  Höllenfahrt  der  Istar  s.  bei  Smith,  Chald.  Geo.  208; 
ScuRAUEE,  UöUentabrt  der  Istar  1874  u.  a.   Der  Text  IV  B.  81. 

§.  147.  Im  aljf^emeinen  sind  (Iii  u rossen  Gotlheilen  die 
Begründer  und  Schirmer  der  bestehenden  WeUordnung.  Sie 
bekämpfen  die  feindlichen  Dämonen,  welche  dieselbe  zerstören 
wolleo,  and  ihre  Anrufung  gewährt  dem  Menschen  Schutz 
gegen  die  Unholde.  ZaUreiche  Sagen  l>ehandeia  diese  Kämpfe 
im  einzelnen,  namentlich  die  Bewältigung  des  Ungeheuers 
Tiamat  doreb  BCardok;  oft  genug  sind  Scenen  aus  denselben 
auf  altbabylonisehen  Gylindern  und  Geromen  abgebildet  Be- 
sonders Marduk  ist  der  Gott,  der  Schutz  gegen  die  Dämonen 
verleiht;  sein  Bild  findet  sich  daher  unendlich  oft  aul  xVinu- 
letten.  Indessen  sind  die  babylniii.-,then  Götter  sowenig  wie 
irgendwelche  NaUirgötter  ledigücii  gute  Mächte  oder  gar 
moralische  Wesen.  Wie  Ninip  und  Nergal  ihre  Freude  an 
Blut  und  Verderben  haben,  so  erfahren  wir,  dass  man  in 


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178 


Zweites  Buch,  sweiler  Abechnitt 


Sippara  dem  Adarmelek  (Ninip?)  und  'Anamelek  (Anu?) 
Einderopfer  brachte  (Heg,  II,  17,  31).  Wenn  den  Menschen 
Unheil  trifft,  wenn  ein  Gott  ihm  zOrnt,  so  sucht  er  zu  er« 
forschen,  wodurch  er  ihn  beleidigt  hat ;  er  beliennt  sich  schuldig 
und  mit  Sünde  bedeckt,  sucht  durch  Gebet  und  Opfer  die 
Rache  zu  hoseitigen.  Aber  oft  '/eiiug  zürnen  die  Götter  aus 
Laune;  die  grosse  Fhith,  vvelciie  die  Menbäcliheit  zu  vertilgen 
drohte  (3.  150),  ist  von  ihnen  lediglich  herbeigeführt,  weil 
es  so  ihr  Belieben  war,  weil  speciell  der  Gott  Bei  zürnte. 
Die  von  modernen  Forschern  in  die  altbabylonischen  Ueber- 
Üeferungen  hineingelegten  philosophiscb-cbrisilichen  Anschau- 
ungen von  der  Süncfiiaftigkelt  der  Menschen  gegenüber  der 
idealen  Reinheit  der  Götter  sind  den  Babyloni^n  völlig  fremd 
und  werden  durch  die  religiösen  Hymnen,  in  denen  der 
Mensch  sich  den  Göttern  pregenüber  schuldig  bekennt  und  um 
Vergebung  bittet,  in  keiner  Weise  bewiesen. 

Die  Tciulr  iiz  der  so^.  »BusspsalmeiK,  su  denen  neh  ganz  analoge 
Gebete  vielfach  z.  B.  im  Veda  finden,  ist  immer  die  rein  praktische, 
den  Ihafsnrhiich  aus  irgend  welchen  unbekannten  Gründen  vorhandenen 
Zorn  der  (Jottheit  zu  besänftigen  oder  ihm  vorziit»'^!-  t?.  Wer  z.  D.  ]>f\ 
dem  Gebet  IV  R.  10  [in  stark  abweichenden  Uehei  setzunj;»»!  hol  Lknuk- 
MANT,  Magie  68;  Smith  .  Bah.  Literat.  44;  daraus  Schräder,  Hölleiif.  der 
Istar  92]  von  »Sündenbewu^stsein«  redet,  spielt  mit  den  Worten.  —  Ich 
boneA«  nocti,  dass  sich  irgend  welche  Spar  einer  der  hetmeischen 
SQndenfallenfthlung  paralieleo  babyloniaehenUeberJnferung  (vgl.DEtiTzscB 
la  Smitb»  Geneeis  801  ft)  bisher  nicht  gefunden  hnt;  auch  in  jener  tritt 
aber  das  moralisefae  Element  oraprfinglich  gans  in  den  Hinteignind  mä 
ist  erst  dorch  spätere  iheologiseh-philosophisehe  Specdation  hineingelegt 

§.  148.  Die  Eigenart  der  babylonisclien  Religion  i)eruht 
darauf,  dass  man  sich  die  Weltmächte  ¥or  allem  in  den 
Sternen  wirkend  dachte.  Schon  die  Schrift  zeigt  uns  diese 
VerknfipfuDf ,  indem  das  Wort  Gott  mit  dem  Zdchen .  des 
Sternes  geschrieben  wird.  Auch  machte  man  Mh  die  Ent* 
deckung,  dass  ausser  Sonne  und  Mond  noch  fOnf  Gestirne 
ihren  Stand  wechsehi  und  daher  als  die  dgentlichen*  Schieksals- 
sterne  gelten  kuiinten.  Aul  der  i'^ntdcckung  der  Siebenzahl 
der  Planeten  beruht  die  in  Babylonien  seit  uralter  Zeit 


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Die  Aitrologie.  179 

angenommene  Heiligkeit  dieser  Zahl;  die  sich  von  hier  aus  über 
die  ganze  Welt  verbreitet  hat.  Den  einzelnen  Planeten  wies  man 
einige  der  Hauptgötter  als  Schirmberren  zn:  dem  Jupiter  den 
Mardok  (Bei),  der  Venus  dielStar ;  die  finsteren  and  kriegerischen 
Gottheiten  Ninip  und  Nergal  erbieKen  den  Saturn  und  Mars, 
Mercur  ist  der  Stern  des  Nabü,  des  Gottes  der  Weisheit  und  Weis- 
sagung, des  Sehfrmherm  da*  Wissenschaft,  der  speciell  in  Bor- 
sippa  die  Stätte  seiner  Verehrung  halte.  Um  die  Einflüsse 
zu  bestimmen,  welche  der  Lauf  der  Planeten,  Finsternisse  und 
sonstige  Tlinnnelserseli''inun^en  auf  das  menschliche  Schicksal 
üben,  stellte  man  sorgfältige  Beobachtungen  an  und  zeichnete 
deren  Ergebnisse  auf.  So  entstand  in  den  allbabylonischen  Tem- 
peln, deren  terrassenförmig  au&teigende  Thurme  zugleich  als  Ob- 
senratcMTien  dienten,  die  Wissenschaft  der  Astrologie.  In  ähnlicher 
Weise  wurden  alle  Prodigien  aufgezeichnet  und  die  Vorzeichen- 
kunde bis  ins  kleinste  Detail  ausgearbeitet.  Neben  die  auch 
in  Babylonien  vorkommende  Weissagung  durch  Inspiration, 
die  unter  dem  Schirme  NabiVs  steht,  tritt  eine  durchgebildete 
Wissenschaft  von  der  Erforschung  der  Zukunft.  Bei  jedem 
ünternehnieii  befraf,4  der  König  seine  Astrologen  iihrr  die 
Ck)Dstellation,  über  jedes  himmlische  Erelgniss  und  dessen 
Folgen  iässt  er  sich  berichten.  Eine  Zusammenstellung  der- 
artiger Vorzeichen,  angeblich  aus  den  Zeiten  Sargon*s  und 
Naramsin's,  ist  schon  erwÄhnt  (§.  188),  ebenso,  dass  das 
grosse^  aus  72  Tafeln  J3estehende  Hauptwerk  über  Astrologie, 
Ton  dem  wir  zahlreiche  Bruclistücke  besitzen,  unter  Sargon 
verfasst  sein  soll.  Dass  im  einzelnen  die  Schulen  vielfach 
auseinander  gingen,  ist  selbstverständlich;  so  erfahren  wir, 
dass  das  Nativitätstellen  von  einigen  eifrig  betrieben,  von 
anderen  verworfen  wurde. 

üeber  die  chaldaeische  Astrologie      vor  allem  die  Fragmente  des 
Bemoe,  Diod.  II,  29  ff.,  Plin.  VI,  123,  Slrabo  XVI,  1,  6  u.  a.  Ferner 

Lfnormat^tt,  Magie.  Versuch  einer  Ueberselzunp  des  astrologischen  Werks 
sowie  von  Vorzeichensammliingen :  Sayce,  TrSB^\,  III,  145.  —  Dass  die 
frfiher  weitverbreitete  Methode,  welche  bei  der  ErkläruP4'  der  Gölter  von 
ihrer  planetaren  Bedeutung  ausging,  grundfalsch  ist  —  nirgends  mehr 
als  bei  der  Istar  —  bedari  keiner  Ausführung. 


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180 


Zweites  Buch,  zweiter  AbscbnilL 


§.  149.    Die  Beobachtung'  und  Autz(  i(  hnung  der  Stern- 
babnen  und  Prodigien,  die  Erforschung  des  göttlichen  Willens, 
die  Pflege  des  Rituals  liegt  in  den  Händen  der  Priester- 
scbaft  der  euzelneD  St&dte,  an  deren  Spitze,  wie  früher  be- 
merkt, die  Könige  selbst  stdien.  Sie  bestimmen  und  ordnen 
anch  das  Verhältniss  der  Gdtter  zu  einander  und  regoliren 
die  M3rthen  und  Traditionen.   Wenn  auch  in  den  Hymnen 
der  Localgott  —  namentlich  der  Mondgoti  Sin,  der  Herr  von 
Ur  —  als  der  mächtigste,  der  v'm7A\*c  ^'cpriosen  wird,  von 
dem  alle  anderen  (lüftrr  ahliän^njr  .sühI  (vgl.  dazu  §.  8),  so 
wird  doch  im  all^'oineinen  ein  f^lgeordnetes  System  von 
zwölf  Göttern  —  die  UeUiglLeit  der  Zwölfzahl  beruht  auf  den 
zwölf  Monaten  —  anorkannt,  an  dessen  Spitze  Anu  Bei  und 
£a  stehen.  Jeder  Gott  erhftk  eine  Gemahlin;  mehrere  der- 
selben, wie  z.  B.  Anat  (semit  Feminin  Ton  Ann),  die 
man  im  System  zur  ErdgGttfn  machte ,  nnd  lediglich  ans  der 
Specnlation  hervorgegangen  und  nie  verehrt  worden»  Auch 
die  Geister-  und  Dämonenwelt  wird  systematir it t ;  besonders 
treten  die  »sieben  bösen  Geister«  als  Hauj»tf<nnde  aller  gött- 
lichen Ordnung-  hervor.    Allerlei  S[)ielereien  mit  Zahlen  u.  ä. 
knüpfen  daran  an ;  mit  der  höchsten  Einheit  des  sumerischen 
Zahlensystems,  60,  bezeichnet  man  den  Anu,  Bei  mit  50  u.  s.  w. 
Bei  manchen  Göttern,  wie  Sin  (30)  und  I£tar  (15)  ist  diese 
Bezeichnung  in  sp&terer  Zeit  sogar  die  gewöhnliche  Schreil^ 
weise  des  Namens  geworden.  Genauere  Bestimmungen  über 
das  Verhältniss  der  einz^en  Götter  zu  einander  werden  auf* 
gestellt,  z.  R.  von  den  ursprünglich  identischen  Göttinnen  Btar 
und  Bellt  (i  i  in.  von  Bei,  ij.  152)  wird  jene  für  den  Morgen-, 
dit'-(^  für  den  Abeinlstern ,  oder  letztere  für  weiblieh,  erstere 
für  mainili(  Ii  erkläi't  (IlL  R.  53,  2,  30  11.)  —  Gombinationen, 
die  weder  ursprünglich  sind,  noch  für  die  religiöse  Anschai^ 
ungen  des  Volkes  irgend  welche  Bedeutung  haben. 

§«  150.  Auch  über  Ursprung  und  £ntwickelung  der 
Welt  stellten  die  Priester  ihre  Theorien  auf.  Im  Uranfang, 
als*  weder  Himmel  noch  Erde  war,  da  ezistirte  das  Urwesen 
Mummu  Tiamat,  die  Gebärerin  des  Alls,  die,  wie  es  scheint, 


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GOttersystame  und  KoBtnogonie.  181 

aJs  die  alles  amseUiessende  Wasseriuasse  gedacht  wkd.  Der 
Reihe  nach  entstehen  die  Götter,  nach  mehreren  kosmogoni- 

schen  Mittelgliedern  die  grosse  Trias  Anu^  Bei  und  Ea,  welche 
den  Dinizen  ihre  Gestalt  geben  und  die  Welt  ordnen.  Daneben 
werden  alle  möglichen  Fabelwesen  erzeugt;  aucli  die  Küinple  mit 
den  Geistern,  die  Grossthaten  Marduk's  u.  s.  w.  gehören  dieser 
ältesten  Epoche  an.  Dann  entbrennt  der  Zorn  der  Götter,  vor 
allem  fiePs,  gegen  die  Menschheit;  es  wird  beschlossen,  sie  durdi 
eine  grosse  Fhith  zu  vertilgen.  Nur  dem  Gbasisadra  ^(ooodpoc) 
offenbart  Ea  das  drohende  Unheil  und  lässt  ihn  m  einem  grossen 
Schiffe  mit  den  Seinen  und  allem  Gethier  sich  retten.  So 
wird  di(?  Existenz  der  Menschheit  erlialten,  die  Götter  be- 
srbliessen  in  Zukunft  durch  wilde  Thiere,  durch  Hunger  und 
Pest  die  Mensclien  zu  strafen ,  aber  eine  grosse  Fiulli  nicht 
wieder  zu  senden.  Durch  mancherlei  Sagen  und  Traditionen 
wird  dann  die  Zeit  nach  der  Fluth  allmählich  in  die  bistorisclie 
Epoche  hinübergeleitet.  Dass  es  dabei  an  systematischer  Ghro* 
nologie  und  an  Zahlenspielereien  nicht  fehlt,  bedarf  keiner 
Bemerkung. 

Ycm  der  Kosmogonie  und  Urgagchiebte  der  Babykinier  besitzen  wir 
sahbeiebe,  aber  sehr  ventQmmelte  BruebttOeke»  tbeilwefse  poblicirt  ?on 
Dburmh,  Aaeyr.  Leaeatfleke.  Dasu  dera.  in  Smitr,  Gbald.  Genesia  S98 
Smitb*8  üeberaetsangen  sind  meiat  eebr  gewa^.  ^  Daa  Frt.  a  atimint 
(hat  rOUig  tu  der  babylon.  Kosmogonie  des  EndemoB  bei  Damaadua 
de  pr.  pfinc.  125  ed.  Hott»  Andere  Traditionen  befolgte  Berossos.  Vgl. 
Lenormant,  Essai  d'un  commentaire.  Die  Version  von  Kutha  bei  Smith, 
ch.Gen.  95.  —  T'eber  die  vielbphandelle  Sündfluthfrage  s.  neuerdings  Haupt, 
der  keilinscbr.  Sintfluthbericbt  1881  und  dens.  bei  Schräder,  KAT.  ^  55  £L 

§.  151.  ü^r  das  Verhältniss  des  menschlichen  Geistes 
Kur  Gotth^t  und  den  Zustand  nach  dem  Tode  scheinen  die 
Vorstellungen  der  Babylonier  wenig  ausgebildet  gewesen  zu 
sein.    Nirgends  finden  wir  Andeutungen  von  Ideen,  wie  sie 

in  Aegypten  zur  Herrschaft  gelaugten,  oder  von  der  iranischen 
Ansrhauun^r,  dass  der  Mensch  im  Kampfe  der  guten  und 
bösen  Machte  Stellung  nehmen  müsse.  Als  wünschenswerth 
scheint  es  gegolten  zu  haben,  au  einer  besonders  heilig^en 
Stfitte,  speciell  in  der  Nähe  der  grossen  HeiligthOmer  Süd- 


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182 


Zweites  Buch,  zweiter  AbscIuiiU. 


l)abyloniens,  bestatlcl  v.n  werden.  Die  zahllosen  Tlionsärge, 
welclie  sii  h  in  den  TrümintThaufen  vor  allein  von  Uruk  und 
IJr  finden,  >in(l  on'enijar  aus  allen  Ge^^eruleii  Hal^yloniens 
hierher  gebracht,  wie  gegenwärtig^  in  derselben  Landschaft 
die  Perser  ihre  Leichen  nach  Kei  bela  und  Meshid  Ali  bringen 
lassen.  Im  übrigen  führen  die  Todten  »im  Lande  oJine  Rüde- 
kelirc  unter  Herrschaft  der  AUat  (§.  146)  eine  wes^lose 
Schattenexistenz,  und  nirgends  finden  sich  Spuren  eines 
Todtencultus  oder  einer  Erhebung  des  Menschen  m  den 
Göttern.  Denn  dass  eine  rein  mythische  Gestalt  wie  CShasf- 
sadra  am  Sehluss  seiner  Laufbahn  in  die  Ferne  entrückt 
wird  und  ein  gülterähnlichcs  Leben  führt,  kommt  bierfür  nicht 
in  Betracht. 

Ueber  die  Grftber  Södbahyloniens  s.  Loktot  uml  Taylok  in  den 
§.  130  angef.  Werken,  Wenn  einzelne  Andeutungen  auf  eine  Vorstellung 
von  Relohnnn;.'»'!!  und  Strafen  aurh  nacb  dem  Tode  rn  deuten  scheinen, 
flo  verträgt  sich  das  mit  dem  im  Texte  Gesagten  ganz  wohl. 

§.  152.  Im  allgemeinen  ist  die  bisher  Icurz  skizzffte 
Religion  sumerisch -akkadischen  Ursprungs.    Ausser  einigen 

Göttemamen  haben  die  einwandernden  Semiten  wenig  hinzu- 
gefügt. Ihre  (idtter  Bei  und  Bellt  (»Herr«  und  »Herrin«) 
setzten  sie  dem  En  und  der  Nanä-Istar  gleich,  wunii  auch 
lei/tere  häufig  wieder  von  Belit  gesondert  wird  (v^l.  §.  140); 
Namen  wie  Kaman,  Nanoar  u.  a.  gehören  ihnen  an.  Da- 
gegen in  der  spftter  herrsciieuden  Auffassung  der  Religion 
erkennen  wir  specifisch  semitische  ZCige.  So  wird  lätar 
vor  allem  bei  den  Assyrem  zur  KriegsgOttin ,  und  über- 
haupt werden  die  Götter  in  erster  Linie  als  mit  dem  Volke 
auf  das  engste  verbundene  Stammgötter  gedacht,  die  den 
Ihren  Sieg  und  Heil  verleihen.  Durch  die  ganze  Religion  der 
sji'Ueren  Zeit  geht  ein  nüchterner,  rein  praktischei  Zug,  wie 
er  den  Seniilen  eigen  ist.  Es  ist  für  die  (Jeislesrichtung 
beider  Völker  charakteristisch,  dass  die  I>;intrn  Bnhylonicn?, 
wo  der  Einfluss  der  älteren  Bevölkerung  bis  in  die  spateste 
Zeit  nachwirkte,  fast  ausschliesslich  Tempel,  die  Assyriens 
grOsstentbeils  Paläste  sind.  Die  kosmogonischen  Speculationen 


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ümgeslaltung  der  Religion  durch  die  Semiten.  183 

worden  lediglich  aus  dem  Nichtsemitischen  übersetzt,  ahoi  nicht 
weiter  entwickelt,  die  Vorsteilungen  vom  Leben  nach  dem  Tode 
blieben  unausgebOdet.  Ebenso  sind  alle  mythologischen  Elemente 
der  semitischen  Anschauung  T511ig  fremd  und  treten  daher  auch 
in  den  historischen  Inschriften  der  späteren  Zeit  ganz  zurCk;!^. 
Dagegen  werden  Astrologie  und  Magie  als  für  das  praktische 
Leben  höchst  wichtige  Disciplineii  mit  Eifer  weiter  betrieben. 
In  der  Ausspiiniung  von  Zauberformeln  und  magischem  Un- 
sinn stehen  die  Raliylonier  den  Aegyptern  nicht  nach;  im 
übrigen  aber  ist  ihre  Keligioo  immer  auf  einer  primitiven  Stufe 
stehen  geblieben,  geschweige  denn  zum  Träger  und  Mittel- 
punkt des  gesammten  geistigen  Lebens  des  Voilces  geworden, 
wie  in  Aegypten,  In  Iran,  in  Israel,  oder  wie  die  Philosophie 
bei  den  Helenen.  Es  ist  das  zu  gleicher  Zelt  dn  Vorzug  und 
ein  Nachtheil.  Der  Babylonier  und  mehr  noch  der  Assyrer 
steht  dem  Leben  freier,  unliefangener,  naiver  ^'egenüber,  als 
ein  Volk,  bei  dem  ein  tlieologisches  Syste?n  alle  Anschauungen 
bestimmt ;  aber  dafür  ist  ihm  auch  die  gelahrvollc  Strasse  ver- 
schlossen, welche  ebensowohl  zur  völligen  Erstarrung  und 
Fesselung  wie  zur  höchsten  Freiheit  und  zum  idealen  Ziel  des 
geistigen  Lebens  führen  kann.  • 

lieber  die  religiösen  Anschauungen  der  Semiten  im  allgenieineu 
kann  erst  in  Buch  III  gehandelt  werden.  —  Im  übrigen  ist  es  vielleiclit 
von  Bdleatung,  »daas  wir  [bis  jeUt?]  zwar  eine  grosse  Ansahl  magischer 
Texte  in  akkadischer  Sprache  bseitien,  aber  Iteine  einidge  sumerische 
Zatiberformel«  (Haupt,  Keilinsefar.  Sintflothbericht  88).  —  Oaas  die  kos* 
mogonlsehen  Ersältlnogen  aus  dem  Someriseben  dbetsetit  dnd,  bat 
DiLiTiscB  (in  HAi7PT*a  FarnUienigesetseD  9.  69;  Paradies  S.  155)  erwiesen. 

• 

Literatur. 

Im  allgemeinen  vgl.  Smith,  Gbald.  Gen.  10  £Ci  Sayck,  Babylooiao 
Literature  (1878  V). 

9.  153.  Als  die  Semiten  sich  in  Babylonien  fiestsetzt^, 
waren  die  ilteren  Bewohner  bereits  im  Besitze  einer  nmfang^ 

reichen  Literatur.  Die  Aufzeichnung  leiigiöser  Hymnen,  lieiliger 


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1B4 


Znreites  Buch»  zweiter  Abschnitt, 


Fonneln,  astrologischer  und  teratologifschcr  Boobaciilungeu  wird 
den  Ausgangspunkt  derselben  gebildet  haben.  *  Daneben  wird 
die  Schrift  zu  staatlichen  Zwecken  verwerthet,  zu  Inschriften 
auf  Statuen  der  Könige,  zu  Urkunden  u.  ä.  Ob  es  in  dieeer 
Epoche  fldKm  eigentlich  historiacbe  Aufzeichnungeii  gab,  kani> 
stark  bexweifelt  werden.  Dagegen  waren  die  staatlichen  Ver- 
hftltnisse  wohl  geordnet,  ond  dem  entspricht  es,  dass  vor 
allem  die  Grandsfitze  desHechtslehens  schriftlich  anfgezeichnet 
waren.  Ein  Bruchstück  dieser  Gesetze,  das  sich  auf  das 
Familien  recht  bezieht  und  z.  B.  dem  Vater,  den  sein  Sohn 
verläu^net,  das  Recht  gibt,  denselben  zum  Knecht  zu  machen 
oder  7,u  verkaufen,  ist  uns  erhalten.  Wie  die  Religion  wurden 
auch  die  staatlichen  histitutionen  einfach  iron  den  Semiten 
dbernommeni  die  ältesten  Gesetzbücher  übersetzt  und  so  bis 
auf  unsere  Zeit  bewahrt 

reberäetzuti^'  der  Gesetze  bei  Haitt,  Sumer.  Familiengesetze  187^ 
und  üötU  Nachr.  1880. 

§.  154.  Die  für  die  neuen  Eindringhnge  bestehende  Aoth- 
wendigkeit,  die  alte  Sprache  des  Landes  zu  erlernen,  aus  ihr 
zu  übersetzen,  und  auch  nachdem  sie  aus^^estorben  war,  ihre 
Zauberform<^ln  zu  verwerthen,  führte  frühzeitig  zu  sprach- 
lichen Studien  und  Au£aeichnungen|  die  durch  die  Eigenthüm- 
Uchkeit  des  Schriftsystems,  das  so  zahlreiche  Zeichenverbin- 
dungen  der  alten  Sprache  au^nommen  hatte,  doppdt 
erforderlich  wurden.  So  legte  man  Sammlungen  der  Schrift' 
zdchen  an,  in  denen  dieselben  nach  ihrem  I«aut-  und  Sinn* 
Werth,  nach  ihrer  akkadischen  und  semitischen  Bedeutung- 
erklärt  wurden  (die  sog.  Syllabare);  Wrirterbüclier,  in  denen 
die  Wörter  lieidei  Spraclien,  meist  narli  dem  Sinnwerth  ge- 
ordnet, neben  einander  aufgeführt  wurden;  daneben  gramma- 
tische Paradigmata  u.  ä.  Im  Anschluss  daran  stellte  man 
geographische,  mythologische,  astronomische  Listen  auf,  welche 
die  Namen  und  Beinamen  der  Götter,  Orte,  Pflanzen  und  Thiere 
in  einer  oder  In  beiden  Sprachen  erUfirten.  Das  Material,  mit 
dem  die  alten  üeb^setzer  sich  für  Ihre  Arbeit  vorbereiteten,  liegt 


* 

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Utemtnr. 


185 


grossen  Theils  auch  uns  noch  Tor,  ehenso  manehe  Pripara- 
ikm^  anaserdem  gelegentlich  auch  SchfilerarbeiteD.  Freilich 
stammen  diese  Tafein  fast  alle  ans  AssurfoaniiMLls  Bihliothek 
(§.  121);  indessen  wenn  manche  auch  erst  damals  verfasst 

sein  mö^eii;  so  hezeichnen  sidi  die  meisten  selbst  als  Ab- 
schriften altbabylonischer  Sammlungen,  uiki  einzelne  derartige  > 
Tafeln,  deren  Zahl  sich  voraussichtlich  in  Zukunft  bedonlond 
venneliien  wird,  sind  in  Babylonien  selbst  gefunden  worden» 

§.  155.  Von  einer  poetischen  Literatur  ist  uns  falls 
man  Lieder  und  Erzählungen  dberhaopt  aufzeichnete  —  ab- 
gesehen TOfi  den  religiösen  Hymnen  und  Legenden  nichts 
erhalten.  Dagegen  knüpft  an  die  letzteren  die  Bearbeitung 
und  Aufzeichnung  weiterer  Sagen  an.  Hierher  gehört  vor 
allem  die  epische  Behandlung  der  IzduLarsatre  137"!,  die 
etwa  um  ioUO  v.  Chr.  verfasst  sein  mag.  Da>  Wtrk  l^o^toht 
aus  12  Büchern  (d.  i.  Backsteintafeln),  und  uiclit  unwaiir- 
scheinlich  ist  die  Vermuthung,  dass  diese  Eintheilung  mit  einer 
Beziehung  des  Inhalts  auf  die  zwölf  Monate  oder  vielmel  ir  auf  die 
Zeichen  des  Thierioreises  in  Verbindung  steht  Dass  der  Kern 
d^  Sage  mythisch  und  Izdubar  ein  Licfatgott  ist,  kann  nicht 
beswdfelt  werden ;  doch  ist  dieselbe  wie  so  viele  andere  Mythen 
MBch  und  zeltlich  localisirt,  und  wie  es  scheint  mit  dem 
Freiheitskampf  gegen  die  Elamiten  in  Verbindung'  '^'el)racht 
worden.  —  Wie  sich  daneben  eine  historisclie  Literatur  ent- 
wiclieite,  ist  bereits  früher  skizzirt  worden  (g.  121). 

Die  Frage,  ob  die  bdobarsage  von  Anfanv  an  in  eemitiseher  Spraehe 
TerfAMt  oder  lediglich  übersetzt  ist,  ist  noch  nicht  entecbieden»  s.  Dbutzscb^ 
Par.  166»  —  Die  mehribch  geftnnerte  Behaaptung,  da»  sie  das  Ftatotyp  der 

griechischen  Heraklessage  sei  and  nhlreiche  Zöge  mit  dieaer  gemeinsam 
habe,  scheint  mir  unbegründet  zu  sein.  Einzelne  Berflhningen  finden 
aich  allerdings,  wie  solche  bei  allen  Völkern  in  Sagen,  die  analoge  Gegen- 
stände behand&ln ,  unvermeidlich  «Ind.  Nur  die  Kunsttypen ,  z.  R.  die 
Darsleliuiig  'ies  Krtmpfes  kdubar's  mit  dem  Lfiwen,  haben  den  Griechen 
als  Vorbilder  gedient. 

§.  156.  Von  Wissenschaften  haben  sich  Astronomie  nnd 

Mathematik  in  Folge  ihrer  Verknüpfung  mit  den  religiösen 


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186 


Zweites  Buch,  sweiter  Abflchnitt 


An>(  iiaiinngen  der  Babylonier  frühzeitig  aitwickeit.  in  der 
That  sind  hier  die  Ghaklneer  die  Lehrmeister  des  gesammten 
Abendlandes  gewesen.  In  FoJge  des  den  sumerisch-alLkadiscben 
Zalüwörfem  zu  Grunde  liegenden  Sexagesimalsystems,  in  dem 
60  diesettie  Rolle  spielt  wie  bei  uns  100,  tbeilte  man  die 
Laufbahn  der  Sonne,  und  davon  übertragen  jeden  Kreis,  in 
6  X  60  Urade,  die  Stunde  —  die  Zahl  der  Slunden  ist  von  der 
Moiiatszahl  auf  den  'Ta^  übertragnen  —  in  00  Minuten  u.  p.  w. 
ElxMiso  iöt  die  siebentägijre  Wodie  babylonischen  Ur«|)ruiigs: 
sie  entspricht  den  Mondvierteln.  Frühzeitig  wird  dann  auch 
schon  die  Anschauung  aufgekommen  sein,  dass  jede  Stunde 
unter  dem  Schirme  eines  Planetengottes,  jeder  Tag  unter 
dem  des  Schutzgottes  seiner  ersten  Stunde  stehe;  darauf  be- 
ruhen die  gegen  den  Anfang  des  Kaiserreichs  im  rOmiscben 
Reiche  in  Gebrauch  kommenden  und  sdtdem  bis*  auf  den 
heutigen  Tag  geläufigen  Namen  der  Wochentage.  Heber  die 
astroiiomisclion  Beobachtungen,  welche  später  die  (irunfllage 
der  alexundrinisclien  Forschung  wurden,  i<t  schon  ;^esproclien ; 
von  der  Kntwickelunfr  der  Arithmetik  geben  uns  zwei  in 
Lariam  gebundene  Tatein  mit  Listen  der  Quadrat-  und  Kubik- 
zahlen,  sowie  einer  Darstellung  des  Systems  der  Längenmaasse, 
einige  VorsteUung.  —  Die  übrigen  Wissenschaften  treten  da- 
gegen in  Babylonien  ganz  zurück;  namentlich  die  in  Aeg]rpten 
schon  in  der  Ältesten  Zeit  so  hoeh  entwickelte  Medicin  befond 
sich  hier  noch  zu  Herodot's  Zeiten  (I,  197)  im  Stadium 
rohesler  Empirie. 

Ueber  die  riebentftgige  Woche  t.  Schradir,  TbeoL  Sittd.  und  KiiL 
1874,  It  844  m  [nnd  jettt  aaeh  Lor,  QoMflt  de  bbt  SabbeU  1888]. 
Dte  Angabe  Herodot*s  II,  82,  die  Aegypter  bitten  heniusgefbndeii,  ffdi 

I^x-joy;-:?'.  vtl  Sxüx;  t6>.?')Tr-r:  v'/'  V/.ol6c  Tt?  eaxat  hat  mit  diMi  Pl.iriptpn 
nichts  zu  Ihun,  soiideiii  Ix'zielit  >ic-li  llieil«  auf  die  '/nwfisung  der  Monate 
an  l>e!!^titiiinle  Monats^otter ,  theils  iiiit'  die  üombinatioii  der  einzelnen 
Tajre  mit  bealaumten  Hiytliologischeri  Ereignissen  (Pap.  SalHer  IV,  s. 
§.  117).  —  Ueber  die  Talclu  vun  Lariam  (Senkeie,  mangelbatt  publ. 
IV  R.  40)  genügt  es  auf  Lepsius,  Die  babyl.-ass.  lADgennitawe  lueh 
4er  Tafel  von  Senkereb,  Abb.  Berl.  Ak.  1877,  m  verweifleti. 


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WiiBttnichafken.  Die  Schreiber. 


187 


9.  157.  Wie  in  Aegypten  war  auch  in  Babylonien  die 
Erlemong  der  Schrdbknnat  eine  äusserst  schwierige,  Jahre 
langes  Stadium  erfordernde  Aufgabe;  im  allgemeinen  wurden 
alle  schriftlichen  Documente  durch  Schreiber  von  Beruf  auf- 
gesetzt. Die  Pflege  der  Gelehrsamkeit  alu  r  lag  ausschliesslich 
in  den  Händen  des  Standes,  der  duicli  seiDcn  lieruf  darauf 
angewiesnii  war  uimI  seine  Kenntnisse  von  Generation  7.11  Gene- 
ration forterbte,  der  i*rie>(erschaft.  In  den  Haupttempeln,  so- 
wie in  den  Itöniglichen  Palästen,  wo  die  jungen  VervvaltungS- 
J)eamten  für  ihren  Beruf  vorgebildet  wurden,  befinden  sich  daher 
die  grossen  Bibliotheken,  welche  den  gesammten  Schatz  des 
Wissens  und  die  Hülfsmittel  zur  Erlernung  von  Schriftthum 
und  Sprache  enthalten.  Die  einzelnen  Werke  bestehen  aus  einer 
Reihe  auf  beiden  Sdten  beschriebener  Backsteintafeln,  deren 
jede  ihre  Nummer  Lrägt;  bozeiclmet  werden  sie  naoii  den  Anlangs- 
worlen.  Anderes  Schreibmatei uil  als  Taieln,  Cylinder,  Prismen 
und  Steinplatten  hat  man  in  Babylonien  und  Assyrien  nicht 
gekannt.  Durchweg  dienen  diese  Bibliotheken,  welche  zugleich 
das  Archiv  enthalten,  staatlichen  und  religiösen  Zwecken. 
£s  beruht  auf  einer  völligen  Verkennung  der  alten  Verhält- 
nisse, wenn  neuerdings  die  Ansicht  ausgesprochen  ist,  dass 
sie  der  Masse  der  Bevölkerung  zugänglich  gewesen  seien  oder 
diese  irgend  etwas  mit  ihnen  hätte  anfangen  können.  Eine 
Literatur  und  Wissenschaft,  die  über  die  Kreise  der  Gelehrten, 
d.  h.  der  Priester  und  Staatsbeamten,  hiiiausgereichl  hätte, 
gibt  es  hier  so  wenig  wie  in  Aegypten. 

Dass  die  babyloniaciie  PriesterBcbaft  dnen  geeehlosaeneii  Stand 
bildete,  lie^  in  der  Nahir  der  Dinge  und  wird  durch  die  Angaben  der  Alten 
Aber  die  XaUaloi  viellkeh  besUUigt  (z.  B.  Strabo  XVI,  1.  8;  Diod.  II,  29). 
—  SaTCE  (Baby).  Lil.  p.  9  und  sonst)  dpnkt  sich  rlie  Bibliotheken  auf 

Orurul  einer  falschen  Uebersetzunj^  fTi'SljA.  III,  154)  etwa  wie  das 
HeadiiiK  Boom  des  British  Museum  eiugericbtet  und  in  ähnlichpin  Sinne 
hat  man  oft  die  Uulersrhriften  der  TaWn  Assurbanipal'!»  überselzt.  Die- 
selben hesaj^^cn  aber,  dass  »der  KiWiig  sie  in  seinem  Paläste  aufstellte, 
damit  er  sie  anschauen  und  lesen  könne«  (Gütahd,  Journ.  A».  VII,  13, 
S.  453). 


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1B8 


Zweites  Buch,  zweiter  Abscbaiit, 


Kirnst 

§.  158.    Eine  Darstellung  der  altbabylonischen  Kunst 
gel  I  ort  zu  deo  allerschwierigsten  Aufgabeo.    Während  die 
£rde,  wie  gelegentliche  Funde  lehren,  ein  reiches  Mat^al 
^  hl  sich  birgt,  Ist  bisher  nur  s^  wenig  ans  Tageslicht  g^Btdert, 
^  von  dem  Entdeckten  nur  ein  geringer  Bmchthefl  der  Forschnng 
•zugänglich  ^gemacht  worden,  und  von  einer  wissensehaftiichen 
Vorarbeilun^  ist  noch  fast  nirgends  die  Rede.    Daher  ist  bis 
jetzt  weder  eine  Entwickelungsgpcrhichte  der  Kunst,  noch  ein 
sicheres  Urtheil   üijer  die  Höhe  ihrf^r  Leistungen,  nocii  ein 
genauerer  Einblick  in  ihre  Technik  möglicli.   Wir  müssen  uns 
begnügen,  einige  wenige  Gesichtspunkte  hervorzuheben. 

Zunächst  ist  die  Frage  nach  den  Anfangen  der  babyloni-  . 
sehen  Kunst  noch  nirgends  spracfarelf.  Zwar  das  lässt  sich  mit 
Bestimmtheit  behaupten,  dass  ihre  Entwickelung  durchaus 
Eägenthum  der  Urbevölkerung  ist,  während  allen  semitischen 
Stämmen  der  künstlerische  Sinn  völlig  fehlt,  und  ihr  Einfluss 
höihstens  in  der  derb  materiellen  und  sinnlichen  Richtung 
prktniiii.ir  ist,  (he  in  der  babylonischen  Knnst  vielfach  so 
sclirofl'  hervortritt.  Üai^'e^ren  die  weitere  trage,  ol)  die  Ent- 
wickelung der  Kunst  völlig  selbständig  gewesen  oder  von 
aussen  beeinflusst  ist,  entzieht  sich  noch  der  definitiven  Be- 
antwortung. £in  Einfluss  Aegyptens  ist  hier  häufig  ver- 
muthet  und  ebenso  oft  bestritten  worden.  Rein  äusserlicfa 
betrachtet  muss  derselbe  als  in  hohem  Grade  wahrschein- 
lich bezeichnet  werden,  namentlich  auf  dem  Gebiete  der 
Plastik  und  Ornamentik.  Wir  wissen,  dass  lange  vor  der 
Entstehung  der  fdtesten  Monnmenle  Rabyloniens  die  aegyp- 
tische  Sculplur  auf  dern  IIöln  jiunkte  ihrer  Enivs  ickolung 
??tand;  wir  wissen,  dass  mindestens  seit  diw  Elaniitenzeit 
zwischen  Babylonien  und  den  syrischen  Landen  enge  Be- 
ziehungen bestanden,  und  wie  rege  seit  den  ältesten  historisch 
erkennbaren  Zeiten  der  (indireete)  Handelsverkehr  zwischen 
Aegypten  und  Babylonien  war,  worden  wir  Im  nächsten  Budi 
zu  verfolgen  haben.   Dass  dabei  auch  technische  Erruogen- 


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Beziehungen  zur  aegyyptiscbeu  Kunst.  139 


Schäften  aus^'ctauscht  wurden,  dass  die  Kunstwerke  Aegyptens 
den  Nachbarländern  als  Vorbilder  dienten ,  isl  von  vorn 
herein  wahrscheinlich,  und  seit  etwa  1500  v.  Glir.  lässt  sich 
der  Einfloss  Aegyptens  namentlich  in  der  religiösen  Symbolik 
ganz  Vbrderasiens  überall,  auch  in  der  assyrischen  Kunst, 
deatfich  nachweisen.  Wenn  nun  z.  B.  der  in  Diorit  ge- 
meisselte  Kopf  Gudea's  (RAn.  XLII,  pl.  20,  s.  §.  134) 
duiciiaus  an  aegyptische  Muster  erinnert  —  vor  allem  ist  er 
völlig  bartlos,  während  sonst  die  babylonischen  Statuen,  auch 
die  Bronzefigur  Gudea's  im  Louvre  (bei  Smith,  HisL  of 
Babyl.  72),  durehw^  einen  langen  Bart  tragen  —  wenn  die 
Schriftcolumnen  auf  seinem  Sitdi>i]d  (RAn.  1.  c.)  nach  aegyp- 
tischer  Art  zwar  den  Falten  des  Gewandes  entsprechend,  eher 
im  vollsten  Widerspruch  zu  der  Riclituiig  der  Keilschriftzeichen 
vertical  geordnet  sind,  so  scheint  es  mir  unzweifelhaft,  dass 
hier  aegyptischer  Einflusä  vorliegt.  Damit  verträgt  es  sich 
ToUkommen,  dass  der  babylonische  Konststil  ein  anderer  ist  als 
der  aegyptische,  dass  die  Gesammtauffassung  und  die  Details 
der  Behimdlung  in  beiden  vielfach  yon  einander  abweichen. 
Wenn  gegenwärtig  ein  intelligenter  Negerstamni  nach  euro- 
paeischen  Vorbildern  und  mit  von  den  Europaeern  f^elernten 
Kenntnissen  Statuen  verieiligte,  so  könnte  der  Charakter  der- 
selben ein  TOD  dem  enropaeischen  Muster  völlig  abweichender, 
rein  afrikanischer  sein;  die  Aufgabe  der  Forschung  aber  wäre 
aus  Einzelheiten,  aus  nebensächlichen  Details  die  Abhängig- 
keit ?on)  Vorbilde  nachzuweisen. 

Literatur  im  allgemeinen:  Semper,  Der  Stil  1,  323  ff.  Oppert, 
Grundzöge  der  ass.  K^m^t  O'^örtraj^).  0.  Rawlinsox,  Five  Monarchies 
Tol.  I  (LoNGrKHjKB,  Musöc  Nupoleoii  III,  1  u.  2  ist  mir  nicht  zugänglich). 
Helzey,  Les  terres  cuites  de  Babylone  KAd.  XXXD[,  1;  ders.  JLes  fouUles 
de  Cbald^  RAn.  XUI,  257. 

§.  159.  Die  Bauten  ßabyloniens  sind,  da  dem  Lande 
Steinbrüche  gänzlich  fehlen,  durdnvc;^  an-  Wob:  otler  Ziegeln 
aufgeführt.  Erhalten  sind  uns  nur  die  Fundamente  der  alten 
Tempelbauten,  durch  deren  Backsteine  wir  die  Namen  der 
alftesten  Könige  kennen  gelernt  haben.  Dieselben  suid  höchst 


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Zweites  Buch,  gweiier  AiMchmU. 

einfache,  massiv  aufgeführte  Bauleu  von  viereckiger  Gestalt: 
das  Innere  besteht  gewöhnlich  aus  getrockneten  und  duictx 
einen  £rdpechübeigiis8  fest  Terbnndenen  Backsteinen,  die 
aussen  mit  einer  Schicht  gebrannter  Ziegel  bekleidet  sind; 
die  Ecken  (nicht  wie  bei  den  aegyptischen  Pyramiden  die 
Kanten)  sind  durchweg  genau  orienfirt.  Die  Tmpel  bestehen 
aus  [drei  bis  acht]  terrassenfurniig  über  einander  aufsteigenden 
Stockwerken;  das  bekannteste  Beispiel  derselben  ist  der  sog. 
Thurm  des  Bei  in  Babylon  (Herod.  I,  181).  Diese  Etagen- 
tempel heissen  Ziqurrat;  im  höchsten  Stockwerk  befand  sicii 
das  eigentliche  Heiligthum.  Die  Ornamentik  der  Aussen- 
wände  des  Fundaments  ist  meist  äusserst  einfach«  Wie  weit  der 
entwickelte  Baustil  ?on  Ninive,  Susa  und  Persepolis  schon 
dieser  ältesten  £pocbe  Gfaaldaea's  angehört,  Iftsst  sich  bis 
bis  jetzt  nicht  ermitteln.  Die  Holzsftule  mit  iliren  Umgestal- 
tungen dOrfte  schon  bekannt  gewesen  sein ;  Halbsäulen  finden 
sich  niehifach  als  Aussendecoration,  ebenso  scluäge  Stützen. 
In  den  Zicj-'clgrilbern ,  die  nanieidiieli  in  l.Tiik  zahlreich  sind, 
finden  wir  die  Anfänge  des  Bogeiibaus;  man  schiebt  jede 
Backsteinschicht  etwas  über  ihre  Unterlage  hinaus,  bis  die 
beiden  Wände  so  nahe  zusammengerückt  sind,  dass  der 
Schlussstein  darauf  gelegt  werden  kann.  Daneben  werden  die 
Ldcben  sehr  hftuflg  in  Urnen  oder  unter  Scbtaeln  von  Thon 
beigesetzt. 

Das  Material  s.  bei  Lorrus,  Tatior  und  Latard  (Nin.  and  Bab.)» 
von  den  Aufnahmen  der  LoKTüs'srbpn  Ans^abungen  durch  BorroiirR 
(LnvTi  -.  Travels  p.  180)  ist  leider  last  nichts  publicirt.  Ueher  den  H  N 
tern[»ei  in  OaNyluii  s.  RicH,  Memoir  on  tlic  Unins  of  Hal>ylon  IBl:;  ; 
second  raeni.  1819;  Opfert,  Exped.  en  Mesop,  I  u.  a.  An  denselben 
knüpn  sich  bekanntlich  die  hebraeische  Legende  vuiu  Thurrabau  und 
der  Sprachverwirrung,  die  durch  Vennittelung  der  Sibylle  auch  in  die 
babylonische  Q«achiehte  des  Alexander  Polyhistor  und  Ahydenus  ge^ 
kommen  isl  (Buieb,  I,  28.  88)  i  Bemons  wnsBle  offenbar  niebts  davon. 
Ebensowenig  kommt  sie  In  der  keUsehriftUehen  Uteratar  vor. 

g.  160«  Die  bis  jetzt  bekannten  Ueberreste  altbabjloni- 
scher  Sculptur  sbid  schon  erwähnt.  Als  für  die  babylonische 


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Aretntaktiir.  Soulptur.  19X 

Kunst  im  Gegensatz  zur  aegyplischen  charakteristisch  tritt 
schon  in  ihnen  ein  Streben  nach  Gedrungenheit  und  Fülle 
der  Formen  herror,  das  später  zur  völligen  Unnatur  ausartet. 
Während  bei  den  aegyptisehen  Konigsstatuen  die  Hände  auf 
den  Knieen  ruhen,  sind  sie  bei  den  Statuen  von  Tello  (und 
ebenso  später  auf  assyrischen  Denkmälern)  vor  der  Brust  in 
eiiitUidLr  geleyU  iiui  die  Ehrfurcht  anzudeuten,  mit  der  der 
Köni«?  der  Gottheit  naht.  Der  aegyptischo  Köni^  ist  selbst 
ein  in  sich  ruhender  Gott,  der  babylonische  lodi^iich  der  oberste 
Priester  und  Diener  des  Gottes.  Im  übrigen  können  wir, 
namentlich  über  die  RelieCsculptur  (Malerei),  lediglich  nach 
den  Gylindem  und  d^  späteren  assyrischen  Monumeateo 
urtbellen.  Im  allgemeinen  herrscht  auch  hier  völlig  der  Grundsatz 
der  aegyptisehen  Wanddarstellungen,  dass  sie  eine  fortschrei- 
tende Begebenheit  erzählen,  nicht  ein  Augenblicksbild  natur- 
treu darstellen  sollen.  Charakteristisch  für  die  babylonische 
Kunst  im  Gegensatz  zur  aegyptisehen  ist  ein  Haften  am 
Aeusserlieiien ,  ein  Hang  zum  Lieber-  und  ünmitürliciien,  der 
namentlich  in  den  zahllosen  mischgestaltirren  Wesen  (v^l.  §.  144) 
deutlich  zum  Ausdruck  kommt.  Der  Gegenstand  wird  nicht 
innerlich 'erfasst  und  durchdrungen,  sondern  der  Gedanke  in 
ftusserlicher  Weise  zur  Darstellung  gebracht.  So  stellt  man  die 
Hauptgottheiten  auf  Löwen  oder  andere  Thiere,  um  dadurch 
ihre  Macht  zu  veranschaulichen.  Den  mächtigen  Dämonen  und 
ebenso  den  dienenden  Geistern  heftet  man  FlÖgel  an,  um 
ihre  Schnelligkeit  darzustellen.  Sie  fliegen  oder  schweben  aber 
niemals,  wie  etwa  die  jj^eflügelte  Sonnenscheibe  der  Aegypler, 
die  Flügel  sind  nur  ein  üusserlich  angehängtes  S>Tnbol.  Ein 
anderer  häufiger  babylonischer  Typus  ist  der  durcli  künstliche 
Verschlingungen  von  Zweigen  und  linearen  Ornamenten  ge- 
Inldeie  sog.  > Lebensbaum«,  der  meistens  von  verehrenden 
Menschen  und  Dämonen  umgeben  Ist  und  eine  bis  jetzt  noch 
unbekannte  religiöse  Bedeutung  gehabt  haben  muss. 

Eine  allbabyl.  Alaba^terstalue  ist  publ.  von  Lkn<)um.\nt  RAn.  XVHT, 
231.  Uel)*^r  ä\(i  Flüp^ehvesen  vgl.  Laptgbehn,  Flngelgeslalten  der  ältesten 
griechischen  Kunst  1881.    In  Aegypten  trägt  ausser  der  Sonneoscheibe 


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192 


Zwftiles  Buch»  «weiter  Alwciiiiitt. 


nur  «ÜH  Hinimelsgöttin  \ut  und  die  aus  oinom  Geier  pntwickelle  Mut 
von  Tliel)en  Flügel,  die  sie  verweribeii,  um  den  Meusciicn  scbülzeiiü  zü 
umschliessen.  Auch  Mischjfest alten  sind  in  Aegypten  selten;  wesentlich 
kommen  nur  der  Sphinjc,  der  VVidderüphinx  und  daä  Fabelthier,  welcbeä 
den  Gott  Set  darstellt,  in  Betracht.  Denn  die  mit  Thierköpieu  geinldetAn 
GotUidton  tnfen  doeh  einen  wetenUieh  nndeien  Gbanütter.  —  Im 
übrigen  bemeike  ieb  nodi,  daee  die  FIflfel  der  Hiaeliwenn  In  den 
Einzelheiten  der  Auefahrnng»  der  Ordnung  der  Federn  u,  I.  nach  aegyp- 
tiachem  Mgater  gebildet  «n  aeln  achebien. 

161.  Sehr  zahlreich  sind  aus  allen  Epochen  die  Bei- 
spiele babylonischer  Thonarbeit.  Die  Auslührung  ist  sehr  ver- 
schieden; neben  sehr  roh  gearbeiteten  finden  sich  äusserst 
lebenswahre  Figuren.  Von  besonderer  Bedeutung  ist  der 
Tjpus  der  Göttin  der  Zeugung  (Btar-Nanfl),  welche  nackt, 
aber  ndt  reichem  Schmuck  behangen,  mit  langen  Lockoi, 
schweDenden  Brüsten  und  stark  ausgebildeten  Geselüeehtstheilen 
dargestellt  wu^.  Mit  den  Händen  greift  sie  an  die  Brüste, 
um  die  Milch  auszuspritzen ;  in  anderen  Fällen  säugt  sie 
auch  ein  Kind.  Meist  zeigen  diese  Figuren  einen  äu?ser5?t 
charakteristischen  Cynismu«5  der  Auffassung,  einen  gemein- 
sinnlichen Ausdruck,  in  dera  wir  woiil  rinen  Einfluss  der 
.  Semiten  erkennen  können.  Ein  Vergleich  mit  ähnlichen  reli- 
giösen Bilderwerken  der  Aegypter,  etwa  den  ithyphaU^  Gott- 
heiten oder  auch  dem  Besa  (§.  218),  zeigt  auf  das  schlagendste, 
wie  sehr  die  letzteren  den  B^ylomem  an  wahrem  Kunst- 
geltlhl  fiberlegen  waren.  Der  Typus  hat  sich  sehr  weit 
breitet;  in  zahllosen  Exemplaren  findet  er  sich  in  Susa,  aber 
ebenso  in  Syrien  und  überall,  wohin  die  Phöniker  gedrungen 
sind  (§.  200).  —  Neben  den  Thonarbeiten  steh!  als  wie  es 
scheint  selbständige  und  von  Babylonien  aus  verbreitete  Er- 
findung die  Kunst  des  Gravirens  in  hartem  Stein.  Zahllos 
smd  die  Gemmen  und  vor  allem  die  Gylinder  von  jeder  Art 
Material,  welche  mit  religiösen  oder  profonen  Darsteihmgen, 
h&uflg  auch  mit  Inschriften  bedeckt  sind,  und  meist  als 
Siegel  (vgl.  Herod.  I,  195),  daneben  auch  als  Amulette 
dienten.  Schon  von  König  CJr-ea  haben  sich  Siegelcylinder 
erhalteii. 


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TboDurbeiten.   Gemmen  und  Cylinder. 


193 


lieber  'lie  Terracotten  s.  vor  aHeni  Heuzey,  RAn.  XXXIX ,  1  ff. 
LiNi-nMAM,  Artemis  Nanaea,  Gaz.  archeo!.  II,  10.  —  UmfassemU-  Tabli- 
caüonen  der  zahlreichen  in  Europa  zerstreuten  Cylinder  und  Gemmen 
fehlen.  Eirizehie  bei  (i.  Rawitxson,  Five  mon.;  Smith,  Chald.  Gen.; 
Lavaiui,  Mon.  of  Nin.  Zahlreiche  Cylinder  sind  im  Alias  zu  Lajahd,  Culte 
de  Milhra  [mir  unzugänglich]  abgebildet.  Femer  Soldi,  Les  cyl.  Babyl., 
RAn.  XXXVIII,  115  ff.  145  IT.;  M^vant,  Les  cylindres  orientaux  de  )a 
Haje  (mir  unzugänglich) ;  FtscnsR  und  WiBDEMAim,  Babyl  Talismane  aus 
Mm  Kuteom  zu  Graz  1882. 


M«j«r,  Oticihtehto  dM  Altorfhiim.  I.  13 


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.  Drittes  Buch« 

Die  Semiten.    Geschichte  Vorderasiens  im 
Zeitaltar  dar  aegyptisciLen  ElrobeningeiL 


Quellenkunde  zur  Qeschichte  Syriens.  Ueber- 
sieht  der  hebraeisehen  Literatiir* 

§.  162.  Für  unsere  Kenntsiss  der  Gesehicbte  der  syrisdien 
Länder  sind  wir  fast  aiisschliesslidi  auf  fremde  Nachrichten  an- 
gewiesen, auf  die  Angaben  der  Aegypter,  Ass>Ter,  Griechen  und 
Römer.  Von  der  allen  aramaeischen  Literatur  hat  sich  nichts, 

von  der  phoenikisclien  nur  ganz  weni^'^s  in  griechischer  Ueber- 
setzung  oder  Bearbeitung  erhalten  (Philo  von  Byblos  §.  2<m». 
die  Bruchstucke  der  tyrischen  Annalen  dc^  Menander  und  Bios 
§.  286).  Nur  von  der  hebraeisehen  Literatur  sind  bedeutende 
Ueberreste  auf  uns  gekommen.  Obwohl  dieselben  durchweg 
erst  der  s|>ftterett  Zeit  angehOaren,  auch  auf  die  ältere  Ge- 
schichte Syriens  nur  wenig  Licht  werien,  empfiehlt  es  sich 
doch  aus  praktischen  Gründen,  sie  schon  hier  zu  behandeln. 

Die  historisdien  Werke  der  Hebraeer  sind  ketne  einheitlidieQ 
Arbeiten,  sondern  das  Product  vielfacher  syslcmalischer  und  ten- 
denziöser reherarbeilung  und  Ineinanderarbeitimg der  ursprüng- 
lichen Quellen.  Während  (he  ältesten  Aut/.t'ichnungen,  wo  sie 
sich  aus  dem  uns  vorliegenden  Material  herausschälen  lassen, 
vielfach  völlig  authentisches,  zum  Theil  fast  urkundliches  Material 
geben,  wird  durch  die  späteren  Zusätze  der  Sadiverhalt  mehr 


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Die  hebrtfliieh«  Uloratiir. 


195 


und  mehr  entstellt  und  schliesslich  völlig  und  bewusst  gefälscht 
Es  ist  daher,  ehe  man  Irgend  eine  Angabe  dieser 

Werke  verwerthen  darf,  eine  eindringende  kritische 
Untersuchung  durchaus  erforderlK ii. 

Im  aUgemeinen :  de  Wette,  Einleitung  in  das  A.T.,  8.  Aufl.  von 
E.  ScHBAFiEn.  Bleck,  Einleitung  in  das  A.T.,  4.  Aufl.  von  J.  Welliiausei». 
Abb.  Kuenea',  Historisch-kritisch  Onderzoek  naar  het  onf'-faan  eu  de  ver- 
zameling  van  He  hoeken  des  Ouden  Verhonds,  Leiden  IStJi  IT.,  8  Bde. 
Ders.,  De  üodsdienst  van  Israel,  Haarlem  1869  f.,  2  Bde.  Vaike,  Bi- 
blische Theologie  I,  Rel.  des  A.T.  1835.  K.  H.  Ghak.  Die  geschichll, 
Bücher  des  A.T,,  Meissen  1800.  E.  Heüss,  La  Bible,  Irad.  nouvelle  etc. 
(das  A.T.  in  6  Theflen)  Paris  1877  ff.  Ders.,  Gesch.  der  hei).  Schriften 
Alten  TeBtaments  1881.  NOldbo^  Die  altt  Utenttur  in  dner  Reihe  von 
Anbatien  1868.  WiuBAiJsni,  Gesebiehte  Israels,  Bd.  I  1878  (Kritik  der 
QoeUen).  Ueberaicbt  bei  Stadi»  Oeeebiebte  Israeto  47  ff. 

§.  163.  Die  Ueberarbeitung,  und  in  späterer  Zeit  auch 
schon  die  ursprüngliche  Conception  der  historischen  Schriften 
ist,  wie  überall  im  Orient,  so  speciell  bei  den  Hebraeem  be- 
herrscht yoB  den  Ideen  eines  rehgiös-politlsehen  Systems«  Die 
religiöse  Bewegang,  welche  in  der  späteren  Zelt  den  eigent- 
lieben  Inhalt  der  Cteschichte  des  Volkes  bildet,  hat  zweimal 
zu  einer  systematischen  Bearbeitung,  gewissermaassen  einer 
Codification  der  leitenden  Ideen  geführt,  un  l  beidemale  ist 
das  aufgestellte  Gesetzbuch  von  Staaiswegen  piibiicirt  worden 
und  hat  bindende  Gültigkeit  erhalten.  Zuerst  im  Königreich 
Juda,  wo  im  Jahre  621  v.  Chr.  das  »Buch  der  Lehre«  (Sepher 
hatt^a)  oder  »des  Bundes«  (S.  hahbrit)  angefunden  nnd 
trom  Eonige  Josia  feierlich  als  Staatsgesetz  anerkannt  wurde. 
Es  ist  dies  das  sog.  Deuteronomiom,  der  Kern  des  gleich- 
namigen Buches  (Deut.  12 — 26),  das  später  mit  einer  doppelten 
Vorrede  und  entsprechendem  Nachwort  versehen  worden  ist. 
Als  dann  Jerusalem  zerstört  und  der  letzte  Rest  der  alt- 
hebraeisc'hen  Nation  vernichtet  worden  war,  gaben  die  From- 
men die  Hoffnung  nicht  auf,  dass  wenig- 1  tu s  ihre  —  in  diesem 
Gesetzbuch  formulirte  —  Religion  und  ihr  Cultus  nicht  auf 
ewig  yemichtet  sein«  sondern  durch  göttliche  Fugung  wieder- 
hergesteUt  werden  werde.    Man  begann  daher  namentlich 


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190 


Drittes  Buch.  Syiische  Quellenkunde, 


die  Formen  und  Kiten  des  GuUus  aufzuzeichnen,  um  sie  der 
Vergessenheit  zu  entreissen;  zugleich  wurden  die  religiösen 
Grundsatze  weiter  ausgeführt ,  und  so  ein  Idealbild  der  neu 
zu  grundenden  religiösen  »Gemeindet  ( eda)  entworfen  —  zu- 
erst hat  dies  Ezechiel  (um  o80)  gethan.  Hekanntlich  wurde  die 
Hoffnung  durch  die  Perser  zum  Tiieil  verwirklicht  (538  v.  Cljr  ), 
man  konnte  die  Gonstituirung  der  neuen  Gemeinde  beginnen; 
indessen  verging  m  Folge  mannigfacher  Zerwürfnisse  und 
Hindernisse  fast  ein  Jahrhundert,  bis  dieselbe  zum  Abscbluss 
kam.  In  erster  Linie  waren  es  die  Priester,  die  religiösen  und 
bei  der  gänzlichen  Ohnmacht  der  von  den  Persern  beherrschten 
Nation  zugleicli  die  politischen  Häiipier  des  Volks,  welche  diese 
Gonstituirung  in  die  Hand  nahmen  und  die  Grundsätze  des 
Cultus  wesentlich  in  ihrem  Interesse  formulirten.  Nach  mannig- 
fachen Vorarbeiten  kam  so  das  Gesetzbuch  des  zweiten  Tem- 
pels zum  Äbschluss;  im  Jahre  444  t.  Chr.  —  oder  einem 
der  nächstfolgenden  Jahre  —  wurde  das  neue  »Buch  der 
Lehre«  von  Ezra  und  Neliemia  jmblicirt  und  von  der  ganzen 
Gemeinde  durch  feierliclie  VerpÜichtung  anerkannt.  Es  um- 
fasst  im  wesentlichen  Exod.  25 — 31.  35—40,  Levil.  1  —  27, 
Num.  1—10.  15—19  und  Stücke  in  26—36.  Im  Unterschied 
von  dem  ersten  Gesetzbuch  vom  Jahr  621  (Deuteronomium), 
welches  den  nationalen  Staat  Tcntiussetzt  und  für  diesen  reli- 
giöse und  moralische  Vorschriften  gibt,  organisirt  das  zweite 
Gesetz  vom  Jahre  444  eine  Priesierherrschaft  (die  sog.  Theo- 
kratie)  und  wird  daher  am  l>esten  als  Priestercodex  bezeichnet. 
Es  enthält  un  wesentlichen  Gultusgesetzgebung;  die  religiösen 
Vorschriften,  welche  im  ersten  Gesetz  gegeben  werden,  setzt 
das  zweite  einfach  voraus.  Gemeinsam  ist  beiden  Gesetz- 
büchern die  Einkleidung:  sie  treten  auf  als  Offenbarung 
Jahwe's,  welche  dieser  am  Sinai  beim  Beginn  des  geschicht- 
lichen Lebens  des  Volkes  seinem  Propheten  Mose  gegtbtn 
habe,  und  bezeichnen  sich  daher  auch  als  Lehre  oder  Gesetz- 
buch des  Mose. 

Dass  das  Deuteronomium  das  im  Jahre  621  gefiindet\e  GeseU  sei, 
(Reg.  II,  22  f.)>  bat  zuerst  de  Wette,  Beiträge  zur  LinleUuug  in  das 


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IMe  Geaetibfieher  der  Israellteo. 


197 


AX,  2  Bde ,  1806  f.  ausgeführt  Die  Abfassung  des  Priestercodex  legte 
man  Trüher  in  uralte  Zeit;  dass  er  nachexilisr-hf'T^  Trsprungs  sei,  haben 
zuerst  Yatke  (1.  r.)  und  GEonnr  (Die  Sltereii  jüdischen  Feste)  1^35  ge- 
zeigt, dann  auf  Oruinl  der  von  Hu  }:eirpl»eneii  Anregunp  (in.w  (Ge- 
schieht!. Bürlier).  Zur  Anerkennung  in  weiteren  Kreisen  ist  die  Tliat- 
sache  vor  allem  durch  Kn;MN  und  WriiHAr-tN  «^'ebracht.  Die  Frage,  ob 
gerade  Ezra  der  Redactor  des  rtiiitateuchs  oder  der  Verfasser  des  Priester- 
codex sei,  ist  für  uns  irrelevant;  auch  die,  ob  das  444  publiclrte  Gesetz- 
hoch  ledigHch  der  Prieetereodex  (Reese)  oder  der  puuie  Pentatencb  in  seiner 
gegenwftrügen  Gestalt  (Graf»  Welmiavsex)  gewesen  sei,  Itann  hier  fiber- 
gangen werden.  Dass  der  Priesteroodez  keine  Tollstfindige  Einheit  Ist, 
wurde  oben  bemerkt  Pubtieation  durch  Eira:  Neb.  8  It  — '  Weitere 
Literatur:  Rec^,  La  Bible,  P.  III  Thistoire  Sainte  ei  la  Lei.  Hsnz  in 
Ti  <MiV  Genesis  2.  Aufl.  Kayser,  Der  gegenw.  Stand  der  Pentateuchftrage» 
Jahrb.  prot.  Theol.  188L  GtraEBRECHT,  Üer  Sprachgebrauch  des  hexa- 
teuchischen  Elolijs-tcn  in  Z.  nltt.  Wissensrh.  I,  177  ff.  Vj:l.  :»nch 
R.  Smend,  Der  Prophet  Ezechiel  1880.  Analyse  der  (ii'-,et2essaminlungen : 
WELLHAUSE5.  Jahfh.  f.  Oeutpohe  Theol,  XXII,  1877,  407  £f.  VgL  auch 
GoLEKso,  The  Pentateuch,  6  Bde.,  1862  ff. 

§.  164.  Auf  Grand  beider  Gesetzbücher  ist  nun  die  Ge- 
schichte der  Plebraeer  überarbeitet  resp.  neu  dargestellt  worden. 
Ich  gebe  hier  eine  kurze  Uebersicht  dieser  Bearbeitungen  und 
der  älteren  Quellen.  Der  Einfachheit  wegen  behandeln  wir 
zunächst 

I.  Die  priesterlichen  Geschichtswerke. 

1)  Die  Gesetze  des  Priestercodex  sind  aufs  eneste  rnif  einer 
knappen  Geschicbtserzähiung  verbunden.  Die-elbe  beginnt  mit 
der  Erschaffung  der  Well  durch  Jahwe  (Gen.  1)^  berichtet  dann 
über  die  Nachlsominen  des  ersten  Menschen  (Gen.  5),  die  Fluth, 
die  Nachkomnien  Noah's  (Kern  von  Gen.  10)  und  geht  dann 
(Gen.  11,  10  ff.)  auf  den  Ursprung  des  Volkes  Israel  über. 
In  aller  Kürze  wird  die  Geschichte  der  Patriarchen,  des 
Aufenthalts  in  Aegypten,  des  Auszuges  erzahlt.  Hier  wh'd  die 
Gesetzgebung  eingelegt,  dann  folgt  der  Zug  nach  Kana'an, 
die  Occupalioii  de>  Landes;  den  Abschluss  bildet  die  schema- 
tische Verl  Ii  ei  hm;]^  desselben  unter  die  einzelnen  Stfunme.  Die 
ausgeführten  Erzäiiiungen  haben  durchweg  gesetzliche  Tendenz, 
sollen  Bestimmungen  des  Priestercodex  erläutern  und  ein- 


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198  Drittes  Boefa.  Syrische  QoeHenkande. 

schärfen.  Cbarakterislisch  für  die  Darstellung  sind  die  trotz 
aUer  Knappheit  hervortretende  öbermässige  Breite,  die  schema- 
tische Anlage,  eine  Vorliehe  für  nngdieuerliche  Zahlen  und 
Naroenlisten,  für  Luxus  und  Prunlc,  genaue  Datirungen,  der 

Schein  urkundlicher  Genauigkeit.  Schon  daraus  leuchtet  ein, 
dass  wir  uns  hier  in  der  spätesten  Epoche  der  Geschichls- 
Schreibung'  l'ofinden,  wo  die  alte  Sage  völlig  zu  aktenmässiger 
Geschichte  geworden  ist.    Inhaltlich  ist  die  Erzählung  durch- 

völlig  von  der  des  dauteronomisUschea  Werks  abhangig. 
Alle  Abweichungen  von  diesem  sind  bewusst;  so  wenn  die  Be- 
scbneidung  auf  Abraham  zurückgeführt  wird  statt  auf  Hose 
oder  Josua,  wenn  die  Einheit  des  Gultus  durch  die  Fiction 
der  Stiftshütte  in  die  mosaische  Zeit  verlort»  oder  in  deul^ 
liebem  Hinwels  auf  die  Zeiten  des  Exils  Kana^an  als  ejn 
armes  Land  geithildert  wird.  Für  die  hiätorische  Forschung 
ist  mithin  diese  Erzählung  vöUipr  werthlos. 

Erhalten  ist  dies  mit  dem  Priestercodex  verbundene  Ge- 
schichtswerk  nicht  selbständig;  es  ist  vielmehr  mit  den  ent- 
sprechenden Partien  des  deuteronomistischen  Geschichts- 
werks (§.  166)  zu  dnem  Ganzm  ▼erarbeitet,  das  die  5  Bucher 
des  Pentatenchs  und  das  Buch  Josua  (zus.  Hexateucfa)  in 
ihrer  geg^wftrtigen  Gestalt  umfiASst.  Der  Redactor  benutzt 
die  Geschichtserzählong  des  Priestercodex  gewissermaassen  als 
Fachwerk,  in  das  er  die  viel  ausfülirlicheren  Erzählungen  des 
anderen  Werks  einfügt.  Gestrichen  hat  er  wenig  —  nur 
dass  er  z.  B.  den  Tod  eines  Mannes  nicht  zweimal  erzählen 
konnte  —  überarbeitet  noch  weniger,  sondern  meist  schaltet 
er  ganz  mechanisch  die  verschied^en  Berichte  in  einander 
ein.  Daher  ist  es  fast  durchweg  mügüeh^  dieselben  bis  auf 
das  kleinste  Detail  aus  einander  zu  ISsen. 

Die  Gesebiehtiertfhliiiig  des  Priesteteodei  wurde  frOher  aaefa  als 
(lUew)  Blohiat,  Grundsehrifk,  aimalittiseher  Beerbefter,  voa  Wsuumv 
ab  YurbaBdeslNieh  (Q)  beiei«hiiet  Sonderang  der  Quelleai  Böldhx, 
IMe«og.  GruDdaehrifldeaPentatRiichs  in    Unterauchimgea  sor  Kritik  des 

A.T.  1869.  Schräder  in  i»k  W^uf's  Einleitung:.  Dillmank,  Comm,  7ur 
Genesis  (1875),  zu  Exod.  und  Levit.  (1880).  Kayskk,  Das  vorexil.  Buch 
4er  Uigeechichte  Israels  1874.  Wellbaosb»,  Gompos.  des  üexateuchs,  ia 


* 


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Die  prieitarlichen  Gesehiehtswerke. 


199 


Jahrb.  f.  Deutsche  Tbeol.  XXI.  X^ll.  Von  deo  ftlteren  Arbeiten  leit  Astrüc 
{1758)  und  Iloeh  (1797)  [vor  allem  Hupfeli»,  Qaeüen  der  Geneiie  1858. 

§.  165.  2)  Der  Priestercodex  schliessi  mit  der  Unter* 
werfiing  Eana^ans  und  der  £inrichtuDg  des  idealen  iheolua- 
tischen  Staates  durch  Josua.  Die  spätere  Geschichte  des 
Volkes  bis  auf  die  CSonstituirung  der  neuen  Gemeinde  im 
Jalire  44i  ist  in  gleichem  Sinne  etwa  im  dritten  Jalirlmndert 
V.  Chr.  von  dem  Verfasser  der  Chronik  (mit  den  Buciiern  E/.ra 
und  Nehemia)  bearbeitet.  Für  die  ältere  Zeit  ist  dies  Werk  völlig 
ohne  Werth;  es  wird  einfach  die  Erzählung  der  uns  noch 
erhaltenen  Königsbücher  nach  den  vom  Priestercodex  auf- 
gestellten Gesetzen  umgearbeitet,  >ins  Legitime  umgedichtet«, 
und  dabei  ergeht  sich  der  Verfasser  auf  das  willkürlichste 
in  frommen  Phantasien  und  Fälschungen.  Nur  für  die  nach- 
exilische  Zeit  kann  die  Chronik  als  Quelle  verwerthet  werden. 
In  neueren  Werken  sind  iiire  Angaben  unbegreiflicher  Weise 
noch  vielfach  verwerthet  worden,  sogar  von  Dunckbr;  wir 
werden  sie  nirgends  berücksichtigen. 

Die  Werlhlosigkeit  der  Chronik  hat  zuerst  de  Wettk.  Beitt  ätje  zur  Ein- 
leiluno'  in  das  A.T.  I,  1806  erwiesen,  dann  Graf,  Geschichtl.  Bücher,  und  in 
glänztütiei  ^\■ei^^>  \\  Kr  FHAcsKN,  Geschichte  I,  177  (T.  (Movkrs,  Krit.  Unters, 
über  die  Chronik  1834  hat  sie  vergebens  zu  vertheuli^'- n  gesucht).  Nur 
in  den  Angaben  über  die  Geschlechter  des  Stammes  Juda  (I,  2—4) 
finden  sich  einzelne  brauchbaie  Angaben  über  die  ältere  Zeit,  da  hier 
allein  die  historische  Continuitil  nicht  unterbrochen  wurde:  s.  Well- 
De  gentibuä  et  fam.  Judaeis,  Göll.  1870;  Geschichte  1,  225. 

§.  169.  n.  Das  deuteronomistische  Geschichtswerk 

umfasst  den  Flexateuch  nach  Abzug  der  dem  Priestercodex  an- 
gehörigen  Bestandtheile  (§.  164)  und  die  Bücher  Jud.  2,  [6 — 9] 
10-16,  31 ;  Sam.  I,  1  — ü,  20 ;  Heg.  I.  II.  Es  ist  ein  im  wesent- 
lichen einiieitliches  Ganzes,  eine  Ueberarbeitung  der  gesammten 
Geschichte  Israels  bis  zum  Exil  nebst  der  Vorgeschichte  von  der 
WeltsdiÖpfbng  an,  die  im  Exil  nach  560  v.  Chr.  in  Angriff  ge- 
nommen und  erst  nach  dem  Exil  zum  Al)schhiss  gekommen  ist. 
In  das  Werk  ist  auch  das  Gesetzbuch  von  (321  aufgenom- 
men, und  dies  ist  maassgebend  für  die  Beurtheilung  der 


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200 


Drittes  Buch.   Syrische  QuelienliuuUe. 


Geschichte.  So  wird  z.  B.  der  Gull  des  Reiches  Israel  durch- 
weg verworfen,  die  EmpcMung  gc^'eii  Rohubeani  nls  Abfall 
voni  wahren  Gotle  dargestellt,  und  die  ganze  Gescliiehts- 
erzählung,  vor  allem  die  der  »Richteraeit«,  nach  einem  festen 
religiösen  Schema  nicht  nur  beurtheilt,  sondern  theüweise 
erst  gestaltet.  So  lange  das  Volk  Jahwe  gehorcht ,  ist  es 
glüdsUcfa;  dann  IftUt  es  ab  und  wird  in  die  Knechtschaft  ge* 
geben,  bis  es  sich  bdubrt  und  Jahwe  ihm  einen  Retter 
sendet.  Die  Quellen  sind  die  filteren,  theils  ToUstftndig,  theils 
im  Auszuge  aufj?enoramenen  und  überarbeiteten  Werke  (§.  167), 
deren  Wortlaui  der  Verfasser  in  der  Regel  beibehält.  Seine 
eigenen  Bemerkungen  gibt  er  nieist  in  Zusätzen,  die  dmdi 
ihre  Sprache  sofort  erkennbar  sind.  Namentlich  in  Reden 
(z.  B.  Josua  23)  setzt  er  seine  Ansicht  auseinander  und 
überall  legt  er  Propheten  ein,  welche  die  Folgen  vorhersagen 
und  den  Leser  auf  den  richtigen  Standpunkt  stellen.  Im 
übrigen  drängt  sich  der  Bearbeiter  begreifUcber  Weise  nur  an 
den  religionsgeschichtlich  wichtigen  Punkten  stark  hervor, 
während  er  sonst  sehr  un^lLlchmässig  gearbeitet  hat;  am 
wenigsten  hat  er  (mit  Ausnahme  der  Geschichte  Samuels  selbst) 
in  den  Büchern  Sanriueliö  einge^nitTen.  Dagepcn  ist  die  zu- 
sannn'Miliängende  Darf?tellung  der  Köni^'szeit  —  falls  sie  nicht 
auf  einem  kurz  vor  ihm  in  gleichem  Geiste  geschriebenen  Werke 
fusst  —  erst  von  ihm  gescha£fen,  und  ebenso  hat  er  erst 
die  grundfalsche  Auffassung,  dass  vor  der  Königszeit  das 
Volk  eine  politische,  von  »Hichtem«  beherrschte  Einheit  ge- 
wesen  sei,  völlig  ausgebildet  und  dieser  Epoche  ihre  grosse 
Ausdehnung  gegeben. 

Femer  stammt  von  dem  Verfasser  aueh  das  chrono* 
logische  System.  Dasselbe  beruht  auf  dem  Gedanken,  dass 
die  Geschiclite  Israels  von  der  Gcsetz^rebung  bis  zum  Ende 
des  Exils  durch  den  salomonischen  Tempelhau,  der  für  ihn 
das  wichtigste  Ereigniss  der  Geschichte  ist,  in  zwei  gleich 
lange  Epochen  von  12  Generationen  zu  40  Jahren  zerlegt 
werde,  also  zweimal  480  Jahre  umfasse.  Dementsprechend 
hat  er  dann  die  Richter  und  EOnige  mit  Regierungszahlen 


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Das  deuteronomistische  Geschlchtowerk 


201 


Terzen,  die  iheils  von  ihm  erfanden,  theils,  wo  solche  schon 

vorlagen,  entstellt  sind,  s.  §.  325. 

Die  gegenwärtige  Bilchereintheilung  ist  willkürlich.  In  das  deut. 
Werk  sind  Jud.  I,  1—2,  5,  Jod.  17  f.  und  Sam.  11,  21—24  aus  älteren 
Werken,  ferner  die  auf  Fpflter  Erfindung  (Wellbausen,  Einleitung  199  ff.) 
beruhende  Geschichte  Jud.  19—21  hineingerathen,  welche  den  Zusammen- 
hang  unterbrechen.  Auch  sonst  sind  begreiflicher  Weise  noch  mehrere 
Hände  an  dem  Werke  tbfitig  «^»ewesen ;  so  beruhen  die  5  »kleinen  Richter«, 
Jud.  10,  1—5.  12,  8  —  15  auf  einem  ersten,  der  (1  Sarngar  8,  31  auf 
einem  zweiten  Nachtrag'  (VVku.hai'sen  ,  Einleitung  185;  Stadk.  Z.  altt. 
Wissensch.  I.  339)  und  auch  sonst  werden  manche  I^etouchirungen  vor- 
gekommen sein.  Ueberhaui>t  ist  es  fraglich,  ob  —  wie  im  Texte  um  der 
Kürze  willeu  angenummen  ist  —  die  Bearbeitung  als  eine  durchaus  ein- 
heitliche betrachtet  werden  kann;  wahrscheinlich  hat  sie  mehrere  Stufen 
durchgemacht  und  sind  viele  Hände  an  dem  Werk  thatig  gewesen.  — 
Zum  Charakter  der  Bearbeitung:  Hollenbf[;(; ,  Deuteron.  Beslandth.  des 
B.  Josua  in  Stull,  u.  Kril.  1874,  402  IT.  Uei^er  die  Chiuiiulogie  iVit\:.  I.  t!,  1): 
XüLitLKt,  Chronologie  der  Kiclilerzeit,  in  seinen  Untersuchungen  zur  Kritik 
desA.T. ;  Weu-hausen,  Einleitung  184,  204  f.,  Geschichte!,  239  fl*.  286  f. 

%  167.  ni.  Die  Hauptaufgabe  der  Kritik  ist,  aus  dem 
deuteronomistischen  Geschichtsweric  die  älteren  Quellen 

herau^zu.sclullen  und  diese  auf  ihre  reine,  ursprüngliche  Gestalt 
zurückzuführen.  Indem  ich  für  alles  Detail  auf  die  siiätere  Dar- 
stellung verweise,  gebe  ich  hier  einen  Ueberblick  der  Schrillten : 

1)  Die  ältesten  Aufzeichnungen,  die  wir  besitzen,  sind 
Lieder,  unter  denen  das  Siegeslied  der  Debora,  Jud.  5,  obenan 
steht  Dazu  kommen  seit  der  Zeit  der  Bildung  des  König- 
thums historische  Aufzeichnungen,  die  uns  nur  in  Brachst üclcen 
eriialten  sind;  zuerst  die  Geschichten  von  Gideon  und  Abimelek, 
dann  die  von  Saul  und  David.  In  den  Reichen  Israel  und 
Juda  wurden  annalistische  Aufzeichnungen  geführt,  aus  denen 
der  Kern  unserer  Kdnigsbücher  einen  knappen  Ausug  bildet 
(8*  921).  Daneben  stehen  populäre  Erzählungen,  Legenden, 
Sagen :  später  kommen  auch  tendenziöse  Ueberarbeitungen  der 
älteren  Geschichte  hinzu. 

Aus  diesem  Material  ist  die  Erzählung  der  Bücher  Jud,, 
Sam.,  Heg.  zusammengesetzt. 

2)  Ausser  den  grossen  Gesetzbüchern  der  späteren  Zeit 


uiyiii^ca  by  VjQOQle 


202 


Drittes  Buch.  Syrische  Quelienkonde. 


besitzen  wir  ein  weit  älteres  und  kürzeres,  das  »Bundesbuch c 
(Exod.  20,  23—23,  30.  24,  3—8),  dessen  Abfassungazeit  noch 
nicht  sicher  festgestellt  ist  (§.  327). 

oj  Die  älteste  Bearbeitung?  der  Sagen^eschichle  des  Volks 
ist  um  850  v.  Chr.  von  einem  judaeischeu  Schriftsteller  unter- 
nomriien,  den  man,  da  er  die  Gottheit  immer  Jahwe  nennt,  als 
den  Jahwisten  bezeichnet.  Sein  Werk  reichte  wahrscheinlich 
bis  auf  die  Eönigszeit ;  er  gibt  die  älteste,  noch  ziemlich  naive 
Darstellung  der  Sage  (§.  331 ;  erstes  Stuck  Gen.  2,  4—3,  24). 

4)  Etwa  ein  Jahiliundert  spätei  iiat  ein  vum  Jahwisten 
abhängiger  Schriftsteller  aus  Ephraim  denselben  Stoft"  notii- 
raals  behandelt.  Wir  bezeichnen  ilm,  weil  er  die  Gottheit 
meist  £lohfm  nennt,  als  Elohisten  [früher  der  »jüngere  Elohistc 
Im  Gegensatz  zu  dem  angeblich  »älteren  Elohisten«,  d.  i.  dem 
Verfasser  des  Priestercodez  (§.  164  Anm.)  genannt].  Sdne 
Darslellnner  ist  durchweg  von  prieslerlichen  und  reli^^iö-on 
Gesi(htsj>unkten  beben  seht;  ausserdem  herrscht  bti  ilini  das 
Streben,  die  Lücken  der  Ueberlieferung  auszufüllen,  einen  voll* 
standigen  Zusammenhang  zu  schaffen  (g.  356;  erstes  grösseres 
Stück:  Gen.  20—22). 

5)  Beide  Werke,  das  jahwistische  wie  das  elohistische, 
sind  mehifacli  mit  Zusätzen  aller  Art  versehen  (s.  z.  B. 
§.  177),  einzelnes  ist  nach  den  siih  weiter  entwickelnden 
religiösen  Anschauungen  umgeändert  oder  erweitert.  Wahr- 
scheinlich schon  vor  der  Abfassung  des  deuteronomistiscben 
Geschichtswerks  sind  dann  beide  Werke  in  einander  verarbeitet, 
meist  indem  in  ziemlich  mechanischer  Weise  die  einzelnen 
Abschnitte  des  Elohisten  an  den  entsprechenden  Stellen  des 
Jahwisten  eingelegt,  oder  wo  zwei  Erzählungen  völlig  parallel 
liefen,  die  einzelnen  Sätze  einlach  neben  einander  gestellt 
wurden.  Nur  an  einzelnen  Stellen  hat  der  Ueberarbeiter,  den 
man  nicht  unpassend  als  Jehovisten  bezeichnet,  stärker  ein- 
gegriffen, so  In  der  Gesetzgebungsgeschichte.  In  dieser  Ge- 
stalt —  manche  weiteren  Retouchen  und  Nachträge  sind 
offenbar  noch  hinzugekommen  —  sind  dann  die  Werke  in 
die  deuteronomistische  Geschichte  aufgenommen. 


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Aeltere  Quellen.  Die  übrige  Literatur. 


203 


Fflr  die  Scheidung  dpr  Quell»'n  s.  vor  allem  Wki.i  hm  skn  ,  (.  ii  pos. 
des  Hexateucbs  (Jalirb.  Deutsch.  Theol.  XXI.  XXÜj  uttil  ii^uilcituiig  181 
bis  287.  Im  «iueliiai  iat  hier  noch  riel  su  tbun.  Ein  gewissenhaft 
and  methodiaeh  aDtarnommeiier  Venoeh»  die  Werk«  des  Jahwiateo  und 
Elohiateii,  eoweit  es  niDglich  »1«  m  dem  GongloiDeral  des  Hetateuehe 
hereoKaeefatieD  (hetmeieeh  and  in  deoteeher  Uebenetsung),  wOrde  nof 
geechiebtliobem  ivie  anf  Utenrisetaeoi  and  ipraebUdieni  Gebiete  ta  eehr 
lobnenden  Resaltaten  Ittbren  (tiots  NOlwo,  Unters.  &  5  Anm.  1). 

^.  168.  Die  Bücher  des  Gesetzes  mit  ilirer  hislorischen 
Einkleidung  haben  durch  die  officiellen  Acte  von  621  und  444 
kanonische  Gültigkeit  erhalten.  Später  ist  eine  äimliche  Au- 
torität auch  auf  die  übrigen  Geschichtsbücher,  auf  die  —  in 
nachexüiscfaer  Zeit  systematisch  redigirten  (Stadb  in  Z.  altt 
Wisseoscb.  I,  171)  —  Uebetreste  der  prophetischen  Literatur, 
schUesslEch  auch  auf  eine  Reihe  acnin  Theil  unter  dem  Namen 
David's  oder  Salomo's  auftretender  »heiliger  Schriften«,  die 
fest  sämmtlich  nachexilischen  Ursprungs  sind,  ausgedehnt.  Es 
ist  begreiflich,  dass  man  an  dem  Text  der  heiligen  RücImt 
noch  vielfach  Aenderungen  vornahm,  der-vllie  liiri  und  da 
relouchirt,  erweitert,  Widersprüche  ausgeglichen,  anstössige 
Bemerkungen  geändert  worden;  auch  zufallige  Aenderungen 
blieben  nicht  aus.  Erst  im  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  ist 
die  Redaction  des  Testes  mm  Ahschhiss  gekommen;  seitdem 
ist  derselbe  mit  peüilicher  Sorgfeit  in  der  Form  bewahrt 
worden,  in  welcher  er  uns  heute  noch  vorliegt.  Es  ist  des- 
halb von  grosser  Wichtigkeit,  dass  uns  in  der  im  dritten  und 
zweiten  Jahiiiundcit  v.  Chr.  in  Aegypten  aus  dem  Bedürfniss 
der  griechicrh  redenden  Juden  hervorgegangenen  Uebersetzung 
der  sog.  Septuaginta  ein  vielfach  von  dem  ilebraeischen  ab- 
weichender Text  vorliegt,  der  sehr  häufig  die  ältere  und 
rdnere  Gestalt  der  Schriften  gibt,  wenngleich  auch  liier  £nt- 
steUungm  und  Ueherarbeitungen  vorkommen,  von  denen  der 
hebraeiscfae  Text  freigebtieben  ist.  Die  hebraeische  und  die 
griechische  Version  controlliren  sich  gegenseitig. 

Von  den  Hagiograplien  können  —  abgesehen  von  den  Klageliedern 
586  r.  Chr.  —  nur  Theile  der  Proverbien  auf  vorexilischen  Ursprung 
Ansprucii  erbeben.    Ueber  diese  felilt  ind^sen  noch  jede  eingebende 


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204 


I 

Drilles  Bach.   Syrische  Quellenkunde. 


Untenuehung,  wesbalh  ich  gia  im  Folgenden  nicht  verwerlhet  balM; 
TgL  TOT  allem  Rioss,  La  BIble  YI*  partie.  ^  Ueber  die  AbHusongenit 
der  Psalmen  GtEasiiiciiT,  Z.  aKt.  WiaaeiiselL  I,  276  ft  —  üeber  die 
Geschiclite  des  Kanons  mid  die  U^)ciaetiungen  vor  allem  die  moster' 
befle  Darlegong  WKUBAi»ai*s  (efnleitong  647-  643;  leider  hält  er  die 
tendeniiOse  Legende,  daee  die  Anregung  zur  griechischen  Ueba^tzong 
von  den  Ptolemaeern  ausgegangen  sei,  für  historisch);  dam  ti>ke, 
ZDMG.  XXXII,  586  IT.  Abr.  Gnr;Fn.  T^rschrift  und  Ueber^etzuut'en  der 
Bibel  l^^l  Die  Benutzung  der  LXX  ist  sehr  scinvierig,  da  der  Text 
viHfafli  üLfM-arhcitct  und  nut  ilern  spälfren  heliraeisfhen  Text  in  Ein- 
klang gebracht  ist.  Dio  Benutzung  von  '1'ih:hekdorf's  Ausgabe  genügt 
nicht;  es  muss  der  von  Holmes  und  Parsons  (5  Bde.,  Oxford  1798  ff.  foL) 
gegebene  Apparat  herangezugen  werden.  Vgl.  Laqarde,  Cleneeis  gvaeoe. 
Oers.:  Anm,  zur  griech.  Ueben.  der  ProTerbien  1868.  Wbjjbmsbi,  Text 
der  B.  Samaelis  1872  n.  a.  Die  übrigen  Versionen  (vor  allem  die  Tar- 
gume),  ferner  der  samatitaniaebe  Pentateueb,  sind  von  geringerer,  cum 
Tbeil  lediglich  seeundftrer  Bedeotung. 

%.  169.  So  lange  die  Schriften  des  Alten  Testaments 
als  inspirirt  betrachtet  wurden  und  eine  Anwendung  histori- 
scher und  literarischer  Kritik  auf  dieselben  unzulässig  schien, 

konnte  eine  wirklich  wissenschaflliche  Behandlnngr  der  israeli- 
tisclien  Üüschiclite  nicht  unternommen  werden  :  die  Werke  dieser 
Richtung  stellen  der  Archäologie  des  Joseplais  (94  n.  Chr.), 
einer  schönfärbenden  Verarbeitung^  der  biblischen  Berichte  ohne 
wissenschaftlichen  Werth,  völlig  gleich.  Wenig  mehr  realen 
Werth  als  die  von  orthodoxen  Anschauungen  beherrschten  Dar- 
stellungen haben  die  Mehrzahl  der  auf  einen  Ciompromiss  hin- 
strebenden,  von  mehr  oder  weniger  rationalistischem  Standpunkt 
aus  unternommenen,  denen  die  nOthige  kritische  Schulung  fast 
durchgehends  mangelt.  Für  die  O^hichte  der  Theologie  ist  nach 
Herdfr  vor  allem  H.  Ewald  V  )ti  u'i  osser  Bedeutung,  da  er  die 
Nothwendigkeit  historischer  Knt Wickelung  und  Beurthcilun«'  er- 
kannte und  für  den  poetischen  Ausdruck  tiefes  Verständniss  hatte. 
Seine  Propheten  (3  Bde.)  und  Dichter  (8  Bde.)  des  Alten  Bundes 
sind  unschätzbare  Werke ;  indessen  seine  historischen  Arbeiten 
(Geschichte  des  Volkes  Israel,  8  Bde.)  sind  meist  von  ebenso 
problematischem  Werthe  wie  seine  sprachwissenschaftlichen 
Schriften.   Zu  wirklichem  VerstSndnIss  der  israelitischen  Ge- 


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Neuere  Werke.  205 

Bcbichte  konnte  man  erst  gelangen,  nachdem  der  späte 
Ursprung  des  Priestergesetzee  festgestellt  war.  Hier  bat  zu- 
erst A.  Cqsmbii  eine  Geschichte  der  religiösen  Entwickelung 
des  Volkes  entworfen  (Godsdienst  van  Israel,  2  Bde.,  1869). 

Ausgeliend  von  den  Untersuchungen  VatkeV  (Bibl,  Tlicol.  I, 
Religion  des  A.T.  1835)  hat  dann  im  Jahre  1878  Well- 
HAL>KN  den  ersten  Theil  einer  Geschi(  hie  I^iaeU  vei  öOentlicht, 
welcher  neben  eingehender  Kritik  der  Quellen  zugleich  eine 
kritische  Geschichte  des  Cultus  enthält.  Auf  gleicher  Grund- 
lage beruht  Stad£'s  Geschichte  des  Volkes  Israel  (erscheint 
seit  1881  in  der  Oncken'schen  Sammlung). 

Die  Geschichte  der  übrigen  Völker  Syriens  ist  bisher  sehr 
▼emacMSssigt  Eine  Verarbeitung  der  Resultate  der  Aegyp- 
tologie  und  Assyriologie  hat  V.  Schmidt  versucht  (Syriens 
Oldtid,  2  Bde.,  1872  fl.)  Die  Geschichte  der  Phoeniker  hat 
bekanntlich  Movers  in  einem  umfangreichen  Werke  behandelt 
(Die  Phoenizier  I.  II,  1 — 3.  1841 — 56  ff.),  das  eine  zwar 
ziemlich  reichhaltige,  aber  wenig  gesichtete  Materialsammlung 
enthält  und  völlig  unkritisch  gearbeitet  ist.  Movers*  Werk 
darf  daher  durchweg  nur  mit  der  grOssten  Vorsicht  benutzt 
werden;  am  wenigsten  brauchbar  smd  die  vielTerwertbeten 
Abschnitte  über  die  Religion  und  die  Golonien  der  Phoeniker. 


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L  Die  sexnitiacliea  Stftmme. 


Syrien  und  Arabien.   Charalder  und  ReUgien  der  Semiten. 

§.  170.  Aegypten  und  Babylon  sind  die  beiden  Cenircn 
der  vorderasiatischen  Cultur  und  damit  die  Ausgangspunkte 
aller  occidentaiischcn  Cultur  überhaupt.  Die  weilen  zwischen 
beiden  Hegenden  Gebiete  haben  vor  allem  die  Aufgabe,  zwischen 
ihnen  zu  vermitteln  und  eine  Verbindung  herzusteUen,  aus 
den  isolirten  und  iocal  bestimmten  Gulturen  eine  allgemeine 
zu  entwiekeln  und  dieselbe  Aber  die  Welt  zu  verbreiten.  Es 
sind  daher  Handel  und  Verkehr,  auf  denoi  im  wesentlichen 
die  Bedeutung  Syriens  und  Arabiens  beruht. 

Andererseits  sind  die  Lebensbedingungen  dieses  grossen 
Zwischen gebietes  durch  die  Natur  ungewolmlich  scharf  vor- 
gezeichnet.  Im  Norden  sduieiden  tiie  Gebirgsktltt-n  des  Tauros 
(und  Amanos)  es  scharf  ab  von  dem  kleinasiatisch-armeni- 
schen Hochlande.  An  der  Mittelmeerküste  erhebt  sich  ein 
vielfach  zerklüftetes,  meist  fruchtbares  Hochland  mit  schmalen), 
nur  im  Sflden  zu  einer  wirklichen  Ebene  sich  erweiternden 
Ufersaum,  in  dessen  Mitte  sich  die  Gebirgsmassen  des  Libanon 
und  des  Antilibanon  und  Hermon  erhet>en.  Daran  schliesst 
sich  nach  Nordosten  die  weite  von  Aleppo  bis  an  den  Tigris 
reichende  Ebene,  die  der  Kuj)lirat  und  seine  Nebenflüsse  be- 
wässern. Ueberau  aber  findet  das  Culturlaiid  seine  Grenze 
in  der  unfruchtbaren  Wüste.  Das  diclitbewaklele  Plateau 
östlich  vom  Jordan  und  die  reiche  £bene  von  Damaskus  sind 
noch  blühende  Landschaften;  aber  weiter  nach  Osten  tritt 


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Syrien  und  Arabien. 


207 


▼ollständig^er  Wasser-  und  damit  Vegetationsmangcl  ein,  und 
allmählich  verwandelt  sich  der  dürre  Erdboden  in  eine  weite 
Sandwüste.  Die?e]!)e  erstreckt  sich  von  Aleppo  bis  an  den 
Rand  des  central  arabischen  Hochlandes,  vom  Antilibanon  bis 
an  den  Tigris.  Denn  auch  der  Eophrat  mit  seinen  Neben- 
flüssen vermag  nicht  auf  die  Dauer  ein  firuchÜMies  Gebiet  zu 
schaflbn;  von  seiner  Wendung  naeh  Osten  bis  nach  Baby* 
lonien  fliesst  er  dureh  Stefan  und  Wüsten,  und  sein  starkes 
GeflUle  sowie  die  zahllosen  Windungen  seines  Laufe  machen  ihn 
überdies  fast  völlig  unschiflfbar.  Erst  östlich  vom  Tigris  be- 
ginnt von  neuem  ein  von  zahlreichen  Flüssen  durchsiiüiales, 
bis  an  den  Rand  der  teri  as<entörniig  aufsteigenden  Zagros- 
kette sich  erstreckendes  Cuilurland. 

g.  171.  Der  Gegensatz  von  Wüste  und  Gulturland  ist 
unwandelbar.  Ein  historisches  Leben  ist  in  der  Wüste  nicht 
möglich ;  die  einfachsten  Formen  des  socialen  Lebens,  Familie 
und  Stamm,  bleiboi  hier  immer  die  herrschenden.  Die  Stfimme 
ivandero  und  kriegen,  bald  dieser,  bald  jener  gewinnt  die 
Oberherrschaft.  Neue  Stfimme  sebliessen  sich  snsammen,  alte 
zersetzen  sich  oder  gehen  in  die  benachbarten  auf,  so  dass  ilir 
Name  spurlos  verschwindet.  Auch  wo  Ackerbau  und  sesshaftes 
Leben  in  grösserem  Umfange  miigiich  sind,  wie  im  Nedschd  und 
an  der  südwestlichen  Küste,  ist  doch  ein  Hinausgehen  über 
die  primitiven  Lebensformen,  die  Bildung  eines  festgeordneten 
Staates  und  einer  einbeimischen  Gultur  höchstens  vorübergehend 
möglich.  Dagegen  erscheinen  die  Wöstenstämme  in  der  Ge- 
schichte als  Yölkerbewegar,  als  Ursache  plötzlicher  und  ge- 
waltiger Eatastrophen  im  Leben  der  Colturvölker.  Wie  die 
Mongolen  und  die  Türken  der  centralasiatischen  Steppe  drängen 
auch  die  Araber  fortwährend  an  ^egen  die  vorliegenden  Cnl- 
turländer,  und  wie  die  gegenwärtige  IVvöIkerung  dei selben 
aus  einer  arabischen  Invasion  hervorgegangen  ist,  so  scheint 
es  .auch  kaum  zweifelhaft,  dass  wir  die  alte  Bevölkerung  der- 
selbe als  eine  »Ablagerung«  der  Wüstenstämme  zu  betrachten 
haben»  Dass  in  Babylonien  die  semitische  Einwanderung  erst 
fai  bistorisehe  Zeit  föUt,  haben  wir  bereits  gesehen,  und 


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208 


Drittes  Blieb,  enter  Abscbnitt 


ebenso  findet  sich  auch  in  Syrien  vielleicht  eine  Torseinitische 
Bevölkerung  in  den  Cheta. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  die  specifischen  VerbSJtnisse  der 
Araber,  den  Gegensalz  der  Beduinen  und  der  ansässigen,  Handel  und 
Ackerbau  treibenden  BevOlkenmf  des  Nedidid,  des  Hedicbta  und  taient 
u.  >.  w.  einiageben.  Ai»bieD  kann  in  diesem  Bande  nur  soweit  berOek- 
sicfatigt  werden,  als  es  für  die  elhnogfapbiseben  und  HandelsTerbiltoiase 
der  Naefabarllnder  in  Betracht  kommt  ~  Dass  Arabien  die  Heimatii  der 
Semiten  ist»  hat  saerst  A.  SpanfGER  mit  Entschiedenheit  ausgeoprodiai: 
hfh»B.  nnd  Lehre  des  Mohammad  I,  241  fT.  und:  Die  Alte  Geogr.  Arabiens, 
als  Grundlage  der  Entwickelungsgesch.  des  Semitismus  1875.  Sonst  vgl. 
SrHRADKR,  ZDMG.  XXVTI.  Anderer  An-iclil  sind  A.  t.  KRFMKn,  Semit.  Cultur- 
entlehiiungen  aus  dem  Füanzen-  und  Tliierreicli  1875.  und  Howri..  Xamen 
der  Sängethiere  bei  den  Sudscmilen  1S71»,  welche  die  Srrnitpn  von  C^rtral- 
asien,  wo  sie  mit  den  Indogerruanen  zusammen  gehaust  iiai>t-ii  ^oikn,  ein- 
gewandert sein  lassen.  Die  seltsame  Ausicbl,  Armenien  oder  gar  die 
Kaukasusländer  seien  die  Urbeimath  der  Semiten,  die  leider  auch  in 
Himi*8  schönes  Bush :  Cultnrpfianien  und  Hausthiere  in  ihrem  üd>ergang 
ans  Asien  nach  Griechenland  und  Italien,  Eingang  gerunden  bat,  ent- 
behrt jedes  Schattens  ?on  Begründung.  Die  weiteren  Fragen»  wober  die 
Semiten  naeh  Arabien  gekommen  eeien  n.  s.  w.,  d,  h.  mit  anderen 
Worten  die  Frage  nach  dem  Ursitz  und  der  Verbreitung  des  Menschen- 
geeeblechts,  sind  für  den  Historiker  völlig  irrelevant.  Die  Enih- 
lungen  der  Genesis  kann  bei  dieser  Frage  nur  heranziehen,  wer  von  der 
Entstehung  derartiger  Traditionen  im  allgemeinen  and  speciell  von  der 
hebraeischen  Literaturgescbicbte  nichts  weiss. 

§.  172.  Die  durch  historische  Analogie  uns  aufgedrängte 
Annahme,  dass  Arabien  die  Heimath  der  von  den  Neueren 

mit  dem  Xamen  der  S<*mitpn  bezeichneten  Völkergruppe  ist, 
wird  bestätif^^t  durch  die  cliarakteristischen  EigenthuiuHchkeiten 
der  semitischen  Stämme.  Es  ist  bekannt,  dass  dieselben  wie 
sprachlich  so  auch  geistig  einander  viel  näher  stehen  und  viel 
bestimmter  ausgeprägte  Gbarakterzüge  haben,  als  die  Glieder 
irgend  einer  anderen  grossen  Völkergruppe.  Grosse  Nüchtern*  . 
hett  des  Denkens,  scharfe  Beobachtung  des  Einzelnen,  ein 
berechnender,  stets  auf  das  Praktische  gerichteter  Verstand, 
der  die  Gebilde  der  Phantasie^)  durchaus  beherrscht  lind 

^)  Wer  VOT1  der  Phantasie  der  Semiten  redet,  legt  diesem  Worte 
einen  Begriff  unter,  den  es  sonst  nie  bat.  Natariich  kennt  aocb  der 


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Charakter  der  Semiten.  209 

* 

jedem  freieren  Flu^e  des  Geistes  in  ungemessene  Regionen 
abhold  ist,  das  sind  Züg'e,  die  den  Araber  und  den  Phoeniker, 
den  Hebraeer  und  den  Assyror  kennzeichnen.  Sie  erklären 
sich  völlig  ans  dem  fortwälirenden  Kampfe  mit  den  Gefahren 
der  Wüste.  Auch  auf  staatlichem  Gebiete  erkennt  man  überall 
den  Wüstensohn.  Die  Geschlossenheit  und  Heiligkeit  der 
Familie,  die  Herrsebaft  eüier  patriarehalischen  Geschlechts- 
aristokratie kehrt  überall  wieder,  und  niigends  haben  es  die 
Semiten  zu  compliclrteren ,  höher  entwickelten  staatlichen 
Bildungen  gebracht. 

Von  dem  Vielen,  was  flher  die  Semiten  im  all;rf*nipinen  geschrieben 
if?t,  f^nd  eiiizif?  die  Ireflflichen,  wenn  auch,  wie  j*'dp  ( .}i  i  r,ikteri5?tik,  z.  Th. 
einseiligen  Skizzen  von  Rfnan,  Histoire  peneiaie  et  systeine  compar6 
des  langes  semitiques  uml  Strenger,  Leben  Moh niirnad's  1.  von  Werth.  — 
lieber  die  Cullur  der  »Uraemiten«  liesse  sich  durch  besonnene  sprach- 
liche Forschungen  ziemlich  viel  feststellen.  Eiae  wichtige  hierher  gehörige 
Frage  behandelt  Homibl,  Die  Namen  der  Sftofethiere  bei  den  eddeemlti- 
«chen  Volkern.  1879.  —  Spracblieh  aerTallen  die  Semiten  in  iwei  Haopt- 
grnppen:  die  Nordeemiten,  das  sind  die  AaKftat,  und  die  Aramaeer  und 
Kana*anaeer.  nnd  die  SQdaemiten  d.  i.  Afaber  and  Aetliiopeu. 

§.  173.  Vor  allem  aber  auf  rcliö-iösein  Gebiet  treten  uns 
die  charkteristischen  Züge  der  Semileo  sehr  scharf  entgegen. 

Semil  phanlasllsche  Gclülde,  Gespenster  der  Wusle  und  Ge^ptuailer  der 
Theologie.  Aber  er  operirl  mit  ihnen  in  der  nQcbternsten ,  rein  ver- 
standeegemleien  Weite.  Aach  die  Poeiie  iet  überall  beredinet,  die 
Oleiehttisse  reigen  Wits  und  Scharfsinn,  aber  nicht  daa,  was  wir  unter 
poeiisdier  Gestaltungskraft  Tersteben.  Wie  man  bei  den  altarabiscben 
Poeten  und  gar  dem  Qorftn  von  »Jovis*  Schosskinde  der  Phantasie«  reden 
kann,  ist  mir  unverständlich;  auch  von  vielen  der  at  Dichtungen  gilt 
dasselbe.  Ganz  ähnlich  steht  es  um  die  vielAieb  fDr  die  Semiten  als 
charakleristisch  im  Gegensatz  gegen  die  Indogermanen  in  Anspruch  ge- 
nommene Religiositftt.  Diegellie  entsetzliche  Nüchternheit,  welche  den  Qorän 
beherrscht  und  dtirch  die  er  jrewirkt  i)at,  liegt  auch  den  Mengchenopfern 
der  Kana*anaer ,  deri  r*^li,.'iflsen  Phrasen  <\pr  .\^^vtpt  und  schlies<^]irh 
auch  dem  Jaliwismus  zu  Grunde.  Der  Iiiciogermane  j*t  nieht  im  Stande, 
dieselbe  auch  nur  vorübergehend  zu  ertragen  ;  daher  iiabeu  die  PenM»r 
aus  dem  Islam  den  ^Ofismus  entwickelt.  In  der  echtarabischen  HeacLion 
der  Wahbftbiten  gegen  denselben  tritt  uns  dann  wieder  der  semitische 
CSeist  in  Toller  Scharfe  entgegen.  » 

H«7«r,  e«Mlildhte  dM  AltArtlnna*.  I.  14 


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210 


Dritt«*  Boeb,  erster  AbiehniU. 


Ihre  religiösen  Anschawingeii  stDd  durchwein  wenig  eompKcirt 
Die  in  der  Natur  wirkenden  Kräfte  gehen  Ros  von  Oefstem, 

Dämonen,  die  nach  Laune  und  Willkür  haudihi  und  dem 
Menschen  je  nacli  Umsluadeu  freundlich  oder  feindlich  gesinnt 
sind,  von  ihm  durch  Opfer  und  Gebete  gewonnrii  werden 
müssen.  Dieselben  haben  ihren  Wohnsitz  vor  allem  in  Bäumen 
nnd  Steina  daneben  aber  auch  auf  Anhöhen,  Berggipfeln  u.  a. 
An  diese,  Damentlich  an  die  heiligen  Steine,  knüpft  daher 
fiberall  der  Gultus  an.  Bald  haben  dieee  Dämonen  einen  eigenen 
Namen,  halä  betrachtet  man  sie  als  Manifestatbnen  anderer 
Gotthelten,  in  der  Regel  nennt  man  sie  einfach  »den  Herme 
oder  >diü  Herrin«  des  betretTenden  Ortes  [nordsem.  ba'al,  ba'alat: 
südsem.,  bes.  liimjarisch  dhü,  dhat|.  Üanelion  ?telien  che  Dä- 
monen, welche  Familie  und  Haus  be?ehützen,  und  in  erster  Linie 
der  Schirmherr  des  Stammes,  welcher  mit  demselben  lebt,  ihm 
Sieg  und  Macht  verleiht  und  als  ihm  speciell  zugehörig  in  scharfem 
Gegensatz  steht  sowohl  zu  allen  anderen  weit  verehrten  Gott* 
heiten,  als  auch  zu  allen  fremden  Stämmen.  Daneben  werden 
auch  die  Himmelserscheinongen,  der  Sonnen-  und  der  Mondgott, 
sowie  der  Himmelsherr  (Ba'al  §amatm  «  himj.  Dhü  samawf) 
verehrt.  Im  Ilinter^Tunde  aller  diescT  Mächte  steht  ähnlich  dem 
Häuptling  an  der  Spitze  des  Staiimies  tler  höeliste  Gott,  II. 
Er  ist  allerdings  die  höchste  Weltenmaeht,  aber  eben  des-- 
halb  steht  er  dem  Menschen  fem,  ist  demselben  unnahbar: 
das  Schicksal  ist  anwandelbar  und  ewig.  Daher  wird  II 
zwar  anerkannt,  aber  wenig  verehrt,  und  verflüchtigt  sich  viel- 
fach völlig  (vgl  §.  8).  So  erklärt  es  sich  auch,  dass  das  Wort 
Gott  durch  eine  sprachliche  Weiterbildung  von  II,  iläh,  und 
bei  den  Assyrem  [und  schliesslich  auch  den  Hebraeern]  durch 
U  selbst  bezeiclmet  wird. 

Das  von  der  urs|)rCaiglicbeii  ^t  iiiiliscben  Religion  peg*  Im  in  Ciid  beruht 
vor  allem  auf  einer  Vorgleichung  der  üeberreste  der  kana'anaeischen  und 
hebraeischeo  Keligion  inil  dem,  was  die  liiuijarischeu,  nordarabischea 
und  palm jrfliii9cbeii  fnaebriftflii  lebreo.  —  Die  frflher  gangbaren  Ck)n8tnie- 
tioneD,  in  denen  namentlich  der  »Sabaeiemoe«  d.  b.  der  den  Semiten 
anpfflaglieh  gans  firemde  Stemeneult  eine  Hauptnlie  spielt,  braucben 
hier  wohl  nicht  mehr  berflcksicbtigt  m  werden.  ~  Ueber  n  s.  NOurn» 


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Religion  der  Seniilei). 


211 


Bar.  BoL  Alu  1880,  760  ff.  Jkm  die  Grundform  U  Ul,  Mlitiiit  mir  gegen 
NfiLDEiB  festfubeltea  xu  seio. .  H&Ii  und  iUt  halte  ieli  tioU  aliem,  was 
dagegen  bemerkt  iet»  doch  fdr  Bildungen  mit  Erweiteroog  der  billieralen 
Wnrxel,  wie  chami^  fem.  ton  cbam,  nnd  ababät,  mnmahAt  n.  ä.,  plor. 
Ton  ab,  nmm.  AUAh  »der  Gott«  entspricht  daher  nicht  nur  inbaUHcli, 
•ondem  ancb  etymologiseh  dem  alten,  bei  den  Qideehftieneni  verlonn 
gegangenen  II. 

§.  174.  Neben  H  steht  als  seine  Gemahlin  Ildt.  Bei  den 

Nordsoinitcn  hat  ^ich  das  oberste  Gütterpaar  venlopj)eU ;  neben 
II  und  Hat  treten  xler  Iterr«  und  »die  Herrin«  Ba^al  und 
Ba'alat,  welche  die  beiden  iilteren  Gottheiten  mehr  und  mehr 
zurückdrängen.  Ba'ai  ist  der  Herr  der  Schöpfung,  vor  allem 
der  Lichtgott,  der  in  der  Sonnenkugel  sich  manifestirt;  Ba^alat, 
die  Göttin  des  Naturlebens,  des  Werdens  und  Vergehens,  der 
freudigen  Litst  nnd  des  wilden  Schmerzes.  Bei  den  meisten 
semitischen  Stimmen  fuhrt  sie  den  Eigennamen  'Athtfir 
[aram.  'Ätar,  kan.  'AStor  und  fem.  'Aätorel,  assyr.  ßtar], 
griechisch  Astarte,  der  indessen  vielleicht  nicht  semitischen, 
sondern  sumerisch -akkadischen  Ursprungs  ist  (§.  146  Anm.). 

ist  eine  HanptgGttin  der  Qimjaren,  und  mit  dem  Artikel 
UXiX^  Her.  HI,  8,  sonst  durchweg  contrahirt  AUath  (O^t)»  der 

Nordaraber.  Jetst  ist  rie  anch  auf  einer  pboen.  iDsebrift  aus  Sulci  ge- 
fonden:  DiLumni,  6er.  Betl.  Ak.  1881,  490*.  In  den  (griechischen)  In- 
schriften des  von  Arabern  bewohnten  syriscben  Grenzgebiets  wird  sie 
durchweg  der  'Ad-f^vr^  gleich^jeset/t  (so  in  Palmyrn),  ist  also  Kriegs* 
göltiri.  Ob  die  habyloiiiticlie  Allat,  die  Göttin  der  ünterweit  (§.  146), 
mit  ihr  etwas  ZU  thun  hat  und  also  semitischen  ürfprung?  ist,  ist  noch 
nicht  festgestellt.  Bei  den  yimjaren  hezeiclmct  'Atlhar  eine  männliche 
Gottheit.  Sonst  findet  sich  Astarte  in  Arabien  nicht.  T'ebrigens  ist  die 
Femininform  (*A§turel)  eine  specifisch  kana'anaeische  Bildung;  im  As^yri- 
seben  findet  de  sich  ftal  nur  im  Ftnral  nnd  bat  dann  appeUativisebe 
Bedeutung  (»GOtfbinen«).  —  BM  imd  Ba^alat  finden  sieb  als  Gottemamen 
bei  keinem  arabischen  Stamme»  dagegen  bei  allen  Nordsemiten. 

§.  175.  Das  Verhältniss  der  einzehien  Menschen  diesen 
Gottheiten  gegenüber  wird  nun  streng  yerstandesgemäss  und 
rechnend  auijgeilisst;  ein  ethisches  oder  mystisches  Verhältniss 
zur  Gottheit  liegt  dem  Semiten  v.öUig  fem.  Er  Ist  der  Knecht 
('abd)  des  Gottes,  vor  dem  er  sieh  ihm  im  Staube  krflmmt 


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212 


Drittel  Bueh,  «niar  Abtcbnitt 


Während  er  die  untergeordneten  und  localen  Dämonen  be- 
einflussen kann,  fühlt  er  «ich  von  den  grossen  Naturmäehten 

schlechthin  abh;ini^i|T:  und  hat  ihnen  unbi'diiijf  zu  jjeborchen. 
Jede  Forderung,  die  von  ihnen  ausgehl,  uird  rücksichtslos 
erfüllt;  und  wenn  liier  einmal  finstere  Anschauung:en  von  dein 
Wesen  der  Gottheit  die  Herrschaft  gewonnen  haben,  entwickelt 
sichselbsl  bei  hochgebildeten  Völkern  ein  brutaler  religiöser  Fana- 
tismus und  ein  blutdürstiger  Gull,  wie  er  sonst  in  ähoUehen 
Verhältnissen  nur  noch  bei  den  Hexicanem  sich  findet.  An- 
dererseits ist  es  dieses  Gefühl  der  unbedingten  Unterordnung, 
auf  dem  der  viel  besprochene  monotheistisdieZug  der  semitisefaen 
Religionen  beruht.  Entweder  sind  es  die  grossen  Gottheiten  Ba'al, 
II  (Allah),  oder  wie  in  Pahnyra  »der,  dessen  Name  p'epriosen 
wird  in  Ewigkeit,  der  Gute  und  Barmher/i^'t^ .  welche  die 
übrigen  in  den  Hintergrund  drängen;  oder  der  specifische 
Stammgott  wird,  wie  bei  den  Hebräern  und  ihren  Nachbar- 
stämmen, so  sehr  zum  »Herme  seines  Volkes,  dass  andere 
Gottheiten  neben  ihm  nidit  su  bestehen  ▼ermögen.  Immer 
aber  ist  es  das  Princlp  der  Ezdusirität,  nicht  Speculation  oder 
mystischer  Pantheismus,  auf  dem  die  Entwicklung  dieser 
Anschauungen  beruht. 

Fhf^  man  dein  hier  Bemerkten  die  israelitischen  Aaschaaongeil 
eutgegeaUält,  bitte  icii      309  IT.  326  IL  zu  berQokaichtigeD. 

T 

Die  Velksitämme  Syriens. 

§.  176.  Im  allgemeinen  reicht  in  historischer  Zeit  das 
Gebiet  der  Araber  so  weit  wie  die  Wüste.  Dagegen  zerfallen 
die  semitischen  Stämme,  welche  das  syrische  Culturland  be- 
setzt haben  —  ich  verstdie  unter  Syrien  nach  dem  Vorgange 

der  Allen  das  ganze  Gebiet  von  Gaza  bis  an  die  assyrische 
Grenze,  nicht  speciell  das  Land  der  Aramaeer  —  in  zwei 
Gruppen.  Im  Gebirgsland  des  Südens,  m  beiden  Seiten  des 
Jordan,  in  dem  Thai  zwischen  Libanon  und  Antilibanon 
(Coelesyrien)  »bis  nach  Hamätc,  und  an  der  Küste  noch  weiter 
nach  Norden  sitzen  die  Stämme  der  Kana'anaeer  (in  Palae- 


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Kana'anaeer  und  Aramaeer.  213 

slina  auch  Amorifcr  genannt);  im  Osten  nnd  Norden,  in  Da- 
masko?,  am  un leren  Oronles,  in  der  grossen  syrisch-mesopotami- 
Sfhen  Ebf^ne  bis  nach  Babylonien  hin  (§.  181)  die  Aramaeer 
[auf  die  in  christlicher  Zeit  der  Name  Syrer  übertragen  wird]. 
Beide  Volksstämme  sind  in  Sprache  und  Religion  auf  das 
engste  mit  einander  verwandt  und  auch  im  geschichtlichen 
Leben  immer  in  nächster  Berührung  mit  einander  gehlieben. 
Sie  zerfallen  in  zahlreiche  £inzelstfimme,  unter  denen  in  älterer 
Zeit  am  bedeutendsten  der  der  Chetiter  (aeg.  Gheta,  ass. 
Chatti,  hebr.  pn)  hervortritt.  Derselbe  hat  seinen  Sitz  in 
Coelesyrlen  im  oberen  Orontesthal  und  ist  von  hier  aus  zeit- 
weilig zu  !:ros>er  Maciit  j^elani^t.  Die  Ilebraeer  rechnen  ihn 
zu  den  Kana'anaeern,  und  für  die  spätere  Zeit  ist  das  jeden- 
falls richtig.  Indessen  die  zahlreichen  chetitischen  Eigennamen, 
welche  uns  die  aegyptischen  Inschriften  t)ewahrt  haben,  tragen 
ein  wenig  semitisches  Gepräge ;  auffallend  ist  namentlich,  dass 
viele  Namen  auf  s  ausgdien.  Nun  ist  freilich  nirgends  leichter 
Täuschung  mOglich  als  hier  —  Ich  erinnere  nur  an  die  frOheren 
Erklärungen  der  gut  semitischen  babylonischen  und  assyrischen 
Eigennamen  —  indessen  möglich  ist  es  immerhin,  dass  wir 
in  den  Chela  eine  ältere  Bevölkerungsschi(  ht  zu  erkennen 
haben,  die  allmahlicli  semitisirt  worden  ist,  wie  die  Uri)evöl- 
kerung  Babylooieus. 

Ob  die  Stämme,  welch«  das  eOdäetliehe  Gieiugebiet  Syriens  gegen 
die  WOete  bewohnen  —  die  Stämme  Edom,  Ismael»  Qain  und  weiter 
'Amnleq  and  Midien  [letatere  in  d^  Sinaihftlbinael],  ev.  auch  ^die 
Mentiu  und  Sasn  der  Aegypter  —  Araber  oder  Kana'anaeer  gewesen 
sind,  lässt  sich  nicht  sicher  entscheiden.  Jedenfalls  sind  die  Araher 
hier  in  hisloiisch*-r  Zeit,  seit  dem  Anfang  des  Peraerreicbe,  viel  weiter 
vorgpdrnnirt'n  als  v(ir!i<-r.  D^^r  Name  Sopta  ist  ans  ^  Xz'S'ip'.'y.  ver<?tnm- 
melt  lind  von  den  Griechen  dorn  Lande  gpfjeben,  das,  als  sie  es  genauer 
kennen  lernten,  unler  assyrischer  Herrs^chan  stand;  s.  NöLütKE,  'Aoaoptoi;, 
I''vy<.  ^'>of)c  in  Hermes  V  (vgl.  ^.  24^).  Die  gangbare  Behauptung, 
Kai. .1  an  bedeute  Niederland,  Arau»  Huchland,  ist  «prachlich  und  sachlich 
gleich  falsch.  j^^D  findet  sich  ausser  im  A.T.  auf  Münzen  von  Laodikea 
am  Meer,  ferner  iu  der  Forrti  Xvd  bei  Stepli.  Byz.  s.  v.,  Hekat.  fr.  254 
MVim  [ist  wohl  der  AbUerile],  Philo  BybI.  2,  27.  Die  NofdaMkaner 
nennen  sieh  Ghanani :  Augostin.  expoe.  ep.  ad  Rom.  18.  Bei  den  Aegyptem 


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214 


Drittes  Buch,  erster  Abschnitt. 


ist  pa  Kan'aDa  »das  Karia'aO'  N'arut'  Sildpalaeslina's,  vgl.Z.  altlest.  VVissenscIi. 
III,  308.  Der  Name  Amoriter  ''lOfei  hezeirhnet  bei  den  nordisraelitischen 
Scbriflslellern  und  ebenso  in  denaegyplischen  Inschriften  dasselbe  wie  Kana- 
'anaeer;  s.  Z.  alltest.  Win«.  I,  122  ff.  III,  300;  §.  179.  Der  Name  Aramaeer 
Sf'beint  in  Homer's''Efi£}i^'>t  vorzuliegen,  Od.  o,  84,  vstI.  Slrabo  XVI,  4,  27 :  1, 2. 
34  nr.;  Xni.  4,  6;  ob  atlcb  "Ap-ftot  II.  B,  783?  Ueber  di-  iti  Mo^op  vtamifii 
und  Babylonien  ansässigen  Aramaeerst-Immp  «.  Df:i.!T7«rn,  Tara  iies  2;j7.  257  : 
dass  die  Assyrer  den  Namen  Aramaeer  nur  von  btämmen  ösilu  li  vom 
Enphrat  }.'Hbrnii(:lien .  btnv«  i.-t  nicht,  dass  westlich  von  demselben  keit  e 
Sassen;  Damaskus  z.  B.  ist  jedenralls  s^it  den  aileslen  Zeilen  arauuiHi-cb. 
Cbotiliscbe  Eigennamen  in  den  aegypliscben  Inschriften:  Chabas,  Voy. 
d'un  Kfyi.ti.Mi  320.  WVit.  PMs  über  die  Cbeta  •  §.  2:^>7.  25r>.  287.  Völlig: 
falscli  und  l)ist(iii-ch  wcrtblos  ist  es.  whiiii  d'^r  Prif'-ter« odcx  die  Chetiter 
zu  UrbexN uiiijfrn  Südpalae^^tina's,  ppeciell  Ib-bioiis  inachl.  In  Falae^tina 
sind  sie  niemals  ansässig  gewt^en.  —  Die  jahwistische  Völkertaft-l 
Gen.  10,  15  (uiii  li^O  v.  Chr.)  kennt  nur  zwei  öoime  Kana'ans:  Sidou 
[d.  i.  Phoenikienj  und  Cliet.  Alle  anderen  Nameu  sind  Interpolation.  — 
Trotz  der  entgegenstehenden  Ansichten  der  meisten  Assyriologen  muss  idi 
ilaran  feslbalten,  diias  die  Kan.  und  Aram.  sich  nicht  nur  gescblehttich, 
sondern  auch  sprachlich  weit  nftber  stehen  als  irgend  einem  anderen 
semitischen  Stamm. 

§.  177.  Die  bebraeischen  Berichte,  aus  denen  vielfach 
die  verkehrtesten  Folg^erungen  gezogen  sind,  gewähren  uns 
gar  keine  Kunde  über  die  Völkerverhrülnisse  Syriens.  Als 
etwa  im  siebenten  Jahrhundert  die  babylonische  Fluthsage  in 
das  jahwistische  Geschichtswerk  eingelegt  wurde,  gab  man 
dem  Noah  drei  Söhne,  Sem,  Japhet  und  Kana'an,  die  Stamm- 
väter der  Hebräer  ^) ,  Philister  (?)  und  der  unterworfenen  Be- 
völkerung (Gen.  9,  18—27).  Später  wurden  dann  diese  zu 
Stamm vülern  der  gesarnmten  Mensehlieit  geinaciit,  von  Sem 
alle  den  Hebraeern  nahestehenden,  von  Japhet  die  nördlichen 
Völker  abgeleitet,  und  dem  Kana'an  Cham  als  Vater  vorge- 
schoben, von  dem  ausser  den  Kana^anaeem  die  Aegypter  u.  s.  w. 


')  »i^öbno  Sonrs«  d.  i.  »Menf?chen  mit  Namen«  scheint  die  Hobraeer 
als  ein  Ade!«j:»'schl  'clil  im  Gegensatz  zu  den  unterworfenen  Kana'anaeeru 
zu  bezeichnen  (Heusj  uu.  Alttest.  Namen).  Dkss  unter  Japhet  die  Philister 
zu  verstehen  seien,  ist  «  ine  vielleicht  richtige  Vermuthuog  WcLLUAUäSK^s 
Jahrb.  f.  D.  Theol.  XXI,  403. 


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Die  hehramsehen  Nachrichlen. 


215 


Stammen  (Gen.  10).  So  kam  es,  dass  die  engverwandten 
Hebraeer  und  Kana'anaeer  völlig  auseinander  gerissen  worden. 

DiP  Be^tandthril«.  aiH  dprjpn  fh^i),  10  zusammengesetzt  ist,  hat 
zuerst  \Vk!  I  iiAi  >KN,  Jahrb.  f.  D.  Theol.  XXI,  395  ff.  riclitiK  erkannt.  Die 
jahwislisohe  Yolkcilafel  (im  wesenllicben  v.  8—10.  21.  25—8*0  ist  als 
S.  hikieruii;;  der  um  650''600  bestehenden  VöLkervti  lialtiii.«se  von  bedeu- 
teudeiii  Wei  Ih ,  al>er  vitilacli  übprarbeilet  und  zum  Tlieil  aus  Ezechiel 
inlerpoHrt,  vgl.  Stade,  Giessener  Ludwigsprogr.  1880  über  Javan.  Noch 
spftteren  Ursprungs  und  tediglicfa  tine  NamenKste  von  problematischem 
Wertbe  ist  die  Völkettafel  des  Priealercodex  (im  wesentlicbeii  1^7.  20. 
82.  28.  81.  82).  —  Die  urapraogUehe  Versioii  des  Jabwisten  Iftast  die  ein- 
selnen  Berufsarten  von  deu  Söbneu  des  siebenten  Urmenscben,  Lameeb, 
abetamroen  (Gen.  i,  20  fiT.)  und  knflpft  hieran  unmittelbar  die  Zerstreuung 
der  VOtker  in  Folge  des  bab.  Tburmbaus  (Gen.  11,  1^9). 

§.  178.  Auch  die  Sagen  über  die  Wanderungen  der 
Patriarchen  haben  keinen  >völkergeschicht]ichen  Gehalt«.  Der 
Epoaymus  der  Hebraeer,  d.  b.  wahrscheinlich  der  >jenseit8 
[des  Jordan]  wohnenden«  ist  '£ber,  der  den  Ahnherrn  des 
Volks,  Abraham  n.  s.  w.,  selbstverständlich  voransteht.  Mit 
letzteren  aber  waren  von  der  Vblkssage  —  der  natdrlich  der 
spätere  genealogische  Zusammenhang  noch  völlig  fremd  ist  — 
längst  die  den  Floijraeorn  nächst  verwandten  Völker  verbunden : 
Abraham  und  Lot,  Isaak  und  Ismael,  Jakob  und  Edoin.  Da- 
her verschob  sich  der  Begriff  Ebers;  er  wird  Gen.  10^)  zum 
Stammvater  aller  »Semiten«.  Seinen  Namen  bezog  man  auf 
das  transeuphratensische  Land,  hier  in  Gharrän,  einer  Haupt- 
station der  grossen  Handelsronte  von  Babylon  nach  Syrien, 
suchte  man  die  Heimath  der  Ahnherrn  Israels,  sie  werden 
zu  wandernden  Aramaeem  (Deut  26,  5).  Andererseits  setzt 
die  Sage  den  Ursprung  des  Menschengeschlechts  nach  Baby- 
lonien  fSine'ar);  von  liier  aus  ündet  Gen.  11  die  Zerstreuung 
der  Völker  statt  und  auch  bei  den  Angaben  über  die  Lage  dos 
Paradieses  scheint  dem  Verlasser  Babylonien  vorgeschwebt  zu 


0  Hier  ist  er  uispranglieb  Sobn  Sem^s     21;  Arpakiad  [das  mit 

Arrapachitis  sThwerlich  etwas  zu  tbun  bat;  Dbursch,  Par.  124.  25$] 
und  delaeb  t.  2i  sind  interpolirt  au»  11,  10  ff. 


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216 


Drittes  Buch,  erster  Abachnitl 


haben.  Bei  der  Abhängigkeit  der  hcbraeischen  (und  überiiaiipt 
syrischen)  Sage  und  Cultur  von  Babylon  sind  derartige  An- 
schauungen begreiflich  genug,  ja  vielleicht  ist  die  ganze  at. 
Urgeschichte  direct  aus  Babylon  entlehnt;  aber  historische 
Dinge  sind  darin  nicht  zu  suchen. 

Auf  ähnliche  Anschauungen  wird  es  zurückgehen,  wenn 
die  Phoeniker  behaupteten,  vom  erythraeisdien  Meer,  d.  h.  au? 
Babylonien,  eingewandert  zu  sein  (Herod.  I,  1:  Vll,  89; 
Plin.  IV,  120;  Dion.  per.  905).  Die  Späteren  haben  dann, 
durch  Namensanklänge  verfiihrt,  auf  den  Inseln  Tylos  und 
Arados  im  |)crs.  Mb.  Ihre  Heimath  wiedergefunden  (Strabo  I, 
2,  :M  ;  XVI,  3,  4.  4,  27)  und  geben  auch  eine  Geschichte  des 
Zu*,'es  (Justin  XVIII,  3),  welche  neuere  Forscher  wunderbarer 
Weise  in  der  Regel  für  historisch  gehalten  haben. 

Der  Priestercodex  geht  noch  einen  Schritt  weiter  und  liast  den 
Abraham  aus  der  »chaldaeisehen  Stadt  Urc  (OHt^O  HW)  kommeo, 
Tgl.  Wellhausek,  Gesch.  I,  325;  ist  dabei  an  das  bab.  Exil  gedacht?  — 
Bekanntlich  ist  Aber  die  Herkunft  der  Phoeniker,  seitdem  Hovebs  (Z.  f. 
Philos.  u.  kath.  Theol.  1844,  Heft  2)  die  Angaben  der  Alten  verworfen 
hat,  sehr  viel  Ueberflüssiges  geschrieben  worden.  Die  Frage  ist  doch 
hier,  wie  in  allen  ähnlichen  Fällen,  nicht  ob  die  Tradition  gut  begUu« 
bigt  ist  und  historisch  denkbare  Thatsachen  enthält,  sondern  ob  der 
seltene  Ausnahmpfall  vorliegt,  dass  sie  bistori^die  Eiinnerungen  enibäll; 
und  letzteres  ist  entschieden  zu  verneinen.  VöUij^  grundlos  i.<t  endlich 
die  leider  auch  von  Lkpsius,  Nubische  Gramm,  vertretene  Gieichsettung  von 
Poeni  4>otv'.x6^:  mit  dem  aeg.  Punt  =  ]^^^  Gen.  10^  6  u.  a.,  dem  Namen 
der  Küstenlaudschaften  des  arabischen  Meerbusens  (§§.  70.  185  Anm ). 
Die  Ansichten  der  N.  ueren  s.  bei  Meltz£r,  Gesch.  d.  Karth.  I,  418  f.  i^u 
Justin  XVIII,  8  vg).  übrigens  v.  Gutscbioo,  Jahrb.  f.  cla&s.  Phil.  18S0. 2^. 

§.  179.  Die  vorhehraeische  Bevölkerung  Palaestina's 
nennen  die  nordisraelitischen  Schriftsteller  (Elohist,  Arnos) 
durchvvpf^  ^IDi^  Aiiioiiter  (§.  17()),  der  Jahwist  in  der  Regel 
"^^VjD  Kana'anaeer.  Däneben  linden  sich  rein  locale  Neunen: 
die  Bewohner  von  Jebus  hei>sen  Jebusiter,  die  von  Gibe'on 
und  Sichern  Ghiwwiter  u.  ä.  Die  deuteronomistischen  Schrift- 
steller haben  dann  alle  diese  Namen  zusammengestellt  und 
so  eine  Liste  von  sieben  Völkern  (Deut.  7,  1)  gewonnen,  die 
angeblich  neben  einander  in  Palaeslina  gewohnt  haben  sollen. 


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Die  bebraeischea  Angaben. 


217 


Noch  späteren  Ursprangs  sind  die  Erzählungen  von  Hiesen- 
T51kem,  die  ursprünglich  das  Land  bewohnt  haben  sollen,  und 
aus  denen  neuere  Schriftsteller  »halbwilde,  zur  semitischen  Rasse 
nicht  gehörige  Völkerschaften«,  die  vor  den  Kana'anaeern  und 
Plioenikern  das  Land  bewohnten,  gei nacht  haben.  In  Wirk- 
lichkeit gibt  uns  das  A.T.  über  die  Zustände  des  Landes  vor 
oder  zur  ISeit  der  hebraeischen  Invasion  gar  keine  Nach- 
rlchlen;  vgl.  §.  289. 

Ueher  «lie  sieben  VAlker  s.  m.  Aufsalz:  Kritik  tli^r  Hrrii  lit»-  ülicr  >lie 
Erobenirg  l'alaesliiia's,  in  Z.altt.  Wiss.1, 122  fr.  und  die  Narlitiiitrc  ib. III,  oOG. 
Rie-eii  (  n2"in  ^l^b^  p^yn  ^"l^b^^  kpiint  die  allere  L  eberlieCeruiig 
i'fci  lien  Piiilislern  zur  Zeit  Davi  i  s  ((luiiath  u.  «.  w.,  San).  U,  21,  15  ff.)  und 
in  Mt^bioii  zur  Zeit  d»  r  Invasion  (Nun).  13,  22;  Jud.  1.  10.  20;  s.  Z.  alll. 
Wiss.  l,  139).  Spätere  inai  tit^n  dann  die  Völker  der  Hephaileii  ((ien.15.  20; 
Jos.  17,  15)  und  'AnaqiUn  (Ins.  1;^,  21;  Jerem.  47.  5  LX.\)  darau«. 
Der  in  DeuL  2.  3  pinjjele^rh'  Coninifiitar  erzfihlt  dann,  dass  in  Moab 
und  'Amnion  ui^itöi  giicli  eir»  V'ulk  sass,  »gro^s  und  zahlreich  und  lati^,'  wie 
dif  Aiiaqsöhne  (Enaksöhne)«  dort  Zamzumiter,  hier  Emiler  genannt ;  ebenso 
waren  die  tjioriler  und  Auwiter  Vorgänger  der  Edomiler  und  Philister, 
Jahwe  rottete  bich  dieselben  aus  und  gab  den  späteren  Bewohnern  das 
Uind.  Es  ist  sehr  natQrlicb,  dass  man,  da  Hoab,  'Ammon  und  Edora 
nuh  der  Genealoge  nicht  Alter  waren  als  Israel  nnd  die  Philister  für 
eingewandert  galten  (§.  2(36).  zu  wissen  wünschte«  wer  vor  ihnen  im  Lande 
wobole;  und  da  boten  sich  die  Riesen  gans  von  selbst.  Dass  diese 
VOlker  dann  Gen.  14  (§.  136)  neben  den  Königen  von  Sodoro  und 
Gomorrha  leibhaftig  erscheinen,  ist  nur  in  der  Ordnung. 

$.  180.  Um  so  werlhvoller  sind  die  Angaben,  welche 
wir  den  Aegyptem  verdanken.  Sie  gewähren  uns  ein  klares 
Bild  der  Völkerverhältnisse  Syriens  im  15.  Jahrhundert.  Die 

Aegypler  bezeichnen  ihre  östlichen  Nachbarn  im  allgemeinen 
mit  dem  Xaineii  'Amu  d.  i.  Volk.  Sppciel!  unterschieden 
^^ie  zunächst  die  Nomaden  der  Sinaihalbinsel,  die  Mentiu 
oder  wie  sie  im  Neuen  Reich  gewöhnlich  genannt  werden, 
Sasa  (§.  108);  ein  Theil  ihres  Gebietes  wird  wiederholt  als  das 
Land  Adern  0*1H  d.  h.  Edom  bezeichnet  (so  schon  in  der 
Geschichte  Saneha's  §.  08).  Alles  Land  nördlich  von  den- 
selben bis  an  und  über  den  Euphrat  heisst  Sahi  [oder  Zalii 
'Dasselbe  zerfallt  in  vier  Theile: 


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218 


Drittes  Buch,  erster  Abschnitt. 


1)  Rutenu  d.  i.  im  wesentlichen  unser  PahiesUna.  Der 
Name  ist  indessen  begreiflicliei  Weise  von  den  Aeg-yptern 
auch  auf  ganz  Syrien  ausgedehnt  worden;  dann  uaterscheidea 
sie  Hutenu  hert  »Oberr.c  d.  h.  das  Hochland  von  PaJae* 
siina  und  Goelesyrien,  und  R.  chert  »Niederr.«  [im  Decret  von 
Oanopus  R.  abt  »Ostr.c]  d.  h.  das  Niederland  am  Euphrat, 
Nordsyrien.  —  Palaestina,  namentlich  der  Norden  de-selben, 
wird  unter  der  19.  und  20.  Dynastie  liiiufig  auch  als  »das 
Land  Amur«  d.  i.  1^^^  das  Amoriterland  bezeichnet  (z.  B. 
Lepsiüs,  Denkm.  Iii,  187  e,  1). 

2)  »Das  grosse  Land  der  Ghetac  (Lbpsius,  Denkm.  III, 
30,  7)  d.  h.  Ghetiter  in  Goelesyrfen,  mit  der  Hauptstadt  QadeS 
am  Ürontes.  In  den  Zeiten  Seti  I.  und  Remses  IL,  wo  man 
es  überhaupt  mit  den  geographischen  Ausdrut  ken  nicht  mehr 
genau  nimmt,  werden  die  Ghela  häufig  auch  zu  Kutenu 
gerechnet. 

3)  Naharina  (spr.  Naharain)  hebraeisch  D>*in3  Ql^ 
>Stromland<  d.  h.  das  Land  zu  beiden  Seiten  des  Euphrat 

[aber  nicht  Mesopotamien  I].  Hieran  schliessen  sich  die  zahl- 
reichen kktneren  Districte  Nord>yriens,  Tacliis,  U'ari  u.  a.  Sie 
werden  zusarnmengefasst  unter  dem  Naujen  »Niederrutenu«(s.o.). 

4)  Kaftu,  das  Küstenland  der  phoenikischen  Handeis- 
städte, das  von  Dhutmes  HL  in  seiner  Siegesstele  (Mar. 
Karn.  11,  16)  begreiflicli  genug  mit  Gypern  (Asebi)  zum 
West  lande  gerechnet  wird.  Seine  Bewohner  hiessen  Fenchu, 
ein  Name,  der  sich  semitisch  nicht  nachweisen  lässl,  aber 
unzweifelhaft  das  Prototyp  des  griechischen  <i>oiyix6(  ist. 

Allgemein  werden  die  Kana'anaeer  unter  dem  Namen 
Gharu  zusammengefasst.  Ueber  das  weiter  nördlich  gelegene 
Land  Qedl  s.  g.  231. 

Im  allgemeinen  vgl.  Ebers,  ZDBf.  XXX.  394.  Von  Obermtena 
besitxen  wir  ein  Veneichniss  von  119  Orten  in  S  Ck>pien.  an  das  sich 
eine  weitere  Lisle  yon  Aber  200  anderen  syrischen  Orten  anknflpft: 
Haristt£,  Kamak  pl.  17^21  [dam  GoUitacHErF,  ÄZ.  1889,  Taf.  $.  6], 
behandelt  von  de  Bouci,  RAn.  IV;  HAtuETTE,  Lea  liste«  g^ogr.  des 
pylönes  de  Karnak  1875 ,  mit  Atlas,  und  anderen,  am  besten  von 


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Ute  aogyptisebea  Angabtii. 


21!) 


Maspsbo,  IZ.  1879,  M;  1881,  IM  Hl  Die  Hehnabl  der  Namen  elnd 

—  troU  sahlloeer  ttomethodiaeher  CombuneÜoiien  —  Dicht  ideDtiflclrt. 

—  ^'ieder^.  ist  gewiss  niilit.  wie  Ehkhs  anaabm,  PhoenicieOf  eondern 
das  Gebiet,  wo  Amenenih  l)  vor  allem  gekämpft  hat,  das  ist  aber 
Naharain.  Letzteres  ist  wie  hehr.  D'^^ni  Locativ,  nicht  Dual.  Zu 
beachten  ist,  dass  Ramses  II.  das  Gebiet  von  Tunip  (§.  220)  zu 
Naharain  rprhrif't:  BRur.scn,  Ree.  54.  2,  4.  7.  —  »Das  Land  Charu 
reicht  von  Saiu  (TanisV)  bis  Aupa«  paj».  Anai-t.  11!.  1,  10  hfi  Chabas, 
Voynpre  97.  Der  District  Aupa  ist  nidit  ^'eiiaupr  bekannt,  imiss  aber  im 
Korden  von  I 'alaeMliua  gelegen  habt  n.  —  Idj  bemerke  iKX'b.  'las  Sat<*l 
das  »Barbarenlandc  im  allgenieiueit  be,£eiciinet,  ebenso  Asien  wie  Nubifii, 
und  daet  der  arsprflnglich  von  den  Bewohnern  der  Sinaihalbioael  ge- 
brauchte Name  Hentia  [nicht  Henau!]  aaf  alle  AualAnder  fiberlragen 
wird.  —  Zahlreiche  ayrieebe  Orte,  z.  Th.  mit  gans  kiwsen  Besehrei* 
bungen,  werden  im  Pap.  Anastael  I  (unter  Ramses  II.)  genannt»  fihers. 
mit  Gomnientar  von  Gbabas,  Voyage  d*iin  ^syptien  en  Syrie  etc.  1866: 
dagegen  Bia  iwcH,  Critique  und  Geech.  Aeg.  554  IT.  Die  eigentliche  Ten- 
denz des  9ebT  dunkel  geacbriebenen,  an  Semitiemen  Qberreichen  Briefes 
Ist  noch  siemlieh  unl^iar, 

Anfänge  der  Assyrer. 

§.  181.  OestWch  von  den  syrischen  StSmmen,  in  den 
Landscliaficn  am  iij^'ris  von  den  armenisch -kurdischen  Ge- 
birgen iH-s  an  den  unteren  Zah,  der  die  Grenze  gegen  lia- 
hylonien  bildol,  hat  «ich  ein  Zwei^^  desjenigen  semitischen 
Stammes  niedergelassen,  der  auch  in  Babyionien  einge- 
drungen ist.  Während  derselbe  sich  hier  mit  der  alten  Be- 
▼ölkenmg  mischte,  tritt  er  ans  in  den  nördlicheren  Landen, 
dem  spftieren  Assyrien,  rein  entcfegen.  Bis  in  welche  Zeit 
ihre  Ansiedelung  in  diesem  Oebiete  hinaufireicbt,  wissen  wir 
nicht  König  Sargon  (722 — ^705  v.  Chr.)  spricht  in  seiner 
Cylinderinsrlirift  von  850  Königen,  die  vor  limi  auf  dorn 
Throne  Assur's  gesessen  häth'n.  wobei  jedenf;dN,  wie  immer 
in  .solchen  Fällen,  die  Herrscher  der  mythischen  Urzeit  mit- 
gerechnet sind.  Siciierer  ist,  dass  wie  in  Babyionien,  .so  auch 
hier  die  CultusstrdU  n  der  Ausgangspunkt  städtischen  Lel)ens 
und  staatlicher  Bildungen  gewesen  sind.  So  östlich  vom 
Tigris,  in  der  Ebene  zwischen  dem  grossen  und  kleinen  Zab, 


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^0 


Drittes  Bncli,  anter  Abwbnitt 


die  »ViergOttefstadt«  Artmil  (gr.  Arbela),  in  der  vor  altem  die 
Utar  ▼erehri  wird,  und  westlich  vom  Tigris,  da  wo  jetzt  der 
Tröramerhögel  von  Qarat  Sergha  liegt,  die  Stadt  des  Gottes 

Assür.  Dcr?ell)e  ist  in  der  babylonischen  Mytholou'io  lediglich  eine 
kosmogonisclio  Gestalt;  er  gehl  mit  Kisar  der  ^ros-en  Trias  Anu 
Bei  Ea  (§.  löu)  unmittelbar  voran.  Hier  nbn-  wird  or  nach 
semitischer  Weise  zum  eigentlichen  Nalionalgott,  nacli  (iem  Land 
und  Volk  sich  nennen,  der  den  zwölf  Göttern  (§.  149)  voran- 
geht wie  der  alte  II,  der  sein  Volk  zu  Kampf  und  Sieg  führt« 

Der  Name  4ee  Gottee  und  der  Stedt  AHAr  wird  mmeriseb  (id«o- 
graphisch)  auch  Auiar  gesehrieheD,  ao  I R.  6. 1.  Delftzsch,  Parad.  252  ff. 
leitet  den  Gottesnamen  vom  Landeanamen  ab,  was  mir  wenig  wahr* 
tebeinlieh  lat. 

§.  182.  Die  Stadt  As«?ur  (Assur)  ist  der  Ausgangspunkt 
des  Staates  und  Vo!ko^  rlor  Assyrer.  Als  urältesie  Herrscher 
nennt  iiier  Künitr  natuannirüri  III.  (811 — 782)  den  Belkapkapu 
und  Sulili  (I  H.  35,  3);  ähnlich  bezeichnet  sich  Sanherib  als 
»Nachkommen  des  Belbäni,  des  Sotmes  des  Adasi,  des  alten  Er- 
oberers c  (Smith,  ÄZ.  1869,  9$),  Genaueres  erfahren  wir  zuerst 
über  Samäiramdn  (I.),  den  Sohn  des  lämidagan,  der  641  Jahre 
▼or  Tiglatpileser  L,  also  um  1760  v.  Chr.  dem  Anu  und  Ramän 
einen  Tempel  baute.  Von  einem  Tempel,  den  ein  anderer  König 
dieses  Namens  dem  Assur  errichtete,  sind  uns  noch  Backsteine 
erhalten;  ebenso  hat  er  in  der  Stadt  NInua  am  linken  Tigris- 
ufer, die  wir  nach  der  falschen  masoretischen  Voealisation 
Ninive  zu  nennen  pflegen,  ein  Heiiigthum  der  Islar  gegründet. 
Er  führt  ebenso  wie  seine  nächsten  Nachfol;^er,  von  denen 
Iriamtuk  (V)  auf  Backsteinen  vorkommt  (I  A.  6,  2),  noch 
den  alten  uns  aus  Babylonien  bekannten  Titel  iiakkn  (sum. 
patesi,  s.  §.  134);  mindestens  seit  dem  Anfong  des  15.  Jahr- 
hunderts tritt  an  seine  Stelle  der  Rönigstitel.  Mit  Babylonien 
besteht,  wie  sclion  aus  diesen  Andeutunfr«  n  liervorgelit,  fort- 
wrdirend  der  innigsfi?  Zusanunenhan^ :  die  ge.-^antuile  GuHur, 
die  Religion,  tlas  Staatsleben  der  Assvicr  ist  einfaeh  von  dort 
herübergenommen  —  ich  erwähne  noch,  dass  auch  in  Assyrien 
die  priesterliche  Stellung  des  Königs  (§.  130)  durchweg  betont 


AnOnge  der  Awynr.  Ahm  der  syrieelieii  Golttir.  221 

wird.  Genaueres  über  diese  Besiehungen  oDd  das  allinSliliehe 

Emporwachsen  der  assyrischen  Macht  wird  uns  indessen  erst 
bekannt,  seil  um  1450  v.  Chr.  die  Angaben  der  synchroni- 
schen  Tafel  (§.  141)  beginnen. 

Zu  Isriiidagan  vgl.  §.  1B8"  Anin.  —  §amsiram:Vn :  I  R.  G,  1.  [N'ach- 
Iräglich  rnaclit  Dr.  Hii.rntcin  mich  darauf  aufriierksaiii ,  dass  der  hier 
gfinannte  König  deutlich  »Sohn  des  Belkapkapuc  genannt  wirdj.  Apnalen 
TiglalpiL  I  col.  7,  60  ff.   Smith,  Assyn  Discov.  S.  248,  249. 


n.  Handel  und  Cnlttir  der  syrischen  Lftnder. 

Oer  Laii«lhamiel  Syriefit  und  Arabiens. 

§.  183.  Bis  in  welche  Zeit  die  Eatwickelung  einer  höheren 
Gultur  in  Syrien  hinaufreicht,  Termögen  wir  nicht  mehr  zu 
erkennen.  Die  Angabe  des  Jahwisten,  »Hebron  ist  sieben 
Jahre  vor  §o'an  (Tanis)  in  Aegypten  gebaute  (Num.  13,  22), 
steht  far  uns  TÖllig  ohne  Beziehung  da.  Die  einzige  in  dieser 
Frage  überhaupt  verwerthbare  Notiz,  die  Angabe,  dass  die 
tyrischeo  Alelqartpriester  die  Gründung  von  Stadt  und  Tempel 
um  2750  V.  Chr.  ansetzten  (Ilerod.  II,  44),  beweist  aller- 
dings, dass  die  historischen  Erinnerungen  von  Tyros  weit 
hinter  denen  von  Aegypten  und  Babylon  zurüclLstanden ;  in- 
dessen haben  wir  kein  Recht,  diese  Folgerung  auf  ganz  Syrien 
auszudehnen.  Die  aegyptiscben  Monumente  zeigen  Syrien  um 
1500  V.  Chr.  im  Besitee  einer  hochentwickelten  Gultur,  und 
nichts  hindert,  ein  Gleiches  bereits  für  die  Zeiten  des  Alten 
Rdches  anzunehmen.  Jedenfalls  waren  schon  in  dieser  Zeit 
die  .syrischen  Stämme  die  Vermittler  zwischen  Aegypten  und 
Babylon  (vgl.  §.  1 58),  und  wenn  der  Pajjyrus  Ebers  (1550  v.  Chr.) 
ein  Augenrecept  erwähnt,  das  von  einem  *Amu  aus  Kepni, 
d.  i.  wahrscheinlich  ßyblos  (Geb AI)  verfasst  sei,  so  zeigt  dies, 
dass  auch  ein  reger  geistiger  Austausch  zwischen  Syrien  und 
Aegypten  in  der  Hyksoszeit  bestand.  Dass  andererseits  die 
babykmiscben  Angaben  schon  Saigon  nach  Syrien  vordringen 


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222 


Drittes  Bocb,  BW«iter  Aiwcfanitt. 


lassen,  und  die  elamitiscben  Herrscher  ihre  Macht  jedenfalls 
mindestens  über  Syrien  ausgedehnt  haben,  ist  früher  berichtet 
(g.  187);  den  tiefgreifenden  Einfluss  dieser  Verbindung  aof 
die  GulturTerhfiltAisse  werden  wir  später  zu  verfolgen  haben. 

§.  1B4.  \\  1*  -clion  bfiiioi'kt,  beruht  die  Cultur  und  die 
weltf^P5?chichlli<  }ie  Bedeutung  dei-  syrischen  I-änder  vor  altt-in 
auf  dem  Haiidei.  Ein  directer  Handelsverkehr  zwischen  zwei 
entfernten  Gebieten  entwickelt  sich  unmer  erst  spät  und  hat 
während  der  ganzen  älteren  Zeit  z.  B.  zwischen  Aegypten 
nnd  Babylon  schwerlich  bestanden.  Die  ältere  Form  des 
Verkehrs  ist  überall  der  Zwischenhandel,  bei  dem  die  Waare 
von  Hand  zu  Hand  geht  und  dadurch  Im  Preise  ungeheuer 
steigt.  Die  Gentron,  in  denen  die  W'aaien  au<;/etauHclit  werden, 
sind  die  f^o?;sen  syrischen  Städte.  Die  ilaupiliandelsronte 
führt  von  Ae^rypten  durrji  dn?  Ilochlnnd  von  Palao?tina  oder 
längs  der  Küste  ins  OrontedLhal  und  von  da  an  den  Kuphrat. 
Die  Städte  Qades  im  Lande  der  Cheta,  auf  einer  Insel  im 
Orontes  gelegen  (südlich  von  Emesa),  Hamät^  Ohaleb  (Aleppo), 
EarkamlS  bezeichnen  ihren  Gang.  Bei  der  letzteren  Stadt, 
die  höchst  wahrscheinlich  in  den  neuerdings  bei  Djeräbts 
(d.  I.  Europos)  nördlich  Ton  Mabbug  (Uierai)olls  Bambyke) 
entdeckten  Ruinen  zu  suchen  ist»  erreicht  die  Strasse  den 
Euphrat  und  ^eht  von  hier  durch  die  nordmeaopotamische 
Ebene  über  Cliarrän  und  Nisihi«  (Nesil)),  daneben  Wold  uu<  h 
am  ChaboraB  entlang  und  dann  durch  die  Stepponlandschall 
von  Sangara  an  den  Tigris.  Zum  directen  Verlcehr  mit  Ba- 
bylon mag  auch  die  langwierige  und  beschwerliche  £uphrat- 
route  (vgl  Herod.  I,  194)  benatzt  sein;  dagegen  schehtt  der 
directe  Handelsweg  durch  die  Wüste  von  den  Kaufleaten 
selbst  erst  in  hellenistischer  Zeit  In  grösserem  Umfang  benutzt 
worden  zu  sein. 

Die  gangbare  Anriebt,  wdcli«  die  HandelerMta  viel  weiter  sOdlidi 
an  öm  Eupbnt  oder  gar  durch  die  Wfisle  gehen  iässt,  ist  falsch.  Sie 
beruht  vor  allem  auf  der  flrflberen  ganz  willkürlichen  IdentißciriiBg  Ten 

Karknmis  und  Kirkesion  und  auf  der  Annahme,  das?  Palmyra  eine 
alte  Stadt  sei.  Letsteres  ist  aber  vor  der  Seleuiüdeiueit  nicht  nachweisbar 


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Der  Handd  Syriens  und  Arabiens. 


22S 


(Chran.  n,  6*  4  wo  Tedmor  d,  i.  Patmytt  für  Tamar  in  der  WOste  Jodn 
Reg.  I,  9,  18  gef&ldcht  ist)  und  erst  doreh  die  politischen  Verhältnisse 
dtf  Rtaiefieit  in  Bedeutung  gelangt  als  neutraler  Handelsplatz  zwischen 
dem  römischen  und  parthisclien  Rf>i(  h.  Aocii  Thapsakos  kommt  zuerst 

in  der  Perserzeit  (Reg.  I,  5,  4  nCSr)  ^'o'"-  —  Lafc'«  der  Cheliter- 
stult  Qadei  (auch  Sam.  II,  24.  t>,  LXX)  ist  zufr^t  von  Rrursch,  Geogr. 
Inschr.  II,  21  f.  nachgewiesen  worder),  Ueher  Kurkam is  Tgl.  Maspero, 
De  Gare,  oppidi  situ  1872.  Die  Ruiueu  von  Djeräbte  bat  G.  Smith  1876 
entdeckt,  s.  Delitzsch,  Farad.  265  H. 

g.  185.  In  der  Wäste  Termitteln  die  Waodentiünme  de» 
Handel,  stellen  die  Transportmittel,  esoortiren  die  Karawanen, 
und  leben  daneben  Tom  unzertrennlichen  Begleiter  des  Han- 
dels, dem  Raube.  So  ziehen  zur  Zeit  des  israelitischen  ICöntg^ 

tliunis  isma'elilisclje  und  midianitische  Karawanen  vom  O.^t- 
jordanlande  nach  Aegypten  (Gen.  37,  27  Jahw.  :\7,  28  Eloh.), 
und  ebenso  zweifelsohne  andere  durch  die  grosse  syrische 
Wüste  (hebr.  Ghawila)  nach  Babel.  Wenn  es  Gen.  2,  11 
heisst,  im  Lande  Ghawila  sei  gutes  Gold  und  Bedolach  und 
der  Schohamstein,  so  sind  dies  keineswegs  einheimische  Pro* 
diiete  des  Landes,  sondern  sie  wurden  den  Hebraeem  durch 
die  Stämme  der  syrischen  Wülste  vtm  Osten  «und  S€den  zu- 
geführt. Seit  den  ftltesten  Zeiten  spielt  naroentiich  Sfidarabien 
in  der  Handelsgeschichte  eine  hochbedeutende  Rolle,  in  Jemen, 
dem  Lande  der  Sabaeer  und  lihnjaren,  fand  sich  im  Allerthun) 
Gold  in  reichen  Massen,  ebenso  weiter  nördlich  in  der  Küsten- 
landschaft  Tihäaia.  Vor  allem  aber  ist  es  der  Weilirauch, 
den  Jemen  und  die  gegenüberliegende,  durch  Kähne  leicht  zu 
erreichende  afrikanische  Küste  produciren,  und  zwar  allein 
produciren,  der  dem  Gebiet  am  Südende  des  arabischen  Golfes 
eine  eminente  commerdelle  Bedeutung  verleiht  Seit  uralten 
Zeiten  sind  die  Specereien  Sudarabiens  exportirt  worden  — 
nach  Aegypten  jedenfalls  schon  in  der  Pyramidenzeit  —  und 
die  EntlegLniicit  des  schwer  zuj,'anglichun  Landes  trug  nur 
Dueh  mehr  dazu  liei,  die  Vorstellungen  von  dem  Reichthuni 
desselben,  des  »Götterlandes«  Punt  der  Aegypter  (§.  70),  ins  . 
unendliche  zu  steigern.  Im  aligemeinen  wurde  dieser  Handel 
▼DU  Stamm  zu  Stamm  betrieben,  die  Küstenschiffahrt  auf 


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224  DfittM  Buefa,  sweiter  Absefanitt. 

kleinen  Käbnen  lag  gans  in  den  fl&nden  der  Eingebofnes. 
Wir  haben  gesehen,  wie  dann  unter  König  S*anchkara*  die 
Handelsstrasae  von  Aegypten  ans  rotbe  Meer  [wieder?]  eröfihet 

wurde  (§.  96,  v>,l.  ^.  98)  und  werden  die  weitere  Entwicke- 

lunp:  direcler  Beziehungen  zwischen  denn  Pliaraon«  nlande  und 
Puiit  sj)ator  zu  verfolgen  habeij.  In  Syrien  ist  wie  später  so 
wahrs(  lu'iiilicli  schon  in  den  älitslen  Zeiten  Damaskus  der 
Haupt  Stapelplatz  des  arabischen  Handels  und  Ausgangspunkt 
der  Karawanoistrassen, 

Ghawlla  Ist  nach  Gen.  85,  18  (a.  Wellhadbot,  Xahrb.  t  Deutieh, 
TheoL  XXI,  410)  >  Sam.  1,  1$»  7  [vgl.  indanen  WaxHicsBir,  Text  der 
B.  Sam.  97]  die  syriach- nordarabische  WAetej  Gen.  10,  29  (Jabw.), 

10.  7  (Priestercod,)  und  2,  11  fT.  (Jahw.)  ist  natürlich  dieselbe  Localität 
*  gemeiiif;  vgl.  Dklitzsch,  Parad.  58  f.  —  lieber  den  GqJdreichlhum  d€S 
südwestlichen  Arabiens  im  Alterllmm  genOpl  ps  .inf^^rPFNfrrR,  AU*"  Geogr. 
Arabiens  51  ff.  und  SoETRFEn,  Das  (ioUlland  (ipliir.  in  VierteljÄhrsschr. 
für  Volkswirtbochafl,  Politik  und  Cnllurirescli.  LXVlll  1880  zu  verwei^pft. 
Da*4>  i'pliir  lu  SOdarabien  zu  suchen  iät,  schpint  mir  unxweifelball. 
Gegenwärtig  scheint  das  Gold  hier  erschöpft  xu  &yin.  Neuerdings  will 
BoRToir  (The  Goldnaines  of  Midian  1878  und  The  Land  or  Midian 
Terinted,  2  voll.  1879)  in  dem  von  ibro  [mit  Ümecht]  Midian  genannira 
nordweallieben  Arabien  anteer  Kupfer  auch  Gold  und  Silber  nacbfewieaea 
babra  i  in  grdMeren  lUMen  ist  es  indenen  bier  sebirerllcb  je  voigekomm^ 
—  Ate  Tribate  von  Font  nennen  die  Annalen  Dbutmes  III.  ($.  219) 
Weihrauch,  Gold  and  Sklaven.  Dass  ^a'i^epsa  (§.  218)  von  dort  aoeb 
seltene  Pfl  inTpri  und  Thiere  holen  liess,  die  zum  Theil  nur  an  der  afri- 
kanischen Koste,  nicht  in  Südarabien  heimiscd»  sind,  wie  die  Giraffe,  ist 
sphr  hepreiflich .  da  flu  Verkeiir  zwischen  beiden  Küsten  jedenfalls  zu 
allen  Zeilen  bestand.  —  Leber  die  VölkerverhriUnisse  .Tmpni's  s.  M<iiu>t- 
MANN  ZDM.  XXXr,  61  ff.  D.  H.  Mi  ii  Kn,  Diu  Burgen  und  Schlösser  Süd- 
arabiens Ii,  in  Ber.  Wiener  Ak.  1Ö8Ü,  Bd.  97. 

%.  186.  Weit  schwieriger  ist  es,  Qbor  den  Verkehr  Ba- 
byloniens  mit  Sfldarabien  zu  sicheren  Resultaten  m  gelangen. 
Die  zahlreichen  DenkmSler  Jemen's,  Ton  denen  die  ältesten 

mindestens  etwa  ins  fünfte  Jahrhundert  und  vielleicht  noch 
höher  hinaufreichen,  zeigen  einen  Kunststil,  der  in  ent- 
schiedener Abhängigkeit  von  dem  babylonischen  steht;  unter 
den  Goltheilen  der  Sabaeer  werden  der  Mondgott  Sin  und 
der  Gott  *Atthar  —  eine  Umbildung  von  Btar  eUrig 


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SOdafabtoebcr  und  indiselwr  Bändel. 


225 


Tierehrtt  die  beide  wie  es  sdieint  nraprönglich  dem  eumeri» 
sehen  Pantheon  entstomnieo«  Beides  deutet  auf  alte  Ver- 
bindungen mit  Babylon.    In  den  keilschriftlichen  Denkmftkm 

gibt  es  meines  Wissens  bis  jetzt  keine  Belege  für  diesen 
Verkehr.  Derselbe  kann  nur  auf  dein  Land\M  w ,  durch 
Karawanen  vermittelt,  stattgefunden  haben.  Denn  es  steht 
völlig  fest,  dass  von  Babyion  aus  niemals  Seehandel  betrieben 
worden  ist,  sowohl  durch  ausdrückliche  Angaben  der  Inschriften 
(s.  ÜBUTzscH,  Parad*  S.  76.  99),  als  auch  durch  den  Umstand, 
dass  Alexander  von  Babylon  aus  Expeditionen  zur  ISrfor- 
schung  d&  arabischen  Küste  aussandte,  was  vOlUg  überflCUisig 
war,  wenn  babylonische  Eauffahrer  hier  Handel  tridien.  Im 
ganssen  Bereiche  des  indischen  Oceans  beginnt  ein  umfassender 
directer  Handel  erst  in  hellenistischer  Zeit  sich  zu  entwickeln 
und  ist  zu  voller  Entfaltung  erst  in  der  Homerzeit  gelangt, 
§.  187.  Endlich  ist  die  Frage  über  die  Beruhrungen  mit 
dem  fernen  Osten  zu  erwähnen.  Dass  Babylon  ein  Markt- 
platz für  die  Waaroi  nicht  nur  des  Wo-tens  und  Südens 
gewesen  ist,  sondern  auch  nach  Iran  Landhandel  tridt>,  ist 
unzweifelhaft.  Die  Galtur  WeetiranB  st^t  wie  die  Susiana's 
ganz  unter  babylonischem  Einflnss,  und  wenn  In  den  Tribut* 
Usten  D^utmes'  IIL  unter  den  Gaben  der  Könf||^  von  Assyrien 
und  Sangara  neben  anderen  Sorten  von  Lapis  lazuli  (chesbed) 
zweLuiai  auch  *güiei  Blaustein  von  Uabcl  (aeg.  ReberV  auf- 
geführt wirtl ,  so  ist  derselbe  nicht  in  Babylonien  heimisf  h, 
sondern  importirt,  wahrscheinlich  aus  Baktrien.  Ferner  kennen 
schon  die  noch  im  Siebenstromland  ansässigen  Inder  der  vedi- 
schen  Zeit  die  babylonische  Mine  (ind.  manä)  als  Gewichts- 
einheit für  das  GokI,  und  auch  die  babylonische  Eintheilong 
des  llondlaufs  in  Nachtstatlonen  ist  fKlh  zu  ihnen  gedrungen. 
Indessen  mehr  als  durch  Zwischenhandel,  und  zwar  auf 
dem  Landweg,  vermittelte  Beziehungen  sind  daraus  nicht  zu 
folgern.  Dagegen  scheinen  die  Sabaeer  schon  in  sehr  alter 
Zeit  in  directem  oder  indirecteni  Seeverkehr  mit  den  indischen 
Kü5?tenlaüden  gestanden  zu  haben ;  wie  in  der  römischen  Zeit 
wagten  sie  sich  mit  iliren  leichten  Kähnen  weit  hinaus  auf 

II e7«r,  0««obi«ht«  des  Allertbums.  L  15 


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226  IMttes  Bueb,  iwuter  Abflobniit. 

daa  Heor.  ünter  den  Producten,  die  SalcMno  aus  Ophir  holen 
lAast,  findet  sich  der  aus  Indien  Btammende  Pfau,  und  der 
Name  der  von  Qtf  tlepen  auB  Punt  und  von  Salomo  ans  Ophir 
geholten  Paviane,  aegyptisch  gafa,  hebraench  qof  (Sjlp),  so- 
wie das  grie(^che  xf^ico?  sclieint  dm  indischen  ksLpi  »Affe« 
zu  entstaniHicn,  ' 

Ueber  riianä  und  die  Mondslationen  ZjMxint,  AlUndiscliesä  Lehen 
S.  55.  854  ti.  ZiMMKR  liält  mit  vielen  Anderen  auch  die  indische  Fluth- 
sage  fOr  eine  Entlehnung  aus  Bahylonien  (S.  101),  was  mindestens 
nicht  bewiesen  ist.  Ueber  die  indischen  Thiernamen  e.  Hommbl,  Sftage- 
thiere  bei  den  SQdsemiten  passim.  Auch  das  Wort  D^"*2n  Pfauen 
•oU  dekfauiMi  stin.  S«br  miiflkUaid  isl,  dus  die  Aetluopeii  den  Ele- 
pbanten  nag6,  die  Inder  Dftga  Hernien.  —  kh  bemerice  noeb,  da»  die 
lienüiGb  rohen,  in  e^gTpUecbeii  Gifbem  geftmdenen  Poroethmgeflen  mit 
ebineeiteber  AoiSwbrfft  (Wilkduom,  Mannere  tnd  Gaetoms  III,  106  it; 
ebenso  in  Ninive,  Lataro,  Nin.  «nd  Beb.  270)  nacb  einer  freundlichen 
HitÜieilang  des  Herrn  Prof.  v.  n»  Qabelentz,  soweit  sich  nach  der  Pnbli- 
cation  url heilen  lässt,  nicht  aus  vorchristlicher  Zeit  stammen  können.  — 
Ueber  den  Ilantlel  der  Araber  mit  Indien  in  späterer  Zeit  s.  ror  allem 
den  peripl  rr  r.  i'>ytbr.  Die  gaü  kommen  nach  EaiiAH  schon  im  AJÜ. 
als  Schoost  hiere  vor. 

■  §.  188.  In  den  grossen  Handelsplätzen  Vorderasiens,  wo 
die  Waaren  der  verschiedensten  Stftmme  gegen  einander  um- 
gesetzt  werden,  entwidceln  sich  die  allgemeinen  Orundlagen 
•  des  Handelsverkehrs.  W&hrend  in  primitiven  Yerhiltnisseo 
mmst  der  gesachteste  mid  allgemeinste  Handelsartikel,  das 
Vieh,  den  Werlhmesser  bildet,  tritt  hier  das  Bedürfniss  nach 
einem  bequemeren,  homogenpren  imd  Prcis^chwanknnpen  niö?- 
lichst  wenig  untorworf-nen  Maassstal  e  iu  rvor.  AU  solches 
bieten  sich  die  Edeigesteine,  speciell  Smaragd  und  Lapis  lazuli, 
die  JMide  namentlich  i>ei  den  Aegyptern  in  hohem  Ansehen 
standen,  vor  allem  aber  die  i)eiden  Edelmetalle.  Diese  haben 
den  Vorzug,  dass  sie  selten  genug  sind,  um  emen  betrftcht- 
lidMO  Werth  zu  reprftsentiren,  dass  sie  leicht  in  Jede  beHefalge 
Form  gebracht  und  bequem  nachgewogen  werden  können. 
ÜrsprAngücb  ist^  so  scheint  es,  das  Silber  das  seltenere  und 
theurere  Metall  gewesen;  daher  gehl  es  in  df  n  stereotypen  Aul- 
zaJiiungen  der  Aegypter  wie  spuler  der  assyrischen  Könige  regel- 


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Die  Edelmetille.  Maass  und  Gewicht. 


227 


massig  dem  Golde  voran.  Gold  wurde  seit  uralter  Zeit  In  grossen 
Massen  in  Sfldarablen  nnd  in  den  Goldbergwerlcen  Nnbiens,  da- 

rif'Lu  n  an  /ahlroichen  Stellen  an  der  Erdoberflüche  oder  als 
Waschgold  in  Flüssen  gefunden,  während  Silber  sich  in  Asien 
und  Aegypten  nnr  weni«T,  nnd  zwar  meist  mit  Gold  vermischt 
als  Elektrum  (aeg.  asem)  findet.  Die  Möglichkeit,  dass  es  iu 
Vorderasieii  in  älterer  Zeit  Silberminen  gab,  die  später  er- 
sehdpft  waren  und  bis  jetzt  nicht  wiedergeAinden  sind,  ist 
allerdings  nicht  ausgeschlossen.  Jedenfolls  muss  schon  früh 
der  Preis  des  Silbers  bedeutend  gesunken  sein;  lange  Zeit 
hindurch  gilt  für  die  Rechnung  die  Annahme,  dass  das  Gold 
zehnmal  so  theuer  sei  als  das  Silber,  und  später  ist  letzteres 
noch  weiter  gefallen.  Zn  der  Entwerthuny  des  Silbers  hat 
jedenfalls  die  Erschlit -suti-  di  r  spanisclien  Bergwerke  durch 
die  Piioenikcr  beigeUu^'en,  aber  schwerlich  hat  sie  allein  den 
gewaltigen  Umscliwung  hervorgerufen.  So  lange  die  geologi- 
schen Verhältnisse  Vorderasiens  noch  so  wenig  erforscht  sind 
wie  gegenwärtig,  wird  die  Frage,  woher  die  Hauptmasse  des 
im  alten  Orient  cursirenden  Silbers  stammte,  nicht  beant* 
wortet  werden  kennen. 

Im  aligeraeinen  s.  Röokh,  Metrolog.  Untersuchungen  18Gä ;  Bkandi^, 
Des  Utmi',  Maaae-  imd  Gewiehtssy^tem  in  Vorderasien  bis  auf  Alexander, 
1866;  MoMwai,  Oeeeb.  det  töm,  Hflitswetei»,  Einleitiing;  Lmn»,  Die 
Metalle  in  den  aeg.  Inaeturiflen»  Abb.  Berl.  Ak.  1871;  Gbasas,  litudee  enr 
renUqQiM  hittoriqoe  1878  und  jetst  Hqltsch,  Grieeb.  nnd  lOm.  Metrologie 
2.  Aufl.  1888,  vor  allem  S.  874  ff.  898  ff.  Eines  selhsULndigen  Uiibeile 
Aber  die  einschlagigen,  nngemein  Terwickelten  Fragoi  muss  ich  mich 
enthalten.  —  Ferner  Movbrb,  Phoeniner  II,  3  (Handel  und  Scbiffahrt) 
und  die  Zusammenstellungen  von  Mfi.tttr.  Gesch.  der  Karthager  Cap.  I. 
—  Dass  die  Aegypter  das  Silber  erst  später  kennen  lernten,  geht  auch 
daraus  hervor,  dass  sie  für  dasselbe  keinen  eigenen  Namen  haben,  son- 
dern es  »Ueissgold«  |nub]  hes  nennen.  Gegen  die  Annahme,  dass  zu 
Aniang  des  Neuen  lieichs  das  Silber  das  werthvoUere  Metall  war,  hat 
Ebibs,  ZDM.  XXXI,  464  sehr  beachtenswerthe  Einwände  erhoben.  — 
Die  Behenptong  Reg.  I,  10,  21  iet  naassloee  Uebertreibnng. 

§.  180.  In  derselben  Weise  vollzieht  sich  eine  Aus- 
gleichung der  Maasse  zwischen  den  Gulturvölkern.  Die  aegyp- 
tische  kdDigliche  £lle  tod  0,525  m,  welche  schon  den  Bauten 


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228 


DritlM  Buch,  xwvitar  AbwhniU. 


der  Pyramidenzeit  zu  Grande  liegt  —  neben  ihr  ist  eine 
lüeinere  Elle  von  0,450  m  im  Gebrauch  »  ist  tdentisdi  mit 
der  Imbylonischen  und  wobl  unzweifelhaft  Ton  Aegypten  aus 
auf  (las  ^'t'sammle  vorderastatische  Handelsgebiet  übertragen. 
Die  UnterabÜieilunpren  sind  begreiflicher  Weise  hei  den  ein- 
zelnen Völkern  verschieden,  in  Ae^'vpten  zerfallt  sie  in  28  Finger, 
in  Babylonien  in  ö  Paluien  mit  24  i  ingern;  daneben  besteht 
hier  wie  gewöhnlich  eine  Sexagesimaleintheilung.  Auf  dem 
Gebiete  der  Hohlroaasee  und  Gewichte  ist  eine  derartige  Be- 
ziehung bis  jetzt  wenigstens  nicht  erkennbar.  Trotxdem  mnss 
dieselbe  wenigstens  för  die  Hohlmaasse  vorhanden  gewesen 
sein,  da  dasselbe  Wort  »hint  im  Aegyptischeo,  Hebraeischeo 
und  Phoenikiscben  die  Ifaass^nheft  bezeichnet,  wenngleich  der 
liihali  derselben  bei  den  verschiedenen  Völkern  verschieden 
war.  Bei  den  Gewichten  herrscht  in  pranz  Vorderasien  ein 
von  Bal)yit)nien  ausgehendes  System,  das  mit  dem  aegypti- 
schen  keine  Berührungen  hat.  Em  Talent  zu  60  Minen  bildet 
überall  die  Grundlage  —  wir  haben  gesehen,  dass  die  M'm^ 
als  Goldgewicht  sich  auch  in  Indien  findet  wfihiend  die 
weitere  Eintheilung  (in  50  oder  60  ieqel  »  atwtifp)  und  die 
Normirung  des  Gewichts  theils  loeal,  theils  nach  der  Waare 
schwankt  Namentlidi  für  die  Edelmetalle  entwickeln  sidi 
neue  auf  dem  Werthverhftltniss  des  SÜbem  und  Goldes  zu 
einander  beruhende  (iewichtsscalen. 

Ueber  die  aegjpüsche  Elle  8.  vor  allem  Lepsius,  Abb.  Berl.  Ak.  1865. 

Ueber  die  babylonischen  Maasse  Opfert,  L't^talon  des  m^som  assyiiennat 
Joum.  as.  M,  20.  157  fl". ;  VII.  4.  417  ff.:  Iji  sns.  Die  bab.-assyr.  Längen- 
maas?e  nach  der  Tafel  von  IS«  til '  r«-!),  Ahh.  Berl.  Ak.  1877;  vgl.  AZ.  1877, 
49  rr, ;  Sitzimjjsber.  Berl.  Ak.  löb'2.  Nov.  —  Daas  die  kleine  ae^y|)ti.scbe 
Elle  von  450  nun  aurh  bei  fieii  Hehraeern  in  der  Küuigszoit  in  Gebrauch 
war,  lehrt  jeUt  die  Öiluahinschnlt,  s.  die  Berechnungen  von  Conper 
und  GuTOE,  ZDM.  XXXVI,  744.  Ueber  die  aegyptiscben  Gewichte  und 
HoblniuUM  CtuBäBt  BAn.  HU  12  ff.;  ÄZ.  18^,  57  ff.;  EnuiBB,  ÄZ. 
1876.  40  ff.  Im  Obrigen  vor  allem  das  grosse  Werk  ▼on  BEun» 
(«.  188). 


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Seefaftndel  der  Phoeniker. 


229 


Seehandel  der  Phoeniker. 

g.  190.  Neben  dem  Landbandd  entwickelt  sich  an  den 
Küsten  des  Hittelmeeres  MbzeHigr  ein  bedeutender  Seeverkehr, 

der  ausschliesslich  von  den  Kana'anaGern  betrieben  wird.  Sein 
ältestes  Centrum  ist  nnzweifelhaft  die  *  Fischerstadt«  Sidon; 
nach  ihr  bezeiclmen  alle  seefahrenden  Kana*anneer  sich  «e]l)?t 
als  §idonier,  und  werden  so  auch  von  den  Hebraeern  durch- 
weg und  häufig  genug  von  den  Griechen  genannt  (vgl.  283). 
Bei  den  Aegyptem  heisst  dagegen,  wie  schon  bemerkt,  das 
Land  Eaft,  die  Bewohner  Fenchn,  woraus  die  griechische  Be- 
zeichnung Phoeniker  (iat.  Poeni)  entstanden  ist*  Neben  Sidon 
stehen  weiter  nOrdlich  Berut  (Berytos)  und  Gebäl  (Byblos, 
aeg.  wahrsch.  Kepnna);  nach  Stiden  folgen  Sarepta  und  Sör 
(Tyros  »der  Fels«)  auf  einer  Felseninsel  »die  Stadt  im  Meere, 
der  das  Wasser  in  Kähnen  zugeführt  wird,  reicher  an  Fischen 
als  an  Sand«  (Pap.  Anast.  I).  Dass  das  dem  Melqart  geweihte 
Hauptheiiigthum  der  Inselsiadt  um  2750  v.  Chr.  gegründet 
sein  soll,  ist  früher  schon  erwähnt  (§,  183).  Weiter  Akzib, 
'Akko,  endlieh  in  der  palaestinensischen  Köstenebene  (Sar6n) 
Joppe,  Askalon  (Adqalon)  und  Qaza  an  der  Grenze  der  Wfiste, 
die  Aegypten  von  Syrien  trennt,  alles  Orte,  die  seit  Dhutmes  ID. 
häufig  in  den  aegyptischen  Inschriften  genannt  werden.  Schon 
früh  haben  sich  die  Phoeniker  weiter  nach  Norden  ausgelireitet 
und  die  Küsten  des  Aramaeerlandes  bis  zutn  issis(  hen  (iolf 
hin  besetzt.  Auf  einer  Felseninsel  p^rüntieleii ,  wie  erzählt 
wird,  sidonische  Flüchtlinge  die  Stadt  Arados  ass. 
Arwad,  aeg.  Artuf),  die  früh  zu  bedeutender  ßlüthe  gelangte 
und  schon  von  Dhutmes  III.  bekriegt  wird.  Benachbart  liegen 
Marathos  und  Simyra  (aeg.  Samar),  weiter  nördlich  folgt 
Gabala,  schUesslich  Rhossos  und  Myriandos  am  issischen 
Meerbusen.  ^ 

Im  allgenuinen  vgl.  S!ral)o  und  vor  allem  Skylax  peiip!.,  ferner 
die  in  die  Vnikertafel  eingeschohf  npn  Verse  Gen.  10,  17  f.;  die  assyr. 
Angaben  bei  Delitzscu,  Paradies  281  ff.  —  Sidooier  ale  Volksname 


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280 


Drittes  Bach,  sweiter.  AbtehniU^ 


Gen.  10, 15 ;  Jud.  18, 7. 28 ;  Deut.  3, 9;  Reg.  I.  5, 20.  am  charakterisUsehsten 
Heg.  I,  16,  31  (auch  17,  9?);  ferner  auf  tyrisehen  MQoien.  Auch  bei 
Homer  ist  It^oveot  Yalksname  neben  ^otvtxtc;  ferner  Ovid.  fast  III»  106; 
Trist.  IV,  3,  1  D.  a.  Vgl  Hotbrs,  Phoen.  U,  1,  91  ff.  -  Was  Motebs 
fflr  das  Alter  von  BjMos  (und  Berytoe)  vorgebracht  bat»  Ist  ebenso  hin- 
fftllig  wie  seine  Unterscheidung  eines  sidonischen  und  eines  giblitiaeheo 
Stammes  der  Phoeniker.  Byblos  ist  das  Gentrum  des  religiösen  Lebens 
und  der  religiösen  Literatur;  flberdies  war  Philo  selbst  ein  Byblier;  dass 
daher  bei  ihm  Byblos  als  Metropole  des  Landes  erseheint  (2, 17)t  ist  gans 
natürlich.  —  Die  Bevölkerung  von  Gaza  Asqalon  u.  s.  w.  ist  zur  Zeit  der 
Aegypterkriege  nach  Ausweis  ihr*»*;  (iopichlstypus  sicher  kana'anaeisch,  s. 
Brigsch,  Geogr.  loscbr.  II,  74;  Qiahas.  Anliq.  hisl.  285.  Ueber  die  Phi- 
lister s.  §.  266.  —  Eusebius'  Angabe,  Arados  sei  761  v.  Chr.  (V)  gegründet, 
wird  rhirch  die  aegyptischen  Angaben  widerlegt.  Fflr  MvTiriTMlo«  [nicht 
MyriaQdroslJ  s.  Herodot  IV,  38,  Xen.  Anab.  .1,  4»  6.  Skylax  1U2  u.  a. 

§.  191.  Im  15.  Jahrhundert  v.  Chr.  sind  die  Seefahrten 
der  Phoeniker  bereits  liuch  entwickelt;  wie  viele  Jahrhunderte 
vorher  sie  begonnen  haben  mögen,  entzieht  sich  völlig  unserer 
Kenntnis^.  Doch  mag  hier  nochmals  auf  die  Berichte  über 
Sargon's  Fahrt  auf  dem  mittelländischen  Meer  (§.  133)  hin* 
gewiesen  werden.  Das  erste  Ziel  war  Gypern,  dessen  Eupfei^ 
retchtliam  besonders  zur  Ansiedelung  reizte;  auch  Silber 
und  Eisen  findet  sich  auf  der  Insel.  C\  pern ,  auf  dem 
wir  von  einer  älteren  Bevölkerung  keine  Spur  linden,  wurde 
ganz  von  den  Phoenikern  besiedelt ;  an  der  Südküste  erstanden 
die  Städte  Kitiout  Amathus,  Paphos  u.  a.,  in  der  fruchtbaren 
Ebene  des  Binnenlandes  Golgoi,  Idalion,  Tamassos.  Unter 
Dhutmes  III.  wird  der  König  von  Gypern  (aeg.  Asebi)  wieder- 
holt erwähnt;  es  scheint  mithin,  dass  damals  die  Insel  einen 
einzigen  Staat  bildete.  —  Von  Gypern  aus  oder  längs  der 
Küste  gelangte  man  nach  Kleinasien.  Wie  weit  die  Phoeniker 
hier  die  Küste  i>esiedelt  oder  Factorcien  angelegt  haben, 
wissen  wir  nicht;  über  die  semitischen  Namen  in  Kilikien  9. 
§.  246.  Ihre  nächste  Hauptstation  war  Rhodos,  das  sie  ganz 
besetzten;  als  Miltelpunkl  ihrer  Ansiedelung  erscheint  hier 
die  Stadt  Jalvsos,  in  deren  Gräbern  sich  denn  auch  zahlreiche 
phoenikische  Kunstgegenstände,  und  darunter  ein  Slcarabaeus 
Amenhotep's  III.  gefunden  haben.    Das  rhodische  Gebirge 


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Die  i^hoeiüker  auf  Cypera  uad  Ktiodos. 


231 


Atabyrios  (=  'HOp)'  auf  dem  die  Phoeniker  den  Baal 
(Zuus)  verehrten,  hat  seinen  semitischen  Namen  bis  in  späte 
Zeiten  bewahrt. 

Dtw  Aaebi  (dia  Aosspiaehe  ist  nicht  vOlKg  «eher)  Gypern  bedeutet, 
lehrt  te  Oekr.  Kanopoe.  Dias  die  too  Movns  für  hislotiaeh  f»> 
hattene  Angabe  deg  Eoaebioa,  Melea,  Tbaaoa,  KalUate  (d.  i«  Thera)  und 
Paphoa  seien  1427  (ao.  Abr.  gegründet,  nicht  mehr  Werth  hat  als 
die  ao.  Abr.  662.  588.  593  etc.  aufgefQhrten  und  lediglich  der  griedii* 
sehen  Sagengeschich|e  entstammt,  braucht  kaum  bemerkt  zu  werden.  — 
Phoeniker  auf  Rhodos  (=  D^il*1  Gen.  10,  4;  Er.  27,  15  [Stade  über 
Javan]),  speciell  in  Jalysof::  Athen.  YIII,  300  aus  Ergias;  Diod.  V,  58  u.  a, 
—  Die  bochiiileres<aiiten  Fmide  von  Jalyso?«  im  Bril.  Mus,  sind  leider 
nocb  unpublicirt.  Sie  sind  älter  als  die  in  der  grossen  Nekropole  von 
Kameiros  gefundenen  Gegenstände;  auch  Iiier  aber  haben  sich  phoe- 
nikische  (Jegcustände  gefunden  (Salzuann,  La  necropole  de  Cameiroci 
{}].  1  tr.i  vgl.  LdscHKs,  Hiltb.  areb.  InsUt.  Athen  VI.  1  (f.). 

§.  192.  Rhodos  ist  die  Eingangsatation  des  aegaeischen 
Meeres,  und  alle  Küsten  und  Inseln  desselben  haben  die 
Phoeniker  besucht.  Es  ist  indessen  Basserordeiittieh  schwierig, 

hier  ihren  Bahnen  im  einzelnen  ,  zu  folgen.  Gewinnung  der 
Rohpiuducle  der  neuentdeckten  Lander,  Absatz  der  eigenen 
Waaren,  daneben  vor  allem  der  Sklavenhandel,  waren  die 
Triebfedern  zu  immer  weiterem  Vordringen.  An  gesicherten 
und  zum  Verkehr  mit  den  Einheimischen  geeigneten  Hafen- 
orten, am  hebsten  auf  kleinen  Inseln,  Hessen  sie  sich  nieder 
and  gründeten  ihre  Factoreten  (ygl.  Thuk.  VI^  2),  zu  denen 
durchweg  auch  HeUigthümer  der  Hauptgötter  g^Arten'.  Speciell 
scheint  man  als  Schirmherr  der  Seefahrt  und  der  Cioloiiien 
den  Sonnengott  Melqart  (»den  StadtkOnigc,  gr.  Herakles)  Ter- 
ehrt  zu  haben  (Diod.  XX,  Nur  selten,  wo  der  reiche 

Boden  oder  die  riuducte  des  Landes  besonders  verlockend 
waren,  wiu  in  ( iypern,  Rlmdos,  Nordafrika,  Sudspauien,  hat 
hat  man  ein  grosses  Gebiet  besetzt  und  eigentliche  Golonien 
gegründet.  So  wurde  ein  Kampf  mit  den  £ingelK)men  mög- 
lichst vermieden ,  die  rein  mercantilen  Interessen  nicht  durch 
die  Sorge  für  Haus  und  Hof  oder  politische  Herrschaft  in 
den  neu  entdeckten  Ländern  getrübt  Im  allgemeinen  mochten 


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232 


Drilles  Buch,  zweiter  AbschoilU 


sich  die  Eingebornen  diese  Exploitirunir  durch  die  fremde» 

Seefahrer  nihigr  ^^elallon  la^sen ;  nur  wo  wie  in  Griccheiiland 
eine  lioclibo^'abte  Nation  ansässig  war,  begann  sie  allmählich 
von  itinen  zu  lernen,  selbst  Schiffe  zu  bauen,  Seeraub  und 
Handel  zu  treiben,  die  fremden  Ansiedelungen  zu  occupiren. 
Einer  derartigen  Concurrenz  sieb  zu  erwehren,  besassen  die 
Phoeniker  keine  Mittel;  langsam  aber  »tätig  und  wie  es  scheint 
meist  ohne  gr5sseren  Kampf  wurden  sie  aus  den  griechischen 
Meeren  Terdr&ogt,  die  an  den  einzelnen  Stationen  Ansässigen 
Terjagi  oder  heüenisirt.  Dalier  erklärt  es  sich,  dass  wir  von 
den  phoenilüschen  Ansiedelungen  in  Griechenland  nur  so  dürf- 
tige Kunde  haben,  ihre  Spuren  nur  sehr  schwer  aufweisen 
können.  Im  allgenieinen  fasst  die  grieclii^^che  Tradition  die 
An>iodeiurigL'n  der  Phoeniker  zusammen  in  di^in  Märchen  vom 
Tyrier  Kadmos  (Qadmi  »der  Ostmann«),  der  auszieht,  die 
Europa  ('Ereh  »das  WesÜand«)  zu  sudien. 

Neben  den  nur  mil  grosser  Vorsicht  tu  benutzend t  n  Ausfühnin^rn 
Vdii  Mover«,  i'linen.  II,  2  'J.  vor  allem  Ülshau^jfn,  l'liocn.  Orlr-iiameu 
ausserhalb  i\t<  -ein.  SprachtTrhints.  im  Rhein.  Mus.  VIII,  utul  Unige»laltiui^ 
einiger  seni.  Orlsnameii  bei  den  Griechen,  in  Ber.  Beil.  Ak.  1879,  bÖb. 
Im  allgemeinen  scheint  den  etymolugischen  Gombinationen  gegenüber 
grosse  Zurflekhftltiiiig  geboten ;  wo  spftt«M  Fonds  «taie  Gontrolto  tmOg- 
licht  habsDy  s.  B.  bei  den  assjrr.  Namen,  ist  dieselbe  sehr  tu  üngaoeten 
der  Sllefen  Deatnngsversuche  ausgefallen.  Namen  wie  Seriphoe,  Syros,. 
Salamis,  Astyim,  Abydos  kOnnen  sehr  wohl  semitisch  sein,  aber  ta 
beweisen  Ist  es  nicht.  Weit  problematischer  sind  indessen  noch  die 
mythologieehen  Combtnationen,  die  in  der  Regel  jeder  soliden  Begrün- 
dung ermangeln.  Minos  für  phoeniki:<ch  zu  hallen,  liegt  kein  Grund 
vor;  Samotbrake,  die  ödeste,  völlig  hafenlo-e  Insel  des  aegaei«chen 
Sleeres  i<t  ('t>\vi<«  nie  von  den  Fhoenikerii  be-et/t  jit'wesfn.  solidem  t-ine 
aillhraki-  l  *  iillurst?ltte.  Herakles  ist  ziiiulclisl  ein  ecliL  !>  ll- nisoher 
und  von  il-  ii  ürieclieii  eifrig  verehrter  (Jcttt,  (l<'ii  dieselben  alit-rdings 
dem  pliuenikischen  Melqart  gleicbs^eUlen.  la  welchen  Fällen  aber  ein 
Herakleeetilt  aus  einem  ursprünglichen  Melqartcult  hervorgegangen  ist» 
ist  fast  nie  erkennbar.  Ebenso  ist  Aphrodite  (und  vor  allem  A.  Urania) 
eine  griechiache  GOttin,  wenngleich  manche  ihrer  Heiligthflmer  ur- 
sprOnglich  Goltosstltten  der  Astarte  waren  o.  s.  w.  Menschenopfer  finden 
sich  femer  im  altgrieebischen  Gult  ebensogut  wie  bei  den  Phoenikem« 
Es  ist  nie  sn  vergessen,  dass  wir  von  phoenikioctaer 


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Die  Pboeniker  im  AegaebehtD  Meer. 


238 


Religion  recht  wenip,  von  phoenikischer  Mythologie 
eigentlich  gar  nichts  wis.si'ii.  —  \m  allrrfn-fiiien  ist  in  der  grie- 
chischen Sage  Agerior,  der  Bnider  des  Belus  und  Vator  der  Europa  [und 
des  Phoenix  und  KihxJ,  der  Repräsentant  der  Phoeniker, 

§.  198.  Sicher  beseugt  sind  uns  phoeirikische  Ansiede- 
lungen auf  Kythera,  der  Hafenslation  für  den  Peloponnes,  auf 
Melos,  Thera,  Oliaros  (Stcph.  liyz.),  ferner  auf  dem  goldreichen 
Thasos  gegenüber  der  Ihrakischen  Küste.  Für  Krota  Itoweist 
der  Flussname  Jardanos,  d.  i.  Jardon  »der  Fluss«  im 

Gebiete  von  Gortyna  (Od.  y  2^2;  derselbe  ündet  sich  auch 
in  Elis  U.  ü,  135)  eine  phoenikisdie  Anaiedelung  in  der 
frachtbaren  Ebene  im  Süden  der  Insel,  am  Fusae  des  Ida. 
Hierher  Jftset  denn  auch  die  Sage  den  Zeus  die  sidonisebe 
K5ttigskochter  Europa  entfilhren.  Vielleicht  beeeichnet  der 
Yolksname  Kydotier,  den  Homer  den  Bewohnern  dieses  Theiles 
▼on  Kreta  gibt  und  deren  Namen  auch  die  Stadt  Kydonia 
im  Nordwoisten  der  Insel  bewahrt,  die  pboenikisclii'n  An- 
siedler. Auch  der  Sage  von  dem  incnschetd'ressonden  Mino- 
tauros  liegt  vielleicht  eine  Erinnenmg  an  den  Menschenopfer 
fordernden  und  in  Stiergestalt  dargestellten  Ba  al  oder  El  zu 
Grunde.  £me  zufallige  Notiz  (bei  Steph.  Byz.)  nennt  ferner 
Pronektos  am  Gk>if  von  Nikomedien  eine  phoenikische  Grün- 
doogt  und  es  ist  kaum  zu  bezweifeln^  dass  die  phoenikischen 
Händler  schon  in  alter  Zeit  auch  die  Küsten  des  schwarzen 
Iteeres  aufsuchten,  und  z.  B.  Ton  den  Stämmen  der  ponti« 
sehen  Gebirge  Kupfer  und  Eisen  sowie  Sklaven  erhandelten 
(v^l.  Ezecii.  27,  13).  Allerdings  lassen  sich  an  den  Küsten 
des  Ponlo?^  Spuren  der  Phoeuiker  nirgends  mit  Sicherheit 
nachweisen  und  die  Annahme,  dass  Abydos,  Astyra,  Adra- 
mytion  in  Troas  von  ihnen  gegründet  seien  (Olshausen), 
ist  mindestens  nicht  beweisbar;  Adramytion  ist  nach  der 
griechischen  Ueberlieferung  eine  Gründung  ans  der  Zeit  der 
Memmaden.  Dass  sie  dagiegen  hier  Handel  trieben,  lehren 
die  Ausgrabungen  Sgulriiarn^s  in  Hissarlik;  namentlich  alle 
Gegenstände  des  Goldschatzes  sind  unzweifelhaft  phoenikische 
Arbeit  (vgl  §.  204). 


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234 


ÜhLtes  Buch,  zweiter  AbsübuiLU 


Die  älteste  griechische  Geschiclitsfoisc  huiitr  (d.  h.  die  auf 
der  hesiodoisclion  I'oesic  fussenden  IiOgü«jrra()hen ,  ?.  Bd.  II) 
marht  ferner  den  Volksstamm  der  Kadmeeri  welcher  vor  den 
Boeotem  in  Theben  ansässig  war,  zu  Phoenlkern  und  Ge- 
nossen des  die  Europa  suchenden  Sadmos;  aueb  die  in  Theben 
unter  dem  Namen  Onka  verehrte  Athene  soll  eine  phoenikische 
Göttin  sein.  Die  filtere  Sage,  in  der  die  Fürsten  der  ICadmeer 
und  ihr  Untergang'  eine  grosse  Rolle  spielen,  weiss  nichts 
davon,  dass  sie  stammfremd  sind;  sie  lässt  sogar  den  grie- 
ohischen  Gott  Dionysos  aus  ihrem  Gesehleclite  hervorgelien. 
War  also  Theben  wirklich  eine  plioenikische  Gründunpr,  — 
man  hat  sicli  zur  Bestätigung  auf  (h'e  Siebenzahl  seiner  Stadt- 
Ihore  iKTul'en,  da  die  Heiligkeit  der  Sieben  auf  den  babyloni- 
schen Planetencult  zurückg^eht  —  so  haben  sich  die  Ein- 
wanderer jedenfalls  bald  den  Einheimischen  asauniliri.  Im 
übrigen  kann  num  mit  der  Annahme  Ton  grOssecen  An- 
siedelungen auf  dem  griechischen  Festlande  nicht  vorstcbtig 
genug  sein. 

Ueber  iIIh  ptioeii.  (lolonieu  s.  vor  allem  Herodot  I.  105;  II.  44; 
IV,  147  ;  V,  57  ;  VI,  47.  Seine  C.liroiiülogio  beruht  auf  den  he.-iudeischeii 
Oenealügieu  und  iäl  historisch  werlhlos.  —  Lfober  Oikka  oder  Oiiga  s«.  ZUM. 
XXXIt  722.  Ueber  das  äiebenlhorige  Theben  Brandis  iiu  Hermen  II,  der, 
uiB  die  PlftnetengOUer  als  Sehirmherrcn  der  Thon  nechmweiMn,  slemlieh 
wülkdriicbe  Umdeatanfen  Toniduneii  muss.  —  Gegen  Waicbbiidth*s  Ter^ 
8oeh  (Stadt  Athen  im  AJterthum  in  Athen  (Melile)  dne  phoen.  An- 
siedelung nscbsttweieen,  i,  die  aehlägenden  Aosttthningen  von  ▼.  Wumo- 
wiR,  Kydathen  146  ft  —  Die  scharrsinnigen  Combinationen  von  Kikpuit, 
die  geopr.  Stellung  der  nOrdl.  Länder  in  der  phoen. -bebr.  Erdkunde, 
Ber.  Herl.  Ak.  IS.50,  191  fl.,  berulien  auf  euer  falschen  Ansichi  über 
Alter  uod  Werth  von  Geu.  10. 

§.  194.  Dass  die  Phueniker  das  aepaeische  Meer  bereits 
im  15.  Jahrilundert  ixilahren  haben,  lehren  die  aegypti- 
schcn  Inschriften.  Wiederholt  spricht  Dhutmes  III.  davon, 
dass  ihm  ^die  Fürsten  von  Rutenu,  jedes  verborgene 
Land  und  alle  Länder  der  Fenchuc  unterthan  seien 
(Mar.  Kam.  18)^  die  »Fürsten  Ton  Kaft  und  den  Insehi  im 
Grossen  Heere  zahlen  ihm  Tribnt  (WiLKutson,  Manners  and 


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Alter  der  phoenikischen  Colouien. 


235 


Customs  1,  pl.  4);  Amon  sagt  zum  König,  er  habe  ihm  Kaft, 
Asebi  (Cypern),  die  Inseln  im  Grossen  Meer  und  die  Inseln 
der  Teaau  ^)  unterworteu.  In  letzteren  wird  man  kaum  um- 
hm  können,  die  aegyptische,  durch  die  Phoeniker  öbermittelle 
Fonn  Yon  AavooC  zu  erkennen,  die  dann  in  genauerer  Tran- 
scriptlon  unter  Ramses  III.  als  Danauna  wiedergegeben  wird 
(§.  2G4j.  Weit  schwerer  ist  zu  bestimmen,  ob  die  Phoe- 
niker damals  schon  weiter  nach  Westen  gefahren  sind. 
Wenn  das  seit  Seti  1.  von  den  Aegyptern  oft  erwäluite  See- 
volk der  Sardana  wirklich,  wie  man  vermuthet  hat,  auf  Sar- 
dinien seine  Heimath  hat  (§.  234),  muss  diese  Insel  schon 
im  U.  Jahrhundert  von  den  Phoenikern  colonisirt  worden 
sein.  El)enso  mOgen  Sicilien,  Nordafrika,  Spanien  schon  in 
dieser  Zeil  entdeckt  und  eifrig  besucht  worden  sein.  Es  wird 
sich  aber  empfehlen ,  die  Darstellung  dieser  Fahrten  nach 
Westen  auf  einen  späteren  Abschnitt  zu  verschieben. 


Politische  Verhftftnitse  Syrient. 

§.  195.  Ueber  die  politischen  Verhältnisse  Syriens  haben 
wir  leider  fast  gar  keine  Kunde.  Im  allgemeinen  bildete,  so 
sdieint  es,  jede  Stadt  ein  eigenes  Gemeinwesen ;  nur  die  Cheta 

bilden  ein  geschlossenes  Ganzes.  Daher  redet  Dhulmes  III.  immer 
von  >dom  Könige  des  grossen  Chetalandes«.  Sonst  scheint  nur 
noch  Naharain  >>das  Stromland«  im  Norden  einen  einheit- 
lichen Staat  gebildet  zu  haben  (Lbpsius,  Aosw.  12.  ZI.  37 
-j-  61,  TgK  ZI.  17  f.).  Dagegen  im  Rutenugebiet  hat  jede 
Stadt  ihren  eigenen  Herrscher,  und  ebenso  stehen  die  phoeni- 
kischen Städte  —  auch  die  Ansiedelungen  auf  Cypern  —  unter 


'}  Harictte,  Kam.  pl.  11.   Da  die  Tenau  in  späterer  Zeit  öfter 

... 


kommen,  inuss         JT  amvw^  a-a  Tenaa  gelesen  oder 

das  ^  für  einen  Sehreibfehler  gehalten  werden.  Vielleicht  ist  aber 
oieht  Tenao*  sondern  Tentiu  zu  sprechen. 


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9 


236  Drittes  Buch,  zweiter  Abschnitt. 

eigenen  Königen  (Strabo  XVI,  2,  14).  Dass  im  übri$?en  die 
Gerneinden  durchwog  aristoici atisch  dieHert  waren  und  Ge- 
schlecht und  Familie  die  maassgeben(ieü  Elemente  bildeten 
bis  in  die  spätesten  Zeiten,  bedarf  keiner  weiteren  Ausführung. 
In  den  aeiryptischen  Denkro&lern  begegnet  uns  der  syrische  Adel 
wiedeffaolt  nnter  dem  Namen  manna  (n.  far.)  d.  i.  aramaeisdi 
^VID  »miaere  Henenc.  Noch  gleiebi8nn%er  sind  natürlicb 
m  allen  Zeiten  die  VerUUtnIsse  der  Wflstenstämme.  Von 
dem  Treiben  an  dem  Hofe  des  tSelieibhs  Ton  Tenn  (anf  der 
Sinailialbinsel  r)  gibt  uns  bereits  die  Geschichte  des  Saneha  aus 
der  Ii*.  Dynastie  ein  höchst  anschau luhes  liild  {j^.  98).  In 
welcher  Wei-^-e  aber  diese  syrischen  Kleinstaalen  voii  den 
grösseren  Verhältnissen  Ijeruhrl  wurdi-n ,  in  welchen  Be- 
ziebungen  sie  z*  B.  zu  dem  Hyksosreich  standen,  das  entzieht 
steh  völlig  unserer  Kenntniss.  Nur  soviel  wissen  wir,  dass 
damals  die  Besiehungen  zu  Aegypten  Äusserst  r^ge  waren,, 
und  zahhreicbe  Kana^anaeer  [und  Aramaeer?]  sich  in  dem- 
selben ansiedelten  (§.  109). 

Cuttnr.  Schrift  Industrie. 

S.  196.  Die  alte  Cultur  Syriens  lässt  si(  h  gegrenwärt  ig^ 
nur  in  den  allgemeinsten  Umris.-en  zeichnen;  überall  sind  es 
nur  dürftige  Trümmer,  die  uns  vorliegen.  Die  Aufdeckung 
der  Ruinen  von  DJeräliU  (g.  184)  gibt  Aussicht,  dass  wir  bald 
wenigstens  ein  etwas  umfangreicheres  Material  besitzen  werden,, 
das  vielleicht  durch  eine  gründliche  Erforschung  Mesopotamiena 
noch  bedeutend  vermehrt  werden  lumn.  hn  phoenikischea 
Hutterlande  sind  aus  vorhellenistischer  Zeit  nur  ftusserst  ge- 
ringe Ueberreste  erhalten;  mehr  bieten  die  Goloniuii,  j:i  erster 
Linie  Cypern.  Dazu  kommt  die  freilich  gleichfalls  sehr  dürf- 
tige und  unzuverlässige  Ueberlieferung  des  Alterthums.  !jei 
dieser  Sachlage  ist  es  gegenwärtig  noch  unmöglich,  hier  eine 
chronologische  Entwickelung  zu  geben  und  z.  B.  in  der  Kunst 
die  einzeUien  Epochen  scharf  zu  sondern.  Dagegen  tritt  das 
Gesanmitergebniss  auch  jetzt  sehon  sehr  deutlich  vor  Augen. 


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I 


Gnttar  SyriflU.  Dm  Sduift.  287 

DasBalbe  besteht  tot  a]]em  darin,  dass  durch  das  Zusammen-  ^ 
strömen  der  aegypUschen  und  bahylonisehen  Gultiir- 
elemente  in  Syrien  sieh  eine  Torderasi atisehe  6e- 

sammtcultur  entwickelt  hat,  die  jedenfalls  bereits  im 
15.  Jahrhuiiiiei  l  in  ihren  Grundzügen  fertig  dasteht,  und  dann 
in  erster  Linie  auf  dem  Seewege  durch  die  Phoeniker,  daneben 
auch  zu  Lande  über  Kleinasien,  zu  den  europaeischen  Völkern 
und  specieli  nach  Griechenland,  getrap^on  worden  ist. 

§.  197.  Dass  die  unentbehrliche  Grundlage  höherer  Cultur, 
die  Schrift,  den  Sjnm  nicht  lehtte,  wissen  wir;  am  Hoie  des 
GbeAakfinigs  seigen  uns  z.  B.  die  aegypüschen  Darstälnngen 
den  königlichen  Sclireiber  als  hohen  Beamten.  *  Man  bediente 
sieh  einer  eigenartigen  Hieroglyphenschrift,  die  wir,  weil  die 
ersten  Monumente  derselben  in  Hamät  gefunden  wurden, 
hamathenisch  zu  nennen  pflegen;  neuerdings  sind  zahlreiche 
InschnÜen  in  derselben  in  Djeräbis  und  sonst  ans  Licht  ge- 
kommen. Ob  sie  mit  der  ao^plischen  oder  der  babyloni- 
schen Schrift  in  näherem  Zusammenhang  steht  oder  die  Ver- 
mitteluDg  zwischen  beiden  bildet,  wissen  wir  bis  jetzt  nicht. 
—  In  späterer  Zeit  tritt  neben  diese  eine  neue  Schriftart, 
welche  aus  der  Fülle  der  phonetischen  und  ideographischen 
Zeidien  22  herausgreift,  deren  jedes  ausschliesslich  einen  be- 
stimmten Gonsonanten  bezeichnet  Wir  wissen  bereits,  dass 
dasselbe  Princip  auch  der  aegyptischen  Schrift  zu  Grunde 
liegt  (§.  28);  der  Fortschritt  über  dieselbe  hinaus  besteht 
darin,  dass  alle  ideographischen  und  Silbenzeichen  beseitigt 
werden.  Dass  man  nur  die  Gonsonanten,  nicht  die  Vocaie 
bezeichnete,  t)eruht  auf  der  Eigenart  der  semitischen  Sprachen. 
Die  gewaltige  Vereinfachung  der  Schreibkunst,  welche  diese 
Aufetdlung  einer  rein  phonetiselien  Schrift  enthalt,  hat  der- 
selben hat  die  ganze  Gulturweli  erobert;  die  meisten  der  gegen- 
wärtig in  der  ganaen  Welt  gebituchlichen  Alphabete  shid  direet 
oder  indtrect  aus  ihr  abgeleitet.  Dass  sie  in  Syrien  erfunden 
ist,  scheint  zweifellos;  aber  wo  und  von  wem,  ist  unbekannt. 
Zeitlich  dürfte  übrigens  die  Eiüuduug  nicht  allzuhoch,  viel- 
leicht nicht  über  das  Ende  des  zweiten  Jahrtausends  v.  Chr. 


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238 


Drittes  Bach,  zweiter  Abschnitt. 


hinaufzurücken  «ein.  —  Dass  die  syrischen  Stamme  seit  Alters 
eine  Literatur  besassen,  vor  allem  eine  religiöse,  ist  nicht  /.u 
bezweifeln.  Bei  den  Phoenikera  sollen  die  heiligen  Tradi- 
tionen auf  Tafeln,  die  man  in  den  Tempeln  aufstellte ,  yer- 
zeichnet  worden  sein,  und  von  dem  Vorhandensein  alter  Jahr- 
bücher erkennen  wir  in  unserer  Ueberliefernng  noch  deutliche 
Spuren.  Doch  ist  alle  weitere  Kunde  davon  völlig  verschollen. 

Die  ersten  hamatheniichen  Inschriften  sind  von  Burtok  and  Drasi, 
TTnezplored  Syria  1872  publicirt.  Alle  bis  jetzt  bekannten  sind  to^ 
sammengestellt  von  Rtlamos  in  TrSBA.  VII,  3»  1888.  Untor  den  Vei^ 

Fliehen  eine  Enlzifferung  vorzubereiten,  sind  vor  allem  die  von  Satce 
(Tr.  Soc.  Bibl.  Arcb.  IV  u.  VII)  sa  nennen.  Die  sog.  phoenikische  Buch- 
stabenschrirt  dQrfte  ihre  Zeichen  wobl  der  ham athenischen  entnommen 
haben;  doch  zeigen  manche  Zeichen  auch  auffallende  Beruhningen  mit 
der  aepyptischen  Schrift  (iie  Rort;^,  Sur  Porigine  ^ypf.  de  l'alph.  ph6n.  1859. 
LrN'  iiM^NT.  F'ropag.ition  de  l'alph.  phcn.  Eukrs,  Aeg.  PM.  146  fT.  H.mkvy, 
M*'lange9  1Ü8  ff.  u.  a.) ;  der  Versuch  von  Dkkckk,  ZDM.  XXXI,  1Ü2  IT.,  sie 
aus  dem  Assyrischen  abzuleiten ,  sclieint  misslungen.  —  BelrefTs  des 
Orles  der  EtfiiHlnng  ist  zu  beachten,  dass  das  Alphabet  die  Laute  'ain 
und  ghain,  ha  und  cba  /u^ammenwirfl,  wahrem!  sie  von  den  Hebrnpern 
und  Philistern  in  der  Aussprache  immer  frev;(•hif'd^»n  wurden  [ebenso  in 
Nordsyrien,  vgl.  z.  B.  die  aegypt,  und  ussyr.  Schieihung  von  yamät  und 
Chaleb ;  letzteres  ist  offenbar  erst  im  späteren  Syrisch  zu  Ijfaleb  ge- 
worden]. Fflr  ihr  Alter  ist  vor  allem  von  Bedeutung,  dass  die  Griechen 
auf  Cypern  sich  einer  [dem  Ilamathenischen  enllehiilen ?J  complicirten 
Silbenschrift  bedienten,  was  kaum  denkbar  erscheiut,  wenn  damals  schon 
die  Pboeniker  ihr  AIphab«t  verweiibeten.  Femer  kommt,  allerdingi  als 
durchaui  nicht  beweisend,  In  Betraeht,  dass  der  Ürlypus,  auf  den  die  drei 
ältesten  Schriftarten  dieses  Alphabets,  das  altgrieehisehe,  das  altara* 
maeisebe  und  das  sidonisehe  surOekgehen,  dem  Alphabete  der  Heia'- 
insebrifl  (om  850)  sehr  nahe  steht. 

§.  198.  Daas  hei  ^nem  Handelsvolke  die  Industrie  hoeh 
entwickelt  sein  muss,  bedarf  kaum  der  Erwfihnung.  Die  Er- 
rungenschaften der  benachbarten  Culturvölker  haben  sich  die 
syrischen  Stämme  im  weitesten  Umfance  anprecignet,  und  da- 
neben steht  vermuthlich  manche  einheimische  Erfindung.  Von 
den  reichen  buntgewirkten  Gewändern,  die  man  in  Syrien 
webte,  geben  die  aegyptischen  Denkmftler  seit  den  Zeiten  der 
12.  Dynastie  (Einwanderung  der  *Amu  g.  98)  zahlreiche  Proben; 


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Sohrifl.  Induslri«. 


289 


und  bekannt  ist,  dass  die  Phoeniker  als  Purporfiacher  und 
Fftrber  berOhint  waren.   ESienso  üben  sie  die  Glasindnsirie, 

die  sie  von  den  Aegyptem  gelernt  haben  (§.  71)  und  die 
babylonische  Kunst  des  Steinschneidcns.  Neben  diesen  Ar- 
beiten stehen  dann  sämmtliche  Gej^^enstande  des  Hausratlis, 
die  in  den  Tributlisten  der  Ae^rypter  hiiulij^'  als  werthvolle 
Beutestücke  aufgezählt  und  abgebildet  werden,  von  den  sil- 
bernen und  goldenen  Ringen ,  den  Schmuckgegenständen  in 
Edelmetall,  in  Elfenbein  und  aus  edlen  Steinen,  bis  zu  den 
feingeformten  und  zierlich  bemalten  Schalen  und  Krflgen  von 
£r  and  Thon.  Besonders  berfihmt,  doch  auch  hier  völlig 
von  Aegypten  abhängig,  sind  sie  als  HetaÜarbdter.  Es  ist 
bezeichnend,  dass  die  meisten,  wenn  nicht  alle  in  Kalach 
(Ninirud)  gefundenen  ehernen  Schalen  und  Krüge  nicht  ein- 
heimisch-assyrische Arbeit,  sondern  aus  Syrien  importirt  sind: 
sie  zeigen  durchweg  die  für  die  syrisch-phoenikischen  Arbeiten 
charakteristische  M,iBchung  des  aegyptischen  und  babylonischen 
Stils.  Schliesslich  muss  noch  erwähnt  werden,  dass  die  Phoe- 
niker in  der  Schilfalirt  und  Schifl^baukunst  bekanntlich  die 
Lehrmeister  aller  Hittelmeervölker  geworden  sind. 

Ueber  die  Metallschaleu  aus  Nimrud  (Läyard,  Mou.  of  Niniveh 
II  ser.,  pl.  57—68)  Tgl.  Layahd,  Niniveh  and  Babylon  p.  182  ff.  Von 
aegyptitdiflfi  DanteUoiigen  koauniii  vor  anem  Grab  des  Redunan* 
iinlar  D^totmcs  DI.  (HomMSt  Travds  in  Etbiopia  so  S.  SSO»  Qod  danach 
WiUDmoR»  Mannen  and  Goftoma  I,  pl.  4)  und  das  das  9ui  imtor 
Tat^anchameu  (Lkpsids»  Dankm.  III,  115  (t)  in  Betracht  Ferner  Ghah- 
POLUOF,  Hon.  pl.  167»  5.  168  n.  a. ' 

Kunst. 

§.  Id9.  Die  Verbindung  a^fyptischer  und  babylonischer 
Elemente  auf  syrischem  Gebiet  tritt  uns  nirgends  deutlicher 

entgegen  als  in  der  Kunst,  und  hier  ist  es  ungemein  charak- 
teristisch für  den  semitischen  Geist,  dass  man  überall  bei  einer 
einfachen  Nebeneinandersteilung  oder  Mischung  ?fphpn  blieb, 
von  einer  wirklichen  Durchdringung  oder  einem  eigenerj  Kunst- 
sUl  aber  eigentlich  nirgends  die  Rede  sein  kann.   Wie  die 


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240 


Drittes  Baehy  i weiter  Alwcbaitt 


gesunmte  Gultiir  der  Awyrar  Tdllig  von  Babylon  abhängig 
ist,  80  herrscht  hier  auch  der  rein  babykniiecfae  Konststil« 
YoD  Assyrien  aus  Ist  derselbe  nmSchst  nach  Nordsyiien, 
speciell  tn  den  Ghetitem  gedrungen,  and  erscheint  hier  nor 
wenig  modifietrt.  Soweit  wir  nach  den  in  Djerdbis  nnd  Klein- 
asien gefundenen  Monumenten  der  Glieta  urtheilen  können, 
ist  ihre  Technik  roher  als  die  der  Babv knier  und  Assyrer. 
Die  menschliehen  Figuren  sind  noch  gedrungener  als  die  Sta- 
tuen Gudea's  (§.  160),  grössere  Sorgfalt  in  der  Ausrührung 
tritt  nirgends  hervor.  Umgekehrt  dominirt  in  Phoenikien  der 
aegyptische  £inflius.  Von  der  einheimischeD  Architektur  wissen 
wir  ihst  gar  nichts,  als  dass  ihre  Tempel  Aber  dem  Eängang 
die  Fjgar  der  geflägelften  Sonnenscheibe  trugen,  wie  die  aegyp^ 
tischen,  dass  daneben  die  Uraeusschlange  eine  bedeutende 
Rolle  spidtCf  dass  man  die  Leichen  nicht  nur  in  Felsenkam- 
mern  beisetzte,  sondern  gelegentlich  auch  Steinpyramiden  über 
denselben  errichtete.  Die  uns  erhaltenen  Sarkopiia^^c  -iiid 
völlig  nach  aegyptischem  Musler  gearbeitet,  der  Deckel  ist 
wie  in  Aegypten  eine  Nachbildung  der  mumisirten  Leiche. 
Wenn  wir  in  Mykenae  den  Brauch  finden,  dem  Todten  eine 
Goldmask»  auf  das  Gesicht  zu  legen,  so  wird  das  auch  auf 
aegyptisdien  fiinfloss  zarfldcgehen,  obwohl^  die  erhaltenen 
Masicen  yieUdcht  nicht  phoenikiscfae^  sondern  einheimiscfae 
Arbeit  sind.  Von  Tempelresten  ans  yorgriechischer  Zeit  sind 
nur  drei  Zellen  bei  Marathos  einigermaassen  erhalten;  sie 
zeigen  einen  völlig  aegyptisirenden  Stil.  Von  der  Plastik  sind 
die  auf  Gypern  gefundenen  S[;ituen  fast  die  einzigen,  aber 
äusserst  lehrreiciie  Ueberreste.  Sie  sind  theils  rein  nach 
aegyptischem,  theils  nach  assyrischem  Muster  gearbeitet;  die 
Einflüsse  von  Ost  und  West  ioreuzen  sich  auch  hier  und 
führen  gelegentlich  zu  einer  Vermischung.  £ine  Statue  aus 
€k>lgi  zeigt  z.  B.  einen  König  in  völlig  aegyptischer  IVacht, 
aber  mit  assyrischem  Gesicht  und  Bart  (Gbsnola,  Gypern, 
äbers.  von  Stern,  Taf.  21,  2). 

T>rnkmäler  der  Cheta  in  DjerAMs :  TrSBA.  VIT,  Heft  3;  Felsbüd 
ei  Des  Kölligs  bei  Biredjik  am  £uphrat  ib.  VII,  250*  Die  kleinaeUtiscben 


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Kumt  MiMhimg  dm  ««gyptiseheii  md  babylcniMshen  Einfloins.  241 

Monumente  §.  255.  [>enselben  Stil  zeigm  die  Figuren  auf  einem  Architrav 
in  Umm  el-*Awdm!d  zu  den  Seiten  einer  geflOgellen  Sonnerischeibe  (Rbicau, 
Mission  pl.  o2).  —  Phoenikische  Knn?t  :  Hknan,  Mission  en  Ph^nicie  1864(11 
[wodurch  Gerhard,  Kunst  der  I  hneiiikpr  1846,  in  S.  Ges.  Ahh.  II  und 
Darstellungen  wie  die  in  O.  MCm  eh  s  Handbuch  der  Archäologie  völhg 
aiiliquirt  »ind].  Ueber  die  Ornamentik  der  karthagischen  Sielen :  Bbroer, 
Oaz.  archöol.  II.  III.  Bronmtatue  aus  Maratbos:  Roiam,  KAn.  XXX Vli, 
m.  Die  Dwatellniigwii  ArtUcli  m  Tytm  im  ek*lMr  uaA  M 

Qm  (Bnu  und  Gotbi,  PalaMÜna  II,  80  ff.)  seheinen  noefa  Dicht 
pablicirt  zq  aclii.  Zu  den  phoan.  Orftbeni  V(l.  LaimBnui  bei  Bbbbs  und 
ChiTBi,  PeiaeflUo«  Q,  68.  —  Hintukommeu  1)  die  tegyptiaehen  Der* 
fltellm^eii  (s.  nameDilidi  |,  IM  Anm.)  ;  2)  die  Darstellungen  der  Siegel, 
Ciemmen  und  Mflnzen  (s.  namentlich  de  Lütkes,  Numism.  de  la  Pb^nicie 
et  des  satrapies;  de  VooOi,  M^I.  d'arch.  Orient.,  auch  M.  A.  Lety,  Siegel 
und  Gemmen);  8)  die  Funde  von  Gypern,  Rbodoe»  Mykeoa«,  fjUaearlik  u.  a. 

§.  200.  Da«;  kunsthistorisch  Wichtigste  ist  indessen,  dass 
die  Typen  und  die  Symbolilc  der  aegyptischen  und  der  baby- 
lonischen Kunst  mit  einander  ?erschmolzen  werden.  Die 
Greife  (hebr.  Krüb  [Gherob]  =  griech.  fpb^)  und  sonstigen 
Mlsebgestalten  Babylonfens  dringen  nach  Syrien  —  ein  wie 
es  scheint  specifisch  phoenikischer,  dann  auch  nach  Lykien 
gekommener  Typus  derselben  ist  die  Gbimaera  [in  Golgi: 
Gesnola-Stern  ,  Cypern,  Taf.  33,  3]  —  auf  Cheruben  thront 
wie  die  babylonischen  Götter  uiiii  Könige  auch  der  hebraeische 
Stammgoit  Jaliwc.  Daneben  steht  der  aegyptische  Spiiinx, 
der  gewöhnlich,  wir  wissen  nicht  aus  wclcliein  Grunde,  einen 
Frauenkopf,  später  auch  weibliche  Brüste  erhält  und  mit 
Flügeln  ausgestattet  wird;  in  dieser  Form  ist  sie  in  späterer 
Zeit  auch  nach  Assyrien  ged rangen.  Ueberfaaupt  findet  die 
babylonische  Uanier,  den  Gottheiten  und  Dämonen  FIQgel 
anzusetzen,  weite  Verbreitung:  auf  einem  mir  zugänglich  ge- 
wordenen Relief  Y<m  Djeräbis  ist  eine  dem  bekannten  baby- 
lonischen Typus  (§.  161)  nachgebildete  CrÖttin  der  Zeugung 
mit  zwei  Flügehi  darwstellt.  Wie  weit  die  letztere  Gestalt, 
oft  in  der  rolicsten  Weise  gearbeitet,  sich  verbreitet  hat,  ist 
bekannt;  sie  findet  sich  in  zahllosen  Exemplaren  auf  Cypern, 
aber  auch  in  Hissatlik  (aus  Blei,  ScnuciiANNy  liios  S.  380) 


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242 


Drittes  Bnch,  sirdtor  Abeehnitt 


und  in  Mykenae  'j.  Daneben  steht  eine  andere  Göttin,  welche 
lächelnd  in  eine  vor  der  Mitte  des  Körpers  gehaltene  LoCoe- 
bhune  eebaut  —  gfewOfanlich  nennt  man  sie  die  sidooisebe 
Astarte.  Auch  die  babylonische  Sitte,  die  Gottheiten  auf 
Tbiere  zu  stellen,  ist  in  Syrien  [and  weiter  in  Kletnasien] 
adoplirt:  es  ist  charakteristisch,  dass  die  Sladtgültin  der 
Chetastadt  Qades  auf  eiiunii  Löwen  stellt,  aber  sonst  ganz  in 
aecypti'^rher  \\  eise  wie  Isis  oder  Halhor  gebildet  wird,  mit 
dem  Sonnendiscus  zwischen  den  Hörnern  (ZDM.  XXXI,  729). 

Zn  dm  Ghemben  vfl.  DsunaGB,  Pftndiee  160  ff.  —  üeber  den 
SpMnxtypw  TgL  HnCHHOffSR,  Htttb.  srch.  Inst.  Athen  IV,  46  &  Wnbi. 
Sphinxe  ftnden  taxk  echon  in  Üjfik  (PmuiT,  Eipkmt  de  la  Gaktie  etc. 
pl  66.  07). 

§.  201.  Wahrend  sich  im  übrij]^en  aegyptischer  und  baby- 
lonischer Einfluss  die  Wage  halten,  lierrRchf  auf  driii  ( 1 'hu  te  der 
Religion  und  vor  allem  der  religiösen  Symbolik  jener  durchaus 
Tor  und  ist  auch  nach  Assyrien  und  Babylon  gedrungen.  In 
den  wenigsten  Fällen  Terstand  man  die  Bedeutnng  der  aegyp- 
tiscben  Symbole,  denen  man  als  Anmieten  und  heilbringenden 
Zeichen  den  grössten  Werth  beilegte.  Fast  durchweg  werden 
sie  daher  umgestaltet;  häufig  legt  man  auch  eine  neue  Be- 
deutung hinein  oder  entwickelt  aus  Ihnen  neue  religiöse  An- 
schauungen.  So  findet  sich  die  Hieroglyphe  des  Lebens 

auf  phoeniklschen ,  hebraeischen ,  syrischen,  Uemasiatiscben, 
nordafrikanischen  Monumenten  in  den  verschiedenartigsten 

Umgestaltungen  bis  zum  karthagischen        Das  aegyptische 

Zeichen  des  Mondes  ^O^,  eine  Vereinigung  von  Halb-  und 
Vollmond,  kehrt  in  demselben  Gebiet  überall  wieder,  aber  ge- 
wöhnlich wird  der  letztere  in  die  Sonnenschdbe  oder 

einen  btern        umgewandelt.  Der  Skarabaeus,  die  Uraeus- 

')  In  Hpf  Sr  tit  ivMANN'schen  Saitm  limp:  im  Berl.  Gewerbpinuseum. 
Aus  tier  oheii  angeiuiirleQ  troischen  Bleiligur  macht  Schliemakk  einen 
>PaD  mit  Bockshörnern«! 


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Verbnitoog  dar-  aegypUsehm  Symbole  in  YordemMiai.  243 


sdriänge  (die  sieh  auf  kletnasiatischen  Denkm&lero  auch  an  der 
Stirn  der  Ghetaftlrsteii  findet),  der  Homsspober,  der  Lotus,  ferner 
Soenen  des  religidsen  Lebens  wie  die  Fahrt  {Iber  den  Himmel 
werden  in  der  phoeniUsch-syrischen  Kunst  auf  Gemmen,  Reliefs, 

Vasen  (z.  B.  auch  auf  den  Bronzen  von  Kalach  §.  198)  zahllose 
Male  nachgebildet ;  dazwischen  finden  sich  Greife  und  andere 
Wesen  der  babvlnni<rlien  Kunst.  Die  aegypiische  Auffassung 
des  zeugenden  Sonnen^'^oltes  als  eines  Stieres  ist  von  den 
Kana'anaeern  adoptirt:  in  der  sidonischen  Sage  entführt  Zeus 
d.  L  Ba'al  die  Europa  in  Gestalt  eines  Stieres  (vgl.  den  Mino- 
taaros  §.  193),  und  bekanntlich  haben  die  Hebraeer  ihren 
Stammgott  Jahwe  vidfach  als  Stier  dargestellt  Die  aegypti- 
sirende  Form  der  Stadtgöttin  Qade§  ist  schon  erwfihnt;  wie  sie 
»halten  Ba^alat  [speeiell  in  Byblos]  und  Astarte  (daher  *AS- 
toret  Oarnaim,  die  gehörnte  Astarte)  die  Kuhhörner  mit  dem 
Sonnendiscus  (  §.  50)  als  Kopfschmuck.  Was  derselbe  aber  be- 
deute, wusste  man  nicht;  so  ist  es  gekommen,  dass  man  die 
Hörner  in  eine  Mondsichel  umwandelte  und  Astarte  sehr  gegen 
ihre  ursprüngliche  Bedeutung  auch  die  Function  einer  Mond- 
gdtttn  erhielt.  Kein  Symbol  aber  ist  häufiger  verwendet  und 
stärker  verfindert  worden  als  die  gefldgelte  Sonnenscbeibe.  Das 
Detail  der  Zeichnung,  namentlich  die  bdden  üraeusschlangen  am 
Discus,  verstand  man  nicht  und  bat  sie  auf  das  mannigfal- 
tigste umgestaltet  (vgl.  z.  B.  die  Sculpturen  von  Boghazkiöl 
und  Üjük).  Gelegentlich  setzt  man  dann  wohl  die  sieben 
Planeten  in  die  Sonnenscheibe  oder  auch  einen  menschlichen 
Körper.  Bei  den  Assyrern  erhält  dersellie  Pfeil  und  Bogen 
und  wird  zum  Hilde  des  obersten  aller  Götter,  des  Stadt-  und 
Kriegsgottes  Assür  (§.  181).  Von  hier  haben  ihn  die  Perser 
entlehnt  und  die  bekannte  Darstellung  ihres  höchsten  und 
einzigen  Lichtgottes  Ahuramazda  daraus  gemacht 

Von  dm  biarlier  gebMgen  Qc^nilSiiden  völlig  in  trenneo  sind 
die  attalreieh«o,  sweifeUM  von  Pboeiiilc«m  gefertigten  peendoaegyptiKben 
ArbeileDy  die  dem  Gelviete  des  Kiinsthuideb  angeboren  und  ebenso  nt 
beurtbetlen  wie  die  g^nwftrtig  eontaiden  peeadoefainealBefaeir 
Gegenttfinde.  Offenbar  waren  aegypiische  Artikel  sehr  gesucht.  Hierher 
febflno  s.  B.  die  iierflbmte  Sebale  von  Paleetrioa,  sftmmtüche  Gegenetftnd* 


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244 


Drittes  Buch,  sweitar  AbtebnitL 


dm  Schatm  von  Kurion  (Cutola,  Gypern  Taf.  76),  ElfenheiDplatU 
d€8  angebliehen  Aubnura*  aiit  Nimrad  (|.  107  Anm.:  Layahd,  Hon. 
af  Nin.  I,  89»  11;  vgl.  88«  6)  und  walmehemlieb  der  angebliche  Hyksoo- 
lOwe  aus  Bagdad  (|.  III  Anm.)- 

§.  202.  Am  einh«  itliclisten  gestaltet  sich  der  »asiatischet 
Mischstil  in  der  Ornamentik  des  Hausralhs,  in  der  Decoration 
der  Wohnungen.  Unter  den  verwendeten  Elementen  treten 
vor  allem  die  rein  linearen  Gebilde:  Mäanderlinie«  Haken- 
kreuz, reg^mfissige  Gunren  verschiedener  Art,  und  die  Blumen- 
ornamente: Lotus,  Knospen f  Krftnze,  Bouquets,  Pflanzen- 
geschlinge, hervor;  zwischen  beiden  steht  die  Rosette »  die 
man  für  babylonischen  Ursprungs  hält,  in  der  Mitte.  Hier 
linden  sich  die  gleichen  Muster  der  Fussböden  und  Plafonds 
in  Aegypten  und  Assyrien,  daneben  —  zweifellos  durch  phoe- 
nikischen  Einfluss  vermittelt  —  in  Orchomenos,  und  schwer 
dürfte  zu  entscheiden  sein,  wo  die  Ck>mposition  ihre  urspröng- 
liche  Heimath  hat.  Wenn  sich  sonst  in  Aegypten  wenig  Ein- 
fluss des  asiatischen  Stils  zeigt,  wenn  z.  B.  Greife,  geflügelte 
Sphinxe  u.  ä.  nur  ganz  vereinzelt  als  Ornament  vorkommen, 
wo  wir  es  zweifelsohne  mit  Nachahmungen  asiatischer  Vor- 
bilder zu  thun  haben  (z.  B.  Hoselliri,  Mon.  civ.  90,  6. 
121,  27),  so  beruht  dies  nicht  auf  Unkenntniss,  sondern  auf 
dem  ausgebildeten  KunstprefQhl,  das  die  Reinheit  des  Stils  zu 
wahren  bestrebt  ist,  ein  Gefühl,  das  den  Semiten,  auch  den 
Assyrern,  yö\V\^  abgeht.  Nur  Flügelwesen  —  ilie  aber  immer 
ihre  Flügel  wirklich  gebrauchen  —  linden  wir  seit  etwa  dem 
13.  Jahrliundert  immer  häufiger,  z.  B.  geflügelte  Skarabaeen 
und  Uraeusschlangen.  Die  alte  Anschauung,  dass  die  Him- 
melsgöttin Nut  mit  ihren  Flügeln  den  Todten,  d.  h.  ihren 
Sohn  Osiris,  schirmend  umschliessl,  wird  jetzt  sehr  oft  auf  den 
Todtenstelen  zur  Darstellung  gebracht  und  diese  Scene  auch 
auf  Isis  und  Kephthys  übertragen  (vgl.  §  160). 

.Deckeodeearationen  in  Aegypten:  RosELLon,  Mon.  eiv.  pl*  70~7& 
DOMiGHiOf,  Flotte  einer  aeg.  Königin,  letste  Tafel;  in  Assyrien:  Latard,  Moil. 
of  Nin.  II,  pl.  56;  in  Orchomenos:  ScHLtSMAiai,  Orchoro.  Taf.  1.  2.  Die 
gleichen  MoUve  finden  sich  z.  B.  in  Itykenae:  Schubvaff,  Myk.  p.  91  f.  und 
in  Ninive:  Latard,  Mon.  II,  55  a.  a. 


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Ornamflntik.  Der  geooietrisoli«  Stil.  245 

§.  203.  Zur  Verzierang  Ton  Vasen,  Sdunnekgegeiistftndeii, 
Gemmen  verwendet  man  vor  allem  Thierflgnren,  namentlich 

den  Löwen  allein  oder  im  Kampf  mit  Stier  und  Hirsch,  da- 
neben Vöj^el,  Fische  u.  ä.  Sehr  beliebt  ist  auch  der  Stein- 
bock, dessen  Kopf  und  Horner  häußg  aucli  als  Ifcnkel  und 
Deckel  der  Krüge  verwandt  werden,  hn  übrigen  wird  die 
Vasenornamentik  durch  eine  vorwiegend  durch  Linien  und 
lineare  Ornamente  (Mäander,  Zickzacklinie  etc.)  dargestellte 
Eintlieiliuig  behemebt,  welche  die  einzehien  Hieile  des 
f&Bses  sondert  nnd  Ihre  Bedeotnng  Uarlegi  Am  Fuss  Offnet 
sieh  gewöhnlich  eine  Knospe  nach  allen  Seiten;  der  Bandi 
wird  vom  Hals-  durch  einen  breiten  Gflrtel  getrennt  n.  s.  w. 
Die  dem  Thierleben  oder  anderen  Gebieten  entnonimeiicii 
Darstellungen  füllen  dann  die  Fächer  dieser  i^^Luiiielrischent 
Conslructionen  aup.  Pns«:  der  »geoinetriscbe  Stil«  asiatischen 
d.  h.  syrischen  Ursprungs  ist,  kann  füglich  nicht  bezweifelt 
worden.  Er  findet  sich  auf  Vasen  in  Ninive,  auf  Gypem 
und  Rhodos,  in  Mykenae,  und  bildet  den  Ausgangspunlct  der 
spftteren  griechischen  Vasentechnik.  Vor  allem  aber  erscheint 
er  auf  den  Vasen,  welche  unter  D^iatmes  DI.  und  Tuf  anchamen 
als  Tritmt  von  Rutenu  d.  h.  Südsyrien,  Eaft  d.  h.  Phoe- 
nikien,  und  den  Inseln  des  Meeres  nach  Aegypten  gebracht 
werden,  und  von  denen  manche  giuuü  die  später  in  Griechen- 
land herrschenden  Formen  zeigen.  Auch  in  Aegypten  ist  er 
im  Neuen  Reich  vielfach  verwendet  worden:  alle  iiegeiislande, 
auf  denen  er  vorkommt,  geben  sich  auf  den  ersten  Blick  al& 
Nachahmungen  eines  fremden  StUs  und  nicht  der  einhenni- 
sdien  Konst  entsprungen  zu  erkennen. 

Der  pboetiikische  Ursprung  des  geouielriscben  Stilä  ist  ^ueiäl  von 
HtLBW,  Oha,  sopra  k  proveDleina  Mb.  deeor.  geometr.  in  Annsü  dal 
Iint  47*  1875»  221  ff.  bebanptet  Bdapiele  ans  Afauve  daselbst  In 
Asgjptsn  als  Tribui  auf  den  §.  128  Anin.  anfahrten  Denkmilsni, 
farner  bei  hiomum,  Mon.  eiv,  pl.  68  (H  Qxid&t  ohne  genauere  Angaben 
aber  die  Herkunfl). 

§.  204.  Wohin  die  Plioeniker  gekommen  sind,  haben 
sie  auch  die  £rzeugni8se  ihrer  Kunst  und  Industrie  getragen; 


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246 


Drittes  Boeii,  sweHer  AtMobnilt 


daneben  sind  dieselben  auf  dem  Landwege,  namentlich  ' durch 
die  Gheta  (§.  258),  nach  Eleinasien  gedrangen.  Darin  tot 
allem  liegt  die  Bedeutung  dieser  vorderasiattseben  KonsC. 

Denn  wenn  auch  die  meisten  Colonien,  geschweige  denn  die 
einheimischen  Stämme  am  Weslmeer,  ubei  ihre  Vorbilder 
nicht  hinausgingen  und  in  der  Hegel  ihnen  ni(  lit  einmal 
gleichkamen ,  so  haben  die  Phocnikor  an  den  Küsten  des 
aegaeischen  Meeres  gelehrige  Schüler  gefunden.  Die  grie- 
chische Kunst  hat  sich  a\u  der  pboenikisch- vorderasiatischen 
heraus  entwickelt.  Auf  Gypem  und  Rhodos,  auf  den  grie- 
chischen Insehi,  in  den  Mdsacfaen  und  einigen  anderen  Ge- 
genständen von  Pssarlik,  in  Mykenae  und  Spada,  in  Orcfao- 
menos  u.  a.  finden  wir  überall  die  Documente  dieser  Kunst 
Im  wesentlichen  sind  alle  in  diesem  (}el)iete  ^'efundenon  Melall- 
arbeiten  zweifellos  plioenikisch ,  ebenso  ein  grosser  Theil  der 
Vasen,  und  ilu-  Einllu-s  zeij^^t  sii  h  übei.il!  in  den  einheimi- 
schen Werken.  Erst  seit  etwa  80U  v.  Chr.  tritt  dann  neben 
denselben  der  directe,  zweifellos  auf  dem  f.andweg  über  Klein- 
asten vermittelte  Einfluss  der  babylonisch -assyrischen  Kunst 

Daat  d«r  gesammte  Goldachmiiek  von  9i«u>lik  phoeDikiadi  ist, 
aeifeD  iwar  kaom  die  oogenCIgeiidan  Abbfldonc^  ia  ScBLUBum*a  üioa, 
wohl  aber  auf  das  daatlichBt«  dia  selir  xitriich  gaarbeiteten  Or^nala  adM, 

Religion  der  syrlsdien  Stämme. 

§.  205.  Auf  relipriö?em  Gebiete  finden  wir  die  altsemiti- 
schen  Anschauungen  überall  weikr  entwickelt  Jeder  Ort, 
jeder  Stamm,  jeder  Bergj,Mpfel  (z.  B.  der  Libanon,  C.  J.  sem. 
I,  p.  22  ff.)  hat  seinen  Ba'al,  den  »Herme  des  Orts.  Viel- 
fisidi»  hat  er  einen  bestimmten  Namen ,  so  in  Tyroe  Melqait 
»der  StadtkGnig«;  von  den  Nomadenstümmen  an  der  Gröize 
Palaestinas  nennen  ihn  die  Moabiter  Kamo$,  die  ^Ammoniter 
Miikom,  die  Hebraeer  Jahwe.  Neben  dem  Ba*al  steht  die 
Göttin,  die  Ba^alal  des  Ortes  —  z.  B.  die  »Herrin  von  Gebäl 
(Byhlos)«  —  (li(^  meist  den  Namen  'Asioi(et)  (aram.  'Atlar 
'A^dpij)  AoTäpTTj  trägt,  und  wohl  auch  durch  einen  Zusatz 


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Dt»  QOtter  der  Sfrer  and  Phoeiük«r.  247 

wie  »die  ^Aätor  des  Kamoic  oder  »die  ^AtUr  des  [in^Nord- 
syrien  verehrten  Gottes]  ^Atec,  griech.  'Äthane  und  cor- 
rampirt  Aspxsvii»  als  Gemahlm  des  beireflkndea  Loculgottes 
bezeichiiet  wird.    Diese  weibliche  Göttin  ist  zugleich  die 

Stadtgöttin,  die  Sciiirmherrin  des  Mauerrings,  und  trügt  als 
solche  die  Mauerkrone  auf  dem  Haupt.  Auch  zur  Scliicksals- 
göttin  (Oad  T^x*'])  wird  sie  vielfüch,  und  häutig  finden  wir 
die  Tyclie  einer  Stadt  neben  ihr  als  selbständige  Göttin  ver- 
ehrt; wir  wissen  bereits,  welch  mächtige  Rolle  das  Schicksal  in 
den  Anschauungen  der  Semiten  spielt.  Hinzu  kommen  zahlreiche 
andere  meist  locale  Gottheiten,  der  Gewittergott  Rasep  (Ausspr. 
unsicher),  die  KriegsgOttm^Anat,  der  Heügott  ESmOn,  die  der 
Artemis  gleichgesetzte  Göttin  Tnt  rOn»  der  wie  es  scheint  vor 
allem  in  Damaskus  verehrte  [Sonnengott?]  Hadad  n.  s.  w. 
Die  Gottheit  manifestirt  sich  vor  allem  in  heiligen  Steinen 
und  Bäumen,  es  ist  daher  allgemeiner  Brauch,  nebpii  dem 
Altar  —  der  häufig  selbst  aus  einem  heiligen  Fel>blocke  be- 
steht —  eine  Steinsäule  (Masscba;  daher  auch  Nisibis  '2^'^^^ 
ottJXt],  Steph.  Byz.  s.  v.)  und  einen  natürlichen  oder  künst- 
lichen Baum,  der  bei  den  Kana'anaeern  den  Namen  As6ra 
führt,  an&arichten.  Auch  in  charakteristisch  geformten  Oert* 
Uchkelten  manifestirt  sich  die  Gottheit;  so  kennen  wir  die 
Stätte  PnQ*el  »Antlitz  Et'sc  jenseits  des  Jordans  (Gen.  S2, 
29  ff.),  und  den  gleichen  Namen,  griechisch  npöotticov  b90^, 
führt  uiitcr  anderen  ein  Vorgebirge  an  der  phoenikischen  Küste. 
Eine  wie  es  scheint  den  Araniaecrn  cigenthümliche  Vorstel- 
lung ist  die  von  der  Heiligkeit  der  Fische,  in  denen  ihnen 
die  geheimen  Naturmächte  sich  zu  offenbaren  schienen. 

Eine  genegende  Behandlung  der  phoenikieehen  nnd  syrischen  Ra- 
iigion  ~  SsLüBR,  De  düe  Syrte  1988  •  bot  fBr  seine  Zeil  Tandgliebes  ~ 
fehlt  noch  völlig,  Hovibs  ist  hier  gens  unbranehber.  Von  groeaem 
Werth  sind  for  allem  ob  Voefii*s  Unlenoehnngen  in  M^langee  d*arehM 

Orient.  1868.  Ferner  BAri»i>>iN,  Studien  zur  sem.  Religionsgesrhichte  I.  II; 
J.  H.  MoRDTMAVH,  Mythologische  Miscellen  in  ZDM.  XXXI.  XXXII.  Ueber 
einzelne  Fragen  s.  m.  Aufsatz  ZDM.  XXXI,  710  fi'.  Ferner  Renan's  Com- 
ineatar  zum  ^'.orpus  inscr.  sem. ;  t  *r  die  syrischen  C^ulte  s.  vor  allem  die 
«ich  ergänzenden  lascbrifleDfamiuluu^eu  von  W  ADDUiUTUM  in  Lebas,  Yoyage 


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248 


Drittes  Bach,  swdter  Abwhnitt. 


archöol.,  Expl.  des  inscr.  V  partie:  Syrie,  und  de  VocOi,  Inscription» 
s^mitiques,  2  ßde.  —  Die  alttest.  Angaben  dürfen  ohne  jedemnalige  kri- 
Uaehe  UoUnaehung  über  die  belrefTend«  Stelle  nicht  verwerthet  werden. 
—  Dass  ASera  der  Name  des  heiligen  Baumes,  nicht  der  G(yttin  ist,  steht 
völlig  fest.  Zu  der  von  Schroeder,  ZDM.  XXXV.  424  veröfTentlicbUn 
Inschrift  von  Kition  vgl.  Stade,  Z,  altt.  Wm.  I,  344;  Renan  im  G.  J. 
send.  Nr.  13,  —  Die  Zeugnisse  für  den  Steincult  an  allen  Orten  Syriens 
sind  ausserordenUich  ?:ihlreich.  Hier  erwähne  ich  nur  die  liattüXia,  runde 
Meteorsteine.  Jenen  aian  Wunderkrafl  zuschrieb:  Philo  2,  19;  Phn.  87,  lä5. 
Damascius  viUi  Isidori  p.  1048.  lOtJl  up.  Phot.  ii.  a.  r>er  Nnme  ist  identisch 
mit  dem  hellt  ari-chen  Bet-el,  »dem  Hause  Ei's«,  wo  ein  heiliger  Slein  die 
Btelle  anzeigt,  an  der  eine  Leiter  Himmel  und  Erde  verbindet  (Gon.  28» 
vgl.  Wellhaüskn,  Jahrl».  Deutsch.  Theol,  XXI,  420).  Masseben  aus  Moab 
finden  sich,  worauf  Guthk  mich  aufmerksam  macht,  bei  Schick«  Z.  Paiaest. 
Verein  II,  Tal.  1.  2. 

§.  206.  Neben  und  Über  diesem  Pantheon  stehen  die 
grossen  Gottheiten  El  (und  liät),  Astarte,  »der  B^alc  d.  i. 

der  Herr  der  Welt,  der  Ba*al  des  Hiniincls  ii.  ü.,  ferner  der 
Sonnengott,  der  Mondgoft  n.  a.  Es  ist  natürlich,  dass  mit  fort- 
schreitender Ctilfür  sich  die  Stellung  dieser  Gottheiten  präci- 
sirte,  ihr  Machtgebiet  abgegrenzt  wurde»  dass  an  den  einzelnen 
Orten  die  Priesterschaft  theologische  Systeme  bildete,  die  viel- 
fach sehr  von  einander  abweichen  mochten.  Auch  eine  My- 
thologie entwickelte  sich,  wenngleich  dieselbe,  der  nüchternen 
Naturanlage  der  Semiten  entsprechend,  nie  so  umfangreich  aus- 
gebildet worden  ist,  wie  bei  den  Aegyptern  und  den  meisten 
indogermanischen  Stämmen.  Wir  finden  Erzählungen  von  den 
Fahrten  und  Thaten  des  Sonnengottes,  speciell  des  (tyrischen 
Stadtgottes)  Melqart,  griechisch  'HpaxXl}^,  der  daher  auch  der 
Schinnherr  der  Seefahrten  und  Colonien  im  Westen  ist  (Diod. 
XX,  14  u.  a.),  von  den  Kämpfen  der  Götter  uin  die  Herr- 
scliafl,  von  der  Entstehung  und  EnLwickelung  der  Welt  und 
den  Anfangen  in  der  Cultur,  vor  allem  aber  Traditionen  über 
den  Ursprung  heiliger  Gebräuche  und  nicht  mehr  verstandener 
Anschauungen.  Das  Detail  entzieht  sich  hier  fineilich  fast 
überall  unserer  Kenntniss,  da  uns  neben  zerstreuten -griechi- 
schen Angaben  nur  Auszüge  aus  späteren  plioenikisch- griechi- 
schen Machwerken  zu  Gebote  stehen,  vor  allem  die  von  Philo 


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ThAologie  und  Ritual.  249 

-von  Ljyblos  um  100  n.  Chr.  nnf  den  Namen  eines  vor- 
homerischen Phoenikers  Sanchunjalhdn  verfasste  phoenikische 
Geschichte,  die  mit  aegyptischen ,  griechischen  und  vielleicht 
auch  hebraeischen  EiemeDten  durcbsetet  ist  und  die  Tendenz 
▼erfolgt»  den  phoenlkiBcben  Ursprang  der  BTteehiscfaen  Religion 
and  Gidtar  za  erwetoen  und  nebenbei  die  geeammte  religlflse 
Ueberlieferang  in  platt  euhemeristiseher  Weise  zu  erlclSrett. 

Ueber  Fhilo's  SancbünjalliOn  s.  Ewald,  Abli.  (iött.  Ges.  V.  1855; 
Rekan,  M^m.  de  l'ac.  des  inscr.  XXIII,  2,  1858;  Baldiüsin,  Studien  1. 
Phoenikische  Origiiialwerke  wird  Philo  bei  seiner  Gompilation  verwerthet 
halMii;  ehamkteiMiflQli  Iftr  den  späten  Ursprung  deneiben  ist  absr 
tmter  «ndcrem,  dass  er  die  aramaeiseben  Formen  Ziuo*r]9-ri|i. £v  und 
BttXoa{i-f}v  liraQebt  —  Neben  Pbilo  sieben  die  ▼<»  Damescliw.  de  prim. 
princ.  e.  189  Kopp  bewahrten  komog onlseben  Fragnenle  nach  sidoo. 
ffherlieferung  aasEademos  und  Hochos  [Aber  den  Posidonios  bei  Strabo 
^Vl,  2,  24  zu  vergleichen  ist].  Unter  den  griechischen  Schriften  ist 
am  \vichtigsten  die  jedenfalls  echte,  in  Haetiahmnng  Herodot'e  verfaseta 
8€brifl  Lodan's  de  dea  syra. 

§.  207.  Vor  allem  aber  verliert  mit  fortschreitender 
Cultur  auch  der  Cultus  die  alte  Einfachheit  und  Schlichtheit. 
Ein  festes  Ritual  bildet  sich  aus,  das  sich  auf  altererbte 
Traditionen  gründet.  Und  hier  hecrscht  nun  durchaus  die 
finstere  AufEassong  vor  und  ihre  Gonsequeozen  veerden  un- 
erbittlich gezogen.  Die  grossen  Götter,  auch  die  Schinn* 
herren  des  Stammes  oder  der  Stadt,  sind  laonisch  und  im 
allgemeinen  dem  Itoscfaen  feindlich  gesinnt  ^  es  mag 
sein,  dass  dabei  z.  B.  beim  Bifal  die  mythologische  Anf- 
fessung  desselben  als  Sonnengott  mitwkte  ^  sie  verlangen 
i)!utijje  Opfer,  um  beschwichtigt  zu  werden.  Damit  das  Unheil 
von  denen  abgewandt  werde,  auf  die  sie  zürnen,  muss  ein 
anderer  Mensch  als  stellvertreteüdf -  Sühnopfer  ihnen  dar- 
gebracht werden,  ja  sie  verlangen  das  Opfer  des  erstge- 
bornen,  des  liebsten  Sohnes.  Ist  das  ganze  r4erneinwesen 
Tom  Zorne  der  Ciottheit  betroffen,  so  haben  der  Fürst  oder 
der  gesammte  Adel  für  dasselbe  ihre  Kinder  hinzugeben.  Bei 
den  Kam^anaeem  scheint  diese  Anschauung  Qberall  zor  Herr- 
schaft gelangt  zu  sein,  wfthrend  sie  sich  auf  aramaeisebem 


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250 


DrittM  Boeh,  swtfter  Alüchaitt. 


Gebiet  nicht  nachweisen  lässt.  Vor  allem  ist  es  Kl  (griech. 
Kpöyoc),  dem  das  Opfer  gebracht  wird;  doch  neben  ihm,  wie 
das  AUe  Testament  anch  jeder  anderen  ä&  herr- 

sehenden  Gottheiten  des  Stammes,  —  In  diesen  Zusammen- 
hang gehört  auch  die  hei  den  Eant^anaeem  weit  yerbreltete, 
übrigens  aus  Aegypten  entlehnte  (§.  59  Anm.)  Sitte  der  Be- 
schneidung, die  als  ein  der  zürnenden  Gottheit  dargebrachtes 
blutiges  Opfer  zu  betrachten  ist,  durch  das  der  Mensch  sich 
loälöst  (vgl.  die  Erzalilung  des  Jahwisten  von  ihrem  Urspning 
£}L0d.  4,  24—26). 

Ausser  den  Angaben  des  A.T.  t.  t.  allem  Diodor  XX,  14;  Jusüii. 
XVIII,  6,  11;  Suiüas  s.  v.  SapSävto;  feXcug;  Philo  fr.  2,  24.  3-5,  wo- 
nach El  selbst  zuerst  das  Opfer  seines  eingebornen  Sohnes  voUiOgen  hat. 
—  BescbneiduDg  bei  den  Kana'anaeern;  üerod.  U,  104  u.  a, 

g.  208.  In  ähnlicher  Weise  artet  der  Gultus  der  grossen 
Göttmnen  (Bif  alat,  Astarte  und  bei  den  Äramaeem  Atargatis) 

aus.  Wie  sie  zugleich  Gotlheiien  der  Zeu^'unj^'  und  des  Er- 
sterbens,  des  Frühjahrs  und  des  Winters  der  Natur  sind,  so 
verlangt  ihr  Gult  neben  einander  die  aussciuveifendsle  Festfreu'le 
und  den  wildesten  Schmerz.  Astarle  ist  die  Göttin  der  Liebe 
und  Zeugung;  als  solcher  ist  ihr  die  Taube  heilig,  eine  früh 
von  den  Griechen  übernommene  Anschauung;  ihr  zu  Ehren 
nuSssen  die  Jungfrauen  sich  preisgeben,  eine  Sitte,  die  auch 
in  Babjlonien  allgemein  heirscht  (Berod.  I,  199;  vgl,  §.  146). 
Aber  von  ihren  Verehrern  fordert  sie  auch  die  Entmannung 
und  blutige  Kasteiung.  An  den  einzelnen  Orten  bilden  sich 
Mjrthen,  »heilige  Sagen«  (s.  §.  67),  welche  den  Ursprung  dieser 
Bräuche  erklären,  gewisserraaassen  den  Leitfaden  für  die  Fest- 
feier bilden  und  natürlich  nur  den  »Wissenden«  mitgetheilt 
werden.  So  erzählte  man  in  Bybios  —  von  der  Göttin  dieser 
»Mysterienstadt«  (dma  setau)  redet  schon  Pap.  Anastasi  I  — 
wie  die  Ba'alat  der  Stadt  (Astarle,  griech.  Aphrodite)  den 
schönen  Jüngling  Adonis  »den  Herrn«  (einen  Sonnengott?) 
geliebt  habe,  dieser  aber  von  den  neidischen  GGtteni  auf  der 
Jagd  durch  einen  Eher  getödtet  sei.  Natflriicfa  lebt  der  Gott 
zum  Schlttss  wieder  anf,  denn  der  Torgang  wiederholt  sieh 


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MeoseheiK^fer,  Proatitntioii,  EntniiiiQiiDg.  ürande  EndLQsw.  251 

Ja  jedes  Jabr.  Zur  Erinnerung  an  ifan  bftlt  man  die  Trauer- 
feste am  Flusse  Adonis  (Nähr  Ibrahim)  ab,  der  sich  vom 

Bhite  des  Gottes  roth  färbt.  Diese  Sage,  die  vielleicht  aus 
Habylonien  ti  den  Weslscmilen  gekommen  ist  —  wenigstens 
der  spater  [zuerst  Ez.  8,  14]  dem  Adonis  gegebene  Name 
TummLiz  ist  babylonisch  (§.  146)  —  hat  sich  bekanntlich  von 
Byblos  aus  vor  allem  über  Gypern  weit  verbreitet.  Aehnlicb 
erzählte  man  in  Nordsyrien,  wie  der  Geliebte  der  GÖttiUi  in  der 
»heifigen  Stadt«  Bambyke  (Mabbüg)  Kombabos,  anderswo,  wie 
es  scheint,  ^Ate  genannt  [daher  Atargatis,  §.  205]  sich  selbst 
entmannt  habe  und  zum  Andeaakm  daran  die  Yersehneldung 
Ton  seinen  Anhängern  geübt  werde  u.  s.  w.  Widerlicher  noch 
als  all  diese  Gultusformen  selbst  Ist  die  entsetzliche,  aber  echt 
sciüitiiiche  starre  Goiisequenz,  mit  der  sie  durchgeführt  werden. 

lieber  die  Monumente  des  Gultus  Ton  Byblos  genfigt  es  hier,  auf 
Rkrah's  Mission  de  Ph^nicie  zu  verweisen.  —  Bekanntlieh  prosUiuiren 
sich  der  Göttin  zu  Ehren  nicht  nur  die  Frauen,  sondern  auch  Männer 
(D^t!^"ip,  auch  D'D^D»  vgl.  jetzt  auch  G.  J.  sem.  Nr.  86).  -  Ein  letiter 
Ausläufer  der  hier  anknüpfenden  Speculationen  ist  die  auf  Gypern  ge- 
lehrte Vorstellung,  dass  Aslarte  ein  mannweibliches  Wesen  sei,  die  man 
sehr  mit  Unrecht  für  uralt  erklärt  hat;  s.  ZDM.  XXXI,  IHO  fT.  Was 
Mansei.l,  Gaz.  arch.  V,  62  ff.  trep-en  mich  anfiilirt,  daas  dtr  Vtjiiuöslerii 
im  babylonischen  System  gelegentlich  auch  männlich  gefassl  wird,  be- 
weist nichts  gegen  meine  Behauptungen;  vgl.  §.  149.  Vgl.  auch  Dill- 
Uäm,  Ba*a]  mit  wetbttehem  Artikel,  Ber.  fisrL  Ak.  1881,  601.  - 

DuB  AsUrte  unprOnglieh  weder  MondgOltin  (s.  %,  SIOl)  noch  der  Venns- 
slem  ist,  ward  schon  erwähnt.  Proeütotion  Auf  Cypem  Im  Dienste  der 
Aphrodite  Berod.  I,  199;  Justin.  XVUI,  5,  4. 

§.  209.  Wie  auf  aHen  anderen  Gebieten  macht  sich 
auch  auf  reKgiOsem  fremder  Einfluss  stark  geltend.  Auch 
hier  ist  im  Süden  der  aegyptische,  im  Norden  der  ba- 
bylonische Einflnss  vorwiegend.   So  finden  wir  in  Gharrdn 

den  babylonischen  Mondgott  Sin  (vgl.*  Schräder,  KGP.  5S6, 

KAT.  2.  Aufl.,  149)Jn  Edessa  den  Nebo.  Auch  d(.  r  in  l\ilaeslina 
in  Gestalt  eines  Fisclies  mit  menschlichem  Kopf  un  l  Armen 
verehrte  Gott  Da^on  (§.  266)  scheint  aus  Babylon  zu  stammen. 
Dass  der  Name  Astarte  und  die  an  sie  aniuiüpfend^  Sagen 


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262 


DfittM  Boflk.  sfPiitar  Abffthfritt. 


TieUeicht  reinbabylonischen  Ursprungs  sbnd,  ist  fröher  schon 
erwähnt  Im  einielnen  ist  dar  fioden  noch  sehr  schwan- 
kend, aher  überall  sdien  wir  auch  hier,  dass  lang«  Tor  Be- 
ginn sicherer  historischer  Kunde  die  lebendigsten  gesehieht- 
liehen  Beriehnngm  awisehen  den  V(dkem  Vorderasiens  auf 
politischem  wie  auf  geistigem  Gebiete  bestanden  haben.  Wenn 
die  im  neunten  Jahi  iiuiuieri  aufgezeichnete  hebraeische  Sage 
von  den  Anfangen  de?  Menscliengeschiechls  (g.  380)  in  der 
That  ans  Babylon  starunien  sollte,  so  tritt  nur  ein  neuer 
Beleg  zu  zahlreichen  anderen.  Seit  der  Zeit  der  assyrischen. 
Eroberungen  ist  dann  aneb  anf  reügiOseni  Gebiete  der  fiinfluss 
Bahylonieos  noch  stMer  gewordoL  Erst  damals  beginnt,  wie 
es  scheint,  der  babylonische  Stemdienst  in  den  Anacfaammgen 
der  syrischen  Stämme  Eingang  za  finden,  so  dass  s.  R  Astarte 
gelegentlich  auch  zur  Göttin  des  Vennsstems  gemadit  wird 
oder  von  dem  »ganzen  Himmelsheer«  die  Rede  ist  (vgl.  §.  359). 
Die  Aneignung  1  r  Fluilisage  durch  die  Hebraecr  reicht  nicht 
über  diese  Zeit  hinauf  (§.  177),  und  nrx  li  s{?:ltt  r  <ind  bei 
ihnen  und  ebenso  vermulhlich  im  übrigen  Syrien  die  baby^ 
ionischen  Monatsnamen  an  die  Stelle  der  einheimischen  getreten. 

Wie  stark  der  aegyptiscbe  Einflnss  namentlich  durch  die- 
Vermittelimg  der  Konst  gewesen  ist,  worde  schon  ausgeführt 
Bei  den  Phoenikem  greift  er  noch  weiter;  ▼erachledene  aegyp- 
tiscbe GMter,  namentlich  Osiris  und  Dliuti,  sowie  wahrscheinlidi 
Horns,  sind  Ton  ihnen  adoptirt  worden.  In  ByWos  verschmilzt  dle^ 
Astarte-Adonissage  in  späterer  Zeit  völlig  mit  der  von  Isis  und 
Osiris  (vgl.  Plut.  de  Ts.  15  mit  Luc.  dea  Syra  7,  Apollod.  11^ 
1,  3,  7  u.  a.).  Auch  die  Tiieulügie ,  wie  sie  ini-  wenigstens 
vorliegt,  ist  stark  von  Aegypten  abhängig  (namentlich  Philo 
fr.  2,  1),  und  sie  gilt  wenigstens  in  Bybios  als  Offenbarung 
des  Schriftgottes  Taaut  d.  i.  Dhnti.  —  Auch  hier  sind  jeden- 
falls manche  Anschauungen  erst  in  Folge  der  tiefjKrmfenden 
Berührungen  mit  Aegypten  seit  der  18.  Dynastie  adoptirt, 
manches  mag  in  nodi  spiterer  Zeit  herfiheigenommen  sein; 
dodi  fehlt  aodi  hier  das  Material,  um  die  Perioden  der  fint- 
wiciielung  zu  sondern. 


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AllfiliMtiMr  UelMiUkk,  üwtiBliMiing  dm  triaggwiweg.  ^ 


IIL  Die  aegyptischen  EFobenmgen. 
AlIgMitlner  Ueb^rbUek.  UmgetUiltimg  des  Kriagswetent. 

§.  210.  Während  wtr  in  den  älteren  Zeiten  wohl  hie 
und  da  einen  Einblick  in  die  allgemeinen  Beziehungen  der 
Völker  gewinnen  —  es  sei  hier  an  das  Andränfen  fjrrischer 
Stämme  gegen  Aegypten  nach  der  6«  Dynastie  und  an  die 
Kriegszfige  der  Kiamiten  und  Gbaldaeer  nach  Syrien  erinnert 
—  aber  aUea  Detail  mch  nnaerer  Eenntnias  Tdllig  entsidit, 
beginnt  die  Mglichkeit,  die  Geschichte  der  Nationen  Vorder- 
asiens  tmd  NordafrUcas  sosammenftusend  darautellen,  mit  der 
Vertreibung  der  Ilyksos  aus  Aegypten  und  den  daran  sich 
anschliessenden  Eroberungszügen  der  PharaoiK  n  nach  Syrien. 
Freilieh  können  wir  auch  hier  nioist  nur  aligemeine  Umrisse 
zeichnen,  auf  viele  wichtige  Fragen  fehlt  uns  die  Antwort, 
und  mehr  als  einmal  klaffen  in  unserem  Material  gewaltige 
Lücken,  so  dass  wir  wieder  auf  unncheres  Tasten  und  ein- 
faches Nebeneinanderstellen  der  fragmentarischen  Ueberiirfe- 
mng  angewiesen  sind.  Indessen  ist  der  Gewinn,  den  eine 
znsammenfassende  Betrachtung  gewahrt,  doch  ein  so  grosser, 
dass  ee  geboten  schemt,  das  Wagniss  m  unternehmen. 

§.  211.  Von  besonderer  Bedeutung  ist  die  Umgestaltung 
des  Kriegswesens  im  ganzen  Gebiete  der  aegyptisch  -  vorder- 
asiatischen Cultüru  L'lt.  Du  s(H)f'  beruht  auf  der  Finfi"ihrung 
des  Pferdes.  Die  Heimath  des  Pferdes  ist  wahrscheinlich 
die  turanische  Steppe,  von  hier  aus  ist  es  zunfichsi  zu 
.  den  Iraniem,  dann  in  die  Euphratlandschaften  gekommen; 
im  Asayriachen  schreibt  man  semen  Namen  ideographiscii 
>£ael  des  Ostensc  Die  Aegyi>ter  kennen  es  erst  sdt  der 
Hyksosaeit.  Ueberall  dient  es  nur  zum  Kriege,  nicht  als 
Lastthier,  und  nie  wird  geritten,  sondern  von  zweirftdrigen 
Schlachtwagen  herab  gekämpft.  Dieselben  sind  sehr  sorgfältig 
gearbeitet  und  reich  verziert;  die  Kunst  des  Wageobaues 


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2U 


DrittM  Baeb,  Mttar  AbKlunU. 


scheint  besonders  in  Syrien  in  Blüthe  gestanden  m  haben, 
da  Dhatmes  IQ.  unter  der  Beute  und  den  Abgaben  besonders 
hftafig  mit  Gtold  nnd  Silber  besdilagene  Wagen  aufsiblt  Den 
Namen  des  Wagens  (merkabat)  haben  die  Aegypter  aus  Sjii^ 
entlehnt,  wfthFend  die  A883rrer  eine  wenig  abweichende  Form 
(narkabtu)  gebrauchen.  Ks  ist  bekannt,  dass  dieselbe  Kampf- 
weise —  wolil  zunächst  auf  dem  Landwege  über  Kleinasien 
—  auch  nach  Griechenland  predrungon  ist.  Die  hoinorisrhe 
Zeit  kennt  das  Pterd  nur  als  an  den  Wagen  gespanntes  bireit<< 
ross,  nickt  als  Reittbier. 

Ueber  die  Rerkanft  des  Plerdea  t,  HnDr,  Gaitnrpflaniea  and  Haoe^ 
tbiere ,  2.  Aufl. ,  8.  90  EinfUhrung  des  Prerdee  iä  Aegypten :  Ebers, 
A^.  BM.  231.  HoMMEL,  Säugethiere  420  [anders  Chaba«,  Ani.  Iiistor.  421  SL 
und  DrMTarF!!?  in  Brehm's  Thierleben  III,  4];  vgl.  auch  die  Bemerkunp 
ZDM.  XXXI.  7'?«^  nntpn,  Dass  vereinzelt  das  Pferd  aucli  zum  Reiten 
benutzt  winl  ((^habas  I.  c,  ebenso  II.  0,  C79  u.  a.)  und  als  Arbeilslhler 
vorkommt,  ist  kein  Beweis  gegen  den  als  allgemeine  Regel  vollkommen 
gültigen  Satz  de«  Textes.  -*  Auch  der  aegyptiscbe  ^ame  des  Lastwagen»» 


§.  212.  Durch  die  neue  Waffengattung  wird  nicht  nur 
der  Charakter  der  Sclilachten  Töllig  verändert,  sondern  der 
ganze  Krieg  erbftU  weit  mehr  Beweglichkeit  nnd  grossere 
Dmensionen.  £s  kommt  bhun,  dass  die  neae  Kampfweise 
kostspielig  ist  nnd  grosse  üelmng  erfordert.  Beides  begflnatigt 
die  Entwickehmg  eines  gesehlossenen  Kriegerstandes  nnd  yrer- 
mehrt  die  Ueberlegenlieit  der  jrröfseren  Staaten  über  die 
kleinen,  wenig  bemittelten  Gemeinwesen.  Die  Wirkungen 
dieser  Umgestaltung  treten  zunäclist  in  der  weiteren  Enlwicke- 
Inn^'  Aefryptens  auf  das  deutliehste  liervor.  Nachdem  es  ge- 
lungen ist,  die  Ilyksos  niederzuwerfen,  wird  die  friedfertigste 
aller  Nationen  znm  erobernden  Volk.  Es  ist  ein  fremder, 
nnd  wie  schon  früher  (§.  118)  hervorgehoben,  dtf  Masse  des 
Volkes  immer  fremd  gebliel)ener  Geist  Ober  das  Land  und 
seine  Herrscher  gekommen;  die  grossen  GOtter  von  Tbeb», 
Amon  nnd  Mentn,  ebenso  der  Gott  des  Auslandes  Sutecb- 
Ba'al  werden  zu  Krieg?^?öttern.  Schon  der  letztere  Umstand 
zeigt,  wie  stark  der  fremde  Einfluss  gewesen  sein  muss.  DasL 


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Einnibniiif  des  PMes. 


Qlekbe  lehren  vodm  Anzeichen;  so  wird  die  Kemtruppe  der 
aegyptischen  Mannschaft  wenigstens  unter  Ramses  IL  mit  dem 
semitischen  Namen  na^amna  (ony^)  »invenes«  bezeichnet, 

und  wir  werden  sehen,  wie  sich  das  aegyptische  Heer  mehr 
und  mehr  in  ein  unter  ireaiden  Völkern  geworbenes  Söldner- 
heer umwandelt 

Vertreibung  der  Hyktot. 

§.  213.  Gegen  das  Ende  der  HyicBoezeit  finden  wir  in 
Theben  ehie  Reflie  von  Herrschern,  die  wir  als  directe  oder 
indirecte  Erben  der  letzten  Könige  der  13.  Dynastie  zu  be- 
trachten haben;  sie  entsprechen  den  mit  den  letzten  Hyksos 
gleichzeitigen  thebanischen  Köni^n  der  17.  Dynastie  Manetho's. 
Monumente  haben  sie  wenig  iiinterlassen  ;  ihre  bescheidenen 
Grabbauten  errichteten  sie  an  derselben  Stelle  und  in  dem- 
selben Stil  wie  die  Pharaonen  der  11.  Dynastie,  die  ja  auch 
eine  ganz  ähnliche  Stellung  eingenommen  haben.  Drei  dieser 
Könige  fähren  den  Raichen  Namen  Ta^a  mit  dem  Vornamen 
Bifsqoien.  Von  einem  derselben  berichtet  eine  im  Vollcstone 
gehaltene  Erzählung,  deren  Eingang  der  Pap.  Sallier  L  bewahrt, 
wie  er  mit  dem  EOnige  Apepi,  der  den  Sutech  als  einzigen 
Gott  verehrte,  in  Stidt  gerieth.  Sie  bezeichnet  den  Ra'sqenen 
durchweg  nur  als  »Fürsten  der  Sudstadt«  (d.  h.  Thebens). 
Jedenfalls  Bind  es  diese  Herrscher  gewesen,  die  den  Freiheits- 
krie^i  begonnen  und  die  Ilyksos  in  langjährigen  Kämpfen  all- 
nialjlit  ii  zurückgedrängt  haben.  Auf  Taa  III.  mit  dem  Bei- 
namen qen  »der  Tapfere«  —  Ta'a  Tl.  heisst  'a  »der  Groesec  — 
folgt  Kamcs,  der  Gemahl  der  A^ahhotep,  deren  mit  ausser« 
ordentlich  reichem  und  kanstvollem  Goldschmudt  ausgestattetes 
Grab  Mabbttb  aufgedeckt  hat  Hur  Sohn  A^ahmes  ist  der 
Vollender  der  Befreiung  Aegyptens. 

Neben  diesen  Herrschern  finden  wir  eine  ganze  Reihe 
in  den  Eönigsring  eingeschlossener  Namen,  die  gelegentlich 
auch  den  Königstitel  tragen,  meist  aber  als  »königliche  Prinzen« 
l)ezeichiiet  werden,  so  A'ahmes,  Sohn  des  Paar,  Biupu  a« 


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^56 


Drittes  Buch,  dritter  Abscbnitt. 


Sehr  wahrscheinlich  ist  die  Vermutiiuiig,  dass  wir  in  ihnen 
Gaufürsten  zu  sehen  haben,  die  sich  in  den  Zeiten  der  Zer- 
splitterung unabhängig  gemacht  hatten  und  jetzt  der  natio- 
nalen Dynastie  ron  Theben  sich  anschlössen.  Zum  Liohne 
dafdr  wäre  ihnen  dann  ein  Theil  der  königlichen  Wfirde  be- 
lassen worden. 

Gräber  mehrerer  dieser  Fürsten  werde»  im  Pap.  Abholt  erwähnt 
(§.  OT)  Aiirn.).  Das  Grab  eines  unbekannten  Koiii^:s  Aahmes  und  der 
A'alihuLep  li;it  MAHiti  i>  iii  Drah  abu-lnegga  gelunden :  RAn.  II,  29.  Die 
Särge  und  Leichen  des  Ta'a  IH.  und  zaliireirher  seiner  Nachfolger  wurden 
später  nach  D^r  el-Bahari  verschleppt,  wo  sie  1881  eutdeckt  wurden: 
MAspfcRo,  La  troQvaille  de  Deir  el  Hahari.  Amelineau  in  Rev.  des  que- 
siions  histor.,  April  1882.  —  Fap.  SalHer  I.  ist  zuerst  analysirt  von 
DB  Roooi,  Bruosch  (ZDM.  IX),  Gocowni.  Genauere  Uebersetzungeu  Ton 
Ghabas»  Pasleura  en  ^gypte ;  Brugsch,  Gesch.  Aeg.  iS22  u.  a.,  vor  «Uciii 
HAnvRO,  ^ades  4g.  I,  2  (Journ.  a«.  1880).  Wenn  auch  Mastbro^i  Er- 
gSnzungsveraueb  —  er  behandelt  die  ErtfthluDf  wesentlich  als  Mareben 
»  mehrftkche«  Zweifeln  unterliegt,  so  hat  er  doch  jedenfalls  Recht,  ihr 
einen  streng  historisehea  Charakter  absusprechen.  Sie  gibt  die  Volks- 
traditioD  Aber  den  Hyksoskrieg,  wie  sie  sich  unter  der  19.  Dynastie  ge- 
bildet hatte,  und  reprisentirt  eine  weit  Ütare  Stufe  der  Ueberliefening 
als  Nanetho.  ~~  Die  »königlichen  Prinien«  erscheinen  Tor  allem  in  den 
beiden  KOnigsIisten  von  D6r  el-Hedtne,  Lipsros,  Denkm.  III,  2  (die  eine 
auch:  Auswahl  11),  femer  auf  einem  Turiner  Sarkopbagdeckel:  Lmns, 
Auswahl  IL  Ihre  Stellung  hat  BincH,  RA.  XVI,  272  wohl  richtig 
erkannt,  aber  im  einzelnen  ist  hier  noch  alles  unklar,  z.  B.  warum  dem 
A'ahmes  se  Paar,  der  im  Pap.  Abbott  König  genannt  wird  und  noch 
unter  Amenhotep  I.  lebte)  Martette,  Mon.  div.  89;  Rosellini,  Mon.  stor. 
29,  3),  einmal  weibliche  Attribute  jregehen  werden,  —  Vereinzelle  ^fonu- 
mente:  Die  Harpokralesstatue  Mahikttf,  Mon  div.  48b  mit  dem  Namen 
Suasenra'  fl3.  Dyn. !  §.  107)  A'abmos  Binpu  und  Neferkara.  Ferner 
ib.  pl,  51.  52.  Königin  A'ahhotep  wird  von  den  Spfderpn  als  Stamm- 
m litter  des  folgenden  Königsgeschlechts  vielfach  hochgeehrt;  ebenso 
A'ahmes.  nefertari,  die  Gemahlin  A'ahmes*  I. 

§.  214.  lieber  den  Ausgang  des  Befreiungskrieges  er* 
fahren  wir  Genaueres  durch  die  Grabschrift  des  in  Eileithyia 

(Elkab)  bestatteten  SchifiFshauptmanns  A^ahmes,  dessen  Vater 
Baba  unter  Ta^'a  III.  als  Officier  gedient  halte,  und  der  selbst 
als  SchifiTsof&cier  unier  König  A^ahmes  seine  militärische  Lauf- 
bahn begann.  Nach  derselben  waren  die  Hyksoe  zu  Anfang  der 


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Verlfdlmiig  dar  Hyk«». 


2&7 


Kegiening  des  A^ahmes  bereits  auf  die  Feste  Halicar  (Auaris) 
beschränkt.  Um  dieselbe  entspann  sidi  ein  langer  Kampf, 
sie  wurde  za  Lande  und  zu  Wasser  (d.  h.  auf  einem  Nil- 
arme)  belagert  und  schliesslich  genommen.  Der  KOnig  setzte 

den  abziehenden  Asiaten  noch  weiter  nach;  in  seineiii  fünften  (?) 
Jahre  belagerte  und  eroberte  er  den  Ort  Sarhan  im  äus- 
stTsten  Süden  Palaestiiia  s  (wahrsch.  |n11C%  Jos.  19,  ß).  Da- 
mit war  die  Fremdherrschaft  vernichtet,  Aegypten  neu  ge- 
einigt und  zugleich  jenseits  desselben  fester  Fuss  gefasst  zu 
Abwehr  und  Angriff.  Doch  kann  es  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, dass  ein  grosser  Theil  der  fremden  Bevölkerung  In 
den  im  Ddta  oceupirten  Wohnsitzen  ansässig  blieb  und  von 
den  nationalen  Herrschem  nicht  weiter  bedrOdct  ward.  Kana- 
^anaeiscfae  Namen  und  GuHe  —  darunter  der  des  Sutech  von 
Tanis  und  Auaris  —  begef^nen  uns  fortan  überall  im  öst- 
lichen Delta,  zahlreiche  kana  aüaeischc  Wörter  dringen  in  die 
ciegyptische  Sprache  ein.  Dagegen  wurden  die  bpuien  der 
Fremdherrschaft  überall  vernichtet,  ihre  Monumente  zerstört 
oder  wenigstens  die  Königsnamen  auf  ihnen  getilgt;  nur  ganz 
wenige  sind  der  Vernichtung  entgangen. 

Imebrlft  dae  A'a^mM:  htesm,  D.  III»  12*  sacfst  von  i»  Roüg£  und 
BMrascB  «nalynrt,  flbco«»:  GsABAa»  Paileon  19;  BRnoacH,  Geacb.  230  a.  a. 
Hiitta  kommen  die  Inaehriften  dee  Fflraten  A^a^es  Peimueheb,  Lmtos» 
Anstfabl  14a.b  nnd  Denkm.  III,  48 a.b.  Die  Belagerung  von  darben 

ist  identtech  mit  dem  Ltp-n  ^,  Denkm.  III,  43a  (unten)  erwähnten  Feld-, 
zuge  gegen  das  Land  §abi  d.  i.  Syrien.  <—  Aach  Manetho  (Jos.  c.  Ap. 
I,  14)  berichtet  von  langen  Kämpfen  um  Auaris:  schliesslich  sei  den 
HirlPH  (240,000  Mann !)  freier  Abzut?  gewährt,  sie  halten  danTi  nus  Furcht 
vot  den  Assyrern  (!)  .Terusalem  gej/ründet  (Ij.  im  übrigen  setzte  er  (nach 
Jo&ephu?)  die  Verjagung  der  Hyksos  unter  Thutmosis,  den  Sohn  des 
Misphragmulhosis  [so  hei  Euseb.,  im  Text  des  Jos.  verschrieben  'Aktu'fp.], 
womit  nur  D^utnieä  III.  gemeint  sein  kann,  während  der  sonst  un- 
bekannte Ptolemaeoa  von  Mendes  (MViun,  fir.  IV,  485)  richtig  "A^iiz 
(A'al^mea)  nannte.  Die  folgende  bei  Joeephot  (e.  Ap.  I,  IS.  26^  Africanua 
und  Eusebius  im  wesenUicben  Übereinstimmend  erbaltene  Liste  der 
Könige  der  18»  nnd  19.  Dynastie  Ist  unbeilbar  ▼erwirrt;  aoTiel  ist  gans 
Irlar,  dass  In  derselben  Seti  1.  and  Ramses  IL  und  ebenso  wenigstens 
nach  Josephus  auch  Dhutmes  III.  und  sein  Torglnger  mit  dem  rfttbeel- . 
M«jr0r»  e«Mliiehl«  dM  AltertimM.  L  X7 


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268 


DrittM  Buch,  dhtUr  AbMliniU, 


haften  Namen  zweimal  erscheinen.  Man  hat  die  verschiedensten  Besse- 
ningsvorschlfiv'*'  gemacht,  ein  sicheres  Resultat  wird  sich  aus  unserer 
Ueberheieruii^  nie  gewinnen  lassen.  Wahrsciiemllch  stammt  die  Ver- 
wirrung schon  Yon  lUneUso  seihat  her. 

Dit  icktzeliiito  Dyiwttit. 

A.  WiEriEMAN:^,  Geschiehte  der  18.  Dyo.  bis  xum  Tode  iuUneä  iil., 
in  ZDMG.  XXXL  XXXII. 

§.  215.  Nach  der  Veijagung  der  Hyksos  war  die  nächste 
Auiisabe  der  PharaoneD,  die  Macbtstelinng  der  alten  thdMim* 
sehen  Herrscher  im  Süden  wiederzogewinnen.  Eanrn  ans 
Asien  zaröckgekefart,  begann  denn  auch  A'alliiniea  dai  Krieg 
gegen  NnMen  nnd  errang  tn  mehreren  Peldsflgen  —  der 
zweite  war  tlurch  einen  Einfall  der  ^Barbaren  des  Südensc 
in  Oberae^'pten  veranlasst  —  bedeutende  Erfolge.  Sein  Sohn 
Aüienhutep  I.  .setzte  den  Krieg  weiter  fort  und  bekütuptte 
gleichzeitig  den  [wahrscheinlich]  libyschen  Stamm  der  Amu- 
Kahak,  um  die  Westmark  des  Reichs  zu  schützen.  Der  nächste 
König  Dhutmes  I.  hat  die  Unterwerfung  Nubiens  bis  min- 
destens über  den  dritten  Katarakt  hinauf  ?oUendet  Eiine 
grosse  SiegesiDsehrift  aus  seinem  zweiten  Jahre,  gegenüber 
der  Insel  Tombos,  Terkflndet  wie  der  König,  Yor  dem  alle 
Völker  des  Indens  nnd  Nordens  sieh  beugen,  die  Neger  und 
Kuschiten  geschlagen  und  eine  Grenzwache  eingesetzt  habe. 
Seit  dieser  Zeit  ist  im  w^e.sentlicben  nur  noch  von  Streifzü^'en 
gegen  die  enilegenen  V  )[krr  oder  eiiizehien  Empörungen  des 
»elenden  Landes  Kus«  oder  der  Neger  von  Uaua  die  Rede. 
Das  eroberte  Land  wurde  dem  aegyptischen  Reiche  förmlich 
einverleibt  und  von  aegyptischen  Civil-  und  Milit&rbeamten 
verwaltet.  An  ihrer  Spitze  steht  ein  Gouverneur,  der  deo 
Titd  »Prinz  des  SQdlandesc  oder  »Prinz  von  Kai«  fiShrt  and 
gelegentlich  dem  königlichen  Hause  entstammt 

Das  Material  s.  bei  \ViKr»EMAN.N.  detjeii  die  Annahme.  A'ahmes' 
Gemahlin  A'aUraesaefertari,  die  häufig  mit  schwarzer  H  iullärliH  dargestellt 
wird,  sei  eine  Negerin  gewesen  und  der  König  iiabe  mit  aethiopischer 
m)h  di«  HykwMi  T«rtri«b«i,  t.  Bsutacu,  Gesch.  259.  —  Fünf  hölzerne 


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I 


R«vgAii]MUon  dm»  Raicha.   Wi«dcriiDterwtrftiiig  Nubiens.  259 

Sif>'/pslafeln  Amenholep's  I.:  Rosellihi,  Mon.  stör.  Text  III,  1,  Taf.  2.  — 
l  eher  die  Stele  von  Tomhos  s.  Piehl,  Petites  etuf^es  e^yploln^iques  1881. 
Ne^i  von  Dbutmes  I.  zum  »Prinzen  der  Südlande«  eirigeselzl:  Lepsius, 
Denkm.  III,  47  c.  Mehrfach  scheinen  zwei  Prinzen  von  Kus  neben  ein- 
ander gestanden  zu  bähen.  —  Die  Ämu  Kabak  sind  vvahrschcinlicb  mit 
dm  «pSt«r  mehrfodh  to  «rwtluMncleii  Ubysehen  Stamm  Qabaq  identiaeb. 

§.  216.  Neben  der  WiederbersteUung  der  äasseren  Macht 
gehi  die  Restauration  im  Innern  einher,  von  der  wir  indessen 
nur  betreib  der  Bauten  einiges  erfahren.  Im  22.  Jahre  des 
A'a^mes  wurden  die  Steinbrüche  des  Mokattamgebirges  bei 
Memphis  neu  geöffnet,  »um  dem  Ptah  von  Memphis  und  dem 
Amuii  von  Theben  Tempel  zu  erbauen«.  Der  Transport  der 
Lasten  wird  durth  Fenchu  d.  i.  Phoeniker  besorgt,  in  denen 
wir  otTenbar  Gefangene  und  Frohnarbeiter  aus  der  Hyksoszeit 
zu  erkennen  haben.  Vor  allem  wird  Theben  vergrössert  und 
verschönert,  der  grosse  Amonstempel  von  Earnak  erweitert. 
Hier  bat  namentlicb  Dtiutmes  I.  gebaut;  derseU)e  räbmt  sich 
« in  seiner  schon  erwähnten  Siegessteie,  dass  er  »das  Gebiet 
von  Theben  erweiteret  und  die  WAstenbewohner,  die  Mentu 
ond  'Amu  Asiens,  die  Libyer  und  aDe  Nordstftmme  ihm  in 
Theben  Frohndienste  leisten. 

Wiedereröffnung  der  Steinbraohe:  Lepsius,  Denkm.  DI,  8. 

S.  217.  Etwa  30  Jahre  mochten  seit  der  Vertreibung 
der  "RfkaoB  verflossen  sein,  Nubien  war  bezwungen,  als 
ühutmes  I.  auszog,  »sein  Herz  zu  baden  unter  den  VdUcemc 

von  Syrien.  Rasch  wurde  das  Rutenuland  durchzogen  und 
Naharain  eiTeicht,  wo  der  König  »ein  gix>sses  Gemetzel  an- 
richtete« und  östlich  vom  »Wasser  von  Naharain«,  dem 
Euphrat,  eine  Siegestalel  auisiellte  (Ann.  Dh.  IIL).  Zahl- 
reiche Beute  an  Gefangenen,  Rossen  und  Wagen  wurde  ge- 
wonnen, indessen  von  dauernden  Eroberungen  und  Tribut- 
jsahlungen  ist  nicht  die  Rede.  Die  Expedition  schemt  lediglich 
ein  Streifzng  gewesen  zu  sein.  >  Weder  D^iatmes  f.,  noch 
sein  ältester  Sohn  Dhutmes  U,,  von  dem  em  Strei&ug  gegen 
die  Sasu  der  Sinaihalbinsel  erwthnt  wird,  haben  lange  regiert. 
Letzterem  folgte  seine  (ältere?)  Schwester  und  Gemahlin 


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260 


Drittes  Buch,  dritter  Afatcbnitt. 


HaHsepsu,  die  schon  von  ihrem  Vater  zur  Theilnahme  an  der 

Regierung  herangezogen  war  (Lepsiüs,  Auswahl  11).  Dieselbe 

tritt  uns  als  eiier^n.-che  und  rücksichtslose  Herrscherin  ent- 
gegen —  in  der  Kegel  lässt  sie  sich  mit  einem  Barte  dar- 
stellen, nianchmal  auch  ?on  sich  wie  von  einem  Maune 
reden;  sie  verfolgt  das  Andenken  ihres  Bruders»  während 
sie  ihrem  Vater  die  höchsten  Ehren  bezei^ft  Auch  ihren 
jüngeren  Bruder  Dhutmes  HL  hat  sie  anfangs  völlig  zuruck- 
gedrun^L  und  auch  spater  nur  fonnell  als  Mitrogonten  an- 
erkannt. Kriege  führte  sie  nicht,  dagegen  hat  zie  zahlreiche 
und  vortreffliche  Bauten  hinterlassen,  die  meist  ihr  oberster 
Architekt  Senmuit  ausgeführt  hat.  Vor  allem  berühmt  sind 
die  zwei  grossen  in  ihrem  16.  Jahre  nach  nur  siebenmonat- 
licher Arbeit  zu  Ehren  des  Amon  und  ihres  Vaters  in  Kamak 
errichteten  Obelisken,  daneben  der  grossartige,  schon  unter 
Dhutmes  II.  begonnene,  terrassenförmige  Todtentempel  von 
Der  el-bahari  in  der  Ihebanischcn  Weststadt. 

För  die  Kriege  sind  fast  die  einzige  Quelle  ditj  Irischriflen  der 
beiden  A'uhmes  in  Elkab  (5^.  214),  vor  allem  die  des  A.  pen-nucheb. 
Aus  dieser  ergiiit  sich  auch  die  Chronologie;  A.  zog  bert-it:,  unter  Kdnig 
A*abmes  gegen  $ahi  zu  Felde,  war  aI»o  in  dessen  5.  Jahre  etwa  20  Jahre 
alt.  Er  leistete  Kriegsdienste  bis  aoter  Dl^utmes  II.,  lebte  aber  noch 
unter  ^atäepsu,  von  der  er  die  Wörde  eines  »Ereiehers  der  Priniessin 
Nofnira*«  erhielt,  und  bis  in  die  Alleinregierung  Dhutmes*  UL,  d«  h.  min- 
destens 22  Jahre  Ober  D.  II.  Tod  hinaus.  Völlig  analog  ist  die  Bio- 
graphie des  Ne|ii  (Lcpsios,  Denkm.  lU»  47  c,  vgl.  46  c.  47  a.  56.  5$b> 
der  anter  A'a^mes  seine  militärische  Laufbahn  begann  und  noch  unter 
Dbulmes  HI.  »Vorsteher  der  SOdlande«  war  (unter  Dhutmes  lt.  hst  in- 
dessen (▼orflbergehend ?]  Son  diese  Würde  bekleidet:  Lepsiüs,  Oenkm. 
III,  58.  59  a).  Danach  werden  wir  auf  die  Zeit  von  A*a|^nies*  Regierongs^ 
antritt  bis  sum  Tode  Dhutmes*  IL  bflchstens  etwa  45—60  Jahre  so 
rechnen  haben.  Leider  sind  uns  in  den  Inschriften  nur  sehr  wenige 
RegierungBzahlen  erhalten,  von  A'shtnes  ist  die  h5chste  das  22.  Jahr 
(Lepsius,  Denkm.  III,  3),  von  Dhutmes  L  das  9.  (Maribtts,  Karnak82f.)» 
"  Im  Obrigoii  sind  die  Successionsverhältnisse  hier  noch  keineswegs 
völlig  klar.  Mehrfach  scheinen  geniriiHrtme  Kegierungen  stattgefunden  sa 
haben,  die  Königinnen  A*ahmesneferiHri  und  Srtamon  erscheinen  wieder- 
holt als  Mitregenlinnen.  Vgl.  Lepsics,  Denkm.  III,  7  a— e;  17  b.  c.  27,  1.  2i 
2d,  3.  ~  Dhutmes  III.  fahrt  unter  ^a'liepsu  den  Namen  Mencbeperkara, 


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* 


Königin  ^a'Uepsu.   Fahrt  uacb  Arabien.  261 

ipiter  nennt  er  sieh  Heneheperm*.  Gegen  Bnuoscai*  Ueberaettoog  der 
IneelnriA  Mixunn,  Kanwk  16,  47  f.  Hibpuio,  IZ.  1882,  18&  Ge* 
meinsame  Datinrngen  eind  bftofig,  s.  B.  Lspsids»  Denkm«  HI,  28»  8 ;  Aas* 
wähl  11.    Sehr  anflUlend  ist  dagegen,  dass  die  Inschrift  im  Tempel 

▼on  Semne,  Lepsius,  Denkm.  III,  55  aus  dem  2.  Jahre  Dh.  III.  datirt  ist. 
—  Eine  sehr  hohe  Stellung  nimmt  unter  Ha'tsppsn  ihre  junge  Tochter 
Nofrura'  ein:  Lepsius,  Denkm.  III,  20 o.  25.  43a;  Sharpe,  Eg.  inscr.  I, 
107  a,  die  aber  früh  gestorben  tu  sein  schdnt.  ~  Der  Oberbaumeister 
Senmut;  Lcpsius,  Deokm,  IIJ,  25.  26. 

§.  218.  Den  Hauptnihm  der  Königin  bildet  eine  See- 
expedition, die  sie  in  ihrem  9.  Jahre  nach  Pant  ausschickte, 

um  die  Spccereien  des  Weihrauchlandes  direct,  anstatt  wie 
bisher  durch  Zwischenhandel,  nach  Aegypten  zu  brinjrcn.  Eine 
FInItc  von  fünf  Schilfen  fuhr  über  das  rothe  Meer  nach  Süd- 
arabien. Der  Fürst  des  Landes,  Paribu,  nahm  dieselbe  wohl 
auf  und  leistete  der  mächtigen  Königin  seine  Huldigung.  Alle 
Wanderproduete  des  Landes,  vor  allem  die  Weibrauchpflanzen, 
Pardel,  Äffen,  daneben  auch  aus  Afrika  herQborgebrachte 
Thiere,  wie  die  Giraffe  (s.  darüber  §.  185),  wurden  nach 
Aegypten  gebracht;  die  zahlreichen,  trefflich  ausgeführten 
Sculpturen  des  Tempels  von  Dßr  el-bahari  geben  uns  ein  deut- 
liches Bild  von  dem  Verlaufe  der  Expedition.  Das  Souveiäni- 
tätsverhältnlFs  über  Südarabien  blieb  zunächst  bestehen ;  die 
Annalen  Dhulmes'  III.  wie  die  Darstellungen  in  den  Gräbern 
seiner  Grossen  erwähnen  wiederholt  die  Tribute  des  Landes 
Punt,  namentlich  Weihrauch  und  Bäume  und  daneben  grosse 
Massen  Goldes.  Freilich  läset  sieh  nicht  beurtheilen,  ob  dabei  nicht 
die  Erträgnisse  des  Handels  und  eventuell  Geschenke  der  ara- 
bischen Häuptlinge  Ton  dem  ruhmredigen  König  fälschlich  als 
regelmässiger  Tribut  dargestellt  worden  sind.  —  Noch  weniger 
Sicheres  können  wir  über  die  Art  und  Dautr  der  Handels- 
beziehungen ?agen,  die  durch  nalse[)su  zwisclien  Aegjqiten 
und  Punt  angeknüpft  w^irden.  Zunächst  mag  ein  reger  \  er- 
kehr stattgefunden  haben:  em  Beweis  dafür  ist,  dass  der 
arabische  Gott  Besä,  eine  schauerliche  Missbildung  in  Gestalt 
eines  Ziirergs  und  den  Emheimischen  wahrscheinlich  ein  ge- 
waltiger und  finsterer  Dämon,  In  Aegypten  eingeführt  wurde  und 


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262 


DrillM  Btieh»  dritter  AbwhDitt 


seitdem  vielfoch  dargestellt  wird.  Indessen  wird  die  bftarre 

Gestalt  vor  allem  in  humoristischer  Weise  zu  Ornamenten, 
nuMientlicli  auf  Toilettengegenständen,  verwendet;  daneljen  dient 
er  zur  Ahwenfiung  des  bö^on  Blick?.  —  Ob  ein  reger  direcler 
Verkehr  mit  Südarabien  auch  später  noch  bestand,  lässt  sich 
nicht  entscheiden;  in  den  Zeiten  des  VerfaUfi  ist  er  jedenfalls 
unterbrochen  worden. 

Die  Deretellimceo  der  Sipeditioo  eind  publlfiirt  von  DflimaiM, 
Flotte  einer  teg.  KAnigfai  und  Hietor.  Ineehr.  II,  wonms  Uäxam,  Deir* 
el-bihtfi  grOsttenthelli  oopirt  let.  Eingehend  besproeben  Ton  If Asmo, 
Neyigat.  dee  £g.  aar  lee  c6tes  de  le  mer  4rythr6e,  in  Rev.  bistor.  IX,  1  ff. 
—  Dass  der  Gott  Besa  wirklich  arabischen  ümprong*  iit,  bet  Erman, 
Z.  fdr  Numiemaiik  1882,  296  ff.  durch  Münzen  erwiesen.  Derselbe  ist 
nuch  von  der  syrischen  Kunst  adoptiri  und  auB  ihm  ist  a.  e,  der  CN>rgo- 
typus  abgeleitet. 

§.  219.  Wie  Qa^t$ep6tt*8  Regierung  geendet,  wissen 
wir  nicht;  jedenfalls  hat  Dhutmes  Ol.  das  Andenken  seiner 
Schwester*  überall  zu  vertilgen  gesuciit,  ihren  Namen  durch 
den  seinen  ersetzt.  Er  selbst  beschloss  den  Wegen  seines 
ruhmreichen  Vaters  zu  folf^en,  unter  der  Fnlirung  des  Amon 
von  T lieben  die  Eroberungen  wieder  auizuuebmen.  Am 
2^).  Pharmuthi  des  22.  Jahres  seiner  officiellen  Regierung  — 
d.  i.  jedenfalls  kurze  Zeit  nach  dem  Tode  sdner  Schwester — zog 
er  mit  seinem  Heere  von  $ara  (Tanis)  über  Sarhan  (g.  214) 
nach  Gaza  [aeg.  Gasatu],  dessen  Ffirst  seine  Herrschaft  an- 
erkannte. Der  drohenden  Gefahr  zu  begegnen,  hatten  sich 
die  Fürsten  der  Städte  und  Stämme  des  oberen  Ruthenu- 
landes,  d.  h.  Palaestina's  und  Goelesyriens  bis  nach  Hamat 
hinauf,  unter  Führung  des  Königs  von  Qades  —  ob  die  Gheta- 
bauptstadt  oder  das  spätere  Qades  im  flebiete  des  Stammes 
Naphtali  gemeint  ist,  lässt  sich  nicht  entscheiden;  doch  ist 
letzteres  wohl  wahrscheinlicher  —  vereinigt  und  l>ei  der  Festung 
Megiddo  (aeg.  Makta)  flstlich  vom  Karmel  Stellung  genommen. 
Dhuhmes  III.  erfocht  hier  am  21.  Pachona  >)  einen  grossen 

0  In^  28.  Jahre  des  Könige,  denn  die  Jahreedhlung  begnmt  mit 
dem  Tage  der  Tbronbeeteignng  am  4.  Pachons.  —  Laran»,  Denfan.  III, 


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Dl^utmes  Ut.  in  Syrien. 


263 


Sie?,  der  die  Capilulation  von  Megiddo  zur  Folge  hatte.  Alle 
Fürsten  von  Rutcnu  erkannten  die  Ot^erhoheit  Aegyptens 
an  und  zahlten  Tribut;  sogar  der  König  des  fernen  Assur 
schickte  dem  aegyptischen  Herrseher  in  diesem  und  dem  fol- 
genden Jahre  Geschenke,  namentlich  einige  Blöcke  von  Lapis 
lazuli  (chesbed),  die  dann  in  den  aegyptischen  Listen  als 
Tributzahlung  figuriren.  Zuiilreiche  Gaben  fielen  dem  sieg- 
bringenden  thebanischen  Gotte  zu,  darunter  auch  die  drei 
Orte  Jenu'am  (oyi^^)«  Anaugas  mid  ^erenkaru,  deren  Lage 
Töüig  unbekannt  ist 

Hauptquelle  sind  die  fragmentarisch  erli  ilttuen  >Annalen«  desDh.  IH, 
aaf  den  Wänden  des  Tempels  von  Kaniak,  in  drei  Hauplbruchslücken : 
1)  LSP8IUS,  Denlcm.  III,  31b;  2)  ib.  32;  3)  Lepsius,  Auswahl  12  und 
Nabbtts,  Karnak  13  (zusammengehörig),  fortgesetit  Lepstos,  Denkm. 
III,  81  a.  Dam  noeb  ^u<«ch,  Ree.  U,  56,  5  u.  6.  Analyia  von  Bimca, 
Tr.  Soc.  Ut.  8  ser.  n,  ns  Roimi,  RAn.  II,  WiEDtMAmi,  ZDM.  XXXII.  Die 
einiise  benutsbare  —  aber  vor  allem  betreffs  der  TianscriptioneD  nnr 
mit  Tonieht  zu  Yerweithcnde  —  Ueberwtiang '  ist  die  von  Baoeaca, 
Gesefa.  894—826,  daneben  jetst  fSr  den  ersten  TbeO  die  von  Masmo,  Ree. 
de  tfavanx  II.  ^  Anavgas  lag  jedenfalls  nOrdlich  von  Palaestina,  da  es 
ar  Zeit  Ramses  IL  den  Gbeta  verbflndet  war  (Gedieht  des  Pentanr). 

§.  220.  An  den  ersten  Feldzug  reihen  sich  mindestens 
14  weitere  Expeditionen,  auf  denen  theils  Aufstände  bezwungen, 
tbeiis  die  Macht  Aegyptens  bis  an  und  über  den  Euphrat 
ausgeddint  wird.  Anf  dem  fünften  Feldzug  (Jahr  29)  wird  der 

König  von  Tunep  [wahrscli.  nrirdlich  von  Ghaleb-Aleppo,  s, 
NöLDF.KE,  AZ.  1876,  10]  besiegt  und  gpfangen,  auf  dem  sechsten 
die  Hauptstadt  der  Gheta  Qades  erobert  5  seitdem  erscheint 
der  >König  des  grossen  Oietalandes«  wiederholt  unter  den 
Tributzahlem.  Auf  dem  achten  (Jahr  38)  wird  der  König  von 
Naharain  besiegt,  Dhutmes  f&hrt  den  Euphrat  abwärts,  um 
seine  Städte  zu  erobern,  und  dann  wieder  hinauf  bis  zur 
Stadt  Ni,  auf  deren  Gebiet  er  120  Elephanten  jajjt  —  denn 

82  a,  32  ist  mit  WnoniAiar  für  die  Jabresiabl  40:88  su  lesen  [Bnoaeca 
Bot  fUseblicb  88];  die  hier  aafgetablteD  Tribute  sind  die  in  Folge  des 
Sieges  gelieferten,  im  Unteiaehied  von  der  vorher  (ZI.  85  It)  an^esibllen 
Beule. 


ÜIÜI 


264 


Drittes  Boeb,  dritter  AbMhnitt 


El^faaiiteii  gab  es  damals  in  Syrien  in  grossen  Massen.  Schon 
auf  emem  firiihflfen  Feldzuge  war  die  Stadt  KarkamiS  erobert 
worden,  jetzt  sendet  aneh  der  KQiiig  von  Saiigar  (=  Sangara 
in  Hesopotanuen)  reiche  GeschenlDe  ?on  Lapis  lazaU  Wirklich 
anterworfen  ist  er  natürlich  nicht,  er  erseheint  nnter  den 
Tributzahlern  später  eben?;o\venig  wie  der  Ktinig  von  Assur. 
Uelierhaupt  biiiieien  Eupiirui  und  Amanus  im  wesentiiclien  die 
Grenze  der  acpyptisrhen  Macht,  deren  Ausdelmuntr  man  j:e- 
wöhnlich  bedeutend  überschätzt  hat.  Die  grosssprecherischen 
Listen  der  unterworfenen  Orte  und  Völker,  unter  denen  2.  B. 
auch  Gharka  d.  i.  Kilikien  ("^bn)  erscheint  [MASpaaOt  ÄZ. 
1870,  55}  —  ebenso  ist  Menos  vielleicbt  Hallos  (Ebers)  — 
sind  natflriich  nur  mit  äOBserster  Vorsicht  m  benntien. 

Dagegen  ist  das  KiSstengebiet ,  das  Phoenikerland  Eaft« 
▼01%  von  Aegypten  abhängig.  Von  Simyra  (aeg.  Samar, 
hebr.  ^oi*  «Heni  Aradus   (aeg.  Artut)  wird  die 

gewaltsame  Bc7win<:ung  crwälint ,  die  meisten  anderen  der 
friedliebeiidei)  Handelsstädte  werden  sirh  freiwillig  unterworfen 
haben.  So  wurden  die  Aegypter  Herren  der  See,  und  wenn 
sie  auch  an  grössere  Seeexpeditionen  schwerlich  Je  gedacht 
iiaben,  hielten  doch  die  phoenikischen  Gdonisten  es  för  ge- 
nUhen,  die  Oberhoheit  des  mfiehtigen  Reiches  anzuerkeonen, 
schon  um  sidi  den  Handelsverkehr  mit  dem  Hntterlande  und 
mit  Aegypten  seihst  zu  sichern.  Der  König  von  Gypem  (As^i) 
hat  an  Dhutmes  III.  wiederholt  Abgaben  gesandt,  im  Grabe 
Rechmara's  (§.  198)  werden  neben  den  Tributzahlungen  von 
Punt,  von  den  Südlandcn  und  von  Rutenu  auch  die  »der 
Fürf?tcn  von  Kaft  und  den  Inseln  im  grossen  Meerec  darge- 
steht  (vgL  g.  194). 

Neben  die  AnnaleD  tritt  hier  die  GnUnsebrift  AmeneiB^eb*8,  enl- 
deckt  von  CoMh  Iz.  1878,  eplter  von  CaäMis,  M<L  Ig.  Uf,  8  imd  Eaaa, 

ZDM.  XXX.  XXXI  eingebend  behandelt.  —  Eine  Reibe  wichtit'er  ^reo- 
gmphlscber  Namen  sind  noch  nicht  identificirt ;  so  das  Land  Tachsi 
(Amenemheb  19,  auch  Lepsiüs,  Denkm.  III,  65  a,  171;  das  in  den  Tri!)ut- 
listen  öfter  genannte  Land  Remenen,  das  auch  unter  Seti  I.  geniinnt 
wird  (noPKi.t.TNi ,  M.  stor.  40)  und  im  nördlichen  Pa!ae?tina  zu  suchen 
isi{  das  Land  Arrech,  dessen  Köni|;  im  Mbre  38  Tribut  zahlt,  darunter 


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Uemchaft  der  A«gypter  Aber  Syrien. 


265 


Gedern^  ebenso  der  vielumstrittoue  Ort  Sen?ar  (Aineiipnih-'l)  ZI.  11).  Die 
Stadt  Ni  liegt  nach  LKPfiim,  Ausw.  12,  ZI.  20  am  ohereii  Euplirat  u»d 
Lat  mit  Ninive  iiichLs  zu  Ihun  (vgl.  Maspero,  ÄZ.  1879,  58).  Ebenso« 
wenig  ktfm  SiogAr  »  ffintfar  gefn.  Etepbanten  wenleii  auch  voo  Tiy- 
ktplkter  L  Im  GebM  von  Gharrftn  gejagt  (Ann.  VI,  70  ft,  L  B.  9B,  1, 7» 
a.  Lots,  Inaeltr.  Tiglatp.  S.  166  ff.)  und  im  Graba  des  Reebmanf  als  Tribut 
der  Rntena  abgebildet. 

§.  221.  So  waren  die  syrischen  Lande  der  Herrschaft 
der  Aegypter  unterworfen:  indessen  weit  schwieriger  war  es, 
dieselbe  auf  die  Dauer  zu  sichern.  Das  viel^cspallene  Land 
nach  Art  des  einheitlichen  und  scluualen  oberen  Niltlials  als 
Provinz  zu  organisiren,  war  unm^iglicl).  An  einzelnen  Orten 
scheinen  militärische  Besatzunpren  (meoau)  gelegen  zu  haben ; 
im  übrigen  begnügte  man  sich  damit»  die  einbeimischen 
HeiTScher  zur  TrlbntzahloDg  anzobalten  und  womöglich  per- 
sönlich an  Aegypten  zu  fesseln.  Wir  sehen  gelegentlich 
die  Tochter  eines  Rutenofürsten  in  den  Harem  des  Pharao 
wandern;  einmal  werden  vier  Prinzen  als  Geiseln  nach  Aegyp- 
ten geführt ,  um  hier  am  ITofe  zu  leben  bis  der  Tod  ihres 
Vaters  sie  in  die  Ileimath  zurüiknitt.  Das  Hauptziel  war 
natürlich,  die  unterworfenen  Lande  niüglichst  für  Aegypten 
auszubeuten;  grosse  Tributsendungen,  Silber,  Gold  und  edle 
Steine,  Natorproducte  wie  Getreide,  Oel,  Wein,  Baubolz,  femer  ' 
Wagen,  Rüstungen,  Gei&the,  SUaven  und  Rosse  worden  jedes 
Jahr  nach  Aßgfpbm  geliefert  Daneben  mnsste  bei  Kriegszügen 
auf  jeder  Station  von  den  Einheimiscben  für  den  Unterhalt  und 
die  Bedürfhisse  des  Heeres  gesorgt  werden.  Es  liegt  auf  der 
Hand,  dass  eine  so  weni^'  nr-imi^irte  und  dabei  so  drückende 
Herrschaft  auf  die  Dauer  jiielit  Ijestehen  konnte,  mochte /.uucichst 
auch  eine  Eüipüruiig  nach  der  anderen  niedergeworff^n  werden. 

§.  222.  Auf  ^oinen  späteren  Feldzügen  liat  Dhutmes  III. 
fortwährend  Aufstände  zu  bekämpfen.  Der  Reihe  nach  em- 
pören sich  der  Künig  von  Naliarain,  die  Städte  Anaagas, 
Qadei,  Tonep  u.  a.;  gelegentlich  muss  auch  gegen  die  Sasa 
wieder  ein  Stiei&ug  unternommen  werden.  Aehnliche  Auf- 
stünde werden  auch  im  Süden,  im  Lande  Eni  und  Uaua 
Torgelcoromen  sein,  wenn  wir  auch  Genaueres  darüber  nicht 

I 


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266 


Drittea  Bach,  dritter  Abtehoitt. 


erfahren.  Viettelebt  bat  D^iatmes  m.  auch  hier  Erobemagea 
gemacht,  da  die  Stadt  Napata,  die  Hauptstadt  der  Kuschiten, 

unter  Amenhotep  II.  in  aegyptischem  Bedtz  ist  (Lspsius,  Denkm. 
III,  (35  a,  18);  dieselbe  liegt  aber  weit  oberhalb  der  muth- 
inaasslich  vf  ri  Dhutm^s  I,  gehetzten  Grenze  (§,  215).  Wir 
besit/xn  deuii  auch  grosse,  mehrere  hundert  Namen  um- 
fassende Verzeichnisse  von  Völkerschaften  und  Orten  des 
Südens,  weiche  der  König  sich  rühmt,  beswungen  zu  haben, 
deren  Gefangene  er  nach  Theben  schleppte,  nun  den  Amons- 
tenipel  zu  iMmen  gemeinsam  mit  den  Gefiemgenen  des  Nordens; 
mdessen  wie  viel  dabei  Uebertreihang  Ist,  muss  dahin  gest^ 
bleiben,  and  noch  weniger  ist  eine  Identifldrung  der  Namen 
möglich.  Jedenfalls  scheint  es  durehans  nnzniässig,  dieselben 
(mit  Marifttk)  auf  Grund  einiger  Namensanklänge  in  Abes- 
synien  zu  suchen  und  anzunehmen ,  dass  die  Aopr\^pter  ihre 
llüirsfliaft  bis  tief  in  das  unzugängliche  HochlaiKi  von  Habes 
hinein  ausgedehnt  hätten.  —  In  den  Listen  dieser  Südvölker 
erscheint  auch  Punt  und  das  »Göfterland« ;  wir  haben  indessen 
gesehen,  dass  hier  wohl  keinesfalls  von  Kriegen,  sondern  nur 
Ton  einer  Fortdauer  der  durch  i^^tlepsa  begründeten  Ab* 
hängigkeit  die  Rede  ist 

§.  223.  Dass  der  Wohlstand  Aegyptens  durch  diese 
Erfolge  bedeutend  wuchs,  liegt  auf  der  Hand  und  geht  aus 
allen  Monumenten  der  Zeit,  namentlich  soweit  sie  einen  Ein- 
blick in  das  Privatleben  gewähren,  iiervor.  Der  Löwen;mÜieil 
des  Gewinne?  fiel,  w^ie  das  bei  den  herr^rhenden  Anschau- 
ungen nicht  anders  sein  konnte,  den  Göttern  zu,  in  erster  Linie 
dem  thebanischen  Amon.  In  seinem  Auftrage  und  ihm  zu 
Ehren  hatte  Dl^utmes  seine  Kriege  geführt,  zum  Dank  errichtete 
er  ihm  die  gewaltigen  Bauten  von  Eamak,  an  deren  W&nden 
er  TOtt  seinen  Siegen  enfthtt,  und  weihte  ihm  grosse  Theüe 
der  Beute.  Aiier  auch  die  anderen  Götter  wurden  nicht  ver- 
nachlässigt, fast  alle  Städte  Aegyptens  haben  Tempelbauten 
von  ihm  autzuweisen.  Von  besonderer  Bedeutung  sind  die 
Tempel,  welche  er  in  den  nubischen  Festungen  Semne  und 
Kumme  den  LocalgOltern  des  Landes,  unter  ihnen  vor  allem 


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Du  Roicb  Di^utmes*  lU.  und  seiner  Naebfolger.  267 

dem  Tergötterten  König  Usertesen  III.  errichtete  (§,  99)  — 
Baoteo,  die  übrigens  schon  unter  seinen  Vorgfingem  begonnen 
sind.  —  Es  ist  begreiflich,  dass  man  das  Andenken  des  ruhm- 
reichen Herrschers  immer  bewnhrtc  und  ihn  gottlich  verehrte. 
Zahllos  sind  namentlich  die  Aiuuiote  in  Skarabaeusfürm, 
die  seinen  Namen  tragen ,  und  die  jedenfalls  nur  zum  ge- 
ringeren Theil  aus  seiner  Regierungszeit  stammen. 

Im  Tempel  von  Semne  findet  sich  aiilTallender  Weise  ein  Datum 
ftus  dem  zweiten  Jahre  Dh.  III.  (Lepsius,  Denkm.  III,  55,,  s.  §.  217j, 
also  aus  einer  Zeit,  in  der  sonst  immer  nur  ^a'tsepsu's  Name  genannt 
wird.  «  FQr  die  griechische  UeberUdemng  und  das,  was  mn  Hanetbo 
erhalten  ist,  ist  es  sehr  ebarakteristiseb ,  dass  wir  l>ei  ihnen  nicht  die 
^ringste  Andeotong  der  grossen  Thaten  des  Königs  finden. 

§.  224.  Als  Dhutmes  III.  gegen  Ende  seines  54.  Jahres 
starb,  htnterliess  er  seinem  Nachfolger  Aroenhotep  II.  ein  ge- 
waltiges Reich,  das  »von  dem  Nej^erlande  Kari  bis  nach 
Naharain«  reichte.  Dass  der  Tlironwechsel  zu  Aufständen 
Veranlassung  gab,  ist  b^reiflicb.  Indessen  der  neue  König 
aebritt  energisch  ein ;  von  sieben  gefangenen  syrischen  Fürsten 
worden  sechs  in  Theben,  einer  zur  Warnung  der  Sudvölker 
im  fernen  Napata  an  der  Stadtmauer  aufgehftngt.  Auch  unter 
seinem  Sohn  Dhutmes  IV.,  der  ihm  nach  kurzer  Regierungs- 
zeit folgte  und  gleichfall«  nicht  lange  geherrsciit  hat ,  blieb 
der  Umfang  des  Reiches  bestehen;  die  Inschriften  erwähnen 
in  allgemeinen  Ausdrucken  seine  Kriegszöge  und  die  Grösse 
seiner  Macht  Auf  Bauwerken  begegnen  uns  die  Namen  beider 
Könige  mehrfach;  interessant  ist  auch,  dass  Dhutmes  IV.  zu 
Anfang  seiner  Regierung  den  vom  Sande  völlig  verschütteten 
Riesensphinx  von  Gize  freilegen  liess  und  zur  Erinnerung 
daran  eine  Gedenktafel  zwischen  seinen  Klauen  anbrachte. 

Todtenbocb  Db.  m.  von  seinem  Sohne  besorgt:  Hasfcro,  ÄZ.  1882, 
IdS.  —  Amen^otep  1!.:  Insebr.  des  Amenemheb;  LiPsiOBt  Denkm.  III, 
65;  Missno.  ÄZ.  1879  ,  56  f.  —  Dbotmes  IV:  Lspsnis,  Denkm.  Ol, 
6&  09;  Brit  Mi».  Nr.  902  [«  ÄZ.  1876,  99];  Bhooscb,  ÄZ.  1876,  89  ff. 
—  Das  höchste  auf  Denkmftlem  vorkommende  Regiening^ahr  des  A.  11. 
ist  sein  driUes,  des  Db.  IV.  sein  siebentes.  Vgl.  auch  Lbpsius,  Denkm. 
m,  78a.  b.,  die  Grabeebrifl  eines  Beamten,  der  unter  D^  ID.  geboren 


268 


Drittes  Buch,  dritter  Abscbnitt. 


war  und  den  Könif^en  A.  II.,  Dh.  IV.,  A.  III.  gedient  hat.  EWnso  dient 
der  iu  Qurua  he^rrabene  ^aremheb  unter  A.  II.,  DU.  iV, ,  A.  III. 
(Brugsch,  Ree.  60,  1;  J.  de  Rouge,  Inscr.  249). 

%.  225.  Auch  die  nftefaste  Regiera&g,  die  des  Amen» 
hotup  DL  [Sohn  des  Dh.  IV.]  ist  im  wesentlichen  friedlich 
gewesen,  wenngleich  zwei  Felseninschriflen  bei  Assuan  ▼on 

dem  ersten  Feldzug  des  Königs  [in  setnem  fünften  Regierungs- 
jahrj  gegen  die  elenden  Feinde  von  Kus  reden  (Lepsips, 
Denkm.  TU,  81)  und  F'niiikiiist  hriften  seine  Wafifenthalen 
preisen  und  Listen  der  besiegten  Völker  geben.  Interessanter 
ist,  dass  der  König  Satama  von  Naharain  dem  Pharao  seine 
Tochter  nebst  317  Damen  ihres  Harems  übersandte.  Die 
Hauptth&tigkeit.  der  mindestens  bis  ins  d6.  Jahr  reichenden 
Regierung  des  EOnigs  ist  der  Pflege  des  Cultus  zogewandt; 
nach  Remses  II.  ist  Amenholep  DL  der  gewaKigste  Bauherr 
Aegyptens.  Eine  Insehrifl  Ton  Kamak  zftblt  die  nmftingreichen 
Gaben  auf,  welche  der  Könipr  dem  Tempel  aus  den  Tributen 
dei  utilrrworfenen  Völker  zu \uindte  (Mariette,  Karn.tk  ;J4  f.): 
auch  eincu  utin  n  Pylon  und  einen  zweiten  kleineren  Tempel 
hat  er  ihm  in  Karnak  gebaut.  Ferner  errichtete  er  dem  Amon 
den  Tempel  von  Luqsor  und  ein  Heiligthum  in  der  thebani- 
schen  Weststadt,  neben  dem  Tempel  des  Dhutmes  III.  m 
Medinet  Haba.  Vor  dem  letzteren  erholm  sich  die  beiden 
gewaltigen  GolossalstatQen  des  Königs,  welche  die  Griechen 
akr  Ifemnonsstatuen  bezeichnen.  Der  Baumeister  derselben 
ist  Araenhotep,  Sohn  des  Hapu,  der  »Vorsteber  aller  Bauten 
de«  Königs«,  ein  gelehrter,  in  der  Weisheit  des  Dhuti  wohl 
bewanderter  Mann,  der  dem  Amondienste  in  gleichem  Maasse 
ergeben  war  wie  der  Pharao.  Er  hat  iiim  in  der  thebani- 
ßchen  Weststadt  einen  eigenen  Tempel  (in  Der  el-medine) 
erbaut,  dessen  Ordnung  vom  Könige  beFfätiart  wurde.  — 
Daneben  baute  der  König  den  Tempel  der  Mut  in  Asera 
(südlich  Ton  Kamak)  und  Hess  an  zahlreichen  anderen  Heilig- 
thömem  Aegyptens  arbeiten.  Hoch  oben  in  Nubien,  in  l^l§b» 
hat  er  einen  Tempel  errichtet,  der  desshalb  interessant  ist, 
weil  hier  die  Absurditäten,  zu  denen  die  religiösen  Ideen  der 


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Ameo^otep  III, 


269 


Aegypter  führten ,  in  ihrer  crassesten  Gestalt  erscheinen ;  er 
\d  neben  dem  Amon  »dem  auf  Erden  lebenden  Büdniss«  des 
Königs  geweiht^  und  derselbe  erscheint  hier  wieder  und  wieder 
in  Anbetung  Tor  sich  selbst  —  in  sofern  ganz  conect,  als  ja 
der  Ednig  in  noch  ganz  anderem  Grade  als  die  übrigen 
Menschen  eine  Incarnation  der  hüthstf  ii  (  iottheil  ist.  In  dem 
kitinen  Tempel  von  Sedeinga  in  Nubien  lässt  der  König  da- 
neben seine  innig  geliebte  Gemahlin  TU  verehren. 

liBwi»,  Denkm.  III,  70—90;  Rosklliwi,  Mod.  stor.  41—44.  Ueber 
die  Pariser  Statue  A.  18  s.  §.  110  Anm.  Mi{xvoy  nal  TUhoyoco,  y\  'A(av«M^ 
pmkA  Alfimit  C.  L  gr.  4781,  vgl.  4727.  4805.  Ueber  Ameniotep  den 
Sohn  des  J^apu  s.  Bhugscb.  AZ.  1875, 128. 1876,  96;  Ermait*  ÄZ.  1877, 147. 
Den  Späteren  gilt  derselbe  als  ein  weiser  Hann,  der  niystiscbe  Schriften 
pn  dem  §.  117  gekennzeichneten  Charakter}  verfasst  habe.  Als  solcher 
enebeint  er  auch  in  den  Traditionen  Hanethos  (bei  Jos.  c  Ap,  I,  86).  — 
Beranden  intereuant  sind  die  Skarabaeen,  auf  welchen  der  König  seine 
Macht  und  seine  lagden  preist  und  den  Stammbaum  seiner  Gemahlin 
seottt:  RosLum,  Hon.  stor.  44;  Birch,  R.  P.  XII;  Brdoscb,  ÄZ.  1880, 81. 
Femer  die  Belobung  der  aegyptischen  Steuerzahler  durch  den  König 
im  Grabe  des  Gha'mbaH,  Lepsius,  Denkm.  Hl,  76.  77,  vgl,  Brdosch, 
Goeh.  416. 

Reformationsversuch  Chuenatens.  Durchführung  des  solaren 

Monothofsmus. 

§.  226.  Die  alles  Maass  überschreitende  Pflege  der  Re- 
ligion, welche  unter  den  letzten  Königen  geübt  wurde,  konnte 
nicht  ohne  verbängnissvolle  Folgen  bleiben.  Die  reichen  Mittel 
des  Staates  wurden  an  Tempelbauten  und  religiöse  Stiftungen 
▼erschwendet,  die  Zahl  der  Priester  und  Tempeldiener  wuchs 
ins  unendliche,  die  Priesterschaft  beherrschte  den  Sinn  des 
Königs  vollkommen  und  gewann  eine  Machtsteilung,  welche 
die  Staatsgewalt  zu  vernichten  drohte..  Auf  der  anderen  Seite 
musste,  wer  sich  noch  etwas  dachte  bei  den  Worten  der 
Geheimlehre,  sich  sagen,  dass  dieselbe  in  der  herrschenden 
Form  dijs  Cultus  nur  einen  höchst  ungenügenden  Ausdruck 
fand,  dass  der  Amon  von  Theben  zwar  seine  Titulaturen 
dem  solaren  Monotheismus  entlehnte,  aber  nichts  weniger  als 


270 


Drit^  Buch,  dritUir  AbscimiU. 


der  Eine  und  Alieiiiige  war,  sondern  ais  ein  Gott  neben  zahl- 
losen anderen  stand,  dass  sein  Gultus  überwuchert  und  die 
in  ihn  gekiftan  Meieren  Wahrheiten  enüekt  waren  dorch 
zahüose  craase,  den  früheren  EntwkkelongaBtafea  angeliSrige 
oder  neagebild^  Anacbaimngenf  Gehriuclie  und  Fonneln. 
Es  entstand  das  Streben  nach  einem  reinmn  Ausdruck  der 
religiösen  Grundwahrheit,  nach  einem  wirklichen  Monotheis- 
mus, der  nur  den  Sonnengott  kannte  und  jL.inat  mathte  mit 
dem,  was  die  thebanische  Priesterschaft,  und  ähnlich  die 
der  übrigen  religiösen  Cenlren ,  nur  halb  spielend  lehrte. 
Andere  Einflüsse  mochten  hinzukommen,  so  jedenfalls  der 
Unwille  der  localen  Priesterschaflen  ütier  die  Bevorziip^ung 
des  Emporkömmlings  Amon.  Die  späte  sonst  TöUi^  entstellte 
Ueberliefenmg  bei  Manetho  enthftit  vielieieht  einen  historisch 
richtigen  Kern,  wenn  sie  einen  beliopolitaniscben  Priester 
[Osarsiph]  als  Führer  der  monotheistischen  Bewegung  nennt 
HeKopolis  (Anu)  war  ja  das  alte  Gentrum  derselben,  der  Sitz 
des  veriia..liiissmässig  reinsten  Sonnencultes  (Tuiu-Ka ).  Diese 
verschiedenen  Strömungen  zu  verfolgen,  die  leitenden  Männer 
kennen  zu  lernen,  ist  uns  völlig  versagt;  ihre  Wirkungen 
dagegen  liegen  klar  vor  Augen.  Man  forderte  und  wagte 
den  Versuch  einer  rein  monotheistischen  Reformation. 

Waä  über  die  Stellung  der  Prieälerschafl  gesagt  ist,  ergibt  sieb  nicht 
nur  aus  der  Analogie  oder  vielmehr  dem  Ahr  alle  gleichartigen  Eint- 
vriekelaogen  abiolut  gültigen  historftehan  GMetfer  «U«  Vorging»  so  Ende 
dtr  flO.  OymsÜe  und  die  Stelhuif  der  «etiikipisehan  Pfiaetanebell  leigan 
deatUeb,  «onnf  die  acgyptieefaen  Priester  binsteuertea  und  der  Natur 
der  Dinge  nach  —  bewniat  oder  onbewunt  —  binetreben  mussten.  Mit 
den  gangbaren  Beartii^ungen  der  Beformation  Chuenaten's  zu  rechten» 
iet  überflüssig;  da^«;  er  ein  Eunuch  gewesen,  dass  die  Ehe  seines  Vaters 
mit  der  Tii  für  illegitim  ^regulten  habe,  da««  semitische  Einflösse  mit- 
gewirkt hätten  u.  5.,  ist  völlig  unbegründet,  Auffallend  ist  nur.  dass 
mod»?rrie  Historiker  sich  berufen  fühlen,  für  die  thpbanische  Anions- 
relipion  Apologetik  zu  tn»5ben,  —  Da=s  was  Man»-llio  bei  .In-;epl)iis  c.  Ap, 
I,  2ö  als  ^&C'j6}X8va  -/.al  Ki-(öy.i;ia  itüv  'Iou2atu»y  erzäliil,  Mcii  mA'  die 
Reformation  Cbuenalens  bezieht  und  nur  von  ihm  —  oder  vor  ihui  — 
TOUig  wilikflrUeh  auf  Hoees  oiid  den  Ezodoa  iMSogea  Ist,  bitte  nie  Ter> 
kennt  weiden  aonen.  Im  Obrigen  kann  ]le[r]nephtah  griecbieeh  nie  ta 


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ReligiAM  BfllonBati«m  Cbuenaten's. 


271 


'Afuvtu^'.^  Ainenhotep]  werden^  denelba  «racheioi  vielmehr  bei  Ma- 
netbo  als  ['A]|jity»f 

§.  227.  Der  neue  Eöiüg  Amenhotep  IV.,  Sohn  des 
A.  ULt  gab  sich  gleich  bei  der  Thnmbesteiguog  als  AnhSnger 
der  refonDatorisehen  Ideen  so  erkennen,  indem  er  in  seinem 

Thronnamen  >schön  ist  die  Eine  Gestalt  des  Ra^c  die  Ein- 
heit des  Sonnengoltes  betonte  uud  unter  seine  Titel  den  eines 
Oberpriesters  des  Ra^  Harniacliis  aufnahm.  Bald  ging  er 
weiter  und  bekannte  sich  olTen  zu  dem  alleinigen  Cultus  des 
Sonnengottes f  der  jetzt  den  olficielien  Namen  »der  lebendige 
Ra'  Harmachis  der  prangt  am  Horizonte,  in  seinem  Namen 
G-lanz  In  der  Sonneiischeibec  erhält,  gewöhnlich  aber  einfach 
Aten  »die  SonneDseheibe«  genannt  wird.  Mit  ▼olter  Abeicbt* 
▼ennied  man  die  .alten  Göttemamen  und  wfihUe  das  un- 
zweideutige Appellativum,  um  den  solaren  Monotheismas  im 
Gegensatz  zu  dem  bisherigen  Cultus  scharf  hervortreten  zu 
lassen.  Seinen  eigenen  Nanion  wandelte  der  König  in  Ghuenaten 
»Abglanz  der  Sonnenscheibe«,  alle  seine  Töchter  —  Söhne 
hatte  er  nicht  —  erhielten  ähnliche  Namen,  und  rücksichtslos 
irden  die  alten  Götter  verfolgt.  Nur  die  reinen  Sonnen- 
gölter  Tum,  Ra%  Horns  erkannte  man  als  identisch  mit  dem 
neuen  Gotte  an,  soweit  sie  nicht  eme  locale  Fftrbung  hatten. 
Sonst  -worden  alle  Götterlrilder  und  Namen  zerstört  und  in 
allen  Inschriften  der  aegyptisdien  Tempel,  soweit  sie  sieh 
erreichen  liessen,  sorgfältig  ausgemeisselt.  Der  Haupthass  traf 
natürlich  den  thebanischen  iVmon;  sogar  in  den  Namen  seiner 
Vorgänger  auf  dem  Thron  liess  Ghuenaten  das  Wort  Am  o^i 
überall  zerslöreii.  Duk  Ii  ganz  Aegypten  und  Nubien  begegnen 
wir  dieser  Verstüuunelung,  ein  Beweis,  dass  die  Reformation 
wenigstens  vorübergehend  uberall  durchgeführt  ist.  Dass  es 
dabei  an  blutigen  Kämpfen  und  Verfolgiingen  nicht  fehlte, 
ist  höchst  wahrscheinlich;  genaueres  wissen  wir  begreiflicher 
Weise  nicht.   Jedenfalls  wandte  der  Köolg  der  alten  Haupt- 

Später  bat  man  Hies  so^'ar,  um  jedes  Miasverslfiiifinis«  ?n  ver- 
lueiden,  durch  »Ra'  (die  Sotitip)  Herrscher  der  beiden  Hon/  iitt  *  erseUt 
(Lspsios,  Deoluii.  Iii,  97.  100  e  unter  Ghuenaten,  9i^a  unter  b'üitechl). 


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272 


Drittes  Budi,  dritter  Abicluiikt 


Stadt  den  Rucken  und  gründete  sieb  in  Mtttelftegypten ,  in 
Teil  el-Amarna  südlich  von  Beni  Qassan,  eine  neue  Residenz 
Chataten,  in  deren  Hüte  der  Grund  zu  einem  herrlichen 
Sonnentempel  gelegt  wurde«  Im  übrigen  ist  es  natürlidi,  dass 
der  nene  Gnttus  durchaus  den  spedflsdi  aegyptischen  Charakter 
Irüijt.  Die  Sonnenscheibc  wird  abgebildet,  wie  sie  ihre  Strahlen 
als  i laude  den  Verehrern  entgegenstreckt,  die  Formeln  der 
H\Tnnen  sind  den  alten  Sonnonhvmnen  entlehnt  «nd  im 
wesentlichen  durchaus  stereotyp,  in  sklavischer  Weise  beugen 
sich  König  und  Volk  vor  dem  Einen  allmächtigen  Gotte. 

Honnmente:  Ltnm,  Denkm.IH,  91—111.  Pbissb»  Moo.  ^.  10—14 
MABvm,  Hon.  dir.  26  o.  87  e.  84  c  Britoscb,  Ree.  57.  —  üeber  die 

Persönlichkeit  des  Königs  haben  wir  kein  üfiheil;  eein  Geeidlt  trigt 
deoltieb  die  ZOge  des  Fanatikers.  Die  Scalptaren  und  Inschriften  zeigen, 
dass  er  seiner  Familie  sehr  ergeben  war,  namentlich  seiner  Gemahlin 
Nofrel-li  und  seiner  Multcr  Tii,  die  er  feierlich  in  die  neue  Residenz 
einfflhrte,  woraus  aber  in  keiner  Weise  folgt,  dass  sie  die  Seele  der 
Reformhewegung  gewesen  wäre.  (Iharakterislisch  sind  nwch  die  in  Grä- 
bern der  neuen  Residenz  dargestellten  Irenen,  in  denen  Köni^  und  Königin 
sielt  auf  dem  Ualcou  der  jubelnden  Menge  zeigen  und  Blumenkränze 
unter  sie  auswerfen:  Lfpstts,  Denkm.  III,  103  ff. 

§.  228.  Mindestens  zwOlf  Jahre  hat  Chuenaten  regiert; 
ob  er  eines  natürlichen  Todes  gestorben  ist^  oder  ob  er  einer 
Revclntion  odsst  einem  Mörder  erlag,  wissen  wir  nicht.  Jeden- 
falls war  bei  seinem  Tode  sem  Werk  erst  halb  Tollendet,  die 
neoe  Stadt  noch  mitten  im  Bau,  und  Oberall  gährte  es  im 
Lande.  Dass  der  König  keinen  roftnnlichen  Nachfolger  hinter- 
liess,  musslo  die  Anarchie  noeli  vcrnieliren,  und  so  sehen  wir 
denn  eine  Foljre  kurzer  RcRicrungen  eintreten,  vuii  denen 
keine  zu  alln^emciner  Anerkennung^  gelangt  zu  sein  oder  sich 
länger  behauptet  zu  haben  scheint.  Der  nächste  Nachfolger 
war  S^anecbt,  der  Gemahl  von  Chuenatens  ältester  Tochter 
Iferaten,  ein  eifriger  Anhänger  der  neuen  Lehre,  der  nur 
ganz  kurze  Zeit  regiert  haben  kann.  Er  scheint  durch  den 
»Priester  ^)  Aic  gestürzt  worden  zu  sein.  Ai  war  der  Bruder 

^)  »(;<"«lHioher  Vaterc  (tef  neter)  ist  der  Titel  des  untersten  Priester- 
gradesp  den  Ai  wftbrend  seiner  ganzen  Laufbahn,  auch  alS'KOnig,  lieib^elt. 


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Sehtitom  dar  Rdbraiatif««  273 

dto  Amme  GhuenaienSf  an  dessen  Hoferatdi  zahoheii  ESven  em^ 

porgestiegen,  schliesslich  Oberstallineister  des  KQnigs  geworden. 
Er  war  damals  ein  eifrigrer  Verehrer  des  Einen;  jetzt,  nach- 
dem er  sich  der  Krone  bemächtig  hatte,  kehrte  er  zur  alten 
Religion  zurück.  Er  verlegte  die  Residenz  wieder  nach  Theben 
und  zeigt  sich  hier  als  eifrigen  Diener  des  Araon  und  der 
übrigen  alten  Götter.  Dennoch  gelang  es  dem  ^irgelzigen 
Emporkömmling  nicht,  die  Leiden9chaften  zu  yersöhnen.  Als 
er  nach  kurzer  Regieningszelt  starb  —  oder  gestürst  wurde , 
verfolgte  man  seinen  Namen  auf  aHen  Denkmälern,  die  er 
hinterlasgen ;  sogar  seih  Grab  hi  dem  grossen  thebanischen 
Todtenllial  blieb  nicht  verschont. 

S'anecht:  Lepsius,  Denkm.  III,  99.   Ai:  ib.  105.  106.  113.  114. 

PnissF,  Mon,  17.  Mahiktit,  Abydos  III,  Nr.  1469  (Va?e  mit  seinem 
Nameii).   Das  höchete  eriiallene  Datum  ii^t  sein  viertes  Jahr. 

§.  229.  Auch  der  nächste  König,  Tut'anchamon,  »das 
lebende  Bild  Amonsc,  erlitt  ein  fthnliches  Schicksal,  obwohl 
er,  wie  schon  sein  Name  sagt,  gleichfalls  den  thebanischen 
Gott  anerkannte  und  seine  Gemahlin  'Anches  en  pa  aten  (»sie 
lebt  von  der  Sonnenscheibe«),  die  dritte  Tochter  Ghuenaten's, 
ihren  Namen  in  'Anches  en  auion  umwandeln  musste.  Es 
sind  dann  wahrscheinlich  noch  einige  weitere  ephemere  Re- 
gierungen gefolgt,  so  ein  Köui^  Sera'  (Sohn  der  Soiiuf)  Teta. 
Die  schliessliche  Beruhigung  des  Landes  führte  erst  Qaremheb 
herbei,  der  auf  den  Ruf  des  thebanischen  Amon  auf  den 
Thron  «hohen  wurde  ee  ist  dne  nicht  unwahracheinlicbe 
Vermuthung  Ton  Brüsscb,  dass  seine  Gemahlin  Mutnesem  eine 
Schwester  der  Gemahlin  Ghuenaten's  war.  Qaremheb  stellte 
überall  im  Lande  die  alten  Gülte  wieder  her,  emeaerte  die 
froüuiioii  SiirLuiigeii,  zerstörte  gründlich  die  Denkmale  Ghuena- 
ten*s,  vor  allem  seine  »SonnenstadL«  und  führte  dem  thebani- 
?;chen  Amon  neue  Bauten  auf.  Die  Ketzerei  wui-de  völlig 
ausgerottet,  wobei  es  an  blutigen  Verfol^^ungen  gewiss  nicht 
fehlte.  blieb  die  Legitimität  des  neuen  Pharao  auch  nach 
seinem  Tode  unbestritten,  sein  Name  in  hohen  Ehren;  für 
das  geistige  Leben  Aegyptens  aber  war  es  ▼erhftngnissToll, 

IC«7«r.  a«MUdM»  m  AlteittnUM.  I.  18 


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« 


274 


Drittes  Buch,  dritter  AbichnitU 


dass  die  Retormation  so  völlig  unterdrückt  und  damit  jede 
FortentwickeluDg  unmöglich  geworden  war. 

Die  Heihenfolp-p  fler  ille^Mtirnen  Herrscher  ist  nicht  völlig  sirlier; 
die  Gesammldaupr  der  von  Amenhotcp's  III.  Tode  bis  zum  Antritt  Harem- 
heb's  verflossenen  Zeit  kann  höchstens  etwa  30  Jahre  hetrat?en.    Zu  be- 
achten ist,  dass  unter  Ai  Paur,  unter  Seti  I.  und  Raroses  II.  sein  Sohn 
Ameneniapet  als  Frin?  von  Kus  erscheint  (Lep«hs,  Denkm.  III,  114 f. 
141h — k) ;  ehtiist)  kumniL  Hui,  der  unter  Tul'anrhamen  diese  Würde 
bekleidet,  noch  unter  Hamses  II.  vor  (Mahiette,  Mon.  div.  71,  23,  vgl. 
Lepsius,  Denkm.  TU,  175  h).  —  Tut'anchamen :  Lepsiü«  Denkm.  III.  115  ff. 
Pris«?k,  Mon.  11.   MAniKTTK,  Abydos  III.  Nr.  1109.    Oers.,  Le  Serapeiim 
de  Memphis  (ed.  Masi-kho,  I,  125).    Sera  Tela  (iMerneptah):  Naviuf, 
ÄZ.  1878,  69.    Mariette,  Serapeum  I,  131.  —  Nach  W  iki  >  ma>n,  Gesch. 
A*"^.  45  geh  Art  iti  diese  Zeit  auch  ein  König  von  ünteraegypten  Ra'entui(?).  ■ 
—  Harenil.ieb:  Lkpsfus,  I>»  nkm.  III,  119  fl".    Brdgsch,  Ree.  37.  57.3. 
DCmichki«,  Hisl.  Inschr.  II,  40  e.  Statue  in  Turin  mit  Angaben  Ober  seine 
Thronbesteigung:  Bihch.  TrSBA.  III,  486;  HP.  X.    BRnoscH,  Gesch.  440. 
Vgl.  :nich  BRurjscH,  Geisch.  433-    Lia  Kdict  Haremheb's  über  die  Re- 
orgauisation  Aegyptens  erwähnt  Masfero,  ÄZ.  1882.  134.   Eine  Proces;;- 
schrifl  auf  einer  Kalksteinscherbe  (Inscr.  in  the  hieratic  and  demotic 
Character  from  tbe  Coli,  of  the  Brit.  Mus.  pl.  14,  Nr.  5624)  erwähnt 
sein  siebeotM  Jahr;  dagegen  scheint  das  auf  derselben  Torkoromends 
Jahr  21  sieh  trots  Brdcsch,  Geecb.  448  nicht  auf  ihn,  sondern  auf  die 
Regierung  des  im  folgenden  genannten  Ameni^otep  (III  ? ;  der  Name  ist 
vom  KOmgsriDg  eingeschlossen !)  zu  besiehen.    Die  Vermulbong  foo 
Bmcn  (vgl.  ÄZ«  1877«  149),  Oarom^ieb  sei  spftter  abgesetst  wordeo  und 
als  Privatmann  gestorben,  erscheint  kaum  haltbar.  In  den  KOnigslislco 
der  folgenden  Zeit  steht  er  immer  in  enger  Verbindang  mit  Remses  I. 
und  Seti  L  Es  ist  daher  aoeh  sehr  Abglich,  ob  die  gewOhniicfae  An- 
Ordnung,  welehe  mit  ihm  die  18.  Dynastie  seblieest,  irgendwie  begrflndet 
ist.  Dass  Manetbo  hier  einen  Ginsehnitt  machte,  ist  keineswegs  sicher 
(vgl.  $.  214  und  288  Anm.);  im  Qbrigen  sind,  wie  die  folgende  Zusammen* 
stellnng  lehrt,  die  Angaben  Hanetbos  nirgends  weniger  correct  als  hier. 


TTebersiclit  der  achtzehnten  Dynastie. 


Denkin&ler. 


Hanetbo. 


Ra*sqenen  Ta*a  I. 
Ra'sqenen  Ta'a  11.  'a. 
Ra*8qenen  Ta*a  III.  qen. 
Kames 


« 


17.  Dyn.  48  Hulen  und  43  The- 
baner  151  (var.  221)  l 


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4 


Uebenieht  der  aehtsehnten  Dynastie. 


275 


böcbsL  ca.  50  J. 


Denkmäler. 


1.  A'ahmee 

2.  Amenhotpp  I. 
a.  Dhutmes  I. 

4.  Dhutmes  II. 

5.  Qa'Uepsu 

6.  Dhutmes  m. 

7.  Amenhotep  II. 

8.  Dbntines  IV. 

9.  Aiueiiliotep  III. 

10.  Amenhotep  IV. 
=  Cbuenaten 

11.  S'anecht 

12.  Ai 

13.  Tut'ancharoen 

14.  Sera'-Teta 

15.  Harem  heb 
Znsammen  von  A  ahmes  

iis  iuni  AiiLrill  Ramses'  I.  ca.  200  J. 


54  J. 

ca.  20  J. 

mindest.  36  J. 

ca.  80  J. 

ca.  10  J. 


Mail  et  ho  [nach  Unoer], 

18.  Dyn.  Thebaner. 

C  1.  *Ajiu><itc  67  J. 
(  2.  Xtßp<»c         13  J. 

I  3.  'A|jiva»f tc  I.  20  J. 

s,  Schwester  22  J. 
5.  M'.cäfp.c  13J. 

26  J 

7.  To6ti'|j,u»atc       9  I. 

8.  'A}jivuKptc  II.  31  4. 

9.  'Üpoc  87  J. 

10.  "Ayßm<;  I.  12  J. 

11.  Ta()-u'.;  9J. 

12.  Xe.^ptj?  12  J. 
18.  'Aytppr^<i  II.  12  J. 
14.  Apiptati  5J. 

288  .1. 

[In  den  Auszügen  variiren  die 
Einzelposten  mehrfach,  die  Sum- 
men werden  ganz  verschieden 
angegeben»] 


lY.  Das  Beich  der  Cheta  tind  die  neunzehnte 

Dynastie. 

Aufrichtung  de«  Chetareichs. 

§.  230.  Ueber  die  inneren  Kämpfe  und  \\  irren  ist  die  Macht- 
stellung Aegyptens  zum  Theil  verloren  gegangen.  Zwar  Kus 
und  die  Negerlande  blieben  mit  Aegypten  vereinigt,  unter  allen 
Königen  finden  wir  einen  —  oder  gelegentlich  auch  neben  einander 
zw^  —  »Prinzen  von  Eusc.  Dagegen  scheint  die  Herrschaft 


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276  Drittes  Buch,  vierter  Abschnitt. 

über  Punt  verloren  zu  sein,  wenngleich  wir  unter  Haremheb 
[die  Zuweisung  ist  indessen  nicht  sicher]  eine  Gesandtschaft 
von  Grossen  von  Punt  mit  Geschenken  nach  Aegypten  kom- 
men sehen  (Mariette,  Mon.  div.  88  =  Brugsch,  Ree.  57,  3). 
Unter  den  folgrenden  Königen  bis  auf  Ramses  III.  wird  Punt 
kaum  je  genannt;  namentlich  ist  unter  Ramses  IL  niemals 
(auch  nicht  Lspsms,  Denkm.  III,  163)  von  dner  Herrschaft 
üher  Punt  die  Rede.  Ebenso  haben  die  asiatischen  Lande 
die  aegyptische  Herrschaft  abgeschüttelt.  Es  will  wenig  he* 
sagen,  wenn  unter  Chuenaten  von  den  »Tributen  von  Cham 
und  Kas,  vom  Osten  und  Westen«  die  Rede  ist  (Lepsiu?, 
Denkm.  III,  100  b),  wenn  Ai  sich  »Besieger  der  (asiatischen) 
Barbarenc  nennt  Ja  selbst  wenn  unter  Tut'anchamen  >die 
Fürsten  von  Rutenu«  reiche  Gaben  nach  Aegypten  scbickeD, 
den  König  anflehen,  ihnen  Lel)ensathem  m  gewähren,  und 
versichern,  zu  seiner  Zeit  gebe  es  keine  Piebellen,  die  ganze 
Welt  lebe  im  Frieden  (ib.  115.  116),  so  wird  darin  wenig 
mehr  als  die  prunkhafte  Ausschmückung  einer  von  syrisclien 
Grossen  geschickten  Gesandtschaft  zu  politischen  oder  Handels- 
zwecken zu  erkennen  sein.  Die  folgenden  Ereignisse  lehren 
deullicli,  dass  Dhutmes'  III.  Eroberungen  sämmtlich  verloren 
waren,  und  sehr  denkbar  ist,  dass  schon  unter  Amenhotep  HI. 
die  Macht  Aegyptens  zu  erlahmen  begann.  Wahrscheinlich 
steht  es  mit  der  Losreissung  Asiais  m  Zusammenhang,  dass 
wir  unter  den  folgenden  Herrschern  die  alte  Grenzbefestigung 
am  Isthmus  von  Sues  (§.  89)  völlig  in  Stand  finden.  Ein 
Kanal  und  ein  Grenzwall  sperren  den  Weg,  der  Hauptiiber- 
gang  ist  durch  eine  starke  i'cstung  »das  Ghetem  [FortJ  von 
Saru«  vertheidigt.  Dass  der  Kanal  auch  Ilandelszwecken  ge- 
dient habe,  ist  nicht  zu  erweisen,  und  wir  haben  über  das 
Leben  in  den  unteraegyptischen  Städten  viel  zu  wenig  Material, 
um  darüber  urtheiien  zu  können. 

Abbildung  der  Grenzbefestigung  unter  Seti  L:  RossLUiat  üon. 
stor.  50.  51.  Lepsics,  Denkm.  III,  128.  lieber  dieselbe  und  des  Grem* 
gebiet  im  allgemeinen  s.  Brugsch,  Geogr.  Insehr.  I,  360;  Diet.  g^r. 
590  fr.  eS9  (T.  890  ff.  Ebers,  AeBH.  78  ff. ;  Dunk  Gosen  tum  Sinii 


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Das  Reich  der  Gbeta« 


277 


484.  521  n*.  Die  Alten  srhreiben  die  Anlage  der  Befestigung  und  des 
Kanals  dem  Sesostris  zu  (Diod.  I,  57  Slrabo  1»  2,  31.  XVU,  1,  25  u.  a.). 

J.  231.  In  den  40 — 50  Jahren,  die  voiii  Tode  Amen- 
hotep's  III.  bis  zu  dem  Haremheb's  verflossen  sind,  hat  in 
Syrien  das  Volk  der  Gheta  die  herrschende  Stelle  gewonnen. 
Ton  den  Bkämpfen,  in  denen  es  ihren  Königen  allmählich  ge- 
lang, die  Rutenuländer  zur  Anerkennung  ihrer  Oberhoheit 
zu  zwingen,  ist  keine  Kunde  auf  uns  prekouinien ;  wie  es 
scheint,  waren  dieselben  halbvollendet,  als  Seti  I.  nach  Syrien 
zog«  Gleichzeitig  haben  sie  ihre  Macht  auch  nach  Norden 
aiQgedehnt;  durch  ganz  Kleinasien  bis  nach  Smyma  hin  be- 
gegnen WUT  Monumenten,  die  zweifdsohne  Ton  ihren  Heer- 
tögen  Zeugniss  ablegen.  Wenn  man  nun  auch  geneigt  sein 
wird,  dieselben  im  allgemeinen  der  I. poche  nach  dem  grossen 
Kriege  mit  Ramses  II.  zuzuweisen,  so  ergibt  sich  doch  aus 
den  aegyptischen  Angaben,  dass  sie  schon  vorher  begonnen 
haben.  In  der  poetischen  Darstellung  dieses  Krieges  ^  dem 
sog.  Gedicht  des  Pentaur,  heisst  es,  der  Ghetakönig  habe 
^alle  Völker  von  den  Grenzen  des  Meeres  anc  um  sich  ver- 
sammelt, und  alle  Geldmittel  seines  Landes  erschöpft,  um 
ihnen  Sold  zu  zahlen.  Nach  dem  historischen  Bericht,  Lepsiüs, 
Denkm.  III,  187  d,  19*  kommen  die  Truppen  des  Ghetakönigs 
»aus  allen  Gegenden  im  Gebiete  des  Ghetalandes,  des  Landes 
Kaharain  und  des  ganssen  Qedi«.  Unter  Qedi  sind  unzweifel- 
haft die  Gegenden  nördlich  von  Syrien,  also  das  südöstliche 
Kleinasien  zu  verstehen;  man  könnte  bei  diesem  Namen  an 
die  Landschaft  K7}tt<;  in  Westkilikien  (Ptolem.  V,  8,  8),  even- 
tuell auch  an  Kataonien  nördlich  yom  kilikischen  Tauros 
denken.  Auch  in  der  späteren  Zelt  Ramses*  IL  erscheint  der 
»Fürst  von  Qedi«  in  Abhängigkeit  von  dem  »Grossfürsten  der 
Chetac  (Pap.  Anast.  U,  2  =  IV,  6). 

Das  Land  Qedi  und  seine  Bewnhner  Qeda  werden  gcK  genUicb  auch 
sehen  vor  RamseB  II.  erwähnt,  so  Amonshymnus  III.  ZU  9;  Lipsius» 
Oenkni.  m,  81  b,  88  »Gharu  (Syrer)  und  Qedu«.  Eine  andere  Form 
denelben  seheini  Qedno  (i.  B.  Haribttb,  Karnak  48,  11)  oder  Qedna 
(ib.  88  f.)  sa  sein. 


278 


DrittM  Bueb,  vierter  AbMludtt 


g.  282.  Der  erwflhnte  poetische  Kriegsbericht  nennt  eine 
Reihe  von  Ländern  und  FOnsten,  die  den  Gheta  verbfindet 
oder  untertfaan  sind,  so  den  Fürsten  Ton  Arados,  den  von 

Chalcb,  den  voü  kurkanii^ ;  auch  die  Landschaft  Anau^'as  ist 
uns  bekannt  (§.  219).  Die  Gebiete  der  Fürsten  von  Mas(a)  und  \ 
Buka  (Leka)  keijren  wahrscheinlich  in  den  Keilschriften  als  Mas, 
d.  i.  ein  District  der  syrisch -arabischen  Wüste  (Delitzsch 
Paradies  242,  Gen.  10,  30  ^VJ^)^  und  Laki,  Name  der  Sleppen- 
landsdiaft  westüdi  vom  Euphrat  und  südlich  von  Karkami^ 
(vgl  ScHRADKR,  ÄZ.  1879,  47)  wieder.  Die  übrigen  Namen: 
Dardeni  (schwerlich  die  Dardaner  am  Gyndes,  Her.  I,  189), 
Pidas(a),  Arana  (oder  MerunaP),  Qasuaden,  Akeret,  Muianat 
lassen  sich  nicht  identificiren ;  an  die  westkleinasiatischen 
Stämnio,  die  man  zur  Erklärung  herangezogen  hat  (Dardaijt ; . 
Pedasos,  Ilion  u.  a.)  ist  <,^ewiss  nicht  zu  denken.  Irgend- 
welchen genaueren  Aubaltspuukt  ergeben  die  ägyptischen 
Texte  nicht 

In  der  grossen  Schlacht  bei  Qade§  im  fünften  Jahre 
Ramses'  n.  stehen  diese  halbabhängtgen  Hül&vOlker  meist  wie 
es  schemt  unter  don  Befehl  ihrer  StammestOrsten;  daneben 
finden  wir  zaMreiche  »Oberste  der  Hfilfetruppen«,  die  nach 

uns  völlig  unt)ekannten  Districten  (Aqsu  oder  Aqebsu,  Annas, 
Tunis  u.  a.)  benannt  sind.  Der  Kern  des  einheinnsehen  Fuss- 
viilkes,  welches  17,000  Mann  beträgt,  führt  den  Namen  Tuhir 
und  steht  unter  zwei  Generälen.  Daneben  finden  wir  als 
hohen,  ofüsniHur  doch  militärischen  Titel  mehrfach  das  Wort 
Ka$en  (etwa  p^p?,  es  begegnet  uns  indessen  auch  in 
aegyptischen  Texten)  verwendet.  Sonst  wissen  wir  nicht 
viel  von  der  Organisation  des  Staates.  Die  Hauptstadt  scfaänt 
Qaded  am  Orontes  gewesen  zu  sein:  von  Königen  kennen 
wir  Sapalel  (b^Sli/*),  seinen  Sohn  Marsir  ("IC^'ID)  und  dessen 
Sohn  Matener  (linD)i  '-'^i"  Zeit  Ramses'  II.  ermordet 
wird.  Diesem  folgt  sein  Bruder  Chetasir  (12?nn)»  dem  wir 
spater  noch  i>egegnen  werden. 

Zthlrciehe  Orte  das  GbAtareichM  neant  wah  dar  Vertng  mit  . 
RamiM  IL,  wo  der  Hauptgolt  (Suteeh  d.  i.  Ba'al)  «naa  jeden  von  ilinaii 


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Sfti  I.  in  Syrien. 


279 


ab  Zesfe  angerufen  wird.    Leider  lässt  sich  kaum  ein  einziger  von 

ihnen  identificiren.  —  Zu  den  Leka  vgl.  §.  260.  Der  Name  Sapalel 
fitulet  sich  auch  bei  deo  A«8yrera  in  Form  Sapalulmi  (lU  R.  7«  42  u.  a^ 
KOnig  von  Patin  %,  d&Q). 

Dia  Kriog«  dtr  Aegypter  gegen  die  Cbeta. 

§.  283.  König  Qaremheb  hat  den  neuerstandeoeo  Staat 
nicht  bekämpft;  ein  gleiches  gilt  von  der  kurzen  Regierang  seines 
Nachfolgers  Ramees  (Ra*me8su)  I.  £>er  sp&ter  zwischen  Ramees  II. 
und  dem  Ghetareicfa  geschlossene  Vertrag  berichtet  ausdräck- 
lich,  dass  zor  Zmt  der  chetistischen  Groaskfimge  Sapalel  und 
Marsir  ein  Freandschaftsvertrag  mit  Aegypten  bestand.  In- 
dessen Pul  II  lies'  I.  Sohn  Seti  I.  beschloss,  die  verlorene  Herr- 
sciialt  üi)er  Asien  wiederzugewinnen.  Gleich  in  seinem  ersten 
Jahre  zog*  er  aus  gegen  die  ^^asu  und  unterwarf  sie  »vom  Ghetem 
von$aru  (g.  230)  bis  zum  Lande  Kana'anc.  Dann  zog  er  weiter 
gegen  das  »obere  Rutenninnd«.  Die  Festung  Jenu'am  (§.219) 
morde  erobert,  ebenso  die  Bergfeste  »Qadeä  im  Lande  Amurc 
d.  K  die  Amoriterstadt  [später  im  Gebiet  yon  Naphtali,  mit 
der  Ghetahauptstadt  nicht  zu  verwechseln];  die  Ffirsten  des 
Landes  Remenen  (§.  220  Anm.)  unterwarfen  sieh  und  lieferten 
dem  Küiti^o'  H^uliolz  iui  eine  Aiibaikü,  zahlreiche  Grosse  von 
Rutenu  wurden  gefangen.  Jetzt  greift  der  Chetakünig  ein. 
Auch  ihn  lüliml  sich  Seti  besiegt  zu  haben,  iinlts<en  hat  er 
auf  Iceinen  Fall  bedeutende  Erfolge  errungen.  1>(  sässen  wir 
die  Monumente  des  damaligen  Chetakönigs  llautener,  so 
würden  wir  wafarschehilich  von  mindestens  ektensovielen  Siegen 
öber  die  Aegypter  lesen.  Jedenfalls  bat  Seti  ausser  dem 
—  in  dem  er  mehrere  Brunnen  und  Forts  anlegen 
Uess  —  hOdistens  Sddpakestina  auf  die  Dauer  behauptet 
Die  LisLen  der  unterworfenen  Völker  und  Städte,  welche  er 
und  ebenso  Ramses  II.  und  die  späteren  Könige  geben,  sind 
historisch  fast  werthlos.  Veraltete  und  ganz  unbestimmte 
Namen  (wie  Mentiu  Sätet,  alle  Nordvölker  u.  ä.)  stehen  neben 
den  damals  allein  gangbaren,  TielfiLch  sind  einfach  die  Listen 


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280' 


Driites  Buch,  Tiericr  AlMebnitt. 


Dhutmes'  III.  excerpirt,  von  irgend  welcher  Ordnung  oder 
Zuverlässigkeit  kann  keine  Rede  sein. 

Ramses  I.:  Lepsius,  Denkm.  111,  1^.  HosBumi»  Mon.  stor.  45  a. 
Die  gewöhnliche  Aanahme,  dass  mit  ihm  ein  neues  Geschlecht  —  die 
19.  Dynastie  —  den  Thron  bestiegen  habe,  ist  nicht  beweisbar  und 
höchst  unwahrscheinlich,  da  in  den  zahlreichen  Königslisten  aus  der 
Zeit  Ramses*  n.,  auf  denen  seinen  nächsten  Vorgängern  die  Todtenopfer 
dargebracht  werden,  ^aremheb  regelmässig  neben  Ramses  I.,  die  früheren 
legitimen  Könige  der  18.  Dynastie  dagegen  nur  sehr  selten  erscheinen.  — > 
Seti  I.:  RosELLiNi,  Mon.  stor.  46—62.  Lepsius,  Denkm.  III,  125  S»  Bruobcb, 
Ree.  I,  45  —  51  (vgl.  Brügsch,  Reiseberichte  aus  Aeg.  14G  fT.).  Zusammen- 
stellung und  üebersetzung  der  Texte  von  LusrnNüTON,  Tr.  Soc.  Bibl. 
Arch.  V^,  509.  —  Ueher  die  Brunnen  im  Sasulande:  Brüg'^ch,  Diel, 
geogr.  591  ff.  Chaha-,  Vnyap-e  284  fT.  —  Im  Vertrag  R,  II.  mit  den  Cheta 
ist  ZI.  14  Mautener  in  Marsir  zu  corrigiren;  davon,  da^^s  Sapalel  und 
Ramses  1.  Zeitgenossen  gewesen  oder  Krieg  mit  einander  geführt  hätleii. 
steht  kein  Wort  darin,  —  Das  Land  pa  Kana'an  =  jy^^H  (S«  176 
Anm.)  wird  auch  im  grossen  Pap.  Harns  9»  1  genannt,  §.  263» 

§.  234.   In  seinen  späteren  Jahren  wurde  Seti  I.  auf 

einen  anderen  Kriegsschauplatz  gerufen.  Die  Libyer  (aeg. 
Tehenu)  ^iffen,  so  scheint  es,  die  Westmark  des  Reiches 
an.  Diese  kampfgeübten  Stämme,  welche  seit  langer  Zeit 
sich  die  äusseren  Elemente  aegyptischer  Givilisation  angeeignet 
hatten,  zeigen  sich  fortan  als  gefährliche  Feinde  des  Nillandes. 
Jetzt  gelang  es  dem  Köni<^e,  sie  in  wiederholten  Kämpfen 
zu  besiegen  und  zu  unterwerfen.  In  Verbindung  mit  iiinen 
scheinen  schon  jetzt  mehrere  für  uns  räthselhafte  Volks- 
stämme zu  stehen,  vor  allem  die  Sardana.  Oieselt)en  begegnen 
uns  seit  Ramses  II.  wiederholt  und  in  grosser  Anzabi  als 
Söldner  im  aegyptisehen  Heere;  em  Text  (Gedicht  von  der 
Ghetaschlacht)  sagt,  -ie  scieii  ursprünglich  Gefangene  des 
Königs  gewesen.  In  den  Abbildungen  sind  sie  an  ihrer  eip'en- 
thümlicben  Bewaffnung  (runder  Schild,  langes  spitzes  Schwert, 
Hehn  mit  einer  Kugelspitze),  sowie  an  ihrem  Gesichtstypus, 
namentlich  dem  kurzgesdmittenen  Vollbart,  sofort  zu  erkennen. 
Spätere  Inschriften  bezeichnen  sie  vielfach  als  ein  »Volk  der 
See« ;  ihre  Heimath  muss  also  auf  einer  der  Inseln  oder  Halb- 
inseln des  Mitteimeeres  zu  suchen  sein,  und  um  des  Namens- 


Seti  L  fagm  die  Libyer.  Die  äinälui«,  281 

aoklaQgs-  willen  bat  man  sie  vielfach  mit  den  Saiden  identificirt 
D«w  die  Phoenlker  in  dieser  Zeit  schon  naeh  Sardlnlflii  ftilim, 
ist  höchst  wafarseheiillicfa;  indessen  wenig  glaublich,  dass  die  im* 
dyiKsirten  Sarden  die  weite  Seefiibrt  nnteniahinen,  um  Aegyp- 
ten anzugreifen  oder  in  aegyptische  Dienste  zu  treten.  Eher 
könnten  sie  im  Dienste  phoenikischer  Kauffahre;'  (als  Söldner?) 
nach  Aeg^ypteii  gekommen  sein.  Neben  den  Sardana  linden  wir 
Söldner  aus  den  libyschen  Stämmen  der  Masauasa  (viell.  Md4t>sC| 
Her.  iV,  191)  und  Qahaq  (vgl.  §.  215).  Es  wird  wohl  an- 
znnelunen  sein^  dass  wir  es  hier  mit  Mannsdiaften  zn  thon 
haben,  die  in  Folge  der  libyschoi  Kriege  Seti's  in  aegyptische 
Dienste  getreten  rind.  Schliesslich  ist  hier  noch  das  grosse 
Corps  der  llasain  (z.  B.  Lkpsiüs,  Denkm.  m«  175  b)  m  nennen, 
das  auch  aus  fremden  Söldntiii,  vitdJtielil  ursprünglich  von 
dem  schon  in  der  6.  Dynastie  prenannten  Xeperstamme  Masa 
(BRiTOfscH,  AZ.  1882,  34;,  bestanden  zu  Iiai)iii  -cheint.  In  der 
^;)aterea  Volkssprache  wird  dieser  Name  ganz  allgemein  zur  Be* 
Zeichnung  des  Militärs  verwerthet.  Daneben  werden  auch  Neger 
als  Söldner  erwftfant.  Wir  erkennen  deutlich,  wie  aDmAhlich 
ein  stehendes  Söldnerheer  neben  die  dnheimische  Miliz  (die 
na'arana  §.  212)  tritt,  die  unter  Dtiutmea  m.  noch  den 
aUdnigen  Bestandtheil  des  Heeres  gebildet  zn  haben  scheint. 

Ueher  die  ^ardaim  s.  Brugsch,  Geogr.  Inschr.  IT,  ^4  ff.;  Eders,  AoBM. 
182  fl . :  Ghab-vs,  Ant.  hist.  297  ff.  u.  a.  Unter  Hamses  II.  auch  de  Roi  n^ 
Inscr.  70,  14.  Abbildung  des  Sartlaiiac(trps  neben  den  einheinn^ciien 
Truppen  Rainses'  II.:  Rosellim,  Mon.  slor.  101.  106.  Weiteres  §.  260  ff. 
—  Ueber  die  Söldner  unter  Ramses  II.  8.  Tor  allem  Ghabas,  Voyage  52  fT. 

§.  285^-  Seti  L  schdot  nicht  allzulange  (etwa  10  Jahre) 
regiert  zu  haben.  Ihm  folgte  sein  jugendlicher  Sohn  Ramses  IL, 
der  in  PmnkinsehriAen  mit  arger  üebertieibung  sieb  rühmt, 
schon  im  Sä  sei  er  als  König  anerkannt  gewesen  und  als 

Kind  habe  ihm  sein  Vater  die  Regierung  übertragen.  Richtig 
ist  daran  nur,  dass  er  bereits  in  früher  Jugend  feierlicli  als 
Thronfolger  proclamirt  und  vielleicht  von  Seti  zu  Ende 
seiner  Regierung  zum  Mitregenten  erhoben  wurde;  als  Kron- 
prinz begleitete  er  seinen  Vater  im  Kriege  gegen  die  Libyer. 


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282  Dritte«  Buch,  vierter  Abschaitt. 

Ramses  II.  nahm  gkicli  in  seinem  zweiten  ja.hre  die  asia- 
tisclion  Feldzüge  wipHer  auf.  Wie  es  scheint,  wurde  die  iierr- 
8chaft  über  Palaestina,  das  Land  Amur  (Lepsids,  Denkm.  III, 
187  e)i  wieder  gewonnen  oder  sicher  gestellt  Nördlich  von 
Berytos,  am  Hundsflusse  (Nahr  eUKeIh,  un  Alterthum  Lykos) 
OTichtete  der  König  eine  Siegestafel,  neben  die  zwei  Jahre 
später  eine  zweite  gesetzt  wurde  (Lepsiu?,  Denkni.  Iii,  197, 
vgl.  Herod.  II,  100).  Seinen  zweiten  Feldzug  im  fünften  Jalire 
fährte  der  König  direct  gegen  die  Cheta.  Der  Ghetalcöiug 
hatte  alle  verbflndeten  oder  von  Ihm  abhfingigen  St&mme 
aufgeboten  und  ein  gewaltiges  Heer  in  der  Nähe  von  Qades 
versammelt.  Beinahe  w;ue  es  ihm  gelungen,  die  Avantgarde 
der  Aegypter,  bei  der  sich  Ramses  befand,  in  einem  Hinter- 
halt zu  vernichten.  Die  Masse  des  Heeres,  die  in  Eile  her- 
beigerufen wurde,  erreichte  das  Schlachtfeld  nicht  mehr  recht- 
zeitig; nur  der  persönliche  Huth  des  Königs,  der  sich  rühmt 
allein  gegen  Tausende  gefocbten  zu  haben,  als  alles  Ihn  v«^ 
liess,  verschaffte  den  Aegyptern  den  Sieg.  Die  Feinde  wurden 
in  den  Orontes  (aeg.  Arunta)  geworfen,  wobei  sie  schwere 
Verluste  erlitten ;  der  Fürst  von  Chaleb  wäre  beinahe  ertrunken« 
Ramses  U.  rühmt  sich  wieder  und  wieder  dieses  Sieges;  er 
hat  den  Kampf  in  Luksor,  In  Kamak,  in  dem  von  ihm  für 
seinen  Todtendienst  in  der  thebanischen  Weststadt  gebauten 
Ramesseum,  und  in  Nubien  Im  Tempel  von  Abusimbel  dar- 
stellen und  poetisch  verherrlichen  lassen.  Indessen  es  war 
zwar  persönlich  eine  tapfere  That,  aber  kein  grosser  militäri- 
scher Erfolg,  Von  einer  Eroberung  von  Qades  er&hren  wir 
nichts;  und  wenn  Ramses  behauptet,  »der  GhetakOnig  habe 
seine  Hände  ^'ewandt,  um  ihn  anzubetenc,  so  bezieht  sich 
das  auf  vorübergehende  Unterhandlungen  oder  einem  Waffen- 
stillstand, denn  wir  sehen,  dass  der  Krieg  ununterbrochen 
fortgeht 

Ramses*  Bericht  Ober  seine  Jugend:  Mariette,  Abydos  I,  5"9. 
Maspero,  L'inscr.  d6dic.  du  temple  d*Abydot  1867.  Chronologisch  kann 
von  einer  Gesammtregierung  Seti's  I.  und  RamMs'  II.  nicht  die  Rede  sein, 
letsterer  zählt  seine  Jahre  vom  Tode  Seti*8  an.  —  Auf  den  ersten  Feldsog 


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Ramaes*  IL  Chetakrieg.  283 

des  Königs  spielt  der  Lobhymnus  auf  ihn  aus  seinem  zweiten  Jahre, 
Lepsiüs,  Denkm.  III,  175  g  an,  wo  es  mit  arger  üebertreibung  heisst 
»Sangar  und  Cheta  vereint  beugen  sich  vor  dirc.  —  Neben  dem  poeti- 
schen Bericht  enthalten  die  Tempelinschriften  mehrfach  einen  prosaischen, 
weit  kürzeren,  aber  natürlich  wahrheitsgetreueren:  heide  zn^nnimen  s. 
bei  Bruosch,  Gesch.  Aeg.  493—513.  Üie  f)oeti«;r:he,  auch  im  Fa[).  S.illier  III, 
vorliegende  Version  hat  E.  ue  Rouüt  wiederiiolt  bebandelt,  zuletzt  und 
am  voliständigsteo  in  der  trefflichen  Uebersatzuog  Hec.  des  travaux  1, 
1  fL,  1870. 

§.  236.  Von  dem  Fortgang  des  Krieges  haben  wir  nur 
sehr  unvollständige  Nachrichten.  Nur  einmal  noch  finden  wir 
den  König  weit  nach  Norden  vorgedrungen:  im  Gebiet  von 
Tunep  im  Lande  Naharain  kämpft  er  persönlich  gegen  die 
Gbeta  (Britgsch,  Ree.  54,  2).  Wie  er  so  weit  nach  Norden 
gelangt  ist,  wissen  wir  nicht;  in  seinem  achten  Jahre  sehen 
wir  ihn  lauter  Städte  in  Palaestina  einnehmen,  von  deren 
Namen  ^Icrom,  Karpu  ini  Gebiet  von  Bait  'Anat,  Dapur  im 
Lande  Amur  völlig  erhalten  sind  (Lepsius,  Denkm.  III,  156). 
Ein  anderes  Mal  erstürmt  er,  von  zahlreichen  seiner  kampf- 
geübten  Söhne  begleitet,  die  starke  Festupg  l^(?)pul  (ib.  160), 
schliesslich  bezwingt  er  das  rebellische  Asqalon  (aeg.  Asqarana 
j'^pt^N,  ib.  145  c).  Man  erkennt  sehr  dtutlicli,  wie  die 
Aegypler  mehr  und  mehr  zurückgedrängt  werden  und  schliess- 
lich völlig  erlahmen;  unzweifelhaft  wird  der  Chetakönig  sich 
zahlreicher  Siege  haben  rühmen  können.  Wenn  daneben 
Ramses  in  seinen  Tempelinschriflen  lange  Listen  besiegter 
Völker  und  Städte  gibt,  in  denen,  um  es  Dhutmes  III.  gleich- 
zuthun,  Assur  und  Sangar,  Menüs  und  Kurak  (Kiiikien  g.  220) 
nicht  lehien  dürfen,  mit  denen  der  König  schwerlich  auch 
nur  in  nähere  Berührung  gekommen  Ist,  so  ist  das  lediglich 
Ruhmredigkeit.  Aus  der  völlig  ungeordneten,  altes  und  neues 
durcheinanderwerfenden  Beschaffenheit  der  Listen  ist  überdies 
auf  den  ersten  Blick  zu  erkennen,  dass  sie  keine  iüstorischen 
Documente  sind. 

§.  237.  Wann  und  auf  welche  Bedingungen  hin  Friede 
geschlossen  Ist,  wissen  wir  nicht,  und  ebensowenig  ist  genauer 
überliefert,  welchen  Theil  Syriens  die  Aegypter  behaupteten. 


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284 


Drittes  Such,  vierter  AbscbmlU 


Jedenfalls  ist  Palaestina  im  wesentlichen  acgyplisch  geblieben. 
Wenigstens  besitzen  wir  Bruchstücke  eines  Tagebuchs  aus  der 
Zeit  M^neptah^s,  des  Nachfolgers  Ramses'  IL,  in  denen  über 
atte«  ivelche  die  aegyptisch-syriache  Grenze  passSren,  Buch 
geföhrt  wird.  Ans  denselben  geht  hervor,  dan  Gaza  damals 
aegsrptiseh  war;  femer  werden  hier  eine  »ßurg  König  Mer- 
neptah's  [derartige  ,Köiugliche  Plätze*  werden  hnmer  nach 
dem  jedesmal  regierenden  König  benannt]  ani  Wege  (V)  nach 
Sartum  (?)«  und  eine  Feste  desselben  »im  District  Arm(au)< 
genannt,  die  nur  in  Palaestina  gesucht  werden  können.  Wahr- 
scheinlich ist  bei  dem  letzteren  mit  Ghabas  eine  Versehreibung 
für  Amur,  das  Amoriterland,  anzunehmen«  Tyros  dagegen 
steht  nach  demselben  Docmnent  unter  einem  einheimischen 
Kteig  (Ba*ahner « .  Ebenso  stehen  die  Sasunomaden  in 
Abhängigkeit  von  Aegypten.  Efai  s^  interessanter  Bericht 
eines  Beamten  aus  dem  achten  Jahre  Merneptah*s  meMei» 
dass  derselbe  einer  Schaar  Sasu  aus  Edom  (Adum.ij  den 
Durchzug  durch  die  Grenzfesle  Chetem  ?on  Tuku  gewährt 
habe,  um  ihre  Heerden  im  Gebiete  der  iScen  von  Pitom 
weiden  zu  können.  £s  scheint  mithin,  und  dafür  spricht  auch 
der  zur  Zeit  Ramses'  III.  vorliegende  Besitzstand,  dass  man 
Bich  dahin  einigte,  dass  den  Aegyptem  SOdsyrien  überiassen 
wurde,  die  C!heta  dagegen  im  Norden  ydllig  freie  Hand  be* 
hielten. 

lieber  das  'Tagebuch  eines  tii  •  n/i  >  aiuten«  (Pap.  Anast.  III,  vereo 
p.  6.  6):  Chahas,  Rech,  pour  servir  :i  Thistoire  de  la  19.  dyn.  p.  95  £f.; 
Brüosch,  Gesch.  579  f.,  DicU  g6ogr.  638;  Ehman,  ÄZ.  1879,  29.  Einlaas 
der  Sasa  (Pap.  Anast.  VI,  4):  Chabas  1.  c.  107;  Bhüuöch,  Dict.  g6ogT. 
689  ff.  Leider  gibt  uns  Pap.  Anailael  I  (Voyage  d*un  £g.)  hier  gar 
keinen  Anhalt  Die  Siegwberiehte  Banues*  IL  in  Kamak,  Luqsor»  dem 
RaneiBeam,  Bet^WaOi,  Aboaimbel  n.  a.  a.  Lnens,  Denkm.  m,  144— 
Ro^xuifi,  JittD,  ator.  64-^115.  —  Nebenbei  aei  liier  erwlhnt,  da«  nach 
der  Ansicht  der  Neoaren  Raniaes  IL  —  der  im  Piap.  AaaaL  L  ein  paar 
Mal  Seaetan  genannt  wird  —  der  Sesoatris  oder  Seaooab  der  Griechen 
sein  soll,  während  Hanetho  denselben  mit  Usertesen  III.  identiflcirt. 
Lpt/»Hres  ist  insofern  ganz  richtip,  als  Ilerodot  II,  110,  Diod.  I,  55 
dem  Sesostris  die  Unterwerfung  Aelhiopiens  zuschmben.  Offenbar  haben 
4ie  tiri^ben  den  Öesostris  zum  KeprAseatanten  aller  aegyptuoboi  Gion> 


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Friede  und  BQndniss  zwischen  Aegypten  und  dem  CheUreieh.  285 


tbaton  gmnaebt;  Im  iMgin  itl  die  Frage  Ar  die  MgjpÜielM  Oeeoliiefate 
ohM  p9mtin  Btdentmg.  TgL  ümn,  GIupod.  d«t  Maa.  188.  Wm  die 
Uiebaniseheii  Priaster  dem  Germanieue  von  RAinMt*lL  Kriegen  a  enihleii 
wuerten,  berichtet  Tae.  Ann.  IL  60. 

238.  Auf  Grund  eines  derartigen  Abkommens  war 
ein  dauerhaftes  Friedensverhättniss  zwischen  beiden  Staaten 
mögüch,  das  t>akl  in  ein  enges  Bändniss  überging.  Im 
21.  Jahre  Ramses'  IL  schlag  König  Ghetasir  dem  Pharao 
einen  Ton  diesem  angenommenen  Vertrag  anf  ewige  Zelten 
Tor,  in  dem  beide  Staaten  sich  ihre  Integrität  garantirten, 
ein  Schutzbündniss  gegen  jeden  äusseren  Feind  schlössen  und 
sich  gegenseitig  verpflichteten,  alle  Verbannten,  die  bei  ihnen 
Zuflucht  sn«'hpn  würden,  zu  uberwachen,  alle  Flüchtlinge  und 
Auswanderer  auszuliefern.  Der  Vertrag  hat  lange  Jahre  be- 
standen; 13  Jahre  später  besuchte  Chetasir  den  Herrscher 
Aegyptens .  und  führte  ihm  seine  Tochter  als  Gemahlin  tu 
(Lxpsms,  Denkm.  IQ,  196).  £s  begab  sich,  was,  wie  der  Gott 
Pta^  m  Ramses  sagt,  »seit  den  Zeiten  des  Ra'  bis  anf  dich 
nnerbM  wart,  dass  Gheta  und  Aegypten  Eines  Hensens 
waren  (Lkpsius,  Denkm.  III,  193,  26  fi'.)-  ^^'i^  ^^o^  ^^^^ 
mannigfach  bei  einem  derartigen  Verhiiltniss  die  Culturbe- 
ziehnnfTPn  zwischen  Aegypten  und  Syrien  sich  gestalten  muss- 
ten,  liegt  auf  der  Hand.  Der  gewaltige  Einfluss,  den  Aegypten 
nach  Osten  hin  ausgeübt  iiat,  ist  bereits  früher  zusammen- 
hängend geschildert;  mid  wenn  wir  z.  B.  findm,  daas  Zäge 
eines  aegjrptischen  Hfirchens,  wddies  unter  Ramses'  Nacfap 
folger  anfgezeicfanet  ist,  von  dem  Volksstamme  der  Hebraeer 
angmiommen  imd  anf  srinen  Stammheros  Jos^  tUiertragen 
sind,  so  ist  das  nur  ein  Zug  mehr  zu  zahlreichen  uns  bereits 
bekannten.  Aber  auch  in  Aegypten  sehen  wir  den  Cult  der 
syrischen  Gottheiten  sich  inuiier  writor  verbreiten  —  d  aneben 
wird  namentlich  Set-Sutech,  der  machtige  Scliirmherr  des 
Auslandes,  der  den  Feinden  Sieg  verlieh,  eifrig  verehrt,  — 
syrische  Namen  treten  uns  Immer  häufiger  entgegen,  und  vor 
allem  die  SfMncbe  wird  durch  das  kantf  anaeische  in  der  auf- 
fallendsten Weise  beeinflusst.  Iii  manchem  Schriftstücke  werden 


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286 


Dritte»  Buch,  fiertw  AlMohnitL 


semiiiacfae  Wörter  Uai  in  dem  Umfimge  gebraucht,  in  welchem 
IhmxOeiecfae  Warter  In  die  deotsche  Utefator  des  vorigen 
Jahrhanderte  eingednmgen  sind. 

Vertrag  mit  den  Cheta:  Lepsius,  Denkin.  III,  146.  Broo6CH,  Ree  28. 
>  Utlwmtat  soant  von  Bmmm»  (Gtogr.  Intehr.     dwn  Goovwn»  m  RmMt, 
CiUBAS»  Vc^ag«  882 ;  Bbdmco^  Geieb.  518  a.  «•  — -  üeber  die  Bmehantaa 
swiaelMn  dem  Hftrehen  toh  den  ivrei  Brüdern  (Pap.  d*Orl>ioej)  und  der 
Joeepbsgeecfaiehte  genflgt  ee,  euf  Eenis,  AeBM.  811  ff.  tu  verweieen. 

BiUsA  und  Ciiltur  der  Rametsidenzeii 

9.  289.  Nach  dem  Vertrag  mit  CSietaeir  hat  Remses  II. 

noch  46  Jahre  in  Tollem  Frieden  Aber  Aegypten  geherrecht. 
V.s  ffilt  die«o  Epoche,  die  Zeit  Soti's  I.  und  Harnses'  II.,  filr  die 
Ühithezert  des  neuaegyptischen  Reichs,  und  mit  Recht.  Die 
kriegerischen  Erfolge  ihrer  ersten  Hälffe,  die  Inedlichen,  wohl- 
geordneten Verhältnisse  der  Folgezeit  ermöglichten  der  Re- 
gierung dne  allseitige  Entfaltung  der  Miftel  des  Landee  und 
sicherten  den  Unterthanen  einen  behaglichen  Lebensgenues, 
wie  die  Aegypter  ihn  von  Alten  her  liebten.  Wir  besitien 
denn  anch  ans  keiner  Zeit  Aegyptens  so  sahireiche  Mimii> 
mente  —  Tempel,  Grftber,  Weih-  und  SiegesineiMften  n.  s.  w. 
—  und  literarische  Ueberreste  wie  aus  dieser.  Nirgends  tritt 
aber  auch  der  typische  Charakter,  welcher  dem  neuen 
Aegypten  an}i;ift(f,  schärfer  liervor  als  hier;  überall  herrscht 
die  Schablone,  von  Individualität  kann  kaum  irgendwo  die 
Rede  sein.  Vergeblich  suchen  wir  in  all  den  zahllosen 
Tempelinschriften,  den  auf  Felewftnden  oder  Papyms  Ter* 
zeichneten  Hymnen  auf  den  König,  den  Anrufiingen  der  Götter 
einen  neuen  Gedanken,  eine  originale  Wendung;  hftufig  feUt 
jeder  greifbare  Inhalt  Allee  ist  €k>pie  und  naeh  fester  Vorlage 
gearbeitet;  wie  sehr  darunter  auch  der  historische  Gehalt  der 
Berichte  gelitten  hat ,  ist  mehrfach  hervorgehoben.  In  der 
That  stehen  di.  sulbtfii  an  Werth  hinter  denen  aus  der  Zeit 
Dhutmes*  Iii.  weit  zurück. 

Dass  Ramses  II.  07  j'ahre  regierte,  sa^rt  Ramees  IV.  in  einer  In- 
•ebrift  in  Abydoe:  ¥mm,  RAo.  XIX,  278;  HARmmt,  Ahjdoe  n,  84. 85. 


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Du  Rdeli  Ramset*  II. 


287 


§.  240.  Die  VerwaKiing  des  Landes  unterscheidet  sich 
hn  Neuen  Reiehe  nicht  weeentHch  von  der  früheren.  Der 

König  tritt  tms  überall  entgegen  umgeben  von  der  ganzen 
Fülle  göttlichen  Glanzes;  seine  Räthe  werden  in  den  officiellen 
Texten  nur  zusaramenberufen,  um  seine  übermenschliche  Weis- 
heit zu  bewundern  oder  wegen  ihrer  mangelnden  Kinsiclit 
gescholten  zu  werden.  Je  weiter  wir  in  der  Geschichte  Aegyp- 
tens Yorwftrts  kommen,  desto  mehr  ninunt  der  Schwulst  und 
die  AbsurdltAt  in  der  Verherrlichung  des  Königs  zu;  ui^ter 
Rainses  IL  gewmnt  man  oft  den  Eindruck,  als  ob  er  selbst 
sieh  flfar  dn  ilbermenschliches,  mit  den  Göttern  in  directem 
Verkehr  stehendes  Wesen  gehalten  habe  —  vgl.  z.  B.  die  Gold- 
minenstele und  Lepsiüs,  Denkm.  III,  193  (Brügsch,  Gesch.  538). 
Wie  Amenhotep  III.  finden  wir  auch  ihn  in  den  nubisrlien 
Tempeln  in  Verehrung  vor  seiner  eigenen  Person,  die  zwischen 
Amon  und  Mut  oder  Chnum  und  'Anuqat  dasitzt  Es  mag 
dabei  indessen  die  Absicht  mitgewh*kt  haben,  den  regimnden 
König  —  wie  frflher  Usertesen  ISL  —  fxan  Landgott  der  unter- 
worfenen KusddteQ  m  erheben. 

Die  Residenz  Ramses*  II.  war  gewöhnlich  in  dem  von 
ihm  neu  angelegten  und  mit  zahlreichen  Denkmälern  ge- 
sciimückten  Tanis,  das  jetzt  den  Namen  >Ramsesstadt« 
(wahrsch.  =  DDD>"n  des  Priestercodex)  erhielt ;  die  Schreiber 
der  Zeit  werden  nicht  müde,  die  Herrlichkeiten  der  Stadt, 
die  zugleich  als  Seehafen  ein  wichtiger  Handelsplatz  war 
(Brügsoh,  Dict.  gäogr.  421),  zu  preisen.  Bei  den  vielfachen 
BeciehungNi  mit  Syrien  ist  es  begreiflich,  dass  der  Schwer- 
punkt des  Reiches  hierher  v^legt  wurde  und  auch  sonst  an 
der  Ostgrenze  Aegyptens  mehrere  neue  Ankgen  erstanden 
(Teil  eUahüdije,  el  Maschüta).  Im  übrigen  wurden  die  Ghrenz- 
befesliguiigt  ri  des  eigentlichen  Aegypten  gegen  die  Wüsten- 
stäninie  immer  im  Stande  gehalten  nn  l  scharf  bewacht  (vgl. 
Brügsch,  1.  c.  1238:  §.  237).  Die  eigentliche  Hauptstadt  des 
Landes  blieb  darlegen  nach  wie  vor  Theben;  neben  ihm  be- 
hauptete Memphis  seine  altererbten  £hren  als  älteste  Residenz 
und  Wohnsitz  des  G(Stt^atm  Ptal^. 


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288 


DrittM  Bneli,  Tiorter  Abnliiiitt 


Die  vieloniilrlUflBt  Fteg»  nieh  dir  Lage  dm  liibliieheii  Ramaes 
flohaint  von  Bruösch  zü  Gunsten  ron  TuUt  entschieden  n  »ein ;  daneboa 
war  TiftUaiebt  auch  el-Mascbüla  nach  dem  König  benannt  BnuoscH, 
Dict.  freogr.  415.  1238.  Chabas,  M61.  eg.  II,  108  ff.  Lki  su  s,  Ber.  Herl. 
Ak.  1866.  MA-^rrno,  RAn.  XXXIV,  319  fT.  Ehfus,  Durch  Gosen  zum 
Sinai  512.  l  el.er  Teil  eWabadlje  8.  Liwis,  TrSBA.  VU,  177,  BnoescH, 
Diel.  g^r.  12ia 

§.  241.  Die  unterwuileijen  Stamme  wurden  in  voller 
Abhängigkeit  gehalten.  Wenn  in  den  Tempelinschriften  und 
Sculpturen  einige  Mnlo  von  der  Besiegung  der  Euschiten, 
Neger  imd  lAhym  durch  Raidm  U.  die  Rede  ist,  kaim  ach 
daB  nur  auf  die  BezwinguDg  rereiiuetter  Aafetftode  besiebcn. 
INe  GoMminen  Nobiei»  bei  Eubaa  und  dienao  die  Ober- 
•egyptens  bei  Redeste,  Edfii  gegenüber,  wurden  eifrig  be- 
arbeitet; wir  erfahren,  dass  Seti  I.  wie  Ilamses  11.  hier  in 
den  wüsten  Einöden  Brunnen  anlegen  liessen.  Die  Verwal- 
tung der  nubischen  Lande  lag  nach  wie  vor  in  den  Händen 
eines  »Prinzeii  ¥on  Kus«.  Ebenso  wurden  die  Bewohner  der 
libyschen  Oasen  und  des  ostaegyptischen  Wüsteniandes'An  — 
hier  sind  nach  RnveecH'  dbenseugenden  Ausführungen  die  bis  in 
die  Zeiten  Ranses'  IIL  bftnflg  genannten  'Apuriu  zu  aucfaent 
die  man  vialfiMsfa,  doch  ohne  Grund,  mit  den  Hebraeem  iden- 
tifleirt  bat  —  In  Abhängigkeit  gehalten,  die  letztere»  Yieifoch 
zu  Frohndiensten  für  den  Städtebau  und  die  Steinbrüche  her- 
angezogen. Von  dem  Wolilstand  des  Landes  im  allgemeinen 
legen  mehr  noch  als  die  Bauten  die  zahlreichen  Privatmonu- 
mente  Zeugoiss  ab,  und  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch 
die  rhetorischen  Schilderungen  der  Schreiber.  Dass  dieaeUien 
wie  schon  tot  Jahrhunderten  Doau&ecfaruta  (§.  102)^  um  die 
VonsQge  des  Gelehrtenl^ns  m  ein  rodgliefa  helles  Liebt  m 
setsen,  sich  vieUhch  in  Schüderungen  des  Elendes  eines  jeden 
anderen  Berufes  ergehen,  beweist  in  keiner  Weise,  dass  die 
Masse  der  Bevülkei uiii,^  ungebuhilich  bedrückt  worden  wäre. 
Wenn  auch  dem  Hofe  und  vor  allem  der  Priesterschaft  der 
Löwenantheil  zufiel,  und  die  Kriege  zunächst  durch  Steuern 
und  Zwangscooscriptioa  vieUaeh  die  BevoU^ecung  drücken 


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Wobtotand  des -Lindes.  Btnlen. 


289 


mooMea,  muaBte  doch  at»  äm  tbhängigen  ProfinM  auch 
deoA  gemeinai  Manne  ein  bedeutender  Vortheil  seuflieesen. 
Leider  erMten  ^  Aber  die  Handetobedehmigen  Aegyptens 
in  dieser  Zeit,  so  hocheirtwickeH  nnd  einträglich  sie  auch  ge- 
wesen sein  müssen,  fast  gar  keine  Auskunft.  Auch  der  Zu- 
stand und  die  Vertheiiung  des  Grundi)esitzes  im  Neuen  Reich 
ist  noch  wenig  klar. 

üebcfr  die  'Apnriii  s.  Bhoqsch,  DicU  g^ogr.  flS  ff.  Grabas,  R«efa. 
pour  nrtir  k  rblät.  de  la  XIX  dyn.  99.  148  fT.  u.  a.  —  üeber  die 
Goldminen:  Chabas,  les  inscr*  dti  tnines  d'or,  1882.  Birch,  RP.  VUL 
Karte  der  nubiscben  Goldmines  auch  bei  Lephos,  Auswahl  sidL  Lurm, 
Ber.  MOnob.  Ak.  1870.  II,  m-,  1871,  Ii,  190. 

§.  242.  Am  ssttietAndigetett  mid  bedeutendeim  fliod 

die  Leistungen  dieser  Epoche  auf  dem  OeMete  dw  Architektur. 
Im  all^remeinen  ist  zu  bemerken,  dass  die  aus  dem  FelsiDbau 
entwickeile  protodorische  Säule,  welche  noch  unter  Dhutmes  III. 
(a.  B.  DE  Roüg6  et  Banville,  Album  Nr.  61)  und  Amen* 
hot«p  IIL  verwendet  wurde,  jetzt  ganz  in  Wegfall  konuvt 
Dagegen  entwickeln  sich  die  Pfiamensäulen  za  iomer  grtaecer 
Maimigfiatigk^  Daneben  konunt  der  Brandl  aoT,  Pilastttr, 
die  wSi  dem  BOdnies  dee  KQniga  oder  ctoer  Gottheit  geecbmfiekt 
sind,  namentMefa  an  den  Fanden  als  Triger  m  Terwertlient 
vor  allem  in  den  Felsentempeln.  Die  gigantische  ron  Ramses  I. 
entworfene,  von  Seti  I.  und  ilamscri  II.  aii.-»geiühf te  Säulen- 
halle lies  Amontempels  von  Karn?^k  ist  eine  der  bewunderns- 
wertbestau  Leistun^n n  der  Aegypter.  Ihr  zur  Seite  steht  der 
Osiristempel  von  Abydos  mit  seinen  vortrefflich  gearbeiteten 
Reliefe,  d«i  Seii  i  anfitölHren  Hees;  Ireilidi  starb  er,  ehe  der» 
selbe  fertig  war,  nnd  die  rai  Ramsee  II  t»  seiner  Vollendung 
hhnogefügien  Tlieile  sind  tttaeerst  naefaUMg  g^rbeltet  Dti* 
n^)en  stehen  die  fifeislerwei^e  des  FelsenbaneSf  das  Ch^ab 
Seti's  1.  im  Konigsthal  der  thebanischen  Todtenstadt,  und  der 
von  Ramse-  II  in  den  Fels  gegrabene  Tempel  von  Abustmbel 
in  Nubien.  Fornor  wahllose  andere  Bauwerke:  die  für  den 
Todtendienst  Seti's  1.  und  Ramses'  II.  bestimmten  Gebäude  in 
Theben  (letzteres  das  sog.  Rnmesseom  mit  seiner  Priesterschnk^ 

]C«f  «r,  CkMhtelite  d«  Altwtbitin«.  I.  19 


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290 


Drittes  Buch,  vierter  AbacbniU. 


weiches  Diodor  Grab  des  Osymandyas  nennt),  Ballten  in  Luqsor, 
in  Biemphis,  Heliopolis  und  Tanis.  Im  unteren  Nubien  hat 
Ramses  IL  auflser  dem  groesen  Tempel  toq  Abnsimbel  niclit 
weniger  ate  fünf  andere  Febentempd  erbaut,. in  denen  neben 
den  Landesgottheltm  Amon,  Pta^  der  KlktSg  eelbet  und  seine 
Gemahlin  verehrt  werden.  Es  ist  begreiflich,  dass  durch  der- 
artige Werke  die  reichen  Mittel  dos  Landes  schliesslich  erschöpft 
wurden,  dass  man  flüchtig  nnd  ohne  sorgfältige  Durcharbei- 
tung des  Details  arbeiten  musste  und  im  Verlaufe  der  Re* 
gierung  Ramaes'  II.  ein  entschiedener  Verfall  der  Architektur 
eingetreten  ist.  — *  Auch  von  der  Scu^itur  sind  uns  sahlrelche 
treffliche  Proben^eriiaHen,  tot  allem  das  in  Ttirin  bewahrte  Per- 
trit  Ramaes  IL  Die  bewonderungswQrdig  sorgrältige  Arb^  der 
Reliefs  im  Tempd  Seli*8  L  m  Aliydos  wurde  schon  erwftfant ; 
ebenso  kann  der  Composition  des  grossen  Kriegsbikies,  welches 
die  Ereignis<^e  des  Ghetakrieors  im  fünften  Jahre  Ramses'  II. 
zn<5animeniasst  —  dio  Musterung  dos  iieeres,  das  Lagerleben, 
das  Anrücken  der  ig  elnde,  und  die  Schlacht  von  Qades  —  eine 
gewisse  Grossartigkeit  nicht  abgesprochen  werden.  Der  König  liat 
das  Gemälde  dreimai,  im  Rameiseum,  in  Luqsor  und  in  Abo- 
simbd,  in  fturbigem  Rdief  ausfGOiren  lassen.  —  Danrim  stehen 
dann  zahlreldie  Proben  aller  Gattungen  des  Kunstfaandwerks  bis 
zu  doi  einfodisten,  oft  sehr  roh  gearbeiteten  Grabstelen  hmah. 

§.  213.  Von  der  Literatur  der  Zeit  ist  uns  Einiges  er- 
halten. Zunächst  das  Gedicht,  welches  iiamses  II.  über  seinen 
Kampf  mit  den  Chefa  verfassen  und  mehrfach  auf  die 
Tempelwände  eingraben  liess,  ein  Werk,  dem  es  trotz  seines 
o£Qäeilen  Charakters  doch  nicht  an  Leben  und  poetischem 
Schwung  fehlt  Dann  mehrere  Erzfthhmgen,  so  das  unter  Mer- 
neptah  geschriebene  berühmte  Märcfaen  von  den  swei  Brfidem 
(s.  S.238).  allem  aber  die  sahMdien  Sdneiberbriefe,  rfae- 
torisehe  Uebongen,  Sdiilderungen  der  Ifadit  des  Königs  and 
seiner  Werke,  Preis  der  Gelehrsamkeit,  Hymnen.  Tnoralische 
Eiiiuihmingen,  daneben  ziemlich  inhaltlose  Musleibriefe,  die 
otTenbar  als  Vorlagen  für  wirkliche  Briefe  und  Berichte  dienen 
$oUten.  Neben  diesen  Sammlungen  sind  uns  auch  wirkliche 


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Utentnr  und  RelinioD.  29t 

Briefe,  Berichte,  Actenstflcke  o.  &•  in  zIemUcher  Ansahl  er^ 
halten^  die  uns  Aber  das  Leben  and  Treiben  der  Aegypter 
des  18.  Jahrfatinderts  vielfeche  Aufschltoe  gewähren. 

Werfen  wir  schliesslich  noch  einen  Blick  anf  das  religiöse 
Lieben,  so  erkennen  wir  deutlich,  dass  wir  in  einer  Epoche 
stehen,  in  der  die  iiari  f:  tischen  Bestrebunt'en  völlig  unterdrückt, 
sind  und  die  Orthodoxie  die  unbedingte  l^lerrschaft  behauptet. 
Die  religiöse  Literatur  der  Zeit  ist  früher  bereits  genügend 
cfaarakterisirt  worden.  Die  Formeln  der  siegreichen  Geheiro- 
lelire  begegnen  uns  auf  Schritt  und  Tritt.  Wie  sehr  die 
Priestermacht  anwächst,  zeigen  die  zahlreichen  Tempelbauten, 
Alle  nätflrüdhen  Verhältnisse  werden  von  der  Räigion  über- 
wuchert und  erstickt.  Krieg  führt  man  im  Auftrage  und 
Namen  Amens,  um  seine  Unierthanen  zu  vermehren,  ihm 
reiche  Beute  zuzuführen;  von  den  Thaten  der  Könige  erzählen 
die  Inschriften  verhältnissmässig  wenig,  wohl  aber  ausführlich 
die  Gespräche,  welche  sie  mit  den  Göttern  fähren,  und  wie 
diese  »alle  Lande  unter  ihre  Füsse  werfen«.  Der  älteste  Sohn 
Ranues*  II«,  Gha'mus,  wh:d  Oberpriester  des  Ptah  In  Memphis 
und  sorgt  dfrig  fOr  den  Gült  des  heiligen  Apisstieres:  er 
hat  den  Grund  zu  den  berühmten  Apisgrüften,  dem  Serapeum 
Ton  Memphis,  gelegt.  Den  Späteren  gilt  er  für  ehien  grossen 
Weisen  und  Zauberer.  Dass  die  Beamten  neben  ihren  siaat- 
lichen  Würden  in  der  Regel  auch  ein  oder  mehrere  Priester- 
thümer  bekleiden,  ist  uns  schon  als  altes  Herkommen  bekannt; 
dass  die  höhere  Bildung  und  vor  allem  die  Erziehung  in 
Schriftthum  und  Geldirsamkeit  ausschliesslich  in  den  Händen 
der  Priester  liegen,  ist  selbstTerständlich.  IH»  entnervende 
Wirkung  dieser  Yerhältdsse  tritt  uns  im  Verlauf  der  aegyp* 
tischen  Gesdiiefate  dberall  entgegen.  Wie  das  geistige  Leben 
erstarrt,  schwindet  auch  die  physische  Kraft.  Seitdem  alles, 
was  die  Natiormlitrif  ausmacht,  in  äusseres  Fonnehverk  um- 
gesetzt ist,  verliert  die  Nation  selbst  die  Lebensfähigkeil,  die 
Kraft  ihre  Existenz  selbstthätig  zu  behaupten. 

IHe  Biietminitor  dlMer  Zeit  —  nnter  den  mu  dufchweg  nur  dareh 
lofinif»  Umstliido  erhaltcDen  Uebenetlfln  gehflnn  die  meieten  der  Zeit 


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m 


Dritt«  fiuAh,  fOnfter  AhtdwiU. 


der  nächsten  Nachfolger  iianises'  II.  an  —  ist  ¥or  allem  von  Chabas, 
M^langes  und  Maspeko,  Du  genre  ppi^tolMire  (Bibl.  de  T^cole  des  hautes 
eludes  XII,  181 -i)  behandelt.  —  Das»  da»  Gedicht  nher  den  Chelakrieg 
nicht  von  dem  Schreiber  Peiitaur  verfassl  ist,  behauptet  Eiima?«,  Neuaeg. 
Gratiiiu.  7  wohl  mit  Recht.  —  Die  mehrfach  geäusserte  Ansicht,  der  von 
den  Königen  der  19.  Dynastie  eifrig  [vor  allem  in  Tank]  gepflegte  Cuit 
dtt  M'Silaeh  mk  lultmMk  gtwMeD,  fit  gans  mbigrMeti  aooh  der 
doeh  geviw  oilbodoie  Amon^rMer  Unfyf*  bat  an  dar  Yttebning  dat 
8at  keinen  Anetoia  genommen  (Lspstot,  Uenkou  846  b).  Erst  nach  der 
Aetbiopenielt  itt  dieielbe  unterdrOckt  worden. 


V«  Die  Kleuuuristea  imd  die  ofaetitieehen 

EroberungeiL 

Wo  Vilkstttiiiiiii  dit  kliliiMittliMii  ■  ttrHMiii#ciioii  HMMmdü. 

§.  244.  Die  grossen  Gebirgsmasfleo,  welche  Syrien  und 
M6B0f»otamien  nach  Norden  begfenaen  und  im  den  Altai 
unter  dem  Namen  Tauros  zosammeogefaest  weiden,  bildeo 
^  die  Gran»  der  eemitischen  Welt  Sie  sind  der  S6diuid  der 
mftchiigen  kleinamatlfdben  Ptadeaulandscliafty  die,  im  Neiden 
und  Süden  von  parallelen  KÖstengebiriren  eingeschlossen,  nach 
Westen  zu  ia  />alilreiclien  frucliLbaieu  Tlialern  sicli  öffnet  und  lait 
mannigfach  gegliederten  Landzungen  ins  aegaoische  Meer  hinein- 
ragt. Das  Gentrum  des  Plateau's  bildet  eine  völlig  kahle  und  wenig 
culturfUhige  Hochebene  voa  2000—3000  Fuss  Höhe  über  dem 
Meeresspiegel  (Kappadokien  und  Lykaonien) ;  daran  sefalieest 
flieb  nach  Osten  eine  wilde,  rauhe  Gebirgekiidechafl,  der  die 
Sichtbaren  Ebenen  des  Arazee  und  Kyros  vorliefen.  Weder 
national  noeb  politisch  hat  dies  Gebiet  jemals  eine  Embeit 
gebildet,  und  seine  RoUe  in  der  Geschichte  ist  wesentlich 
receptiv.  Wie  die  Phoeniker  zur  See,  so  bildt  n  die  klein- 
asiatischen Stüinme  auf  dem  Landvve^'e  die  Vennittelung  zwi- 
schen der  asiatischen  und  der  iieiienischeu  Welt. 


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I 


Gbarakter  Kleinasieiis.   l>ie  kaukasischen  SUmme.  293 

Die  Ethnographie  des  alten  Kleinasien  liegt  noch  sehr  im  Ai^en 
und  bat  wenig  gedeberte  Remiltate  aufsuweiMn.  Die  Untersuchongen 
Ton  MovERB  (Phooiisier)  and  Lasoeh  (ZDM.  X)  entbehren  vOlUg  einer 
kritieeb  gedeberten  Grundlage.  Die  Sodit  Qberall  Semiten  in  finden  hat 
die  klare  Erkenntnise  eebr  getrflbt  Sehr  dankentwertb  iet  die  kune 
ZnsammenalelUmg  tob  Kobpirt  In  eeinem  Lehrbneh  der  allen  Geogr. 
(vgl.  6er.  BerL  Ak,  1861.  I.  114  fT.),  wenngleieh  ich  ihm  fast  nir- 
g^ds  beistimmen  kann.  Ucber  die  Sprachen  s.  vor  allem  de  Laoarm; 
Ges.  Abhandlungen  S.  254  fT.:  eranische  Sprachen  ausserhalb  Erans. 
Von  grosser  Wichtigkeit  fflr  die  Abtrrenzting  der  Volksstämme  ist  eine 
Zusammenstellung  der  in  den  einzelnen  Districten  herrschenden,  nrs  in- 
schriftlich bekannten  Eigennamen.  Ganz  unzulässig  ist  es  dagegen,  den 
Umstand,  dass  unter  den  Persern  im  östlichen  Kleinasien  die  ofiicieiie 
Sprache  aramaeisch  war,  für  die  Ethiiu^iupine  zu  verwertheu.  —  Aus- 
führlicher werde  ich  die  ein^hlflgigen  Fragen  demnächst  in  dem  Art. 
Kldnaeien  in  der  Encyel.  von  Ensen  und  Gnimii  bebandeln. 

§.  245.  Am  Nordrande  Armeniens  und  Kieinaateu  sitsm 
wenig  cultivirte  Stämmci  die  mit  den  heutigen  EankasusTfil- 
kern  nahe  verwandt  zu        sdieinen.   Am  Sfidahhang  des 

Kaukasus  finden  wir  in  der  Ebene  des  Kyros  die  Iberer  (die 
heutigen  Georgier)  und  Albaner,  am  Phasis  die  Kolcher  (viell. 
ap>yr.  Kaski,  pers.  Karkä).  An  sie  schliessen  sich  die  wilden 
Siäniüie  der  politischen  Küstengebirge»  die  in  der  römischen 
Zeit  miter  dem  Namen  Tzanen,  später  Lazen,  zusammen» 
ge&sst  werden.  Bei  den  Griechen  sind  unter  ihnen  die  Gha- 
lyiier  (auch  Ghaldaeer  genannt,  armen.  Ghalti)  am  bekann- 
testen, da  sie  es  Terstanden»  ans  dem  an  der  Oberfläche  des 
Gebirge  zu  Tage  Hegenden  Eisenerz  Elsen  und  Stahl  (x^Xo<|»)  zu 
bereiten;  auch  Silber  haben  sie  gewonnen  (daher  II.  B,  856j. 
Femer  die  Makronen,  Drilen,  Taoiher  u.  a.  und  vor  allem 
die  Müsciier,  die  in  griechischer  Zeit  nur  in  don  östlichen  Ge- 
birgen hausen,  während  bei  den  Assyrern  unter  ihrem  Namen 
(Mu&käja,  später  Muska,  hebr.  "^D)  die  sftmmUieben  Gebirgs- 
stämme  des  nofdöstüchen  Kleinasien  zusammengefissst  zu 
werden  seheinen.  An  sie  schlissen  sich  nach  Südwesten  die 
Tihaiener  (ass.  Tabalai,  hehr.  b^ln).  In  fttterer  Zeit  haben 
sich  dieselben  weit  nach  Süden  bis  an  den  Teures  ausge- 
dehnt, wo  z.  ß.  im  Jahre  838  v.  Chr.  24  Könige  von  iabal 


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294 


Drittes  Buch,  fOnfter  Abtohnitt 


erwfthnt  werden  (§.  8S7);  in  der  griechiaeheii  Zeü  sind  ae 

auf  die  Küstenlandschaft  am  Thermodon  beschränkt,  nur  ein 
versprengter  Rest  hat  sich  im  Taiiros  beliauptot  (Cic.  ad  fam. 
XV,  1).  Das  Gentralj)]ateau  nohmon  in  diesar  Zeil  die  Kappa- 
doker  ein  (g.  249).   im  aligemeiiien  v^,  iiocb  §.  205« 

ZusammeDstellunK  der  assyrischen  Angaben  hn  ScmuniR«  KOF.  ISSft 
Vgi.  auch  meine  Gesch.  des  Kgr.  Pontot  8.  9  iL  Ueber  die  Ghalfber 
vor  «Uen  Haultoh,  TimTele  in  Aeia  Minor. 

8.  246.   In  gleicher  Weise  sind  die  grossen  Gebirge  des 

südlichen  Kleinasiens,  die  Tauroslandschaften,  von  einer  grossen 
Anzahl  vennufhlich  unter  einander  verwandter,  von  Krieg 
und  Raub  lebender  Stämme  bewohnt,  deren  ethnographische 
Stellung  zu  bestimmen  unsere  Mittel  nicht  ausreichen.  In 
der  wilden  und  seenreichen,  von  zahlreichen  Flüssen  durch- 
schnittenen Gebirgslandschaft  im  Gentrum  des  kleinasiatischen 
Tauros  sitzen  die  Pisider,  Isanrer  nnd  Lykaonen;  an  sie 
schliessen  sich  im  Südwesten,  in  der  8000  Fuss  hohen  von 
Sehneegebtrgen  rhigs  umschlossenen  Hochebene  Milyas,  die 
Solymcr,  im  Südosten  in  dem  vom  Kalykadnos  durchzogenen 
Gebirgsland  die  Kiliker  (ass.  Chil  tkku,  z.  B.  11  R.  53,  8  b, 
daneben  auch  Chiluka,  auf  Münzen  "|^n).  Das  Küstengebiet 
ist  dagegen  durchweg  von  anderen  Völkern  besetzt.  Rings 
an  den  Abhängen  de?  Gebirges  von  Milyas  wohnt  der  hoch- 
cttltiTirte  Stamm  der  Tramilen  (Lykier),  der  jedenfalls  indo- 
germanischen Ursprungs  ist  (weiteres  §.  252);  die  den  pisidi- 
sehen  Gebirgen  Torliegende  Eöstenehene  ist  sehr  Mh  von 
Griechen,  den  Pamphylern,  ))esiedelt  worden  (§.  279);  und 
die  Bevölkerung  der  weiten  und  fruclilljuren  Ebenen,  welche 
der  Saros  und  PyraiiHi^  durclifliesscn  (das  Land  Qui  der  As- 
«yrer,  das  elMne  Kilikicii  der  Griechen),  war  ebcii-ro  wie  die 
Höhen  des  Aoianos  jedenfalls  nicht  von  Kilikern,  und  wahr- 
scheinlleh  —  nach  dem  Ausweis  zahlreicher  Ortsname?^  — 
▼on  Semiten  liewotmt.  Wie  es  scheint;  gehörte  diese  Land- 
schaft von  Anfang  an  zum  Gebiet  der  Ghetiter. 

Die  Gebiete  der  KilitLer,  Pisider  und  Solymer  lasiMi  lieli  mit 
HQlfe  der  Eigennamen  siemlldi  genan  abgienien}  von  den  Tramilen 


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SoIihmt»  Middtr,  VIliktr,  Ann«iii«D.  295 

(L]rUffti>  sind  di«  kütemi  vftOif  m  tondm.  Di«  GbOakka  tauMD  dte 
Afliynr  nur  im  mlMD  KOikian,  und  nur  Uer  finden  rieh  in  dm  In* 
«ehrifteD  di«  ihnan  dgenthflmliehen  Ntmen.  SeauUieb«  Htm«!  im  •l)en«n 
Eil:  der  FIqm  Suroe  »  KoEpavo«  d.  !.  (SteplL  Byi.  s.  T.  'AJ^vm)^ 
Aden«  pQ?  *Aden  >WohneiU«i  Halios  nVj7D  »HOlte«,  Teno«  nP  u.  a.| 
ferner  an  der  Kflste  des  ranlien  K.:  Soli  yf^D  »F^la«,  Nagidoa 
Ifegd,  ^eOeiclit  phoenildsche  Kolonien  (§.  191).  Ueber  den  kilikiseben 
Sonnengott  Sandon  (auch  im  Namen  4ee  von  Assurbanipal  erwähnten 
Königs  Sauda-M?)ini  von  Kilikien)  s.  m.  Aufsatz  ZDJt  XXXI,  736  ff. 
TTeher  das  Land  Qui  s.  ScnRADER,  KGF.  256  ff.  Im  wesentlichen  scheint 
bei  den  Aegypteru  Qedi  dieselbe  Gegend  zu  bezeichnen:  %,  231. 

§.  247.  Noch  weniger  ist  es  gegenwärtig  möglioli^  über 
die  Nationalität  und  ältere  Geschichte  der  Bewohner  des 
grossen  von  uns  unter  dem  Namen  Armenien  zusammen- 
gefassten  Gebirgslandes  zu  völlig  klaren  Resultaten  zu  kommen. 
Bei  den  Assyrern  wird  der  gesammte  L^nderconiplex  östlich 
▼om  Eophrat  und  nördlich  vom  Tigris  bis  über  den  Wansee 
hinaus  unter  dem  Namen  »die  Na'inlfinderc  [gew5bolich  Im 
Plural]  zusammeDgefaast;  derselbe  hat  nqr  geographische  Be* 
deutung.  Der  südliche  Theil  dersdlwn,  das  Oebirgsland  süd- 
lich vom  Wansee  von  den  Tigrisquellen  bis  zum  Zab,  heisst 
bei  Tiglatpileser  I.  Kurchi,  später  Kirchi  (resp.  Kurti,  Kirti, 
s.  §.  248  Anm.).  Daneben  erscheinen  eine  grosse  Anzahl 
rein  localer  Namen ,  die  zu  ethnograjjhischcr  Bestimn)ung 
wenig  Anlialt  bieten.  Im  aligemeinen  dürfte  das  Folgende 
als  einigermaassen  gesichert  gelten  können: 

1)  In  den  Berglandschafleii  Tom  Wansee  bis  nun  Araxes 
und  m  der  Ebene  dieses  Fhisses  selbst  steddt  ursprünglich 
ein  Yoksstamm,  den  die  Ass^rrer  Urartu,  Herodot  *AXotpö8to( 
(Ilf,  94;  VII,  79j  nennen.  Daher  fahrt  das  Land  (und  sein 
Hauptberg  Musis)  bei  den  Hebraeern  den  Namen  DHIJ^» 
Ararat,  bei  den  Armeniern  Airarat.  Die  Alarodior  zerfallen 
in  milirere  Stämme  resp.  Stnnten,  von  denen  der  am 
Ustuter  des  Wansees  gelegene  mit  der  Hauptstadt  Tuäpä 
(^offia,  Ptol  V,  1  i,  19  u.  a,),  dem  heutigen  Wan,  seit  dem 
neunten  Jahrhundert  zu  grösserer  Bedeutung  gelangt  ist.  Die 
Könige  Ton  Wan  haben  uns  zahbelche  mit  assyrisdwr  K«0- 


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296 


Dritleb  Buch,  fünfter  AbscbnilL 


Schrift  gescliriebene  Inschriften  in  der  einheimischen  Sprache 
hinterlassen,  deren  Entziilerung  ganz  neuerdings  Sayce  im 
wesentlichen  gelungen  zu  sein  scheint  Nach  seinen  Ec^ 
gebnissen  ist  die  Sprache  derselben  weder  indogermanisch 
noch  semitisch,  wohl  nher  vielleicht  mit  dem  Georgischen, 
d.  h.  der  Sprache  der  nördlich  an  die  Alarodier  grenzenden 
Iberer,  verwandt.  Weiter  lässt  sich  noch  wenig  feststellen. 
Unter  den  Gottheiten  des  Landes  tritt  vor  allem  der  höchste 
Gott  Ghaldi  —  mit  zahlreichen  localen  Formen  —  hervor; 
daneben  die  Götter  der  Sonne,  des  Mondes,  der  Luft,  und  eine 
weibliche  Gottheit  Sar  (?),  die  der  lätar-Nanft  gleichgesetzt  wird, 

Ueber  Kirch!  vg).  Schräder,  KGP.  146.  —  Ueber  die  ameniichen  b- 
whrilten  und  die  GeecfaichU  des  Reiche  Ton  Wen  s.  Latard,  Nioifeh  uid 
Bftbjloo  800  ff.  liDtoRVAirr,  Letlree  aaeyridQgiquee  U7  ff.,  and  vor  elta 
Satcb,  JRAs.  Soc.  n,  S.  XIV  (1882)»  wo  die  eonttige  Uterttor  mammengeetallt 
ist  Dess  der  von  den  Assyrern  oft  erwähnte  Stamm  der  HannAi  j= 
Jwm.  51»  27  (neben  IdH'nM)*  Mtvo«k  Nie  Dam.  fr.  76  MOluer  nicht 
in  Wan,  sondern  in  den  medisch^ermeniachen  Grenigebiigen  tu  enefaee 
ist,  hat  ^.\yüz  erwiesen.  Das  Reich  von  Wan  wird  in  den  eiaheimische» 
Inschriften  Biaina,  von  den  Assyrern  dagegen  wiederholt  Urariu  ge- 
nannt. Im  übrigen  ▼gl,  §.  842.  —  Hierher  gehören  dann  auch  die  bei 
Herodot  und  sonst  genannten  Saspeiren  u.  a.  Herodot's  Matiene  (III,  94. 
V,  52  tt.  sonst)  ist  das  Bergland  zwischen  Assyrien  und  Medien  sQdlicli 
▼on  den  Alarodiern,  su  dem  die  Lftnder  Girzan,  Kirruri  und  theil weise 
auch  Kiichi  der  Assyrer  gehörten. 

§.  248.  2)  Der  Name  Armenien  Jcommt  erst  in  der 
Perserzeit  auf.  £r  haftet  zunächst  ausschiiesslich  an  den 
Landschaften  westlich  von  Urartu,  dem  Quellgebiet  des  Tigris 

und  Euphrat  und  dem  Landstrich  westlich  vom  oberen  Eu- 
phrat  bis  zu  den  Halysqueilen ,  d.  i.  Kleinarnienien  (Herod. 
I,  72.  194;  lU,  93;  V,  52).  In  den  assyrischen  ßerictitea 
finden  wir  hier  zahlreiche  einzelne  Namen,  wie  Enzite  ('AvCt- 
tfjviQ),  Suchmi,  Dajäni|  aber  Iceine  zosammenfasaende  Bezeich- 
nung. Die  Armenier,  welche  sich  selbst  Haiq  nennen,  sind 
zweifellos  ein  indogerniaiiisciies,  in  gleicher  Weise  den  Ira.niem 
und  den  Kleinasiaten  verwandtes  Volk ;  nach  einer  schon  bei 
Herodot  VII,  73  vorliegenden  Tradition  wären  sie  aus  Phry- 


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Alaroditr  and  Aimnim, 


gien  6liig0vtiideft.  In  der  Thai  sind  wir  gegeDWftrtlg  ooefa 
fai  kehnr  Weise  im  Stande,  über  ihre  flitere  Geschidite  etwas 
aoezosagen;  es  ist  möglich,  dass  sie  schon  seit  uralter  Zelt 
im  Lande  sassen,  ebenso  möglich  aber  auch,  dass  sie  erst 
nach  dem  Falle  der  Assyrerherrschatl  \on  Ost  oder  West 
eingewandert  sind  und  die  ältere  Bevölkei  uiig  verdrängt  haben. 
Ihr  Name  wird  dann  auch  auf  das  Land  Urartu  übertragen; 
die  Satrapie,  in  der  nach  Herodot  die  Aiarodier  wohnen, 
heiast  hei  Zenophon  (Anab.  UI,  5,  17.  IV,  3,  4  vgl  4,  4) 
Ostarmenien.  Ebenso  wird  in  den  Acbaemenideninschrifken 
das  Land,  welches  persisch  Armina  (soslsch  HarminQtfp) 
heisst,  babylonisch  Urastu  [Nebenform  von  Urartu]  genannt. 
Politisch  ist  indessen  das  Alarodiergebiet  erst  in  hellenistischer 
Zeit,  nach  189  v.  Chr.,  durch  Könifr  Arfaxias  von  Armenien 
mit  den  wesüieheren  Ot  lin  ten,  den  btamuisitzen  der  Armenier, 
zu  einem  grossarnienischen  Reiche  vereinigt  worden  (Strabo 
XL  14,  5),  und  seitdem  verschwindet  die  Nationalität  der 
Aiarodier  vollkommen.  Die  eigentlichen  Armenier  sind  in  Re- 
ügion  und  Cultnr  unter  der  Barschaft  der  Perser  und  der 
üidgenden  aus  persischen  Geschlechtem  stammenden  Häuser 
Tölltg  iranisirt«  so  dass  sich  Über  die  filteren  Verhfiltnisse  der- 
selben nichts  aussagen  lässt. 

Zu  beachten  Ist,  dass  auch  in  dtn  unmittelbar  an  Assyrien  gren» 
Mnden  Gebirgftl&ndem  seit  der  Perserzeit  ein  indogermanischer  Stamm 
ansässig  ist,  die  Karduchen,  die  Vorfahren  der  heutigen  Kurden;  hat 
also  etwa  zur  Mederzeit  eine  systematische  Ansiedelung  indogermanischer 
Stämme  in  diesen  Gehieten  stattgefunden V  Andererseits  darf  auch  die 
Uebf  rliefernn?  der  Allen  von  einer  Einwanderung  von  Westen  nicht  un- 
bedingt von  der  Hand  gewiesen  werden.  Uebrigens  kann  der  assyrische 
Name  Kurchi  oder  Kirchi  ebensogut  Kurti  (Kirti  I^'^iD)  gelesen  werden ; 
sollte  vielleicht  doch  der  Name  der  Kurden  darin  zu  erkennen  sein? 
El  ist  hier  eben  noeb  sllat  nneiehw.  —  Dans  die  Hefanath  der  indo» 
gsnnanieelMD  Armenier  dae  weeftUeba  Armenien  Ist,  eebeint  mir  nneb 
den  deotliehen  Angaben  Herodot*«  und  der  spateren  Entwickehmge- 
gesebiobto  des  Land«  fdllig  tweifelloe.  —  Qans  werthlos  tttr  di« 
ältere  Landesgeschichte  ist  die  angeblich  einem  syiiMheo  Sebriftsteller 
Mar  Apas  Katina  entlehnte  Urgeflchichte  Armeniens  bd  Moees  tos  Chorene 
(noeh  bei  MfiLURy  Frasmenta  V  in  Uebers.  von  Liseuns),  der  im  vierten 


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298 


DriltM  Buoh,  fBnllar  Abfehnitt. 


Jftbrtiundert  n«  Gbr.  luerst  die  Geschichte  seiner  Heimath  schrieb.  Dieselbe 
(aus  der  Kiepert,  Ber.  Berl.  Ak.  1869,  21'>  ff.  in  gektreicber,  ab«r 

unhaltbarer  Weise  den  Hang  der  Sltesfen  Volksjre.schichtf  reconstrufren 
wollte)  ist  aus  Brocken  fipbraoiscber ,  griechischer  und  pcrsisflier  Ge- 
lehrsamkeit, Combinatiunen  vnn  Eijiremiamen  und  freien  Phantasien 
insanimerigesetzt  und  enthält  ho«  l  -ti^ns  ganz  dürA.ige  Trümmer  einer 
wirkUch  vulkätbfimlichen  Ueberlieferuug. 

§,  249.  Aehnliche  Schwierigkeiten  entstehen  bd  dem 
westlichen  Qrenzlande  Anneniens,  dem  vom  Halys  dnrdi- 
strOmten  Hochplateau.   In  assyrischer  Zai  (Inden  wir  hier, 

wie  schon  erwähnt,  den  Stamm  der  Tabal,  griethisch  Tiba- 
rener  (§.  245);  in  späterer  Zeit  dagegen  ist  der  Haupltheü 
des  Landes  von  zwei  eng  verwarn lUn  Stämmen  bewohnt,  den 
Kappadokern  im  Norden  bis  zum  Halys  und  den  Kataonern 
zwischen  FTalys  und  Tauros.  Wie  es  scheint,  sind  sie  indo- 
gennantBchen  Stammes;  ob  sie  aber  mit  der  alten  tSiareni* 
sehen  Bevölkerung  identisch  oder  emgewandert  sind,  wissen 
wir  nicht.  Der  Name  Kappadoker  (Katpatuka)  kommt  zuerst 
in  der  Perserzeit  vor;  die  Griechen  nennen  sie  Syrer  oder 
weisse  Syrer,  eine  Bezeichnung,  die  der  assyrischen  Herrschaft 
über  das  Land  ihren  Ursprung  zu  verdanken  scheint  und  bi« 
in  späte  Zeit  speciell  an  dem  Hebiete  von  Sinope  in  Paphia- 
gonien  iiaften  geblieben  ist.  Höhere  Gultur  haben  die  Kappa- 
doker nie  entwickelt;  unter  ihren  Gottheiten  tritt  besonders  die 
im  kappadoktschen  Komana  am  Iris  und  im  kataonischen 
am  Saros  mit  orgiastisehen  CuHen  gefeierte  Natur«  und  Kriegs- 
göttin  Ma  (die  Mutter?)  hervor,  der  zu  Ehren  sich  die  Priester 
bei  ihren  UmziSgen  zerfleischen  und  die  Mftdchen  preisgeben. 
Denselben  Namen  trägt  auch  die  grosse  Göttin  der  West- 
kleinasialen ,  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  stehen  die 
Kappadoker  mit  diesen  in  naher  VerwandtscbafL 

Im  a]]g«meiiieii  t.  mdiie  Ckteh.  dai  Kgr.  PobIm  ub4  Art  Kappedokiwi 
in  Bbscb*  und  Grüser's  Encycl.  Femer  XOldekc,  'Ajsdpto^  S6pM^  S6p«c 
im  nermes  Bd.  V.  —  Polttiseh  (nicht  national)  s«bOrt  Kataooien  nach 
der  AMfraneit  zu  kiiikien,  i.  Buch  VL 


i 


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Die  WfiittcJilzutdaleD. 


299 


Dit  WettkMittiateii. 

§.  250.  Alles  Land  westlich  vom  Ilalys  und  nördlich 
von  den  solymisch-pisidischen  Gebirgen  ist  von  nahverwandten 
Völkerschaften  indogennanischer  Abstammung  bewohnt,  die 
wir  unter  dem  Namen  der  Westkleinasiaten  zusammenfadsen 
kfinnen«  In  der  grossen  Grui^  der  indogermanischen  Völker» 
fomilie,  wdcfae  ganz  Europa  und  in  Asien  das  iranische  Hoch- 
land und  Nordindien  bewohnt,  stehen  sie  den  Stämmen  der 
ßalkaiilialbinsel,  den  Griechen  und  vor  allem  den  tlu  ikischen 
Stämmen  zunäclist.  Schon  alte  Schriftsteller  wie  Herodot  und 
der  Lytler  Xantlios  berichteten,  natürlich  nicht  nach  historischer 
Tradition,  sondern  auf  Hnind  einer  Combination,  die  Phryger, 
der  Hauptstamm  der  Westldeinasiaten,  seien  aus  Thralcien  ein- 
gewandert Andererseits  werden  von  den  Phrygem  wieder 
die  Armenier  abgeleitet  (g.  248).  Die  annenische  Sprache 
steht  den  iranischen  ziemÜch  nahe,  und  wir  erlcennen,  dass 
hier  wie  überall  in  ähnlichen  Fällen  der  geographischen  Ver- 
thcilung  auch  die  sprachliche  und  ethnographische  Stellung 
der  einzelnen  Völker  entspricht.  Indessen  «In  wir  absolut 
nicht  wissen,  wo  die  älteste  Heimath  der  hidogermanen  zu 
suchen  ist,  so  können  wir  auch  nicht  entscheiden,  ob  hier 
eine  Wanderung,  ein  Eindringen  der  hidogermanen  zwischen 
die  Alteren  in  die  Gebirge  zurfidi^gedrftnglen  Einwohner  von 
Osten  oder  von  Westen  aus  stattgefunden  hat  Wir  wissen 
ja  nidit  einmal,  ob  die  Eappadoker  und  Armenier  seit  ur- 
alter Zeit  oder  Tietleicht  erst  Im  sechsten  Jalirhundert  in  ihre  * 
späteren  Wohnsitze  gelangt  sind. 

Meine  (iründe,  die  Westkleinasiaten  zu  einer  Einheit  zusammenzu- 
fassen, sind  kun  die  folgenden:  1)  Naeh  karischer  Ancrahe  (H^rod.  1,  171) 
sind  Karer,  Lyder  und  Myser  nahe  vf  [  wandt.  2)  Nacli  X;iijlh<r,  (SlraboXII, 
2,  3  aus  Menekrates  von  Elea)  .>lehL  die  mysische  Sprache  in  der  Mitte 
zwischen  der  lydiücheu  und  der  pbrygiscben;  vgl.  Uerod.  VII,  74:  die 
Myser  iiiid  fxoem  dir  Ljder.  8)  Bei  allen  bierbergetiörigen  SUmnieii 
finden  wir  dieeellien  Penoiieiiiuunen  ^  nur  die  Kerer  elehen  liier  mehr 
fttr  elefa  —  aad  nahe  Yerwandte  Orisnameii,  4)  Die  Religion  aller  dieser 
Stimme  ist  im  weeenUiehen  dieselbe.  5)  IMe  lydieche  wie  die  phiygiaehe 


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300 


DrittM  Bneb,  fünfter  Abtetanitt. 


Sftge  Dcnnt  Manca  tis  den  ersten  Henflehen  und  Hemeher  des  Landes.  Ver- 
wandt sind  vielleicht  der  indische  fifinu  und  der  germanische  Manniia»  abar 
schwerlich  der  kretiaeha  Minos.  Oaaa  die  Weslkleinasiaten  Indo^enmanen 
sind,  ergibt  sich  aus  den  in  Glossen  und  InschnTlen  erhaltenen  lieber- 
resten  ihrer  Sprachen,  r»E  Lagakde.  Ges.  Abb.  und  för  das  Phry- 
gische  [und  Thrakische]  Fick,  Spracheinheit  der  Indogermanen  Europas 
S.  408  (T.  —  Dasf  das  Armenische  und  Phrygiscbe  verwandt  seien,  sagt 
auch  Eudox(js  (bei  Eusthat.  ad  Dion,  Perieg.  694  =  Sfeph.  Byz.  >.  v. 
'Apfxsvta);  dass  das  Karische,  resp.  Phrygisclie  viele  griechische  [d.  h. 
wahrscheinlich  gemeinsam  indogarmaniaehe]  WOrter  enthalte,  Pbilippos 
T.  Soaugela  bai  Stnbo  XIV,  2,  28  und  Plalo  &atyl.  m,  ^  Fh^^er 
au«  Thrakiaii:  Haiod.  VI,  4S.  Vn,  7a.  VOI,  188.  Xantiioa  bai  Strabo 
Xn,  8»  8.  XIV,  5,  29  aua  MenakiEtea  und  ApoUodor.  —  Weitem  in  Art. 
Kloinasien  l>ei  Erbch  and  Grobkr. 

§.  251.  Das  Ceijtiura  Kleinasiens  von  den  Kü.ten  der 
Proponli?  bis  nach  Pisidien  bewohnt  der  grosse  in  viele  L'nter- 
abtheilungen  zerfallende  Stamm  der  Phryger,  dem  aticli  die 
kleinen  Völkerschaften  der  Mariandyner  und  Paphlagonen  am 
schwarzen  Meer,  sowie  die  Troer  am  Nordabhang  des  Ida 
und  im  Skamanderthal  sich  zunftchst  anscUlessen.  Ein  ein* 
heimischer  Name  der  Phryger  scheint  Askanier  zu  sein;  da- 
nach heisst  ein  See  bei  Eelaenae  und  der  See  von  Nikaea 
der  askanische,  die  Landschaft  um  den  teteteren  Askanien,  der 
Heros  Aslcanios  erscheint  in  einheimischen  und  grie<:hisclien 
Sagen  als  Fürst  der  Phryger.  Aller  Wahrscheinlichkeit  Ije- 
zeichnet  dem  entsprechend  das  hebracisrhe  Asknaz 
(Jerem,  51,  27,  Gen.  10,  3)  die  Phryger.  —  Dieselben  sind 
ein  Ackerbau  und  Viehzucht  treibendes,  friedfertiges  und  gui- 
müthiges  Bauern volk,  dessen  Charakter  sich  in  zaUreichen  xu  den 
Griechen  übergegangenen  oder  Yon  ihnen  umgebitdeten  Sagen 
(von  Midas  und  Sllen«  von  HeraUes  und  dem  ruchlosen 
Sdmitter  Lityerses,  von  Midas'  Rdehihum  und  fieelsohren) 
deutlich  wiederspiegelt.  Bezeichnend  ist  auch,  dass  Gordias, 
der  Gründer  von  Guidiaeion,  den  die  Götter  zum  ersten  Herr- 
scher des  Landes  ersehen  hatten  und  vom  Pfluge  auf  den 
Thron  beriefen,  ein  Bauer  war.  Indessen  das  Reich  im  San- 
gariosgebiet,  dessen  Begründung  ihm  zugeschrieben  wird,  ge> 
hört  erst  einer  sp&teren  £poche  an. 


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Phryger;  Myser,  Lyder,  Karer ;  Tramilen.  dOl 

Ueher  die  15  kurzen  alLpbrygiachen  Inschriften,  liereu  Deutung  nur 
sehr  theilweise  möglich  ist,  s.  Mori/tmaksi,  Ber.  MCLnch.  Akad.  1862,  I 
[Tgl.  Fr.  MClur,  Orioit  mä  Ocddrat  II,  574].  Gokhe,  Verh.  dtr 
lfelM«oer  PhilotogenTen.  1868.  Üeber  die  GloiMii  auMer  m  LaoAnot 
tmd  not:  HOBSODumi  in  Zmm*9  Ztselir  ZXm,  48.  —  üeber  maaehei 
HiiriMtgehOrfti  &  anah  ineiiia  GeaeUohte  vot  Ttoaa  187^  —  üebar 
die  FlnlhMge  voa  Xelaenaa  a,  HOunki,  Unten,  nr  Kritik  dea  A.T.  154» 

§.  252.  In  den  Gebirgan  des  nordwestlichen  Phrygien, 
dem  Arganthonios  und  Olympoe,  sitzt  mitten  unter  der  acker- 
bauenden Bevölkerung  ein  räuberischor  und  kri^erischer 
Stamm,  die  Myser.  Dieselben  sind  am  ii  ins  Rhyndakusthal 
und  in  die  Landscliaft  Tenthranien  (am  Kaikos)  am  aegaei- 
schen  Meer  vorgedrungen.  An  sie  schlieaaen  sieh  Dach  Süden 
die  Lyder  (bei  den  älteren  Grieclien  Maeon^  genannt),  die 
in  die  Stfinune  der  eigentUehen  Lyder  (in  Sardes),  Tonrheber 
(in  TorriwlioB,  wahnclL  am  oberen  Kayster),  Asier  (am  on- 
teren  Kayster)  tmd  der  vid  weiter  eüdöstlieh  in  Kabalien  (Haupt- 
stadt Kibyra)  ansässigen  Lasonier  zerfallen.  Sie  sind  neben  den 
Tramilen  der  thatkiii (liebste  und  gebildetste  aller  kleinasiali- 
scben  Stämme,  der  einzige,  der  politisch  zu  hervorragender 
Bedeutung  gelangt  ist.  Auf  sie  folgen  nach  Süden  die 
Karer  im  Maeanderthali  an  den  vielgegUederten  Küsten  und 
auf  den  Inseln  des  aegaeischen  Meeres.  Ein  Zweig  dei^ 
asUseo  oder  ein  Name  der  KdstenbevOlksrung  scbeinen  die 
Ldeger  za  sein,  denen  wir  in  bistorischer  Zeit  nodi  als  Be- 
wobnem  von  Antandros  und  Garg;ira  an  der  Südktlste  von 
**  Troas  begegnen.  Nach  einheimischer  üeberlieferung  (Herod. 
I,  171)  waren  die  Karer  den  Lydern  und  Mysern  nahe  ver- 
wandt; nach  den  bei  ihnen  herrschend!  n  Ei^-^ennamen  scheiaen 
sie  mehr  isolirt  dazustehen,  und  auch  ihr  Charakter  ist  anders* 
artig.  Im  Inneren  finden  wir  Bauerngemeinden  unter  adlign 
Hsmn,  wie  auch  sonst  in  Kleinasieo;  die  KüstenbeTdikerung 
divegen  gebt  Mb  auf  Sebifbbrt  and  Piraterie  aus«  wovon 
sieb  bei  den  Lydem  keine  £^nr  flndeti  und  früh  baben 
die  Karsr  als  tapfere  Krieger  boben  Rubm  gewonnen  wnd 
sind  vielfach  als  Söldner  in  fremde  Dienste  getreten.  —  Zu 
den  Wefitkleinasiuteu  sind  unzweifelhaft  aucli  die  ältesten  Be- 


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302 


Drittes  Baeh,  fQnfter  Abschnitt 


wohner  von  Rhodos  und  Kreta  CEtce^xpr^ts«; ,  Od,  t,  177)  zu 
rechnen.  Dagegen  scheint  es  nicht,  dass  die  Tramilen  in 
näherem  Verhältniss  zu  ihnen  stehen.  Es  ist  schon  erwähnt, 
dass  dieser  Slainm,  dessen  Sprache  jedenfalls  indogermaniBcfa 
ist,  den  schmalen  Küstensaum  von  Milyas  besetzt  (§•  246) 
und  die  Solymer  in  lancrwierigen  Kämpfen  (vgl.  II.  Z,  184.  204) 
ins  Innere  zurückgedrängt  hat.  Die  Griechen  nennen  iln  I.and 
als  Heimath  des  Sonnengottes  Lykien  *das  Lichthmd«,  sie 
selbst  Lykier.  Woher  sie  stammen,  wann  sie  die  Küsten  be- 
setzt haben,  ob  sie  auf  dem  Land-  oder  Seewege  hieriier 
gekommen  sind,  wissen  wir  nicht.  Von  ihrer  hochentwickelten 
Cultur  wird  spfiter  ausführlicher  zu  reden  sein. 

Weniger  noch  nl'^  bei  den  vorher^'ehenden  Paragraphen  kann  bei 
diesem  eine  ausführlichere  Begründung  hier  gegeben  wi-rden.  Manches 
wird  im  Verlauf  dieses  Bandes,  die  für  die  äitere  griechische  Ge^^cbirhte 
wichtigen  Fragen  in  Band  II  zur  Sprache  kommen.  Ueber  die  karer 
vgl.  Art.  Karien  in  Eh>(;h'  und  Ghubeh'<  Enc.  —  Ueber  die  lyki«<'heü 
In-^rbriften :  M.  Sch.mii>t,  Lycian  inscr.  (nach  SchönbornV  Copien)  l-^*>>>: 
Neue  lyk,  Studien  1869;  Kühnes  Ztschr.  XXV.  1881.  441  H'.,  und  mein eie 
jenenser  Programme;  ferner  die  vielfach  sthr  gewagten  Untersuchungen 
von  SAv^:L^BERo,  Beitr.  z.  Entz.  der  lyk.  Inschr.  L  II,  1874.  .1876  (vgl 
HüBscHMANN  in  KuHN  s  Ztschr.  XXIII,  48). 

§.  253.  Im  allgemeinen  charakterisirt  die  Westklein- 
asiaten eine  gewisse  Weichlichkeit  und  Hinneigung  zur  Senti- 
menlaiitiU,  die  in  der  hohen  Ausbildung,  welche  die  Musik 
bei  ihnen,  namentlich  den  Phrygem  und  Lydern,  erhält,  und 
in  zahlreichen  Sagen  und  Cultusformen  hervortritt«  Auch  in  ' 
der  Religion  tritt  uns  dieser  Charakter  entgegen.  Im  Mittel- 
punkt derselben  steht  eine  grosse  Gflttin  des  Naturlebens  »die 
Götterniutter«  Ma  (vgl.  g.  249)  oder  Ammas  (auf  Kreta 
Rhea),  die  auf  allen  Berorgipfeln  ihren  Sitz  hat  und  nach 
ihnen  zahlreiche  Beinamen  (Dindymene,  Sipylene ,  Kybele, 
Idaea  etc.)  führt.  Sie  lenkt  das  geheimnissvolle  Schaffen  der 
Natur;  zugleich  ist  sie  die  Erzeugerin  und  Schirmerin  aller 
Cultur.  In  geheimnissvollen  Steinen  hat  sie  ihren  Wohnsitt 
(so  in  Pessinus),  die  Thiere  des  Waldes  liegen  ihr  zu  Füssen, 
auf  Löwen  fahrt  sie  einher^  aus  tausend  Brüsten  (Artemis 


^yu^L  o  i.y  Googl 


Religion  der  VVesUdeinagiaten»  Die  Götiermutter  und  Sabaxio«.  303 

von  Ephesos)  ?]  Ludet  sie  Leben  überall.  In  ihrem  Dienst  er- 
finden die  Daktylen  des  Ida  die  Bearbeitung  der  Metalle^ 
Hyagnis  Olympos  Marsyas  die  Musik.  Sie  schirmt  dieSt&dte 
und  lenkt  die  Geschicke;  als  Göttin  des  Verbfingnisees  and 
der  ewigen  Vergettmig  heisst  sie  m  Kyzikos  Adrastea  Ne- 
mesis). Mit  wildem  Jabel,  mit  Tanz  and  ranschender  Mosik 
feiern  die  Sdiaaren  der  Kory bauten  und  Sahen  in  Berg  und 
Wald  das  Erwachen  des  Frühlingslebens ,  die  Geburt  des 
grossen  Naturgottes  Sabazios  (bei  den  Griechen  der  kretische 
Zeus  oder  Dionysos),  der  den  Hegen  spendet  (Hyes)  und  alle 
Fruchtbarkeit  gewährt  Ebenso  wild  ist  der  Schmerz  bmi  Er- 
sted)en  der  Natur,  wenn  Sabazios  dem  Schlafe  oder  dem  Tode 
anheimftltt,  oder  wie  die  Papblagonen  glaal>en,  von.  fnnd- 
lieben  Mftchten.  gebondai  wird  (Plot.  de  Is.  69),  am  im 
nftcbsten  Frdhjabr  aaft  neae  za  erwachen.  Denn,  so  erzfthlt 
die  Geheimlehre,  in  Gestalt  einer  Schlange  [des  Blitzes?]  oder 
eine^  Stieres  hat  der  Gott  seiner  eigenen  Mutter  beigewohnt, 
um  sich  von  neuem  zu  ztugen.  Zahlreiche  Mythen,  die  uns 
meist  nur  in  griechischer  Umgestaltung  vorliegen,  knüpfen 
hier  an,  so  der  kretische,  dass  die  feindlichen  Mfichte,  Ja  der 
dgene  Vater  dem  neogebomen  Sohne  nach  dem  Leben  trachtete, 
and  desehalb  die  Scbaaren  der  Kareken  —  die  mytbiadien 
Voibilder  der  langhaarigen  waffentragenden  Jagend^  die  all* 
Jfihziich  das  Frfifalingsfest  fi^ert — mit  WaifengetOse  das  Schreien 
des  Kindes  übertönten,  damit  der  Vater  es  nicht  höre.  Femer 
gehören  hierher  mehrere  Einzelgestalten :  der  schöne  Jüng- 
ling Hyla-,  der  bei  Kios  verschwunden  ist  und  von  den 
Mysern  jedes  Jahr  mit  Wehklagen  gesucht  wird,  ebenso  Bor- 
mos  bei  den  Maria ndjniern,  und  wahrscheinlich  Ganymedea 
bei  den  Troern.  —  Wie  dann  der  Galt  der  Göttermatier  eine 
fremde  Beimiscfanng  and  Urogestattong  erhielt^  werden  wir 
später  sehen  (§•  257). 

Dio  G^ttermutler  ist  von  den  Griechen  adoptirt  als  Hhea,  ausser- 
dem aber  sehr  hftnfig  in  Aphrodite  oder  Arlemi?  Ohe  ephesische  Natar- 
götlin)  umgewandelt.  Aii  letalere  knüpft  der  Aiaazunenmylhus  an,  der 
»chou  bei  Homer  ill  T  189,  Z  18d,  vgl.  B  8ia)  in  Kleinasien  ioc«Iisrl 


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304 


Drittes  Boeh,  lOnfter  Abtehnitt 


ist '  ZAhMcIi«  StidU  (EpbtfKM,  Smyrnt»  Sinope  u.  a.)  soIl«i  GrOndoogMi 
der  AiDAsoDeo  ediit  die  ersten  Entdecker  der  NordkOste  glaubten  ibm 
Wohnsits  bei  den  Tiburenem  in  der  Ebene  Themiskyra  am  Tbermota 
XU  finden;  spftter  wurden  sie  dann  weiter  ta  den  Skythen  und  Sarmateo 
jenedta  des  Kaukasus  binauegescboben.  Was  der  Kern  und  die  a^ 
sprfinglicbe  Bedeutung  der  Sage  iM,  ist  bis  jettt  niebt  emiltelt,  ebenso- 
wenig wessbalb  sie  an  den  beireffenden  Stuten  localislrt  worde.  Auf 
die  spätere  Gestaltung  der  Fhtge  sind  die  Züge  der  Kimmerier  von  Ein- 
fluss  gewesen. 

g.  254.  Unter  den  übrigen  Göttern  Kleinasiens  tritt  der 
Hlmmelsgott  (gr.  Zeus)  besonders  henror.  Sein  i^irygiscfaer 
Name  Ist  Bagaios  (Hesych.  s«  v.,  pars,  baga,  slav«  bog,  Qoü), 
an  seinen  einzelnen  Cultusstatten  trägt  er  verschiedene  Bei- 
namen. Daneben  wird  er  als  Herr  (rjpavvoc.  parjtXetx;)  oder 
als  Donnerer  (ßpovxä>v)  verehrt.  In  Idrias  oder  Ghrysaoris,  dem 
sacraien  Mittelpunkt  einer  alten  karischra  Gaugenossenschaft« 
heisst  er  der  Zeus  der  Tageshelle  (icovijtiiptoc).  In  Hylasa  in 
Karlen  finden  wir  einen  Gott  des  Himmelsoceans  (Zir)voio- 

asi^üjv)  und  einen  Zeus  als  Krie^^sguti  (Zs-j?  Stpirio;),  der  die 
Streitaxt  trägt;  daneben  einen  Nationalgott ,  »den  karischen 
Zeuse«.  Neben  ihm  wird  überall  ein  Mond|;ott  (Men)  verefart, 
mit  zahlreichen  Beinamen  wie  Mi^  T6f»awoc«  Mil)y  Ttdt|U)o, 
M-jjv  Kdpoo;  auch  in  Kappadokien  ist  ^opvdKoo  einer 
der  höchsten  Götter  des  Landes.  An  der  Westküste  Klein- 
asiens finden  wir  den  Gult  eines  Sonnengottes  (gr.  A|X)lioj, 
der  die  Zukunft  enthüllt  (daher  die  Orakel  von  Branchidae 
[Didymoi],  Klaros,  Grynion  u.  a.).  In  seinem  Dienste  sieben 
begeisterte  Frauen,  die  Sibyllen,  die  von  ihm  inspirirt  in 
ekstatischem  Zustand  die  Zukunft  durchschauen  (daher  die 
griechische  Kassandrasage).  An  den  lydischen  Sonnengott 
(gr.  Herakles)  scheinen  Mythen  angeknöpft  zw  haben ,  aus 
denen  sich  die  griechische  Erzählung  von  Herakles  und  Om- 
phale  entwickelt  hat.  —  Als  eine  in  ganz  Kleinasien  (auch 
in  Kappadokien,  Lykien  u.  a.)  ▼erbreitete  Sitte  ist  hier  schliess- 
lich noch  die  Beisetzung  der  Todten  in  Felsgräbem  zu  erwähnen. 
Daneben  war  an  der  Westküste,  namentlich  in  Troas  und  Lydien, 
die  Au&chüttung  grosser,  kegeUürmiger  Grabhügel  gebräuchlicli. 


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Die  Gbfltt  in  QfltettiMiL  305 

Heben  Berod.  I,  171,  V,  119,  Pausan.  VIII,  10  u.  a.  sind  Strabo 
und  vor  allem  die  zahtreicben  «iolieimischen  Inscbriftto  die  Hauptquelle. 
Ueber  die  Mondgötter  s.  Wabdingtok  in  Lebas  Voyage  areb^ol.,  expl.  des  - 

inecr.  TTI,  Nr.  668;  auch  für  die  flbrigen  Gottheiten  kommt  WAnniynTO?r'si 
ausgezeichneter  Coramentar  in  erster  Lini^  in  Pftracht.  —  Der  Name 
des  lydischen  Herakles  war  nicht,  wie  oft  behauptet  worden  ist,  Sandon; 
dieser  gehört  ausscbliesslich  nach  Kilikien  (i.  246)  s.  ZDM.  XXKl,  736  (L 

* 

Die  Ereberungtn  Cheta. 

wie  schon 

froher  .ef  wfthntt  tod  den  QielekOnigen  wiederholt  bdvicgt  und 
wahraefaetaiHch  auf  längere  Zeit  nnterwoifen  worden.  üeberaQ 

in  KJeinasien  haben  sie  Denkmäler  ihrer  Heerzüge  hinter- 
lassen, die  im  Stil  genau  mit  den  Monumenten  von  Djeräbis 
übereinstimmen  und  zum  Tlieil  auch  Uehorreste  iianiatheni« 
scher  Inschriften  tragen.  Während  ihr  Ursprung  bisher  räthsel- 
baft  war,  kann  seit  der  Entdeckung  von  Djeräbis  kein  Zweifel 
mehr  über  ihn  berraefaen.  Zu  den  charakterjaUaefaen  Sigentbüm- 
licfakeilen  dendboi  gehflrt  die  Elefdnng,  dne  hohe  epit» 
Mütie  und  Scbnabetoebnhe;  gewöhnlich  sind  die  Ffgoren  int 
Profil,  mit  weit  gespreizten  Beinen,  gezeichnet.  Sonst  vgl. 
§.  199  fif.  Die  hierhergehörigen  Denkmäler  sind:  ein  Relief 
mit  Inschriften  an  einer  Felswand  bei  Ibriz  mn  Xordahliang 
des  kilikischen  Tauros  (bei  Kybrista),  auf  (lern  ein  Fürst  (V) 
in  reicher  assyrischer  Tracht  den  vor  ihm  stehenden,  Trauben 
und  Aehren  tragenden  Gott  anbetet.  Dann  Sculpturen  au 
der  Wand  eines  alten  Baues  in  Iflatün  am  Earalitissee  in 
isanrien  imd  die  Ffgnr  einee  Kriegare  in  Ikonion..  Von  hier 
ane  drangen  die  Hceie  der  Cheta  ins  eigentliche  Fbryi^en 
udA  an  die  Kfiete  dee  aegaäaehai  Heeres  vor.  .An  emer 
Fdswand  tmterhalh  der  alten  Feste  Giaurkaleei  in  Phrygien 
(südw.  von  Aiikyraj  sind  zwei  -chreitende  chetitische  Krieger 
abprebildrt,  die  eine  Umbildung  der  aegyptischen  üraeus- 
schlange  vom  an  der  Mütze  tragen.  Ganz  ähnlich  sind  die 
beiden  berühmten  Reliefs  von  Nymphaeon  am  Sipylos,  die 
schon  Herodot  II,  106  erwähnt,  und  bei  denen  (Jeherreete 

Meyer,  Qwahiaitte  des  AiUrthuiDA,  L  00 


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30ü 


DrittM  Bnehf  Ittnftcr  Abtdiiiitt 


I 


hamatlieiiisclier  Schrift  erhalten  sind.  Ebenso  findet  sich  an> 
Sipylos  bei  Mag^nesia  ein  rohes  Felsbild  (vielleicht  eine  Göttin 
darstellend,  wohl  lulschlich  für  die  N lobe  II.  Ö,  614,  Pausan. 
I,  29.  VIII,  2  gehalten)  mit  Zeichen  derselben  Schrift.  Am  wich- 
tigsten und  amfangreichsten  aber  sind  die  Ruinen  und  Sculp- 
tnren,  die  sich  Östlich  vom  Halys  auf  Icappadoldschem  Gdriet,  bei 
tlen  Orlen  Üjuk  und  Bo^hazkiöi  finden.  Bei  jenem  liegen  die 
Ruinen  euies  grossen  Palastes,  dessen  Eingang  zwei  Sphinxe 
bewachen;  an  den  Wänden  finden  sich  zahlreiclie  Sculptnren, 
Götter  und  Menschen,  Löwen,  Stiere  und  mischgestaltige  Wesen, 
darunter  (wie  in  Boghazkiöt)  ein  doppelköpfiger  Adler.  Bei 
Boghazkiöi  liegen  die  Ruinen  einer  alten  Burg  (Pteria?  Her. 

I,  76),  und  die  wohlgeglätteten  Wruide  einer  Felsschlucht 
zeigen  eine  lange  Procession  vermuthlicii  religiösen  Charakters. 
Als  wichtigstes  Symbol  treten  uns  auf  allen  diesen  DenknUUem 
die  Umgestaltungen  der  geflügelten  Sonnenscheibe  entgegen 
(8.  201). 

Zusammeiigtellung  der  Monumente  (^n  den^n  wahrscheinlich  auch 
«1er  archaische  Löwe  von  Kalaba  bei  Ankyra  zu  rechnen  ist:  Perrot. 
Hxplor.  de  la  Galatie  pl.  82)  bei  Sayc.k,  TrSBA.  VII,  248  ff.  Ibriz:  Kifpfrt 
hei  Ritter,  Erdkunde  XVIII,  1024,  vgl.  XIX,  200.  Davis,  TrSBA.  IV,  3oH 
Iflatun :  Hamilton.  Travels  II,  ^^50.   Ikonion:  Tfxifr,  De«rr.  de  TAs.  mio. 

II.  10:;  [jedenfalls  völlig  ungenügende  PuhlicatiüuJ.  Reliefs  von  Ntüi- 
phaeoh:  PtRHoT,  HAn.  XIII.  Lebas,  Voy.  arch. ,  itineraire  pl.  .59.  Ht* 
MANN,  Arch.  Ztg.  XXXIII,  r>0.  Weber,  Le  Sipylos  et  ses  mon.  (18801 
Die  sog.  Niobe  vom  Sipyios  (richtiger  das  Pausan.  III,  22,  4  erwähute 
Monument):  van  Lennep,  Asia  Minor  II,  305.  Weber  1.  c.  Dekni<.  Proc 
SBA.  11.  Jan.  1881.   Giaurkalesi,  Ujak,  Boghazkiöi:  Ferrot,  Expior. 

§.  256.   Diese  Monumente  lassen  die  Ausdehnung  der 

chetitischen  Eroberungen  deutlich  erkennen.  Es  wird  damit 
zu?aniriicnliän!?en,  dass  von  jetzt  an  nicht  mehr  das  Orontes- 
thal,  sondern  Karkamis  den  Mittelpunkt  des  GbetaFolks  bildet 
und  offenbar  die  Residenz  seiner  Könige  geworden  ist  Im 
übrigen  aber  ist  Yon  diesen-  Kftmpfen  nur  ganz  unbestimmte 
Kunde  auf  uns  gekommen.  In  der  Odyssee  (X  519)  heisst  es 
einiiiiil,  Xioptolemos  habe  Eurypylos  des  Telephos  Sohn,  den 
Fürsten  der  Krjisioi,  getödtet,  während  er  von  den  Späteren  iauner 


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Die  KriegszOge  der  Gh«ta. 


307 


FQrst  von  Tenthranien  genannt  wird ;  offenbar  hat  sich  Uer  «ine 

Spur  des  Namens  der  Cheta  erhalten.  Ebenso  dürfen  wir  wohl 
in  der  griechischen  Sage  vom  Aelhiopen  Memnon,  dem  Sohne 
der  Morgenröthe,  der  grosse  Kriegszüge  unternahm  und  dem 
Priamos  zu  Hülfe  eilte,  einen  Nachklang  ihrer  Kriegszüge  er- 
kennen. Herodot  106  erwähnt,  dass  die  Reliefs  ?on  Nym- 
phaeon,  die  er  dem  Sesostris  vindicirt,  Ton  anderen  für  Bilder 
des  Memnon  erklärt  würden«  Sonst  aber  Ist  die  dmiUe  Ton 
den  Griechen  bewahrte  Kunde  von  diesen  Eroberangen  auf 
die  Aegypter  (Heerzfige  des  Sesostris  nach  Kleinasien  nnd 
Thrakien)  und  vor  alleni  auf  die  Assyrer  übertragen ;  Memnon 
wird  daneben  auch  in  Susa  localisirt.  Wenn  femer  die  lydische 
Tradition  das  Königsge>chlecht  der  Ilerakliden  an  Ninos  den 
Sohn  des  Bei  anknüpft  (Her.  I,  7),  so  sind  hier  wohl  die  sagen- 
haften Repräsentanten  der  Assyrer  an  die  Stelle  der  Cheta 
getreten;  die  Assyrer  sind  mit  den  Lydem  erst  im  siebenten 
Jahrhundert  in  directe  Berälining  getreten.  £benso  ist  in 
swei  aOerdings  jedenlUIs  tiberarfoeiteten  Fragmenten  des  Lyders 
Xantlios  (fr.  11.  2d)  von  Feldzügen  des  lydischen  Heros  Uopeös 
(Moxos?)  und  des  Askalos,  eines  Bruders  des  Tantalos,  nach 
Syrien  (speciell  Askalon)  die  Rede,  Tvorin  eine  Erinnerung 
an  die  Kriege  der  Lyder  und  Ghetiter  (vgl.  auch  §.  265) 
isewahrt  sein  mag. 

Karkamü  Hmptaits  der  GheU  nach  den  aasyrieehen  Naehndliten: 
ÜBLmacUf  Per.  26$  ff.  —  Audi  in  den  ep&tgrieehieehen  Eniblangwi  von 

den  FeldzQgen  der  ÄmazoneD,  Skythen,  Kimmerier  mag  einiges  ffierber^ 
geliörigp  1  e wahrt  sein.  Ob  auch  die  II.  Z.  097.  415  ab  Bewohner  von 
Thebe  südlich  von  Ida  vorkommenden  Küiker  (vgl.  Plhu  Y.  128  CäUeeB 
Mandaoadeoi)  hierher  gehören,  mnse  dahin  g esteUt  Jaleiben. 

§.  257.  Die  Einwirkungen  der  syrischen  Eroberung  auf 
Kleinasien  sind  äusserst  nachhaltig  gewesen.  Es  ist  längst 
erkannt  worden  (de  Laharde,  Ges.  Abh.  S.  270),  dass  die 
lydischen  Königsnamen  Sadyattes  und  Alyattes,  ebenso  My- 
attes  semitische  Bildungen  sind ;  jetzt  dürfen  wir  vielleicht  die 
Vermuthong  wagen  i  dass  das  lydische  KOnigsgeschlecht  der 
HeraUiden  cfaetitisdien  Ursprungs  war.  Femer  kdnnen  wir 


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308 


Dritt«  BoOm,  fOnfter  AtMchnitt* 


jetzt  den  kldoasiatischen  Gott  Altes  (Attis)  direct  mit  dem 
syriscbeo  *Ate  (§9.  205.  208)  identifidfen  and  ihm  fremden 
Univiiiig  toachnUMii.  In  der  Tbat  xeigt  die  Uemesiatitche 
Religion  sehr  nahe,  früber  nicht  mit  Sicherheit  erkl&rbaie  Be* 

Führungen  mit  der  der  Semiten.  Der  Brauch,  dass  die  Mädchen 
sich  (zu  Ehren  der  GötlermuUei )  preispreben,  licn  ^riit  m  Lydien 
allgemein  (Herod.  1,  04'):  cIrjuso  siml  der  Or*ttiii  von  Ko- 
mana  zahlreiche  weibliche  und  niäriniiclie  Hieroduieii  geweiht. 
Wir  wissen,  dass  diese  religiöse  Institutioa  hei  den  West- 
eemiten  wie  in  Bahylonien  heimisch  ist  und  vielleicht  hier 
ifaien  Urspnmg  hat.  Bbenao  ist  in  gani  Kieioaeieii,  i«r 
ettam  aber  in  Pbrygien  die  Gastration  zu  Ehren  der  Gottheit 
In  dersdben  Weise  wie  in  Syriai  ^.  208)  weit  Terbratet^  und 
zwar  kndpft  dieselbe  an  den  Attisenlt  an.  In  der  That  l&sst 
sich  die  Attissa^^e  aus  dem  Kreise  der  Mythen  von  der  Götter- 
mutter völlig  ausscheiden;  die  Identifu  i  un??  des  Atlis  mit  Sa- 
bazios ,  Zeus  oder  dem  Mondgott,  ebenso  die  der  Verschnit- 
tenen (Kybeben,  Metragyrten,  in  römischer  Zeit  Gallij  mit 
den  Korybanten  (Kureten)  und  Sahen  gehört  erst  dem  spä- 
teren Synkretismas  an.  Man  erz&ldte  sich^  wie  die  Götter^ 
mntter  emen  schönen  Knabeot  den  Attis,  $ti6M  haht^  dieser 
aber  dorch  den  Neid  der  Gdtter  oder  ein  widriges  Scfaidcsai 
Mannheit  und  Leben  Yerlor.  Zar  Erinno'ung  daran,  ton  den 
Schmerz  der  grossen  Göttin  zu  theilen,  entmannen  sich  all- 
jährlich bei  dem  gross^en  Trauerfest  grosse  Schaaren  der  Gläu- 
bigen, und  ziehen  dann  als  verzückte  Gaukler  und  Ii*  t  ihr 
durch  das  Land,  um  von  Almosen  zu  leben.  I«Ioeh  deutlicher 
tritt  der  Einfluss  der  srrischen  Culte,  vor  allem  der  Adonis- 
Tammüzsage  (§.  208),  in  dem  hi  Lydien  gelfinfigen  Mytlios 
hervor,  Attls  sei  anf  Veranstaltong  des  Zeos  doveh  einen 
Eber  getddtet  (Hennesianax  bei  Pausen.  VII,  17,  9),  eine 

Dieeelbe  Sitt»  hamdit  im  araeniieheii  AnaiUiicutttw;  Stnbo 
XI,  14»  16;  inditeen  gtbört  di«Mr  nicht  d«r  Uteran  Epoeh«,  aondeiii 
'   «rat  der  Penemil  an.   Doch  ift  es  aebr  raflgHcb,  daas  die  reUgiaat 
PMMÜtntion  schon  weit  früher  in  Armenien  heimisch  war  md  nur  in 
apilaFer  Zeil  an  den  Anaitieciilt  geknOpft  worden  iat. 


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Einflösse  Syriens  auf  die  Religion  und  Kunst  Kleinasiens.  309 

Sage,  die  uns  in  historisirender  Umbildung  in  der  Erzählung 
Herodot's  (I,  34)  von  Adrastos  und  Atys,  dem  Sohne  des 
Kroesos,  entgei^tritt. 

Dantdliiag  der  lyditehen  AUusafe  auf  ainer  iUswaad  lu  Iftoh 
mftmljr  bei  Haegnia  (rtm,  Zoit):  Libaji,  IttiiMre  pl.  55  (ineonaet 
HAJOLTOir,  Travels  II.  140).  —  Vgl.  auch  Lüciah,  De  dea  Syft  1& 
FOr  die  römische  Zeit  iet  vor  allem  die  Attissage  fon  Peaiiinia  maaee* 
gebend  geworden,  da  bekanntlich  der  Cultus  der  Göttermutter  Ton  hier 
aus  im  Jahre  204  v.  Chr.  officiell  in  Rom  eingeführt  wurde.  —  Auch 
einzehie  semitische»  Nnrnf»n  in  Kleinasien  mögen  auf  chetitischen  Kiutluss 
zurückgehen:  so  der  in  der  lydischen  Snpp  vorkommende  Name  Jaidanos 
(Vater  der  Ünipiiale),  der  doch  wohl  das  hebmeische  jH^^  FIuös  ist; 
der  Name  des  >Ostbefges«  Kadiiius  im  Osten  von  Karlen,  der  indessen 
auch  phoenikiscben  Seefahrern  entstammen  konnte;  vgl.  den  Berg  und 
die  Feete  Fhoenix  gegentter  von  fthodoe  (Sirabo  XIY,  2,  4). 

9,  258.  Niehl  minder  wichtig  ist  der  iSnfloss  Syriens 
auf  dem  Gebiete  der  Kunst.  Wenn  MdnzUlder  den  Stadtgott 
(Ba'al)  Ton  Tarsos  hSufig  mit  Wehltraube  und  Aehre  ht  der 

Hand  darstellen,  so  springt  die  Berührung  mit  dem  Relief 
von  Ibriz  in  die  Augen,  Ueberau  in  Kleinasien  finden  wir 
die  Sfhirmgöttin  der  Stadt  nach  phoenikischer  und  syrischer 
Weise  mit  der  Mauerkrone  abgebildet  (§.  205).  Auch  die 
Göttermutter  erhält  denselben  Hauptschmuck;  und  wenn  sie 
auf  Löwen  daheri&hrt  oder  auf  dnem  Löwenthnme  sitzt,  so 
eriLennen  wir  auch  hierin  eine  Umwandlung  der  auf  Löwen 
stehenden  Gottheiten^  Babyloniens  und  Syriens.  Die  Omap 
menti][  des  phrygischen  Midasgrabes,  eb  mfianderartiges  Tep- 
pichmuster, ist  dem  vorderasiatischen  Kunststil  geläufig  (§.  202). 
Sonst  besitzen  wir  von  der  Kunst  Kleinasiens  nur  sehr  wenige 
Denkmäler.  Nur  in  Lykien  bat  sich  in  späterer  Zeit  eine  ein- 
heimische, hochentwickelte  Kunst  gebildet,  und  hier  begegnen 
uns  denn  überall  die  Typen  des  vorderasiatischen  Mischstils, 
Sphinxe,  Greife,  die  Ghimftra  und  andere  Misch»  und  Flügel* 
Wesen,  der  Kampf  mit  dem  Löwen,  der  Löwe,  der  den  Stier 
xerreisst  (auch  auf  kflildschen  Münzen)  u.  a.  TU»  bei  den 
Gheta  herrscht  auch  in  Xleinasien  im  Gegensatz  zur  phoe^ 
nikischen  Kunst  der  babylonisch -assyrische  Einfluss  vor,  und 


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31U 


Drittes  Bueh,  ftbilter  AbMlmitt. 


daher  kommt  es,  dass  als  s^t  etwa  800  t.  Chr.  Klan- 
asien auf  die  griechische  Kunstentwickelung  einen  immer 

wachsenden  Eiulluss  gewann,  dies  zugleich  die  Ausbil  laug 
einer  stark  a-syrisirenden  Richtung  bezeichnete.  Aber  ditM  iife 
ist  nicht  flu«  t  von  Assyrien  ausgegangen,  sondern  durcli  die 
Syrer  vermiUelt  worden. 

Tgl.  aneb  Pknaor,  L*art  de  TAnt  llioeure  RAn.  XXV;  nne  bronie 
de  VAeie  Ifineafe  RAn.  XIX. 


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I 


Viertes  Buch. 

Vom  Ende  des  zwölften  bis  zur  Mitte  des 
nennten  JahrhnndertB. 


L  Untergang  des  Ghetareicbs  und  Verfall 

Aegyptens. 

Reaction  der  Hellenen  gegen  die  Phoenfker.   Angriffe  der  See* 

Völker  auf  Syrien  und  Aegypten. 

§.  259.  Seit  dem  15.  Jahrhundert  haben  die  Fahrten 
der  Phoeniker  an  Ausdehnung  iiiuiier  mehr  zugenommen ; 
wir  werden  später  die  Erschliessung  des  Westmeeres,  da  es 
für  deren  allmähUciies  Fortschreiten  an  feststehenden  Daten 
fast  völlig  fehlt,  im  zusammenfassenden  Ueberblick  zu  betrachten 
haben.  Inzwischen  erstanden  ihnen  im  Osten  des  Mittelmeeres 
gefiUiiüehe  Rivalen.  Jede  Golonisaticxi,  die  nieht  zu  Tdßigef 
ünterdröckong  der  Ureinwohner  fuhrt,  birgt  für  die  Ansiedler 
€ine  immer  waehsende  Gefahr.  Die  dnheimische  Bevölkerung 
eignet  sich  die  ül)erlegenen  GuHurmittel  derselben  an,  ihr 
Wohlstand  reizt  die  Habgier.  Nun  w  aren  die  phoenikischen 
Ansiedelungen,  wie  wir  gesehen  haben,  in  der  Regel  nicht 
viel  mehr  als  geschützte  Factoreien,  die  wenig  energischen 
Widerstand  leisten  konnten;  um  so  weniger  waren  sie  im 
Stande  sieh  zu  behaupten,  als  ein  so  hochbegabtes  Volk  wie 
die  Hellenen  von  ihnen  die  Schiifohrt  zu  lernen  und  in 
Handel  und  Seeraub  ihnen  Goncurrenz  zu  machen  begann. 


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312  Vieftw  Boeb,  onUr  Absehnitt. 

So  sehen  wir,  dtss  seit  etwa  dem  13.  Jahrhundert  &6 

Phoenilcer  allmählich  von  den  Rflsten  des  aegaeischen  Meaf«s 

verfh' uigt  werden,  /u  ^^rösseren  Kämpfen  ist  es  in  der  iiegel 
sciiwerlich  gekoiiinii  n ;  sie  waren  einfach  unfähig,  dem  An- 
dringen der  Griechen  Widerstand  zu  leisten.  Die  NiclIu- 
Jassungen  auf  dem  Festlande  gehen  verloren,  die  Inseln  werden 
•  von  den  Hellenen  besetzt ,  diese  bauen  seihst  Boote  nach 
dem  Master  der  phoenikischen  and  untemehmeo  weithin  Rauh- 
-  and  Handeisriige;  sie  kfimiea  versacfaeii,  die  Bdniath  der  ihneo 
zügeföhrten  Kostbariceiten  selbst  aafinmichen  wid  hier  rdche 
Beute  ZQ  gewimim.  Aehnlkh  mag  anch  an  den  Sädkflsten 
Kleinasiens,  bei  den  Lykiern  und  Kilikern,  eine  Entwickelung 
der  Schiffahrt  begonnen  haben.  Hand  in  Hand  mit  dieser 
Bewegung  geht  die  Reaction  der  Kleinasiaten  gegen  die  Gheta- 
herrschaftf  der  Versuch  sich  der  fremden  Herren  zu  entledigen 
und  dieselben  in  ihrer  eigenen  Heimath  heimzusuchen. 

§.  260.  Geiegentliehe  aber  hochwichtige  EinbiiclLe  in  diese 
Bewegwigen  gewfthren  mur  die  aegyp^ischen  Nachrichten.  Als 
Ramses  n.  nach  67j§hriger  Regierang  gestorben  war  (am 
1280  Can-.),  folgte  ihm  voa  seinen  zahlreichen  Söhnen  — 
alle  anderen  waren  vorher  gestorben  —  der  vierzehnte,  Mer- 
ne|.>tah.  Im  iüiiiten  Jahre  desselben  erscheinen  plötzlich  fremde 
Volksslämme,  »die  Turusa,  Sfirdana,  Sakarusa,  Aqaiwasa  von 
den  Ländern  des  Meeres«,  femer  die  Ruka  (Leka  §.  232)  ün 
Osten  Aegyptens;  sie  dringen  in  das  Östliche  Delta  ein,  schlagen 
ihr  Lager  hei  Pe-Bairis  (Byhios)  sddlich  von  Bobaatis  anf  micl 
bedrohen  HsliopoUs  nnd  Memphis^  Diese  gfinstlge  Ctefagenbsit 
henutzen  die  Libyer  (Rebu,  m  Qyrenaica).  Oordi  das  Gebiet 
der  Te^tt  (Harmariea)  dringt  ihr  König  Maraju,  Sohn  dea 
Did,  nach  Aegypten  und  zieht  die  Fremden  an  sich  heran. 
Endlich  kommt  Merneptah  mit  seinen  Rüstungen  zu  Ende; 
bei  eitieiii  One  Pt  -Ar-<e|  is  (V,  nach  Brugscii  griech.  l'ro-opis)  ge- 
winnt er  einen  grossen  Sieg,  durch  den  das  feindliche  Heer  ver- 
nichtet, die  Gefahr  von  Aegypten  abgewandt  wird.  Als  Sieges- 
trophaan  üess  Memepta^  wie  später  Ramses  lU.  den  Ge£iüJenen 
nicht  nur  nach  aegyptischer  Art  die  Hlnde^  sondern  den  Un» 


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Die  Se«völk«r  und  die  Libyer  gegen  Aegypten. 


313 


besehnfttenen  unter  den  FFemdTdikern  und  den  Libyern  auch 
die  nuüli  abschneiden. 

hn  «meinen  lassen  sieh  die  Frerndvölk^r  nicht  identiil- 

ciren.  Die  Aqaiwasa  sind  nach  den  aegypiisclicn  Angaben 
beschnitt en,  also  |?e\vi?s  nicht  Achaeer,  wie  man  wohl  geraeint 
hat;  dagegen  darf  man  in  den  Turusa,  die  auch  Hamses  III. 
aosdrücUiGh  als  ein  Seevolk  bezeichnet,  wohl  die  in  der  alt- 
griechischen  Ueberlieferung  erschemenden  tynenuchen  See- 
rftnber  —  aber  nicht  die  Etruskor!  ^  wieder  erirennen.  Die 
Sardana  kennen  wir  schon  seitSetiL;  ihre  Heimath  ist  eben 
so  wenig  sicher  zu  ermitteln  wie  die  der  Sakarusa.  Zweierlei  da- 
gegen steht  TÖlüg  fest:  die  Angreifer  kommen  von  den  Inseln 
imd  Küsten  Im  Norden  des  lüttelmeers,  speciell  wohl  vom 
aegaeischen  Heere,  und  das  nächste  Ziel  ihres  Angriff  waren 
die  syrischen  Küsten,  erst  von  hier  haben  sie  sich  nach 
Aegypten  gewandt.  Mit  anderen  Worten:  die  Fahrten  der 
Phoeniker  haben  den  Fremden  ihre  Bahnen  gewiesen,  der 
Reiehthum  von  Tyros  und  Sidon  ist  es  Tcrmuthlich,  der  sie 
tUDichst  angelockt  hat  Wir  werden  sehen,  dass  sich  der 
Angriff  bald  hl  grösserem  Umfange  wiederholt  hat 

Im  allgemeinen  s.  E.  de  Rovat,  M^m.  8ur  las  attaques  dirig^es 
contra  l'Egypte  par  les  peuple«  de  la  Mediterran^e,  HAn.  XVI,  35  ff. 
GiLvBAs,  Etudes  sur  I'anliq.  histor.,  2  6d.  S.  186—316.  Ders.,  Rech,  pour  servir 
4  1  hiöL  de  la  XIX  d}ii.  1872.  —  Siegesbericht  Merneptah's:  DCmichen, 
flist,  Inschr.  I,  1  ff.  Mariette,  Karnak  .V2  ff.  Uebersetzungen  von  Chaii  \s 
U  C  und  Bruosch,  Gesch.  507,  der  mehrere  Fehler  des  erslereii  herichtigt 
(Tgl.  ÄZ.  187Ö,  128  ff,),  aber  den  Eingang  der  ersten  Zeilen  mehrfach 
ganz  falsch  ei^änzt  hat  —  Bruosch  verwerthet  einen  Einfall  Herodol's 
(llf  104),  um  die  Heimath  der  SeevOlker  am  Kaukasus  zu  suchen.  Im 
voUsten  Wideispruch  xu  den  Angaben  der  Aegypter  steht  auch  die  geo- 
graphiieh  immOi^he  Anficht,  dass  dieselben  libysche  Stämme  seien. 

Wirron  in  Aegypten.  Ramies  III* 

§  261.  Bald  nach  dem  Siege  scheint  Merneptah  ge- 
storiDen  zu  sein.  Innere  Unruhen  und  Thronstreitigkeiten 
«fallen  die  Folgezeit.  Von  Memeptah*s  Sohn  Seti  II.  besitzen 
wir  kaum  irgendwelche  Denlcmäler  —  eine  Felsenstele  in 


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814 


YkKim  Bush,  fntar  Abscludtt 


AbanBibel  Iftaai  Um  die  nubisehen  Fefande  niederacfamettem 
und  einzelne  Reete  seiner  Bauten  finden  sieh  in  Theben. 
Dann  folgen  zwei  KOnige,  Amemnesses  und  Memqptal^  IL 

Siptah,  die  in  der  Folge  ab  fllegitim  gelten,  deien  Name  auf 
den  Denkmälern  tilgt  wird;  ja  Siplali  ^  Felsengrab  in  Theben 
ist  von  seinem  Nachfolger  Setnecht  occupirt  worden.  König 
Haiiises  Iii.  belehrt  uns,  dass  die  Anarchie  lange  Jihr«  hin- 
durch herrschte,  dass  jeder  den  anderen  bekriegte ,  dass  die 
Stadtfürsten  (Nomarchen)  sich  unabhängig  machten,  bis  schliess- 
lich ein  Fremder  ans  Syrien  Namens  Ana  eine  Zeit  kng  die 
Henscbaft  Ober  Aegypten  gewann«  Wie  es  seheint  haben 
wir  es  hier  nidit  mit  etaier  el^esUichen  Rremdherrachaft,  etwa 
einer  Eroberung  Aegyptens  durch  syrische  Stimme  m  tbun, 
denn  wir  finden  auch  später  noch  Theile  Syriens  in  den 
Händen  der  Acgyph  r,  oliiie  dass  von  einer  neuen  EJroberung 
die  Rede  wäre.  Arsu  wird  also  wohl  im  Gefolge  einer  der 
streitenden  Parteien  durcii  hitriguc  oder  Gewalt  sich  der 
Herrscbait  bemächtigt  haben.  —  Endlich  gelang  es  dem  Könige 
Setnecht,  vielleicht  einem  Sohne  Seti's  IL,  wieder  geordnete 
Verhältnisse  herbeiniftthren,  alle  Unruhen  enstgisofa  m  anter- 
drfickeoi  den  Dienst  der  Götter^  der  viellheh  gestflrt  worden 
war,  wiederherzustellen. 

Zur  Literatur  vgl.  §.  200  Aura.  Die  wenigen  Monumente  der 
Zeil  I.  bei  Lspsn»  m,  201—206.  Marutte,  Hon.  div.  71,  44;  hinzu 
kenint  irageiDelii  «f ebtigs  Enfthlmig  Btnsee*  IDL  Im  gfOBeen  Hetrit 
impjnii  (ed.  Bmce)  pl.  75  ff.  Der  Name  Arsu  ist  wabneheinlidi  tCf^K 
der  aeapanjeeben  bieehrifteii.  POr  gentnere  Zeitbeetfannmigeii  fehlt 
jeder  Anhalt  Wie  am  jeder  Epoche  der  WiederanfriehtaBg  beeüam  wir 
auch  aus  der  Zeit  ScÄneehVe  nur  edir  wenige  Denkmäler.  —  Mit 
Raneee  HL  hat  man  sich  gewöhnt,  die  90.  manethonische  Dynastie  be- 
ginnen zu  lassen.  Manetho*»  UeUn  eind  gerade  fOr  die  BlQthezeit  des 
Neuen  Reich?  so  arg  verwirrt,  dass  wir  über  die  Richligkeil  dieser  An- 
nahme nicht  urtheilen  können.  Dass  in  denselben,  wenif^teiTi  in  der 
F-  rtii,  in  welcher  sie  uns  bei  Josephns  Afrifanii«?  und  Eusebius  vorliegen, 
mehrere  Regierungen  doppell,  ja  dreitach  aufgeführt  wer(lPTi  —  was  Unoer 
mit  Unrecht  bestreitet  —  lehrt  die  gegenüberstehende  Tabelle. 

§.  262.  Setnecht's  Sohn  Ramses  III.  (um  1180  v.  Chr.) 
kconte  die  Reeteoration  ToOendoi.   Wir  bedtsen  noch  die 


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Tbronstreitigkeiteu  in  Aegypten.  Setnecbt. 


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Viertes  Bach,  erster  Absclmitt, 


Bruchstücke  eines  Edicts,  in  dem  er  befiehlt,  »die  Tempel 
aller  Städte  des  Südlandes  Ton  allem  za  reinigen,  was 
die  Götter  verabscheuenc,  »Wahrheit  zu  schaffen  (d.  h. 
den  richtigen  Gultns  udederberzustellen)  und  die  Lüge  zu 

vernichtenc  (de  Rouge,  Tnscr.  258).  Dann  galt  es,  das  An- 
sehen des  Reichs  nach  aussen  zu  erneuem.  Die  unter  dem 
Namen  Temhu  zusammengefassten  libyschen  Grenzstamme, 
namentlich  die  Rebn  (Libyer)  und  Mateuaäa  (§.  284),  hatten 
während  der  Anarchie  den  Westen  des  Delta  von  Eanopos 
bis  Memphis  btsetzt.  In  zwei  Kriegen,  im  fünften  und  im 
elften  Jahre  des  Königs,  wurden  sie  besiegt,  zahlreiche  Beute 
namentlich  an  Gefangenen  heimgebracht  und  die  Grenze  des 
Reichs  nach  Westen  gesichert.  Unter  den  Trappen  der 
Aegypter  finden  wir  auch  hier  wieder  als  wichtigste  Gattung 
die  fremden  Söldner,  die  Sardana  und  Qahaq  (§.  234),  in  ihren 
nationalen  Rüstungen.  —  hn  Süden  scheint  die  ae^^yptische 
Herrschaft  nicht  erschüttert  gewesen  zu  sein;  nach  wie  vor 
erscheinen  Kusch  und  die  Neger  in  den  Listen  der  unter« 
worfenen  Völker.  Ramses  m.  konnte  sogar  den  lange 
unterbrochenen  (§.  230)  Verkehr  mit  dem  »65tterlande« 
Punt  wiederherstellen.  Er  Hess  auf  dem  rothen  Meere  Schiffe 
hauen,  die  in  Frieden  hinüberfuhren  und  mit  grossen  Massen 
von  Weihrauch,  sowie  mit  Gesandtschaften  der  einheimischen 
Fürsten  wieder  zurückkehrten.  Als  Ausgangspunkt  der  Handeif^ 
reute  nach  Arabien  erschdnt  wie  in  alter  Zeit  Koptos,  von  wo  die 
WCtetenstrasse  durch  das  Wftdi  Hammämftt  nach  Qoseir  führte. 

Krieg  des  Jahres  5:  Roselliäi,  Mon.  slor.  139—141  =  Dumichkc, 
Hist.  Inschr.  II,  46,  de  Roun^,  Inacr.  139—147  [bis  ZI.  50];  de^  Jahres  11: 
Di  MicHEN.Hist.Inschr.I,  l,j~15. 18— 27,deRoüg^,  Inscr.  116— 117, 121— 12t3; 
ferner  der  urs^r  n^'liche  Text  des  Festcaleoders  von  Medinet  Habu  bei 
GnfENE,  Fouilles  ä  Thebes  p).  (5.  Beide  zusammen:  gr.  pap.  Harris 
pl.  76.  11  fT.  Fahrt  nach  l'unt  ib.  pl.  77.  Daher  die  vielfachtj  Erwäh- 
nung von  Punt  (und  den  zugehörigen  Völkernanien)  in  den  Völkerlisten 
u.  ä.,  z.  B.  DOmichen,  Hist  Inschr.  1,  11,  15.  —  Wie  man  im  gr.  pap. 
Harris  76,  5  f.  die  Erwähnung  einer  Kasleneinlheilung  hat  finden  können, 
ist  mir  niiTersUlndlich.  —  Die  beiden  Stelen  aus  den  Jahren  11  und  12. 
RosELLUU,  M.  8tor.  123,  Lepsius,  Denkm.  III,  20  finden  sich  jetzt  voll- 
sUndig  bei  DOiogbbr.  Hi«t.  Inachr.  I,  13.  17,  de  Rowi,  Inscr.  131— lliS. 


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I 


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Ramaet  IS.  lanaioii  d«r  Nofdvdiker.  317 

Kämpfe  gegen  die  Neger:  Lfr-iius,  Denkm,  HI,  218c.  Wo  die  iu  der 
Völkerlistc  bei  Dümtchen,  Hist.  Inschr.  I.  11.  12  aufgeführten  Namen  7.n 
suclien  »uxd  [gewiss  nicht  mit  Brugsgh  in  Cypern  und  Kleina^ienj,  wissen 
wir  nicht. 

Untergang  des  Chetareichs.   Die  Philister. 

§.  26d.  fitneii  weit  wkhügeren  Kampf  hatte  Ramses  UL 
in  amem  achten  Jahre  zo  hesteben.  Die  Seevdlker  äardana 
xsad  Tamia,  die  Sakarala,  ferner  die  hier  anevat  genannten  9ak* 

kari,  Pursta,  Dananna  und  die  als  Seevolk  beKeichneten  Uasas 
sind  in  Nordsyrien  eingefallen.  Es  ist  nicht  ein  blosser  Kriegs- 
zug, sondern  eine  Völkerwanderung;  mit  Weib  imd  Kind  und 
aller  H&be  ziehen  sie  auf  ihren  Ochsenkarren  einher,  um 
Beute  und  eine  neue  Heimath  zu  gewinnen.  Eine  Flotte  von 
offenen  Kähnen  (Penlelconteren)  begleitet  die  Expedition.  Alle 
VSlkar  Syriens«  die  Gfaeta  nnd  Qedi  ((.  281),  Karkamli, 
Anulos,  Afesa(?)  erliegen  ihnen,  aie  dringen  tot  hm  zum 
Lande  Anmr  (Maeetina),  das  ne  arg  mwMen.  Da  tritt 
ihnen  das  aegyptisdie  Heer  unter  Ramses  m.  entgegen; 
Z.U  Lande  und  zur  See  werden  sie  in  erbittertem  Kampfe  ge- 
schlagen, die  Gefahr  einer  feindlichen  Invasion  von  Aegypten 
abgewandt.  Wenn  auch  der  J^iaupttiieii  der  syrischen  Be- 
aitzuQgen  wo  nicht  früher  so  doch  jetzt  verloren  sein  wird 

es  will  nicht  viel  Jbesagen,  dass  der  König  unter  seinen  . 
G^kngenen  einen  Hftnptling  der  Giieta  und  einen  von  Amnr 
TorfÜhrt  —  so  haben  die  Aegypter  doch  wenigstens  den 
SOden  Palaestma's,  die  Landschaft  Eana*an  (g.  283)  l>ehaaptei 
Remses  IH.  hat  hier  dem  thebanischen  Amon  einen  Tempel  ge- 
baut,  (iom  wie  er  sagt  »die  Völker  von  Rutcnu  ihre  Ti  ibule  dar- 
bringen* (^'ip-  Harris  9,  1—3).  Auch  die  §asu  des  Landes 
Se'ir  (Gebiet  von  Edom)  wurden  durch  einen  Streifzug  heim- 
gesucht und  die  Mafek-  (lapis  lazuU)  Bergwerke  der  Sinai- 
haibinsel  wieder  beartMitet  (ib.  76,  9.  78,  6). 

Der  Krieg  gegen  di«  nordiechen  Bariiarea  wird  in  den  groseen 
Wandgemälden  von  Medlnet  Habu»  Roskllihi,  Mod«  stor,  124—138  dar- 
gesleUt  Dazu  die  sorgfaltigen  Poftiito  der  QeteigeDen  ib.  142—144 
m  Lüne»,  Denkau  20e.  311.  hn  aegyptleehen  Heer  aind  auch  dia 


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318 


Vtortat  BaA,  «mar  Abaehiiilt 


Sardanasöldner  wwderholt  abgebildet.  Text:  Greeni:,  Fouilles  k  Tbebas 
pl.  1—3  (Chabas,  Ant  bist.  245  iT.)  und  der  Schluss  des  Textes  vom 
J.  5  (§.  262)  ZI.  51—75.  Gr.  pap.  Harris  pl.  76.  Daneben  zahllose  Er- 
wähnungen  in  den  Siegeshymnen  fJ.  nr.  Hotiok,  Tnscr.  109  fT.  und  Dl- 
MicHKN,  H.  liischr.  I).  Leider  ist  der  sachliche  inhalt  der  Texte  sehr  dürftig 
und  von  religiösen  Phrasen  und  Verherrlichungen  des  Königs  fast  erstickt. 

§.  264.  Sowenig  wir  die  aufzählten  Völkerschaften  im 
einzelnen  identißciren  könnm,  dass  sie  wie  die  unter  Merneptah 
einbrechendeo  Barbaren  aiu  Eleiiiaiiaii  und  Griecfaenlaiid 
stammeDy  ist  xweiÜBUof.  Wenn  die  griecfaiKfae  TtadHkm,  wie 
sie  jedmfiriis  schon  Heslod  fizirte  (fr.  48  Eoikel),  den  Dtnaos, 
den  Eponymen  der  aHgriechisdien  Bevölkerung  des  Peloponnes, 
zum  Uiuder  des  Aegyptos  macht  und  aus  Aegypten  einwan- 
dern lilsst,  mag  darin  wohl  eine  abgeblasste  Erinnerung 
vorliegen  an  die  Oberhoheit,  welche  Aegypten  im  15.  Jahr- 
hundert über  die  griechischen  Inseln  ausgeübt  hat  (§§.  194.  220), 
und  an  die  Kriegsz^ge,  wekhe  die  Danaer  im  12.  Jahrhundert 
nach  Syrien  und  Aegyptm  unternahmen»  Die  Gleiebsetamg 
der  üanamia  mit  den  Tena  D^utmes*  nL  (§.  194)  und  den 
Danaem  gewinnt  dadurch  an  WahrschdnlichMi  DassFdulen 
nnd  Raubzdge  naeh  Aegypten  den  Anschauungen  der  liomeri- 
sehen  Zeit  geläulig  waren,  lehren  die  Erzäiilungen  der  Odyssee; 
dasb  trolidem  den  Griechen  jede  genauere  Kenntniss  des 
Landes  abging,  verträgt  sich  damit  sehr  wohl.  Denn  die 
Raubzüge  Einzelner  trafen  nur  das  Küstengebiet  des  Delta, 
und  die  grosseren  Invasionen  sind  unglacklieh  verkofen. 

Die  Abldlimg  des  Dwuu»  ans  Aflgjirtiii  ist  uralt  inil  mthUt  fBärn» 
hXk  Bigiohafte  Etemeatt)  bei  den  Logegnphea  (Hekatteoe»  Heredot  o. 
gilt  ele  als  völlig  feststehende  Thateeehe^   Dagegen  daat  die  Aoto* 

chthonen  Kekrops  und  Lelex  aus  Aegypten  gekommen  seien,  ist  eine  ganz 
späte,  nicht  einmal  den  Tragikern  bekann tf>  Gnnstruction.  —  Die  mehr- 
fach (z.  B.  von  U??OKT! ,  Cbronol,  des  Man.  218)  geäusserte  Vermutbung, 

dass  die  libyschen  zwischen  dem  Nil  und  Kyr^n^  arc^S'^'sippn  !*Jt~»mniP 
"X^ry'.'iW.,  U^ozfjfAza:,  Zo-j-pTTa:  Nachkommen  der  Sardana,  l'ursl.i.  Snkkan 
beien,  ist  unhallbar,  da  dieselben  niemals  nach  Libyen  gekommen, 
sondern  im  Osten  des  Delta  besiegt  sind. 

§.  265.  Ramses  IH.  selbst  deutet  an,  dass  der  erste  Stoss 
des  Heerzuges,  der  sich  an  der  Grenze  Aegyptens  verlief,  das 


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InfMion  der  NotdvOik«;  fUl  das  GibclBreicbs* 


319 


Chetaraoli  getroffen  hat  Es  kann  nicbt  sweifeQiaft  sein,  dass  er 
die  YmächltaDg  dieses  Reiches  herbeigefIBhrt  hat  Als  um  1120 
Tig]at|R]eier  L  von  Assyrien  sefaie  Angriffe  gegen  Syrien  richtett 
existirt  dasselbe  nicht  mehr;  die  Cheta  (ass.Ghatt!)Ton  Karkamiä 

bilden  einen  der  kleineren  Staaten  Nordsyriens.  Dagegen  erfahren 
wir,  dass  50  Jahre  vor  ihm,  um  1175  v.  Chr.,  die  fünf  Könige 
der  Muskflja  sich  das  Land  Kummuch  (gr.  Kommagene), 
d.  h.  das  Gebiet  zu  beiden  Seiten  des  Euphrat  sudlich  vom 
Tauros,  unterworfen  und  den  Assyrem  die  Landschaften  Alzi 
und  PnnikQz(?)zi,.  die  sOdlicb  Tom  oberen  Tigris  im  Westen 
des  Hasiosgebirges  m  soeben  dnd,  entrissen  hattoi  (Prisma 
TSglatp.  L  coL  2,  62  fif.).  Die  Mudkkja  smd  höchst  wahtschein' 
lieh  die  Moscher  (§.  245  vgl.  27B  Anm.),  d.  h.  die  Gebh^ 
V()lker  des  östlichen  Kleinasiens,  und  das  DaLimi  slüiHiit.  so 
genau  wie  möglich  zu  der  durch  Approximativrechnung  für 
Ramses  IIL  gefundenen  /t  ilbestimmung.  Das  Detail  der  Völker- 
bewegung vermögen  wir  natürlich  nicht  zu  reconstruiren. 
Wenn  auch  bei  dem  Angriff  auf  Aegypten  griechische  See- 
fahrer mid  vermothlich  kleinasiatiscbet  za  Lande  gekoiamene 
SUmme  gemeinsam  operireot  so  wird  doch  die  Invasion  zn 
Anfeng  kaum  eine  eiidiettliche  gewesen  sein.  Jm  tibrigen  ge- 
hören in  diesen  Zusammenhang  jedenfells  auch  die  früher  er^ 
wäiinten  Traditionen  von  Zügen  dtr  Lyder  nach  Syrien  (§.  25G). 

Ich  darf  hier  wohl  erwähnen,  dass  die  oben  gegebene  Combination 
der  aegyplipchen  und  assyrischen  Nachrichten  durchaus  nicht  etwa  meine 
chronologischen  Ansätze  bestimint  hat ,  sondern  diese  läng-st  festgf>«tf11t 
waren,  als  ich  die  wie  mir  scheint  völlig  evidente  Goincidenz  bemerkte. 
—  Ueber  das  Land  Kummuch  s.  Schräder^  KGF.  181  ff. 

§.  266.  VieUeicht  iSsst  sich  noch  eine  andere  Wiricmig 
des  EmiAils  der  NoordvOlker  nachweisen.  In  der  breiten  KMen- 
ebene  des  sddfichen  Paiaestina  (§ap#la)  sitzt  in  spftterer  Zdt 

der  Stamm  der  Plülister.  Nach  den  Traditionen  der  Hebraeer 
ist  derselbe  nichl  autochthon,  sondern  au^  Kaplor  eingewan- 
dert; vor  ihnen  soll  der  Stamm  der  Auwiten  im  Lande 
gesessen  haben.  Wo  Kaptor  (nach  Jerem.  47,  4  eine  Insel) 
zu  soeben  ist«  wiesen  wir  nicht;  jedenfalls  gilt  es  als  ein 


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320 


Viertes  Buch,  erster  Abschnitt. 


Land  des  fernen  Westens.  Es  liegt  nun  sehr  nahe,  den 
Namen  0>nt^^3  ^eni  der  Pursla  (Puista),  die  bei  den 
Aegyptern  als  ein  Hauptstamm  unter  den  Angreifern  erscheinen, 
gleichzusetzeD  und  anzundunen,  daas  dieselben  die  Kösten- 
ebene  dauernd  occupirten«  Da»  die  alte  Bev^Olkening  toh 
Gaza  und  Askalon  zweifellos  semitisch  war,  ist  schon  er- 
wälint  190\  und  eht^nsn  haben  sich  die  Philister,  wie  aus 
ihren  Etgennamen  hervorgeht,  später  semitisirt.  Indessen  zeigen 
sie  doch  manche  Besonderheiten;  so  ist  die  in  Palaesüna 
weit  yerbreitete  Bescfaneidung  Ihnen  fremd  (Sam.  1, 18,  25  ItX 
und  ihre  Gottheiten  sind  nidil  die  kana'anaeiseben,  sondern 
zum  'i  lieil  araniaeische,  was  auf  nähere  Beziehungen  zu  Xord- 
syrien  hinweist.  Der  Stadtgotl  von  Gaza  fuhrt  den  ara- 
maeischen  Namen  Mama  »unser  Herrc,  Askalon  ist  eine 
Haupteultusstätte  der  Atargatis  (Derketo),  der  hier  wie  in 
Bambyke  die  Fische  heilig  sind;  ja  die  Gftttln  selbst  wird 
fischleibig  gebildet  (vgl.  §§.  205.  208).  Daneben  wird  in 
Gaza  und  Asdod  (Jud.  16,  23.  Sam.  I,  5)  der  wohl  aus 
Babylon  stammende  fischleibige  Gott  Dagon  und  in  'Aqqaron 
ein  Ba'alzebüb  »Herr  der  Fliegen  (?)€  verehrt.  —  Die  Philister 
sind  ein  kriegerisches  Volk.  Ihr  Geinet  zerfällt  in  die  fünf 
Fürstenthümer  Gaza,  ASqalon  (Askalon),  Addöd  (Azotos), 
Gat  und  'Aqqaron  (Ekroiij.  An  der  Spitze  eines  jeden  steht 
ein  Fürst  (pt**),  nach  aussen  hin  handeln  sie  durchweg  ge- 
meinsam. Die  genauere  Organisation  des  Bundes  ist  uns 
leider  nicht  bekannt 

Ueber  die  Philister  s.  vor  allem  Stark,  Gaza  und  die  pbttisL  Küste 
1852  (vielfach  veraltet).  Phil,  aus  Kaptor:  Arnos  9,  7.  Jerem.  47,  4. 
Deut.  1,  23;  danach  ist  Gen.  10,  14  zu  corrigiren.  Ebers,  AeBM.  130  ff. 
(ebenso  Brugsch)  hält  Kaptor  ftlr  die  Deltakflste  und  Qbersetzt  es  durch 
»Gross-Kaft  Phoenikienjc.  Monumental  belegt  ist  diese  Oleichsetzung 
nicht:  dass  die  Vfllkertafel  (Priestercodex)  Kaptor  zum  öohnr  Misraims  ^ 
macht,  beweist  nicht  viel.  Mamas  als  Zt-j?  Kpr^xm-^vA^^  erklärt  hei  Steph- 
Byz.  s.  V.  rdC'2 ;  derselbe  ist  r^llerdings,  worauf  Githe  mich  autjnerk-um 
macht,  vor  der  lielleniptisrtiPii  Zeit  nicht  nachweisbar.  Dagon  findet  -irls 
auch  bei  Philo  Bybl,  l'.  14  und  in  den  Ortsnamen  '^i  Juda  ■ 

(oder  vielmehr  PhilisUea,  i  H.  38»  65)  Jo?.  15.  41  und  in  Ascher,  Jos,  1% 

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1 


Die  Philister.  SpftUr«  Ztit  huuses'  IIL  321 

S7,  gehört  also  wohl  der  kauaanaeischen  Bevölkerung  an.  Die  von 
Her.  I,  105  als  Apbrodile  Urauia  bezeichuele  Göttin  von  Askaloii  ml 
xweifeUos  die  Atargatis.  —  Der  Call  der  Fiteligötiheiten  an  der  philistaei* 
-admi  Kteto  hat  n  der  griecbiaohen  Sage  toh  Peneus  and  Andromeda, 
•dit  9fmUa  iB  Jopp»  kwdiiirt  wild  <8kyki  pwipl.  101  PUn.  T,  wo 
«ottar  illie  ftMoM  [Der]Mto  m  1«mii  Iii,  StotfcoXn  ft.  i»  ii.  a.),  imd 
dtar  ktcflbiiiMlMa  Snilihnif  jva  Dwketo  und  SendiUDfa  (Diod.  0,  4»  v|l 
•dm  Xaothoe  fr.  11)  Veranlutong  fpgebeQ. 

Ob  tpitoriii  Ranittl^Mi.   Anfrlchtung  der  PrtottirlMrrirtift 

in  Aegypten. 

§.  267.  Die  späteren  Jahre  der  Regierung  Ram>»*s*  III. 
sind  friedlich  verkufen.  Der  König  selbst  preist  die  Segnungea 
des  Friedens }  den  er  dem  Lande  gewährte,  wie  die  Truppen 
rnheo  Icoiioteo,  im  gansan  Lande  Sicherheit  bemebte,  Haodel 
imd  Wandel  gedieh,  wie  er  fib^rall  BauropflaiiniDgeii  an- 
kfBD  Ik/Bf  auf  daee  jeder  im  Schatten  sitzen  kdnne.  Als 
Kehrseite  da«i  sind  nnt  allerdings  die  Proeessaeten  fiber  eine 
grosse  Verschwörung  gegen  das  Leben  des  Königs  erhalten, 
die  indessen  noch  rechtzeitig  entdeckt  und  bestraft  wurde. 
Gebaut  hat  Ramses  III.  viel,  vor  allein  den  grossen  Ainon-- 
tempei  von  Medinet  Uabu  in  der  thebanischen  Weststadi, 
der  zu{?le}ch  —  das  einzige  Beispiel  dieser  Art  in  Aegypten  — 
die  Geatiftcher  des  Königs  enthielt;  die  Wanddarstettiingen 
zeigen  Remses  Itt.  beim  Brettspiel  mit  den  Frauen  des 
Harems.  Hinter  denselben  befinden  sich  die  Schatzkam- 
mem,  welche  die  dem  Amon  geweihten  Schfttse  an  Gold« 
Silber,  edlen  Steinen,  Kupfer  u.  s.  w.  enthielten,  und  Ton 
deren  gewaltigem  Betrage  die  Inschriften  an  den  Wänden 
Kunde  geben.  Es  wird  indp?«on  anzunehmen  sein,  dass  diese 
Gaben  nicht  in  das  Eigentiiuni  des  Gottes  resp.  Tempeis  über- 
gingen, sondern  den  unter  dem  Schirm  der  Gottheit  stehenden 
StaatSBchata  darsteliien  —  wie  ähnlich  die  Athener  ihren 
Staatasebatx  der  Göttin  weihten.  Im  dbrigen  lehren  alle 
Denkmftler  deutlieh,  dass  wir  uns  trotz  der  noch  einmal  er- 
rungenen Äusseren  Erfolge  in  emer  Epoche  TÖlligen  Absterbens 
befinden.  Vergebens  suchen  wir  nadi  irgend  lÄner  originalen, 

Meyer,  QmOMk»  die  Atticlkeaie.  I.  gl 


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322 


ViATies  Bucb,  enter  AbeebnUt. 


charakteristischen  Lebensäusserung :  uberall  begegnen  wir  an?- 
schliesalich  stereotypen  Fonnelo.  Die  Darstellung  des  Kampfes 
gegen  die  Nordvölker  ist  eine  NaefaahniQng  des  GemAlde» 
von  der  Ghetaschlacht  Ramses'  H.  (§.  242).  Die  Hymnen 
Ramses'  II.,  die  Ja  selbst  schon  tarn  guten  Thdi  Gopien 
waren,  werden  in  Masse  auf  Ramses  HI.  übertragen,  der  reale- 
Inhalt  wird  völlig  erstickt.  Mit  äusser>lLT  Mühe  schält  man 
einige  wenige  That-;i(  Iten  aus  den  langathniigen  Berichten, 
über  die  Siege  des  Königs  heraus ;  alles  Irdische  trilf  völli;r 
zurück  gegen  die  Götter  und  den  bombaslischeu  Prunk  des 
Herrschers.  Eine  grns'^ero  Gedankenarmuth  und  einen  uner- 
trSgUcheren  Schwulst  als  in  den  Texten  Hamses'  HL  därfte- 
man  in  der  ganzen  Welt  vergeblich  sochaü.  Dem  entqKicfat 
es,  dass  die  Götter  mit  Sdienknngen  aOer  Art  Aberreicb- 
lieh  bedacht  werden,  neben  dem  thebanisehen  Amon  in  erster 
Linie  die  Gottheiten  von  lleliopolis  und  Memphis.  OfTen- 
bar  ist  die  Anschauung  vollkommen  herrschend  geworden, 
dass  die  Pflege  des  Cultus  nicht  nur  die  erste,  sondern  fast 
die  einzige  Angabe  des  Staates  sei. 

Im  allsemelnen  e.  den  gr.  Pap«  Harris.  Die  Proceasacteo  des  P«ik. 

judiciaire  von  Turin,  der  Ptp.  Lee  und  Rollin  siml  zuletzt  von  Brugsch 
Gescb.  Aeg.  609  ff.  und  Emus,  AZ.  1879,  70  (T.  bebandelt.  ScbaUhaus  des 
Königs:  DCMicirKK,  Hist.  Inschr.  I,  .'^0— 34.  Aus  der  Erinnerung  an  den 
ReicbUium  des  Königs  ist  das  Märchen  vom  Schatz  des  lUiampsinit  bei 
Herodot,  das  übrigens  auch  von  Trophonios  und  Agamedes  eizäliit 
wurde  (Pausan.  IX,  37,  6),  hervorgepanfron.  Für  die  Art,  wie  Hamses  III. 
den  zweiten  Ramaes  copirte,  ist  es  cliarakleristisch,  dass  er,  worauf  En  man 
mich  aufmerksam  macht  (s.  jetzt  AZ,  1883. 60)i  seinen  Söliuen  dieselben  Na- 
men gab  imd  ti«  diaielben  Wflrdmi  bekMdsa  Hfn  fd%  4ie  SObn«  fUniMt*  OL; 
vgl.  Lnsros,  Denkm.  m,  814a  mit  m,  168.  Sonil  fgt.  t.  R  fiePafalM* 
texte  R.  II.  o.  OL  in  Abu  Simbel  und  Medinet  Habn  hti  Vamo»  TiSBA.  VH, 
119  it  Ueber  die  fnsebriften  der  Zeit  Ramaes*  IIL  and  seiner  Nach- 
folger ist  noch  lu  bemerken,  dan  die  Tulgftrspraehe,  die  e«lt  Jalirbmi- 
derten  von  der  alta^ptischen  bedeutend  abwieh,  Jetst  aaeb  in  die  ofB- 
dellen  Texte  einradringen  beginnt 

§.  268.  Im  32.  Jahre  seiner  Regierung  übertrug  RamsesIlJ. 
die  Rej/ierung"  seinem  nite?len  Sohne  llamses  IV.  Ilun  sind 
noch  drei  seiner  Brüder,  als  Ranises  VI.,  VIL,  VIU.  auf  dem 


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Die  späteren  Raznessiden, 


323 


Throne  gefolgt;  dazwischen  hat  ein  Usurpator,  Ramses  V.» 
dessen  Grab  sich  dann  Ramses  VI.  zuei^ete,  geherrscht. 
Weder  von  diesen  noeh  von  den  folgenden  Königen  vom 

neunten  bis  zum  zwölften  Ramses  ist  uns  viel  bekannt.  In 
den  Steinbrüchen  von  Hammamat,  in  vereinzelten  Bauten, 
oamenÜlch  am  Tempel  des  Mondgottes  Chunsu  in  Kamak, 
gelegentlich  auch  auf  Aktenstücken  und  Briefen,  begegnen 
ans  ihre  Namen;  ihre  wichtigsten  Denkmäler  sind  die- grossen 
Grüber,  die  sie  in  den  Felsschkichten  westlich  Ton  Thel)en 
anlegen  Hessen^  und  in  denen  uns  immer  wieder  dieselben 
monotonen  und  ermüdenden  Formeln,  daneben  auch  sehr 
flüchtig  gearbeitete  astronomische  Darstellungen  begegnen.  Be- 
sonderer Verehrung  erfreute  sich  unter  diesen  Königen  der 
ihdmnische  Mondgott  Chunsu,  der  Sohn  des  Amon  und  der 
Mat,  an  dessen  Tempel  sie  mit  Eifer  gebaut  haben;  eine 
spätere  Legende,  die  auf  einer  Steintafel  in  seinem  Tempel 
aufgezeichnet  ist,  weiss  ausführlich  zu  berichten,  wie  er  in 
dieser  Zeit  einer  Prinzessin  fsrn  im  inneren  Asien  einen 
bOsen  Geist  ausgetrieben  habe.  —  Wir  dürfen  die  Zeit  dieser 
Herrscher  auf  rund  100  Jahre  (1160^1060  y.  Chr.)  an- 
setzen. Von  der  Geschichte  derselben  wissen  wir  gar  nichts; 
mir  da>  lä>st  sich  mit  Sicherheit  behaupten,  dass  zwar  die 
Herrschaft  über  das  obere  Nilthal  noch  bis  in  die  folgende 
£poche  huiein  behauptet  wurde,  aber  der  letzte  Rest  der  asiati- 
schen Besitzungen  verloren  ging.  Dagegen  hat  einer  der 
Herrscher  dieser  Zelt  dem  mächtigen  Assyrerkönij,^  Tiglat- 
pileser  I.  (um  1110  v.  Chr.,  §.  274)  Geschenke  übersandt. 

Deiikinülfi  dieser  Zeit:  Lki'?;iis,  Deiikm.  III,  2l\)  —  242.  Marikttk, 
Mon.  div.  72.  48.  Ders.,  Serapeum  de  Memphis  (ed.  Maspero)  I,  146  ff. 
Pkuret,  RAn.  XIX,  273  ff.  Inscr.  in  the  hieral.  and  demot.  Gharacter 
pl.  1—3.  Brugsch,  Ree.  II,  59.  Mehrere  Papyri,  namentlich  in  Turin 
(ed.  Plette  u.  Rossi).  lieber  die  Reihenfolge  der  KOtiige  n,  neben 
Lbkius«  KOnigshuch .  vor  alleni  E.  db  Rotmf,  £tade  sur  une  ettle  ^yp- 
tienne  JAs.  V,  8.  10.  11.  12  (1856  ff.),  bet.  V,  12  S.  229  ff.  Dam 
Ramses  OL  im  32.  Jahn  abdankte,  sagt  er  telbst;  das  42.  iabr,  welches 
WiiDiiiAs;!,  HieraL  Texte  pl.  9,  8  von  ihm  anfQhrt,  gehört,  wie  Erman 
mir  bemerkt,  R.  II.  an.  In  Ramses*  IX.  16.  Jahre  ist  der  Pap.  Abbott 


uiyiii 


Viertes  Buch,  erster  Abschniu. 


CS.  95}  nitetifc  behandelt  von  Ebhah,  ÄZ.  1671).  81)  geschrieben.  Von 
lUniiet  xn.  (rulgo  XIII.)  wM  das  27.  Jabr  emthot  (Haborb,  Abjdoe 
II,  6$).  Naeb  Manelho  regiert  die  90.  Dynastie  fon  18  thebamMsben 
tCHoigca  18S  Jahre  (far.  allerdinge  17$  Jahre],  eine  Zahlt  die  fenmilli- 
lieb  gani  oder  nahem  ikhtig  iet  —  Dar  gewOhnlieh  ale  Baaaae  Xn 
angesetzte,  trotz  der  langen  ihm  zugeeehriebeoen  Regierang  nur  durch 
die  Ben treits tele  bekannte  König  ist  aus  der  Reibe  der  geschichtlichen 
Herrscher  zu  streichen,  da  der  fnhall  dieser  Inschrift  (E.  dk  Bf>rKF  I  c, 
Brikjsch,  Gescb.  A^.  637)  einen  yn\}i^  nnhistorisrh^'n .  I^^pt ndeii kaüen 
Charakter  trägt  (vjfl.  auch  \Vih)>man.s  .  (ir  .1».  A»g.  65)  und  jedenfalls 
ledigtich  von  den  Chun^njxn  >ieni  zur  V('i"!i>  rrUciiuug  ihres  Gottes  erfunden 
ist;  dass  sie  früheslLü^  m  der  Perst^r/eil  angefertigt  sein  kauu,  üat 
jel2t  Ermah,  ÄZ.  188;),  54  durch  sprachliche  GrQnde  erwiesen.  Recht 
wafareebeinlich  iet  die  mir  Ton  EaHAir  mitgetheilte  [auch  von  Lsane 
aufgestellte]  ▼ecniitlimig  von  FlumL,  8em.  AlterthanrälL  60 1  daee  die 
liMehrift  lieh  eigenlKeh  auf  Ramses  IL  hesiahen  eeMe.  lon  deeeen  Rt- 
men  der  dee  angeUiehen  Ramses  XIL  kann  abireiebt. 

Q.  269*  Wfthraiid  die  Kraft  des  KdnigÜiiims  immer  mehr 
eriahmte^  wuchs  der  EiDfltns  der  Prieslerscfaeft  mit  jeder 
Generatioii.  Vor  allem  gewannen  die  Oberpriester  des  tb^ 

banischen  Atnon,  des  reichsten  und  mächtigsten  Gottes,  Imn)«' 
grössere  Macht.  Die  Oberpriester  Roi  und  Äiiietierma',  so- 
wie Ramsesneclit  ündeu  wir  bereits  neben  den  Königen  im 
Tempel  von  Karnak  genannt.  Der  Sohn  und  Naeiitolger  des 
letzteren,  Amenliotep,  wird  dann  von  Ramses  IX.  feieriieh 
txm  Verwalter  aller  Bauten  und  Einkünfte  des  Tempels  et- 
nannt  und  röhmt  sich,  denselben  restaurirt  mid  erwdtiert, 
auch  mit  Inschriften  »auf  den  yrossai  Namen  des  Kfinigsc 
▼ersehen  zu  haben  —  wahrend  bisher  durchweg  die  KSnige 
selbst  die  Bauten  anordnen  und  durch  ihre  Baumeister  aus* 
führen  lassen.  Noch  mächtiger  ist  die  Stellung,  die  unter 
Ramses  XH.  der  Oberpriester  Hrihor  einnimmt.  Er  heisst 
»der  Leiter  aller  Rauten  Sr.  Maj.,  der  Erste  in  Ober-  und 
Unteraegypten«.  Dann  wird  er  Prinz  von  Kus,  schliesslich  Ge- 
neral, FeldmarscliaU  (ha'uti)  und  »Vorsteher  (hritep)  der  beiden 
Lande,  grosser  Vertrauter  im  gansen  Lande«.  Als  Ramsea'  XSL 
Regierung  sn  Ende  ging,  that  Qri^  den  letiten  Schritt;  er 
schob  die  legitimen  Thronerben  bei  Seite  *  Ramessiden- 


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Die  thebwiteben  PHester.  Uflurpation  Qri|^or*s.  325 


primen  finden  sich  noch  in  weit  sp&terer  Zeit  (§.  318)  — 
und  setzte  sich  selbst  die  Doppelkrone  aufe  Haupt  (s.  die 

Darstellung  seiner  Krönung  durch  Horus  und  Set  bei  Lepsius, 
Denkm.  III,  246  b),  ohne  danini  die  Oberpriestervviirde  nieder- 
zulegen. Die  völlige  Unterwerfung  des  Staates  unter  die 
Priesterscbafl  war  erreicht  Die  Folgen  sind  nicht  ausge- 
blieben. Gleichzeitig*  erhob  sich  in  Tants  ein  neues  Herrscher- 
geseblecht  fremdlfindischen  Ursprungs,  und  bald  darauf  sehen 
wir  die  Herrschaft  über  Aegypten  an  die  libyschen  Söldner 
übergehen. 

Denkmiler  der  Amomprieiter;  Lbpsios,  Denkm.  lU,  837  a--e. 
lÜBimE,  Kemek  40.  DQmctiiii,  Hist.  hisehr.  H,  42.  —  Die  hierbeigebOrigen 
fmebriftefi  0rihor*B  finden  sieh  Bkuqich,  Ree.  I»  21  s  Lmn»,  Denkm. 
UL  248b;  DniKiBCB,  Ree.  II,  68i  5.  59,  1:  Lipsn»,  Denkm.  Hit  228  f. 
247  e.d.  248  e.e — f.  Lbpsius  hat  neuerdings  swieeben  Ramsee  XU.  and 
PriVor  die  Yier  ersten  KOnige  der  taniüiefaen  Dynastie  einaehieben 
«oUcn  (die  21.  man.  Djn.»  in  IZ.  1882,  107  nnd  157}.  Die  angefOhrten 
Stillen  feigen  indessen  —  ebenao  wie  der  von  Navjlls,  JLZ.  1882»  157 
milgeÜieUte  Text  — ,  dam  diese  Annahme  unmOglicb  iaU  Auch  iat  ]a 
Qri^or  lieber  kein  Mitglied  der  tanhlseben  KOnigsfamilie. 


IL  Das  erste  Assyrerreich. 

Babylonien  and  Assyrien  bis  auf  Tiglatpileser  I. 

§.  270.  Von  den  grossen  Kümplen  um  den  Besitz  Sy- 
riens sind,  soweit  wir  sehen  können,  die  Landschaften  östlich 
Tom  Euphrat  nur  vorübergehend  berührt  worden.  Aller- 
dings nach  den  Erfolgen  Dhatmes*  III.  haben  die  Fürsten 

▼on  Sangara  und  Assur  dem  Pharao  wiederholt  Geschenke 
geschickt  (§.  219  f.);  aber  eine  dauernde  Unterwerfung  war 
das  nicht,  und  wenn  beide  Namen  von  den  späteren  Königen 
io  den  Listen  der  besiegten  Völkerschaften  vielfach  aufgeführt 
werden,  so  haben  sie  lediglich  die  Siegesberichte  D^utmes*  UL 


326 


Viertes  Buch»  xvreiter  Abschoilt. 


copiit.  Vielmehr  geht  die  Entwickelung  der  Tigrislandschaflen 
ihren  etgeoea  Gang;  allmählich  gelangen  die  Kfinige  von 
Asaur  zu  immer  grOsaerer  Macht.  Ihr  Gebiet,  die  Landschaft 
Assyrien  (in  spftterer  Zeit  in  aramaeisclier  Aussprache  Atoria) 
wird  im  Westen  Ton  der  mesopotaraisohen  Steppe,  Im  Nörden 
und  Osten  von  den  kurdischen  Gebirgen  begrenzt ;  im  Süden 
bildet  dtr  kleine  Zü)  die  Grenze  gegen  Babylonien.  In  d«'in 
letzteren  oder  wenigstens  im  nürdlichen  Th(  il  ilesselben,  in 
der  Landschaft  Kardunias,  gebot  seit  dem  Ende  des  IG.  Jalir- 
hnnderts  die  kossaeische  Dynastie  (§.  140  f.).  Die  Bruchstücke 
einer  Chronik,  welche  die  Beziehungen  Assyriens  zu  Babykmiens 
bebandelt,  lassen  erkennen,  wie  das  erstere  diesem  gegenüber 
albnaUich  za  immer  grtoerer  Macht  gelangt  Im  allgemeuien 
betrachteten  sich  die  Einwohner  beider  Staaten  durchweg  als 
eng  zusammengehörig,  wie  denn  ja  auch  Religion  und  Sitte, 
Staaisleben  und  Literatur  der  Assyrer  aus  liaijylüiiif  n  stammten; 
dennoch  scheint  ein  Versuch,  beide  Reiche  daueind  iu  ver- 
einigen, niemals  gemacht  zu  sein. 

Di«  »syiiefaMiiiitisdie  Tafel«  ist  U  B.  65.  1,  m  R.  Iii  8  theilweia» 
TerNbotlieht:  die  weiteren  Fragmente  (vor  ellem  Smith,  Aaeyr.  diteoT.  StSO) 
find  meiet  unpobUeirU  Ungenflsende  Uebereeteangen  ton  BäJCä,  TtSBk* 
n,  120  and  liei  Hinurr.  Die  Kenntnlae  der  weiteren  Firagmente  und  die 
tiehtifen  AnlÜMeang  mehrerer  Stellen  terdMike  ieb  Herrn  Prefoaeor 
Friidr.  Delitzsch.  Dass  die  Tafel  voin  rein  asayriecfaen  Standpunkt  aus 
verfassl  ist,  liegt  auf  der  Hand.  Der  untere  Zab  als  Orenie  beider 
Reiche:  Dbutzscb«  Parad.  203. 

§.  271.  Die  Frocrmente  der  Chronik  beginiicn  mit  der 
Regierung  des  babylonischen  Königs  Karaindas,  der  wahr- 
scheinlich als  mim  ittelbarer  Nachfolger  des  Sagaraktias  (§.  141) 
zu  iietrachten  ist  (am  1450  Chr.).  Er  und  sein  Sohn 
Bumaburiai  standen  üi  flwundschaftliehem  Bondesverhfiltntss 
TO  den  AssyrerlLönigen  AHurbehiiSedtt,  Poforaiinr  und  AiSm- 
uballit;  der  letztere  vermählte  seine  Tochter  mit  Bumaboriad. 
Als  dann  ?egen  Karacliurdas,  den  Spross  dieser  Ehe,  die 
kossaeischen  Krieijer  unter  Fiiitning  eines  gewissen  Nazibugas 
sich  empörten^  und  ihn  erschlugen,  zog  Assurubaliit  zur  Bache 


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Emporkommen  der  Assyrer. 


327 


herbei,  besiegle  die  Rebellen  und  setzte  des  Burnaburias 
jüngeren  Sohn,  Kurigalzu,  auf  den  Thron,  (ca.  1380  v.  Chr.). 
Denelbe  ist  bekannt  als  £rbauer  einer  grossen,  am  nardlicb- 
sten  der  vom  Eu|>hrat  zum  Tigris  fliessenden  Ganäle  gelegenen 

Festung  Dür-Kurigalzu  (jetzt  AkarküQ.  üeber  seinen  Sohn 
und  Enkel  Melisichu  und  Mardukbaliddin  I.  (ca.  1350—1300) 
erfahren  wir  nichts  Genaueres. 

Backstenie  des  Karaindai  —  der  sieh  »KOnig  von  Babel,  ¥on  Sumer 
4iDd  Akkad,  der  Kaiftu  und  von  Kardimiai«  nennt  ^  und  des  Burnaburiai 
W  fi.  88,  8.  1  4»  13»  des  Knrigalsa  I  R.  4,  14  Smith,  As^  Dise.  286. 
DAr-Korigalzu  Delitzsch  Par.  207.  Insebrifl  Mardukballddin's  IV  R.  41. 
-  V^t.  noch  1  R*  69,  1,  &5  ff.  2,  32.  * 

§.  272.  Inzwischen  wuchs  die  Macht  der  Assyrer.  Schon 
AlsunibalUt  besiegte  »das  weite  Land  Subaric  im  Westen 
Assyriens  (Delitzsch,  Par.  234),  d«  i.  vermutblich  das  von 
Aramaeem  bewohnte  mesopotamische  GuUorland.  Aller  Wahr- 
schein ii<  nkeit  nach  ist  dasselbe,  jicuncntlich  das  Ghaborasthal 
mit  der  btadt  CharrAn,  um  diese  Zeit  unterworfen  worden: 
ünter  Tiglatpileser  I.  ist  es  assyrisch  —  der  König  jagt  hier 
Elephanten  (Ann.  6,  70«  vgl.  g.  220)  —  ohne  dass  von  seiner 
Bezwingung  die  Rede  wäre.  Von  AäSuruballit's  Sohne  Bei- 
nirSri  wird  gerühmt,  dass  er  die  Trappen  der  Kossaeer,  von 
seinem  Enkel  Pudiel,  dass  er  die  Ckbirgsstämme  im  Südosten 
Assyriens  (Quti  und  Suti)  besiegt  habe.  Der  nächste  König, 
Ramänniräri  I.  (um  1325  v.  Chr.),  verkündet  gleichfalls  seine 
Siege  über  alle  diese  Stämme;  ebenso  Salmanassar  I.  (Sal- 
nannusiir  *1D{<3Dbu^)-  Von  letzterem  wird  weiter  beneblet, 
dass  er  im  Westen  des  Masiosgebirges  assyrische  Co- 
lonisten  ansiedelte  (I  R.  19,  102).  Bedeutender  noch  waren 
die  Erfolge  des  Tugultininep  I.  (um  1280— 1250  v.  Chr.). 
£r  ihat  den  babylonischen  König  Nazimurudas  aufs  Haupt 
geschlagen  und  der  Herrschaft  der  Kossaeer  über  Kardunias 
ein  Ende  gemacht  (1273  oder  wahrscheinlicher  1257  v.  Chr.). 
Zunächst  bestieg  er  selbst  den  liabylonischen  Thron;  der  König 
RamatJijirAri  III.  nennt  ilm  sKüiiijj  von  Assur,  von  Sumer  und 
Akkad«  (1  R.  35,  3,  19),  und  sein  Siegel  wurde  bis  auf  San- 


328 


Viertes  Buch,  zweite  Abschnitt. 


herib  in  Babel  bf^wahrt  (III,  R.  4,  2).  Dann  scheint  »t  eine 
neue,  einheimisdio  Dynastie  eingesetzt  zu  haben.  Sein  Sohn 
Belkudurriusur  fällt  (um  1225)  im  Kampfe  gegen  eine» 
iMibj^oiiMeiMO  König,  dessen  Nachfolger  Nineppaiekur  schlägt 

Brfol0e  emng  mt  wMer  AMordin  L  (ca.  llM)0^1175)t  der 
dem  babjkmitcheD  KAntg  ZanMomimniddfai  melirere  Grenz- 
städte, darunter  Zflban  eOdlich  Tom  unteren  Ztb,  entriee  and 

reiche  Beute  gewann.  Von  seinem  Nachfolger  Mutakkilnusku 
erlahren  wir  fast  nichts.  Im  allgemeinen  aber  erkennt  man^ 
dass  die  Macht  der  Assyrer  nach  mehreren  kraftigen  Regie  - 
rungen wieder  erlahmte;  wahrscheinlich  hat  der  Stoss,  der 
m  dieser  Zeit  das  Gfaetareich  vernichtete,  auch  Assyrien  oidit 
QDberAhrt  gelassen.  £s  ist  bereits  in  anderem  Zuflammen» 
hange  erwilmt  worden,  dass  nm  1175  Chr.  die  bisher 
den  Assyrem  Tribut  saUenden  Landsdiaften  AM  und  Pnm- 
ln]z(?)zi  Ton  den  Moeehern  erobert  worden  (§.  265).  Bidiy- 
lonien  dagegen  nahm  um  dieselbe  Zeit  einen  neuen  Auf- 
schwung. Eine  neuerdings  gefundene  Urkunde  aus  der  Zeit  des 
Königs  Naltiikudurriusur  [Nebukadnezar]  I.  (um  11r>0 — 1120) 
erwähnt  seine  Feldzüge  gegen  den  im  östlichen  Babylonien 
ans&ssigen  Stamm  der  Lullabier,  gegen  das  »Westland«  (Achanv 
hier  doch  unmöglich  Syrien),  gegen  die  Kossaer,  und  tor  allem 
gegen  Efaun,  dessen  Kfinig  am  Fluss  Enlaeos  geschlagen  wird. 
Auch  den  AssyrerfcMg  AtforfliISi  bekämpfte  er  srnScbst 
erfolgreich,  ward  aber  m  einem  iweiten  Feldzug  TfilKg  ge- 
schlagen. Sonst  fehlt  uns  über  die  inneren  VerfaftHnisse  Btt^ 
byloniens  nach  dem  Sturze  der  kossaeischen  Dynastie,  sowie 
über  die  Zustände  in  Südbabylonien ,  das  wahrscheinlich  in 
dieser  ganzen  Epoche  in  eine  Reihe  kleiner  Staaten  zerfiel 
(vgl,  §.  339),  jede  Kunde.  Dass  die  kossaeiseben  Krieger  noch 
weit  später  dm  Haoptbestandtheil  der  Thippen  bildeten,  lehrt 
i  a  28,  17. 

Hauplquelie  i&t  ausser  der  »yiiclir.  Geschichte  die  grosse  Inschrift 
Rani.uiiiirAri's  I.,  IV  R.  44,  und  die  Genealogie  Tigiatpileser's  l.  (col.  ¥11, 
42  (T.)>  Backsteininschriflen:  I  R.  6,      4.   Bronzeschwert  des  Eamftn*^ 


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ÄMsyrien  und  Babjrloaiea  im  zwölften  Jahrhundert. 


329 


nirftri  I.  TrSBA.  IV,  847.  Die  bei  Smith,  Assyr.  Disc.  246  (T.  erwähnten 
Inschriften  —  darunter  Annalen  Assiirrtsisi's  —  sind  docIi  fast  sSminllich 
unpublicirt  i  Die  Kenntniss  der  Insclirifl  Nebukadnezar's  1.  verdanke  ich 
Herrn  Dr.  H.  Hilprecht,  der  sie  (leninfichst  publiciren  wird.  (Jeher  die 
Bauten  der  assyrischen  Könige  die»er  Zeit  s.  §.  277.  —  Daraus,  dass 
das  Siegel  TuguRininep's  in  Babel  bewahrt  wurde,  folgt  in  keiner  Weise, 
dass  er  von  den  Babyloniem  besiept  worden  ist.  Die  Chronologie  sieht  in 
den  GrundEögeri  völlig  fest.  Tiglatpileser  I.  regierte  41"^  Jahre  vor  San- 
heribs  Erüberuug  Babylons,  692  1  v.  Chr.  (III  R.  14.  50),  aiso  um  1110 
T.  Chr.,  Assurdän  CO  Jahre  vor  ersterem  (Cyl.  desselben  VII,  69),  also 
um  1180.  Tugu!tininep  I.  600  Jahre  vor  Sanherib  (III  R,  4.  2),  also  um 
1800.  Dazu  sliiiirnt,  dass  nach  Berossos  das  Ende  der  arabischen,  d.  i. 
koasaeischen  (§.  140)  Dynastie  1273  oder  wahrscheinlicher  1257  v.  Chr. 
fUlt  (§.  123^  vgl.  §.  365);  den  hier  gegebenen  Daten  liegt  der  letztere 
Aimtt  lu  Grunde.  Wenn  seine  Angabe,  dass  diese  Dynastie  aus  9 
nigen  bestand,  richtig  ist,  so  erhalten  wir  folgende  Königsliste: 

Babylonien,  Assyrien. 

Sulili,  Adasi,  Belbäni  (§.  182). 

Belkapkapu,  ^amsirainän  I. 
um  1760  Ismidagan,  SamSiramän  IL 
v.Chr.  iriamtuk. 
1502.   Die  kossaeische  Dynastie  beginnt  * 

1.  Agukakrime  * 

2.  §agaraktiai  * 
ItfO.  8.  Karaindai  AtturbelnÜitu. 

4.  Burnabiiriii  Pa^israiitir. 

im  5.  Karacfaardai  Atfurabal% 

-    [Naiibugas.  Usurpator.] 

0.  Kiirigalsa  Behiir&ri. 

Pudlel. 

7.  HeUMehu  lUunftnnirtoi  L 

laoa  a  HardnkbaUddln  I.  Salmanassar  l 

9.  Nasimuradal  Togultininep  1. 

1857.  Ende  der  koss.  Dynastie.  Tiignltininep  KOni^  Yon  Babylon. 

Ramftn  .  Belltadarriufor. 

Nlneppaleknr. 

1200.  Zsmainaianiiddm  AttnrdAn  I. 

MutakkUnitsku. 
1150.  ITebakadnetar  I  Ailarrlfi&i. 


0  Vielleiebt  der  I R.  5,  82  nnd  Qppbrt,  Inser.  de  Dour^Sarkayan  88 
gcnaonte  KOnig  Raminballddin. 


Google 


ViertM  Buch,  zweiler  Abschnitt. 


Babjrlooieii. 

V.  t'.hr. 

112  ).  MarUuknadinache  .  .  .  . 
1100.  MardukiapiksiniMti  ,  .  . 
1071^.  ItemAnbaUddiii 


Tiglatpileser  L 
AMttriMlktU. 
damiimiifta  III. 


A  ä  9  )  t  i  e  n. 


[RiidunttMl,  dngalalUborwi] 


[RwmflnfaimnA^r] 


[Attamaran  UDd  Ktbudftj)]. 


[BattoiMiAiir.] 


Tlglat|iilet«r  I.  und  telne  NteMMger. 


§.  273.  iMuim*B  Sohn  Tigiatpileaer  (Togultipaledarra)  I. 
isi  der  erste  der  groeeen  assyriecben  Eroberer.  Gleich  nach 
der  Thronbesteigung  zog  er  gegen  die  Moacher  (IfiiSkaja),  tun 
die  von  diesen  eroberten  Landschaften  wieder  zii  gewinnen. 
Die  Moscher  wurden  geschlagen,  das  Quellgebiet  aia  Tigris 
und  die  am  Euphrat  südlich  von  den  Tigrisquellen  gelegene 
Landschaft  Kummuch  (i;  •Jtjö)  unterworfen,  ebtiiso  die  Ge- 
birgsstämme  der  nördlich  vom  Tigris  bis  zum  oberen  Zah) 
sich  erstreckenden  Landschaft  Kurchi  oder  Kurtt  (g.  247). 
Auf  dem  nichsten  Feldzug  wurde  dasselbe  Gebiet  von  Osten 
her  durcbiogen;  der  König  ging  über  den  unteren  Zab  und 
wandte  sich  dann  nordwärts  ins  G^irge.  Das  ganae  Gd»iigs- 
land  wurde  dem  assjrrischen  Reich  ehiTerldbl,  und  Tiglat- 
pileser konnte  die  Eroberung  der  bisher  von  den  assyrischen 
Herrschern  nie  berührten  wcstarmenischen  und  iHiiujscln u  Lande 
untemelmien.  üeber  10  Gebirge  zog  er  an  den  oberen  Euphrat, 
überschritt  denselben,  und  besiegte  in  einer  grossen  Schlacht 
25  Könige,  die  ihm  mit  ihren  Truppen  und  Streitwag^  ver- 
eint entgegentraten.  Bis  an  die  Ufer  des  schwarzen  Heeres 
wurden  die  Femde  y^dgt,  alle  Fürsten  schworen  Treue  und 
▼etpffiehfteten  sich  sur  Tributzahhing.  Auf  dem  Rücknige 
wurde  dann  noch  die  Stadt  Milidia  Im  Lande  CShanigalbat  (?), 
d.  i.  Melitene  am  Euphrat,  zur  Unterwerfung  und  Tribut- 
Zahlung  gezwungen. 

Hauptquelle  för  die  Geschichte  des  König?  ist  die  grosse,  die  Er- 
eigtiisae  der  erstell  fQof  Jahre  umfassende  CylinderiuscbriTt  l  R.  9—16»  Dnm 


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£roberuugeQ  TiglatjHleaer's  1. 


331 


mehrere  kleinere  Insclirifku,  aü\ue  der  wahrscJieinlicli  unter  AMurnasirpal 
yerfassle  Bericht  des  sierbrocheueu  Obelisken  1  H.  28  col.  I.;  dass  der 
anonyme  König,  Ton  dem  hltr  beriehtet  wird,  Tigl.  I.  ist,  ist  nach  dem 
Inhalt  nicht  in  beimirdn.  All«  Imehriften  i^d  grOndlioh  behandelt  m 
dem  tfeffliflbcii  Werk  von  Lon,  die  Imdiriften  TiflalpOeeeFs  L  1880. 

Oh  die  nahen  den  Muiki^a  II,*  100  genannten  KaiC?)kiga  die  Roleber 
sind  (§.  245),  ist  nleht  w  entaeheiden;  die  Mniki  sind  in  Kommueh  noch 
zur  Zeit  AiSurniM'irpnrs  (I  R.  18,  74)  und  spfiter  ansässig.  Daes  das  »obere 
Meer«  oder  »Meer  des  Landes  Nairi«  (III  R.  4,  6,  Tgl.  %,  847),  bis  zu 
dem  Tigl.  vorciritigt,  der  Pontos  ist,  lehrt  der  Zusammenhang  auf  das 
deutlichste;  wie  Schräder,  Die  Namen  der  Meere  in  den  ass.  Inschr. 
(Abh.  Berl.  Ak«  1877),  darunter  den  Waosee  verstehen  kann,  l>egreife 
ich  nicht. 

274.  Der  nächste  (vierte)  Feldzug  de»  Königs  nebtet 
sich  gegen  die  Aramaeer  der  iMnnImeBopotamischen  Steppe; 
er  drang  bis  über* den  Eupfarat  vor  und  eroberte  mehrere 
Ortschaften  in  der  Nfthe  von  KarkanMii«  Dann  folgte  eine 
Expedition  naeh  Osten  gegen  den  sonst  unbekannten  Volks- 
sLamm  der  Qumanier.  In  späteren  Jahren  hat  Tiglalpileser 
noch  Feldzfigo  nach  Westen  unternonunrn.  Eine  Inschrift, 
an  der  Ouellc  des  Subnat,  des  ersten  östlichen  Neben- 
flusses des  Tigris  (Iii  R.  4,  6),  belehrt  uns,  dass  er  dreimal 
ins  Land  Na'iri  (Armenien)  gezogen  sei  und  alles  Land  »vom 
grossen  Meere  des  Westlandes  bis  zum  Meere  von  Nairi« 
unterworfen  habe.  Speciell  erfohren  m,  dass  er  in  Schiffen 
von  Arados  auf  dem  mitteUftndiachen  Meere  gefahren  ist,  dass 
er  —  er  war  dn  ieidenschaftlidier  Jäger  —  im  Libanon  ge^ 
jagt  hat,  und  dass  der  König  von  Aegypten  ihm  als  Geschenk 
seltene  Meerfische  übersandte.  Es  ist  sehr  waiirscheinlich, 
dass  eine  der  eranz  verstümmelten  Inschriften,  welche  die 
Assyrerkünige  unmittelbar  neben  den  Siegestafeln  Ramses'  II. 
am  Hundsfluss  nördlich  von  Berytos  (§.  235)  errichtet  haben, 
von  ihm  herrührt.  Auch  gegen  MarduknAdinache  von  Baliel 
liat  er  Krieg  gefEUurt,  zonftclist  allerdings  mit  schlechtem  Er^ 
folg;  wenigstens  erfiihren  wir,  dass  der  babylonische  König 
am  Jahre  1110  v.  Chr.  Götterbilder  aus  einer  assyrischen 
Stadt  fortführte  (HI  R.  14,  48).  Indessen  auf  einem  zweiten 
Feldzug  trug  Tiglatpileser  in  einer  Sclilachl  am  unteren  Zab 


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882 


Yiertai  Bneh,  iwell«r  AbaehnitL 


einen  entscheidenden  Sieg  davon  und  eroberte  alle  Haupt- 
sUdte  der  Nordhftlfle  Ton  Akkad$  Dar^Korigalza,  die  Doppd« 
sUdt  Sippar,  BaM,  Offüs.  Amh  das  Steppenkiid  am  Wert- 
ufer  des  fiophnit  (Land  Soehi)  erkannte  seine  Obeilioheit  an. 

Die  syn^-hron.  Tafel  erwähnt  nur  den  siegreichen  Feldzug  Tigl.'s 
gegen  Hal»ei,  bezeichnet  ihn  aber  u  i^dnlrklich  als  Hph  zweiten.  Ein 
weiteres  Zeugiiiss  für  die  Siege  Marduknädinache  s  s.  Delitz.s<:h,  Para- 
dies 214.  —  Ueber  die  Tafeln  am  Hundsfluss  s.  Boscawei«,  TrSBA.  YIl« 
Udl  (Li  dass  eine  d^tielben  von  AüurilMäi  herrflbrt,  wie  B.  YermuUiet, 
ist  bOcbflt  oowalmebeiDlieh. 

g.  275.  So  hatte  Tiglat|H]eser  ein  grosses  Reich  auf- 
geriebfett wdebes  das  ganze  Gebiet  des  Eupbrat  nnd  Tigris 
bis  naeb  Babylonien  hin,  sowie  die  Geblr|;slandsdiaflen  West- 
armeniens rnid  des  Müehen  Kleinasfens  bfs  com  Pontos  nm* 

fasste  und  dessen  Oberhoheit  audi  Nords\ri»^n  anerkaiiale. 
Von  der  Organisation  desselben  wissen  wir  nur,  dass  die  näher 
gelegenen  Gebiete,  so  das  Chaborasthal,  das  östliche  Kummuch 
und  Kirchi  direct  dem  Staate  einverleibt  und  von  assyrischen 
Statthaltern  verwaltet  wurden,  während  die  entfernteren  Land- 
sdiaflen  ihre  efaibeimischen  Herrseber  Jiebielten  und  lediglich 
mt  Tribtttsahfaing  Terpflichtet  waren.  Dauernden  Bestand  bat 
das  Reich  nicht  gehabt  Von  Tiglatpileser's  Sohn  ASSorfoel- 
kala  erfahren  wir,  dass  er  mit  dem  Babyfonierkönig  Har^ 
duksapikzirmäti  in  tiefstem  Frieden  lebte.  Als  nach  dessen 
Sturze  Ranitinbaliddin,  der  Sohn  des  Esagilladuni  aul  den 
Thron  erhoben  wurde,  vermählte  er  sich  mit  der  Tochter  des- 
selben und  führte  sie  mit  vielen  Geschenken  nach  Assyrien 
heim.  OfTenbar  hat  also  Babylonien  jetzt  seine  volle  Selb- 
ständigkeit wieder  gewoilnen ;  auf  welchem  Wege,  das  unterlässt 
die  assyrische  Chronik  zu  berichten.  Auf  Aüurbeikala  firigte 
sein  Bruder  Samliramdn  ÜL  (III  It  8,  9),  von  dem  wir  gar 
nichts  weiteres  wissen,  und  dann  tritt  dne  grosse  LQcke  in 
der  KOnifrsreihe  ein.  Nur  von  einem  KOnig  AdSnrrab . . . 
wird  erwähnt,  dass  unter  ihm  die  von  Tiglatpileser  eroberten 
Gebiete  zu  beiden  Seiten  des  Euphrat,  nämlich  die  Landschaft 
Pitru  (Und)  am  Sagur  bei  Karkamis  und  die  Stadt  Mutkinu 


.1 

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Diu  NiefaMgvr  Tigki^flMr't  L 


tetlich  Tom  Euphrat,  an  den  Aramaaerkdnig  verloren  gingen 
(m  R.  8,  86  ff.).  Letzterer  ist  jedenfiüls  der  iCSnig  des 
Landes  Bit-Adinii  dessen  Hauptiheil  östfich  Tom  Eiqilinit 
[Hauptstadt  Til-barslp  d.  i  walurseb,  Bire<]yik  gegenüber  dem 

Zeugma  der  Griechen]  gelegen  ist 

In  die  völlig  dunkle  Epoche  von  ca.  1070—980  T.  C9ir.  Bind  jeden- 
falb  auch  di»  (goBciiiMmnfiflrtnden?)  Könige  AISurntiMm  und  BaNHiin 

von  Assyrien  zu  setzen,  an  die  ein  Brief  der  Ramän&umnfl^lr  von  Babel 

III  R.  4,  5  (in  späterer  Abschrift)  theilweise  erhallen  ist;  femer  der 
III  R.  38,  2  mehrfach  genannte  König  Belsamnäsir  von  Babylon  und  der 
von  Pi?rr{iEs,  Proc.  SBA.  7.  Nov.  1882  erwähnte  äagaSaltiburiai  S,  des 
Kudurribel,  der  um  1050  den  Tempel  von  Sippar  restaurirte. 

§.  276.   Wie  wir  m  Anfeng  des  nennten  Jahrhmiderts 

wieder  genauere  Kunde  über  Assyrien  erhalten,  gehorcht  den 
Königen  ausser  einem  Theil  des  Gebirgslandes  Dsilich  und 
Rüdösflirh  von  Ninive  nur  noch  da?  Gebiet  am  olxixii  Tig^s 
(um  Amida),  das  Land  Kummuch  und  ein  grosser  Theil  des 
mesopotamischen  Cullurlandes.  Das  Gebiet  am  Euphrat« 
Karkamul  gegenüber,  ist  unabhftngig  und  zerfiüli  in  mehrere 
FfirsteDthämer  (Bet-Adini  [§.  275],  Nila,  Bet-Bacbiani  nnd 
weiter  nSrdlich  TU-abnal),  deroi  genauere  Abgrenzung  bis 
jetzt  unmöglich  ist  Das  Land  am  Belichoe  scheint  ass^friscfa 
geblieben  zu  sein;  es  ist  sehr  auffallend,  dass  m  keinem  der 
späteren  Feldzüge  die  Stadt  Gli-infm  erwähnt  wird.  Weiter 
östlich,  in  Nisibis  und  dem  benachbarten  Guzan  (JH;;,  Reg.  II, 
19,  12,  vgl.  Delitzsch,  Parad.  184),  in  den  fruchtbaren  Tiiä- 
lern  des  Ghaboras  imd  seiner  Nebenflüsse,  aber  ebenso  z.  B. 
in  der  Stadl  Süru  »im  Lande  Bit-Ghalupä«  am  Euphrat 
(Sura  dstl,  von  Tbapeakos)  gebieten  assyrische  Statthalter, 
niclit  ohne  dass  in  den  Zeiten  des  VerfaÜs  sei  es  einer  von 
ihnen,  sd  es  die  Bevölkerung  versucht  sich  unabhängig  zu 
machen.  Ton  besonderer  Bedeutung  ist  für  uns  die  Horschaft 
assyrischer  Statiiialkr  im  unteren  Chaborasthal.  Das  tjanze 
Gebiet  diese.s  Flusses  ist  —  ebenso  wie  weiter  östlich  (iie 
Landschaft  von  Sangara  —  voll  von  Schutthügeln,  welche  Ort- 
scbaften  aus  alter  und  späterer  Zeit  bedecken.   Am  umfang- 


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3a4 


Viertes  Buch,  iweUer  AMmltt. 


retehflten  daraiiter  sind  die  Ruinen  bei  dem  beatigen  Orte  Arban 

am  Ghaboras.  Hier  finden  sich  die  Trflmmer  eines  alten,  im 
assyrischen  Stile  gebauten  Palastes,  vier  geflügelte  Stiere  mit 
Menseln  !ik()| if,  ein  Löwe  mit  olTuiiem  Rachen,  das  Reiiefbild 
eines  Kriegers  n.  a.  Die  Süere  traj^en  die  Inschrift  »Palast 
des  Mlli48(?)ninep«.  Die  Möglichkeit  einer  genaueren  Zeit- 
bestimmung fehlt  uns  leider  bis  jetzt  vollkommen;  dass 
sich  in  Arban  wie  in  Kalach  Slcarabaeen  des  Dhotmes  HL 
nnd  Amenhotep  ID.  gefonden  haben,  gewSbrt  keinen  ge- 
nügenden Anhalt.  Als  Kflnig  A&tomA^urpal  ron  Assyrien  im 
Jahre  884  y.  Chr.  den  Ghaboras  hinabzieht,  bringen  ihm 
äalmäncharnan(?)iläni  von  Sadikanna  und  Dramän  von  Suna 
reichen  Tribut  (I  R.  Iii,  7Sj.  Zweifellos  ist  einer  dieser  beiden 
Orte  das  heHti?p  Arban,  ihre  Gebieter  sind  halb  unabhängige 
assyrische  btattlialter,  wie  jener  Musesninep.  Denn  dass  wir 
es  hier  nicht  mit  einem  einheimischen  Staate  zu  thun  haben, 
lehren  Namen,  Schrift  und  Kunststil  in  gleicher  Wdse:  die 
Bevölkerung  des  Ghaborasthales  war  zweifellos  aramaeisch 
wie  die  von  Gharrftn  nnd  NIsibis. 

Ueber  die  Orte  am  Belichos  (blss.  Balichi)  s.  äalniaüassar*s  U. 
6^  Peldzug.  Ueber  ^e  —  von  den  Neuem  mM  vOUIg  tmbefOduidiUst 
geliBieimi  ^  Dmkmller  von  Arban  e.  Latabd,  NiniTeh  and  Babylon  Sgiff. 
Heist  kfft  flieh  MiMninep  den  Titel  ftangu  (FQrrt,  Prieeter?)  bei,  den 
auch  die  aflsyrieeben  KOoige  mit  Vorliebe  Itthren. 

Innere  Verhältnisse  und  Cultur  Assyriens. 

§.  277.  Was  wir  Ober  die  mneren  Verhältnisse  Assyriens 
m  dieser  Epoche  wissen,  bescfarftnkt  sich  aof  einige  ganz 
dörftige  Nachrichten.  Die  Hesidenz  der  Könige  ist  noch  hnmer 

Assiir  am  linken  Tigrisufer;  daneben  kommt  jetzt  Ninua 
(iNinive,  Ruinen  von  Kujundschirk)  am  rechten  Kiiphrattifer 
empor,  in  dem  schon  Satnsiraman  I.  (§.  182)  «Miieii  Tempel 
der  Istar  gebaut  hat,  der  von  Asuruballit  und  dann  wieder 
von  Salmanassar  I.  restaurirt  und  erweitert  worden  ist.  IStar 
ist  die  Hauptgdttin  von  Ninive  und  entwickelt  sich  als  sokbe 
allmShlich  zu  einer  neuen  Gottheit,  die  von  der  Btar  von 


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Bainen  von  Arban.  Staat  und  Goltor  der  Assyrer.  ;i35 

Arbela  unlerscfaieden  und  neben  Ihr  angerufen  wird.  Sal- 
in anassar  I.  hat  in  Ninive  auch  einen  Palast  gebaut;  ausser- 
dem bezeichnen  ihn  spätere  Inschriften  als  Gründer  der  weiter 
sfidlich,  etwas  oberhalb  der  Mündung  des  grossen  Zab  in  den 
Tigris  gelegenen  Stadt  Kalach  (Ruinen  von  Nimrud)  und 
ihres  grossen  Etagentempels,  der  den  Namen  »Berg  der 
Lander«  d.  i.  Weltberg  führt.  Nach  babylonischer  Vorstellimg 
thronen  nSmUch  die  Gfitter  auf  einem  hohen  Berge,  als  dessen 
Nachbildang  die  Tempel  zu  betrachten  sind,  die  auch  in  Ba- 
bylonien  mehrfoeh  ähnliche  Namen  führen.  Auch  sonst  werden 
Bauten  der  Könige  häufig  erwähnt;  namentlich  hat  Tiglat- 
pileser  I.  mehrere  verfallene  Tempel  in  Assur  wieder  herstellen 
lassen.  Von  der  Verwaltung  wissen  wir  ^ar  nichts,  als  dass 
die  höchsten  Beamten  des  Reichs,  der  Oberfeldlierr,  der  Palast- 
hauptmann, die  Statthalter  der  Provinzen  u,  a.,  der  Reibe 
nach  ein  bestimmtes  Jahramt  (limu)  verwalteten,  nach  dem 
bei  den  Assyrem  gewöhnlich  datirt  wird  (§.  127). 

Daa  Material  vor  aUam  bei  Smith,  Abs.  Diee.  346  ff.  —  Salmanaiear  1., 
Brbaaer  yon  Kalaeh:  I  R.  36,  182.  85,  3,  21  f.  —  Ueber  den  Welten« 
l»erg  (somer.  Cbanagkarkura,  ase.  iadin&tftti)  s.  Deutzech,  Patad.  117  ff. 

§.  278.  Die  Assyrer  sind  ein  vorwiegend  kriegerisches 
Volk  und  schon  in  den  Berichten  Tiglatpikser's  I.  tritt  nicht 
nur  die  Freude  an  Kampf  und  Sieg,  sondern  auch  die  Hin- 
neigung zu  schonungsloser  Vernichtung  der  Gegner  hervor, 
die  später  in  die  brutalste  Grausamkeit  ausgeartet  ist.  Wieder 
und  wieder  rOhmt  sich  der  König,  die  feindlidien  Orte  ver- 
brannt, zerstört,  vernichtet,  die  Haufen  der  Erschlagenen  öber 
die  Gebirge  zerstreut  oder  in  die  Flösse  gestürzt  zu  haben. 
Dagegen  fehlt  den  Assyrem  die  geistige  Productivität ;  nach 
irgend  einer  originalen  Leistung  suchen  wir  vergebens.  In 
Religion  und  Literatur  sind  sie  durchaus  von  Babylonien  ab- 
hängig: das  einzige  Selbständige  sind  die  grossen  historischen 
Denkmäler.  Und  hier  bewegt  sich  schon  die  grosse  Inschrift 
TiglatpUeser*8  L  in  lauter  stereotypen  Phrasen,  die  sich  von 
einem  König  auf  den  anderen  forterben  und  den  Leser  auf 
das  finsserste  ermüden.    Auch  die  aegyptischen  Inschriften 


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886 


VkfftM  Bueb.  diülar  A?*irithpl*t. 


der  späteren  Zeit  tragen  ja  äusserlich  den  gleichen  Charakter; 
«her  in  ihnen  sind  ee  religidae  Ideen  and  übairidMoe  poetiaehe 
Wendongen,  wdehe  den  reaJen  Kern  allmählich  TfilUg  eretidDen« 
'  während  hei  den  AMyrem  dn  trockener  aher  exaeker  annali* 
etischer  Beridit  mit  dnigem  rdn  änseerlidien  Anftmtx  ▼erzlert 
wird.  —  Von  der  Kunst  dieser  Epoche  sind  die  Monumente 
von  Arban  fast  die  einzigen  Ueberresle:  auch  sie  zeigen 
völlige  Abhängigkeit  von  Babylon.  Charakteristisch  ist  nur  die 
Manierirtheit  in  der  Behandlung,  z.  B.  die  sorgfältige  Frisur 
des  Haares,  das  bei  Menechm  and  Thieren  in  Icleine,  yöUig 
gieichmfieeige  fidecbel  aieammengefloftht^en  ist  In  Alban  ist 
indfftipn  diese  Stilisifang  noch  nicht  in  so  kleinlicfaer  ond 
ttnnatärüeber  Weise  durchgeführt,  wie  auf  den  ^ftteren 
assfrisefasn  Monumenten. 


L  Die  Blflthesdit  Fkoenikieiia 


ZurUckdrängung  der  Phoeniker  durch  die  Hellenen. 

§•  279.  Die  Reaetion  der  Hellenen  gegen  die  PhoenScer, 
deren  erste  WirlLongen  zur  Zeit  Memeptah^s  und  Ramaes*  ÜL 
wir  firQher  kennoi  gelernt  haben,  fOhrt  zn  dner  vollständigen 

Verdrängung  derselben  aus  dem  aegaeischen  Meere.  Von 
den  Inseln  f:rehen  die  Hellpnen  nach  der  Westküste  Klein- 
asieri5  hinübe!  ,  die  >ie  si  it  etwa  1100  v.  Chr.  (die  Zeitbe- 
stimmung ist  ganz  unsicher)  ihrer  ganzen  Ausdehnung  nach 
besetzen.  An  einzehien  Punkten,  wie  auf  Rhodos,  scheinen 
sich  die  Phoeniker  noch  länger  behauptet  zu  haben,  doch 
konnten  sie  sich  der  aUpäUichen  Hellenlsining  nicht  ent- 
ziehen, und  bald  folgten  ihnen  die  Griechen  m  ihr  eigenes 
Gebiet  Schwerlich  später  als  im  elften  Jahrhundert,  Tiellekiht 
aber  schon  bedeutend  früher,  drangen  griechische  Ansiedler 
nach  Cypern  und  gründeten  zunächst  Salamis  in  der  frucht- 
baren Ebene  im  Osten  der  Insel.  Allmählich  haben  sie  dann 


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I 


Piloeniker  and  HaOenen. 


837 


den  Pboenikern  die  meisten  Städte  entrissen  und  daneben 
neue  angelegt,  wie  Marion  und  Kurion;  nur  in  Kition,  Amathtu, 
LapeÜios  und  im  Binnenlande  haben  aidi  die  Phoeniker  Jbia 
auf  die  beüenistisebe  Zeit  selbständig  behauptet  BTicht  spftier 
als  die  Ansiedelung  auf  Gypern  ist  die  Besetzung  der  rriobeD, 
dem  pisidlscben  Hochlande  Torliegenden  Köstenebene  dnrch 
griechische  Stämme,  die  unter  dem  A'amen  der  raiii})liyler 
zusanmiengefasst  werden.  Nirg-ends  sind  die  Phueiiik(  r  iui 
Stande,  diesem  Vordrängen  energischen  Widerstund  entgegen- 
zusetzen; vor  der  Massencolonisation  müssen  ihre  Factoraien 
überall  xreicben.  So  ist  es  gekommen,  dass  die  homerische 
Zeit  die  I^ioenU^er  im  aegaeisehen  Meer  nur  noch  als  Ter- 
schlagene»  vor  keiner  List  zurficfcsoheuende  Kaufbhrer  kennt, 
welche  die  Waaren  des  Ostens  auf  den  griechischen  Mftrlcten 
absetzen. 

Die  griechische  Tradition  kiuiptt  die  Ansiedehingen  in  Cypern  und 
Pamphylien  iinnijttelhar  an  den  tioischcii  Krieg,  setzt  sie  also,  wahr- 
scheinlich mit  liecht,  vor  die  ionische  Wanderung.  Ihr  hohes  Alter  wird 
bestätigt  durch  die  starke  Abweichung  des  cyprischcoi  und  des  pamphyU- 
sehen  Dialectw  von  den  Übrigen  griediieebai,  ond  noch  schlagender 
dadorch,  dass  die  cypriaeiisn  Griedien  nicht  das  gcmeingrieehisehe  AI« 
pbibet  TerwerChen,  sondem  sich  eine  eigane,  wia  S&tcb  nachweist,  dem 
Bamatheniaebao  antlehnta  SUhsosohria  «abildet  haben.  Weiteres  s.  Bd,  II. 

Die  Fahrten  der  Phoeniicer  nach  Wetten. 

%  290.  Während  su  im  Osten  der  phoenikische  Handel 
/AHutkging,  nahm  er  in  derselben  Zeit,  vielleicht  zum  Theil 
gerade  weil  er  genötliigt  war  sich  neue  Absalzorte  zu  suchen, 
im  Westen  des  mittelländischen  Meeres  immer  grösseren  Aul- 
schwang.  Die  poHtischen  Verhältnisse  Syriens,  in  Folge  deren 
das  Land  seit  den  Zeiten  Raxnses'  III.  im  wesentlichen  skh 
aelbst  fiberlassen  blieb,  konnten  densdben  nur  begünstigen. 
Da»  im  fibrigen  die  erste  Entdeelnmg  und  Besiedelung  der 
wesiBehen  LSnder,  namentlich  Bardiniens  nnd  Spaniens,  viel- 
leicht pchon  in  eine  weit  frühere  Zeit  hinaufragt,  wurde  schon 
erwulmt  (§.  194).    Die  Art  der  phoenikischen  Au^iudelungen 

He 7 er,  Qesciücbte  des  Alterthamt.  I.  gg 


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888 


ViertM  Buch,  dritter  Abedmitt 


ist  im  allgemeinen  im  Westen  dieselbe  wie  im  Osten.  An 
sUbd  ge^neieo  Punkten,  namenUieli  an  geschützten  Buchten 
und  mit  Vorliebe  imf  Ueinen  nahe  am  FesUande  gdegenen 
Inseln,  die  gegen  einen  plötsSeben  Uäieribll  durch  die  ESn- 
gebornen  Sdmtz  gewähren,  Segen  sie  ilire  Faetoreien  an,  um 
ihre  Waaren  zu  vertreiben  und  die  Rohproducte  des  Landes 
zu  gewinnen.  In  einzelnen  gunstifren  Fallnn  erwachsen  die- 
selben zu  grösseren  Städten;  im  allp'eirif  irion  alH?r  liegt,  wie 
wir  wissen,  die  Cewinnunfr  von  (Jrund  und  Boden,  die  Grün- 
dung eines  neuen  Coloniaistaates  nicht  in  der  Art  der  Phoe- 
niker  (§.  192).  Wie  Stcilien  von  ihnen  »rings  umsiedelt« 
war,  sehildeit  Thukydides  (VI,  2);  im  etuaelnai  ifaie  Ansiede- 
lungen aus  den  Eigennamen  nachzuweisen  ist  nda^ch«  Mit 
SicfaerbMt  gdien  Soloeis  uod  Fanormos  (anf  Münzen  pV)  im 
Norden,  Motye  (NIlOD)  im  Westen,  Heraklea  Minoa,  phoe- 
nikisch  R6s  Melqart  »Vorgebirge  des  Melqart«  (daher  Mäxapa, 
Her.  Pont.  20)  im  Süden  auf  sie  zurück.  Ebenso  sind  Malta 
und  Gauios  seit  alten  Zeiten  völlig  phoenikisch.  Auch  auf 
Sardinien  sind  einzelne  gut  gelegene  Hafenplätze  wie  Karalis 
und  Snlci,  ebenso  Tbarros,  wohl  zweifellos  allphoenikische 
Ansiedelungen;  in  grösserem  Umfang  ist  indessen  die  Insel 
wahrschdnlieh  erst  durch  die  karthagische  Hemchaft  in  den 
Bereich  der  phooiikischen  Cävilisation  gezogen  worden,  die 
gerade  hier  sehr  zahlreiche  Ueberreste  hinterlassen  hat.  Aof 
Korsika  finden  wir  keine  Spuren  der  Phoeniker;  auch  in 
Italien  sind  Ansiedelungen  derselben  nicht  naclrsveisbar  —  der 
Ilafonort  Puuicum  bei  Caere  wird  der  Epoche  der  Bundes- 
genossenschaft der  Etrusker  und  Karthager  angehören  — 
ebensowenig  in  Ligurien  und  an  der  Westküste  Spaniens ;  wie 
es  scheint  waren  dieselben  für  den  phoenUüscben  Kauffiahrer 
nicht  lockend  genug. 

Im  «llgemeineD  Tgl.  Ibunn,  Qeseh.  der  Ksithagw  I,  88  iL  Die 
Annabme,  ätm  Matsslis  unprOiislieb  pkMikiflebe  Gokmw  i«  (Bcmawa, 
P]io«n.  BfmdM  841)»  wird  w«dflr  donli  den  jedenlUh  nicht  aeflnHlsdini 
Namen  noch  durch  die  pboenikische  OpHerUfel  bewieeen.   Hier  kenn 

nicht  als  eine  kiine  Skiue  dieser  VerhäUnif^sp  gegeben  werden, 

die  Ton  snderen  Gesieblsponkten  ans  in  der  Geechiehte  des  Westens 


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Die  Pboeniker  im  Wcttmeer.  Tarüi. 


839 


zu  bebandeln  sind  Für  Sicilien:  Holm.  Gesch.  Siciliens  im  AlL  1,  79  ff. 
[mit  vielfach  sehr  problemati^^rhen ,  raeist  aus  Movers  enti'  ljnleii  Com- 
binationen].  Sardinien  ist  hekanutlich  sehr  reich  an  phoenikischen  In- 
schriften und  Kunstgegenständen  [zahlreiche  neue  wird  demnächst  Ebers 
in  den  Aon.  dell*  Inst.  arch.  verOfifentHebeD] ;  doch  ist  es  nicht  nöibig, 
dkMÜMB  für  iltar  «b  die  kartfaifiectae  Bemehaft  n  btltott. 

§.  281.   Das  Hauptziel  der  phoenikischen  Fahrten,  zu 

dem  die  Ansiedelungen  in  Sicilien  und  Sardinien,  Malta  und 
Gaulos  die  unentbehrlichen  Stationen  bildeten,  war  das  siid- 
liche  Spanien ,  das  Land  Tarsis  oder,  wie  die  ririt  rhen  (  S 
nennen ,  Tartessos.  Hier  im  fernsten  Westen  glaubten  die 
Seefahrer  das  Ziel  zu  erkennen,  das  der  Sonnengott  Melqart 
(Herakles),  auf  dessen  Bahnen  sie  wandelten  (§.  206),  bei 
setner  Heer&hrt  erreicht  hatte;  die  Felsen,  welche  die  schmale 
Europa  und  Afrika  trennende  Meerenge  einschliesaen,  waren 
die  Grenzsfiulen,  die  er  sich  gesetzt,  jenseits  derselben  lag 
der  unendliche  Ocean,  in  dem  er  zur  Huhe  gegangen.  Doch 
auch  liitrr  laml  der  Unternehmungsgeist  keine  Rast;  die  reichen 
Schätze  des  südlichen  Spaniens,  vor  allem  seine  grossen  Silher- 
grnben,  luden  zu  regem  Verkehr  ein.  Und  jenseits  der  Säulen 
Öffnete  sich  die  grosse  fruchtbare  Ebene,  welche  der  Tar- 
tessosfluss,  der  Guadalquivir,  durchströmt.  Eine  vorliegende 
Insel  mit  trefflichem  Hafen  bot  genugenden  Schutz  gegen 
feindliche  Angriffe.  So  gründete  man  hier  die  »Feetec  Gaddir 
(auf  Mänzen  injiit<  oder  ^I^Ti)  d.  j.  Gades  mit  einem  grossen 
Heiligtbum  des  Melqart;  die  neue  Ansiedelung  wurde  bald 
das  Gentruiii  der  Colonien  in  Tarsfs,  der  Ausgangspunkt 
weiterer  Fahrten  naeli  Norden  und  Süden,  welche  unter  an- 
derem die  Producte  Westeuropas,  vor  allem  den  Zinn  Bri- 
tanniens, sei  es  auf  directem  Wege,  sei  es  durch  Zwischen- 
handel dem  Osten  übermittelten.  Daneben  stehen  zahlreiche 
andere  Gründungen ;  dreihundert  tynsche  Colonien,  heisst  es, 
h&tten  westlich  von  den  Säul»i  an  der  afrikanischen  Küste 
gelegen,  unter  ihnen  Tor  allem  Lixos,  das  älter  sei  als  Gades. 
Ebenso  ist  die  ganze  Südküste  Spaniens,  das  von  den  Ma- 
stienen  bewohnte  Vorland  der  Sierra  Nevada,  voll  phoenikischer 


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840 


Vf«rtM  Buch,  dritter  AfaachmU. 


Städte,  wie  Cartoja,  Malaca,  Sexi,  Abdera;  erst  etwa  in  der 
Gegend  des  spateren  Neukartliago  lag  >die  Grenze  der  Tar- 
tessier««  Alles  genauere  entzieht  sich  bei  dem  ftnsserst  därf- 
tigen  Material  vOllig  oneerer  Kenntniss,  namentlieh  fehlen  zn- 
▼erlänige  chronologische  Bestinuntoigeii.  Denn  wie  waü  eine 
Tereinzelte  Notiz,  Gades  sex  wenige  Jahre  Tor  ütica  am  die 
Zeit  der  dorischen  Wanderung',  also  kurz  vor  1100  v.  Chr., 
gegründet  worden,  historisch  ist ,  voniiötron  wir  nicht  zu  l)e- 
nrtheilen.  Nur  das  lä«st  pich  mit  Sictif  ihcil  sagen,  dass  im 
zehnten  Jahrhundert  die  Fahrten  nac)i  l  arsis  seit  lange  im 
Gang  sind  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  die  Erschliessung 
der  spanischen  Bergwerke  und  die  dadurch  herbeigeführte 
Entwerthang  des  Silbers  (§.  188)  bereits  einer  weit  früheren 
Zeit  angehört 

Hauptqupllo  für  die  Kenntni«'^  spanischen  Colonifn  sind  die 
ora  marilimn  dt's  Avienus  (ii})ev  'lie^dlM?  >\  MruFxiforr,  Dviitsrlje  Äiler- 
thmnskunde  l  und  jetzt  ÜNum  im  i'liiloluguij ,  4.  Suppleinf^nthaiid,  189) 
und  die  Fragmente  des  Hekatacus.  Ferner  Strabo  III,  2,  11  ff.  4,  5. 
Pol.  III,  24,  4  u.  a.  lieber  Lixos  und  die  Golooien  an  der  Weslküste 
AIHkaa:  Stimbo  XVII,  3.  2.     8.  Plln.  XIX,  68.  Grfladaogsdatnm  von 

§.  282,  Nehen  dem  Lande  zu  beiden  Seiten  der  Säulen 
des  HeraUes  ist  der  Sicilien  gegenüberliegende  Theil  Nord- 
afrikas Ton  den  Phoeiükem  in  grosserem  Umfiing  eokmldrt 
worden.  Den  Späteren  gilt  hier  Utica,  das  dieTyrier  wenige 

Jahre  nach  Gades,  im  Jahre  1100  v.  Chr..  angelegt  haben 
sollen,  als  die  älteste  Stadt  :  jedenfalls  ist  es  bis  auf  das  Em- 
porkommen Karthagos  die  wichtigste  und  hat  neben  diesum 
am  längsten  eine  unabhängige  Stellung  l)ehauplet.  Neben 
ihm  stehen  die  beiden  Hippo  (XSN)  und  Hadnimetom, 
dann  Leptis  zwischen  den  beiden  Syrten  als  Haoptcentren 
der  Ansiedelung.  Zahhieiche  andere  der  nordafirikanischen 
Orte  mögen  gleidifhlls  in  diese  Zeit  hinaufreichen,  naehwasen 
iftsst  es  sieh  fast  nirgends  (vgl.  g.  286).  Auch  Karthago  (Qart 
chadast  »Neustadt«),  das  berufen  war,  später  die  ganze 
Macht  der  Westpiioeniker  zusarameuiiufdssen  und  aus  tiefem 


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Die  Phoeniker  in  Spamen  und  Jüordafrika. 


841 


Verfall  zn  neuem  Glanz  zu  erheben,  mag  schon  in  diese  Zeit 
hinaufrageii.  Zwar  hat  Tiumeos  seine  Gründung  durch  die 
tyrische  Königstochter  Dido-Elissa  mit  aller  Bestimmtheit  ins  . 
Jahr  814/3  Chr.  gesetzt^  indessen  die  ausföhrlicbe  Er- 
zählung von  der  GrOndung,  die  er  gibt,  ist  rein  mythisch 
und  der  Hauptsache  nach  nicht  einmal  einheimischen,  son- 
dern griechischen  Ursprungs;  den  im  neunten  Jahrhundert, 
ah  die  Phoeniker  län^rst  in  Nordafrika  ansässig  waren,  be- 
stellenden Verhältnissen  trägt  sie  nirgends  Rechnung.  Es  kommt 
hinzu,  dass  Philistos  berichtete,  Karthago  sei  50  Jahre  (r  )  vor 
dem  troischen  Kriege  von  den  Tyriern  Zoros,  dem  Eponymos 
Ton  Tyros,  und  Karchedon  gegründet  worden.  Bei  dieser 
Sachlage  werden  wir  uns  bescheiden  mässen,  auf  eine  sichere 
Angabe  nber  den  Ursprung  der  Stadt  zu  yerzicbten.  Zu 
grosserer  Bedeutung  ist  sie  jedenfalls  erst  gelangt,  als  im 
siebenten  Jahrhundeft  die  Verbindung  mit  dem  Mutterlande 
erlahmte  und  es  galt,  mit  allen  Kräften  den  immer  weiter 
um  sich  greifenden  Hellenen  entgegen  zu  treten. 

Ueber  alles  Detail  .s.  Hsltzkr,  Gesch.  der  Kailba^'er  1,  dem  ich  in 
allem  wesentlichen  beistimme.  Seine  Kritik  der  Grüiiflungsgeschichte 
uod  Ghronolo},'ie  des  Timaeos  bat  v.  GuTsaraiP,  Jabri».  f.  cl.  Philol. 
1880,  289  fT.  bestritten,  obne  micb  von  der  Zuverlässigkeit  der  letzteren 
überzeugen  zu  können.  Der  Umstand,  dass  die  ganze  ausführliche  Grün- 
dungsgeschichte sich  als  rein  seeundäres  Machwerk  erweist,  und  dass  es 
über  die  zwei  auf  die  Gründung  folgenden  Jahrhunderte  an  jeder  Nach* 
riebt  fehlt,  ii»ebt  das  Datum  auf  alle  Fälle  sehr  verdächUg.  Bitten  vnt  . 
MenandflKs  Annalen  Tollstflndiger,  so  liesse  sieh  vielleicht  ein  sichereres 
Uxtbell  gewinnen,  tan  flbiigen  ist  die  von  Stade,  Giessener  Prcgr.  1880 
Aber  Jamm  9, 8  wieder  sui|;enoinmene  Terronthiing  yon  Scholthbss,  dass 

Eltia  Cnt&^^fiO  Eseeb.  27,  7 ,  Gen.  10,  4  Name  Karthago^s  oder  um- 
iSuaender  des  nardaflr*  KOstenlandes  sei,  sehr  wahrscheinlich.  Dann  ist 
die  GrOnderin  Elissa  lediglich  aus  dem  Namen  der  Stadt  gebildet.  — 
Gründungsdatu-ii  von  Utica:  [Aristot.]  rnir.  ausc.  146,  Plin.  XVI,  216 
[von  Sil.  Ital.  III,  17  auf  Gades  nberlragenj,  Vellei.  I,  2,  4.  Die  schlimmen 
Erfahrangen,  die  s*»  zahlreich  mit  fihnlichen  Daten  gemacht  '^ind,  nGthigen 
auch  hier  zum  Misstrauen.  —  Wenn  Leptis  bei  Sallusl  Jug.  78  sidonisch, 
bei  Plin.  Y,  7ü  tyritch  heisst,  so  sind  das  schwerlich  verschiedene  Nach- 
richten, Hondero  Si<ionii  war  in  Sallust's  Quelle  als^  allgemeiner  Name 
der  Phoeniker  gebraucht,  wie  so  häuüg. 


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a42 


Vierleä  Buchi  drilter  AbscboiU. 


Das  Mutterland.  VormaeM  von  Tyrai. 

§,  283.  Der  Mittelpunkt  der  phoenikischen  Städte  in 
dieser  ganzen  Epoche  ist  Tyros ;  Sidon,  die  alte  Metropole  des 
Volkes,  ist  durch  dasselbe  völlig  in  den  Hintergrund  gedrängt. 
Alle  Colonien  im  Westen  gelten  als  tyrisch,  Gades  und  ütica, 
Leptis  und  Karthago;  einzelne  Notizen  lassen  erkennen,  dass 
sie  audi  die  Oberhoheit  der  Matterstadt  an^kennen  mussten. 
Nach  einer  bischrift  war  Karthago  (Qart  chadast)  auf  Gypem 
dem  KAnige  Qiram  von  Tyros  unterthan;  das  Gleiche  gilt 
▼on  Kütioo  (§.  857),  ob  auch  von  den  übrigmi  Stftdten 
der  Insel,  wissen  wir  nicht.  Weiter  finden  wir  in  Mem- 
phis ein  »Tyrierquartier«  (Ilerod.  II,  112):  auch  hier  also 
gelif  Tyros  den  übrigen  Phoenikerstädten  voran.  Eine  Sciiil- 
derung  allerdings  aus  bedeutend  späterer  Zeit  (586  v.  Chr.) 
gibt  uns  ein  anschauliches  Bild  von  dem  Handel  der  Stadt 
Die  Metalle  Yon  Taräiö,  der  Purpur  »der  Inseln  £liäa's€,  d.  i 
wahrschehüich  Nordafrikas,  Kupfer  und  Sklaven  aus  den  pon- 
tischen  Kdstenlanden,  Rosse  und  Wagen  aus  Westarmenien 
(Togarma)  finden  sich  auf  dem  Markte  von  Tyros  zusammen. 
Das  syrische  Hinterland  verhandelt  hierher  seine  Naturpro- 
ducte,  Getreide  und  Oel,  und  vor  allem  die  Erzeugnisse  seiner 
Industrie,  die  Karawanen  der  \Vn4enstämme  bringen  Vieh, 
Sudarabien  Weihrauch  und  Specereien,  Gold  und  Edelsteine. 
Natürlich  participirten  auch  andere  Städte  an  diesem  Handel, 
seit  aUen  Zeiten  ist  z.  B.  Gaza  das  Hauptziel  der  arabischen 
Karawanen,  aber  Jahrhunderte  lang  war  Tyros  der  IIaiq>t- 
Termitüer  zmchen  Osten  und  Westen,  der  Umsatzort  ffir 
die  Waaren  der  ganzen  Mittehne^welt  Wir  werden  sehen, 
wie  im  zehnten  Jahrhundert  auch  der  Versuch  gemacht  wird 
mit  Siklarubien  eine  directe  Handels  Verbindung  auf  dem  See- 
wege herzustellen. 

Für  die  Schilderung  des  ITmidels  ist  E/.ech.  27  zu  Grande  geleg^. 
Der  Text  des  Capitels  ist  mehrfach  cornipt ;  vgl.  Smf.nd's  (^.onimentar  und 
vor  allem  mehrere  Bemerknnpon  in  Stade*?  Prc^ramm  über  Jawan.  Dass 
Horner  zwar  Sidon  aber  nit  tn  ils  Tyros  erwähnt,  ist  nicht  etwa  ein  Be- 
weis, daas  damals  Sidon  int  allgemeinen  bedeutender  gewesen  sei  als 


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Maehtttdlniig  von  Tyron 


843 


dines  od«r  specieil  mit  Griechenland  regeren  Handel  triebt  lODdern  ist 

daraus  tu  erklären,  dass  alle  Phoeniker  sich  Sidonier  nennen  (§.  19(.0; 
auch  König  Hiratii  [I?J  von  Tyros  beisst  in  einer  In!^clirift  officiell  »König 
der  Sidonier«  (G.  J.  sem.  5).  Da  die  Inschrift  auf  Cypern  gefunden  ist, 
wird  das  in  ihr  genannte  Karthago  das  durch  die  Assyrer  bekannte 
(D£UTasäcu,  Par.  293)»  auch  C.  J.  sem.  86  h,  H  genannte  cyprische  sein. 

§.  284.  Auch  im  Mutterlande  nimmt  Tyros  die  leitende 
Stelle  ein.  Im  acliten  Jahrhundert  waren,  wie  wir  später 
sehen  werden  (§.  357),  Sidon,  Akko,  Palaetyros  und  mehrere 
andere  Städte  Unierthanen  des  Königs  von  Tyros,  während 
im  neunteD  Sidon  noch  selbständig  ist  Und  wenn  Ezechiel 
(c  27)  sagt,  die  Bewohner  von  Sidon  und  Arados  hätten 
in  T^ros  als  Ruderknechte  gedient,  die  Greise  und  Weisen 
▼on  ByUos  seine  Schiffe  ausgebessert,  die  Aradier  hätten 
zusammen  mit  Söldnern  aus  allen  Völkern  der  Erde  und  der 
eigenen  Mannschaft  von  Tyros  die  Streitmacht  der  Stadt  ge- 
bildet, SU  scheint  das  auch  auf  ein  Abhän^'igkeitsverhäUniss 
hinzuweisen.  VerrauthUch  bildeten  wie  später  so  schon  in  früher 
Zeit  die  phoenikiscben  Städte  einen  Bund,  an  dessen  Spitze  ^ 
Tyros  stand.  Um  gemeinsame  Angelegenheiten  zu  berathen» 
▼ecsaomidten  sich  wenigstens  in  der  Perseraeit  die  Könige, 
Ton  dem  Rath  der  Edlen  begleitet,  in  der  »Drdstadtc  Tri- 
ptis (d^  phoemkische  Name  ist  unbekannt),  die  von  Arados, 
Tyros  und  Sidon  gemeinsam  gegründet  war  und  in  drei  durch 
iM  iuern  von  einander  getrennte  Quartiere  zerfiel.  Weiteres 
Wissen  wir  nicht ;  doch  vielleicht  gehört  in  diesen  Zusammen- 
hang die  Thatsache,  dass  um  das  Jahr  1197  v,  Chr.  die 
Aera  von  Tyros  begann,  sowie  die  halb  sagenhafte  Erzählung 
Justin's  (XVm,  d,  5),  Sidon  sei  die  älteste  Stadt  der  Phoe- 
niker gewesen;  nachdem  aber  die  Sidönier  vom  König  tou 
Aakak>n  besiegt  worden,  seien  sie  zu  Schiff  gestlegen  und 
hätten  ein  Jahr  vor  der  Zerstörung  Troja's  Tyros  gegründet. 
Dass  Tyros  bedeutend  älter  war,  wussten  die  Alten  ganz  gut 
und  wird  durch  die  Angaben  der  Aegypter  über  jeden  Zweifel 
erhoben;  denkbar  aber  wäre,  dass  diLüe  Erzalilung  einen 
Nachklang  d^r  Bewegungen  enthält^  welche  durch  den  Ein- 


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344 


VievtM  Bndi,  diitter  Almltiutt. 


brueh  der  Eleinasiateii  und  die  Anmedehiog  der  Philieter  lier- 
beigefährt  worden,  dass  die  Aera  an  die  Begrändung  der 
Vorherrschaft  von  Tyroe  in  Phoenikien  anknüpft.  Damit  Ter- 

triigt  sich  natürlich,  dass  die  grösseren  Phoenikerstädte,  Sidon, 
Byblos,  Arados  u.  a.,  nach  den  Angaben  der  xVssyrerkönige 
ihre  ei^^encn  Herrscher  h;ihen.  Namentlich  Arados  scheint 
nach  denselben  wenigstens  im  neunten  Jahrhundert  TöUig  selb- 
ständig dazustehen. 

Ueber  Tripolis  und  den  pfaoen.  Bund  s.  Diodor  XVI,  41,  SkTlaz,  Stiabo 
0.  a.  ~-  Aera  von  Tyros :  nach  Jos.  tut  VIII,  8»  1  (daher  Eoseb.  a,  Abr. 
wurde  der  sal.  Tempel  im  11.  Jabre  MiramX  240  Jahre  nach  der  0rQndung 
Ton  Tyros  gel>aut.  Nach  Menander  bei  Jos.  c.  Ap.  I,  19  verflossen  von  Hi- 

ram's  Thronbesteij^'ung  bis  zur  Grflndtinp  Karlliago's  155  .Talirp.  8  Monate, 
mithin  fiel  (Jit'-^e  ins  ä86.  Jahr  der  Stadt.  War  di»»  G'-Mncliinp  Iiier  mit 
Tiiriaeos  ins  Jahr  614ß  v.  Chr.  gesetzt,  so  beginnt  die  lyrische  Aera 
11097  V.  nhr.  Dabei  mnss  freilich  dahin  gestellt  bleiben,  ob  die  Au- 
t'anen  Menauder's  grö-Ssere  Zuverläs^iigkeit  in  Anspruch  nehmen  können 
als  die  anderer  orientalischer  Annalen  oder  z.  B.  des  Josephus.  Im  all- 
gemeinen iit  «llerdings  ni  Yennatben,  daat  ea  in  Tyros  ober  eine  in* 
?erllsaige  Zeitrechnnng  gegeben  beben  wird,  als  bi  Samaria  nnd  Jero* 
salem.  —  Sebr  nüt  Unrecbt  Ist  Palaetyros,  d.  b.  die  der  Stadt  gegenflber 
anf  dem  FtosUande  gelegene  Orlsehaft,  in  die  Discussion  Aber  das  AKer 
Ton  Tyms  binefaigeaogni  worden* 

§.  285.  Ueber  die  inneren  Verhältnisse  fehlt  uns  fast 
jede  Nachricht.  In  den  Colon ialstadten  finden  wir  später 
raeist  aristukrulisi  ho  Verfas.snnj^on ;  an  der  Spitze  i^iehen  zwei 
gewählte  Oberbeamte,  die  Recht  sprechen  und  die  inneren 
Verhältnisse  leiten;  sie  führen  den  Titel  sofef  (suffieta)  »Riciiter«. 
Auch  im  Mutterlande  wird  es  an  Versuchen  der  Adelsge- 
schlecfater,  das  K(taugthum  zu  stürzen  und  sich  der  StaatqgewaH 
zu  bemächtigen,  nicht  geMdt  haben.  Dm  Hebraeem  ist,  wie 
die  Bearbeitmig  des  Rlchterbuchs  lehrt  (vgl.  §.  295  Anm.), 
die  Anschauung,  dass  Richter  eine  königKcheStelhing  tinnehmen 
können,  nicht  fremd,  nnd  von  Tyros  wis??en  wir,  dass  eine 
derartige  Umwälzung  wenigstens  im  sechsten  Jahrhundert  vor- 
übergehend eingetreten  ist.  Neben  dem  Adel  scheinen  die 
Värmuthlich  erblichen  Priestertbümer  grossen  Einfluss  besessen 
ZU  haben.  Damit  endet  aber  unsere  Kenntniss;  auch  auf  die 


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Gflwbiehte  Ton  Tyroi. 


S45 


boehinteraisaiite  Frag«  z.  B.,  in  welchem  Verhfiltniat  die 
Masse  der  Gewerbetreibenden,  Elelnhftndier  und  Matrosen  zu 

der  Aristokratie  der  Adligen  und  grossen  Kaufherren  gestanden 
hat,  können  wii  mciit  mehr  antworten,  als  dass  in  Tyros 
allerdings  in  der  Perserzeit  eine  socialpüliliÄche  Revolulioii 
stattgefnnden  zu  haben  scheint.  Denn  auf  etwas  derartiges 
weist  (iie  Sage  bia,  die  Sklaven  der  Tyrier  hatten  ihre  Herren 
säromtlich  erschlagen  und  eich  der  Stadt  bemächtigt,  nur 
einer  sei  gerettet  und  dann  zum  König  gemacht  worden;  zur 
Strafe  lür  diesen  Frevel  habe  dann  Alexander  die  gesammte 
BeTÖlkening  der  Stadt  ans  Kreuz  schlagen  lassen. 

Zn  den  Oberbeamten  der  Colonien  vgl.  Edtino,  ZDM.  XXIX,  589. 
Duomviii  in  Gad«:  Avien.  oim  mar.  283.  —  Die  Sage  ?oii  den  Sklaven: 
JuaUfi  Xm  S. 

§.  28* i.  Ein  Zufall  hat  uns  von  der  Ge5?rhiclite  von 
Tyros  einige  Bruchstücke  erhaltea.  Danach  regierte  von 
969—936  V.  Chr.  Hiram  I.  (Elpd){i.oc,  ass.  Chirummu,  III  R. 
9,  51),  der  Sohn  Abiba'ars,  der  glänzendste  der  tyrtscfaen 
Herrscher,  der  die  Stadt  durch  Hafenbauten  und  Dämme  er- 
weiterte und  die  Tempel  des  Melqart  und  der  Astarte  neu 
aufbaute.  Die  Golonie  ütica^  welche  die  Tributzahlung  wei- 
gerte, wurde  zur  Unterwerfung  !?ezwungen.  Mit  dem  um  diese 
Zeit  zu  ])edeutender  Macht  gelangten  israelitischen  Staat  stand 
er  in  crntem  Einvernehmen;  für  die  Unterstützung,  die  er 
dem  Salomo  bei  dem  Bau  seines  Palastes  und  Tempels  in 
Jerusnlem  gewährte,  trat  ihm  dieser  20  Grenzdörfer  ab  (Heg. 
I,  9,  10  £r.).  Auch  hat  er  gemeinsam  mit  ihm  ein  grosses 
HandelsschUr,  einen  »Tarsiäfahrerc,  im  Hafen  Aila  am  rothen 
Meer  bauen  lassen,  um  nach  Art  der  aegyptischen  Pharaonen 
die  Ptoducte  Südarabiens  (des  Landes  Ophir)  auf  directem 
Wege  zu  gewinnen.  Auf  die  Dauer  hatte  freilich  diese  Han- 
delsverbindung keinen  Bestand,  da  bald  darauf  die  Edomiter, 
die  Bewohner  des  Wüstenlaiidrs  ridlieh  von  Palaestina,  die 
israelitische  Herrschaft  abschütte] tcn.  Aber  immer  von  neuem 
Tersuchen  dann  die  judaeischen  Könige  dm  wichtigen  iiafen- 
ponict  wieder  zu  gewinnen  (vgl  weiter  §•  366).  —  Von  Hiram's 


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346 


Viertes  Buch,  vierter  Abächaitt, 


Nachfolgern  wissen  wir  fast  gar  nichts.  Sein  Enkel  Abdas- 
tartos  (928 — 920)  wurde  von  den  Söhnen  seiner  Amrae  er- 
mordet, die  sich  der  Herrschaft  bemächiigften.  Auch  in  der 
Folgezeit  kehren  noch  Thronwinren  wieder.  Von  König  Itu- 
ba*al  fIMßaXoc,  885 — 854),  dem  Schwiegerrater  des  Aehab 
von  Israel,  wird  berichtet,  dass  er  in  Phocnikien  die  Stadl  Botrys 
(nürdlicli  von  Byblos)  und  in  Lybien  Auid.  gründete.  Letz- 
teres ist  wahrscheinlich  die  weit  im  Inneren  Numidiens,  in 
der  N&lie  des  heutigen  Anmale,  in  metalkeicher  Gegend  ge- 
legene Stadt  Auzea  der  Rtaer,  und  gew&hrt  dann  ein^ 
Einblick  in  die  grosse  Ausdehnung  des  phoenikisehen  Macht- 
bereichs in  Nordafrika.  Im  siebenten  Jahre  seines  Urenkels 
Pygmalion  (820 — 774)  soll  dann  seine  Schwester  Karthago 
gegründet  haben  (§.  282).  Damit  verlöschen  unsere  ^^ach- 
richten  zun&chst  g&nziich. 

Aus  den  lyrischen  Annalen  des  Ephesiers  Menander  hat  rlosephus 
folgende  für  die  israelitische  Geschichte  wichtige  BruchstQcke  erhalten: 
1)  Ant.  Vni,  5,  3  =  c.  Ap.  I,  18  (auch  Euseb.  I,  117  ed.  Schoexe;  xur 
TezUtritlk  vgU  v.  Gutbchmid  daseU)st  und  Jahrb.  f.  cl.  Phil.  1880,  2^); 
dasu  gehört  die  Angabe  Qber  die  Aera  Ant  VIII,  3,  1.  und  panllel 
lAaft  das  ebenda!,  aus  Dies  bewahrte  Fragment  9)  Ant  Vm,  18  t  8* 
8)  Ant  IX,  14*  2.  4)  c.  Ap.  I,  21.  —  Fflr  die  von  mir  gegebenen  ebrono- 
logischen  Anifttie  vgl  §.  284;  in  der  Emendalion  der  fehlerhaften  Zahlen 
bei  Josephus  schliesee  ich  mich  Movans,  Phoen,  n,  1,  188  an,  —  In- 
schrift einer  Opfersehale  mit  Uirama  Namen  (luerat  von  Gamneav  eitomt) 
8.  S.  288.  ^  Fahrt  nach  Ophir:  Reg.  I,  9,  26  ff.;  10,  22  ist  jedenfUb 
ungenau.         heiaat  nicht  wie  die  modernen  Interpreten  wollen,  Flotte, 

sondern  Schiff^  s.  Jes.  33,  21,  Reg.  t  22,  49.  —  Die  tyriscUe  K6nigsiisce 
s.  S.  324. 


IV.  Die  Hebraeer  in  Palaestiua. 

Verhältnisse  Syriens. 

§.  287.  Nachdem  das  Ghetareich  zerfallen  und  Aegypten 
in  Syrien  machtlos  geworden  war,  blieben  die  syrischen  Land- 
sciiaflen,  abgesehen  von  dem  vorübergehenden  Eingreifen  Tig- 


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Die  syrücben  Staaten  im  seimten  Jahrhundert. 


347 


iatpileser'ä  I.,  im  wesentlichen  sich  seihst  überlassen.  Wie  in 
den  früheren  Zeiten  zerfallen  sie  auch  jetzt  wieder  in  eine  Reihe 
ideinearer  Staaten,  die  sich  oft  genug  aus  politischen  Gründen 
nnd  namentKch  aus  HandelsriTiüit&t  bekämpft  haben  werden, 
ohne  dass  einer  tcmi  ihnen  eine  entscheidende  Vormacht  erlangte. 
Im  nennten  Jahrhundert  gewinnen  wur  doreh  die  assyrischen 
Angaben  einen  genaueren  Einblidr  in  diese  Verhältnisse.  Im 
Norden,  gegenüber  den  westmesopoLajiiischen  Staaten  (§.  270), 
besteht  noch  das  Reich  der  Cheta  von  Karkainis,  deren 
Maclit  indessen  sehr  beschränkt  ist.  Nnch  Westen,  in  den 
Abhängen  des  Amanos ,  sciiliessen  daran  eine  ganze  Reihe 
kleinerer  Staate  (s.  §.  B36):  nach  Süden ,  im  Thale  des 
mitmn  Orontes  ond  seines  Nebenflusses  Aprl  (jetzt  'Ifrin) 
folgt  das  Rddi  Patin  mit  der  Hau{yt8tadt  Kunuhia  (▼ar. 
Kinalia),  zu  dem  auch  die  Stadt  Ghazaz  (jetzt  *Azäz)  gehGrt 
Welter  östlich  scheint  Ghaleb  (ass.  Ghahnan,  aeg.  Chirim, 
Aleppo)  selbständig  gewesen  zu  sein.  Das  mittlere  und  obere 
Orontesthal,  sowie  ein  Theil  der  Meeresküste  (HI  R.  9,  3), 
gehört  dem  Könige  von  Haniat  (p^n.  ass.  Ghamat  und 
Amat ,  aeg.  Hemtu).  In  Coelesyrien  gewinnt  im  zehnten 
Jahrhundert  das  Reich  von  Süba  (XDIi*»  Hooßd,  ass.  $ubit) 
grössere  Bedeutung;  sein  König  Hadad^ezer  bedrängt  Hamat 
nnd  scheint  Damaskos  besessen  zu  haben.  Zur  Zeit  Salomoe 
tritt  dann  das  neugegrOndeie  Reich  von  Damaskos  an  seine 
Stelle  (§.  807).  —  lieber  die  Nationalitätsverhältnisse  sind 
wir  nicht  völlig  im  Klaren.  Die  Stadt  QadeS  wh^  allerdings 
noch  in  Davids  Zeit  als  chetitische  Stadt  erwalmt  (Sam.  II, 
24,  LXX),  hat  aber  f)llf  iibar  alle  Bedeutung  verloren  ■ —  ist 
sie  vielleicht  in  einem  der  vielen  K'rit  ge  zerstört  worden?  Die 
Assyrer  aber  kennen  die  Cheta  nur  in  Karkami^;  doch  mag 
auch  das  Reich  Patin  ihrer  Nationalitat  angehört  haben.  Da- 
gegen wird  $Qba  ausdrücklich  als  aramaeischer  Staat  bezeichnet 
Jedenfiühi  haben  sich  die  Cheta  gänzlich  aramaelsirt;  in  späterer 
Zeit  ist  ihre  Sprache  und  Nationalität  völlig  venchwunden. 

Uebtr  Patin  s.  Schräder,  KGF.  214  tT.;  Delitzsch,  Parad.  274.  Die 
Ck>nstructionen  des  letzteren  S.  276  ff.  über  einen  aDgeblichen  Unterschied 


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a48 


Viertes  Bach,  vierter  Abechnitt. 


von  Haniat  und  Aniat  scheinen  mir  vöUip^  unhalthar  zu  sein.  Ueher 
§uba  s.  Saiii.  II,  8.  10,  300.  »Aile  Köüige  der  Ghetiler  und  die 
Könige  von  Aram«  Reg.  I,  10,  29,  vgl.  II,  7,  6. 

Occupatio!!  Kana  ans  durch  die  Stämme  der  Hebraeer. 

§.  288.  Zu  allen  Zeiten  haben  die  vorwiegend  Ton  Vf^- 

zuclit  lebenden  Bewohner  des  Wüstengebiets  Raubzüge  gegen 
das  syrische  Culturland  unlt^rnornmeii  und  sich  liier  festzu- 
setzen versucht.  Wir  haben  gesehen  wie  schon  die  erste 
Ansiedelung  der  Semiten  in  Syrien  wahrscheinlich  in  ähn- 
licher Weise  zu  beurtheilen  ist.  Jetzt  sind  es  die  kana'anaei- 
sehen  Stämme  des  südlichen  Wästenlandes,  Edom,  'Amaleq, 
Ifidlan,  bma'el,  nnd  die  scfaim  zu  halbsesshaftem  Leben  Über- 
g^angenen  transjordanischen  Stftmme  Moab  und  *Ammon, 
welehe  wieder  und  wieder  Palaestina  durch  ilire  Einftlle 
heimsuchen.  Einem  dieser  Stämme,  den  >Söhnen  Israels«, 
oder  wie  sie  von  den  Naclibarn  genannt  werden,  den  He- 
braoern,  ist  es  ^elunpen,  im  Lande  westlich  vom  Jordnn  festen 
Fuss  zu  fassen.  Nach  der  Sage  wären  sie  ursprünglich  in 
Aegypten,  im  Lande  Gosen  an  der  Crenze  der  Wüste,  an- 
sässig gewesen  und  hätten  den  Königen  Frohndtenste  ge- 
leistet; dann  seien  sie  ausgewandert  und  durch  ein  Wunda 
dem  ihnen  nachsetzenden  Pharao  entgangen.  Dass  semitische 
Stftmme  in  Ostaegypten  nomadisirfen  und  die  Gefongenen  aus 
den  syrischen  Kriegen  zu  Frohndiensten  verwerthet  wurden, 
wiesen  wir  (§.  237.  240  f.);  aber  der  Versuch,  den  Namen 
der  Hebraeer  in  ae^yptischen  Denkmälern  naclizuweisen,  scheint 
misslungen.  Welche  historischen  Elemente  die  Sage  etwa 
enthalten  mag,  vermögen  wir  hier  so  wenig  wie  in  den  meisten 
ähnlichen  Fällen  zu  erkennen.  Jedenfalls  sind  die  Hebraeer 
weder  in  der  Sprache  noch  in  Anschauungen  und  Sitieo  stärker 
▼on  den  Aegyptem  beeinflnsst  als  die  fibrigen  Stämme  Syriens. 
Sicherer  sdidnt,  dass  die  Hetiraeer  lange  Zeit  auf  der  &nvh 
halblnsel  nomadisirt  haben:  wie  den  Griechen  der  Olymp,  so 
gilt  ihnen  noch  in  später  Zeit  der  Sinai  oder  Iloreb  und  das 
Wüstengebirge  Se'ir  im  Süden  Palaesiinas  als  der  Wohnsitz 


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Die  Heimeer  nach  PalMstina. 


340 


iliies  btammgottes  Jahwe.  Denkbar  ist  übrigens  auch,  dass 
der  Sinai  lediglich  als  der  höehste  dem  Volke  bekannte  Berg 
zum  Götterberg  wurde. 

Zu  den  WOstenstämmen  vgl.  Nüluiike,  Ueber  die  Amalekiter,  in 
Orient  und  Oeddent  II,  1864,  614  ff.  Aus  dem  A.T.  haben  die  Moham- 
meduMr  die*«  Namen  kamen  gelernt;  wu  aie  von  ihnen  eftiiden,  lind 
müarige  Biilndnngen  ohne  allen  Werth.  Zu  beachten  iat»  dane  die  nona- 
diaehe  ond  balbnomadisebe  BevMkeruDg  im  Atterthum  wie  gegenwlrtig 
hinflg  wechselt:  alte  Stimme  Ifleen  lieh  anf,  liehen  weg  oder  weiden 
vernichtet«  neue  treten  an  ihre  Stelle;  gelegentlich  erwirbt  ein  Stamm 
vorübergehend  eine  ausgedehnte  Herrschaft.  Daher  treffen  wir  nach 
einigen  Jahrhunderten  durrhv.-^  neue  Namen,  während  die  alten  meist 
«fMirlos  verpchwinden.  —  Die  in  alter  und  neuer  Zeil  viel  verhandelte 
Frage  nach  Pharao  und  Datum  des  Exodus  ist  müssig  und  hat  nur 
für  die  Geschichte  der  jüdisch -christlichen  Ilistorioffraphie  Bedeutung. 
—  Manelho  lirachte  den  Exodus  mit  der  Reformation  C.liuenaten's  in 
Verbiiidung  (§.  226  Anin.).  Was  die  Griechen  erzählen,  beruht  auf  einer 
Verbindung  der  aegyplischen  Traditionen  über  die  Fremdherrschaft  mit 
jUdieefaen  Naehiiehten;  der  CSnHns  des  «weiten  Tempels  wiid  dabei  in 
die  mosaische  Zeit  Teraetst,  die  Tendern  ist  dorelians  JodenMndlich: 
die  Juden  sbid  ein  verworfenes»  von  Aussttiigen  ahetammendes  Volle. 
Jahwe  wohnt  anf  dem  Shmi:  Ued  der  Debora  Jnd.  5,  4  f.  ss  DenU 
33,  2.  Reg.  I,  1».  Ezod.  8,  88  (E.). 

§.  289.  Jedenfalls  ist  die  letzte  Heimatli  der  Hebraeer 
das  waldreicbe  Hochland  Gilead  (richtiger  Gaf  ad)  Mlich  Tom 
Jordan;  auch  ihrName^  0^133)  »Jenseitigen«,  scliemtsie 
als  die  tetlich  vom  Ji»rdan  Wohnenden  za  bezeichnen.  Wann 
und  wie  sie  von  hier  nadi  Westen  yorgednmgm  smd,  dar- 
über haben  sieb  bei  ibnen  weder  hislorisi  he  Traditionen  noch 
Sagen  eriialten:  leditjlicb  die  Tbatsache,  dass  sie  nicht  von 
Anfang  an  in  ihrer  späteren  Ht  imalh  ansässig"  waren,  blieb 
den  Nachkommen  immer  gegenwärtige.  Wir  werden  annehmen 
dürfen,  dass  die  Invasion  in  die  Zeit  der  Wirren  nach  dem 
FaUe  des  Gbetareichs  und  der  Verdrftngang  der  Aagypter  aus 
Syrien,  d«  h«  nind  um  1150  v.  Chr.  anzusetzen  ist;  von  Ckm- 
flicten  mit  den  Aegyptem  in  Eana'an  findet  sich  in  der  hdtNrae- 
Ischen  Tradition  keine  Spar.  Es  ist  mit  Recht  beroerU  worden, 
dass  die  Occupation  des  Westlandes  kein  einheitlicher  Act 


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d50 


Viertes  Buch,  vierter  Aiwcbpitt. 


gewesen  sein  kann,  sondern  sich  älinlich  volUugeii  hat  wie 
etwa  die  Ansiedelung  der  Semiten  in  ßabylonien  (§.  132). 
Die  einzelnen  Stämme  der  Hebraeer  handelten  zunächst  jedier 
för  aicb,  erst  aUm&blich  sind  sie  in  den  neaen  Wohnidtai 
m  einem  einheitlichen  Volke  Tenchmolzen.  An  Macht  and 
militfiriacher  BUdong  waren  die  Kana'anaeer  den  Eindring- 
lingen nnprfini^ich  weit  fUwrlegen;  sie  besaaaen  statte 
Festungen  und  »eiserne  Kriegswagen <  (Jud.  1 ,  19).  Aber 
um  sich  der  fortwälii  tnilon  Raubzüge  zu  erwehren,  mochten  sie 
wohl  geneigt  sein ,  den  EindringlinL'-pn  Land  zur  Bebauung, 
namentlich  im  Gebirg,  abzutreten.  Alimählirh  gelang  es  dann 
den  einzelnen  Stämmen  wenigstens  die  Gebirgslandschaften 
nnd  das  Jordanthal  grö^stentheils  zu  erobern;  die  Kästen- 
ebenen,  die  St&dte  der  Philister  und  das  Gebiet  der  mfich- 
tigen  phoenikischen  Hand^sstftdte  sind  dagegen  niemals  unter- 
woiÜBn,  letztere  schwerlich  je  auch  nur  angegriffen  worden. 
In  manchen  FSllen  worden  die  Kana'anae^  aasgerottet  oder 
geknechtet,  in  anderen  verschmolzen  sie  mit  den  Hebracern 
—  so  wie  es  scheint  in  Sichern,  wo  der  altkana  anaeische 
Adf'l,  die  »Söhne  Ghamor"s«,  neben  den  Israeliten  seine  Stel- 
lung behauptete.  Vielleicht  ist  hier  durch  einen  Vertrag  eine 
Rinigong  d«r  alten  Bevölkerung  mit  den  Eroberern  erzielt 
worden;  wenigstens  finden  wir  als  Hauptgott  der  Stadt  den 
Ba*al  Brtt»  d.  L  »den  Bundeshermc.  Es  yerging  lange  Zeit, 
hu  auch  nur  das  Gebirgsland  von  den  »▼ierzig  Tausendc 
streitbaren  Hannen,  auf  die  das  Deboralied  Israel  schätzt,  ▼611ig 
occupirt  wurde.  Eine  grosse  Anzahl  wichtiger  Städte  —  zum 
Theil  sind  sie  uns  schon  aus  den  Zeiten  Dhutmes'  III.  be- 
kannt —  konnte  nirlit  orobort  werden,  so  Jebus,  Gibe'on, 
Gazer  im  Süden  des  Gebii-ges  Epliraim,  Megiddo,  Ta'nak, 
Bet-I§e'an  u.  a.  im  Norden.  Den  Söhnen  Juda*s,  dem  im 
Süden  sich  festsetzenden  hebraeiscben  Stamm,  gelang  nur  die 
Erohemng  des  Gebirges  und  die  theilweise  Verdifingong  der 
Amakqitw  aus  der  Landschaft  Negeh ;  hier  verschniohgen  sie  mit 
zahlreichen  ursprünglich  nicht  zu  den  »Söhnen  Jakob'sc  ge- 
rechneten Stibnmen,  wie  Ealeb  (in  Hebron),  Qain,  QenaZy 


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Eindrixigeii  der  hebraeiscbea  SUUnme  in  Palaesliaa.  ^1 

die  spater  offenbar  d  ri  IIauptbe>tandthetl  des  Stammes  hildnn. 
Der  Stamm  Dan  konnte  lange  keine  festen  Wohnsitze  ge- 
wliiDenf  bis  ihm  schliesslich  die  Eroberung  der  von  Phoeoi* 
kern  bewohnten  Stadt  Laü  (sp&ter  Dan)  am  Fasse  des 
Qecmon  in  der  Nähe  der  Jordanqnellen  gelang*  Bei  einem 
ähnlichen  Untemdinien  gegen  Skiern  sehehien  die  Stftmme 
Lew!  und  Simcfon  ihren  Üntergang  gefonden  m  haben;  ihre 
letzten  Reste  sind  in  die  übrigen  Stämme  aufgegangen. 

Ueber  die  Quellen  und  ihren  Werth  venroUe  ich  auf  meinen  Auf- 
satz: Kritik  der  Berichte  Ober  die  Eroberung  Palaestina's,  Z.  aUt.  WIm. 
I,  117  ff.  nebst  Stade's-  Nachwort.  Df^r  Jahwisl  gab  nur  eine  ganz  knappe 
Darstellung  der  Eroberung,  die  im  wesentlichen  ledii'lirh  rirve  Schilderung 
der  Verhältnisse  zu  Anfang  der  Königszeit  ist:  ihm  geiioren  die  werth- 
vollf»n  Notizen  in  Jud.  1,  Einzelne  Stanimsageu  und  Namenserklänmgen 
kuiniiu  n  hinzu.  Eine  zasammenbäiigeiide  Geschichte  hat  erst  der  Elohist 
geschaffen,  durchaus  nach  rehgiteeo  Gesichtspunkten.  Er  fflhrt  als 
BtnlBliflnr  JiMua  «In,  d.  i«  tkutn  ephndfliiliidMii  Stommiwawn,  d«r  dem 
lahwifliii  ebenao  «mbekaimt  ift  wie  die  Priailer  Aharon  und  ETitar. 
Deneben  siod  BroeheHIcke  alter  Lieder  fthehlidi  anf  die  Erolierang»- 
geeebiehte  beugen  (Nmn.  Sl.  Joe.  10,  18)  o.  ft.  hi  WlrUiehkeil  ifaid  in 
den BQchem Hnmeri  Deut.  Josua  historische  Angaben  gar  nicht,  reine 
Sagen  nor  sehr  wenig  n  finden.  Dass  die  Eroberung  vom  Oa^jordan- 
Uunde  aus,  nicht  etwa  vom  Süden  her  stattfand,  ist  das  einzige,  was  als 
Kern  der  Tradition  bestehen  bleibt  und  um  so  sicherer  historisch  ist, 
weil  es  mit  dem  Verlauf  dfr  Sagengeschichte,  die  die  Israeliten  aus 
Aegypten  kommen  iSsst,  eigentlich  im  Widerspruch  steht.  —  Der  Stamm 
Joda  ist  er«t  durch  David's  Kdnigthum  consolidirt,  und  fast  könnte  es 
scheinen,  als  ob  ihm  überhaupt  hebraeische  Elemente  ganz  fehlten  und  er 
mit  Unrecht  zu  den  Söhnen  Jakob *s  gerechnet  wQrde.  In  der  Ricbtendt 
isl  von  ihm  nicht  die  Rede,  das  DelMvinlied  erwihnt  ibn  niebt;  die 
Bnnent  wertbToQen  Aogalwa  in  Jod.  1  sind  um  850  niedeigeeebriel>en 
und  bewenen  natflrfieh  nur  fOr  die  Anffiueung  dieier  Zeit,  hn  Qbrigen 
▼gL  WuxHAnonr,  De  fentibna  et  hm.  Jndaeie»  GOtt,  1870*  ^  Tempelsefe 
Ton  Dan  :  Jud.  17.  18 ;  die  Angaben  des  6.  Josua  über  die  ursprQngliche  An- 
sieileh'n^  Daii*s  an  der  Grenxe  dw  Philister  (bei  ^*a  and  Eitaol,  vgl.  Jud. 
18,  2.  13,  2)  sind  wohl  willkührliche  Construction ;  Jud.  1  erwfthnt  Dan 
nicht  [v.  34 — 86  «^ind  Interp«"»!:»? ioni,  Jud.  18,  1  »der  Stamm  Dan  suchte 
sich  einpn  Wohnsilz,  denn  bis  dahin  war  ihm  k^in  Be<?ilz  zugefallen  unter 
den  Stämmen  Israelsc,  schliesst  die  Annahme  früherer  Au'^iedelung  eigent- 
lich aus.  Ein  Versuch  sich  im  Philistergebiete  festzusetsen  (Simson),  kann 
allerdinp  unternommen  sein.   Die  Beziehung  von  Jud.  5,  17  ist  unklar; 


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352 


Viert«  Bueb,  viefter  Afatehnitt 


die  geecbiehtliehen  Bflelier  liennen  Dan  nur  in  Luk  —  Ueber  Simeon  und 
Lein  geben  der  Segen  JAkoVs,  Gen.  49*  5  ff.  und  der  jabwisüsebe  Thdl 
der  IMnagescbichte,  Gen.  94  Andeutungen»  die  eine  vOUige  AufUinmg 
niebt  sulaasen;  der  elobletiecbe  Beriebt  In  Gen.  84  (vgl.  48,  22)  ist  eplten 
Enteteliong.  Naeb  Jod.  1  ?erbindet  sieh  Simcfon  mit  Juda  und  erobert 
*Arad  [dies  ist  Jud.  1,  17  fOr  $pat  aus  16  einsnsetien»  s.  Z.  aht.  W. 
I«  182]  oder  Qorma  im  Negeb;  sonst  finden  sieb  Ober  ibn  keine  wdiem 
Naebricbten,  der  Segen  Moses«  Deut  88,  flbergebt  ibn.  Üeber  Lewi  t. 
|.  812.  ~  Im  allgemeinen  v^.  Ghap,  Der  Stamm  Simeon,  Progr.  MeisMa 
1888.  Dass  die  Angaben  Ober  die  Landtbeilung  im  B.  Josoa  willkfibriicbe 
Gonstruetionen  [z.  ß.  wird  Jerusalem  gegen  Jos.  15,  88*  Jud.  1,  21  und 
alle  anderen  authentiscfaen  Nachrichten  zu  Benjamin,  anstatt  zu  Juda 
gereebnel],  die  Berichte  in  der  Chronik  werthlose  Fälscbungen  (Wnir 
aAosBH»  Gescb.  Isr.  1,  220  ff.)  sind,  sei  bier  nocbroals  benrorgeboben. 

§.  290.  OesUich  vom  Jordan  behauptete  sich  der  Stamm 
Gad  in  der  Gebirgslandschafl  Gilead,  dem  älteren  Wobnsitz 
der  hebraeischen  Stämme,  mit  den  alten  Hdligthümem  Ha- 
chanaim,  Pnchel,  Masseba^);  während  weiter  südHcli  der 
Stamm  Ii  üben  durrli  Kämpfe  mit  Moab  aufgerie1)eTi  ward; 
im  Norden,  in  den  Landschaften  Basan  und  Gesür  hielt  sich 
die  aramaeische  Bevölkerung.  Westlich  vom  Jordan  wird  im 
Norden  das  gebirgige  Hinterland  der  Pboenikerstädte  Tyras, 
Akzib,  Akko  südlich  vom  Leontes  von  den  Stämmen  Ascher, 
Naphtali,  [Dan],  Zebuion  besetzt,  doch  mit  Ausnahme  der 
wichtigeren  Städte  wie  Bet-'Anat  und  Rol-Seme§.  Bei  weitem 
der  grösste  und  mächtigste  Stamm  aber  ist  Joseph,  dessen 
zahlreicl^n  Geschlechtern  und  Unterstämmen  das  ganze  Ge- 
birgsland  Ephraim  (von  Jerusalem  bis  zum  Karmel)  angehdrt, 
allerdings  mit  Ausschluss  der  wichtigsten  289  aufgezählten 
Städte.  Mit  den  nördlichen  Städten  scheinen,  namentlich  um 
den  Besitz  der  fruchtbaren,  vom  Qison  durciillussenen  Ebene 
Jezra*el,  zahlreiche  Kämpfe  gelührt  worden  zu  sein;  von  einem 
derselben  hat  sich  durch  das  Lied  der  Debora  die  Kunde 
erhalten.  Auch  östlich  vom  Jordan  sassen  josephische  Stämme, 
Ja*fr  und  Makir«  wie  der  Name  »die  Zeltdörfer  Ja*lr's<  (n^n 


')  Auch  Rama,  Jos.  13,  26.    In  Gen.  31,  49  isi  der  Name  we^n 
seines  aostössigen  Sinnes  (Opferstein)  in  Mi$pa  geändert. 


Die  einzelnen  Stämme.   Vormacht  Joseph's, 


353 


"T'K^,  Nuni.  32,  41;  vgl.  Jud.  10,  3  ff.j  beweist,  ursprünglich 
als  Nomaden. 

Für  Rüben  sind  die  Aussprüche  im  Segen  Jakob's  und  Mose's 
(Gen.  49,  3,  Deul.  33,  6)  charakteristiscli.  Ephraim  ist  Local-,  nicht 
Slamrauame,  wird  auch  durchweg  als  Name  des  Gebirgslandes  jrebraucht. 
Zu  Joseph  gehören  nicht  nur  Ephraim  und  Manasse,  sondern  oflenbar 
auch  Isascbar  (Issakar)  und  der  Stamm  der  Jemini  (Benjamin,  s.  Sam. 
0, 19,  21),  die  daher  Jud.  1  übergangen  werden.  Letzteren  gehört  die  Um- 
gebimg Jericho*s  mit  der  GultiUBtätte  Gilgal,  ferner  das  Gebirge  bei  Gib'a ; 
die  spftten  Pfagmfttil  hat  hier  mehr  als  mst  die  biatDrischen  VerhAUnisse 
verdreht  uod  ihm  i.  B,  Jeruaalem  uod  Bet-el  zugiewieeen.  Im  ftbrigen 
vgl.  die  treffliche  Karte  von  Stade  in  ieiner  Gesch.  d.  V.  Unr.  —  Jud.  12, 
1  m  ist  eine  sinnlose  Copie  Yon  Jud.  6, 1—8  [Wellhausbh  In  Blbkk*s  Ein* 
leitung  195];  sonst  kflnnte  man  daraus  auf  Kampfe  zwischen  Ephraim 
uod  den  Güeaditen  schlieflsen. 

§.  291.   An  den  Stamm  Joseph  knüpft  die  Bildung  der 

hebraeischen  Nation  an;  an  die  mächtigen  Bewohner  des  Ge- 
birges Ephraim  haben  sich  die  übrigen  Stämme  allmahlicli  an- 
geschlossen. Oflenbar  hat  hier  der  eigentlich  nationale  Name  des 
Volks,  Israel  d.  L  »Streiter  El'sc,  oder  was  dasselbe  sagt,  »Söhne 
kraelse,  seinen  Ursprung  genommen.  Der  Heros  Jakob,  auf 
den  man  die  einzdnen  Stämme  zurQckfQhrte ,  hat  seinen 
Wohnsitz  in  Sichern  und  Bet-el,  ausserdem  gilt  er  als  Gründer 
der  gileaditischen  Heüigthümer.  Die  AUäre  Jahwe's  in  Bei-el 
[bei  der  Eiche  Bokim,  Jud.  2,  1  a.  5  b,  vgl.  Gen.  35,  8], 
der  Tempel,  den  man  ihm  in  Silo  erbaute,  werden  als  natio- 
oale  Heiltgthfimer  betrachtet.  Als  die  Kana*anaeer  in  den  Städten 
des  Qisonthales  sich  zu  neuer  Macht  erhoben  und  die  benach- 
barten hebraeischen  Stämme,  wie  es  scheint  namentlich  durch 
Raubzüge,  bedrückten,  da  vereinigten  sich  Isaschar,  Ephraim, 
Benjamin,  Makir,  Zebulon^  Naphtali  zu  gemeinsamem  Kampf, 
ond  die  Stämme,  welche  fem  blieben,  Ascher  und  Dan, 
Ruhen  und  Gilead  [d.  1.  Gad]  werden  wegen  ihrer  Feigheit 
arg  verspottet.  Unter  Jahwe's  des  Kriegsgottes  Schutz  wurde 
bei  Ta'nak  am  (Jisoii  gegen  die  vereinigten  Könige  Kana'ans 
(Jud.  5,  19)  ein  glänzender  Sieg  erfochten;  der  Oberkönig 
Sisera  ward  auf  der  Flucht  erschlagen.   Das  Lied ,  welches 

Mey^r»  GeMUefato  dM  Altertliiimi.  L  ^ 


S54 


Viertes  Buch,  vkrter  AbMlmilt, 


den  Sieg  feiert  —  der  älteste  uns  erhaltene  und  begreiflicher- 
weise nur  zum  Theii  verständliche  Ueberrest  der  hebraeischen 
Ltteratnr  —  ist  ein  groesartiges  Denkmal  des  erwachenden 
fsraeliUflehen  NationalgefOhlB.  Um  so  bezeichnender  ist  es, 
dass  Inda  in  ihm  gar  nicht  erwähnt  wird. 

Israel  ist  Slainmname  wie  Isma'el,  JeruchiuVl  u.  a.  Dass  auch 
Jakob,  Lea,  Habel  u.  a.  uissprüiiglich  Stammuamen  seien,  wie  Staube 
LdH  und  Rftbd,  Z.  «Itt.  Witt.  I,  IIS  IL  annimmt,  «elMfait  Biir  doch 
swflifiBlhaft.  ~-  Fttr  den  Kampf  gegen  Siaefa  darf  nur  daa  fUaeblich 
der  Debora  logeaehiiebeiia  Ued  Jnd.  5  als  QneUe  bennlit  weideii; 
die  Geaehiehtaewlhlniig  in  Jod.  4  iat  lediglich  ans  demeeliicn  herane- 
gesponiken  und  voll  von  Vergröl>erungen  mid  Miaffveielindniiaeo,  e. 
WniBAOBDi  in  Bijbk*s  Einleitong  187  ff. 

§.  292.  In  Folge  der  Eroberung  haben  die  Hebraeer 
sich  auch  die  hohe  Goltur  der  älteren  Bewohner  Kana*an8 

wenigstens  tlieilweise  nngeeignet.  Vor  allem  die  Scliiilt ;  diesem 
T^mstande  verdanken  wir  es,  dass  aus  Zeiten,  in  denen  das 
Volk  sich  erst  bildete,  uns  vvciii^-'-l  'ns  einige  Nachrichten  er- 
hallen sind.  Ferner  manche  Ansciiauung  und  Kunstfertigkeit; 
s.  B.  lernte  man  mit  Metall  überzogene,  reichverzierte  Bilder 
dar  Gottheit  yerfertigen«  Freilich  es  den  Eana^anaeem  in 
der  Industrie  nnd  Kunst  glelchzuthun  haben  die  Hebraeer  nie 
gdemt,  und  ebenso  empörte  sich  der  gesunde  Sinn  des  Wdsten* 
Volkes  inuner  gegen  roandie  Auswttebse  der  Oiltur,  wie  die 
complicirten  Riten  der  Zauberei  und  Todtenbeschwörung  und 
das  in  den  Städten  weit  verbreitete  Laster  der  Päderastie. 
Dergleichen  war  ihnen  zu  allen  Zeiten  »ein  Gräuel  vor  Jahwe«. 
Auch  politiscli  blieben  die  einfachen  Verhältnisse  der  alteren 
Lebensweise  im  wesentlichen  bestehen.  Zwar  war  man  zu 
sesshaftem  Leben  übergegangen  und  baute  Getrekle,  Wein 
und  Od;  aber  das  Band,  welches  die  Nomadenstfimme  zn- 
sanmienhält,  war  durch  die  Weise  der  OcmqMitton,  wo  dn 
Geschlecht  hier,  eki  anderes  dort  sich  niedergelassMi  und  zu- 
nächst für  sich  selbst  zu  sorgen  hatte,  eher  gelockert  als  fester 
gezogen.  Wir  finden  in  den  einzelnen  Ortschaften  RiclittT 
und  iieerführer,  die  den  Herrscherstab  tragen  (Jud.  5,  14), 
die  waffenfähige  Mannschaft  des  biamnies  tritt  in  Zeiten  der 


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Innen  VerhUtniMe, 


355 


Noth  zom  Kampf  zusammen  und  unzweifelhaft  berathen  die 
Häupter  der  Gesehlecbter  gemeinschaftlich  Ober  «icfaüge  An- 
gelegenheiten. Aber  daneben  aueht  audi  das  dnzelne  Ge- 
seUecht  unter  eeinem  Haupte  zur  Abwehr  oder  auf  Ranb 

aus  —  nicht  dine  dass  im  Falle  des  Sieges  die  Stammes- 
genossen die  Klage  erlieben,  wuiuiii  nicht  auch  sie  zur  Ge- 
winnung der  Beute  mit  aufgerufen  seien  (Jud.  8,  1 — 3).  Dem 
entspricht  es ,  dnss  z.  B.  das  Recht  der  Bkitrache  in  vollem 
Umfange  gilt  (Jud.  8,  18  flf.),  dass  der  National-  und  Schlachten- 
gott Jahwe  nicht  nur  an  den  Hauptcultoestätten  des  Landes 
oder  miter  alten  Eichen,  bei  alten  Steinen  geehrt  wird,  son- 
dern reiche  Leute  auch  wohl  ein  ebenes  Heiligthum  mit 
GdtterbOd  und  Priestier  für  sich  und  ihr  Geschlecht  grflnden 
(Jud.  8,  2Ö  f.  17,  5  ff.).  Wenn  es  Stammesoberhäupter  gab 
—  Sanigar  und  Ja'el,  Jud.  (1,  scheinen  in  J^phi-aim  eine 
derartige  Stellung  eingenommen  m  haben  —  so  war  ihre 
Macht  jedenfalls  auf  ein  Minimum  zusammengeschrumpft.  So 
bereift  es  sich,  dass  selbst  weit  schwächere  Feinde  den  Söhnen 
Israels  äusserst  gefährlich  werden  konnten,  und  dass  bei  der 
Masse  der  Bevölkerung  der  Wunsch  nach  einer  festeren  staat- 
lichen Ordnung,  nach  Aufrichtung  eines  Eönigthums  immer 
stArker  hervortrat. 

Bedrängnis«  durch  die  Nachbarstämme.  Anfänge  des  Känigtbums« 

~  §.  298.  Was  ilen  iiebraeern  im  wesentliciu  n  gelungen 
war,  suchten  die  benachbarten  Wüsteustämme  begreif licher- 
weise  nachzuahmen,  und  nnn  ihrerseits  jenen  das  Culturland 
zu  entreissen.  Einzelne  Nachrichten  von  derartigen  Vorgängen 
haben  sich  uns  erhalten,  Dass  *Ammon  und  Gilead  sich  fort- 
während bekämpften,  ist  begreiflich  genug;  ein  Reflex  davon 
ist  in  der  Jepht ablegende  erhalten.  Eine  benjaminitische  Sage 
erzählt j  dass  Küni^'  Eglon  von  Moab  den  seinem  Gebiete 
gegenuljerwohnenden  Stamm  Benjamin  unterworfen  habe,  bis 
Ehud  (der  tponymus  eines  benj.  Clans)  ihn  ermordete  und 
der  Stamm  die  Unabhängigkeit  wiedergewann.  Wichtiger  war 


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350 


Viertes  Buch,  vierter  Abschuilt 


das  Eindringen  der  südlichen  Wüslenstämme.  Im  Deboraliede 
wird  gelegentlich  erwähnt,  dass  ein  Nomade  vom  Stamm 
Qain  mitten  in  Israel  seine  Zelte  hatte;  derartigen  Medlicheii 
Ansiedelungen  gingen  Raubzüge  zur  Seite.  So  war  Juda  fort- 
währenden Raubzügen  der  'Anialeqiter  ausgesetzt  (ygl.  Sem. 

I,  14,  48.  15,  33),  und  ein  allerdings  durchaus  secuudarer 
Bericht  erzählt,  dass  Midian  Israel  schwer  bedrückt  und  ge- 
zwungen habe,  in  Höhlen  und  Bergschluchten  seine  Zuflucht 
zu  nehmen  [vgl.  übrigens  Sam.  I,  13,  6],  dass  die  Piün* 
derungszüge  jedes  Jahr  zur  Zeit  der  Ernte  wiederholt  seien, 
dass  »Midian  und  'Amaleq  und  alle  Söhne  des  Ostensc  in 
Schwärmen  ohne  Zahl  «Mngcfallen  seien.  Das  ist  jedenfalls 
ubertrieben;  aber  richtig  wird  sein,  dass  die  Midianiter  ihre 
Raubzüge  nach  Giiead  und  Ephraün  ausdehnten  und  von 
Jahr  zu  Jahr  wiederholten. 

Dio  .Tophiahgeschichte  dient  lediglich  zur  .1liolor,Mschen  Erklärung 
des  Festritus.  Jud.  11,  40,  s.  ^VKLI hausen,  Einleitung'  195.  Ueber  dir^ 
Ehuderzählung  s.  Stade,  Z.  alt  WisB.  1,  843  -  'PDl  pt^D^  plD 
Onp  ^^3  nur  ^ud.  6,  3.  SS.  7,  12;  sonst  ist  in  beiden  Verdonen  der 
Gid^ongesehichte  immer  nur  von  Midian  die  Rede«  Jud.  6,  5  ist  Gopie 
▼on  7.  12.  —  Nebenbei  bemerkt  ist  Jad.  5,  M  fOr  pböVD  ""^  ^ 
pOyD  zu  lesen,  und  12,  15  dOrfte  comipt  sein«  *Amaieqiter  im  eigent* 
liehen  PalaestSna  hat  es  nicht  gegeben  (gegen  NOLnrn,  Or.  und  Oec. 

II.  624). 

§.  294.  Die  Befreiung  von  diesem  Druclce  gelang  Gid'on 
oder  Jerubba'al,  dem  Haupte  des  angesehenen  manassitischen 

Geschlechts  Abi'ezer.  Um  die  Erschlafrun^r  seiner  Brüder 
durch  zwei  midianitische  Fürsten,  ofi'enbar  auf  einem  Raul)- 
zug,  zu  rächen,  setzte  er  diesen  mit  300  Mann,  der  waltea* 
fähigen  Mannschaft  seines  Geschlechtes,  über  den  Jordan  nacb, 
nahm  sie  gefangen,  und  kehrte  mit  reicher  Beute  —  er  er- 
richtete daraus  dem  Jahwe  ein  ^Idenes  Standbild  in  seiner 
Heimath  'Ophra  —  zurück.  tnloadiiis'  In  ii  Städte  bukkui 
und  Pnu'el,  die  ilini  ihre  Hülle  verweigert  hatten,  wurden 
hart  gezüchtigt.  In  Folge  des  Sieges  wurde  er  von  den 
josephischen  Stämmen  als  König,  d.  h.  als  oberster  Richter 


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Kölligthum  Gideon's  und  Abimelek's, 


357 


und  Heerführer,  anerkannt«  Von  seinen  Söhnen  folgte  ihm 
Abimelek  [d.  i.  »mein  Vater  ist  König«],  den  die  Verwandten 
seiner  Mutter,  ein  sichemitisches  Adelsgeschlecht,  unterstützten ; 
seine  sämmtlichen  Brüder,  angeblich  70,  liess  er  ermorden. 
Bald  icara  es  indessen  zu  Streitigkeiten  zwischen  dem  König 
und  dem  auf  seine  altkana'anaeische  Abstammung  stolzen 
Adel  Ton  Sichern  (§.  289).  Derselbe  wollte  Ton  der  alten 
Gewohnheit  des  Wegelagems  und  Raubens,  welche  das  neue 
Königthum  nicht  dulden  konnte,  nicht  ablassen ;  »sie  legten^) 
Hinterhalte  auf  den  Berggipfeln  und  beraubten  jeden,  der  auf 
der  Strasse  vorüberzog«.  Von  dem  königlichen  Commandanten 
Zebul  in  Sichem  unterstützt,  kam  Abimelek  den  Aufständischen 
zaTor.  Em  Theil  derselben  wurde  vor  Sichem  überwältigt; 
»die  Herren  der  Feste  Sichem«  kamen  in  den  Flammen  d^ 
Tempelbur^r  (?)  des  ßa'al-Brit  um.  Als  dann  Abimelek  auch  die 
Festun<r  1  ebes  eroberte,  fand  er  bei  der  Erstürmung  durch 
einen  Steinwurf  seinen  Tod.  —  Hier  bricht  unser  Bericht  ab; 
jedenfalls  hat  das  Königthum  den  Fall  Abimelek*s  nicht  über- 
lebt. In  welchem  zeitlichen  Verhältniss  diese  Episode  zu  den 
späteren  Ereignissen  steht,  entzieht  sich  völlig  unserer  Kenntniss. 

Zor  Kritik  vgl.  neben  9toder*s  Coinroentar  Wellkausen  in  Blekk*s 
Einl.  190  fLi  weiteres  hoffe  ich  demnächst  anssufahren.  Einen  zwar 
vielfach  gekOrzten  und  verstümmelten,  aber  unzweifelhaft  auf  gleichseitige 
Nachrichten  zurückgehenden  Bericht  haben  wir  Jud.  8,  4— 27  a.  9,  1— 5a. 
6.  23  a.  25-41.  46-54;  —  8,  10  b.  22.  23.  27b-35  sind  Interpolationen 
venchiedpnen  Datums.  Dass  Gideon  die  KOnigswQrde  nicht  ablehnte, . 
leipt  der  Zusammenhang  deutlich  genug;  für  seine  frClhere  Stellung  s. 
V.  18.  In  der  Abimelekgeschichte  ist  die  Erzählung'  von  Jotam  9,  5  h« 
7  -21  'ieutiich  eine  unhistorische  Einlage,  aber  sehr  alt.  An  sie  schliessen 
V.  2db.  24,  42—45.  55-57,  worin  Jotam's  Fluch  erfüllt  wird.  Die  Er- 
zählung von  der  Zerstörung  Sichems  (42—45)  ist  sinnlos  und  steht  im 
Widerspruch  mit  Reg.  1 ,  12.  —  Ueber  Gid'on  haben  wir  noch  einen 
«weiten  völlig  legendenhaften,  aber  doch  ziemlich  allen  Bericht  6,  11—24. 
33.  34.  7,  8  c— 8,  :3,  der  von  zahlreichen  Intpr{U)lationen  vers(  liiodenen 
Datums  Öherwuchert  ist,  —  Vgl.  noch  Jes.  10,  26.  Sam.  Ii,  11,  21.  — 


0  Jud.  9,  25  ist  ^  (»sie  legten  ihm  Hinterhalte«)  sinnlos  und 
doreh  die  Einsehiebung  von  v.  23  b.  24  veranlassL 


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358 


Viertes  Boeli,  vierier  Abeclmitt. 


Auf  eiiit-  lifihe  von  Eiiizi'lt'ra{.'pii  (7..  B.  Aber  (Jii'.il  9,  26  (T.  und  die  »reste 
Sidtem«)  erlaubt  die  arge  Verstümmelung  dea  Berichts  keine  Antwort, 

Itormbafl  dtr  PMHttor.  DI«  Krl^H  M't  ui  OavUrt. 

§.  295.  Die  weDigen  hisber  besprochenen  Nadirichten 
über  die  älteste  Geschichte  der  Hebraeer  stehen  durchweg  ab- 

f,'erissen  und  völlig  isolirt  da  und  beziehen  sich  überdies  fast  aiis^ 
schliesslich  auf  die  Joseplüsclien  Slämrne:  der  Zeit  nach  fallen 
sie  jedenfal)<5  ins  11.  Jahrhundert  v.  Chr.  Eine  zusammen- 
hanjjende  Kunde  beginnt  erst  mit  der  Unterwerfung  Israel?  diu'ch 
die  Philister.  Wie  es  scheint,  sind  die  Kampfe  gegen  diese, 
deren  Anlass  wohl  ein  Versuch  der  Hebraeer  war,  die  Küsten- 
ebene (äaron  westl.  vom  6b.  Ephraim  ond  äephela  wesU. 
vom  6b.  Juda)  zu  oecupiren,  vide  Jahre  lang  geCQhrt  worden ; 
einen  Reflex  derselben  bieten  die  etwa  im  nennten  Jahilnm* 
dert  aufgezeichneten  Sirosonsagen  [vgl.  Jnd.  14,  4].  SchHessUdi 
gelang  den  Philistern  ein  entscheidender  Schlag.  Bei  Kben- 
ha'ezer  wurde  der  israelitische  llecrbarHi  \()\\\^  geschlagen,  die 
s-Lade  Jahwes«,  ein  altes  Symbol  des  Knegsgoltes,  wie  es 
scheint  ein  Kasten,  in  dem  zwei  heilige  Steine  bewahrt  wurden, 
das  man  aus  dem  Tempel  von  Silo  herbeigeholt  hatte,  fiel  in 
die  Hände  der  Feinde,  ja  wahrscheinlich  ist  damals  der  Tempel 
Ton  Silo  selbst  zerstört  worden  (Jerem.  7«  14.  26,  6,  vgl 
Jttd.  18,  31).  Wenigstens  der  südliche  Theil  Ephraims  gerieth 
ganz  In  Abhängigkeit  von  den  Philistern,  m  6ib^a  in  Ben* 
jamin  rcsidirte  ein  philistaeischer  Statthalter  (Sam  I,  10,  5. 
13,  8).  Eine  allerdings  später  einjrofscliobene  Notiz  berichtet 
sogar,  die  Philister  hätten  den  Hebraeern  den  Gebrauch  von 
Waüen  und  die  Ausübung  di  s  Schmiedehand werks  untersagt 
—  wie  König  Porsena  den  Römern. 

Das  »Bach  der  Biehter«  war  ursprOagUeh  eine  lose  Zasunmea^ 
flUlluDg  von  Enlhlnngeii  Ober  die  Zeit  vor  den  KOnigeii;  vgl  Srain, 
Z.  «Itl.  Wim.  I,  S39.  Soboa  in  ilterea  BearbMlnDgen  ist  die  Folge  der» 
■elben  als  eine  seitliche  auf^fiust,  deiin  weiter  die  Wirksamkeit  der 
Helden  auf  ganz  Israel  ausgedehnt.  Der  deuter.  Bearbeiter  hat  dann 
ein  festes  chionologisebee  Sohema  aufgestellt,  dessen  Beechaffenheit 


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Philisterberrflchaft.   Erhebung  Saul  s.  359 

NöLDEKE,  Unters ucb  11  rn^^en  zur  Kritik  des  A.T.  dargelegt  hat,  ferner  'Eli 
und  Samuel  zu  »Hiehtern«  gemacht.  Auch  Ki;^nn  Hi^^atain  von  Naha- 
rain  ')  und  'ütniel,  Jud.  3,  7  —  11,  sind  von  üim  eingetügl.  Ausserhalb 
des  Schemas  stehen  die  nach  später  eingesetzten  sechs  kleinen  Richter 
3.  31  [aas  5,  6  entnommen],  1 — 5.  12,  8  —  15,  die  aus  personificirten 
Geschlechtsnamen  hervorgegangen  sind.  Der  Namp  »Richter«  D''D3tt7 
=  suffetae  findet  sich  noch  an  den  späten  Stellen  taara.  11,  11,  7.  Reg. 
n,  23,  22,  Ruth  1,  1.  Er  ist  wohl  von  dem  phoen.  Titel  hergenommen 
(vgl.  Arnos  2,  3)  und  soll  etwa  »ITalhkf  nigrc  ludiMjtt'n  (Joseph,  upyr^-tz 
7j  ßastXe!?).  Die  Aiischauung  von  d^v  lan^'^Mi  Uauer  der  »Richtei/.eit« 
beruht  erst  aut  liem  deuteron.  Sciieuia  und  ist  den  älteren  Erzählungen 
vfillig  fremd.  —  In  der  Siiu-ongeschichte  dehnt  Steinthal,  Z.  f.  Völker- 
psychologie II  die  mythischen  Elemente  viel  7.u  weit  aus.  Die  meisten  der 
Errihlangen  sind  volksthümliche  Anekdoten ;  die  Erinnerung  an  die  Phi- 
listernoth  gibt  den  historischen  Hintergrund.  Vgl.  Wfxlhaüsen,  Einlei- 
tmig  lOtJ.  Dass  Jud.  20.  21  ungeschichtlich  ist,  hat  Wlli.hauskn,  Gesch. 
hr.  I.  245  erwiesen.  —  xNoch  weit  mehr  als  im  liichterbuche  hat  die 
Fäi><iiuiig  HU  Anfang  des  H.  Sam.  gewuchert;  Samuel's  Sieg  über  die  Phi- 
lister Sam.  I,  7  ist  theologische  Erfindung.  Dagegen  ist  die  Geschichte 
der  Lade  c.  4 — 6  sehr  alt,  aber  natürlich  von  der  Tradition  legendarisch 
(ungestalteL  —  Ueber  Sam.  I,  13,  lU— 22  s.  Wellhausen,  Text  B.  Sam.  85. 

§.  296.  Die  Herrschaft  der  Philister  muss  geraume  Zeit 
(etwa  zwei  Generalionen)  gedauert  hüben.  Da  gab  (etwa  um 
1000  V.  Chr.)  ein  edler  Benjaminit,  Saul,  der  Sohn  des  Qis,  das 
Signal  zum  Aufstand.  Den  ersten  Schlag,  so  scheint  es,  führte 
sein  Sohn  Jonatan  aus;  er  erschlug  den  phiiistaeisehen  Statt- 
halter zu  Gib^a.  Als  dann  die  Philister  heranrückten,  trat 
ihnen  Saul  mit  600  Mann  entgegen  und  erfocht  bei  Gib'a 
und  Mikmas  einen  Sieg,  der  die  Freiheit  von  Benjamin  und 
Ephraim  sicherte.  Saul  wurde  zum  König  erhoben  und  ver- 
sUmd  es,  während  er  mit  den  Philistern  den  Kampf  ununter- 
brochen fortsetzen  musste,  nach  Norden  und  Süden  seine 
Macht  auszudehnen.  Als  die  Stadt  JabeS  in  Gilead  von  dem 
'Aiiiiiioniterkönig  Nahas  hart  bedrängt  wurde,  eilte  er  ihr  zu 
Hülfe;  der  Entsatz  gelang  und  die  Macht  des  Königs  wurde 


*}  Woher  dieser  Naftie  genommen  Ist,  wissen  wir  nicht;  *OlnieI 
stammt  ans  Jod.  1.  Historisches  enthftlt  die  lediglich  «us  Phrasen  be- 
stehende  Enfthlung  nicht. 


360 


Tiflrt0B  Blieb,  viert«  Absebnitl. 


auch  jenseits  des  Jordan  anerkannt  YH»  weit  äe  sich  na«b 
Norden  erstreckte,  wissen  wir  nicht;  im  Sfiden  standen  die 
Stämme  Juda  (um  Betlehem),  Qain  (vgl  Sam.  [,  15,  6), 

Ealeb,  Jerachm'el  (vgl.  Sam  I,  27,  10)  unter  seiner  Herrschaft. 
Er  erfocht  hier  einen  gefi  ierlen  Sieg  über  die  'Amaiciiiter : 
ihr  Ki'm']^  Agag  wurde  gefangen  und  an  <lor  allen  benjanjioi- 
tischeu  Cullussiatte  Gilgal  dem  Jahwe  slIh  Opfer  dargebracht. 

Für  die  Dauer  der  riiiliäterhemchat'i  gibt,  talk  der  Slaniinbaum 
Sun.  I,  14,  3  Quthentiseh  i«t,  einen  Anhalt,  dass  bei  Eben-lia^einr  Pine^, 
der  Bofan  des  Priestera  *Eli  fiel,  sd  Saure  Zelt  dee  lelileieii  Urenkel  Priaeter 
war.  —  Die  Ctasebkhte  Saiil*8  Ist  eo  arg  entetelit  ind  laekeohaft,  daes 
«ir  aof  die  Gewfnnong  eines  sicheren  historiseheii  Znsanimenlianses 
werden  Tsnicliten  mfiswn.  NamenUieh  dnrcfa  die  EittHeehtanf  Ssmtiel'e 
ist  hier  alles  umgeworfen.  Tn  der  alten  legendenarligen  Erzählung^  Sam.  I, 
9i  1—10.  1^'.  ist  Samuel  ein  »Seher«  in  Rama,  der  in  Sani  den  Retter 
seines  Volks  erkennt,  hasa  es  einen  Seher  dieses  Namens  gegeben  hat, 
von  dem  «ich  vielleicht  Sani  Omkel  erthcilon  Hess,  ist  ja  niiV'ifl\ 
denkbar  uuch,  da««  er  es  war,  der  die  Opferung  Aj^ag'';  vollzog.  Sam.  I, 
15.  32  f.,  aber  alle:*  weitere  ist  vAlli^'  unhislorisrli.  Die  Jugendgt  schiclit'? 
Samuers,  c.  1—3,  ist  eine  ziemlich  harrulost^  Legende,  die  nebenbei  auch 
den  Sturz  des  rriestergeschlechU»  'Eli  eikläreii  soll;  alles  andere  ist  be- 
wusste  Umgestaltung.  Zunächst  galt  es  zu  erklären,  warum  SauKs  Haus  ge« 
■fcttnt  wurde,  nod  Davidy Usurpation  als  moralisoh  imd  religiös  gereehl- 
liRtigt  htnsosteilen;  später  hatte  man  den  Idealen  des  DenteroniMiifaiffls 
und  der  exillseben  Zeit  Reebnung  sn  tragen:  Samuel  wurde  sum  reebt* 
mlssigen  theokraUschen  Herrseber  gemacht,  das  EOnigtbum  Oberhaupt 
als  AbfUI  TOD  ^abwe  behandelt  —  Fflr  dfe  Geeehichte  8aul*s  sind  ans- 
schliesslich  zu  ferwerthen:  1)  c.  14.  wo  abgesehen  von  einzelnen  laier* 
polationen  der  ursprüngliche  Text  rein  erhalten  ist.  Es  wird  der  erste 
Kampf  gpfen  die  Philister  ausführlich  erzählt  und  dann  (v.  47—51)  ein 
Ueberblick  der  Thaten  und  des  Hoflialts  Saul's  gegeben.  Offenbar  ist 
der  Bericht  im  wesentlichen  historisch,  obwohl  v.  47  Thaten  David's 
auf  Saul  übertragen  werden.  2)  Dazu  gehören  18.  9—6.  16  h — 18.  23. 
Doch  stimmen  die  Zahlen  v.  2.  5  nicht  zu  cp.  14.  3)  cp.  11,  der  Rnmpf 
gegen  'Ammon,  enthält  jedenfalls  einen  hislurischcu  Keru,  ist  aber  stark 
Oberadbeitet  und  in  die  Version  c.  8.  10,  17—26.  12  aufjgeaommei}. 
4)  Ein  gleichee  gilt  von  dem  Kampf  mit  *Aaialeq,  e.  15,  den  der  Beriebt 
&  U  bi  T.  48  kurs  erwähnt,  vgl  §.  $61*  üeber  Agag  rgl,  Nmn.  84,  7. 
—  Nach  der  uns  vorifegenden  Ordnung  wire  Saul^s  erste  Tbat,  die  ihm 
die  KOnIgawMe  Terschatft,  der  Entsats  von  JtM;  dann  erst  folgt  der 
PbUisterkrieg.  Doch  ist  die  Ueberarbeitung  sn  statt,  als  dass  wir  diese 


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eaol  und  Ubft'mh 


361 


innerlich  unwahrscheinlkbe  Folge  für  sicher  zu  halten  hSiten.  Eine  SO* 
samiDejibftogeade  Gefolucbte  Saul^B  lisst  sich  eben  nicht  gewinneo. 

§.  207.  Nach  lan^^en  unentschiedenen  K;uin>iun  rüsteten 
die  Fürs^tcn  der  Philister  zu  einem  grossen  Angriff  gegen  das 
nouerstandcno  I^eich.  Der??elhe  richtete  sich  diesmal  nicht 
gegen  Benjamin,  sondern  nach  Norden,  gegen  das  eigentliche 
Centrum  des  Volks;  bestand  etwa  die  Absicht,  sich  mit  den 
noch  unabhängigen  kana'anaeisehen  Stftdten  za  verbinden 
(▼gl.  Bet-äean  Sam«  I,  31,  10)?  In  der  Ebene  Jezra^el  am 
Fasse  des  Berges  Güboa*  kam  es  zur  Schlacht,  in  der  das 
israditisehe  Heer  röllig  gesehlagen  ward  und  Sani  nnd  Jonatan 
ihren  Tod  fanden.  Die  Leiche  des  Königs  ward  von  den 
dankbaren  Bewohnern  von  Jabes  den  Händen  der  Philister 
entrissen,  aber  sein  Reich  schien  vernichtet.  Dasselbe  ge- 
rettet zu  hak)en,  ist  das  Verdienst  seines  Feldliauptmanns 
A hiner.  In  Machanaim  in  Gile'ad  sammelte  er  die  Kräfte 
des  Königthums  mn  Sanl's  Sohn  läba'al.  Ob  die  Phitister 
des  Kampfes  müde  waren  oder  geschlagen  wurden,  wissen 
wir  nicht;  genug,  dem  Abiner  gelang  es,  Iiba*als  KOnigthum 
Ober  das  ganze  eigentliche  Israel,  d.  h.  Gile'ad,  Joseph  und 
die  Nordstämme,  wieder  herzustellen. 

Der  Bericht  ülier  Saul  s  üntprgnng,  Sam.  I,  28.  1.  2.  c.  29.  31  scheint 
im  wesentlichen  authentisch;  ein  völlig  gleichzeitiges  Zeugniss  haben 
wir  in  dem  natürlich  nicht  von  David  verfasi^lon  Liede  Sam.  II,  1, 
19—27.  —  Sam.  II,  1,  1 — 18.  2,  4h— 7  «intj  -ecuiulär,  noch  später  ist 
Sam.  I,  28,  3  —  25.  —  Leber  Abiner  und  lsba.'al  (später  in  Isjo,  Sam.  I, 
14,  49  oder  Isboset  geändert)  haben  wir  nur  die  dOrftige  Notiz  Sam.  II, 
8,  8.  9.  lOb.  12. 

§«  298.  Inzwischen  hatte  der  Stamm  Juda  sich  wieder 
Ton  Israel  k»sgerissett  nnd  unter  philistaeischer  Oberherr« 
schalt  em  eigenes  Reich  gegründet«  David,  der  Sohn  des 
Uai,  ein  Judaeer  aus  Betlehem,  hatte  als  Krieger  m  Gib^a  am 
Hofe  SanVs  gdebt  und  bei  ihm  in  hohen  Ehren  gestanden; 
ja  er  war  mit  seiner  jüngeren  Tochter  Mikal  vermählt  worden. 
Dann  zerfiel  er  mit  dem  Künifre  und  flüchtete  nach  Juda.  Mit 
einer  Schaar  toq  400  Mann,  die  sich  um  ihn  ver^^alnmelt 


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362  Viertes  Buch,  vierter  Abacbnilt. 

hatten,  durchzog  er  als  Räuber  uud  Wegelagerer  die  Grenz- 
gebiete der  Wüste  und  setzte  daneben  die  alte  Erbfehde  g^pen 
die  'amaleqitischen  Beduinenhorden  mit  Erfolg  fort.  ScUiess- 
lieh  war  er  auf  pbilistaeisches  Gebiet  übergetreten  und  von 

dem  Fürsten  Akis  von  Gal  mil  der  Stadt  Siqlag  (an  der 
Grenze  von  Juda)  belehnt  worden,  wofür  er  sich  zur  Heeresfolge 
verplliehtete.  Nach  Saul's  Fall  zog  er  nach  Jiebron  (Hauptort 
des  Stammes  Kaleb)  und  wurde  von  Juda  und  den  südlichen 
Stämmen  als  König  anerkannt.  Natürlich  blieb  er  nach  wie 
vor  ein  Vasall  der  Philister. 

Die  Erz.il  luinreii  von  David'.s  Verh.'iltniss  zu  Saul  sind  vielfach  ten- 
denziös ulierat heilet  uud  erweitert;  die  ältesten  Berichte  finden  sich 
Sam.  r,  K),  15  b— 23.  18,  0^30.  Feiner  der  Kern  von  19-21.  c.  22; 
doch  wie  weit  diese  Ei/ahluagen  rein  historisch  sind,  wird  5?chwer  tü 
euthcheiden  sein.  —  Das  Lied  Sani.  I,  18.  7.  20,  i>  »Suul  hat  Tausende 
geschlagen,  David  Zehntausende«  wird  ursprQngüch  die  Thalen  der 
Könige  Saul  und  David  vergleichen  sollen.  Die  Erlegung  GüUath*s 
Sam.  I,  17  ist  erst  sp&t  von  Elcbanan,  der  unter  David  den  Goliath  aas 
6at  enehlug  (Sam.  II,  21,  19).  auf  David  und  die  Zeit  Saales  übertragen. 
—  Ueber  David*8  BaubzOge  u.  8.  w.  liegt  Sam.  I,  22,  1—5.  23.  1-13. 
25,  1  b— 44«  27,  1— 6  a.  28,  1.  2. 29.  80  ein  sweifeieohiie  im  wesentlichen 
wahrheitsgetreuer,  sehr  aasfQfarlicber  Bericht  vor.  Die  flbrigen  Enäh- 
langen  sind  Zusätie  verschiedenen  Datums  und  Ursprungs,  David  wird 
König:  Sam.  II,  2,  1— 4a.  Die  Zeitangaben  Sam,  I,  27,7.  II,  2,  10«.  11 
sind  interpolirt  (wie  Sam.  I,  13,  2:  »Saal  war  . .  •  Jabre  alt  als  er  König 
wurde  und  , , .  Jabre  regierte  er  über  Israel«,  wo  die  Zahlen  gar  niebt 
eingesetzt  sind,  s.  Weixhausoi,  Text  dee  B.  Sam.  79;  ferner  Saip.  II,  5, 
4—5)  und  sieber  unbistoriscli.  Ueber  die  Chronologie  s.  $.  325.  Wenn 
wir  die  Tbeilung  des  Reichs  etwa  um  925  v.  Chr.  ansetzen,  wird  Salomo, 
der  Zeitgenosse  9iram*8  von  Tyros,  um  955—925,  David  um  965—955 
und  Saurs  Erhebung  schwerlich  vor  1000  v.  Chr.  fallen. 

§.  29P.  Niiturgemäss  suchte  Abincr  auch  die  abli  ütinigen 
Judneer  der  Herrscliaft  Isba'al's  zu  unterwerfen;  indessen 
leistete  ihm  David'8  Feldherr  Joab  erfolgreichen  Widerstand. 
Als  dann  Abiner  mit  läba^al  zerfiel  ^  er  trat  zu  David  über, 
wurde  aber  von  Joab  ermordet  ^  brach  des  letzteren  Macht 
zusaiuiiif  II ;  kurz  darauf  ward  er  von  zweien  seiner  Haupt- 
leute erschlagen.  Da  übertrugen  die  Aeltesten  Israel's  dem 
David  die  Königswurde  und  stellten  so  das  Reich  Saul's  im 


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Di«  Kriege  Devid*8, 


363 


weflttiilichen  wieder  her.  Natürlich  hatte  dies  sofort  neue 
ADgrifii»  der  Philister  zur  Folge;  aber  sie  wurden  von  David 
wiederholt  geschlagen.  Lange  Jahre  dauerte  der  Kampf,  aus 
dem  uns  eine  Reihe  einzelner  Heldenthafen  berichtet  werden; 

das  Ergebniss  war,  dass  die  Philister  auf  die  Küstenebene 
beschränkt  wurden  und  alle  weiteren  Versuche,  das  Hinter- 
land zu  unterwerfen,  aufgaben.  Sie  zogen  es  vor  mit  dem- 
selben nach  Art  der  Sidonier  in  friedlichem  Handelsverkehr 
zu  leben:  die  Unabhängigkeit  der  Hebraeer  war  dauernd  ge* 
sichert« 

Quelle:  Sam.  11.  2,  l^  —  ij,  o  [mit  einzelnen  Zusätzen;  zur  Krilik 
s.  WsuHAiraBir»  Einleitang],  woran  5, 17—25.  8, 1  anmitteiiior  unehlieeeeii. 
Peroer  die  Notiien  Sem.  II,  19,  10.  21,  15—22.  23.  8—83.  Za  beachten 
ist,  wie  das  Intefeeee  dorehweg  nur  an  dem  PenOnKchen  and  Auaeer- 
gewObnlieben  haftet.  Von  der  Qeschiehte  Israeli  werden  nur  in  kuraen 
Strichen  die  Haoptresultate  bingeatellt;  eine  snsammenhftngende ,  die 
Zeitfolge  beobachtende  Entwiekelung  wird  nirgends  gegeben. 

g.  300.  Nach  allen  Seiten  hin  trat  jetzt  das  Kdnigthum 
mächtig  auf.  Die  Erbfeinde  des  Volks  im  Süden  und  Osten 
wurden  der  Reihe  nach  besiegt,  ihren  RatÜNsflgen  fOr  alle 
Zeiten  ein  Ende  gonacfat.  Der  eigentliche  Held  aller  dieser 
Erlege  war  Joab,  DaYid*s  Reerführer;  der  Kdnig  selbst  nahm 
nicht  mehr  persönlich  am  Kampfe  Theil  (vgl.  Sam.  II,  18,  3. 
21,  17).  Dass  dabei  gegen  die  Besiegten  mit  der  grössten 
Grausamkeit  verfahren  und  die  Gcfanf^enen  oft  unter  Martern 
aller  Art  niedcrnremetzelt  wurden,  entspricht  ganz  dem  Clia- 
rakter  der  semitischen  Stämme.  'Amaleq  scheint  durch  David 
vernichtet  worden  zu  sein;  der  Stamm  kommt  seitdem  in  der 
Geschichte  nicht  mehr  tot.  Die  Edomiter,  die  Bewohner  des 
Gelrirges  Selr,  wurden  TöUig  unterworfen  und  m  dem  eroberten 
Lande  Statthalter  emgeeetzt;  das  israelitische  Reich  ersbreekte 
sich  an  die  Hafenorte  'Esiongeber  und  Ailat  am  rothen  Meer. 
Ein  ähnliches  Scliit  ksal  traf  Moab;  wenigstens  bis  an  den 
Anion  ist  da^solhf  unterworfen  worden.  Grössere  Dimen- 
sionen nahm  der  krieg  gegen  'Ammon  an;  Hadad'ezer,  der 
König  des  mftchtigen  aramaeischen  Reichs  von  $uba  (§«  287), 


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364 


Viertes  Buch,  vierter  Abscbaitl. 


und  die  Fürsten  von  Ma  aka  und  Istob  (südlich  von  Damas- 
kos)  kamen  den  Ammonitern  zu  Hülle.  Indessen  in  zwei 
Schlachten  wurde  der  gefährliche  Angriff  abgeschlagen  und 
reiche  Beute  gewonnen.  Im  Jahre  darauf  eroberte  Joab  Babba, 
die  Hauptstadt  'Ammon's;  die  Bewohner  wurden  m  graii- 
sain?ter  Weise  uiiij^^l bracht.  Eine  dauernde  Unterwertung 
'Auiüion's  ist  aber  keinen  falls  eingetreten.  —  Nach  Norden 
erstreckte  sich  das  Reich  bis  an  die  Höhen  des  Libanon  und 
Hennon;  die  Städte  Dan,  Abel,  l^on  in  der  Schlucht  zwischen 
Libanon  und  Qernion  (psVn  nyp3)  sind  die  nördlichsten 
Besitzungen  Israels. 

Einen  Ueberblick  über  David^s  Eroberungen  gibt  Sam.  II,  8;  die 
Kflropre  gegen  'Ammon  uod  die  Aramaeer  werden  II,  10^12  ausfOhr* 
lieber  enäblt.  Daneben  sind  die  Anspielungen  auf  David  in  Bii*ani*s 
Segen,  Num.  24,  17—20  zu  berOcksiehtigen.  Fflr  die  Besiegung  Ed<ini*s 
ausserdem  Reg.  I,  9,  26.  11,  IS  f.  Zur  Kritik  der  oft  sehr  comipten 
Teitflberlieferung  ist  WELLHAtssN,  Teit  d.  B.  Samoelis,  überall  su  ver- 
gleichen. Die  Zahlen  sind  durchweg  nnzuverlftsstg.  —  Sam.  II.  8  heisRl 
Hadad'eier  Sohn  des  Rabob,  II.  10,  6  werden  $uba  und  BeURa^ob 
fftlschlich  als  xwei  gesonderte  Landschaften  hingestellt;  letsteres  ist  nur 
die  bei  den  Semiten  sehr  gewObnliehe  Beteicbnung  eines  Staates  nach 
dem  Begrflnder  der  Dynastie.  Der  Name  Hadad*eser  scheint  in  c.  10 
Cberall  erst  nachgetragen  sn  sein.  —  Nach  Sam.  n,  8,  5.  6  a  hftlte  David 
aiu  h  Damaskos  unterworfen  und  hier  »Statthalter  eingesetzt.  Das  ist 
JeJoch  völlig  undenkbar;  nirgends  ist  sonst  davon  die  Rede,  auch  nicht 
c.  10  fr.  und  Heg.  I,  11.  wo  dieser,  falls  er  historisch  wtre,  weitaas 
bedeutendste  Erfolg'  David's  bitte  ervvnhnt  werden  müssen.  Auch  Sam. 
I,  14,  47,  wo  David's  Thaten  särnnülu  li  «lern  Saul  zugeschrieben  werden, 
ist  von  Damaskos  nicht  die  Rede.  Ueberdies  ist  die  Landschaft  Gesur 
südwestlich  von  Damaskus  am  Hermon  ein  selbständiges  Königreich. 
Sam.  II,  3,  3.  13,  37.  Die  Verse  sind  offenbar  interpolirt:  Oberhaupt 
stehen  wir  auch  in  David's  Zeit  nirgends  auf  v  'lü  j-  sicherem  Roden. 
Die  nördlichsten  Besitzungen  Israels  sind  Reg.  I,  15,  20  deutlich  an* 
gegeben,  vgl.  Sain.  II,  20.  Daher  die  gewöhnliche  Bezeichnung  der  Aus- 
dehnung Israeli  »von  Dan  bis  Beerleba'«.  In  grosssprecherischer  W^ise 
wird  auch  gesagt,  es  erstrecke  sich  »bis  zum  Wege  nach  Hamat«  (Arnos 
G,  14;  darnach  Rej^.  Tf.  14.  25  und  an  zahlroichpn  anderen  Stellen). 
Das  eigentliche  tioelej-yrien  hat  nie  7iiin  Rniclie  gehört,  trotz  .Sam.  II, 
24,  6  LXX.  Atich  ob  Ha'al  (lad  am  t.Iermon  Jos.  11,  17  je  israelitisch 
war,  kann  sehr  bezweifelt  werden.  —  Dass  die  Angaben  Heg.  I,  5,  4 


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Macbtrtellupg  des  KOnigtbiiiiw. 


ganz  späte,  erst  in  der  Perserzeit  geschriebene  Uebertreihnnp'pn  siiir^, 
bedarf  keiner  weiteren  Ausführung ;  ähnliche  fromme  Pbanlasieii  Ündeu 
sieh  in  späten  Stellen  des  Fentateuchs  mehrfach. 

Das  Reith  David'«  tnud  Saiomo't. 

§.  301  Die  erste  Aufgabe  des  israelitischen  Königthums, 
die  Betreiuiig  des  Volks  und  dir  Sicherung  seiner  Grenzen,  war 
in  glänzender  Weise  ertülit.  Mäciitig  und  geachtet,  ohne  eben- 
bürtige Gegner,  stand  der  neue  Staat  da.  Mit  den  Gultar- 
staaten  des  Nordeos,  mit  dem  seemAchtigen  Tyros,  das  lieber 
durch  freundlidie  Beuehuagen  den  Handel  mit  dem  Hinter^ 
lande  sichem  als  die  Bildong  eines  ihm  wenig  gefährlichen 
Staates  hindern  wollte,  mit  dem  Könige  To^u  Ton  Hamaf,  dem 
die  Besiegung  Hadad'ezer's  sehr  gelegen  kam,  waien  David 
und  sein  Nachfolger  Salomo  eng  befreundet;  eine  Tochter 
des  Königs  Talmi  von  Gesur  war  in  David's  Harem.  Eine 
zweite  and  schwierigere  Auf^^abe  war  es,  den  Staat  nach 
innen  zu  consolidiren,  dem  Königthmn  eine  dauernde  Grund- 
lage zu  schaffen,  die  widerstrebenden  Elemente  zu  einigen 
oder  zu  vernichten,  das  erwachte  Nationaigefühl  zu  beleben 
und  zu  erhalten.  Aueh  hier  hat  David,  der  im  Gegensatz 
gegen  Saul  und  sein  Haus  emporgekommen  war  und  seinen 
Staat  hat||p  zertrümmern  helfen,  als  er  König  geworden  war, 
das  von  Sau!  begonnene  Werk  wieder  aufgenommen  und 
wenigstens  theilweise  m  Ende  gcfüiirt.  Sein  treuester  Gehulte 
war  auch  hier  Joab.  Obwohl  er  von  wildem  Ehrgeiz  erfüllt 
Niemanden  neben  sich  dulden  konnte,  war  er  seinem  Herrn 
mit  voUer  Selbstverlftugnung  ergeben,  und  nie  hat  er,  der 
wilde  Krieger^  das  Wohl  des  Ganzen,  des  israelitischen  Staates 
ausser  Augen  verloren»  wfihrend  David  wenigstens  in  der 
späteren  Zeit  seiner  langen  Regierung  offenbar  die  alte  Kraft 
verlor  und  die  Willkür  und  rücksichtslose  Selbstsucht  eines 
Despoten  nie  verläugnet  hat. 

Bündni-s  mit  Tyrus :  Sam.  11,  5,  11.  Hejr.  1,  5,  14;  mit  Hafnat 
Sani.  Ii,  6,  y.  Zur  Heurtheihmg  der  inneren  Verhältnisse  und  der  (.lia- 
raktere  des  David  und  Joab  bieten  ^am.  II,  9—201  Reg.  I,  1  im  allge* 


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306 


ViertM  Baeb,  yiefter  Abielmitl. 


■Deinen  völlig  zuverlBesigee  Ibteria].  Dam  kommen  lentfeule  und  xnm 
TheO  verateUle  Notiien  in  Sun.  II,  2-8;  Stm.  II,  Sl,  1—15.  c  2i  sind 
spftteren  Ursprungs.  In  epSterer  Zeil  wird  Dttvid,  wohl  in  AnknOpfung 
daran,  dass  er,  wie  es  einem  Helden  riemtf  auch  die  Cither  in  schlagen 
▼erstand  (Sam.  I,  16*  18  ff.,  Amos  6,  5)*  sa  einem  »lieblichen  Singer«  and 
gar  zum  Muster  eines  frommen  Königs  gemacht.  In  naeheriUscher  SSeit 
gilt  er  als  Organisator  des  Gottesdienstes,  wie  er  seit  *Eira  im  sweitea 
Tempel  geObt  wurde;  daher  werden  ihm  die  Psalmen  sugeschrieben. 

§.  302.  Die  kana'anaeischen  Städte,  welche  sich  bisher 
innerhalb  des  hebraetschen  Gebietes  selbetfindig  behauptet 
hatten,  sind  dem  Königthum  sfimmtlich  erlegen.   Schon  Saal 

hatte  Giljoii  an  der  Grenze  seines  Heimathstamnies  unter- 
worfen und  hart  behandelt;  David  eroberte  Jebus,  Salomr) 
mit  Hülfe  des  aegyptischen  Königs  Gazer  an  der  Philisler- 
Rrenze  (Reg.  I,  9,  16).  Auch  die  Städte  im  Norden,  6et- 
ä'an,  Ta*nak,  Megiddo,  Bet-Anat  u.  a.,  sogar  der  Küstenort 
Do'r  wurden  unterworfen  und  m  Tributzahlungen  gezwungen. 
Allmählich  scheinen  auch  hier  die  Reste  der  alten  Bevölke- 
rung in  die  neue  aulgegangen  zu  sein.  Eine  Keilie  von  Fes- 
tungen, die  namentlich  Salomo  angelegt  hat  (lieg.  I,  9),  dienten 
zur  Sicherung  des  Landes;  die  Stadt  der  Jebusiten,  Jerusalem, 
erhob  David  zur  Hauptstadt.  Auf  dem  Hügel  Sion  nahm  er 
seinen  Wohnsilz;  auch  das  alle  ephraimilische  Jahwesymbol, 
die  »Lade  Jahwe's*«  fg.  295),  brachte  er  liierher.  i^lomo  hat 
dann  hier  einen  Palast  gebaut,  mit  dem  ein  Tempel,  in  dorn 
die  Lade  untergebracht  wnrde,  unmittelbar  verbunden  war. 

Neben  Sem.  II,  5,  G— 10,  Reg.  I.  9,  16  C  ?or  allem  Jod.  1,  27-83. 
Gib'on:  Sam.  21;  ein  spftterer  Reflex  davon  ist  Jos.  9.  Die  sehr  inter^ 
essante  Geschichte  der  Lade,  Sam.  II,  6  f.,  ist  namentlich  in  c.  7  viel- 
fach interpolirt.  Das  Gleiche  gilt  von  der  Beschreibung  von  Salomo^s 
Palast  und  Tempel  Reg.  I,  6—9.  Ueber  die  topograpischen  Fragen  s. 
jetzt  GcTBG,  Ausgrabungen  bei  Jerusalem  1883  (auch  Z.D.  Pal.  Yer.  V)  be$. 
S.  941  ff.)  270  ff.  Ueber  Salomo*s  Bauten  vgl.  Stade.  Z.  altt.  W.  m,  129  ff. 

§.  303.  Von  dem  System  der  Verwaltung  wissen  wir 
nur  sehr  wenig.   Im  allgemeinen  scheint  hier  wie  überall  in 

ähnlichen  Fällen  ursprünglich  der  Grundsatz  gegolten  zu  haben, 
dass  die  freien  Israeliten  je  nach  dem  Bedürfniss  des  Augen- 


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Verwaltung.   Kana'anaeer  und  Israeliten. 


3(57 


blicks  zum  Kriegsdienst  aufgeboten  wurden,  die  unterworfenen 
Stämme  (Kana'anaeiT,  Moab,  Edom)  Tribut  zahlten  und  Frolm- 
dienste leisteten.  Noch  aus  späteren  Zeitea  erfahren  wir,  dass  in 
Israel  nur  die  Besitzenden  he^ pflichtig  waren  (Reg.  II,  15^  20, 
Tgl.  §•  367) ;  ohne  Zweifel  halten  sie  die  Kosten  Ihrer  Ausrus- 
ttmg  selbst  zu  tragen.  Indessen  auf  die  Dauer  Hess  sich  dieser 
Grundsatz  nicht  halten;  wenn  niclil  David,  so  hat  doch 
Salome  die  Israeliten  durch  Steuern  und  namentlich  Frohn- 
dienste  hart  gedrückt.  Zum  Holzschlagen  und  Steinbrecben 
im  Libanon  z.  B.  soll  er  jährlich  30,000  Mann  ausgehoben 
haben  (Reg.  I,  5,  27).  Auch  die  Volkszählung,  welche  David 
vornehmen  Hess,  wird  wohl  eine  ßskalische  Maassregel  ge- 
wesen sein;  es  ist  sehr  begreiflich,  dass  j^ie  dem  Volke  wenig 
behagte  und  als  überflüssige  Neugier  des  Königs  erschien.  — 
Neben  dem  Voiksheer  hielt  der  König  eine  Leibwache  von 
600  Söldnern,  die  grösstentheils  oder  ausschliesslich  aus 
Fremden,  namentlich  Philistern,  bestanden. 

Die  Daten  in  Heg.  I,  5—10  siml  sehr  vornichti;,'  aurzunehmen ;  weit 
zuverla.-siger  ist  c.  11.  Ferner  .lud,  1  die  Itei  Erwähnung  der  nicht  er- 
otierten  kan.  Orte  stets  wiederkehrende  Bemerkung  (v.  29  fehlt  sie  wohl 
zufälh^',  V.  32  dagegen  mit  Recht):  »und  als  Israel  stark  ward,  machte 
es  die  Kan.  trihutjinichlig«.  Die  Angalie  Fleg.  I,  9,  22  ist  nicht  correct; 
5.  1,  5.  27.  11,  28.  12,  4.  14.  Der  ikricht  über  Davids  Volkszflhlun^, 
Sam.  11,  24,  ist  späteren  Ursprungs ;  die  Zahlen  sind  leider  auf  da?  ari.'st(; 
übertrieben.  —  Ausländische  Söldner:  Do'eg  bei  Saul  Sani.  I,  22,  18. 
Cria  Sam.  II,  11,  Itti  Sam.  II,  15,  19  [s.  WiXLUAUso,  Text  B.  S.],  und 
wahrseheinlich  *Ohed-edoin  II,  G,  10.  Die  Leibwftchter  des  Königs,  in 
scharfem  Gegen saU  zum  »Heere  Israels«  Sam.  If,  20,  23,  heisseD  »Krell 
ond  Pleti«,  wofQr  Reg.  II,  11  (vgl.  Sam.  II,  20  .  23)  »Kari  und  LSufer« 
gesagt  wird.  Kreti  ist  nach  Sam.  I,  80t  14»  Zeplianja  2,  5,  Ezecb.  25, 16 
Name  eines  Stammes  der  Philister;  Aber  Pleti  wissen  wir  nichts,  Kari 
ist  wahrscheinlich  Schreibfehler  fOr  Krell.  Die  obersten  Beamten  Davids: 
Sam.  II,  8,  16  ff.  20,  23  ff.;  Salomo's:  Reg.  I,  4 

§.  304.  Die  Lebensweise  der  Bevölkerung  iiat  sich  nidit 
wesentlich  geändert:  der  Landbau  blieb  die  Hauptbeschäfti- 
gUDg,  Als  Salome  seine  Bauten  in  Jerusalem  (§.  302)  unter- 
nahm, konnte  er  sie  nur  mit  Hülfe  lyrischer  Werkmeister, 
Architekten  und  Metallarbeiter  ausführen;  er  trat  dem  König 


368 


VIertM  Blieb,  ▼ierlir  Abtehnftt« 


Qnram  för  die  ihm  gewährte  UDtentüUuog  swanzig  Grans* 

dörfer  (die  Landschaft  Kabul)  ab  (§.  286).  Ebenso  konnte  der  Ver- 
such, eine  giüssere  HandeJf^poIilik  einzuleiten,  die  Aui^nüpiung 
directer  Verl)indungen  mit  Ophir,  nur  in  Gemeinschaft  mit 
Tyros  unternommen  werden.  Ein  Handelsvolk  sind  die  Israe- 
liten nie  gewann,  sondern  erst  die  nachexilischen  Juden  ge- 
worden. FOr*  die  inneren  Verhiltnisse  blieben  die  »Vater- 
Muser«,  d.  h.  die  Geecblecbter  und  Familien,  immer  das 
maassgebende  Element.  Die  »Aeltestenc,  die  »Fflrstenc  und 
»Edlen«  stehen  an  der  Spitze  der  Gemeinden  (z.  B.  Reg.  l, 
21,  8,  Jerem.  26,  16  f.,  Exod.  22,  27):  sie  versammeln  sidi 
in  Sichern,  um  David  das  Künigthum  über  Israel  zu  über- 
tragen. Dage^'on  wirti  Uie  Geschlossen  Ii f^t  der  alten  Sirunuie 
durchbroeben.  Die  administrative  EinÜieiiung  des  Heicbes  in 
zwölf  Dlätricte  (Reg.  I,  4)  durchschneidet  die  Stammgrenzen 
mehrfach,  königliche  Oberbeanite  stehen  an  ihrer  Spitze.  Zwi- 
scbenheirathen  und  die  Ansiedelung  in  St&dten,  überhaupt  die 
geordneten  Zust&nde  des  geeinten  Reichs  haben  die  alten 
Unterschiede  sum  grossen  TheÜ  yerwischt:  die  ndrdlichen 
Stilmme  consolidiren  sich  um  Joseph  (Ephraim),  die  sudlichen, 
nur  lialbiiebraeischen  um  Juda.  In  der  Folgezeit  ist  von  den 
kleineren  Stammen  kaum  mehr  die  Rede,  und  sehr  früb  i^t 
das  von  der  Wirklicbkeit  abweichende  Schema  von  zwölf 
Söhnen  Israelis  und  den  von  ihnen  stammenden  zwdlf  Stäm- 
men —  mehrere  dieser  Namen  sind  niemals  Stamm-,  son- 
dern nur  Ortsnamen  gewesen  —  allgemein  acoq>tirt  worden. 

Uebttr  die  Ophirfthrt  s.  $•  286.  Die  Geicbiehle  vqd  d«r  KSnisiii 
von  Saba  ist  jedcnfalk  apU  and  idiwwlioti  irgvndwie  hittoriaeb  [«.  m* 
deMen  |.  409].  —  Das  ftttaste  Zengtüts  fllr  die  Tradition  von  den  tmßU 
SliiDinen  ist  der  etwa  am  900  verhalte  »Segen  Jakobe«  Qen.  49. 

§.  305.  Die  wichtigste  Aul-abe  des  Königtbiinis  für  die 
inneren  Verbältnisse  ist  die  Recbtsplhge.  Aus  ganz  Israel 
kommen  die  lU'cbtsuchenden  nach  Jerusalem  an  die  Pforte 
des  Palastes,  in  den  einzelnen  Ortschaften  sprechen  die  Richter 
das  Urtheil  als  Vertreter  und  im  Namen  des  Königs  (vgl. 
Exod.  18  [£.]).  Das  Griminalrecht  .freiUeh  bleibt  völlig  un- 


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ÖUintn,  Familie,  Recht. 


369 


entwickelt.  Die  Pflicht  der  Blutrache  ist  Sache  der  Familie 
und  besteht  im  vollsten  Umfang  (Sam.  II,  14,  0  ff.,  vgl.  3,  27). 
Erst  ^i'lir  alimählich  kommt  der  Grundsatz  auf,  dass  deia  un- 
freiwilligen Mörder  eine  Zuüuchtsstätte  gewährt  wird,  an  der 
üm  der  Bluträcher  nicht  angreifen  darf  (Exod.  21,  13). 
Ebenso  besteht  natürüch  innerbaib  der  Familie  die  väterliche 
Gewalt  noch  in  voller  Strenge;  naeh  dem  filteeten  Rechts- 
bach kann  der  Vater  z.  B.  seuie  Tochter  als  Magd  verkaufen 
(Exod.  21,  7),  und  erst  das  Detiteronomium  yerordnet, 
dass  wenn  er  seinen  widerspänstigen  Sohn  tödten  will, 
dies  in  Gegenwart  der  Aellesten  seines  Orts  geschehen  soll 
(21,  18). 

Rechtspflege  des  Königs  Sam.  II,  8,  15.  15.  1  ff,  —  Eine  Aufzeich- 
nung der  wichtigsten  HechlssatzutJgeri  oder  vi^'lmf'hr  der  erstrebten  idealen 
Hechtsordnung  etwa  aus  dem  neunten  Jahrhundert  entb&ll  das  Bundes- 
hucb  Exod.  21—28. 

Bürgerkriege  und  Auflitsung  des  Reicht. 

§.  306.  Trotz  seiner  grossen  Verdienste  ist  dem  Rönig- 

thum  eine  dauernde  Einigung  der  Nation  und  eine  Behaup- 
tung seiner  Machtstellung  nicht  gelungen .  D.in  kI  war  ein 
Usurpator,  und  wenn  er  auch  alle  Narlikoinmen  Saul's  bis 
auf  einen  lahmen  Sohn  Jonatan's  umbringen  liess,  so  blieben 
doch  namentlich  bei  den  Benjaminiten  die  Sympathien  für 
den  heldenmuthigen  Befreier  und  sein  Haus  immer  rega 
David's  Krieg  gegen  Kba'al  hatte  die  kaum  ^Uzogene  Eini- 
gung zwischen  Israel  und  Juda  wieder  autgehoben,  und  Da* 
vid's  Erhebung  zum  Könige  musste  den  nördlichen  Stämmen 
als  Fremdherrschaft  erscheinen  (Sam.  II,  19.  20).  Dass  der  König 
an  der  Grenze  Juda's  seine  Residenz  baute,  war  vielleicht  ein 
politischer  Feiller ;  die  Vortheilf*  des  Konigthums  kamen  dadurch 
in  erster  Linie  seinen  Stauuugenossen  zu  gute,  während  doch 
die  Kraft  des  Volkes  in  Joseph  lag.  So  kam  es,  dass  man 
Juda  wohl  in  der  Theorie  und  Genealogie  zu  Israel  rechnete 
und  als  Sohn  Jakob^s  anerkannte,  aber  in  Wurklidikeit  — 
auch  im  gewöhnlichen  Sprachgebrauch      die  Kluft  in  voller 


V 

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370 


YieiiM  Buch,  vierter  Afaechnilt 


Schärfe  bestehen  blieb.  Den  Ausschlag  gaben  die  persOnlidien 

Verhältnisse.  David'«  Kraft  erlahmte  im  ARer;  und  wenn 
ihm  vorgewüifL'n  uird,  er  habe  die  Rechtspflege  schlecht  ge- 
handhabl  (Sern.  II,  15),  so  ist  das  bei  einem  Herrscher,  der 
einen  seiner  Hanptlnite  heimtückisch  ermorden  liess,  um  dessen 
Weib  in  seinen  Harem  nehmen  zu  können  (Sam.  II,  11),  sehr 
begreiflich.  So  kam  es  denn  schon  in  den  letzten  Jahren 
seiner  langen  Regierang  zu  offenen  Kämpfen.  Als  der  Thron* 
folger  Absalom  sieb  gegen  sdnen  Vater  empOrte,  fiel  ihm  alles 
zuy  David  mnsste  0ber  den  Jordan  fluchten.  Als  dann  seine 
Kemtmppen  bei  Mahanaim  siegten  und  Absalom  im  Kampfe 
gefallen  war,  eihobcn  sich  die  Xordstämme  nnter  Fühi  ung 
des  Benjaininitcii  Seba'  gegen  die  judaeische  i  lei  ischaft.  Joab 
drängte  den  Seba  in  den  fernsten  Norden :  als  er  in  Abel 
Bet-Ma^'ka,  wohin  er  sich  geworfen  halle,  belagert  wurde, 
erschlugen  ihn  die  Einwohner,  David's  Herrschaft  wurde 
wieder  hergestellt. 

Au^rottuii^'  vuii  Saul'^»  Nachkommen:  Sam.  II,  16,  b  (L;  c»  21  in 
späterer  religiöser  Motivirung. 

§.  307.  Durch  eine  Haremsintrigue  folgte  dem  David 
nicht  der  berecliligte  Erbe  Adonia,  sondern  Salomo,  der  Sohn 
seiner  Lieblingsfran  Bat-scba\  Adonia  und  seine  Anhänger 
will rf  ri  umgebracht;  auch  den  Joab,  welcher  sich  für  ihn 
erklärt  hatte,  retteten  seine  Verdienste  nicht.  Dem  Tode  des 
alten  Königs  und  seines  gewaltigen  Kriegsmannes  fbigte  bald 
der  Verfall  der  ftusseren  Macht  des  Staates.  Hadad,  än 
Nachkomme  des  alten  KOnigsgeschlechts  von  Edom,  der  am 
aegyptisehen  Hof  aufgewachsen  und  wie  Salomo  mit  einer 
Tochter  des  Pharao  verni  ililt  war,  kehrte  in  sein  Heimath- 
land zurück  und  befreite  es  von  der  Fremdherrschaft,  hn 
Norden  wurde  die  Dynastie  von  Soba  durch  Rezon  gestürzt, 
der  Damaskos  zur  Residenz  erhob.  Das  neue  Reich  wurde 
bald  ein  gefährlicher  Gegner  IsraePs.  Dass  Salomo  etwas  ge- 
than,  um  die  Machtstellung  David's  zu  behaupten,  erfahren 
wir  nicht;  dagegen  gewann  er  die  Gunst  des  aegyptisehen 


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Bürgelkriege.   Salomo.   Zerfall  des  Reichs, 


371 


Köni^,  der  för  ihn  Gazer  eroberte  (§.  302)  und  seiner  mit 
Salniüo  vermählten  Tochter  als  Milßfift  überliess.  Zu  Moab 
und  Animon  bestanden  friedliche  Bezieiiunpen ;  die  Mutter  des 
Thronloigers  war  eine  Ammoniterin.  Dass  Saioaio  dem  Kamos 
und  dem  Molek,  den  Nationalgöttern  der  beiden  Stänomei  vor 
Jerusalem  Altäre  erbaute,  ist  ein  Beweis  för  den  regen  Ver- 
kehr, der  mit  den  fräheren  Todfeinden  eingetreten  war. 

Heg.  I,  1.  2  sind  im  wesenüiciien  hislorbch  ;  mir  2,  1  —  9  ist  Inter- 
polation. In  c.  11  ist  der  Bericht  über  Hadad  v.  14—22.  2o  nach  LXX 
zu  emendireu;  Rezon's  Erhebung  in  Damaskos,  v.  23  f.,  ist  deutlich  eine 
Glosse,  die  in  LXX  in  v.  15  eingeschoben  wird,  ütirigenä  wohl  der 
Hauplttche  naeb  biatotisdb.  Eine  dironologische  Ordnung  ist  niehi  m 
gewinnen;  wie  lange  Salonio  regiertei  ist  vOllig  onbefcannt.  11,  41'^48 
geboren  dem  SchluSBredactor.  Jedenfalls  fUlt  der  AUkll  Edooi^s  nicbt 
gleteb  an  den  Anfiing  von  Salomo^s  Regierung,  da  sonst  seine  Opbirfttbrt 
unmllglieb  gewesen  wire. 

§.  SOB.  Salomo  war  ein  Fdrst  vom  gewfthnllchen  -orien- 
talischen Dnrchschnittaschlage«  Niemand  verdient  den  Glorien- 
schein, mit  dem  die  Nachwelt  ihn  umgehen  hat,  weniger 

als  er.  Sein  Hauptinteresse  wandte  er  seinen  Bauten  zu,  vor 
allem  dem  Küni^'spalaste  mit  dem  Reich?tempel  in  Jerusalem, 
in  dem  er  die  Schätze  und  Kostbarkeiten,  die  David  und  er 
gewonnen  hatten,  niederlegte  (vgl.  §j;.  ;^02.  304).  Das  VoUc 
wurde  durrb  Stenern  und  namentlich  Frohndienste  hart 
bedrückt.  £8  ist  begreiflich,  dass  sich  Joseph  wieder  em- 
pörte, unter  Führung  des  königlichen  Frohnvogtes  Jerolfam; 
doch  ward  der  Aufstand  niedergeworfen  und  Jerolfam  musste 
nach  Aegypten  fliehen.  Als  aber  der  König  gestorl>en  war- 
und  ihm  sein  Sohn  Rei.iab  am  in  Jerusalem  ohne  Widerspruch 
folirte.  versammelten  sich  die  Israeliten  zur  Königsvvahl  in 
Sichern  und  erklärten,  sie  würden  ihn  nur  dann  anerkennen, 
wenn  er  den  Druck,  den  Salomo  geübt,  aufheben  wollte. 
Reholfam  weigerte  sich  das  Versprechen  zu  geben,  die  Volks- 
versammlung zu  Sichern  sagte  sich  von  ihm  los  und  erbub 
Jerolfam,  der  sofort  aus  Aegypten  herbeigeeilt  war,  mm 
Könige  (um  925     Chr.).   Rehalfam  behauptete  sich  in  Je- 


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372 


Viertes  Buch,  vierter  AbschoitL, 


rusalem,  der  Stamm  Juda  war  aufs  neue  und  für  alle  Zu- 
kunft von  der  israelitischen  Nation  ab^rissen.  Die  beiden 
Könige  betrachteten  sich  gegenseitig  als  Usurpatoren,  lange 
Jahre  hindurch  lagen  beide  Reiche  mit  einander  im  Krieg. 

Die  Erzählungen  von  Salomo's  Weisheit  und  Schriften,  Reg.  I,  3. 
5.  10,  sieben  in  späten  Abschnitten  und  sind  wahrscheinlich  reine  Phan- 
tasien, .lerob'^am's  Eiiijjorung :  Reg.  I,  11,  26  —  28.  40;  die  Hauptsache 
ist  wenige las«^en  und  finrrh  Achija'n  Propli^'zciung  ersrt/.t.  —  Dass  Ben- 
jamin zum  H.  Juda  gehört  habe  (12.  21  g(>'''Ti  v,  20  und  c.  11),  ist 
natürlich  falsch  und  berulil  lediglich  auf  drin  spateren  Schema,  nach 
dem  Jerusalem  zu  Benjanjin  izehört  haben  soll.  12,  21  —  24  ist  eine 
späte,  auch  mit  14,  30  in  Widerspruch  stehende  Einlage. 

Religion. 

§.  809.  Die  Religion  der  Israeliten  war  ursprünglich  ihrem 

liilialU  iivK  h  von  der  ihn  i*  Nachbarn  niclil  ver?cliieden;  die  An- 
schauungen und  Au^idrüeke  />.  B.,  die  wir  in  der  Inschrift  des 
Königs  Mesa'  von  Moab  (um  850  v.  Chr.)  finden,  kehren  ge- 
nau so  bei  den  Hebraeern  wieder.  Der  einzige  Unterschied 
ist,  dass  der  »Herrc  (Ba^al)  Israel*8  Jahwe  (Hosea  2,  IB), 
der  von  Moab  Kamol  heisst  (vgl.  §.  205).  Jahwe  ist  der 
NaUüiial^'oü,  der  Schirmherr  des  KönigÜiuins,  der  Schlachten- 
gott, der  al>  »Herr  der  [himmlischen]  Meorscliaaren«  (Litd 
der  Debora  v.  20)  sein  Volk  zum  Siege  führt,  oder  wenn 
er  aus  bestimmten  Gründen  oder  aus  Laune  ihm  zürnt,  es 
dem  Verderben  uberantwortet.  In  vollster  Strenge  herrschten 
auch  hier  die  §.  175.  207  entwickelten  semitischen  Anschau- 
•ungen.  Jahwe  wacht  eifersüchtig  über  seiner  Macht,  kein 
Mensch  darf  ihm  zu  nahe  treten  (Gen.  3.  11),  sein  Anblick 
bringt  den  Tod;  er  fordert  von  den  Israeliten  das  Blutopfer 
der  Beschneidung  (§.  207),  und  manche  Sage  erzählt,  wie 
schreclclich  er,  nicht  nur  wo  er  beleidigt  ist,  sondern  auch 
ohne  Grund  auf  sein  Volk  zürnen  kann  (z.  B.  Sam.  II,  24). 
In  schweren  Kämpfen  weihen  die  Israeliten  den  Feind  und 
sein  Besitzthum  dem  Jahwe  wie  die  Moabiten  dem  Kamos, 
und  alles,  was  nach  dem  Siege  ihnen  in  die  Hände  fällt  — 


Religion.  Jahwe.  373 

Menschen  wie  Vieh  —  wh^  rdeksicht^los  niedergfemacht.  Da- 
neben ist  er  auch  der  Spender  aller  Gaben  der  Natur,  der 
Feldfnicht,  des  Viehstandes:  zum  Dank  bringt  man  ihm  die 
Erstlinge  der  Ernte,  die  Erstgeburt  der  Rinder  und  Schafe 
als  Opfer.  Das  Frühjahrsfest,  »der  Anhieb  der  Sichel  in  die 
Saat«  (Dent.  16,  9),  das  Erntefest  sieben  Wochen  später  und 
das  Fest  der  Weinlese  sind  die  drei  Hauptfeste  Jahwe's.  Da- 
neben gelten  die  Neumonde  als  Festtage  und  an  jedem  sie* 
beuten  Tag  gönnt  man  sich,  dem  Yleh  und  den  Knechten  Ruhe. 
Die  Fminen  des  Cidtus  sind  dieselben  wie  bei  allen  syrischen 
Stämmen  (§.  205),  nur  natürlich  ursprünglich  einfacher  als 
in  den  cultivirten  kana'anacischcn  Stiidten.  Wo  die  Gottheit 
sich  manifestirl ,  »auf  jedem  hohen  Hügel  [Jahwe  ist  ein 
, Berggott',  Reg.  1,  20,  23  ff.]  und  unter  jedem  grünen  Raum« 
(Reg.  I,  14,  23),  ebenso  bei  alten  Steinen,  oder  wo  das  Be- 
dürfiaiss  nach  einer  Gultusstätte  vorhanden  ist,  errichtet  man 
ihm  einen  Altar  aus  Erde  oder  von  unbehauenen  St^nen 
(Ezod.  20,  24  ff.)«  neben  dem  sidi  der  heilige  Baum  (Asfira) 
und  meist  auch  eine  Steinsäule  (Masseba)  befindet.  Ein 
Zeichen  grösseren  Wohlstandes  und  besonderer  Frömmigkeit 
war  es  schon,  wenn  ein  l'amilienhaujit  i  §.  292,  vgl.  .lud.  17) 
oder  wie  in  Jerusalem  der  König  ihm  ein  befinnd(?rta  dottcs- 
haus  (C^n^N  Ji'd.  17,  5)  erbaut  und  einen  Priester 

zu  seiner  Pflege  anstellt.  Zu  demselben  gehört  dann  auch 
ein  Bildniss  des  Gottes  (Ephod),  der  in  Menschen-,  oder  auch 
wie  in  Dan  und  Bethel  in  Stiergestalt  (§.  201)  dargestellt  wird. 
In  Jerusalem  scheint  die  Lade  (§.  295)  die  Stelle  desselben  zu 
▼ertreten*  Die  grossen  Heiligthamer  von  Silo,  Bet-el,  Sichern 
in  Ephraim,  von  Dan,  von  Pnuel  und  Masseba  in  Gilead, 
von  Jerusalem,  Hebron,  Beerseba'  in  Juda,  zu  denen  die 
Frommen  eifrig  pilgern,  sind  zum  Theil  schon  erwähnt;  mei- 
stens sind  sie  offenbar  altkana*anaeische,  von  den  Israeliten 
übernommene  und  auf  Jahwe  übertragene  GuHusstatlen.  Man 
betrachtete  sie  als  gegründet  von  den  Almlierren  des  Volks,  die 
man  sich  begreiflicher  Weise  im  Wideispmch  mit  der  historischen 
Erimierung  an  die  Einwahderang  im  Lande  selbst  wohnend 


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374 


Vtertei  Buch,  vürter  Absehnttt. 


dachte.  Sehr  verschiedene  Elemente  sind  hier  zasamtnenge» 
flössen  und  alhnfihKch  y<m  der  PriesterscfaaA  zu  ^nen  System 
▼erarbeitet;  so  ist  Abraham,  der  Begrönder  des  Goltus  von 

Hebron,  wahrscheinlich  ursprönglich  ein  von  dem  hier  an- 
sässigen.  nicht  israelitischen  Stamme  Kaleb  vereiiiier  GoU 
oder  Heros.  Natürlich  iiat  Jahwe  übern  11  an  und  in  den 
Cnltus^tätten  seinen  Wohnsitz,  ertheill  Orakel,  erscheint  den 
Frommen  im  Traum  oder  sonst;  daneben  aber  denkt  man 
ihn  sich  auf  dem  Sinai  thronend  (g.  288),  und  dann  ist  es 
sein  »Abgesandterc,  der  Mal'ak  Jahwe,  der  sich  seinem  Volke 
in  dem  Lande,  das  er  ihm  gegeben  hat,  manifestirt. 

Die  Etymologie  von  Hin*'  i^^'  »iaakel  wie  die  der  niHi^-ttn  GoUes- 
namen ;  vereinzelt  findet  er  sicli  auch  in  Hamat  (Schräder,  KAT  *  23). 
Die  AusfQhrungen  von  Delitzsch,  l'ar.  150  IT.  scheinen  mir  ganz  uu- 
haltbar.  Für  die  Auffassung  Jabwe's  vgl.  auch  Saiu.  i,  14,  24—45.  Ueber 
die  Fette  i.  Wellbaiibbi,  Geieh.  IanMl*8  I,  85  ff.  Zo  den  Putrikfchfii- 
sagen  vgl.  Staab  in  Z.  altt  W.  I,  $47. 

310.  Neben  Jahwe  stehen  dann  die  übrigen  Gott- 
heiten des  Icantf anaeiseben  Pantheons.  Vor  allem  »der  Bffal« 
6  V  Dill  §•  206),  der  höchste  Herr  der  Welt,  der  in  Jerusalem 
emen  eigenen  Tempel  bat  (Reg.  II,  11,  18).  Daneben  stehen 

die  localen  Ba'alim,  wie  der  »Bundesherr«  in  Sichern  (§.  289). 
Auch  Jahwe  gehört  zu  ihnen  als  der  Biral  Israers:  in  Ei^ren- 
nanien  wie  Jenibba'al,  Meriba*al,  Isltn'nl  scheint  er  durch  den 
Namen  Ba'^ai  bezeichnet  zu  werden.  1'  ei  ner  Astarte,  die  z.  B. 
bei  Jerusalem  emen  von  S  ilomo  ert>auten.  Altar  hatte  und 
sonst  neben  Jahwe  in  derseli)en  Weise  gestanden  haben  wird 
wie  in  Moab  neben  Kamos  die'A§tor-Kamo$  (§.  205).  Aach 
dem  Kamoä  und  dem'ammonitisdien  Gotte  Milkom  bat  Salome 
auf  dem  Oelberg  bei  Jerusalem  Altäre  erbaut,  wie  es  heisst 
zunächst  für  seine  aus  diesen  Völkern  stammenden  Gemah- 
linnen, aber  ebenso  sehr  wohl  für  die  Kaufleute  und  Händler, 
die  aus  beiden  Stämmen  nach  Jersalem  kamen  ;{07).  Da- 
neben verehrte  man  in  Je  rusalem  den  Sonnen-  und  den  Mond- 
gott  Ueberhaupt  scheint  der  salomonische  Tempel  nicht  nur 
dem  Jahwe,  sondern  auch  allen  sich  ihm  unterordnenden  Göttern 


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Die  Qbrigtti  GOUw. 


375 


heilig  gewesen  zü  sein :  die  Sonnenrosse  ziehen  hierher  in  Proces- 
sion  (R^.  II,  22, 11,  vgl.  £zech.  8, 16),  im  Hofe  klagen  die  Weiber 
um  Tammüz  (Ezech.  8,  Ii,  vgl.  Jerem.  7,  30);  auch  eine  eherne 
Schlange,  die  gegen  Krankheiten  schützte,  wurde  hier  verehrt 
(Reg.  II,  18,  4,  Num.  21,  9).  Im  Sbrigen  sind  hier  wohl  auch  die 
HausgöUer  (□''3np)  /u  orwäliiicn  (Sam.  1,  11),  Gen.  31  u.  a.). 
Selbst  den  schlimmsten  Seiten  des  kan;f  anaeischen  Gultus  be- 
gegnen wir  vielfach,  wenngleich  es  fra^jüch  erscheinen  kann,  wie 
weit  sie  als  legitim  betrachtet  wurden.  Die  Prostitution  zu  Ehren 
der  Gottheit  ist  weit  verbreitet;  allerdings  soll  sie  in  Jerusalem 
schon  von  König  Aea  um  900  v,  Chr.  abgeschafft  worden  sein 
(Reg.  II,  15, 12),  doch  tritt  sie  uns  hier  bis  auf  Josia  (622)  immer 
wied^  entgegen.  Die  Sitte  des  Ktndesopfers  scheint  dagegen  erst 
In  der  letzten  Periode  der  israelitischen  Geschichte  eingedrungen 
zu  sein  {§.  oOl),  obwohl  eine  ziemlich  alte  Sasre,  die  ein 
Trauerfest,  dessen  Ursprung  dunkel  geworden  wai-.  erklären 
soll,  berichtet,  wie  der  gileaditische  Held  Jeptah  in  Folge  eines 
Gelübdes  dem  Jahwe  seine  Tochter  als  Opfer  dargebracht 
iial>e.  Eine  andere  Sage  erzählt  dagegen,  dass  Jahwe  von 
Abraham,  dem  Stammvater  des  Volkes,  das  Opfer  semes  ein- 
zigen Sohnes  zwar  gefordert,  dann  aber  dasselbe  durch  das 
Opfer  eines  Bockes  abgelöst  habe. 

Niigends  bewegtn  wir  uns  auf  so  undcberem  Boden  wie  hier.  Soviel 
auch  sonst  von  älleren  Anschaauogen  steheo  geblieben  ist,  die  Ursprünge 
liebe  Legitimität  des  Polyttieiemiis  durfte  nie  lugegeben  werden ;  Qberdles 
*»inJ  schon  unsere  sflrnnitüclien  Urquellen  vom  monotheistischen  oder  rich- 
tiger monolatrischen  Standpunkt  aus  geschrieben  (v,rl.  Z.  altt.  Wiss.  I,  145. 
341).  Trolzilein  reden  Rep.  II,  28,  4  — 14. 'J-i  deutlich  treiiu^r.  Bezeichnend 
ist  auch,  (las:?  diejenigen  allkana'anaei^clu-n  Orte,  welche  nach  (Jotlern  be- 
nannt sind,  wie  die  Sunneiistäilte  Het-,"-^eines  und  Tainnat-Cheres,  l'eraer  Bet- 
'Anat,  'Anatot,  'Altarot-Qarnaiut,  Bet-Dagoa  u.  a.  ilire  Namen  immer  be- 
halten haben;  ferner  sind  die  Stammnanien  Oad  und  wahrseheinlieh 
AB^hw  Qötleratmen,  wie  Edom  u.  s.  B.  Attur,  »  Dass  Salomo  seinen 
ausUndiseben  Frauen  su  Liebe  einxelne  Altftre  erbaut  hat,  ist  sehr  mOg- 
lieb;  aber  absurd,  dass  er  und  das  ganse  Volk  dureb  sie  zum  Poljtbeis- 
mus  verfOhrt  seien,  vgl.  Vatxe,  Bibf.  Tbeol.  I,  858  ff.  Die  gewöhnliche 
Ansebanang  unserer  Qaelleo  ist,  dass  Israel  den  Polytheismus  und  ebenso 
die  spiter  TotworCnien  Bestandtheile  des  Jahwedienstes  (M a^fetten.  Aleren, 


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376 


Viertel  Bach,  vierter  Atrachnitt. 


und  schliesslieh  die  Vielheit  der  Cultuastftttea)  von  den  Nachbarn  oder 
den  unterworfenen  Kana'anaeern  angenommen  habe,  s.  B.  Exod«  94»  12  ff.» 
Deut.  12,  2  f.  Natürlich,  denn  diese  verehrten  ja  dasselbe  Pantheon 
wie  die  Hebraeer,  und  wenn  letitere  nach  dem  Dogma  ursprilngUch  Mo- 
notheisten waren,  mussten  sie  die  anderen  GWXer  eben  von  den  Fremden 
fibemommen  haben.  Dabei  soll  in  keiner  Weise  gelftognet  werden,  dus 
die  letzteren  ihren  Einfluss  vlellkeh  geltend  gemacht  haben,  dasi  t.  B. 
Tammüs  und  »das  ganze  Himroelsheerc  erst  spftter  von  den  Israeliten 
adoptirt  sein  mögen;  aber  f&r  die  Hauptsache  beweist  das  gar  niclil». 

§.  311.  Indessen  treten  alle  diese  Gottheiten  ge^n  den 
Stammesgott  immer  mehr  zurück,  eine  Erscheinung,  die  wir 
bei  allen  semitischen  Völkern  wahrnehmen  (§•  175).  Je  mehr 
Erfolge  Israel  errang,  desto  mehr  mussten  gegen  den  Gott, 
der  sein  specHlsches  Eigenthum  war,  der  es  zum  Siege  führte, 
die  übrigen  Gottheiten,  welche  auch  die  Nachbarn  und  Feinde 
verehrten,  verblassen,  deslo  energischer  konnte  er  auf  die 
oberste  Stelle  im  Pantheon  Anspruch  erheben.  Die  niedri- 
geren Gotthdten  ordnen  sich  ihm  ohne  weiteres  unter.  So 
ist  es  schon  sehr  früh  Gebrauch  geworden,  Jahwe  mit  dem 
Plural  Clohtm  »die  Götter  €zu  bezeichnen,  ihn  gewissermaassen 
»das  Pantheon«  zu  benennen.  Jahwe  ist  »die  Götter  Israel's«; 
die  volksthümliche  Anschauung  denkt  ihn  sich  noch  in  spä- 
terer Zeit  umgeben  von  einer  Reihe  untergeordneter,  gegen 
ihn  ganz  zurücktretender  Wesen,  den  »Söhnen  der  Götterc 
(Gen.  6,  1—3,  vgl.  3,  22).  Auch  mit  El,  dem  obersten  aber 
in  der  Regel  wenig  persönlich  ausgebildeten  Gotte  der  Se- 
miten (§.  173),  ist  er  schon  sehr  früh  völlig  verschmolzen; 
die  alten  Heiligthünier,  Vielehe  El's  Namen  tragen,  wie  ßet-el, 
Pnuel,  gelten  als  Gulturstätten  Jahwe*s,  beide  Namen  werden 
völlig  synonym  verwerthet.  Dagegen  »der  Ba^al«  war  für 
eine  derartige  Verschmelzung  zu  speciell  charakterisirt,  er  hatte 
seine  eigene  Gultusstätte  und  war  als  FIaupli:oit  bei  allen 
Nachbarvölkern,  speciell  hei  den  t^rioenikeni,  anerkannt.  So 
bildete  sich  zwischen  ihm  und  Jahwe  ein  Gegensatz,  ein 
Kampf  um  die  höchste  Stelle  heraus,  der  für  die  weitere  Eni- 
Wickelung  höchst  bedeutend  geworden  ist 

312.  Mit  der  Gonsolidirung  des  Volks  gelangten  auch 


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Anfftüf«  des  MonotbeimiM.  Die  Priester.  377 


die  Priester  zu  grosserer  Bedeutung.  Zwar  stand  es  einem 
Jeässk  frei,  seine  Opfer  selbst  darzobringen ,  sieh  einen  Altar 
xn  bauen;  aber  die  Kunst  der  Orakelbefragung  und  des  Looe- 
Werfens  vor  Jabwe^  die  Pflege  des  Heiligtbums,  auch  das  all- 
mfthlich  sich  entwickelnde  Ritual  erforderten  specielle  Kenntnis» 
der  »Satzungen  Jahwe's«.  Seit  der  Aufriehtunpr  des  König- 
thums treten  die  Privatheiligthünier  zurück;  Jerusalem,  Bct-el 
(Arnos  7,  13),  Dan  u.  a.  sind  Staatsheiligthümer,  die  der 
König  ausstaltet,  an  denen  er  die  Priester  anstellt.  Der  Haus* 
cult  beschränkt  sich  auf  das  gewöhnliche  Schlachtopfer  — 
denn*  jede  Schlachtung  ist  ein  Opfer,  bei  dem  das  Blut  als 
SitK  des  Lebens  der  Gottheit  zurückgegeben  wird  (vgl.  Deut. 
12,  20  it.,  Sam.  I,  U,  82  ff.);  an  den  Tempeln  ISbertiess 
man  die  Schlachtung  des  dargebrachten  Thiers  den  Priestern, 
die  dafür  eine  feste  Gebühr  erhielten.  Der  Zutritt  zum  Priester- 
thnm  stand  Jedermann  frei,  vvie  denn  David  seine  Söhne  zu 
Priest  rri  machte  (Sam.  II,  8,  18).  Indessen  es  liegt  in  der 
Natur  der  Sache,  dass  in  der  Kegel  das  Amt  sich  vom  Vater 
auf  den  Sohn  forterbt  und  sich  ein  Priesterstand  entwickelt. 
Als  Begrönder  desselben,  als  Urheber  seiner  Satzungen  und 
Brftuche  gilt  Hose  >der  Mann  labwe'sc,  der  vor  Alters  die 
Gottheit  am  Sinai  yon  Angesicht  zu  Angesicht  gesebant  und 
ans  ihrem  Munde  die  Weisungen  empfangen  hat  Von  ihm 
leiteten  sich  z.  B.  die  Priester  von  Dan  ab  fJud.  18,  30). 
Er  gilt  als  Angehöriger  des  verschollenen  Stauunes  Lewi,  und 
so  mag  es  i^ekonnnen  sein,  dass  man  in  späterer  Zeit  alle 
Priester  als  Lewiten  bezeichnete.  Nachweisbar  ist  dieser  Name 
zuerst  zu  Anfang  des  achten  Jahrhunderts ;  doch  auch  damals 
war  der  Priesterstand  noch  in  keiner  Weise  eine  abgeschlos« 
sene  Kaste.  Der  Lewit,  beisst  es  in  einem  Liede  dieser  Zeit, 
ist  dn  Mann,  »der  von  seinen  Eltern  sagt:  leh  habe  sie  nicht 
gesehen,  der  seinen  Bruder  nicht  kennt  und  um  seinen  Sohn 
sich  nicht  kümmert;  sondern  Deine  (Jahwe's)  Worte  be- 
wahren und  Dein  Gesetz  hüten  sie,  sie  lehren  Jakob  Deine 
Rechte  nmi  l-racl  Deine  Satzungen,  sit-  bringen  Weihranch 
in  Deine  Nase  und  Brandopier  auf  Deinen  Altar«  (Deut.  33» 


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I 
j 

378  Viertes  Buch,  vierter  Absdwitt. 

9  f.)-  Der  Beruf  der  Priester  ist  hier  deutlich  bezeichnet ; 
*  sie  sind  nach  allen  Seilen  hin  die  Interpreten  seines  Willens, 
die  geistigen  Leiter  de-  Volks,  die  ihm  sajren,  was  es  thun 
imd  lassen  soll,  die  es  über  Recht  und  Unrecht  belehren  uad 
ebenso  z.  B.  die  Traditionen  und  beiligen  Geschiebten  pflegen 
und  aasbilden. 

Ueber  D«aU  88  s.  Graf,  Der  Segea  Mom^a,  1857»  Auch  die  «nt 
deraeliten  Zrit  atammende  SamueUegende  (Stm,  I,  1)  weias  siiebts  toü 
einer  AhgeeehloetenheH  dee  PfieekenUndes.  Im  alli^eiiien  vgl  Geap, 
Zur  Geeefa.  dee  Stammee  Levi,  in  Mibx*  Arehiv  für  wiai.  Eil  dee  A«T«  I. 

§.  313.  Neben  der  Priesterschafl  stehen  die  irrejrularen 
Diener  der  Gottheit,  die  Ekstatiker  und  Verzuckten,  die  üei- 
Ügea  nnd  die  Orakeiverkünder.  Dass  es  neben  der  regel- 
m&ssigen  Befkagnng  Jahwe's  durch  Loos werfen  und  Orakel- 
spruch auch  noch  andere  Mittel  gibt,  den  Willen  der  Gottheit 
zu  erkunden,  namentlich  die  direete  InspiratloD  der  »Seher« 
ihnen  entspreche  die  KAhln's  der  Araber  —  ist  eme  bei 
allen  Völkern  sich  findende  Anschauung.  Von  ihnen  ursprüng- 
lich verschieden  sind  die  sog.  Propheten,  die  »Verkünderc 
(nabf)  des  Wortes  Jahwe's,  die  Vorgänger  der  modernen  Der- 
wische, die,  wenn  »die  Hand  Jahwe's  über  sie  kommt«,  sich 
durch  TänzS;  Musik,  ekstatische  Uebungen  in  Exaltation  und 
Verzückung  setzen  und  in  der  Regel  durch  Zeichen  und 
symbolische  Handlungen  den  Willen  der  Gottheit  ferkCbndeiL 
Vielfach  leben  in  gansen  Schaaren  xosammoi,  fiberall  trftgt 
ihr  Gebahren  einen  widersinnigen  CSharakter,  und  der  Ver* 
rückte  gilt  ja  immer  der  Volksanschauung  als  heilig.  Auch 
bei  ilmen  ünden  wir  die  Atit  uige  der  Bildung  eines  Standes, 
Proi)hetenschi)lpn  und  Erblichkeit  in  der  Familie  (Ainos  7,  14); 
do(  h  thnt  natürhch  der  innere  Drang  immer  die  Hauptsache, 
Die  Institution  ist  übrigens  keineswegs  dem  Jahwecultus  eigen- 
thümlich,  z.  B.  begegnen  uns  auch  Propheten  des  Ba^^ai  (Reg'. 
I,  18),  und  ihrem  Ursprünge  nach  mag  dieselbe  eher  kana- 
^anaeisch  als  israelitisch  sein.  Von  den  sp&teren  schrtftstel- 
lemden  Propheten  sind  diese  älteren  übrigens  scharf  zu  son» 
dem.  —  Daneben  stehen  dann  die  Geweihten  (»Abgeson- 


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Seher  und  Propheten.  Moral. 


379 


dertenc,  nazir),  die  sich  ganz  dem  Dienste  der  Gottheit  wid- 
meo,  ihr  Haar  wild  wachsen  lassen  tt.  ä.  Daran  schliessen 
sieh  die  verschiedeneB  Arten  geheimen  und  illegitimen  Ver- 
kdirs  mit  den  dbematfirlichen  Mächten,  Zauberei,  Todtenbe- 
schwdruDg  u.  ä.,  die  offlefell  immer  verpönt  waren  und  Tiel* 
fach  streng  unterdrückt  wurden,  so  angeblich  schon  von  Saul 
(Sam.  I,  28). 

Ueber  das  Wesen  der  Propheten  s.  vor  allem  Fiej?.  1.  22,  ferner  (tie 
Geschichten  von  Saul  und  den  Propheten  Sam.  I,  10,  5  ff.  19,  20  fl.,  von 
Elia  und  EHsn  Reg.  I,  18.  46.  II,  2.  3,  15  «.  a.  Ueber  den  Unlerscliiod 
von  Sehern  und  Prophden  Sam.  I,  9,  9  s.  Kuenen,  1)6  Proleten  11,  322. 
Wei.lhaüsen,  Einleitung  211,  Gesch.  hr.  I,  281.  -*  Ueber  das  Nasiraeat 
v^L  Arnos  2,  11  f.,  Jud.  13  (Num.  6). 

§.  314.  Alle  religiösen  Anschaaungen  der  Israeliten  be- 
siehe sich  in  echt  semitischer  Weise  auf  die  unmittelbar 
Tor&egenden  prairtischen  FVagen,  auf  das  irdisdie  Leben,  das 

Wohlergehen  des  Volkes  und  des  i^iii/;ehien ;  transcendentale 
Speculationen  liegen  ihnen  völlig  fern.  Zwei  Elemente  sind 
es,  die  das  ;.'anze  Leben  behei  rschen :  die  gros.se  Gesaramt- 
heit  der  Nation  und  der  engere  Kreis  der  Familie,  das 
»Yaterhaiise,  Eine  von  ihnen  losgelöste  Individualität  kennt 
der  Hebraeer  nicht.  Daher  fehlt  ihnen  der  Unsterblicb- 
keitsglaube  Tollkommen;  der  fiinseine  lebt. weiter  in  seinen 
Nachkommen,  ohne  Kinder  zu  sein  ist  der  grösste  Fluch.  ' 
Auch  alle  moralischen  Anschauungen  werden  yon  diesen 
Ideen  beherrscht ;  die  Siinden  der  Väter  sucht  Jahwe  heiin 
an  Kindern  nnd  Kindeskindern,  für  die  Vergehen  der  Könige 
büs>t  das  ganze  Volk,  wer  ein  Jahwe  wohlgefälliges  Leben 
führt,  dem  lohnt  er  es  bis  in  die  fernsten  Geschlechter.  Die 
Gebole  Jahwe's  beziehen  sich  in  erster  Linie  auf  die  Inne- 
haltung seiner  Feste,  die  Darbringung  der  ElrstUngsopfer,  die 
richtige  Form  des  Gultus.  Aber  natürlich  bestraft  er  auch 
die  Verletzung  von  Recht  und  Gesetz  und  beschirmt  die  staat- 
liche Ordnung. 


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-4  


880 


Viertes  Buch,  (Qnfter  Abwhoitt 


Y.  Aegypten  unter  der  Herrschaft  der  Söldner« 

Die  tanititchtn  Kinige  «id  die  Okarprletter  von  ThdMn. 

§.  315.  Seit  dem  Tode  Rarases'  III.  hatte  Aegypten  auf- 
gebort, auf  die  Eatwickelong  Syriens  Einfluss  zu  übeo.  Eine 
Zelt  ÜDmer  grosserer  Erscblaffüng  und  firstarrung  war  über 
Aegypten  gekommea,  die  schlieseUch  zur  Erhebung  des  tbe* 
banischen  Obeipriesten  Hrihor  auf  den  Königetbion  fOhrte« 
Wie  lan^^e  er  über  ganz  Aegypten  geboten  hat,  wissen  wir 
iiiclit:  dapresren  ?ehen  wir,  dass  sein  Sohn  Pi'anchi  und  sein 
Enkel  rmosem  I.  die  Königsherrsehafl  niclü  behauptet  haben, 
sondern  lediglich  als  Oberpriester  ihrem  Vater  gefolgt  sind 
und  als  solche  allerdings  in  Theben  und  dessen  Umgebung 
unumschränkt  geboten.  Ein  anderes  Herrscherhaus^  freuMi- 
Iftndischen  (libyschen?)  Ursprungs,  hat  steh  in  dieser  Zelt  in 
Tanis  erhoben.  An  sanier  Spitze  steht  ein  König  Seamon 
(Sementa?,  bei  Manetho  £{i6vdi(Jc),  dessen  Name  uns  in  den 
Fundamenten  eines  Tempels  in  Tanis  und  auf  emem  Obe- 
lisken von  Heliopolis  begegnet.  Auch  über  Theben  hat  er 
geiierrsciit;  im  10.  Jahre  seiner  Regierung  Hess  er  die  Mumien 
Rarnses'  I.,  Seti'  I.  und  Ranises'  II.  rcvidiren  und  in  ein 
anderes  Grab  bringen.  Otlenbar  also  hat  er  das  Königthum 
der  thebanischen  Oberpriester  gestürzt  und  dieselben  zur 
Anerkennung  seiner  Oberhoheit  gezwungen.  Daher  fOhrt  Pi- 
no^em  I.  neben  der  OberpriesterwISrde  gelegentlich  auch  den 
Titel  »StadtYOgt  (von  Theben)  und  Ohergeneral  des  Sfid- 
und  Nordlandes«  (Lepsius,  D.  III,  351  d— f.);  offenbar  nimmt 
er  neben  den  tanitischen  Königen  eine  ähnliche  Stelhing  ein 
wie  Hrihor  net)en  Ranises  Xil.  Einen  Schritt  weiter  ging,  so 
scheint  es,  Seamon's  Sohn  Pisebcha'nu  (^''ouadvvTj^) :  er  besei- 
tigte das  Geschlecht  der  thebanischen  Priester  ^)  und  übertrug 


MOglichervaise  veraehwigerten  sich  auch  beide. 


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Dto  thebaniseben  Amoospriester  und  dw  Taniteiu 


381 


das  Oberpriesterthum  einem  seiner  Söhne,  der  wie  der  Enkel 
des  Hrihor  den  Namen  Ptno^em  (II.)  führte  oder  annahm. 

Auf  Pisebcha'nu  I.  scheinen  erst  eini^  Icurze  Regierungen, 
unter  ihnen  die  au'  h  in  Tlu-ben  anerkaiinle  des  Amenemapt 
CAiiEvcft^O-'c)  gefolgt  zu  sein ;  dann  bestieg  Pinosem  selbst  den 
Thron.  Ale  »Oberpriester  des  Amon  von  Theben  und  Ober- 
generiUec  setzte  er  nach  einander  seine  Söhne  Masaherta  und 
Hencheperraf  und  dann  des  letzteren  Sohn  Pinosem  (III.)  ein ; 
auf  dem  Königsthron  in  Tanis  scheint  ihm  Har-Pisebcha  nu  IL 
getoigt  zu  sein. 

Dwikmflier:  T-rrfnr?,  l).  III,  243-251.  268 d.  Bnrnscn.  Rpc.  I,  22. 
MABiRn,  AbydoslI,  36—38,  Karnak  41.  Maspero,  ÄZ.  1882,  134.  Maspero 
nnd  Emil  Brugsgb,  La  trnuvaille  de  Deir  ei  Bahari  (mir  unzugänglich  ;  vgl. 
Ah^ukeau,  Revue  des  Quest.  hist.  April  1882,  Maspero,  Verl).  Herl.  Orient. 
Ckmfr.  III).  Lbpsius,  Die  21.  manelh.  Dynastie,  in  ÄZ.  1882,  103.  151. 
Ferner  Naville,  ÄZ.  1878,  29,  Wiedemans,  ÄZ.  1882,  86;  vor  allem  dor 
treffliche  Aufsatz  von  Naville,  Inscr.  Iiist.  de  Pinodjem  III,  1883,  dem 
ich  nur  in  der  Gleichselning  Hrihor's  mit  Seamon  (Sementu  ?)  von  Tanis 
nicht  beistimmen  kann.  Auch  warum  der  auf  den  Mümienf)inden  des 
htimses  1.  u.  s.  w.  genannte  Seamon  der  I'riesterköni^  Hrihor  sein  soll, 
wie  allgemein  angenommen  wird,  sehe  ich  nicht  ein.  Bei  der  von  mir  ge- 
gebenen Anordnung  fallen  die  von  Lkpsiüs,  AZ.  1882.  155  (T.  j^egen  die 
Stellung  Hrihor's  an  der  Spitze  der  Prirsterkönige  erhobenen  Hedenken 
wef :  Hrihor  lässt  in  seinem  6.  Jahre  die  l^^^n  hen  Seti's  1.  und  Hamses'  II. 
revidiren,  der  Oberpripster  Pinw*m  I.  in  seinem  6.  Jahre  die  des 
lUnii^es  II.  in  das  Grab  Seti's  bringen,  Seamon  in  seinem  Iti.  Jahre  sie 
wieder  von  hier  entfernen.  —  Dass  Pinosem  !I  i<  r  Sohn  des  Piseb- 
cha'nu  I.  [der  Qbri^ens  auch  selbst  ♦  imual  KoiHK  und  Oberpriester  des 
Amon  genannt  wird,  ullenlcn  kurz  nachdem  er  Theben  besetzt  und  ehe 
er  seinen  Sohn  zum  Priester  erhoben  halle:  Wiet>fman.\.  AZ.  1882,  88|  * 
Oberpriester  unter  der  Oberhoheit  des  Anienemapt  war,  lehren  die  Leder- 
itikke  hei  \ViEi>EMAr«N ,  AZ.  1882,  86.  Ebenso  besteigt  Mencheperra', 
BmietcH,  Ree.  I,  22  den  Sitz  seines  Vaters,  des  Königs  Pinosem,  als 
Oberpriester  und  General;  d.  h.  wftbrend  sein  Vater  in  Tanis  regiert, 
folgt  er  ibm  (oder  vielmehr  genauer  seinem  filteren  Bruder  MasaherU) 
io  der  Prieeterwflrde.  —  Das«  die  Tftniten  ft«mden  UrspruiiBe  waren,  zeigt 
der,  wie  et  ecbeinl,  unaegyptische  Name  Pisebcha^na;  Masaherta  findet 
neh  auch  als  Name  eines  Sohnes  Unhor*». 

§.316.  Die  Herrschaft  der  Tuuiten  scheint  ungefähr  120  Jahre 
(etwa  1060^  948  t.  Chr.)  gedauert  zu  haben.   Dass  unter 


382 


ViertM  Baeb,  (Dnfter  Abtcbnitt. 


derselben,  wenigstens  in  dem  faeUseh  Ton  den  Anonsiuiestern 
beherrschten  Theile  dee  Landes,  nicht  die  beste  Ordnung 

herrschte,  leliren  mehrere  Urkunden,  in  Jenen  von  Unter- 
schlagungen des  Teinpolputs  des  Anion  durch  Verwalter  und 
Schreiber,  von  Leichenherauhungen  u.  ä.  die  liede  ist.  Auch 
dass  es  wieder  und  wieder  nöthig  war,  die  Mumien  der  früheren 
Könige  in  der  thebani?chen  Weststadt  zu  revidiren  und  sie  ans 
ihren  prächtigen  Gräliem  in  verliorgene  Klüfte  zn  transpor- 
tiren,  zeugt  Ton  der  Scfawftehe  der  Regierung.  Im  CUnrigen 
werden  die  grossen  Staatsprocesse  auf  eine  sehr  einfache  Weise 
entschieden:  die  Frage,  ob  schuldig  oder  nichtschuldig,  whd 
der  Statue  des  Amen  vorgelegt  und  diese  ^'ibt  durch  ein 
Orakel  die  Entscheidung.  Man  sieht,  wie  vollkommen  die  Idee 
der  Gotteslici  ischatt  in  die  Wirlilichkeit  umgesetzt  ist;  zweitels- 
ohne  ist  um  diese  Zeit  in  Theben  auch  die  später  in  Ae- 
thiopien  praktisch  durchgeführte  Theorie  ausgebildet  worden, 
dass  der  König  nicht  nur  bei  all  seinem  Thun  und  Lassen 
das  Orakel  des  Gottes  einzuholen  hat,  sondern  auch  geradezu 
von  ihm  ernannt  wird  und  abgesetzt  werden  kann. 

Die  hierhergehOrigen ,  von  ßHUcsc»,  Gesch.  U4i>— Ü5y  /.uni  i  lieil 
falsch  verstandenen  Denkmäler  sind  von  Naville,  Inscr.  hisU  de  Pinodjem  III 
eingebend  bebandelt  —  leh  gebe  euf  der  nSebsten  Seite  die  Uste  der 
Könige  and  Priester,  soweit  sie  sieb  rar  Zelt  berslelleD  läset  Der  An* 
tritt  defonq^s  I.  Allt  naeh  Uaen^B  Rechnung  980«  da  er  den  Anftmg  der 
26.  Oyn.  anf  715  ansetst.  Das  riebtige  Datum  fAr  den  iettteren  sdieint 
aber  7S8  ra  sein     S5S);  danaeb  fiele  äeionq  I.  Ins  Jabr  948. 

Die  libyschen  SOIdner  und  die  zweiundzwanzigste  Dynastie. 

Lspsn»,  Die  22.  aeg.  KOnigsdynastle,  In  Abb.  Berl  Ali.  185S.  Siebii, 
Die  22.  manetb.  Djn.»  AZ.  1888,  15  ff. 

§.  317.  Der  Titel  eine-;  Obergeneral?,  den  die  thebani- 
schen  Priester  fuhren,  scheint  di^lben  als  Commandanten 
der  einheimischen,  aus  den  aegyptischen  Bauern  aufgebotenen 
Streitkräfte  zu  bezeirhncn.  Den  Kern  der  Streitmacht  bilden 
dagegen  die  adt  Seti  J.  in  immer  grOeeerem  Umfange  ver- 
wendeten Söldner.   Zum  Theil  sind  dieselben  seit  Jahrbnn- 


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Die  tanitiidM  Dynutie. 


383 


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QO  1^ 


384  Viertes  Boeb,  fOnfter  Abadmitt 

derten  im  Lande  ansfissig,  daneben  recrutiren  sie  sich  durch 
immer  neue  Zuzüge  aus  Libyen.  Es  bildet  sich  auf  diese 
Weise  ein  den  Mameluken  Tdllig  gleichartiger,  abgesehlossener 

Stand  fremiiliuidischen  LTspruno^s,  der  die  ei^^entlichG  Ent- 
srh  i  iung  über  <^ie  Schicksale  des  Lande?  in  Händen  hat, 
und  in  dem  das  Kriegshandwerk  vom  Vater  aul  den  Solin 
sieb  forterbt.  Zusammengefasst  wurden  diese  Söldner  nnler 
dem  Namen  Ma,  der  aus  dem  des  libyschen  Stammes  Masauasa 
durch  Abkürzung  heryorgegangen  ist.  Schon  daraus,  ebenso 
ans  den  Eigennamen  der  Krieger,  sehen  wir,  dass  die  Libyer 
unter  ihnen  durchaus  überwogen;  wenn  auch  die  wiederholten 
Angriffe  der  Libyer  auf  Aegypten  glücklich  zurückgewiesefi 
waren,  in  Wirklichkeit  waren  sie  jetzt  Herren  des  Landes. 
AntTallend  ist  es,  dass  das  in  älterer  Zeit  so  oft  erwähnte 
Corps  der  Sardana  jetzt  nie  mehr  genannt  wird;  es  wird  in 
der  Masse  der  übrigen  Söldner  aufgegangen  sein.  Dagegen 
der  Name  der  Ma^iu  (§.  234)  hat  sich  erhalten;  noch  im 
Koptischen  Ist  matoei  der  allgemeine  Name  der  SoMaten.  Dass 
dieselben  ^elfach  Gelegenheit  hatten,  Reicbthüoier  und  Grund- 
besitz zu  gewinnen,  und  die  Könige  ihnen  Exemtion  von  der 
Grundsteuer  gewährten,  Ist  begreiflich  genug.  An  ihrer  Spitxe 
stehen  die  »Fürsten  der  Ma« ;  das  übercommando  führt  der 
»Grossförst  (  ura)  der  Ahi «.  Doch  niö^n-n  auch  mehrere  solche 
üeneralissimi  neben  einander  gestanden  haben. 


Aus  die?<»'n  libysclieu  Tru))peii  ist  die  spätere  Kaste  der  {jitt^^tpioi 
(Herori.  11,  l(j4  Ii..  Diod,  I,  78)  liervi)rgi'<z;in|jen.  Dass  Ma  Alvkuraing 
von  Masauasa  ist,  lehren  die  Titel  Lti>»iL»,  Künigbbuch  üOO.  U04  (vüii 
den  Apisstelen  hei  Mariette,  Sörap^um  pl.  24  ff.).    Danehen  Andel  sich 

oAw  I JS  V         bei  Panretnes  (LB>snis,  K^b,  785. 
BiRpiiAim,  Hieragl.  Inecbr.  <i).   Die  bei  tuwos,  KOnigeboeh  000  e 

und  604  a  aufsefflbrte  Schreibung  scheint  au» 

verieseo  Xtt  sein.  Dasa  die  .lufTaesuDg  des  ai'a  n  IIa  durch  Brooscr 
in  seiner  Geschiebte  (er  ObeEsetit  ea  abweehaelnd  dureb  »GroaskSnir 
der  Assyrer«  und  durch  »Sattap«)  unhaltbar  ist,  ist  jetxt  aUgemein  an- 
erkannt.  —  Vgl  noch  den  mea  n  UaiauaU  Takelot  AZ.  188g,  09  Anm. 


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Die  übjwhMi  SflidiMr.  ädhnq  L 


88$ 


§.  318.  Etwa  zuJ^ül^r's  Zeiten  war  ein  Libyer  Buittwa 
nach  Aegypten  gekommen.  Sein  Geschlecht  gelangte  zu  hohem 
AnjBehen,  sein  fünfter  Nachkomme,  Namret«  wurde  etwa  unter 
König  PSno^em  >Gro6sfQrst  der  und  Gbnerafissimusf,  mid 
nach  seinem  Tode  folgte  ihm  sein  Sohn  Seionq  (hebr.  p^^Z\ 
SooaaxfjL,  ass.  §u§inqu)  als  Gommandant  der  Streitmacht. 
Eine  Inschrift  aus  Aljvdos  zeigt,  in  wie  hohen  Ehren  derselbe 
stand,  wie  der  KoniL'  iür  das  Grab  seines  Vaters  Sorge 
trägt,  fdr  ihn  das  Amonsorakel  in  Theben  befragt  und  zum 
Gotte  für  den  Sieg  des  Generals  betet.  Es  ist  begreiflich, 
d&BS  äeSonq  schliesslich  selbst  die  Hand  nach  der  Krone 
ausstreckte  (94d[?]  COir.).  Auf  friedlichem  oder  gewaltp 
Samern  Wege  wurde  er  der  Nachfölger  des  letzten  Tarnten, 
Qar-Pisebcha*nu  II.,  mit  dessen  Tochter  Ra^ma'ka  er  sor 
Sicherung  seiner  Dynastie  seinen  Sohn  Osorkon  vermählte. 
Nach  dem  unter  den  Taniten  herrschenden  Brauch  wurde 
ein  aruit  rer  seiner  Söhne,  Aupuat,  Oberpriester  des  Amon  und 
>Obergeneral  aller  Streitkräfte«;  er  erscheint  in  den  thebani- 
scben  Inschriften  durchweg  als  Begleiter  seines  Vaters.  Auch 
unter  den  folgenden  Herrschern  bleibt  es  Sitte,  dass  ein^  der 
EffnigssShne  mit  der  hficfasten  geistlichen  Wörde  in  Theben 
beeidet  wird;  ebenso  wird  später  das  Priesterthnm  des  Pta]^ 
in  Memphis  an  einen  Zweig  der  EOnlgsfamilie  verliehen,  und 
auch  die  übrigen  Prinzen  erhalten  meist  Priesterthömer  und 
daneben  eine  hohe  militärische  Stellung.  Im  übrigen  scheint 
Sesonq  auch  die  Nachkommen  der  Ramessiden  wieder  hervor- 
gezogen zu  haben,  wir  finden  unter  ihm  einen  »Hamessiden- 
prinzeo«  in  hoher  militänschor  Stellung* 

SiaimiibMim  der  22.  (von  Manetho  als  bubastisch  beseidiiMlen) 
DyoBiti«:  Kabiirz,  Mrapten  pL  81;  LDsnw,  '92.  I>yii.*  Der  Ahnherr 
Boittva  wkd  hier  hier  alt  Lib|er  (Te|penu)  beiciehiiel;  die  Annahme, 
den  die  Nemen  Namret,  Oeorkon  COoopx<^)t  Takelot  aeeyriecb  eeien, 
ist  gans  unbegrQndet  Den  libiieben  Dnpmng  der  Dynaetie  bat  suerrt 
SiSBH  erkannt.  ÄZ.  1883,  20.  YerscbwAgerung  mit  der  81.  Dyn.:  Lepsius, 
Aoewabl  15.  Inschrin  der  Ramessidenprinzen:  Brogsch,  ÄZ.  1875,  163 
=  Mabistti:,  Mon.  dir.  63  a  und  jetst  Stern,  ÄZ.  1883,  19.  Hierher 
gehört  OS  auch,  dn^  ^in  npneralisdoiQS  dar  Mt,  Panre&ne«  [yor  oder 
Meyer,  Oeedii^te  dea  AltocUiujne.  I.  25 


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386  ViMtof  Baob,  fOnftor  AlMclmitt. 

nach  §e§onq  I.?],  seine  Tochter  einem  Ramefsidenprinzen  vprniählte: 
V.  BfcUGMA?7?r,  Hierojfl.  [nsclir.  4.  —  Die  Inschrift  Marikttk.  Abvdos  II.  oG 
über  Namret  und  Sesonq  ist  von  BrunHcn,  Gesch.  65X  flt,  ganz  falsch 
verstanden;  s.  Naville,  Inscr.  bitiU  de  Finodjem  S.  18. 

§.  D.iss  die  Pharaonen  der  21.  Dynastie  nicht  im  Stande 
waren,  sich  in  die  asiaiisclien  Verhältnisse  zu  mischen,  lehrt 
die  Geschichte  der  Hebraeer.  Erst  zur  Zeit  Salomo  s  sehen 
wir,  dass  der  damalige  König,  vermuthUch  ^ar  Pisebcha*^nu  IL, 
mit  dem  israelitischen  Staate  Besiehnngen  anknöpft,  för  Sa- 
lomo  Gazer  erobert  mid  dies  seiner  Tochter  zur  Mitgift  be- 
stimmt,  daneben  aber  auch  politischen  Flflchtlingen  wie  Jero- 
beam  und  Hadad  Ton  Edom  Zuflucht  gewährt,  um  sich  die 
Möglichkeit  einer  Intervention  offen  zu  halten  (§.  307  f.).  Die 
LosreissunjT  Jiuhi's  von  Israel  und  der  Iangjährip:e  derselben 
folgeiuie  Bürgerkrieg  bot  dann  die  Gelegenheit,  di*  Ilt-eriahrten 
nach  Syrien  noch  einmal  zu  criieuern.  Im  5.  Jahre  des  Kö- 
nigs Rehabeam  von  Juda  zog  Sesonq  nach  Syrien.  Die  dürf- 
tigen Ueberreste  der  hebraeischen  Königsannalen  bencfaten 
nur,  dass  er  die  Schätze  des  Tempels  und  Palastes  Ton  Jeru- 
salem, namentlich  die  goldenen  Sdiilde^  welche  Salomo  dort 
aufgehängt  hatte,  mit  sich  wegführte;  die  lange  Liste  der  er- 
oberten Ortschaften,  welche  auf  einer  Wand  des  Tempels  von 
Karnak  verzeichnet  ist,  zei^'t,  dass  in  gleicherweise  die  israeliti- 
schen Ortschaften  erobert  und  ausgeplündert  wurden.  Kräfti^ren 
Widerstand  hat  der  Pharao  schwerlich  irgendwo  gefunden; 
seine  Siegeslnschrifl  enthält  nach  dem  GeschmaclEe  der  Zeit 
anstatt  eines  Kriegsberichts  nur  religiöse  Phrasen«  Mehr  als 
ein  Raubzug  um  leichte  Beute  zu  gewinnen,  ist  die  Expedi- 
tton nidii  gewesen,  politische  Folgen  hat  sie  nicht  gehabt; 
namentlich  ist  es  ganz  wkdirt  zu  glauben ,  sie  sei  im  Inter- 
esse Jerobeam's  gegen  den  jüdischen  König  unternommen 
worden. 

fidkn^»  Sieu  r  ins«lixift:  Lbpsiüs,  D.  m,  252.  RoMum,  Wem,  itor. 
148  (vgl.  MABPtiio,  AZ.  1880,  4i  ff.).  Reg.  I,  14,  25  ff.  wird  nur  die  Er- 
oberung Jerusalems  berichtet,  weil,  wie  der  Inhalt  deutlich  lebtt»  nur 
die  CMbiebte  des  Tempeto  fOr  den  Epitomator  Intorceee  hatte. 


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^iooq  I.  In  PftlaflsUna.  Die  tpfttenn  Bubutiden.  387 

%  320.  Der  Aufsehwmig  der  aegyptiachen  Macht,  welehen 
cHe  Thronbesteigung  der  neuen  Dynastie  herbeigeführt  hatte, 
war  TOD  knrzer  Dauer,  äeäonq'e  I.  Nachfolger,  Osorkon  I., 
Takelot  I.,  Osorkon  Bf.,  Sesonq  IT.,  Taketot  ü.  treten  uns 

nur  ganz  vereinzelt  auf  den  Deiikiuälern  entgegen.  In 
Theben  liabtMi  .sie  an  einer  von  Sesonq  I.  begonnenen  \  er- 
halle des  Amonsteiijpels  in  Karnak  weiter  gebaut,  daneben 
begegnen  uns  ihre  Spuren  in  Bubastis ,  dem  Slammorte  der 
Dynastie  (ÄZ.  1883,  22),  in  l\Temphis  und  sonst.  Allmählich 
ist  der  Staat  unter  ihnen  völlig  zerfallen;  die  Obergenerftle 
der  Ma,'  vielleicht  zum  Tbeil  Seitenlinien  des  Hauses  ange- 
h6rig,  grtbiden  sich  eigene  Fdrstenthfimer  und  acfatltteln  die 
Oberhohdt  der  Bubastiden  ab.  SeSonq  IIL,  der  Nachfolger 
Tiikt  lot's  II.,  ist  der  letzte,  dessen  Namen  wir  in  Theben  be- 
gegnen; eine  lange,  sehr  verstümmelte  Inschrift  aus  seinem 
29.  Jahre  (Lei'sius,  D.  III;  258  a)  handelt  von  Gescheiiken, 
die  er  dem  Amon  darbrachte.  Dann  ging,  so  scheint  es,  der 
Süden  des  Landes  an  die  Aethiopen  verloren  (§.  351).  Sesonq  III. 
hat  im  ganzen  52  Jahre  regierit,  dann  folgen  ihm  sein  Sohn  Pimai 
(reg.  mindestens  2  Jahre)  und  sein  Enkel  Sedonq  IV.  (reg.  min- 
de^ens  37  Jahre,  bis  etwa  785  v.  Ghr,).  Wir  wissen  von  diesen 
Königen  nur  dadurch,  dass  sie  in  mehreren  zu  Ehren  der  unter 
ihrer  Herrschaft  verstorbenen  Apisstiere  verfassten  Inschriflen 
er  wäll  nt  werden,  Danacli  muss  ihre  Oberhoheit  in  Memphis 
noch  wenigstens  zeit  weil  ier  anerkannt  worden  sein.  Doch  scheint 
ihr  ei^rentlicher  Machtbereich  sich  auf  den  Gau  von  Basiris 
beschränkt  zu  haben;  König  Pi^anchi  von  Aethiopien  erwähnt 
in  seiner  grossen  Inschrift  einen  Grossfursten  der  Ma  Sesonq 
von  Busiris  und  seinen  Nachfolger  Pirna,  die  vermuthlich  mit 
Sefoiq  III.  und  Pimai  identisch  sind.  Zur  Zeit  dieses  Er* 
oberers,  etwa  im  Jahre  775  t.  C3ir.,  finden  wir  ndt)en 
Urnen  einen  Köni«^  Namret  von  Hermopolis,  einen  »Herr- 
scher« rhaq)  Pefdubast  von  Herakleopolis  magna,  der  den 
Königsi  iii;^^  trntrt,  einen  König  Aupuat  der  Deltastädte  Tentremu 
und  Tai" an,  einen  König  Osorkon  [III.]  von  Bubastis.  Letzterer 
gehört  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  23.  Dynastie  Manetho's 


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388 


Viertes  Buch,  fünfter  Absclmitt 


an,  die  aus  Taiiis  stnnimen  und  im  Jahre  823  v.  Chr.  [nach  Afri- 
canus]  den  Thron  bestiegen  haben  soll.  Als  ihren  Begründer 
nennt  Manetho  Petubastis  (Pedsebasl),  ihm  folgt  Osorchon, 
d«  i.  yermuthlich  der  eben  erwähnte  Osorkon  III.  OffealMr 
hat  Manetho  die  letzten  Herrscher  der  22.  Dynastie  lüdit 
mehr  als  legitim  betrachtet,  und  daher  zwar  aufgeführt^  aber 
für  die  Chronologie  nicht  mit  verrechnet.  —  Neben  diesen 
»Königen«  stehen  dann  zahlreiche,  meist  als  Fürsten  (ur) 
oder  Grossfürsten  der  Ma,  in  anderen  Fällen  als  Erbherren 
(rptf)  oder  Noniarchen  (ha^)  bezeichnete  selbständige  Herrseher 
in  den  einzelnen-  Ganen  des  Delta,  in  Athribis,  Mendes, 
St  bennytos,  Sais  u.  a.;  der  Stadtherr  von  LetopcJis  fuhrt 
statt  dessen  den  Titel  eines  Oberpriesters.  Meist  sind  diese 
Gewalthaber  offenbar  aus  den  Söldnerführern  hervorgegaogeo, 
und  vermutblich  hat  der  Besitzstand  und  das  Machtverhält- 
niss  fortwährend  geschwankt.  Dass  die  einzelnen  Staaten 
eine  lockere  politische  Gonföderation  bildeten ,  ist  sehr  wahr- 
schr iiilich;  vermutblich  wurden  die  Nachkommen  des  allen 
Herl  scherhauses  als  oberste  Lehensherren  anerkannt,  wahrend 
diejenigen  Machthaber,  welche  den  Königstitel  usurpirten,  da- 
mit zugleich  den  Anspruch  auf  völlige  Selbständigkeit  erhoben. 

l>('nkmäler:  Lepsiüs,  D.  III,  255  ff.  DERooQi,  Inscr.  71  f.  MARiEm^Hon. 
dir.  77  a.  b.  Ein  König  Takelot:  V.  Schiodt,  Textes  hierogl.  de  Copen- 
hague,  17.  Ueber  Familien  dieser  Zeit:  Deveria,  RAn.  VIII,  7.  Liebleik, 
RAn.  XVIll,  272.  Für  dieChronol.  und  die  späteren  Herrscher  der  22.  Dp. 
sind  die  Apisstelen  des  Serapeums  unsere  Hauplquelle  (Mariette,  S^rapeum 
pl.  25  bis  33).  BH  Manetho  tritt  uns  hier,  und  ähnlich  hei  mehreren  der 
spälereti  Daten  (z,  B.  für  Taharqa  §.  358)  die  eigenthnmhclie  Erscheinung 
entgegen,  dass  das  aus  ihm  sich  ergebende  Datum  für  den  Anlan^r  der 
Dynastie  jedenfalls  nahezu  oder  ganz  richtig  ist,  während  die  Einzel- 
posten  und  die  Gesammtsummr  viel  zu  niedrig  sind.  Es  mus«  hier 
jeilLiit.ilis  ein  Ausgleich  zwisclien  den  verschiediMim  neben  emaiHler 
regiere!i(äen  Dynastien  durch  eine  für  uns  nicht  erkennt  are  IleductiOQ 
der  Zahlen  stattgefunden  iiaben ;  vgl.  die  Uehersicht.  —  Die  beiden  ersten 
Herrscher  der  23.  Dyn.  glaubt  man  in  den  Königen  Fedsibast  (auf  eineui 
hölzernen  Thürflügel  des  Louvre)  und  Osorkon  III.  (Lepmak«»,  Aeg.  Mon. 
te  Leyden  11,  97  Nr.  330)  wiederzuerkennen,  s.  Lkpsiüs,  Konigsbuch 
Nr.  612.  613. 


Auflösung  des  aegyptUchen  SUals. 


389 


Uebersiclit  der  zweinudzwanzigsten  Dynastie. 


Monuinente. 

SeiODq  I.  mindeatene 
Oioikon  I. 
Tkkdot  L 
Onrkon  XL 
defenq  IL 
Takeiota 
htianq  tSL  rag. 
Pimai  [mindestens 
äcionqlV. 


21 

« 

28 

U 

52 
2 

37 


'1 

/ 

J.  ^ 


Hanetho. 

'Ooop^    15  J. 

ficXoi  tptlc  25  [em.  29]  J. 

TaniXtt^C  13  J. 


Somme  v.  5  Reg.  mind.  147  J. 


irr]  px'. 


Die  Gei^ammidauer  der  neun  Regierungen  iet  demnach  mindestens 
etwa  auf  200  Jahre  (wahrscb.  943—735  v.  Chr.)  anzusetzen.  Vielleicht 
bat  aber  seit  828  v.  Chr.,  dem  manethonisehen  Datum  der  23.  Dyn.,  diese 
in  der  That  in  Tanis  [urul  BubastisJ  zu  regieren  begonnen.  Da  der  Zug 
Pi'anchi's  jedenfalls  um  775  v.  Chr.  fällt,  ergibt  sich,  dass  die  Herrscher 
der  22.  und  23.  Dyu.  bei  demselben  irgendwie  vorkommen  müssen;  die 
mehrfach  aufgestellten  im  Texte  vorgetra^!:enen  Identilicationen  hahen 
hohe  Wahrscheinlichkeit.  Ob  der  König  Pefduhast  von  Herakleopolis 
mit  dem  auf  piiipm  Sarkophag  aus  Theben  erwähnten  K^ni^  ^'leichen 
Namens,  einem  Schwiegersohn  des  unbekannten  Königs  Ameiirud  oder 
Rudamon  (T.kp?iü5,  Denkm.  Iii.  248a)  identisch  ist,  ist  nicht  zu  ent- 
scbeiden.  Der  letztere  findet  sich  auch  auf  einem  KrystallgefSss  des 
Louvre  (f'iiji.Ki  r,  ('atal.  de  la  Salle  bist,  p.  109;  Marikttf:,  Kamak  p.  66), 
uiid  hat  je«ieiifrtlls  mit  dem  Aelhiopen  Urdamani,  dem  Sohne  Taharqa's 
nichts  zu  thun.  —  Die  übrigen  Angaben  beruhen  auf  der  Pi'anchistele. 
Der  Ghron.  II,  14,  8  genannte  König  Zerach  von  Kusch  ist  Erfindung 
des  Chronisten  (s.  Wellhausen,  Gesch.  Isr.  I,  216)  und  hat  mit  Osorkoa 
TOD  Aegypten  nicbtt»  zu  thun.  —  Sonst  vgl.  noch  §.  392. 


VL  Israel  unter  der  Herrschaft  des  Hauses  'Omri. 

Politische  Gesdiichte  der  Hebraeer  imd  iiiror  Naclibarstaaten. 

§.  321.  An  den  Zer&U  des  Reiches  David's  und  die 
AtuplQnderung  der  beiden  nenentsfandenen  Staaten  durch 

§esonq  knüpft  ein  langwieriger,  zwei  MensclienaUer  dauernder 


390 


Vieileü  Üuch,  sechsler  Abschnitt. 


Bürgerkrieg  (ca.  925—875  v.  Chr.).  Ucber  seinen  Verlauf 
erfahren  wir  pfar  nichts,  wie  denn  übeiiinLipt  unsere  Nach- 
richten üluT  diese  Kjiüche  der  hebraeisdjen  Geschichte  ausser- 
ordentlich dürftig  sind.  Zu  einem  Resultat  hat  er  nicht  ge- 
führt, wohl  aber  die  Politik  der  beiden  Staaten  in  erster  Linie 
bestimmt.  Im  allgemeinen  hatten  die  Könige  von  Jerusalem 
um  ihre  Existenz  zu  kämpfen,  während  das  Nordreich  weit 
kräftiger  war  und  die  Machtstellung  der  davidiseben  Zeit  auf- 
recht zu  halten  wenigstens  versuchen  konnte.  Damit  hängt 
es  wohl  zusammen,  dass  die  Philisterkriege  noch  einmal  er- 
neuert wurden.  Als  Nadah  von  Israel,  Jerobeam's  Sohn,  gegen 
die  Philister  zu  Felde  zol'-  und  die  Grerr/stadl  Gabbaton  be- 
lagerte, wurde  er  von  Ba'sa  aus  dem  Stamme  Isaschar  er- 
schlagen. Der  neue  König  nahm  den  Krieg  gegen  Juda  — 
wo  auf  Rehabeam  zunächst  sein  älterer  Sohn  Abijam,  dann 
dessen  Bruder  Asa  gefolgt  war  —  eneigisch  auf;  dicht  vor 
Jerusalem  legte  er  die  Festung  Rama  an,  um  die  Stadt  zu 
blockiren.  Da  schickte  Asa  die  letzten  Kostbarkeiten  Ton 
Jerusalem  an  den  König  ßenhadad  I.  von  Damaskos,  um 
seine  Hülfe  zu  erkaufen.  So  wurde  Ba'sa  gezwungen,  den 
Krieg  gegen  Judu  aufzugeben;  Asa  könnt«'  Rama  zerstören 
und  ein  paar  henjaminitische  Grenzovle  besetzen  und  be- 
festigen. Zwischen  Israc  1  und  Damaskos  aber  entbrannte  ein 
erbitterter  Krieg,  der  mit  kurzen  Unterbrechungen  bis  zum 
Untergang  beider  Staaten  gedauert  hat.  Zunächst  war  er  för 
Damaskos  durchaus  erfolgreich;  Benhadad  entriss  den  Israe- 
liten die  Gebirgslandschaften  westlich  vom  oberen  Jordan 
mit  den  Städten  ^Ijjon,  Dan,  Abel  und  »das  ganze  Land 
Naphtali«. 

Die  Quellen  für  diese  Zeit  lliessen  Sussnrsl  kSrglifh.  Zu  Grunde 
liegen  die  »Tagebücher«  der  Könign  von  Israel  und  die  der  Könige  von 
Jtida ;  wie  dipse  halbofTiciellen  (§.  19)  Werke  i-twa  beschaffen  waren  und 
wie  weil  sie  von  einer  wirklichen  Ueschiclitsschreibung  entfernt  waren, 
lehrt  deutlich  die  InscLrilL  de^  Me^a'.  Aus  diesen  Tagebüchern  ial  ein 
Auszug  gemacht,  der  aber  fast  ausschliesslich  die  Königsfolge  und  die 
Gt«ehiehte  d«i  T«ap«lt  raa  iwmkm  (vgl.  §.  319  Anro.)  berOeksichügt 
und  im  Obrigvii  olle  KOnig«  nach  den  vom  DratMonomiom  auljgatellteii 


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BQrgerkri«9  twiiebin  Intel  und  Jod«*  *Oiiirii 


891 


Gesichtspunkten  Iieurtheilt.  Diese  Epitome  bildet  den  Grundstock  unserer 
Königsbücber.  Seit  Achab  sind  in  dieselbe  eine  Reibe  ausführlicherer  Er- 
zafilung^en  einpel«';;l,  the\h  ziemlich  gleichzeitige  Berichte,  theils  Legenden 
und  Bearbeitungen  älterer  Traditionen  (s.  u.).  Für  die  ältere  Zeit  aber 
üuden  sich  nur  ganz  späte  und  für  die  Geschiebte  völlig  werthlose  Er- 
findungen, wie  I.  12,  21—24  [da7t!  !T.  23.  15—201.  c.  13.  14.  —  Auf  die 
Discussion  über  den  Namen  BenliailaJ  iai\un.  wahrscheinlich  ßarhadad) 
brauche  ich  hier  nicht  einzugehen;  da^  Material  s.  bei  Schbadeh,  KCiF. 
S71  ff.,  KAT.  *  200  tT.,  sowie  §.  336  f. 

§.  322«  Auch  das  Haus  Ba*sa's  hat  sich  auf  dem  Throne 
nicht  hehaaptot.  AU  sein  Sohn  Ela  dm  Philisterkrieg  erneaerte 
und  das  Kriegsvolk  Gabbaton  aofe  neue  belagerte,  wurde  or 
in  seiner  Residenz  Tir^a  toü  dem  Reiterot>er9ten  Zünri  er* 

schlagen.  Aber  dieser  wurde  nirgends  anerkannt;  ein  Theil  der 
Bevölkerung  erhob  Tibm,  das  vor  Gabaton  liegende  Heer  den 
Foldhauptmann'Omri  zum  Könige.  Der  letztere  zog  f,'egen  Tirsa; 
Ziiuri  konnte  sich  nicht  halten  und  suchte  in  den  Flammen  des 
Paiastes  den  Tod.  Zwischen  den  beiden  anderen  Prätendenten 
dauerte  der  Kampf  noch  längere  Zeit,  bis  Tiimi  starb  und 
^Omri  die  AUeinberrschaft  gewann  (um  890  v.  CShr.).  £s 
ist  deokbar,  dass  bei  diesen  Kämpfen  ausser  persOnliehem 
Ehrgeiz  andi  die  Rivalität  der  Stämme  noch  eine  Rolle 
spielte ;  aber  unsere  Ueberlieferung  gestattet  uns  darin  keinen 
Eiiiblick. 

'Omri  verlegte  die  Residenz  von  Tirsa  nach  der  von 
ihm  neu  gegründeten  Stadt  Samaria  (Sonirön).  Gegen  Da- 
maskus dauerte  der  Krieg  fort  mit  demselben  Misserfolge 
vrie  fräher;  ein  grosser  Theil  von  6U#ad  mit  der  wichtigen 
Festung  Rama  wurde  verloren,  ausserdem  erwarb  der  König 
von  Damaskos  das  Recht,  in  Samaria  einen  Bazar  anzulegen 
(Reg.  I,  20,  34).  Dagegen  errang  ^Omri  gegen  Moab  wich* 
tige  Erfolge.  Ghedbon,  die  Hauptstadt  des  Königs  Sichon, 
wurde  erobert,  die  Grenze  des  Reichs  bis  in  die  Nähe  des 
Arnon  vorge.schoben,  fast  wie  zu  David's  Zeit.  Der  zu  Daibon 
(nördlich  vom  Arnon)  residirende  Künig  hatte  eine  schwere 
Abgabe  an  Vieh  und  Wolle  zu  entrichten  (Reg.  II,  8,  4).  Die 
Bedeutung 'Omri's  für  Israel  spricht  sich  auch  darin  aus,  dass 


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392 


Viertes  Buch,  sechster  Ab&cbailt. 


die  Assyrer  auch  unter  den  folgenden  Dynastien  sein  Reich 
»das  Haus  ^Omri«  nennen. 

DUB  *0iiit1  Mo«b  bedrOekt  hat,  Mgt  Me4a'  ZI.  5.  7;  dass  das  Lied 
Obtr  ikn  Kampf  gegen  Stchon  Nuid,  21,  27—80  hierher  gehOrt,  habe 
ich  Z.  altt  Wiss.  I,  181  f.  gezeigt.  Das  Lied  und  Mela^e  Angaben  etginMo 
lieh  gegenseitig:  Ghelhon,  Nebo,  MMeba,  Ba*at-Me*OD,  Jaha?,  'A^ardt 
worden  erobert,  die  Grenie  lief  unmittelbar  nOrdlieb  yon  Qirjatain  ood 
Daibon,  Slchon  wird  wohl  der  Vorgänger  von  Heia**!  Vater  Kamdigad 
gewesen  sein, 

9*  823.  Noeh  erfolgreieher  war  ^Omri's  Sohn  Achab 
(Ach*ab).    Mit  Tyroa  achloss  er  ein  enges  Freundschafts^ 

bündniss  —  »einen  Bruderbund«  nennt  es  Arnos  1,  9  —  und 
vermählte  sich  mit  I/.obel,  der  Tochter  de-  lyrischen  Königs 
Ituba^al  (§.  286).  Der  Krieg  mit  Juda  ging  endlich  zu  Ende: 
Asa's  Sohn  Josaphat  (Jehoiapat)  scbloss  mit  Israel  Friede  und 
Freundschaft  und  vernifibHe  seinen  Sohn  Joram  (Jehorflm)  mit 
Aehab*s  Tochter  Ataija  (^Ataljahn).  In  der  Folgezeit  erscheint 
der  jüdische  König  als  getreuer  Bundesprenosse  und  fast  als 
Vasall  Israefs.  Dadurch  wurde  ihm  ermöglicht,  die  Kraft  des 
Staates  nach  Süden  zu  werfen  und  Edom  bis  ans  roibe  Meer 
wieder  zu  erobern.  Auch  Salomo*s  Opbirfabrten  Tersucble 
er  wieder  aufzunehmen;  aber  das  dafür  gebaute  Schiff 0 
scheiterte  im  Hafen  von  'Esiongeber.  —  Wichtiger  noch  waren 
die  Erfolge,  die  Achab  gegen  Damaskos  errang.  König  Ben- 
hadad  IL,  oder  wie  er  nach  den  assyrischen  Inschriften  wahr- 
scheinlich hiess,  Hadad^ezer,  war  mit  grosser  Heeresmacht 
gegen  Samaria  herangerüdct,  aber  die  Belagerung  wurde  ab- 
geschlagen, und  als  er  im  nächsten  Jahre  von  neuem  angriff*, 
schlug  Achab  ihn  bei  Apheq  in  der  Ebene  Jezra'el  aufs 
Haupt;  der  König  -rllist  wurde  gefangen.  Statt  ihn,  wie  die 
Fanatiker  forderten,  dem  Jahwe  zu  schlachten,  nahm  Aciiab 
ihn  freundlich  auf;  gegen  Ruckgabe  alier  unter  Ba*ila  und 


')  LXX  wissen  auch  hier  mir  von  einem  Scliill  (§,  286  Anm);  und  dass 
Pl^25<  im  M.T.  Re^.  I,  22,  49  Correctur  ist,  lehren  die  folgenden  Sin- 


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393 


*Ooiri  entnasenen  Ortaehaften  und  Ueberiassaiig  einei  Basars  in 
Damaakos  entliess  er  flm  in  lein  Reiefa  (856  oder  855  t.  Chr.). 

Politische  Gründe  gaben  dazu  die  Veranlassung.  Schon  im 
Jahre  876  war  Assyrerkönig  Assurnasirpai  in  Nordsyrien  einge- 
fallen, seit  859  hatte  sein  Sohn  Salmanassar  II.  die  systematisclie 
Unterwerfung  Syriens  begonnen  und  alle  nordsyrischen  Staaten 
bis  an  die  Grenze  des  Reichs  toq  ^amat  zahlten  ihm  Tribut 
Im  Jahre  854  unternahm  er  einen  nenen  Feldzag  nach  Syrien  | 
nm  ihre  ÜnabhAngigkelt  zu  sichom,  war  es  dringend  geboten, 
daas  die  einseinen  Staaten  sich  einigten«  So  kam  eine  Allianz 
xn  Stande,  deren  Mitteipnnkt  Benbadad,  Achab  und  der  Kö- 
nig Irchulina  von  Haniat  bildeten;  jener  stellte  1200  Wagen, 
1200  Reiter,  20,00i»  xMann,  Achab  2000  Wagen  und  10,000  Mann, 
Irchulina  700  Wa^en.  700  Reiter,  10,000  Mann  ins  Feld.  liei 
Karkar  kam  es  zur  Schlacht;  und  wenn  auch  der  Assyrer- 
kdoig  den  Sieg  für  sich  in  Ansprach  nahm,  jedenfalls  war 
er  nicht  im  Stande,  zu  weiterem  Angriff  Torzugdien  (s.  §.  336). 

üeber  die  hier  und  iiu  Folgenden  erzählten  Kriege  besitzen  wir  in 
Reg.  I,  20.  22.  II,  3,  0,  24-  7,  20.  8,  28  f.  9.  10  einen  Auszug  aus  einer 
«flbnbttr  bald  ntch  den  EnisniiMn  gtaebriebMicii  BnShlimg«  dia  den 
hftlbbiBtqtbchen  Cbankter  trtft,  wtIclMii  die  Begebenheiten  im  Munde 
dee  Volkee  eebr  bald  anaebmen;  vgl.  Wku^vhkb,  Cinleitang  S49  ff.  Die 
Details  alad  nur  mit  Yoisiebt  tu  benutien;  82  »Kflnige«,  welehe  naeh 
Reg.  1, 20,  1  dem  Benbadad  folgen,  bat  es,  wie  die  aMyriscben  Insebiiften 
lehren,  in  Syrien  nie  gegeben.  Auch  der  »König«  von  Edom  II,  8  stebt 
im  Widerspruch  mit  I,  22«  48.  lieber  den  I,  20  eingelegten  Prophetea 
s.  WrLi,HAUPEX  1.  c.  —  Ueher  den  assyrischen  Namen  Benhadad's  II.- ge- 
nügt es  hier  auf  Schradlh,  KGF.  371  Ü'.  53<S.  KAT.  ^  200  lu  verweisen.  Die 
Ideotitftt  des  Kamän-idri  (oder  Dadda-idri)  peschnebeneii  Königs  mit 
Benhadad  II.  ist  völlig  zweifellos.  Der  Assyrerkrie^  wird  in  den  Königs- 
bütlifcin  nicht  erwähnt;  es  ist  aber  klar,  dass  die  Allianz  zwischen  Israel 
und  Damaskos  und  ihr  gemeinsames  Auftreten  bei  Karkar  854  v.  Chr. 
die  Folge  des  Sieges  tod  Apheq  ist.  Der  Friede  zwischen  Israd  tmd 
Damaskos  danerto  naeb  Reg.  I,  32,  1  t  swei  Jabre  Ons  dritte  OUt  der 
Wiedeiausbnieb  des  Kriegs),  mitbin  in  die  Jabre  855/4  oder  854/S»  und 
Aebab*k  Tod  im  neuen  Kriege  entweder  858  oder  852. 

§.  324.  Kaum  war  die  Ge£ahr  vorüber,  so  brach  der  Krieg 
swisdien  Israel  and  Damaskos  Yon  neuem  aus.  Benbadad  wdlte 


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394 


Vitrtat  Boeh,  ssefaitar  Abtohiiht. 


Rama  in  Gilead  nicht  herausgebfln.  Im  dritten  Jalire  nach 
d«r  Schlacht  von  Apheq  tag  Achab  mit  sdoem  Bunde^^enoeten 
Josaphat  gegen  die  Stadt,  fand  ai>er  im  Kampfe  vor  dendben 

seinen  Tod ;  Rama  blieb  im  Besitze  der  Syrer  (853/2  v.  Chr.). 
Nach  dem  Tode  Achal/s  wagte  es  König  Mesa'  von  Muiib 
die  Tributzahlung  an  Israel  einzustellen  und  den  Kampf  um 
die  GrenzdistricLe  wieder  zu  beginnen.  Er  hatte  guten  Erfolg : 
Medeba,  Nebo,  Jahas,  sowie  das  von  dem  Stamme  Gad  »seitEwig- 
keit€  bewohnte  'Atarot  Warden  zurädLgewonnen,  die  Bewohner 
meist  »dem  Kamod  zur  Augenweide«,  od«  wie  die  7000  Ein- 
wohner von  Nebo,  »weil  sie  der  'Altor-Kamoi  geweiht  waren«, 
niedergemacht  (g.  809).   Aach  nach  Süd^,  gegen  Ghaorn* 
nain,  kämpfte  Me^a'  erfolgreicli.     In  den  eroberten  Orten 
wurden  meist  muahitische  Colonisten  angesiedelt,  auch  eine 
Reihe  neuer  befestigter  Ortschaften  anp'elotrf.     Auch  sonst 
war  Mesa"  ein  umsichtiger  Herrscher;  überall  im  Lande  liess 
er  Gisternen  anlegen,  über  den  schwer  zu  passirenden  Arnon, 
der  Moab  in  zwei  Theüe  theilt,  führte  er  eine  Strasse.  Die 
Inschrift  eines  grossen  ki  seiner  Residenzstadt  Daibcm  auf- 
gerichteten Attarsteins  (bama)  TerkOndet  ans  die  Thaien  dea 
Königs.   Erst  Joram  (Jeboräm),  Aehab's  jüngerer  Sohn  — 
der  ftKere  Achazjahu  war  nach  kurzer  Regierung  gestorben  — 
nahm  die  Wicderunterwerfuiij^^  des  Rebellen  energisch  in  Au- 
griff,    Mit  dem  durch  die  StreiikraRe  des  Vasallenstaates 
Edom  verstärkten  Kernig  von  Juda  zusammen  zog  er  von 
Süden  her,  durch  die  Wüste  Büdlich  ¥om  todten  Meer,  gegen 
Moab.    Die  Feinde  wurden  geschlagen,  das  Land  weit  and 
breit  verwästet,  Mesa*  in  der  Feste  Qir  südlich  vom  Amon 
eingesdÜQSsen.  Als  die  Noth  aafs  hOcfaste  gestiegen  war, 
brachte  er  seinen  ältesten  Sohn  auf  der  Stadtmauer  den  Gdi* 
tem  znm  Opfer.  Dassdbe  hatte  Erfolg;  die  Israeliten  mossten 
abziehen  —  aus  welchen  Gründen  wissen  wir  nicht  — ,  Moab 
behauptete  seine  Unablulngigkeit  (um  848/7  v.  Chr.).  Aach 
Edom  fiel  nach  Josaphat  s  Tode  von  seinem  Sohne  Joram  ab 
und  konnte  trotz  harter  Kämpfe  nicht  wieder  unterworfen 
werden. 


I 


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UM  Ton  ÜMb«  SUin  des  Hmum  *Oiiiri. 


395 


Ob  IhMlirUI  Mflia's  iit  1668  von  CUni&tr  gsftmdM  wovdin;  Muie 
grone  PnbUeaUoQ  ist  mir  tinxagftnglicli.  Aus  d«r  Literatur  Ober  die- 
selbe ist  hervorzuheben:  Gannfvo,  RAh.  XXI,  184  f.  357  ff.  Nöldkkr, 
Die  Iiischr.  des  K.  Mesa  1870.  Schlottmakn,  Die  Siegessäule  Mes'as  1870« 
und  ZDM.  XXIV,  243  ff.  438  ff.  Dass  die  in  derselben  ei  /.filillen  Ereignisse  Yor 
den  Feldzug  Jorams  anzusetzen  sind,  i=t  allgemein  anerkanut.  Dann  ist 
aber  entwcripr  ti^r  jüdische  König,  der  diesen  unlerstützle,  nicht  Josaphat, 
sondern  seni  öohn  Joram  (^ine  Vertauschung  der  Naaieu  in  der  nicht 
mehr  rein  historischen  (§.  823)  Er/.llihing  Reg.  II,  3  ist  sehr  denkbar), 
oder  der  letztere  hat  hüchäleiiä  zwei  Jahre  re^jiert,  nicht  acht  (i^eg. 
U,  8.  17). 

§.  825.  Inzwisefien  hatte  Benbadad^  nachdem  er  zwei  neue 

Angrifife  Saimanassar's  (850  und  849)  abgewehrt  hatte,  den 
Angriff  auf  Israel  erneuert  —  vielleicht  hat  die  Kunde  davon 
den  Abzug  aus  Moab  veranlasst.  Joram  wurde  in  Saniariu 
belagert  und  au£s  äusserste  bedrängt,  als  die  Syrer  aul  die 
Kunde  von  dnem  feindlichen  £infall  plötzlich  die  Belagerung 
aufgabt,  yermutblich  war  es  die  Nachricht  "von  dem  im 
Jahre  846  zum  vierten  Mal  wiederholten  Angriff  Salmana$- 
8ar*s  auf  Syrien  und  spedell  auf  Damaskos  (§.  337),  welche 
Benhadad  zu  schleuniger  Umkehr  nöthigte.  Bald  darauf  wurde 
derselbe  durch  seinen  Feldliauplinann  Chazael  ermordet.  Gegen 
ihn  zog  Joram,  wieder  von  dem  judischen  Könige  Achazjah, 
dem  Sohne  dos  inzwischen  geslorlxnen  Joram,  begleitet.  Bei 
der  Belagerung  von  Rama  wurde  der  erstere  verwundet,  die 
Könige  begaben  sich  zur  Heilung  nach  Jezra'ei.  Diese  Ge- 
legenheit benutzte  der  israelitisehe  Feldhauptmann  Jehn,  um 
sieb  von  den  Truppen  zum  K5nig  ausrufen  zu  lassen.  Eil^ds 
begab  er  sich  dann  nach  Jezra*el»  machte  die  ahnungslosen 
Könige  nieder  und  rottete  das  ganze  Haus  Achab*s  aus,  ebenso 
alles,  was  ihm  von  den  Verwandten  des  jüdischen  Königs  in 
die  Hände  fiel  (um  843  v.  Chr.).  Das  »Blulhud  von  Jezra'elt, 
das  lange  im  Andenken  des  Volkes  haften  blieb  —  noch  ein 
Jahrhundert  später  spricht  Hosea  (1,  4)  mit  Abscheu  davon  — 
wai'  nicht  nur  eine  politische  Revolution,  sondern  zugleich  das 
Ergebniss  einer  religidsen  Reformbewegung,  deren  Betrachtung 
wir  uns  jetzt  zuzuwenden  haben. 


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396 


Viertes  Buch»  teehtter  Abeduült. 


Upher  die  nnelle  vgl.  §.  323.  —  Chronologie.  Die  5cheiiibar  sehr 
genauen  Uateri  der  Königsbüchrr  beruhen  durchweg:  Oms  ;uif  die  letzten 
Zeiten  des  Reiches  Juda)  unf  Spielereien  mit  der  Zalil  4u,  der  Dauer  einer 
Generation  nach  hebraeischer  Anschauung ;  überdies  liegt  das  Schema  zu 
Grunde,  dass  von  d^r  Frhnnnng  des  salomoni'^chen  T»Mii[tpls  bis  zum 
Ende  lies  Exils  zwölf  Geueralionen  =  480  Jahren  verliossen  seien  (§.  lÖ6j. 
»Sie  stimmen  weder  mit  den  as'iyri'.chen  Angaben,  noch  milder  tyri^hen 
(Ihronologie  (Achab  regiert  traditionell  918—897,  sein  Schwiegervater 
Ituba'al  nach  Menander  885—854).  Der  Synchronismus  zwischen  beiden 
Reichen  ist  noch  später  eingelegt  und  rein  künstlicli:  in  Wirklichkeil 
bestehen  zwischen  den  für  Israel  und  Juda  gegebeneu  Zahlen  ziciuJicli 
beträchtliche  Differenzen  (vgl.  auch  §.  35G).  S.  Wf-llhaisen,  Zeitrech- 
nung des  B.  der  Könige,  Z.  Deutsche  Theol.  XX,  <!07  ft.  Krft,  Zur 
Zeitr.  des  B.  der  Könige,  Z.  Wissensch.  Theol.  1S77,  404  ff.  Wnu 
BADSER,  Einleitung  264,  Geschichte  I,  285.  Stads,  Geiehicble  88.  Ver- 
gleiehung  der  assyriieheD  und  bebraeischen  Nachrichten:  Schbabii, 
KAT. 458  ff,  [RecoostractionsYeiüuebe  von  Dcngxer,  Gesch.  d.  Att.,  Will* 
BAOSEir,  ].  c,  Kampbauser,  Z.  altt.  Wtss.  III,  198  ff.].  —  Somit  ist  nur  eine 
Approximativrecluiang  möglich.  Fflr  dieselbe  dienen  als  Ansgangspunkte^ 
dass  nach  den  assfrisehen  Angaben  Achab  noch  854  ($.  828)t  Jehu  sefaoa 
842  [§.  837;  trad.  884  bis  856]  regierte.  Weitere  Anhaltopankte  geben: 
die  tyrisehe  KOnigaliste  ($.  286);  das  nianelhonische  Datum  fOr  ^ 
tenq  I.  (948 [?]  t.  Chr.,  |.  816);  endlich  die  Thatsache,  dass  Achsb 
bdehstens  die  Yierle,  sein  2Seitgenosse  Josaphat  die  dritte  Generation  adt 
Saiomo*s  Tod  reprltsentirt.  Ferner  danert  nach  Heia*  ZI.  S  die  Ftaid- 
herrsebart  Aber  Moab  (*Omri  and  Aehab)  40  Jahre,  die  Regienmg  seinsi 
Vaters  80  Jahre  (ZI.  2).  NatOrltcb  sind  das  runde  Zahlen;  man  sieht, 
wie  wenig  auf  eine  genaue  Zeitreehnng  Gewicht  gelegt  wurde.  —  Ueber  die 
Könige  von  Damaskos  s.  Reg.  I,  15,  18;  ob  Chezion  der  Sohn  Rezon's  wer, 
wissen  wir  nicht.  Ueber  die  Werthlosigkeit  der  Angaben  des  Ni&  DsiD. 
bei  Jos.  Ant.  VII,  5,  2  s.  Freudenthal,  Hellenistische  Studien.  Schräder, 
KGF.  879  ff.  Auf  diesem  Material  beruht  die  nebenstehende  KOnigsliste. 

Anfänge  des  itraelttiichefl  Monotlioliniiii. 

§.  326.  Wir  haben  früher  gesehen,  wie  gegen  Jahwe^ 
den  Nationalgott,  alle  übrigen  Gfdtter  völlig  zuröcktreten 
und  er  im  Gnlt  und  in  der  Anschauung  des  Volks  durcboos 
die  erste  SteUe  einnunmt  (§.  311).  Hieraus  entwickelt  sich  die 

Forderunpr  der  Alleinverehrung  Jahwe*s.  >Du  sollst  dich  vor 
keinem  anderen  Gotte  beugen;  denn  Jahwe's  Name  ist  der 
Eifersuchtige  y  ein  eifersüchtiger  Gott  ist  er«  (Exod.  34,  14). 


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Chronologie  und  Königsliaie. 


397 


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398 


Viertes  Buch,  »eefaitar  Abscbmtt. 


Die  übrigen  Göttor  sind  durchaus  reale  Mächte,  deren  Existenz 
zunächst  in  keiner  Weise  bestritten  wird;  aber  Jahwe  will 
die  Ehre  nicht  mit  ihnen  theilen,  er  ist  mit  Israel  aufs  engste 
yerbonden  und  verlanfl^  von  ihm,  dass  es  ihn  allän  als  seinen 
Herrn  y  der  ihm  Existenz  and  Sieg  Terleiht,  anerkenne.  In 
Aegypten  vaad  Indien  entwickelt  sich  der  Monotbeismns  ans 
pantbeistischen  Specttlationen  und  aus  dem  Bedürftilss,  die 
Machtsphären  der  einzelnen  Gottheiten  auszugleichen,  sie  zu 
verschmelzen,  und  ist  daher  ein  theologisches  Mysterium ;  in 
Hellas  ist  er  das  Ergebni.^s  [»liilosoj>hisrhon  Denkens ;  aber  in 
Israel  —  und  ähnlich  später  in  Arabien  —  beruht  er  auf 
dem  Princip  der  Exclusivit&L  Daher  tritt  er  hier  zun&chst 
rein  negativ  auf;  die  Götter  Terschmelzen  weder  za  einer  all« 
nmfkssenden  höchsten  Einheit,  nochyerschwinden  sie  als  Pban- 
tasiegebilde  vor  einer  philosophischen  Idee,  sondern  ihnen 
allen  wird  ihr  Recht  auf  Verehrung  (und  m  einem  späteren 
Stadium  ihre  Ejcistenz)  bestrillen  bis  auf  Einen.  Der  Begrifif 
der  Persönlichkeit  wird  daher  hier  nichi  aufgehoben,  sondern 
weit  schroiTcr  herausgebildet,  und  darauf  bt'rulit  es,  dass  hier 
die  monotheistischen  Ideen  in  die  Volltsreligioii  eindringen  und 
sie  vollkommen  umgestalten  konnten,  während  sie  überall 
sonst  imm^  theologische  oder  philosophische  SpeculatiODen 
geblieben  sind. 

Die  gangbare  Auffassuog,  ilass  der  israelitische  Monotheismus  — 
dtm  man  4aii&  di6  ebflttfidi-theologischen ,  zum  gratMn  Thctt  auf  grie* 
ebifchaii  Idaen  berabaiiden  Aneehaoungen  QDtareehiabt  —  etwas  Einiif- 
artiges  und  raligifls  betoadeif  Hoehttebandss  sei,  ist  iirig.  Sebie  Ba- 
dentimg  besteht  darin,  daia  er  VoUnreligion  werden  konnta. 

§.  ^27.  Daneben  geht  das  Streben  einher,  den  CuUus 
der  Gottheit  rein  zu  erhalten;  durchweg  werden  ja  Neuerungen 
auf  religiösem  Gebiete  von  den  Anhängern  des  Alten  als  Ver- 
mischungen angesdien.  Dem  Jahwe  ein  Gussbild  von  Gold  und 
Silber  zu  machen  hatte  man  von  den  Eana^anaeem  gelernt. 
Wenn  man  dasselbe  am  ANar  aufrichtete,  so  konnte  es 
scheinen,  man  bringe  nicht  dem  Jahwe,  sondern  einem  an- 
deren Wesen,  einem  Menschengebilde,  die  Opfer  dar,  oder  man 


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AUAinvorehning  Uhwt% 


399 


«winge  ihn  in  eine  Gestalt,  die  nicht  er  selbst  sich  zum  Wohnsitz 
gewählt  Das  Bild  erscfa^nt  ja  primitiven  Völkern  immer  als 
etwas  Uagisdies,  GeheimnissvoHes^  das  seüie  tigene  JSxistenz 
hat;  nmr  schwer  begreift  man  es  ab  blosses  Abbild.  So  ent'> 
stand  die  Forderani^:  >6nssgötter,  Götter  von  Silber  und  Gold 
sollet  du  dir  nicht  niach'jii  .  (d^xod.  20,  23.  34,  2).  Natür- 
lich trifft  aber  das  Gebot  nicht  die  heiligen  Steine,  Masseben 
u.  ä. ,  in  denen  sicli  Jahwe  selbst  manifestirt  hat.  Andere 
gingen  noch  weiter;  eine  von  Jehonadab,  dem  Sohne  Rekab's, 
begründete  religiöse  Genossenschaft  verwarf  alle  Elemente  der 
Gcdtor,  Ackerhau,  Weingennss,  das  Wohnen  in  Hänsem«  mid 
kehrte  zum  Wüsienleben  zurück  (Reg.  II,  10, 15.  Jerem.  85).  — 
Ihren  nächtsen  Ausdruck  erhatten  diese  Ideen  in  der  Yor- 
stellnng,  dass  Jahwe  bestimmte  Forderungen  aufgestellt  hat, 
auf  die  hin  er  Isiacl  zu  seinem  Volke  gemacht  hat;  dieselben 
hat  er  dem  Mose  am  Sinai  offenbart  und  verlangt  ihre  ße- 
f^tl^'ung.  Die  ersten  Aufzeichnungen  dieser  Gebote,  sowohl 
der  rein  religiösen  Satzungen,  wie  der  Satzungen  des  Rechts 
und  der  Moral,  gehören  dieser  Epoche  an.  Allmählich  Ter- 
>  schiebt  sieh  so  das  Verh&ltniss  zwischen  Jahwe  und  Israel ; 
wenn  ursprünglich  beide  unzertrennlich  mit  einander  gegeben 
sind,  steht  jetzt  der  Gott  über  dem  Volke,  das  er  sich  erwfthlt 
hat;  das  Verhiltniss  wird  em  gesetzliches,  das  auf  einer  Ver- 
pflichtung  des  Volks,  einem  »Bunde«  (brit)  beruht. 

Die  ältesten  Aufzeicbnungen  der  Hebote  sind  das  »Goethe'sche  Zwei- 
tafelgesetzc,  Exod.  84,  und  das  »Bondeabuch«,  Cxod.  20,  23— 2d>  80  [mit 

Interpolationen],  vgl.  24,  3—8,  in  dem  alle  Bestimmungen  des  ersteren 
wiederk fahren.  Entweder  das  Bunde^^linrh  (WEU.HArsE??) ,  oder,  was  mir 
wahrst  fu  inlicher  ist,  Exod.  34  (Dillma.nn,  StaI'k)  hat  der  Jahwist  in  sein 
Werk  aufgenommen.  [Aeuerdinps  hat  Jülicheh,  Jahrb.  prot.  Theol.  1882. 
79  IT.  272  ff.  bestritten,  dass  das  bundesbuch  jemals  gesondert  existirt  babej. 

§.  828.  Die  Spitze  der  monotheistischen  Bewegung  richtet 

sich  gtgeii  »den  Ba'al«  als  den  Hauptrivalen  Jahvve's  (§.  311), 
ähnlich  wio  Chucnaten  keinen  der  aegyptischen  Götter  ener- 
giM  lier  vorfol^Mr  Amon  (§.  227);  die  hervorragendsten 
Vertreter  der  Bewegung  sind  die  Jahwepropheten.  Dass  dagegen 


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400 


die  Könige  nicht  geneigt  waren,  ihren  Forderungen  nachzu* 
gdMli,  ist  begreiflich  genug.  Zwar  wir  Achab,  wie  schon 
die  NasMO  seiner  drei  Kinder  beweiieD,  ein  eifriger  Veretarer 
lahwe'e«  seine  Propheten  standen  bei  ihn  in  grossem  An* 
sehen,  wenn  et  anch  natOrlieh  eelne  Politik  nicht  in  «Hern 
und  jedem  nach  ihren  Orakeln  einrichtete,  und  gelegentlich 
g^n  Eiferer  und  ilmi  unbequeme  Heilige  energisch  aufgetreten 
sein  mag.  Aber  daneben  verehrte  er  den  Ba'al,  wie  es 
heisst,  speciell  durch  seine  tyrische  Gemahlin  veranlasst ,  und 
baute  ilun  in  Samaria  einen  Altar.  Zwar  liess  Joram  die 
Ma^feba  d^selben  entfernen  (Reg.  II,  3,  2),  aber  den  Eiferern 
genügte  das  nicht  Andere  Gründe  der  UnzofHedeniseit  moefa- 
ten  hinzu  kommen  —  so  hatte  Achab  an  Nabot  von  Jeira^el 
und  sehier  Famüie  efaien  Justizmord  begangen,  mn  sich  seines 
Gntes  cu  bemftchtigen,  woffir  ftm  der  Pro^iet  Elia  Yon  Tiöbe 
die  Strafe  Jah\v(-'s  angekündigt  liulte  —  die  missliche  poli- 
tische Lage  konnte  als  Folge  des  Zürijens  Jahwe's  betrachtet 
werden;  genug,  es  scheint  pine  starke  Strömung  zu  Gunsten 
der  Reform  vorhanden  gewesen  zu  sein.  Von  dem  Projiiieten 
Elisa  erhielt  Jehu  die  erste  Anregung  rar  Empörung,  nnd 
nach  seiner  Throniiesteigang  erfttUte  er,  von  Jdxmadab  «lier- 
stfitat,  die  Forderung  der  Fanatiker.  Unter  dem  Vorwande 
eines  Festes  worden  alte  Priester  nnd  Propheten  des  Wal  m* 
sammengeioelct  und  niedergemacht,  der  Tempel  und  die  Maseeben 
desselben  zerstört.    »So  vertilgte  Jehu  den  Baal  aus  Israel <. 

Die  Angaben  aber  AchaVs  Ba'alciilt  Reg.  I,  17,  81— 33  a.  II,  3,  2, 

vg].  10,  2ß  f.  sind  nicht  klar.  Die  Erzählungen  von  Elia  Heg.  I,  17 
bis  20  und  die  Angahe,  Aefaab  habe  den  Jahwecultus  rerfolgt  und  alle 

seine  Propheten  bis  auf  einen  umgebracht,  sind  völlig  unbistorisch  und 
erst  in  der  folgenden  Epoche  entstanden  (§.  361).  Die  Geschichte  von 
Nabot  liegt  Revr.  II,  9.  25  f.  in  älterer,  I,  21  in  späterer  Fassung  vor.  —  Was 
von  Heg.  1,  15,  12.  Iti,  7.  22,  47  historisch  ist.  Iftssi  sich  nicht  entscheiden. 

S.  939.   Korse  Zeit  darauf  wurde  in  Inda  das  gleicbe 

Ziel  erreicht.  Nach  Achazjuh's  Ermorduns;  halte  seine  Mutter 
Atalja  sich  der  Regierung  bemächtigt  und  ihre  Enkel  samml- 
Jich  aus  dem  Wege  geräumt   Nur  der  jüngste,  Joes,  wurde 


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StoR  det  Ba*al  in  IbimI  vmA  Joda. 


401 


gerettet  und  Ton  dem  Jahwepriester  Jehojada*  aufgezogen.  Nach 
sechs  Jahren  (um  837  v.  Chr.)  stürzte  derselbe  die  Atalja  und 

setzte  Joas  auf  den  Thron.  Dann  aliinle  er  das  Beispiel  Israel's 
nach;  in  feierlicher  Vei  -mumlung  vt  rptliclUete  er  den  König  und 
das  Volk,  den  Geboten  Jahwe's  zu  gehorchen,  »zum  Volke 
Jahwe's  zu  werden«.  Der  Tempel  des  Ba'al  wurde  zeisidrt,  sein 
Priester  Mattftn  erschlagen.  Von  einem  Auftreten  gegen  den 
Bilderdienst  oder  gegen  die  untergeordneten  Gottheiten  ist  aber 
*  weder  in  Israel  noch  in  Juda  die  Rede ;  die  Altfire  der  letzteren 
(g.  SlO)  blieben  bis  zmn  Jahre  622  in  Jerusalem  best^en.  Deut- 
lich erkennt  man,  dass  es  steh  zunächst  nur  mn  den  Primat 
Jahwe's  handelte,  der  durchgeführte  Monotheismus  dagegen 
wohl  ais  i  orderung  Einzelner  auftrat,  aber  den  Anschauungen 
der  Masse  noch  völlig  fremd  war. 

Zu  Reg.  II,  11  vgl.  WsLLH^usDt,  Eiiüeitang  258. 

Literatur. 

§.  330.  In  die  behandelten  Zeiten  fallt  die  weitere  Aus- 
bildung der  Erzfdilnngen  von  den  Ahnlierren  des  Volks,  den 
Gründern  seiner  HeiligUiümer  (g.  309),  und  die  allmähliche 
—  mündliche  oder  schriftliche  —  Ausgleichung  der  verschie- 
denen Traditionen  zu  den  feststehenden  uns  vorliegenden 
Fonnen.  Derselben  Zeit  gehören  auch  die  Erzählungen  von 
den  Anfängen  des  Menschengeschlechts  an,  wie  Jahwe  Mann 
und  Weib  gebildet  und  in  ehien  herrlichen  Garten  im  fernen 
Osten  gesetzt,  aber  ihnen  verboten  habe  von  der  Baumfrucht  zu 
essen,  welche  Erkenntniss  v  ii  ::nf  und  böse,  d.  h.  von  nützlich 
und  schadiieJi,  und  damit  dll»  i  r^hore  hitelligcnz  gewählte, 
wie  sie,  von  der  Scliiange  verlüiirt,  ungehorsam  waren  und 
desshalb  verjagt  wurden,  damit  sie  nicht  auch  von  dem 
Lebensbaum  ässen  und  d^  Göttern  gleich  würden,  wie  sie  nun 
im  Schweisse  des  Angesichts  den  Acker  selbst  pflügen  müssen 
und  Schmerz  und  Tod  leiden,  wie  dann  die  Göttersöhne  (§.  311) 
von  den  Töchtern  der  Menschen  die  Riesen  zeugten,  wie  die 


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402 


Viertot  Buch,  sechator  Abwlinitt. 


Uenschen  sich  Tennehrten  und  in  der  Ebene  Smeor  einen 
grossen  Thurm  bauten,  d«r  bis  m  den  Himmel  ragen  sollte 

—  es  liegt  dabei  eine  dunkle  Kunde  von  dem  Beltempel  in 
Babel  zu  Grunde  (vj.  1^)9)  —  und  Jahwe  ilire  Sprache  ver- 
wirrte und  die  Völker  /j  i  -t reute.  Von  der  poeUscheu  Literatur 
dieser  Zeit  sind  uns  einige  Bruchstücke  erhalten,  vor  allem 
der  Jakob  in  den  Mund  gelegte  Segensprach  für  die  zwölf 
Stamme  (Gen.  49),  daneben  Bruchstücke  aus  jodaeischen 
Liedersammhing  »Buch  des  Gerechten c  (darunter  das  Klage- 
lied um  Saul's  Tod  297),  und  aus  der  israetttiacben  »Buch 
der  Kriege  Jahwe'sc  (darunter  das  Siegeslied  über  SUshOn 
§.  322).  Durchweg  zeigen  dieselben  frohe  Kampfeslust,  gelegent- 
lich aucli  niuihii.Mjn  Trotz  ?egen  die  Nachbarvölker,  daneben 
eine  zufriedene  Stimmung,  die  des  Schut7e>;  und  der  Macht 
Jahwe's  gewiss  ist  und  selbst  durch  die  vorübergehende  Noth 
einzelner  Landestheile  nicht  getrul>t  wird  (Gen.  49,  1& 
19.  23). 

Ueber  die  älteste  Form  der  Urgeschichten  s.  Wkllbai»em,  Jahrb. 
Dwitseh.  TheoL  XXI,  898  ff.  F^mbmu  DnimcB,  Panui.  98  M  vtr^ 
matiiet,  dan  die  PanuHeMsenlhlung  aas  Babyloiiieii  stamme  und 
enliMhen  ünpnmKi  aei;  dem  letxteren  widen|uraehen  aber  die  Sprache 
wie  die  religidae  Aneebaumig  auf  das  entacbiedeoaie;  vgl.  die  tteffsodeii 
AnsRlbmngeii  Ton  DnxiiAinf,  Ber.  Berl.  Äk.  1882,  427  ff.  Daes  sie  durch 
babylonische  Sagen,  die  eieh  ja  seit  Alters  nach  Syrien  verbreitet 
haben,  beeinflusst  sein  mag,  soll  nicht  geläugnet  werden,  ist  aber  bisher 
nicht  zu  erweispn.  Bei  der  Scliildening  der  Lncalit.1t  des  Paradieses  hat 
der  .lahwist  wohl  jedenfalls  an  Rahyloiiieii  ^'edacht,  hat  alief  von  dem- 
selben nr'.tfM Ticli  nur  unklare  Ansehauuiiy;en.  Anders  veriialt  es  sich 
mit  der  erst  weit  sjiäter  ein'„'eU'v;t*"n  Sündfluthgeschichte  177  t.  -  Zum 
»Buch  des  Gerechleu»  vgl.  Wfllhai  >i:n,  Einleitung  286.  Dnss  der  Segen 
Jukub  b  iu  die  erste  Epoche  der  Syreri^riege  lallt,  wo  beide  SUaten  sich 
das  Gleiebgewieht  hieüeti,  echeinen  v.  19.  23  za  lehrea.  Tielleichl  ge- 
hören denelben  Zeit  auch  die  Bileam  in  den  Mund  gelegten  Segene- 
sprfiebe  Num.  28.  24  an. 

§.  331.  Um  das  Jahr  840  etwa  ist  das  Werk  des  sog. 
lahwisten  geschrieben ^  das  älteste  hebraeische  Geschichtswerk — 
denn  die  weit  filteren  Erzftlilangen  von  Gideon  und  Abiinelek,  toh 
Saul  und  David  sind  vorwiegend  Hoijgeschichten  von  wesentlich 


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8t§«i  und  DictatangeiL  D«r  Jahwitt, 


403 


anderan  Charakter.  Der  Verfasser  war  zweifelsohne  ein  Judaeer, 
und  steht  TÖllig  auf  dem  Boden  der  g.  326  f.  entwickelten  An- 
schauungen. Et  enählt  die  Sagen  Ton  den  Anfängen  des 
Menschengeschlechts  und  der  Urgeschichte  IsraePs  in  echt 

volkstiiümlicher  Weise.  Er  hat  seine  Freude  an  Kampf  und 
Sieg,  der  Nationalhass  «^^e^cn  Moab  und  'Ammon  spiegelt  sich 
in  seiner  Darstellung  in  prellen  Farben  wieder  i^Gen.  29,  30; 
vgl.  die  Bileamerzählung).  Was  ihn  besonders  auszeichnet,  ist 
die  Reinheit  der  Wiedergabe  der  Ueberlieferung,  die  schlichte 
und  anmuthige  Darstellung,  die  Natörlichkeit  der  Mötive,  die 
gegen  den  religiösen  Pragmatismus  der  Späteren  sehr  vor- 
th^haft  absticht  Aljgesehen  davon,  daas  die  Grtlndnng 
der  wichtigsten  Goltnsstätten  (Pnnel,  Sichern,  6et-el,  He- 
bron, Beerseba*  u.  a.)  mit  Liebe  und  Ausführlichkeit  er- 
zählt wird,  spielt  die  Religion  nur  an  *  iner  Stelle  eine  her- 
vorragende Rolle,  da  wo  Mose  das  Vulk  zum  Sinai  führt 
und  ihm  Jahwe  seine  Gebote  mittheilt.  Hier  hat  der  Ver- 
fasser die  Gesetze  des  »Bundes«  eingelegt  (§.  327)  und  da- 
durch seinen  rdigiösen  Standpunkt  formulirt.  Nachdem  so 
die  Nationalit&t  braeFs  hegröndet  ist  —  denn  diese  besteht 
ja  darin,  dass  Jahwe  sein  Gott  ist  —  zieht  es  zur  Eroberung 
Kana*ans.  Hier  fehlte  es,  wie  wir  frflher  gesehen  haben, 
an  irgendwelcher  Ueberlieferung  fast  völlig;  der  Erzähler  be- 
gnügt sich  damit,  aus  den  späteren  Zuständen  die  Entwicke- 
lung  in  kurzen  Zügen  zu  reconslruiren.  Die  Eroberung  Ka- 
na'ans,  die  nicht  mit  einem  Schlage,  sondern  langsam  vor 
sich  ging  und  erst  durch  das  Königthum  vollendet  ward,  das 
die  Nation  einte  und  »Israel  stark  machte«,  ist  ihm  die  höchste 
Gabe  Jahwe^s  und  zu  gleicher  Zeit  die  Garantie  für  den 
Glauben^  dass  der  Gott  sein  Volk  nicht  im  Stiche  Ifisst  Ob 
das  Werk  von  ihm  noch  weiter  in  die  historischen  Zeiten 
hinabgeführt  wurde,  ist  bisher  nicht  ermittelt. 

Die  Zeit  der  Jebiristen  ergibt  rieh  (abgesehen  von  den  Daten, 
welebe  die  Religionegewhiehte  an  die  Hand  gibt)  aus  den  Angaben  fiber 
Edom  (Gen.  27)  und  dem  friedliehen  Verkehr  swischen  Isaak  und  den 
Philietem  (Gen.  26),  welcher  leigt,  dais  die  Epoche  der  Pbilisterkriege 


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404 


Viertes  Buch,  sechster  Abschnitt. 


zu  seiner  Zf^it  längst  vorflber  war.  u.  a.  Zur  Charakteristik  vgl.  Wox- 
HALSEN,  Gesch.  I,  374,  ferner  Z.  allt,  Wiss.  I,  141  ff.  —  Es  ist  dringend 
geboten,  den  Spuren  des  Jahwi.stcn  und  des  Klohisten  in  (Jen  späteren 
BQchern  ^»'''"J^'J^r  niiclizutfehen ;  vgl.  Exod.  17,  14  (Deut.  25.  17)  und 
Sam.  I.   15,  2;  Jus.  ti,  2()  und  Heg.  l,   Iti,  34;  die  Benulxung  d« 

*I3D  Sam.  U,  1,  18,  Heg.  i,  8,  13  LXX, 


.  ^  1^  d  by  Googl 


FOnftes  Bnch. 

Die  Zeiten  der  a^syribclieii  Grobsmaclit 


L  Die  Begründung  des  grossen  Assyrerreichs. 

Ueberblick. 

§.  3B2.  Das  elfte  mid  zehnte  Jahrhundert  gestattete  dor 
locakn  Gestaltung  der  Länder  Yorderasiens  ToUe  Freiheit 
Wfihrend  das  attersschwache  Pharaonenreich  seinw  Unter- 
gang entgegenging,  bildete  sich  Im  södUehen  Syrien  eine  neue 

Nation,  die  ein  reges  und  eigenartiges  geistiges  Leben  ent- 
wickelte. Die  phoenikischen  Kauffahrer  verbreiteten  die  Er- 
rungenschaften der  Civilisation  Syriens  nn  alle  Küsten  des 
Mittelmeeres,  und  schon  traten  die  Anwohner  des  aepaeisclion 
Meeres  in  den  Kreis  der  Gulturvfilker  ein,  wetteiferten  mit 
den  Fho&oikBm  in  Handel  und  Schifi'ahrt,  besetzten  eine  Küste 
nach  der  andern,  und  gelangten  dadurch  zur  Entwickelnng 
eines  reichen  poltUsdbien  und  geistigen  Lebens.  Es  ist  das 
Verhftngniss  Vorderasiens  gewesen,  dass  die  Gulturentwicke- 
lung  Sjrriens  nicht  zu  einer  umfassenden,  kräftigen  politischen 
Gestaltung  geführt,  ja  dieselbe  eher  gehindert  hat.  Die  phoe- 
nikischen SecstfirÜP  hatten  kein  tntere.-se,  das  commerciell  von 
ihnen  abhängige  Hinterland  auch  poütisch  sich  zu  unterwerfen. 
Die  Handelsstädte  Syriens  Yerfochten  ihre  Autonomie  g^en 
die  Nachbarn,  aber  auf  umfassende  Eroberung  ging  keine  aus, 


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406 


Ffinftet  Bach,  ef8l«r  AbeehoitL 


auch  Dainaskos  nicht,  trotz  der  Versuche  seiner  Försten^ 
einen  Thell  des  israelitischen  Gebiets  zu  gewinnen.  Die  fae- 
braeische  Nation  war  in  sich  zerrissen  und  erwehrte  sich  mit 

Mühe  der  Angriffe  ihrer  Nachbarn.  Seit  den  Zeiten  des  Cheta- 
reichs  hat  sich  eine  syrisclic  Grossmacht  nie  wieder  gebildet. 
So  ist  es  gekommen,  dass  als  jetzt  am  Tigris  ein  erobernder 
Militärstaat  unter  energischen,  vor  keinem  kämpf  zuröck- 
scheuenden  Fürsten  entstand,  ihm  nachhaltiger  Widerstand 
nirgends  geleistet  werden  konnte.  Die  Erfolge  Assyriens  be- 
ruhen auf  sdner  miiitfiriscfaen  Organisation.  So  wenig  wir 
im  einzelnen  über  dieselbe  wissen,  daran  kann  kehl  Zweifel 
herrsehen,  dass  das  kränze  Volk  Krieg  und  Eroberung  als 
seineu  eii^eiitliclien  Lcboiisberuf  betrachtete,  und  je  mehr  Er- 
folge errungen  wuidon,  desto  mehr  raussten  alle  anderen 
Seiten  des  Lebens  da^'egen  zurücktreten.  Ihm  gegenüber 
standen  die  syrischen  Kleinstaaten,  in  denen  vermuthlicli  wie 
in  Israel  (§.  303)  jeder  Besitzende  zugleich  die  Pflicht  hatte, 
im  Falle  der  Noth  die  Waffen  zu  tragen  und  das  Land  zu 
vertheidigen,  aber  im  tflglicben  Leihen  anderen  Beschäftigungen 
nadiging,  dem  Ackerbau  oder  dem  Handel  und  der  Industrie. 
Die  einzige  grössere  Militftrmacht  war  Aegypten:  hier  aber 
bestand  die  Kriegerkaste  aus  fremdländischen  Stildnern ,  die 
das  Land  nach  Möglichkeit  ausbeuteten,  aber  militäriscli 
offenbar  niclit  mehr  getau^^t  haben  als  ihresgleichen  meistens 
in  ähnlichen  Fällen.  So  war  das  Ergebniss  von  vorn  herein 
entschieden:  die  zwei  Jahrhunderte  der  assyrischen  Kriegszäge 
haben  den  politischen  und  nationalen  Untergang  der  Stänmie 
Syriens  herbeigeführt.  Der  Fortgang  der  Entwickelung  IQhrt 
dann  weiter  zur  Vernichtung  der  Nationalität  In  ganz  Vorderasien. 

■ 

Die  Eroberungen  Asiurnftf irpal's  und  Saimanatsar'f  N. 

g.  Wir  haben  früber  gesehen,  wie  da?  von  Tig- 

ialpiieser  1,  beberrschle  Reich  bald  nach  seinem  Tode  verfiel, 
wie  wenig  später  eine  vollständige,  mehr  als  ein  Jahrhundert 
umfassende  Löeke  in  unserer  Kunde  über  Assyrien  eintritt 


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Aasyrien  im  sehnten  Jahrtrandert. 


407 


Erst  um  950  v.  Chr.  begiiineQ  die  zunäclist  sehr  dürftigen 
Nachrichten  aufs  neue«  Damals  regierte  Assurdän  II.,  der  als 
Erbauer  eines  Ganals  erwShnt  wird  (I  R.  38,  2,  20).  S&n 
Nacbfolger  Ramdniilrfiri  II*  (f  890  v.  Chr.),  Yon  dem  Bauten 
am  »Tigristhor«  erwfthnt  werden  (ib.),  besiegte  den  König 
Sanfiaforadammiq  von  Babylon  in  einer  Schlacht  am  Berge 
Jalman  und  führte  den  Krieg  gegen  seinen  Nachfolger  Nabu- 
siinii>:kijn  woitor.  Im  Frieden,  der  durch  ein  Ehebiindniss  ge- 
siclieit  wurde,  ward  die  Grenze  bei  der  Stadt  Tilbari  südlich 
vom  unteren  Zab  testgesetzt.  Der  nächste  König  Tugulti- 
ntnep  II.  (890 — 884  t.  Chr.)  hat  in  den  nordwestlichen  6e» 
biigen  gekAmpft  und  an  der  Quelle  des  Subnat,  des  ersten 
Nebenflosses  des  Tigris,  n^)en  der  Statue  TiglatpUeser's  sein 
BDd  errichtet  (Insehr.  Aläurn.  I,  119).  Die  Gebirgslftnder 
weiter  nach  Osten  bis  zum  Wansee,  der  Haupttheil  des  Landes 
Kirch!  (§.  247),  sind  dagegen  trotz  wiederholter  Angriffe  nueii 
im  wesentlichen  unabhängig  geblieben.  Sonst  richteten  sich  die 
Kämpfe  dieser  Herrscher  namentlich  jregen  die  trotz  zahlreicher 
Feldzüge  nie  völlig  bezwungenen  Stamme  des  Gebirges  Kasjar 
(Masius)  südlich  vom  Tigris  und  gegen  die  Aramaeer  Meso- 
potamiens. Wenn  unter  Aüumfisirpal  Nisibis,  Guzan  und 
das  Thal  des  Ghaboras,  wie  es  scheint  auch  Gharrftn  den 
Assyiern  gehofchen  (g.  276),  so  sind  sie  entweder  seit  dem 
zwölften  Jahrhundert  immer  in  Abhängigkeit  geblieben  oder  von 
den  Königen  dieser  Zeit  unterworfen.  Im  Osten  sind  die  Gebirgs- 
stämme  von  Chutuskia  (ChnbuSkia)  und  Kirruri  (am  ubeifn  Zab 
und  bis  zum  Urmiasee)  tributär,  und  südlich  vom  unteren  Zab 
finden  wir  unter  Alsurnäsirpal  einen  assyrischen  Statthalter 
von  Dagara  im  Lande  Zamua.  Auch  die  Scheichs  der  Land- 
schaften Laki  (§.  232)  und  Suchi  jenseits  des  £uphrat,  deren 
befestigte  Burgen  meist  am  Ufer  des  Stromes  oder  wie  Anat 
auf  einer  Insel  in  demsellien  lieg^i,  zahlen  gelegentlich  Tribut 
(vgl.  Adiumas.  I,  93  ff.,  m,  47). 

Der  dunklen  Zeit  gehört  a\uii  König  A^urnAdinache  an,  der  das 
Mausoleum  des  IrbarnmAn,  wabisclieinlich  seines  Vorgäiiirers,  haute  (l  R. 
28f  2|  4  Ü'.)i  ebenso  verinuLhUcb  der  König,  von  dessen  FeldsQgen,  nm- 


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408  Fünftes  Buch,  erster  Abschnitt. 

mentlich  gegen  das  Land  Arimi  d.  tu  di«  AmntamlSiiina  Hesopota- 
ndmm,  aiwr  auch  gegen  BftbylflDien  n.  a,  HI  R.  4,  1  die  Rade  iat  Viel- 
leicht bandelt  von  diesen  Kiopfen  aaeh  Reg.  II,  Id,  12,  wo  Sanberib 
sagt:  »Meine  Vtter  haben  Gönn  (an.  Gutan,  $.  87<0,  Gharran,  Refeph 
(aae.  Raiappft)  Qtt^  ^  Bne-*Bden  in  Til-afar  (aw.  Bit-Adiai  |.  875) 
aeisUhi  (d.  h«  erobert)«.  LeUteres  ift  von  Salmanassar  II.  deflnltiT  unter- 
werfen, die  vorher  genannten  CM>iete,  die  sämmtlidi  in  Mestqpoiamieo 
zu  suchen  sind  und  in  der  sog.  Venvaltungsliste  (§,  340.)  als  assATi-^che 
Provinzen  erscheinen  (s,  §.  ;>44;,  sind  niithhi  wahrscheinlich  unter 
seinen  Vorgfingern  erobert.  —  Die  Kennini';'«  des  von  Raniännirari  II. 
haadehiden  Fragments  der  synchr.  Tafel  verdankt»  ich  Fu.  Dfinz-cn.  - 
Unter  rtnrriAjmirari  II.  beginnen  die  Ueberreste  des  Eponymenkanons 

§.  334.  Tuguitininep's  II.  Sohn  Assunuisirpal  (884  bis 
860  T.  Chr.)  nahm  sofort  nach  seiner  Thronbesteigung  neue 
umfassende  Erobertingen  in  Angriff.  Zunächst  zog  er  in  die 
östlichen  Gebirge,  bekriegte  die  Lftnder  Nummi  und  Kircbi, 
und  nahm  den  Tribut  von  Ghutuikia,  Kirruri  und  Girzan  (am 
Urmiasee)  entgegen;  über  Kirruri  und  Kirchi  wurden  Statt- 
halter gesetzt.  Dann  galt  es  einen  Aufstand  von  Sura  am 
Euphrat  (§.  27(3)  nioderzuwerfen,  der  aut  das  grausamste  be- 
straft wurde.  Die  Stämme  jenseits  des  Euphrat.  darunter  der 
Fürst  Elibus  von  Suchi,  zahlten  Tribut.  Im  Jahre  883  wurden 
die  assyrischen  Golonisten  im  Westen  des  Masios  (Kasjar 
§.  272),  die  sich  empört  hatten,  in  den  nächsten  Jaliren  (882 
bis  881)  das  rebellische  Land  Zamua  in  den  Gebirgen  sCIdlieh 
Yom  kleinen  Zab  bis  über  den  Tumal  (Dialas)  beswoagen 
und  hier  ein  Statthalter  eingesetzt.  Die  kleinen  Fürsten  der 
Nachbarschaft  musslen  überall  Tribut  zahlen,  den  Babyloniern 
wurde  die  von  ilirem  König  Sibir  (Zeit  «ranz  unbekaiiiiL;  den 
Assyrern  entrissene  und  zerstlirte  Stadt  Atlila  wieder  abge- 
nommen. Im  Jahre  88^  folgen  neue  Streilzüge  ins  Masios- 
gebirge,  das  übrigens  erst  im  Jahre  867  völlig  unterworfen 
wird,  und  gegen  Kirchi  jenseits  des  Tigris;  überall  werden 
die  Feinde,  die  Widerstand  wagen,  in  Massen  niedergemetzdt, 
die  Gefangenen  zum  grossen  Theii  dem  Könige  und  seinen 
Kriegern  zur  Augenweide  auf  die  grausamste  Art  abgesefalacfatef. 


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AMornAfiipal's  Kri«««.  409 

die  Städte  und  Dörfer  niedergebrannt,  kein  Alter  und  Ge- 
schlecht gesehoDt.  Im  Jahre  879  zieht  der  König  den  Ghaboras 
und  dann  den  Enphrat  hinab,  wo  alle  Städte  Tribut  zahlen 
imd  der  Fflret  Saduda  von  Suchi,  dem  Nababaliddin  von 
Babel  Hülfttruppen  gesendet'  bat,  geschlagen  wird.  Ein  Auf- 
standsversuch wurde  im  nächsten  Jahre  niedergeworfen,  wo- 
bei der  König  den  Euphrat  überschritt.  Dann  wurden  877 
V.  Chr.  die  Staaten  zwischen  Belichos  und  Euphrat  (§  276), 
namentlich  König  Achuni  von  Bet-Adui,  soweit  sie  nicht 
schon  vorher  die  assyi  i  nhe  Oberherrschaft  anerl^annt  Imtten, 
zur  Geiselsleliong  und  Tributzahlung  gezwungen« 

Unsere  Quelle  bUdeii  die  Anfielen  AHuniAfirpari  (I  R.  17—26); 
eine  bnnchbere  Bearbeltong  mit  liiitoriech-geographiiehein  Commentir 
fehlt  noeh.  Tor  M <iiaiit*9  flflebtigen  und  M  nie  rIehUien  »Uebertetsonfen« 
dieser  und  der  spateren  Iiuehriflen  sei  noehmals  gewarnt  —  Die  son* 
stigen  Insehriften  A&ium/s  (Latard,  Inaor.  1— 11.  m  R.  d.  Bodos,  TrSBA. 
VH,  69  o.  9u)  sind  bistoriseb  ohne  grOeeere  Bedeutung. 

§.  335.  So  war  alles  Land  zwlsclion  Euphrat  und  Tigris 
bis  an  die  Grenze  von  Kardunias,  und  ebenso  die  Gebirgs- 
lande  im  Osten  und  Norden  des  Tigris  bis  an  die  Seen  von 
Wan  und  Urmia  unterworfen,  und  AdSumflsirpal  konnte  sich 
an  grössere  Unternehmungen  wagen.  Im  Jabre  876  t.  C!br.  zog 
er,  naichdem  er  unterwegs  den  Tribut  der  Vasallenstaaten 
entgegen  genommen,  in  der  Nähe  Ton  KarkamiS  Aber  den 
Euphrat.  Nirgends  stiess  er  auf  energischen  Widerstand;  der 
ClicLakönig  zahlte  reichen  Tribut,  ebenso  Lnbarna  von  Palin. 
In  einer  dem  letzteren  gehürrgon  Stadt  wui  assyrische  Colo- 
nisten  angesiedelt.  »Alle  Könige  dieser  Länder  kamen  zu  mir, 
umfassten  meine  Füsse,  ich  nahm  ihre  Geiseln  in  Empfange; 
auch  die  Fürsten  der  pboenikischen  Städte  sandten  Tribut 
Bis  an  den  Libanon  ist  der  König  TOigedrungen,  jede  Wider* 
setzlicbkeit  wurde  auf  das  grausamste  bestraft.  Dann  zog  er 
ins  Amanosgebirge ,  um  dort  Balken  für  seine  Tempelbauten 
bauen  zu  lassen.  Eine  dauernde  Unterwerfung  hat  dieser 
Feldzug  noch  niciit  herbeigefülirt. 

g.  336.  Nach  diesen  Ertblgen  sciieinl  sich  Assurnä§irpal 


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410  FflnftM  Buch,  entar  AbMluitt, 


zur  Ruhe  gesetzt  und  seine  Thätigkeit  namentlich  den  gmseQ, 
spftter  zu  besprechenden  Bauten  zugewendet  zu  haben,  Nor 
aus  dem  Jahre  867  berichtet  er  noch  ^on  einem  Feldzug  gegen 
das  sOdfiche  Kirchi,  das  EaSjargebirge  u.  s.  w.  Sein  Sohn 
Sahnanassar  II.  (860 — 824)  dagegen  begann  sofort  die  Kriegs- 
Züge  aufs  neue.  Nach  einem  Feldzuge  nach  Osten  (860) 
nahm  er  die  systematische  Untcrwerfunp  der  westlichen  Lande 
in  AncrifT.  Zunächst  wurde  das  Gebiet  des  Achuni  von 
Bet-Adin  zu  beiden  Seiten  des  £uphrat  in  mehreren  Feld- 
zägen  (859  —  856)  völlig  unterworfen,  dem  Reiche  einverleibt 
und  mit  assyrischen  Golonisten  besiedelt,  die  Stadt  Tilbarsip 
am  Euphrat  in  eine  assyrische  Residenzstadt  mit  dem  Namen 
fi^ar-Sahnanassar  umgewandelt  Schliesslich  gelang  es,  den 
über  den  Euphrat  ins  Gebirge  geflohenen  Fürsien  sdbet  ge- 
fangen zu  nehmen.  Daran  schliessen  sich  Feldzü^'e  westlich 
vom  Euphrat.  Im  Jahre  850  ^vul  de  eine  Goaiition  nordsyrischer 
Fürsten,  der  ITerrscher  von  Karkamis,  Patin,  Sama'al  u.  a.. 
denen  sich  aucti  die  Könige  von  Qui  (§.  246)  und  Kilikien 
(Chiluka)  anschlössen,  zweimal  besiegt,  und  zunäclisL  das 
Amanosgebiet,  dann  das  Land  am  unteren  Orontes  (Land 
Patin)  unterworfen,  hn  nächsten  Jahre  wurden  die  jfihrlicfaen 
TVibnte  aUer  nordsynschen  Staaten  deflnitiy  ger^i  Im 
Jahre  854  C!hr.  zog  Salmanassar  weiter  nach  SOden.  Ghaleb 
(ass.  Ghalman)  unterwarf  sich;  im  Gebiet  von  Hamat  aber 
trat  ihm  die  grosse  Goalilion  entjzeijen .  an  deren  Spitze 
Hnd;urezer  oder  Henhadad  II.  von  Damaskos,  Irchulina  von 
^amat  und  Achab  von  Israel  standen  (§.  323).  Die  Gon- 
tingente  kleinerer  Staaten,  der  Fürsten  Matinba*al  von  Aia- 
dos,  Ba'sa  von  Ammon  u.  a.  hattoi  sich  angeschlossen. 
Offenbar  erkannten  die  syrischen  Staat^i  die  grosse  GeCshr, 
die  ihre  Existenz  iMdrohte,  in  ihrer  vollen  Bedeutung;  wir 
haben  gesehen,  wie  wahrscheinlich  um  den  Assyrem  ent- 
f^egentreten  zu  können,  Achab  von  Israel  mit  Damas- 
kos  Frieden  schloss.  Nur  die  phoenikischen  Städte  hieKen 
sich  meist  fern;  dagegen  schickle  der  Araberfürst  Gindibu* 
lüOO  Kameelreiter  und  sogar  der  aegyplische  küuig  entsandte 


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Salroanassar  II.  ia  Syrien. 


411 


lOiM)  Mann.  Bei  Qarqar  in  der  Nähe  des  Oronles  kam  es 
zur  Schlacht.  Salmanassar  rühmt  sich  eines  volkommenen 
Sieges;  doch  weitere  £rfoige  hat  er  nicht  errungen,  seine 
llacht  blieb  auf  Nordsyrien  beschränkt. 

Dip  «yrisclien  Staaten,  welche  den  Assyrern  dauernd  Tribut  zahlen, 
sind:  Karkamis  (Könipr  Sangara),  Patin  (Könipo:  Lubarna  I.  unter  Assur- 
näsirpal,  Sapalulmi  859,  Girparunda  854,  Lubarna  Ii.  erm.  832,  Surri  832, 
Säsipal),  Sam'alu  am  Fuss  de<  Anianos  (iil  I^.  7,  col.  2.  24.  König 
Chänu),  die  am  Amanos  zu  suchenden  Reiche  Bit-Agüsi  (Köniu'  Ararai, 
vgl  ScHRAnKR,  KGF.  207),  Lallida  (Kßnig  Lalli),  Gamgum,  endlich  Kum- 
niüch  (König  Kundaspi)  d.  i.  ofrenl)ar  der  westlich  vom  Kuphrat  ge- 
legene Theil  dieser  I.andschafl,  griecli.  Koinmagene.  —  Die  in  der  Coali- 
tion  von  854  erscheinenden  Staaten  Gua  (=  Qui?),  Irqanata,  Usanata, 
Sizana  (König  Adoniba'ai)  sind  bis  jetzt  nicht  zu  identiticiren.  Ueber 
die  meisten  Orte  vgl.  Delitzsch,  Paradies.  —  Quellen:  1)  Obeliskinschritt 
Salmanassar's,  umfasst  die  Feldzflge  vom  Jahre  1—31 ,  publ.  Layard, 
Inscr.  87 — 98  und  Mon.  of  Niniveh  I,  53—56;  2)  Insclirilt  von  Kurch 
Iii  Ii.  7.  8,  atisfQhrlicher  Bericht  fiber  Jahr  1  —  6;  3)  Inschriften  zweier 
Sliercolosse,  Layard,  Inscr.  40.  47;  12—16  -f  III  H.  5,  0,  umfassen  die 
Jaiire  6—15  und  Jahr  18;  4)  Inschriften  der  Bronzeihore  von  Balawat, 
PiNCHEs,  TrSBA.  VII,  83  ff.,  Jahr  1—9.  Vgl.  auch  Schbader,  KGF.  319 
bis  325.  356-395  und  sonst,  KAT.  *  193-203. 

§.  387.  In  den  Jahren  850  ,  849^  846  wiederholte  Sal- 
manassar  seine  Angriffe  auf  Mittelsyrien,  das  letzte  Mal  mit 

120,000  Mann,  doch  ohne  grösseren  Erfolg.  Den  nordsyri- 
schen Fürsten  halfen  ihre  Tributzahlungen  wenig;  wieder  und 
wieder  wurden  die  Ortschaften  im  Gebiete  von  Karkamis  und 
am  Amanos  ausgeplündert  und  in  Brand  gesteckt,  die  Ein- 
wohner niedergemetzelt;  nur  d^  Fürst  von  Patin  scheint, 
offenbar  weil  er  der  entfernteste  und  desshalb  wichtigste  der 
Vasallen  war,  besser  behandelt  worden  zu  sein.  Erst  der 
lüntlc  Feldzug  842  brachte  grösseren  Erfolg;  inzwischen  waren 
durch  die  Revolutionen  in  Dama>kn'?  und  Samarla  die  alten 
Dynastien  gestürzt,  Ghazael  und  Jehu  auf  den  Thron  ge- 
stiegen. In  einer  Schlacht  am  Fusse  des  Libanon  wurde 
Chazael  besiegt  und  in  seiner  Hauptstadt  eingeschlossen.  Die 
Eroberung  von  Damaskos  gelang  nicht;  Salmanassar  ver- 
wüstete den  Haurän  und  zog  dann  an  die  Meeresküste,  wo 


412 


FOnftes  Buch,  ersUr  AbMbiiiU. 


ihm  Tvros  und  Sidon  und  ebenso  Jehu  von  Israel  ihren 
Tribut  darbrachten;  die  Tributzahlung  des  letzteren  (Silber, 
Gold,  Blei,  Gefässe  ii.  a.)  ist  auf  dem  schwarzen  Obelisken 
Salmanassar's  abgebildet  (vgl  §.  350).  Im  Jahre  889  wurde 
der  Zug  noch  einmal  ohne  weitergehende  Erfolge  wieder- 
hat, Tyros,  Sidon  ond  Byblos  zahlten  Trihut;  und  als  im 
Jahre  832  die  Bewohner  TOn  Patin  ihren  Fürsten  erschlugen, 
nahm  der  assyri-sche  Feldherr  Dan-Assur  blutige  Rache  für 
den  Tod  des  getreuen  Vasallen.  Erweitert  hat  aber  Saliiia- 
nassar  seine  Macht  auf  diesem  Gebiete  nur  noch  nach  N(  nli  n.  In 
den  Jahren  8;J8  und  837  wurden  24  Könige  von  Tabul  i^in  Kap- 
padokien, §.  245)  sowie  der  Fürst  von  Milid  (Melitene,  vgl. 
g.  278)  zur  Tributzahiong  gezwungen,  835  und  884  der  König 
Kati  Ton  Qui,  d.  i.  Oetkilikien  westlich  vom  Amanos  (§.  246) 
besiegt  und  noch  weiter  nach  Westen  die  Stadt  Tar(?)-z], 
d  i.  höchst  wahrscheinlich  Tarsos^  erobert  und  seinem  Bruder 

Kirri  übergeben. 

Zorn  Feldsng  gasen  Qoi  vgL  Schradir,  KGF.  889. 

§.  338.  Nicht  minder  grosse  Erfolge  errang  balaianassar  11. 
im  Osten  und  Norden  seines  Reichs.  Seit  das  zunächst  am 
Tigris  gelegene  Gebirgsland  öberall  unterworfen  war,  kamen 
hier  die  Assyrer  mit  dem  mftchtigen  Volke  der  Alarodter 
(Urarttt,  §.  247),  deren  Gebiet  sich  zu  beiden  Seiten  des  Wan* 
sees  von  den  Euphratquellen  bis  zum  Lande  Girzan  (auch 
Guzan)  am  Urmiasee  erstreckte,  in  directe  Berührung.  Schon 
SOG  grift\Salmana5sar,  nachdem  er  Ghubusqia  nnd  dessen  Nach- 
bargebiete ai  f?  lieinigesuchl  hatte,  ihren  König  Arami  von  Osten 
an ;  857  bei  er  von  Westen  her,  nachdem  er  den  Arsanias  über- 
schritten, in  sein  Gebiet  ein.  Im  Jahre  845  drang  er  bis  an 
die  Euphratquellen  vor,  883  wiederlioite  sein  Oberfeldherr 
Dftn-A&iur  denselben  Zug.  Im  allgemeinen  scheint  es«  dass 
Arami  und  im  Jahre  833  sein  Nachfolger  Slduii  (Sarduri? 
§.  342)  sich  tapfer  vertheidigten;  wir  werden  wenig  später 
ein  mächtiges  ostarmenisches  Reich  kennen  lernen.  Weit  er- 
folgreicher wuien  jedenfalls  die  Züge  g^en  die  südöstlich  von 


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Silin«Qasisr*8  II.  FddsQg»  nach  Nordan  und  Oslen. 


413 


Urartu  ansässigen  G^ilrgsst&inme  am  »Heer  des  Landes 
Na'iri«,  d.  i.  dem  Unniasee  (ScBRADsa,  Abb«  Berl.  Ak.  1877, 
189)  mid  die  sOdfieh  und  Östlich  Ton  demselben  zu  snefaenden 

Landscliaften  Manna,  Parsua,  Amada  (Medien)  u.  a.,  ebenso 
ge^en  das  Land  Namri  südöstlich  vom  Zab.  In  den  Jahren 
844.  830.  8.{0,  829  zo^  theils  der  König  selbst,  theils  sein 
Oberfeldherr  gegen  diese  Landschaften.  Die  berühmten  Dar- 
stellungen des  schwarzen  Obelisken  Salmanassar's  zeigen,  wie 
König  Süa  von  Girzana  und  das  Ijand  Mu^ri  (d.  i.  das  ast* 
liehe  Gebirgsland)  ihm  ausser  Gold,  Silber,  Bronzegeiätesen 
und  Pferden  auch  eine  Reihe  roerkwflrdiger  Thiere,  doppd- 
hOckrige  Kameele^  Affen,  ein  Rhinoceros,  einen  Elephanten, 
einen  Jackochsen  als  Tribut  zusenden. 

Ob  die  aus  dem  Lande  Ma^ri  t^hiekten  Tbiera,  die  jetzt  zum 
Theil  nur  in  Indien  und  dessen  Neehbanebafl  vorkommen,  damals  noch 
weiter  nach  Westen  verbreitet  waren  —  vgl.  <1ie  Elephanten  in  Hcso- 

potamieTi  220  —  oder  auf  dem  Handelswege  in  die  westliehen  Grenz- 
lande  Trans  trekommen  sind,  wis^sen  wir  nicht.  —  Zu  Manna  vgl,  §.  247 
Anm.  Die  Parsua  sind  weder  die  Perser  noch  die  Partlier,  sondern  ein 
Gebirgsstamm  etwa  im  westlichen  Medien,  s.  Schräder,  KUF.  Itid  ff. 

§.  839.    Z^^sehen  die  grossen  Feldzüge  fallen  einige 

kleinere  Kämpfe  im  Kasjärgebirgc  (855),  gegen  den  Fürsten 
von  Tilabnai  (8r);{),  gegen  die  Stadt  Istarat  und  das  Land 
Jnfi  (847j  —  lauter  südlich  von  den  Tigrisquelieri  gelegene 
Gebiete  — ,  weiter  we^^tlicli  vom  Eupiiral  gegen  das  unbekannte 
Land  Paqarachubuni  (848),  endlich  gegen  Kirchi  (831).  Dass 
das  von  Assurnäsirpal  unterworfene  WOstenland  Suchi  jenseits 
des  Eopfarat  in  Abhängigkeit  blid),  lehrt  der  schwarze  Obelisk, 
auf  dem  Mardokbalofur  von  Snchi  dem  Könige  Silber  und 
Ctold,  ElephantCTzähne,  Gewänder,  femer  Hirsche  und  Löwen 
als  Tribut  bringt.  —  Nach  Babylouien  ist  Sal  iiKnui-sar  in 
den  Jahren  852  und  851  gezogen.  Gegen  Marduksuniizkur, 
den  Sohn  Nabubaliddin'«  334),  hatte  sicli  sein  Bruder 
Mardukbclusate  empört.  Saimanassar  kam  dem  reclil massigen 
König  zu  Hülfe,  besiegte  in  zwei  Feldzügen  die  Rebellen  und 
brachte  dann  in  den  heiligen  St&dten  Bat>el,  Borsippa  und 


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414 


Fünftes  Buch,  erster  Abi^ctuiiU. 


Kiit.L  'Ion  grossen  Göttern,  die  dort  thronen,  und  die  ja  auch 
für  die  Assyrer  die  liüchsten  waren,  reiche  Opfer  dar.  Dann 
zog  er  weiter  nach  Süden  in  das  eigentliche  Chaldaeerland 
(g.  131),  besiegte  den  Fürsten  Adin  von  Bft-Daküri  und  nahm 
den  Tribut  des  MoiaUim-Marduk  und  des  Jakin,  des  Bemchers 
des  »Meerlandes«,  das  nach  ihm  später  gew5fan£ch  Bit-Jakin 
genannt  wird,  in  Empfang.  Wir  sehen,  die  Einheit  des 
Heidies  von  Samer  und  Akkad  bestand  damals  nicht  mehr, 
südlich  von  Kardunias,  dem  Gebiete  von  Babylu]i,  hatte  sich 
ein(^  Heihe  kleinerer  Staaten  irebildet  Vielleicht  ist  überhaupt 
seit  der  kossaeischen  Eroberung''  der  büden  immer  von  Kar- 
dunias getrennt  geblieben  (vgl.  g.  141.  272). 

litaitt  and  JftU  (nsp.  HAtijAli)  Ueg«n  nach  Atturn.  II,  88  ff.  fai  der 
BUie  von  Kummiteh  (gegea  Schbaiiir,  KGF.  276).  Üeb«r  dis  Staaten 
in  SQdbabylonien  f|].  OiunMB,  Par.  202  f.  —  Inaehrift  Nalnibaliddln*» 
auB  Sip|»ar:  Dtumai  bei  Meiiinsii,  Qeechichta  274. 

Oit  Nachielger  Salmanassar's  II.  Das  armenisclie  Reich. 

5.  840.  In  den  lelzlen  Jahren  Sahnanassar's  empörte 
sich  sein  Sohn  Ässurdaninpai  gegen  ihn.  Ein  grosser  Theil 
des  Reichs  fiel  ihm  zu,  darnnter  Assur,  Arbela  und  das  von 
Aüumfifupal  gegründete  Imgarl>el  (g.  345),  ferner  Amid  and 
TQabnai  am  oberen  Tigris,  Zaban  am  Zab  n.  a.  Doch  sein 
Bmder  äamäiramAn  IV.  warf  den  Aubtand  nieder  und  folgte 
Sehlem  Vater  auf  dem  Tliron  (824?).  Die  ersten  FddsOge 
des  neuen  Herrschers  richteten  sich  wieder  gegen  die  Na'iri- 
lande,  die  Gebirge  im  Norden  und  Osten  des  Ti^n  is :  sein 
Feldherr  Mnsaqqil-Assur  drang  bis  zum  »Meer  des  Sonnen- 
untergangs«, d.  h.  doch  wohl  bis  zum  schwarzen  Meere  vor. 
Dann  wandte  sich  der  König  gegen  Babylonien ;  eine  Reihe  von 
Grenzorten  wurden  erobert^  der  König  Mardukbalatsoikbi,  der 
von  den  Herrschern  von  Ghaldaea,  Elam,  Namri  nnd  den 
Aramaeerstftmmen  Ostbabylontens  (g.  131)  unterstötzt  wurde, 
ward  geschlagen.  In  den  Jahren  818  und  812  wurde  dieser 
Feldzug  wiederholt;  andere  Kriege  des  Königs,  die  in  kurzeii 


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äamäfaiBAii  IV.  und  RunAiixiirAri  III. 


415 


Notizen  erwähnt  werden,  lassen  sich  nicht  genauer  localisiren. 

Von  einem  fimgreifen  in  die  syrischen  Verhältnisse  ist  bei 

ihm  nie  die  Rede. 

fiauptquelle  iit  dift  ObtHddnMhrift  I  R.  29-^31.  dftmümiiftti  war 
88B  Eponymiit,  hat  also  mindflsleiis  ein,  vielleiefat  aber  aaeh  iwei  Jahre 
▼orhar  dea  Thron  bestiegen;  ebenso  sind  die  RegierangMablen  der 
Tier  folgenden  Herrseher  vielleieht  um  ein  Jahr  hinaufkorQcken.  ^ 
Mit  dem  Jahre  817  beginnen  die  Fragmente  der  sog.  »Verwaltungsliste«, 
d.  fa.  eine  Eponymenliste  mit  Angabe  der  Aemter  der  Eponymen  und 
.knrsen  Notizen  fiber  die  wichtigsten  Begebenheiten :  II  R.  52.  Dei  itzsch, 
As«yr.  Lesestfleke  2.  Aufl.,  92;  sosammengeatellt  bei  ScanAiiiR,  KAT.  \ 
480  IL 

g.  341«  Bedeutender  treten  ma  die  Erfolge  Bamän- 
ntrfiri's  nL  (811 — 782)  entgegen.  Im  Norden  und  Osten 
wurden  alle  bisher  unterworfene  Stftmme^  darunter  aueh 

die  Meder  (Madai),  Parsua  u.  a.  in  Abhängigkeit  gehalten; 
Feldzüge  gegen  Manna,  Cliuhuskia,  Namri,  Aa  werden  häufig 
erwähnt.  »Bis  an  die  Küsten  des  grossen  Meeres  des 
Sonnenaufgangs«,  d.  i.  des  kaspischen  Meeres  sagt  der 
König,  habe  sich  in  dieser  Richtung  sein  Reich  erstreckt. 
Nach  Süden  wird  unter  dem  Jahre  808  ein  Zug  »an  die 
MeereskOste«  [d.  i.  Babylonien,  nicht  Syrien]  erwähnt  Wie 
zu  Salmanassar*s  Zeit  zahlen  »alle  Könige  des  Landes  Kaldie 
Tribut;  in  den  Hauptstädten  Babyloniens  bringt  der  König 
Opfer  dar,  führt  inche  Beute  davon  und  berichtigt  die  Grenze. 
Daneben  werden  mehrere  Züge  gegen  den  in  Babylonien  an- 
sässigen Aramneerslamni  llu'a  erwähnt,  die  sich  unter  den 
folgenden  Regierungen  wiederholen.  »Westlich  vom  Euphrat,« 
sagt  Ramänniräri;  »unterwarf  ich  das  Land  Ghatti,  das 
ganze  Land  Acharri  (das  Westland,  Phoenikien),  Tyros,  Sidon, 
das  Reich  Israel  (Btt*Ghumri},  Edom  und  Philistaea  bis  an 
die  Küste  des  Westmeeres  und  leg^  ihnen  Abgaben  und 
Tribut  aufc.    Speciell  berichtet  er  von  emem  Zuge  gegen 

I)  ScsBBADta^s  ABnabme,  es  sei  darunter  der  persische  Meerbusen 
sä  rerstehen  (Abb.  Berl.  Ak.  1877»  178  ff  ),  wird  durch  den  Zusammen- 
hang widerlegt,  Ueberdies  war  RaminoirAri  nicht  Herrscher  Ober  Ba- 
bylonien. 


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416 


FOoftes  Bgeb«  ««ter  Abtdmitt. 


Mari'  von  Damaskos.  Deraelbe  wurde  in  sdner  Hauptstadt 
belagert  und  zur  Ga|Nttt1atioii  geswungen;  2800  Talente 
Silber,  20  Talente  Oold,  BOOO  Talente  Brome,  5000  Talente 

Eiseij,  dazu  zahlrt  i(  he  sonstige  Beule  führte  der  Ass3rrerkönig 
mit  sich  fort  Ciiionoiogisch  lassen  sich  diese  Ereignisse  nicht 
ijenau  fixiren.  Die  phronologische  Liste  erwähnt  unter  den 
Jahren  800,  805,  797  Feldzüge  gegen  die  in  Nordsyrien  ge- 
legenen Orte  Arpad,  Chazaz,  Man^uäte  (II  R.  53,  39  b.  57  b. 
59  d);  an  einen  dereeiben  wird  sich  der  Krieg  gegen  Damaskos 
angeschlossen  haben»  der  dann  die  Tiibutzahlung  der  phoe- 
nikischeii  St&dte  und  der  sfidlichen  Staaten  (Israel,  Edom, 
PbOlstaea)  zur  Folge  hatte. 

Von  der  zusammenfassenden,  nirht  rhronologischen  [»arslellung 
I  ii.  35,  1  ist  IfidfT  nur  der  Anfang  erlmlten.  Mit  R.'s  Feldziig  ge^'en 
Babylonien  scliliessl  die  synoliron.  Tafel  ah.  Weitere  Inschriften:  I  H. 
35,  2.  3  (in  denen  auch  die  (Gemahlin  des  Königs  Samnuiraniat  erwähnt 
wird,  deren  Name  gr.  Seiuiramiä  enUpricht).  Dazu  die  Dalen  der  >Ver- 
waltungsliste«.  Dui  das  oft  erwähnte  Land  Aa  (wie  »t  sprechen?)  in 
den  flstlieben  Bergen  lag ,  lehrt  der  Bericht  Ober  daa  neunte  Jahr  Tig> 
laipUaaer*a  IL  Einige  andere  FeldsOge,  wie  der  gegm  die  Stadt  Diri 
(79^»  in  Syrien?),  laaaen  aieh  geographiaeh  nicht  beattmmen. 

§.  342.  Auch  der  nächste  König,  Salmanassar  m.  (782 
bis  772),  ist  nach  Syrien  gesogen  und  hat  773  Damaskos, 
772  das  Land  Ghatarik  (TIHH  Zach.  9,  1,  DiLrrzsGH,  Parad. 
279)  in  der  Libanongegend  bekämpft.  Gegen  das  letztere  zieht 
auch  Sehl  Nachfolger  Adiardftn  III.  (772^754)  in  den  lahren 
767  und  755,  gegen  Arpad  im  Jahre  754.  In  einen  dieser  Züge 
wird  wahrscheinlich  die  BewäUipung  von  Ilamat  fallen,  auf  die 
Arnos  G,  2  anspielt  Gc^en  Babylonien  (das  Geliict  des  Ara- 
maeerstamnies  Itu'a  und  die  Stadt  Gannanat)  werden  777.  771. 
769.  767  Kämpfe  erwähnt,  bei  denen  vermuthlich  auch  die  Stadt 
Kalne  erobert  wurde  (Amös  1.  c).  Vor  allem  aber  ▼ersachte 
Salmanassar  III.  das  Land  Urartu,  die  Alarodier,  zu  bezwmgen; 

Die  Answeifeinng  dieses  Verses  durch  ScmnoiR  und  BiGncu., 
KAT.  4M  f.  scheint  mir  imbegrOndet.  Jes.  10,  9  redet  da«e«en  von 
der  definitiTen  Besiegung  Ton  Qamat  durch  Sargon  im  Jahre  7fl0. 


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f 

Oos  annenisehe  Reifib  von  Wati. 


417 


nicht  weolger  als  sechs  Mal  (781 --778.  776.  774)  ist  er  wäh- 
rend seiner  kurzen  Regierung  gegen  dieselben  /ai  Felde  gezogen. 
Indessen  iiat  er  hier  keine  oder  doch  keine  dauernden  Er- 
tüige  errungen.  Aller  Wahisclipinliclikeit  fallt  viehnehr  ge- 
rade in  diese  Zeit  die  Aufriclilung  eines  grossen  armenischen 
Reichs  mit  der  Stadt  Wan  (Thuspä  =  Owairta)  als  Mittel- 
punkt Sein  B^under  ist  Sar(?)duri,  der  Sohn  LaU|>ri's,  der 
mit  dem  von  Salmanasear  IL  833  bekämpften  Könige  Siduri 
(§.  888)  identisch  sein  därfle.  In  mrei  in  assyrischer  Sprache 
abgefossten  Inschriften  nennt  er  sich  »König  des  Landes 
Na'iri«.  Seine  IS'achfolger  (Ispuinis,  Minuas,  Arpristis  1.,  Sar(?)- 
duri?  IT.)  verwenden  dann  die  assyrische  Schritt  zur  Schrei- 
bung^ der  einheimischen  Sprache.  In  derselben  nennen  sie 
ihr  Reich  Biaina,  bei  den  Assyrern  heisst  es  durchweg  ürartu. 
Ziemlich  zahlreich  sind  ons  die  Inschriften  dieser  Herrscher 
erhalten,  die  ganz  im  assyriscbeD  Stile  ahgefasst  sind.  Sie 
berichten  von  den  Bauten  der  Könige  namentlich  in  Wan 
selbst,  dessen  Gitadelle  Argistis  anlegte,  von  Opfern  und 
Oesehenken  an  Chaldi  und  die  zahlreichen  übrigen  GotU 
heilen  des  armenischen  Pantheons,  von  Feldziit:en  und  Erobe- 
rungen. Auf  zwei  Passhöhen  südwestlich  vom  Urmiasee  ei- 
richteie  Minuas  noch  al?  Mitregrent  -eines  Vater?  I'^pnini? 
Denksaulen,  welchf  von  seinen  Siegen  berichten  (Sayge,  Journ. 
R.As.  Soc.  XIV,  663),  und  auch  andere  Inschriften  erzfdilen 
von  seinen  Erfolgen  gegen  das  Land  Manna  und  dessen  Nach- 
bargd)iete.  Vermuthlicb  fallen  diese  Kftmpfe  in  die  letzte 
Zeit  Ramännirftri's  m.  und  bilden  die  Ergänzung  zu  dessen 
Feldzügen  in  die  östh'ehen  Gebirge.  Auch  gegen  das  Land 
Aizi  2i>.>,  Sayce  p.  T).")!)),  gegen  den  l\<3iii^*  der  Stadt  Militha 
(Melitene)  und  gegen  die  Cheta  liat  Minuas  gekämpft ;  neben  an- 
deren verkündet  eine  Inschrift  an  einer  Felswand  am  Arsanias, 
unterhalb  einer  alten  Burg  (bei  Palu),  seine  Erfolge  in  dieser 
Richtung.  Nach  Norden  drang  er  bis  an  und  äber  den 
Araaes  vor;  eine  seiner  Inschriften  findet  sich  am  rechten 
Ufer  des  Flusses  gegenüber  von  Anna  vir,  zwei  andere,  die 
sein  Sohn  Argistis  L  verfiisst  hat,  nördlich  von  Eriwan.  Letz- 

U*fT,  G«tOlllCllto  dM  AltMltaWtt.  I.  27 


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41b 


Fflnftes  Boeb,  entar  Abwshoitt. 


terer  scheint  der  mächtigste  Herrscher  Ton  Urartu  gewesen 
zu  sein.    Eine  lange  Insehnft  an  dem  Fels  der  Feste  von 

Wan  erzählt  von  seinen  Erfolgen  naaientlicli  ^c^ien  das  Lunii 
Manna,  das  er  ganz  unterworfen  zu  haben  sclieint,  aber  auch  im 
Westen  gegen  Meiitene.  das  TiRnd  Cliati  (Chefa)  u.  a.  Wieder- 
holt werden  dabei  Siege  über  die  Assyrer  erwähnt,  die  offenbar 
gegen  Salmanassar  III.  und  Assurdän  III.  oder  deren  Generäle 
erfochten  sind.  Auch  Argistia*  Sohn  Sarduri  U.  hat  auf 
beiden  Gdt»ieten  noch  weitere  Erfolge  errungen;  wie  aus  seinen 
Inschriften  hervorgeht  und  die  späteren  Ereignisse  (§.  :3()6) 
bestätigen,  waren  Melitene,  Kummuch,  Gamgum  (§.  336)  und 
andcie  Fürstenthümer  am  Anianos  Vasallenstaaten  des  Reiches 
Urartn ,  welches  das  i^^anze  armenische  Hocliland  von  den 
Quellen  des  Euphrat  und  Araxes  bis  nber  den  Urmiasce  liin- 
aiis  iinifasste.  Wie  Sarduris  II.  dann  den  Assyrern  erlag, 
wird  spater  zu  berichten  sein. 

Die  Literatur  s.  §.  St7«  Im  allgameineD  habe  leb  mich  völlig  anSATce 
an^escUoseen.  Die  Lerang  des  ideographisch  An-Ri-dar  (d.  i.  a«yr. 
likar-dur,  vgl.  SairrB,  Assnrbanipal  115,  SS.  24)  gesebriebeiieii  Namens  des 
erstsD  Königs  als  Sarduri  seheint  durch  die  losohrift  Saycb  58»  2  geäehert. 
Darni  ist  der  Name  jedenfalls  identisch  mit  Sardaurri  (u.  var.)  bei  Tiglat- 
pileser  II.,  und  allft  W.ilir^cheinliclilceit  nach  mit  dem  Siduri  Salma> 
nassar's  U.  Auf  der  Uleichselzung  des  letzteren  mit  dem  ersten  in  den 
armenischen  Inschriften  j?pnantilon  Sarduri  bf>rnbf  di*^  niirojio!ofrie  von 
Sayce,  die  zu  allem,  was  wir  iWtv.v  die  Kescbichte  Urar^u's  aus  dea  as- 
syrischen loscbriften  wissen,  sehr  gut  passt. 

§.  343.  Die  Regierung  A&öurdän's  OL  scheint  einen  weit 
friedlicheren  Charakter  getragen  zu  haben  als  die  vorangehenden ; 
wiederholt  bem^kt  die  kurae  Chronik  dieser  Zeit,  der  KOnig 

sei  >im  Lande«  geblieben,  habe  also  keinen  Feldzug  unter- 
nommen. Die  Erfolire  de?  Argist is  sind  hierbei  jedenfalls  von 
hedeiiiendem  Eintiuss  gewesen.  Auch  im  Inneren  brachen 
in  den  Jahren  7(5:^—758  Unruhen  aus,  zunächst  in  der  Stadt 
Assur,  dann  in  Arrapcha,  einer  in  der  Nähe  des  oberen  Zab 
6stiich  von  Ninive  belegenen  Stadt  (daher  die  Landschaft 
^AppeauLxtaCt  Delitzsch,  Par.  124)|  schliesslich  in  Goxan  in 
Mesopotamien.    Nach  ihrer  ßewftltigang  sog  Aädnnldii,  wie 


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Krieg«  gegen  ArmenieD.  Sture  der  OynatUe. 


419 


schon  erwfthntt  noch  zweimal  nach  Syrien  (755  und  754);  doch 
wird  es  nicht  möglich  gewesen  sein,  bei  der  wachsenden  Aus- 
dehnung der  armenischen  Macht  auch  nach  dieser  Rii  htung 
hin  die  Oberhoheit  über  die  kleinen  Staaten  Syriens  zu  be- 
haupten. Noch  weit  thatenloser  war  die  folgende  Regierung, 
die  des  Asäumirari  (754 — 746).  2^ur  in  den  Jahren  749  und 
748  ist  er  zu  Felde  gezogen,  gegen  das  Gebtrgsland  Namri 
im  Südosten;  sonst  weilte  er  »im  Lande«.  Im  letzten  Jahre 
seiner  Regierung  (746)  verzeichnet  die  Chronik  einen  Auf- 
stand in  Ealach;  das  Ergebniss  desselben  ist  unzweifelhaft 
gewesen,  dass  im  Frühjahr  des  nächsten  Jahres  (745)  ein 
Usurpator,  der  sicli  nach  dem  ersten  der  j^nossen  assyrischen 
Eroberer  Tu^ullipalesurra  (ID^bän^^n  Ti^^latj/ileser  II.)  be- 
nannte, den  Thron  bestieg.  Länger  als  ein  Juiirtausend  halte 
die  gestürzte  Dynastie,  die  sich  bis  auf  Ismidagan  und  Sam- 
äiraman  I.  und  den  uralten  Bekapkapu  (§.  182)  zurückführte, 
in  ununterbrochener  Folge  den  Thron  behauptet. 

Die  Identität  Tiglatpileser's  II.  (Reg,  II,  15,  2\).  10.  10>  mit  dem 
Reg.  II,  l&,  19  genannten  König  Phül  (7lS)  von  Assyrien  hat  nament- 
lich Schräder,  KGF.  422  ff.,  KAT.  ^  227  ff.  schlagend  riin-hfrewiesen. 
Auch  in  den  Excerpten  des  Alexander  Polyhistor  ans  Berosscs  (Enseh. 
ed.  ScHoKNK  I,  2'})  heisst  er  PhnUis,  im  ptolfiii.  Kanon  nls  König  von 
Babylon  (731 —727)  \\6>mc.  Ks  ist  sehr  inögHch ,  dass  dieser  Nnme 
(as^.  Piiiu)  der  urspriwitrhche  Name  des  T'surpators  war,  denkbar  aber 
duuh,  daas  wir  es  mit  einer  achon  bei  den  Zeitgenossen  gangbaren  Ver- 
stOmmelung  des  Namens  zu  tbun  haben. 


Assyrien.  Babylon. 


[Irharamnn  f  | 
[Assuroädinache]  j 


(Sibir,  $.  834]. 


« 


* 


Assurdäii  II.  ca.  930 


Ramännirari  II.  —890 
TuguUüiinep  II.  890—884 
Aüanidfirpal  884-860 
Sahnanastar  II.  800-824 


^amaimudammiq. 
NabuSumiftun. 
Ncbuballddio. 
Mardokinmiikar. 


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42X^  FUDlIes  Baeb, 

Assyrien. 

&im«ram<in  IV.  884-811 
lUinftiuufAri  UL  811-782 
Saiuuuiasflar  III.  782—772 
AttardAn  HI.  772-754 
AHamifAri  7M-74& 


Abscboitt 

Babylon. 
Mardokbah^mrikW 

* 
* 


Ob  die  von  Smith,  TrSBA.  l,  75,  Menänt,  Bahyl.  180  f.  in  diese 
Zeit  gesetzten  Könige  von  Bahylon  Irba-Marduk  und  sein  Sohn  Marduk- 
baliddin  (I  R.  h,  17)  wirklich  hierher  gehören,  i«t  splir  fraglicii.  im 
übrigen  entsprachen  diese  und  die  näciisf  vorhergelienden  Könige  V(»n 
Babylon  (seit  1257,  §.  272j  der  6.  Dynastie  des  Uerossos  von  4'>  Königen 
mit  52t>  Jahren. 

toat  und  Culiur  itr  Atsyrar. 

§.  344.  Das  durch  Assurnäsirpal  und  Salmanas«ar  II. 
au^encbtete  Reich  mag  unter  den  foigendeD  Regierungeu 
manehe  Einbusse  erlitten  haben.  Ein  grosser  Theil  der  ar- 
menischen Lande  ging  jedenfklls  an  das  Reich  von  Wan  ver- 
loren, und  die  Tribntzahlungen  der  Vasallen  westlich  vom 
Euphrat  werden  vermnthlich  mit  dem  AnfhOren  der  Ehrobe- 
rungszüge  eingestellt  worden  sein.  Aber  der  Kern  des  Reichs, 
das  Gebiet  vom  i^iplirat  bis  an  den  Unniasee,  l)]ieb  unterworfen, 
und  noch  weiter  nacli  Osten  bis  ans  kaspische  Meer  erkannten 
die  Stammfürsten  die  Oberhoheit  der  Assyrer  an.  Das  niclit 
lediglich  tributäre,  sondern  »zum  Lande  Assur  gefügte«  Ge- 
biet wurde  von  Statthaltern  verwaltet,  die  wir  zum  Th^  aus 
der  EponymenUste  kennen  lernen.  Im  eigentlichen  Assyrien 
finden  wir  die  Statthalter  von  Nmive,  Ealaeh,  Arbela,  Eakd, 
(zwischen  den  beiden  Zab:  Adlum.  U,  33.  51,  jetzt  Samamak 
I  R.  7  h,  Layard,  Nin.  and  Bab.  223);  ferner  die  der  östlich  von 
der  Hauptstadt  gelegenen  Orte  Sibaniba  und  Rimusi;  im  Osten 
die  von  Kiii  iiri  :!;U)  und  Arrapcha  (§.  343);  im  Westen 
die  von  Amid  und  Tüschau  am  Tigris,  von  Nisibis,  Guzan 
und  Rasappa  (Reseph)  in  Mesopotamien,  von  den  eben  da- 
selbst zu  suchenden  Orten  Til(?)l6,  Isana,  Par(?)nun  (s.  U  R. 
58  a,  37.  39.  40),  von  Mazamua,  das  in  der  NAhe  des  Euphrat 


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Verwalton^  Bauten 


421 


gelegen  haben  mxes  (II  R.  58,  4  b).  Dazu  kommen  mehrare 

Städte,  deren  Lage  sich  bis  jetzt  nicht  b^timmen  Iftsst. 

Zu  Guzan  und  Rttjappa  vgl.  §.  :333  Anm.;  ob  lelzteren  mit  T-rjsoccfa 
jenseits  des  Euphrat  auf  der  Stra^-»-  nnr^h  Palmyra  ideotiflch  ist  (Dk- 
uTzscH,  Parad.  297)^  eracheiut  mir  sehr  tragücb. 

s^.  ;irK  Während  bis  zum  Anfang  des  neunten  Jahi- 
iuinderts  die  fiesidt'nz  der  Könige  in  Assur  gewesen  zu 
sein  scheint,  verlegte  Assurnäsirpal  dieselbe  nach  Kalacii 
(Nimrud),  der  Gründung  Salmanassar's  I.  Wie  er  sagt,  war 
dieselbe  verfallen;  er  Hess  sie  durch  Gefangene  aus  seinen 
Feldzflgen  ueu  aufbauen  und  errichtete  sich  südlich  von  dem 
grossen  Terrassentempel,  der  jetzt  in  Pyramidenform  über  die 
Schutthügel^  der  die  Paläste  bedeckt,  emporragt,  ebnen  präch- 
tigen Palast  (den  sog.  Nordwestpalast).  Ausserdem  gründete 
er  nordöstlich  von  Kalach  die  Stadt  Inigurb^l  (jetzt  Höjife! 
von  Ralawal),  die  mit  Palästen  und  Tempeln  geschnmckl 
war.  Salmanassar  IT.  hat  sich  in  Kalach  einen  neuen  Palast 
angelegt  (Gentralpalast)  und  die  Bauten  in  Imgurbel  erweitert; 
von  ihm  stammen  die  berühmten  Bronzethore  von  Balawat, 
auf  denen  die  Reliefs»  von  ehiem  kurzen  Texte  begleitet,  seine 
Tbaten  In  aller  Ausführlichkeit  darstellen.  Femer  werden 
sehie  Bautet!  am  Tempel  des  Mondgottes  Sin  in  Gharrdn 
erwähn!  (Proc.  SBA.  7.  Nov.  1882).  Auch  Öamsiraman  IV. 
uni{  luuii.uinirari  TU.  ii.iben  Paläste  und  Teinpelbauten  auf- 
gefülirt,  ebenso  werden  Bauten  und  Restaurationen  an  den 
Tempeln  und  Königsburgen  von  Assur  und  Ninive,  ferner 
Kanalbauten  der  Könige  u.  a.  erwähnt. 

Im  «llgemtinen  a.  Latabd's  Werke  über  s.  Auagnbungen  und 
G.  RAwumoH,  Five  Hon.  II,  91  ff.  Ueber  das  von  Bubah  Ml^eekte 
Balawat:  TrSBA.  VII,  37  ff.  Die  gFOese  Poblication  der  Daistellongen 
der  Bronzethore  ist  mir  nicht  zugftngUch. 

§.  ;MG.  Trotz  des  Eifers,  mit  dem  die  Assyrer  gebaut 
haben,  haben  sie  doch  hier  eben  so  wenig  wie  auf  anderen 
Gebieten  etwas  Neues  geschaflS^.  Die  totale  Abhängigkeit 
von  Babylonien  tritt  am  deutlichsten  darin  hervor,  dass  man 


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422 


Fünftes  Buch,  erster  Abschnitt. 


iinnier  beim  Ziegelbau  blieb,  obwohl  in  Assyrien  Steine  leicht 
zu  beschaffen  waren.  Der  Grund  der  Paläste  war  ein  mas- 
siver Unterbau  von  Ziegeln  oder  Schutt,  nur  aussen  von  be- 
hauenen  Steinen  eing^chlossen.    Es  fehlte  daher  den  Bauten 

an  einer  soliden  Grundlage,  und  ausseronienllicli  oll  ist  in 
den  inschrillen  von  ilirem  raschen  Verfall  die  Rode.  Die  Wände 
sind  aus  Ziegeln  aufgeführt,  die  mit  Alabasterplalten  bekleidet 
wurden,  auf  denen  sich  die  Sculpturen  befinden.  An  den  Portalen 
vertreten  ihre  Stelle  grosse  zu  Löwen,  geflügelten  Stieren  mit 
Menschenkopf  u.  ä.  verarbeitete  Kalksteinblücko.  Der  Fussbodeii 
besteht  sehr  liäulig  aus  den  an  der  Sonne  getrockneten  Ziegeln, 
geiegentlicii  auch  aus  Steinplatten,  auf  denen  uns  die  Muster  des 
vorderasiatischen  Stils  (§.  202)  entgegentreten.  Weder  einen 
fortgeschrittenen  Bogenbau  —  Ziegelbogen  von  geringerer  Span- 
nung werden  allerdings  für  Canftle,  Abzugsrinnen  u.  ä.  ver* 
werthet,  wie  denn  die  Anfänge  des  Ho^^enbaus  sich  schon  in 
Altbabylonien  finden  (§.  1 5ii  >  —  noch  eine  Stein-  oder  Ziegel- 
säule  kennen  die  Assyrer.  Daher  stammt  da?  Missverliältniäs 
zwischen  der  Länge  und  Breite  der  grossen  Säle ;  sie  mussten 
durch  Balken,  die  auf  beiden  Wänden  auflagen,  überdeckt 
werden.  Die  Gewinnung  langer  starker  Balken  war  daher 
ein  Hauptaugenmerk  der  Könige,  wiederholt  erzählt  z.  Ii. 
manas?ar  IT.,  dass  er  in  den  Aujanos  gezogen  sei,  um  dort 
Cedern  und  Gypresscn  für  seine  Bauten  schlagen  zu  lassen. 
Die  Frage,  wie  die  Paläste  ihr  Licht  erhielten  und  ob  sie  ein 
zweites  Stockwerk  hatten,  ist  noch  nicht  entschieden. 

l  eher  die  einschlägigen  Fragen  s.  ilic  rutersurhuugeii  voi»  l-i*»TTA. 
Lavaiü',  Pi  acf,  FKRr.r^^oN  (desse?!  auf  Eiiitülirinig  der  persischen  Säuhu 
beruhende  Heconstruclioiieii  ganz  unbegründet  zu  sein  scheinen)  und  die 
klare  Uebersicht  bei  G,  Rawlii^so.n,  Five  Mon.  I,  277  ff. 

§.  347.  Daneben  findet  sich  in  kleineren  Bauten  — 
Tempeln,  Pavillons  u.  ä.  —  ein  leichterer  Stil,  der  ans  dem 

Hol/h  tu  hervorgegangen  zu  sein  scheint  und  vermuthlich  meist 
in  Holz  au.s<,'eführt  war.  Wir  kennen  ihn  nur  aus  Abbil- 
dungen in  den  Sculpturen.  Hier  finden  sich  hohe,  in  einem 
Falle  oben  mit  Steinböcken  (vgl  g.  203)  gekrönte  Pfeiler, 


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Arebitektur  und  Seidplur.  42;i 

welche  die  Deckbalken  tragen ^  daneben  runde,  zum  Thetl 
ziemlich  eehlanke,  aber  niemals  cannelirte  S&ulen,  die  nicht 

unniillelbar  auf  dem  Boden,  sondern  auf  einer  bald  luiiden, 
bald  gewundenen  Unterlage  ruhen.  In  einem  Falle,  wo  dieser 
Stil  als  Decoration  einer  Fa^ade  verwendet  ist,  werden  sie 
von  Löwen  getragen.  Das  Capital  ist  durch  Voluten  geziert; 
auf  ihnen  ruht  das  Kissen,  welches  den  Deckbalken  trägt 
(s.  G.  Rawunson  1.  c.  809  ff.).  Dieser  Baustil  ist  von  Assyrien 
nach  Kleinasien  gedrungen  und  hier  den  Griechen  bekannt 
geworden:  aus  ihm  hat  sieh  der  ionische  Stil  entwickelt  — 
Die  Privathäuser  scheinen  äusserst  einfach  gewe^  zu  sein; 
eine  Abbildung  zeigt  sehr  prunitive  Woiinunfjeri,  die  mit  liehen, 
offenbar  von  Ziegeln  gebauten  Kuppeln  ubei  wölbt  sind  und 
von  oben  Licht  erhalten  (Layard,  Mou.  of  Nin.  II,  17).  — 
Dass  daneben  auch  die  altbabylonischen  Terrassentempei  nach 
Assyrien  übertragen  sind,  ist  schon  erw&hnt  (§.  277). 

g.  348.  Die  assyrische  Sculptur  unterscheidet  sich  von 
der  aegyptiscben  dadurch,  das«  sie  eine  grossere  Beweglicfakeit 
erstrebt,  compUdrtere  Situationen,  Wendungen  des  Körpers  u.  ä. 
zum  Ausdruck  bringt,  dass  aber  das  Detail  lange  nicht  so 
sauber  uiul  künstlerisch  gearbeitet  ist  wie  im  Nilthal.  Die 
Aegypter  bringen  die  Formen  und  Bewerbungen  des  iiorpers 
auch  unter  der  Hülle  der  Gewandung  deutlich  zum  Ausdruck, 
die  Assyrer  nicht ;  die  Behandlung  der  Muskulatur,  der  Haare 
ist  bei  ihnen  äusserst  übertrieben  und  ganz  schablonenmässig. 
Dagegen  ist  die  Gesammtcomposition  in  Assyrien  häufig,  z.  B. 
in  den  zahireicben  Darstellungen  der  Löwenjagden,  der  aegyp- 
tischen  entschieden  überlegen  und  trägt  emen  weit  kbradi* 
geren  Charakter.  Was  von  Statuen  u.  a.  auf  uns  gekommen 
ist  —  z.  ß.  eine  Statue  des  Assurnäsirpal,  Statuen  des  Nebo 
au-^  der  Zeit  Ilanianniräri's  III.  u.  a.  —  ist  seiir  mangelhaft 
und  unkünstlerisch  gearbeitet;  dagegen  war  die  Relieftechnik 
hoch  entwickelt,  und  hier  können  wir  während  der  folgenden 
Epoche  weitere  Fortschritte  deutlieh  wahrnehmen.  Wie  äusser- 
licb  und  roh  aber  die  Assyrer  die  Kunst  aufliassten,  spricht 
sieh  deutlich  darin  aus,  dass  sie  quer  über  die  Statuen  wie 


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424 


FOnlkM  BqoIi.  «nter  Abtebiutt 


Über  die  Leiber  der  grossen  geflügelten  Stier-  und  Löwen- 
eokwse  an  den  Portalen  der  PalAste  ihre  IneeluriAen  ange- 
bracht haben.  ' 

§.  349»  Von  assyriseher  Uteratnr  wiasen  wir  sehr  weoip. 
Dase  die  Verwaltung  des  Reicha  nnd  was  damit  xusanunen- 
hilngt,  die  TliütigkeiL  der  Schreiher  in  hohum  Maasse  in  An- 
spruch nahm,  liegt  auf  der  ll;uui.  Iia  Zusammenhang  dami? 
steht  die  Al>fas?nnp  geographischer  Listen,  in  denen  die  Ürl- 
schaften,  fjel)irge  u.  a.  der  Nachbarländer  aufgezählt  werden. 
Von  geschichtlichen  Zusammen  Teilungen  wird  z.  B.  die  »syn- 
chronistische Tafele,  da  siemitRamtonirftnIQ«  absehäesst,  unter 
setner  Regierung  rerfasst  sein,  iLa.ni«  In  der  Hanplsacfae  aber 
scheint  man  über  die  Reiirodnction  der  babylonischen  Uterainr 
nicht  hinausgekommen  m  sein.  Die  bisfoHschen  hischriften 
tragen  durchweg  den  schon  fruliei  chuiakterisirlen  stereotypen 
r:harakter,  eine  huciisi  ermüdende  Verhindung  von  Trocken- 
hiMt  lind  Schwu1<^t,  danet)en  die  für  »lie  Assyrer  charakte- 
ristische Freude  an  barbarischer  Grausamkeit.  Dieselbe  tritt 
uns  auch  an  den  Sculpturen  der  Paläste  oft  genug  entgegen 
in  den  Darstellungen  der  Strafsn,  welche  Ober  die  ü&upter 
der  Feinde  und  RebeUen  verhängt  werden.  Die  Assyrer  haben 
swar  anch  Elemente  der  babylonischen  Gultnr  weiter  ent- 
wick^  und  verbreitet,  obwohl  dieselbe  der  Hauptsache  nach 
ja  schon  weit  friiiiLi  nach  Westen  verbreitet  war;  auf  thmdeJ 
und  Veikehr  lud  ilire  llen -chafT ,  naclidein  sie  einmal  be- 
gründet war,  helehend  gewiikt.  Aber  in  erster  Linie  besteht 
doch  ihre  geschichtliche  Bedeutung,  ähnlich  wie  die  der  Mon- 
golen Dechingizkhans,  die  ja  nach  manchen  Seiten  auch  Guitur- 
träger  gewesen  sind,  darin,  dass  sie  alles  was  ihnen  ent- 
gegentritt  zerstören,  ein  Volk  nach  dem  andern  ▼ermchten 
und  so  den  Grund  zu  der  grossen  Nivellirung  aller  Natio» 
naütäten  in  Vorderasien,  zu  der  Möglichkeit  eines  Weltreichs 
jrelegt  liahen. 


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Du  Reieh  ton  Napali. 


425 


n*  Aegypten  und  Sijrrien  bis  auf  die  Eroberungen 

Tiglatpileser'ä  IL 

Das  Reich  vf  n  ll«|iata  mid  die  Eroberung  Aegypteee  diireh  die 

Aetliiepen. 

LiKHoiouiiT,  Mto.  aar  räpoqoe  4ihiopiMiiie,  BAn.  XXII. 

§.  350.  In  derselben  Zdt,  in  welcher  sich  am  olieren 
Tigris  ein  grosses  eroberndes  Reich  bildete,  das  nach  aOen 

Seiten  um  .sicli  /:u  «greifen  begann,  gin-r  dir  Macht  ilur  Pha- 
raonen im  Nilthal  vollends  zu  Grunde.  Das  lieich  Dhutmes'  III. 
war  in  eine  Reihe  kleiner  selbständiger  Ffirstenthümer  zerfallen 
und  wurde  von  Dynasten  beiierrscht,  die  aus  den  Söldnerführern 
hervorgregangen  waren.  Dagegen  erstand  jetzt  im  oberen  Nil- 
thale,  in  dem  zuerst  seit  Usertesen  Hl.,  dann  auf  fünf  Jahr- 
hunderte durch  Dl^tttmes  1.  mit  Aegypten  verbundenen  Lande 
Kusch  (griech.  AethiopieB,  jetzt  Nublen)  ein  mächtiges  Reich. 
Sdne  Hauptstadt  war  Napata  (Iiebr.  ^z)  am  Gebel  Barkai,  »dem 
heiligen  Berpe*,  an  dessen  Fuss  l^ereits  Amenhotep  III.  ein 
grosses  Heiligliimii  des  thebanischen  Amon  gegründet  hafte. 
D'u-rh  die  lange  \'erbindun^'  mit  Aegypten  war  die  aeg^^ptische 
Cuitur  in  Aethiopien  völlig  eingebürgert.  Aegyptis^ch  war  die 
officielle  Sprache,  man  schrieb  in  Hieroglyphen,  die  Titulatur 
des  (Königs  ist  der  der  Pharaonen  nachgebildet.  Vor  allem 
aber  ist  die  aegyptisehe  und  zwar  speciell  die  thehanische 
Amonsreliglon  in  Kusch  zur  Tollen  Herrschaft  geengt.  Im 
Namen  Amons  ziehen  die  Könige  zum  Kampf,  Ton  seinen 
Weisungen  und  Orakeln  sind  sie  völlig  ubliaii^Ji^,  -urglaltig 
beobachten  sie  die  Satzungen  über  äussere  lleinheit  und  die 
religiösen  Speiseverbote.  Wa?^  in  Aegypten  Theorie  gel)lieben 
war,  ist  in  Aethiopien  praktisch  durchgeführt:  eine  lange  In- 
schrift schildert  uns,  wie  der  Gott  selbst  unmittelbar  durch 
sein  Orakel  den  Kfinig  wählt,  und  bestätigt  so  auf  das  schla- 
gendste die  Angaben  der  Griechen  (Diod.  lH,  5).  Dem  entspricht 


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Fünft«»  Baeb,  sweiUtr  Äbsctmiit 


es,  das?  die  Priester  dem  Könige  im  iNarnen  des  Gottes  gebieten 
können,  sich  selbst  zu  tödten,  ein  Unfug,  dem  erst  Ergamenes 
im  dritten  Jahrhundert  v.  Chr.  ein  £nde  gemacht  hat.  Bei  diesen 
Zuständen  begreift  es  sich  ToUkommen,  dass  die  aegyptischen 
Priester  den  Griechen  Aethiopien  als  das  gelobte  Land  sdül- 
derten  (vgl.  §.  42  Anm. ;  Herod.  III  20  ff.  114  a.  a.).  Im  fibrigen 
legen  diese  Zustände  die  Vermuthung  nahe,  dass  die  Ent- 
stehung de«:  Reichs  von  Napata  mit  der  TI'^urpaLion  der 
Amons|triester  von  Theben  zur  Zeit  der  -1.  Dynastie  zii-am- 
menhüjigL,  eine  Anahme,  die  dadurch  bestätigt  wird,  dass 
mehrere  seiner  Könige  den  in  Hrihor^s  Familie  voriEommenden 
Namen  Pfanchi  führen.  In  der  That  ist  von  einer  Herrschaft 
der  Pharaonen  Ober  Kusch  seit  dieser  Zeit  nicht  m^  die 
Bede;  Tielletcht  mögen  a]eo  Verwandte  der  An^o^rlester  etwa 
um  1000  Y.  Chr.  den  aethioplseben  Staat  gegründet  haben. 

Die  iuschrin  über  die  Eiliebuiig  eiiu.a  (.spater  ala  illegitiiu  ver- 
folgten) Herrschers  auf  Uea  Thron:  Mariette,  Mon.  div.  9,  Qbe».  ron 
Naspiro,  RAn.  XXV,  800. 

§.  851.  Als  die  Macht  der  22.  Dynastie  erlahmte,  lionnlen 
die  Fürsten  von  Napata  ihre  Herrschaft  aucli  auf  Oberaegypten 
ausdehnen.  Vermuthlich  zu  Ende  der  Regierung  Sesonq's  UL, 
etwa  um  800  ?.  Chr.,  wird  Theben  ui  ihre  Hand  ge&Uen 
sein ;  in  der  ersten  Hftifte  des  achten  Jahrhunderts  steht  das 
Nilthal  bis  in  die  Nfihe  von  Hermopolis  unter  der  Herrschaft 
des  Aethiopenkönigs  Pi'anchi.  Zu  seiner  Zeit  gelang  es  in 
Unteraegypten  dem  Fürsten  Tefnacht  von  Sai>,  den  westliehen 
Theil  des  Delta  seiner  Heiischaft  zu  unterwerl'en ,  Memitliis 
ZU  gewinnen  und  die  zahlreichen  Fürsten,  Könige  und  iileineo 
Herren  des  mittleren  und  östlichen  Delta,  »alle  Fürsten  Unter- 
aegyptens, welche  die  Feder  (das  Abzeichen  der  Kriegerkaste 
der  Ma)  tragen«,  zur  Anerkennung  seiner  Oberhoheit  zu 
bringen.  Den  Königstitel  nahm  er  nicht  an,  vermuthHcfa  weil 
er  das  Rangverhältniss ,  welches  unter  den  Sökinerfurslm 
herrschte  (§.  820),  möglichst  wenig  verletzen  wollte.  Von 
Memphis  aus  zog  er  nacii  Süd^n  ,  unterwarf  Kiukodilopolis, 
Oxyrrhynchos  u.  a.,  belagerte  Herakleopoüs,  die  fcLönigsstadt 


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Die  Aelhiüpfcü  üi  Ae^^ypteu.    Pi  anclii  und  Telnachl.  427 


lies  pL'fdubast,  und  zwanj/  den  Köni^  Nauirot  von  Ilennopuli^ 
zui  L'nterwerfuiig.  Da  schritt  Pianchi  ein,  von  den  Gegnern 
Tefnachi's  ▼ielfach  zu  Hülfe  gerufen.  Sein  Heer  besiegte  eine 
feindliche  Flotte  auf  dem  Nil,  schlug  Tafnecht  bei  Hera- 
kleopolis  zurück,  belagerte  Namret  in  Hermopolis  und  nahm 
tiuL  Reihe  kleinerer  Orte  ein.  Dann  erschien  der  König  selbst 
auf  dem  Ki  legsschaiiplalz ;  er  zwanj?  Namrel  zur  Capilulation  und 
{üiliui  von  ihm  reiche  Geschenke  entgegen.  Nach  dem  Fall  von 
Hennopolis  unterwarfen  sich  alle  kleineren  Orte,  nur  Memphis 
musste  mit  Sturm  genommen  werden,  nachdem  ein  Versuch 
TefnachrS;  es  zu  entsetzen,  gescheitert  war.  Dann  rückte 
Pi'anchi  ins  Delta  vor:  sämmt liehe  kleinere  Fürsten  beeilten 
«ich,  vor  ihm  zu  erscheinen,  ihm  zu  huldigen  und  reiche 
Gaben  darzubringen  So  war  Tefnacht  nicht  stark  genupr. 
m  seine  Stellung  länger  zu  behaupten;  aber  auch  Pi'anchi 
mochte  Bedenken  tragen,  im  Westen  des  Delta  einen  gefähr- 
lichen Krieg  zu  führen.  Er  begnügte  sich  daher  damit,  dass 
Tafnecht,  nachdem  ihm  Sicherheit  gewälnt  war,  in  Gegenwart 
von  Abgesandten  des  AethiopenkÖnigs  den  Treueeid  schwor 
und  ihm  Geschenke  schickte. 

Unsere  Quell«  ist  die  grosse  Insehiift  Pianchi*s  in  Napata :  Mariette, 
HoD.  dir.  1^6,  zuerst  analysirt  von  de  Roug^,  RAn.  VIII,  94  fT.,  aber- 
setzt von  Lauth,  Abb.  Hfiiich.  Ak.  1869  und  Yor  allem  BhuoscHp  Gesch. 
682  und  de  Rouoc,  Chrestom.  4gypt  IV  (1876).  Es  gibt  mehrere 
attbiopische  Könige  Namens  Pf  anehi ;  unserer  ist  wabrscbeiniicb  der  auf 
einer  Maraienbinde  des  Brit.  Mus.  (Greene,  Fouilles  h  Thdbes  8  c)  und 
Lcpsius.  D.  V,  14  b  vorkommende  mit  dem  Vornamen  Sneferra'. 

a52.  Der  Kriegszug  des  Pfanchi,  der  in  sein  21.  Jahr 
lallt  (um  775  v.  Chr.),  scheint  eine  dauernde  Unterwerfung 
Aegyptens  nicht  zur  Folge  gehabt  zu  haben.  Falls,  wie  früher 

(§.  'V2(^)  an^^'iinnnnen  wurde,  der  ihm  huldigende  Könipr  Osorkon 
VOM  ßubasti.s  zweite  Herrscher  der  •2*5.  Dynastie  ist,  so 
sind  die  Aethiopeu  sogar  aus  Oberaegypten  verdrängt  worden. 

0  Die  unter  ihnen  aufgeführten  Fürsten  (nicht  Krtnige)  von  Busiris 
^nq  (ZI.  18)  und  später  Pimai  (ZI.  IIG)  sind  vielleicht  die  Könige 
SeioDq  la.  und  Pimai  der  22.  Dyn.  (§.  '620}. 


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428 


Fünftes  Buch,  zweiter  Abschnitt. 


Denn  der  dritte  Herrscher  dieses  Hauses,  Psemut  i  ^'a»ijjx»i><J, 
begegnet  uns  in  zwei  kleinen  Inschriften  des  Tempels  ?on 
Karnak  (LEP$iics,  D.  III,  259  a.b).  Ihm  lässt  Manetho  einen 
in  den  DenkmSlern  nicht  nachweisbaren  KOnig  Zßt  folgen. 
Dann  t'ul^t  die  24.  Dynastie,  die  bei  ihm  nur  aus  dem  Saiten 
bokciiuiis  b«'-leht  fwahrsch.  —  v.  Ciir.).  Derselbe 
(aeg.  Bokenrant)  ist  nach  den  hier  jedenfalls  glaubwürdigen 
griechischen  Berichten  ein  Sohn  des  Tnefachthos,  d.  h.  des 
Tefnacht,  des  Gegners  des  Pi'anchi.  In  der  Tradition  wird  er 
als  ein  weiser  Purst  und  grosser  Gesetzgeber  gepriesen;  aus 
den  Denkuiakm  wissen  wir  nur,  das?  in  seinem  «».  Jahre 
ein  Apis  in  tlerselben  Grabkammer  wie  der  unter  Sesonq  IV. 
gestorbene  beigesetzt  wurde  (Mariette,  S^rapeum  pl.  34); 
danach  ist  er  in  Memphis  vermuthlich  unmittelbar  auf  den 
letzten  Tituiarkönig  der  22.  Dynastie  gefolgt,  durfte  aber  vor- 
her bereits  längere  Zeil  in  Sais  geherrscht  haben. 

l)ie  griecb.  Angaben  Ober  Bockchoris  und  seinen  Vater  T-AiOi/^^»', 
oder  TI/voixTi?;  finden  sich  Plut.  de  h.  8,  Diod.  f,  45.  65,  Athen.  X,  4 IS»-. 
Nach  Eusebius  regierte  Bokchoris  44  Jahre,  nach  Africanus  .Jalire; 
vielleicht  gibt  dieser  die  Zeit  an,  welch»'  er  über  Memphis  herrscht»", 
jener  die  Gesammtdauer  seiner  Regierung.   Vgl.  die  Königsliste  $.  392. 

§.  :i53.  In  Aethiopien  war  auf  Pfanchi  (ob  nach  einer 
oder  mehreren  Zwischenregierungen  wissen  wir  nicht)  Kasta 
gefolgt,  der  n)it  Sepenapt,  einer  To(hter  des  Königs  Osorkon, 
vermuthlich  Osoriion's  III.  von  Bubastis,  vermählt  war.  Sein 
Sohn  äabaka  (laßixoiky,  (<^0t  ass»  Sab'i)  wiederholte  den  Zug 
nach  Aegypten,  besiegte  Bokchoris  —  nach  Manetho  soll  er 
ihn  haben  lehendit'  verbrennen  lassen  —  und  zwang  die 
localen  Dynasten  zur  Anerkennung  seiner  Herrschaft  (7Jb 
V.  Chr.).  Er  selbst  nahm  den  Titel  eines  Königs  von  Ae- 
gypten an,  als  eigentliche  Herrscher  des  Landes  atier  setzte 
er  seine  Schwester  Amenerdas  und  ihren  Gemahl  Pi^anchi  (11. 0 
ein.  äabaka  und  seine  Schwester  begegnen  uns  mehrfach  in 
den  Tempeln  Thebens,  ebenso  in  IJanniKuiiät  u.  a.:  von  d«'r 
Königin  hat  sich  eine  vortreirii(  ho  Alabasterstalue  in  Karnak 
gefunden.    Die  griechische  Ueberlieferung  rühmt ,  dass  der 


y  i^L-o  i.y  Google 


Bokeboris.   Sabako  König  von  Aegypten. 


429 


Aeliiiopenkönig  ein  ausserordentlich  mildes  Regiment  über 
Aegypten  geführt  habe :  Hinrichtungen  seien  nie  vorgekommen, 
die  Verbrecher  seien  zu  Kanal-  und  Dammbauten  verwerthet 

worden  (Herod.  II,  =  Dioii.  I.  i)').  v«?!.  auch  c.  Gl). 
Eine  feslgegründete  eiuljeitliche  IJerrscliaft  liahen  indessen  die 
Aethiopen  über  Aegypten  niemals  ausgeübt:  die  localen  Dy- 
nasten blieben  wie  zu  Pfanchi's  Zeit  im  Besitz  ihrer  Herrschaft, 
unter  ihnen  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  Nachkommen 
des  Te&iacht  und  Bokchoris  In  Sais,  die  Ahnherrn  der  26.  Dy- 
nastie (§.  ;U)Oj.  In  den  Jahren  725  (Reg.  II,  17,  4)  un.i 
72^  (Sargon  Ann.)  heissl  zwar  Sabako  König  von  Aegypten, 
aber  im  Jahre  715  redet  Sargon  von  dem  Tribut  des  »Pharao, 
Königs  von  Aegypten«,  im  Jahre  711  nennt  er  denselben  neben 
dem  König  von  Melucha  (d.  i.  Kusch,  §.  375;  Smith,  Ass. 
Disc.  21»  1).  zu  Sanherib's  Zeiten  im  Jahre  701  «Tscheinen  die 
Könige  von  Aegypten«  neben  den  »Truppen  des  Königs  von 
Melucha«  (§.  384;.  Zahlreiche  Kämpfe  um  den  Besitz  des 
unteren  Nilthals  werden  die  Regierung  Sabako's  und  seiner 
Nachfolger  ausgefüllt  haben  (vgl  Diod.  I,  44);  sie  machten 
es  ihnen  unmöglich,  so  energisch  wie  sie  gewünscht  und  ge* 
sollt  hätten  in  die  Verhältnisse  Asiens  einzugreifen. 

D«nkinSler:  Lepsius,  D.  V,  1.  Mabiette.  Karnak  40,  Mon.  div.  48 
ft  Roicy.  Iriscr.  126.  Phisse,  Mon.  27.  Liebliin.  Denkm.  von  St.  Peters- 
burg A'r.  ♦;.  Inschrift  eines  Beamten  der  Amenerdas:  Eber.s,  ZDM.  XXVII. 
Greene,  Fouilles  a  Thebes  10.  11.  Opferslein  inj  Herl.  Mus.  7497;  Sphinx 
ihrer  Tochter  ^epenapt  Berl.  Mus.  7Ü72.  Statue  derselben:  Greene, 
Fouilles  ä  Thebes  8  a.  —  Der  König  Ka  raencheper  Pi'anchi  (pRt:*sv., 
Hon.  4,  1,  Hariette,  Kamak  45  b,  de  Rouge,  Not.  des  mon.  du  Louvre  91) 
scheint  von  dem  Gemahl  der  Amenerdas  vencbieden  tu  sein;  noch  zwei 
weitere  Pfancbi  in  Uongola  und  Napata :  Lepsius,  D.  V,  14,  I.  Gheeke, 
Foailles  ä  Tbibes  8b.  —  Sabako:  Lepsios,  D.  V,  1.  2.  Rosclliri,  H.  stor. 
151  =  GHA1IFOI.UOH,  Mon.  337  (Luksor).  Mabiette,  Mod.  dir.  29  d 
(Hempliii^).  Sharpe,  £g.  Inscr.  I,  86—38  (Memphis).  Aaf  die  aeg>  ptischen 
Verhältnisse  in  dieser  Epoche  bezieht  sich  auch  Jesaias  18.  19,  vgl. 
Stadb,  De  Isaiae  vaüc.  aelhiop.  1878.  —  Fflr  die  Chronologie  ist  hier 
Manelho  zu  Grunde  g«legt,  dessen  Angaben  im  wesentlichen  oorrect  zu 
sein  aeheinen.  Den  Ausgangspunkt  bildet  der  sicher  feststehende  Regie- 
rungsantritt Fsammetich^s  im  Jahr  668 ;  seine  drei  Vorgänger  aus  Dyn.  26 


430 


Fünftes  Buch,  zweiter  Abschnitt. 


regieren  von  084  an.  Dann  erhallen  wir  fnr  die  Aethiopen  <25.  Dyn.) 
die  Ansalze:  Sabaku  12  J. ')  =  728  717:  Sabataka  12  (var.  i. 
=  710— 70o;  Tahania  20  (var.  18)  J.  —  70i— 1>85.  Hazu  slimnien  die 
hebraeischen  und  assyriscbeii  Angaben  vollkommen,  h.  §.  :}72.  ;»82.  Nor 
hat  Tabanja  viel  länger,  wäbrend  der  ganzen  von  Manelbo  den  ürei 
ersten  Königen  der  26.  Dynastie  zugeschriebenen  Zeit,  regiert.  Dement- 
sprechend erscheint  er  auf  einer  Apisstele  (MAninTE,  S^rapeum  pl.  :>!) 
als  unmittelbarer  Vorgänger  den  Psammetich;  völlig  unerklärlich  ah^r 
bleibt,  dass  dieselbe  seine  Regierung  auf  26  Jahre,  das  wftre  689  bis 
6<>4  V.  Chr.  zu  bestimmen  scheint.   Weiteres  s.  i^.  $d2, 

Damaskus.   Israet.  Phoenikien. 

"^'»4.  Iii  den  politiscIuMi  Verliiillnissen  Syrien?  hat 
sicti  in  der  hinter  uns  liegenden  Epoche  nicht  viel  geändert 
Die  Kriegszüge  der  Assyrer  waren  im  wesentlichen  nurPlün- 
derungszüge,  die  zwar  viele  Noth  und  Zerstörung  brachten, 
aber  doch  weiter  kein  dauerndes  Resultat  herbeiführten,  als 
dass  die  kleinen  syrischen  Höfe  einige  Jahre  lang  ihren  Tribut 
nach  Assur  schickten.  Zu  grosserer  Ma<  ht  "-elangle  nament- 
lich das  Reich  Daniaskos  unter  der  neuen  von  Ghazael  be- 
gründeten Dynastie.  Der  Sturz  des  Hauses  'Omri  hatte  dem 
israelitischen  Reich  wenig  Segen  gebracht.  VergebKch  zahlte 
König  Jehn  im  Jahre  842  dem  Assyrerkönig  reichen  Tribut 
(§.  3.'*)7),  ülVenbar  um  an  ilini  einen  Rückhalt  zu  gewiiinei). 
Die  Belagerung  von  Damaskus  im  Jahre  842  wurde  von 
Chazael  abgeschlagen,  der  letzte  Angriff  Salmanassar's  im 
Jahre  889  ging  gleichfalls  ohne  Erfolg  vorüber,  und  jetzt 
konnte  Chazael  sich  mit  ganzer  Macht  auf  die  Hebraeer 
werfen.  »Zu  Jehu's  Zeit  fing  Jahwe  an  von  Israel  abzu- 
schneiden«, lautet  der  sununarische  Uericht  der  Königsbiu  her: 
ganz  Gilead,  das  Land  jenseits  des  Jordan,  ging  verloren. 
Auch  westlich  von  demselben  hat  Chazael  Kri^  geführt:  er 
eroberte  und  zerstörte  die  Stadt  Gat  (vgl.  Arnos  6,  2)  — 
seitdem  verschwindet  dieselbe  aus  der  Reihe  der  philistaeischen 


*3  So  Eusebius,  nach  Afrieanus  nur  8;  aber  Lepsiui:,  Denkm.  V,  Ic 
(HsnimämAl)  f\ndH  sich  sein  12.  Jahr. 


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Das  Haus  Jehu.   Die  Syrerkriege. 


431 


Fürstenthümer.  Dann  wandte  er  sich  gegen  Jerusalem;  durch 

Hingabe  der  letzten  Schätze  des  Tempels  musste  König  Joas, 
<ler  Enkel  dor  'AlaljU  (g.  329),  seinen  Abzug  erkaufen.  Auch 
Jehu's  Nachtoiger  Joachuz  und  Joas  wurden  von  Chazael  und 
Benhadad  III.  immer  aufs  neue  bedrängt;  von  der  grossen 
Streitmacht,  die  Achab  ins  Feld  stellen  konnte  (§.  «^23),  »Hess 
der  König  von  Aram  dem  Joachaz  nur  50  Relteri  10  Wagen 
und  10,000  Mann«  (Reg.  II,  13,  7), 

Die  Assyrer  wie  Ämos  1,  Zepbanja  %  1  kennen  nur  vier  Pfirslen- 
thCbner  der  Philister:  Askalon  (su  dem  Beidagon,  Joppe  u.  a.  gehören 
1  R.  38.  65  f.)»  *Aqqaron  (Ekron,  ass.  Amgarunna),  Aidod  und  Gaza. 

§.  355.    Wie  arg  die  Syrer  im  Lande  hausten,  lehren 

die  Ankla*,'en  des  Arnos  (1,  3).  Natürlich  beuteten  auch  die 
kK'ineren  Xachbarstämme  die  Nothlage  Israel^  aus;  die  Ani- 
iiioniter  verfuhren  in  Gilead  mit  der  gleichen  Grausamkeit,  mit 
der  einst  David  gegen  sie  gekriegt  hatte  (Arnos  1,  13),  Moab 
gewann  das  noch  zu  Mesa's  Zeit  israelitische  Chesbon  zurück 
(Jes.  15,  4.  10,  8,  vgl.  Reg.  II,  1:;,  20).  Auch  König  Amasja 
von  Juda,  der  Sohn  des  von  zweien  si'incr  Hofleute  erschlagenen 
Joas,  unternahm  einen  Anirrifl"  gegen  Joas  von  Israel,  wurde 
aber  völlig  geschlagen  und  gefangen.  Jerusalem  selbst  ward 
ausgeplündert,  eine  Bresche  in  seine  Mauer  gelegt.  Sonst 
ging  das  Strelien  der  Herrscher  von  Jerusalem  immer  von 
neuem  darauf,  sich  Edom  zu  unterwerfen  und  damit  in  den 
Besitz  der  grossen  vom  inneren  und  südlichen  Arabien  nach  Gaza 
fuhrenden  Karawanenstrasse,  sowie  eines  Hafens  am  rothen 
Meer  zu  gelangen.  Amasja  eroberte  Sela'  (Petra),  die  Hauptstadt 
von  Edom,  sein  Sohn  'Azarja  ('Uzzia),  der  nach  der  Ermordung 
seines  Vaters  von  dem  Volke  auf  den  Thron  erhoben  wurde 
(um  775),  baute  Ailat,  den  Hafenort  ani  rothen  Meere,  und 
siedelte  in  demselben  eine  jüdische  Colonie  an  (Reg.  I,  14,  22. 
1«3.  6i.  Zweifellos  ist  von  hier  au>  Seehandel  betrieben  worden; 
ob  sich  derselt)e  aber  über  die  nächsten  Küstenorte  und  etwa 
die  aegyptischen  Häfen  am  rothen  Meer  hinaus  bis  nach  Süd- 
arabien erstreckte,  davon  haben  wir  keine  Kunde  (vgl.  §.  4o:i). 


432 


Füafttß  Blich,  iwaiter  Abadmitt. 


VdUig  mit  Jada  verdnigt  ift  Obrigens  Bdom  schwerlicb»  Ramin- 

niräri  III.  erwähnt  das  Land  Edom  (l  R.  35,  1.  12;  §.  341),  und  im 
Jahre  7d2  finden  wir  hier  einen  König  Qauiroalalui  (ü  R.  67,  61). 

§.  ;ir>fi.  Die  Feldzfige  Ramanniniri'?  III.  (Suc.  sur»  797), 
die  Besiegimg  des  Königs  Mari',  die  Eroberung  von  Damaskos 
(g.  341) ,  ebenso  die  mehrfachen  Züge  Salmanassar's  III. 
nach  Syrien  scheinen  die  Macht  der  Damaseener  gcsschw&dit 
ztt  haben;  sie  gaben  dem  Reiche  üsrael  die  Möglichkeit, 
sich  ihrer  Angriffe  zu  erwehre.  Nach  einer  Legende  soll 
schon  Joa§  dreimal  äber  Benbadad  ID.  gesiegt  haben  (Reg. 
II.  ]•;,  14-1!>.  -2:^  25).  Der  eigentlidie  Befreier  aber  ist 
sein  Sohn  Jerobeam  II.  (um  780—740),  der  »die  Grenze 
Israels  wieder  herstellte  von  der  Strasse  nacli  Hamid  bi« 
zum  Wüsienmeer  (dem  todlen  Meer)«  *).  Leider  fehlen  uns 
alle  genaueren  Angaben  über  die  Thaten  des  Königs.  Trotz 
seiner  Erfolge  hat  aber  die  Dynastie  Jehn^s  den  Thron 
nicht  b^uptet  Ob  innere  Unzufriedenheit  oder  ledigKcfa  der 
Ehrgeiz  Ehizelner,  der  ja  auch  in  Juda  wiederholt  zum  Aus- 
bmch  kam,  die  Wted«iioIung  der  Usurpationen  herbeifQhrte, 
wissen  wir  niclit:  dass  das  Andenken  ,iu  ilie  Blutlhai,  durci* 
welche  Jehu  auf  den  Thron  gekommen  war,  noch  im  Vollme 
lebte,  lehrt  der  Prophet  llosea,  der  um  ihretwillen  seinem 
Hause  die  Hache  Jahwe's  verkündet  (1,  4).  Jerobeam's  Sohn 
Zakarja  wurde  nach  kurzer  Regierung  von  äallüm  ermordet 
(um  745),  gegen  diesen  erhob  sich  von  Tirsa  aus  Menacfaent. 
Er  besiegte  und  tödtete  den  äallüm;  der  Ort  Tipsaeh,  der 
sieh  nicht  fügen  wollte,  wurde  erobert  und  grausam  bestraft. 
Unmittelbar  darauf  begannen  die  Kriegszüge  der  Assyrer  von 
neuem  und  lirachten  in  raschen  Schlägen  wie  den  meisten 
anderen  syrischen  Staaten  so  auch  Israel  den  Untergang. 

hl  dem  aus  einer  vor  782  feeehriebenen  Quelle  (v.  26  t)  atam- 
menden  Beriebt  Aber  Jerobeam  IL  Reg.  H,  14*  28—29  iat  leider  v.  89 


Dieie  in  jener  Zeil  geläußge  Wendung  (Arnos  6t  14)  aoll  die 
Aasdebnnnf  Israels  nadi  Nofden  in  ibiem  weüeatan  ümfhng,  wie  «e 
lor  Zeit  Davld*a  bestand,  baceidmen. 


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Jerobeam  IL  Die  phoenikiscben  Stftdte. 


unheilbar  serftOrt.  —  tMe  chronologischen  Angaben  des  KAnigsbuchs 
weichen  von  den  assyrischen  Daten  ($.  369)  auf  das  sUrlcate  ab,  ausser* 
dem  difliwiren  die  Listen  von  Israel  und  Juda  für  die  Zeit  von  der 
Thronbesteigung  des  Jehu  und  des  'Atalja  84S/2  bis  cor  Eroberung  Sa- 
marias  122  (im  6-  Jahre  des  Hiskia  nach  Reg.  II,  18.  10)  um  nicht  we- 
niger als  21  Jahre  (148  Jahre  7  Monate  fOr  Israel,  165  Jahre  för  Juda; 
in  Wirklichkeit  sind  es  nur  121  Jahre).  Daher  sind  nur  approximative 
Ansätze  möglich.  Hiskia  s  Thronbesteigung  fällt  nach  der  sehr  wahr- 
scheinlichen Vermulhung  von  Wellhausiin,  lahrl».  Deutj»che  Theol.  XX, 
nicht  727,  sondern  714  v.  Chr.  Denn  die  Angabe,  das*-  Sanhf  ril  ^  Angiiflf 
auf  Jerusalem  im  Jahre  701  v.  Chr.  in  sein  14.  lahr  fiel  (Reg.  18,  13), 
hat  weit  mehr  Anspruch  auf  Glaubwürdigkeit,  als  die  ihr  widersprechende» 
Samaria  sei  in  seinem  6.  Jahr  erobert  worden  (ib.  10  u.  a.).  (Königs- 
liste  s.  a  434,) 

§.  357.    Unter  den  phoenikischen  Städten  nimmt  nach 

wie  vor  Tyros  die  erste  Stelle  ein.  Es  ist  sogar  die  Ober- 
hoheit, die  dasselbe  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  seit  Alters 
über  seine  Nachbarn  ausübte,  jetzt  in  eine  directe  Herr- 
schaft umgewandelt.  AlSurnäsirpal,  Salmanassar  II.,  Ramdn- 
niräri  III.  erwähnen  wiederholt  Tyros,  Sidon,  Bybios  und 
andere  Phoenikerslädte  neben  einander ;  aber  Tiglatpileser  II. 
«nd  Sargon  kennen  nur  drei  phoenikiscljc  Staaten:  Arados, 
Bjblos  und  Tyros.  Das  Gebiet  zwischen  Arados  und  Bybios 
mit  den  Städten  Simyra,  *Arqa  u.  a.  gehört  zum  Reiche  Ha- 
mät  (ni  R.  9;  46),  ebenso  vermuthlich  die  Küste  nördlich 
von  Arados.  In  Tyros  herrscht  unter  Tiglatpileser  II.  ein  König 
Hiram  IL,  später  (um  730)  Metinna  (s.  g.  370).  Dann  folgt 
Klulaeos,  von  dem  der  tyrist  lie  Geb(  hichlppchreiber  Menandt  r 
berichtet f  dass  er  das  abgefallene  Kition  wieder  unterworfen 
habe.  Dem  entspricht  genau,  dass  die  Assyrer  unter  den 
selbständigen  Fürstenthümem  auf  Cypern  Kition  niemals  er- 
wähnen (vgl.  §.  402).  Als  dann  Elulaeos  von  den  Assyrem 
angegrilleii  wuide,  heisst  es  weiter,  seien  Sidon,  Akko,  Palae- 
•yros  und  viele  andere  Städte  von  ihm  abgelallen:  mithin 
müssen  sie  ihm  vorher  untertliänig  gewesen  sein.  Genau  das 
gleiche  lehren  die  Angaben  Sanherib's,  Hier  heisst  Lüll 
'£Xo<iXatbc)  König  yon  Sidon;  ihm  gehorchen  Gross-  und 
Kl^sidon,  Bdt-äitte,  Sarepta,  Maehalliba^  Usü,  Akzib  und 

Xejrer,  Oetefafchte  des  Altorlbmn«.  I.  28 


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Fünftes  Buch,  zweiter  Abschnitt. 


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Aosbildntig  des  Jahwtsmus. 


485 


Akko»  die  sftmmtlich  erobert  werden;  er  selbBt  flieht  von 
Tyros  nach  Cypern.  Sonst  wird  Tyros  hier  nicht  genannt, 
da  es  nicht  erobert  wurde,  nnd  eben  deeshalb  nennt  Sanherib 

wohl  auch  den  Elulaeos  Könijr  von  Sidon,  nicht  von  Tyros, 
während  seine  Vorgänger  nur  von  Königen  von  Tyros  reden, 
Könige  von  Sidon  aber  niclit  erwilhiicn.  Tm  übrigen  decken 
sich  die  assyrischen  und  tyrischen  Angaben  voiikomoien. 

Josephos  IX,  14,  2  beneht  Menaiid«r*B  Berieht  Aber  den  Aogriff 
der  Aasyrer  gegen  Tyros  wot  Selmanafleur  IV :  im  Text  wird  iudeesen  der 
Name  des  Assyrerkönigs  gar  nicht  genannt.  In  Wirklichkeit  ist,  wie 
Smith,  Hist.  of  Sennacherib  p.  69  erkannt  hat,  der  Angreifende  Sanherib. 
dessen  Bericlit  ([  R.  34  ff.  u*  eonsl)  den  Menander's  auf  das  scbfinste 
«rgftnzt;  vg).  §.  383- 

Israelitische  Culturentwickelung.     Aiisbildung  der  jahwistisch- 

prophetischen  Anschauungen. 

§.  858.  In  der  hinter  uns  Hegenden  Epoche  der  äusseren 

lind  inneren  Drangsal,  der  Sjrremoth  und  der  Anarchie,  ist 
der  Keim  gelegt  zu  der  weltgescliichtlichen  Rolle  des  israeliti- 
sclien  Volkes.  Wietlei'  nnd  wieder  erlag  es  den  Angriffen  der 
Damaskener,  die  Meute  der  kleinen  Nachbarstänime  fiel  über 
das  Land  her,  im  Hintergrunde  drohte  die  Vernichtung 
bringende  Macht  der  Assyrer.  Die  Kriege  wurden  7on  l)eiden 
Seiten  mit  der  erbittertsten  Grausamkeit  geführt  (Tgl.  nament- 
lich Amos  1,  2).  Naturereignisse  erhöhten  noch  den  Nothstand, 
Erdlseben  (Amos  1,  1),  Hisswacbs  und  Dörre,  dazu  eine 
grosse  Pest  ^)  vor  allem  Amos  4,  7  ff.).  Wo  war  da  der 
Jahwe  dpr  Ilcerschaaren ,  der  sonst  sein  Volk  zum  Siege  ge- 
tührl ,  vor  dem  so  oft  die  Macht  der  feindlichen  Götter  zu 
Schanden  geworden?  Es  war  ja  undenkbar,  dass  er  we- 
niger mächtig  sei  als  die  Götter  der  Nachbarn,  dass  er 
seinem  Volke  den  Sieg  nicht  verschaffen  könne.  Er  wollte 
nicht;  aber  warum  zürnte  er  so  unablässig  auf  ««ein  Volk? 

*)  Eine  Pest  wird  tn  der  assyriseben  Verwaltungsliste  in  dieser  Zeit 
<*rwtbnt  in  den  Jahren  809.  765.  759. 


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Fünftes  Buch,  fweiter  Abtclaitt. 


Die  Siege  JeiX)beaiu's  IL  haJ^n  die  £Qiwickeluog  dieser  üe- 
danken  wenig  au(i[|;ebalten,  nnr  vereinzelt,  wie  im  »Segen 
Mo6e*8«  (Dent.  33,    312),  begegnet  ans  noch  die  alte  freodige 
Stinunung.  Die  Wunden  der  letzten  Jahrzehnte  waren  tn  i\ei\ 
um  rasch  zu  heilen,  die  neuen  Ideen  schon  zu  mächtig  erregl, 
und  vor  allem,  es  fehlte  die  Sielieilieit,  das  Vertraueü  auf 
einen  dauernden  Bestand  gedeihlicher  Verhältnisse  nach  innea 
und  aussen.   War  Gat,  die  Philisterstadt,  waren  gros.se  JStadte 
wie  Kalne  und  JEJain  if  dem  Untergange  verfallen,  wer  mochte 
flieh  da  verbörgen  für  die  £xistenz  Samaria's  und  Jerasalem's  t 
(Amoe  6f  2)?  Nor  wenn  man  diese  Verhältnisse  immer  im  1 
Auge  behält,  wird  die  weitere  Entwickelung  vefsUindllch.  ^ 
Der  Nothschrei  de?  geängsteten,  in  semer  Existenz  bedrohten  j| 
Volks  hallt  wieder  in  der  ganzen  Literatur,  vor  alU  in  aber  in  j 
der  «jrossartigcii  Einsoitigkoif   der  jaoplietischen  Aufla.<?sung.  '\ 
Es   spiegelt  sich    in  deisellun   /.u^Heich   das   unirme-sliciie,  j 
uns  Modemen  kaum  fassbare  Elend  ab,  welches  die  Kriege  ;( 
dieser  Zeit  über  Vorderasien  brachten :  die  Inschriften  und  i 
Sculpturen  von  Ninive  sind  die  nothwendige  £rgänzinig  zu  | 
Arnos  und  Jesaia. 

§.  359.  Bei  der  Masse  des  Volks  rief  die  Nothlage  eine 
weit  intensirere  Religionsübung  henror.  Man  pilgert»  eifrig 
zu  den  heiligen  Stätten ,  nach  Bet-el  und  Gilgal,  nach  Bc  t  i-- 
seba*  in  Juda;  man  hrLnotr  die  Feste  mit  möglichsto!-  Pr.ahL 
braclite  Brand-  und  Suiniuplei  in  Menge,  errichtete  ilcm  .lahw  e 
prächtige  Bilder  von  Silber  und  Gold;  Fast-  und  Busstage 
wurden  von  Staalswegen  ausgeschrieben  (vgl.  Reg.  I,  31,  9.  12). 
Das  Ansehen  der  Priester  und  Propheten  wuchs  dadurch  he» 
deutend;  sie  waren  ja  die  Vermittler  bei  Jahwe,  welche  ihn 
wieder  gnädig  stimmen  Iconnten.  Eine  Reihe  zum  TheO  recht 
abenteuerlicher  Erzählungen  berichtet  von  der  Macht  des  Pro- 
pheten  Elisa,  der  nocli  im  Tode  Wunder  tliul  und  die  Kämpfe 
gegen  die  Syrer  tur  .sein  Volle  gincklicb  wenflot  (Reg.  II,  (>. 
7.  IH,  14 — 2tA:  wie  er  hat  auch  der  Prophet  Jona  d*n  Sieg 
über  Damaskos  verkündet  (Reg.  U,  14,  25).  In  diese  Zeit 
erst  Cällt  die  Bildung  des  geschlossenen  Priesterstandes  »der 


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Wirkungen  der  Nothlage.    Die  religiösen  Ströroungen.  4r37 


Söhne  Lewi'?«  (§.  ;n2).  Wie  derselbe  in  der  Gegemvail 
mächtig  und  aiij^^esohen  neben  den  woltliciien  Beamten  stand, 
führte  man  ihn  jetzt  auoh  in  die  heilige  Sa^^e  ein:  nc^hen 
Mose,  den  Führer  des  Volks,  den  Propheten  und  Gesetzgeber, 
tritt  sein  Bruder  Aharon,  der  erste  Priester. 

Für  dtn  Eifer,  mit  dem  der  Culttu  betrieben  wurde,  fDr  das  An- 
sehen der  Priester  und  Propheten  legt  jede  Seite  der  prophetischen 
UteraUir  Zeogidss  ab.  Vgl.  Wcllhauseh,  Geacfaiehte  I,  58  ff.  187  ET.  — 
Aach  die  Geschichten  Reg.  II,  2>-6.  8>  1—6  gehören  in  diesen  Zusam- 
menhang. —  Der  Name  Aharon  ist  vielleicht  wif  Redalob  (AUt.  Nammi 
der  isr.  BevAlkerung)  vermuthet  aus  ba*aron  »die  Lade«  umgeliUdet. 

§.  H«»0.  Während  die  Strönunig  der  Masse  den  materiellen 
Ansprüchen  der  Geistlichkeit  entgegenkam,  hielt  sie  sich  von 
den  Forderungen  der  Fortgeschrittenen,  welche  Reform  des 
Gottesdienstes,  Beseitigung  des  Bilderdienstes  u.  ä.  Terlangteo, 
völlig  fem.  Wie  bfttte  man  jetzt  daran  denken  können  am 
alten  Gultus  zu  findem,  die  altgefaeiligten  Bilder  Jahwe's  zu 
beseitigen?  Indessen  entwickelten  sich  die  reformatorischen 
Ideen  weiter,  und  je  weniger  die  materielle  Fröninii^^keit  der 
Masse  zu  ilesultalen  führte,  desto  mehr  suchte  man  die 
Lösung  des  grossen  Problems,  den  Grund  für  den  Zorn 
Jahwe's,  auf  rein  geistigem  Gebiete.  Jahwe  zürnte,  weil  man 
ihn  nicht  auf  die  rechte  Weise  verehrte,  weil  man  seine  Ge- 
bote nicht  erkannte  noch,  befolgte.  Jahwe  ist  der  allmäch- 
tige Gott,  dessen  Wille  die  Welt  und  die  Schicksale  der  Volker 
beherrscht.  Er  ist  gerecht  und  wahr,  vergilt  Gutes  mit  Gutem, 
sucht  aber  das  Böse  an  den  Missethätern  schrecklich  heim. 
Das  Volk  Israel  hat  er  sich  zu  seinem  eif.'enen  erwählt,  es  väter- 
lich f^t'leitet,  auc  kleinen  Anlangen  zn  einem  grossen  Volke 
gemacht,  aus  der  ivnechtschaf!  in  Aegypten  und  der  Noth  der 
Wüste  befreit,  ihm  seinen  Willen  geoüenbart,  ihm  Kanaan 
zum  £igenthttm  gegeben.  Aber  er  ist  ein  eifersüchtiger  Gott; 
ihn  allein  soll  sein  Volk  verehren.  Statt  dessen  ist  dies  über- 
mflthig  geworden,  hat  seine  Gebote  verachtet  und  sich  dem 
Dienst  der  »Gölter  der  Fremde«  ergeben,  der  »Nichtgötter«, 
welche  die  Nachbarvölker  und  die  besiegten  Amoriler  ver- 


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438 


Fünftes  Buch,  xweiter  Abschnitt, 


ehrten;  sie  haben  ihm  Menschenbilder  und  Slierfiguren  zur 
Seite  gesetzt.  Zur  Strafe  verstOsst  auch  Jahwe  sein  Volk. 
Er  sucht  CS  heim  durch  Feinde^  durch  Hnngersnoth  und  Pest 

»Draussen  verzehrt  es  das  Schwert,  in  den  Gemächern  die 
Angst« ;  jrewall  i^re  Siege  erfechten  die  Feinde,  obwohl  jj'eririg 
an  Zahl.  Aber  ganz  vernichten  will  Jahwe  sein  Volk  nicht, 
denn  was  wissen  die  Fremden  von  Jahwe?  Sie  sind  ja  auch 
Fmnde  seines  Namens,  sie  würden  sich  selbst  die  Thaten  zu- 
schreiben, die  doch  nur  Jahwe  durch  sie  als  seine  Werkzeuge 
vollhiaeht  hat.  Daher  ist  Aussicht  auf  Rettung  voiliaiideii, 
wenn  das  Volk  umkehrt,  seine  Sünden  bereut  und  zu  der 
reinen  Gottesverehrung  zurückkehrt,  die  es  in  den  Zeiten 
seines  Glucks  geübt  hat.  Denn  das  ist  ja  selbstverständlicb, 
dass  die  Vergangenheit  ohne  weiteres  nach  der  neuen  Auf- 
fassung umgestaltet  wird:  sie  war  eine  Zeit  des  Glücks,  folglich 
lierrschten  in  ihr  auch  die  richtigen  Grundsätze. 

Man  sieht,  wie  in  dieser  Auffassung  —  die  uns  zuerst 
in  dorn  grossartigen  Liede  Deut.  32  entgegentritt  —  der  Be- 
griff Jahwe's  sich  verschiebt  und  vertieft.  Der  Nationalgott 
wird  zugleich  zum  Herrn  der  ganzen  Welt,  die  »anderen 
Götter«  werden  zu  »Göttern  der  Fremde«  und  zugleich  zu 
leeren  Phantomen,  die  neben  Jahwe  nicht  bestehen ;  die  Gott- 
heit, sowohl  ihrem  Begrifife  nach  wie  in  ihrem  Verliäitniss 
zur  Nation,  wird  aus  einer  physischen,  naturwüchsigen  zu 
einer  ethischen  (vgl.  g.  327).  Dementsprechend  werden  die 
moralischen  Forderungen  der  Religion  erst  jetzt  eigentlich 
ausgebildet  und  klar  formulirt:  der  uns  geläulige  Dekalog 
Exod.  *20  ist  ein  Er/.eugmss  dieser  Epoche.  Immer  aber  — 
und  hier  ist  die  semitische  Anschauungsweise  nie  überwunden, 
ja  eigentlich  nie  angetastet  worden  —  bleibt  der  Einzige,  der 
allein  wahre  Gott  zugleich  der  Nationalgott  Er  bleibt  mit 
seinem  Volke  zusammengewachsen  wie  dies  mit  ihm.  Dass 

>)  Deut.  32,  17  ist  du  am.  Mu,  eine  Beieiebnang  der 

Stiergottheiteii  (Dslitsscb»  Pamd.  158).  Offoobar  hat  der  Veiiksser  des 
Liedes  das  Fremdwort  absichtlieh  gewAblt,  um  dtD  Stierbildeni  von 
Bet-el  und  Dan  fkvmden  Ursprung  zuzasehreiben. 


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VertieAin^  d«r  religiteeii  AaiehfeanngeD, 


Jahwe  sein  Volk  wohl  zachtigen  aber  nie  vGllig  Verstössen 
kann,  ist  die  onerschfitterliche^  auch  in  allen  folgenden  Wand- 
lungen nicht  aufgegebene  Ueberteuguiig.  Und  auf  der  an- 
deren Seite  steht  ihm  das  Volk  als  Einheit  gegenüber,  die 

späteren  Generationen  büssen  lür  die  Sünden  der  Irütitien, 
die  Menge  für  die  Schuld  der  Könige  —  wie  denn  aucli  die 
Auffassung  ausgesprochen  wird,  dass  die  iNoth  eine  Strafe  sei 
für  den  Ba'alscult  Achab's  oder  die  Verbrechen  Jehu's.  Wie 
die  histilution  der  Blutrache  noch  zu  Recht  bestand,  ist  die 
ihr  zu  Grunde  liegende  Idee  aus  der  Auffassung  des  Verhält* 
nisses  zur  Gottheit  nie  geschwunden. 

Die  Zeit  dt!ä  Liedes  Deut.  82  ergibt  sicii  besonders  aus  v.  Ai).  Dass 
^  reeht  eigeatiich  ein  geschichtstheoreiisches  Prognimm  sein  sollte, 
Mgi  der  Ekkhisi  aellMi  Deut.  81,  16—22,  und  liasi  es  d«h«  ton  Moee 
auf  dem  Wege  der  Inspiratioa  verflUBt  sein. 

§.  Die  Vertreter  der  neuen  idealistischen  Anschau- 

ungen konnten  die  Geschichte  lediglich  nach  religiösen  Ge- 
sichtspunkten beui  theilen  und  darstellen  und  sahen  auf  die 
realen  politischen  Verb&ltnisse  und  die  praktischen  Motive  der 
Machthaber  geringschätzig  herab.  Es  UÖgt  aber  auf  der  Hand, 
wie  sehr  diese  Auffassung  den  berufsmässigen  Vertretern  der  Re- 
ligion, den  Priestern  nnd  Propheten  zu  Gute  kommen  musste; 
denn  sie  bewahrten  und  verkündeten  ja  den  Willen  Jahwe's.  So 
konnte  sich  \veni*rstens  die  Idee  dessen,  was  man  eine  Tlieo- 
kratie  zu  nennen  sich  gewöhnt  hat,  d.  h.  einer  Priesterhei r- 
sdiafi  bilden  f  man  konnte  vei^suchen,  dieselbe  mittelst  histo- 
ri^rher  Reconstruclion  in  der  Vergangenheit  durchzuführen. 
Auf  diesem  Standpunkt  steht  die  neue  Bearl)eitung  der  israe- 
litisch«! Geschichte,  welche  um  750  v.  (är.  em  jedenfitlls 
dem  Priesterstande  angeliOriger  Epliraimit,  der  sog.  Elohist, 
unternommen  hat.  Sein  Material  schöpft  er  hn  wesentlichen 
aus  dem  Jahwisten .  liat  aber  manche  Traditionen  seiner 
Heimath  (^Ahi  iliiun  in  Heerseba,  Josua  u.  a.)  hinzugefügt,  die 
Erzählungen  seines  Vurgangei.-  uberaibeitet  und  recht  häufig 
verschlechtert.  Die  LüdLen  der  Ueberlieferung  werden  aus- 
gefüllt, z.  B.  durch  missverstandene  Lieder  (Num.  21,  21  ff,, 


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440 


Fünftes  Buch,  zweiter  AbscimitL 


Jos.  10.  gelegentlich  auch  durch  willkürliche  Gonstruc- 
tirmcn;  auch  liebt  der  Schrit'Uteller ,  seine  Gelehrsamkeit  zu 
zeigen,  in  der  Josephsgeschichte  z.  B.  bringt  er  wiederholt 
acgyptische  Worte  an  (Gen.  41).  Iq  der  Auffassung  untei^ 
scheidet  er  sich  auf  das  tiefste  von  seinem  Vorgänger;  an 
die  Stelle  naiver  Erzählung  tritt  ein  theologiscbes  Sehema. 
Die  Ahnen  Israels  waren  Götzendiener;  da  oiEenbarte  sich 
Jahwe  dem  Abraham  und  rerspraeh  ihm  Kana*an.  Abraham 
ist  nicht  sowohl  der  Ahnherr  des  Volks  als  der  Begründer 
der  Jahvvereligion  und  heisst  ein  Prophet.  Nicht  Mose  erhalt 
die  Unterweisungen  Jahwes  im  persönlichen  Verkehr  mit  ihm, 
sondern  dem  ganzen  Volke  verkündet  Jahwe  vom  Sinai  heral> 
seine  Gebote.  Neht  n  Mose  steht  Aharon,  dem  sein  6ohn 
£razar  als  Oberpriester  folgt;  die  Opler  werden  nicht  wie 
im  Bundesbuche  (§.  827)  von  Knaben  aus  dem  Volke  darge- 
bracht, sondern  Jahwe  sondert  den  Stamm  Lew!  ab,  um  Tor 
ihm  zu  stehen  zu  sehier  Bedienung.  Am  deutlichsten  tritt 
die  Tendenz  des  Verfassers  in  dei-  Eroberungsgeschichte  her- 
vor, djL  la>t  ganz  von  ihm  gcschalTen  ist.  Das  Volk  oiiin 
Jo-ua's  Leitung  liandelt  einmüthig  und  ges(  lllü^sLlJ,  dte  Aoio- 
riter  werden  grösstentheils  ausgerottet,  das  Land  durch  das 
Loos  unter  die  einzelnen  Stämme  getheilt  u.  s.  w.  Neben 
dem  eigentlichen  F'ührer  steht  auch  hier  der  Oberpriester.  Gött- 
liche Inspiration,  nichl  menschliche  Gesichtspunkte  bestimmen 
überall  die  Handlungen.  Die  Stellung  des  Volkes  zu  Jahwe 
wird  genau  nach  der  Anschauung  des  im  vorigen  Paragraphen 
erwähnten,  vom  Elohisten  aufgenommenen  Liedes  behandelt 
Schon  nnmittelbai  nach  d<'r  Gesetzgebung  lallt  das  Vulk  von 
Jahwe  ab  und  lässl  sicti  von  Aliaron  das  goldene  Kalb  madieii 
—  eine  Anspielung'  darauf,  dass  man  in  dem  grossen  Heilig- 
thum von  ßet-el  Jahwe  in  Thiergestalt  verehrte.  Nach  der 
Eroberung  fragt  Johusl  das  Volk,  ob  es  fortan  dem  Jahwe 
allein  dienen  wolle,  der  ihm  bialner  zum  Siege  verholfen,  oder 
den  Göttern  seiner  meaopotamischen  Ahnen,  oder  den  »Göt- 
tern der  Fremdec,  der  Amorlter.  Obwohl  vor  Jahwe's  Eifer- 
sucht  von  Josua  gewarnt,  verpflichtet  sich  das  Volk  fei^licb 


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Der  Elohitt.  Verwandte  Getcbiehtswtrke. 


441 


zum  Jahweeult.  Die  Fortaetzung  ist  dann,  dass  das  Volk 
sein  Versprechen  nicht  h&lt,  dass  es  sich  vm  den  unter- 
worfenen Ämoritera  zum  Cult  des  Ba'al  und  der  Astarte  ver- 
führen lässt.    So  wird  der  Uebergang  gewonnen  zur  Nolh 

der  Folgezeit  liiid  den  befreienden  Thalen  der  »Richter«,  und 
zugleich  die  Möglielikeit .  die  völlicr  i?olirt  dastehenden  Tradi- 
lioDen  von  diesen  an  einen  bestimmten  Faden  zu  reihen. 

An  Geist  steht  der  Verfasser  weit  hinter  seinem  Vor- 
gänger zurück.  Einzelne  Partien  sind  gut  gelungen,  aber  im 
aUgemeinen  ist  seine  Darstellung  bceit  und  platt,  die  Erfin- 
dttDg  h&ofig  trivial,  mitunter  sogar  abgeschmackt.  Höherer 
Schwung  gebt  ihm  völlig  ab,  man  sieht,  die  Arbeit  ist  aus 
dem  praktischen  Bedürfniss  hervorgegangen ,  ein  bestimmtes 
System  durchzuluiiren,  die  alten  Traditionell  nach  dein  neuen 
JScheina  zu  überarbeit(Mi  und  daiier  durch  und  durcli  tendenziös 
im  guten  wie  im  schHmmen  Sinne.  Hehgioosgeschichtlich  ist 
sie  daher  von  der  allergrössten  Bedeutung. 

In  denselben  Kreis  gehören  audi  einige  andere,  Uter arisch 
höher  stehende  Schriften,  wetehe  die  Vergangenheit  von  den 
^Idchen  Gesichtspunkten  aus  behandeln.  Vor  allem  die  gross- 
artige, in  ihrer  Auffassung  sich  nahe  mit  Amos  berührende  Ge- 
schichte von  Samuel  und  Saul  (Sam.  I,  15  u.  28) ;  ferner  die  im 
populären  Tone  f^ehaltene,  ins  Groleslce  übertreibende  Geschichte 
von  Elia's  Kaifipi  gegen  Achab's  ßa'alscult  (nur  fragmentarisch 
erhalten  in  Reg.  1,  17 — 19),  der,  wie  früher  bemerkt,  fast 
jeder  historische  Inhalt  abgebt.  Für  ihre  Auffassung  ist  na- 
mentlich charakteristisch,  dass  hier  (19,  15  f.)  Elia  —  wie 
in  der  parallelen  Erzfthlung  Reg.  II,  8,  7  tf.  Elisa  —  den 
Landesfeind  Ghazael  von  Damaskos  zum  Rächer  Jahwe's  an 
Israel  bestellt  Auch  manche  der  Legenden  Ober  'Eli  und 
Samuel  u.  a.  dürften  hierher  gehören. 

Zur  Charakteristik  des  Elohisten  vgl.  Wsllhaosbr,  Geacbicbte  I, 
871  iL  Ferner  Z,  eltt.  Wits.  I,  148  fll  840  IT.  -  Im  Obrigen  iet  darauf 
aufmerksam  su  machen,  dass,  je  weiter  sieh  die  Anschauungen  entwickeln 
und  Tertieren,  desto  weniger  aus  der  logisrheii  oder  ptycbologiseheo 
Folge  der  Ideen  ein  sicherer  Sehluss  anf  seitliehe  Folge  gemacht  werden 


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442 


Fünftes  Boeb,  iwdtar  Abnbuitt 


kann.  Der  altere  Schrifistelier  kann  aebr  wobl  «imii  fortgeschritteiMrMi 

^^limcipunkt  eiimehnien  als  der  jüngere.  Da'/u  kommt  noch,  dass  ja  jede 
liter.arische  Strdniung  nothuendig  eine  (iegenströmiing  hervorruft,  dass  auf 
geisli^'em  Cebiefe  mebr  noch  aU  anderswo  das  Gesetz  der  Wechselwirkung; 
herrschi.  iinivon  vermögen  wir  hei  der  israelitischen  noch  weniger  ais 
bei  anderen  alten  Literaturen  zu  erkenDeD^  da  ja  die  erhaltenen  Hesie 
derseiben  durchaus  einzeilig  sind. 

g.  Eine    nocli    ^'rr)ssere    Vertiefung    erhält  das 

religiös  -  politische  Problem  diucli  Arnos,  einen  Hirten  aus 
dem  Dorfe  Teqoa'  in  Juda  (um  750).  In  der  späteren  Zeit 
Jerobeam's  II.  ging  er  nach  Bet-el,  um  dort  den  WiUen 
Jahwe'a  zu  verkünden,  wurde  aber  auf  Betreiben  des  Priesters 
Amasja  ans  dem  Reiche  Terwieaen.  —  Arnos  stdlt  zum  ersten 
Male  die  rein  ethischen  Gesichtspunkte  durchaus  In  den  Vor- 
dergrund. Nicht  Götzendienst  und  Bilderoult  allein  ist  es 
nach  ihm,  was  den  Zorn  Jahwe's  hervorruft  —  obwohl  na- 
türlicii  die>  schon  schlimm  ^enug  ist  —  sondern  ein  vollstän- 
diges Verkennen  seines  Wesens.  Dass  man  Unrecht  übt 
statt  Recht,  dass  der  Reiche  den  Armen  drückt,  der  Gläubiger 
den  Schuldner  als  Knecht  verkauft»  dass  das  Recht  gebeugt 
wird,  darum  zämt  Jahwe  und  sucht  sein  Volk  heim,  Gr  ist 
ein  heiliger  und  gerechter  Gott,  die  Befolgung  sehier  Sitten* 
geböte  ist  seine  Hauptforderung.  Dass  man  in  selbstzufrie- 
dener Scheinheiligkeit  ihm  Opfer  bringt  und  zu  ihm  wall- 
fahrtet und  dadurch  ihn  gnädig?  zu  stimmen  sucht,  erbittert 
ihn  nur  nocli  mehr.  >4('h  hasse  Eure  Feste  und  Kur«  Opfer 
mag  ich  nicht  ansehen !  Habt  ihr  mir  geopfert  und  Gaben 
gespendet  in  der  Wüste  die  vierzig  Jahre  lang,  Volk  Israel  ?€ 
Darum  sendet  Jahwe  Verderben  über  Israel  und  wird  noch 
weit  mehr  senden  bis  das  tiefste  Elend  gekommen  ist,  von 
dem  dies  auf  seine  Mauern  und  seinen  Gott  trotzende  Volk 
noch  nichts  ahnt,  bis  der  Rest  sich  bekehrt  und  Gnade  findet 
und  Jahwe  den  alten  Glanz  seines  Volkes  wieder  aufrichten 
kann.  —  Dnss  mit  diesen  Gedanken  ein  hocherregtes  Naüonal- 
gefühl  nnrl  erbitterter  Hass  gegen  die  Dränger  meines  Volke.^ 
eng  verbunden  ist,  bedarf  keiner  Ausführung.  Auios  eröffnet 


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Amos.    Die  neue  ^rophetie. 


44a 


.^eine  Schrift  mit  der  Androliung  des  iStrafgerichU,  das  Jahwe 
über  die  Feinde  Israels  verhangen  wird,  die  gegenwärtig  die 
Werkzeuge  seines  Zornes  sind. 

Sehr  mit  Recht  sagt  Amos  von  sich,  er  sei  »Icein  Pro- 
pliel.  noch  ein  Projjheteiisohn«.  Mit  den  ncbiim,  wie  wir 
äie  uuher  geschildert  haben,  haben  er  und  seine  Nachfolger 
sehr  wenig  zu  thun,  wenn  auch  der  Name  auf  sie  übertragen 
worden  ist.  Amos  giht  keine  Orakel  über  zukünftige  Er- 
eignisse, er  verkündet  in  getragener  Sprache  seine  innerste 
Üeberzeugung,  deren  Wahrheit  ihm  so  sehr  Gewissheit  ist, 
dass  er  sie  im  Namen,  im  Auftrage  Jahwe's  ausspriclit,  dass 
ihm  wie  seinen  Nachfolgern  zuföllige  Ereignisse  zu  Zeichen  und 
Gleichnissen  werden,  in  denen  Jahwe  seinen  Willen  offenbart. 
Damit  hängt  zusammen,  dass  er  seine  Reden  niederschreibt 
und  veröffentlicht:  die  Schriften  der  Propheten  sind  gewisser- 
maassen  religiös-politische  Broschüren.  Natürlich  beurtheilen 
dieselben  aber  die  Verhältnisse  durchweg  vom  einseitig-idealis- 
tischen Standpunkte  aus;  es  wäre  z.  B.  verkehrt  aus  Amos 
und  Hosea  zu  schliessen,  dass  die  socialen  Verhältnisse  in 
Israel  schlimmer  gewesen  seien  als  anderswo.  Dass  die  Pro- 
pheten mit  solcher  Leidenschaft  die  finstere  Seite  hervorkehren, 
erklärt  sich  liui  aus  der  entsetzlichen  politischen  Nothlage  der 
iNation;  aus  dieser  al>er  auch  vollkommen. 

Vgl.  G.  Baur,  der  Pro()het  Amos  erklärt.  (Jiessen  1847.  Ewald, 
Propheteo  I.  G.  Hopfmaxi«,  Z.  altt.  Wiss.  III,  87  ff.  —  Dass  Arnos  arm 
feweiMi  tei,  folgt  aus  7.  U  keineewegs. 

§.  363.  Wie  Amos  alle  idealen  Elemente  der  hishen^n 

Elitwickelung  zusanimenfasst  und  zum  Absei iliiss  bringt,  .>^o  ist 
er  auch  die  Grundlage  aller  tolgenden  gew  orden,  die  im  wesent- 
lichen nur  seine  Ideen  ausgeführt  haben.  —  Auf  ihn  folgt 
zunächst  der  nordisraelitische  Hosea*,  dessen  Thätigkeit  in  die 
letzten  Jahre  Jerobeam's  II.  und  die  dann  folgende  Zeit  der 
Anarchie  und  der  blutigen  Thronwechsel  fallt;  dann  der  Ju- 
daecr  Jesaja.  Hn-(  a  lülut  Arnos'  Ideen  weiter  aus:  »Liebe 
will  ich,  nicht  U|jler;  Gotteserkenntniss,  nicht  Brandopter.« 
£r  eifert  gegen  die  Priester,  welche  Jahwe's  Gebote  vergessen 


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444 


Fflnftes  B»^,  twciter  AbflehnKU 


haben  und  das  Volk  zn  nnterrichten  unterlassen,  gegen  die 
Könige,  welche  die  Schuld  nur  vermehren.    Literarisch  ist 

l)esonders  wichtig,  dass  Hosea  zuerst  in  Folge  persönlidier 
Verhältnisso  das  V(Thriltniss  zwischen  Jahwe  und  dem  Volk 
als  Ehe,  den  Ablall  als  Unzucht  fasst,  ein  seitdem  bis  zum 
üeberdniss  wiederholtes  Gleichniss. 

Sein  charakteristisch  ist  nun,  dass  trotz  der  rein  ethi- 
schen Auffassung  der  Propheten  ihnen  eine  Umsetzung  des 
nationalen  Verhlltnisses  zu  Jahwe  In  das  der  einzelnen  Indi- 
viduen zu  ihm  ganz  fem  liegt  Bei  anderen  Völkern  hat  eine 
ähnliche  Entwickelung  zu  der  Anschauung  gefOhrt,  dass  die 
äusseren  irdischen  Dinge  völlig  gleichgültig  seien,  dass  auf 
das  ethische  Verhalten  des  Finzelneii  alles  ankomme:  inan 
hat  den  etlii.^clien  Charakter  der  Gottheit  durch  den  Gt  ilaiiken 
einer  ausgleichenden  Gerechtigkeit  nach  dem  Tode  7.u  hallen 
gesucht.  Derartige  Gedanken  setzen  eben  den  Uiisterblicli- 
keitsglauben  voraus,  der  in  Israel  völlig  fehlt,  immer  ist 
ihnen  das  irdische  Letien  das  einzige,  das  hidividuum  nur  ein 
Glied  der  Nation,  das  materielle  Wohlergehen  des  Volkes  das 
letzte  Ziel,  das  Jahwe  Ihm  gewähren  wird,  wenn  es  zur 
rechten  Einsicht  gekommen  ist  und  seine  Sunden  abgebösst  hat 

Ueber  Hosea:  Ewald,  Proph.  I.  Wellhausen,  Einleit.  40(j  (T.  Gesch. 
I,  141.  43:^.  —  Aus  dem  Gesagten  ertlSrt  sich  auch,  warum  r^ie  Frage 
rth'^r  lie  Ursache  von  Glürk  utid  l'n^'Inck  des  Einzelnen,  die  h^^i  den 
Indogerruatien  liherall  im  Vordervrund  der  Hetrarbluiig  sieht,  so  ganz 
ziiröcktrilt.  Dem  Glauben  de-  Volkes  j,'ejirigt«,ii  urspn1n$»lich  rtie  nilU 
kührlichen  Launen  Jahwe*s  als  Erklaruugsgruiid  (vgl.  z.  Ii.  Sani,  il,  24,  1). 
Als  dann  der  Glaube  an  Jahwe*s  Gerechtigkeit  allgemein  wurde,  folgerte 
man,  dus  jedes  üni^fldc  die  Folge  iriiier  VmelHildang  sei  (vgl.  auch 
Ezod.  aO).  Erst  naeb  dem  Exil  hat  man  sieh  eingebender  mit  dieser 
Frage  beiehftftigt:  das  Boeb  Hieb  gibt  die  grosaartige,  aber  echt  semi- 
Hsebe  LOeung,  die  auch  der  IsUim  aafgestellt  hat,  dass  Jibwe  alimiebt^ 
md  nnerforsclilich  sei  und  es  dem  Mensehen  gar  niefat  sulLomme,  Über 
diese  Fhigen  sa  grflbeln. 

g  M(34.  Naturlich  gibt  die  bisher  geschilderte  Entwickelung 
nur  die  eine  Seite  des  geistigen  Lebens.  Es  ist  selbstverständlich, 
dass  andere,  oft  sehr  mächtige  Strömungen  daneben  heriiefini, 


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Uosea.  Stimmung  der  MAsse.  445 

vou  denen  wir  indessen  höchstens  durch  indirecte  Zeugnisse 
etwas  wissen.  Gewiss  ist  mancher  edle  Geist  zur  Verzweif- 
lung, zum  reinen  Indifferentismos  gekommen,  während  andere 
sieh  Ton  Jahwe  abwendeten  und  nun  in  der  Thal  hei  den 

»Göltern  der  Fremde«,  der  mächtigen  Gegner,  Heil  und  Ret- 
tung suchten  —  wie  die  Aegypter  des  Neuen  lieichs  die 
niä«  litigcn  Gölter  ihrer  syrischen  Feinde  ins  Pantheon  auf- 
nahmen (g.  2:i8).  Wir  begegnen  seit  der  zweiten  Hälfte  des 
achten  Jahrhunderts  einer  immer  mächtiger  werdenden  poly- 
theistischen Strömung,  wie  denn  der  Quitos  »des  ganzen  Him- 
melsheeresty  namentlich  des  babylonischen  Stenigottes  K^wfin 
(Saturn)  und  des  »Königs  Sakkött  (Arnos  5,  24;  vgl  Schräder 
in  Stud.  und  Erit.  1874,  824  ff.)  erst  in  dieser  Zeit  aufgekom- 
men sein  wird.  Zweifellos  ist  überhaupt  in  dieser  Epoche 
der  Einfluss  der  assyrisch  -  babylonischen  Ciiltur  auf  Syrien 
noch  weiter  angewachsen;  auch  die  babylouische  Süucliluiii- 
sage  ist  um  diese  Zeit  in  das  Werk  des  Jahwisten  eingelegt 
(§.  177).  Die  Masse  des  Volkes  aber  suchte  nach  wie  vor  ihre 
Rettung  in  immer  peinlicherer  Handhabung  des  äusseren  Gultus.  . 
So  wird  das  ursprChoglich  nur  auf  das  Vieh  (und  die  Feldfiruchte) 
bezügliche  Gebot  Jahwe's  »alle  Erstgeburt  ist  meine  auch  auf 
die  erstgeborenen  Knaben  ausgedehnt,  die  durch  ein  Opfer 
gelöst  werden  mössen  (Exod.  34.  20  =  22,  28,  vgl.  13,  13). 
Köllig  Acliaz  von  Juda  [uia  Tiitt)  gniT  in  seiner  Noth  zu  dem- 
selben Mittel,  mit  dem  Mesa  von  Moab  sicli  gerettet  und  das 
die  Piioeniker  übten;  er  brachte  seinen  Sohn  (dem  Jahwe) 
als  Opfer  dar  (Ret?.  TI,  16,  3).  Im  siebenten  Jahrhundert 
wurde  es  dann  allmählich  allgemeine  Brauch,  Söhne  und 
Töchter  dem  Jahwe  oder  dem  Ba*a]  als  Brandopfer  darzu- 
bringen, »Dinge,  die  Ich  nicht  befohlen,  die  mir  nie  in  den 
Sinn  gekommen  €,  wie  Jahwe  bü  Jeremla  (7,  31  =  19.  5. 
32,  35)  sagt. 

üeber  das  Opfer  der  Eratfebort  vgl.  WiiLBAiMnf,  Qtsrb.  I,  91.  Falls 
in  «her  Zeit  in  Israel  MBDScbennpffr  vorgekommen  sind  (§.  310),  haben 
90  mit  dem  jetzt  auHcommenden  Brauche  jedenfalls  nichts  zu  thun.  Dass 
die  auf  der  BruidatäUe  (nDP)  im  Tb&le  Benhinnoia  (Gehenna)  bei 


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FOnfte»  Bneh,  dritter  Abiehnitt. 


Jertmtem  dtrgebraehten  Klnderopfer  dem  Jahwe  galten,  sagt  Jercnia 

deutlich,  ebenso  Ezech.  20,  25  f.  81.  Dass  das  Opfer  dem  (ammoniti- 
sehen)  Gotte  Moiek  (Milkom)  dargebracht  sei  (R^.  II,  23,  9{  ier.  32.  P>-^>. 
ist  demnach  falsch;  nach  den  Stellen  bei  Jeremias  hat  man  veriDUthlich 

hei  die<!em  Opfer  den  Jahwe  speciell  als  "j^D  ^»  h.  »König«  oder  als 
»HeiT€  beseichnet. 


IIL  Die  Eroberung  Syriens  und  Babylouiens 

dnroli  die  Aa^yrex. 

Ti|l«tpiltMr  II. 

s^.  ;'.•).').  Die  Thronbesteig'iin^  Tiglatpileser's  II.  bezeichnet 
einen  neuen  Wendepunkt  in  der  (beschichte  Vorderasiens.  Seine 
erste  Au^be  war,  die  vielfach,  namentlich  durch  die  Ala<- 
rodier,  geschwächte  Machtstellunif  seiner  Vorgänger  wiederzu^ 
gewinnen;  doch  ging  Tiglatpileser  darüber  weit  hinaus.  Wenn 
bisher  die  assyrischen  Ednige  sich  Im  wesentlichen  mit  der  Unter- 
werfung Mesopotami^s  und  der  Na'hrfiftnder  begnügt  hatten 
und  in  den  entlegeneren  (Jel)ieten,  iianientlicli  in  Baliylonien 
und  Syrien,  s;icli  auf  Trihiiterlielmn^^  und  Ausplünderung  be- 
schränkten, so  nahm  der  neue  Herrsclier  die  .sysleniali>clu^ 
Aufrichtung  eines  grosseu  Weltreichs  in  Angriff.  Gleich  im 
erf^ten  Jahre  seiner  Regierung,  im  Tisri  745,  zog  er  gegen 
Bahylonien.  Hier  bestand  wie  zur  Zeit  Salmanassar*8  II. 
eine  ganze  Reihe  kleinerer  Staaten.  In  Babylcm  selbst  herrschte 
seit  747  v.  Chr.  ein  König  Nabonassar  (Nabünäsir),  mit  dem^ 
wie  es  scheint  aus  rein  zufälligen  Grönden,  die  KönigsHsle 
des  jjtoleniaeischen  Canons  ^^i;.  12(5)  beginnt;  ihm  folgte  im 
Jahre  7:H:^  ein  König  Nadios  (Nahid).  An  das  Gebiet  von 
Babel  (Kardunias)  schlössen  sich  dann  die  Kürstenlhünier  des 
eigentlichen  Chaldaeerlandes  bis  nach  ßit-Jakm  am  Meere 
hinunter  (g.  *S39),  und  daneben  die  Gebiete  der  zahlreichen 
Aramaeerstämme,  Itu'a,  PuqOdu  u.  s.  w.  Ueber  dreissig  derselben 
zählt  Tiglatpileser  auf  »an  den  Ufern  des  Tigris,  BMphrat,  Surapii 


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Tiglatpileser  n.  gegea  BftbjrloDien. 


447 


(ein  Ganal  Sfldbabyloniens  ?)  und  Uknü  (Ghoaspes)  bis  zum 
unteren  Heere.  Diese  Gebiete  traf  der  erste  AngriiF  des  KOnigs. 

Dur  Kiirigalzu  und  Sippar  im  Norden  vun  Babylon,  ferner 
Nippür  wurden  unterworfen,  alle  Aramaecrstamme  miisstcn 
>k\\  fü^'eii.  Nahuiisabsi,  Fürst  von  Bit-Silaiii,  wurde  am  Tliorc 
seiner  Hauptstadt  Sarrabanu  gepfählt,  ein  grosser  Theil  seiner 
Bewohner  fortgeschleppt,  das  ganze  ^Toberte  Gebiet  dem  Reiche 
einYerieibt.  Tiglatpileser  konnte  den  Titel  »König  von  Sumer 
und  Akkadc  annehmen  (Layard,  Inscr.  17).  Wie  es  seheint,  - 
erkannte  auch  der  König  Ton  Babel,  das  in  den  fragmentari- 
sehen  Berichten  flber  diese  FeldziSge  nie  erwähnt  wird,  die 
assyrische  Oberhoheit  fi-eiwilliti:  an.  Während  der  näciislen 
Jahre  vollendeten  dann  die  (ierierale  des  Königs  die  Unter- 
werfung des  gewonnenen  debiets  und  führten  aus  den  unbot- 
masslgen  Stämmen  zabheiche  Einwohner  fort,  die  in  den  inzwi- 
scheneroberten syrischen  Landschaften  angesiedelt  wurden  (738). 

Die  hiKbriflen  TiglatpUeMr*«  sind  uns  in  Folg«  der  ZexstOmng  seines 
Paleelee  870)  sftnuoatlich  nur  fragmeniftnech  erbelten»  Sie  lerfiilleii  in 
xusammenfessende,  niefat  ehronologiswh ,  sondern  nach  den  Lftodem  ge> 

ordnete  Darstellungen  (II  R.  d7  mit  dem  von  Schräder  piiblicirten 
Duplicat,  verfasst  743 i  Layard.  Inscr.  17  f.,  verfaset  720)  und  Annalen, 
W'plcht^  dif  nar:>tf'lliingpn  dfr  Roliofs  Ix  gleitpn  tind  die  Begebenheiten 
in  chronologischer  Folge  knrz  t.'rzüldcii.  Letzlere  (Iii  R.  9.  10  und  vor 
allem  bei  Lwahd,  von  mehreren  ist.  der  Text  noch  nicht  puliliciil!) 
sind  bei  vielen  Jahren  völlig  verloren.  ScHRADta ,  Zur  Kritik  der 
Inschr.  Tiglatp.,  Abb.  Berl.  Ak.  1879  und  KAT.  *  242  ff,;  Uebersetzung 
von  Smith,  Asöji.  üi»c.  258  IV.,  vgl.  Schraueh,  KGF.  pa&äim.  —  Nabo- 
naesar  und  Nadios  finden  sich  auf  Denkmälern  nicht  und  waren  jeden- 
falls ganx  önbedeotende  FUrsten.  Bei  noehmaliger  Ueberlegung  scheint 
es  mir  fast  zweifelloe,  dass  Berossos  seine  Dynastie  Ton  45  Efinigen  (bei 
Enseb.  I,  25)  nicht  mit  Nabonassar's,  sondern  mit  TiglatpUeter's  Thron- 
besteigung 781  enden  Hess;  danach  ist  $.  128  su  berichtigen.  [Anden 
V.  GuTscHMiD  in  Schoenk's  Eusebius  I,  240].  Die  Angabe  bei  8ynkellos 
p.  890,  Xabonassar  habe  die  «cpä4MC  seiner  Vorgänger  vernichten  lassen, 
?Äu>?  in'  afiTO'j  -fj  xaTapi^^jATjaii;  '(['^r^za'.  Tmv  X'/z^o'/tcov  ßaotXio»v,  scheint 

mir  lediglich  erfunden,  uro  für  den  Anfang  der  astron.  Aera  eine  i»laQ- 

sibie  Erklärung  zu  geben. 

S.  366.  Die  n&ehaten  Feldzuge  (744/8)  bezweckten  die 
Wiederherstellung  der  starlc  geechwfiebten  assyrischen  Macht  im 


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448 


Fünftes  buch,  dhU«r  AbichoitL 


Osten  und  Norden.  Zunächst  wurden  die  zahlielciien  Stämme 
und  Fürstenthümer  des  Zagrosgeinrges  unterworfeii  und  Statt- 
halter über  sie  gesetzt;  auch  »alle  Fürsten  der  Meder  bis 
zum  Berge  Bikni«  im  fernen  Osten  fügten  sich  der  assyrischen 

Macht.  Daran  schlos?  sich  uiiinittelhar  ein  Krieisr  ge^en  Ar- 
menien ;  die  Fürsten  von  Urartu  lialten  ja  einen  Thei)  dieses 
Gebietes  sich  unterworfen  (sj.  ;>42).  König  Sarduri  IL  wurdf 
besieirt  und  in  seiner  Stadt  TuruSpa  (ob  mit  Thu^ft  =  Wao 
identisch?)  belagert  —  vor  derselben  errichtete  Tiglatpilcser 
sein  Bildniss  — ,  weite  Gebiete  Armeniens  verwüstet.  Als 
im  nächsten  J.ilire  (743)  die  Vasallen  von  Melitene,  Kummuch, 
Ganigum  u.  a.  sich  mit  Sarduri  vereinigten,  wurden  sie  völlig 
geschlagen,  ihr  Lager  erobert  und  geplündert.  Das  eigentliche 
Urartu  freilich  wurde  nicht  erobert,  atier  der  Haupttheil  der 
Na'irildnder,  vor  allem  das  ganze  Land  Kirchu  (§.  247)  war 
wieder  gewonnen.  Weitere  Feldzüge ,  im  Jahre  737  gegen 
das  Land  Aa  (§.  341).  d.  h.  das  Zagrosgrebirge  und  Medien, 
und  im  Jaiire  735  gegen  Urartu,  dienten  2ur  Betesügung  der 
assyrischen  Herrschaft. 

§.  367.  Der  Sieg  über  Sarduri  im  Jahre  743  hatte  die  weitere 
Folge  f  dass  die  Kleinstaaten  am  Aroanos  die  armenische  mit 
der  assyrischen  Oberhoheit  vertauschen  musslen.  Im  nächsten 
Jahre  begann  die  Eroberung  des  übrigen  Syrien?.  König 
Pisiri  vom  Karliamis  scheint  sich,  wie  seine  Vorgänger,  ohne 
weiteres  unterworfen  zu  haben.  Um  so  energischeren  Wider- 
stand leistete  die  Stadt  Arpad  (nördlich  von  Ghaleb);  eist 
nach  dreijährigem  Kampfe  wurde  sie  bezwungen  (740).  Ein 
Fia^'iiient  der  Anualen  erzählt,  wie  der  König  TuLamiiiu  von 
Kinaha  (früher  Kunuhia  {genannt,  Hauptstadt  des  Landen  Patin) 
besiegt,  die  Stadt  erobert  und  ausgeplündert  und  dem  assy- 
rischen Reiche  einverleibt  wurde  (Lataro  45^  Iii  R.  9,  1>* 
Auch  739  und  738  blieb  der  König  in  Syrien.  Vom  Reiebe 
Hamät  wurden  19  Distride  an  der  Meeresküste,  die  sieh 
rebellisch  gezeij?!  hatten,  darunter  ein  Theil  des  LibanongehietN 
die  phornikiseheii  .Slaiilt  Simyra,  Arqa  u.  a.,  ferner  Ghadrak 
(g.  342)  abgeschnitten  und  zu  Assyrien  geschlagen.  Von  den 


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Tiglatpileser  gegen  Armenien  und  Syrien. 


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Einwohnern  wurden  viele  nach  den  armenischen  ProTinzen 

verschleppt,  Araniaeer  aus  Babylonieii  an  ihrer  Stelle  ange- 
siedelt. So  war  das  Orontosthal  zum  grössten  Theil  dem 
Reiche  unmittelbnr  eingefügt.  Alle  Fürsten  der  uns  von 
früher  her  bekannten  Staaten  Syriens  zahlten  Tribut,  unter 
ihnen  pram  IL  von  Tyros,  Sibittiba'al  von  Byblos,  '£niel  von 
Hamftt,  Reson  Ton  Damaskus  und  die  Araberfüratin  Zabib^ 
ebenso  die  Fürsten  der  Tabal  und  EaSkaeer  (§.  278  Anm.) 
und  anderer  Gdnete  nördlich  Tom  Tauros.  Auch  der  tot  wenig 
Jahren  durch  Bürgerkrieg  auf  den  Thron  gekommene  Me- 
ri;irliem  von  Israel  erscheint  iiu  Jalire  788  in  der  Liste  der 
Tril  lit/ahler.  »Uia  sein  KüI}i^'•thum  zu  sichern«,  vor  allem 
Wühl,  um  an  dem  Assyrerkünig  einen  festen  RückliaJt  zu 
haben  gegen  seine  Gegner  im  Lande,  berichtet  das  Königs- 
boch  (II»  15,  19),  zahlte  er  dem  Phül  (d.  i.  TiglatpUeser) 
1000  Talente  Silbers.  Zu  ihrer  Beitreibung  legte  er  auf  alle 
kriegspflichtigen  Leute,  d.  h.  auf  alle  Besitzenden  —  die  Be» 
sitzlosen  waren  demnach  in  Israel  wie  in  allen  ursprünglichen 
Staatsordnungen  auch  vom  Heerdienst  aufgeschlossen  —  eine 
Kopfsteuer  von  50  Scheqeln.  Es  muss  demnach  damals  in 
Israel  deren  üU,UUO  gegeben  haben. 

In  dem  Barteht  Aber  den  Feldng  von  788  wird  auch  *Anija  von 
Jod«  «rwfthnt,  in  welchem  ZuaammenbaBg,  lassen  die  veratflmmelten 
und  hier  aueh  im  Auedmck  nndentljehea  Berichte  IQ  R.  9,  2.  $  nicht 

sicher  erkennen  (vgl.  ScnnADER,  KOF«  895  ff.)  —  Der  Name  Patin  kommt 
bei  Tp.  nicht  vor;  das  Reich  von  Kinalia  heisst  bei  ihm  Unqi,  — 
^^Hn  Dl  15.  20  ist  von  Jen  Ueliersetzungen  und  Commen- 

tatoren  «eltsam  missverstanden.  —  Bezieben  sieb  Hos.  11,  5.  14,  4  anf 
^as  Bändniss  Menachem'«  mit  Ässur? 

§.  368.  Die  fünfjährige  Invasion  der  Assyrer  musste 
allen  syrischen  Staaten  die  Augen  darüber  öffnen ,  dass  es 
sich  um  ihre  Existenz  handelte.  Zwar  mochte  die  Masse  der 
Bevdlkerang  in  HaroÄt  und  Damaskus,  in  Samaria  und  Jeru- 
salem auf  ihre  StammgOtter  bauen  und  des  festen  Glaubens 
leben,  wenn  auch  die  Nachbarn  der  Reihe  nach  erlegen  waren, 
werde  doch  ihr  Gott  sich  mächtiger  erweisen  als  alle  Feinde 

]f«7er,  OoMhlchtS^M  AttWllniBil.1.  29 


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(YgL  Heg.  II,  18,  29  ü.),  und  die  Politiker  mochteo  erkeDnen, 
dass  der  Nachbarstaat  am  Nil  interveniren  müsse  und  un- 
möglich gani  Syrien  ohne  Schwertstreich  an  Assyrien  faUeo 
lassen  könne  (vgK  Jea.  7, 18).  Indessen  wenn  im  Jahre  854  der 
Pharao  Truppen  nach  Syrien  zur  Abwehr  der  Assyrer  gescfaickl 
liatte,  so  herrschte  jetzt  in  Aegypten  vollständig«  Anarchie^ 
die  drohende  Invasion  der  Kuschitcn  tn  u  hte  jedes  ernstliche 
Ein^Teifen  in  die  syrischen  Dinge  uiiüiüglicli.  Die  Einsichtigen 
konnten  nur  mit  den  trübsten  Erwartungen  in  die  Zukunft 
blicken.  Wie  sie  in  Israel  dachten,  zeigen  die  Schriften  der 
Propheten,  und  nicht  viel  anders  mag  man  im  Aiirigen  Syrien 
die  Lage  anfgefosst  haben  —  abgesäien  natürlich  von  der 
eigenartigen  Durchsetzung  der  politischen  Ideen  mit  den  An* 
schauungen  des  Jahwismus,  die  das  Ergebniss  d«r  ndetst 
durchlaulencn  EnUvickelung  war.  Schon  Arnos  und  Hosea 
hallen  dem  Volke  die  ärgste  H'ini^iirlinng',  die  Verwüstung 
seines  Land^'s,  die  Zerstörung  stincr  Si  l  ito  verkündet,  aber 
doch  die  HotTnung  auf  sciiliessliche  Erbaraiung  Jabwe's  (Hos. 
2,  25.  11»  9  ff.)  nicht  aufgegeben,  eine  Vernichtung  des  Volks 
für  unm(SgIich  gehalten.  Schwftrzer  sah  Jesaja,  der  im  Todes- 
jahre des  *Azaija  (738/7)  zuerst  in  Jerusalem  als  Prophet  auf- 
trat Er  weiss,  dass  er  nur  Unheil  zu  verkünden  haben  wird 
(Jes.  6,  9  ff.)-  ganze  Volk  ist  der  Vernichtung  geweiht, 
Saniaria  wird  zu  (irunde  gehen,  Juda  auis  ärgste  heimgesucht 
werden,  l)is  xder  Rest  umkehrt«  und  Jaliwe  aus  ihm  sich 
ein  neues  Volk  zeugen,  den  (!Ianz  der  Zeit  Davids  wiedt-r 
herstellen  kann.  Gerne  ergeht  sich  der  Prophet  in  diesem 
Zukunftsbild;  aber  die  Gegenwart  ist  uni  so  düsterer,  die 
Voraussetzung,  unter  der  allein  Jahwe  helfen  kann,  erfüllt 
sich  nicht,  das  Volk  will  nicht  zur  Einsicht  gelangen,  in  sich 
gehen  und  umkehren.  Historisch  liegen  die  Dinge  natürlich 
gerade  umgekehrt:  eben  weil  Jesaia  die  politische  Lage  deut- 
lich durchschaut  und  für  die  Zukunft  nur  Schlimmes  ver- 
künden kann,  steht  ihm  die  Voraussetzung  zweifellos  fest, 
dass  das  Volk  von  Grund  aus  verderbt  ist  und  Jahwe's  Zorn 
anhalten  wird. 


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Jesaia.   Eroberung  ¥on  Damaskus. 


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§.  369.  Eine  Coalitlon  wie  die  vom  Jahre  854  hätte 
violleichl  Syrien  noch  einmal  aus  der  Hand  der  Assyrer  zu 
retleii  verniücht;  indessen  dazu  kam  es  nicht.  Vielmehr 
brachen,  kaum  dass  Tiijlatpileser  sich  nach  Osten  gewandt 
hatte  (737— 73B),  die  alten  Kämpfe  von  neuem  aus.  In  Israel 
war  Menachem  gestorben,  sein  Sohn  Pekachja  wurde  toh 
seinem  Wagenlenker  Peqach,  dem  Sohne  Remalja's,  ermordeL 
Blit  ihm  verband  sieb  ResÖn  von  Damaskos  zum  Angriff  auf 
Jada,  wo  inzwischen  auf 'A"zarja  sein  Sohn  Jotam  j^efolgt  war. 
Derselbe  starb  während  des  Kampfes  (Reg.  II,  15,  ;]?),  sein 
Sühn  Achaz  (ass.  Jauchazi  IT  R.  67,  61  d.  i.  Joachazl  wunie 
in  Jerusalem  belagert,  der  Haienort  Ailat  den  Juden  enüissen 
(g.  335)  und  an  Edom  zurückgegeben.  Indessen  es  war  klar, 
dass  durch  derartige  Kriege  nur  den  Assyrem  vorgearbeitet 
wurde  (Jes.  7  f.) ;  sei  es  aus  eigenem  Antriebe,  sei  es  auf  das 
Hülfegesuch  des  Achaz  (Reg.  n,  16,  7)  zog  Tiglatpileser  ha 
Jahre  734  aufs  neue  nach  Syrien.  Die  Eponyroenh'ste  lässt 
ihn  zunächst  in  Philistaea,  dann  733  und  732  gegen  Da- 
maskus kämpfen.  Jedenfalls  wurde  die  Stadt  in  letzterem 
Jahre  nach  längeren  Kfiniiifen,  von  denen  wir  in  den  Ueher- 
resten  der  Annalen  nur  sehr  fragmentarische  Kunde  haben, 
erobert  und  ausgeplündert,  die  angesehensten  ihrer  Bewohner 
Dach  Qtr  (etwa  in  Armenien?)  fortgeschleppt,  ihr  Gebiet  dem 
assyrischen  Reiche  einverleibt.  Achaz  von  Juda  kam  selbst 
nach  Damaskus,  um  dem  Könige  zu  huldigen  und  Tribut  zn' 
zahlen. 

Zur  faebr.  Chronologie  vfß*  §.  856.  Wenn  Jotam  statt  16  nur  etwa 
2  Jahre  regierte,  begreift  es  sich,  dass  wir  Ton  Jesaia*s  ThftUgkeit  unter 
seiner  Hegienmg  nichts  erfiibren. 

§.  370.  An  den  Fall  von  Damaskus  schlössen  sich  zahl- 
reiche andere  Erfolge,  Dem  israelitischen  Reich  wurde  Gilead- 
und  der  ganze  Norden  des  Gebiets  westlich  vom  Jordan  CQon, 
Abel  Bet'Ma'aka,  QadeS,  das  ganze  Land  Naphtali  u.  a.)  ab- 
gerissen und  zu  Assyrien  geschlagen,  seine  angesehensten  Be- . 
wohner  furtgelühi  t.  Pekach  selbst  wurde,  sei  es  vom  Assyrer- 


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452 


Fflnfles  Bueb,  dritter  Abtehottt. 


könig,  sei  es  von  adnen  ünterthanen  erschlagen*),  Hodea* 
(ass.  Ausi')  zum  Herrscher  über  den  Rest  des  Reiehes  ein- 
gesetzt. König  Cluuiiiuu  (llüuiuj  von  Gaza  niu-stc  nach 
Aegypten  flielien,  seine  Stadl  wurde  eingononHiien,  die  Araber- 
königin Samsie  wurde  besie^rt  und  musste  gros>e  Heertkn 
von  Kameelen  und  Hindern  geben,  alle  früher  unterworfenen 
Staaten,  ferner  Arados,  'Ammon,  Moab,  Edom,  Askak>n  u.  a« 
zahlten  Tribut  Weiter  südlich  wurde  der  Araberstamm  Id»- 
ba'il  25,  13,  s.  DBLirzsca,  Farad.  301)  zur 

Bewachung  der  Grenze  gegen  Aegypten  angesiedelt  Auch 
die  entfernteren  Araberstämme  zogen  es  vor  mit  der  neuen 
Grojstnacbt  auf  gutem  Kusse  v.u  stehen,  um  in  ihren  Handels- 
})e/.iohungon  zu  den  -yriscben  Ländern  nicht  gestört  zu  werden: 
eine  ganze  Reihe  von  ihnen »  sogar  Saba  (§.  403),  schickten 
Gold  und  Silber,  Kameele  und  andere  Gaben  an  den  Assyrer- 
könig.  Nur  das  mächtige  Tyros  scheint  die  Wahrung  seiner 
Unabhängigkeit  versucht  zu  haben,  wenn  auch  KÖDigQiramll. 
im  Jahre  738  Tribut  zahlte.  Wir  erfahren,  dass  TIgfatpileser 
(offenbar  gegen  Ende  seiner  Regierung)  seinen  »Oberstenc 
(rabsak)  gegen  den  König  Metinna  schickte  und  einen  hohen 
Tribut,  darunter  löo  Talente  Gold,  von  ibm  orpresste.  Der- 
selbe hat  auch  dpu  niiUDliiiässipeii  König  Uassurmi  von  Tabal 
durch  einen  anderen  (Uhulli)  ersetzt. 

Zq  den  Bich  erg ftntenden  Inschriften  III  R.  10,  2,  Latard  66»  U 
67,  68  ft  Tgl.  Schräder,  KGF.  261. 

§.  371.  Von  Syrien  7.o\^  Ti'^lat pileser  im  Ja}ir(^  7M1  zum 
zweiten  Mal  gegen  Babylonieu  und  unter  wart  die  Kleinstaaten 
Chaldaea's  der  Reihe  nach.  Zunächst  wurde  Bit  Sa'aUi  be- 
zwungen, seine  Städte  erotiert,  seine  Einwohner  forigescbleppt 
Energischeren  Widerstand  leistete  Uktnzir  von  Bit-Amakkäni; 
sein  Gebiet  wurde  verwüstet,  aber  seine  Hauptstadt  Sapija 
konnte  nicht  erobert  werden.  Wie  es  scheint,  wurde  ein  Ver- 


')  III  R,  10,  2,  28  ist  wahrscheinlich  in  ersterein  Smae  zu  ergänzen, 
Aich  Heg.  II,  15,  dO  eneUog  Iba  Hosea.  Beides  liesae  sieb  ganz  gut 
vereinigen. 


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Zweiter  IwbjrloBitehw  Feldnig.  Sahnanasnr  IV.  453 

trag  abgesdiloasen ,  durch  den  ükfnzfr  seine  Herrschaft  be- 
hielt und  auch  in  ßabylon  als  assyrischer  Vasall  eingesetzt 
wurde;  der  ptoloniaeisclie  Canon  verzeichnet  für  die  Jahre 
731 — 727  eine  gemeinsame  Regierung  des  Chinziros  und  Porös, 
d.  i.  des  Ukinzir  und  Tiglatpüeser  (§.  343).  Letzterer  fügt 
seitdem  dem  Titel  »König  von  Assyrien,  König  von  Sumer 
und  Akkadc  noch  den  weiteren  >KOnig  von  Babel«  hinzu. 
Jedenfiük  wurde  im  wesentlichen  ganzBabylonien  den  Assyrern 
tribntär;  auch  Mardukbaliddtn,  der  Fürst  des  »Seelandesc  Bit- 
Jäkin  an  der  Euphratmündung  (g.  339),  kam  nach  Sapija, 
um  seinen  Tribut  zu  überbringen  und  dera  König  zu  huldigen. 

Von  726—722  neont  der  ptol.  Kanon  einen  König  llulaios;  ver- 
mutblich  hat  also  SalmanaMar  IV.  bald  nach  seiner  Tbronbesteigung 
den  Ukinxtr  abgesetxL 

Salmanasatr  IV. 

§.  872.  Im  Jahre  727  starb  Tiglatpileser.  Er  hinterliess 
sdnem  Sohne  Salmanassar  W.  ein  gewaltiges  Reich,  das  alle 

semitischen  Culturiänder  und  dazu  die  Ränder  des  klein- 
asiatiscli- armenischen  und  des  nordiranischen  (medischen) 
Hochlandes  uinfasste.  Der  neue  Herrscher  scheint  während 
seiner  kurzen  Regierung,  aus  der  uns  ioscbriittn  nicht  erhalten 
sind,  ausschliesslich  in  Syrien  gekämpft  zu  haben.  Die  politi- 
schen Verhäitnisse  hatten  sich  hier  inzwischen  geändert;  im 
Jahre  728  hatte  der  Aethlope  Sabako  Aegypten  l)ezwungen 
(§.  858)  und  konnte  daran  denken,  der  wachsenden  Macht 
Assyriens  entgegenzutreten.  Der  von  Tfglalpileser  aus  Gaza 
verjagie  Hanno  kehrte  in  seine  Heimath  zutiick,  und  wir 
erfahren,  dass  König  Hosea  von  Israel,  der  dem  Saltnanassar, 
als  er  zuer>t  in  Syrien  erschien,  den  .Tahre>tribut  gezahlt  hatte, 
Jetzt  mit  Sabako  Verhandlungen  anknüpfte  und  den  Tribut 
weigerte  (Reg.  II,  17).  Sofort  wandte  sich  Salmanassar  gegen 
ihn.  Der  König  fiel  m  seine  Hand  (725/4),  aber  seine  Haupt- 
stadt leistete  energischen  Widerstand.  Offenbar  hoffte  man  auf 
Entsatz  durch  Sabako;  doch  blich  derselbe  aus,  Termuthlich 


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454 


FQnftflf  Uodi»  dritt«r  AbtdmiU. 


weil  Uanihen  io  Aegypten  ihm  ein  Eingreifen  in  Syrien  un- 
möglich machten.  Nach  dreijftbriger  Belagenmg  ist  Samaria 
Ijefalloi  (£nde  722).  Aber  schon  vorher  war  Salmanaaaar 
^torfoen  oder  vom  Throne  gestossen  worden.  Der  neue 
Herrscher  stammle  nicht  aus  Tiglatpilcser's  Geschlecht,  er 
erwähnt  den  Namen  seines  Vaters  nie;  wohl  aber  nennt 
er  die  uralten  Köni^^e  Assyriens  seine  Ahnen,  und  der 
Name  Sargon,  den  er  sich  beilegte,  bezeichnet  ihn  wie  den 
alten  Konig  von  Agade  (§.  133)  als  den  »legitimen  Herrscher«. 
£s  ist  daher  sehr  wohl  m^icb»  dass  er  ein  Nachkomme  des 
alten,  von  Tiglatpileser  gestürzten  Königsgeschlechtes  war 
und  den  Sohn  des  Usurpators  vom  Throne  gestossen  bat 

Ü^r  von  Jüsephiis  IX,  14  dpm  Salrnanassar  zugeschriebene  Kiieg 
gegeu  Tyros  ist  ia  Wirklichkeit  von  SatiUerib  geführt  worden,  s.  §.  3o7.  38^ 

Sargan's  FaMzBge. 

g.  373.  Der  Thronwechsel  vollzog  sich  nicht  ohne  starice 
Erschütterungen.  Hardukbaiiddin  Yoa  BR  Jakin  bemicbügte 
sieh  ganz  Babylonlens  und  vertagte  den  assyrischen  VasaUen* 
kiltnig  (721) ;  GbnmhanigaSf  König  von  Elam,  nnlerstützle  ihn 

und  bedrohte  die  assyrische  Grenze;  im  Norden  bereitete  König 
Ursä  von  iTartu,  der  Nachfolger  des  Sardnri  II.,  eine  neuo 
Erhebung  vor.  Indessen  Sargon  erwies  sich  allen  Schwiei  ij.'- 
keiten  gewachsen.  Zunächst  führte  er  die  Belagerung  Sama- 
ria's  zu  Ende,  das  noch  722  fiel.  Ueber  27,000  Einwohner 
wurden  fortgeschleppt,  das  ganze  Land  zur  assyrischen  Pro- 
vinz gemacht.  Dann  zog  er  nach  Osten,  warf  Ghumbanigaä 
zurück  und  errang,  wie  er  wenigstens  behauptet,  auch  gegen 
Mardukbaliddin  Vortheile,  ohne  indessen  die  Herrschaft  über 
Babylonlen  wiedergewinnen  zu  können  (721).  Inzwischen  war 
in  dem  Vasallenstaat  Ilamat  eine  Empörung  ausgebrochen. 
Ein  gewisser  Ilul)i'd  ^)  halte  sich,  vermnthiich  von  Aegypten 
aus  unterstützt,  des  Thrones  bemächtigt  und  die  Städte  Arpad, 

0  lya^ftc.    j»uMM  ij}ain>. 


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Fall  ^iamana's.   Sargon  in  Syrien. 


455 


Damaskos,  Samaria,  Simyra,  al-o  den  Hnuptthoil  des  uü- 
niittelbar  assyrischen  Gebietes  in  Syrien,  zur  Empörung?  ver- 
leitet Mit  der  gesammten  Heeresmacht  seines  Reichs  zog 
Saigon  gegen  ihn  (720),  belagerte  ihn  in  Qarqar  (g.  336), 
eroberte  und  zerstörte  die  Stadt  und  liess  dem  Usurpator  die 
Haut  abziehen.  Jetzt  endlich  war  es  dem  Sabako  inüglich, 
mit  Heeresmacht  in  Syrien  zu  erscheinen.  Er  vereinigte  sich 
mit  Hanno  von  Gaza,  bei  Raphia  (Rapichi)  an  der  Südgrenze 
Phüistaea's  kam  es  zur  Schlacht,  und  wenn  auch  Sargon*s 
Bericht  überbrieben  sein  mag,  dass  die  Assyrer  siegten,  ist 
unzweifelhaft.  Hanno  selbst  wurde  gefangen,  sein  Gebiet 
verwüstet.  Offenbar  gestalteten  die  inneren  Verhältnisse  seines 
Reichs  dem  aelhiopischen  Herrscher  jetzt  so  wenig  wie  später 
den  Kampf  weiter  fortzusetzen.  Aber  auch  Sargon  konnte 
nicht  daran  denken,  seinen  Sieg  weiter  zu  Terfolgen  und  zum 
Angriff  auf  Aegypten  überzugehen ;  nachdem  der  Westen  be- 
hauptet war,  galt  es  die  Nordgrenze  seines  Reichs  zu  schir- 
men oder  vielmeiir  wiederzugewinnen. 

Die  Inscbriften  8aigon*s,  welche  meist  aus  seinem  Palast  in  Chor* 
tabad  stammen  (ed.  bei  Botta,  Mon.  de  Ninive  IIL  IV,  und  tum  Theil 
m  Omar)  serfaUefi  in  swei  Hauptelassen:  I)  Die  Annalen,  eine  clirono* 
logische  Darstelluns  der  Ereignisae  vom  Jahre  1<-16,  (Ibersetzt  Ton 
Oppirt,  Inscr.  de  Door-Sarkayan  1870,  &  29  ff.  und  RP.  VIL  2)  Die 
Qbrigen,  vorwiegend  nach  geographisehen  Genchtspunltten  geordneten, 
mehr  oder  weniger  amfQhrlichen  InschrifteOi  unter  denen  die  sog.  Fasten 
(QrpiRT  et  MiaAxn,  Los  Festes  de  Sargon  1863  und  Grande  inscr.  de 
Kliorsabad,  Joum.  as.  1868)  t  die  Gylinderinscbrift  I  R.  36  (Lton,  Cyl. 
Inacbr.  Sargon's  II,  1882)  und  die  Stele  von  Cypern  (im  Berl.  Mus.,  lU 
H.  11,  Schräder,  Ahh.  Berl.  Ak.  1881)  die  wichtigsten  sind.  Sämmt- 
lieben  Inschriften  liegt  im  wesentlichen  derselbe  Urtf  xt  711  Grunde,  aber 
in  verschiedener  Anordnung  und  Ausfflhrlichkeit.  8ic  behandeln  die 
Ereignisse  bis  /  ir  Vollendung  von  DAr-Siirruktn  im  15.  Jahre  des  Königs. 
Alts  älterer  Zeit  (715?)  stammt  nur  die  Inschrift  Latard  33  f.  aus 
Nimrud.  —  Die  zahlreichen  kleineren  Inschriften  Sargon's  sind  meistens 
gleichfalls  von  Or  i  kut,  Inscr.  de  Dour-Sarkayan  behandelt.  —  Vgl.  auch 
Schräder,  KAT.  '  IT.  —  Von  Juda  ist  bei  Sargon  [ausser  Smith, 
A-?.  Disc.  291,  32J  auffallender  Weise  nie  die  Rede;  nur  Lay.  3:].  8 
nennt  er  sich  mit  Besag  auf  den  Feidzug  von  720  »Unterjocber  des 
l^andes  Juda«. 


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456 


FOuft«  Sneh,  drUttr  AbtfliinUt. 


9.  374.  Das  Reich  Urartu  war  durch  Tiglatpileser's  Siege 
zwar  schwer  gesehfidigt,  aber  keineswegs  vemichtet,  und  mit 
aUen  Krftflen  arbeitete  jetzt  König  Ur8&  an  der  Wledeigewin- 
nung  der  alten  Hacfatstdlong.  Mit  den  Nachbarn  in  Oat  und 
West  knäpfte  er  Verbindungen  an.  ZunAehst  Irnich  bei  den 
Mannaeern  ein  Aufstand  aus  (719),  eine  Reihe  von  Ortschaften 
fielen  von  ihrem  Könige  Iranzu  zu  Uisä  oder  zu  Mitatti  von 
Zikirtu  ab.  Sargon  warf  sie  nieder,  verpflanzte  die  Bewohner 
nach  Syrien  und  bezwang  vvälirend  der  nächsten  Jahre  eine 
Reihe  lüeinererf  sonst  unbekannter,  aber  jedenfalls  im  Norden 
za  suchender  Landschaften,  wie  Pappa,  LaUukna,  den  Könifr 
Kiakku  von  Smaehta  letztere  Stadt  scheint  westlich  von 
Armenien  gesucht  werden  zu  mtlssen.  Inzwischen  hatte  Ursft 
eine  grosse  GoalHion  za  Stande  gebracht  (716).  Dar  Ifannaeer- 
könig  Iranzu  war  gt-türben,  sein  Sohn  Aza  wurde  von  seinen 
ünterlhanen  erschlagen,  Bagdatti  von  Mildis,  die  Fürsten  von 
Kar'alla  und  Zikirtu  schlössen  sich  an,  weiter  eine  grosse  An- 
zahl medischer  Fürsten,  unter  ihnen  Dajaukku,  der  Dejokes 
der  Chriechen.  Weiter  im  Süden  empörte  sich  die  Stadt  Ghar- 
char  und  fand  ünterstfitzung  i>ei  dem  Könige  Dalta  von  Eüip 
(In  Sädmedien,  KGF.  174  ff.)«  Im  Westen  benutzte  der 
koscherkönig  Mitfi.  die  Gelegenheit,  sich  nach  Kiliklen  hm, 
gegen  Qui,  auszudehnen,  und  Amrfs  (var.  Ambaris)  von  Tabal 
schüttelte,  mit  ihm  und  Ursä  verbündet,  das  assyii.-che  Joch 
ab.  Indessen  der  Reihe  nach  wurde  Sargon  Herr  aller  Gegner. 
Bagdatti  von  Mildis  wurde  besiegt  und  hingerichtet,  in  Manna 
Aza'a  Bruder  üliusun  eingesetzt,  und  als  derseU>e  sich  den  Geg- 
nern anschloss,  durch  einen  raschen  Feldzug  seine  Hauptstadt 
Izirtu  erobert,  er  selbst  auÜs  neue  zur  Huldigung  gezwungen, 
Kar'alla  und  eine  ganze  Reihe  anderer  Districte  wurden  unter* 
worfen,  die  Bewohner  fortgeschleppt.  Gharchar  wurde  erobert 
und  erhielt  den  Namen  Kar-Sarrukin ;  28  medische  Fürsten  kamen 
hierher,  dem  Grosskönifr  zu  IiuMi^lii.  lai  nächsten  Jahre  (71.5) 
wurde  zunächst  Dajaukku  gtlcü;^'en  und  mit  den  Angeselien- 
sten  seines  Reichs  nach  Hamät  verpflanzt,  dann  ein  medischer 
Ort  nach  dem  andern  i)ew&ltigt,  starke  Befestigungen  in  der 


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* 


SargoD  und  Ursä  von  Armenien.  457 

Nähe  von  Kar-Sarrukiii  angelegt,  ein  grosser  Theil  des  Landes 
zu  Assyrien  geschlagen.  Dalta  von  Ellip  musste  Tribut  zahlen 
und  war  fortan  wie  der  Mannaeer  Ullusun  ein  getreuer  Va^f^ll 
der  Assyrer.  Im  Jahre  714  wurde  dann  Ursä  selbst  völlig 
geaehlagen,  sein  Bundesgenosse  Urzana  von  Muzasir  (südlich 
Yon  Wan)  musste  fliehen,  die  Stadt  Mozafir  wurde  eroliert, 
ihre  Tempd  lersUSrt.  Der  erbeutete  Slegekylinder  Utsana's 
ist  noch  heute  erhalten.  UrsA  erkannte,  dass  das  Wetk  seines 
Lebens,  die  Bezwingung  der  Assyrer  und  dfe  Wiederherstellung 
der  Macht  von  Urartu,  vereitelt  sei;  in  Verzweiflung  gab  er 
sich  selbst  den  Tod.  Ihm  folgte  Argistis  II.  Eine  Unter- 
werfung des  eigentlichen  ürartulandes  hat  Sargon  so  wenig 
wie  Tiglatpileser  versucht  Medien  dagegen  war  zum  grössten 
Theil  besiegt;  ausser  dem  {lirect  unterthänigen  Gebiet  (na- 
moitlich  Kar^läamüdn)  und  den  VasaUenkönigen  von  Hanna 
und  £nip  zahlten  im  Jahre  713  seehsund?iendg  medische 
Hiupllinge  THhut 

§.  375.  So  lange  der  Krieg  im  Osten  dauerte,  hatte 
Sargon  zur  Vertheidigung  des  Nordwestens  wenig  tlnm  kinmen, 
ja  er  hatte  die  Eroberunfjen  des  Moscherkönis^s  Mit  i  m  niii, 
sowie  die  Unterwerfung  des  rauhen  Kilikien  (Chüakku)  durch 
Ambris  von  Tabal  officiell  anerkannt.  Jetzt  (713)  wandte  er 
sieb  gegen  letzteren,  führte  ilm  und  die  Seinen  nach  Assyrien 
und  machte  seui  Land  (oder  wenigstens  eben  Theil  desselben, 
denn  noch  unter  Assurbanipal  finden  wir  emen  Eflnig  von 
Tabal)  zur  Provinz.  Dann  kam  die  Reihe  an  die  nordsyri- 
schen Staaten.  Schon  717  hatte  Sargon  den  Ghetukoni^^ 
Pisiris,  der  sich  mit  Mitä  eingelassen  hatte,  gefangen  gesetzt, 
Karkitmis  genoinmen  und  (irm  alten  längst  der  Ohnmacht 
verfallenen  Ghetareich  definitiv  ein  Ende  gemacht.  Jetzt  traf 
der  Reihe  nach  die  Staaten  Milid  (Meütene)  mit  der  benach- 
barten Landschaft  Ohammanu  [Gbanmianene]  (712),  Gam- 
gum  (71 1),  Eummuch  (708),  dessen  König  Mutellu  bei  Argistis  n. 
Ton  Armenien  Hülfe  gesucht  hatie^  dasselbe  Schicksal;  Mit& 
der  Moscher  wurde  durch  den  Prftfeeten  von  Qui  besiegt  und 
zur  Huldigung  gezwungen  (709).    So  war  das  südwestliche 


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458 


FflnllM  Buch,  dritter  AbMiuutt 


Kleinasien  and  ganz  Syrien  mit  Ausnahme  Joda's  nnd  der 
KtüstenBtädte  ^)  mmiittenbare  assyrftche  Provinz.    Schon  im 

Jahre  715  waren  ferner  eine  Aii/,alil  von  x\raberstämmen, 
unter  denen  die  aueli  von  Tiplatpile^:or  erwähnten  Chajapa 
und  die  Tamud  (viell.  die  Thünnid  Haa-joirat  der  spateren 
Zeit)  erscheinen,  besiegt  und  in  Samaria  angesiedelt  worden, 
die  Araberkönigin  Samsie  (§.  370)  zahlte  Tribut,  ebenso 
»Pharao,  König  von  Aegypten«  (g.  853).  Im  Jahre  711  wnrde 
der  Versoch,  mit  aegyptischar  und  kiucfaitiBcher  HOUb  wh 
der  Assyrer  zu  erwehren,  noch  einmal  erneuert.  Azori  Yon 
Asdod  knüpfte  mit  den  NachbarfÖrsten  —  es  werden  Juda^ 
Moal),  Edoin  genau üt  —  Unterhandlungen  an  und  weigerte 
den  Tribut.  Sargon  setzte  seinen  Bruder  an  seine  Stelle,  aber 
gegen  diesen  erhob  sich  die  nationale  Partei  unter  Jaman  im 
Vertrauen  auf  die  Hülfe  Aegyptens.  Auch  diesmal  wurde 
dasselbe  getäuscht;  als  die  assyrischen  Heere  heranrückten, 
▼ermoehte  Jaman  nicht  Stand  an  halten,  Aadod  seibat  wurde 
erobert  und  mit  von  Osten  hergeführten  Stämmen  besiedelt. 
Allerdings  finden  wur  hier  wie  in  Gaza  in  der  Fdgezeit  wieder 
einheimische  Herrscher;  dem  Assyrerreicli  einverleibt  wurden 
also  die  beiden  Städte  nicht.  Von  Jaman  heisst  es,  er  sei  über 
Aegypten  hinaus  iu  ein  mit  Uebertragnne  eines  babylonischen 
Landschaftsnamens  (§.  129)  Meluciia  genanntes  Land  gellohen, 
ai)er  dar  König  desselben  habe  ihn  an  Sargon  ausgeUeferL 
Dem  ganzen  Zusammenhange  nach  ist  es  wohl  kaum  zweifel- 
haft, dass  darunter  das  Reich  von  Eufi  zu  ferstehea  ist,  dessen 
König,  der  nur  mit  Mähe  und  nicht  ohne  Unterbrechung  die  Herr» 
schalt  über  Aegypten  behauptete,  es  vorzog,  dem  drohenden 
Angriff  der  Assyrer  durch  Unterwürfigkeit  zuvor  zu  kommen. 

Nach  assyrischen  Angahen  zog  Sar^ron  selbst,  nach  der  ver- 
muthlich  ncliligeren  (§.  394)  Angabe  Jes.  20  der  Tnrtnn  fOhprfi'ldherr) 
^'e^'cn  Asdod.  Sonst  erRünzen  sieb  die  Berichte,  von  denen  der  .mf  dem 
liocli  immer  (II)  unjiublicirten  ,  bei  Smith,  Ass.  Disc.  289  fi'.  überisetzten 
Cyliuder  der  auslTirlichsle  i^L  in  demselben  wird  der  Feldzug  f&Ischlich  ins 
9.,  aDstall  ins  IL  Jahr  Sargoa*s  gesetzt.  Im  Qbrigen  bezieht  sieb  auf  die 

Auch  von  di«tn  irtreo  ^imyra,  'Arqa  u.  «.  aaiyiifeb. 


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Sargoü'ä  Eroberungen  in  kieiiiaäien,  Serien  und  Babylonien.  459 

Erfolge  ?argon 's  (und  seiner  Vorgänger)  in  Syrien  Jes.  10,  5  ff.  —  üeber 
die  Uebertragung  von  Magan  und  Melueba  auf  Aegypten  und  Kus  s. 
ScHiuoiii,  K6F*  2S8  ff.  Eine  Ihnlleha  Spielerei  iet  es,  wenn  dai  Land 
Uraria  srit  Sargon  gelegenlHeh  mit  dem  Ideognimm  IQr  Akkad  geschrieben 
wird.  —  Die  Texte  8argon*8  eclieinen  iwUeheii  dem  PJfn  ter  Hu^ori 
(Phano,  Xg.  Aag.)  und  dem  Ktoige  Yon  Kelueba  sa  eelidden, 
▼gl.  $.  8S3.  884. 

§.  376.  Jetzt  endlich  war  für  Sargon  die  Möglichkeit 
gekommen,  die  lange  erstrebte  Wiedereroberung  Babyloniens 
in  Anpriff  zu  nehmen.  Im  einzelnen  ist  der  Onng  de.-?  Krieges 
nicht  klar;  wir  sehen,  dass  Sutruknachuudi  von  Elam,  der 
l^achfoiger  des  Ghumbanigns  (§.  373),  zurückgeworfen,  die 
Aramaeerstamme  gründlich  besiegt  werden.  Marduklwliddin, 
der  zwölf  Jahre  lang  (721 — ^710)  die  Herrschaft  fiber  ganz 
Bat)ylonien  ttehauptet  hatte,  rftnmt  seine  Hanptstadt  und  wird 
in  einer  Feldschlacht  völlig  geschlagen.  Der  Stammsitz  seines 
Geschlechts,  Diir-Jakin,  wird  erobert  und  dem  Erdboden  ^rleich 
gemacht,  er  selbst  niuss  sich  zur  Huldigung  bequemen.  Im 
Jahre  709  war  Sargon  Herr  von  Pjabylonion;  von  hier  an 
rechnet  er  seine  Jahre  als  »König  von  Babyionc*  Der  König 
der  Insel  Dilmnn  im  persischen  Meerbusen  (Delitzsch,  Par. 
178.  229)  huldigte  und  schickte  Geschenke.  Von  Elam  wur- 
den nach  Sargon's  Angaben  mehrere  Grenzorte  abgerissen  and 
zu  Assyrien  geschlagen  —  allerdings  berichtet  Sanherib  genau 
das  Gegentheil,  nfimlich  dass  die  Elamiten  seinem  Vater 
mehrere  Grenzorle  entrissen  hätten  (Prisma  4 ,  46)  —  und 
als  im  Jahre  707  ein  Thrnn-troit  /  w  i-i  lien  den  beiden  Sülinen 
des  Dalta  von  Ellip  ausbrach  und  der  eine  die  Hülfe  des 
Königs  von  Elam  anrief,  warfen  die  Generale  Sargon  s  ihn 
zuräck  und  setzten  seinen  Bruder  Ispaböra  auf  den  Thron. 

Die  ehfonotogisebcn  Daten  der  Annalen  Sargim*^,  assyriacber  datlrler 
Tbontafiein  OH  R.  2,  vgl  KAT. '  491)  und  des  plolemaeieoheo  Ibmont  stim- 
men liier  auf  das  genaueste  filiereiD  nnd  verbOrgeii  gegenseitig  ifave  ab- 
aolote  ZoTerliseigkeit  Aach  daea  Mardakbaliddin  sweif  Jahre  in  Babylon 

regierte,  lehren  Sargon's  Inschriften,  der  ptol.  Kanon  und  datirte  Tbon- 
lafeln  (Oi  i  kht.  Inscr.  de  Doursarknyan  27  f.)  gleirhmflssig;  vgl.  §.  085  — 
Auf  die  Verhältnisse  Babyloniens  in  dieser  Zeit  besieht  sich  IV  R.  53,  1. 


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460 


Fflnites  Buch,  vierter  Absehnitt 


IT.  Assyrien  auf  der  Höhe  seiner  Hacht. 

Dm  Roltth  Sargon't. 

§.  877.  Id  fünfeeluijfthrigen  Kämpfen  hatte  Saigon  das  Reich 
TiglalpileBer's  wiedergewonnen  nnd  im  Westen  und  Osten» 

nach  Kleinasien  und  Medien,  beträchtlich  erw^lert  Er  war 
nicht  nur  ein  tüchtiger  Feldherr,  der  in  hartem  Ringen  und 
mit  uiiaWiissiger  Ausdauer  die  Feinde  bewältigte,  sondern 
auch  ein  liochbegabter  Staatsmann,  der  mit  klarem  Blick  die 
Grenzen  de--  Frreichbaren  erkannte,  seine  Mittel  geschickt  ver- 
wertbete und  den  günstigen  Moment  abzuwarten  und  zu  be- 
nutzen Terstand,  und  vor  allem  ein  gewaltiger  Organisator* 
Wie  schon  sein  Vorgänger,  so  war  in  noch  höherem  Grade 
er  selbst  darauf  bedacht,  sein  Reich  fest  zusammen  zu  (Sgen. 
Man  bu^iiügte  sich  nicht  mehr,  wie  es  die  Ae<:ypler  in  Syrien, 
wie  es  die  älteren  Assyrerkönige  gethan  hatten,  mit  Trfbut- 
erliebungen  und  Garnisonen.  Deutlich  tritt  in  den  Kriegen 
Tiglatpileser's  und  Sargon's  die  Tendenz  hervor,  das  Vasallen- 
verhftltniss  in  directe  Untertli&nigkeit  zu  verwandeln.  £iner 
der  Kleinstaaten  nach  dem  anderen  wird  zur  Provinz  gemacht; 
nur  ganz  yereinzelt  begegnen  uns  noch  Vasallenstaaten.  So 
ist  der  »König  von  Na'iri«  im  Besitz  der  Stadt  und  Landschaft 
Chubuskia  am  oberen  Zab  belassen  worden  und  zalilt  uuLcr 
Sargon  regelmä5?ig  Tribut.  Sonst  aber  behalten  nur  die  Grenz- 
gebiete ihre  einheimischen,  zu  regelmässiger  Tributzahlung  ver- 
pflichteten ricrrscher,  so  im  Osten  die  Könige  von  Ellip  und  Mannai^ 
die  Fürsten  Südbabyloniens,  im  Westen  die  der  drei  Plioeniker- 
stftdte  Arados,  fijblos  und  TyroSi  die  der  vier  PhOisterstftdte 
Asdod,  Askalon,  *Aqqaron  und  Gaza  (vgl.  §.  357),  femer  die 
Pörsten  von  Juda,  'Ammon,  Moab  und  Edom,  schliesslich  der 
Herrscher  der  Stadt  Samsimuruiia,  deren  Lage  uns  ^j: mz  uube- 
kannt  ist.  Ueber  die  eroberten  (ieljiete  werden  wie  üljer  die  alten 
Provinzen  Stattiiaiter  gesetzt ;  es  begegnen  uns  jetzt  neben  den 


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Orgamsation  ta  Aatyrinreieb«.  0!«  Piovjnieiu  401 

trdher  (§.  344)  erwfthnten  die  Statthalter  rm  Parsua,  Lullttmi, 

Charchar  374),  Kur(r)han  u.  a.  im  Osten,  von  Qui,  Kum- 
niiich,  Karkaniis,  Sam'alla,  Arpad,  Siiiiyra,  Mnnsuate,  Damas- 
kos,  Samaria  u.  a.  im  Westen.  Nur  Babylonien  nimmt  eine 
andere  Stellung  ein.  Zwar  linden  wir  auch  hier  Statthalter, 
aber  im  weeentUehen  wird  es  doch  als  ein  selbständiges,  ge- 
wissermaassen  durch  Personaluman  mit  Assyrien  Terdnlgtes 
Reich  betrachtet.  Offenbar  war  Sargon  stolz  darauf,  die 
Heimath  der  assyrischen  Götter,  den  Ausgangspunkt  der  Gultur 
seiner  Heiraath  selbst  zu  besitzen.  Daber  nennt  er  sieb  Sar- 
gon II.  mit  Rücksicht  auf  den  alten  Königr  von  Agade,  lässt 
seine  Jahre  als  Konig  von  Babylon  besonders  zählen,  und 
seine  Inschriften  in  altbabylonischer  Schrift  ein<2:raben.  Elr 
erwähnt  die  besondere  Fürsorge^  welche  er  für  Babel,  Sippar, 
Nippur  und  andere  Städte  getroffen,  dass  er  ihren  Bewoh- 
nern gestattet,  im  Frieden  ihren  Beschäftigungen  nachzu- 
gehen, ihre  Götter  hochgeehrt  habe.  Ebenso  rfihmt  er  sieh  in 
allen  Inschriften,  die  verfallenen  Ordnungen  der  Städte  Assur 
und  Cliarrän  wiederhergestellt  zu  haben  —  worauf  sich  das 
bezieht,  ist  nicht  völlig  klar.  Sonst  wissen  wir  wenig  über 
die  innere  Verwaltung. 

Es  ist  eine  sehr  wichtige  und  in  den  Hauptpunkten  völlig  durch- 
IQbrbare  Aufgabe,  eine  Karte  des  assyriteheik  Reichs  mit  Besdchnang 
fllmmtlicher  Pronmen  henniBlellen,  —  Die  iwOlf  ^risdien  'Vasallen- 
elaaten  werden  von  Anarhaddoo  und  Aeeorbaoipat  in  i^eiehlaotenden 
Listen  aofBesählt  (vgl.  SomADin,  Abh.  Beri.  Ak.  1879,  81  ff.),  lasten 
sich  aber  aueh  unter  Sanherib  sfimmtlieh  nachweisen.  Ueber  Sargon  als 
KOnig  von  Babylon  Schräder,  Die  Sfaugonstele  des  Herl.  Mus.  S.  7  ff. 
in  Abb.  Berl.  Ak.  1881.  Üeber  Gjrpeni  e.  $.  408. 

§.  378.  Die  Art,  wie  der  Gehorsam  der  eroberten  Ge- 
biete gesichert  wurde,  war  zwar  sehr  brutal,  aber  nicht  we- 
niger wirknngSTolL  Waren  die  Gegner  in  blntigem  Kampfe 
besiegt  y  ihre  Städte  ausgeplündert  und  zerstOrt,  die  FQhr^ 
der  Feinde  niedergemacht  oder,  was  namentlich,  wenn  sie 
sich  empört  hatten,  die  Regel  war,  unter  MaiUrn  hinge- 
richtet, so  wurde  der  Adel  der  Bevölkerung^  die  besitzende 


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462 


Fdnfttt  Bneb,  Tierter  Abtebnitt. 


Qnd  gebildete  CDasee  forigefäbrt  und  in  möglichst  entfernten 
Gegenden  angesiedelt,  fremde  Bewohner  an  ihre  SteOe  gesetzt 
Die  Beispiele  aus  Tiglatpilesar*s  Regierung  sind  schon  ange- 
führt; ebenso  verpflanzte  Sargon  die  Israeliten  nach  Chalach 

(unbek.),  (iuzan  am  Chaboras  (§.  276)  und  den  Städten  Me- 
diens (Be^'.  IT,  17,  6)  und  siedelte  in  Samaria  Babylonier  aus 
Babel,  Küta  und  Sippar,  Syrer  aus  Hamät,  Bewohner  von 
*Awwa(?),  femer  im  Jahre  715  (§.  375)  mehrere  Araberstämme 
an.  In  Masse  wurde  die  unterworfene  BeTöUcerung  Armeniens 
und  Mediens  nach  Syrien  geschleppt,  specieli  nach  Damaskos 
und  Qamdt«  wfihrend  ui  Karkamiä  Assyrer  angesiedelt  wurden. 
Die  Bewohner  ron  Kummuch  wurden  in  die  elamitischen 
Grenzgebiete  verptlanzt.  Grosse  Schuaiuii  der  UnterUiauen 
wurden  auch  nach  Assyrien  selbst  gebracht  und  in  den  Haupt- 
stfidten  des  Landes  angesiedelt. 

Ueber  (Ue  Aoriedelongen  in  Samaii«  s.  Scnuinii,  KAT.  *  875  ft. 

g.  879.  Die  Wirkung  dieser  Maassregeln  war  gewaltig; 
sie  haben  die  Vernichtung  der  alten  Nationalitäten  in  dem 
ganzen  dauernd  ron  den  Assyrem  beherrschten  €kbiet  heriiet- 

geführt.  Namentlieh  in  Syrien  ist  seit  Tiglatpileser  und  Sar- 
gon das  so  mannigfache  und  individuell  gestaltete  poiitiseiie 
Leben  für  immer  vorbei.  Von  ihrer  Zeit  an  bis  auf  den 
heutigen  Tag  wissen  diese  Lande  es  nicht  anders,  als  dass' 
sie  fremden  Herren  zu  gehorchen  haben.  Allerdings  wurde 
so  kerne  Einöde  geschaffen,  oft  genug  rühmt  sich  namentlich 
Sargon,  die  Yon  ihm  selbst  zerstörten  Städte  wiederhergestellt 
zu  haben.  Aber  alle  6esitz?eilifiltnis9e  wurden  von  Grand 
aus  iiiiigestallet,  und  indi.m  der  beste  Theil  der  Ballon  weg- 
geführt wurde,  war  rlieser  selbst  die  Axt  an  die  Wurzel  ge- 
legt. Aus  der  Mischung  der  Reste  der  alten  Bewohner  mit 
den  neu  zugeführten  Elementen  ging  ein  Gonglomerat  hervor 
ohne  selbständiges  nationales  Leben,  ohne  eine  ruhmreiche 
Vergangenhdt,  gewohnt  den  Fremden  zu  gehorchen.  Cha- 
rakteristisch ist  die  Erzählung  des  hebraeischen  Eönigsbucfas, 
wie  die  neuen  Ansiedler  in  Samaria  jeder  semem  alten  Stamm- 


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Verpflanzung  der  Einwohner.   Bauten.  463 


gott  dienen,  daneben  aber  auch  den  Jahwe  als  den  Landes- 
herr!) verehren  zu  müssen  glauben,  auf  dass  er  ihnen  nicht 
schade.  Der  Zusaninienhan|j  iniL  dem  heiniathliclien  Boden, 
auf  dem  das  Nationatgefühl  beruht,  war  zerrissen,  aus  den 
niederen  und  daher  politisch  indifferenten,  überdies  vermuth- 
Ueb  durch  Landanweisungen  jetzt  plötzlieb  zu  Besitz  gelangten 
und  daher  an  die  Herrscher  gefeaseUen  Elementen  der  alten 
Bevölkemng  und  den  stammfremden  Golonisien  konnte  eine 
Nation  mit  selbständigen  politischen  Bestrebungen  und  unab- 
Laijgigeiu  Sinn  nicht  erwachsen. 

Die  ))olitische  Bedeutung  des  Assyrerreiclis  ist  bisher  seltsamer 
Weise  völlig  \erk;innt  worden.  Die  traditionelle  aber  grundfalsche  Vor- 
stellung von  uralten  orientalischen  Weltreichen  wirkt  dabei  noch  innr»  r 
nach.  In  Wirklichkeit  ist  d;is  erste  »Weltreich«,  das  persiBchei  nur  iu 
Folge  der  assyrischen  Eroberungen  möglich  geworden. 

§.  880.  Wie  so  viele  der  filteren  Assyrerkönige  haben  auch 

Tiglatpileaer  und  Sargon  sich  eigene  Paläste  erbaut.  Indessen 
wenn  sonst  die  Assyrerkonigo  sicli  von  den  aegyptischen  Pha- 
raonen sehr  zu  ihrem  Vortlieilo  durcii  dio  groase  Pietät  unter- 
schieden, die  sie  den  Werken  ihrer  Vorfahren  gegenüber  an 
den  Tag  legten,  und  oft  genug,  den  fast  in  keiner  Inschrift 
fehlenden  Schlussworten  Folge  leistend,  verfallene  Bauten  re- 
novirten  und  die  Namen  der  alten  Herrscher  wieder  zu  Ehren 
braditen,  dem  Usurpator  Tiglatpileser  glaubten  die  Spateren 
keine  Rücksicht  schuldig  zu  sein,  und  so  hat  Assarhaddon  den 
von  ihm  in  Kalach  erbauten  Palast  niedergerissen  und  die 
Alabaslerphitten  mit  den  Inschriften  und  Reliefs  des  Ktiiii^^^ 
für  seinen  eigenen  Palast  zu  verwerthen  begonnen.  Weit 
umfassender  waren  Sargon's  Bauten.  Zwei  Meilen  nordöstlich 
Ton  Ninive,  am  Fusse  des  Gebirges  Mu^ri  gründete  er  die 
»Sargonsburg«  Dür  Sarruktn  (jetzt  Khorsabad),  eine  starke 
Festung,  an  deren  Westseite  sieh  hart  an  der  Ringmauer  auf 
einer  Terrasse  der  grosse  Palast  des  Königs  erhob.  Im  Jahre 
70i\  V.  Chr.  waren  die  Bauten  vollendet,  unter  ^'rossen  Feier- 
iieiiiveiten  wurde  die  Einweihung  der  neuen,  vierten  Residenz 
vollzogen. 


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464 


FOnftes  Buch,  viert«  Abwhnitt 


Ueber  die  Ruinen  m  Khonabad  haben  wir  dovefa  die  AoBgatr 
buDgen  nnd  Werke  toe  Botta  und  Pua  genaue  Kunde. 

Sanhtrib  und  AmriiaMn. 

§.  381.   Im  Monat  Ab  (Juli)  des  Jabres  705  fand  Sar- 
goD,  wie  es  nach  einem  Fragmente  des  Kanone  scheint,  durch 
Bflörderhand  den  Tod;  ihm  folgte  sein  Sohn  Sanherib 
ach^irbA,  3iniD»  SsvaxTjptßoc,  Berod.  £avax<4ptßoc).  Der 
Tod  des  gössen  Organisators,  der  mit  kraftvoller  Hand  da« 
Reich  zu.-.iniiiiengezwungen  hatte,  gah  das  Signal  zu  neuen 
Empörunj^cti  und  An'/riHen.  Wieder  erhob  sich  Mardukl  laliddin 
—  vermuthlich  jetzt  nicht  mehr  der  alte  Gegner  Tiglatpileser's 
und  SargoQ*s,  sondern  ein  Sohn  desselben  —  wie  früher  von 
dem  König  von  Eiam  unterstutzt  Nach  den  Fragmoiten  des 
Berossos  wurde  der  Bruder  des  Sanherib,  den  dieser  zum 
Statthalter  In  Babylon  eingesetzt  zu  haben  schefadt,  durch 
einen  gewissen  Akises,  dieser  nach  dreissig  Tagen  dorch  Mar- 
dukbaliddin  gestür/t;   der  ptolemaeische  Kaiion  verzeichnet 
nach  Sar?on's  Tode  in  Habel  eine  königslose  Zeit  von  zwei 
Jahren  (704/3).  Sanheril)  1*  richtet  nur,  dass  sein  erster  Feld- 
zug, der  nur  ins  Jahr  703  gesetzt  werden  kann  —  was  ihn 
verhindert  hat,  der  Rebellion  früher  entgegenzutreten,  wissen 
wir  nicht  —  gegen  Mardukbaliddin  gerichtet  war,  der  in  Babd 
selbst  residirte  und  das  ganze  Land  besetzt  hatte.  NOrdlich  von 
Babylon  wurde  er  sainmt  seinen  elamitisehen  Hülfstrappen 
geschla'^^en ,  Babylon  und  alle  Städte  Ghalda(^a's  genomuien, 
und  ein  gewisser  Belilms  (^Plol.  BijXtßoc,  ßerorfsos  Eh'bus)  mm 
»König  von  Suiner  und  Akkad«  eingesetzt.   Nur  die  von  Ga- 
nälen  und  Sümpfen  durchzogenen  Landschaften  Sudbaby- 
kHiiens  behaupteten  noch  ihre  ünabliängigkeit.    Aufe  neue 
wurden  dann  die  Aramaeerstfimme,  neben  denen  diesmal  auch 
arabische  Beduinen  (Urbi,  Delitzsch,  Par.  305)  erseheinen, 
mit  Krieg  überzogen  und  nicht  weniger  als  208,000  Menschen 
aus  ihren  Wohnsitzen  nach  Assyrien  fortgeschleppt.   Im  näch- 
sten Jahre  (702)  unternahm  Sanherib  einen  Zug  nach  Osten. 


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Sanberib's  erster  habyioniscber  Feldzug. 


465 


Die  Kossaeer  wurden  in  ihren  Gebirgen  heimgesucht  und  zum 
Theil  in  das  Gebiet  des  Statthalters  tod  Arrapcha  (Arra.'* 
pacbitis  g.  343)  ▼erpflanzt.  Dann  wurde  IspabAra  von  Elllp 
(S.  376)  besiegt,  ein  Theil  seines  Gebiets  zur  Provinz  von 

Charrhar  (g.  374 ;  geschlagen ,  eine  »Sanheribsburg«  in  dem- 
selben anf,'elegt  und  Bewohner  aus  anderen  Gebieten  dasclhst 
•angesiedelt.  Sogar  die  Fürsten  des  östlichen  Mediens,  die  Sar- 
gon's  Herrschaft  nie  aner](annt  hatten»  brachten  dem  Könige 
ihren  Tribut  dar. 

Die  assyrischen  Quellen  —  wie  bei  Sanherib's  Vorgängern  Iheils 
Annalen,  theils  zusammenfassende,  nicht  chronologisch  geordnete  Dar- 
stellungen —  sind  von  Smith,  Hislory  of  Sennacherib  1878  Obersichtlich 
msammengestellt.  Ferner  vgl.  Schräder,  KAT,  '  passim.  Gylinder  C  (aus 
dem  Jahre  697)  ist  von  Smith,  Ass.  Disc  296  fL  Übersetzt,  das  Taylor* 
prisma  (Jkhr  ^1)  Ton  HonmuiG,  Prisma  desSanberib  1878«  die  Bavian* 
Inschrift  ▼an  Pooitor  in  Bibl.  de  T^ole  des  hautes  Stüdes  XXXIX.  XLU. 
Die  Texte  sind  nicht  nach  Jahren ,  sondern  nach  FeldsQgen  geordnet 
Doch  lOsst  sich  die  Chronologie  mit  HOlfe  des  ptolemaeischen  Kanons 
und  der  Austflge  des  Alexander  Polyhistor  aus  Berossos  (bei  Enseb.  ed. 
ScaoBCB  I,  27)  fast  durchweg  feststellen.  Daraus  ergibt  sich,  das«  der 
babylonische  Feldsog  ins  Jahr  708  su  setsen  ist;  der  gegen  Elllp  ftllt 
702,  da  er  in  dem  in  diesem  Jahre  geschriebenen  Bellinocylinder  (L&TAsn, 
Inser.  68  f.)  noch  enfthlt  wird.  Im  Qbrigen  s.  Schbader,  Zur  Kritik  der 
chronoL  Angaben  des  Alex.  Pol.  und  Abydenus,  in  Der.  SAehs.  Ges. 
1880»  der  die  ursprOngliche  IdenUtftt  ihrer  Daten  mit  denen  des  Kanons 
scharfsinnig  erwiesen  hat 

§.  382.  lü/.wischen  hatte  sich  die  Lage  im  Westen  ge- 
ändert. Auf  König  Sabako  von  Kusch  und  Aegypten  war 
im  Jahre  716  (?)  sein  Sohn  [nach  Manetho]  Sabatal^  gefolgt, 
von  dem  sich  nur  vereinzelte  Monumente  in  Eamalc  und 
Memphis  erhalten  haben.  Uro  das  Jahr  704  aber  folgte  ihm 
ein  junger,  krütliger  Fürst,  Taharqa  (geschrieben  Taharuqa, 
ass.  Tarqu,  hebr.  nprnp,  gr.  TsdtjOxoiv,  TapixT]?,  Tapxoc  u.  a.). 
Er  scheint  nicht  dem  Königsgeschlechte  angeliört,  sondern 
durch  Vermählung  mit  der  Gemahlin  Sabaico's  auf  den  Thron 
gelangt  zu  seui  und  im  Namen  von  dessen  Sohn  Tändt(?)amon, 
(assyr.  Urdamani)  die  Regierung  ergriffen  zu  haben ;  in  Kamak 
haben  beide  zusuniiuen  dem  Üdiris-Ptah  einen  Tempel  gebaut 

Veyer.  OeMbUlite  Om  AltorUnuiM.  I.  30 


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4(36 


Fflnftet  Bocb,  Tierler  Abtebtiitt 


und  werden  hier  neben  einander  in  ganz  gleicher  Weise  als  Kö- 
nige bezeichnet.  Taliai(};i  war  20  Jalire  alt,  als  er  die  Doppel- 
krone gewann.  Die  zalilreichen  Fürsten  der  aegyptischen  Städte 
erkannten  seine  Oberhoheit  ant  er  konnte  daran  denken,  Sa* 
bako*8  Intervention  in  Syrien  zu  meuem.  Eine  Reihe  syri- 
scher Fürsten  war  bereit,  sich  dem  Befreier  vom  assynschen 
Joche  anzuschliessen ,  vor  allem  Elulacos  von  Tyros  und 
Hiskia  (Gliizqijahii)  von  Juda,  der  im  Jahre  714  dem  Achaz 
gefolgt  war,  ferner  Sidqu  von  Askalon.  Gegen  König  Fadi 
von  'Aqqaron,  der  den  Assyrem  treu  blieb,  erhoben  sich  seine 
Magnaten  und  lieferten  ihn  an  Hiskia  aus.  Man  mochte  hoffeo, 
Sanherib  werde  l&ngere  Zeit  in  Babylonien  festgehalten  weiden; 
wir  erfahren,  dass  Mardukballddln  mit  Hiskia  Verhandlungen 
angckiiu|>it  liatte  (Ueg.  II,  20,  12),  also  offenbar  eine  gro^e 
Goalilion  gegen  Assyrien  geplant  war. 

Sabalaka:  Lepsiüs,  D.  V,  8.  4.  Mariktte,  Mon.  div.  29  c.  e  (Memphis). 
RossELLisi,  Mon.  Stor.  151,  5  (Luksor).  —  Ueber  Taharqa  vgl.  E.  de  Roote, 
in  m\,  d*archtel.  6g.  et  assyr.  I,  U.  83  imd  Birch,  TrSBA  VII.  193  ff.  - 
Von  Taharqa*8  Thronbesteigung  handelt  leider  ganz  fragmentarische 
Inschrift  von  Tanis,  de  Rouoit  Inscr,  73  f.  Seine  genealc^ische  Slellang 
gebt  ans  den  Angaben  Assurbanipal's  V  R.  2»  82  hervor,  wo  Urdamani  in 
einem  Eiemplar  der  Annalen  »Sohn  des  §abakü€  [trots  der  abweichenden 
Schreibung  jedenfalls  mit  Sargon's  $ab*i  =  Sabako  identisch],  in  einem  an- 
deren »Sobn  der  Gemahlin  des  Tarqu«  [falsch  Smith,  Ass.  Disc  818]  genannt 
wird.  Taharqa  und  Tanütamon :  M aribttb,  Hon.  dir,  79-*87.  Die  zuerst  von 
Haigh  erkannte,  auch  von  Ddkcxbr  Terlretene  Identittt  des  lelsteien  mit 
dem  Urdamani  Assurbanipal*s  ist  swdfellos,  vgl.  §.  mit  Rndanion 
(S.  820  Anm.)  hat  ietsterer  nichts  so  thun.  —  Sonstige  DenkmSler  Taharqa's: 
Lepsius,  Denkm.  V,  5—18*  Roseluni,  Hon.  Stor.  150.  Pribsb,  Hon.  81 
bis  Si.  Habivttb,  Kamak  42—45  [die  Liste  von  besiegten  VOlkem  des 
Nofdens  nnd  des  Sfldens  auf  einer  Statue  des  E6nigs  ib.  45  a  ist  von 
einer  gleichftdb  nicht  originalen  des  Remses  II.  ib.  88  f.  wörtlich  ali- 
geschrieben].  —  Xach  Hegasthenes  war  Taharqa  von  Aethiopien  einer 
der  grOssten  Eroberer:  Strabo  I,  8.  21.  XV,  1,  8.  —  In  wdclie  Zeit 
Reg.  II,  20,  12  gehört,  ist  nicht  genau  su  ermitteln« 

§.  383.  Indessen  auch  dieses  Mal  kamen  die  Assyrer 
ihren  Gegnern  zuvor.  Ehe  ihre  Rüstungen  vollendet  waran, 
erschien  Anfang  701  Sanheirib  in  Syrien  und  wandte  sich 


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Taliarqa.   Sanherib  g^eii  Tyros  und  Juda. 


467 


zunächst  gegen  Elulaeos.  Sidon,  Sarepta,  Akko  und  die  übrigen 
ihm  unterthänigen  Städte  unteiwarlen  sich,  er  selbst  floh  nach 
Cypern.  Aber  Tyro?;  !eii?tete  Widerstand.  Ein  Versuch  mit 
Hülfe  einer  aus  den  phoenikischen  Städten  aufgebotenen  Flotte 
die  Inseistadt  zu  bezwingen,  wurde  abgeschlagen,  die  Assyrer 
mossten  sich  begniOgen,  fünf  Jahre  lang  das  gegentUberliegende 
Festland  besetet  m  haltra.  Dann  wird  wobl  ein  Gompromiss 
zn  Stande  gekommen  sein,  durch  den  die  Stadt  einen  Theil 
ihres  Gebiets  zurückerhielt,  aber  die  assyrische  Oljiihoheit 
anerkannte.  Sidon  dagegen  erhielt  jetzt  wieder  einen  eigenen 
König  (zunätlisl  i  uba'al  [Ituba'al?],  dann  Abdimiiküt  g.  389). 

r>pr  Bericht  Sanherib*«  und  der  des  Menander  von  Tyros  (Jos.  IX, 
14.  2)  ergänzen  sich  gegenseitig;  vgl.  §.  357.  Dass  Sanherib  den  ver> 
geblichen  Angriff  auf  Tyros  nicht  erwähnt,  ist  sehr  begreiflich  ;  aber  eben- 
sowenig kaim  er  eine  Tribatsahlung  der  Stadt  oder  etwas  ähnliches  beriebteo. 

§.  384.  Von  Phoenlkten  zog  Sanherib,  nachdem  er  unter- 
wegs die  Huldigung  der  tren  gebliebenen  Vasallen  entgegen- 
genommen halle,  nach  Philislaea.  Sidqä  von  Askalon  wurde 
gefangen,  seine  Städte  bezwungen,  ein  neuer  König  ein- 
gesetzt. Dann,  so  berichtet  der  Grosskönig  weiter,  sei  er 
gegen  'Aqqaron  gezogen,  als  das  Heer  des  Königs  von  Kusch 
(assyr.  Melucha)  und  der  Fürsten  Aegyptens  zur  Hülfe  herbei- 
kam. Bei  AltaqÜ  (npn^M)  habe  er  dasselbe  geschlagen, 
Altaqü  und  Tamnft  (nSDD)  erobert,  *Aqqaron  bezwungen  und 
die .  Urheber  der  Rdsellion  bestraft ,  den  in  Jerusalem  ge- 
fangenen König  Padi  auf  seinen  Thron  zurückgeführt.  Dem 
Hiskia  abpr,  tl^r  sich  nicht  unterwerfen  wollte,  habe  er  alle 
kleineren  Städle  seine-  f  iebiets  entrissen,  dieselben  unter  die  Fhi- 
listerfürsten  vertheilt,  200,150  Menschen  weggeführt,  ihn  selbst 
m  Jerusalem  belagert.  Erobert  hat  er  die  Stadt  frdlich  nicht ;  wohl 
aber  erzählt  er,  dass  Hiskia  ihm  reiche  Gaben,  darunter  80  Talente 
Gold  und  800  Talente  Silber,  nach  Assyrien  naehgeschicki  und 
durch  Gesandte  gehuldigt  habe.  —  Etwas  abweichend  lautet  der 
hebraeische  Bericht.  Eine  kürzere  Version  meldet  einfach,  als 
Sanherib  Juda  angriff,  habe  Hiskia  zu  ihm  nach  Lakis  geschickt 
und  sich  schuldig  bekannt,  der  Aäsyrerkönig  habe  ihm  eine 


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4e8 


FOnft««  Buch,  vlttrter  ÄlMebnilt. 


Ciontribution  von  SO  Talenten  Gold  und  800  Talenten  Silber  anf- 
erle^.  AosfQhrlHiher  lautet  die  zweite  Version :  Sanherib  erobert 
alle  festen  Städte  Juda*s ;  von  LMi  aus  schickt  er  dann  seinen 

Oberfeldherrn  (turtftn)  mit  einem  starken  Heer  gegen  Jenisalefn, 

ütii  des^Jrn  Capitulation  zu  fordoni.  lui  \  li  trauen  auf  den  Pharao 
und  auf  Jaliwe  veiiianiliiskia  im  Wid(Msland.  Inzvvisclion  rückt 
das  Heer  des  Taharqa,  des  Königs  von  Kusch,  heran.  Saiiherib 
ziebt  ihm  entgegen  und  fordert  nochmals  die  Uebergabe  Jeru- 
salems. Auf  das  Wort  Jabwe's,  welches  ihm  der  Prophet  Jesaia 
verkündet,  Tertrauend,  weigert  Hiskta  sich  nochmals.  In  der 
Nacht  aber  schlfigt  der  Harak^ahwe  das  assyrische  Heer, 
so  dass  185,000  Mann  sterben  und  Sanherib  nadi  Ninive 
zurÜLkkuliren  muss.  Aehnliches  berichteten  die  Aegypter  dem 
Herodot  (II,  141):  na(  h  dem  Aethiopen  Snhako  liabo  ein 
frommer  Ptalipriester,  Sethos,  fiher  Aegypten  ^^'hcrrscht ,  d.  r 
sich  mit  dem  Kriegerstande  verfeindete»  Als  nun  Sanacharib, 
»König  der  Araber  und  Assyrer«,  gegen  Aegypten  heranrückte, 
weigerte  sich  derselbe  zu  kämpfen  und  Setbos  gerieth  in  grosse 
Noth.  Aber  die  Götter  sandten  Feldmäuse  gegen  das  bei 
Pelusium  lagernde  feindliche  Heer,  welche  die  Bogen  und-alles 
Lederzeug  desselben  zernagten,  so  dass  es  am  folgenden  Tage 
von  den  aufgebotenen  aegyptischen  Handwerkern  und  Kräuiera 
leicht  geschlagen  werden  konnte. 

Zu  völliger  Klarheit  über  deu  Hergang  werden  wir  nie 
gelangen,  zumal  so  lange  die  Lage  der  genannten  Ortschaften 
nicht  sicher  ermittelt  ist.  Soviel  steht  fest,  wenn  auch  San- 
herib die  Bedeutung  des  Sieges  bei  Altaqü  übertrieben  haben 
mag,  eine  Niederlage  durch  die  Aegypter  hat  er  nicht  erlitten. 
Denn  dann  hätte  Taharqa  seinen  Sieg  verfolgt,  während  er  in 
Wirklichkeit  80  Jahre  lang  nicht  wieder  in  Syrien  intervenirt  hat, 
und  die  Aegypter  wurden  von  einem  Siepre  und  nicht  von  einem 
Wunder  berieliten.  Vielmehr  muss  es  iu  der  Thai  ein  Xatur- 
ereigniss,  vermutiilich  eine  Seuche  gewesen  sein,  die  Sanlierib 
gezwungen  liat,  von  einem  Angriff  auf  Aegypten  abzustehen 
und  die  fielagmng  Jerusalems  aufrugebra.  Auf  eine  aegyp- 
tische  Hilfssendung  aber  war  keine  Hoffnung  mehr;  so  madite 


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Sanherib  und  Taharqa.   Schlacht  bei  Ailaqü, 


469 


Hiskia  seinen  Frieden  mit  dem  Grop?könig  und  wandle  ihm 
die  schwere,  für  den  kleinen  Staat  kaum  erschwingbare  Cion- 
tribution  in  seine  Hauptstadt  nach.  Trotz  des  halberzwan- 
genen  Rückzuges  war  die  Herrschaft  über  Syrien  gesichert; 
während  der  nächsten  Decennien  hat  keiner  der  Kleinstaaten 
es  gewagt,  an  Abfall  von  Assyrien  zu  denken. 

In  der  vielbehandelten  Frage  Ober  die  Reconstruction  von  SanherU/s 
Feldiug  und  die  Beuiibeilung  von  Reg.  II,  18,  13—19,  57  (v^l.  u.  a. 
Schräder,  KAT.,  Dükcker,  Elbihert.  Stud.  und  Krit.  1877.  167  IT.,  Nowack 
ib.  1881,  300)  scheint  mir  Wellhausen,  Einleitung  254  ff.  im  wesentlichen 

das  nichtige  getrofTen  zu  haben.  Dass  Reg.  IT,  18,  14  —  16  den  Zusam- 
menhang unterbrechen  und  eine  dem  folgenden  parallele  V(>rsion  sind, 
solieint  mir  evident;  daher  fehlen  die  Verse  auch  in  der  I'arallelslelle 
J"«.  S7.  Die  Belagerung  von  Lakis  wird  in  einem  Relief  erwähnt, 
weiches  den  König  dar«lellt.  wie  er  auf  seinem  Throne  silzeml  (ii  •  Beute 
aus  der  Sladt  in  Empfang  nimmt ;  in  den  historischen  berichten  ist  von 
ihr  nicht  die  liede.  Die  800  hebraeischen  Talente  Silber  sind  viel- 
leicht genau  gleich  800  assyrischen:  Bkamdis,  Münzsystera  98. 

§.  385.  Im  nächsten  Jahre  (700)  wurde  die  Unterwer- 
fung Babyloniens  vuUeiidet,  der  Ghaldaeerfiir>t  Sazub  besiegt, 
Mardukbaliddin  mit  seinen  Anhängern  gezwungen,  über  See 
nach  der  Stadt  Nagitu  in  Elam  zu  fliehen,  in  Babylon  an  Stelle 
des  nicht  mehr  erwähnten  Belibus  der  älteste  Sohn  Sanherib'Sy 
Aslumadinäiini  (bei  Ptolem.  'Airapavdtdtooc,  reg.  699^694  0 
zum  K5nig  eingesetzt.  Im  Jahre  695  (?)  rüstete  dann  San- 
herib eine  Expedition  aus  zur  Bezwingung  der  an  die  ela- 
nülische  Küste  preflüclilelen  Ghaldaeer.  Von  syrischen  VVerk- 
leuten  liess  er  auf  dem  Tigris  eine  Flotte  bauen  und  bemannte 
sie  mit  pboenikischen  und  griechischen  Matrosen.  Von  Opis 
ans  wurde  sie  über  Ijand  In  den  babyionischen  Canal  Arachtu 
gebracht,  durch  denselben  und  den  Euphrat  fuhr  der  König  ins 


I)  Bei  AI.  Polyhistor  (Euseb.  I,  27,  ZI.  9  —  15)  sind  hese  Ereigni-'--*» 
auch  noch  zu  erkennen,  doch,  wohl  durch  Schuld  des  Excerptors»,  etwas 
verwischt.  Sanherib  soll  nach  ihm  den  Elibus  besiegt  und  gefangen 
und  seinen  Sohn  Asordanius  als  König  eingesetzt  haben.  In  letzterem 
acheint  Assurnadinsuin  mit  Assarhaddon  zu  einer  Person  verschmolzen  zu 
■ein;  daher  werden  die  Begeben  heilen  von  G99  bis  693  übersprungen. 


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470 


FOnll«!  Buch,  TieHcr  Abadmitt, 


Meer.  An  der  Mündung  des  Flusses  Eulaeos  wurden  die  Feinde 
geschlagen,  ihre  Städte  erobert  und  zerstört,  die  Bewohner  fort- 
gefidfart   InswischeD  hatte  Sunib  mit  äamttischier  Höifie  sidi 
Babylons  beoa&chtigt,  wurde  aber  geschlagen  und  gefangen. 
Eine  InvasiDn  Elam's  schloss  sich  daran,  die  erfolgreieh  begann 
(vgl.  V  R.  4, 123  ff.),  aber  beim  Eintritt  des  Winters  aufgegeben 
werden  musste;  vermuthlich  werden  die  Assyrer  nicht  ohne 
schwere  Verluste  liiren  Hück/Aig  he^. ci  k-tp]!i^t  haben.  Die  Folge 
davon  war,  dass  Suzub,  der  nach  Elam  gellüchtet  war  —  wie 
er  ans  der  Ge&ngenscbaft  entkommen  ist,  wissen  wir  nicht  — 
nach  Ghaldaea  zurückkehrte  und  von  den  Babylonlem  als 
Befreier  mit  offenen  Armen  aufgenommen  wurde.  Baach  Year- 
brißitete  sich  die  Insurrection  durch  das  ganae  Land.  Zur 
AusrOstung  eines  grossen  Heeres  stellte  man  die  Tempelseh&ise 
Babels  dem  Köiiigt;  Uiiiiiiaiiaiüianu  von  Elam,  der  vor  kurzem 
seinem  Bruder  Kudurnachundu  gefolgt  war,  zur  Verfügung, 
und  derselbe  gewahrte  die  kräftigste  Unterstützung.  Die  Fürsten 
Südchaldaea's  und  die  Aramaeerstämme,  ebenso  die  Land- 
schaften Eilip,  Parsuad  (sie,  §.  338)  u.  a.  schlössen  sich  an.  Bei 
Ghalul§  am  Tigris,  nördlich  von  Babel,  kam  es  lu  ehier  ge- 
waltigen Schlacht  Sanherib  siegte  vollständig;  der  feindliche 
Oberfeldherr  fiel,  die  grosse  Armee  der  Gegner  wurde  vöUig 
zersprengt.    Zunächst  verfolgte  der  König  die  Feinde  nadi 
Elam,  dann  zog  er  gegen  Babylon  und  eroberte  die  Stadt 
nach  kurzer  Belagerung.    Er  war  cnl  i  blossen ,  den  innaer 
sich  wiederholenden  Empörungen  durch  ein  furchtbares  Straf- 
gericht ein  für  alle  Mal  ein  Ende  zu  machen.    Die  Stadt 
wurde  ausgeplündert,  in  Brand  gesteckt  und  von  Grund  aus 
zerstört,  ihre  Mauern  und  Tempel  eingerissen,  die  Ziegel  des 
grossen  Terassenthurmes  des  Bei  hi  den  Ganal  Arachtu  (Palla- 
kopas)  geworfen.  Canäle  wurden  durch  die  Stadt  gesogen,  auf 
ewige  Zeiten  sollte  sie  vom  Erdboden  verschwinden  (692  v,  Chr.). 
lieber  das  Land  wurde  zunächst  ein  Viceköni?  (Ms'3ir](3i|iöp5axo; 
692—689)  gesetzt.  Die  Jahre  688—681  bezeiciuiel  der  Kanon 
als  »königslose  Zeit«;  vermuthlich  wurde  während  derselben 
das  Land  durch  Statthalter  Sanherib's  verwaltet  und  von 


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Dritter  babylonischer  Feldzug.    Zerstörung  Babylons.  471 


Eifisetzung  eines  neuen  Königs  Abstand  gfenommen.  In  Süd- 
babylonien  finden  wir  eine  Ueilie  assyrisciier  Präfecten,  so 
Ton  Ur  (Iii  R.  15,  2,  3,  Smith,  Assurban.  184),  danebeD  stehen 
die  chaldaeischen  Fürstentbümer  und  die  Aramaeerstfimme  zum 
Theü  anter  den  Nachkommen  ihrer  alten  Herrscher. 

Die  Chronologie  steht  ziemlirli  tVst.  Dass  As^urnadinsum  im  Jahre  700 
eingesetzt  wurde,  lehrt  ein  Fragment  de-  Kponymenkanons  bei  Smith, 
Hist,  of  Seiiaclierib  18.  Dieser  Feldzug  ist  der  letzte,  von  dem  auf  dt m 
€Ö7  geschriebenen  Cylinder  C  berichtet  wird;  mithin  fallen  die  Feldzüge 
vom  fünften  (dem  nach  N.  W.  §.  38(3)  ab  später  als  dies  .labr.  Babylon 
war  nach  Assarhaddon's  Angabe  I  Ii.  49,  2,  12  elf  Jahre  zerstört,  als 
dieser  es  im  ersten  Jahre  seiner  Regierung  080  wieder  aufbaute;  milbin 
fällt  seine  Zerstörung  wahrscheinlich  692  1.  Doch  ist  zu  ijeachten,  dass 
das  691  geschriebene  Taylorprisnia  (und  ebenso  die  übrigen  Texte  mit 
Ausnahme  der  Bavianinschrifl)  sie  nicht  erwShnt,  sondern  mit  der 
Schlacht  bei  Ghalulö  scbliessL  Der  im  ptolemaeischen  Kanon  für  das 
J«hr  d93  veneiehuete  Regebelos  Beheint  dem  Siuub  tu  entsprechen. 
Der  Name  Sanberib^s  scheint  im  Kanon  faat  abeicbtlich  Obergangen  lu 
sein;  dass  er  während  der  kOnigslosen  Zeit  Ober  Babylon  herrschte^ 
lehren  die  folgenden  Ereignisse  und  Beroasos.  —  Zu  §unib*s  Rebellion 
Tgl.  die  Berichte  Assarhaddons  I  R.  49  und  bei  Smnt,  Ass.  Dise.  814  t 
—  Im  Obrigen  ergibt  sich  die  Cioncordans  unserer  Quellen  aus  der  Liste 
auf  der  nSehsten  Seite. 

g.  386.  Die  sonstigen  KriegsUiaten  Sanherib*s  sind  ohne  grös- 
sere Bedeutung.  Wir  erfahren,  dass  er  noch  einmal  nach  Syrien 
gezogen  ist  und  gegen  die  Aral)erfürsten  Ghazail  (§.  B89)  und 

das  Land  Edoin  gekämpft  hat  (Smith,  Senacli.  137. 1  R.  -lo,  2,  55). 
Um  das  Jahr  Of^O  zog  er  nach  Nordwesten  gegen  die  Stämme 
des  Nipurgebirges  fvgl.  KGF.  181)  und  den  König  Manijae 
▼on  Ukku,  das  in  der  Nachbarschaft  Armeniens  gelegen  haben 
moss.  Daran  schliessen  zwd  Inschriften  (Smni  p.  86)  die 
kurze  Notiz,  er  habe  auch  die  Kiliker  in  ihren  dichten  Wäl- 
dern besiegt  und  die  schon  von  Sargon  eroberte  Stadt  Til- 
garimmi  (HDI^lH  H'^D  Ezech.  27,  14.  38,  6.  Gen.  10,  3) 
im  Gebiet  von  Tabal  zerstört.  Von  einem  zweiten  kiliki- 
schcn  Feldzug  des  Königs  berichtete  Berossos:  Jonier  seien 
an  der  Käste  Kilikiens  gelandet,  Sanherib  habe  sie  in  schwe- 
rem Kampfe  besiegt  und  zum  Andenken  daran  sein  mit  einer 


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472 


FQnftes  Buch,  vierter  Abechnilt. 


Ermordung  SuihflribV 


473 


Inschrift  versehenes  Bild  errichtet,  ferner  die  Stadt  Tarsos  [und 
Anchiale?]  gegründet.  Das  Relief  existirte  bei  Anchiale  noch 
zu  Alexander's  Zeit;  Kallisthenes  bezeichnete  es  als  das  Bild 
des  Sardanapallos,  Sohns  des  Anakyndaraxes,  der  Tarsos  und 
Anchiale  an  einem  Tage  gegründet  habe  Taraos  ist  eine  weit 
filtere  Stadt  (§.  337) ;  dass  aber  Sanherib  sie  erobert  und  neu 
aufgebaut  hat,  ist  sehr  glaublich.  Ueber  die  Beziehungen  zu 
den  Griechen  vgl.  §.  406. 

BeroaaoB*  Angaben  nach  Alex.  Pol.  bei  Euaeb.  I»  27«  nach  Abydenoa 
ib.  85,  wo  in  temploni  Atbenitnäoni  wohl  Anchiale  steckt 

g.  887.  Im  25.  Jahr  seiner  Regierung  (681  Chr.) 
irarde  Sanherib  von  zweien  seiner  SOhne,  Nergaldarusur  und 
Adarmalfk,  beim  Opfer  erschlagen.  Nergaliarusur  bemäch- 
tigte sich  der  Herrschafl,  doch  gegen  ihn  erhob  sich  Assar- 
haddoii  (Assurachiddin  pniDNji  um  den  Mord  seines  Vaters 
zu  rächen.  Er  rückte  gegen  Ninive  vor,  im  Lande  Chani- 
gaibat  stiess  er  auf  das  Heer  seiner  Brüder.  Wie  es  scheint, 
kam  es  nicht  zum  Kampf;  die  assyrischen  Truppen  traten  in 
Masse  zu  Assarhaddon  über  und  erkannten  Ihn  als  ihren 
rechtmässigen  König  an.  Seine  Brüder  fanden  bei  dem  Kö- 
nige von  Arnienion  (ürarlu)  Aufnalirne.  ~  Wenn  das  Land 
Cbanigalbat  mit  dem  von  Tiglatpileser  L  erwähnten  identisch 
ist,  dessen  Hauptstadt  Melitene  am  Euphrat  war  (§.  27d)t 
so  muss  Assarhaddon  von  Westen  aus  gegen  Ninive  gezogen 
sein.  VermuthUch  hat  er  also  im  Jahre  681  im  Auftrag  seines 
Vaters  in  Kleinasien  gekämpft. 

Die  Angaben  Aber  Sanherib*»  Ermordung  Reg.  U,  19»  37»  Alex* 
Polybifltor  bei  Eoaeb.  I.  27,  Abydenue  ib.  I,  85  (mit  GoTBGBnm*« 
Emendation),  bei  dem  Assarhaddon  Azwdii  heisst,  ergänzen  sich  gegen- 
seitig; Tgl.  auch  ScHRADcn»  Ber.  Siebs.  Gescb.  1880,  6  f.  Von  Assar- 


>j  Wie  es  seine  Art  war,  gab  Kallisthenes  (bei  Suidas  s.  Sof^- 
vandiXXoO  Auch  eine  angebliche  Uebersetzung  der  Insehrifl,  für  die  er 
ein  Epigramm  des  Cboerilos  verwertbete.  Dieselbe  (hdu  »ol  «Ivc  xal  ox^ue 
[von  Aristobul  fai  ««IC«  gemildert]  u.  s.  w.)  ist  von  den  Späteren  lahl- 
lose  Male  eitirt  worden. 


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474 


FQnflef  Bocb,  vierter  Abschnitt. 


hadilon'fl  Beriebt  Aber  den  Krieg  gegen  aeine  Brflder  IQ  R«  15  iel  nur 
der  Scblow  erhalten,  flbersetxt  von  DtLmscn  bei  BfüBimcn,  Geachiehte  207. 

388.  Assarhaddüii  i<i  die  edelste  und  sympathischste 
Gestalt  unter  den  assyrischen  Königen.  Dass  sein  Vater  Babylon 
zerstört  hatte,  erschien  ihm  trotz  der  schweren  Verschuldung 
der  Stadt  als  ein  FreTel,  den  er  wieder  gai  zu  machen  sieb 
beeilte.  Gleich  im  ersten  Jahre  seiner  Regierung  Hess  er  den 
Wiederaulljau  der  Stadt  und  ihrer  Heiligthümer  in  xVngriff 
Molinien  und  betrieb  das  Werk  mit  grossem  Eifer.  Durch  den 
Zorn  Marduk^s,  so  sagt  er,  habe  die  Stadt  elf  Jahre  lang 
wüst  gelegen  zur  Strafe  für  die  Frevel  äuzub*s  und  die  Aus- 
lieferung der  Tempelschfitze  an  Elam;  dann  habe  der  Gott 
ihn  aus  der  Zahl  seiner  BrCider  ausgewählt,  um  das  Unheil 
wieder  gut  zu  machen  und  seinen  Wohnsitz  wiederherzustellen. 
—  Im  Süden  des  Landes  wurde  die  Ordnung  leicht  aufrecht 
erhalten.  Nabuzirnapistiustesir  (V),  der  beim  Mardukbaliddin's 
und  Beherrscher  des  Meeriandes,  der  versucht  hatte,  sich  un- 
abhängig zu  machen,  wurde  von  den  Statthaltern  der  be- 
nachbarten Provhizen  nach  Elam  verjagt,  seinem  Bruder 
Nahidniarduk  die  Herrschaft  über  sein  Stammland  übertragen. 
In  der  Folge  wurdi  der  rebellische  Fürst  des  Ghaldaeerstaates 
Bit-Dakkuri  besiegt,  ebenso  der  bebeich  des  Aramaeerstamnies 
Gambulu,  der  in  den  Sümpfen  an  der  elamitischen  Grenze 
ansässig  war,  zum  Gehorsam  zurCtekgebracht. 

WiederhersleUung  Babylons:  I R.  49,  theilw.  flbarselst  von  Dkutdch 
bei  HObotbr,  Geaeb.  209  f. ;  Smith,  Aaa.  Disc,  814  f.  —  Ueber  die  Kriegs- 
züge und  Bauten  des  KOniga  bis  sum  Jabre  673  beriehtan  die  beiden  im 
wesentlichen  flbereinatimmenden,  niebt  ebronologisch  geordneten  Cylinder 
I  R.  45—47.  m  R.  15  f.  Hinni  kommen  die  Fragmente  des  neuDlen 
und  sehnten  Feldsngcs,  publ.  von  Bosgawen,  TrSBA.  IV,  84  IT.  und  besser 
bei  Bcooi,  115  ff.  Kleinere  Inaebriften:  I  R.  48.  Latabo,  Inaer.  19  n.  a. 
Ungenflgende  Bearbeitung  von  Budob»  History  of  Esarbaddon,  1880. 

§.  389.  Wenn  schon  unter  Sanherib  wiederholt  längere 
Friedensepochen  vorkommen  und  keineswegs  wie  unUi  seinen 
Vorgängern  ein  Feldzug  den  anderen  ablöst,  so  ist  die  Re- 
gierung seines  Sohnes  in  noch  weit  höherem  Grade  eine  fried- 
liche. Die  ersten  neun  Feldzdge  Assarhaddon's,  welche  etwa 


Aflsarhaddoa^s  FeldtOge.   WiederlitnteUun(  Babylons. 


475 


in  die  Jahre  ü8 1—672  v.  Chr.  fallen  mögen  —  einige  von 
ibnea  sind  schon  erwähnt  —  bezwecken  lediglich  die  Bewäl- 
ti^Dg  Ton  Rebellidieii  und  die  Sichemiig  der  Grenzen.  Im  Osten 
ei&bren  wir  ^on  Kämpfen  gegen  die  Ifannaeer  und  die  Qatü, 
«Den  GebiigBstanun  nördlich  von  Elara,  sowie  gegen  die  Stadt 
T!l-aS§ur  im  Lande  Par(?)naki,  deren  Lage  nicht  genau»  be- 
stimmbar ist  (v^l.  Delitzch,  Par.  2(31).  Ein  anderer  Feld/.ug 
war  gegen  die  Östlichen ,  von  den  alleren  Köni^^en  nie  be- 
tretenen Theile  Metiiens  gericiitct,  nanicntlirh  gegen  das  Land 
PatuS'arra  am  Fuss  des  Gebirges  Bikni;^  mehrere  Fürsten  der 
^flegensten  Theile  des  Landes  unterwarfen  sich  und  ver- 
pflichteten .sich  zu  jährlicher  Tributzahlung.  Auf  dem  neunten 
Feldzug  (frühestens  672  Chr.)  wurde  ein  Aufstand  in  der 
Nähe  der  an  der  armenischen  Grenze  gelegenen  Stadt  KuUimir 
(s.  Smith,  Ass.  Diso.  272,  2ü,  Assurban,  p.  98)  bezwungen. 
Im  Westen  war  ein  Aufstand  des  Königs  *Abdimilküt  von 
Sidon  (§.  883),  mit  dem  sich  Sandu'arri,  Ffir-I  d  r  Städte 
Kundi  und  Sizü  (in  Kilikien  V),  verbündet  hatte,  zu  bewältigen. 
Beide  wurden  gdangen  und  hingerichtet,  Sidon  erobert  und 
zerstört,  eine  neue,  mit  von  Osten  herbeigeführten  Bewoh- 
nern berMkerte  f  Assarhaddonsstadt«  an  seiner  SteUe  erbaut 
und  einem  assyrischen  Statthalter  unterstellt  Die  Oberhoheit 
th&t  Edom  und  den  Araberscbeich  Ghazail  (§.  386),  dem  die 
Qedrecr  (ass.  Qidri,  "lip,  V\m.  V,  05),  dw  Hanptstamm  der 
syri^rh-arabischen  Wü^te,  gehorrliten  (§.  457),  wurde  befestigt. 
Des  leizleien  Solm  Ja'ilü  hatte  tinen  Tribut  von  10  ^Vmon  Gold, 
1000  kostbaren  Steinen  imd  zahlreichen  Kamcelen  zu  liefern. 
Daran  schloss  sich  ein  Kriegszug  gegen  das  Wüstenland  Bäzu;  acht 
Beduinenscbeichs  wurden  erschlagen,  ein  Vasall  üt)er  das  eroberte 
Gebiet  gesetzt.  In  Kleinasten  hat  Assarhaddon  wie  sein  Vater 
gegen  die  Eiliker  gekämpft  und  ihr  Gebiet  verwüstet  (vgl.  §.  453). 

Die  ätsyrer  in  JUgyiitaii.  Abzug  dar  Aathiaiieii. 

§.  390.   Erst  gegen  Ende  seiner  Regierung,  nach  672 
Chr.,  bat  Assarhaddon  einen  grösseren  Feldzug  unt^nommen* 


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470 


Ffinfles  Buch,  vierler  AbaehiiUt 


Aufs  neue  war  in  Syrien  im  Vertrauen  auf  die  aethiopische 

Hülfe  ein  Aufstand  ausgebrochen:  König  Ba'al  von  Tyros 
halte  den  Gehorsam  verweigert.  Assarhaddon  beschloss,  der 
immer  erneuerten  Gefahr  ein  Ende  zu  bereiten.  Tyros  wurde 
aufs  neue  blockirt,  aber  das  Uauptheer  zog  direct  gegen  Ae- 
gypten. Der  FCirst  der  Wiistenaralier  stelUe  Kameele,  der 
beschwerliche  Marsch  von  Raphia  gegen  Pelusium  wurde 
glücklich  zurückgelegt.  Ob  Taharqa  im  Stande  war,  Wider- 
stand zu  leisten,  wissen  wir  nicht;  jedenfalls  wurde  Mem- 
phis erobert  (TrSBA.  VU,  347)  und  das  assyrische  Heer 
drang  bis  nach  Theben  vor  (Mabibttb,  KamalL  44,  45  ff.)» 
Taharqa  musste  sich  nach  Aethiopen  zurückziehen ,  die  zahl- 
reichen Theilförsten  Aegyptens  unterwarfen  sich  und  wurden 
als  tributpflichtige  Vasallen  in  ihrem  Besitze  bestätigt.  Nicht 
weniger  als  zwanzig  von  iimen,  die  im  Delta  und  in  den 
Städten  Oberaegyptens  bis  nach  Theben  hinauf  geboten, 
werden  uns  aufgezahlt.  Der  m&chtigste  von  ihnen  ist  Necbo 
(aeg.  Nekau,  ass.  Nikü,  hehr.  n33«  Her.  Man.  Nsx<3^)f 

der  Herr  von  Sais  und  Memphis  (nach  Manetho  671 — 664  v.  Gbr), 
dessen  Vorfahren  Stephinates  und  Nechepsos  schon  in  Sais  fre 
boten  und  wahrscheinlich  die  directen  Naclifolger  des  Tedidiiit 
und  Bokchoris  gewesen  sind  (§.  353).  Auf  Befehl  des  Assyrer- 
königs  musste  Necho  den  Namen  von  Sais  in  Karbümatiltt, 
»Garten  des  Herrn  der  Länder»  umwandeln;  ebenso  erhielt 
sein  Sohn  Psammetich  den  assyrischen  Namen  Nabujezib*anni 
(Smith  ,  Assurb.  45  f.).  Seit  dieser  Zeit  nennt  sich  Assar- 
haddon »König  der  Könige  von  Musur  ([Unter]aegypteo),  Patrus 
(Oberaegypten)  und  KuSc. 

ManeUio's  Dalum  !ür  Necho's  HegierungsanUilL  sluuniL  genau  zu 
der  Angabe,  dass  A<sarhad(Iün  ihn  [üffunbar  als  Nachfolger  seines  Yalersj 
eingesetzt  habe.  Plünderung  Thebens  und  Besiegung  von  Ku$:  Nahum 
8,  8—10.  Die  Eroberung  Aegyptens  erwähnt  auch  Ahydenas  bei  Ea- 
sebias  I,  35.  25.  ~  Zu  den  Titeln  Asmrhaddon^s  vgl.  K6F.  282  fil 
»  Im  allgemeinen  s.  Oppbrx,  H6m.  sur  les  rapports  de  TEgyp^ 
et  de  rAesyrie  1869  [mir  unzagänghch].  Asaurbanipal*«  Berieht  Ober 
den  aegyptischen  Feldzug  ist  auch  von  Haupt,  ÄZ.  1888,  85  ff. 
flberaetzl. 


ÄsMurliaddun  in  Aegypten. 


477 


§.  301.  Am  12.  Ijjar  (April)  668  v.  Chr.  legte  Assar- 
haddon  die  Regierung  nieder.  Ueber  die  babylonischen  Pro- 
Tinzen  setzte  er  seinen  illegitimen  Sohn  Samassumukin  (Ptol. 
£aoo9o6xivoc,  Beross.  Sammuges)  als  Vicekönig,  die  Krone  des 

assyrischen  Reichs  erbte  Assurbanipal  ("1£)jDN  E^ra  4, 10).  Der 
Thronwechsel  ermutbi^te  Taharqa,  die  Wiedergewinnung^  Ae- 
gyptens zu  versuchen.  Mentuemha't  (ass.  Mantimeanche),  der 
Gouverneur  von  Theben^  begrüsste  ihn  als  Befreier.  Auch  Mem- 
phis wurde  gewonnen  und  in  Theben  konnte  man  Restaurations- 
arbeiten in  Angriff  nehmen  (Mariette,  Eamak  p1.  42 — 44). 
Jedoch  war  dt-r  Erfolg  nicht  von  Dauer;  ein  von  Assurbanipal 
entsandtes  Heer  schlug  die  aetbiopischen  Truppen,  Taharqa 
musste  nach  Theben  fliehen,  vermochte  sich  indessen  auch 
hier  nicht  zu  halten  (um  667  v.  Chr.).  Freilich  versuchten 
jetzt  mehrere  aegyptische  Fürsten,  Necho,  Paqrur  von  Pisept, 
Sarludari  von  Tanis  (?,  ass.  Srnu),  die  Fremdherrschaft  zu 
stürzen  und  Taharqa  wieder  zurückzAd'üiireii;  aber  die  assyrischen 
Generale  kamen  ihnen  zuvor,  Necho  und  Sarludari  wurden 
gefangen,  die  rebellischen  Städte  arg  heimgesucht.  Assur- 
banipal hoffte  in  Necho  eine  feste  Stutze  seiner  Herrschaft 
gewinnen  zu  können;  vermuthlich  auf  die  Kunde  von  aetbio- 
pischen Rüstungen  entliess  er  ihn  reich  beschenkt  aus  der 
Gefangenschaft  und  setzte  ilm  wieder  in  sein  FürsUnthum  ein. 

Fi'^r  ilie  Tieschictite  Assurbanipals  findet  sich  das  meiste  Material 
bei  Smith,  History  of  Assiirh.  1871  zusammengestellt ;  dazu  Ass.  317  fT. 
Zu  den  zusammenfassendpn  Erznhliingen  der  Cylinder  (III  H.  17  —  27. 
80—84.  V  11.  1  —  10),  die  nach  Feldzugeii  ohne  chronolntrisrlie  Datining 
^'prinliift  sind,  kommen  die  mehrfach  abweichenden  tinii  zuverlässigeren 
HfTiohte  Qber  einzehie  Feidznge,  ferner  Aktonstücke  u.  ä.  (III  H.  28  f. 
35-38.  IV  R.  52-  54.)  VkI.  weiter  §.  457.  -  Nach  einer  Tafel  bei 
Smith,  Epon.  Han.  p.  1G4  liälle  Assarhaddon  schon  hei  seinem  aegypti- 
schen  f  ehizuge  den  Assurbanipal  zum  Milregenten  ernannt. 

§.  392.  Im  Jahre  664/3  starb  Taharqa;  ihm  folgte  sein 
schon  betagter  Stiefsohn  Tandtamon  ((Jrdamani,  §.  382).  Ein 
Traum,  der  ihm  die  Doppelkrone  verhiess,  so  berichtet  er  in 

einer  Inschrift,  veranlasste  ilin  ^deich  zu  Anfang  seiner  Re- 
gierung, sein  Heer  von  Napata  gegen  Aegypten  zu  führen. 


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478 


FfinflM  Boefa,  Tlfifter  AlMcbiiitt. 


In  Theben  fand  er  keinen  Widerstand,  vor  Memphis  wurden 
die  feindlicben  Truppen  geschlagen  und  die  Stadt  genommen. 
Wahrscheinlich  hat  bei  diesen  Kftmpfen  auch  Necho,  der 

mftchllgste  der  assyrischen  Vasallen «  seinen  Tod  gefunden; 
ilerodot  berichtet,  er  sei  von  dem  Aethiopenköni^  getcxUet 
worden  (II,  152),  und  nach  Manetho  >Uub  er  063  v.  Chr. 
Dagegen  misslang  der  Versuch,  auch  die  Deltastädte  zu  er- 
obern ;  aber  ein  Theii  der  Vasallen ,  unter  ihnen  Paqnir  von 
Pisept,  begab  sich  nach  Memphis  an  den  Hof.  Die  In- 
schrift Tanütamon*8  berichtet  nur  too  der  langen  theologi** 
sehen  Auseinandersetzong,  die  der  König  yoi  ihnen  gdialten 
habe,  und  wie  sie  dann  wohl  bewirfhet  jeder  wieder  In 
seine  Stadt  gezogen  seien.  Das  weitere  wird  verschwiegen; 
Asfiurbanipars  Anrialtn  lehren,  dass  der  schwache,  von  theo- 
logischen Phantasien  vollkutnnjen  beherrschte  Fürst  vor  dem 
assyrischen  Meere  das  Land  ohne  Schwertstreich  räumte  und 
in  seine  Heimath  ziirückkehite.  Damit  hatte  die  Aethlopen- 
herrschaft  für  alle  Zeiten  ihr  Ende  erreicht  (um  662  v.  Chr.); 
Theben  M  aufSs  neue  in  die  Hände  der  Assyrer  und  reiche 
Beate  wurde  nach  Nini?e  fortgeföhrt.  Die  Erinnerung  an 
den  Abzug  der  Aethiopen  hat  sich  bis  auf  späte  Zeiten  be- 
wahrt: dem  Herodot  erzählten  die  Priester,  Sabako,  der  Re- 
präsentant der  Aethiü|»eiilj(  rr  ( haft,  habe  nach  fünt'Eigjähriger 
Regierung  in  Folge  eines  Traumes  Aegypten  freiwillig  geräumt 
(Her.  II,  139  =  Diod.  I,  65).  Dass  in  Folge  dessen  das  Land  in 
die  Hände  der  Assyrer  fiel,  haben  sie  ihm  lireilich  verschwiegen. 

Assurbauipai's  Angabpn  imd  ilie  «n-^».  Trauinstele  von  Napata, 
Mariettk,  Mon.  div.  7  f.,  erganzen  sich  ;'»';_'t'iiseitip.  In  letzterer  heissea 
die  Feinde  ZI.  17  mesii  beden  wie  Mauiotk,  Karnaic  44.  4H.  In  Euse- 
bius* Ausziiif  aus  Manetho  erscheint  TanAlanien  =  ürfl  iüiaiii  als  *A;i- 
idptiz  AL\)>to«^,  der  nach  Tabarqa  zu  Ahliinj  der  20.  Dynastie  [richtiger 
wohl  parallel  mit  ibrj  sw5lf  Jahre  regiert.  Dats  bei  Maaetho  die  Re- 
gierung Tabarqa's  verkflnt  iat,  um  die  entea  Hemeher  foa  Dyn.  96 
untenabringen,  ist  §.  858  bemerkt.  Die  Aesfrarhenechaft  wird  bei  ihm 
nicht  erwthnt,  gehört  auch  in  die  Kdoigslista  nicht  hinein.  —  In  der 
gegenfibefstehenden  Üebenicbt  eind  die  nicht  lu  den  manethonieehen 
Dynastien  gehörenden  PQrslen  nicht  mit  aul^tefllhrt 


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TanüUinon  and  Assurbanipal. 


479 


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480 


Fünftes  Bodi»  viefter  Abfefanltt 


Assyrien  unter  Assurbanipal. 

§.  393.  Nahezu  ein  Jahrzehnt  scheint  die  assyrische 
Herrschaft  über  Ac^^yptcn  bestanden  zu  haben.  Während  dieser 
Zeit  ist  sie  auch  auf  anderen  Gebieten  nirgends  erschüttert 
worden.  Der  Köoig  Ba'al  voa  Tyros,  den  Assarhaddon  nicht 
wieder  unterworfen  zu  haben  scheint  (§.  390),  wurde  ge- 
zwungen, sich  in  die  assyrische  Yasallenschaft  anfs  neue  zu 
fOgen,  Jakinltt  von  Arados  wurde  abgesetzt  und  die  Herrschall 
seinem  Sohne  Aziba*al  übergeben.  Die  Könige  Mugalla  von 
Tabal  und  Sandasar(?)mi  von  Kilikien,  welche  zu  Assarhad- 
don's  Zeit  un  bot  massig  g(  u  esen  zu  sein  scheinen  —  Assar- 
haddon hat  einmal  in  Kilikien  Krieg  geführt  (J^.  389)  — 
sandten  ihre  Töchter  mit  reichen  Gaben  in  den  Harem  des 
Grosslcdnigs.  An  der  (Ssllichen  Grenze  erfahren  wir  Ton 
K&mpfen  gegen  die  [sonst  unbekannte]  Landschaft  Karbit, 
deren  Bewohner  nach  Aegypten  verpflanzt  wurden,  und  vor 
allem  gegen  den  Maonaeerfürsten  AchiM  Sein  Gebiet  wurde 
▼erwüstet,  mehrere  früher  von  den  Mannaeern  eroberte  Gronz- 
orte  zurückgewonnen;  der  Köm^  selbst  wurde  von  Uebellen 
erschlagen,  sein  Sohn  Ualti  unterwarf  sich  und  zahlte  Tribnt. 
Im  Anschluss  daran  wurden  auch  mehrere  medische  Stanun- 
försten,  darunter  die  Sölme  des  Gägi  von  Sachi,  sowie  rebel- 
lische Grenzgebiete  zum  Gehorsam  zurückgebracht 

g.  394.  So  steht  Assurljanipal  an  Macht  und  Ansehen 
seinen  Vorgängern  mindestens  gleich ;  aber  der  Charakter  der 
Regterang  hat  sich  völlig  geftn^rt.  Waren  die  früheren  As- 
Syrerkönige  in  erster  Linie  leidenschaftliche^  Ki-iegsfürsten  und 
gewaltige  Eroberer,  so  ist  Assurbanipal  ein  durchaus  fried- 
licher Herrscher.  Während  seine  Heere  Aegypten  erobern  und 
die  Mannaeer  bezwingen,  sitzt  er  ruhig  in  seinem  Palast  zu 
l^inive  und  freut  sich  der  Vermehrung  seines  Harems,  höch* 
stens  nach  gewonnenem  Siege  erscheint  er  auf  dem  Kriegs- 
schauplatz; dagegen  Ifisst  er  in  den  offiziellen  Berichten  8k:h 
selbst  die  Thaten  seüier  Generale  zuschreiben.  Seine  Interessen 


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Cliarakter  Aäburbauipal's.  Bauten. 


481 


liegen  durchaus  auf  literarischem  Gebiete.  Von  Jugend  auf 
war  er  ein<]^e\veilit  in  die  Wissenschaft  des  Nebo  und  der 
Tapmit,  in  alle  Gelieirunisse  der  Schreibkunst;  unermüdlich 
sorgte  er  für  die  Sammlung  einer  grossen  Bibliothek,  für  die 
Zusammenstellong  und  Uebertragfung  der  altbabylonischen 
Uteraturwerke,  für  die  Erhaltung  alter  Urkunden.  Ihm 
danken  wir  es,  dass  uns  von  der  babylonisch -assyrischen 
Literatur  so  bedeutende  Ueberreste  erhalte  sind.  Im  Qbrigen 
betrachtet  er  sich  als  den  auserwählten  l/iehling  der  Götter, 
die  ihm  durch  Träume  und  Orakel  ihren  Willen  verkünden 
und  •  seine  Handlunfren  hestinimen :  mehr  noch  als  seinen 
Vorgängern  ist  ihm  jeder  Gegner  oder  Rebell  ein  Feind  der 
Götter,  fährt  er  seine  Kriege  im  Namen  des  Assur  und  der 
Utar*  Dem  entspricht  es,  dass  er  gegen  die  Fefaide  mit 
schonungsloser  Grausamkeit  verflUvt.  Auch  die  fröheren 
Könige  haben  ihre  Freude  an  barbarischen  Executlonen; 
aber  bei  Assurbanipal  treffen  wir  das  eigenthümliche  Raffine- 
ment» welches  verweichlichte  Despoten  charakterisirt.  So  Hess 
er  in  späteren  Jahren  einmal  vier  gefangene  KcMiige  an 
seinen  Wagen  spannen  und  sich  von  ihnen  in  den  Tempel 
ziehen.  Das  alles  sind  Symptome  des  Verfalles  der  Königs- 
gewalt, dessen  Folgen  nicht  lange  ausblieben.  Die  Gestalt 
des  Saidanapal,  wekhe  die  griechische  Sage  aus  Assurbanipal 
gemacht  hat,  ist  allerdings  emseitig  und  übertrieben;  aber 
noch  weniger  entspricht  er  einem  A§§umasirpal  und  Salma- 
nassar II.,  einem  Tiglatpileser  und  Sargon,  mit  denen  die 
Neueren  ihn  auf  eine  Linie  gestellt  haben. 

In  den  Alterai  Berichten  über  die  Kriege  gegen  Aegypten  werden 
dieselben  von  den  assyrischen  Generalen  geführt,  nach  den  Cylindem 
hätte  der  Kßnig  selbst  an  der  Spitze  gestanden;  eine  gleiche  Differenz 
findet  sich  bei  dem  Krieg  gegen  die  Mannaeer  (Smith,  Assurh.  p.  ^^). 
Aebnliches  echeint  übrigem  acbon  unter  Sargon  vorzukommen ;  g.  375  Anm. 

§.  395.   Als  Bauherren  stehen  die  letzten  Assyrerkönige 

ihren  Vorgängern  nicht  nach ;  sie  konnten  die  grossen  Schaaren 

der  Opfangciien  und  die  aus  ihrer  Heimath  fortgefülirten 
Stämme  für  ihre  Bauton  verwenden.    Meist  residiren  die 

Meyer,  Geschichte  des  Altertliuma.  I.  31 


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482 


Fünftes  Boeh,  vierter  Abiehiiitt 


Kdnige  jetzt  in  Ninive;  daher  kommt  es,  dass  diese  Stadt 
den  Sp&tereo,  spedeU  deo  Griechen,  als  uralte  und  einzige 
Hauptstadt  Assyriens  gilt  Hier  hat  Sanherib  gleich  zu  An- 
lauf' seiner  Regierung  den  alten  verfallenen  Palast  der  älteren 
Könige  vollkommen  umgebaut  und  das  grösste  assyrische  Bau- 
werk gescliRffeii.  Dieser  .«otr.  Sfidwestpalast,  der  den  Namen 
Bit-riduti  tüiirt,  ist  später  von  Assurbanipal  restauriit  wor- 
den, der  hier  seine  Bibliothek  bewahrte  und  daneben  noch 
einen  zweiten  Bau,  den  sog.  Nordpalast,  aufföhrte.  Auch 
Sanherib  hat  sich  In  dem  von  Noidninive  (Kujundsefaik)  durch 
den  Bach  Gfausur  (jetzt  Chöeer)  getrennten  südlichen  Stadt- 
theil  (Nebi- Junus),  wo  zuerst  Ramannirari  III.  gebaut  hat, 
einen  zweiten  Palast  errichtet.  Derselbe  ist  von  Assariiaddon 
erweitert  worden  und  ^jtvvnwai  tig  noch  wenig  erforscht.  Zu 
seiner  eigentlichen  Residenz  aber  hatte  dieser  Herrscher  Ka- 
lach  ausersehen,  wo  er  den  grossen,  niemals  Tollendeten  Sud- 
westpalast  anlegen  liess,  (Ür  den  die  Platten  vom  Gentralpalast 
Tiglatpileser's  II.  verwendet  wurden. (§.  380).  Andere  kleinere 
Bauten,  wie  die  von  Assarhaddon  fUr  seinen  Sohn  Assorbanipal 
angelegte  Residenz  in  Tarbis  (Serif-chän) ,  Tempel  u.  ä. 
brauchen  hier  nicht  anftrfzälilt  zu  werden.  Wiclitiger  sind 
die  mächtigen  Belestigungen  Ninive"*.  welche  Sanherib  an- 
gelegt und  Assurbanipal  restaurirt  haU  Enie  gewaltige,  nahezu 
zwei  Meilen  lange  Mauer  umschloss  das  lang  hingestreckte  Recht- 
eck Ton  Ninive  (hei  Xenophon  MioxtXa,  jetzt  Ki^qundschik  und 
Nebi  Junus).  Die  Didce  der  Mauer  hetrug  50  Fuss.  Die  Grund- 
lage his  zur  Höhe  von  50  Fuss  hildeten  behauene  Sandstein- 
Wöcke;  darauf  erhob  sich  eine  nach  Xenophon's  Angaben 
noch  weitere  100  Fuss  hohe  Mauer  von  Ziegelsteinen.  Die 
Westseite  der  Stadt  war  iliiirh  il:u  Tigris,  der  Osten  durch 
eine  Reihe  vorliegender  Wälle  und  Gräben  gedeckt.  Zahl- 
reiche ron  Sanherib  angelegte  Canäle  sorgten  für  die  Be- 
wftsserung  der  Hauptstadt  und  ihrer  Umgebung.  Auch  Ka* 
lach  (Xen.  AAptooa)  und  Dth>§arrukin  waren  stark  befestigt, 
während  die  alte  Landeshauptstadt  Assur  jetzt  ganz  in  den 
Hintergrund  getreten  zu  sem  scheint. 


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Kinive.  Das  Reich  filam. 


483 


Zwischen  Ninive  und  Kalach  kig  nach  Gen.  12  iicich  der  Ort 
Resen  (Selamlje ?).  Schii  ltrun^  des  Treibens  in  Ninive:  Nahum  2.3. 
Sonst  kommt  ausser  den  liuiueii  und  den  Berichten  der  Assyrer  nur 
noch  die  Beschreibung  der  Trümrnerslüdte  bei  Xenophon  Anab.  III,  4, 
7—12  in  Betracht ;  die  Angaben  des  Ktesias  und  der  späteren  Griechen 
sind  ebenso  werthlos  wie  die  des  Buches  Jona. 


y .  Vorderaaien  zur  Zeit  des  aasyriachen  Reiche. 

Die  Nachbarstaaten  Assyriens:  Eiam,  Armenien,  Kleinasien. 

§.  396.  Wie  wdt  sieh  das  myrisebe  Rdeli  naeh  Osten 

erstreckt  hat.  lässt  sich  nicht  bestimmen;  aiiffii Henri  ist 
naiuentlich,  aber  doch  wohl  nur  zufällig,  dass  das  kaä})iaeiie 
Meer  hei  den  späteren  Königen  nie  erwähnt  wird.  Im  allge- 
meinen wird  Medien  bis  in  (h'e  Nähe  der  grossen  mittelirani- 
schen  Wüste  den  Geboten  der  Assyrer  gehorcht  haben.  Nach 
Süden  za  grenzt  an  die  Vasallenstaaten  nnd  die  bahyJoniseheD 
Provinzen  das  mächtige,  oft  bekämpfte,  9b&t  bisher  nie  be- 
zwungene Heieh  von  Elam  (griech.  Elymaea),  oder  wie  es  in 
der  einheimischen  Sprache  genannt  zu  werden  scheint,  Anzan 
(hab.  Ansan ,  §.  129).  t^s  sind  die  Nachkommen  der  alten 
Könige,  die  zu  Ende  des  dritten  Jahrtausends  Babyluaien 
unterwarfen  (§.  135  ff.),  welche  hier  gebieten.  Mehrere 
von  ihnen,  darunter  Kudumachundu,  der  Sohn  des  Satruk- 
nachundu  (§.  376.  885),  sowie  mehrere  sonst  nicht  bekannte 
Herrscher  haben  uns  Ziegelinschriften  hinterlassen,  in  denen 
von  ihren  Tempel-  und  Mastbauten  in  Susa  die  Rede  ist 
Von  einer  wirklichen  Entzifferung  derselben  kann  übrigens 
noch  nirgends  die  Rede  sein.  Auch  wissen  wir  nicht,  ob 
die  Fürsicii.  w  elche  an  den  Felswänden  dtv  noi  ii  <(  In  wenig 
erforschten  Hochebene  von  Mälämir  (am  oberen  Kariin)  In- 
schriften hinterlassen  haben,  mit  den  Herrschern  von  Susa 
identisch  sind  oder  vielleicbt  über  ein  gesondertes  Reich  ge- 


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484 


Fanftat  Bueh,  (Onlter  Abwlinitt. 


boten.  Auch  sonst  bergen  Susiana  und  das  elymaeische  Gc- 
birgsland  noch  manche  unerforschte  Tumuli  und  FelsmotQu- 
mente,  die  Ueberreste  aus  der  Epoche  der  nationalen  Selb- 
stftndigkeit  s&n  dürften.   Die  Fürsten  von  Sosa  hüben  das 

unbestreitbare  Verdienst,  die  von  Assyrien  droliende  Gefahr 
klar  erkannt  und  ihr  wieder  und  wieder,  wenn  auch  häufig 
oOenbar  mit  unzureichenden  Mittehi,  entgegengetreten  zu  sein ; 
aber  schiiesslich  haben  sie  in  diesem  Kampf  ihren  Untergangs 
gefunden. 

SiudtelM  IiMohfillffii:  Lbroiuiaiit,  Ghobi  de  textas  emiAifonii«»  II; 

VOD  H^mir:  Lavard,  Inscr.  31  f.  SC  f.    EntidlliBraiigBverBiiche  von 

Opfert  in  Congrt's  intern,  des  Oneiif.  .'i  Pnris  II,  179.  RP»  VÜ;  Satcx, 
TrSBA.  III,  465.   Dass  Anzan  in  den  Inschriften  LAndeaname  ist,  bat 

f^ATcK  richtig  erkannt.    Auf  dem  Cylinder  Naboned's  Proc.  SBA.  7.  Nov. 

1^82.  ZI.  27  hei^^t  Kyros  König  von  Anzati.  während  die  Babvloiiier 
sein  Heich  sonst  Ausan  nennen;  vgl.  \\»'iler  Hawlinson,  Joum.  Äs.  Soc. 
NS.  XII,  75  fr.,  Dnnzsnt,  Par.  :i21.  —  Ueher  die  .AlferthfiriM. r 
t^usiana's      vor  iillpin  dl  Bo]«^:,  Travels  in  Luhstan  and  Arabistan.  IS-iö. 

397.  £ine  ähnliehe  Stellung  wie  Elam  im  Südosten 
nahm  im  Norden  das  Reich  von  Urartu  ein.   Wir  haben 

* 

gesehen,  wie  dasselbe  durch  Tiglatpileser  II.  und  Saigon  am 

seiner  Grossmachtsstellung  gedrängt  wurde.  Messen  wr- 
nichtet  war  es  <l>miit  keinoäwcjrs,  und  in.N  innere  Armenien 
<:ind  die  assyriaiheii  Ifoere'  seit  Assurnasirpal  und  Salma- 
nassar  II.  nie  wieder  eingedrungen.  <  JtTenbar  war  man  still- 
schweigend oder  durch  einen  Vertrag  zu  einer  Abgrenzung 
der  beiderseitigen  Machtgebiete  gelangt,  und  officieU  bestand 
ein  freundDches  Vorh&itniss  zwischen  beiden  Staaten,  das 
2.  B.  unter  Assurbanipal  in  Gesandtschaften  der  Könige  Rnsft 
(um  655,  Smith,  Assnrb.  147)  und  Sardun  DI.  (um  640)  nach 
Ninive  ihren  Ausdruck  fand.  Doch  hinderte  das  natürlich  nicht, 
dass,  wie  einzehie  uns  erhaltene  Depeschen  von  Statthaltern  der 
Grenzgebiete  lehren,  die  Assyrer  alle  Vorgange  in  Armenien  mit 
Misstrauen  verfolgten,  oder  dass  der  König  von  Urartu  die 
Mörder  Sanherib's  hei  sich  aufnahm  und  auch  sonst  jeden- 
faUs  bei  allen  politischen  Vorgängen  an  der  Nordgrenae,  z.  B. 
dem  Kampfe  des  Fürsten  von  Ukko  gegen  Sanherib  (§.  386), 


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Dm  Aeleb  Urvtu.  Phrygien. 


485 


seine  Hand  im  Spide  hatte.    Denkmäler  besitzen  wir  nur 

noch  von  dorn  eben  erwähnten  Rusa,  dorn  Sohne  des  Etiiiieniis 
und  Enkel  des  Argistis  11.  (§.  ;i74),  der  in  Managerd  südlich 
A  on  Wan  einen  Tempel  gebaut  bat  (Sayce,  Journ,  R.  As. 
Soc.  XIV,  G53  ff.). 

Von  den  armeniichen  VerbAltniflsen  hudelt  der  Beriebt  des  Statt* 
halters  Paebirbel  Ton  Amida  an.Sanfaerib:  Siirni,  Ass.  Diee.  809,  und 
der  fint  v5l]ig  unyersttedliebe  des  Sanberib  (an  Ai8arbaddoii?)IV  R.  H,  Z, 
den  PincBEB,  TiSBA,  VI,  213  su  flbemetsen  ?ersueht  bat  [derselbe  liest 
das  Ideoiramm  für  Urar^n  flilscblicb  Akkad}. 

§.  398.  Weniger  klar  sind  die  Verhältnisse  westlich  vom 
£uphrat.  Im  Södea  grenzt  [das  rauhe]  KUikien,  weiter  nörd- 
lidi  die  Fürstenthflmer  der  Tabal  und  Moecfaer  an  die  as- 
syrischen Provinzen.  Die  Herrscher  dieser  Gebiete  shid,  wie. 
wir  wissen,  wiedoriholt  besiegt  worden,  namentlich  von  Sar- 
gen, sie  zahlen  gelegentlich  Tribut  nach  Ninive,  doch  ohne 
^1  .5>  ein  festes  Abhängigkeitsverhältniss  bestanden  liätte.  Von 
einer  Ausdehnung  dei-  assyrischen  Macht  bis  ans  schwarze 
Meer,  wie  sie  unter  Tiglatpileser  I.  bestanden  hatte,  ist  nie 
<iie  Rede,  was  um  so  auffallender  ist,  da  die  Griechen  die 
Küsten  des  Pontos  am  Thermodon  und  Halys  und  -specietl 
die  Gegend  von  Sinope  Assyria  nennen  und  sogar  die  sp&tere 
Bevölkerung  der  Halys-  und  Irislandschaft ,  die  Eappadoker, 
mit  dem  Namen  Assyrer  oder  abgekürzt  Syrer  (in  späterer 
Zeit  weisse  Syrer)  bezeichnen.  Welche  Verliältnissc  hierzu  den 
Anlass  gegeben  haben,  ist  zur  Zeit  noch  völlig  unklar« 

Ueber  die  Assyrer  und  Syrer  am  Pontos  &  Nölbbr  in  Hermes  V. 

§.  399.  Von  den  Staaten  des  wesllichen  Kleinasiens,  die 
mit  dem  assyrischen  Reiche  nicht  in  Verbindung  standen,  so 
wenig  sie  sich  auch  seinem  £ittiluss  werden  haben  entziehen 
können,  hat  uns  nur  die  Sage  eine  dunkle  Kunde  bewahrt 
Vor  allem  berichtet  dieselbe  von  einem  phrygischen  Reich  in 
der  kahlen  aber  fruchtbaren  Hochebene,  die  das  Quellgebiet 
des  Sangarios  bildet.  Als  seine  ältesten  Herrscher  gelten 
der  Bauer  Gordias  (§.  25     und  sein  Sohn  Midas,  der  Er- 


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486  FanA«8  Buch,  fOnaer  AbscbiutU 

bauer  des  Tempels  der  Göttermutler  in  Pessinus  (Diod.  III.  .^O), 
der  Begründer  ihrer  Mysterien«  Ihm  zu  Ehren  ist,  wi  lie 
Inschrift  lehrt,  (von  einem  q^Lteren  Herrscher  an  der  Fei^ 
wand  Jasylykaja  in  der  Nähe  derSangariosqueUen  (bei  Kumbet) 
ein  mit  einein  mäanderarügen  Teppichmaster  geschmücktes 
Monmnent  hergestellt,  an  dem  unten  der  Eingang  m  efnor 
Grubkammer  angebraclit  ist.  Letztere  selbst  ist  nie  ausse- 
gehauen  worden,  das  Ganxe  also  zweifellos  ein  Kenotapii  lür 
den  BepTundei'  der  Dynastie.  Tn  der  Nähe  befinden  sich 
andere  ähnlich  decorirte  und  zum  Theil  gleicht'ails  mit  Iq-^ 
Schriften  versehene  Felsgräber,  Tennuthlich  meist  Königsgr&ber. 
Das  südliche  Phrygien  mit  den  sagenherühmten  StAdten 
laenae  und  Ikonion  hat  schwerlich  zu  diesem  friedlichen  Staate 
gehört,  ebenso  wenig  die  Landschaften  an  der  Propontia 
(Askanien). 

Das  fliab  des  Mida?«  ist  von  Lfakf  (Journal  of  a  Tour  in  Asia 
Minor)  entdeckt  und  auch  bei  Texieb,  Descr.  de  TAs.  Min.  |)L  56  [refti- 
ficirt  von  Perrot,  Fxplorat.  de  la  Bithynie  p.  112]  publicirl,  ebenso  die 
anderen  Gräber.    Vgl.  aucli  Hnrtn,  Erdkunde  XVIU,  635  ff. 

9.  400.  An  der  Westküste  hat  sich  nur  in  Lydien  eiD 
grösserer  Staat  gebildet.  Vielleicht  bestand  ursprünglich  am 
Fusse  des  Sipybs  ein  eigenes  Reich,  von  dem  sich  in  der 

[nachhomerischen]  Sage  von  der  Herrschaft  der  Tantal  iden 
eine  Spur  erhalten  haben  mag.  Ihm  dürften  mehrere  alte 
Grabbauten,  vor  allem  das  »Tantalos^^rab*  (vgl.  §.  100),  an- 
gehören. Zu  grösserer  Bedeutung  gelangte  das  Reich  von 
Sardes.  Seine  Herrscher  führten  ihr  Geschlecht  auf  den 
Sonnengott  (Herakles)  zurüciL;  wie  es  scheint,  war  es  semiti- 
schen (cfaetitischen)  Ursprungs  (§.  256  f.).  Zahbreiebe  Sagen 
und  Märchen  von  den  Fürsten  dieser  Dynastie  smd  uns  er* 
halten;  historische  Thatsachen  lassen  sich  nicht  gewinnen. 
Grössere  Macht  hat  es  nie  besessen,  z.  B.  im  den  Versuch 
gemacht,  die  blühenden  griechischen  Städte  an  der  Küste  sich 
zu  unterwerfen.  Weiter  südlieh  scheinen  in  Karien  die  länd- 
lichen Gaugenossenschaften,  die  zum  Theil  unter  eigenen 
Dynasten  stehen,  politisch  noch  selbständig  gewesen  zu  sein. 


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Lydien.  Handetaverhiltnime. 


487 


wihrend  sich  in  Lykien  ein  reiches  Städteleben  TOIItg  nach 
der  Art  und  ytelleicht  unter  dem  Einfluss  des  griechischen 

entwickelte. 

Zur  Kritik  der  lyd.  Gesch.  s.  §.  412.  Die  Dynastie  <ier  Atyaden, 
wolche  Herodot  den  Heraklideii  vornngehen  Iftas! ,  ist  rein  mythisch  und 
bestritt  ans  einem  Strimmhauni.  der  die  Eponymen  der  ?Mnzehien  lydi.schen 
stiiüitne  an  den  Urmeuscben  Manes  (§.  250)  und  seiueu  Sobn  Atys  an- 
knüpft. 

Handel  und  Verkehr.  Das  Sabaeerrelcli. 

§.  401.  Schon  frfiber  haben  wir  die  IJaliiien  und  For- 
men kennen  gelernt,  in  denen  Handel  un(]  Vn  kehr  in  Vorder- 
asien seit  uralter  Zeit  sich  bewegten.  Die  Aufrichtung  des 
grossen,  festorganisirten  Assyrerreichs  konnte  dem  Gedeihen 
des  Landhandels  nnr  förderlich  sein.  In  Ninive  treffen  sich 
die  Kaufleute  aller  Nationen;  »m^r  sind  ihre  Hfindler,  denn 
die  Sterne  des  Himmels«  sagt  Nahum  (3,  16).  Die  erste 
Stelle  aber  unter  den  Handelstreihenden  nehmen  wie  Tor 
Alters  die  Aramaeer  ein.  Damaskos,  Hamät,  Karkainis, 
Charran  treten  uns  übeial]  als  die  grossen  Handelscentren 
entgegen,  und  in  den  Hauptstädten  Assyriens  wie  in  Babylon 
treffen  wir  zahlreiche  Kaufleute  aramaeischen  Ursprungs.  Es 
ist  bezeichnend,  dass  in  Ninive  nicht  nur  nach  »königlichem 
Gewicht«,  sondern  das  Silber  daneben  auch  nach  »Minen  von 
KarkamiS«  verrechnet  wird.  So  ist  das  Aramaeische  —  das 
ja  nicht  nur  in  dem  weiten  Onlturland  von  Damaskos  bis 
zum  Ghaboras.  sondern  aucb  von  zabliuiclien  Nomadenstäm- 
men  MesofiotLiniiens  und  Bubyloniens  gesprochen  wurde  — 
dazu  gekommen,  die  allpremcine  Verkehrssprache  in  Vorder- 
asien zu  werden,  die  z.  B.  den  assyrisciien  wie  den  jüdischen 
Staatsmännern  geläufig  ist  (Reg.  II,  18,  26).  Es  kommt  hinzu, 
dass  dasselbe  mit  einem  rein  phonetischen  Alphabet  ge- 
schrieben wurde  und  daher  die  Schrift  leicht  zu  lernen  und 
zu  handhaben  war.  Ganz  alhnfihlich  beginnt  daher  das  Ara- 
maeische in  der  ganzen  semitischen  CulturweK  die  einheimi- 
schen Sprachen  zu  verdrängen;  neben  die  von  den  Assyrer- 


488 


FQnftes  Buoh,  fllnller  AbMhnitt 


königen  so  gewaltsam  betriebene  NiFeSining  der  Völker  tritt 
die  langsame  Assimilation  auf  friedlichem  Wege. 

Ueber  (]ie  rahlreichen  aus  Assyrien  und  Babylonien  sUminenden 
l'rkmidw  über  private  Kauf-,  Leih-  tmd  Geldfre^^ehäfle  «.  vor  allem 
Oi'i'KHT  et  Mknant,  DücumeTTts  jaridiques  de  l'Ass.  1877.  Die  Interpretation 
Iii  oft  -elir  schwierig;  vgl.  über  die  babylonischen  sog.  E?ihitar»'lii  »U»' 
^'anz  vers' hiodene  Auffassung  von  Bos<:awen  und  Piv' ute  eiueibeiL» 
(TrSBA.  VI,  1.  484;,  Opi  eht  andererseits  (Journ.  as.  VII,  l.">,  548».  Zum 
labalt  vgl.  KüULER.  Rechtshistor.  und  rechtsvergleicbeude  FürscUungen, 
in  Z.  f.  vgl.  Raehlsw.  IIL  Zu  der  Sprache  der  aramaeischen  InsehriAen 
aaf  deofleUten  vgl  NOldeu^  ZDM.  XXXtn,  821.  —  Die  Miae  von  Rar> 
kamift  ist  nach  Hui»*«  Vannuthinif  Academy  XVI,  876  die  leichte  baby- 
loniaehe  SUbennine  too  561  Gramm,  die  Kroeeos*  HOssovdnmtg  ta  Grande 
liegt;  anders  LBfotuuHT,  monnaie  dans  rantiqoit^  I,  112,  Hcltsch, 
Metrol. '  418.  —  Nebenbei  bemerke  ich,  date  das  Assyrisebe  In  der  spl^ 
terai  Zeit  keine  aussterbende  ^iracbe  war  (NduiBa),  wohl  aber  stark 
abgesebliffen,  etwa  wie  das  Neuaegyptische  oder  das  TnlgArs  Arabiaeli. 
So  hat  man  unter  Tiglatpileser  I.  die  Casusendungen  noch  gesprochen 
oder  dücli  wenigstens  rorroct  gesrhrie!)en ;  «chon  unter  Assuriiasirpal 
aber  sind  sie  vöUip  ah^et'allt^n ,  und  die  Snlireiher  hangen  daher  von 
jetzt  an  jedem  Substantiv  ad  libitum  irgend  eine  Endung  an. 

§.  402.  Dass  liiindelspolitisuhe  Jnlercsseii  bei  den  Kriegs- 
züsren  der  Assyrer  namoutlicli  in  Syrien  und  gegen  die  phoe- 
iiikisclien  Städte  eine  bedeutende  Rolle  t^piclten,  liegt  au! 
der  Hand.  Wie  zur  Zeit  des  aegypiischen  Reichs  Gypern 
seinen  Tribut  an  Dliutmes  III.  sandte,  haben  ?chon  unter 
Sargon  die  Fürsten  der  cyprischen  Städte  die  Oberhoheit  As> 
Syriens  anerkannt,  um  sich  den  HandelsTerkehr  mit  dem 
Festland  zu  sichern.  Im  Jahre  709  erschienen  die  Abge- 
sandten von  sieljen  cy|)riscIi(Mi  Fürsten  mit  reichen  Geschenken 
in  Bal.)ylün  vor  Sargon,  und  dieser  schiekle  sein  [jetzt  in 
Herlin  betindlielies]  mit  Siegesinschrilien  vcrseiieues  Steinbild 
hinüber,  um  es  in  Kition  auirichten  zu  lassen;  wie  es  scheint, 
war  um  diese  Zeit  Kition  von  Tyros  abgefalleii  (§.  357). 
Wenn  dann  Sanherib  berichtet,  dass  er  seine  £uphratflotte 
(g.  885)  mit  tyrisdien,  sidonischen  und  griechischen  [ionisdien] 
Matrosen  bemannt  habe,  so  sind  mit  den  letzteren  wohl 
Gyprier  gemeint.  Unter  Assarhaddon  und  Assurbanipal  werden 


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Qjrpfltn.  Dttfi  SabMenreicb. 


4B9 


regeimftssig  zehn  tributäre  Heri*scber  von  Cypern  aufgeführt, 
von  denen  sich  der  König  Etewandros  (ass.  Itüandar)  von 
Paphos  in  der  Insehrift  eines  goldenen  Armbandes  von  Karton 
wiedergefunden  hat  Kitioo  wird  m  den  Listen  nie  erwähnt, 
da  es  jetzt  wieder  den  Tyriem  gehorchte. 

Vgl.  ScRRAOEa,  &QF.  242  ff.  Abh.  Berl«  Ak.  187»,  31  ff. 

§.  403.  Auch  den  zahlreichen  Feldzugen  gegen  die  arabi- 
schen Grenzstämme,  namentlich  gegen  die  wohlhabenden  Qed- 
reer,  li^  in  erster  Linie  das  Streben  zu  Grunde,  die  Karawanen- 
Strassen  durch  die  syrische  WOste  und  nach  Südarabien  su 
sichern,  vielleicht  auch  —  darfliier  erfahren  wir  leider  gar  nichts 
—  auf  denselben  Zölle  zu  erheben.  Von  der  Bedeutung  dieses 
Handels  legen  die  Schriften  der  Proplielen  zahlreiche  Ziugr- 
iiis<e  ab.  In  Südarabien  hatte  sich  um  diese  Zeit  ein  grösseres 
Reich  gebildet,  dessen  Anfänge  vielieit  lit  in  weit  frühere  Zeit 
hinaufreiclien  mögen  —  es  ist  denkbar,  dass  in  der  That 
schon  zur  Zeit  Qiram's  und  Salomo's  das  sabaeische  Reich 
bestand  und  die  sagenhafte  Figur  der  den  letzteren  besuchenden 
Königun  von  Saba  einen  historischen  Kern  enthält.  Die  Re- 
sidenz der  Herrscher,  die  sich  selbst  »Fürsten  von  Saba*« 
nennen,  ist  Mariab  im  inneren  Jemen.  Schon  die  Lage  der- 
selben beweist,  dass  nicht  maritime  Interessen  für  das  üeich 
maasspeher)d  gewesen  sind,  und  von  einer  Schiffahrt  nach 
Jemen  ist  denn  auch  in  dieser  Zeit  nie  die  Hede.  ^Voill  :d>*^'r 
wurden  die  Produicte  des  Landes,  Weihrauch  und  Gold,  auf 
dem  Landwege  nach  den  Handelsstädten  Syriens  und  den 
Hftfen'des  Mittehneeres  (in  erster  Lmie  Gaza,  Plhi.  XU,  64), 
und  ebenso  zweifellos  von  den  Hafenorten  des  rothen  Meeres 
nach  Aegypten  exportirt.  Das  Interesse  der  sabaeischen  För^ 
sten  musste  desshalb  darauf  gerichtet  sein,  mit  den  Nachbarn 
in  friedlirlien  Bezieimnpen  zu  leben  und  jede  poliliscliu  Cuiu- 
bination  auszubeuten,  in  diesem  Zusamnienliange  ist  es  sehr 
bezeichnend,  dass  nach  der  Unterwerfung  Syriens  im  Jahre  732 
unter  anderen  arabischen  Stämmen  auch  die  Sabaeer  eine 
Gesandtschaft  an  TiglatpUeser  schicken  (§.  370)  und  ebenso 


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490 


FOoHcs  Bach,  fünfter  Abschnitt. 


Saigon  im  Jahre  TlTi  nach  Besiegimg  mehrerer  Arabersläuime 
(§.  375)  neben  den  Gaben  des  Pharao  und  der  Araberfürstin 
Samsie  auch  die  Geschenke  dee  Jaiha'-amar  (ass.  Ita*amara) 
¥Ott  Saba  an  Weihrauch  und  Eameelen  entgegennimmt.  Für- 
sten dieses  Namens  finden  sich  gerade  in  den  Ältesten  tum- 
jarischen  Inschriften  wiederholt,  und  wenn  sich  auch  nicht 
erweisen  lässt ,  dass  einer  von  diesen  mit  dem  von  Sargon 
CT'^nnnnten  identisch  ist,  so  ist  e>  doch  im  hoclislen  Grade 
wahrscheinlich,  dass  sie  derselben  Dynastie  angehören  und 
also  etwa  his  sechste  und  fünfte  Jahrhundert  zu  setzen  sind. 
Die  grossen  Bauten  von  Mariab,  die  Befestigungsmauern  der 
Stadt,  der  grosse  Damm,  welcher  die  Wasser  der  Landschaft 
sammelte  und  ilire  VerÜieilung  reguUrte,  mflgen  in  der  As- 
syrerzeit  begonnen  sein.  Im  übrigen  legt  auch  die  Herüber- 
naluiit  bahylonischer  Gotthcittii  tlurch  die  Sabaeer  und  ihre  Ab- 
hängigkeit vom  babylonischen  Kun^tstil  (§.  180)  ein  ?rc\vichtige> 
Zeugniss  ab  für  den  regen  Verkehr,  in  dem  sie  mit  dem 
assyrischen  Reiche  gestanden  haben. 

Im  allgemeinen  D.  H.  HütxiB,  Die  Burgen  und  Scblteeer  Sttd- 
nnibiene  II,  in  Ber.  Wien«  Ak.  PhU.  Bist.  Q.  97,  1880,  bee.  S.  988  nnd 

duu  denselben  in  M«  bdtmann  und  MOller,  Sabaeisehe  Denkmäler,  Denk- 
schrift. Wien.  Ak.  XXXlil,  106.  —  Es  ist  mir  unverstftndlieb,  wie  ange- 
sehene  Forscher  noch  immer  nn  der  Annahme  doppelter  Sabaeer  feHthalten 
k<";nnen.  —  Die  Angaben  in  §.  186  h&lten  etwas  pridaer  geCaset  werden 
müssen. 

Die  Seeherrschaft.    Phoeniker  und  Hellenen. 

§.  404.  In  der  Seeherrscbaft  ToUueht  sich  iEÜlni6liiicb 
der  Niedergang  der  pboenikischen  Bfaeht  Die  wiederholten 
Angriffe  der  Assyrer,  namentlich  die  langen  Belagemngen  von 

Tyros  (701—697.  671 662?)  sind  darauf  zweifellos  von 
EiuUuss  gewesen.  Demi  wenn  auch  die  Städter  auf  ihn  ;r; 
Felsenriff  der  assyrischen  Landtruppen  ppotteton  nnd  zur  Sd' 
unantastbar  waren,  so  erforderte  die  Vertheidigung  doch  die 
volle  Kraft  der  Bewohner,  die  Wahrung  der  Interessen  im 
fernen  Westen  wurde  unmöglich.  Wie  aUe  Ckilonien,  werden 
auch  die  phoenHci^chen  im  Laufe  ihrer  Entwicicelung  die  Herr- 


l 


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Phocniker  and  Hellenen.  491 

Schaft  des  Mutterlandes  abzuschütteln  gesucht  haben;  die 
Karthager  haben  zwar  das  Pfet&tsTerhältniss  zu  Tyros  na- 
mentllch  auf  religiösem  Gebiete  niemals  verletzt,  aber  Ton  einer 
Oberherrschaft  des  letzteren  ist  später  kane  Rede  mehr. 

Selbst  auf  Cypern  wurde  ja  nur  Kitioii  noch  mit  Mühe  be- 
hauptet. Ob  innere  Wirren,  wie  wir  sie  in  der  Folgezeit  in 
Tyros  finden ,  hinzu  kamen ,  wissen  wir  nicht.  Vor  allem 
aber  war  der  directe  Zusammenhang  des  Bereichs  der  See- 
macht durchbrochen :  die  Hellenen  waren  dazwischen  getreten 
(§.  279).  In  der  Technik,  im  Schilbbau  sind  die  Phoeniker 
denselben  noch  auf  Jahrhunderte  hinaus  uberlegen  (Her.  YD,  96)^ 
aber  wie  es  scheint,  fehlt  der  Unternehmungsgeist  und  wohl 
auch  die  materielle  Kraft.  Die  Phoeniker  erscheinen  als  ein 
absterbendes,  im  Besitz  erschlafftes  Volk  und  sind  nicht  mehr 
im  Stande,  die  Concurrenz  der  kühn  aui's Liebenden,  sich  all- 
seitig entfaltenden  Hellenen  zu  ertragen. 

§.  405.  Von  allen  griechischen  Gemeinden  sind  zuerst 
die  Ansiedehmgen  an  der  kleinasiatischen  Westküste  zu  hoher 
Blüthe  gelangt.  Hier  war  die  städtische  Organisation,  zu  der 
man  im  Mutterlande  meist  erst*  spät  gelangt  ist,  von  Anfang 
an  gegeben.  Wenn  man  auch  flberall  eine  grössere  Land- 
mai k  in  Besitz  genommen  hatte,  um  die  mit  den  Eingeborenen 
manch  harter  Strauss  geführt  werden  mus^le,  wenn  man 
diese  auch  zumuhst  nach  Kräften  zurückgedrängt  und  wo  es 
anging  zu  Knechten  gemacht  hatte,  aUmälilich  traten  doch  die 
Adeerbauer  und  Grundbesitzer  gegen  die  Gewerbetreibenden 
mid  Kaufherren  völl^  in  den  Hintergrund.  Im  engsten  Zu- 
sammenhang damit  steht  die  Beseitigung  des  Königthnms 
durch  eine  Aristokratie  und  das  Auftreten  von  sich  anf  den 
Tod  bekämpfenden  Factionen.  Mit  den  kleinen  einheimischen 
Staaten,  welche  die  Thatsache  der  griechischen  Ansiedelung 
nicht  mehr  rückgängig  machen  konnten,  bahnten  sich  freund- 
liche Beziehungen  an.  Die  Lyder  trieben  Landhandel  in  grossem 
Maasstabe  (Her.I,  94  :rf>tt>Toto£  xal  xd-'/;Xoi  «yIvovto,  vgl.I,  155), 
aber  ihr  gesammter  Seemkehr  lag  in  den  Händen  der  Grie- 
chen; das  Gleiche  gilt  von  den  Küsten  TeuthranienSi  Da- 


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492 


POnfl«»  BoAfa,  maller  Abschnitt, 


gegen  hatten  sich  die  Griechen  in  Earien  nur  ao  einzelnen 

Punkten,  in  Lykien,  wo  die  Tramilen  selbst  nur  eine  Küsten- 
bevölkerung bildeten,  gar  nicht  ansiedeln  können.  Hier  wott- 
eiferten  die  einheiuiisclieri  Geiueinden  selbst  mit  den  Grieciien ; 
die  kariscben  Küstenorte  Karyanda,  Bargylia,  Kaunos  u.  a. 
trieben  eifrig  Schiffahrt  und  Seeraub,  in  Lykien  hatte  sicli 
das  Städtewesen  ganz  nach  Art  des  griechischen  entwickelt. 
Niigends  aber  finden  wir  eine  ausgesprochene  Rivalit&l  oder 
gar  ehieo  Rassenhass  zwischen  Hellten  und  NicfatheUenen« 
sondern  trotz  mancher  Gegensätze  den  regsten  friedlichen  Ver- 
kehr und  eine  tiefgreifende  gegenseitige  Beeinflassung.  Die 
Lyder,  Karer  und  Pbryger  entlehnen  ihre  SdiriCt  von  den 
Griechen,  und  schon  im  achten  Jahrhundert  sendet  ein  König 
Midas  Weitigeschenke  nach  Delphi  (Her.  I,  14).  Die  Griechen 
dagegen  nehmen  zahlreiche  Sitten  und  Bräuche,  vor  allem  auf 
religiasem  Gebiet,  von  den  Asiaten  herüber  und  sind  ihre 
Schüler  in  Industrie  und  Kunst 

§.  406.  Auch  im  Mutterlande  standen  manche  Staaten, 
wie  Argos,  Kurinth  und  die  euboeischen  Städte  den  klein- 
asiatischen  Griechen  nicht  nach.  Für  sie  alle  ist  das  achte 
und  siebente  Jahrhundert  eine  Zeit  hohen  materiellen  Auf- 
schwungs. In  erster  Linie  aber  sind  es  überall  die  Jonier 
Kleinasiens,  welche  als  Ansiedler  und  weit  mehr  noch  als 
Händler  und  SeeCahrer  mit  den  Asiaten  in  Berührung  kom- 
men: daher  pflegen  die  letzteren  alle  Hellenen  mit  dem  Namen 
Jonier  (Jawan)  zu  bezeichnen.  Fremde  Küsten  werden  auf- 
gesucht und  besiedelt,  neue  Gebiete  erschlossen;  die  politisdien 
Zwistifjkeiten  fördern  diese  Entwickelun^r  nur,  da  wiederholt 
besiegte  i'aiteien  die  Mutterstadt  verlassen,  um  sich  in  der 
Ferne  eine  neue  Heimath  zu  suchen.  Wie  die  Ghalkidier  die 
thrakischen,  so  besetzen  die  Lesbier  die  troischen  Küsten;  die 
Jonior,  allen  voran  die  Milesier,  dringen  in  die  Propontis  und 
den  Pontos  m,  spätestens  um  die  Mitte  des  achten  Jahrhun» 
derts  scheint  Smope  ^^egründet  worden  zu  sein.  Der  Einbruch 
der  Kimmerier  hemmte  die  Entwickelung  nur  vorübergehend, 
bald  ersteht  hier  eine  Ansiedelung  nach  der  andern,  von 


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Die  giieehtBebeD  Goloniai. 


493 


denen  nianebe,  wie  Sinope  und  Kyzikos,  zu  blQbendem  Wohl- 
stände gelangen  und  mit  der  Mutterstadt  in  der  Gründung  yon 
Golonien  wetteifern.  Aehnllch  sucht  man  im  Süden  den  Macht- 
bereieh  auszudehnen.    Cypern  war  seit  lange  vorwiegend 

liellcniscij ,  l';un|>liylien  von  griccliisrhen  Coloiiisten  besetzt, 
die  freilich  den  Zusammenhang  mit  dem  Mulleriaiide  fast 
verloren  hatten.  Jetzt  versucht  man  auch  Kilikien  zu  besetzen : 
unter  Sanherih  landete  hier  eine  Schaar  Griechen,  welche 
indessen  von  den  Assyrem  zurückgescUagen  wurde  (g.  386). 
Indessen  in  der  Folgezeit  finden  wir  hier  zahlreiche  griechische 
Ansiedelungen:  Kelenderis,  Nagidos,  Holmi,  Soli  werden  als 
solche  hezeiehnet,  letzteres  als  GrOndung  der  Rhodler  [und 
Argiver  oder  Achaeer).  Zum  Theil  haben  die  Griechen  gewiss 
nur  Fartoreien  in  den  weit  alteieii  Ortschaften  angelegt;  aber 
ganz  Kilikien  geräth  unter  den  Einfluss  hellenischer  Gultur, 
die  hier  in  der  Perserzeit  schon  völlig  die  Oberhand  gewonnen 
hat  £ben80  ist  Side  an  der  pamphylischen  Küste  eine  ky- 
maeische  Golonie;  Aspendos  wird  argiviseh,  Phaseiis  (Her. 
n,  178)  dorisch  genannt. 

Ueber  die  Ansiedelungen  an  der  kleinasiatischen  Südkuste  s.  Skylax, 
Slrobo,  Pomp.  Mela;  nicht  hierher  gehören  die  späteren  Combinationen, 

welche  7.  B.  Tarso*?  argivischen  und  Selge  spartanischen  Ursprung  geben. 
—  Hierher  gehört  auch  die  Notiz  des  Berossos,  dri-?  Assarhaddon  zuerst 
griechigche  Söldner,  darunter  den  Pytbagoras  (!),  angeworben  habe :  Alex. 
Pol.  und  Abyd.  bei  Eusebius  1,  29,  13.  35,  22.  Ueber  Jawan  s.  Stadls 
l'rogramm,  Giessen  1880,  der  iades^^ell  die  Verallgemeinerung  des  Na- 
mens in  zu  späte  Zeit  setzt.  —  Für  alles  andere  musa  bier  auf  Bd.  11 
verwiesen  werden.  • 

§.  407.  Gleichzeitig  dringen  die  Hellenen  ins  Westmeer 
vor.  Etwa  zu  Ende  des  neunten  Jahrhunderts  mögen  sie 
Italien  entdeckt  haben  ,  n  voran  gründen  hier  die  Chalki- 
dier  von  Euboea  Kyme  im  Opikerlande,  dann  734  Naxos  auf 
Sicilien.  Ihnen  folgen  die  Korinther  auf  dem  Fuss,  besetzen 
Korkyrftf  §prühiden  733  Syrakus,  und  bald  ist  ganz  Unterftahen 
von  Griechen  besieddt;  Sidlien  grossentheils  eine  hellenisehe 
Insel.  Nirgends  vennögen  die  Phoeniker  Widerstand  za  lösten: 


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494 


FOnftes  Buch,  faofter  AbachniiU 


»als  die  Hellenen  in  Masse  ins  Westmeer  kamen,  ver Hessen 
die  Phoeniker  die  Mehmhl  ihrer  Ansiedelungen  auf  Sicilien 
und  zogen  sidi  nach  Motye,  Soloeis  und  Panormos  im  Westou 
zurück«  (Thuk.  VI,  2).  Im  siebenten  Jahrhundert  drangen 
samiflche  (Her.  IV,  1&2)  nnd  vor  allem  phokaeische  Eanfleute 
noch  weiter  vor,  knüpften  mit  Tartessos  eineii  regen  Verkehr 
an  und  landeten  auf  Sardinien  und  an  der  ligurischen  Küste. 
Ks  ist  hier  nicht  unsere  Auf^be,  diese  Entwickelung  im  ein- 
zelnen zu  verfolgen.  Es  war  dem  Helienentbum  nicht  be- 
schieden, das  ganse  Gebiet,  welches  es  un  siebenten  Jahr^ 
hundert  umspannt  hat,  zu  bdiaupten:  auch  anter  den  gün- 
stigsten Umstftnden  hfttten  die  &ftfte  des  Mutterlandes  dazo 
bei  weitem  nidit  ausgereicht  Aber  mit  der  Seemacht  Phoe- 
nikiens  war  es  vorbei  und  der  unmittelbare  Connex  des 
Ostens  mit  dein  Westen  blieb  zerrissen.  Als  im  sechsten 
Jaltriiuntiert  die  Plioeniker  im  Westmeer  sich  wieder  aiif- 
ratUen  und  den  Hellenen  mit  Erfolg  entgegentraten,  stand 
nicht  Tyros  oder  Sidon,  sondern  das  inzwischen  vöUig  selb- 
ständig gewordene  Karthago  an  der  Spitze  der  Erhebung. 

Kunst. 

§.  loB.  Auch  in  der  Kunst  tritt  der  rege  internationale 
Verkehr  deutlich  liervor.  Seit  A?-;ii  h;L<li{on  begegnet  uns  die 
syrische  (weibliche,  §.  20U;  Sphinx  in  dm  Palästen  von  Ninive,  In 
der  Reliefsculptur  tritt  uns  ein  entschiedener  Fortschritt  gegen 
früher  entgegen.  Man  wagt  sich  an  grossere  Gompositionen ; 
anstatt  dass  früher  aDe  Figuren  auf  einer  Linie  standen,  nm- 
&S8t  jetzt  die  Zeichnung  mehrere  Gründe;  sdbstTerständKch 
tihet  fehlt  wie  in  Aegypten  jede  Perspective.  Der  Hmter- 
grund  wird  belebt,  das  Detail,  namentlich  der  Pflinzrii  uriJ 
Thiere,  sorgfältiger  ausgeführt;  uns  begegnen  Thierscenen, 
die  sich  mit  denen  des  Alten  Heiciis  an  Naturwahrheit  und 
feiner  Beobachtung  messen  können.  Die  hdchste  Stufe  ihrer 
Entwickelung  erreicht  die  assyrische  Kunst  unter  Assurtianipal. 
Es  ist  wohl  kaum  zweifelhaft,  dass  Iiier  die  Einwirkung  Ae> 


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Kumt  495 

r 

* 

gyptens  von  der  grdssten  Bedeutang  gewesen  ist,  dass  die 
assyrischen  KiSnstler  versucht  haben,  die  aegyptischen  Dar- 
stellungen nachzuahmen.  Dabei  halten  sie  sich  aber,  wie  das 
nicht  anders  sein  konnte,  durchaus  innerhalb  der  Grenzen 
des  assyrischen  Stils;  die  Zeichnung  ist  rein  assyrisch,  die 
Manierirlheit  in  der  Behandlung  bleibt  dieselbe  wie  früher,  in 
der  Kühnheit  der  Gonception  sind  die  Assyrer  den  Aegyptem 
häufig  überlegen. 

Im  aUgemeioen  vgl.  Q.  Hawukson,  Five  Mon.  I,  347  fif. 

§.  409.  Dass  der  assyrische  Einfluss  auf  die  phoenikische 
Kunst  seit  dem  achten  Jahrhundert  l^edeutend  gewachsen  ist, 
ist  früher  schon  hervorgehoben.  Uns  tritt  diese  Erscheinung 
vor  allem  auf  Cypern  entgegen,  wo  jetzt  neben  dem  aegypti- 
sirenden  ein  assyrisurender  Stil  sich  entwickelt.  In  Kleinasien 
ist  die  babylonische  Eonst  schon  seit  den  Zeiten  der  Gbeta 
die  henschende  gewesen;  ohne  Zweifel  aber  hat  sich  jetzt 
Yon  Assyrien  aus  auch  hier  ein  neuer  Strom  babylonischer 
Kiüwirkuiig  geltend  gemacht.  Wenn  in  der  griechischen 
Kunst  seit  dem  achten  Jahrhundert  der  assyrisirende  Stil 
nach  jeder  Richtung  liin  maassgebend  wird  und  die  älteren 
Formen  ganz  verdrängt,  so  kann  derselbe  nur  durch  Klein- 
asien Tennitielt  sein.  Auf  demselben  Wege  ist  ihnen  die 
Form  der  assyrischen  Holzsäule  (§,  347)  bekannt  geworden, 
aus  der  der  ionische  Stil  hervorgegangen  ist :  die  lüttelformen 
finden  sich  in  Lykien.  Wie  weit  dagegen  der  Baustil  der 
lydischen  Gräber  etwa  von  Babylonien  abhängig  sein  oder 
auf  eigener  Ent Wickelung  beruhen  mag,  lässt  sich  nicht  ent- 
Fcheiden.  Die  Mauern  der  Grabkammern  sind  von  mehr 
oder  weniger  regelrecht  behauenen  Steinen  aufgeführt  und 
entweder  mit  einer  Platte  oder  mit  einem  Bogengewölbe 
überdeckt,'  auch  sog.  falsche  Bogen  finden  sich.  Derselbe 
Baustil  findet  sich  in  den  Ueberresten  alter  Festungsmauem 
und  Thore  in  der  Nähe  von  Smyma,  und  ebenso  bekannt- 
lich üi  den  ältesten  griechischen  Bauten,  in  Mykenae  und 
Orchomenoö,  wodurch  sein  hohes  Aller  erwiesen  wird.  Die 


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49t)  FflnftM  Buch,  fBnfter  AbsehniU. 

lyilischen  Grftber  bestehen  aas  einer  niedrigen  Orabkammer, 

zu  der  ein  langer  schmaler  durch  einen  Steinblock  yerscUos- 
seiier  Ganj?  führt.  Im  J'antalopgrab  (§.  400)  ist  dieselbe 
überwölbt,  in  den  Kölligsgräbern  (§.  489)  mit  einer  Platte 
üljerdeckt,  auf  der  man  die  Leichen  verbrannt  zu  haben 
scheint,  üeber  der  Grabkammer  wird  ein  kegelförmiger  TiSr 
nralus  errichtet,  der  entwed^,  wie  bei  den  lydischen  Königs- 
gr&bem,  aus  einer  mehr  oder  minder  festen  Erdau&difittniig, 
oder,  wie  beim  Tantaksgrab,  aus  dnero  gewaltigen  Steinkegiel 
besteht.  Oben  wird  derselbe  durch  ein  rundes  oder  cylindri- 
sches,  nach  oben  Sf)itz  verlaufendes  (Jüiaiiient  abgeschlossen. 

Weiteres  s.  Bd.  II.  Ueber  die  Gräber  und  Ruinen  bei  Srayrna  r-. 
Texifr.  Descr.  de  l'Asie  Mmeure  II.  Hamilton,  Tras'els  I.  46.  Hm^^rirrFi-n, 
AUsmyrna,  in  Al>h.  Berl.  Ak.  1^72.  Weber,  Le  Sipylos  et  -es  inoiiii- 
ments.  1080.  Uelier  die  lyilisohen  Kt'migrspräber  nach  Spikc.elthai."--  T'nter- 
stichurigen:  Olflkä,  Abb.  Uerl.  Ak.  1858.  Fonier  Ciimsy,  Note  sur  les 
toniheaijx  lydien.«,  RAn.  XXXIl.  in  üer  aiitge:5<'lzteii  .'^lutzf  haben  neuere 
Forscher  einen  Phallus  (als  Symbol  der  Auferslehuiig)  sehen  wollen! 


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I 


Sechstes  Buch. 

Die  iranischen  St&mme,  die  Beetanrationszeit 
und  die  Begründung  des  Perserreichs. 


Quellenkunde  zum  aecheten  Buch. 

Denkmäler.  Schriftsteller.  Cbronolegie. 

■ 

g.  410.  Von  den  tiefemschneidenden  Bewegungen,  welche 
seit  der  Mitte  des  sechsten  Jaiuhunderts  die  politischen  und 
zum  Theil  auch  die  nntionalen  Verhältnisse  Vorderasiens  um- 
gestaltet haben,  ist  nur  eine  dürftige  Kunde  auf  uns  gekommen. 
Die  assyrischen  Denkmaler,  denen  wir  für  die  vorhergehende 
Epoche  so  viel  Yerdanken,  brechen  um  das  Jahr  640  plOtzhch 
ab.  An  ihre  Stelle  sind  nun  zwar  die  babylonischen  Ur> 
künden  getreten,  inidessen  nur  ganz  weniges  ist  bis  jetzt  yon 
ihnen  zu  Tage  gefordert,  das  meiste  liegt  noch  unter  der 
Erde  vergraben.  Aegypten  bietet  an  historischen  Denkmälern 
fast  gar  nichts  mehr,  und  auch  die  hebraeischen  Nachrichten 
sind  hier  sehr  dürftig.  Die  historischen  Inscliriften  dei  i'erser 
endlich  beginnen  erst  mit  dem  ersten  Darius.  So  bleiben  uns 
ausser  den  Fragmenten  des  Berossos,  Manetho  und  Menander 
nur  noch  die  Nachrichten  der  Griechen,  von  denen  für  uns 
hier  fast  allein  Herodot  in  Betracht  kommt. 

Zusananenstellnnpr  f^pr  persischen  Keilinschriflpn  nebst  Ueberselzung 
und  zahlreichen  Abbildungen  von  Kossowicz,  Inscr.  palaeopersicae  1872. 
H«7«r»  a«MhJdhta  dM  Altaüminik  L  .32 


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498 


Quellenkunde  zum  »echsleii  buch 


Ferner  Spiegel,  Die  altpers,  Keilinschriflen .  2.  Aufl.  Sehr  wichtig 

für  die  Erklärung  sind  die  susische  (§.  12ü)  und  namentlich  die  babylonische 
UeberseUung.  Ueber  erstere  s.  [Westergaard,  Z.  Kde.  des  Morgenl.  VI, 
HoLTzMAHK,  ZDM.  V]  NotilUB,  J.  R.  As.  Soc.  XIV,  Ori  ERT,  Le  peuple  et 
la  langue  des  MMes  1879^  letitere  aind  neuerdings  von  Bjbiold,  Die  (bab.) 
Aehaememdeninsehriften  1882,  eneh&pfeod  publidrt. 

§.  411.   Als  Herodot  um  die  Mitte  des  fünften  Jahrhun- 
derls sein  Material  sammelte,  hat  er  zwar  noch  manche  authen- 
tische Nachricht  erhalten,  die  sich  in  seinem  Werke  zerstreut 
findet,  z,  B.  Nachrichten  über  Necho,  den  Vater  Psammeticfa*s 
II,  152  (§.  392),  Ober  die Umschiming  Afrikas IV,  42,  öber  Stainin- 
bauiii  und  Stellung  der  Vorfahren  des  Kyros  1,  111.  VIT,  11. 
die  Liste  der  sieben  Perser  III,  70  [ebenso  die  Satrapieniisle 
lU,  90  ff.  und  die  Heerfülirerliste  VII,  61  ffj.    Den  gleichen 
Charakter  tragen  die  vielen  am  Schlosse  d^  einzelnen  Re- 
gierungen nachgetragenen  Notizen,  z.  B.  in  der  lydiscben  Ge- 
schichte (namentlich  I,  92),  oder  über  Psamroetich  und  Nedio 
II,  157  IT.),  ferner  die  Anp:al)en  über  das  Bündniss  zwischen 
Kroeso-s,  Amasis  und  Naljoned  ^c^^eu  Kyios  1,  77  u.  a.  Den 
Hauplstock  seiner  Erzählungen  bilden  indessen  ausführliche 
Geschichten  sagenhaften  Charakters,  die  theils  dem  Volks- 
munde  entnommen  sind,  theils  sehr  deutlich  den  Einfluss 
griechischer  Speculation  und  Combination  zeigen  (z.  6.  HI, 
80  IT.,  yrrl.  VI,  4;i),  sehr  häulii:  Libei  mit  den  kurzen  Notizen  in 
scharfem  Widerspruch  stehen.    Hierher  gehören  z.  B.  die  Er- 
zählung von  der  Dodekarchie,  die  ganze  Kyrosgeschichte  mit 
der  sagenhaften  Geschichte  der  medischen  Könige  als  Ein* 
leitung,  die  Geschichte  von  Zopyros,  von  Darios'  Skythen- 
feldzug  u.  ft.   In  der  Kambysesgesehichte  smd  persische  woA 
aefryplische  Erzählungen  in  einander  verarbeitet.     Für  die 
lydi^che  Geschichte  sind  lydische  Tradilionen  fast  gar  nicht 
benutzt  (c.  87.  93  und  vielleicht  c.  71.  84  und  der  Kern  der 
Adrastosgeschichte) ,  sondern  Traditionen  der  einzelnen  grie* 
chischen  Städte,  eme  Reihe  von  »novellenartigenc  griechischen 
Erzählungen  und  Anekdoten  (Kandaules  und  Gy^es ;  Alyattes' 
milesischer  Krieg;  Solon  und  Ixroesos;  Thaies,  Bias;  uiid  vm" 


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Uerodol,  Ktesiw,  Xantboi. 


49d 


allem  die  teodenziase  delphische  Legende,  die  das  Orakel 
rechtfertigen  imd  Tetherrfidien  soll  (I,  13.  46  ff.  90  f.),  za 
einem  grossen  tind  einheiUiehen  Ganzen  verarbeitet,  das 
Tollkommen  den  C3iarakter  einer  griechischen  Schicksals- 

tragödie  trägt. 

Zu  den  histonf-chen  Notizen  gehört  vielleicht  auch  d'ut  ganz  auf- 
fallende Angabe  I,  184  Ober  die  Königin  Semiramis  von  Babylon,  die 
fünf  Generationen  vor  Nitokris  —  760  v,  Chr.  regierte.  In  dieser  Zeit 
gab  es  ja  wirklich  eine  assyrisc  Ii  e  Königin  Sammuramat  (§.  841  Anm.). 
Jedenfalls  bat  die  Semiramis  •  des  Ktesias  mit  der  berodoleischen  nichts 
zu  thun. 

§.  412.   IHe  persische  Geschichte,  welche  der  Leibarzt 

Artaxerxes'  IL,  Ktesias  von  Knidos,  um  390  v.  Chr.  verfasste, 
ist  nur  für  das  fünfte  Jahrhuuderl  von  grösserem  liiston5!chen 
Werth.  Ktesias  wpirlil  durchweg  von  Herodot  ab,  aber 
überall  wo  er  sicli  controlliren  lasst,  auch  von  der  historischen 
Wahrheit,  so  in  der  Geschichte  des  assyrischen  und  medischen 
Beiehs,  des  Kambyses,  in  der  Liste  der  sieben  Perser  u.  s.  w. 
Er  zeigt,  wie  rasdi  und  wie  stark  die  Tradition  sich  in  einem 
halben  Jahrhundert  verschlechtert  hat.  Es  ist  daher  nicht 
gerathen,  ihm  da,  wo  wir  ihn  zufSllig  nicht  controlliren 
küMiien,  grösseres  Vertrauen  zu  schenken  als  sonst.  —  Weit 
besser  war  dif'  etwa  gleichzoilip:  mit  Herodot,  unter  Arta- 
xerxes I.  (Bratüsthenes  bei  Strabo  I,  3,  4),  unternommene 
Bearbeitung  der  iydischen  Geschichte  durch  den  Lyder  Xanthos. 
Er  ciürt  einheimische  Königslisten  ^ic.  Dam.  fr.  49  p.  881 
MthiLia),  seine  Ersfthlangen  tragen  aber  namentüeh  für  die 
filtere  Zeit  einen  sagenhatflen  Charakter  und  zeigen  mehrfach 
griechischen  Etnfluss.  Etwa  nm  120  Chr.  wurde  sein 
Werk  von  Dionysios  o  ly.nToßpayitov  von  Mytilene  im  Ge- 
schiiiack  der  späteren  Zeit  uberarbeitet;  in  dieser  Gestalt  liat 
es  Niliolaos  von  Damaskos  benutzt,  aus  dem  ims  für  die 
lydische  Geschichte  zahlreiche  Fragmente  erhalten  sind. 

FllMiitins  des  Xantbos:  ArUmo  bei  Athen.  XII,  515.  Welgor, 
Kl.  Sohrifken  L  HOller.  Ft.  biet  gr.  f.  In  neuerer  Zeit  ist  die  Tbat* 
eaehs  mehrJboh  mit  üniedit  bestritten  worden.  Aeebt  find  nreifellos 


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500 


Quellenkunde  zum  seebeten  Buch. 


die  Fragmente  bei  Strabo  (aus  Eratoetbenee  und  Menekrates),  vielleiebt 
auch  bei  Dion.  Hai.  I,  28.  Ephoroe*  Behauptung  (bei  Athen,  l.  c)^ 
Xantbos  sei  von  Herodot  benutzt  worden,  ist  falsch,  trotz  Hagrimaiiii, 
De  ratione  inter  Xanthi  Lyd.  et  Heiod.  1869  and  Kircbhoff,  Entstehung 
des  herod.  Geschichtsw.  S.  80.  -~  Auf  die  Ohrsen  Schriflsteiler,  Deioao, 
Ephoros  u.  s.  w.  einzugehen,  ist  hier  Qberflflssig.  Wie  jedes  Paradoxon 
von  Zeit  su  Zeit  wieder  aufgefrischt  wird,  scheint  es  neuerdings  wieder 
Mode  zu  werden,  den  philosophischen  Roman  Xenophon*s  Ober  das 
L^b^n  des  Ryros  als  treflliche  Quelle  zu  betrachten.  Dass  daneben  auch 
dl*  1  ucher  Daniel  und  Tobit  wieder  zu  Ehren  kommen,  ist  nur  in  der 
Ordnung.  Zum  weiteren  Ausbau  dieser  Geschichtsreconstructionen  sind 
Mar  Apas  Katina  (§.  248)  und  Aesch.  Pers.  7^  ilT.  mit  den  Königen 
Maraphis  und  Artaphrenes  bestens  zu  empfehlen.  —  Im  Obrigen  bemerke 
ich  nur.  dass  Xenophon  Herodot  durchweg  berOcksichtigt.  aber  ihn  =a 
nmgestaltfl,  wie  er  es  für  seinen  Zweck  braucht.  Nur  ein  paar  den  zu 
seiner  Zeit  bestehenden  Verhältnissen  entnommene  Angaben  haben 
historischen  Werth.  Sonst  vgl,  A.  Baukb.  Die  Kyrossage  und  Verwandtes» 
in  Ber.  Wien.  Akad.»  phii.-hist.  Gl.  C,  1882. 

§.  41:3.  Die  schwächste  Seite  der  griechischen  lieber- 
lieferang  ist  die  Chronologie.  Nur  die  Zahlen  der  aegyptiscben 
und  der  persischen  Könige  sind  fast  durchweg  richtig  über- 
liefert; doch  hat  man  ßilsclilich  das  erste  Jahr  des  Eyrcs  ab 

König  von  Persicn  (.jHS  v.  Chr.)  mit  dem  Sturz  des  Meder- 
reichs  identificirt,  der  in  Wirklichkeit  ins  Jahr  550  fiel.  Wei- 
teres s.  §,  461  u.  a.  Hier  ist  nur  die  lydische  Chronologie  noch 
zu  besprechen.  Der  sichere  Ausgangspunkt  für  dieselbe  ist  der 
Fall  von  Sardes,  der  nach  den  einstimmigen  Angaben  der 
alexandrinischen  Chronographen  (Apollodor  bei  Diog.  L.  I,  88; 
Sosikrales  ib.  I,  95;  Eusebius;  a.  Ahr.  1470  =  Ol.  58,  3; 
Exc.  Barb.  p.  44  b)  in  den  Herbst  Ol.  58,  3  =  546  v.  Chr.  fällt. 
Nach  Herodot  folgen  auf  die  mythische  Dynastie  der  Atyaden 
(§.  400)  22  Herakliden  mit  505  Jahren  =  1221—716  v.  Chr., 
dann  5  Mermnaden  mit  170  Jahren  14  Tagen = Herbst  716—546. 
Die  kirchlichen  Chronographen  (Africanus  und  Eusebius)  geben 
eine  ursprünglich  Ol.  1  mit  Ardys  I  beginnende  Liste,  nach 
der  Gyges  008—663  regiert.  Eine  dritte,  vielleicht  auf 
Xanthos  zurückgehende  Rechnung  setzt  Gyges  in  Ol.  18 
(beg.  708)  und  Alyattes  605  v.  Chr.  [nach  Herodot  617» 


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Chronologie  der  lydiscben  Geiehiefate. 


501 


nach  Euseb.  609].  Alle  drei  Rechnungen  sind  geschichtlich 
falsch,  da  nach  Ausweis  der  assyrischen  Inschriften  Gvi^^s 
jedenfalls  nach  660,  und  wahrscheinlich  erst  um  648  gefallen 
ist  (g.  455).  Eine  richtige  Chronologie  der  älteren  Lyderkönige 
lässt  sich  daher  nicht  herstellen. 

Dlncker  setzt  den  Fall  von  Sardes  schon  54'J.  da  im  Jahre  54G  "1er 
Tempel  von  Delphi  scliüii  abgebrannt  war  (l'au-aa.  X,  5,  13),  mithin 
Her.  I,  üO  früher  fallen  müsse:  Sa^'e  und  Legende  kümmern  sich  ab«r 
um  Syuchronismen  nicht.  —  Zur  Erklärung  der  Chronologie  Herodot*s 
v|L  ScBOERE,  Hermes  IX,  496:  die  5  Merotoaden  regieren  170  Jahre» 
d.  b.  5  fi^aX  4-  3  Jahre,  wie  Her.  I,  91  angegeben  wird.  Aber  woher 
eUmmen  die  drei  flberscbflasigen  Jahre?  Auch  sind  die  505  Jahre  der 
Berakliden  nicht  nach  Geschlechtern  berechnet.  Die  Listen  bei  AIH- 
canns  (Gxc.  Barb.)  und  Eusebins  stammen  nicht  aus  Xanthos,  da  sie 
TOD  NIkoiaos  Dam.  durchweg  abweichen.  Gelzbr,  Rhein.  Mus,  XXX, 
241  hielt  ftlscfalieh  die  nur  durch  Schreibfehler  von  den  Obrigen  ab* 
«reichende  Liste  im  ersten  Buch  des  Eusebius  fflr  eine  selbstAndige 
Liste;  8.  RoBDB,  Rh.  Mus.  XXXIII,  ld6;.  Gblssr,  Aßrieanus  I,  219  ff. 
—  Gyges  Ol.  18  nach  Euphorion  bei  dem.  Alex.  Strom.  1,  117  [Plin. 
XXXV,  55  gibt  Ol.  18  und  daneben  das  betodoteische  Datum  716  v.  Chr.] ; 
ebenso  setzte  Xanthos  (ib.  I,  182)  die  Graodung  von  Thasos  [d.  h.  das 
Zeitalter  des  Gyges  und  Arehiloehos :  Rohdb,  Rhein.  Mus.  XXXIII,  194] 
in  Ol.  18  [nach  späterer  Reduction].  —  Alyattes  805  nach  der  mit 
Sicherheit  ergänzten  Angabe  der  parischen  Chronik :  dieselbe  setzt,  Tsr- 
mathlich  wiiU^Qhrlieb,  Kroesos*  Gesandtschaft  nach  Delphi  in  556. 

Die  religittse  Literatur  der  Iranier.  Das  Avesta. 

§.  414.  Bekanntlich  sind  die  heiligen  Schriften  der  Parsen, 
der  letzten  in  Indien  und  zum  geringen  Theil  in  Persien  selbst 
übrig  gebliebenen  Bekenner  der  Religion ^  welche  zu  den 
Zeiten  des  Darius  und  der  Sassaniden  in  Iran  herrschte, 
durch  den  unermüdlichen  Forschungseifer  Anquehl  Duperron's 
zuerst  den  Europaeern  zugänglich  geworden.  Eine  wissen- 
schaftliche Erforschung  der  Sprache  und  Literatur  derselben 
hat  jedoch  erst  mit  Eugene  Buhnolf  begonnen,  der  zugleich 
im  Sanskrit  ein  ungemein  wichtiges  Hülfsmittel  zur  Erforschung 
der  heiligen,  missbrauchlich  Zend  genannten  Sprache  dieser 
Schriften  erkannte.  Bald  darauf  wurde  durch  die  EntzIfTerung 


502 


Quellenkunde  zum  sechälen  Buch. 


der  Achaemenideninschriften  (§.  119)  nicht  nur  eine  zweite 
altiraiiische,  dem  Zend  engverw  an  ite  Sprache  erschlossen, 
son<!f^rn  auch  das  Material  für  die  Geschichte  der  parsischen 
Heligion  bedeutend  vermehrt.  Indessen  zu  einem  defmitiveii 
AbscbluM  ist  die  Erforschung  des  Zend  noch  nicht  gelangt 
Das  uns  erhaltene  Material  ist  wenig  umlangrdch  und  be- 
bandelt durchweg  religiöse  GegenstAnde,  bewegt  sich  also  auf 
einem  Gebiet,  das  an  sich  schwer  fassbar  ist  und  zu  TdUiger 
Erschliessung  eine  genaue  Kenntniss  nicht  nur  der  leitenden 
Ideen,  sondern  oft  an  sich  ganz  ^^ei ingfügiger  Anschauungen 
und  Biäuche  voraussetzt.  Wer  erw?\f!rt.  wir  vieles  bei  unend- 
lich unt  fangreicherem  Material  noch  aut  aegyptischem,  ja  auch 
auf  indischem  Gebiet  ganz  unsicher  ist  und  mit  welche» 
Schwierigkeiten  die  wissenschafüiche  Erforschong  des  A.T.  zo 
kämpfen  bat,  wird  sich  nicht  wundem,  wenn  die  Interpreten  und 
Uebersetzer  der  parsischen  Religionsbücher  oft  auf  das  stärkste 
von  einander  abwdchen.  Es  kommt  hinzu,  dass  man  über 
du  Fi\i?e,  wie  weit  bei  der  Eiklai  un^^  tlie  Tradition,  d.  h.  in 
erziel  Linie  die  späteren  Uebcrsctzungen  (§.  416),  wie  weit 
die  Heranziehung  des  vedischen  üialects  maassgebend  sein 
darf,  noch  nicht  tu  irpond  welcher  Einigung  gelangt  ist  und 
daher  auch  ein  principieller  Gegensatz  in  der  Erklärung  vorliegt 

A.  DupERRON,  ZeiiiJ-Avosta,  nnvrapre  de  Zoroastre  etc.  1771  Mt  utcrh 
von  Kleuker  1776K  BinNoir,  l.oimiiHiilaire  sur  le  Ya<jnn  I,  ;iö. 
—  Die  drei  öehei  Setzungen  von  SiiKf^Ki.,  Avesta,  die  heil,  tschrilleu  tler 
Paissen,  Ü  Fide..  Isfj^— 6,S,  de  Harlez,  Avesta.  livre  sacr^  des  seclaleiirs  de 
Zoroastre,  o  Bde.,  187Ö  — 77,  2.  Aufl.  1881,  DAHMt^iEiER,  The  Zend-Aveöta 
1  Vendidäd,  II  Slrözahs,  Jasts  and  Nyäyis  (in  Sacred  Books  of  Ute  Ea&i  IV. 
XXm.  1880  .  83),  ferner  Josn,  Handbuch  der  Zendspnushe  189i  ver- 
freien  die  tniditiouelle,  H&uo  (die  OtthAs  dee  Zaralhustra  1858.  60  in 
Abh.  flir  die  Kunde  des  Iforgentandee  I.  n,  ferner  viele  Ueberwbmigea 
hl  s.  Eesaye  on  tfae  lacred  Lengaafet  Writinge  and  Rdigkm  oT  tbe 
Parsit,  2  ed,  ed.  Wut  1878)»  Bora,  HOBSCHiuiif,  Qbluiikb,  Baetboloiuk 
u.  a.  in  einer  Heibe  elnielner  Arbeiten  die  sog.  sprachvergleichende  Me- 
tbode. Ich  muss  bekennen,  dBS^  Ich  den  Streit  um  die  Methode  nicht  leebi 
Tentebe:  eine  wissenschaftliche  Erforschung  des  A.T.,die  zu  einigermaassen 
sicheren  Resultaten  f?elangcn  will.  k'"nn^^  obenan  wenig'  der  in  LXX  etc. 
vorliegendeo  Tradition,  wie  der  UüU'e  der  verwaoUten  Sprachen  entbehreo. 


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Das  AtmIh.  Traditioaen  (Iber  sein  Alter.  503 

§.  415.  Die  paisiscbe  (aoroastrisebe  oder  mazdajasiuscbef 
d.  fa.  den  [Ahora-]  Mazda  Yerebrasde)  Religion  war  unter  den 

Sassaniden  die  offlcielle,  yollkommen  als  Kirche  organisirte 
Religion  des  persischen  Reichs.  Ihre  Lehren  und  Gehote,  das 
Cereuiuniell  ihres  Cultus,  icrncr  Gebete  und  Hymnen,  wnren 
in  einem  grossen  Sammelwerke  enthalten,  das  den  INanien 
A Vesta  führt  und  als  heiHge  Offenbarung  der  GotthrMt  an 
Zarathodtra,  den  Verkflnd«r  der  Religion,  auftritt.  Nach 
der  Tradition  ist  das  Ayesta  imter  Ardaäür  I.  (226  bis 
241  n.  Chr.)  elngefilbrt,  unter  SdpOr  IL  (309^379),  einem 
der  eifrigsten  Vorkämpfer  der  Religion  gegen  innere  und 
äussere  Feinde,  abschliessend  redigirt  worden;  nach  einer  An- 
gabe liättu  sciiuii  der  Arsakide  Volojreses  (I.  ?  ca.  51 — 77  n.  Chr.) 
die  Sammlung  des  Avesta  begonnen.  Die  Parsen  wissen  des 
weiteren  von  einem  anderen,  ursprünglichen  Avesta,  der  unter 
dem  Sagenkünig  VidtAspa  aufgezeichneten  Offenbarung  Ahura- 
mazdas,  zu  erzählen,  den  Alexander  trerhrannt  habe;  nach 
sräiem  Tode  h&tt^  die  Priester  aus  dem  Gedfichtniss  die 
Fragmente  gesammelt.  Dass  weder  durdi  Alexander,  nodi 
In  der  hellenistischen  und  der  Arsakidenzeit  die  parsische  Re- 
ligion verfolgt  und  ihre  Schriften  vernichtet  wurden,  dass  sie 
im  Gegentheil  sich  weiter  verbreitete,  steht  völlif^  fest.  Das 
Uravesta  ist  ganz  olTenbar  rein  mythisch,  und  diese  Tradition 
hat  nur  insofern  Werth,  aJis  sie  eigentlich  den  späten  Ur- 
sprung des  sassanidischen  Avesta  direct  eingesteht.  Dieses 
letztere  ist  uns  fibrigens  nicht  mehr  vollständig  erhalten;  in 
Fidge  der  mohammedanischen  Eroberung  Ist  ein  grosser  Theil 
desselben-  verloren  gegangen.  Was  auf  uns  gekommen  ist, 
besteht  im  wesentlichen  aus  einem  religiösen  Gesetzbuch,  dem 
einige  Abschnitte  mythologischen  Inhalts  beigeiügt  sind  (Ven- 
dfdäd),  einer  Sammlung  von  Opterformeln  und  Hymnen  für 
den  täglichen  Gottesdienst  (Vispered  und  Jasna),  und  einer 
Reihe  von  Hymnen  zu  Ehr^  der  wichtigsten  Gottheiten  (die 
Jaits). 

Eine  Zusuiiuneiistellung  der  traditionellen  Angaben  s.  namentlich 
bei  Darmüsteter,  Zendav.  l  p.  XXXI  ff.,  vgl.  Journ.  as.  Vü,  17,  478  n. 


4 


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504 


Quellenkunde  zum  sechsten  Buch. 


§.  41(3.  Es  hat  nun  lau?*'  vor  der  Sassanidenzoit  in 
Iran  eine  religiöse  Literatur  gegeben:  Hermippos  der  K.alli- 
macheer  erzählte  von  einem  Werke  des  Zoroaster,  das  zwei 
Millionen  Verse  umlasste  (fr.  79  Müll»),  beim  Opfer  recitirten 
die  Magier  mythische  Gesfinge  (6«o7ov{i]v  Her.  I,  182),  und 
zwar  wenigst^  zur  Zeit  des  Pausanias  (V,  26,  6)  aus  eineni 
Buch.  Gehört  nun  das  religiöse  Gresetz-  und  Gdsetbueh  der 
Sassanidenzeil  zu  diesen  älteren  Schriften  ?  Ist  es  ein  Briiclj- 
stuck  der  altpersischcn  oder  richtiger  alliranisdien  Literatur? 
Gewöhnlich  ptiegt  man  diese  Frage  zu  bejahen,  das  Avesta 
sogar  in  uralte  Zeit  (ca.  1100—600  v.  Chr.)  zu  versetzen. 
Man  beruft  sich  zum  Beweise  Yor  aUem  auf  die  Sprache. 
Das  Avesta  ist  nicht  in  der  unter  den  Sassaniden  und  schon 
unter  den  sjAteren  Arsakiden  gesprochenen  und  in  officiellen 
Documenten  verwendete  Sprache,  dem  Mittelpersischen  oder 
Pelilewi,  verfasst,  ebensowenig  aber  auch  im  Altpersisclien, 
der  Sprache  der  Arhaemenidenzeit.  Das  Avestische  ist  viehnelu 
ein  eigener  iraiusciier  Dialect,  der  zwar  inehrtach  jüngere  For- 
men au^KUweiscn  scheint  als  das  Altpersische,  aber  selbständig 
neben  ihm  steht  wie  das  Französische  neben  dem  Italienischen. 
Daraus  ergibt  sich,  dass  das  eigentliche  Persien  nicht  die 
Hehnath  dieser  Religion  ist,  dass  diesdbe  aus  einem  anderen 
Theile  Irans,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  aus  Ostiran  (§.  439), 
eingeführt  ist  und  die  Sprache  dieser  Landschaft  als  die 
heilige  galt.  Daher  sind  schon  unter  den  Sassaniden  die 
heiligen  Texte  in  die  Lnndesbprache.  das  Pehlewi,  übersetzt 
worden,  wie  man  in  der  jüdischen  Gemeinde  schon  in  vor- 
dirisÜicher  Zeit  der  Vorlesung  der  heiligen  Texte  eine  Ueber- 
setzung  ms  Aramaeische  (die  Targume)  nachfolgen  liess.  Es 
liegt  aber  auf  der  Hand,  dass  aus  diesem  Umstände  fülr  das 
AHer  des  uns  erhaltenen  Avesta  gar  nichts  folgt;  wie  die 
Jaden,  können  auch  die  Parsen  kanonische  Texte  in  der 
heiligen  Sprache  geschrieben  haben  lange  nai  li  ilirem  Aus- 
sterben und  fern  von  ilirer  Heimath.  Dass  dii-^  «I  t  Fall  ge- 
wesen ist,  lehren  die  Texte  selbst,  die  in  melireren  Fällen 
zeigen,  dass  für  ihre  Verfasser  die  Gesetze  der  Sprache  nichi 


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Aeuwere  Kriteri<n  für  du  Altsr  de«  Avesta.  505 

mehr  lebendig  waren,  da  sie  die  altüberlieferten  Fmmen  in 
ganz  falscher  Bedentung  anwenden.  Aach  der  Umstand,  dass 
die  im  Avesta  vorkommenden  geographischen  Namen  meist  weit 

jüngere  Formen  zeigen  als  die  entsprechenden  altpersischen 
oder  orriechischen  (z.  B.  per«.  Mar^u,  MapYtdvYj,  zend  Moru, 
pers.  li.lkhtri,  JJte^o'x,  zend  Bukiidiii  ii.  a.,  s.  Spiegel,  VergU 
Gramm.  S.  7  und  sonst),  spricht  für  den  ^teren  Ursprung 
unserer  Texte. 

Wie  weit  fieb  die  sprachliehe  GorrapHon  entnckt,  und  in  welchem 
Unraage  sieh  danaeh  etwa  lltere  aiid  jüngere  Stfleke  aehaideii  laneo, 
ist  mir  onbekannt  Die  Tbataaebe,  das«  die  Zeadsehrift  ans  der 
Pehlewisehrift  der  spAteren  SaasanideDseii  entslanden  ist»  bebe  ich  als 
Dach  keiner  Seite  beweisend  nicht  weiter  berflbrt 

5.  417.  Eine  Entscheidung  über  die  Frage  nach  dem 
Alter  des  Avesta  können  wir  nm*  gewinnen  aus  der  persischen 
Religionsgeschichte  und  aus  dem  Inhalte  des  Baches  selbst 
Wir  wissen,  dass  die  Mazdareligion  sich  aus  der  alten  ari- 
schen Religion  hmusgdHldet  hat  und  können  als  den  Schau* 
platz  ihrer  Entwickelung  mit  höchster  Wahrscheinlichkeit  Ost- 
iran betrachten.  Die  ersten  authentischen  Zeugnis!5e  für  sie 
sind  die  Inschriften  des  Darios  und  seiner  Nachlulger,  die 
sich  als  eifrige  Mazdajasnier  bekennen,  und  die  Angaben  der 
Griechen,  in  erster  Linie  Herodot's  (I,  131 — 140).  Letztere 
sind  um  so  werthvoiler,  weil  Herodot  weder  die  persische 
Sprache  kannte,  noch  Ton  dem  inneren  Zusammenhang  des 
Systems  ehie  Ahnung  hatte,  also  nur  die  Aeusserungen  der 
Religion  un  t&glichen  Leben  sorgftltig  und  klar  sdiildert 
Darius  und  Herodot  stimmen  unter  einander  voDkommen, 
aber  mit  dem  Avesta  durchaus  nicht  überein.  Nach  dem 
Avesta  ist  es  die  ärgste  Todsüihli  .  einen  Leichnam  zu  be- 
graben: die  Perser  begraben  ihre  Todten,  ja  sie  vergraben 
sogar  Lebende.  Das  Avesta  fordert,  dass  die  Leichen  den 
Geiern  zum  Frass  ub^lassen  werden:  in  alter  Zeit  ist  dieser 
Brauch  auf  einige  ostiranisehe  Stämme  und  die  Magier  be- 
schrftnkt  (§.  444),  und  nie  ist  ¥or  der  Sassanidenzeit  davon 
die  Rede,  dass  jeder  Glftubige  ttch  ihm  fügen  müBse  (vgl 


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5(N> 


QoeUankande  warn  Mcftistan  Buch. 


Agath.  II,  23).  Im  Avesla  spielt  der  Gull  des  Mithra^  der 
AnÄhita,  dc^  Haoma  und  anderer  Gdtter  eine  Hauptrdle, 
während  bei  Darias  alle  Götter  gegen  Aharämazda  ganz  zu- 
rücktreten, die  Verebnmg  der  der  Volksrel^fon  angefadrigen 
Gottheiten  Mitfara  und  Andhita  erst  durch  Artaxmes  IL  ein- 
geführt wird  und  in  der  Folgezeit  dann  ganz  in  den  Vorder- 
grund tritt  (§.  451).  Der  Cult  der  »persischen  Götter«  ver- 
breitet sich  über  ganz  V^orderasien  (vgl.  namentlich  Strabu 
XI,  8,  4.  14,  16.  XV,  3,  14  tl'.),  die  Arsakiden  wie  die  indo- 
skythischen  Konige  sind  Mazdajasnier ,  aber  nirgends  treffen 
wir  die  Form  der  Religion,  wekhe  das  Avesta  vorschreibt. 
Erst  unter  den  Sassamden  wird  dasselbe  zum  Gesetz  erhoben, 
werden  sdne  Gebote  mit  peinlicher  Genauigkeit  befolgt  Die 
Folgerung  ist  unabweisbar,  dass  es  ans  Ende,  nieht  an  den 
Anfang  der  Religionseiitwickelung  gehört.  Es  wird  in  der  spa- 
teren Arsakidenzeit,  und  zwar  vermuthlich  zunächst  in  dem  be- 
kanntlich unter  eigenen  Königen  stehenden  Persis,  über  dessen 
Geschichte  in  dieser  Zeit  wir  leider  gar  nichts  wissen,  ent- 
standen, unter  den  Sassaniden  zum  Abschluss  gebracht  sein 
—  wie  die  Tradition  selbst  andeutet  (§.  415). 

Im  allgemeinen  vgl;  ausser  Sni'.Ki ,  Fran.  Alterthumskunde  III  den«, 
Ueher  das  Vaterland  und  Zeilalter  des  Awesta  ZUM.  \XXV,  629  ff.  und 
namentlich  Dafmfstftfr's  FiT^lpitunpr  zu  seiner  Avestanherseizuii^.  Die 
Iftzte,  mir  unabweislich  sclitiiiende  Consefiuenz  liabieii  beide  nicht  ge- 
zogen. —  lieber  die  Religion  der  indoskythischen  Könige  s,  6.  Horr- 
MANN,  Auszug»-  aus  syr.  Acten  per».  Märtyrer  (Abh.  Kde.  des  Morgenl.  VII) 
144  ff.  —  Von  Wichtigkeit  ist  auch,  dass  der  Raleuder  des  Avesta  [über 
^«QMlbeii  GoTBCBMnv  Ber.  iftcha,  Ges.  1862.  Bcssbibbrosb,  GOit,  Nacbr. 
1878,  351.  Roth,  ZDM.  XXXIV,  898.  SnioEL,  ZDM.  XXXV,  642],  der 
den  Achaanenideii  noch  nnbekannt  iei,  spftter  in  PerBien  wie  in  Kappa- 
dokien [vgl.  Dt  Lmabw,  Gee.  Abb.  258  ff.}  einaefUhrt  ist.  Wie  mm 
hat  benrdÜBln  kdnnen^  daae  Darios  im  ToUaten  Umftmga  dea  Wortes  ein 
Anliänger  der  mazdajasnischen  Lehre  war  in  der  Forn  wie  aie  su 
seiner  Zeit  existirte,  ist  mir  nnTeretftndlieb, 

§.  418.  Zu  demselben  Ergebniss  führen  die  inneren 
Kriterien ,  die  &ßh  aus  dem  Avesta  selbst  eDtnehmen  lassen. 
£ine  Steile,  an  der  gegen  die  Manicbaeer  polemisirt  wird 


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Innen  Kritaiak  flaaiiniditeber  Unfumng  te  AYetta.  507 

(Vend.  4,  130  s.  J>jaaamem^  Zendav.  I,  zl),  kann  inter- 
polirt  sein,  ebenso  die  Ikwihnun^  des  in  der  Sassanidenzeit 

und  nur  in  dieser  Torkoiimienden  Hohenpriesters  (ZarathuStra) 

von  ii^^'ae  Ja.sua  10,  50.  VVenii  aber  aul  letzteren  auch 
V^end.  1,  GO  angespielt  wird,  so  ist  damit  die  sassanidiisciie 
Abfassungszeit  des  ganzen  ersten  Fargard  des  Vendidad 
erwiesen.  Vor  allem  aber  seUt  das  Avesta  das  Bestehen  < 
einer  festorganisirten  Kirche  Toraus.  Dieselbe  ist  ▼om  Staate 
anerkannt  und  unterstOtst  und  ao  m&ehtig  entwickrit,  dass 
von  der  Staatsgewalt  kaum  iigendwle  die  Rede  iat  (vgl. 
anch  Vend.  IS,  25).  Die  Gebote  sind  peinfich  genau,  ihre 
stricte  Befolg  in;.'  wird  überall  erwartet,  schwere  Strafen  an 
Leib  und  Ldmi  werden  dem  Uebertreler  angediohf.  Ja 
wenn  Gei.dnf.r's  Erklärunpf  von  p(  sotanu  und  laniiper^^lha 
(Stadien  zum  Avesta  1»  lü)  richtig  ist,  kann  diese  Kirche 
sogar  excommuniciren.  Unter  den  Achaemeniden  und  Arsa» 
kiden  haben  derartige  Zusttkode,  wie  sie  hier  keineswegs  ge- 
fordert» sondern  als  bestehend  vorausgesetzt  werden» 
niefat  eiistfrt;  und  sollte  es  wirklich  jemand  för  möglich  halten» 
dass  lange  vor  Kyros  bei  den  iincullivirten  Stammen  des 
Ostens  eine  derartig  organisirte  Kirche  existirte,  die  nachher 
nicht  nur  spurlos  verschwunden  ist ,  sondern  von  der  sieli 
nicht  einmal  irgendwo  eine  versteckte  Kunde  erhalten  hat? 
Dagegen  unter  den  Sassaniden  l)estehen  alle  Voraussetzungen 
wirldich,  die  das  Avesta  erkennen  Ifisst  Mithin  gehört  ef 
ihrem  Zeitalter  an.  —  In  vo]llu>mmener  lTei>erehistimmttng  da* 
mit  steht  der  Geist  des  Buches,  der  in  Vendid&d,  Jasna  und 
JFadts  genau  der  gleiche  ist.  Eine  peinlich  genaue  Durchbil- 
dung des  Rituals,  eine  hochentwickelte  religiöse  Gasuistik,  eine 
schleppende  und  nüchterne,  alles  höheren  Schwunges  völlig 
entkleidete  Darstell ungs weise,  die  ermüdendste  Langweilijrkeit 
in  den  immer  und  immer  sich  wiederholenden  stereotypen 
Phrasen  charakterisirt  sie  alle  [über  die  Gatbäs  n.  s.  w. 
8.  §.  419].  Nirgends,  ausser  in  einigen  offenbar  älterer  Zeit 
entstammenden  Sätzen,  pulsirt  finsches  Leben,  nirgends  indi- 
vidueller Ausdruck  oder  warme  und  unmittelbare  Empfmdung, 


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1 


508  QueUenkoDde  mm  wehsten  Bueh. 

nirgends  irgendwelche  Begeisterong  für  die  hoben  Lehren  der 
ReligiOD,  £ig«iicfaafteii,  die  wir  nach  dem  Charakter,  den  die 
loBchriften  des  Darios  tragen,  fKir  die  ReUgionsbücher  seiner 
Zeit  nothwendig  ▼oranasetzen  nifkaaen.    Am  augenfälligsten 

tritt  dieser  Charakter  in  der  überall  glcichmässigen  Behand- 
lung der  Sagengescliichte  hervor.  Wir  wissen,  dass  die  Iraiiier 
eine  hochentwickelte,  mit  tiefer  Empfindung  aufgefassle  Sa«?en- 
geschichte  gehabt  haben.  Aber  im  Avesta  suchen  '  n  vtfr- 
geblich  nach  Sparen  lebensfrischer  Behandlung  oder  poetischer 
Awffassnng  und  DarsteDang:  die  alten  H^den  sind  ganz  ab- 
geblasst  und  ledi^^icfa  dazu  da,  um  die  Lehren  der  zarathu- 
itrischen  Religion  zu  exempliflarai.  Mit  TOOiger  Stcherfaeit 
lässt  die  Art,  wie  die  Sagengeschichte  z.  B.  in  Jasna  9. 
2G,  15  ff.,  Jast  T).  0.  18  und  sonst  In  handelt  ist,  darauf 
schliessen,  dass  z.ur  Zeit,  wo  die.->c  Gebete  geschriel)en  wurden, 
die  Entwickelung  der  Sageogeschichte  nicht  nur  längst  zum 
Abschluss  gekonunen,  sondern  dieselbe  auch  schon  literarisch 
behandelt  war.  Dass  ein  Buch  dieses  Charakters  dem 
höchsten  Alterthum  angeh<)re,  wtMe  man  sich  schwer  ent- 
sddiessen  zu  glauben,  wenn  die  zwingendsten  Beweise  dafür 
vorlägen.  Wur  hab^  gesehen,  dass  genau  das  Gegentheil  der 
Fall  ist. 

»J^adiuelä  iliüicileiueiit,  pour  lua  pari,  que  l'Avesta,  tel  que  uous 
Tavons,  alt  M  le  code  d'un  grand  empire  [der  AchaemenideD].  G*«sl 
le  code  d^ime  eeete  religieuie  trte  borö^}  e*eet  «n  TUmud,  an  liw« 
d«  casoistique  et  d*4troite  obtervanee.  J*ai  peine  ä  eroire,  que  ce  grand 
empire  peiae,  qoi,  da  motne  en  religlon,  profeeae  one  oertaine  laifeur 
d^iddea«  ait  eu  uoe  kn  aani  striole.  D  me  aemble  q$%,  aE  lea  Penea 
avaient  ea  un  lim  nert  de  ee  gen»»  lea  Greca  en  eoaMnt  parld.  La 
tb^ologie  m^me  de  TAveeta . .  •  ne  t^ralt  bien  platAt  conleroporaine 
de  Manös  et  du  (n^osticisme  que  eusceptible  d'ätre  rapporUe  k  une  luuiie 
aatiqiüU,c  £,  Rshah  im  Jouro.  as.  VII,  16,  29. 

§.419.  Wenn  nun  unser  Avesta  im  git>ssen  und  ganzen 
sassanidischen  Urprungs  ist,  so  schliessi  das  nicht  aus,  dass 
es  weit  filtere  Stacke  enthfilt  Zu  diesen  schänen  namenttich 
die  Gftth&*s  (Lieder)  zu  gehören,  metrische,  in  einem  anderen, 


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Aettere  fiesUndÜieile  des  AY«ttft. 


509 


älteren  Dialect  abgefaaste  Abschnitte  des  Jasna,  die  auch  in 
ihren  Ideen  von  dem  öbrigen  Avesta  bcdeaiend  abweichen 
und  den  Anschauungen,  wie  sie  sich  aus  Darius*  Inschriften 
ergeben,  nahe  zu  stehen  seheinen.  Ihre  Udiersetzung  ist 
jedoch  noch  so  wenig  gesichert,  dase  eine  B»intzung  derselben 
für  die  Religionsgcschichte  bis  jetzt  fast  unmöglich  scheint. 
Ebenso  haben  zweiielios  manche  Gebete  und  Sprüche  aus 
alter  Zeit,  sei  es  in  der  lusprünglichen,  sei  es  in  hIh  i  ni  beileter 
Form  in  das  Avesta  Aufnahme  gefunden.  £s  wird  die  Auf- 
gabe der  Kritik  sein,  mittelst  sprachlicher  und  sachlicher  For- 
schung diese  Stücke  mdgiicfast  herauszuschälen.  Einstweilen 
müssen  wir  uns  mit  allgemetoeren  Gombinationen  begni^pen. 
Bei  dem  Versuche,  die  ältere  Form  der  Religon  zu  ermittehi, 
stehen  uns  zwei  Hülfsmittel  zu  Gebote:  die  Angaben  des 
Darius  und  der  Griechen  (§.  417),  und  die  Vergleichung  der 
indischen  Relig-ion.  Die  zahkeiciien  UebereiM Stimmungen  zwi- 
schen dieser  und  der  Mazdareh'gion  ermöglichen  uns  nicht 
nur,  im  allgemeinen  zu  erkennen ,  welche  Anschauungen  und 
Mythen  ursprünglich  sind  und  welchen  Gang  die  Entwickelang 
des  MazdaJsmus  genommen  haben  muss,  es  lassen  sich  durch 
Zusanmienstelhing  des  beiden  Gemeinsamen  auch  die  Grund- 
zuge der  vor  der  Trennung  der  Inder  und  Iranier  hei  den 
Ariern  herrschenden  Religion  ermitteln. 

Dass  der  Gfttb&dialect  älter  ist  als  die  Sprache  des  Qbrigen  Avesta, 
ist  wohl  nur  tod  dk  Harles  (Manuel  de  la  langue  de  TAfesta)  bestrüten. 
^  Wie  weit  es  mir  getungen  ist,  in  der  Scheidung  des  Alten  und  Spä- 
teren das  Richtige  so  treffen,  mOssen  andere  beurtheiten.  Die  Frage, 
ob  wir  das  Reeht  haben,  eine  Anschauung  der  alten  Zeit  su  vindieiren, 
habe  ich  mir  fllMrall  voigelegt.  Um  rieh  die  Schwitfigkeiten  klar  zu 
machen,  welche  sich  uns  hier  entgegenstellen,  denke  man  sich,  uns 
wftren  von  der  heiligen  Literatur  der  Juden  nur  ein  Theil  des  Priester- 
codex, die  Psalmen,  und  vielleicht  einige  Bruchstücke  von  Propheten, 
in  denen  keine  oder  wenigstens  keine  erkennbaren  Anspielungen  auf  die 
Zeitereignisse  vorkommen,  erhalten. 

§.  420.  Unter  den  Bearbeitungen  der  Geschichte  und 
Alterthümer  von  Iran  sind  in  erster  Linie  Spieael^s  Schriften, 


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510 


QueUenkiinde  sam  Baebeteii  Boeli, 


namenilieh  seine  »firanisehe  ^)  Atterthunttknnde«  (3  Bde., 
1870 — 78)  za  nennen.  Die  ans  dem  Arata  sieh  ergebenden 
Golturvo'haitnisee  hat  neaerdmgs  W.  Gsim  (Ostinauscbe 
Gultur  im  AUerthum,  1882)  in  aneehanHeher  Weise  zosammen- 

gestellt,  doch  ohne  aul  du  uuabweisliche  Vorfrage,  in  wie 
weit  das  Avesla  als  Zeuge  einer  alten  Zeit  \u\<\  einer  einheit- 
liciien  Cultur  betrachtet  werden  darf,  irgendwie  einzugehen. 
Die  Aufhellung  der  Zusammenhänge  mit  Indien,  und  der  ari- 
sehen  Periode  verdanken  wir  in  erster  Linie  einer  Reihe  Ton 
Anfsätaen  Ton  R.  Rom  (ZDM.  II.  IV.  VI  und  sonst),  daneben 
den  Forschungen  der  vergleiclienden  Mytbologen  nnd  India- 
nisten,  wie  A.  .Eühv,  Wkbir,  11  Müller  n.  s.  w.  Ffir  die 
genauere  Erkenntniss  der  Entwickelungsgeschichte  der  irani- 
schen Religion  und  der  allmählichen  Umbildunpr  der  arischen 
Anschauun^'^^n  sind  J.  Dapvf^tktek's  Untersuchungen,  nnment- 
lich  sein  Ormuzd  et  Abriman  1877  (Bibl.  de  i'^  des  hautes 
Stüdes  29),  TOD  grosser  Bedeutung. 

Fienor:  WnnneGBiiAinr,  ZoiDsitrliche  Stadien  1808.  Baoo*s  EaMjs 
414).  Juan,  toeldahto  Pcniiiis  1878  (in  d«r  OMarVben  8Mnmliing)t 
—  FOr die Gnltar des  vedieeben  Zeitallen:  Luowu^  Die  Mentimliteriiar  mä 
dae  alte  Indien  (m  e.  Ueberaetamg  des  Rlgveda  Bd.  HI)  1878.  Znmmt 

Altindiscbes  Leben  1870.  Das  grosse  Werk  Ton  Bergashii  Aber  die  vediaehe 
Religion  Itedanre  ich  nicht  haben  benntxen  zu  |[önneB. 

Warum  man  anatatt  der  jet^i  lü  in  üblichen  Form  trän  doielianf 
die  vor  (*mpm  labrtausend  gebräuchliche  ^irftn  anwenden  aoU,  weht 
ich  nicht.  Wenn  man  eine  arehaiacbe  und  fremd  klingende  Fofin  ge- 
brauchen will,  floUte  man  wenigstens  Adana,  ananiach  sagen. 


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L  Die  Stämme  der  Arier.  - 

Das  iranische  Hochland.   Die  nichtarischen  Stämme  Westirans, 

§.  421.  Die  rauhen  Gebir<<sketlcn  des  Zagios,  welche 
sich  im  Osten  der  Tigrisebene  erheben,  J^ildi  n  den  Westrand 
eines  gewaltigen  Hochlandes,  dessen  Ausdehnung  von  den 
Bergen  östlich  von  Nimve  bis  zu  den  Höhen,  welche  das 
lodnsthal  begrenzen,  ^wa  300  Meilen  beträgt.  Im  Stklen 
bildet  der  peraiscfae  Meerbusen  seine  Grenze,  im  Nordwesten 
geht  ee  in  d«  annenisch-kleinasiatiscfae  Hodüand  äber.  Die 
Gebirge  Anneniens  setzen  sich  luer  fort  nnd  erheben  sich  im 
Süden  des  kaspischen  Meeres  zu  gewaltiger  Höhe.  Weiter 
östlich  wird  das  iranische  Hochland  dm'ch  im  wesentlichen 
parallel  verlaufende  Gebirgszüge  begrenzt,  die  in  dem  unw'pg- 
samen  Paropanisos  (Hindukus)  ihren  Mittelpunkt  haben.  An 
letzteren  schliessen  sich  nach  Osten  die  Randgebirge  des  mon- 
golischen Hochlandes;  nach  Norden  aber  fällt  Iran  ab  zu  der 
mibegrenzten,  den  Norden  Asiens  wie  Europas  bildenden  Tief- 
ebene, die  fast  durchweg  einen  Steppencharakt^  trftgt  und 
an  der  Grenze  b-ans ,  im  Gebiete  des  kaspischen  und  des 
xVralsees,  zum  grössten  Theil  eine  völlige  Wüste  bildet.  Zahl- 
reichf  Ströme  fliessen  vom  Hochlande  hinab,  die  indessen 
theils  von  der  Wüste  aufgesogen  werden,  wie  der  Arios,  der 
MargOB,  der  Polytimetos  (Zerefsän),  theils  wie  der  Oxos  und' 
Jazartes  zwar  das  Meer  erreichen,  aber  in  ihrem  unteren 
Laufe,  dem  £uprat  vergleichbar,  doqfi  höchstens  dem  un- 
mittelbar angrenzenden  Lande  Fruchtbarkeit  verleihen. 


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512 


Sechstes  Bucb,  erster  AtMcbnitt 


Die  Milte  Irans  bildet  eine  grosse,  last  völlig  unbewohn- 
bare Salzwüste,  die  sich  im  Südosten  bis  unmittelbar  an  das 
Meer  erstreckt  Sie  scheidet  Iran  in  einen  westlichen  Thal 
—  die  Gehiigslandschaft  Persis,  die  Ebene  des  sAdUcheo,  das 
Alpenland  dm  nördlichen  Hediens  and  einen  nofdOsÜicben 
Theil,  dessen  Gentmin  äet  Paropanlsos  bildet  (die  Land- 
achafton  Cliorasän,  Afghanistan  und  Baictrieii).  Nur  durch 
einen  sclmialen  Streiten  culturfähigpn  Landes  aiii  Südrahdr 
des  kasptschen  M(*ere«,  in  den  Thalei  n  am  Elburs  (vor  allem 
das  Thai  des  Gurgän,  die  LaadschafL  Hyrkanien)  sind  die 
Jseiden  sonst  ?dllig  von  einander  gesonderten  Gebiete  ver- 
bunden« 

§.  422.  Was  för  ethnographische  Verhältnisse  in  West- 
inn  nrsprfinglich  herrschten,  Ifisst  sieh  bis  jetzt  nnr  theilweise 

ermitteln.  Wir  wissen,  dass  am  Südrand  Stämme  wohnten, 
die  den  Suaieriern  ver\v;itidl  waren,  in  Susiati.i  die  Elymaet  r. 
in  den  nördlicheren  (n-bir^ren  die  Kossaeer  129).  AVie 
weit  sich  diese  Nationalitäten  ursprünglich  nach  Osten  aus- 
dehnten ,  ob  die  nördlichen  Gebirgslande,  wie  t<famri ,  Chn- 
baäkia,  Pazsaa,  Elltp  demselben  oder  einem  ganz  anderen 
Volksstamme  angdiSrtoi,  entzieht  sich  unserer  Kenntniss.  Das 
Gleiche  gilt  von  den  Mannaeern  södlich  vom  Urmiasee  und 
▼on  den  zahlreichen  Stämmen  und  Fürstenthümern  des  Nord- 
westens, die  von  den  Assyrern  unter  dem  Namen  der  Meder 
(Madai,  bei  Salmana^^ar  II.  Amadai,  v^l.  Scimjadf.r,  KGF.  17:^») 
zusammengefasst  werden.  Denn  <o  sicher  die  Meder  der 
Griechen,  welche  Assyrien  zu  Fall  brachten  und  deren  Haupt- 
sitz der  ebene  Theil  des  Landes  um  Egbatana  und  Ragae  war, 
Iranier  und  die  nächsten  Verwandten  der  Perser  gewesen  sind, 
so  w^ig  lisst  sich  das  Gleiche  von  den  Medem  der  Assyrer 
und  namentlich  von  den  Stämmen  der  rauhen  nordwestlichen 
Gebirge  erweisen.  Noch  die  späteren  Schriftsteller  kennen 
'hier  zahlreiche  nicht  zu  den  eigentlichen  Medern  gehörige 
Völkerschaften,  die  Katiusier,  Gelen,  Amarder,  Tapurer  u.  a. 
Neben  ihnen  wird  ein  Volk  der  Anariaken  genannt,  deren 
Name  die  »Nichtarier  (-iranier)«  bedeutet.    Offenbar  sind 


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Niehtuilcht  Stftmaie  in  Ima.  513 

dieselben  nur  dnrch  MissversUndniss  in  die  Vöjkerliste  ge- 

kommen;  Anariaken  ist  ein  Gesammtname,  der  die  vorher 
einzeln  aufgezaijRen  Völkerschaften  zusamnienfasst  und  als 
stammfremd  den  Iraniern  uiid  speciell  den  Medern  g^en- 
überstellt 

Stämme  Medieiis;  Slrabo  XI,  7,  1.  8,  8  [aus  Eratoslhenes].  l;>,  'S 
Plin.  VI,  46.  Ptol  VI,  2,  5.  BeiSUibo  XI,  13.  4  werden  die  Kadusier 
geradem  den  Äriaaem  enigegengesetit  —  Der  elmige  iianiseh  aniwwheBde 
Name,  der  uns  in  dleeen  Qegenden  in  den  KeiHneeliiiften  begegnet,  ist 
der  dea  Begdatti  Ton  Kildiil  (716,  $.  874);  *  doch  malmt  tar  VorBieht, 
daas  aneh  die  FOiaten  Kimdaipi  imd  Knitalpi  von  Kmomnch  (S.  886) 
rein  iranlseli  eeheinende  Namen  tragen  (LmoRiuirr). 

Dt«  Arier. 

g.  423.  Das  nordöstliche  Iran  mit  den  nach  beiden 
Selten  vorliegenden  Gebieten,  don  Thal  des  Kophen  (Sabal) 
und  der  Ebene  des  Indus  und  seiner  Nebenfltae  im  Südoi, 
den  weiten  Wflsten  nnd  Steppen  im  Norden,  ist  der  älteste 

Wohnsitz  der  Arier.  In  historischer  Zeit  treten  uns  dieselben 
nicht  als  einheitlic  hes  Volk  entj^'egen.  Die  Arier  Indiens  haben 
sich  von  ihren  Stammesbrüdern  nördlich  und  westlich  vom 
Paropanisos  gesondert  und  eine  eigene  £ntwickelung:  einge- 
schlagen, und  unter  den  Iraniem  besiebt  ein  scharfer  Gegen- 
satz zwischen  den  sesshaften  Stämmen  Ostirans  und  den 
Reitenrölkem  und  den  räuberischen  Nomaden  der  toranischen 
Steppe.*  Indessen  in  Sprache  und  Sitte,  in  Anschauungen 
und  Religion  stehen  sich  alle  arischen  Stämme  so  nahe,  dass 
wir  uns  eine  Zeit  reconstruiren  können,  in  der  die  einzelnen 
Stämme  noch  im  wesentlichen  ein  gr(»?«^es  Ganzes  bildeten, 
sieh  gegenseitig  fortwährend  beeinflussten  und  als  Glieder  eines 
grossen  Volkes  betrachtet  werden  konnten.  Sogar  der  Name 
dieses  Volkes  ist  uns  erhalten:  die  alten  Inder  wie  die  Ostiranier 
nnd  Meder  (Her.  Yll,  62)  bezeichnen  sich  als  Arier,  Darius 
nennt  sich  »dnen  Arier  arischen  Sprosses«  (NR.  2).  Auch 
den  Skoloien  scheint  nach  Ausweis  der  Eigennamen  (Aria- 

M*7«r«  0ei«Udiie  to  Attarllnian.  I.        ,  '      *  8$ 


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514 


Secbste»  Boeb,  «nter  AbochnUt 


peithest  Ariantas)  diese  Bezeichnung  nicht  fremd  geweseo  zu 
eein.  Der  Name  scheint  das  Volk  als  die  »Edlenc  im  Gegen- 
satz zu  den  Stammfremden  zu  bezeichnen.  Die  Arier  sind 
ein  Glied  des  indogermanischen  Volksstammes,  der  fast  ganz 

Europa  und  den  «^TÖssten  Thoil  Kleinasiens  und  Armeniens 
bevölkert  hat.  Von  wo,  wie  und  wann  die  Arier  in  ihre 
Wohnsitze  gekommen  sind,  darüber  gestattet  höchsten?  der 
Umstand  eine  Vermuthungf  dass  noch  in  historischer  Zeit  ein 
Theil  der  Iranier  (die  Saken  und  Skythen)  aus  nomadischen 
Wanderstämmen  besteht,  ein  anderer  sesshafi  ist.  Da  wir 
nun  wohl  einen  Uebergang  von  unsteter  zu  sesshafler  Lebens- 
weise uns  Yorstdlen  und  geseUehtlich  nachweisen  können,  nicht 
aber  in  gleichem  Umfang  das  umgekehrte,  so  wird  anzunehmen 
sein,  dass  die  sesshaften  Arier  aus  der  turanisch-südrussisr heii 
Steppe  in  ihre  späteren  VVohnsitze  gelangt  und  hier  zu  einer 
höher  entwickelten  Cultur  übergegangen  sind,  dass  sicii  also  ihre 
Ansiedelung  ähnlich  vollzogen  hat,  wie  jetzt  die  türkischer 
Stämme  in  denseU^en  G^ieten  oder  wie  die  der  Semiten  in 
Syrien  und  im  Tigrisland.  Dem  entspricht  es,  dass  wir  beim 
Beginn  unsoer  historischen  Kunde  die  Arier  im  Tillen  Vor- 
rücken nach  Südosten  wie  nach  Südwesten  begriffen  finden. 
Üb  sie  in  Iran  und  im  h;  lü-tlial  eine  ältere  Bevölkerung  an- 
getrofifen  und  sei  es  al)büri)irt,  sei  »  s  verdrängt  oder  ge- 
knechtet haben  wie  später  im  östlichen  und  südlichen  Indien, 
darüber  fehlt  uns  jede  Kunde. 

Die  laiidlüufige  Ansicht,  wpiche  die  Heimath  der  Arier  -  oder  ;,'ar 
der  liidogernianeii  —  ins  Ihichland  faiiiir  oder  dessen  Nachbarscliall 
verlegt,  entbehrt  aller  Begründung  und  ist  an  sich  höchst  unwahr- 
scheinlich. 

§.  424.  Wie  weit  sich  die  Wohnsitze  der  nomadischen 
Arier  erstreckten,  ist  schwer  zu  bestimmen.  Wir  wissen,  dass 
die  Perser  alle  Wanciei.-? Lamme  des  Norden«  uuier  dem  Namen 
Saka  (Sdxai),  die  Griechen  unter  dem  der  Skythen  zusammen- 
fassfen.  Im  einzelnen  unterscheidet  Darius  in  seinen  fa- 
schriften  die  amyrgischen  Saken  (Sak4  haumaTarkä  ==  'A(u6^ 


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Die  nomadischen  Arier.  Skoloten  und  Saken. 


515 


Tfioi  laxa'.  Her.  VII,  64)  und  die  spitzraützigen  ^)  Saken.  £s 
sind  die  Bewohner  der  grossen  kirgisisch-turkmenischen  Steppe, 
welche  sich  vom  kaspischen  Meer  bis  jenseits  des  Jaxartes 
erstreckt.    Soweit  wir  ans  den  Eigennamen  und  sonstigen 

AiKieiitungen  selien  können,  sind  die  Saken  arischen  Stammes 
und  den  Iraniein  nahe  verwandt.  Dir  Gebiet  umschliesst  die 
beiden  fmchlbaren  Oasen  von  Mervv  und  von  Gharezm,  in 
denen  seit  alten  Zeiten  —  nachweislich  seit  der  Achaeme- 
nidenzeit,  doch  Termuthlich  schon  weit  früher  —  eine  sess- 
hafte  von  Äckerbau  lebende  Bevölkerung  sich  fbdet,  die 
iM.irijianer  (per?.  Margu,  Zend  Moru)  und  die  Giiura.>iiijfr 
(pers.  Hväraznu,  Zend  Gharizem),  die  überall  zu  den  Ira- 
niern  im  engeren  Sinne  gerechnet  werden.  Jenseits  des  Ja- 
xartes streifen  nach  den  Angaben  der  Griechen  die  Massa*» 
geten,  die  gldchfalls  zu  den  Ariern  zu  gehören  scheinen.  Im 
Avesta  begegnen  uns  diese  Namen  nicht.  Die  Gegner  der 
sesshaflen  Arier  heissen  hier  meist  Türa  oder  Dänu:  aus 
ersterem  ist  der  Landesname  Tiiran  hervorgep^angen.  Einmal 
ist  auch  von  den  »dahischen  Gauen«  die  Rede  (Jast  13,  144). 
Der  Name  D^a  bezeichnet  (wie  d&na)  ganz  im  aligemeinen 
den  >Feind<  und  flndet  sich  in  derselben  Bedeutung  (als 
dfisa)  bei  den  Indern;  in  den  griechischen  Nachrichten  be- 
gegnet uns  Adat  Dahae  sehr  häufig  als  vollkomraenes  Synonym 
von  yHr.j.i.  Daneben  werden  im  Avesta  auch  »niehtarische 
Gaue«  erwähnt  (Jast  18,  2.  19,  68),  doch  ohne  irgend- 
welche genauere  Bezeichnung  der  Gegend  (vgl.  Vend.  I,  71). 
—  Neben  den  östlichen  Saken  nennt  Darius  »Saken  jenseits 
des  Meeres«.  Es  sind  die  von  den  (kriechen  als  Skythen  im 
engeren  Sinne  bezeichneten  Skololen,  die  seit  etwa  dem 
achten  Jahrhundert  sich  in  Südrusslnnd  an  der  Nordküste 
des  Ponlos  festgesetzt  und  dio  Kimmerier  von  hier  verdrängt 
haben.  In  früherer  Zeit  müssen  sie  mithin  weiter  östlich 
nomadisirt  haben,   Sie  sind  zweifellos  den  Iraniern  auf  das 


*)  Diese  von  Offert  aufgestellte  Uebersetzung  von  tigrakhauda  scbeiai 
mir  kaum  zweifelhaft;  vgl.  Her.  Vil,  64. 


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51Ü 


Sechstes  Buch,  erster  Abschnitt. 


eng^to  vorwaiiill,  ja  können  gei  adezu  als  ein  Zweig  derselben 
bezeichnel  werden.  Das  Gleiche  gilt  von  ihren  östlichen  Nach- 
barn, den  Sauromaten  (Sannaten)  zwischen  Don  und  Wolga. 
Dadurch  wird  es  nur  um  so  wahrscheinlicher,  dass  die  Nach- 
barn der  letzteren,  die  asiatischen  Saicen,  gleichfalls  Iranier  waren. 
Welclier  Nationalität  die  von  ihnen  verdrängten  Kim  nierler  (assyr. 
Gimirrai,  hebr.  ^^y)  j^n^ehorten,  lässl  sich  begreiflicher  Weise 
nicht  sicher  feststeilen;  doch  ist  zu  beachten,  dass  der  von 
den  Assyrern  bewahrte  Name  eines  ihrer  Könige,  Teuspfi, 
durchaus  iranisches  Gepräge  hat,  und  dass  die  Babylonier 
auch  alle  Saken  als  Kimmerier  bezeichnet  zu  haben  scheinen, 
was  allerdings  eine  Stamraverwandtschaft  noch  nicht  beweisen 
wurde.  Danach  scheint  das  im  AUerthum  von  ii'ani.-tiien 
Stämmen  bewohnte  Gebiet  dem  jetzt  von  den  Slawen  besetzten 
an  Ausdehnung  nicht  nachgestanden  zu  haben. 

Her.  VII,  64  'i^.  V^^tp  T7-"o-;ai  rt'ivTOtc  zohz  ^xo^-ct;  rxotXfov  ^Lolv.'X':.  Deiii 
entspricht  der  Sprarhgebrauch  der  Dariusinschriflen.    Hör  in  der  fünften 
Tafel  der  Inschrift  n^irliträglich  berichtete  Feldzup  gegen  die  Saken  ist 
jedenfalls  der  Skytheiifeldzug.   Im  )»abyloni';(  hen  Text  wird  das  persische 
f^akä  durch  Nammiri  odfr  'limiri  vvi(  (it-r^'r'|.'eben ;  trotz  Demtz^ch,  Par.  246 
und  Bezüld,  Achaemenidt- mn^rlir  zu  Beh.  17.  NR.  30  halte  ich  Cr'mm 
für  richtig;  wenn  nam  dasteht,  wird  es  Schreibfehler  sein —  Aa- 
tionalltiat :   Dass  die  skolotischen  Skythen  Iranier  sind,    haben  Zecss 
Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme  275  ff.  und  Mfi.LETmoFr.  Her- 
kunft und  Sprache  der  pont.  Skythen  und  Sarmaten,  Ber.  Beri,  Ak.  Icoo. 
549  tf.  erwiesen.    Daraus  wird  das  Gleiche  für  die  asiatischen  Sakea 
von  vorn  herein  wahrscheinlich.    Die  wenigen  erhaltenen  Namen  sind 
ziiiii  Theil  deutlich  iranisch:  der  Massagete  -TrapYa^ihYj;,  S.  der  Tomyri» 
Her,  1,  211,  der  Fürst  der  transjaxartischen  Skythen  Satpox-»)?  Arr.  IV, 
4,  8,  der  SakenfQhrer  Uaoianic  Arr.  III,  8,  3.   Zu  den  Namen  der  sog. 
indoBkythiKhen  (sakiieheD)  Könige  vgl.  6.  HomAiw,  Syr.  Akten  pers. 
M&rtyrer  189  ff.  (Abb.  Kde.  des  Morgen!.  VII).  Femer  der  Stammntnie 
*AoicaoidEiuit  Strabo  XI,  8,  8.  Pol.  X,  48;  vgl.  die  Arimaspen  =  tr* 
jamAspa  »folgsame  Rosse  habende,  MDlunhoff  L  e.  555.  Fhnlieb  mOgeo 


')  Aiirh  dem,  was  Dfmtzsch,  Far.  181  über  die  Bedeutung  voit 
nftr  marratum  in  den  Danusinschriften  bemerkt,  kann  ich  nicht  bei- 
stimmen ;  es  ist  nicht  zu  vei^essen,  dass  der  babylonische  Text  üeber- 
setzung  aus  dem  persischen  ist. 


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^oiuaiiiäche  und  sesshatie  Arier. 


517 


muiehe  ditter  Nam^n  enUetant  tefai.  Vielleiebt  rind  uatUi  die  'Avdt^ea 
«p-rj  im  Nordostan  des  MiaUachen  Skythiens  (Ptd.  U,  8.  18)  und 
die  'Apcdbtot  swiMlieii  laztrlei  und  Oxob  hierliftRiisifilieD.  ^  Zu  den 
Dahero  Tgl.  aueh  die  Adot  in  der  Ueke  der  nomadisehen  St&mine  der 
Pener  Her.  I,  125.  —  Zu  den  Kimmeriem  vgl.  nodi  $.  452. 

§.  425.  Der  Gegensatz  der  gessliafien  und  der  räube- 
rischen nomadischen  Bev5lkeruDg  am  Nordrande  Irans  ist 
heute  derselbe  wie  vor  lahrtansenden;  nur  war  er  im  'Alter- 

tbum  noch  weniger  ein  Gegensatz  der  Rasse  als  gegenwärtig. 
Er  beruht  auf  den  von  der  Xatur  vorgezeiclmeten  Verhältnissen, 
auf  der  Lebensweise  ilei  Bewohner.  Im  Avesfa  finden  sich 
zahlreiche  Anspielungen  auf  denselben,  und  der  uralte  Mythus 
der  ansehen  Völker  von  dem  Kampfe  der  lichten,  freundlichen 
Mächte  gegen  die  .bösen  Dämonen  hat  sich  hei  den  Iraniem 
im  Verlaufe  des  Entwicketungsprooesses,  dem  alle  Mythen 
•  unterliegen,  m  die  Sage  von  erbitterten  Kriegen  zwischen  Iran 
und  Turan  zu  Anfang  der  Geschichte  verwandelt.  —  Manche 
Sitten  und  Bräuche  der  arischen  Stämme  lassen  sich  durch 
eine  VergloN  hung  der  vedisclien  Litteratar  mit  den  Ueber- 
resten  der  avestischen  noch  ermittela;  die  äussere  Gestaltung 
des  Lebens  aber  ist  natürlich  für  uns  verschollen.  Dass  die 
einzelnen  Stämme  sich  fortwährend  be^^deten,  ist  selbetver- 
ständlich.  An  ihrer  Spitze  scheinen  Eön^  gestanden  zu 
haben;  auch  ein  —  natürlich  nicht  festgeschlossener  —  Adds- 
stand,  dessen  Hauptbeschäftigung  der  Krieg  ist,  hat  äeh«r 
schon  lü  der  ältesten  Zeit  exisLirl.  Die  Masse  der  Bevöl- 
kerung aber  bestand  aus  Bauern,  die  von  Viehzucht  und 
Ackerbau  lebten.  Dem  entspricht  es,  dass  den  Ariern  das 
Bind  durchweg  als  das  werth?ollste  und  heiligste  Besitzthum 
erscheint.  Zwar  ist  das  Hoss  weit  theurer  und  Mythus  wie 
Dichtung  sind  In  Indien  wie  ui  Iran  toU  seines  Preises;  aber 
es  ist  nur  der  Besitz  des  Reichen,  des  Kriegers,  der  auf  dem  * 
Streitwagen  ins  Feld  zfeht.  Daher  finden'  sich  auch  unter 
ilen  iranischüii  utid  indischen  Eigeiiiiaaien  so  zahlreiche  Zu- 
sammensetzungen mit  aspa,  a^va  d.  i.  Ross.  Auf  dem  Kinde 
dagegen  tterubt  die  Cultur,  ja  das  gesammte  Leben;  mit  ihm 


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518 


Sedifitat  Blieb,  erfter  AbaeluiiU. 


wird  das  Feld  bestallt,  es  gewährt  Fleisch  und  Milch,  es  ist 
von  den  Göttern  den  Menschen  zum  Ge&hrten  gegeben  (vgl. 
Jasna  29,  Roth,  ZDM.  XXV,  5  ff.).  Es  ist  bekannt,  wie 
sehr  das  Avesta  die  Pflepre  des  Rindes  empfiehlt,  in  wie  über- 
triebener Weise  die  =<|>altjien  Inder  die  Kuli  heilig  halten,  wie 
Iranier  und  Inder  dem  Urin  des  Kindes  reinigende  und  hetür 
gende  Kraft  beilegen. 

§.  426.  Im  allgemeinen  wird  die  Gelstesriefatoiig  der 
arischen  Völker  durch  die  grosse  Beweglichkieit  und  Lebendig- 
keit ihrer  Hiantasie  charakterisirt  Zum  Theil  Ist  dieselbe 
schon  aus  ältester  Zeit  ererbt:  es  gibt  kaum  einen  indoger- 
manischf^n  Stamm,  bei  dem  nicht  der  Sinn  für  das  Dichten 
und  Singen  lebendig  hervortritt,  der  nicht  Mythu«?  und  .'^age 
reich  und  originell  entwickelt  hat.  Damit  hängt  der  Trieb 
zusammen  Y  die  religiösen  Gedanken  tiefer  und  emster  und 
zugleich  umlSsssender  aufeufasaen,  als  dies  bei  den  meisteo 
anderen  Völkern  geschehen  ist  Im  ehizelnen  sind  hier  die 
Kelten  und  Germanen,  die  Italiker  und  Griechen,  die  Perser 
und  Inder  sehr  verschiedene  Wege  gegangen.  Während  die 
Theologie  und  Staat skirehe  der  Kelten  und  Perser,  die  prak- 
ti.-^rh- nüchterne  AuCfassung  der  ftaliker  vielfach  an  die  Ae- 
gypter  und  die  Seniiten  erinnern,  haben  die  Inder  eine  philo- 
sophische Denkweise  entwickelt,  welche,  obwohl  sie  sich  io 
religiösen  Formen  bewegt,  die  höchsten  Probleme  des  Lebens 
und  Denkens  tief  und  bestimmt  zu  er&ssen  Termag,  und 
die  Hellenen  den  Bruch  mit  der  Vergangenheit  voll  und 
bewnsst  vollzogen,  den  Gegensatz  zwischen  mythischer  und 
philosophischer  Denkweise  für  alle  Zeiten  zum  klaren  Aus- 
druck gebracht.  Aber  auch  die  Iranier  heurtheilen  wir  ein- 
seitig, wenn  wir  sie  nach  den  leben-  tuid  kraftlosen,  Tölli? 
schablonenhaften  Formeln  des  Avesta  bemessen.  Das  ge- 
waltige Epos  und  mehr  noch  die  völlige  Umgestaltung  und 
grossartige  Vertiefung  der  Anschauungen  des  Islam,  weldie 
von  ihnen  ausgegangen  ist,  zeigen,  dass  ein  ganz  anderes 
Leben  in  ihnen  sass,  als  das  Avesta  vermuthen  Iftsst.  Das 
Avesta  ist  nur  der  letzte  verknöcherte  Ausdruck  von  Ideen, 


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Gbaittkler  der  Arier.  Der  Sonuu 


519 


deren  nrsprQogliche  lebendige  Fonn  sieh  aus  ihm  seihet, 
namentlich  wenn  man  mit  Hülfe  der  indischen  Literatur  auf 

ihre  ersten  Anfänge  zurückgeht,  noch  entwickeln  lässt. 

§.  427.  Bei  den  Ariern  bewegen  sich  Blytliu?  nnd  Poesie 
in  phantastischeren  Formen  als  bei  den  übrigen  liKio^ennuiien; 
das  Streben  nach  Ungeheuerhchiceiten,  nacti  niaasslosen  Ueber- 
treibungen  beherrscht  Inder  und  Iranier  durchaus.  Am  cha- 
rakteristischsten fQr  die  alten  Arier  ist  ihre  Verherrlichung 
des  berauschenden  Labetrunks.  Aus  den  Fasern  einer  anf 
den  hohen  Bergen  wachsenden  Schlingpflanze  (Sarcostemma?), 
des  S6ma  (iran.  Hauma),  verstand  man  es,  ein  wohlschmecken- 
des Getränk  zn  bereiten,  das,  in  Fässern  bewahrt,  bei  Fest- 
gelagen nnd  Opfermahlzellen  in-  reichem  Maasse  f^enossen 
wurde.  Der  Trunk  heisst  Sorna  oder  auch^  mit  einem  in  die 
indogennanische  Zeit  zuräckreichenden  Namen,  Madhu  (Meth) 
»das  sQsse«.  Zahlreiche  Lieder  des  Veda  schildern  die  Be- 
geisterung und  Freude  des  Rausches,  und  auch  im  Avesta 
klingt  sie  noch  nach  (Tasna  9.  10  u.  a.).  Wenn  der  Sorna 
die  Glieder  durchdringt  und  den  Geist  erleuchtet,  dann  ge- 
winnt der  Mensch  hoben  Muth  und  ühciirdisclie  Kraft  und 
Einsicht,  dann  erschaut  er  klar  das  Wesen  »ler  Dinge.  Es 
ist  ein  göttliches  Wesen  in  ihn  eingedrungen,  das  ihm 
Stärke  und  Schirm  verleiht.  Auch  den  Göttern  ist  er  die 
liebste  Opfergabe;  er  stärkt  sie  zum  Kampf,  durch  ihn 
haben  sie  die  unüberwindliche  Kraft  gewonnen,  mit  der  sie 
ihre  Gegner  niederschmettern.  So  wird  Soma  einer  der  mfich- 
tigsten  nnd  wirksamsten  Götter  der  Arier,  wohHhätii?  den 
Freunden ,  furchtbar  den  Feinden,  der  S])ender  von  Gisuna- 
heit  und  Nachkommenschaft,  von  Lebensfreude  und  Unsterb- 
lichkeit und  zugleich  von  Einsicht  und  Wissenschaft. 

WmmcnujQi,  Somseolti»  d«r  Arier,  in  Abh.  Bajr.  Ak.  PhiL  €3« 
IV,  2.  1646»  Kuhn,  HerMbkuiift  des  Feuers  und  des  Göttertrankes  1859. 
Rom,  Ueber  den  Soma,  ZDM.  XXXV,  680  ff. 


I 


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520 


Sechstes  Buch,  «fster  Abschnitt. 


Migion  tfer  arMien  Mmme. 

§.  428.  Wie  den  Sumeriern,  deo  Aegyptern,  den  Chi- 
nesen ist  auch  den  Ariern  die  Welt  toD  Ton  feindlichen 

Mächten,  von  Dämoneu,  die  den  Menschen  schrecken  und 
verfolgen,  ihm  Unglück  und  Elend,  Krankheit  und  Tod  senden, 
den  Mächten  der  FinbLei  iiiss,  der  Dörre,  des  Misswuchses  u.  s.  w. 
Auch  in  dun  Feinden  des  Volks  und  den  räuberischen  Scliaaren 
der  Wüste  wirken  sie;  daher  bezeichnen  däsa  (däha)  und 
dann  (§.  424)  bei  Indem  und  Iraniem  in  gleicher  Weise  die 
irdischen  Feinde  wie  die  hGeok  Dämonen.  B6se  Menschen 
können  sich  mit  ihnen  yerbinden/  dnrch  Zauber  Macht  ge- 
winnen und  die  Guten  schädigen.  Ihnen  gegenüber  stdisn 
die  segenbringenden,  hilfreichen  Mächte,  deren  Gaben  Men- 
schen und  \'ieh  Leben  und  Gedeihen  gewähren,  die  Spender 
des  Lichtes,  des  Wassers,  der  Jbruchtbarkeit,  die  Mächte, 
welche  Pflanzen  und  Thiere  wachsen  lassen,  welche  im 
Kampfe  den  Sieg  gegen  die  Feinde  gewähren.  Unter  ihnen 
ist  kein  Wesen  dem  Menschen  n&her  und  heiiiger  als  das 
Feuer,  spedell  das  Rerdfeuer.  Die  Heiligkeit  desselben  (Hestla, 
Vesta)  erkennen  alle  Indogermanen  an,  es  spidt  ja  audi  im 
Zelle  der  Noniaden  fast  die  gleiche  Rolle  wie  in  der  Hütte 
des  Ackerbauers.  So  wird  berichtet,  dass  die  skolollscheD 
Skythen  die  Tahiti,  die  Göttin  des  Herdfeuers  (sorttj),  als 
höchste  Gottheit  verehrten  (Herod.  IV,  59,  vgl.  G8).  Den 
Ariern  ist  das  Feuer  (iran.  atar,  ind.  agni  ignis)  das  reinste 
Element,  das  immer  l^ndige,  das  die  Finstarniss  und  damit 
die  Dfimonen  Tertrribt  Wenn  den  beiden  Hölsem,  durch 
deren  Rdbung  man  das  Feuer  berdtet,  die  Flamme  entp 
springt;  dann  wird  nach  vedischer  und  gewiss  schon  nach 
arischer  Anschauunsr  der  Gott  neu  prohoren  und  Uitt  \m- 
mittelbar  in  den  Dienst  der  Aieiisciieii.  Wenn  die  0()fer- 
ilannne  auflodert,  so  ruft  sie  die  Götter  zum  Mahle  herbei: 
das  Feuer  verbindet  und  vermittelt  zwischen  där  irdischen 
und  der  überirdischen  Welt. 


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Dämoneu  und  Lichtgötter.   Das  Feuer« 


521 


§.  429.  Die  grossen  Götter  der  Arier  sind,  wie  bei  den 
Ägyptern,  Gottheiten  des  Lichts.  Ihre  Verehrung  reicht  bis 
in  die  indogermanische  Zeit  buiauf:  daiva  »der  Lichte«  war 
schon  damals  eine  gewöhnliche  Becelchnong  der  Gdtter.  Als 
»Spender«  Ton  Reichthum  und  Segen  heissen  sie  daneben 
bhaga  (§.  254).  Uiiter  ihnen  oben  an  stellt  der  Göll  des 
Lichthunniela  (ind,  Djäus  =  Zeus,  lu})iter:  ind.  Varuna 
=  Uranos)  als  der  Allumfassende,  Licht-  und  Lebenspen- 
dende, als  Vater  und  Erhalter  aller  Wesen.  Die  Sonne  ist 
sein  Auge,  er  durchdringt  und  erschaut  alles.  Von  ihm 
stammt  der  Hegen,  die  Fruchtbarkeit,  das  Wachsen  und  Ge- 
deilien  der  Erde  und  aller  Wohlstand,  Seine  Gemahlin  ist 
nach  altindogerniaiiischer,  bei  den  Ariern  schon  verblassender 
Anschauung  die  »Mutter  Erde«,  mit  der  er  sich  in  Regen 
and  Gewitter  vermählt  (vgl.  die  kleinasiatischen  Sagen  von 
der  Göttermutter  §.  253).  Nach  arischer  Anschauung  ist  er 
der  höchste  der  Götter,  der  »Herr«  (asura,  Iran,  ahura);  und 
umgeben  von  uiiitiin  kreis  giticharligcr  Lichtwesen  (den  indi- 
schen aditja's).  Besonders  nahe  steht  iinn  unter  den  übrigen 
Lichtgottheiten  Mitra,  der  »freundliche  r^  u^,  der  Gott  des 
Tageslichts,  der  mit  dem  Himmelsgott  völlig  zu  einer  Dyas 
(ind.  Mitra-Varuna ,  iran.  Mithra*Ahura)  verschmilzt.  Dass 
man  neben  diesen  Gottheiten  die  Sonne  (arisch  sürja) ,  und 
den  Mond  (nius  der  »Messer«,  d.  i.  der  Zeittheiler)  vereiu^tc, 
bedarf  kaum  der  Erwähnung. 

Im  allgemeiiien  a.  tutmentlick  Darhestetbh,  Ormaxd  et  Ahrimaii. 
Famer  Hillpraiipt,  Vanina  und  MitfEi  1877.  Die  Gleichung  Unnoe 
s  Vanina  s  send  Varna  (»das  riereelugec,  in  dem  Tbraitauna  den 
Ashi  Dah&ka  tOdtet)»  seheint  mir  durch  Ludwio,  Rigveda  UI,  8U  ff  niehi 
erschQttert;  vgl.  DABiiBSTeTBR  I.  c.  69  u.  sonst 

§.  480.  Indessen  wie  die  Menschen  haben  auch  die 
Liichtgötter  fortwährend  gegen  feindUche  Mächte  zu  kämpfen ; 
sie  werden  zeitweilig  von  den  Dämonen  der  Finsterniss  auCs 
äusserste  bedrängt.  Zwar  der  regelmässige  Wechsel  von  Tag 
und  Nacht  und  die  Schicksale  des  Sonnengottes,  welche  den 
Aegyptern  un  Mittelpunkte  aller  religiösen  £ntwickelung  stehen, 


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Sedisias  Buch,  erster  AiMchniU. 


s}iielrii  bei  den  Ariern  keine  Rolle,  ausser  dass  man  die  siejr- 
reiche  Aiacht  und  deü  glänzenden  Lauf  des  »goldenem  Schosse 
entsprossenen«  Sonnengotte!;  preist.  Aber  wenn  langdanernde 
Ddrre  herrscht,  dann  sind  es  feiodbehe  Dftmonen,  welche  die 
regenspendenden  EiUie  (die  Wolken)  geraoht  und  in  unbe- 
kannte Feme  eiitfiihrt  haben;  wenn  dunkle  Wolken  den 
Himmel  bedecken,  dann  hat  der  »verhüllende«  Dämon  (Vrtra) 
die  fiirhtjungfrauen  oder  den  i^lünzenden  Schatz  geraubt  und 
halt  sie  in  seiner  \Volkenl)urg  gefanpon.  Die  ganze  Natur 
bereitet  si(  h  vor  an!  den  gewaltigen  Kampfj  der  Götterhund 
spürt  den  Aufenthalt  der  geraubten  Kühe  aus,  der  Lichtgott 
(bei  den  Indem  vor  allem  Indra,  aber  auch  Trita,  bei  den 
Iraniero  Verthragfana  »der  YrtratOdter«  and  Thraitanna  (Teif* 
dün])  greift  den  finsteren  Dftmon  an,  der  sich  als  gewallige 
Schlange  (ahi)  ihm  entgegenstellt  Hit  dem  Blitzstrahl  schmettert 
er  ihn  nieder,  nnd  lustig  strömen  die  befreiten  Wasser  über 
den  Leib  des  Erst  lilagenm  herab.  Freilich  für  alle  Zeit  ist 
der  Feind  nicht  getödtet ;  immer  wieder  erwacht  er  zu  nem  m 
Leben,  stellt  sich  den  guten  Gottheiten  aufs  neue  entgegen^ 
aber  nnr  um  immer  wieder  za  orliegen.  So  konnte,  als  die 
mythische  Anffassung  des  Gewitters  sieh  in  eine  Sage  von 
einem  einmaligen,  uralten  Vorgang  nmzosetsen  begann  (§.  57), 
auch  die  Anschauung  entstehen,  dassdor  Feind  nicht  erschlagen, 
sondern  besiegt  und  bis  ans  Ende  dei  Tage  gefesselt  sei.  Ihrem 
Kern  nad»  sind  alle  diese  Vorstellungen  uralt  und  allen  Indo- 
^'ermanen  peiueinsam  :  aber  nnr  bei  den  Ariern  sinti  sie  so 
sehr  in  den  Mittelpunkt  der  Kc^ligion  getreten,  dass  alle  weitere 
£ntwickelung  von  ihnen  ausgeht 

g.  431.  Wie  am  Himmel,  so  ist  auf  Erden  der  Gegen- 
satZ|  der  Kampf  der  guten  und  bösen  Mächte  ehi  inmier* 
wfthrender;  mdem  die  LichtgOtter\  ihre  Feinde  besiegm,  för- 
dern sie  das  Gedeihen  ihrer  Verehrer.  Der  Blitzstrahl  >der 
Sprops  der  Walser«  (ap;\rn  napiU  ind.  und  zend),  der  Sohn 
des  Ilirnnielsr^ottes,  ist  derselbe  (iott  wie  da?  Feuer,  welclies 
die  Dämonen  vertreibt  und  den  Verkelir  zwischen  Menschen  und 
Göttern  vermittelt  Für  die  Arier  charakteristisch  ist  non,  dass  das 


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Die  Kftmpfe  der  Götter  und  die  Kraft  des  Opferi.  52B 

Verh&ltmsa  zwischeii  Menseh  und  Gottheit  als  ein  gegenseitiges 
ao^fasst  wird:  nicht  nur  der  Mensch  bedarf  des  Gottes, 
sondern  in  gleicher  Weise  dieser  des  Menschen.  Durch  die  Opfer- 
speise und  den  Somatrunk  erhält  der  Gott  erst  die  Kraft,  die 

Feinde  niedorzuschmettem ;  durch  das  Lobgebet,  den  Ilymnu?, 
wächst  die  Macht  der  Gottheit.  Andrerseits  kann,  wie  bei  an- 
deren Völkern,  Opfer  und  Gebet  die  Gütter  zwingen,  dem  Men- 
schen XU  willen  zu  sein,  die  richtige  Formel  ist  im  Stande  die 
Macht  der  Feinde  zu  brechen,  ihre  Wirkuhgen  zu  vernichten. 
So  ist  der  Mensch  selbst  unmittelbar  in  den  Kampf  der  über- 
irdische Mächte  hineingestellt  und  gezwungen  und  berufen 
in  ihm  mitzuwirken,  eine  Anschauung,  die  den  Aegyptern,  bei 
denen  der  wissende  Mensch  mit  der  Gottheit  identisch  ist, 
ebenso  fern  liegt  wie  den  Semiten,  bei  denen  die  Guitlieit  die 
Verehrung  als  schuldigen  Tribut  entgegennimmt.  Es  ist  be- 
kannt, wie  die  weitere  Entwickelung  dieser  Anschauungen  in 
Indien  dazu  geführt  hat,  die  Macht  des  Grebets  (Brahman) 
als  das  £ine  pantheistische  Urwesen  an  die  Spitze  der  Götter 
zu  stellen  und  die  BussQbung  als  die  einzige  wirUieh  reale 
Kraft  zu  betrachten,  wekhe  die  ganze  Welt  schafft  und  erhält 
Aber  auch  die  iranische  Religionsentwickelung  ist  von  diesen 
Anschauungen  ausgegangen  und  beherrscht. 

§.  432.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  Gedanken  wie  die 
hier  vorliegenden  nicht  allgemein  sein  und  der  im  Volke  herr- 
schenden Anschauung  unmittelbar  entsprungen  sein  können« 
Sie  sind  vielmehr  das  Product  der  Speculation,  mit  anderen 
Worten,  sie  sind  aus  den  Kreisen  der  Priestersehaft  herror- 
gegangen.  Dieser  kommen  sie  denn  auch  sehr  wesentlich 
zu  Gute.  Um  das  Opfer  wirksam  zu  machen,  muss  man 
das  iiil  ual  kennen ;  um  den  Zorn  der  Götter  zu  vermeiden, 
sie  sich  durch  Anrufungen  und  Gebete  dienstbar  zu  machen, 
die  Dämonen  zu  bezwingen,  muss  man  die  richtigen  Formeln 
(mantra,  Spruch)  kennen.  Es  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  schon 
die  arische  Zeit  einen  hochentwickelten  Priesterstand  kannte, 
dass  man  die  Opfer  wenn  nicht  ausschliesslieh  so  doch  vorwiegend 
durch  Priester  Yollslehen  lless,  und  wohlhabende  Leute  sich 


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524  Sechstes  Buch,  «nter  Abtchnitt. 

eigene  Priester  iiieltcii  und  sie  gut  bezahlten.  Der  älteste,  Indern 
und  Iraniern  gemeinsame  Name  der  Priester  ist  atharran,  da 
»Feuerzünderc  (s6pfludoc  Strabo  XV,  8,  15).  Da»  sie  so- 
gleich die  TMiger  der  gesammten  geist^n  Gultiir  sind,  Lieder^ 
dichter,  Aenie  und  Kalendermacfaer,  bedarf  kaum  der  Be- 
merkung. Die  Ausbildung  einer  abgeschlosBenen  Priesterkaste, 
welche  die  erste  iStelle  im  Staate  beansprucht  und  sich  ge- 
winnt, j^ehflrt  erst  der  weiteren  gesonderten  Entwickeiung 
Indiens  und  Irans  an. 

üaber  die  PriMtenehift  der  vediieh«i  Zeit  e»  namenUieh  Limwu, 
Rigveda  OL 

* 

§.  433.  Von  Anfong  an  ist  die  Religion  der  Indoger* 
manen  im  Gegensatz  z.  B.  ni  der  der  Semiten  charakterishi 

durch  ihr  individuelles  Gepräge.  Bei  den  Ariern  ist  dies  noch 
weiter  entwickelt.  Die  Gottheit  ist  nicht  ein  unnahbarer  ge- 
bietender »Herr«,  .-uii  iorn  ein  Wesen  von  Fleisch  und  Blut, 
mit  Leidenschaften  und  den  einzelnen  Gott  von  allen  übrigen 
charakteristisch  unterscheidenden  Eigenschaften.  Und  der 
Mensch  steht  ihr  gegenüber  zwar  auch  als  Glied  des  Stammes 
oder  der  Familie,  aber  daneben  als  Einzelwesen,  das  seine 
besonderen  Beziehungen  zu  der  Gottheit  hat  und  ihr  fördernd 
oder  schädigend  eiügegentritt.  Eine  ethische  Auffassung  des 
Veili  Lltnisse.s  liegt  auch  hier  ursprünglicli  LMiizfern;  die  Licht- 
g()tlei  riind  zwar  Spender  des  Segens,  sie  bekämpfen  die 
Bösen  und  den  Trug  (druh),  aber  daneben  sind  sie  launisch 
und  eigenwillig,  und  oft  genug  zürnen  sie  dem  Verehrer  ohne 
Grund.  Die  Vorst^ung  einer  moralischen  Gottheit  im  mo- 
dernen Sinne  haben  die  Inder  niemals,  sondern  nur  die  Iranter 
ausgebildet.  Die  Forderung  »guter  Gedanken,  VB^orte  und 
Werke«,  welche  Veda  und  Avesta  an  den  Frommen  sidlen, 
bezieht  skli  /unächst  nui  auf  das  Cerc monieil  des  Cultus. 
liicht  aut  da^  moralische  Verhalten  (s.  Darmesteter^  Orm.  '-t 
Ahr.  7  ff.).  Aber  im  Verhältniss  der  Götter  zu  den  Menschen 
wie  über  den  Göttern  selbst  waltet  eine  feste  Ordnung  (rta, 
zeod  ada),  ein  Gesetz,  das  sich  in  der  Gleichmässigkeit  der 


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/ 


StellQnf  der  lfmaebeii  rar  Gottbeft.  Bettattung.  525 

Natorerscbetnungen  wie  der  sHtKchen  WeK,  im  Kreislauf  der 

Jahreszeiten,  in  der  Bahn  der  Himmelskörper,  aber  ebenso  in 
der  Wirkung  (]er  Opfer  und  Formeln  ausspricht. 

§.  484.  Mit  dem  Tode  geht  nach  arischer  Anschauung  der 
Mensch  in  das  ferne  unbekannte  Reich  ein,  m  dem  Jama,  der 
Sohn  des  Vivasvat,  der  erste  Mensch  (der  pers,  Kma,  Dschemsid), 
gebietet  Der  »vierftuglge«  Hund  des  Todtengottes  (vgl  den 
Eerberos)  gebt  onter  den  Menschen  um  and  packt  den^  dem 
za  sterben  bestimmt  ist.  Doch  erscheinen  die  Todtengenien 
nicht  eigentlich  als  finstere  Unholde,  etwa  wie  in  Aegypten; 
die  Hunde  des  Jama  geleiten  den  Todten  zugleich  auf  seinem 
weiteren  Weg  (Rigv.  X,  I  I,  11),  das  Todlem*eich  trägt  einen 
heiteren,  friedlichen  Charakter.  Daneben  aber  sind  die  Ahnen^ 
welche  mit  den  Göttern  im  Verkehr  standen,  die  heiligen 
Satznngen  offenbart  erhielten,  ihren  Nachkommen  Wohlstand 
und  Macht  hhiterliessen,  auch  m&ehtige  Wesen,  die  anf  Seiten 
des  guten  Gottes  kämpfen  nnd  anch  nach  dem  Tode  den 
Ihrigen  beistehen.  So  beten  die  Inder  zu  den  »Vätern«,  die 
Iraiijer  zu  den  Fravasi's  (Ferver)  der  Verstorbenen.  Zu  ihrem 
Unterhalt  werden  den  Todten  von  ihren  Nachkoraineii  U|)kr- 
spenden  dargebracht,  wie  in  Aegypten.  —  Die  Art  der  Be* 
stattung  ist  sehr  verschieden.  Im  vedischen  Indien  und  in 
Arachod^  (Vend.  I,  48)  wird  die  Leiche  zur  £rde  bestattet; 
m  Persien  wird  sie  vorher  mit  Wachs  balsamirt  (Her.  I,  140). 
Daneben  seheint  auch  die  Verbrennung  d»  Todten,  die  später 
in  Indien  die  Regel  geworden  ist,  schon  In  die  indogermanische 
Zeit  hinaulzureichen;  dass  sie  aucli  in  Iran  weil  verbreitet 
war,  lehrt  der  Name  dakhma,  den  bei  den  Parsen  der 
Ort  führt,  an  dem  die  Leichen  ausgesetzt  werden,  der  aber 
ursprünglich  die  »Vfibronnungsstattec  bedeutet.  Bei  den 
Stammen  des  nordöstlichen  Irans  dagegen  ist  es  Brauch,  die 
Leichen  an  Aden  Stätten  auszasetTen  und  den  Hunden  und 
Vögeln  zum  Frass  zn  Überlassen, 


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526 


Seebstw  Buch,  iwillv  Afcieliiiitt 


IL  Die  Iranier  und  die  zarathustrische  Religion. 

Die  inuiitelien  Stimm«. 

§.  i35.  Unter  welchen  Umstände  und  in  welcher  Zeit 
sich  das  Vordringen  der  arischen  Stflmme  nach  Südoi  nnd 
Westen  und  die  Trennung  in  Inder  und  Iranier  ToHzogen  hat, 
ist  uns  völlig  unhekannt.   Beide  Volksinassen  behielten  den 

alten  Xaincn  Arier  (Ind.  ärja,  iran.  arja,  vgl.  §.  42:V)  hei; 
bei  drin  westlichen  Tlieil  ist  aber  allmählich  die  ahtrck'ilefe 
Form  Arjana  (jetzt  Iran)  an  seine  Stelle  getreten.  Das  Vor- 
rücken der  arischen  Inder  lässt  sich  noch  einigermaassen  ver- 
folgen. In  der  ältesten  Epoche  ihrer  Geschichte,  der  Z&i,  in 
welcher  die  Hauptmasse  der  vedischen  Hymnen  entstanden 
ist,  siedeln  sie  in  dem  »Siebenstromland«,  d.  h.  m  dem  Thale 
des  Indus  (Sindhu),  des  Kahn!,  und  der  ffinf  StrOroe  des 
Pends(hal):  von  liier  aus  sind  sie  dann  allmählich  in  das 
Gangesllial,  nach  Guzeräl,  und  ins  nördliclu^  Dekhan  vorge- 
drungen. Die  weih  le  Geschichte  der  Arier  Indiens  zu  ver- 
folgen, liegt  jenseits  unserer  Aufgabe, 

g.  430.  Westlich  von  den  Indem,  in  der  Landschaft 
Arachosien  (pers.  Harahvati),  wohnen  die  Paktyer  (Herod^ 
jetzt  Pachtun  und  PaStun),  die  Vorfahren  der  heutigen  Af<* 
ghancn,  die  sprachlich  eine  Sonderstellunff  unter  den  Anern 
einnehmen,  von  den  Alten  aber  durchweg  zu  den  Iraniern 
gerechnet  werden.  An  sie  schliessen  sich  am  unttieü  Lauf 
dps  Etymandros  und  am  H;ununs»M^  die  Sarnngen  oder  Drangen 
(pers.  Zaranka,  eigentlich  das  S  evoik«  vom  Zend  zrajanh, 
pers.  daraja  See) ,  weiter  nüfdlich  am  Herirüd  die  Arier 
(pers.  Haraiva,  jetzt  Herdt).  Westlich  ?on  den  letzteren,  in 
den  westlichen  Tbeilen  Cborasan's,  sitzt  der  halbnomadlsclie 
Stamm  der  Parther  (Ilap^oaioi,  pers.  Parthava),  welter  west- 
lich, in  den  fruchtbaren  Thälern  am  Südstrand  des  kaspischen 
Meeres  die  Hyrkanier  (pers,  Varkana).  Weiler  im  Osten,  am 
>iurdabhang  des  Paropanisus  und  bis  an  und  über  den  Oius, 


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I 


Die  Inder  und  Irmier, 


527 


wohnen  die  Baktrer  (pers.  Bftkhtri),  ndrdlich  von  ihnen  die 

Sogden  ((»eis.  Stigda).  Die  Oasen  der  Marger  und  Ghorasmier 
sind  frulitT  schon  erwähnt  (s^.  424).  Wie  das  hier  umsciirie- 
bene  Gebiet  (Ostiran)  goofriaphisch  eine  Einheit  bildet,  po 
mag  auch  Leben  und  Geschichte  der  einzelnen  Stamme  en^' 
verbunden  gewesen  sein.  Auch  bei  den  Griechen  wird  das 
astliche  Iran  als  das  eigentliche  Ariana  von  den  Hedem  und 
Persem  geschieden  (vgl  indessen  Straho  XV,  2,  8).  Doch 
fehlt  uns  m  die  Inneren  Verhältnisse  und  die  historische  Ent* 
wickelung  dieser  Stämme  jeder  Einblick. 

Die  viel  behftndelta  sog.  VlAkertefel  des  Vendidad  (enter  F&tganl) 
gibt  weder  eine  Geschichte  der  Attsbrsitung  der  Arier,  noch  eine  ein- 
hmtlicbe  geographische  oder  ethnographische  Schilderung*  sondein  ist 
eine  Zusammenstellung  von  Landschafts-,  Fluss-  und  Stftdtenamen ,  die 
in  der  Sagengeschichte  eine  Hauptrolle  spielen  oder  sonst  irgendwie 
wichtig  erschienen.  Zum  Tlioil  sind  sie  rein  mythisch:  Nr.  1.  Arjanam 
Vaidscbö,  14.  Varna  [urspr.  der  Himmel,, §.  429],  16.  Der  Fluss  Ran^rhä 
(ved.  rasa).  Die  übrigen  Namen  sind:  2.  Sughdha  (S()i.'diaria).  3.  Moru 
(Margiane).  4.  Bäklidhi  (BakUa).  5.  Nisäja  (Nioaia  Ptol.  VI,  10,  4.  17,  3, 
Strai.o  XI.  7.  2.  8,  81.  6.  Haraiva  (Aria).  7.  Vaikerta  und  8.  Urvä 
sind  uiibekaiuiU  Kli<rienla  in  Vehrküiia  i^Hyrkanien).  10.  Haracbatt 
(Arachosien).  11.  Haitumant  (Fluss  Etymandros).  12.  RaghÄ  (Bagae). 
18.  TSakhra  onbek.  15.  Hapta  hindavd  (Indien).  Eine  Ordnung  ist  nicht 
erkennbar,  Ragae  ist  offenbar  wegen  seiner  Bedeutung  in  der  Sassaniden- 
idt  ($.  418)  hineingekommen. 

§.  437.  Die  grosse  Wüste  södlich  und  südwestlich  von 
diesen  Geliieten  ist  von  nomadiscben  Stftmmen  iranischer  AYh 
kunft  besetzt,  unter  denen  an  der  Küste  des  persischen  Meeres 

die  Gadrosicr,  im  Innern  des  Hochlandes  die  Sagartier  (Asa- 
garlija)  und  Sattaj^yden  ('rhüia'^Mis)  besonders  hervortreten. 
An  sie  schliessen  sich  in  Westiran  im  Norden  die  Meder 
(§.  422),  im  Süden  die  Perser.  Beide  zerfallen  in  zahlreiche 
Stämme  (fivi]  Her,  I,  101.  125),  die  sieh  wie  öherall  wo 
eine  Stammeselntheilung  vorkommt,  nach,  ihren  Wohnsitzen 
sottderp«  So  smd  unter  d^  Persem  die  Pasargaden  die  Be- 
wohner der  Landschaft  Pasargadae,  die  Oermanier  (sonst 
Karmuiiier)  die  Bewohner  des  üsthchen  Theiies  von  Persis. 


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528 


Stebste»  Boeb,  iw«iter  AbsehoHt. 


Ansaer  den  Ackerbau  treibenden  kennt  Herodot  vier  noma- 
disebe  persisclie  Stämme,  unter  ihnen  die  schön  enw^Umten 

Sagart ier  (vgl.  VII,  35),  die  Darias  zu  den  üntertlian.  n  rechnet. 
—  DaSö  die  Arier  Medien  und  Persien  später  besetzt  haben 
als  den  Osten  Irans,  ist  höchst  wahrscheinlich;  doch  laset 
sich  auch  hier  nichts  positives  ermitteki  (Tgl.  §.  466). 

Bei  Herodot  CD,  91  ff.  VII,  66  ff.  floden  neb  noeb  sahlelebe  enden 
dem  Gentram  ituis  angehteige  Sttmme,  wie  die  Tbamaneeer  (eaeh  in»  117). 
PlBrikeoier  (in  GidnMiieii?)»  Hyken  (Make  der  pen.  Ineebrillenf),  Utur 
(Landiehafl  Jutija  in  Persien  Beb.  III,  5?),  die  sich  nicht  loealleinn 
lanen.  —  Dass  die  »beuielusUgeD  prthupargavas«  (BAbturbk  und  Roth: 
die  breite  Hippen  Tragenden,  ebenso  Grassmann)  Higveda  VII,  83,  1  die 
Parther  und  Perser  sind  (Lunwir;,  Rigveda  IIT,  190).  ist  recht  wahrschein- 
lich, gibt  aber  Jtu  Ztitbestimnuint'en  über  eine  etwaige  Wanderung  keinen 
Anhalt.  Heber  die  Parsua  der  Assyrer  s.  §.  338.  ~-  Ueb«'  die  Malier 
als  medisclien  Stamm  s.  §.  449. 

§.  438.  lieber  die  piriitiechen  und  GuHurverhäHniese 
Irans  feUt  uns  bis  auf  die  Peraerzeit  fast  jede  Kunde.  Ton 
dner  näheren  Berdhrung  mit  dem  Westen,  etwa  von  einer 

Einwirkung  desselben  auf  die  Entwickelung  der  Religion,  findet 
sich  keine  Spui.  Ueber  die  Handelsbeziehungen  s.  §.  1S7. 
Da<s  die  Kunst  des  Schreibens  in  Ostiran  vor  dt  i  Arhae- 
menidenzeit  bekannt  gewesen  sei,  ist  höchst  unwahrscbein- 
lieh;  ebenso  wenig  verstand  man  es,  den  Göttern  einen 
Tempel  zu  bauen  oder  ihre  Gestalt  zu  bilden.  Die  Be- 
richte der  Zeitgenossen  Alexanders  zeigen,  dass  noch  damate 
der  GuUurzustand  Ostirans  ^n  sehr  niedr^er  war  und  weit 
unter  dem  Indiras  stand.  Die  höhere  materielle  Cultur  Me- 
diens und  Persiens  ist  aus  Babvlon  inid  Assvrion  entlehnt 
und  reicht  schwerlich  in  frühe  Zeiten  hinauf.  Auf  staatlichem 
Gebiete  linden  wir,  ähnlich  den  Verhältnissen  der  Inder  und  der 
Germanen,  überall  eine  aristokratische  Gliederung,  wie  sie  bei 
Ackerimu  treibenden  Völkern  in  priroitiTen  Gulturverh&ltnisBea 
das  natürliche  ist  Mit  ihr  whrd  es  zusanunenhftng^,  dass 
die  Ehe  unter  Verwandten,  ja  unter  Geechwistem,  ganz 
gewöhnlich  war  und  als  etwas  Verdienstliches  empfohlen 
wird.    Die  wohlhabenden  Grundbesitzer  sind  wie  im  Veda 


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Staalliebe  and  Goltiimrlilttnitfe  Irans. 


529 


sogleich  die  natargemftssen  Vertheidiger  des  Landes  mid  ent- 
scheiden über  alle  staatlichen  Fragen.  Die  Blasse  der  Bauern 
ist  von  ihnen  abhfingig,  die  Gewerbtreibenden  und  Händler 

treten  ^ranz  zurück.  Die?e  Verhältnisse  haben  sich  bis  zur 
iiiolKiiiimeilanischen  Eroberuntr  kaum  geändert  und  treten  auch 
im  Avesta  hervor.  Dasselbe  kennt  z.  H.  eine  Stufenfoljife  von 
vier  Herren :  den  Herrn  des  Hauf^es  (nnmna),  des  Gaues  (vis), 
des  Geschlechtes  (znhtu),  schliesslich  den  der  Provinz  (dahju) 
Die  einzelnen  Völlcerschaften  mögen  wenigstens  in  der  Regel 
ein  Ganses  gebildet  haben;  ob  steh  je  sei  es  voröbergehend, 
sei  es  auf  längere  Zeit  grossere  Staaten  gebildet  haben,  dar- 
über fehlt  uns  jede  Kunde.  Zwar  erzfthH  die  iranische  Sage 
von  einem  grossen  Reich,  das  in  O.-liran  bestanden,  dessen 
i^Ierr!^clu'r  ^.'etrcn  die  Tnranier  Jahrhunderte  lan^^  gekämpft 
und  gewalti^re  Siep^e  erfochten  hätten.  Als  Mittelpunkt  dieses 
Reichs  erscheint  Baktrien ,  unter  seinem  Könige  Vidtäspa 
(Hystaspes)  soll  Zoroaster  die  Lehren  des  Aboramazda  ver- 
kündet hal)en.  Indessen  diese  Könige  sind  rein  mythische 
Figuren,  die  Kftmpfe  gegen  die  Turanier  sind  aus  den  Mythen 
▼on  dem  Rarnpf  der  Lichtgötter  gegen  die  Dfimonen  ent- 
standen und  historisch  ist  ati  ihnen  weiter  nichts,  als  dass 
Ostirnn  die  Heimath  der  iranischen  Sap^e  und  Mythologie  ist, 
dass  auch  die  Ormuzdreligion  sich  von  hier  aus  verbreitet 
hat.  Historische  Erinnerungen  mögen  ja  einzelnen  Zügen  der 
Heldensage  zu  Grunde  liegen,  wie  denn  die  Umwandlung  der 
Götter  und  Dfimonen  in  Iranier  und  Turanier  für  die  Lebens- 
verbftitnisse  Ostirans  tiezeichnend  ist  (§,  425).  Aber  um  Ge» 
naueres  zu  erkennen,  fehlen  uns  alle  Mittel,  und  die  Aus- 
malung der  Verhältnisse  ist  ohne  Zweifel  ganz  unhisloriseh. 

üeber  die  Stammesverh^ltnisse  vgl.  Spiegel,  TVber  die  eran.  Stamtn- 
verrassnner,  Abb.  Bnir.  Ak.  VII,  8,  673.  Was  Ktesias  von  einem  alten 
hak  Irischen ,  von  Ninos  »;roberten  Reicbe  ery.lblte  (Diod.  il,  5  IT.;  «-ein 
Könitz  Zorri  t^tr  r  Jnslni  1,  1.  Job.  Antiocti.  fr.  3  Müller),  ist  lediglich 
ConstnicUon  auf  Grund  der  Angaben  der  persischen  (iranischen)  Sage. 

*)  Ueber  ihnen  steht  als  fflnller  der  Zaratbuätra,  d.  i.  der  Ober- 
t)rie»ter.   Di»  Stelle  (Jaeoa  19,  50)  ist  sicher  tMSBDidiecli  ($.  418). 
Hey  er.  OeMkkkle  äm  Alterünaie.  I.  84 


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530 


Sechstes  Baeb,  swelter  Abaebnitt» 


Usber  König  Visiaspa  vgl.  Sphgil,  Histor.  Ztsebr.  44,  1  ff.  Seine  Gleich- 
setsang  mit  Hystaspes,  dem  Vater  des  Darius  bei  Ammian  XXlll,  ^  82 
(vgl.  Agatb.  H,  24}  bat  ebenso  wenig  Werlb,  wie  dass  Alexander  Polyh. 
den  Zornaster  tum  ersten  Könige  der  medisehen  (elamitischen)  Dynastie 
roacbte  (§.  185). 

Die  Ahuramazdareligion. 

§.  431).  Während  uns  die  umfangreichen  üeberresle  der 
altindi^clu  n  Litoratur  erfiiü^lichen,  wenigstens  dio  flauplphasen 
der  Entwickelung,  welche  von  der  altarischen  Religion  zur 
Brahmalehre  geführt  hat,  deutlich  zu  erkennen,  ist  uns  in 
Iran  das  Gleiche  versagt.  Es  müssen  zahlreiche  Stufen  über- 
schritten, zahlreiche  Kfimpfe  durchgemacht  sein,  bis  aus  der 
arischen  Religion  die  Mazdareligion  wurde,  wie  sie  Darius 
verkündet.  Aber  wie,  wann,  wo  diese  Entwickelung  sich 
abgespielt  hat,  wissen  wir  nicht.  Nur  dass  das  östliche  Iran, 
speciell  Baktrien  und  seine  Nachbarschaft,  der  Hauptschau- 
platz derselben  war,  kann  als  sicher  betrachtet  werden.  Denn 
hier  ist  die  iranische  Sage  localtsirt,  hier  wird  die  Mazdalehiv 
von  Zuroasler  verkündet,  liier  hat  die  Göttin  Anahila  ihn" 
Ileinialh  (§.  450).  Der  Gegensatz  der  sessliaften  und  der 
nomadischen  Bevölkerung  tritt  in  der  Religion  überall  hervor, 
manche  der  von  ihr  vorgeschriebenen  Bräuche,  wie  die  Aus- 
setzung der  Leichen,  sind  nur  im  nordwestlichen  Iran  heimisch. 
Von  hier  aus  mnss  srch  mithin  die  Religion  nach  dem  übrigen 
Iran  vorbreitet  baben.  Wie  weit  aber  die  anderen  Land- 
schaften l>ei  der  Entwickelung  belheiligl  f^ewesen  sind,  wie- 
weit locale  Unterschiede  hervorgetreten  sein  mögen,  darin  ist 
uns  jeder  Kinblick  versagt. 

Dakme^tktkk  i/.  iidavpsta  I,  p.  XLVII  IT.,  Ltudes  iran.  I,  10  ff.)  urnl 
Spifch  ,  '/DM.  XXXV,  029  IT.,  ebenso  i-k  Harlf.z  helrarhien  Medien  als? 
Heimalli  der  avealischen  Kelii^'ion,  ueil  die  Magier  liiiT  1 1  ei  misch  siml 
[der  urr^prünglictie,  in  den  heilit'en  Schrifleii  allein  gebrauchte  Name 
der  Priester  ist  aber  nicht  iMa^fier,  sondern  älbravan;  im  übrigen  vgl. 
f.  449 1  und  weil  die  parsische  Tradition  t^agbac  oder  Atropatene  tl* 
Heimalh  Zoroaslt»r's  t>ezeichnet.  Letzteres  beruht  indessen  lediglicli 
den  Institutionen  der  Sassanidenzeit.    Die  Anspielungen  des  AvesU  atri 


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Die  iianisebe  Retigion.  Die  Priester. 


581 


derartige  Anschauungen  sind  nur  weitere  Bewtise  für  seinen  -päten  Ur- 
sprung, ebenso  z.  B.  die  Localisirung  des  Azhi  DaliAka  in  Bawri  (JasL 
^  89),  wenn  dies  Babel  ist.  Eine  sicher  in  Ostiran  geschriebene  Stelle  ist 
wohl  Jast  10,  14.  —  Nach  der  gmvrihnlichen  Anschauung  würde  die  Mazdu- 
ff^ligion  auf  ein»T  durch  den  FrojjlH  ten  Zoroasler  herbeigeführten  r»'li- 
yiöst'ii  Bcvoluliuii  lierulicn,  durch  welche  dii'  allen  arischen  fi"'[ter  in  die 
Hölle  gostos>*  u  und  die  leine  Lehre  verkündet  worden  wäre.  I>a>=!  die^e 
Ansicht  lul.-cli  ist,  hat  Darmesteter,  Orm.  et  Ahr.  261  IT.,  vgl.  Zeudav. 
1,  LXXVI  iT.  üheuuugend  nachgewiesen  und  die  Continuilät  der  Eul- 
wickelung hervorgehoben.  Allerdings  ist  dieselbe  nicht  anders  zu  ver- 
stehen» als  man  aucli  von  einer  Gontinuitftt  der  Entwickelung  von  der  alt- 
hebraeisehen  Religion  bis  zum  Gesetze  reden  kann;  religiflse  Beweguni^en 
und  Refornien  mflsaen,  ebenso  wie  in  Indien  oder  bei  den  Hebraeern, 
nUilreleh  stattgefunden  hat»en,  vgl,  %  448  und  Ober  Zoroaster  §,  446*  — 
Die  Ansicht  von  Hauo,  dara  Zoroaster*«  Auflrelen  namentlich  durch  die 
EinfQbrong  des  Somacults  herbeigefQhrt  sei  und  seinerseits  wieder  die 
Trennung  der  Inder  von  den  Iruniern  herbeigeführt  habe  (Die  G&lb&V  lU 
Esssys  286  ff.),  wird  jetzt  wphl  keine  Vertreter  mehr  linden. 

§.  440.  Die  Entwickelung  der  iranischen  Keligion  hat 
sich  wie  die  der  indischen  in  den  Kreisen  der  Priester  voll- 
zogen und  ist  diesen  in  erster  Linie  zu  gute  gekommen.  Bei 
beiden  hat  sich  der  Priesterstand  vollkommen  abgeschlossen 
und  ist  zu  emer  erblichen  Kaste  geworden,  in  die  kein  Fremder 
Aufnahme  finden  kann;  bei  beiden  nimmt  er  für  sich  die 
tTste  Stelle  in  Anspruch,  wenn  auch  du-  iianischen  Atliravans 
niemals  soweit  gegangen  sind  wie  die  Brahmanen,  die  sich 
zu  einer  übermenschlichen  Rasse  geniaciit  haben.  In  Indien 
wie  in  Iran  monopolisiren  die  Priester  den  Cullus  vollkommen: 
sie  allein  können  die  Opfer  vollziehen  (Her.  I,  132).  Weiter 
aber  ist  die  Entwickelung  In  Iran  nicht  gegangen:  staatliehe 
Macht  haben  die  Priester  nie  in  Anspruch  genommen  oder 
nehmen  können.  Erst  unter  den  Sassaniden  finden  wir  eine 
selbstänili^'  ür;/aiii^irte,  vom  Staate  anerkannte  und  geschüixte 
Kirche,  deren  —  uns  nur  fragmentarisch  erhaltenes  —  Gesetz- 
buch eben  das  Avesla  ist. 

§.  441.  Während  In  Indien  die  Religionsentwickelung 
durchaus  speculntiv  ist,  ist  sie  in  Iran  auf  das  praktische 
Leben  gerichtet.  Dort  steht  die  transcendente  Kraft  des  Opfers, 


( 


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532 


Sechstes  Buch,  tweiter  Abschnitt. 


der  Gebete  t  der  Bussubung,  hier  der  im  Leben  sich  betbati- 
gende  Gegensatz  der  lichten  heilbringenden  und  der  finsteren 

verderblichen  Machte  im  Mittelpunkt  der  Anschauungen.  In 
Tran  hat  der  arische  Himmelsgott  (Zso*;,  von  Herodot  I,  131 
selbst  als  »der  ganze  Umkreis  des  Himmels«  erklärt),  der 
»[Jerrc  (Ahura),  der  in  Indien  aus  seiner  Herrscherstellung 
verdrängt  wurde,  dieselbe  behauptet  und  erweitert.  Als  Licht- 
gott ist  er  der  Gott  der  Wahrheit  und  Reinheit;  er  ist  der 
Scliöpfrr  und  Ki  haller  der  Welt,  »ilcr  grösste  der  Gölh  r,  der 
diese  Lrde,  jenen  Himmel,  den  Menschen  gemacht  hat,  der 
dem  Menschen  Gnade  (pers.  sij;"iti,  as?.  dunqu)  ge\vrdirle< 
(Darius  und  Xerxes);  er  ist  der  »Weise«  (Mazda)  der  Schöpfer 
der  Weltordnung  (aäa,  §.  433),  der  »heilige  (?)  Geist«  (spenU 
manju),  von  dem  alle  Segnungen  der  Schöpfung  herrühren. 
Er   ist   der   InbegritT  aller  Macht ,    Einsicht  und  Majestät. 
Neben  ihm  stehen,  wie  neben  Varuna  die  Aditja's  (§.  420), 
eine  Reihe  von  Genien,  welche  die  einzelnen  Seiten  der- 
selben  verkörpern   und   mit  Ahuramazda   zusammen  die 
Siebenzahl  der  Amesa  spenta  (»Unsterbliche  Heilige«)  aus* 
machen.  Zum  Theil  sind  dieselben  alte,  schon  in  die  arische 
Zeil  liinauireiclioiule  Abslractionen,  wie  Asn,  das  Welt^'oselz. 
da?  in  den  Zendtexten  (uamcnUich  in  den  Gälha's)  ofl  al> 
identisch  mif  Ahuramazda,  ofl  als  gesondertes  Wesen  an- 
gerufen wird ;  Harvatat  und  Amertal&t,  die  »Gesundheit«  und 
»Unsterblichkeit«,  die  in  Wasser  und  Pflanzen  wirken;  Ar* 
mali  (wahrsch.  ved.  Aramali,  Göttin  der  Andacht)  »die  FrSm* 
migkeit«,  die  auch  als  Krd^öttin  nn.l  Gomrdilin  dos  Aliura 
erscheint.    Daneben  stehen  neugesciiailene  l^orrnen,  Khsalhra 
varja,  der  Genius  der  Herrschermacht,  und  Vohumano  »der 
gute  Sinn«  ('Qiiavd«),  der  erste  unter  den  sechs.  Daran 
schliessen  sich  dann  die  übrigen  Gottheiten  des  Lichtes  und 
der  guten  Schöpfung  (§.  447). 

Im  allgenu'iiuMi  s.  Daumk^tktkh,  Orniuzd  et  Alnirnan.  l>ers.,  Hiur- 
vatäl  el  Ameretüt  {UM,  de  Tee.  des  hautes  ätudes  XXIÜ,  1875). 

g.  442.  Den  guten  Göttern  gegenüber  stehen  die  bSscn 
Mächte,  die  Dämonen  der  Finsterniss,  des  Todes,  der  Un- 


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Die  gutea  uud  die  böseu  Mächte.  Ahurainazda. 


533 


liuchlbaikeit,  des-  Truges,  die  stets  bekätiipRen  und  unter- 
liegenden, aber  nie  besiep'lcn.  Sie  werden  von  (U  ii  Iraniern 
gewöhnlich  unter  dem  Namen  daivas  (diw)  zusanmii  ngefasst. 
Ursprunghch  bezeichnet  derselbe  die  Lichtgölter  (§.  429);  aber 
diese  Bedeutung  Terlor  sich  in  Iran,  der  Name  wurde  all- 
mahlich  auf  die  feindlichen  Naturmächte  übertragen.  Ganz 
ebenso  ist  in  Indien,  in  spfttvedischer  Zeit  der  Name  Asura 
eine  Bezeichnung  der  bösen  Dämonen  geworden.  Die  Zahl 
der  feindlichen  Wcpcn  ist  unendlich;  pie  manifesliren  sich  in 
allein  Uebel,  in  l)usem  Geihier,  in  Leichen  und  Krankheiten, 
wie  umgekehrt  andere  Wesen,  z.  B.  der  Hund,  sj^ociell  den 
guten  Göttern  heilig  sind.  An  ihrer  Spitze  steht  der  böse  Geist 
Angramanjtt  (Ahriman).  Ob  diese  Gestalt  (zuerst  nachweisbar 
In  den  Gätbfis  Jasna  45,  2  und  bei  Theopomp  fr.  71;  in  den 
Inschriften  der  Achacmeniden  wird  er  begreiflicherweise  nie  ge- 
nannt) uralt  ist  oder  erst  der  fortschreitenden  Syslematisirung 
ihren  Ursprun^^  verdankt,  wissen  wir  nicht.  Die  luyliioloi^ischcn 
Züi^c,  welche  ihn  cliarakterisircn,  cnlslarnnien  dem  alten  ari- 
sclien  Götterfeind,  dem  Gewitterdämon,  der  bösen  Schlange.  Im 
übrigen  ist  er  in  jeder  Beziehung  das  Gegen bild  des  Ahura- 
mazda.  £r  thront  im  fernen  Norden,  in  der  Finsterniss,  er 
Ist  unwissend,  kraftlos  und  ohnmftclitig  trotz  seiner  immer 
wiederholten  Angriffe  auf  die  gute  Schöpfung,  er  ist  die  Un- 
reinheit und  die  Lüge.  Umgeben  ist  er  von  einer  Schaar 
hö<ov  Dänionen ,  die  von  der  sf)äterun  Theologie  >:enaii  dem 
Scheuia  der  guten  Geisler  eni>j.)rechend  classiticirt  werden. 

§.  443.  Seine  Formen  entlehnt  der  Gegensatz  und  der 
Kampf  der  beiden  Mächte  den  alten  arischen  Anschauungen 
Tom  Gewittermythus.  In  vielen  Zügen  haben  sich  dieseltien 
noch  klar  erhalten :  Ahuramazda  ist  von  festem  und  schönem 
Körper,  denn  or  ist  das  Himmelsgewölbe,  die  Sonne  ist  sein 
Auge,  die  (Himmels-)wasser  sind  seine  Gemahlinnen,  das 
Feuer  (der  »S|»ro>s  der  Wa-ser^^  g.  181)  ist  sein  Sühn.  Das 
Feuer  ist  zuj^dcidi  die  Ilanplwatlo  ge^MMi  die  Dämonen,  das 
Symbol  der  lleinheit ,  des  Gedeihens,  des  Lebens.  Die  Aus- 
malungen des  Kampfes  der  beiden  Mächte  sind  voll  von 


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534 


Sechstes  Baeb,  zweiter  Abschnitt. 


Zagen  des  Gewittermyikas.  Aber  der  Hauptsache  nach  sind 
dies  für  die  spätere  Anschauung  nur  Formen,  welche  zum 
Theil  völlig  unverstanden  lediglich  durch  die  geheiligte  Tra- 
dition erhalten  blieben.  Der  alle  Gegensatz  hat  sich  auf  ein 
j^eistiges,  voi'  allem  aul  das  eüiische  Gebiet  verschoben.  Aiiiira- 
mazda  und  Angramanju  sind  WaluhciL  und  Lnge,  Ordnung 
und  Zerstörung,  Lebenskraft  und  Todesschiafifheit.  Almra- 
inazda  ist  in  erster  Linie  ein  Gott  der  Galtur;  er  hat  das 
Uind  bestimmt,  dem  Menschen  zu  dienen  (vgl.  Jasna  29, 
Roth,  ZDM.  XXV,  5  ff.)  und  segnet  den,  der  es  gerecht  bc» 
handelt,  er  freut  sich  am  Ackerbau,  an  der  Urbarmachung 
Inueli  daliegenden  l^andes.  Die  Verehrer  Ahuramazda's  sind 
die  sei^^^liaflen  Ackerbauer  und  Vielizüchter,  seine  Gepnei ,  die 
Geschö|)te  und  Diener  der  Daivas,  sind  die  NniuadiMi,  welrlie 
die  Dörfer  überfallen,  das  Vieh  stelilen,  Menschen  rauben  und 
durch  die  weite  Wusle  in  das  Elend  der.  Siilaverci  schleppen. 
Alles  Leben  kommt  von  Ahuramazda;  er  gebietet  den  Men- 
schen sich  zu  mehren,  denn  dadurch  wird  ja  sein  Reich 
erweitert.  »Die  Perser  ehren  den  am  höchsten,  der  am 
meisten  Kinder  hat,  sie  feiern  ihren  Geburtstag?  als  den  höch- 
Men  Fo-ttnj?«  berichtet  Hemdot  (I,  180.  133).  Ahuramazda 
Schirmt  die  Könige,  er  verleiht  ihnen  Herrsetmft  und  >hijestät; 
er  vernichtet  die  Feinde  seiner  Verehrer,  denn  sie  sind  ja 
Diener  und  Werkzeuge  der  Dämonen. 

Der  Gegenaats  iwiselien  Haida-  und  Daivaverebrarn  scheint  nur 
auch  in  den  6&thäs  weder  ein  CSegensats  der  NationalitAt,  noeb  der  Re* 
lii^ion  SU  sein,  sondern  er  beriebt  sich  wesentlich  auf  das  Verhalten  des 
Etntelnen;  gans  ftbniiches  findet  sieb  auch  im  Veda.  Eine  Hau|»trone 
spielt  dabei  aber  der  sociale  Cegensats  der  sesshaflen  und  der  nomadl- 
f>chen,  räuberischen  Bevölkerung.  Vgl.  aucli  flas  Glaubensbefcenntniss 
Jasna  12  (13),  nainenilich  in  der  Ton  SpflWIiU  DB  Harle?.,  Haog  (Essays  173) 
sl.irk  .iiiweiclierulen  Uebersetzung  von  Gei.dxeb,  Studien  I,  132,  deren 
Ricbtii^keil  ich  iiatnrii  Ii  tiirlil  beurtbeilen  kann,  im  Uebrigen  «.nament- 
lich (lEiosB»  Osliraniäche  CuUur. 

§.  444.  In  dem  Kampfe  der  beiden  Princlpien  hat 
<lor  einzelne  Mensch  Stellung  zu  nehmen.   Auch  hier  ist  zu- 

li  iclist  die  allarische  Anschauung  beibehalten  und  fortgebildet, 


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Slellong  des  Menaehen  im  Ktmpfi»  dar  Mftclite. 


535 


das,«  Opferspenden  und  Gebete  die  Kraft  der  Gottheit  mehren. 
Die  Fonnel  ist  nfichst  der  Flamme  das  wichtigste  Kampfmittel 
gegen  die  D&monen;  nach  einer  ihrem  Kern  nach  jedenfalls 

in  alte  Zeiten  hinaufreichenden  Tradition  hat  Ahuramazda 
zu  Anfang  den  Angramanju  besitgl»  iudcrn  er  die  heilis/ste 
aller  Oehetsformeln  —  das  tms  völlig  unvcrsiitiidliche  Ahu- 
navarja  —  recitirte.  Beide  Müclito  streben  daiiacli,  ihr  Heich 
7.U  erweitem,  und  indem  der  Mensch  die  Gebote  des  einen 
oder  des  anderen  befolgt,  Gutes  oder  Böses  ^  d.  h.  ur- 
sprGngHch  formell  Richtiges  oder  Unrichtiges  (g.  483) 
begebt,  vergrössert  er  ihre  Macht  und  stärkt  sie  zum  Kampf. 
Durch  Sprechen  der  Gebete,  durch  Ausübung  der  heiligen 
Handlungen  vernichtet  der  Mensch  zahllose  Dämonen,  wie  er 
ebenso  durch  Bo^ohon  verbotener  llandkingen  das  Hoioli  der 
bösen  Geister  vemiehrt.  Vor  allem  wird  von  den  Froiiunen 
die  äussere  Reinheit  verlangt.  Die  Macht  Ahriman's  zeigt 
sich  namentlieh  in  Krankheit  und  Tod.  Die  Berührung  mit 
einer  Leiche  befleckt  daher  und  erfordert  sorgfältige  Reinigung, 
und  »wer  von  Aussatz  befallen  ist,  wird  von  allem  Verkehr 
abgesperrt,  denn  man  meint,  er  habe  gegen  die  Sonne  ge- 
sündigt. Fremde,  die  mi^pfitzig  sind,  werden  aus  dem  Lande 
verjagt,  und  aus  gleicluMn  Grunde  ancli  die  weissen  Tauben« 
(Her.  I,  138).  In  diesen  Dnigen  ginj,n*n  die  PHpster  weiter 
als  die  übrigen  Glaubigen.  Sie  tödteten  z.  B.  nach  Kräften 
atirimanisches  Gethier  wie  Würmer  und  Schlangen,  um  so 
dem  Reiche  des  Bösen  Abbruch  zu  thuu.  Die  barbarische 
Sitte  der  ostiranischen  Stämme,  die  Leichen  Geiern  und 
Hunden  zum  Prass  zu  überlassen  (Chrysippos  bei  Gic.  Tose. 

I,  108,  Justin  41,  3  von  den  Ilyrkancrn  und  Parthern)  — 
iü  Baktrien  üborliess  man  soprat  St  hworkranke  und  Greise 
noch  lebend  den  Todtenhundon  (Onesikritos  bei  Strabo  XI, 

II,  3),  ein  Brauch,  der  unter  den  Sassaniden  allgemein  ge- 
worden ist  (Agathias  11,  23)  —  ist  von  ihnen  beibehalten, 
und  wird  damit  motiTirt,  dass  die  Heiligkeit  der  Erde  oder 
des  Feuers  nicht  durch  die  unreine  Leiche  befleckt  werden 
dürfe.    In  sassanidischer  Zeit  sind  diese  Br&uche  bindende 


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53Ü 


SecliilM  Bach,  itreiter  Abschnitt 


Vorschriften  für  alle  Gläubii^'en  ^'o worden.  Im  übrigen  wid 
die  peinliche,  casuislische  Ausf^ildung  des  Reinheitsrituals,  wie 
sie  in)  Veudidad  vorliegt,  erst  einer  späleren  Zeit  angehurcu. 

UfUer  die  Formen  der  Todteril»estttlluiig  in  Iiuu  §  434.  L'eber 
die  Bräuche  der  Magier:  Her.  I,  140  (vgl.  Plul.  de  Is.  46).  Wenn  Herodol 
weiter  beriehlet,  es  urerde  erzäl  U  u>{  ou  c^oTspov  ddictttou  oAphqütfdm 
h  vixu;  npVv  Av  6«'  l^fhiz  ^  xov6(  iXml^vat,  so  verwechselt  er  die  auf 
altariscben  Ansebauungen  beruhende  Sitte,  daas  ein  »vierftugiger«  Hund 
den  Leichnam  anblicken  muss,  um  den  DAmon  aus  ihm  tu  Tertreihen, 
mit  dem  Brauch  der  Magier. 

§.  445,  Indessen  bei  dieser  äusserlichen  ÄufTassiuig 
blieben  die  Iranier  keineswegs  stehen.   Wie  Ahuramazda  ein 

Gott  der  CuUur  ist,  so  ist  jeder,  der  das  Feld  bestellt,  da^ 
Vieh  pflegt,  den  Ilaumatraiik  bereitet  (§.  427),  Kinder  zeugt 
und  den  Krankheiten  wehrt,  ein  Mehrer  seines  Reiches.  Das 
erste  und  höchste  Gebot  des  Gottes  aber  ist,  die  Wahrheit  su 
üben  und  die  Luge  zu  meiden  (Beb.  IV,  14,  Her«  I,  136. 138). 
Die  Lüge  (pers.  drauga,  Zend  drudsch)  ist  das  eigcntüfbe 
Lebenselement  der  Dämonen   und  geradezu  ein  Ei|?eiiiuune 
für  sie  geworden.    Wenn  so  die  eliusclie  Auflassung  der 
Religion  durchaus  im  Vordergrund  steht,   so  wendet  sie 
sich  zugleich  in  noch  ganz  anderer  Welse  als  die  arische 
an  das  einzelne  Individuum.   Wohl  verehrt  das  ganze  Volk 
den  Ahuramazda  und  seinen  Götterkreis,  aber  lediglich  von 
dem  Verhalten  des  einzelnen  Uii\:^[  es  ab,  ob  er  wirklich  ein 
Mazdajasnier  (Mazda Verehrer)  oder  eia  Daivajasna,  ein  Diener 
der  bösen  Mächte  ist.    Durch  jede  Handlung  mehrt  er  das 
Reich  des  einen  oder  des  anderen  und  gewinnt,  wenn  er  der 
guten  Sache  dient,  die  Segnungen,  welche  die  Götter  verleihen: 
Wohlstand,  namentlich  an  Vieh,  Nachkommenschaft,  Kraft, 
Sieg  Ki-'e^n  die  Feinde,  Unstcrbliehked  und  ein  glückliches  Let)en 
im  Jenseits.    Denn  auch  hier  sind  die  arisclun  Vorshllungen 
weiter  ausgebildet.    Nach  dem  Tode  erwartet  den  Menschen 
das  Gericht  an  der  Brücke  Tdinvat;  je  nach  seinem  Verhalteo 
bestimmt  sich  sein  Schicksal.   Die  Bösen  fallen  den  Lügen- 
geistem  anheim,  die  Guten  erhallen  Unsterblichkeit  und  die 


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GallureleiDenie  der  Masdaraligion. 


537 


Freuden  des  Paradieses;  auch  einen  Miltelzustand  für  die- 
jenigen, bei  denen  gute  und  bOse  Werke  sich  das  Gleichgewicht 
halten,  kennen  schon  die  Gäthfts  (Bartholomab,  ZDM.  XXXV, 
157,  Roth  ib.  XXXVH,  223).  Auch  die  alte  Vorstellung  Yoa  der 
segen bringenden  Macht  der  »Vftterc  hat  sich  weiter  entwtckdt 
Nach  iranischer  Lehre  hat  sich  in  jedem  Monsclien  ein  gei- 
stigeres Wesen,  ein  Genius  (Fravasi,  Fravardin,  Ferver),  ge- 
wissennassen  ein  geistiges  Abbild  des  irdischen  Mensciien, 
inoorporirt,  das  lange  vor  ihm  existirte  und  mit  dem  Tode 
ihn  wieder  wlässt.  Die  FravaSrs  der  Guten  gehen  ein  in 
das  Reich  des  Ahuramazda,  um  die  Bösen  zu  bekämpfen,  ja 
sie  sind  eine  Hauptstütze  seiner  Macht.  Sie  senden  den  Nach- 
kommen Wohlfahrt  und  Gedeihen,  und  es  ist  die  Pflicht  des 
Frommen,  alle  Fravasis,  besonders  aber  die  der  allen  ücroeu, 
mit  Opfer  und  Gebet  zu  ehren. 

Zu  den  reHgiös-inotaliscIieii  ÄnschauUDgen  der  G4ih48  vgl.  HObsgb« 
mjlkn,  Daa  30.  Cap.  des  Ja^na  p.  3  IT. 

g.  446.  Ob  man  schon  in  alter.  Zeit  sich  bemüht  hat, 
den  Ursprung  der  beiden  sich  bekämpfenden  Mächte  kosmo- 
logisch  oder  speculaliv  zu  lösen,  die  Thatsache  der  nicht  zu 

vernichtenden  Macht  des  Bösen  mit  dem  Glauben  an  den 
guten  GoU,  der  die  Welt  gebildet  hat  und  erhält,  zu  ver- 
einigen, wissen  wir  nicht.  Nach  der  Anschauung  der  Gathas 
(30,  3  ff.)  scheint  durch  den  Zusanimenstoss  der  beiden 
Mächte  die  Welt  entstanden  zu  sein.  Seitdem  besieht  der 
immerwährende  Kampf;  am  Schluss  der  Weilentwickelung  wird 
das  gute  Princip  den  Sieg  davontragen,  die  Vergeltung  und 
eine  vollkommene  Weltordnung  (vgl  Theopomp  bei  Plutl  de 
Is.  47)  eintreten.  Dass  aber  Ahuramazda  den  Sieg  behält, 
duss  sein  Gesetz  den  Menschen  gilt  und  diese  den  bösen 
Machten  nicht  unterliegen  können,  ist  das  Werk  der  Ollen- 
barung.  Ahurama/.da  hat  seinen  Willen  und  vor  allem  die 
heiligen  Formeln  und  Riten,  welche  die  Dämonen  bezwingen, 
dem  Zarathustra,  dem  Sohne  des  Porusaspa,  offenbart,  dieser 
hat  sie  den  Menschen  verkündet  Mit  Recht  hat  Darmestbtbb 
hervorgehoben,  dass  die  Sage  von  demselben  rein  mythisch 


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538 


Sechstes  Buch,  zweiter  Abscbniit. 


ist.    Seine  Gestalt  trägt  alle  Züge  eine?  Gewiltergottcs ,  der 

mit  seiner  Stimme  die  Danionen  zurücksehleckt  und  gewaltige 

Felsblöeko  auf  ?io  schleudert.    Auf  der  anderen  Seile  ist  die 

nlte  arische  Vorstellung  von  der  Macht  des  Ritus  und  des 

Gebetes  auch  hier  weiter  ausgebildet.    Das  »heilige  Worte 

(manthra  spenta),  das  »Gesetze  (daina),  welches  Ahuramazda 

dem  Züioasler  oflenbart  und  dieser  dorn  Menschen  verkündet 

—  bei<le  werden  begreitiicher  Weise  auch  als  pöftliche  Wesen 

personificirt  —  ist  das  Mittel,  durch  das  die  Dämonen  besiegt 

werden  und  dem  Ahura  der  Sieg  gewonnen  wird.   Für  die 

Menschen  aber  ist  Zoroaster  vor  allem  der  Lehrer,  durch  den 

die  Ordnung,  welche  Ahnramazda  geschaffen  hat,  in  die  Welt 

eingeführt  wird  (vgl.  /,.  H.  Jasna  21>),  der  Gesetzgeber,  durch 

den  die  Mazdaverehrung  begründet  wird. 

Die  Hezeichnuiig  der  parsi^chea  Kehgion  als  Duali^nios  ist  schief; 
iingefAhr  rnit  df  inselben  Rechte  kann  inati  das  Christenthuin  so  nennen. 
Höchstens  die  spätere  parsische  Philosophie  und  Mythologie  ist  (theil- 
u'eise)  dualistisch,  aber  nicht  die  Religion.  —  Dass  die  Griechen  den 
Z(»roast*»r  durchweg  als  hi-ätorisrhe  Persönlichkeil  betrachten  und  in 
uralte  Zeil  —  5000  Jalire  vor  »lern  troischen  Krieg  nach  Hermippos  — 
versetzten,  hat  g^ar  keinen  gesciüchllichen  Werth. 

§.  447.  Die  »übrigen  Götter,  welche  es  gibtc  (Beh.  IV,  12.  IS) 
treten  gegen  Ahuramazda  vollkommen  zurück.  Der  Gläubige 
verehrt  Sonne  nnd  Mond,  Erde  und  Luft  (av^^ot),  Wasser 
und  Feuer  (Her.  I,  131)  als  sef^ensreiche  Schöpfungen  des 
<^uten  Gottes  und  sorgt  für  ihie  Reinhaltung.  Er  preist  die 
Maclit  des  Hauma,  des  Lichtvolles  Mithra  (s.  §.  450)  und 
manclier  anderer  Gottheiten.  Sie  alle  haben  in  der  Well- 
ordnung und  Entwickelung  ihre  bestimmte  Stelle,  manche 
Mythen  werden  von  ihrer  Macht  und  ihren  Thaten  eriählt. 
Aber  alle  sind  dem  gro^sen  Schöpfer  vollständig  untergeordnet 
oiiil  hüben  für  tlen  Glauben  mir  Bedeutung  als  Manifestationen 
und  Formen  der  guten  Macht,  wie  die  Amesa  spenta;  nur 
ganz  nebenbei  deuten  Dariua  und  Xerxes  an,  dass  sie  über- 
haupt neben  Ahuramazda  existiren.  Die  alten  physischen 
Mythen  und  Gharakterzüge  der  Götter  des  mazdajasnischen 
Systems  erhalten  sich  zwar  noch  in  einer  Reihe  von  An- 


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Zaralhuttra.  Die  übrigen  Gölter. 


539 


scliauuiijiMi  und  Erzählungen  (§.  448),  aber  im  all-ciueinen 
sind  sie  verblassi.  Aus  dem  arischen  »Yrtralödler«  i$t  ein 
(Genius  des  Silges  Verlhraghna  ^^eworden.  Jamaf  der  erste 
Mensch  und  Künig  der  Todten  ist  als  Jima  der  älteste  Herr« 
scher»  der  Begründer  der  CuUur,  unter  dem  paradiesische 
Zustände  herrschten,  der  jetzt  im  unzugängliche!)  Yara  die 
Samen  der  lebenden  Wesen  verwahrt,  damit  sie  bei  der  be- 
vorstehenden W  l  ilk^itasti  üplK'  gerettet  werden  können.  Die 
(Deisler  des  Gewitterkampfes  sind  Herrseher  und  Heroen  der 
Urzeit  wie  Azhi  Dahiika  (die  GewiUerschlange),  der  als  Tyrann 
die  Welt  beherrscht,  bis  er  von  Thraitauna  (§.  480)  und 
Kawi  dem  Schmied  gestürzt  und  gefesselt  wird*  Dann  folgen 
die  grossen  Heldenkdnige  Kava  Us  und  Kava  Husraya  mit 
ihren  Genossen  und  ihr  Gegner,  der  »Turanier  Frangrasjan«, 
Wie  die  Gesänge  und  Erzählungen  der  alten  Iranier  von  diesen 
Helden  beschaffen  waren,  wissen  wir  nicht;  jedenfalls  aber 
habfn  wir  sie  uns  dvm  Firdusi  ähnlicher  zu  denken  als 
dem  A Vesta.  —  Am  Alj^chlus?  der  Heroenzeil  steht  natur- 
i!cmäss  die  Offenbarung,'  des  Gesct/os  durch  Zarathustra  unter 
König  Vislaspa,  mit  der  die  jetzt  bestehende  Ordnung  der 
Dinge,  das  jetzige  Menschengeschlecht  beginnt  Wie  alt  die 
genaue  Ordnung  der  Sagengeschichte  Ist,  wissen  wir  nicht; 
das  Avesta  setzt  sie  als  bekannt  voraus. 

i)ie  Ölerne  sclieiiien  erst  spät,  durch  baiiyloni^clieii  Eintlusä,  eine 
Holle  im  parsiscben  Götlersystem  erhalten  ta  haben.  Dass  die  Sagen- 
geschiehte  bereita  in  sehr  alter  Zeit  im  wesentlichen  zum  Abechlass  ge- 
kommen ist,  gebt  daraus  hervor,  dass  bekanntlich  die  Acbaemeniden- 
und  Arsakidenieit  in  der  späteren  persischen  Tradition  gar  keine  Rolle 
spielt,  sondern  die  historitcfaen  Erinnerongen  ans  der  Sassanidenxeit  so 
gut  wie  Qn?ermittelt  an  die  Sagenzeit  angeschlossen  werden.  —  Natdritch 
sind  die  alten  Heroen,  obwohl  sie  vor  Zoroaster  leben,  doch  Mazdajasnier 
und  Vorkfiinpfer  der  guten  Sache.  Eh(>n?o  sind  die  Patriarchen  Israels 
fromme  Jabweverebrer  lange  vor  der  Gesetzgebung  llose*s. 

Die  Verbreitung  der  Religion  nnd  die  Gottheiten  dos  Volksglaubono. 

§.  448.  Sülclier  Gestalt  ungefähr  mag  die  Lehre  vom 
»rechten  Pfade«  (Grabinschrift  des  Darius,  vgl.  z.  B.  Jasna  59) 


i 

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540 


Sechstes  Buch,  zweiler  AbschnilL 


gewesen  sein,  in  der  Darius  aufgezogen  wurde,  zu  tlor  er  als 
König  in  seinen  Inschriften  sich  bekennt.  Dass  dieselbe  nidit 
das  Werk  eines  Einzelnen-  oder  einer  Generation  gewesen  sem 
kann,  ist  klar.  Ebenso  wenig  aber  ist  sie  das  Ergebniss  einer 

unbewusst  sicli  vollziehenden  Enlwickelung;  die  Wirkung  ge- 
slaltender  und  beslimineiider  Persünliclikeiten  liegt  hier  ebenso 
deutlich  vor  wie  in  der  prophetischen  Religion  oder  in  der 
Brahmalehre.  Wer  die  Männer  gewesen  sind,  die  i\us  dm 
alten  arischen  Götterglauben  die  reine  Mazdareligion  heraus 
entwickelt  haben,  wissen  wir  nicht.  Unmöglich  ist  es  keines- 
wegs, dass  einer  von  ihnen  Zaralhustra,  der  Sohn  des  ForuSaspa 
gewesen  ist;  aber  als  hi^lunsche  Pcrsünliclikeiten  sind  sie  für 
uns  verschollen.  Vielleicht  sind  Ueberreste  der  Lieder,  in 
denen  sie  ihre  Lehren  verkündeten  und  entwickelten,  uns 
noch  in  dem  ältesten  und  heiligsten  Bestandthcile  des  Avcsta, 
den  G&thfts,  erhalten. 

§.  449.  Die  Mazdareligion  tragt  keinen  ausgesproeheJi 
nationalen  Charakter  in  dem  Sinne  wie  die  jahwistische  oder 
auch  die  brahmanische.  Zwar  ist  Ahuramazda,  wie  es  in  der 
susischen  Uebersetzung  der  Dariusinschriften  heisst,  »der  Gott 
der  Arierc  und  verleiht  den  Seinen  den  Sieg,  aber  er  ist 
keineswegs  ein  specifisch  nationaler  (lotl :  ihm  gegenüber  strht 
nicht,  wie  bei  den  Semiten,  der  Stamm  oder  das  Volk,  .-uii- 
dern  der  einzelne  Mensch.  Nichts  hindert  daher,  dass  auch 
nichtarische  Männer,  Geschlechter,  Völkerschaften  sich  zur 
wahren  Lehre  bekehren.  Schon  in  den  Gäthäs  finden  wir 
einen  Turanier  FVjäna ,  der  mit  seiner  Sippe  dieselbe  ange- 
nommen hat  und  Jast  13,  113.  123.  143  werden  die  Fi  a- 
vasi's  von  Frommen  aus  den  turanischen,  daiiischen,  sarimi- 
schen und  sänischen  Gauen  (die  letzleren  sind  unbekannt) 
gepriesen.  Vor  allem  aber  ist  die  zarathustrische  Lehre  bei 
allen  iranischen  Völkern  verbreitet.   Die  Träger  und  Apostel 


')  Jasna  40,  12  nach  Gkigkr,  Ostir.  Cult.  p.  194.  Hanz  anders  und 
zwar  alle  auf  da«  stärkste  von  oinaiider  abweichend  übersetzen  Jjpiegfx, 
Hal'g,  JiHTi  s.  V.  türa,  de  Harlez  die  Stelle. 


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Verbreltanir  der  Religion.  Die  Magier.  541 

derselben  sind  natürlich  die  Priester.  In  Medien  finden  wir 
einen  eigenen  Priesterstand»  der  den  übrigen  Stämmen  als 
letzter  beigeordnet  ist  (Her.  I,  101),  ftlmlich  wie  bei  den  He- 
braeern  der  Priesterstand  in  den  Stamm  Lewi  umgewandelt 
wurde.  Sie  führen  iiier  den  N.unon  Magier  (pers.  mnjrn), 
Uessen  Ilerkunfl  und  Hedcntung  unl)cknnnt  ist.  Den-f  tl)«  n 
Namen  trägt  die  Priesterschatl  aucli  in  Persien,  und  es  i<i 
möglich,  obwohl  nicht  zu  erweisen,  dass  die  Religion  und  die 
Priesterschaft  von  Medien  aus  nacli  Persien  gekommen  ist. 
In  der  Achaemenidenzeit  verbreUet  sich  die  Religion,  in  der 
Umgestaltung,  die  sie  damals  erfaliren  bat  und  die  wir  kurz 
als  Mithrarelfgion  bezeichnen  können,  dber  die  Grenzen  Irans 
hinaus,  zunächst  iiacli  Armenien  urnl  Koppadokien.  In  der 
hellenistischen  Zeit,  nanitiillicli  aber  in  der  Kaiserzeit  gewinnt 
sie  dann,  vielfach  verändert  und  mit  fremden  Elementen  ge- 
mischt, Anhänger  im  ganzen  Bereich  des  römischen  Reichs. 
Es  ist  bekannt,  wie  die  Mithrareiigion  sehr  ernstlich  in  den 
Wettkampf  um  die  erledigte  Stelle  der  Olympler  hat  eintreten 
können. 

Die  Anii.'ilinio  Dabmestetfr's,  dass  dio  Magier  ursprrmu'licli  ein 
medischer  Stamm  seien,  ist  dutch  iii<'lits  Ix  ij^rüridet ;  sie  stehen  neben 
den  localeii  Slämiiien  wie  die  Kinder  Lewi  iiei>en  Juda  und  Ephraim. 
Daas  Gyros  di«  Magier  zuerst  eingesetzt  tiabe  (Xen.  Cyrop.  VIII,  1,  23), 
ist  Erfindung  Xenophon's.  üeber  die  (laYOfovta  s.  §.  511. 

§.  450.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  die  Mazdareligion 
keine  Volksreltgion  ist.  Ihr  höchster  Gott  ist  wesentlich  eine 
Abstraction,  seine  Gebote  sind  ethischer  Nator,  und  so  sehr 
diese  Anschauungen  auch  den  gebildeteren  und  edleren  Gei- 
stern zusagen  mochten,  die  Masse  bedurRe  concrelerer,  realerer 
Verehrunp^swoson  unil  GuKusformen.  Die  im  System  in  den 
Hintergrund  getlrüngten  altnrischen  Gottlieiten  wenien  für  sie 
immer  die  wichtigsten,  am  meisten  verehrten  geblieben  sein, 
wie  z.  B.  der  HaumacuU  vermuihlich  immer  eine  grosse  BoUe 
gespielt  haben  wird.  Am  bedeutendsten  tritt  Mithra  hervor, 
der  alte  Genosse  des  Ahuramazda  (§.  429).  För  die  reine 
Lehre  ist  er  der  Ltchlgolt,  und  als  solcher  vor  allen  anderen  . 


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542 


Sechste«  Buch»  swelter  Absehnitt 


ein  Gott  der  Reinheit  und  Wahrheit;  der  Masse  ist  er  völlig 
znm  Sonnengott  geworden  und  ist  der  eigentlich  thätige,  alles 
durchdringende,  siegreiche  Weltenherrscher,  gegen  den  Ähuia- 
mazda  völlig  in  den  Hintergrund  tritt.   Neben  ihm  wird  vor 

allen»  die  Güttin  Ardvisüra  oder  Anähita  ('Ava-t'.c:  die  ßc- 
deulung  der  Niuiien  ist  UTisichcr)  eiliig  vereliil.  Sie  i>t  die 
Gültin  der  Quellen  und  d«  r  Fruchtbarkeit;  speciell  aber  ist 
sie  ein  wasserreicher  majestätischer  Strom,  mit  tausend  Armen 
und  Ganälen,  so  gross  wie  aUe  irdischen  Gew&sser  zusammen, 
>der  gewaltig  dahin  strömt  vom  Berge  Hukaija  zum  See 
Vorulca&L€.  Danach  kann  es  in  der  That  kaum  zweifelhaft 
sein,  dass  Analtis  zunftchst  die  Göttin  des  Oxusstromes  Ist. 
Natüriicli  spielen  zugleich  mytliische  Anschauunfren  hinein: 
der  See  Voi  uka^^ji  Ul  der  IJiiiimel<?ocean,  der  Urquell  und  di^^ 
Heimatli  aller  Uewässer;  das  hindert  aber  niclit,  dass  real«; 
Verhältnisse  zu  Grunde  Hefren.  Je  mehr  sich  freilich  Anaitis 
aus  ilu'er  Heimath  entfernt,  desto  mehr  verliert  sie  ihren 
ursprünglichen  Charakter;  die  Westiranier  wussten  vom  Oxus 
nichts,  ihnen  ist  sie  die  Göttin  des  Reichthums,  der  Frucht- 
barkett,  der  Zeugung.  Wir  werden  später  sehen,  wie  sie  unter 
dem  Kiuiluss  babylonischer  Gulte  und  Anschauungen  völlig 
umgebildet  worden  ist. 

Anaitis  Göttin  des  Oxus:  QKLDiicn  in  Kuiiii*s  Ztsehr.  XXV,  378» 
GEMERt  Ostir.  Gultur  45  IT«  Her.  I,  131  bat  die  Namen  Hilhra  und 
Anfttiita  verweehselt;  der  Saebe  Dach  [aber  oleht  dem  Namen  nach] 
hat  er  Recht  mit  der  Behauptung,  daas  der  [spatere]  Analtisealt  l>aby- 

lonischen  Ursprungs  ist.  Sonst  vg).  Berossot  fr.  16.  dessen  Angalre 
durch  die  InscbriAen  Artaxerxes'  II.  vollkommen  hestfiligt  ist.  —  Wikmscm* 
Uksm,  Die  persische  Anahita  oder  Anaiiis,  Abh.  bair.  Ab.  VIII.  Der»., 
Mithra,  in  Abh.  fOr  die  Kunde  des  Morgenlandes  1. 

§.  451.  Zur  Zeit  des  ersten  Darius  stellt  die  znrn- 
thustrische  Lehre  noch  hoch  ül^er  der  Volksrclifrion.  Aber 
auf  die  Dauer  vermag  sie  sich  ihrem  Einfluss  nicht  zu  ent- 
ziehen. Durch  Artazerxes  II.  wird  der  Gult  des  Mithra  und 
der  Anaitis  ofßciell  eingeführC,  und  es  vollzieht  sieh  eine 
*  slarke  Deteriorirung  der  Mazdareltgion.   In  Persien  wie  in 


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Die  Qoliheiton  des  Ydlksgtaiibens.  54^^ 

Ostiran  (m  den  Reichen  der  indoskythlschen  KOnige),  m  Ar- 
menien wie  in  der  parsischen  Diaspora  in  der  griechisclien 

un(i  römischen  Welt  ist  der  höchste  abstracle  Göll  und  der 
reine,  elhische  Kern  der  Religion  durch  die  Götter  zweiten 
Ranges  und  das  magische  Mysterien-  und  Formelwesen  voll- 
jLominen  verdrangt.  Als  man  dann,  verninthlicii  in  der  spä- 
teren Arsalcidenzeit,  in  der  £poebe  der  Heaction  gegen  den 
Hellenismus,  die  alte  Religion  zu  restauriren  versuchte,  da 
gelang  es  nicht  mehr,  diese  Auswüchse  auszuscheiden.  Mithra, 
Anfthita,  Hauroa  u.  s.  w.  bliehen  mfiehtige,  für  den  Menschen 
äusserst  wichtige  Gottheiten,  deren  Maclit  es  Alinrama/.<la  wie 
die  alten  Heroen  verdanken,  dass  sie  Ahrinian  Widerstand  leisten, 
und  ihre  Heldenthaten  vollbringen  können.  Aber  sie  werden 
wenigstens,  den  Anschauungen  der  alten  Lehre  folgend,  zu 
Geschöpfen  des  Ahuramazda  gemacht  und  so  die  Einheit  des 
Systems  gerettet.  Auf  diesem  Standpunkt  steht  das  Avesta. 
Die  geistigen  Strömungen  der  Folgezeit,  der  Einfluss  der 
Philosophie  und  des  Christenthums,  vor  allem  aher  die  strenge, 
vom  Staate  erzwungene  Durchführung  des  peinlich  genauen 
Rituals,  welches  das  Avcsta  vorschreibt,  haben  dann  bewirkt, 
dass  die  Gutier  des  Volks^^laulH'ns  iillmäiilieb  veiblnssten  und 
dass  der  Parsismus  schliesslich  dem  Kern  nach  ein  Mono- 
theismus im  polytheistischen  Gewände  geworden  ist. 


in.  Die  Invasionen  der  Nordvölker  und  die 

letzten  Zeiten  der  assyrischen  Herrschaft. 

Die  Kimmerfer  in  Kleinaslen. 

GfiLZBR,  Das  Zeitalter  des  Gyge»»  in  Rbeio.  Mas.  XXX.  XXXV. 

§.  452.  Mächtiger  wie  je  Äuvor  stand  um  660    Chr.  das 

Atsyrerreicli  da.  In  Babel  i^ebot  ein  Bruder  des  Königs,  in 
Aegypten  war  die  Schaar  der  kleinen  Fürsten  U*ü>ulpflichtig; 


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544 


Sechstes  Bocb,  driUtr  AiMchDittw 


Syrien,  Mesopotamien ^  die  östlichen  Qebirgsiande,  dazu  die 
Orenzgeblete  AnnenieDs  und  Kleinasiens  waren  dem  Reich 
anmiltelbar  einverleibt.  Eine  gefährliche  Erbebung  schien 
nirgends  zu  befürchten.   Wenige  Decennien  spftter  war  der 

stolze  Bau  vom  Erdboden  verschwunden.  Zu  seinem  Sturze 
liabon  zwar  auch  die  besiegten  Nationen  wenigstens  zum  Theil 
beigetrajren ,  nber  der  erste  Anlass  wie  die  enlscheidenden 
Schläue  sind  von  aus?^en  durch  grosse  Völkerbewegungen  her- 
beigeführt worden.  Die  Wirkungen  derselben  treten  uns  überall 
deutlich  entgegen;  ihr  Gang  im  einzelnen  ist  fast  vOilig  ra 
Dunkel  gehüllt. 

Der  Änstoss  zu  der  ersten  grossen  Wanderung  ging  yon 
iten  Nordlcusten  des  schwarzen  Meeres  aus.  Es  ist  früher 
schon  erwähnt  worden  (ij.  124),  da?s  etwa  im  Laufe  des 
achten  Jahrhunderts  die  skolot  i^iiicn  Skythen,  einer  der  irani- 
schen Nomadenstamaie,  angebiieli  selbst  von  den  Massageten 
-  gcdrängti  die  Wolga  und  den  Don  überschritten  und  die  Kim- 
merier  aus  ihren  Wohnsitzen  verdrängt  haben.  Wie  es  scheint, 
hat  sich  ein  Rest  der  alten  Bevölkerung  in  den  Taurem  auf 
der  Krim  (dieser  Name  ist  selbst  aus  dem  der  Kimmerier 
entstanden)  erhalten;  aber  die  grosse  Masse  veriiess  mit  Weib 
und  Kind  die  Heiniath.  Aller  Wahrsclif  inlichkeit  naoli  sind 
über  die  Donau  nach  Thrakien  ^^''/.o^en.  Der  thrakische 
Stamm  der  Treren  schloss  sicli  ihnen  an,  auch  Edonen  er- 
scheinen in  Verbindung  mit  ihnen;  der  Uebergang  der  Thyner 
und  Bitfayner  über  den  Bosporos,  ihre  Ansiedelung  im  alten 
Bebrykerland  [bis  zum  Sangarius]  wird  mit  ihren  Zügen  in 
Verbindung  gebracht. 

Im  allj^emeinen  ?.  AriKi,,  Makpdnnion  vor  K('^rii^  Philipp  S.  80,  der 
zuerst  die  Finwanderuiig  drr  Kinirnerier  aii<;  Thrakien  behauptet  hftt: 
ferner  m.  üesch.  v.  Troas  73;  Gelzkh,  Rliein.  M'i^^.  XXX,  250  u.  a.  — 
Schon  Heroilot's  Aiigaben  sind  durch  Comhinat;  i.»  ]i  -  tnlhl,  vor  allem 
diinh  die  pragmatische  Verbindung  des  Kimmenereintails  niil  ilem  der 
Skythen  (vgl.  dazu  Dlncker's  Kritik,  Geschichte  d.  A.  II).  Tradition 
(4t)vi;  'EX).-rjvwv  t«  xal  ^^dptuv  Xt'fö^w;  Xö(o;)  ist  nur,  das5  die  Kim- 
men«' Ton  den  Skythen  (Skototen)  ans  ihren  Wohnsitzen  verdrängt 
worden:  IV,  11.  Dagegen  fit  es,  wie  e.  13  lehrt,  Miglleh  GombioeUoii 


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Die  Kinimerier  io  Kleinuien. 


545 


Herodot's,  1)  dn^s  die  Kimmri  i«  r  am  Ostraiide  des  schwarzen  Meeres 
entlang  nach  Kloinasien  fliehen  [auch  I,  lOB];  2)  dass  die  Skythen  die 
Kiramerier  verfolgen,  und  den  Weg  verfehlend  nach  Medien  geratheo; 
3)  dass  diese  jionlischen  Skythen  identisch  sind  mit  denen,  die  das  obere 
Asien  l)eherrschten ;  4)  dass  Darins' Skythenzug  lür  diesen  Einfall  Rache  zu 
nehmen  beabsichtigte  [vgl.  IV,  Ij.  Alle  diese  Annahmen  sind  falsch  und 
zu  streichen.  Die  Angabe,  da^s  die  Kimmerier  von  Osten  nach  Kiein- 
Asien  gekommen  seien,  widerspricht  allem,  was  wir  sonst  über  sie  wissen.  — 
Schon  bei  HerodoL  wird  die  Aniazonensage  mit  den  Skythen  in  Verhin- 
liung  gebracht  (IV,  110);  die  Späteren  haben  dann  die  Züge  der  Skythen, 
Kimmerier  und  Amazonen  vollends  verschmolzen,  s.  Justin  II,  3  f.,  Diod. 
II,  44  ir.  III,  54  f.  u.  a.  Daher  Euseb.  a.  Abr.  989  =  1078  v.  Chr.  'A^a- 
<6v«^  'Aatqc  iTrrjX^ov  &p.a  Ktp-jisptoit;  [auch  bei  Orosius  1,  21,  s.  Gelzer, 
Rhein.  Mus.  XXX,  260].  Dagegen  war  fOr  die  alezandrinischen  Chrono- 
graphen cler  EinfUI  der  Kimmerier  ein  Epochenjahr  (Scymn.  peripl.  770. 951 
Arrian.  Biib.  tt,  87),  und  zwar,  da  Istros  nach  Skymnos  lur  Zeit  der 
fQmmerier,  nach  Eusdbios  OL  81*  1  gegrOndbt  wurde,  wahrscheinlich 
die  von  Rordb,  Rhein.  Mus.  XXXÜI,  200  ermittelte  Epoche  Ol.  80  >  4. 
^7  V.  Chr.,  d.  i.  nach  der  Rechnung  des  Chronographen  das  7.  lahr 
dee  Ardys.  Beruht  dies  aber  auf  Ueberlieferung  oder  aufROckrechnung? 
—  Die  Treten  Thraker:  Thok.  II,  96.  Strabo  I,  8»  18.  Steph.  Byz. 
Wanderang  der  Bithyner:  Arrian  fr«  37;  anders  Euseh.  a.  Abr.  1045* 

§•  453.  Etwa  gegen  700  ?.  Chr.  sind  die  Kimmerier 
zusammen  mit  den  thrakischen  Stämmen,  die  sich  ihnen  an- 
schlössen, in  Kleinasien  eingebrochen  und  haben  das  Land 

weit  und  breit  verwüstet  und  ausgeplündert.  Es  war  eine 
Völkerwanderung  wie  die  der  Nordstämme,  welclie  im  zwölften 
Jahrhundert  Syrien  durchzogen,  wie  die  der  Galater,  die  im 
dritten  Jahrhundert  bis  nach  Kleinasien  vordrangen  und  hier 
ganz  fihnlich  hausten  wie  die  Kimmerier.  Zweifellos  smd  die 
einbrechenden  Stfimme  von  Weib  und  Kind  hegleitet  gewesen 
und  haben  alle  ihre  Habe  mit  sich  geführt.  lieber  den  Ver- 
lauf der  Invasion  besitzen  wir  nur  vereinzelte,  chronologisch 
nieist  nicht  bestimmbare  Notizen.  Aristoteles  berichtete,  dass 
die  Lelegerstadt  Antandros  (§.  252)  am  Südabhang  des  Ida 
von  Edonem  und  100  Jahre  lang  von  Kimmeriem  besetzt 
gewesen  sei;  ähnlich  sollen  m  Abydos  vor  der  Goloni- 
sirung  durch  Milet  Thraker  gewohnt  haben.  Auch  weiter 
nach  Osten  sind  sie  gedrungen:  Öinope  wird  als  Haupisltz 

Hey  er,  Geschichte  d««  Altertbuma.  I.  35 


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546 


Sechstes  Buch,  dritter  Abschnitt, 


der  kimmerier  bezeichnet;  sie  sollen  hier  den  Fülirer  der 
milesischen  Ansiedelung  Abrondas  (?)  erschlagen  haben*  Als 
sie  in  Phrygien  einbrachen,  so  wird  berichtet,  gab  sich  der 
letzte  König  Midas,  der  Sohn  des  Gk>rdias,  den  Tod,  indem 

er  Slierblut  trank;  seitdem  verschwindet  das  phrygisclie  Reich 
aus  der  Geschichte.  Von  hier  aus  werden  sie  dann  zuerst 
mit  Ueu  Assyrern  in  Berührung  gekommen  sein.  König-  Assar- 
haddon  hericlitct  vor  seinem  kilikischen  Feldzug  (§.  389)  von 
einem  feindlichen  Zusammentreffen  in  der  unt>elcannten  Land- 
schaft Chubudna  mit  »dem  Teuäpd  von  Gimtr,  einem  Sab(?)- 
manda  (§.  463),  dessen  Wohnsilz  fern  istt.  Dieser  Kampf» 
dessen  Schauplatz  nur  in  Kappadokieii  gesucht  werden  kann, 
muss  eiwa  um  075  v.  Chr.  augesetzt  werden. 

AnUndroa:  ArUtoteles  bei  Stepb.  Byz.  s.  v.  b  Plin.  V,  128;  Abjrdoi: 
Slimbo  XIII,  1,  22;  Sinope,  Herod.  IV,  12,  [Seymn.]  peripl.  941.  Midu* 
Tod:  Strabo  I,  $.  21;  naeb  Äfricaous  bei  Leo  6r«inm.  in  Gramer,  Anecd. 
Pnr.  II,  264  um  676  r.  Chr. ,  nach  Euaebios  etwa  20  Jabre  fraher  [die 
Daten  schwanken].  —  As8arbaddon*8  Angabe:  I  R.  46,  6  ff.  —  Sonst 
vgl.  noch  Stepb.  Byz.  s.  v.  £t>a9oi(.  Arrlan.  Bith  fr.  48. 

§.  454.  Wie  gegen  Phrygien  richteten  sich  die  Zuge  der 
Kimmerier  auch  gegen  Lydien.  Hier  war  um  dieselbe  Zeit 
der  letzte  Horalclide,  Eandaules  oder  Sadyattes,  einer  Palast* 
reTolution  zum  Opfer  gefallen;  sein  Mörder  Gyges,  der  Sohn 
des  Daskylos,  aus  dem  angesehenen,  schon  seit  Generationen 
mit  den  llcrakliden  zerfallenen  Geschlechte  der  Merninaden» 
hatte  sich  des  Thrones  bemächtigt  und  war  von  den  Lydern 
anerkannt  worden,  nachdem  sich  das  delphische  Orakel,  dem 
man  die  Entscheidung  ük>erliess,  zu  seinen  Gunsten  ansge» 
sprachen  hatte.  Der  neue  Herrscher  scheint  ein  tüchtiger 
Krieger  gewesen  zu  sein.  Nach  einer  Notiz  war  ihm  jranz 
Troa<  unterlhilnig  (Strabo  XIH,  I,  22);  mithin  muss  ei  auch 
die  teuthranische  Küste  besessen  haben.  Dass  die  karischen 
Gaue,  wenn  nicht  seinen  Vorgängern,  so  doch  ihm  gehorchten» 
scheint  zweifellos.  Auch  die  griechischen  Kästenstädte  bat  er 
angegriffen  und  Kolophon  erobert.  Um  sich  der  Kimroefier 
zu  erwehren,  huldigte  er  dem  Assyrerkönige  Assurbanipal. 


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Kimmerier  und  Lyder.  Gyges. 


547 


Dieser  berichtet,  dass  Gyges  (assyr.  Gugu)  in  Folge  dessen 

einen  grossen  Sieg  über  die  Kimmerier  erfochten  und  zwei 
ihrer  Häuptlinge  gefangen  nach  Ninive  gescliickt  habe  (nach 
662  V.  Chr.). 

üeb«r  den  Slun  der  Heral^Udefi  liegen  uns  twei  giiecbfeebe  HAreben 

vor:  die  Geschichte  von  Kandenles  und  seiner  Frau,  Her.  1,  8  IT.  [fem 

dem  Si-liriftsteller  als  Einleitung  zur  Kroesosgescbichle  verarbeitet:  xF^v 

70(0  K.av3au).)^  -fsvead-ai  xaxöK;],  und  die  vom  Ringe  des  Gyges,  Pinto  rep. 
II,' 359.  X,  G12  [vgl.  den  Midasring  Plin.  XXXIII,  8].  Danc'I>en  strht  der 
Rpricht  des  Nikulaos  aus  Xanlhos,  der  dem  Kern  mali  lli^türi.sch  sein 
kann.  Nach  Nik.  heissen  die  letzten  Herakliilen  Myrsos  und  Sadyattes, 
narh  Ufr  \U'r<^o^  uud  Kaudauies ,  nach  dun  Chronographen  Mele:>  und 
Kandauie^.  1  ait.  qu.  gr.  45  if^l  historisch  werthlos.  —  Der  Bericht 
Assurbanipal's  bei  Smith,  iiibl.  of  Assurb.  64  ff.  V  K.  2,  Ö5  ff.  —  Die 
Geschichte  von  dem  Krieg  des  Gyges  gegen  Magnesia  Nie  fr.  62  ist 
sebwerlich  bistorisch. 

g.  465.  Die  dem  Assyrerkönige  geleistete  Haldigwg  war 
nicht  mehr  als  ein  aagenblicUicher  Nothbeheif.  Sobald  sich 
Gys^^  g^gen  die  Kimmerier  sicher  fühlte,  begann  er  vielmehr 

Maassregeln  gegen  die  assyrische  Uebermacht,  die  leicht  auch 
den  bisher  nicht  bekriegten  Gebieten  Klciiia.^iens  gefahrlich 
werden  konnte,  zu  ergreilen.  Er  verband  sich  zu  dem  Zwecke 
mit  Psammetich  von  Sais,  der  sich  gegen  Assyrien  empört 
hatte  (§.  467),  und  schickte  ihm  griechische  und  karische 
Söldner  zur  Unterstützung.  AssurbanipAl,  durch  seine  ela- 
mitisehen  Kriege  vollauf  in  Anspruch  genonunen,  konnte 
nicht  gegen  ihn  einschreiten.  Aber  bald  darauf  erschienen 
die  Kimmerier  aufe  neue  in  Lydien:  Gyges  selbst  fiel  im 
KcUii^ii,  ilaa  ^^iUZQ  Land  wurde  von  den  wilden  Horden  über- 
scliwemnit,  Sardes  mit  Ausnahme  seiner  festen  Burg  erobert. 
Dann  griflen  sie  die  griechischen  Küstenstädte  an.  In  Ephesos 
feuerte  der  Dichter  Kaiiinos  zum  Widerstande  an.  und  es  ge- 
lang, den  Angriff  des  Kimmerierfürsten  Lygdamis  abzuschlagen, 
während  der  ausserhalb  der  Stadt  gelegene  Artemtstempel 
allerdings  verbrannt  wurde.  Dagegen  wurde  die  blühende 
Stadt  Magnesia  am  Maeander  von  den  Treren  erobert  und 
zerstört.   Indessen  auf  eine  dauernde  Behauptung  des  aus- 


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548 


Sechsles  Buch,  dritter  Abschnitt. 


geplünderten  Gebietes  verstarb len  sich  die  wilden  Sehaaren 
so  wenig,  wie  auf  eine  regelrechte  Belagerung  der  festen 
Städte  und  Burgen.  Ardys,  der  Sohn  des  Gyges,  behauptete 
schliesslich  das  Reich  seines  Vaters,  und  wenn  uns  berichtet 
wird,  dass  er  die  Griechen  angegriffen  hat,  so  moss  er  vor- 
her die  Kirnnierier  zurückgeworfen  und  sich  den  Rücken  ge- 
cKckl  hal)en.  Ascurbanipal  erzählt,  da.-s  er  die  Sünden  seines 
Vaters  bereut  und  ihm  durch  eine  üesandtschafl  aufs  neue 
gehuldigt  habe  (nach  646  v.  Chr.);  indessen  mehr  als  die 
Wiederherstellung  guter  Beziehungen  zu  Assyrien  ist  darin 
gewiss  nicht  zu  sehen. 

Dass  (i»'r  Name  Pisainilku  [var.  Tusamilku]  K  uiig  von  Aegypten 
(V  R.  2,  114)  fiir  Psamrriptirh  verschrieben  ist,  scheint  mir  zweifellos. 
—  Der  Name  Ardys  findet  sich  in  den  a?!syrischen  Berichten  nicht  {V  R. 
2.  120).  Der  Toil  G\>?ps  und  die  Huldi^^un^'  s-eines  Suhiies  wird  auf 
dem  frühestPris  ö4o  veil.is-«len  C.yhniler  B  (§.  4ö7)  noch  nicht  b«»richtet, 
mithin  inuss  die  K-tzlero  s|>ater  als  dies  Jahr  fallen.  Ausser  der  Tem]»el- 
tradition  von  Ephesos  (K.illiiaachos  in  üian.  251.  Hesych.  s.  v.  Ati^^^fiic) 
waren  die  Gedichte  des  Kallinos  und  Archilorhos ,  welche  die  Angriffe 
auC  Sardes  und  Ephcsus  erwähnten,  für  die  Alten  die  Hauptqnelle.  Aus 
einer  angeblichen  liilTerenz  zwischen  beiden  —  Archilochuä  erwähnte  die 
Katastrophe  von  Magnesia  ^  während  Kallinos  dies  [offenbar  in  einem 
älteren  Gedicht]  noch  als  blflhende  Stadt  kannte,  die  gegen  Ephesos 
erfolip'eich  Krieg  führte  —  folgerte  Kallisthenes,  dass  swei  Kimmeiierzüge 
and  dementsprechend  swei  Eroberungen  von  Sardea  anaanehmen  »eien, 
die  Altere  zur  Zeit  des  Kallinos,  die  jüngere  sur  Zeit  des  Kallimaiehos 
(M  Tpr^pdiv  Mil  Amltuv  [?J).  Herodot  I,  6.  15  dagegen  kennt  nur  die 
Eroberung  anter  Ardys.  Das  Material  s.  bei  Strabo  XIII,  4,  8.  XIV»  1, 
40  «=  Clem.  A).  Strom.  I,  131  [entstellt  bei  Athen.  XH,  525  c],  femer 
Strabo  I,  B,  21.  -  Das  Gero&lde  des  Balarchoe  Plin.  VII,  126.  XXXV.  55. 
welches  den  Fall  Magnesia^s  darstellt  und  von  Kandaulcs  gekauft  wird, 
ist  natflrlich  Fabel.  Spftter  sind  die  Tbaten  der  Kimmerier  auf  die 
Amaionen  Übertragen,  t.  B.  Euseb.  ao.  Abr.  873.  *A|M(Covt<  t&  |y  *Ef<of 
Uphv  Ivin^oav,  Tgl.  Diod.  III,  55.  10,  Etym.  mg.  s.  v.  *Eftooc  u.  a. 
[§.  452J;  daher  auch  Nie.  Dam.  62  AoSäiy  &ptottia  iv  ImcofMix^  «pi« 
'A{AaC6v«ic*  an  der  auch  die  Magneten  betheiligt  sind. 


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Assurbanipal  gegen  Elam. 


Aasurbanipars  spiltore  Zeit  Kriege  mit  Elam. 

§.  456.  Dass  die  Kimnifrier,  wio  sio  den  Westen  Klein- 
asiens bedrängten,  so  auch  im  Osten  den  bestand  der  assyri- 
9(hon  Suprematie  ernstlicb  gefährdeten,  dass  die  Fönten  der 
Tabal  und  Moscher  ihnen  erkgen  wie  die  von  Phrygien  nnd  Ly- 
dien, Ist  hfichet  wabreeheinlich.  Indessen  Assurbanipal  berichtet 
davon  elsenso  wenig  wie  von  den  Details  der  Erhebung  Psaro- 
metich's  nnd  der  schliessitchen  ßefrHnng  von  ganz  Aegypten. 
Es  ist  vailirend  dieser  Zeit  durch  Kampfe  im  Osten  vollkommen 
in  Anspruch  penommon.  Wieder  einmal  halte  der  Könip^  von 
Eiani,  ürtaki,  in  Babylonien  Unruhen  anpfesliftet  und  nameui- 
lich  die  Gambulaeer  (§.  888)  zum  Aufstand  verlociLtj  auch 
die  NachlLommen  Mardukbaliddin's  erhoben  sich  von  neuem. 
Ein  elamitischer  General  fiel  in  Babylonien  ein,  wurde  aiser 
von  den.  Assyrem  zurückgeschlagen«  Bald  darauf  starb  Ur^ 
taki  (um  657),  und  sein  Bruder  Teumman  bemfichtigte  sich  des 
Thrones.  Sein  Versuch,  das  ganze  Königsgeschlecht  auszu- 
rotten, misslang,  über  sechzig  elamitische  Prinzen,  an  ihrer 
Spitze  Urtaki's  Söhne  Umman'iga?  und  Tammarit,  fluhen  nach 
Assyrien,  wo  sie  mit  oflenen  Armen  aufgenommen  wurden. 
Statt  die  von  Teumman  geforderte  Auslieferung  derselben  ztt 
bewilligen,  schickte  Assurbanipal  ein  starkes  Heer  gegen  den 
Usurpator.  Am  Eulaeos  kam  es  zur  Schlacht,  Teumman 
wurde  völlig  geschlagen  und  mit  seinem  ältesten  Sohn  ge- 
gefangen. Wie  Assurbanipal  behauptet,  schlug  ihm  sein  Neffe 
Tammarit  selbst  das  Haui>L  ab,  das  in  Ninive  ausgestellt 
wurde.  Umman'igas  wurde  in  Susa  zum  König  eingesetzt, 
Tammarit  erhielt  das  Furstenthum  Chidalii.  Auf  dem  Rück- 
marsch wurden  die  Gambulaeer  niedergeworfen,  ihre  Haupt- 
stadt §api-bel  zerstört,  die  übrigen  Rebellen  in  Babylonien 
gezüchtigt  und  die  Führer  des  Aufstandes  —  einen  Enkel 
MardukbaJiddin*s  lieferte  tJmman'igai  aus  —  in  den  Haupt- 
stAdten  des  Reichs  unter  Martern  Jiingerichf et  (um  655).  Zahl- 
reiche Darstellungen  der  Kämpfe  und  Executionen  bedecken 
die  W  ände  des  Palastes  Assurbanipai's. 


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550 


SeehsteB  Buch,  dritler  AbsehniU. 


§.  457.  Wenn  auch  Umman'igaS  es  nicht  TerschmSht 

hatte,  sich  durch  assyrische  Hülfe  auf  den  Thron  seines 

Vaters  zurückfuhren  zu  lassen ,  so  war  er  doch  keineswegs 
geneigt,  Rlmii  iti  die  Reihe  der  <issyrischcn  Vasallenstaaten 
einzufügen.  Vor  allem  aber  scheint  in  der  Bevölkernn?  ein 
starkes  ünabhän^Mjrkeilsprefühl  frelebt  zu  haben,  welches  dea  , 
König  zwang,  die  Politik  seiner  Vorg&nger  wieder  aufzunehmen. 
So  lies»  er  sich  mit  dem  Vicekönig  von  Babylon,  Assorbani* 
pars  Stiefbnider  Samaääumukin  (§.  391),  in  Unterhandlungen 
ein.  Der  letztere  empOrte  sich  gegen  Assyrien  (651|0),  ganz 
Babylonicn  »Akkad,  Chaldaea,  die  Aramaecr,  das  Seelandc 
fielen  dem  Aufstände  7ai.  Auch  assyrische  Statt lialter,  wie 
der  Präfect  von  Tt,  schlössen  sich  an;  im  Seelande  trat 
Jilardukbaiiddin's  Enkel  Nabubelzikre  an  die  Spitze  der  Be- 
wegung. Der  König  von  Elam  erhielt  Subsidien  und  ent- 
sandte dafür  ein  Heer,  wie  zur  Zeit  äuzub's.  Die  Qutaeer 
im  Zagrosgebirge  ergriffen  die  Waffen,  imd  auch  der  Oedreer- 
scheich Jauta^t^ar.  Uaite'  nnd  bei  Assarbaddon  Ja'ln),  der  Sohn 
Ghazall*8  (§.  389),  schöltelte  die  assyrische  Herrschaft  ab, 
schickte  HülfsLruppen  nach  Babylon  und  begann  die  Kanfleute 
Syriens  auszuplündern.  Das«;  man  aiieh  mit  Psarnnii'lif  h  und  den 
Lydern  in  Verbindung:  trat,  ist  wohl  zweifellos.  Der  Bestand 
der  assyrischen  Herrschaft  schien  emstlich  in  Frage  gestellt. 

In  den  Cylindern  A  und  V  R.,  die  frühestens  um  640,  Tielleicbt  erat 
weit  später  nbgefAsst  sind ,  sind  die  in  die  2eH  des  babylonisehea  Auf- 
Standes  fallenden  Kämpfe  gegen  die  Araber  mit  der  «reit  sfAteren  Ei- 
pedilion  gegen  Abijate*  und  Natnu  [die  eoK  8,  68  «  V  R.  8,  65  be> 
ginnt]  snsammengefssst,  während  Gylinder  B  nur  die  enteren  erifihIL 
Hinzu  kommt  der  ffericbt  von  III  R.  85,  6.  88.  1.  AI»  der  Vergieichung 
der  verschiedenen  Versionen  ergibt  t^ich,  dass  Jauta'  Fürst  der  qedreischen 
Araber  war.  Smith,  Assinb.  155  (V  M.  3,  103)  wird  berichtet,  die  Könige 
von  Quli,  dem  WesUande  (Martu)  und  Melucha  hätten  sich  dem  Auf- 
slande an?o?flrlo8sen.  Es  ist  mir  svhr  zweifolhafl ,  oh  nnler  letzterem 
hier  Kusch  zti  verstellen  und  damit,  wie  gewöhnhch  angt  iioiumen  wird, 
die  Erhebung'  rSammetich's  perneint  i^t.  Auch  von  einem  Aufstand 
Syriens  in  dieser  Zeit  wissen  wir  niclils.  — C  Ii  ro  u  o  1  o  g  i  e :  Die  letzten 
Bruchstücke  des  Eiwnynienkanons  siii'i  von  ITH  mit  hoher  Wahrschein*  • 
liebkeit  so  geordnet,  dass  Belcliarrauäadua,  unter  dem  die  Proclamalion  < 


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Die  Cmpftroiig  äamattamukin*». 


551 


an  die  Bewohner  der  Seekflsle  (Smith»  AesDrh»  189)  abgefaaet  ist,  ine 
J«br  648t  das  letzte  des  Saosdurhin  nach  dem  Kanun  des  PlolemaeuSt 

fallt.  Da  nach  Smith,  Assurb.  181  f.  Sanunttaniukin  schon  zwei  Jahre 
früher,  unter  Assurdürusur,  bekämpft  wird,  niuss  der  Ausbriidi  des  Auf- 
standp=;  spfitostiüis  Anfang  650  fallen.  Andererseits  kann  Helsunu,  unter 
dem  CylindHi'  B  verfasst  i>t  flll  P.  84>,  dann  nicht  vor  G4f>  anpesetzt 
werden.  Mitliin  künaen  die  auf  diesem  C\  linder  nicht  hericlitefen  Kriege 
(gegen  Elana  und  Arabiea)  frühestens  erat  t>4ü  begonnen  Itaben. 

§.  458.    Die  Bewältigung  der  Gefahr  Terdankten  die 

Assyrer  mehr  noch  als  ihrer  Tapferkeit  glucklichen  äusseren 
Umsländeii.  Als  l'mniMn'igas  seine  Truj>pen  iiadi  Chaldaea 
scliickte,  wurde  er  von  seinem  Bruder  Tammarit  uni^'el)racht, 
der  als  Haupt  der  assyrerfeindlichen  Partei  aufgetreten  zu  sein 
scheint  und  seinen  Antheii  an  dem  Tode  Teumman's  ofücieH 
ableugnete.  Auch  er  behauptete  die  Herrschaft  nicht  langei 
ein  gewisser  IndabigaS  stürzte  ibn  und  zwang  ihn  bei  Assor- 
banipa!  Zuflucht  zu  suchen.  Durch  diese  Wirren  war  die 
Kraft  Elams  lahm  gelegt ;  Indabigas  war  geneigt  mit  Assyrien 
Frieden  /.ii  halten.  So  war  es  möglich,  in  dreijährigem 
Kanijtfe  liabylonien  zu  bewältipren.  Eine  Stadt  nach  der  an- 
dcTcij  wurde  wiedtTf^ewomien,  Naljubelzikre  riiu?>tc  nach  Elam 
fliehen,  Babylon  wurde  belagert  und  durch  Hunger  zur  lieber- 
gäbe  gezwungen.  SanaaäSumukin  fand  in  den  Flammen  der 
Stadt  seinen  Tod,  schwere  Strafgerichte  wurden  über  seine 
Anhänger  verhängt  (648).  Ein  neuer  Herrscher  wurde  nicht 
*  eingesetzt:  nach  den  Königslisten  herrschte  von  647 — 626 
Assurbanipal  selbst  (Beross.  Sardanapallus,  Ptol.  Kivr^XaSavo;) 
über  Babel.  In  der  Stadt  selbst  geboten  fortan  königliche  Stait- 
b  all  er.  —  Während  dessen  liatten  die  in  Syrien  Station  irten 
Truppen  den  Jauta'  besiegt  und  der  König  von  Moab  bewältigte 
einen  anderen  Qedreerscheich  Ammuladin.  Auch  d*M-  Purst  der 
fernen  Nabataeer  südöstlich  Yon  Palaestina  (Nabaiti,  hebr.  n^D^X 
bei  dem  Jauta'  Zuflucht  gesucht  hatte,  huldigte  den  Assyrem. 

Eine  Tafel  aus  dem  20.  Jahre  AsRiirbaniiiars  als  König  von  Babel 
(=  ()28  V.  Chr.):  Smith,  Assnrb,  824.  —  Was  unter  datirten  Tafeln  aus 
der  Ue^'ieruni;  des  Kaudalunu  (sie)  zu  veralelien  ist,  die  Fisches,  Proc. 
SBA.  7.  Nov.  1882  erwähnt^  weiss  ich  nicht. 


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552 


Saehitat  Buch,  driticr  Abtehniit. 


§•  459.  Nach  der  NiederwerAing  des  Avfstandes  forderte 
AssttriMLUiiMtl  TOD  Elsm  die  Rflckgabe  der  in  Sfidbabykmien  ge- 
fangenen Assyrer,  die  Nalmbelzikre  mit  eich  fortgefährt  hatte« 
und  die  Auslieferung  des  letzteren.  Darüber  scheinen  längere 

Verhandlungen  geführt  zu  sein,  in  deren  Verbni  iudabigas 
gestürzt  und  ümman'aldn«  auf  den  Thron  eih'il)pn  wurde. 
Neben  ihm  erscheinen  andere  Prätendenten,  wie  ünibagüa  und 
Pa'e.  So  konnte  Assurbanipal  leicht  in  Elam  eindringen.  Die 
Grenzstadt  Bitrimbt  wurde  enriiert  und  Tammarit  nach  Snsa 
zurückgeführt  (um  645).  Doch  als  dieser  Miene  machte,  sidi 
gegen  die  Assyrer  zu  wenden,  wmde  er  gestänt  and  gefengen 
abgefQhrt.  Umman'aldai  gewann  sein  Reich  znrSek,  aber 
7Aim  dritten  Mal  zog  Assurbanipal  gegen  Elani  und  diesmal 
mit  vollem  Erfolg.  Alle  Mauptätadte  des  Landes  wurden  er- 
obert unii  vor  allem  Susa  auf?pf»plündert.  Unter  der  reichen 
Beute  befanden  sich  auch  die  Gelder,  welche  Sanimassumukin 
den  Königen  Elams  für  ihre  Hülfe  gezahlt  hatte,  und  die 
vielen  Beutestücke,  welche  die  früheren  Herrscher  aus  Baby- 
lonien  fortgeführt  hatten,  darunter  das  uralte  von  Kuduman- 
ehundi  aus  Uruk  geraubte  Bild  der  Nan&  (§.  Id5).  Der 
Prätendent  Pa*e  wurde  gefangen,  Umnian'alda§  unterwarf 
sich  vollkommen  und  lieferte  soj?ar  die  Leiche  des  NabuU  lzikri, 
der  sich,  als  er  sich  verloren  sah,  selbst  den  Tod  gegcbeii 
hatte,  zu  weiterer  Verstümmelung  an  Assurbanipal  aus.  Wir 
erfahren  noch,  dass  später  die  Elymaeer  sich  wieder  einmal 
gegen  ihren  König  empörten  und  auch  Umman'aidaä  nach 
Assyrien  flüehten  musste  (firühestens  etwa  640).  Einen  neoen 
Feldzug  aber  gegen  Elam  hat  Assurbanipal  nicht  mdir  unter« 
nommen  (vgl.  §.  466). 

§.  4()0.  So  bestand  das  assyrische  Reich  um  das  Jahr  G  lo 
nocli  im  wpsentlichen  in  dem  Umfanpe  und  der  Machtstellung» 
wie  CS  .Sargüii  begrüiRiet  hatte.  Dass  mit  Armenien  noch 
immer  freundliche  Beziehungen  bestanden,  ist  schon  erwähnt 
(g.  397).  Die  Herrscliafl  übet  Syrien  war  ungeschmälert,  wenn 
auch  Psammetich  ▼ersucht  haben  mag,  hier  einzugreifen.  Die 
neunundzwanzigjftbrige  Belagerung  von  Asdod  durch  den  letz- 


I 


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Assurbanipal*s  spätere  Kriege  gegen  Elam.  553 

teren,  von  der  dem  Herodot  erzählt  wurde  (II,  157),  weist 
auf  derartige  Kämpfe  hin,  und  mag  schon  um  diese  Zeit  be- 
gonnen haben.  Aber  ein  Aufetand  der  Phoenikerst&dte  Akko 
und  U§ü  (DfiUTZscH,  Par.  285)  wurde  niedergeworfen  (um  640), 
und  in  Samaria  und  anderen  Stödten  Syriens  siedelte  Assur- 
ban ipal  nach  der  Bewältigung  Elams  (frühestens  644)  die  aus 
Uruk,  Babel,  Susa  und  anderen  Orten  toi  tirefülirten  Einwohner 
an  (Ezra  4,  9  f.).  Als  der  über  die  Qedreer  gesetzte  Scheich 
Abijate*  sieh  mit  Natnu  von  Nabataea  und  dem  geflüchteten 
Jauta'  in  Verbindung  setzte  und  die  Raubzuge  gegen  Syrien 
erneuerte,  wurden  ihre  Beduinenschaaren  durch  einen  raschen 
Feldzug  zu  Paaren  u'*  ti  itbcii,  ihrtj  lieerden  erbeutet,  Kameele 
ohne  Zahl  nach  Assyrien  gebracht,  die  Führer  des  Auistandes. 
soweit  sie  gefangen  waren,  hingerichtet.  Nur  von  einer 
Wiedenin terwerfung  der  Nahataeer  wird  uns  nichts  berichtet. 

Zu  dtm  anbitchtti  Fddzug  vgl.  Deutzsch,  Parad.  297  ff.  —  Auf 
diese  KSmpfe  beliebt  fieh  das  Orakel  Jes.  21,  18  ff. 

Die  Skytheninvasion  und  das  Vordringen  der  iranier, 

§.  461.  Wenn  wir  den  Sagen  trauen  dürfen,  welche 
zur  Zeit  des  persischen  Reichs  den  griechischen  Forschern 
erzfihlt  wurden,  ist  der  entscheidende  Schlag  gegen  die  as* 
syrische  Herrschaft  von  den  Medern  geführt  worden.  Wirk- 
lich historische  Berichte  über  ihre  Erhebung  besitzen  wir  nir 
gends;  wohl  aber  schimmern  in  der  Erzählung,  die  HerodoL 
gegeben  hat,  die  realen  Grundlagen  überall  noch  durch,  wäh- 
rend Ktesias'  Angaben  mit  allem,  was  wir  sicher  wissen, 
im  schrofl&ten  Widerspruch  stehen. 

Nachdem  die  Assyrcr  520  Jahre  lang  über  das  obere 
Asien  geherrscht  hatten,  so  erzidiJt  Herodot,  fielen  zuerst  von 
allen  Völkern  die  Meder  von  ihnen  ab  und  erfochten  sich  die 
Freiheit.  Sie  lebten  aber  in  Dörfern  (x(i>{i.ai,  d.  i.  Gaue)  zer- 
streut, ohne  staatliche  Ordnung,  und  Raub  und  Zugellosigkeit 
nahmen  überhand,  bis  die  Zustände  ganz  unerträglich  wurden. 
Da  entschlossen  sie  sich,  einen  König  Über  sidi  zu  setzen, 


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554 


S«cbstet  Buch,  dritter  Abschnitt. 


der  ihnen  Recht  sprflche  und  dber  die  Ordnung  im  Lande 

wachte,  und  sie  wühllcn  sicli  einen  gerechten  Mann,  Dejokes, 
den  Sohn  des  Phraortes.  Dieser  baute  sieli  eine  Residenz  in 
Agbatana,  sorgte  für  sti-en^^e  Befolgung  der  Gesetze  und  Be- 
strafung der  Missethäter,  und  umgab  sich  mit  dem  Ceremoniell» 
das  seitdem  der  Person  ehies  Königs  zusteht  Sein  Sohn 
Phraortes  aber  begann  ein  Volk  nach  dem  andern  su  unter- 
werfen, zuerst  und  vor  allem  die  Perser,  bis  er  schliesslich 
im  Kampfe  gegen  die  Assyrer  mit  seinem  Heere  den  Untere 
gang  fand. 

Nach  Herodoi  regierten  die  Mt  ilrrkf^nige,  wenn  wir  den  Fall  des 
AityagM  [8«gen  leine  Angicht,  vgl.  §.  413]  in  550  setzen: 

DigdteB    58  J.  =  699-  647  v.  Chr. 
Phraortes  22  J.  =  646-625 
Kyazaree  40  J.  »  624-685 
Astyages  35  J.  =  584-550 
[Anfang  des  Kyroe  in  Medien  549.] 

Üie  letzten  Zahlen  mögen  lii^luriscb  sein.  Woher  Herodot's  Chronologie 
des  Assyrerreicbs  [die  Qhrigens  immerhin  correcter  ist  als  die  der  SpA* 
teren]  stammt,  braucht  hier  ebenso  wenig  untersucht  su  werden,  wie 
die  Frage,  wie  I,  180  »die  Meder  herrschten  Aber  Asien  oberhalb  des 
Halys  128  Jahre  icdpt§  ^  Soov  el  Sx^doi  ^x^^*  auAsufiissen  ist 

§.  462.  Dass  diese  Sage  einheimisch  ist,  lehrt  am  deui- 
lichfiten  die  echt  orientalische  Anfifossting  des  Königs  als  des 
höchsten  oder  eigentlich  des  einzigen  Richters.  Aber  auch 
die  VerhSItnisse,  welche  sie  abspiegelt,  lassen  sich  selbst  mit 

unserem  diirfti^^en  Material  noch  einigermaassen  erkennen. 
Wir  wissen ,  class  die  Meder  in  zahlreiche  Stämme  ge- 
spalten waren,  dass  vielleiclü  soj^ar  iranisclie  und  nichtarisclie 
Völkerschaften  neben  einander  im  Lande  sassen.  Dass  diese 
sich  fortwährend  befeh  l  ^ffn.  dass  z.  B.  die  46  Häuptlinge, 
welche  dem  Sargon  713  Tribut  zahlten  (g.  374),  oft  genug 
unter  einander  im  Kampfe  gelten  haben  werden,  ist  selbst- 
vmtSndltch.  Die  Heere  der  Assyrer  sind  zuerst  unter  Salma- 
nassar II.,  und  mit  bedeutenderem  Erfolg  unter  Ramannirari  111.  * 
in  Medien  eingedrungen.   Tiglatpileser  II.  und  namentlich  Sar- 


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AnfSBng»  des  medtoehen  Rdchi.  *  555 

gon  haben  dann  die  assyrische  Oberhoheit  über  ganz  Medien 
»bis  zum  Berge  BIknic  aufgerichtet,  der  letztere  den  Westen 

des  Landes  zur  Provinz  gemacht;  Sunlierib  und  As^arhad- 
don  sprechen  von  noch  weiterer  Aiicdelmung  ihrer  Macht 

381.  389).  Indessen  dem  Piciclio  fest  eiu^efü^jl  war  nur 
der  kleinere  Theil  des  Landes,  und  manche  Miseerfolge  mögen 
den  Siegen  der  Assyrer  zur  Seite  gegangen  sein.  Sargon 
erzfttüt,  dass  er  im  Jahre  715  den  Dajaukku  gefangen  abge^ 
führt,  das  nach  ihm  Bit-Dajaukku  genannte  Gebiet  unterworfen 
habe  (§.  374);  die  Sage  nennt  Dejokes  als  den  ersten  König 
von  Medien.  Danach  scheint  es,  dass  das  Geschlecht  des  von 
Sargon  gefangenen  Fürsten  an  der  Spitze  des  Kampfes  ge;:en 
die  Assyrer  5?tand,  dass  seine  Nachkuimnen  es  gewesen  sind, 
welche  im  Befreiungskriege  die  Nation  einten  und  die  kleinen 
Fürsten  zur  Anerkennung  ihres  Köoigthams  zwangen.  Assur- 
banipal  redet  von  Erfolgen  in  Medien  nur  im  Anschluss  an  den 
Hannaeerkrieg  (um  658,  g.  398);.  es  kann  sein,  dass  schon 
zur  Zeit  der  elymaeischen  Kriege  die  Befreiung  Mediens  be* 
gönnen  hatte.  Die  Schwächung  der  grösseren  Staaten,  wie 
Ellip  und  Manna,  durch  die  Assyrer  konnte  die  Erfolge  der 
nationalen  Dynastie  nur  fördern,  indem  ilir  keine  kräftigen 
Rivalen  ent  trügen  treten  konnten.  Phrnortes  (pers.  Fravarlis) 
wird  der  erste  historische  König  Mediens  sein;  sehr  glaublich 
ist,  dass  schon  ein  grosser  Theil  Irans  seine  Oberhoheit  an- 
erkannte, und  nicht  zu  bezweifeln,  dass  er  bei  dnem  Angriff 
auf  die  Assyrer  seinen  Tod  fand  (624?). 

§.  468.  Indessen  die  Heder  sind  es  nicht  allein  gewesen, 
welche  das  Assyrerreich  gestürzt  haben.  Herodol  hat  uns 
die  Kunde  von  einem  Einfalle  skvthischer  Stfniirnc  in  Vorder- 
asien  i)ewa]ut,  der  in  seiner  Art  und  seinen  Wirkungen  den 
Zügen  der  Hunnen  und  Mongolen  analog  gewesen  sein  muss. 
Als  ihren  Führer  nennt  er  Madyas,  den  Sohn  des  Protolhyas; 
28  Jahre  lang  tiätten  sie  über  Asien  geherrscht,  von  Land  zu 
Land  seien  sie  gezogen,  alles  h&tten  sie  verwüstet  und*  miss- 
handelt, ausser  dem  jährlichen  THbut  noch  Beute  davon  ge- 
schleppt, so  viel  sie  erraffen  konnten.  Nach  Herodot's  Hei- 


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556 


SeebsiM  Borb.  driUer  AbschmlL 


Dung  sind  diese  Skythen  Skoloten,  welche  die  kimmerier 
verfolgten  und  dabei  den  rechten  Weg  verfeUteo:  sie  seien 
Mlich  TOTO  KaokasiiB  entlang  gesogen  und  so  xnnAchst  nach 
Medien  gekommen.  Indessen  dies  ist  lediglich  eine  vfillqf  un- 
haltbare Gombination  Herodofs  (g.  452);  seine  Angaben 
weisen  selbst  darauf  bin,  dass  wir  in  ihnen  saicische  Skythen 
zu  sehen  liaben,  die  von  Osten  her  über  Iran  in  die  westlichen 
Ciilturländer  eingefallen  sind.  Vielleiolit  ist  liierfQr  auch  von  Be- 
deuiiirifr,  dass  die  Ternpelsa^e  von  Zela  (in  Kappadokien)  den 
Ursprung  des  mit  dem  persischen  Anaitiscultus,  der  hier  in  spä- 
terer Zeit  einen  Hauptsitz  hatte,  überall  verbundenen  Sakaeen- 
festes  anf  einen  Sieg  zurückführte,  den  pmiscbe  FeEdherren  bei 
Zela  über  die  auf  ihren  Ranbsdgen  bis  hierher  vorgedrungeneo 
Saken  erfochten  hfttten  (Strabo  XI,  8,  4).  Vennnthlich  haben 
sidi  den  Skythen  Theile  der  Kimmerier  anKeschlossen :  daher 
nennen  die  Babylonier  die  Saken  Gimirai  (§.  424).  Temehr 
das  lydische  Reich  erstarkte  und  ihren  Raubzügen  kiaflig' 
entpe^'entrat,  desto  mehr  mussten  sie  nach  Oslen  gedrängt 
werden.  Es  wird  berichtet,  dass  ihr  Fuhrer  Lygdamis  in 
Kilikien  seinen  Untergang  gefanden  habe  (Strabo  l«  3,  21). 
Auf  Bruchstücken  assyrischer  Thontafeln,  die  vielleicht  dieser 
Zeit  angehören,  ist  von  einer  Bedrtogung  der  Assyrer  doreh 
die  Kimmerier,  Meder,  Mannaeer,  und  »KaStarlt  mit  seineii 
Truppen«  die  Rede,  ohne  dass  indessen  der  Zusammenhang 
der  Situation  lieutlich  erkenn l>.ir  ist.  Noch  auffallender  ist 
ef,  dass  i\abün(>dus  den  Astyapes  enien  Kötii^^  der  Sab(rjnianda 
nennt  (I^ioc.  SBA.  7.  Nov.  1882).  Die  Meder  führen  hiei* 
also  denselben  Namen,  mit  dem  Assarbaddon  den  Kimmerier 
TeulpA  bexeicbnet  (§.  453).  Daraus  ergibt  sich  jeden&lls  ein 
naher  Zusammenhang  zwischen  den  Einflllen  der  Kimmerier 
und  Saken  und  der  Erhebung  der  Meder,  die  auch  in  den 
Sagen  bei  Herodot  (namentlich  I,  73,  wonach  eine  skylhischc 
Schaar  im  Dienste  des  Kyaxares  steht)  noch  zu  erkennen  ist. 
Alles  einzelne  bleibt  vollif^  dunkel,  aber  deutlich  tritt  hervor, 
dass  wir  es  liier  mit  einer  gewaltigen  Vulkerbewegung  zu 
thuQ  haben,  deren  Scblussresultat  die  Grundnng  des  medisdien 


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Die  Skytbeainvasion.  557 

Reichs  und  damit,  was  noch  wichtiger  ist,  die  Einführung 
der  Iranier  in  die  Geschichte  and  ihr  Sieg  äher  die  aiten 
Calturvölker  des  Westens  gewesen  ist 

Die  Allen  (Strabo  1,  3,  21,  Justin.  II,  3—5.  wo  der  Skytheneinfall 
unter  Sesoosi.s  dem  späteren  nachgebildet  und  die  r,pcrhichte  des  letz- 
teren ausgefallen  ist)  wissen  von  dem  Skytheneinfall  nur  aus  Herod.  l, 
103  Cf.  IV,  1.  Auch  Eusebius  a.  Abr.  1384  (633  v.  Chr.)  Scylhae  usque  ad 
Palaestinam  peuetraverunl  (vj»l.  Synk.  p.  405)  hat  wohl  keinen  selb- 
ständigen \\  »  rth.  —  Die  erwähnten  nssynsohen  Thontafehi  sind  bisher 
nur  Iheil weise  in  Transcription  von  Savce,  Bab.  Lit.  79  [vgl.  Boscawen, 
TrSBA.  VI.  21  f.  ScHUAr.Kn,  KGF.  519  f.]  publicirt  und  ihre  chrono- 
logische Ansetzunp  ist  ebenso  wenif»  sicher  wie  ihre  Ucbersetzung.  In 
welchem  Zusammenhang  auf  ihnen  einmal  König  Assarbaudun  genannt 
wird,  iat  ganz  unklar.  —  Herodot  datirt  die  28  Jahre  der  Skythenherr- 
schaft ofTenbar  fälschlich  von  ihrem  Siege  über  Kyaxares.  Letzterer 
moss  viel  später  fallen  als  ihr  Einbruch  in  Vorderasien. 

§.  464.  Herodot  berichtet,  die  Skythen  seien  auch  nach 

Syrien  gezogen  und  liälten  den  Tempel  der  Aplirodite  in  As- 
kalun  geplündert:  einen  Einbruch  in  Aegypten  hübe  Psam- 
metich  durch  Geschenke  und  Bitten  abgewandt  (I,  105).  Auch 
die  bebraeische  Literatur  hat  Andeutungen  der  Invasion  be- 
walirt  Unter  der  Regierung  des  Königs  Josia  und  jedenfalts 
vor  der  Reform  von  621  verkfindete  der  Prophet  Sephanja 
ein  grosses  Strafgericht  JahNN  c's,  das  über  Juda,  die  Pliilister, 
Moab  und  'Amnion,  aber  auch  üi)er  Kusch  und  Assur  herein- 
bricht und  Ninive's  Zerstörung  herbeiführen  wird.  Um  dieselbe 
Zeit,  im  Jahre  026  v.  Chr.,  redet  Jeremia  (c.  3—6,  vgl.  1,  14) 
von  dem  »Uebel  und  schweren  Verderben«,  das  Jahwe  vom 
Norden  über  Juda  hert)eiffihrt.  Wie  ein  Löwe  aus  dem 
Dickicht,  so  bricht  die  völkervernichtende  Masse  aus  weiter 
Feme  vom  äussersten  Norden  hervor,  um  alles  zu  morden 
•  und  zu  verwüsten,  ein  Volk  von  Keilern  und  Bogenschützen, 
dessen  Sprache  Niemand  versteht.  Als  £zecliiei  im  Jahre  585 
eine  Schilderung  der  grossen  Weltkatastrophe  entwarf,  welche 
die  Aufrichtung  des  Jahwereichs  herbeiführen  sollte,  ver- 
landete er,  dass  »Gog,  der  Oberfürst  von  Mesek  und  Tubal«, 
d.  h,  der  Mosclier  und  Tibarener,  mit  seinen  Reiterschaaren 


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558 


Sechstes  Buch,  dritter  AbeehiUlt 


YOD  Norden  hereinbrechen,  alles  ansplündeiii  und  dann  won 
Jahwe  Teraichtet  werden  wärde  (c.  38.  39).  OfSoibar  ist 
dies  ZnbinflsbUd  nach  dem  Vorbilde  der  grossen  Skythen- 

invasion  enlworfon  ;  wir  dürfen  daher  sdiliessen,  dass  auch 
die  Stämme  des  östlichen  Kleinasiens  an  derselben  hctheilig-t 
waren.  Dem  entspricht  e?,  dass  er  bei  einer  SchiltiLTUiifr  der 
in  der  Unlerweit  versammolten  KriegSYÖiker  auch  Mesek  und 
Tubai  nennt,  die  »ein  Schrecken  waren  im  Lande  der  Leben- 
den« (32,  26  f.). 

Daas  der  Rsme  Gog  dem  des  Gyges  entlehnt  ist,  ist  mir  ksom  sweifel- 
haft:  genaue  historische  Kenntnisse  sind  von  Eaeefaiel  nicht  so  veriangeii. 
$9,6  [daher  Gen.  10,  2]  nennt  er  sein  Land  Magog  mit  neu  gebildetem 
Kamen.  Dagegen  ist  88,  2  aliiDH  p(<  interpdirt,  &  88,  a  89,  1. 

§.  4*>5.  Wie  Syrien  von  den  SkyÜien  ixjfreit  worden 
ist,  wissen  wir  nicht.  Im  allgemeinen  wird  die  InTasion 
ähnhch  verlaufen  sein  wie  alle  gleichartigen,  wie  auch  der 
Einbruch  der  Nordvölker  in  Syrien  im  zwdttten  Jahrhundert. 
Herodot  era&hlt,  Kyaxareg,  der  Sohn  des  Phraortes,  sei  aus- 
gezogen, den  Tod  seines  Vaters  zu  rfiehen,  und  habe  die  Assyrer 
besiegt  und  Ninive  belagert;  da  seien  die  Skythen  gegen  ihn 
heran guzop'en  und  liällon  die  Medcr  geschlagen.  Wie  sich 
dieser  Vorgang  in  die  sonstige  Geschichte  der  Zeit  einreiht, 
ist  nicht  zu  bestimmen.  Uebcr  den  Untergang  der  Skythen 
gab  es  eine  Sage,  Kyaxares  und  die  Meder  hätten  dieselben 
zu  einem  Gastmahle  geladen  und  im  Bausche  niedergemetzelt 
(Her.  I,  106),  eine  Sage,  die  unwillkdrlich  an  das  Nibehmgen- 
Ued  erinnert,  Jeden&Us  sind  die  Eigebnisse  d^  Inmion  In 
erater  Linie  den  Bfedem  zu  Gute  gekommen.  Nicht  nur  war 
das  Assyrurreich  auf  das  stärkste  geschädigt  — wenngleich 
es  pcheint,  dass  die  festgewurzelte  Herrschaft  der  Assyrer 
über  Syrien  auch  diese  Krisis  im  wesentlichen  überdauert  hat 
(§.  475)  — ,  am  ganzen  Nordrande  desselben  haben  sich  die 
einschneidendsten  Veränderungen  vollzogen.  Wie  wir  wieder 
einen  Einblick  in  die  Verhältnisse  dieser  Gebiete  erhalten,  ist 
das  mächtig  Reich  Urartu  verschwunden,  die  Moscher  und 
Tibarener  sind  an  die  KOsten  des  Pontos  zurOekgedrtogt 


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Skytheii  and  Heder.  Die  Pener  in  Elam. 


650 


An  ihrer  Stelle  tritt  uns  jetzt  zuerst  der  Name  der  Kappa- 
doker  entgegen  (§§.  245.  249).  Die  Alarodier  sind  zwar  noch 
nicht  verschwunden,  aber  neben  ihnen  treffen  wir  am  oberen 
Enphrat  und  bis  zu  den  Tigrisquellen  die  Annenier  (§.  248). 
Ob  das  Auftreten  dieser  indogernianischen  Völker  in  liii  sen 
Gebieten  mit  der  grossen  Wanderung  irgendwie  zusammen- 
Jiängt,  wissen  wir  nicht;  so  viel  aber  ist  klar,  dass  durch 
dieselbe  die  alten  Grenzen  v511ig  Terwischt  und  die  alten  Na- 
men  Terdrib)gt  sind.  Zu  Anfang  des  sechsten  Jahrhunderts 
sind  ganz  Armenien  und  Kappadokien  bis  zum  Halys  den 
Medern  unterworfen,  und  im  Süden  haben  sich  die  Kiliker 
mächtig  ausf^edehnl.  Ihren  Herrschern,  die  den  Titel  (?) 
Syennesis  führen,  frehorcht  nicht  nur  das  Land  Qui,  das  seit- 
dem als  »ebenes  Kilikien«  bezeichnete  Gebiet,  sondern  auch 
die  Hochebene  vom  Tauros  bis  an  und  über  den  Halys,  die 
Landschaften  Kataonien  und  Melitene. 

Auadetanang  KUikieae:  Her.  I,  72,  V,  52;  daher  die  Landschaft 
KcXtxU  am  Argaeoe.  VieUeicht  hat  rieh  eine  Spur  des  Sakeneinbraclie  in 
Annenien  in  dem  Namen  der  Landsehafi  Sakasene  (Strabo  XI,  8»  4»  rkhtiger 
Sisaltan,  a.  Laoabdb,  Ges.  Abh.  165)  im  nordOetlieben  Annenien  erhalten. 

§.  466.  Es  erscheint  iiiiht  undenkbar,  dass  mit  der 
grossen  Völkerwanderung  die  Festsetzung  der  Iranier  im  west- 
lichen Iran  überhaupt  erst  zum  Abschluss  gekommen  ist; 
doch  wissen  wir  darüber  nichts.  Dagegen  lässt  sich  nach- 
weisen, dass  im  Anscbluss  an  dieselbe  auch  die  Perser  weiter 
nach  Westen  vorgedrungen  sind.  Das  Reich  von  Elam  war^ 
wie  die  fortwfihrenden  Thronwechsel  lehren,  schon  wfthrend 
der  Assyrerkriege  in  sich  zerfollen,  und  dass*  es  naeh  dem  ent- 
scheidenden Siege  Assuri)anipars  nicht  zu  neuer  Kniiii^nmpr  ge- 
langt ist  ,  lehrt  die  Verjagung  des  Umman'aldas  (§.  459).  Nun 
wird  niclit  nur  Kyros  von  Nabonedos  König  von  Anzan  (Susiana) 
genannt,  auch  er  selbst  n^nt  seine  drei  Vorfahren  (Teispes, 
Kyros  I.  und  Kambyses  I.)  auf  einem  babylonischen  Cylinder 
Könige  von  AnSan  (vgl.  g.  896).  Dass  das  Königsgeschlecht  der 
Achaemeniden  persischen  Ursprungs  war  und  dem  Stamm 
der  Pasargaden  (Her.  I,  125)  angehörte,  steht  völlig  fest;  der 


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560 


Seeltflt«  Bueh,  dritter  Abwhoitt. 


Titel  eiUftrt  steh  nur,  weon  dtese)ben  bereits  Sustana  uoter- 
worfen  hatten  und  daher  von  den  BabytoDtem  Ihr  Reieh  nach 
diesem  Lande  benannt  wurde.  So  begreift  es  sich  anch,  dass 

die  Perserkönige  ilire  Inschriflen  in  persischer  und  susisciier 
(elymaeischer)  Sprache  verfassen  und  dass  Susa  durchweg  als 
die  eisrentüche  Residenz  der  Perserköni^e  erscheint,  wälirend 
Persepolis  die  alte  und  als  solche  immer  hochgeehrte  Hauptstadt 
des  Volkes  war.  Susa  war  der  Mittelpunkt  eines  alten  Gul- 
turstaates,  und,  wie  Assnrbanipai's  Bericht  über  seine  Erobe* 
rung  erkennen  Itot^  reich  an  Bauten  und  Sch&tzen ;  dass  die 
PerserkAnige  den  Aufenthalt  in  demselben  dem  in  ihrer  un- 
cultivirten  Heimath  vorzogen,  ist  begreiflich  genug.  Ueber- 
liau|tl  wird  I'ersien  erst  durch  die  Eroheruiig  Elams  zu  fester 
staatlicher  Ori.>^Hnisation  gelangt  sein.  Tcispes  (pers.  Tsai^pis) 
ist  entweder  der  Begründer  der  Dynastie  oder  der  erste 
Herrscher,  von  dem  sich  eine  historische  Erinnerung  bewahrt 
hat;  ihm  wird  in  den  Stamm bfiunien  (Beb.  l,  2,  Her.  VU,  11) 
Achaemenes  (pers.  Hakb&mantö),  der  Eponymos  des  Ge- 
schlechts, unmittelbar  vorangesetzt.  Gegen  Ende  des  siebenten 
Jahrhunderts  wird  mithin  die  Eroberung  Susiana's  durch  die 
Perser  begonnen  haben.  Wir  besitzen  für  dieselbe  noch  directe 
Zeugnisse.  Im  Jahre  590  v.  Chr.  verkündet  Jeremia  das 
Hereinbrechen  völliger  Verniclitung  über  Klam  (49,  .34  tf.), 
während  er  im  Jahre  604  noch  einen  König  von  Elam  er- 
wähnt (25,  25);  im  Jahre  584  redet  Ezechiel  von  Elam  als 
von  einem  untergegangenen  Volke,  dess^  Erschlagme  wie  die 
Ton  Assur  und  yon  Hedek  und  Tnbal  in  der  Unterwelt  weilen 
(32,  24  IT.).  Es  ist  klar,  dass  beide  Stellen  sieh  nidit,  wie  man 
wohl  gemeint  hat,  auf  die  Siege  AssurbanipaPs,  die  ja  weit 
frülier  fallen  und  überdies  das  Bestehen  des  elamitischen  Reiches 
ni(4il  ;(!i[;i>teten.  sondern  nur  aul  eine  Vernichtung  der  Nation 
bL/jelieii  küniirii,  iie  nur  durch  die  Perser  iieLbeigelülirt  sein 
kann  und  vermuthUch  im  Jahre  596  vollendet  wurde. 

Wenn  Darios  Bagl,  seht  seiner  Vorsänger  seien  in  zwei  Linien  Könife 
^weeen,  er  selbst  sd  der  neonte,  so  bat  er  den  Aebaemenes  niebi  ab 
XOiHg  betrachtet 


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Pmmmetich'B  Erbebang. 


561 


IV.  Die  Restauration  in  Aegypten  und  Juda 

und  der  Untergang  Assyriens. 

Aegypten  unter  Psammelich  und  «einen  Nachfolgern. 

§.  4(37.  Als  Assurbanipal  die  aegyptischen  Kleinfürslen 
wieder  unterwarf,  hat  or  keinen  in  höhcrem  Maasse  begünstigt 
r!s  NechoT.  von  Sais.  Derselbe  war  dann  im  Kaniple  gegen  Ta- 
nüt-amon  umgekommen  (§.  392),  sein  Sohn  Psarametich  (aeg. 
Psamiikf  vermuthlich  derselbe,  den  die  A?:syror  NabuSezib'anni 
oenneo:  §.  390)  hatte  bei  den  Assyrem  Schutz  gefunden  und  war 
durch  sie  in  seine  Herrschaft  zorückgefübrt  worden  (668;  Her. 
n,  152).  Sobald  die  V^h&ltnisse  es  gestatteten,  schüttelte 
er,  wie  früher  sein  Vater,  das  assyrische  Joeh  ab.  Zugleich  nahm 
er  das  schon  von  Tefnacht,  seinem  Vurg.iiiger  und  lauLhmaass- 
lichen  Ahnhern,  begonnone  Weik  wieder  auf,  die  Theilfürsten  zu 
unterdrücken  und  Aegypten  zu  einigen.  König  Gyges  von  Lydien 
sandte  ihm  Hülfsiruppen  (§.  455):  es  sind  die  karischen  und  ioni- 
schen Schaaren,  welche  nach  Herodot's  Bericht  eines  Tages 
in  Aegypten  landeten  und  yon  Psammetich  zum  Kampfe  gegen 
seine  Riyalen  angeworben  wurden.  Bald  werden  den  ersten 
S5ldnem  weitere  gefolgt  sein;  sie  bildeten  den  Kern  der  Streit- 
macht des  Königs.  Wie  die  Kämpfe  im  einzelnen  verlaufen 
sind,  wissen  wir  nicht,  namentlich  von  den  Kämpfen  mit  den 
Assyrcrn  haben  wir  gar  keine  Kunde;  um  das  Jahr  ('>4r)  etwa 
war  das  Ziel  erreicht,  Aegypten  befreit  und  geeinigt.  Zur 
Sicherstellung  seiner  Herrschaft  vermählte  der  König  sich  mit 
äepenapet,  der  Tochter  der  Königin  Amenerdas  (§.  35d).  Die 
Hauptgegner  des  neuen  Herrschers  waren  zweifellos  die  als 
Eriegerkaste  organisirten  Söldner,  die  Ma  (;i.a/Lij.oi),  die  auch 
unter  aethiopischer  und  assyrischer  Oberhoheit  das  Land  aus- 
gebeutet hatten.  Herodot  berichtet,  240,000  Krieger,  »die  zur 
Linken  (aeg.  semhi  'Aojtdx)  des  Königs  standen«,  seien  unter 
Psammetich  nach  Aethiopien  ausgewandert,  weil  sie  drei  Jahre 
lang  in  ihren  Garnisonen  nicht  abgelöst  wurden;  der  ihnen 


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502 


8eehites  Buch,  ?iertor  Abiehnitt 


nacheilende  König  habe  sie  zur  Umlcehr  nicht  bewegen  können 
(n,  30).  So  gewiss  die  Erzählung  im  einzelnen,  namentlich  die 
ungeheure  Zahl,  sagenhaft  ist,  so  klar  fügt  sich  die  Thatsache 

selbst  in  die  Ges(  hiclito  der  Zeit  ein,  dass  ein  bedeutender  Theil 
der  Kriegerkaste,  der  sich  den  neuen  VorliülLuissen  nicht  fügen 
wollte,  das  Land  räumte  und  von  dem  König  von  Napata  au^ 
genommen  und  im  olieren  Nilthal  angesiedelt  wurde. 

Das  lUt«rial  bei  WiiDBMAim,  Geteb.  Aey.  von  PiamnMtich  t  bis 
auf  Aleiandsr,  1880.  —  Die  Zustlnds  bsi  PsammetieVs  Erhebung  schil- 
dert die  Tradition  bei  Herodot,  welche  die  asejrisebe  Erobemag  Qbcr» 
gebt,  in  der  Erslblang  von  der  Dodekarchie.  Diodor  I,  66—68  ist 
[indirect]  durchweg  ausscbliesslicb  von  Herodot  abhängig,  dessen 
Angaben  nacb  den  Anscbaonngen  der  späteren  Zeit  aberarbeitet  sind. 

§.  468.  Es  ist  schon  erwähnt  worden,  dass  Psammetich, 
um  sich  gegen  erneute  Invasionen  der  Assyrer  zu  schützen, 
auch  nach  Asien  hinübergriÖ'.  Wie  A'ahnies  nach  der  Ver- 
treibung der  Hyksos  Sarliana  in  Palaestina  besetzte  (§.  214), 
80  soll  Psammetich  29  Jahre  lang  gegen  Asdod  zu  Felde 
gezogen  sein,  bis  er  die  Stadt  eroberte  (g.  460).  Nacb 
Süden  scheint  sich  seine  Macht  nicht  über  den  ersten  Kala* 
ralct  hinaus  erstreckt  zu  haben.  Erst  sein  Enicel  Psamme- 
tich II.  (Her,  ^4it(j.tc,  594—589)  ist  gegen  Aelhiopien  zu 
Felde  gezogen  (Her.  II,  IGl).  Seiner  Zeit  werden  wahrschein- 
licli  die  Inschriften  angehören,  welche  griechische,  karische 
und  phoenikisclic  Söldner  in  ihren  Muttersprachen  an  den 
Kolossen  des  Tempels  von  Abusimbel  eingekratzt  haben.  Auf 
die  Dauer  scheint  indessen  das  südliche  Nubien  nicht  Iwhauptet 
zu  sein.  Die  drei  starken  Grenzfestungen  von  Elepbantine 
im  Süden,  Daphne  im  Osten  und  Marea  im  Westen  (Her. 
II,  30)  bezeiclinelen  im  wesentiiclien  auch  die  Grenzen  der 
aegyptischen  Macht. 

In  Folge  der  Eroberung  von  Asdod  redet  Jerero.  25,  20  (604  t.  Chr.) 
vom  »Rest  vcm  AModc.  Inschriften  von  Abosimbel :  Lepsius,  D.  VI.,  981. 
ROüL,  loser,  gr.  antiquiss.  Nr.  482.   Blass,  Hermes  XIII,  381.   Zu  den 

phoenikischen  Inschriften  HaliSvy,  MeJ.  d'4pigr.  et  d'arch^ol.  s^mil.  89  ff. 
Wiepemann's  Gonsirnrtionen  Rhein.  Mus.  XXXV,  3(i4  ff.  sind  nicht  haltbar» 
vgl.  §.  497  und  Khall,  Wiener  Studien  1882,  164 


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563 


§.  469.  Der  neue  Staat,  durch  den  eo  nach  etwa  zwei- 
hundertjähriger  Anarchie  noch  einmal  das  Reich  der  Pha- 
raonen wiederhergestellt  wurde,  war  nur  sehr  theilweise  ein 
nationaler.   Die  Dynastie  selbst  war,  wie  die  Namen  lehren, 

nicht  acgyptischcn  Ursprungs,  sundcrn  aller  Walirscheinlich- 
keit  nach  libysch.  Die  Mann?chaften ,  welche  die  Fürsten 
von  Sais  hatten  aufbieten  küiiueri,  sind  zweifelsohne  grössten- 
theils  Libyer  gewesen;  und  die  eigentliche  Entscheidung  ver^ 
dankten  sie  Söldnern,  die  über  das  Meer  herbeigekommen 
waren.  Auch  in  der  Folgezeit  l>lielien  die  Jonier  und  Earer, 
welche  in  den  »Lagern  c  zwischen  Bubastis  und  Pelusion  an 
der  am  meisten  gefährdeten  Ostgrenze  des  Landes  angesiedelt 
wurden  (Her.  II,  154),  die  Hauptstütze  des  Thrones;  unter  * 
Apries  war  ihre  Zahl  auf  30,000  Mann  gewachsen  (Her.  II,  lü3). 
So  haben  die  Küni^^e  von  Anfang  an  eine  viel  freiere,  schon 
sehr  der  der  Ptoiemaeer  gleichende  Stellung,  die  sie  weit  über 
ihre  Vorgänger  erhebt.  Offenbar  mit  voller  Absicht  behalten 
sie  Sais  als  Residenz,  wenn  gleich  Memphis  als  älteste 
liandeshauptstadl  hoch  gedurt  und  gelegentlich  auch  in  dem 
▼erfallenen  Theben  gebaut  wird.  Hit  vollem  Bewusstsein 
verfolgen  sie  eine  umfassende  Handelspolitik.  Psammetich's 
Sohn  Necho  II.  (609 — 595)  beginnt  den  Bau  eines  Kanals 
vom  Nil  Zinn  rothen  Meer  (Her.  II,  158),  er  schickt  eine  })hoe- 
nikische  Flotte  aus,  um  Afrika  zu  umschiffen,  die  im  dritten 
Jahre  nach  ihrer  Abfahrt  von  Suez  ins  Mittelmeer  zurück- 
kehrte (Her.  IV,  42).  Auf  dem  arabischen  wie  auf  dem 
Mittelmeere  wird  eine  Kriegsflotte  von  Trieren  gehalten  (Her. 
U,  159).  Mit  den  Griechen,  die  in  früheren  Zeiten  nur  als 
Seerftnber  oder  durch  den  Sturm  versehlagen  nach  Aegypten 
kamen,  jetzt  aber  bereits  alle  Kfisten  des  MIttdroeeres  in  den 
Bereich  ilircs  Handels  zu  ziehen  suchen  (§.  406  f.),  werden 
rege  Beziehungen  angeknüpft;  aus  dem  Verkelir  mit  ihnen 
entsteht  die  zahlreiche  Kaste  der  Dolmetscher.  Nerbo  II. 
schickt  Weihgeschenke  nach  Branchidae,  zu  seinem  Sohne 
Psammetich  iL  kommt  eine  Gesandtschaft  aus  Elis  (Her.  II, 
159  f.),  die  aegyptiseben  Gottheiten  (Epaphos,  Isis)  beginnen 


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564 


Sechstes  Bueb,  vierter  AbeehiiiU. 


den  Griechen  l>ekannt  zu  werden.  Allerdings  während  mit 
den  in  Cultur  und  Sitten  den  Aegyptern  weit  näher  stehenden 
Asiaten  seit  Jahrtausenden  ein  reger  Verk^r  und  gegenseitqpe 
Beeinflussung  herrschte,  bleiben  die  ganz  anders  gearteten 
und  dabei  unendlich  regen  und  unternehmungslustigen  Hel- 
lenen den  Aegyptern  fremdartig  und  verdächtig.  Man  be- 
gegnet ihnen  mit  Misstrauen  und  legt  ihnen  Beschränkungen 
auf.  Erst  Amasis  hat  ihnen  in  Naukratis  unterhalb  von  Sais 
einen  Ort  angewiesen,  wo  sie  Grund  und  Boden  erwerben  und 
sich  selljständig  als  Gemeinde  organisiren  konnten,  während 
es  dem  griechischen  Kauffahrer  verboten  blieb,  in  einen  der 
anderen  Nilarme  elnsulaufen  (Her.  II,  178  f.)* 

Es  hfflrtif  uohi  kaum  der  Bemerkung,  dass  die  auf  Her.  II,  154 
lipmliende  Ansih;iiniiig,  Aegypten  sei  er«t  durch  I's^amniPtich  den 
Fremden  ^e^lTiiet  wordea,  grundfalsch  lat;  nur  für  die  Griechen  bat 
sie  ihre  Hicti,tigkeit. 

§.  470.  Nach  innen  trägt  die  Zeit  der  26.  Dynastie  in 
jeder  Richtung  das  Gepräge  der  Restauration.  Man  ist  am 
Ende  einer  gewaltigen  Krise  angelangt  und  sucht  nun  die 
Zuf^tände  so  wieder  herzustellen,  wie  sie  den  herrschenden 
Anschauungen  der  Zeit  gemäss  vor  Alters  gewesen  waren« 
d.  h.  das  abstraete  Ideal  durchzuführen.  Daher  schliessen 
-  sich  die  Aegypter  mehr  noch  als  früher  gegen  alles  Fremde 
ab,  beaditen  mit  peinlicher  Genauigkeit  die  Reinheitsgesetze; 
der  Gott  des  Auslandes  und  der  feindlichen  Mächte,  der  bis- 
^  her  eifrig  verelirte  Set,  wird  aus  dem  Pantheon  aus^estossen, 
sein  Name  und  Ijildiiiss  über;i)l  austremerzt:  aueti  die  früher 
von  den  syrischen  Nachbarn  angenommenen  Gottheiten,  wie 
■  Astarte  und  'Anat,  verschwinden  fast  völlig.  In  der  Religion 
greift  man  zu  den  ältesten  Mustern  zurück:  die  Todtenformeln 
der  Pyramidengrfiber  leben  wieder  auf,  der  GuH  der  uralten 
Könige  yon  Memphis,  des  Snefru,  Chufli,  Sahura^  wird  wieder 
eifrig  betrieben.  Die  Kunst  dieser  Zeit  ist  durchaus  archai* 
sirend  und  erlebt  noch  einmal  eine  Periode  der  Nachblütlie, 
die  sich  durch  Zierlichkeit  und  Sauberkeit  der  Formen  aus- 


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Die  ResUuratioQ  in  AegypUo. 


565 


zeichnet,  aber  natürlich  aller  Originalität  entbehrt.  Sugar  in 
der  Schrift  bemuht  man  sichi  so  weit  es  möglich  ist,  die 
ältesten  Musttf  nachzuahmen«  Natürlich  gelangt  man  auf 
diese  Weise-  nicht  su  der  wenigstens  relativen  Schlichtheit  und 
Natürlichkeit  der  ältesten  Zeit  zurück;  das  Etbe  dar  Jahr- 
tausende langen  Entwickelung,  das  unendliche  Zauber-  und 
Formelwesen  mit  seiner  langweiligen  Systematik  und  seinen 
abgestorbenen  Phrasen  wird  sorgfältipr  gehegt  und  immer 
weiter  f,'cliil(let.  Wenn  nach  griecliiüthen  Berichten  die  Ae- 
gypter  glaubten,  die  Seele  des  Mensehen  wandere  nach  dem 
Tode  in  ein  anderes  Wesen,  nnd  wenn  sie  alle  Thiere  des 
Landes,  tles  Meeres  nnd  der  Luft  durchwandert  habe,  kehre 
sie  nach  8000  Jahren  in  einen  menschlichen  Körper  zurück 
(Her.  n,  123),  so  mag  diese  Lehre,  die  sich  in  den  uns  er- 
haltenen Schriften  nirgends  findet,  in  dieser  Epoche  aus  den 
Anschauungen  von  den  Zuständen  nach  dem  Tode  und  der 
Wesenseinheit  alles  Lebens  herausgebildet  sein.  Das  Aegypten,  ' 
welches  die  Griechen  kennen  lernten,  war  eine  wohl  couservirle 
und  gepflegte  Mumie  aus  uralter  Zeit,  und  vermochte  ihnen  wohl 
durch  seine  Seltsamkeit  und  sein  Alter  zu  imponiren  und 
gelegentlich  in  Einzelheiten  Anregung  zu  geben,  war  aber  nicht 
mehr  im  Stande,  selbst  zu  neuem  Leben  zu  erwachen. 

Wenn  Diodor  I,  92  von  tin..m  wirklichen  Todlengericht  aut  lea 
spricht  (Herodot  It,  85  f.  weiss  davon  nichU),  so  mag  dasselbe  wenig- 
stens in  der  Theorie  in  dieser  späteren  Zeit  gefordert  sein,  falls  nicht 
die  Angabe  «in  dnlbebes  MkMTCMtändnisB  des  Gteriebtt  tor  Orifis  und 
seinen  42  Beisitaem  in  der  Unterwelt      116)  ist. 

§.  47L  Auf  socialem  Gebiete  scheint,  wenn  wir  den  An- 
gaben der  Griechen  glauben  dürfen,  die  Sonderung  der  St&nde 
VoUkommen  durchgeführt  zu  sein.  Die  Priesterschaft  hat  sieh 
kastenartig  abgeschlossen  und  vererbt  ihre  Würde ;  neben  ihr 
steht  der  rollkommen  geschlossene  Xrfegerstand,  der  aus  den 
Nachkommen  der  Ma  l^csteht  und  in  liie  Kalasirier  und  Her- 
inotybier  zerfallt  (Her.  II,  165  ff.),  Priester  wie  ivrieger  sind 
steuerfrei  und  im  Besitz  eines  grossen  Theiles  des  Acicerlandos, 
das  sie  gegen  eine  feste  Summe  an  die  Bauern  verpachten 


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566 


Sechstes  Bach,  vierier  Abschnitt. 


(Diod.  I,  74);  der  übrige  Theil  des  Bodens  ist  königliche  Do- 
mäne (vgl.  §.  50).  Tief  unter  den  beiden  privile^irten  Ständen 
steht  die  Masse  des  Volks,  die  Ackerbauer  und  Gewerbt  rei- 
benden,  die  Kaufleute,  endlich  die  Hirtenstänime  des  Delta 
(Gen.  46»  84,  vgl.  48  ,  82),  die  vermuUüieh  semitiacher  Ab- 
stammung sind,  nnd  die  vom  Fischfang  lebenden  Bewohner 
der  Sümpfe  des  Delta  (Her.  92,  vgl.  37,  Lracfar.  des 
Pfanchi  151),  die  beide  im  übrigen  Ae^pten  als  tmrein  an- 
gesehen werden.  In  der  Theorie  mag  aueii  hier  der  Grundsatz 
aufg(>3telit  worden  sein,  dass  jeder  Stand  eine  geschlossene  Kaste 
bilden  solle;  dass  er  praktisch  nicht  durchgeführt  war,  lelirt 
schon  die  Angabe  Herodot's  II,  47,  dass  die  Schweinehirten, 
als  gans  unrein  nur  unter  sich  heiratheten.  Mithin  waren 
den  anderen  Stftnden  Zwiscfaenhebathen  gestattet 

Die  Zahlen  der  Kriegor  Her,  U,  165  f.  (100,000  +  250,000)  müssen 
arg  übertrieben  sein. 

Das  Gesetzbuch  von  Juda. 

§.  472.  Seit  der  Belagerung  Jerusalems  durch  Snnherib 
im  Jahre  701  war  das  Reich  Juda  definitiv  in  die  Reiiie  der 
assyrischen  Vasallenstaaten  eingetreten.  Etwa  70  Jahre  lang 
schickten  seine  Könige  alljährlich  ihren  Tribut  nach  Ninive, 
ohne  dass  dn  Versuch  der  Auflehnung  gemacht  wurde.  IB^ 
war  eine  Zeit  äusseren  Friedens,  die  dem  materiellen  Wohl* 
stände  des  Landes  nur  förderlich  sein  konnte;  trugen  dodi 
die  Assyrerkönige,  wie  Assarhaddon's  und  Assurbanipal's 
Aiabeikritge  beweisen,  energisch  Sor^'e  für  die  A u frech (erhal- 
tung  der  Ordnung  und  die  Siclierhcit  der  Handelsstrassen. 
Indessen  es  fehlte  doch  dem  Staate  eine  feste,  in  sich  selbst 
ruhende  Grundlage;  jeder  Umschwung  der  politischen  Verbält- 
nisse, ja  die  Laune  des  Grossfürsten,  konnte  ihm  den  Untergang 
bringen.  Wenn  daher  auch  das  Verderben,  welches  Jesaia  ver* 
kündet  hatte,  nicht  in  seinem  ganzen  Umfang  hereingebrochen 
war,  ist  es  doch  vollkommen  begreiflich,  dass  die  friSher  ent- 
wickelten Gegensätze  in  voller  Schärfe  bestehen  blieben  und 


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Jiida  unter  Uiskia  und  Manasse. 


567 


auch  die  weitere  Entwickelung  beherrschten.  König  Hiskia 
(714 — 686?)  war  ein  eifriger  Anhänger-  der  jabwistisch-pro- 
phetischen  Partei,  wie  er  denn  im  Vertrauen  auf  das  Wort 
des  Jesaia  den  Assyrern  getrotzt  hatte  und  wider  alles  Er* 
warten  der  Vernichtung  entgangen  war.  Auch  Reformen  im 
Cultus  werden  von  ihm  berichtet;  narnentlicli  habe  er  die  im 
Tempel  als  Krankheiten  heilend  verehrte  eherne  Schlange 
Nechuslan  beseitigt  (Reg.  II,  18,  4).  Sein  junger  Sohn  Ma- 
nasse (nCÜD*  assyr.  Vasalienlisten  Minasi,  reg.  685(?) 
bis  641)  dagegen  ergab  sich  ganz  der  reformfeindlicben  Rich- 
tnng,  wie  sie  §.  364  charakterisirt  ist.  Er  diente  »dem  Bs^al 
und  dem  ganzen  Himmelsheer«,  erbaute  fremden  (jöttern 
Altäre  im  Jahwetempel  und  opferte  seinen  Sohn  im  Feuer 
wie  früher  Achaz.  Auch  viel  unsciiuldiges  iJlut  soll  er  ver- 
gossen haben.  Aehnliche?;  wird  von  seinem  Sohne  Amon 
(640 — 639)  berichtet,  der  schon  nach  zweijähriger  Regierung 
von  seinen  Knechten  erschlagen  wurde,  »Da  erschlug  das 
Volk  alle  Verschwörer  und  erhob  seinen  achtjährigen  Sohn 
Josia  (Josijahu)  mm  König.«  Seine  Regierung  (638—608) 
ist  für  alle  weitere  Entwickelung  entscheidend  geworden. 

Unter  fliskia  ist  der  grosse  unterirdische  Kanal  anfrolopt  worden, 
welcher  das  Wasser  der  Marieiiquelle  (Gihunj  in  die  Stadl  [zum  Siluah- 
teicb]  fQlirt  Die  leider  nicht  datirte  Inschrift  im  Inneren  des  Tunnels, 
welche  die  VoIl«aduDg  des  Werkes  feiert,  ist  im  Jahre  1880  gefunden 
wordeo.  S.  vor  allem  Qothe,  die  Siloahiasebrift,  ZDM.  XXXVI,  746  ff. 
and  Aasgrahungen  bei  Jerusalem  288  ff*  —  Die  Angabe,  dass  Hiskia 
«neb  die  Hflhen  abgescbafft  habe  (Reg.  IL  18, 4»  22. 21,  8),  ist  vabrsebein* 
Beb  unhisloriseb.  —  Chronologie.  Durch  die  Doppeldaten  namenüieb 
bei  Jeremia  steht  die  Chronologie  der  lettten  Könige  völlig  fest.  Nach 
Jerem.  25,  1  ist  4  Jojaqim  [Schlacht  hei  Karkamift  Jerero.  46,  2]  =  1 
Nebttkadnezar  =  604  v.  Chr.  Bis  dahin  waren  von  13  Josia  23  Jahre 
verflossen  (Jer.  25,  3),  mithin  ist  13  Josia  =  626,  1  Josia  =  638. 
Daraus  ergibt  sich,  dass  die  dreimonatlichen  Regierungen  des  Joachaz 
und  Jojakin  [letztere  nach  Reg.  II,  24,  12  —  8  Nebuk.  597]  für  die 
Chronologie  nii  ht  mit  zu  verreclnien,  sondern  dem  letzten  Jahre  ihrer  Vor- 
gänger zuzuweisen  sind.  Für  die  Vorgänger  Josia's  sind  die  überlieferten 
Zahlen:  Hif^kia  29  Jahre,  Manasse  55  Jahre,  Amon  2  Jahre.  Wenn 
Hiskia  im  Jahre  714  den  Ti»ron  beslit  g  (§.  35t5  Anm.),  so  sind  irgendwo, 
wahrscheinlich  hei  Manasse,  10  Jahre  abzuziehen. 


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568 


SeeliitM  Buch,  vierter  AlwchmU. 


§.  473.  Die  innm  Entwickdong  dee  Jahwismiis  in  dieser 
Epoche  ist  ^anz  yon  den  Gedanicen  beherrscht,  welche  in  den 

Zeiten  der  SyrernoÜi  ^ich  ausgebildet  haben  und  von  Aiiius  uiai 
Hosea  bestimmt  fixirt  sind.  Ihr  bedeulend^ler  Repräsentant  ist 
Jesaja,  der  liinen  während  seiner  langjährigen  Wirksamkeit  (738 
bis  mindestens  7ÜU)  immer  von  neuem  Ausdruck  verliehen  hat. 
Die  Allmacht  Jahwe's,  seine  Herrschaft  über  alle  Völker  steht 
ihm  ebensb  fest  wie  die  Nothwendigkeit  der  AissKen  Heim- 
suchimg  fOx  das  scbeinbeiUge  und  verstockte  Volk,  Auch 
Jada  wird  den  schlimmsten  ZOchtigungen  nicht  entgehen. 
Aber  ganz  zu  Grunde  gehen  kann  es  nidit.  Denn  in  Israel 
hat  Jahwe  seinen  Wohnsilz  genoium-  n ,  er  thront  auf  Sion, 
Jerusalem  und  sein  Tempel  werden  der  Vernichtung  entrinnen. 
Aus  David's  Hause  wird  ein  Erretter  erstehen,  der  seinem 
Volk  das  Heil  bringt.  Dann  am  £nde  der  Tage  werden  aUe 
Völker  sich  um  ^ion  schaaren,  um  von  hier  die  Ijehre  zq 
empfangen  und  Jahwe  als  ihren  Herrn  m  ebrak«  auch  Israel 
wird  sich  bekehrt  haben  und  FHede  herrschen  in  der  ganira 
Welt  Die  Erfhhrongen  des  Jahres  701  trogen  wesentIM  dazu 
bei,  diesen  Glauben  zu  stärken.  Wenn  auch  Micha,  Jesaja  s 
jüngerer  Zeitgenosse,  Jerusalems  Vi  loiluiijj'  und  die  Zerstörung 
seines  Tempels  dem  auf  seinen  Gott  trotzenden  Volke  verkündete 
(Micha  3,  12,  Jerem.  26,  18),  für  die  Masse  des  Volkes  wie  für 
die  Mehrzahl  der  folgenden  Propheten  (vgl.  Jerera.  7  f.)  steht 
es  fest,  dass  Inda  erhalten  bleiben  und  Jerusalem  und  sehi 
Tempel  alle  Gefahren  fiberdauem  wird.  Durch  den  Verlanf 
der  Skythemnvasion  (§.  464)  schien  diese  Ansdiaunng  neu  be- 
stätigt zu  werden;  auch  diese  Hämsuchung  fllierstand  das 
Reich  David's.  So  knüpft  denn  Sephanja  unmittelbar  an 
die  Schilderung  des  Strafgerichts  die  Verheissune  des  irlück- 
lichen  Zustandes,  wo  alle  Völker  Eine  Sprache  spieciieu  und 
Jahwe  dienen,  und  im  Reste  Israel's  kein  Unrecht  mehr  ge- 
übt wird.  Nur  Jeremia,  der  damals  (626)  zuerst  auftrat,  sah 
finsterer;  seine  Strafrede  —  wenigstens  in  der  Form,  in 
welcher  er  sie  in  späterer  Zeit  auflgezelebnet  hat  (c.  1—6)  — 
weiss  nur  von  Unheil  und  Verderben  auch  ftlr  die  Haupt* 


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Etttwiekdimg  d«r  Religion  «it  Jesaja. 


569 


Stadt  Denn  wie  Arnos  and  Hosea  findet  auch  er  wieder  im 
gansen  Volke  nur  Abfiül  und  freches  Vertrauen  auf  die  äus- 
seren Formen  des  Gdtus. 

g.  474.  Die  Propheten  eiferten  gegen  dun  Cultus,  wie 
er  überall  im  Lande  getrieben  ward,  zunächst  weil  er  ein 
äusseres  Werk  war  und  Jahwe  Reinheit  der  Gesinnung,  nicht 
Opfer  und  Waliüabrten  verlangte,  dann  aber  auch,  weil  er 
überali  mit  Formen  dareinsetzt  war,  die  Jahwe's  Wesen  nicht 
aitspraehen«  Dass  man  die  Masfelien  und  Aäeien  oder  die 
grünen  Bäume  heiUg  hielt,  dass  man  gar  die  Gottheit  im 
Bilde  darstellte,  Qberbaupi  dass  man  den  heiligen,  dem  Sterin 
lieben  Auge  nicht  zu  schauenden  Gott  in  Werken  der  Hände 
verehrte,  war  ihnen  ein  Greuel  und  heidnischer  aiiiuritischer 
Götzendienst,  und  wird  nach  dem  Beispiel  des  Uosea  als  Un- 
zucht bezeichnet  (vgl.  Jerem.  3,  6  ff.).  Jeremia  untersdieidet 
nicht  zwischen  den  Formen  des  Cultus  in  Jemsaiem  und  in 
den  Landstädten,  er  ?erwirft  die  Bondeslade  sogut  wie  jedes 
andere  Symhol  (3,  16);  aber  die  Masse  der  Stadtbevölkmng 
fasste  die  Sache  anders  aul  Ihr  ist  der  offidelle  Cultus  im 
Tempel  Ton  Jerusalem  der  wahre,  während  man  auf  dem 
Lande  die  Gottheit  in  falschen  heidnischen  Formen  verehrte. 
Vor  allem  ist  eine  echt  semitische  Anschauung  maassgebend. 
Wenn  Jahwe  im  Tempel  von  Sion  seinen  Wolmsitz  gewählt 
hatte  und  um  seinetwillen  die  Stadt  schirmte,  so  ist  es  klar, 
dass  er  hier  allein  verehrt  werden  darf.  Der  Jahwe  von 
Betdemeä  oder  *Anatot  ist  in  der  Thai  ein  anderer  als  der 
Yon  Jerusalem,  dieser  allein  ist  der  wahre  Gott  (vgl.  Jerem. 
11t  12  «Dgbersige  Vorstellung  steht  für  unsere  An- 

schauung in  eigenthQmlidiem  Oontrast  zu  der  Weite  der  pro- 
phetischen Ideen,  welche  alle  Völker  unter  dem  Reiche  Jahwe  s 
umfassen  wollen.  Und  doch  entfliesst  beides  derselben  Wurzel ; 
denn  nie  war  Jahwe  anders  gedacht  als  der  streng  concreto, 
allerpersönliciiste  Gott  Israels,  der  auch  für  Jesaja  und  Jeremia 
zwar  allgegenwärtig  ist,  aber  docti  specieU  in  Sion  tiiront.  Das 
Princip  der  £xelusivilät,  welches  allen  semitischen  Monotiieismus 
beherrscht^  tritt  uns  hier  in  seiner  schro&ten  Form  entgegen.  — 


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570 


Sechstes  Bocb,  vierter  AbeehniU. 


Zui^leich  aber  ist  hier  ein  Punkt,  wo  sich  die  idealen  mit  «elir 
praktischen  Bestrebungen  beröhren.  Es  liegt  auf  der  Hand  und 
wird  durch  die  weitere  Gntwickelang  in  das  hellste  Lkht  gestellt, 
wie  sehr  eine  Bewegung,  welche  alte  anderen  GuKnsalUten 
m  Gunsten  der  einefi  auf  Sion  zu  oonfisciren  strebte  ^  den 
raateiiellon  Interessen  der  jerusalenier  Priesterschaft  zu  Gute 
kam.  Wenn  früher  die  Priester  und  Propheten  vielfach  in 
scharfem  Gegensatz  standen  35i>.  30:i),  so  war  hier  ein 
Punkt  gefunden,  von  dem  aus  die  jerusaietner  Priesterschaft 
für  die  Reform  gewonnen  werden  konnte.  So  erklärt  es  sich» 
dass  der  Versuch,  die  Ideen  der  Propheten  tu  realisiren,  bei 
einer  Anschauung  einsetzte,  die  Ihren  Vorstellungen  swar  nieht 
widersprach,  aber  kaum  jemals  von  ihnen  berOhrf  worden  war 
♦  (Micha  1,  5,  vgl.  Jer,  11,  13). 

§.  475.  Das  Endo  der  Skytheninvasion  schien  zugleich 
einen  grossen  Wendepunkt  in  der  Enlwickehing  zu  bezeichnen. 
Man  athmete  auf  nach  der  K»-'waltigen  Kataslroph(\  Sephanja 
lässt  die  Verwirklichung  des  Ideals  sich  unmittelbar  an  die- 
selbe anschliessen.  Leider  erfahren  wir  ^r  nichts  Ober  die 
weiteren  Schicksale  Syriens;  aber  gerade  daraus  wird  su  fol* 
gern  sein^  dass  der  Haupttheil  des  Landes  (auch  daa  Gebiet 
von  Samaria),  in  dem  alles  nationale  Leben  erstickt  war, 
einfisich  unter  die  assyrische  Herrschaft  zurflckflel.  Dem  ent- 
spricht es,  da.>:5  im  Jahre  604  in  Syrien  selbständige  Staaten 
ausser  den  ims  aus  der  Assyrerzeit  bekannten  Vasallenreichen 
nicht  existirten  (Jereni.  25,  18  IT.).  Indessen  die  assyrische 
Macht  war  durch  die  Angriffe  von  Norden  so  geschwächt, 
Ihr  völliger  Zusammenbruch  so  bald  zu  erwarten,  dass  die 
selbständig  gebliebenen  Staaten  von  ihr  wohl  nichts  mehr  zu 
befdrchten  hatten.  Blan  stand  somit  m  der  That  rat  der  Auf- 
gabe, Leben  und  Anschauungen  neu  zu  gestalten.  Wie  in 
Aegypten,  wie  wenig  später  in  Babylonicn  schliefst  sich  auch 
in  .Inda  an  die  Befreiung  von  der  assyrischen  Herrschaft  ganz 
natur^H'iuass  eine  umfassende  Restauration.  Man  will  einen 
Zustand  herstellen  wie  ihn  Jahwe  von  Anfang  an  gefordert  hat, 
dessen  Nichtdurchführung  eben  den  Zorn  der  Gottheit  und  das 


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fiinfabrung  des  Gesetzbuchs  in  Juda. 


671 


Verderben  herfoefgefilhrt  hut.  In  Wirkliehkdt  ist  aber  diese  wie 

überhaupt  jede  Restauration  nicht  eine  Wiederherstellung^  der 
alten  Verhältnisse,  sondern  ein  Ver-uch,  das  Ideal  zu  verwirk- 
lichen, den  freien  Fluss  des  Lebens  in  feste,  für  alle  Zeiten  maass- 
gebende  Formen  zu  zwängen.  Die  Prieslerscbaft  von  Jerusalem 
war  far  die  Reform  gewonnen,  der  junge  König  Josia  von 
ihr  abhftngig;  so  schritt  man  rasch  zam  Werk.  Im  Früh- 
jahr des  Jahres  621  t.  Chr.  fand  6er  Oberpriester  Ghilqija 
»das  Buch  der  Lehrec  (sepher  hattöra)  im  Tempel  Jahwe*8. 
Die  Prophetin  Chulda  trat  für  da8se)be  ein,  und  in  feierlicher 
Versammlung  im  Tempel  verlas  Josia  vor  allem  Volk  >  alle 
Worte  des  Bundes-  (d.  h.  des  Gesetz-)  Buches,  das  im  Tempel 
Jaliwe's  gefunden  war-s  und  schloss  auf  dasselbe  »den  Bund  vor 
Jahwe«  (vgl.  §.  32lV).  Sofort  schritt  man  dazu  den  gesammten 
Gultus  nach  den  Bestimmongen  des  neuen  Gesetzes  umzii- 
gestaHen. 

Daraus,  dass  ein  Oräkel  des  Jerem.  49,  28 — 27  den  Städten  Hamät, 
Ärpad  und  Damaskos  Unheil  (von  den  Chaldaeern)  verkündet,  kann 
höchstens  auf  ganz  vorübergehende  Versuche,  die  UnabhSngi^keit  zu  pe- 
winnen,  geschlossen  werden.  Hiskia'ä  Reich  reicht  »von  Geba'  bis  lie'er* 
Setm'<  (Reg.  II,  23,  8);  wenn  die  Asche  der  Gerftlhe  des  GOtiencultas 
nach  Bel-el  gebracht  wird  (ib.  28,  4),  so  bedeutet  dies,  da«  rie  Ober 
die  Giente  geaebalR  wird.  II,  23,  ist  Uitesrpolatkm  wie  I,  18.  ~^ 

Zur  Literatur  vgl.  $.  168. 

§.  470.  Das  Gesetzbuch  tritt  auf  in  der  Form  einer 
Rede,  die  Mose  vor  der  Eroberung  Kana'ans  an  das  Volk 
hftlt.   Die  Vorschriften,  welche  die  Gegenwart  treffen  sollen, 

erscheinen  daher  in  historischer  Einkleidung.  Die  Verehrung 
anderer  Gölter,  die  bildliche  Darstellung  der  Gottheit,  alles 
äussere  Beiwerk,  wie  Aseren  iukI  M;i>sebon,  ?ind  fremden, 
heidnischen  Ursprungs,  von  den  Amoritern  entlehnt  (§.  360), 
ebenso  aber  auch  die  Verehrung  Jahwe^s  an  allen  Cullus- 
stfitten,  mit. Ausnahme  derjenigen,  »welche  Jahwe  sich  er» 
Wählen  wird,  seinen  Namen  daseUbst  wohnen  m  lassen«,  d.  h. 
Jerusalems.  An  der  Spitze  steht  daher  das  Gebote  alle  Cultus- 
st&tten  der  Urbewohner  zu  zerstören,  alle  Opfer  and  Zehnten 


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572 


Sechstes  Buch,  vierter  AbschoiU. 


nacli  der  von  Jahwe  erwälilten  Stätte  zu  bringen.  Daher 
wird  es  nothwendig,  zwischen  Üpler  und  der  gewöhnlichen 
Schlachtung  streng  zu  sondern,  während  früher  jede  Schlach- 
tung zugleich  ein  Opfer  war  (§.  312).  Jeder  Versuch,  sor 
Abgötterei  zu  verföhrMit  wird  mit  den  strengsten  Strafen 
belegt  Als  das  auserwfthUe  Volk  Jahwe's  soll  Israel  ein 
beiliges  Volk  sein  und  sich  durch  sein  religiöses  und  sHtlicbes 
Gepräge  von  allen  anderen  unterscheiden.  Es  beginnt  damit 
zu;.'leicti  die  bewusste  Abschliessung  des  Volks.  Wie  es  sich 
mit  ck-ii  Auioritern  nicht  vermischen,  sondern  dic-clben  aus- 
rotten soll,  so  sollen  Ammoniter  und  Moabiter  nie  in  die 
»Vei-sammlung  Jahwe's«  kommen,  wfihrend  den  Nachkommen 
Ton  Edomitern  und  Aegyplem  im  dritten  Qeschlechie  die  Auf- 
nahme gestattet  wird.  Man  sieht,  wie  die  Umwandelung  des 
Volks  m  eine  Kirche  beginnt.  Aeusseriich  zeigt  sich  die  Hei- 
ligkeit des  Volks  in  der  Befolgung  der  Reinheitsgebote,  der 
Speisegesetze  u.  s.  w. ,  innerlich  in  der  der  sittlichen  Vor- 
schriften Jalivve's.  Hier  bietet  sirh  dann  die  Veranlassung, 
die  Grundlehren  und  Forderungen  der  Propiieten  in  einer 
Reihe  von  Geboten  zu  formuliren,  wobei  viele  Bestimmungen 
wörtlich  oder  mit  geringen  Modificationen  aus  dem  alten 
Bundesbuebe  (§.  827)  herubergenommen  werden.  An  der 
Spitze  des  Volks  aber  als  Bewahrer  und  authttitischer  Inter- 
pret des  Gesetzes  Jahwe's  steht  der  Priesterstand  der  Lewiten. 
Er  wird  Tom  Staate  emandpirt  (vgl.  Deut.  17,  18);  die  Ge- 
bühren, welche  ihm  zustehen,  werden  genau  vorj^ef^chrieben 
(18,  3  IT.),  den  Lewiten  zu  ehren  und  zu  ijeschetiken  wird 
wiederholt  ermahnt;  an  Ehren  soll  er  dem  Richter  minde  tens 
gleichstehen  (17,  9.  19,  17).  Daneben  werden  auch  noch  die 
Propheten  genannt,  welche  Jahwe  zur  Verkündigung  seines 
Wortes  erwecken  wird  (18,  15  it),  indessen  praktisch  treten 
dieselben  gegen  die  Lewiten  sehr  in  den  Hintergrund.  Es 
ist  das  sehr  bezeichnend  für  die  materiellen  Verhältnisse,  durch 
die  allein  die  Reform  möglich  wurde. 

§.  477.  Dass  man  den  Versuch  machen  konnte,  ein  der- 
artiges Gesetz  durchzuführen,  erklärt  sich  aus  der  Kleinheit 


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DurchfQhruiig  des  Gesetzes. 


$73 


des  Staates,  in  dem  die  Hauptstadt  das  übrige  Land  weit 
überragte.  Auch  ist  es  nur  soweit  dnrcbgeführt  worden,  als 
es  die  Interessen  der  maassgebenden  Kreise  nicht  verletzte. 

Der  Ciiltus  der  »fremden«  Götter  wurde  zwar  beseitigt,  ebenso 
alles  verpönte  Beiwerk  des  Cultus,  Zauberer  und  Prostituirte, 
die  Brandstätte  in  Benhinnom  (§.  364)  u.  s.  w.  Aucli  alle 
Cultn-'^tätten  mit  Ausnahme  des  Tempels  zerstöHe  Jo?ia  und 
»seUte  die  Priester  an  denselben  in  den  Ruhestand«.  Das 
Gesetz  schrieb  vor,  dass  die  letzteren  an  dem  Guitus  in  Je- 
rusalem Theil  haben  sollten  (Deut  18,  6);  indessen  das  liess 
die  jemsalemer  Priesterscbaft  ni^t  zu,  um  ihren  Gewinn  bei 
der  Reform  nicht  mit  anderen  theilen  zu  müssen  (Re?.  II, 
23,  9).  Ebenso  wurde  erst  unter  Sodeqia  der  Versucli  ge- 
macht, die  schon  im  Bundesbuche  aufgeslellto  Forderung, 
durchzuführen,  alle  Sklaven  hphrnei?cher  Nationalitat  nnch 
sechsjähriger  Dienstzeit  fre-i/.ulassen;  derselbe  misslang  voll- 
kommen (Jer.  34,  8  ff.).  Zur  vollen  Durchfuhrnncr  ist  das 
Gesetz  erst  durch  das  Exil  gelEommen;  nach  der  Rücickehr 
aus  demselben  bildete  es  die  Grundlage,  auf  der  man  die  Ge- 
meinde zu  restauriren  versuchte. 

Der  Gegensatz  zwischen  der  jerusalemer  Priesterschafl  und  der  der 
Laodstftdte  hat  Bptter  dan  geführt,  dass  ^enc  (die  SOhne  $adoq*B  oder 
Abaron*s)  das  Priestenunt  fflr  sich  allein  in  Ansprach  nehmen,  die 
Qbrigea  Lewilen  xu  TeiBpeldieoern  degnidirt  werden :  Esecb.  44  Wie 
weit  nach  Josiane  Tod  die  Gülte  in  den  LandstKdten,  der  Gfltxendienst 
tt«  8.  w.  wieder  ao%elebt  sind,  ist  schwer  zu  Ijestimmen»  da  leremia  und 
Etechieli  wenn  sie  von  diesen  Dingen  reden,  weit  mehr  die  Stinden  der 
Vergangenheit,  namentlich  Hanasse^s  (vgl.  Jerem.  11.  16,  4.  19  u.  a.)f 
als  die  Gegenwart  im  Auge  tu  haben  scheinen. 

§.  478.  Dem  Act  vom  Jahre  621  stehen  an  Bedeutung 

wenige  andere  Begebenheiten  der  Weltgeschichte  gleich:  auf 
ihm  beruht  das  Judenthuni  und  ciamit  MUfh  das  Christen Üium 
wie  der  Islam.  Wie  jede  Idee,  die  in  die  Wü  Kiitiikeit  um<re- 
setzt  wird,  ein  zweischneidiges  bchwert  ist,  so  auch  da^  neue 
Gesetz.  Allerdings  ist  durch  dasselbe  ein  Theil  der  Errun^'en- 
schaflen  der  reUgiösen  fintwiekelung  Israels  für  alle  Zeiten 
sicher  gestellt  worden ;  aber  eben  dadurch  ist  auch  die  leben- 


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574 


Sechstes  Buch,  viriler  Ahscbnitt. 


digo  Kraft,  welche  bisher  in  derselben  wirkte,  lahm  gelegt. 
Die  Propheten  forderten  Reinheit  der  Gesinnung  und  wahre 
sittliche  Empfindung;  das  Gesetz  erzeugt  mit  NothweDdigkeit 
Scbeibheiligkeit  und  Haften  an  der  ftusserai  Form.  Wenn 
in  manchen  der  Tom  Deuleronomiam  ber?orgerafenen  Sebrifteo, 
namentlich  m  der  schönen  Einleitung  zu  demselben  (e.  5 — IIX 
reine  und  tiefe  Empfindung  herrscht,  und  dem  entsprecfaend 
hier  die  Sittengebote  des  Dekalogs  in  den  Vordergrund  gesteilt 
werden,  so  stehen  doch  Ezecliiel  und  der  Priestercodex  mit 
ihrem  ^^eisttödtenden  Formalismus  nicht  minder  auf  dem  Roden 
desselben.  Noch  verhängniss voller  aber  ist  die  Umsetzung 
der  Nation  in  eine  Kirche,  die  Verwandelung  des  natürlichen 
Gegensatzes  gegen  alle  anderen  Völker  in  ein^  religiösen. 
»Nicht  um  deiner  Gerechtigkeit  und  der  Geradheit  deines 
Herzens  willen,  sondern  wegen  des  Frevels  dieser  VlUkerc 
gibt  dir  Jahwe  Eana'an  (Dent  9,  5).  Die  Folgerung  daraas 
ist  dann  doch,  dass  alle  Völker  gegen  Israel  minderwerthig 
und  verworfen  erscheinen,  dass  es  zur  religiösen  Pflicht  wird, 
sie  zu  bekämpfen  und  zu  unterdrücken.  Je  machtloser  die  Gegen- 
wart war,  desto  breiteren  Spielraum  konnte  man  diesen  An- 
schauungen in  der  Vergangenheit  gewähren  In  wahrhaft 
widerlicher  und  dabei  gemeinsinnlicher  Weise  (vgl.  Joe.  10,  24) 
schwelgen  die,  wohl  vorwiegend  der  Zeit  des  Exils  ange- 
hörenden, deoteronomisÜscbei^  Bearbeiter  der  Sagengescbtchle 
in  der  Ausrottung  der  Urehiwohner  und  den  Grossthaten  des 
alten  Israel,  als  könnten  sie  darin  einen  Ersatz  finden  iur  die 
Noih  der  Gegenwart.  Die  Erbschaft  der  Holigionskriege  und 
KetzerverfolguDgen,  welche  dem  Ghiistenthum  wie  dem  Islam 
aus  dem  Judenthum  überkommen  ist,  ist  ebenso  gut  dem 
Deuteronomium  entsprossen,  wie  die  schönsten  Stellen  des 
Neuen  Testaments. 

g.  479.  För  die  Hasse  des  Volks  ergab  sich  ans  der 
Durchführung  des  Gesetzes  zunftchst  ein  gesteigertes  Vertrauen 
auf  die.  Hülfe  Jahwe's  und  die  gencberte  Zukunft  des  Staats. 
In  der  Politik  wie  in  der  Litri  ;itiir  tritt  uns  dieselbe  überall 
entgegen.  Na^um  verkündet  das  Ende  der  Drangsal  und  den 


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Charakter  ond  Wirkungen  des  Geseties.  Jeremia.  575 

Untergang  Ninive's,  Habakuk  preist  wenig  später  in  be- 
geisterten Worten  die  Macht  Jahwe's,  der  seinem  Volke  gegen 
die  Gbaldaeer  zu  Hülfe  kommt.  In  dem  gleichen  Geiste 
Terkändet  noch  593  Ghananjah  den  natienden  Fall  Babels 
(Jer«  28,  vgl.  Jer.  14,  13  ff.)-  Das  Vertrauen  auf  den  Tempel 
und  seinen  Gott,  auf  das  Gesetzbuch,  das  man  jetzt  besitzt 
(Jer.  7.  8,  8),  beherrscht  die  Stimiuung  durchaus  und  ruft 
immer  von  neuem  den  Vet-uch  hervor,  nach  achtzigjälirif^^er 
Dienstbarkeit  wieder  eine  nationale,  auf  Selbständigkeit  hin- 
zielende Politik  einzuschlagen.  Indessen  die  Zeiten,  wo  eine 
soksbe  noch  möglich  war,  waren  Ifingst  Torbei.  Ein  gehor- 
samer Vasallenstaat  bfttte  bestehen  können,  ein  nach  Selb- 
ständigkdt  ringendes  EOnigthum  musste  zu  Grunde  gehen. 
Es  ist  genau  dieselbe  Situation,  In  der  sieh  die  griechischen 
Kleinstaaten  dem  makedonisclien  und  dann  dem  römischen 
Reiche  gegenüber  befanden.  Klar  erkannt  hat  die  Lage 
einzipr  der  Prophet  .leremia,  aber  vergeblich  sucht  er  den 
stolzen  Grossniachtsträumen  entgegenmwirken.  Auch  bei  ihm 
ist  die  Grundauffassung  die  gleiche  wie  bei  Jesaia  (g.  368), 
nur  noch  hoffnungsloser.  Das  Volk  ist  rettungslos  Terderbt, 
sein  Trotzen  auf  Jahwe  und  das  Gesetz  ist  der  ärgste  FVevel 
an  der  Gottheit;  daher  muss  Jerusalem  zerstört  werden  und 
das  Reich  Davld's  untergehen.  Gerne  würde  er  s^nem  Beruf 
enlsagen,  aber  Jahwe  ist  niächliger  als  er,  er  muss  gehorchen. 
So  verflucht  er  denn  den  Tng,  an  dem  er  geboren  ist,  da  er 
weiss,  dass  sein  ganzes  Leben  ihm  keine  Freude  brüi^cn  wird, 
dasä  er  nur  berufen  ist,  Unheil  zu  verkünden.  Die  Geschichte 
hat  ihm  Recht  gegeben.  Auch  der  letzte  Rest  des  Volkes 
Israel  ist  Teroichtet  worden;  nur  die  religiöse  Gemeinde  der 
Juden  hat  den  Untergang  überlebt. 


Der  Fall  Assyriens.  Necho  in  Syrisn. 

§.  480.  Nach  den  Daten  des  Berossos  und  des  ptole- 
niaeisclicn  Kanons  hat  König  Assurbanipal  bis  zum  Jahre  ü2<j 
über  Babylon  geboten.  Ob  er  in  diesem  Jahre  gestorben  ist, 


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57e 


Seebrtcs  Buch,  Tiarler  Abtebaitt. 


wissen  wir  nicht;  jedenfalls  beginnt  mit  demsdben  eine  neue, 
nationale  Dynastie  in  Babylonien.  »Als  Sarakos,  der  Nach- 
folger des  Sardanapal,  König  von  Assyrien  geworden  war,c 
so  berichtet  Abydenns,  der  einzige  tms  hier  erhaltene  Schrift- 
steller, »erfuhr  er,  dass  ein  Heer  zahlreich  wie  Heuschrecken 
Tom  Meere  aus  [wo?]  eingefallen  sei.  Da  schickte  er  den 
BuBalossor  als  Feldhorrn  nach  Babylon.  Dieser  abor  empörte 
sich  gegen  ihn.c  ßusalossor  ist  zweifellos  der  Nabopalassar 
(Nabubalusnr)  der  übrigen  Schriftsteller,  mit  dem  Babylon 
aufs  neue  sdbst&ndig  wird.  Sarakos  aber  wird  in  Assnrbani- 
paVs  Sohn  A§iuredi](?)iläni  zn  suchen  sein,  der  nns  nnr  durch 
einige  Backsteine  aus  Salach,  die  von  seinen  Bauten  am 
Tempel  Gzfda  herrühren,  bekannt  ist.  Noch  em  anderer  König 
.  .  .  zikjiriskun,  von  dessen  Cylindern  pich  Bruchstücke  ohne 
historischen  Inhalt  in  Ninive  gefunden  liabtn,  scheint  dieser 
Kpoeho  anzugehören.  Irj^'ond  etwas  geTiaiieres  über  die  Schick- 
sale dieser  Herrscher  und  die  Ausdehnung  ihres  Maditbereicbs 
lisst  sich  nicht  aussagen. 

Aösiiifilililäni :  I  R.  8,  8.  III  R.  lö,  2.  »A  broken  record«  von 
ihm  erwähnt  Smith,  Ass.  Disc.  384.  —  , .  ,  zikjiriäkun:  Schräder,  Ber. 
sächs.  Ges.  1880,  33  ff.  (I  R.  8,  6). 

§.  i81.  l'm  das  Jahr  608  verband  sich  Nabopalassar 
mit  dem  Könige  Kyaxares  (pers.  Flvakhsatra)  von  Medien 
(§.  465)  zum  enlscheidendcn  Schlafre  gegen  Assur;  die  Allianz 
wurde  durch  ein  Ehebündniss  zwischen  Nabopalassar  s  Sohn 
Nebukadnezar  nnd  Amyitis,  der  Tochter  des  Mederkönigs, 
befestigt.  Offenbar  war  damals  die  SkytheniuTasion  Toräber, 
man  konnte  daran  denken,  den  alten  Erbfeind  zu  vernichten 
und  die  Beute  zn  theilen.  Wie  der  Kampf  veriaufen  ist, 
wissen  wir  nicht;  unsere  Auszüge  aus  Berossos  berichten 
nur,  als  der  Feind  lau  anruckte,  habe  König  Sarakos  in  den 
Flammen  seines  Palastes  den  Tod  gesucht.  Bekanntlich  lie- 
richtet  auch  die  griechische  Sage  von  Sardana  pal  ein  der- 
artiges Ende  des  assyrischen  Reichs.  Es  war  eine  Katastrophe 
gewaltigster  Art.   Nicht  nur  ein  Reich  ging  zu  Grunde,  das 


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Die  Zerstörung  Ninive's« 


577 


noch  vor  kurzem  Vorderasien  beherrscht  hatte;  das  ^anze 
Volk,  welches  Juluhuiiderte  lang  der  Schrecken  und  die  Geisel 
der  Völker  gewesen  war,  wurde  vernichtet.  Alle  vier  Re- 
sidenzeiif  Ninive,  Dör-Sarrukin,  Kalach  und  Assur,  gingen  In 
Flammen  auf  und  wurden  dem  Erdboden  gleich  gemacht,  um 
nie  wieder  hewohnt  zu  werden  (606?  t.  Chr.).  Als  200  Jahre 
spftter  Xenophon  Uber  diese  Stätte  zog,  sah  er  noch  die 
gewaltigen  Reste  der  Riesenmauern,  die  Schutthaufen,  welche 
die  Städte  bedeckten ,  den  gewaltigen  Terrassen tempcl  von 
Kalach.  Ahov  die  Nation,  welche  die  Städte  gebaut  und  be- 
wohnt liatte,  war  verschollen;  als  die  Perser  den  Medern  die 
Herrschaft  entrissen,  so  erzählte  man  ihm,  hätten  diese 
Städte  nicht  erobert  werden  kdnnen,  bis  die  Götter  selbst  sie 
den  Persem  in  die  Hände  gaben.  Auch  als  Alezander  im 
Jahre  331  den  letzten  entscheidenden  Sieg  fiber  das  Perser- 
reich erfocht,  gab  es  Nieiuanden,  der  ihm  sagen  konnte,  dass 
er  auf  den  Trümmern  von  Ninos  gekämpft  habe.  Gründlicher 
ist  nie  ein  Volk  vernichtet  worden,  als  die  Assyrer;  die  Zer- 
störung Kartbago's,  die  man  zunächst  vergleichen  könnte, 
traf  nur  eine  Stadt,  nicht  eine  ganze  Nation.  Es  spricht  sich 
in  dieser  Vergeltung  klar  und  ftirchtbar  der  ungeheure  Hass 
aus,  der  bei  den  Völkern  Asiens  gegen  die  verderbenbringenden 
Assyrer  angesammelt  war. 

Der  Bericht  des  Berossos  lässt  sich  au?  9\nk.  p.  396,  Alex.  Pol. 
bei  En-.-b.  I  p.  29.  16  —  19  (vgl,  27>  35),  Ahy  !(  nu^  ib.  .38,  1  ff.  noch  im 
wesentlichen  reconsiruiren.  Auffalleiitier  Weise,  aller  entscliieUeii  mit 
Unrecht,  wird  der  medische  König  bei  ihm  durchweg  Aslyages  genannt. 
Dass  Herodot  I,  106  die  Zerstörung  Ninives  dem  Kyaxares  allein  zu- 
schreibt, ist  begreiflich  genug.  Der  wahre  Sachverhalt  schimmert  auch 
bei  Ktniui  noch  durch  (Arbakci  and  Beltsys).  —  Das  Datum  Iftaat  sich 
mebt  genau  bestimmen.  Im  Jahre  608  bestand  das  Reich  Aesur  noch 
(Reg.  U,  88,  29);  andererseits  muas  es  tot  Nabopalassar*s  Tod  erobert 
sein.  Eusebius'  Daten  (aa  Abr.  1897  620  und  1408  »  009)  sind 
daher  falsch. 

§.  482.  Die  Sieger  theiiten  sich  das  assyrische  Reich 
un  wesentlichen  in  der  Weise,  dass  den  Medern  alles  Land 
Östlich  und  nördlich  vom  Tigris  (s.  indessen  §.  484),  den 

Mej«r,  Oatehl^te  dM  AlterlhiiiBB.  I  37 


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578 


Sechstes  Bueb»  fierter  AbsciiniiL 


Babyloniern  Mesopotamien  und  Syrien^  also  der  HaupUbeü 
der  semitischen  Culturländerf  zufiel.  Aber  den  letzteren  war 
inzwischeD  ein  Mitbewerber  entanden.  Küaig  Necho  IL  Yon 
Aegypten  (609—595),  der  Sohn  P8anuiieUch*8  t,  snchle  die 
Gelegenheit  zu  benutzen,  um  Syrien  eemem  Reiche  wiedena- 
erwerben.  Im  Jahre  608  »zog  er  nach  dem  Euphrat  gegen  den 
König  von  Assur«  (Ho;j.  II,  23,  20).  Die  früheren  assyrischen 
Provinzen  würden  ilnn  wahrscheinlidi  ohne  Schwertstreich 
zugefallen  sein ;  aber  Kümg  Jositi  von  .Inda  war  niclit  gewillt, 
sich  aufo  neue  eiaer  fremden  Oberherrschaft  zu  fügen.  An 
derselben  Stelle,  wo  nahezu  ein  Jahrtausend  früher  Dhutmes  III. 
die  vereinigten  Syrerfürstoi  besiegt  hatte,  bei  Megiddo  (Herod. 
M^Y^o^)  ^  <^  Pharao  entgegen.  Aber  sein  ber 
wurde  geschlagen,  er  selbst  fiel  im  Kampfe«  Necho  sog  welter 
nach  Norden;  von  seinem  Lager  zu  Ribia  bei  Hamftt  ans 
setzte  er  Josia's  Sohn  .Toaclmz  ab,  maclite  seinen  [rdteren] 
Bruder  Jojaqim  ZAim  König  und  legte  dem  Reiche  einf^  schwere 
Contribution  aul.  Das  übrige  Syrien  scheint  sich  ohne  Kampf 
unterworfen  zu  haben;  die  Stadt  Gaza,  welche  Widerstand 
leistete,  wurde  erobert.  Jojaqim  war  ein  getreuer  Vasall  des 
Pharao.  Ali  die  Propheten  Jeremia  tmd  Uiia  Jenualem  den 
von  den  Ghaldaeem  drohenden  Untergang  weissagten,  entrann 
jener  mit  genauer  Noth  dem  Tode,  dieser  flüchtete  naeh  Ae- 
gN'pten,  wurde  aber  von  Necho  ausgeliefert  und  hingerichtet 
(ierem.  20,  vgl.  7,  36). 

Die  Angaben  Reg.  II,  28  f.,  Jerem.  25.  46.  47«  Berod.  II,  159, 
Beroesos  bei  Euseb.  I,  48. 45  eiflnien  sieh  vottreffUch.  Was  Alex.  Poi|lL 
bei  Eueeb.  praep.  ev.  IX,  89  bencbtet,  tat  dagegen  werthloa.  Gharakle- 
ristieeh  iet,  daee  Herodot  hier  wie  bei  Aptiea  mr  fim  den  Siegeo  der 

Aegypter  zu  berichten  «rein.  —  0eber  die  Chronolcfie  s.  472.  Wie 
Josia  nach  Megiddo  kam,  wissen  wir  nicht.  Vielleicht  wollte  er  Hacho 
in  den  RQcken  fallen ;  denn  dass  dieser  zu  Schiff  nach  Syrien  gekommen 
eei,  wie  man  gewnhnhch  annimmt,  hi  mir  sehr  unwahrscbeiolich.  —  Mil 
Joacbas  scheint  ^lallam  Jerem.  22,  11  identisch  su  teln. 

§.  483.  Indessen  der  Erfolg  war  nicht  von  Dauer.  Afe 
Ninive  gefaliea  war^  sandte  X^abopalassar,  der  schon  erkrankt 


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Necho  in  Syrien.  Sehkcbt  bei  Karkeniü. 


579 


war  und  bald  darauf  starb,  seinen  Sohn  Nebukadnezar  gegen  den 
Pharao.  Im  Jahre  604  kam  es  bei  Karkamii  am  fiophrat  zur 
Schlacht,  in  der  die  Aegypter  vollkommen  geschlagen  wurden. 
Ganz  Sjfrien  war  verloren.  Jeremia  erwartete  ein  furebtbar«B 
Strafigmcht,  das  Jahwe  durch  die  Ghaldaeer  vollziehen  und  dem 
alle  Völker  erliegen  würden  (c.  25);  indessen  dazu  kam  es 
nicht.  Syrien  ging  ohne  weiteres  in  den  Besitz  des  Siegers 
über.  Auch  die  Kleiüstaaleri  unterwarfen  sich.  »Drei  Jahre 
lanj?  (600— Ö98?)  zaiilte  Jojaqim  dem  Nebukadnezar  Tribut. 
Der  König  von  Aegypten  aber  zog  nicht  wieder  aus  seinem 
Lande;  denn  der  König  von  Babel  hatte  ihm  vom  Grenzbach 
Aegyptens  (Wädi  el-'Ari§)  bis  zum  Euphrat  alles  abgenommen, 
was  er  besessen  hattec  (Reg.  II,  24,  1.  7). 

Reg.  II,  24,  2—4  sind  Interpolation. 


y.  Die  Zeiten  des  neababyloniBchen  Reichs* 

■ 

Das  medische  und  das  lydische  Reich. 

§.  484.   ünfer  den  neuen  Staaten,  welche  an  die  Stelle 

des  asövrisrhen  Reichs  getreten  waren,  war  Medien  zweifel- 
los das  niaciitigste,  sowohl  seinem  Umfange  als  auch,  wie 
es  scheint,  seiner  militärischen  Organisation  nach.  Seine 
Macht  erstreckte  sich  weit  nach  Osten.  Wenn  zur  Zeit  des 
Darius  der  SagarUer  Täitrantakhma,  als  er  seine  Landsleute 
zum  Abfall  von  Perslen  aufforderte,  sich  für  einen  Nach- 
kommen des  Kyazares  ausgab,  so  können  wir  daraus  folgern, 
dass  die  Sagartier  den  Medem  unterthan  waren,  während 
daraus,  dass  zu  derselben  Zeit  Fräda  sich  zum  König  von 
Margiane  zu  machen  suchte,  vielleicht  zu  schliesscn  ist, 
dass  diese  Landschaft  zur  Mederzeit  nocii  unler  eij^^rnen 
XÖnigen  stand.  Dass,  wie  die  Griechen  berichten,  auch  der 
ganze  Osten  Irans  mit  Baktrien  den  Medem  unterthan  war, 


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580 


bechäles  BucU,  füufter  Abschnilt« 


ist  zwar  nirht  zu  erweisen,  aber  sehr  \vahrsc]ieinli(  h.  Sicher 
steht  es  fest,  dass  die  Kiinige  von  Pt  rsien ,  die  jetzt  auch 
Herren  von  Susiana  waren,  ihre  Oberhoheit  anerkannten.  Im 
Westön  waren,  wie  schon  erwähnt,  ganz  Armenien  und  Kap- 
padokien medische  ProYinzen^  ebenso  das  eigentliche  Assyrien. 
Auch  das  Masiosgebiet  muss  ihnen  unterthan  gewesen  sein, 
da  wir  ans  einer  Inschrift  Naboned's  erfeliren,  dass  sie 
Chan  an  bedrängten  und  vielleicht  rechtmässig  besassen.  Auch 
der  vvesllicli  vom  Ti^Tis  gelegene  Theil  des  eigentlichen  As- 
syriens wird  niediscli  gewesen  sein  (§.  502  Anni.).  Die  übrigen 
Staaten,  voi-  allem  Babylonien,  standen  daher  von  Anfang  an 
in  einer  Defensivstellnng  gegen  Medien.  Für  die  nächste  Zeit 
freilich  liessen  es  die  Terwandtschaftlichen  Bande,  welche  beide 
Dynastien  vereinigten,  und  mehr  noch  wohl  die  Tdchtigkeit  des 
neoen  Königs  von  Babylon  zu  keinem  feindliehen  Zusammen- 
stoss  kommen;  aber  die  Gefobr,  welche  dem  babylonischen 
Reiche  von  Norden  her  drohte,  la<r  vor  aller  Andren. 

Tri  (Irii  etwa  um  5^0  geschrif henoii  Orakeln  Jes.  13.  21,  1  —  10 
wird  die  Krühprunp  Habyloiis  dnrrh  die  Meder  erwartet.  Wenn  neben 
leUteren  21,  2  Fiam  genannt  wird,  so  kann  damit  nur  der  persiactie 
Staat  (§.         geiueiiil  «ein. 

§.  485.  Unter  aiien  Staaten  des  alten  Orients,  die  ge- 
schicbUieh  eine  bedeutende  Rolle  gespielt  haben,  ist  uns  das 
medische  Reich  am  wenigsten  bekannt  Die  kurze  Zeit  sehies 
Bestehens,  das  TÖllige  Fehlen  von  Denkmälern,  vor  allem  aber 

der  üiiu.taiid,  da<s  es  mit  keinem  der  Culturvölker,  denen 
wir  un-ere  Nachrieliten  verdanken,  in  directe  Berührung  ge- 
kommen ist,  trafen  daian  die  Schuld.  Selbst  die  Indivi- 
dualität des  Volices  ist  für  uns  verschollen.  Da  die  Griechen 
einstimmig  und  bestimmt  überliefern,  dass  der  Staat,  die  Re- 
ligion und  die  Gultur  der  Perser  den  Aledern  entlehnt  seien,  so 
werden  wir  annehmen  dürfen,  dass  Kyaxares  ebenso  gut  ein 
Diener  des  Ahuramazda  war  wie  Kyros  und  Darius,  und  dass 
die  Adoption  und  Umgestaltung  der  assyrisch-babylonischen 
Cüllur,  welche  uns  später  im  persischen  Reiche  entj^egentrlü,  sich 
sction  in  Medien  vollzogen  hat.  Bestimmte  Zeugnisse  im  Cin^^loen 


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Das  Mederr«i€b.  Kyaxares  und  Alyatte». 


581 


fehlen  uns  aber  völlig.  Sonst  wird  nur  noch  berichtet,  dass  Kya- 
zares  zuerst  seinen  Truppen  eine  feste  mililänsche  Organisation 
gegeben  und  die  Sonderung  der  Waffengattungen  (Lanzen- 
k&mpfer,  Bogenschützen  und  Reiterei)  durchgefObrt  habe  (Her. 
I,  1Ö8).  Die  Hauptstadt  des  Reichs  war  Egbatana  ('AfßdlTava, 
pers.  llagmatäna,  aram.  5<PDnfc<i  jetzt  Hamadän)  am  nörd- 
lichen Abhang  des  Gcbirfres  Orontes  (Eiweiid).  Die  Stadt  selbst 
war  unbefestigt,  aber  die  von  einem  siebenfachen  Maueriin^ 
umschlossene  Burg  um  so  uneinnehmbarer.  In  oder  neben 
derselben  lag  der  grosse  Königspalast,  den  vermulhlich  Kya- 
xares  erbaut  hat;  seine  sp&tere  Grestalt  wird  er  indessen  erst 
durch  die  Achaemeniden  erhalten  haben. 

Heroduls  ScbiideruDg  von  Egbatana  I,  98  ätiinml  nur  Iheilweise 
zu  der  jedenfalls  völlig  zuverlässigen  bei  Polyb.  X,  27.  Dass  Herodot 
nicht  Bftlbst  dagewesen  ist,  ist  anerkannt  (a.  Vatut,  Hermes  VI,  49fi), 
ebenao  dass  B.  RAWuinc«*s  UntencbeidQng  eines  duppelien  Egbatana 
uobaltbar  Ist 

§.  48ö.  Beim  Vordringen  nach  Westen  stiess  Kyaxares 
mit  dem  lydischen  Reich  zusammen.  Seitdem  dasselbe  unter 
Ardys  mit  genauer  Noth  der  Vernichtung  durch  die  Eimmerier 
entgangen  war  (um  650),  war  es,  ▼errouthlich  vor  allem  im 

Kampfe  gegen  diese,  zu  einem  mäcbti^'en  Reiche  erwachsen. 

Die  griechische  Tradition ,  der  wir  unsere  Naclirichten  über 
Lydien  fast  ausschliesslich  verdanken,  hat  uns  von  den  lang- 
wieriL'on  und  erbitterten  Kämiit'en,  die  liier  ^^elula  t  sein  und  die 
Ht^'ierungen  des  Ardys  und  seines  Sohnes  Sadyattes  im  wesent- 
lichen ausgefüllt  haben  müssen,  keine  Kunde  erhalten.  Erst 
von  des  letzteren  Sohn  Alyattes  (nach  Herod.  617 — ^560)  heisst 
e^,  er  habe  die  Kimmerier  aus  Asien  verjagt  (Her«  l,  16). 
Datnit  hatte  er  zugleich  das  ganze  innere  Eleinasien  gewonnen, 
wo  wie  das  phrygische  Reich  so  auch  was  sonst  an  staatlichen 
Bildungen  exislirte,  den  Kiimneriern  erlegen  sein  wird.  Da- 
durcli  wurden  Medi-r  und  Lvder  Grenznaclibarn.  Im  Jahre  590 
kam  es  zwischen  beuicn  Staaten  zum  Krieg.  Lange  schwankte 
derselbe  unentschieden;  als  man  sich  am  28.  Mai  585  eine 
neue  Schlacht  licrerte,  trat  eine  totale  Sonnenfinstemiss  ein 


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582 


Sechstes  Bueh,  fünfter  AbochnttL 


—  dieselbe  soll  von  Thaies  vorher  verkfindet  worden  sein  — , 
die  dem  Kampfe  ein  £nde  machte.  Da  legten  sich  Syennesis 

von  Kilikien  (§.  465)  und  Ncbukadnezar  von  Babylon  ins  Mittel; 
es  war  für  sie  eine  Lebensfrage,  dass  Lydien  erhalten  blieb 
und  der  wr-ilercn  Au-dehniing  des  uiedi^ciien  Reichs  Schranken 
gesetzt  wurden.  Sie  vermittelten  einen  Frieden,  durch  den 
der  Halys  als  Grenze  beider  Reiche  festgesetzt  wurde.  Zu- 
gleich  versuchte  man,  ebenso  wie  zwischen  Babylon  und 
Medien,  denselben  durch  Verschwägerung  der  Dynastien  sicher 
zu  stellen:  Älyattes'  Tochter  Aryenis  vermählte  sidi  mit 
ICyaxares'  Sohn  Ast  vages  (Her.  I,  74).  Bald  darauf  ist  Kya- 
xares  gestorben  (584,  nacli  Herdot's  Daten);  Astyages  (bab. 
Iltuwegu,  Kies.  'AotütYo^)  folgte  ihm  in  der  Herrschaft. 

Die  Sonnenfinsterniss  des  Tbales  fUtt  nach  allen  alten  Angabea 

in  Ol.  48,  4  =  585/84  v.  Chr.  (Plin.  II,  53,  Hieron.  ao.  Ahr,  1432;  ferner 
dieAn^'ahon  über  die  'jc/.dtj  dt  s  Thaies  Diog.  Laerl,  I,  22.  38,  s.  Dikls,  Rhein. 
Mu«.  XXXI,  iry;  bei  Eusibius  das  Datum  verschoben,  ferner  fälschlich 
der  Krieg  [ao.  1441]  von  der  Finsterniss  gelrennt).  Nach  Zech,  Aslron. 
Unters,  über  die  wichti'^'sten  Finsternisse  (Preisschr.  der  Jablonowskischen 
Ges.  1853,  S.  57  ist  das  Datum  -  584  i.  585  v.  Chr.j  Mai  28  da>-  eirizif 
/iiverl5?«si^e.  Das  wäre  aber  richti^'or  Ol.  48,  3.  —  Da  nach  der  ge- 
wohiiliclien  Ciironologie  damals  schon  Astyages  regierte,  isl  bei  Eu.-t'l>!us 
lind  Cic.  de  div.  I,  112  Astyages  für  Kyaxares  eingesetzt;  die  berichtigte 
Chronologie  (§.  461)  bestätigt  die  Angabe  Herodot's. 

§.  487.  Wie  in  Medien  Kyaxares,  so  ist  in  Lydien 
Alyattes  der  bedeutendste  Herrscher;  sehr  mit  Unrecht  stdll 

ihn  die  griechische  Ueberlieferung,  die  ganz  von  dem  Eindrack 
der  Katastrophe  des  lydischeii  Reichs  beherrscht  ist,  gegen 
seiiuri  Sulin  in  den  Hintergrund.  Wie  ihm  Phrygien  ge- 
horchte, so  hat  er  auch  Bithynien  unterworfen  und  gegen  die 
Karer  gekämpft;  mit  Ausnahme  der  lykischen  Städte  wurde 
das  ganze  vordere  Kieinasien  den  Lydern  unterthänig.  Das 
Hauptziel  der  lydischen  Könige  aber  war,  in  den  Besitz  der 
griechischen  KQstenstädte  zu  kommen  (\  gl.  §.  454  f.).  UnUr 
diesen  war  Milet  bei  weitem  die  mächtigste;  gegen  dasselbe 
und  schien  Tyraimeii  Tiirasybulos  haben  Sadyattes  und 
Alyattes  elf  Jahre  lang  (G23— 013  nach  Her.)  Krieg  geführt, 


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Das  iydiscbe  Reich  und  die  Hellenen. 


583 


ohne  G-  zu  bezwingen.  Schliesslicli  wurde  ein  enpres  Bündni.-j? 
zwi-chen  beiden  'jfsf}!ln--;en.  Die  kleineren  Stiidte  scheinen 
meistens  ohne  grösseren  Kampf  sich  gefügt  zu  haben.  Die  Klazo 
menier  schlugen  den  Alyattes  zurück;  dagegen  eroberte  er 
Smyraa  (und  Kolophon?)»  sein  Sohn  Kroesos  (560—546) 
Ephesos.  Damit  waren  edle  Griechen  der  WestkCIste  mit  Aus- 
nahme Milet's  den  Lydern  tributpflichtig.  Die  Torllegenden 
Inseln  gleiehlEdls  anzugreifen ,  konnten  die  Könige  bei  dem 
iränzltclien  Manjjel  einer  Flotte  nicht  wa^^en.  A.uch  die 
Grieche! Kstädte  im  Norden  Kleinasiens,  wie  Lanipsakos  (IJer. 
VI,  37\  Kyziko^.  Siuo))e  mit  seinen  Golonien,  sind  sicher  nicht 
den  Lydern  unterthan  gewesen.  Jm  Mariandynergebiet  grün* 
deten  um  558  die  Megarcnser  und  Boeoter  Heraklea,  um  den 
Besitz  Ton  SIgeon  am  Eingang  des  Hellespont  kämpften  seit 
etwa  610  and  noch  zur  Zeit  des  Pisistratos  die  Athener  und 
die  Hitylenaeer,  ohne  dass  wir  von  einer  Einmischung  der 
Lyder  erfahren. 

An-ser  Herolot  «5,  ^Jp.  Dam.  fr.  G3  fT.  Mii.LKn.  Wie  die  Tnlcr- 
vverriiii;;  (Ics  fihri^'nn  K leiiiasieiis,  sclireibt  Hero'lol  auch  die  der  meisten 
gricchisclieii  Slädl«,  über  die  nichU  gonautTes  ht'kannt  war,  fSlschlich 
dem  Kroesos  zu.  Bei  Xanlho«?  isl  olVinljar  Alyattes'  H«'ileutung  weit 
klarer  her  vorgetreten.  —  Zwei  albenic  Sliulcgeme  bei  rolyaen  VII,  2; 
ferner  VI,  50  =^  Äelian  v.  hist.  III,  26.  Bithynien:  Steph.  Byz.  s.  v. 
^AUattct.  Kroesos  gegen  Sidene  io  Troas :  Sirabo  XllI,  1,  11.42.  Steph. 
Byt.  8.  ▼.  StSTjV-rj  aus  Xanlbos. 

g.  488.  Trotz  dieser  Kämpfe  war  die  Dynastie  der 
Mermnaden  nichts  weniger  als  griecheDfeindlich;  sie  gewährte 
den  eroberten  St&dten  die  gflnstigsten  Bedingungen.  Ihre 
Oberherrschaft  scheint  sich  im  wesentlichen  auf  die  Erhebung 
von  Abgaben  [und  ZaOen?}  beschränkt  zu  haben;  ob  sie  in 
die  commuiialtii  VerhiUtnisse  eingriffen,  wissen  wir  nicht. 
Al)er  es  war  eine  Lebensfrage  für  ilir  Reicli,  im  sicheren 
Besitz  der  ihrem  Gebiete  unmillelbar  vorlie^^enden  Hafenorte 
zu  sein.  In  demselben  Sinne  wurde  die  von  den  Griechen 
nicht  besetzte  Küste  zwischen  den  nördlichsten  aeoiischen 
Städten  und  dem  Ida,  die  thebische  Ebene,  von  den  Lydem 


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584 


Sechst«  Buch,  fttnfler  Abschnitt. 


in  umfassendem  Maasse  colonisirt,  die  alte  mysische  Bevöl- 
kerung veiilningt.  Die  Lyder  gründeten  hier  die  blühende  Stadl 
Adramytion ,  die  nach  einem  Stiefbruder  oder  Sohne  des 
Alyattes  benannt  sein  soll;  in  derselben  residirte  unter  letz- 
terem der  Kronprinz  Kroesos  als  Statthalter.  Auch  Daskylioa 
an  Propontis  östlich  von  der  Mündung  des  Rbyndakos, 
in  der  Perserzeit  die  angesehenste  Stadt  des  nördlichen  Phry- 
giens,  scheint  nach  dem  Namen  eine  Gründung  der  Her- 
mnaden  zu  sein.  Im  übrigen  war  in  dieser  Epoche  der  grie- 
chische Einfluss  in  Lydien  nur  in  stetem  Steigen  begrifl'en; 
wie  tief  er  gewirkt  hat,  geht  auch  daraus  hervor,  dass  ein  Jahr- 
hundert nach  dem  Fall  des  Reichs  der  Lyder  Xanthos  die  Ge- 
schichte seiner  Heimath  in  griechischer  Sprache  geschrieben  hat 
Mit  Mlltiades,  dem  Herrscher  des  thrakischen  Ghersones,  stand 
Kroesos  in  freundschaftlichen  Besiehungen  (Her,  VI,  37).  Das 
attische  Adelsgeschlecht  der  Alkmaeoniden  leitete  seinen  Reich- 
thum  von  seinen  Handelsbeziehungen  zum  Hofe  von  Sandes 
her  (Her.  VI,  125).  Die  Beziehungen  711  Delphi,  denen  die  Dy- 
nastie ihre  Herrschaft  verdankte,  und  zu  den  übrigen  griechischen 
Orakeln  wurden  von  Alyattes  und  Kroesos  eifrig  gepflegt;  in 
Milet  baute  Alyattes  der  Athene  zwei  Tempel  (Her.  1,  22), 
einen  grossen  Theil  des  ephesischen  Heiligthums  hat  Kroesos 
bauen  lassen  (Her.  I,  92).  Die  angesehensten  M&nner  von 
Hellas,  Staatsmänner  wie  Solon  von  Athen  und  Blas  von 
Priene,  besuchten  auf  ihren  Reisen  den  Hof  von  Sardes. 

Adramytion  und  die  Golonisation  d«r  thebisehen  Ebene:  Skylax 
peripl.  97.  Xen.  Anab.  Vif,  8,  7.  Strabo  Xüt,  1,  61.  6S.  SIepk.  Bys. 
*A8pa|fc6xtiov.  Nie.  Dam.  68.  65.  Mülles.  —  Die  Sage  von  den  sieboi 
Weisen  und  ihrem  Verkehr  mit  Kroesos  war  sehen  sa  Herodot*s  Zsit 
vollkommen  aoagebildet  (I,  27.  39.  75);  die  Solongescbiebie  ist  eine 
£pisode  derselben.  Ira  übrigen  ist  dieselbe  chronologiseh  ebenso  un* 
möglich,  wie  die  meisten  anderen  derartigen  Enälilungen,  z.  B.  die  reo 
AllLmaeon  VI,  125.  Solon,  Thaies,  Pittakos  waren  weit  älter  als  Kroesos. 

§.  481).  Dio  einy.igen  grösseren  Denkmäler,  welche  iin> 
das  lydische  Reich  hinterlassen  hat,  sind  die  Gräber  seiner 
Könige  auf  dem  Plateau  zwischen  dem  gygaeischen  See  und 


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Erüuduug  der  Mäuzprü^uag.  585 

dem  Ilermos  gegenüber  vou  Saides;  das  grösste  von  iiinen 
ist  das  des  Alyattes  (Her.  I,  93.  Strabo  XllI,  4,  7,  Hip- 
ponax  fr.  15  mit  Schneidewin's  Kmendationen ;  vgl.  §.  409). 
Von  der  commerziellen  Bedeutung  des  Reichs  aber  legt  eine 
ungemein  wichtige  Erfindung  Zeugniss  ab,  die  auf  dasselbe 
zurückgeht:  die  MQnzprSgung.  Es  ist  früher  ausgefülfft«  wie 
die  Edelmetalle  in  Vorderasien  seit  uralten  Zeiten  der  ge- 
wöhnliche Werthmesser  waren  und  auch  in  einem  festen  Werth- 
VcihulLnias  zu  einander  standen,  auf  dem  die  verschiedenen  Ge- 
wichtsfüsse,  nach  dLiitn  man  Gold  und  Silber  wog,  beruhten 
(§.  188  f.).  Für  den  gewöiiniiciien  Verkehr  brachte  man  sie 
in  bequeme  Formen,  wie  Barren  und  Ringe;  indessen  so 
lange  der  Kaufer  in  jedem  Falle  Gewicht  und  Feii^fehalt 
nachprüfen  musste,  falls  er  sie  nicht  auf  Treue  und  Glauben 
annahm,  blieben  sie  lediglich  Waare.  Die  Münze  ist  dadurch 
entstanden,  dass  der  Staat  für  die  von  ihm  ausgegebenen  Stücke 
die  Gaiiiutie  ubirnimmt,  indem  er  sein  Wappen  auf  dieselben 
setzt  und  sich  verpllichtet,  sie  ohne  weitere  Prüfun«?  als  voll- 
gültig anzunehmen.  £s  liegt  im  Wesen  der  Münze,  dass 
dieselbe  nur  von  einem  Gemeinwesen  oder  vom  Herrscher 
geprägt  werden  kann,  und  dass  die  vom  Staate  geprägten 
Münzen  innerhalb  seines  Gebiets  nothwendig  Zwangscours 
haben.  Die  Beschränkung  des  Munzrechts  auf  souveräne 
Staaten  gehört  dage^'en  erst  einer  weit  späteren  Epoche  an; 
in  älterer  Zeit  haben  auch  abhängige'  Gemeinden  Geld 
geprägt. 

Der  entscheidende  Schritt  ist  nacli  dem  Zeugniss  Ilero- 
dot's  (I,  94),  das  durch  die  neueren  Forschungen  lediglich 
bestätigt  wird,  in  Lydien  geschehe.  Wenn  der  Name  To- 
YÄ^oc  (PoUux  m,  87.  VII,  98)  wirklich  eine  Goldmünze  be- 
zeichnet —  die  Angabe  kann  auch  lediglich  auf  Her.  I,  14 
beruhen  —  so  könnte  Gyges  als  der  Erfinder  angesehen  werden; 
jeden  falls  haben  die  Mermnaden  seit  der  Mitte  des  siebenten 
Jahriiunderts  Geld  geprägt.  Von  Lydien  aus  hat  sich  die  Er- 
findung rasch  zu  den  griechischen  Küstenstädten  und  nach 
Europa  verbreitet;  überall  prägte  man  nach  dem  einheiini- 


586 


Sechstes  Buch,  fünfter  Abschnitt. 


sehen  Gewlchtsfiiss.   Die  ältesten  l3rdischen  Mfinzen  sind  von 

Elektron  (i^.  187),  dem  aus  dem  Paktolos  c:ewonnenen  Wasch- 
prold,  (las  eine  Rciniiseliung-  von  etwa  ;iO''o  Silber  enthält, 
nach  phoenikischein  Gewichtsfuss  geprägt  (zu  14,52  gr,). 
Demselben  System  folgen  eine  Reihe  griechischer  Städte,  wie 
Ryzilcos,  Lampsakos,  Ghios,  Klazomenae,  Kyme,  MiieL  Die 
weiteste  Verbreitung  hatte,  entsprechend  der  grossen  Bedeu- 
tung, welche  Phokaea  als  Handelsstadt  seit  dem  Ende  des 
siebenten  Jahrhunderts  besass,  der  schwere  phokaeische 
Goldätater,  der  nach  babylonischem  Goldgcuiclit  (Vo  Mine 
=  10,57  gr.)  jjopi  agt  ist.  Kroesos  hat  dann  eine  Münzreforra 
eingeführt,  nacti  der  nur  reines  Gold  und  zwar  halb  so  schwer 
wie  der  piiokaeische  Stater  (Kpovaeioc  OTatTjp  zu  8,17  gr.), 
und  daneben  ein  Silberstück  (zu  10,89  gr.),  welches  an  Werth 
ein  Zehntel  des  Goldstückes  reprftsenttrt,  geprägt  wurden.  Da- 
neben sind  reine  Goldstücke  zu  10,89  gr.  geprägt  worden, 
die  an  Werth  den  älteren  Elektronstücken  von  14,52  gr. 
gleich  standen.  Doch  blieb  die  Vorwirruog,  welche  durch  die 
verschiedenen  coik  iin  in  nden  Systeme  hervor^et  ulen  war,  be- 
stehen, bis  Dariu«;  eine  umfassende  Neuordnung  für  das  per- 
sische Reich  durchführte. 

Die  Uteratur  im  allgemeinen  s.  %.  188.  F^er  Aber  die  lydischen 
Hflnien  Borbll,  Nam.  Cbron.  II,  84*  BrjucdiSi  MQnzwesen.  LBHonauirr, 
Monnaies  royales  de  laLydie  1876.  Head,  Goinage  of  Lydia  and  Persia  1877, 
in  Numismata  Orientafia  I.  Im  allgemeinen  Polluz  IX,  88.  Ohne  zwingende 
GrQnde  bezweifelt  Brandis,  HQnsweeen  200,  Herodot*s  Angabe  und  meint, 
die  Mflnqnrftgnng  sei  von  den  Griechen,  speciell  in  Phokaea  erfunden 
worden.  Die  Angabe,  Pheidon  von  Argoe  habe  die  Geldprägung  in  Griechen- 
land eingeführt  (Pollux  1.  o.,  Marmor  pari  um ,  SLrabo  YIII,  3,  83  u.  a.) 
beruht  aufeiiu  r  falschen,  auf  Ephoros  zurückgehendem  Wrall^remeinerung 
von  H^T.  VI,  127,  —  Pas  Wappen  der  lydischen  Münzen  ist  da?  Vorder- 
thpü  eines  I/'wea  und  eines  Stieres.  Beischrilten  ^ind  in  älterer 
Zeit  f^rllen.  Auf  der  Rückseite  zeigen  die  flUeren  Münzen  noch  kein 
Bild,  sondern  die  viereckige  Oberfläche  des  Prägstockes  iQuadraUini  in- 
rusun>>.  Einige  sehr  alle  Elektronrnfinzen  zeigen  auch  auf  dem  Avers 
noch  kein  Bild .  f^ondern  nur  eine  rauhe  Uherfläche  (Typus  fascialus), 
b.  Brandis  p.  100,  Lunohmaiit  Nr.  1  ff.,  Heao  p.  12.  Oaes  dieselben  dm 
ersten  Mennnaden  angehören,  Ist  natürlich  nicht  sa  erweisen. 


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Das  neubabjbnische  Reich. 


587 


Das  Reich  NebukadnezaKs  II. 

§.  490.  Die  Aufgaben,  welche  die  neuen  Herrscher  von 

Babylon  zu  lösen  hatten,  waren  vielfach  und  mühevoll.  Als 
Nabopalassar  das  assyrische  Joch  abschüttelte,  war  ein 
grosser  Theil  de?  Landes  völlig  verödet.  Dio  Hauptstadt 
lag  seit  der  Zerstörung  durch  Sanherib,  derrn  Wirkungen 
durch  Assarbaddon's  Wiederherstellung  'nur  Iheilweise  aus- 
geglichen waren,  seit  der  neuen  Eroberung  unter  Assnrbanipal 
'  im  Kriege  gegen  seinen  rebellischen  Bruder  grossen  Tbeils  in 
Trümmern.  Die  äbrigen  Stftdte  des  Landes  hatten  oft  kaum 
weniger  gelitten.  Dem  von  den  Naturkräften  bewirkten  Ver- 
fall vollends  hatte  Niemand  gewehrt.  Die  Canäle  und  Doiciie 
waren  überall  verfallen,  die  Pilaiizun^en  und  Parks  von  den 
A?syrorn  vielfach  systornatisdi  verwüstet.  Die  Tempo)  und  Pa- 
läste waren  überall  eingestürzt,  die  Städte  nirgends  in  vortiiei- 
digungsfahigem  Zustande,  am  wenigsten  die  Hauptstadt  selbst. 
Die  Wirkungen  nun  gar,  welche  die  ein  volles  Jahrhundert  hin- 
durch (745—648)  mit  solcher  Erbitterung  und  so  unheilvollem 
Ausgang  gegen  Assyrien  geführten  Erlege  auf  die  Nationalität 
und  den  BevÖlkerungsstand  Babylon  iens  geübt  haben  mfissen, 
lassen  sich  wohl  ahnen ,  aber  nicht  irgendwie  präcisiren. 
Die  Blüthe  des  all  babylonischen  Volkes  niuss  in  denselben 
nahezu  vernichtet  sein.  Schon  Nahopalassar  hat  mit  der 
Restauratioüsarbeit  begonnen;  wie  wir  aus  den  luschriften 
seines  Sohnes  erfahren,  geht  die  Anlage  der  gewaltigen  Be- 
festigungswerke Babylons  auf  ihn  zurück,  ebenso  die  eines 
neuen  Königspalastes.  Der  eigentliche  Reorganisator  aber  ist 
Nebukadnezar  II.  (Nabukudurriusur,  Naßotmo^pöaopoc  u.  Tar., 
HVNTlDlDj  und  verschrieben  "/'iJ^jIDDi).  Ihm  standen 
die  Hülfsmitlel  eines  gewaltigen  Reiches  zur  Wiederherstellung 
seiner  Heiuiath  zur  Verfügung,  und  er  war  ein  Fürst,  dem 
an  Thatkrall  und  Umsicht,  abgesehen  vielleicht  von  Sargon, 
dem  grossen  Organisator  des  Assyrerreichs,  keiner  unter  den 
Herrschern  des  Orients  vor  Kyros  gleichgestellt  werden  kann* 


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588 


Sechfites  Buch,  fünfler  AbsclimU, 


Da«s  er  mit  vollem  Bewusstsein  seine  Aufgabe  ergrifT,  lehrt 
der  charakleris  tische  Umstand,  dass  er  in  allen  bis  jetzt  ge- 
fundenen Inschriften  nur  seine  Bauten  und  sonstigen  Werke» 
seine  Frömmigkeit  und  Gereebtigkett  preist,  Yon  seinen  K&m- 
pfen  aber  durchaus  sehweigt  Die  Lftnd^r  und  Völker  »Tom 
oberen  bis  zum  unteren  Meere«  waren  ihm  sat  dem  Siege 
über  Necho  unterthan;  die  Niederwerfung  vereinzelter  Auf- 
stände schien  ihm  mit  vollem  Recht  unwesentlich  neben  den 
grossen  Werken,  zu  denen  ibn  die  Götter  berufen  hatten. 

Voo  der  isnereD  Tbitigkdt  Nebokadoeiar's  Hast  sieh  ans  den  meist 
tiefllieh  la  elnauder  sümmenden  Angaben  seiner  Insehrillen  (L  R  ^  4» 
51—66»  Y  R.  84),  des  Berossos  (bei  Josepbiis  Ant.  X.  11,  1.  e»  Ap.  I.  19» 
Eaeeb.  chron.  1,  40  fT.  u.  a.,  und  mehrfeeb  entstellt  bei  Abydenns»  Euseb. 
ebfon.  I,  37  f.)  und  des  Herodot  einlgermaesBen  ein  Bild  gewinnen.  Sonit 
vgl.  auch  Diod.  II,  7  fT,  narb  Klesias  und  Klilarch.  Bei  Herodot  werilen 
Nebukadnezar'e?  Werke  merkwürdigerweise  der  Nitokrij^,  der  Gemalilin 
des  Labynelos.  zu^'esch rieben  (F,  185  —  188);  inhalllicb  sind  seine  An- 
gaben.aber  bebr  braucbbar.  Diu  vielfach  noch  dunklen  In»cbririen  und  die 
anscbliessenden  topoy;rapbi<cben  Fragen  sind  namentlich  von  Oheut, 
Exped.  eu  Muäup.  eingebend  behandelt.  Im  übrigen  s.  Dlkcker  II,  5^  S. 
und  Dklitzso»,  Parad.  Gameo  mit  dem  Kopf  Nebukadnezar's :  Schräder» 
8er.  BerL  AL  1879,  m  785. 

491.  Die  wichllgste  Aufgabe  war,  das  Land,  namentlich 
für  den  mit  Sieherheit  zu  erwartenden  Krieg  mit  Medien,  wieder 

in  vertheidigungsfähigen  Zustand  zu  setzen.  Zu  dem  Zwecke 
wurde  Babylon  mit  einer  doppelten  gewaltigen  Mauer  um- 
geben. Die  an-sere  Mauer,  welche  den  Namen  Imgur-bel 
führt,  sclieint  einen  Umfang  von  8  Mf  ilen  gehabt  zu  haben. 
Nach  Herodot  (I,  178)  war  sie  200  Ellen  hoch  und  50  Ellen 
breit,  und  enthielt  100  Thore;  vor  ihr  zog-  sich  em  tiefer, 
wasserreicher  Graben  hin.  Wie  alle  babylonischen  Bauten 
war  auch  diese  fifauer  aus  gebrannten  Ziegeln  errichtet  und 
durch  Asphalt  gefestigt.  Wie  es  scheint,  war  hei  weitem  nicht 
die  ganze  von  der  Mauer  umschlossene  Fläche  bebaut  ,  ob- 
wohl Berossos  sagt,  Nebukadnezar  liabe  der  alten,  von  ihm 
wiederhergestellten  inneren  Stadt  eine  zweite  äussere  hinzu- 
gefügt. Im  wesentlichen  aber  entsprach  die  erste  Mauer  dem 


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Nebiik«dDenr*s  U.  Bauten. 


589 


aussereiiy  Ton  Forte  gebildeten  Festmigsgdrtel  unserer  Feetungen. 
Die  innere  Stadt  wurde  von  einer  nicht  viel  schwächeren 
Mauer,  die  Nlmittibel  heisst,  umschlossen.   Auch  längs  des 

Flusses,  der  die  Stadt  in  der  Mitte  durchschneidet,  war  eine 
stärkt  Mauer  errichtet,  das  Ufer  durch  Quaianlagen  ein- 
^redrimmt.  Die  beidi  n  Theilc  der  Stadt  wurden  durch  eine  auf 
steinernen  Pfeilern  ruhende  Brücke  verbunden,  deren  Gebälk, 
bei  Nacht  weggenommen  wurde.  Nach  Herodot  hatte,  um 
die  Brücke  zu  bauen,  der  Fluss  abgeleitet  werden  müssen. 
War  so  die  Hauptstadt  in  eine  wie  es  schien  uneinnehmbare 
Festung  verwandelt,  so  wurde  *a1s  erste  Vertbeidigungslhiie 
gegen  einen  ÄnfrHff  von  Norden  eine  Maoer  von  100  Fuss 
Höhe  und  20  Fus-,  Breite,  die  so^.  medische  Mauer,  oberhalb 
des  nördlichsten  vom  Eii{)h[at  v.um  Tigris  fuhrenden  Ganais 
von  dem  einen  Strome  zum  anderen  gezogen  (Xen.  Anab. 
I,  7,  15.  n,  4,  12).  Im  übripfen  dienten  die  beiden  Ströme 
selbst  und  die  zahlreichen  Ganäle  zugleich  der  Landesver- 
theidigung;  auch  an  kleineren  Festungen  wird  es  nicht  gefehlt 
haben. 

Nach  Berossos  w9re  jede  der  beiden  Stadtmauern  dreifiush  gewasen; 
die  Inscbriftea  and  Herodot  erwähnen  davon  nichts, 

§.  492.  Unter  den  Weiken  des  Friedens  war  die  Wieder- 
herstellung des  verfallenen  Bewässerungssystems  und  die  Regu- 
lirung  der  Ueberschwemmung  das  wichtigste,  von  ihr  hing  der 
Wohlstand  des  ganzen  Landes  ab«  Auch  hier  hat  Nebukadnezar 
durchgreifend  gewirkt.  Das  ganze  Bett  des  Euphrat  wurde 
regulirt  und  mit  Deichen  eingefasst  Bei  Sippara  wurde  em 
grosses  Bassm  nach  Art  des  Moerissees  zur  Aufnahme  und 
Vertheilung  des  Ueberschwemmungswassers  angelegt,  dessen 
Umfang  über  zehn  Meilen  betrug.  Den  alten,  völlig  ver- 
fallenen Canal  Libil-Chegal  östlich  von  Babylon  wiederher- 
gestellt zu  haben,  rühmt  sich  der  König  selbst  (I  R.  52,  4); 
den  grossen,  für  Getreideschiffe  fahrbaren  Eönigscanal  Na- 
barmaika  (bei  Abyd.  verschrieben  'Ap(iaxdXi]c)  fahrt  Berossos 
auf  ihn  zurück.  Ebenso  werden  die  drei  anderen  gleichfalls 


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590 


Seebstes  Buch,  fOnfler  Abscbnitt, 


oberhalb  von  Babylon  vom  Euphrat  zum  Tigris  führenden 
Canäle  auf  ihn  zurückgehen.  Auch  das  Ufer  des  pefsischeo 
Heerbiuens  wurde  durch  Dämme  gegen  Sturmfluthen  gesefaötzl. 
Daneben  gdien  die  Restaurationsarbeiten  in  den  Stfidten  her« 
Ueberau  in  Babylonien  hat  Nebukadnezar  gebaut,  vor  aHem 
natürlich  in  den  Tempeln;  von  sdnen  Werlcen  in  Ur,  Uruk, 
Larsam,  Doiaippa,  Sippara,  Xippiir  reden  theils  die  grossen 
Inschriften,  theils  einzelne  an  den  Orten  selbst  gefundene 
Backsteine.  Vor  allem  aber  ist  das  spätere  Babylon  fast  ganz 
eine  Sciiöpfung  des  grossen  Königs.  Der  Mauern  und  der 
grossen  Brücke  wurde  schon  gedacht.  In  15  Tagen  ^  wie  er 
selbst  sagt  und  Berossos  bestätigt,  errichte  er  sich  nd>en 
dem  Palaste  seines  Vaters  einen  prächtigen  PaiasU  In  dem 
grossen  zugehörigen  Park  liess  er,  wie  Berossos  angibt, 
seiner  medischen  Gemahlin  zu  Liebe  die  berühmten,  von 
spateren  CJrieciien  der  Scmiramis  zugeschriebenen  1  i  n  i -enden 
Gärten  anlegen.  Am  meisten  rühmt  sich  der  Köiii^'  seiner 
Tempelbauten.  Denn  er  war  ein  fronmier  Verehrer  der  Götter, 
vor  allem  des  Marduk,  des  gewaltigen  Herrn  von  Bai)ä,  und 
seines  Sohnes  Nabu,  des  Stadtgottes  des  benachbarten,  yiel- 
leicht  von  der  Aussenmauer  Babylons  mit  umschlossenen  Bor^ 
sippa,  der  auf  seiner  ewigen  Tafel  die  Geschicke  der  Menschen 
verzeichnet.  Ihre  Tempel,  Esagila  in  Babel  und  Eztda  in 
Borsippii,  wiederhergestellt  zu  haben,  rühmt  er  sich  durchweg 
an  erster  Stelle.  Daneben  hnt  er  namentlich  den  prrossen 
terrassenförmigen  Belstempei,  den  »Tempel  der  sieben  Sphären 
des  Himmels  und  der  Erde«,  der  bisher  nur  Ins  zum  dritten 
Stockwerk  autiKefiihrt  war,  vollendet. 

Ueber  das  Bassin  von  Sippara  ergftnieii  sich  Herodot  oad  Abidemis. 
B«i  letsUrem  dfirftsn  in  der  Angabe  Ober  den  ümfaog  für  40  Ptomogen 
14  einniMtMo  sein,  die  Herodot*B  490  Stadien  f  enau  entspieehen  wOrden. 
Allerdings  gibt  »och  Diod.  n,  0,  1  die  Unge  jeder  Seite  auf  800  Sta- 
dien (sB  10  Paiasangen)  an. 

§.  493.  So  wirkte  Nebukadnezar  für  seine  Heimath.  Von 
seiner  Verwaltung  der  Provinzen  wissen  wir  wenig;  im  all» 
gemeinen  wird  sie  d^  assyrischen  nachgebildet  gewesen  sein. 


I 

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Handel  und  Verkehr  lar  Zeit  Nebokedneittr>. 


591 


Die  Ilasse  der  Untertbanen  war  die  Fremdherrschaft  schon 
ein  Jahrhundert  lang  gewohnt  und  hatte  nur  den  Herrn  ge- 
wechselt; nationale  Empörungen  waren  hier  nicht  zu  erwarten. 
Dagegen  mussten  Handel  und  Verkehr  in  der  langen ,  dnrch 

die  aegyptischen  Kriege  kaum  geslürtm  Friedeiisperiodi'  neu 
aulkben,  die  Folgen  der  Skytheninvasion  wieder  ansgegliciien 
werden.  Die  Wüstenaraber,  besonders  die  Qedreer,  verstand 
NebuiLadnezar  im  Zaum  zu  halten  wie  Assarhaddon  und 
Assurhanipal  (ierexxL  49,  28  ff.)>  Abydenus  berichtet,  dass 
er  nim  Schutze  gegen  die  Araber  die  Stadt  Teredon  an  der 
Euphratmtodung  angelegt  habe.  Dieselbe  diente  jedenfalls 
auch  Handelszwecken,  namentlieh  für  den  Karawanen-  und 
Seeverkehr  mit  der  oslarabischen  Küste.  Sein  Ausgangspunkt 
w^ar  vor  allem  Gerrha,  eine  am  Bahreinbusen  wenige  Meilen 
von  der  Küste  gelegene  Sindt,  die  von  Hüi  iitigen  Chaldaeern 
gegründet  sein  soll  und  namentlich  Weihrauch  nach  Babylonien 
exporfirtp.  Schon  die  Lage  der  Stadt  zeigt,  dass  sie  zunächst 
Landhandel  trieb;  doch  berichtete  Alexander's  Zeitgenosse 
Aristobul,  dass  die  Gerrhaeer  ihre  Waaren  auch  auf  Flössen 
nach  Babylonien  brächten.  Femer  gehört  dieser  Epoche  wahr- 
scheinlich die  Entwickelung  eines  Euphrathandels  an.  In  frü- 
heren Zeiten  war  derselbe  in  grösseren  Dimensionen  schon  um 
der  politischen  Verhältnisse  unmöglich.  In  der  Perserzeit  aber 
bringen  die  Armenier  ihre  Waaren  auf  Lederkähnen  nach 
Babylon,  nehmen  dann,  wie  es  auch  jetzt  noch  gewöhnlich 
ist,  ihre  Boote  auseinander  und  kehren  zu  Lande  zurück; 
•  Thapsakos,  der  südlichste  Ort  auf  dem  rechten  Ufer  an  der 
Grenze  der  Wtlste,  wird  eine  bltthende  Stadt,  wo  die  Kauf* 
leute  den  Euphrat  passiren  oder  sich  nach  Babylon  ein- 
schMTen.  Offenbar  haben  sieh  diese  Verhältnisse  untw  dem 
neubabylonisclien  Reich  angebahnt.  Es  wird  damit  zusammen- 
hängen, dass  Herodot  berichtet,  Nitokiis  (d.  i.  Nebukadnezar) 
habe  dem  irühcr  geraden  Lauf  des  Euphrat  zahlreiche  Krüm- 
mungen gegeben;  offenbar  versuchte  man,  dadurch  die  Ge- 
walt des  Stromes,  die  das  Aufwärtsfahren  fast  ganz  oder 
ganz  unmöglich  machte,  zu  mässigen.  Dass  die  Beziehungen 


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592 


Sechstes  Bach,  fQnfter  Abschnitt. 


Babylons  sich  bis  nach  Griechenland  erstreckten,  lehrt  der 

Umstand,  dass  ein  adliger  Milylenaeer,  Antimenidas,  des  Al- 
kaeos  Bruder»  in  Nebukadnezar's  Heere  diente  und  einen  ge- 
waltigen Recken  erschlug  (Slrabo  XIII,  2,  3).  Dass  die  Han- 
delsbeziehungen nach  Osten  in  ähnlicher  Weise  entwickelt 
waren,  müssen  wir  annehmen,  wenn  auch  die  Zeugnisse 
fehlen.  Nur  ein  grösserer  Se^andel  auf  dem  persischen  Meer- 
busen hat  sich  auch  in  dieser  Zeit  noch  nicht  entwickelt. 
Sonst  aber  hat  die  Vereinigung  Syriens  und  Babyloniens  zu 
einem  Reiche  dem  Welthandel  auf  Jahrtausende  die  Bahnen 
gewiesen;  von  Nebukadnezar  bis  auf  die  Mong^oleninvasion  ist 
die  Hauptstadt  Babyloniens  ganz  oder  nahezu  die  grösste 
Handelsstadt  der  Welt. 

Gerrhs  und  der  «rabische  Handel:  Strabo  XVI,  St  3.  Arrian«  lad. 
32,  7.  Polyb.  XIII,  9.  Thapsakm  und  dar  Euphralbandel:  Xcn.  Anab.  I, 
4. 11.  Reg.  1. 5,  4.  Arrian.  VII,  19,  3.  Her.  I.  186.  194  u.  a.  Aristobnr« 
Angabe  bei  Strabo  I.  c,  die  Gerrbaeer  briebten  ihre  Waaren  Ober  Ba- 
bylonien  zu  Schiff  nnch  Tliapsakos  hinauf,  sieht  mit  Her.  I,  194  M,  «ifv 
icotafiAV  o6x  otd  xi  loxi  nXittv  o&Sevl  tpoicu)  bitb  xayi^toz  xo'i  itotafiftB  IQ 
Widerspruch.  Im  allgemeinen  vgl.  Ritter,  Erdkunde  X,  6  ff.  1017. 

Nebulcadnezar  und  Aegypten.   Der  Fall  Jerusalems. 

§.  494.  Die  äussere  Politik  Nebukadnezar's  wird,  ab* 
gesehen  Ton  der  Bäcksfchf  auf  Medien,  dinrhans  beherrscht 

von  dem  Gegensatz  pregen  Aegypten.  Die  Pharaonen  konnten 
den  Verlust  der  reiciien  und  für  den  llanclel  Aegypten?  «o 
wichtigen  syrischen  Provinzen  nicht  verschmerzen  und  ver- 
suchten wieder  und  wieder,  sie  dem  babylonischen  Reich  zu 
entreissen,  zunächst  indem  sie  wie  die  Aethiopen  zur  As- 
Syrerzeit  die  Vasallen  zu  neuen  Empörungen  verlockten.  Im 
Jahre  597  verweigerte  König  Jojaqim  von  Juda  den  Tribut, 
Aber  die  aegyptische  Hülfe,  auf  die  er  baute,  kam  nicht,  da- 
gegen  wohl  ein  chaldaeisches  Heer.  Jerusalem  wurde  belagert, 
des  inzwischen  verstorbenen  Jojaqim  Sohn  Jojakin  oder  Jelconjah 
musste  capituliren  und  wurde  mit  den  Schätzen  des  Palastes  und 
des  Tempels  und  dem  ganzen  Adel  der  Bevölkerung  nach  Baby- 


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Nebukadnezar  geg^ea  Aegypten  und  Juda. 


593 


lonien  fortgeiüiirt.  »Ganz  Jerusalem,  alle  Fürsten  (vgl.  Jerem. 
29,  2),  alle  Krieger,  10,000  an  der  Zahl,  alle  Zimmerleute 
und  Schlosser  wurden  fortgeführt,  nur  das  niedere  Landvolk 
blieb  zun]ck.€  Zum  Herrscher  über  das  also  seiner  Wehr- 
kraft und  seiner  besten  Männer  beraubte  Volk  wurde  Joja- 
qim*s  Bruder  Mattanjah  eingesetzt,  der  den  Namen  Sidqijah 
(Zedokin,  59ö — 580}  annahm.  In  die  sociale  Umwäbiung,  die 
dadurch  iierbeigeführt  wurde,  geben  die  Schriften  des  -/nrnck- 
gebllebenen  Jeremia  und  vor  allem  die  des  mit  fortgetührten 
Priesters  Ezechiel  einen  Einblick.  Die  Weggeführten  haften 
ihren  Grundbesitz  bei  der  plötzlichen  Entwerthung  aller  Güter 
um  ein  geringes  losschlagen  müssen  und  sahen  daher  mit 
doppelter  Erbitterung  auf  den  plötzlich  zum  Herrn  gewordenen 
Pöbel  herab.  Sie  betrachteten  sich  als  das  eigentliche  Israel, 
Jojakin  als  den  allein  legitimen  König  (daher  auch  Reg.  II, 
25,  27  ff.);  sie  erwarteten  bestimmt,  dass  Jahwe  sie  bald  in 
ihre  Heimath  zurückführen  werde  (vgl.  Jerem.  29).  Um  so 
mehr  konnte  Nebukadnezar  annehmen,  dass  die  jetzt  zum  Be- 
sitz  gelangte  Bevölkerung  ihm  treu  ergeben  werde.  Er 
hatte  sich  verrechnet;  das  Vertrauen  auf  Jahwe,  auf  den 
auch  diesmal  wieder  dem  Verderben  entgangenen  Tempel 
erwies  sich  stärker  als  alle  vernünftige  Ueberlegung  (vgl. 
Jerem.  27.  28). 

§.  495.  Im  Jahre  504  starb  Necho.  Sein  Sohn  Psam- 
metich  II.  (594—589,  Herod.  ^d|i|i.tCt  Man.  Wd(i.(iAodtc)  hat,  so« 
weit  wir  wissen,  nur  In  Aethiopien  gekämpft  (§.  468).  Kaum  hatte 
dagegen  der  nächste  Herrscher,  Apries  (Ühabra',  'Anpirjc,  Mftn. 
CHSa'^pLi;,  yi£)n),  im  Jahre  588  den  Thron  bestiegen,  als  er  die 
syrischen  Kriege  wieder  aufnahm.  »Er  zog  gegen  Sidon  zu  Felde 
und  lieferte  den  Tyriern  eine  Seeschlacht«  berichtet  Herodot 
(II,  161).  Aus  den  hebraeischen  Angaben  sehen  wir,  dass 
Juda  abermals  den  Kampf  eröffnete.  Der  König  Sidqija,  der 
nur  mit  halbem  Herzen  in  den  Krieg  gegangen  zu  sein 
scheint,  wurde  von  dem  blinden  Vertrauen  seiner  Grossen 
und  der  Hasse  der  Bevölkerung  mit  fortgerissen;  vergebens 

Meyer,  QmdbUM»  Um  Altorlhiune.  I.  88 


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594 


Sechstes  Bucli.  fQnfler  Abscbnilt. 


erhüben  die  wenigen  Einsichtigen,  wie  Jeremia,  ihre  warnende 
Stimme.  So  wiederholte  sich  denn  das  alte  Schauspiel.  Im 
Januar  587  erschien  Nebukadnezar's  Ileer  vor  Jerusalem  und 
begann  die  Belagerung.  Zwar  musste  dieselbe  unterbrochen 
werden,  als  die  Aegypter  heranrückten.  Doch  wie  es  scheint« 
wagten  dieselben  keinen  Kampf;  ohne  Schwertstreich  gab 
Apries  den  Ghaldaeem  Syrien  Preis  (Jeretn.  37).  Jerusalem 
wehrte  sich  aufs  äusserste ;  nur  dem  ihm  persönlich  ge- 
neigten König  verdankte  es  Jeremia,  der  noch  immer  zur 
Capitulation  ermahnte,  dass  er  nicht  der  Wuth  der  Patrioten 
zum  Opfer  üel.  Endlich  im  Juli  586  wurde  eine  Bresche  in 
die  Mauer  gebrochen.  Der  König  wurde  auf  der  Flucht  ge- 
fangen und  nach  Ribia  (§.  482)  vor  den  Richterstuhl  Nebu- 
kadnezar's geführt  Von  Schonung  konnte  nicht  mehr  die 
Rede  sein;  aber  wenn  man  Nebukadnezar's  ürtheil  mit  den 
Tiiaten  der  Assyrer  oder  auch  der  Körner  vergleicht,  kann 
man  es  nur  als  ein  mildes  bezeichnen.  Sidqija  wurde  fre- 
blendet,  seine  Söhne  und  die  Angesehensten  des  Volks,  einige 
70  >fänner,  hingericlitet,  die  Stadt,  die  Mauern  und  vor  allem 
der  Tempel  von  Grund  aus  zerstGrt.  Von  der  Bevölkerung 
wurde  aufs  neue  ein  grosser  Theil  nach  Ghaldaea  fortgeführt; 
nur  die  Ueberläufer  und  die  Aermsten,  »die  gar  nichts  be- 
Sassen  €,  wurden  im  Lande  gelassen  und  die  Weingärten  und 
Aecker  unter  sie  vertheill.  Die  alte  Nation  war  vernichtet; 
dass  sie  als  religiöse  Sekte  die  Katastrophe  überlebte,  ver- 
dankte sie  dem  Halt,  welchen  sie  an  ihren  Hoffnungen 
und  an  Ihrem  Gesetzbuch  besass.  Unter  den  Zurückgeblie- 
benen war  auch  Jeremia,  dem  die  Ghaldaeer  besondere 
Gunst  zuwandten.  Das  Gericht  Jabwe*s,  dessen  Kommen  er 
mit  klarem  Blick  und  mit  tiefstem  Schmerz  ^kannt  hatte, 
hatte  sich  vor  seinen  Augen  furchtbar  erfüllt.  Sein  Schicksal 
war  noch  nicht  vollendet.  Als  Gedaljah,  den  Nebukadnezar 
zum  Statthalter  über  das  Land  eingesetzt  hatte,  von  IsmaH, 
einem  Nachkommen  des  alten  Königsgeschlechts,  im  Auftrage 
des  'Aromoniterkönigs  ^schlagen  wurde,  wanderten  die  Zu- 
rückgebliebenen aus  Furcht  vor  der  Rache  der  Ghaldaeer  nach 


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Zerstörung  Jerusalems.   Belagerung  von  Tyros.  595 

Aegypten  aus  und  zwangen  den  greisen  Propheten,  sich  ihnen 
anzuscbliessen. 

Die  wei(jere  religiöse  Entwiekelung  des  Judenthums  muss  dem 
sftchaten  Bande  Torbebalten  bleiben. 


Kölligsliste« 


Hizkia  trad. 

29  J.  ( 
55  J.  \^ 

Manasse  „ 

AiDon 

2  J. 

Joeia 

81  i. 

Joachas 

-  8  H. 

Jojaqim 

11  3, 

Jojakin 

-  SM. 

$idqga ' 

11  J. 

714  -686  ? 

640  -639 
688  -608 

608 
607  -697 

597 
696  —586 


§.  49(3.  Der  Erhebung  gegen  die  Chaldaeer  hatte  auch 
Tyros  sich  angeschlossen ,  ob  gezwungen  durch  den  Seosieg 
des  Apries,  von  dem  Herodot  erzahlt,  oder  ob  aus  anderen  Er- 
wägungen, wissen  wir  nicht  Jedenfalls  war  König  Itoba'al  IL 
entschlossen,  sich  der  Fremdherrschaft  nicht  wieder  zu  fügen. 
So  rückte  das  chaldaeische  Heer  nach  dem  Falle  von  Jeru- 
salem sofort  gegen  Tyros.  Dreizehn  Jahre  lang,  d.  1.  585 — 578, 
so  berichten  die  tyrischen  Annalen,  sei  die  Stadt  von  Ne- 
bukadnezar  belagert  worden.  Es  wird  gegangen  sein  wie 
zur  Zeit  Sanherib's  (§.  383).  Die  Stadt  wurde  vom  Lande 
abgesperrt,  aber  die  Felseninsel  war  uneinnehmbar,  und  das 
unentbehrliche  Wasser  gewannen  die  Tyrier  aus  Gisternen. 
So  muss  schliesslich  ein  Compromise  zu  Stande  gekommen 
sein,  durch  das  die  Stadt  sich  der  babylonischen  Oberhohdt 
fügte  —  der  König  Itoba'al  wurde  abgesetzt  oder  starb  ui 
demselben  Jahr  — ,  aber  ihre  staatliche  Selbständigkeit  behielt. 
In  den  folgenÜLti  Zeiten  innerer  Wirren  —  unter  anderem 
traten  sieben  Jahre  lanp^  f5()2— 556)  SufTeten  (oaaot«t,  §.  285) 
an  die  Steile  der  Könige  —  wurden  die  Könige  wiederholt 
aus  Babel  geholt,  wo  sie  vermuthlich  als  Geisein  bewahrt 
waren. 


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596  Sechr^tes  Buch,  fünfter  Abschnitt. 

Josephus  c  Ap.  21  (Biueb.  chnm.  I,  51)  gibt  die  lyrische  KOnigriieto 
dieser  Zeil,  ofTenliar  aus  Henandcr  (allerdings  wird  ant.  X,  11,  1  Pbilo> 
siratos  clürt).  Da  er  angibt,  dass  das  Ii.  Jahr  l;|irani*8  IIL  dem  ersten 
des  Kyroe  (offenbar  als  König  Ton  Babel  588;  Umobr^s  Versuch,  das 
Datum  auf  den  Ston  des  medischen  Reichs  m  beriehen,  Abh.  Bair. 
Ak.  Phil.  Cl.  XVI,  848  ff.  seheint  mht  ganx  unhaltbar)  gleich  sei,  kann 
der  Anfang  der  dreizehnjährigen  Belagerung  nicht,  wie  er  meint,  ins  7.  Jahr 
Nebukadt)(-zar*s  598,  sondern  nur  in  sein  20.,  585,  fallen.  Dann  stimmen 
die  lyrischen  Daten  genau  su  Ezechiel,  <lf>r  r.  20  im  Jahre  586  das 
Herannahen  der  Bek^^rung,  c.  29,  17  im  Jahre  570  ihr  Scheitern  und 
den  drolienden  Krieg  gegen  Aegypten  bespricht. 


Tyrische  Königsliste. 

Unter  Itoha'al  H.  Belagerung  13  J.  585-573 

Baal  10  J.  572-563 

Richter,  zus.  7  J.  3  M.,  562-556 

&v  |mo4o  e^aoOuiDat  BaULtopo^  hvwtxn&v  Sva. 

Merba'al       4  J.  555-553 

Qiram  III.  20  J.,  551-582 

sein  14.  J.  =  1  Kyros  =  538. 


g.  497.  Seit  langem  schon  hatte  man  erwartet,  dass 
Nebttkadnezar  an  Aegypten  Rache  nehmen,  den  Einlallen  der 
Pharaonen  durch  einen  AngrifTskrieg  ein  definitives  Ende  be- 
reiten werde.  Naniuntlich  die  hebraeisclien  Propheten,  besot^'lt 
von  der  Auffassun^^  dass  die  Ghaldaeer  das  Werkzeug'  Jaliwe's 
seien,  mit  dem  er  alle  Völker  heimsuche,  und  zugleich  von 
dem  Streben  nach  Rache  an  dem  unzuver1;l?si;ren  Bundes- 
genossen, der  Juda  ins  Verderben  gestürzt  halte,  hatten  wieder 
und  wieder  den  Untergang  Aegyptens  verkflndet.  In  der 
That  zog  Nebukadnezar  im  Jahre  568  gegen  Aegypten,  wo 
inzwischen  Aroasis  den  Apries  gestürzt  hatte  (569,  §.  500). 
Ein  Fraj/iuent  seiner  Annalen  berichtet  kurz  von  Kan^jjfen 
und  Beute,  ohne  (lass  sich  Genaueres  erkennen  liesse.  Wenn 
eine  Inschrift  eines  hohen  Beamten  des  Apries,  der  zugleich 
Statthalter  der  nubischen  Grenzlande  war,  in  sehr  allgemeinen 
Ausdrücken  von  einer  Heimsuchung  Aegyptens  durch  die 


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« 


Nobukaduetar  gegen  Aegypten.  597 

Asiaten  spricht,  so  muss  sieh  das  auf  dasselbe  Ereigniss  be- 
ziehen, und  der  Krieg  hat  entweder  schon  unter  Apries  be- 
gonnen, oder  man  erkannte  zur  Zeit  (ies>elben  den  Apries 
noch  officiell  als  König  neben  Amasis  an.  Im  übrigen  war 
Nebukadnezar  ein  viel  weiserer  Staatsmann,  als  Jeremia  und 
Ezechiel  erwartet  hatten,  und  am  wenigsten  jagte  er  dem 
Ruhm  eines  Eroberers  nach.  Die  Unterwerfung  Aegyptens 
hat  er  in  keiner  Weise  yersucht.  Das  Ziel  dagegen,  welches 
er  allein  erstrebte,  den  Invasionen  der  Aegjrpter  energisch  än 
Ende  zu  machen,  hat  er  yoHkommen  erreicht. 

Fragment  der  Annalea  [der  Rest  ist  noch  nicht  poblicirt!]:  Pinches, 
TrSBA.  VII.  210.  Wiedemäxn,  ÄZ.  1878,  87.  Scehader.  ÄZ.  1879  ,  45. 
Inschrift  dos  \csh  )r  (aus  dem  Wikpfmann  einen  »General  [IJ  ^ior«  gemacht 
hat!):  Clarac,  Mus^e  des  sculpt.  II,  246  ff.  Pierret,  HP.  VI,  73.  Wtedp- 
MANN,  ÄZ.  1878,  2,  Rhein.  Mus.  XXXV,  :;64.  —  Von  dei-  . Eroberung' 
Aegyplensc  redeten  auch  Berossos  (der  hezeiciineiid  genug  die  Piiaraoiien 
ZU  reb&Ui^eii  Satrapen  macht)  und  Megasthenes  fr.  20.  22  Miller. 


Nebukadnezar's  Nachfolger.  Amasis. 

§.  498.  In  seinen  Inschriften  bittet  Nebuk;i<iii 'zar  den 
Gott  Nabu  um  langes  Leben  und  zahlreiche  Nachküinmen- 
schaft,  um  Besiegung  seiner  Feinde  und  Befestigung  seines 
Reichs.  Die  Götter  haben  ihm  einen  ebenbürtige  n  Nachfolger 
versagt.  Seitdem  durch  Eroberung  begründete  Reiche  an  die 
Stelle  nationaler  Staaten  getreten  sind,  beruht  ihr  Schicksal 
weit  mehr  als  frfiher  auf  der  Persönlichkeit  des  Herrschers 
und  der  zufmiigen  Gestaltung  der  äusseren  politischen  Lage. 
So  ist  das  mächtige  babylonische  Reich,  das  «o  fest  bej^ründct 
schien,  kaum  zwanzig  Jahre  nach  dem  Tode  seines  Organi- 
sators zu  Grunde  gegangen.  —  Als  Nebukadnezar  im  Jahre  561 
starb,  folgte  ihm  sein  Sohn  Amilnrirduk  (Beross.  'A{j.iX{i.a- 
po6doQ(oc,  Reg.  Uy  25  "jl^lD  *£>a  derselbe  ungerecht  und 

schwelgerisch  regierte,  sagt  Berossos,  wurde  er  schon  nach  zwei 
Jahren  von  seinem  Schwager  Nergalöaru^iur  (NT^pt^XCoapo«) 
umgebracht. c  Derselbe,  welcher  sich  in  Inschriften  »Sohn  des 


*  4 

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598 


Sechstes  Buch,  fünfter  Abscbaitt. 


Belsumiskun,  Königs  von  Babel«  nennt,  hat  an  den  Quai- 
üiauorn  und  Tempeln  der  Hauptstadt  gebaut  (559 — 556). 
Gegen  seiiien  Sohn  Labasimarduk  {Aj.'^jv.ri'soip'xyoz  u,  var.), 
»der  durchweg  eine  bösartige  Natur  an  den  Tag  legte«,  ver- 
schworen sich  die  Hofleute  und  eriioben  den  Nabunähid 
(NaßöwCdoc,  Ptol.  Naßovddtoc,  Her.  Aoißi>yi]xoc),  der  dem  K5- 
nigsgeschlechte  nicht  angehörte,  auf  den  lliron. 

Nergal^arusur:  I  R.  8,  5.  67.  Ferner  die  Conlractlafeln  bei  Bos« 
CA  WEN,  TiSBA.  VI,  1  ff.  PiNCTiFs,  Proc.  SBA.  7.  Nov.  1882.  -  Chrono- 
lo^'ie.  Die  Zaliltn  bei  Berossos  (bei  Jos.,  Abyd.  und  AI.  Pol.)  und  im 
l»tol.  Kanon  «tiuiniea  genau  und  werden  durch  die  neugefundenen  Con- 
traetlafelti  ledi^;lich  bestätigt.  Nur  reclmen  letztere  nach  Regierungs- 
jahren (§.  125),  die  Schrifuteller  dagegen  —  ebenso  wie  es  scheint 
auch  die  Aonalen  des  Nabonedus  —  nach  chronograpbischen,  mit  dem 
1.  Nisaa  beginnenden,  der  Kanon  nach  aegyptischen  Jahren«  Die  neun 
Monate  des  L&baÜmarduk  kommen  natQrttcb  ehronographisch  nicht  in  Be- 
traeht  und  fehlen  daher  auch  im  Kanon  wie  bei  Alex.  Pol.  (Euseb.  I,  29). 
Im  fibrigen  scheint  Kjros,  der  nach  allen  Quellen  Ober  Babylon  9  Jahre 
(588^530.  stirbt  529)  regierte,  sein  erstes  Jahr  mit  dem  Neigahrstage 
(1.  Nisan,  April)  nach  der  Eroberung  Babylons  begonnen  su  haben; 
daher  die  von  mir  §.  125  angezweifelte  Angabe  bei  Smitb,  Epon.  can.  158. 
Dann  fällt  die  Eroberung  Babylons  am  3.  Marcheswan  (Oct./Kov.)  ins 
siebzehnte  Jahr  Naboned's  =  539  v.  Chr.  Dazu  stimmt  die  directe 
Angabe  des  ßerossos  hei  Euseb.  I,  49,  41.  Unger's  Aufstellongen 
(Kyaxares  und  Astyages,  in  Abb.  Bair.  Ak.  XVI,  8)  vermag  ich  auch 
liier  nirgends  beizustimmen. 


KOnigsUste. 

Nabopalassar      21  J.  [so  auch  Berossos  bei  Euseb.  I.  45;  625—605 

Alex.  Pol.  ib.  27  gibt  fiilsehlich  20  J.] 

Nebukadnesar  II.  43  J.  604—562 

Amilmarduk        2  J.  561^560 

Nergal§arusur  4  J.  559—556 
Labasimarduk        —   9  M.  556 

Nabonedos  17  J.  555-539 

Kyrofi  9  J.  538—530 

[Uistoriäch  Ende  5S9-629J 


§.  409.  Auch  Nabonedos  hat  während  seiner  im  wesent- 
lichen (riedliclien  Regierung  —  die  Fragmente  semer  An- 


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Nebukadnezar'ä  Aaclifulger.  Nabonedos. 


599 


lialen  erwähnen  nur  zu  Anfang  seiner  Re^nerung  kleine  Kaitipie 
—  das  Restaurationswerk  fortoresetzt.  In  Ra'oyion  hat  er,  wie 
Berossos  erwähnt  und  die  Ziegel  ijestati^en,  an  den  Quai- 
mauern gebaut  Seine  HaupUbätigkeit  aber  war  den  übrigen 
Städten  des  Landes  und  namentlich  ihren  Tempeln  zugewandt 
In  Larsam,  in  Ur,  in  Sippar,  ja  auch  am  Mondiempel  von 
Gbarrftn,  das  erst  durch  den  Sturz  der  Meder  wieder  in  seinen 
Besitz  kam  (§.  484.  502),  hat  er  gebaut  Unermüdlich  suchte  er 
namentlich  nach  den  In  den  Fundamenten  der  Tempel  yer^ 
grabcnen  Gylindern  ihrer  ersten  Erbauer;  diesem  Umstände 
vercianken  wir  zalilreiclie  wichtige  historische  Nachriclilen. 
In  einer  eigentliumlichen  Umgestaltung  tritt  uns  diese  Tliätig- 
keit  des  Königs  in  einer  Inschrift  entgegen,  welche  die  baby- 
lonischen Priester  für  Kyros  verfasst  haben,  und  in  der  derselbe 
seine  Tlironbesteigang  verkündet  Nabonedos,  so  heisst  es, 
habe  sich  von  MardiA,  dem  Herrn  von  Babel^  abgewendet, 
und  den  Gdttem  der  übrigen  Stfidte  ausschliesslich  seine  Ver^ 
ehrung  zugewandt.  Ganz  besonders  wM  ihm  zum  Vorwurf 
gemacn  er  im  Kriege  mit  Kyros  die  Götterbilder  aus 

einer  Reihe  Ijabylonisilier  Städte  nach  Babel  bringen  liess 
(vgl.  Ann.  rev.  I,  8  ff.).  Darüber  ergrimmt,  habe  Marduk  sich 
ein^  ergebenen  Diener  gesucht  und  dem  Kyros  die  Herrschaft 
über  Babel  übergeben.  So  deutlich  die  Tendenz  dieser  Dar- 
stellung aaf  der  Hand  liogt,  so  charakteristisch  ist  es,  dass 
gerade  diese  Motivirung  für  den  Sieg  d^  Perser  gewählt  wird. 
Sie  zeigt,  wie  nahe  die  Anschauungen,  von  denen  der  israe- 
litisclie  Monotheismus  ausgegangen  ist,  auch  anderen  semiti- 
schen Völkern  gelegen  haben. 

IiiKbriflen  Naboned's:  I  R.  68.  69.  Proe.  SBA«  7.  Nov.  188S.  An* 
naUn:  Pikches,  TrSBA.  vn,  199.  Bekanntlich  wird  I R.  68»  S;  84  neben 
dem  König  sein  lltester  Sohn  Bettanif  or  genannt  Qeber  die  Auffassung 
des  Kyroseylinden  (V  R.  86)  vgl.  Kball.  Z.  Merr.  Oyinn.  1882,  208  £ 

§.  &00.  Es  erübrigt  noch,  einen  Blick  auf  Aegypten  zu 
werfen»  Apries  war  zu  Ende  seiner  Rettung  von  den  Li- 
byern zu  Hülfe  gerufen  worden,  welche  sich  der  Griechen,  die 


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I 


600  SMbttcfl  Blieb,  mnller  AbseiwUt 

im  Jahre  680  Kyrene  gegründet  hatten  und  jetzt  immer 
roassenweiser  die  Küsten  besetzten,  nicht  mehr  erwehren 

koiuüen  (Her.  IV,  159),  Seine  Truppen  wurden  indessen  von 
den  Kyrenaeem  vollslandig  geschlagen.  In  dem  Glaubon,  der 
König  habe  sie  absichtlich  ins  Verderben  geschickt,  empörte 
sich  das  Heer  und  erhob  Amasis  (aeg.  A'ahmes  II.)  zum  Könige. 
£in  grosser  Theil  der  Aegypter  fiel  den  Hebellen  zu;  nur  die 
griechischen  Söldner  blieben  treu.  Bei  Momemphis  kam  es 
zur  Schlacht,  in  der  Amasis  den  Sieg  und  die  Krone  gewann 
(569  y.  Chr.).  Eine  Zeitlang  wurde  Apries  neben  ihm  offi- 
ciell  als  König  anerkannt;  (iaiin  wurde  er  auf  das  Andringen 
der  Aegypler  erdrosselt.  Obwohl  Amasis  die  Herrschaft  im 
Kampfe  rait  den  griechischen  Söldnern  gewonnen  hatte,  war 
er  womöglich  in  noch  höherem  Grade  ein  hellenenfreundlicher 
Fürst  als  sein  Vorgänger.  £r  legte  die  in  den  »Lagern«  bei 
Bubastis  angesiedelten  Söldner  als  Besatzung  nach  Memphis; 
er  gestattete  den  griechischen  Kaufleuten  die  Ansiedelung  in 
Naukratis  (§.  469).  Mit  dem  seegebietenden  Polykrates  von 
Sanioi,  ebenso  mit  Kyrene  stand  er  in  Freundschaft,  eine 
seiner  Gemahlinnen,  Laodike,  stammte  aus  Kyrene  —  eine 
andere  war  eine  Tochter  Psammetich's  II.  Mehrfache  Weih- 
geschenke In  griechischen  Tempeln  werden  von  ihm  erwähnt, 
auch  zum  Wiederaufbau  des  im  Jahre  548/47  niedergebrannten 
Tempels  von  Delphi  hat  er  beigesteuert  In  der  äusseren 
Politik  scheint  er  friedliebend  gewesen  zu  sein;  nur  die  cyp* 
rischen  Städte  machte  er  sich  tributpflichtig  (Her.  I,  182). 

Gefflelmame  Regierung  des  Apries  and  Amasis:  WUDtMäm,  Gesch. 
Aeg.  120.  §•  497.  —  Chronologie.  Die  Zahlen  von  PsammeÜeb  L 
bis  Apries  stehen  durch  Apisstelen,  und  Todtenstelen  völlig  fest,  s.  Wiede- 
MAIW  p.  117  f.  Höchstens  kann  man  zweifeln,  ob  Necbo  vor  dem  Ende 
seines  16.  Jahres  gestorben  ist  oder  dem  Psammetich  II.  nur  fünf  Jahre 
anzurechnen  sind.  Dem  Amasis  geben  Herodot  und  Africanus  öberein- 
stimmend  44  Jahre.  Sonst  finden  sich  bei  den  Schriftslellern,  namenllich 
bei  Eusebius,  mehrfache  Kehler.  Dass  die  Erobenin;?  Aegyptens  ins 
fünfte  Jalir  des  Kambyses  (Manetho)  0).  63,  '6  =  526/25  (Diod.  I,  68), 
d.  h.  Frühjahr  525  fällt,  steht  völlig  fest. 


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Aegypten  iinttr  Amtsis. 


601 


KOnigeliste. 

Mauel  ho  bei  Afrlcftnas.   H.  Herodot 


Psammetich  L  U  J.  (M.  u.  H.  54) 
Necho  II.  15  J.  (M.  6,  H.  16) 

Psammetich  II.     6  J.  (M.  u.  H.  6) 
Apries  19  J.  (M.  19,  H.  25) 

Aiuäsis  44  J.  (M.  u.  H.  44) 

Psamtnetich  III.    —    6  Mte. 


063-610 
609-595 
594-589 
588-570 

509-520 


525 
525-522 


KambyseB  4  J.  (ine).  7  Mle.  des  Magiers) 


Chronograpbiscb  kommt  Psammetieb^s  III.  Regierung  nicht  in  Be« 
traebt  und  wird  daber  auch  Ton  Euseb.  I,  147  wie  im  Kanon  nicht 
mit  aufgefabrt.  —  Im  Uebrigen  bat  Kambjses  in  Aegypten  seine  Jahre 
?on  seiner  Thronhesteigong  in  Persien,  nicht  von  der  Eroberung  Ae« 
g]rptens  an  gerechnet 


§.  501.  Es  war  nicht  die  Schuld  der  jüdischen  Propheten, 
wenn  die  Katastrophe  des  babylonischen  Reichs,  welche  ihre 
an  den  Euphrat  fortgeschleppten  Landsleute  sehnlichst  herbel- 

winisc  liieu,  iiieiit,  wie  sie  prophezeiten,  von  Medien  aur*  iiereiii- 
gebroclien  ist.  Im  Jahre  558  folgte  dem  Koni^^e  Kambyses  I. 
von  Fersien  und  Susiana  sein  Sohn  Kyros  II.  (pers.  Kuru(s),  hcbr. 
triD).  Derselbe  warf  die  niedische  Oberhoheit  ab  und  gv'iQ  den 
König  Astyages  an.  Von  dem  Verlauf  des  Kampfes  besitzen  wir 
keine  zuverlässige  Kunde.  Nur  soviel  erfahren  wir  aus  den  In- 
schriften Naboned's,  dass  im  Jahre  550  Astyages  dem  Kyros  in 
die  Hände  fiel,  dass  derselbe  sich  Egbatana*s  bemftchtigte  und 
die  KöiiigsscliäLze  in  sein  Land  iortfuhrle.  Wenn  die  nur  frag- 
mentarisch erhaltene  und  vielfach  ideographisch  peschriobene 
Inschrift  riciitig  gedeutet  ist,  so  hätten  die  eigenen  Truppen 
sich  gegen  Astyages  empört  und  ihn  an  Kyros  ausgeliefert. 


YL  Die  Begrtlndung  des  Ferserreichs. 


Kyros. 


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Sachtles  Boeh,  ssohBter  Abfdmifct 


Ein  Kachklang  dieser  Begebenheiten  hat  sich  auch  in  der 
Sage  bei  Herodot  in  der  Erzählung  vom  Verrathe  des  Har^ 
pagoe  noch  erhalten.  Den  gefangenen  König  behandelt  Kyros 
mit  Milde,  nach  Etesias  hfttte  er  ihm  in  HyrkanieD  (Bapxdcvioi) 
seinen  Wohn^tz  angewiesen.  —  Mit  den)  Falle  der  Haupt- 
stallt  scheint  auch  der  gröbste  Theil  des  inedischcn  Reichs 
in  Kyros'  Iläude  gefallen  zu  sein.  Ktesias  berichtet,  die 
Baktrer  hätten  auf  die  Nachriclil,  »das>  Antrages  der  Vater 
des  Kyros  geworden  seit,  ihren  Widerstand  aufgegeben,  die 
Saken  seien  besiegt  worden.  Doch  ist  Ktesias'  £rzäiilung 
über  Kyros  durchweg  so  späten  Ursprungs  und  so  unzuver- 
lässig,  dass  auch  auf  diese  Nachriditen  kein  grosseres  Ge- 
wicht gelegt  werden  darf  $  nach  Herodot  I,  153  fällt  die  Unter- 
werfung der  Baktrer  und  Saken  erst  in  die  Folgezeit  Fest  strfit 
dagegen  durch  die  folgenden  Ereignisse,  dass  im  Jahre  547 
sich  Kyros'  Reich  bis  an  den  idalys  erstreckte. 

Zu  Naboned's  Annalen  vgl  ScsiumER  b«i  BkvsR,  Kyrossage,  Ber. 
Wien.  Ak.  phil.  Gl.  G,  499.  Die  UebcfseCinng  vieler  Stdlen  iet  mir  hier 
wie  in  der  Geichiehte  des  Krieges  gegen  Behylon  sehr  iweifeUnlt  Darf 
aiu  den  Daten  Free.  SBA.  7.  Not«  1888  gefolgert  werden,  daas  Kjtm* 
Angriff  auf  Medieii  553/52  begann?  Waram  Kyroa  von  Naboned  vor  der 
Besiegang  der  Meder  König  von  An§an,  im  Jahre  $47  König  von  Parso 
gmannt  wird ,  wissen  wir  nicht.  Ueber  die  Kyioesage  s.  Bauer  I.  c, 
der  auch  die  Al>)iüiigigkeit  des  Ktesiaa  von  Herodot  and  seine  völlige 
Unsuverlässigkeil  klar  dargelegt  bat. 

§.  502.  Der  Stur/  des  luedischen  Keiclis  wai'  zunächst 
wenigstens  dem  babylonischen  Könige  nicht  unangenehm  ge- 
weeeiL  Er  benutzte  die  Gelegeoheit,  um  Ghanrftn  wieder  zd 
iNietzeD  (§.  409),  und  stellt  die  Erhebimg  des  Eyios  daher 
als  ein  Werk  des  Mondgottes  Sin  dar.  Indessen  der  rasche 
Erfolg  des  K3rro6,  die  Aoirichtung  eines  grossen  Reidm,  das, 
da  ilim  auch  Persien  und  Susiana  direct  einverleibt  waren, 
an  Maclil  das  medische  weit  üiierragte,  musstcn  ihn  be- 
denklich machen.  K\tos  war  ein  energischer,  thatenlustiger 
Fürst,  die  Perser  aber  ein  Irisches  Naturvolk,  das  von  Acker- 
hau und  Jagd  lebte  und  den  verweichiichenden  Einfloas  der 


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Fall  das  Medtireicbt,  Goalition  («gen  Kyn».  OOS 

Goltor  noch  nicht  erfahren  hatte,  das  aus  der  Ahuramazda* 
reltgion,  der  reinen  Lehre,  die  es  bekannte,  mit  der  Aufforde- 
rung, auf  alle  anderen  ¥511cer  herabzusehen  und  das  Reich  des 

guten  Gottes  zu  erweitern,  zugleich  die  (iarantie  des  Erfolges 
im  Kampfe  gegen  die  Feinde  entnahm.  Wenn  Kyaxares  und 
Astyagos  Frieden  gehalten  hatten,  so  war  von  Kyros  das 
Gleiche  nicht  zu  erwarten.  Die  gleichen  Heweggründe  be- 
einflusslen  den  lydlschen  König,  der  überdies  des  Astyages 
Schwager  war  und  sich  mit  der  Hoifhung  trug,  im  Kampfe 
gegen  Kyros  das  von  seinen  Vätern  so  ruhmreich  begründete 
Reich  nach  Osten  hin  su  erweitem.  Kroesos  war  entschlossen, 
den  Kampf  zu  beginnen.  Die  griechischen  Orakel,  welche  er 
befragte,  Delphi,  Brandiidne,  das  Amphiaiaosoral«'!  n.  a.  (Her. 
I,  49.  58.  92)  verhiesscn  ilini  Sie?.  So  kam  im  Jahre  547 
eine  Allianz  g*  gen  Kyros  zwischen  Kroesos  und  Naboned  zu 
Stande.  Auch  Amasis  trat  derselben  bei;  es  konnte  für 
Aegypten  nur  vortheUhaft  sein,  wenn  die  asiatischen  Reiche 
sich  unter  ^nander  belcriegten  und.  womöglich  der  Status  quo 
erhalten  blieb.  Schliesslich  sagte  auch  Sparta,  der  mfichtigste 
und  tapferste  der  griechischen  Staaten,  mit  dem  Kroesos  schon 
früher  Verbindungen  angeknüpft  hatte,  den  Lydern  die  Sen- 
dung eines  IlüÜscorps  zu  (Her.  1,  77.  09  f.).  Im  Frühjahr  546 
eröffnete  Kroesos  den  Krieg,  überschritt  den  Halys,  verwüstete 
Kappadokien  und  eroberte  die  starke  Festung  Pteria  (Üo- 
ghazkjöi). 

In  Nalx>ned'8  Annalen  heisst  es»  dau  im  Jabra  9  (547)  Kyros  den 
Tigris  unterhalb  Arb!»la*B  übereebriUen  (?)  und  den  KOnig  eines  Landes, 
dessen  Namen  nicht  erhalten  ist,  besiegt  bab«.  Dies  kann  sieh  nur  auf 
Kimpfe  in  den  medisebea  Provinien  westlich  von  Enpbrat  ($.  484) 
betiehen« 

^.  503.  An  sicli  bei  rächtet,  hSften  die  Mittel  des  grossen 
Bundes  vollauf  genügt,  um  Kyros  niederzuhalten.  Aber  es 
war  Qnm(yglich,  dieselben  zu  concentriren  oder  gemeinsam  zu 
operiren.  Kyros  wandte  sich  direci  gegen  seinen  Hauptgegner, 
und  ehe  auch  nur  die  eisten  Gontingente  der  Bundesgenoesm 
eingetroffen  waren,  war  das  lydisehe  Reich  Temichtet.  Bei 


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604 


8«oliste8  üucb,  sacbflief  AbschoilL 


Pteria  wurde  das  Heer  des  Kroesos,  welches  seine  Zeit  mit 
den  nutzlosen  Kämpfen  in  Kappadokien  verschwendet  halte, 
zuröckgeworfen.  Kroesos  zog  sich  nach  Sardes  zurück  und 
erwartete,  den  Gegner  nach  seiner  Weise  der  KriegfOhmog 
beurtheilend,  eine  Ernenerung  des  Kampfes  nicht  vor  dein< 
nftcfasten  FVüiijahr.  Indessen  Eyros  Hess  alles  andere  bei 
Seite  liegen  und  zog  direct  gegen  die  feindliche  Hauptstadt. 
Schon  nach  vierzehnlägiger  Helagening^  wurde  die  Burg  von 
Sardos  ersticf^cn ,  die  Stadt  erohert  (Herbst  54()  v.  Chr.). 
Wie  es  nach  der  von  Herodot  erzählten  Sage  scheint,  hatte 
Kroesos,  da  alles  verloren  war,  sich  den  Göttern  zum  Opfer 
klingen  wollen  and  den  Flammentod  gesucht,  wie  der  letzte 
Assyrerkönig  oder  wie  Hamilkar  nach  der  Schlacht  an  der 
Himera  (Her.  VII,  167).  Jedenfalls  fiel  er  lebend  in  die'Hände 
des  Siegers  und  wurde  von  ihm  mit  derselben  Milde  behandeR 
wie  Astyaf]^es.  Die  Angahe  des  Ktesias,  dass  Kyros  ihm  die 
Stadt  Barene  bei  Egbafana  übergeben  habe,  ist  wahrsciieiii- 
lich  richtig.  Nach  dem  Falle  von  Sardes  wurde  das  übrijje 
Kleinasien  leicht  unterworfen.  Einen  Aufstand  der  Lyder, 
den  der  von  Kyros  mit  der  Wegfuhrung  der  Schätze  beauf- 
tragte Paktyes  erregte,  warf  der  Feldherr  Mazares  nieder,  die 
lonier  und  Karer  und  schliesslich  auch  die  Lykier  wurden  von 
Harpagos  der  Reihe  nach  unterworfen.  Der  König  Ton  Ki- 
likien  erkannte  freiwillig  die  persische  Herrschaft  an  und  be- 
hielt in  Fol^^e  dessen  sein  Reich  als  erbliclie  Pruvir»z;  das 
gleiciie  wird  von  den  Fürsten  der  Paphlagoner  berichtet 
(Xen.  Cyrop.  VIII,  G,  8).  Das  weite  iydische  Reich  wurde 
von  Kyros  in  zwei  Sprengel  getheilt,  deren  Statthatte  in 
Sardes  und  in  Daskylion  ihren  Sitz  hatten. 

üeber  iexk  F«U  des  lydiacheD  Reichs  besitsea  whr  swel  von  einaote 
unabhingige  Berichl«:  Herodot  und  Ktetiaa.  Ephoros  {ft,  100  und  bei 
Diodor)  fügte  dem  Herodot  einige  Zoriltze  aus  grieeUseber  TraditioB  ein 
(Verrath  des  Eorybates);  Xenophon  gesUUel  Herodot  naeh  moralischeii 
Gesiehtspunkten  om.  Justin  I,  7  ist  ans  Xenophon,  Ktesias,  Herodot 
zuhjammengeselzl,  Polyaen  VII,  6  gibt  etwas  urnfrestaltete  Anekdoten  aus 
Ktesias  und  Herodot  Die  ausfQhrliche  Geschichte  bei  Nie.  Dam.  ist 
ledig  lieb  eine  Aosspinnung  und  Bationalisirung  der  Angaben  Herodot's; 


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Kyros  erobert  Lydien  und  Babylonien 


605 


die  Einfügung  (1«t  Sibylle  und  der  '/.ö-j-'.a  Ztupodstpoo  verrüth  üie  anti- 
quarij^che  Gelehrsamkeit  der  helienislischeii  Zeit  fv^l.  Phanias'  Erzäh- 
lung von  Tliemislokles'  letzten  Schicksalen  bei  Vhii.  Tht  iii.  28J-  —  Nach 
Xenophon  hätte  Kroesos  aegyptische  Hölfsvölker  gehabt  (Cyrop.  VII,  1,  45, 
vgl.  Hell,  ni«  1,  7,  gegen  Htrod.  I,  77,  81);  dagegen  s.  Bauer  L  c.  852. 
Herodot  und  Ktesias  stimmai  nur  in  dem  einen  Punkte  flberein«  dase  * 
Kroesos  durch  ein  Wunder  gerettet  und  von  Kyroe  gut  behendelt  sei, 
sonst  dnd  ihre  Berichte  gans  versehieden.  In  der  Stege  von  der  Ver* 
brennung  des  Kroesos,  die  Duxcker  riehtig  gedeutet  su  haben  seheint, 
stammt  die  Anrufung  des  Apollo  c.  91  aus  lydischer  Quelle.  —  Zu 
Paktyes  vgl.  Gharon  fr.  1  bei  Plut.  mal.  Her.  Sonst  s.  Ober  die  KAmpfe 
und  Betiehungen  su  den  Griechen  Bd.  U. 

§.  504.  Nach  dem  Untergang  des  lydischen  Reichs  war 
der  Fall  Babylons  nur  noch  eine  Frage  der  Zeit.  Von  Opera- 
tionen, die  von  Elam  aus  Im  Jahre  546,  offenbar  zur  Deckung 
des  lydischen  Feldzugs,  gegen  Babylonien  unternommen  wur> 

den,  scheint  hol  Nahonod  die  liede  zu  sein.  Wann  der  Eni- 
scheidungskani])f  bo{?ann,  wissen  wir  nicht;  zu  Anfan?  des 
Jahres  538,  aus  dem  uns  wieder  ein  Bruchstück  der  Annaien 
erhalten  ist,  war  derselbe  schon  in  vollem  Gange.  Wir  er- 
fahren von  ^ner  Schlacht  im  Tammuz  (Juni/Juli),  nach  der 
Sippar  ohne  Kampf  genommen  wurde  und  Naboned  fliehen 
musste.  Der  persische  Prftfeet  Gobryas  (bab.  Gobaru,  pars. 
Gaubaruva)  ruckte  gegen  Babylon  vor  und  nahm  die  Stadt 
ohne  Kampf.  Die  Angaben  des  Kyroscylinelers  und  des  Berossos 
stimmen  damit  vollkümincn  übercin.  Naboned,  so  berichtet 
Berossos  weiter,  flüchtete  nach  Borsippa,  ergab  sich  aber, 
che  die  Belagerung  begann.  Kyros  wies  ihm  Karmanien  zum 
Wohnsitz  an,  das  er  noch  bis  in  die  Zeit  des  Darius  ver- 
waltete. In  Babylon  selbst  hielt  Kyros  am  3.  Marcheäwan 
(Oct./Nov.)  seinen  Einzug.  »Er  beruhigte  die  Herzen  der 
Einwohner  und  befreite  sie  von  ihren  Sorgen«  (Kyroscyl. 
V  R.  35,  26).  In  die  äussere  Mauer  der  Stadt  liess  er  eine 
Bresche  legen ;  die  Verwaltung  übertrug  er  dem  Gobryas, 
daneben  scheint  er  seinen  ältesten  Sohn  Kambyses  als  Vice- 
könig  in  Babylonien  eingesetzt  zu  haben.  Die  von  Naboned 
nach  Babel  gebrachten  Götter  wurden  in  ihre  Heimath  zu- 


606 


Sechstes  Buch,  sechster  AbscbnitL 


ruckgeschickt,  Jfarduk,  »der  ihn  ohne  Kampf  und  Schlacht 
seinen  Einzug  halten  liess  in  Babylon«  (Kyroscyl.  17),  hoch 
geehrt.  Die  weiten  Provinzen  des  Reichs  bis  nach  Aejiypton 
hin,  ebenso  die  Vasallenstaaten  (vgl.  Her.  III,  19),  fielen  dem 
neuen  Herrscher  ohne  Schwertstreich  zu  (Kyroscyl.  29).  Den 
in  Babylonien  gefangen  gehaltenen  Juden,  die  ihn  mit  En- 
thusiasmus als  Befreier  iKgrOssten^  gewährte  er  die  Rdckkehr 
in  die  Heimath  und  den  Wiederaufbau  Jerusalems  und  seines 
Tempels.  Er  konnte  mit  Sicherheit  erwarten,  dass  ihnen  die 
Unabhan£rifrkeitsgelüste  für  alle  Zeiten  vergangen  seien,  dass 
sie  seinem  iieiche  dankbar  ergeben  sein  würden. 

Herodol's  Erzählung  vom  Kriege  gegen  Babylon,  die  Xenophon  [bei 
dem  Gobryas  VII.  4,  24  ff.  vielleicht  auf  Tradition  beruht]  IxenuUt 
hat»  Ui  vflllig  sagenhaft  und  beruht  lediglich  auf  dem  Versuch,  lu 
erküren,  wie  die  Snnahme  der  festen  Stadt  mflglich  war;  zur  Ableitong 
des  Euphrat  vgl.  die  des  Halys  I,  75.  Gobryas  konnte  auch  in  dem 
Gobaris  praefectus  Plin.  VI,  120,  der  Ganalbauten  untemoromen  bat, 
stecken.  Kambyses  wird  in  Naboned*8  Annalen  erw&hnt,  und  im  Kyroe- 
cylinder  (übersetst  von  Sir  Henry  Rawliiuoii,  J.  R.  As.  Soc.  XII)  llsst 
Kyro«  fQr  sich  und  seinen  Sohn  beten ;  daher  die  nach  Jahren  des  Rsm- 
hyses  und  des  >Königs  der  Lander«  Kyros  datierte  Thontafel.  Das  viVl- 
besprochene  elfte  Jahr  des  Kambyses  (das  Material  bei  Pinches,  TrSBA. 
VI,  484;  Schräder,  Ber.  Berl.  Ak.  Febr.  1879.  ÄZ.  1879,  39.  1880,  99) 
scheint  Unger,  Abb.  Bair.  Ak.  XVI,  3,  288  richtig  so  zu  erklJlren .  da«s 
in  den  Wirren  während  der  babylonischen  Aufstände  ^'clegeoUich  auch 
nach  Jahren  des  verstorbenen  Königs  datirt  wurde  (§.  514). 

§.  505.  Von  den  weiteren  Thaten  des  Kyros  haben 
wir  nur  dunkle  Kunde.  Wie  das  untere  Asien  hat  er  auch 
ganz  Iran  bis  an  und  vielleicht  über  die  Grenze  der  indischen 
Stämme  seinem  Reiche  einverleibt;  aber  eine  Kunde  von  diesen 
Kämpfen  ist  uns  nicht  bewahrt.  Die  Zeitgenossen  Alexander*« 
erführen,  dass  er  wie  dieser  und  wie  angeblich  Königin 
Semiiainis  das  wüste  Gadrosien  durchzogen  habe;  nur  sieben 
Mann  seines  Heeres  hätten  die  Strapazen  überstanden.  An 
der  Südgrenze  Drangianas  wohnt  der  Stamm  der  Ariaspen: 
diese  hätten  Kyros  in  seiner  Noth  freundlich  aufgenommen 
und  mit  Lebensmitteln  versorgt.    De&shalb  habe  er  ihnen 


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Kyrat'  Kriege  im  Osten  und  sein  Tod. 


607 


Abgabenfreiheit  ge\Tihrt  und  sie  mtt  dem  Namen  »Wohl- 

Ihäter«  (s^epY^tai)  belegt.  Am  oberen  Jaxartes  in  Sogdiana, 
an  der  fernsten  Grenze  des  Reichs,  wird  eine  Stadt  Kyreschata 
aul  Aiu  zuruekgelührl.  —  Seinen  letzten  Krieg  hat  er  gegen  die 
Noniadenstärame  an  der  Nordgrenze  Irans  geführt.  Herodot  • 
nennt  die  Massageten,  Ktesias  die  Derbiker  (nach  ihm  in  der 
Nfthe  der  Inder  sesshaft),  Beroesoe,  der  zuyeriässigate  Zeoge 
(bei  Eusßb.  I,  80,  83),  die  Daher «  d.  h.  ganz  allgemein  die 
toanischen  Stämme  (§..424),  als  seine  Gegner.  Im  Kampfe 
gegen  sie  bat  er  seinen  Tod  gefunden;  wenn  Ktesias*  Bericht 
zuveilaö5ig  ist,  ist  er  an  einer  Wunde  nach  dem  Ende  des 
Krieges  gestorben  (529).  Seine  Leiche  wurde  in  Pasargadae, 
dem  Stammsitz  seines  Geschieciils,  in  dem  Grabe,  welches  er 
sich  halte  herrichten  lassen,  beigesetzt.  Noch  jetzt  steht  die  ein- 
fache Grabkammer,  welche  sich  auf  einem  massiven,  terrassen* 
förmig  ansteigenden  Unterbau  ?on  Quadern  erhebt,  im  wesent- 
lichen wohlerhalten.  Sie  ist  umgeben  Ton  Säulen  und  Pfei- 
lern, die  emem  anderen  Bau  oder  einem  Säulengange  angehört 
haben.  Ein  Pfeiler  trägt  das  Bild  eines  bärtigen  Mannes  in 
langem  Gewände.  Auf  dem  Haupt  trügt  derselbe  einen  Schmuck, 
welcher  der  aegyptischen  Atefkrone  nachgebildet  ist;  von  seinen 
Schullei  u  gehen  vier  Flügel  aus ;  darüber  steht  in  den  drei 
Sprachen  der  Keilschrift  die  einfache  Inschrift  »ich  bin  König 
Kyros  der  Achaementde«.  Cr  ist  der  Ferwer,  das  YerUärte 
Bild  des  Eroberers  von  Asien. 

Xenophons  Angaben  über  Kyros'  Tod  sind  werthlos.  Das  drabmal 
von  Murghäb  s.  jetzt  hn  Stoi./k,  Persepolis  II,  127  ff.  Seme  Identität 
mit  dem  von  Arif*tobul  unterj^uchten  und  genau  beschriebenen  Gra?'P  des 
Kyros  m  Pasarga(iHe  [Slraho  XV,  3,  7,  Arr.  VI,  29,  4;  die  Inhchnfl, 
welche  Aristobul  mittbeilt,  ist  natürlich  griechische  Erfindung]  hatte  nie 
bezweifelt  werden  sollen.  —  Kyros  regiert  nach  Herodot  1 ,  214  [über 
PersienJ  29  Jahre  =  558-530,  womit  sich  Ktesias*  30  Jahre  zur  Notb 
vereinigen  Hessen  (558— 529}^  wenn  nicht  seine  Daten  fQr  Kambyses  and 
Darios  seine  völlig»  ünmTerlSssigkdt  teigten. 

§•  606.  Obwohl  wir  auch  jetat  noch  fiber  die  Thaten  des 
Kyros  nur  sehr  wenige  authentische  Nachrichten  besitzen,  ist 


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608 


Seelutet  Boeb,  weiMler  AbaehnHt. 


seioe  PmOnlichkeÜ  zu  dien  ZeKen  gleiehmftsstg  aatgefaflst 
worden  und  wird  das  ürtMl  auch  dareh  weitere  Funde 

nicht  {reändert  worden.  Der  Adel  seines  Wesens  leuchtet  uns 
iü  gleicher  Weise  entgegen  ans  den  Berichten  der  Perser,  die 
er  zur  Weltherrschaft  führte,  der  Juden,  die  er  befreite,  und 
der  Hellenen,  die  er  unterwarf.  Ex  hat  ähnlich  wie  Caesar 
den  geheimnissvollen  Zauber  besessen,  dem  alles  sich  fügen 
muss.  In  dem  Edehnuth,  mit  dem  er  seine  Gegner  behan- 
delte, und  der  im  schftrftten  Gegensatz  steht  zu  dem  Verfiüiren 
der  Semiten  mid  der  Mmer,  tritt  auch  uns  noch  der  Adel 
seines  Charakters  entgegen.  Den  ebenbürtigen  Gegner,  wenn 
er  l)esiegt  war,  zu  achten  und  zu  schonen  ist  alk-u  seinen 
Nachfolgern  Grundsatz  gebliehen  —  etwn-  ganz  anderes  ist 
natürlich  Darius'  Verfahren  gegen  Usurpatoren,  die  sich  eine 
Stellung  anmaassten,  die  ihnen  nicht  zukam.  Vor  allem  aber 
ist  Kyros  klar  und  sielbewusst  in  allem  seinem  Thun  als 
Feldherr  nnd  als  Staatsmann.  In  wenig  Jahren,  mit  raschen 
entscheidenden  Schlfigen  hat  er  drei  gewaltige  Reiche  für 
immer  Temiditet.  Seinoi  Persem  gegenflber  war  und  bHeb 
er  der  Volkskönig,  der  in  Uehereinstimmung  niil  den  Edlen 
des  Lan«^  -  nach  genieinsamer  Berathung  handelt,  nnd  wie 
*Omar  die  Araber,  so  hat  er  die  Ferser  in  wenig  mehr  als 
einem  Jahrzehnt  aus  einem  wenig  civilisirten  Kriegervolk  zu 
Herrschern  der  Welt  gemacht.  Es  ist  zweifellos,  dass  dal)ei 
die  religiöse  Idee  iteldbend  und  begeisternd  mitgewirkt  hat 
Aber  dadurch  unterscheiden  sich  (He  alten  Perser  ¥on  den 
Semiten  wie  von  den  spfiteren  Parsen,  dass  sie  keine  reli- 
giösen Fanatiker  waren.  Die  Kriege,  durch  welche  das  Reich 
der  Lanier  begründet  wurde,  waren  nicht  /uglLich  Keli^ions- 
krie^^e  wie  die  der  Araber  nnd  der  Sassuniilen.  Wenn  Kvros 
zweifellos  wie  Darius  ein  frommer  Mazdajasnier  war,  so  schoole 
er  doch  durchweg  die  religiösen  Gefühle  seiner  Unterthanen. 
In  Babel  trat  er  offidell  als  Verehrer  des  Marduk  und  des 
Nabu  auf,  die  Juden  konnten  ihn  als  Diener  Jahwe's  be- 
trachten. Ueberjiaupt  achtete  er  überall  die  einheindschen 
Institutionen;  fOr  die  Babylonier  war  er  durchaus  der  Nach- 


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Charakter  und  Kekb  d«s  Kyros. 


609 


folger  ihrer  alten  Köni^'c,  wie  früher  Sargon  rechnete  er  seine 
Jahre  hier  erst  von  der  Uebernahme  der  babylonischen  König»* 
krone.  Dass  die  Meder  als  die  nächsten  Stammverwandten 
der  Perser  sich  besonderer  Begünstigung  zu  erfreuen  hatten 
und  neben  den  Persem  den  Kern  der  Truppen  bildeten^ 
lehren  die  Inschriften  des  Darius,  der  daher  durchweg  von 
»Persien,  Medien  und  den  übrigen  Provm/.en-  redet.  Auch 
hat  sclu'ii  Kyros  die  Medei-  M.izares  und  Harpagos  an  die 
Spitze  eines  Heeres  gesk'Ui.  iJie  (iiganisation,  die  er  seinem 
Reiche  gegeben  hat,  im  einzelnen  zu  verfolgen,  ist  uns  leider 
▼ersagt  Das  Wenige,  was  sich  darüber  ermitteln  lässt,  muss 
daher  der  Darstellung  der  von  Darius  durchgeführten  Reichs- 
Ordnung  vorbehalten  bleiben;  nur  dass  alle  Unterthanen  zur 
Heeresfo^e  verpflichtet  waren  (Her.  II,  1.  HI,  1),  ist  hier 
schon  zu  erwähnen. 

Kambyses. 

507.  Nach  Kyros'  Tod  übernahm  sein  ältester  Sohn 
Kambyses  (pers.  Kambudschija),  den  er  von  seiner  Gemahlin 
Kassandane,  der  Tochter  des  Phamaspes  aus  achaemenidi- 
Schern  Geschlecht  (Her.  m,  3),  gezeugt  hatte,  die  Regierung. 
Wie  zn  erwarten  war,  wandte  der  neue  König  sehie  Waffen 
gegen  Aegypten,  den  einzigen  der  grossen  Staaten  der  vorder- 
asiatischen Culturwelt,  welcher  den  Persern  noch  nicht  ge- 
horchte. Die  Expdifion  wurde  sorgfältig  vorbereitet.  Die 
Phoeniker  stellten  eine  Hotte,  die  cyprischen  Fürsten,  el)enso 
Polykrates  von  Samos  traten  zu  Kambyses  über  (Her.  III, 
19.  44).  Die  Araber  der  Sinaihalbinsel  unterstützten  wie  zur 
Zeit  Assarhaddon*s  (§.  390)  den  Zug,  indem  sie  fClr  Kameele 
und  Wasser  sorgten.  Die  FQhning  nbemahm  der  aus  Ae- 
gypten fldchtig  gewordene  SdldnerfQhrer  Phanes  von  Hali- 
karnass.  So  trat  Kambyses  Anfang  525  die  Expedition  an. 
üm  dieselbe  Zeit  war  Amasis  gestorben,  sein  Sohn  Psam- 
metich  III.  (Her.  ^^aij-'j.TfJvtTO^)  zur  Regierung  gelangt.  Das  per- 
sische Heer  erreichte  ohne  Unfall  die  Grenze  Aegyptens.  Bei 

Meyer*  aeictüchte  dea  Altertbanm.  I.  39 


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610 


Seebatea  Buch,  secbiier  Ab««hniU. 


Pelusiuin  kum  es  zur  Schlacht,  in  der  die»  Aegypter  und  ihre 
Söldnertruppen  geschlagen  wurden.  Kambyses  rückte  gegen 
Memphis  vor  und  nahm  die  Stadt  nach  längerer  Belagerung. 
Damit  war  das  Schicksal  des  Landes  entschiedeD  (Sommer  525). 
Auch  die  Libyer  und  die  GriecheD  Eyrenaika's  unterwarfen 
sich  der  persischen  OJberhoheit.  Psammetich  HL  selbst  fiel 
in  die  Hfinde  der  Perser.  Nach  Herodot  wurde  er,  als  er  ebne 
neue  Kriiebung  plante,  hingerichtet,  nach  Ktosias,  der  ihm  den 
Namen  Amyrtaeos  gibt,  mit  6000  Aegyptern  in  Susa  intern  irt. 

Ueber  die  Quellen  e.  m.  Artikel  Kambyiea  bei  Erkh  und  GRinn. 
Herodot  folgt  Im  weeentliehen  der  aegjpliecbeii  TVadition»  die  im  öbtigen 

mit  griechischen  Elementen  etark  durchsetzt  ist  (virl.  c.  82).  Nach  ihr  iit 
Kambyses  Soha  des  Kyroe  und  der  Nitetis,  der  Tochter  des  Apries, 
dessen  Sturz  er  somit  an  Ama?i>'  Geschlecht  rflcht.  Sein  VerhÄn^iss 
ist  die  Tödtnng  des  Apis- ;  zur  Straft-  wird  er  mit  Wahnsinn  geschlapf-n, 
wöthet  gegen  alle  und  stirbt  an  einer  Wunde,  die  er  sich  an  derselben 
SteHp  beigebrarlit  hat,  wo  er  den  A])\<  traf.  Die  persische  Tradition 
h'e(.'t  jin  ver8chlechlert<»r  Fassunj^]  vor  allem  bei  Ktesias  vor;  einzelne 
Ei /.ablungen  bei  Herodot,  namentlich  III,  dl— 66  scheinen  ihr  auch 
aiuugehören.  Hier  ist  der  Wendepunkt  der  Brudermord,  durch  den  sieb 
Kambytes  den  Fhieh  seines  Vstexs  msieht  (vgl.  Xen.  Cyrop.  Vm,  7,  6). 
Aus  einer  dritten  Qoeile  (Deinonf)  stammt  efaiielnes  bei  Justin  I,  it 
namenüieh  die  Namen.  Antbentisehe  Naebriebt«i  bietet  die  Bebistnn» 
inschrifk,  Ob  an  der  Nitetisgeachicbte  in  ihnr  persiscben  nmning 
(Ber.  m»  1)  irgend  etwas  bistoriseh  ist,  wissen  wir  nicht  F8r  den  ge* 
ringen  Werth  des  Ktesias  ist  es  bezeichnend,  dass  er  Kamb3rses  und 
seinen  Bmder  su  Söhnen  des  Kyros  .'nnd  der  Amytis.  der  Tocbter  des 
Aslysgesi  macht, 

§.  508.  Wie  Kyros  in  Babylon,  trat  Kambyses  in  Ae- 
gypten durchaus  als  Nachfolger  der  Pharaonen  auf.  Dass 
unter  der  Beute  auch  zahlreiche  Götlerhilder  aus  Aegypten 
fortgeführt  wurden,  ist  seiu:  begreiflidi  (Delor.  Ton  Kanopos); 
aber  Kambyses  nahm  die  volle  Titulatur  der  Pharaonen  an, 
besuchte  die  Tempel,  brachte  der  Neit  Ton  Sais  seine  Huldi« 
gung  dar  und  Hess  ihren  Tempel  reinigen.  Dass  er  dabei 
die  aegyptische  Religion,  die  dem  Perser  fremdartig  und  un- 
würdig erschoinen  musste,  verspottet  habe,  ist  keineswegs 
unwahrscheiuiich;  auch  die  Tödtung  des  heiligen  AptssUeres» 


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Kambyses  in  Aegypten.  ^11 

sei  es  im  Zorii,  sei  es  um  seine  Göttlichkeit  zu  prüfen,  scheint 
historisch  zu  sein.  Das  Bild,  welches  die  Tradition  von  dem 
Charakter  des  Königs,  seiner  wilden  Weinlanne  und  seinem 
jfthzormgen  aufbrausenden  Temperament  entwirft,  wird  wohl 
flbertrieben,  aber  dem  Kerne  nach  nicht  verzeichnet  sein,  so 
wenig  sich  auch  die  einzelnen  Erzählungen  controlliren  lassen. 

lieber  Kainbyses'  Stellung  in  Aegypten  ^ibt  die  Inschrift  des  Usa- 
horsateat  [yj  Auskunft:  Museo  Pio  Clemenlino  Vll  ed.  Vih  onti;  Lk  pAriE- 
Renovf  RP.  X;  BauGSOi,  Gesch.  748.    Alles  sonstige  Material  s.  bei 

WlfcDEMAXN. 

§.  509.  Nach  der  Besiegung  Aegyptens  musste  Kambyses, 
ähnlich  den  Zeitgenossen  Alexandor's,  glauben,  den  Hest  der 
Erde  leicht  bezwingen  zu  können.  Indessen  eine  Expedition, 
die  er  g^en  Karthago  plante,  seh^terte  an  der  Weigerung 
der  Phoeniker,  ibre  Landsleute  zu  Felde  zu  ziehen. 

Dagegen  sandte  er  'J  i  uppen  in  die  libysche  Wüste,  welche 
die  grosse  Oase  unlf  rwnien ,  aber  bei  dem  Versuch,  durch 
die  Sandwufite  gegen  das  Ammonium  vorzudringen ,  ihren 
Untergang  gefunden  haben  sollen.  Der  König  selbst  zog  gegen 
Aetbiopien.  So  erfolglos,  wie  die  Aegypter  behaupteten,  ist 
seine  Expedition  keinesfalls  Terlaufeni  wenn  auch  das  Heer 
auf  dem  Marsch  durch  die  wüsten  Landschaften  am  oberen 
Nil  schwere  Verluste  erlitten  haben  mag.  Aber  die  »Aethiopos 
südlich  yon  Aegypten«  zahlen  unter  Darius  Tribut  und  leisten 
Heeresfolge,  und  derselbe  zählt  die  Kuschiten  (Kusijä)  zu  seinen 
Unterthanen.  Wenn  die  Tradition  erzablt,  KMintiyses  habe 
Meroe  erobert  und  nach  seiner  Schwester  benannt,  ?o  mag 
darin  ein  Nachklang  der  Thatsache  enthalten  sein,  dass  seit 
der  Perserzeit  die  Residenz  des  Aethic^nreichs  nach  Meroe 
am  oberen  Nil  Terlegt  ist,  während  Napata  verfiel.  Vielleicht 
ist  das  letztere  sogar  von  Kambyses  zerstört  worden. 

Kambyses  und  Meroe:  Diod.  I,  ^3.  Strabo  XVII,  1,  o.  Jos.  Ant. 
II,  10,  2.  Sonst  g.  H«rod.  III,  97.  VII,  69;  Ka^ßuaou  za^umv  Strabo 
ZVII,  1,  54.  Plin.  VI,  181.  Ptd.  IV,  7,  16. 

§.  510.  Bis  zum  Anfang  des  Jahres  522  blieb  Kambyses 
in  Aegypten.  Dann  wurde  er  durch  die  Nachricht  von  einer 


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^12  Sechstet  Bach,  necheter  AbscbniU. 

Empörung  in  die  Ueimath  zurückgerufen.  £be  er  nach  Ae- 
gypten zog,  hatte  er  seinen  jflngeren  Bruder  Bardija  (Smerdis, 
Ktes.  Tanyoxarkesy,  dem  nach  Etesias  Eyros  die  Verwaltung 
der  oberen  Provinzen  (Baktrien,  Chorasmien,  Parthien  und 

Karmanien)  übertragen  hatte,  heimlich  uuiluiDgen  lassen.  Ein 
Maprier  Gaumata  (Justin  Conu  U  s),  il<  r  dem  Ermordeten  ahn- 
lich  sah ,  gab  sich  jetzt  für  denselben  aus  und  forderte  zum 
Abfall  von  Kamhyses  auf.  »Alles  Volk  fiel  ihm  zu,  Pcrsien, 
Medien  and  die  übrigen  Provinzen«;  nach  Herodot  hätte  er 
alien  Unterthanen  Steuerfreiheit  auf  drei  Jahre  gewährt.  Am 
9.  Garmapada  (vermuthlich  =  Ab,  Juli)  eigriif  et  die  Herr* 
schall.  Kambyses  brach  auf,  um  sein  Reich  wieder  zu  <.^<- 
Winnen.  Aber  als  er  nach  der  syrischen  Stadt  E;jbatan;i 
(vermuthlieh  Ham/it)  jj^ekoininen  war,  fand  er  durcli  eine 
"Wunde,  die  er  sicli  >L'lbst  beigebracht  hatte,  seinen  Tod 
(Sommer  522).  Nach  den  Berichten  der  Scliriftsteller  war  es 
kein  Selbstmord,  sondern  eine  ziid^Uige  Verwundung;  die 
Worte  der  Behistaninschrift  »er  fand  durch  eigene  Hand  deo 
Tod«  zwingen  nicht,  diese  Angabe  zu  verwerfen.  Vor  sdnem 
Tode,  so  erzählt  Herodot,  bekannte  er  die  Ermordung  seines 
Bruders  und  forderte  die  anwesenden  Magnaten  auf,  den  Be- 
trüger zu  entlarven  und  die  Herrschaft  den  Acliaemeniden  zu 
bewahren. 

Kambytee  regierte  noch  Her,  DI,  66:  7  Ma^  5  Voiiale,  d.  h.  bii 
Sora  5.  MoiMt  eeintti  7.  Jsbree.  Gbionographieeh  wird  ihm  dasselbe  aber 
für  voll  angereebnet,  da  man  die  RegieruDg  des  Magiers  oicbt  offideil 
anerkannte,  wie  zum  Ueberflaes  Herodot  m,  67  selbst  sagt:  der  Magier 

regierte  iir^voLi  tnxa  too;  5:«Xot;iou^  Kaji^ü^Tg  Ic  t4  &«tä»  tt«o  Kkr^ 
puioeux;.  Daher  geben  ihm  der  ptol.  Kanon  ond  Berossos  (Euseh.  l,  29,  S4) 
8  Jahre  und  übergehen  den  Magier  ganz.  Natflrh'ch  ist  aber  daraus 
nicht  mit  Herodot  zu  folgern,  dass  GaamAta  im  8.  Monat  seiner  Regie- 
rung gestürzt  wurde. 

D  a  r  i  II  t. 

§.  511.  Mit  dem  Tode  des  Kambyses  schien  die  Herr^ 
Schaft  den  Achaemeniden  verioren,  der  Thron  des  Usurpators 


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Die  Usurpation  des  Ganin&ta.  Darios  wird  KOnig.  613 


fest  begründet  zu  sem.  »Niemand,€  sagt  Darios,  »unter  den 
Persem  und  unter  den  Medem,  selbst  Niemand  aus  unserer 

Familie,  wagte  es  silIi  ^^^igen  ihn  zu  erheben;«  denen,  die  um 
die  Ermordung  des  Bardija  wussten,  schloss  die  Furcht  den 
Mund.  Die  Sagre  erzählt  freilich ,  dass  einer  der  Mörder 
(Prexaspes  bei  Herodot,  Ixabates  bei  Ktesias)  oü'en  vor  aUem. 
Kriegsvolk  sich  zu  seiner  Tfaat  bekannt  habe  und  dann  sei 
es  sich  selbst  getödiet  habe,  sei  es  hingerichtet  worden  sei; 
ob  daran  etwas  historisch  ist,  wissen  wir  nicht.  Auch  der 
nächste  Erbe  des  Thrones  nach  dem  kinderlosen  Tode  des 
Kambyses,  Hyslaspes  (Vistäspa)»  ein  Urenkel  des  Königs 
Teispes  (§.  466),  der  Partliien  als  Satrap  verwaltete,  scheint 
nicht  gewagt  zu  haben,  sein  Erbe  in  An.>^pruch  zu  nehmen. 
Kühneren  Sinnes  war  sein  Sohn  Darius  (Darajavau(s),  tTim). 
Mit  sechs  edlen  Persern  verbündet,  drang  er  am  10.  Baga- 
jädi  521  —  leider  wissen  wir  nicht,  welchem  unserer  Monate 
dies  Datum  entspricht  —  in  die  Burg  Sikajauvati  in  Medien 
ein,  in  der  der  Usurpator  sich  aufhielt,  und  erschlug  ihn  sammt 
seinen  Anhängern.  Kraft  des  Erbrechts  war  damit,  da  sein 
Vater  zurückgetreten  war,  auch  die  Krone  sein.  Der  Tag 
der  TcidluMg  des  Magiers  {\i.oL'(orfO'AcL)  wurde  von  den  Persern 
noch  lange  festlicli  gefeiert;  nur  durch  ein  Mis^verständniss 
hat  Herodot  daraus  eine  Erschlagung  der  Magier  gemacht 
und  den  Schein  hervorgerufen^  als  habe  es  sich  um  eine  Er- 
hebung  des  persischen  Volkes  gegen  den  Priesterstand  ge- 
handelt 

Dass  für  diese  und  die  folgenden  Ereignisse  ausschliesslich  die  An- 
gaben des  Darius  zu  vervverlhen  sind,  budart  katiiu  der  Erwähnung. 
Herodot's  Liste  der  »sieben  Perser«  ist  im  weseiiLliclien  correct,  be 
Ktesiss  fliad  die  SShm  «n  die  Stelle  der  Vftter  getreten.  —  Worin  die  6e» 
waltthaten  des  GaomSta,  speciell  die  gegen  die  Tempel,  von  denen 
Darios  1,  14  redet,  beelanden  haben,  wiseen  wir  nicht. 

§.  512.  Der  zweima^t^re  gewaltsame  Thronwechsel  brachte 
dem  Reiche  die  firgste  Erschüttenmg«  Es  gährte  in  allen 
Provinzen.  Zunächst  empörte  sich  Elam  unter  Atrinav  dann 
Babylonien  unter  Nidintubel,  der  sich  ffir  Nebukadnezar  IE, 


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614 


Sechstes  Buch^  sechster  Abschnitt. 


einen  Sohn  des  Naboned,  ausgab.  Atrina  wurde  durch  ein 
persisdies  Ileer  rasch  besiegt,  gc^'eii  iJabylon  zo^^  Dariiis  selbst. 
Die  VorbereituDgen  zum  Kampf  mochten  mehrere  Monate  in 
Anspruch  nehmen ;  am  26.  Atrijädija  (December  521)  kam  es 
dann  am  Tigris  zur  Schlacfati  bald  darauf  am  Euphrat  zu  einer 
zweiten.  Beide  Male  siegte  Darias.  Nebukadnezar  flQcbtete 
nach  Babel,  aber  die  Stadt  leistete  ebenso  wenig  Widerstand 
wie  zur  Zeit  des  Kyros.  Etwa  Ende  Februar  520  war  der 
Aufstand  bewältigt.  Nebukadnezar  III.  wurde  wie  Atrina  iün- 
geriehlet.  Inzwischen  verbreitete  sich  der  Aufruhr  durch  das 
ganze  Reich.  Zwar  ein  neuer  Aufstand  in  Elam  wurde  von 
der  Bevölkerung  selbst  leicht  bewältigt;  aber  in  Medien  hatte 
sich  ein  gewisser  Pbraortes  fQr  Kbäatbrita,  einen  Nachkommen 
des  Kyazares,  ausgegeben  und  ganz  Medien  fOr  sieb  gewonnen« 
Auch  die  Parther  und  Hyri[anier  schlössen  sich  ihm  an, 
Hystaspes,  des  Königs  Vater,  war  mit  denen,  die  ihm  treu 
blieben,  nicht  im  Stande,  die  Eni[)örung  zu  unterdrücken 
(Beb.  II,  IG).  Auch  die  Armenier  erhoben  sich,  bis  nach 
Assyrien  hin  (II,  2.  10)  schloss  sich  das  Land  ihnen  an. 
Die  Sattagyden  und  Saken  machten  sicli  unabhängig,  bei  den 
Sagartiern  trat  Tsitrantakhma  als  Nachkomme  des  Kyaxares 
auf,  in  der  Oase  Margiane  machte  sich  FrAda  zum  König. 
VerhängnissToller  noch  war,  dass  in  Persien  ein  neuer  felacher 
Bardija,  Vabjazdäta  mit  Namen,  auftrat.  Alles  Volk  fiel  ihm 
zu,  er  wurde  König  von  Persien  und  konnte  Truppen  nach 
Arachosien  schicken,  um  diese  Provinz  dem  Darius  zu  enireissen. 

Von  dem  Aubtand  der  Meder  unter  Darios  weiss  Herodot  I, 
Sonst  kSDnt  «r  nur  die  EmpOning  Babylons,  Ober  die  sein  Bericfat  gim 
sagenhaft  ist.  Ktesias  ist  hier  gans  wertblos.  —  Die  Chronologie  der 
Behistaninsehrift  ist  vieUkeh,  namentlich  von  Oppbrt  (snlettt  in  Le  penple 
et  la  langae  des  H^des),  behandelt,  dessen  Ansätaen  ieh  nieht  beistimmen 
kann.  Weit  richtiger  sind  Düncxbr*8  Ansttse,  nur  dass  er  sich  dnrcfa 
Herodot  lur  Aniinhmo  oiiier  langen  Belagerung  Babylons  bat  verföhren 
lassen,  von  der  die  Behigtaninschrifl  nichts  weiss.  Dass  die  Anfidinde 
wahrend  do.«  Kriegs  gegen  Nebukadnezar  III.  ausbrachen,  sagt  Darius  II,  2; 
im  folgenden  werden  sie  dann  einzeln  aufgezählt.  Daraus  ergibt  sich, 
dass  die  AUseoduag  des  Hydarncs  (it,  6),  Dädarsl  (U,  7)  und  Vomises 


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Die  Aufstände  ge^en  Darias. 


(II,  10)  in  die  Zeit  des  babylonischen  Aufstandes,  d.  h.  Ende  521,  f&Ut; 
im  FrQfajahr  520  zieht  dann  Darios  selbst  nach  Medien  (II,  12)  and 
schickt  gleiebieitig  (III,  6)  ein  Heer  gegen  Persien.  Dann  folgt  weiter, 
dass  die  Beeiegung  des  mediscben  nnd  des  pereisehen  Anfetandes  590i 
die  «weite  Besiegung  Babylons  519  aniosetaen  ist.  Dasu  stimmt,  dase 
wir  datirte  Tafeln  aas  dem  Antritte-  oder  ersten  Jahr  Nebukadnezar*8  UL 
vom  Elul  bis  Kislew,  d.  i.  September  bis  December  521,  aOB  dem  ersten 
Jahr  des  Darias  vom  14  Adar  (Febr./Mftrs  m)  besitsen. 

§.  518.   Fflr  die  schwere  Krisis,  welche  über  das  Reich 

des  Kyros  hereingebrochen  war,  ist  es  charakteristisch,  dass  sie 
sich,  nbgresehen  von  Babylon,  fast  ausschliesslicli  auf  die  licrr- 
sehenden  Stämme,  die  Iranier,  beschrankt.  In  Kleinasien  machte 
allerdings  der  Satiap  von  Sardes,  Oroetes,  der  um  dieselbe  Zeit 
den  Polykrates  von  Samos  zasich  gelockt  und  hingerichtet  hatte, 
Miene  I  sich  nnabh&Dgig  zo  machen  und  räumte  den  Statt- 
halter Ton  DaskylioD,  Bütrobates,  aas  dem  Wege  (Her.  m.  126). 
Aber  von  den  ünterthanen  in  Kleinasien  und  Syrien  dachte 
Niemand  daran,  die  Unabhängigkeit  wiederzugewinnen.  Da- 
gegen in  Iran  und  ebenso  in  dem  stainnuci  wandten  Arme- 
nien regle  sich  überall  der  Trieb  nach  Selbständigkeit,  nach 
Wiederherstellung  der  alten  Verhältnisse.  Nur  Baktricn  unter 
dem  Satrapen  Dädar^i  und  Arachosien  unter  Viväna  blieben 
treu.  Die  Krisis  war  um  so  gefahrlicher,  da  der  herrschende 
Stamm  selbst  durch  das  Auftreten  des  zweiten  falschen  Bard^ja 
gespalten  war.  Darias  hatte  auf  seiner  Seite  nichts  als  das 
Legitimitfttsprinzip  und  sein,  wie  er  selbst  angibt,  klemes  aus 
Persern  und  Medern  bestehendes  Heer,  mit  dem  er  nach  Ba- 
by lunieu  gezogen  war  (II,  6).  Indessen  er  zeigte  sich  der 
Situation  gewachsen.  Während  er  selbst  in  Babylonien  blieb, 
um  den  Krieg  gegen  Nebukadnezar  zu  Ende  zu  führen,  ent- 
sandte er  Ende  521  drei  Heeresabthetlangen  nach  Norden  gegen 
Medien  und  Armenien.  Hydames  (pars.  Vidama)  schlug  die 
Meder  fm  Januar  (6.  AnAmaka)  520  zarOck,  der  Armenier 
DAdarSt  drang,  ofltobar  von  Osten  W,  in  Armenien  ein  und 
siegte  am -6.  und  18.  Thuravfthara  (Mai)  und  nochmals  am 
9.  Thäigartsi  (OctobcrV).  Eine  dritte  Abiheilung  unter  Vo- 
mises  (Vaumisa)  rückte  von  Süden  aus  den  Tigris  hinauf 


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SedwtM  Buch,  seebatar  Abscbmlt 


ge^  Armenien  vor  und  schlug  die  Aufst&ndiBchen  znnfiehst 
in  Assyrien  (15.  Anftmaka,  Januar  520),  dlinn  in  Armenien 
eelbet  (30.  ThuravAliara,  Mai)  zurM. 

014.  im  i  i  ühjahr  ü2U  hatte  Dai  ius  die  l'iiterwerfun^'  Ba- 
bylnnicris  vollendet  und  vermuthlich  inzwi-c  iieii  seine  Truppen 
nach  Ki'ät'ten  verstärkt.  Er  konnte  zum  Entscheidung.^kampf  aus- 
rücken. Nach  Persien  sandte  er  den  Arta?ardija  namenUich  mit 
medischen  Truppen,  er  selbst  sog  mit  seinen  Persern  gegen  die 
Meder,  Am  96.  Adukani  (Hochsommer 520)  wurde  der  Pr&tendent 
Phraortes  geschlagen,  und  bald  darauf  in  Ragae  gefang^,  in 
Ekhatana  hingerichtet.  Das  gleiche  Schicksal  erlitt  der  Bleche 
Bardija,  der  in  zwei  Schlachten,  am  12.  Thuravähara  (Mai  ^20) 
und  am  6.  Garmapada  fHochsonimor)  besiegt  und  gelan^ru 
wurde.  Jetzt  waren  die  übrigen  Aulstände  leiciit  bewältigt. 
Von  Kagae  aus  schickte  Darius  seinem  Vater  Hülfstruppen 
gegen  die  Partlier;  der  Sagartier  Tsitrantakhma  wurde  yoQ 
Takhmaspada  gefangen  und  in  Arfoda  hingerichtet,  Margiana 
von  dem  haktrischen  Satrapen 'wiederunterworfen,  die  vom 
falschen  Bardija  nadr  Arachosien  geschickten  Truppen  mehr» 
Ikch  besiegt  und  vemiehtet.  fozwischen  war  in  Babylonien 
noch  einmal  ein  Prätendent,  der  Armenier  Araclia,  als  Nelni- 
kadnezar  III.  aufgetreten  und  hatte  alles  Volk  gewonnen.  In- 
dessen auch  die.-er  Atifstnnd  wurde,  vermuthlich  im  Jahre  5lVV 
von  Vindat'rü  niedergeworfen,  Babylon  zum  zweiten  Male  er- 
obert und  der  falsche  Nebukadnezar  hingerichtet  Um  die- 
selbe  Zdt  etwa  wurde  der  Satrap  Oroetes  auf  Befehl  des 
Königs  durch  Bagaeos  aus  dem  Wege  ger&umt.  Das  ganze 
Reich  war  wieder  unterworfen. 

In  die  Zeil  des  zweilcii  habylonif^chen  Auf-huides  gebOrt  wahr- 
schiialicli  die  Urkunde  aui»  dem  II,  Jahr  de^  Kunibyt>es  =  519  v.  Chr, 
(§.  504). 

§.  515.  Seit  dem  Ende  des  Jahres  519  ist  die  Welt- 
becTschaft  der  Perser  von  allen  Völkern  vom  NU  bis  zum 
Jazartes,  vom  Hellcspont  bis  zum  Indus  definitiv  anerkannt 
und  nicht  wieder  bestritten  worden;  denn  dass  die  Suslaner 
sich  in  der  Folgezeit  noch  einmal,  zum  dritten  Male,  empörten 


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Bewilligung  der  AoMftnde. 


617 


und  Yon  Gobryas  besiegt  werden  mussten  (Beb.  V),  bat  keine 
grossere  historiscbe  Bedeotang.   Im  Genirum  seines  Reicbs, 

da  wo  die  Hauptslrasse  von  Babylonien  nach  E^^balana  dureli 
das  Ziigrosgobirge  fülii  l,  am  oberen  Laufe  des  Choaspes,  Hess 
Darius  hoch  über  der  Strasse  die  Felswand  dos  Berges  Ra- 
gistana  (BehistaD)  glätten  und  eine  gewaltige  Inschrift  in  per- 
sischer, snsiscber  nnd  babylonischer  Sprache  anbringen,  welche 
allen  Untertbanen  und  der  fernsten  Zukunft  verkönden  sollte, 
wie  er  die  Herrschaft  gewonnen  und  das  Reich  wieder  unter- 
worfen habe«  DarOber  ist  er  selbst  dargestellt,  wie  er  dem 
Gauinäta  den  Fuss  auf  den  Leib  setzt;  die  gefangenen  Usur- 
patoren stehen  gefesselt  vor  ihm.  Oben  schwebt  Ahui anKizda, 
in  dessen  Namen  er  ausgezogen  ist,  der  ihm  den  Sieg  ver- 
liehen hat;  sein  Bild  ist  dem  des  assyrischen  Nationalgoltes 
nachgebildet  (§.  201).  —  Darius  war  der  würdige  Nachfolger 
des  grossen  Reicbsgründers.  Wenn  dieser  in  kürzester  Zeit 
das  Perserreicfa  schuf,  so  hat  Darias  es  in  der  schwersten 
Krise  neu  gewonnen«  Seine  Persönlichkeit  tritt  uns  am  klar» 
sten  in  der  schlichten,  rein  sachlichen  Erzählung  entgegen, 
in  der  er  von  seinen  Thaten  Kunde  gibt,  in  einer  Sprache, 
der  man  es  anmerkt ,  da.-s  sie  erst  im  Begriffe  ist,  eine 
Literatursprache  zu  werden,  dass  sie  viellüch  mit  dem  Aus- 
druck zu  ringen  hat,  in  der  edlen  und  einiaciicn  Art,  wie  er 
seiner  Genossen  bei  der  Erhebung  gegen  den  Magier  gedenkt. 
Mit  dem  Siege  war  indessen  seine  Aufgabe  nicht  erfüllt;  und 
in  erster  Linie  ist  er  der  grosse  Organisatort  cler  das  Werk 
des  Kyros  auch  hier  aufgenommen  und  vollendet  hat.  Hier 
seinem  Wirken  zu  folgen,  ist  zunächst  nicht  mehr  unsere  Auf- 
gäbe.  Darius  stellt  an  der  Wende  zweier  Zeitalter;  wie  er  die 
Entwickelung  des  alten  Orients  abschliesst,  gibt  er  der  Folgezeit 
ihre  Gestaltung.  Am  Abend  seines  Lebens  bezeichnet  die 
Schlacht  bei  Marathon  den  Beginn  einer  neuen  Epoche  in 
der  £ntwickelung8gesGbichte  der  Mittelmeerwelt. 

Zum  BafisTavcv  opo«;,  dej-sen  Sculpluren  und  Iiischriflen  die  Spä- 
teren auf  Semiramis  zurflckfQhreii,  s.  Diod.  II,  13  (aus  KUtarcb).  XVII,  110. 
St«i»h.  Byi.  i.     I«d«  Gbar.  5  (▼enefariebtn  Bteaya). 


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SaetMtos  Baeh»  seehBtar  AbichnilL 


S  0  h  I  tt  S  $. 

§.  516.   Hü  der  ÄnfHehtiing  des  Fersemiehs  schliesst 

die  erste  grosse  Epoclie  der  Geschichte  des  Orients  ab.  Die 
zweite  läuft  von  hier  bis  zum  Islam  und  zur  Begründung  des 
arabischen  Reichs.  Wenn  die  frühere  Geschichtsauflassung 
von  der  Ansicht  beherrscht  war,  der  Orient  sei  von  Ewigkeit 
her  die  Heimath  grosser  Weltrdche,  seine  Geschichte  bestehe 
nur  In  der  monotonen  und  wenig  interessanten  Folge  von 
GrQndung,  Verlkll  und  Untergang  erobernder  Staaten,  so  ist 
es  uns,  so  lückenhaft  auch  unsere  Kenntnisse  durchweg  sind, 
doch  überall  möglicli  ^^ewesen,  zu  den  Zeilen  selbständigen 
nationalen  Lebens  vorzudringen,  die  Eigenart  der  Völker,  den 
Verlauf  ilirer  Entwickelunjr?«^chichte  in  bestiiiimlen  und  un- 
zweideutigen Zügen  zu  erfassen  und  zu  erkennen,  wie  das 
Entstehen  und  vor  allem  das  Bestehen  eines  erobernden  Welt- 
reichs überhaupt  möglich  geworden  ist.  Dasselbe  ist  nicht, 
wie  die  Fabeln  Ton  Sesoetris  und  Semiramis  wfthnen,  der 
Anfiing,  sondern  das  letzte  Ende  der  Entwickelung,  genau  ao 
wie  am  Abschluss  der  Geschichte  der  alten  abendlftndischen 
Welt  das  römische  Weltreich  steht.  So  verschieden  im  einzelnen 
die  Gestaltung  und  die  Geschichte  der  beiden  Staaten,  des 
persischen  und  des  römischen,  ist,  darin  stimmen  beide 
iiberein,  dass  sie  auf  den  Trümmern  eines  abgestorbenen 
nationalen  Lebens  sich  erheben,  dass  in  ihnen  die  verscbie- 
denaten  Gulturen  zu  einer  Einheit  zusammenströmen,  dass  die 
NatbnaliUlt  des  herrschenden  Volkes  wohl  noch  eine  Rolle,  aber 
keineswegs  die  allein  maassgebende  Rolle  spielt  Zum  Thäi 
sind  die  Nationen  des  Orients  in  sich  selbst  zu  Grunde  ge- 
gangen; einen  solclien  Verwitterungsproress  konnten  wir  uament- 
lieh  in  Aegypten  verfolgen.  Die  Entscheidung  aber  ist  durcli  die 
Assyrer  herbeigeführt  worden.  Seitdem  greift  der  DenaÜonaii- 
sirungsprocess  immer  weiter  um  sich;  die  grossen  Wanderungen 
tragen  zu  seiner  Förderung  wesentlich  bei.  Die  Erbschaft  der 
Ässjrer  ist  dann  den  Persern  zugefallen;  sie  haboi  das  ganze 
Gebiet  der  iranischen  Stämme  m  den  Bereich  der  vorderasiati* 


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SchloBs. 


619 


'  sehen  Galturwelt  eingefiShrt   Seit  den  Siegen  des  Darias  ist, 

von  Aegypten  abgesehen,  von  nationalen  Erhebungen  nur  noch 
ganz  vereinzelt  die  Rede;  all  die  zahlreichen  Kaitijife  der 
Perserzeit  sind  Ergebnisse  einer  rein  persönlii  heu  Poiitik,  die 
niemals  den  Appell  an  das  Volksthum  erhoben  hat. 

Für  das  Leben  der  Völker  aber  ist  das  Ergebniss,  dass 
wenn  früher  Nationalität,  Politik  ond  Religion  eng  und  un- 
trennbar verbanden  waren,  sie  jetzt  vOUig  auseinander  fiftllen 
und  ihre  eigenen  Wege  gehen.  Das  Staatsleben  löst  sieh  los 
vom  Volksthum,  die  Politik  verfolgt  rein  individuelle  Ziele.  Ein 
nationales  Eigenleben  herrscht  fast  nur  noch  in  un 'zugänglichen 
Wüsten  und  Gebirg«?thälern ,  wo  es  zusamnicnräilt  mit  Un- 
cultur.  Nur  die  Iranier,  wie  sie  die  Sieger  waren  in  dem 
Kampf  um  die  Weltherrschaft,  haben  auch  ihre  Eigenart 
wenigstens  zum  Theil  bewahrt.  Aber  die  Guitarverhältnisse 
and  die  Lebensanschauungen  sind  die  gleichen  im  ganzen 
Vorderasien.  Die  Religion  endlich  geht  ihren  Gang  ganz  fOr 
sich.  Der  Ausdruck  und  der  Trftger  des  Volksthums  in  dem 
Sinne,  wie  sie  e?  frülier  gewesen,  ist  sie  nicht  mehr;  aber 
sie  ist  an  dessen  Stelle  getreten.  Sie  vermag  es  denn  auch 
allein  noch,  die  Massen  in  Bewegung  zu  bringen,  treibend  un<l 
belebend  zu  wirken.  Daher  liegt  die  weitere  Entwickelungs- 
geschichte  des  Orients,  soweit  sie  spontaner  Natur  ist,  last 
ausschUesslich  auf  religiösem  Gebiete. 


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Index 


Die  Zahltiu  bezeichnen  die  Para^^raphen ;  A.  Anmerkung. 
FI.  FlUK«.   Q.  Guttheit.   K.  Kdnig.   L.  Land.   8t.  Htadt.   V.  Volk. 


A. 

Aa,  L..  Ml  A.  ML 
Aad,  Name  der  Hykaos,  IM  A. 
A'ah,  aeg.  Mondgott,  öS^ 
A'tthliote|)  •21.'{. 

A'ahmes  K. .  lü.  IL  2liL 
m  211  A.  22Ü  A.  iü^L 

A'ahmes  II.  ')00  «.  .AnuiNis. 

A'ahmes,  Sohn  des  Paar, 

A'ahmeK,  Sohn  de»  Binpu.  21:}. 

A'alunes  Pennucheb  214  A.  211  A. 

A'ahmes.  Schiffshauptmann.  '214.  In- 
schrift des  —  lilH  A.  214  A. 

A'ahmes  nefertari,  Gemahlin  A'ah- 
mes' L  'illi  A.  211)  A. 

Ab,  aeg.  K.,  88.  00  A. 

Abda«tarto.s ,  K.  von  Tvros,  28(>. 
025  A. 

Abdera,  St.  in  Spanien,  281. 
'Abdimilküt.  K.  von  Sidon,  :?8:V  :^9. 
*Abdu  [}Jj  ä.  Abvdos. 
Abel,  Abel  Hr't-Ma'ka,  hebr.  Stadt. 

m  m  m 

Abesf?ynien  4iL  222x 
Abiba'al,  K.  von  Tyros,  28i>. 
Abiezer,  hebr.  Geschlecht.  294. 
Abijam ,  K.  von  .Inda,  ;V21.  32ö  A. 
Abijate',  Scheich  der  Qedreer,  4.'>7  A. 
ML 

AV)il-sin.  K.  von  Babylon,  139. 
Abimelek,  hebr.  K.,  'lÜL  294^  LJUL 
Abiner  (Abner)  2ÜL  299. 
Abnu-ra',  aeg.  K.,  jSH.  A. 
Abraham  130.  HLL  IIS.  m  m  ÜiiL 


Abrondas  4.'>3. 
Absalom  80(>. 

Abu  Roiis,  Pyramiden  von  —  HL 
Abusimbel,  Tempel  von  —  2^212. 

2fiL  4<>8. 
Abuair 

Abydenos  12:^. 

Abydos,  Stadt  in  Troas,  19:t.  i'y.j; 

in  Aegypten       iS.  älL  ÜO,  <i2  A. 

ÜIL  m  82.  Sil  A.  Ö<L  liL  Iii  A. 

löO.   IfiiL  liiL  114L  2^  ;il8. 

Königstafel  von  —  OL  IS..  S8  A. 

IML  m  192  A. 
Achab,  K.  von  Israel.  288.  321  A. 

m  m  a2i  m  m  aM.  m 

Achaeer  260. 
Achaemenes  4*i'''. 

Achaemeniden  4<)<).  48.").  rA'i.  .'»OT. 
m  iilL  —  -zeit  lliL  ^  A. 
418.  421.  dm  411  A.  441L  In- 
schriften der  —  24^.  414. 

Acharri,  L.,  212,  ML 

Achaz,  K,  von  .Inda.  Siil  A.  1104. 
aiilL  3i<2.  472. 

Achazjahu.  K.  von  Israel.  324 :  K. 
von  Juda  32.5.  325  A.  329. 

Achija  m&  A. 

Ach?&ri,  K.  der  Mannaeer.  393. 

Achthoes.  aeg.  K.,  ^ 

Achuni.  K.  von  Bet-Adin,  3:U.  ;^k^. 

Adana,  St.,  21ii  A. 

Adarmalik,  Sohn  Sanherib's,  387. 

Adarmelek.  bab.  O.,  147. 

Adasi,  as8.  K.,  1S2  212  A. 


Index. 


021 


Adern  (Edoin)  180,  s.  Aduma. 
'Aden,  St..  2iö  A. 
Adin,  l)ab.  K.,  m 
Äditja,  ind.  G.,  Am  ML 
Adonia  301. 

A»]oniba'al,  syr.  Fürst,  33ß  A. 
Adonis,  Gott,*2ö8.  2äL  Adonis,  Fl., 

Adraniytion,  St..  19:^  488. 

Adrastea,  G.,  258. 

Adrastos  'i.'»?. 

Aduma  (Edom)  237. 

Aegaeifiches  Meer  2ii2t  255.  259. 

279.     Anwohner    den    —  :^V2. 

—  von  den  Phoenikcm  befahren 

IM. 

Aegypten,  Aegypter  pasaim. 
Aegvptos  264. 
Aeoiwche  Städte  ^ 
Aethiopen,  Aetliiopien  12.  43. 112  A. 

32Ü.  mL  aöL  m  m  im  ml 

Afghanen  48<>. 
Africanu.s.  Julius.  M_- 
Afrika's  Umschitlung  ALL 
Agade,  St.,       Lü  ^TT^vgl.  Akkad. 
Agag.  K.  der  'Araaleqiter,  29(). 
Agbatana  401,  s.  Egbatana. 
Agenor  122  A. 

Agukakrime,  bab.  K.,  m  Uö  A. 

141.  212  A. 
Aharou  2S2x  ML  ML  411  A. 
Alii,  aeg.  G.,  hh. 
Ahriman  442  ff.  4M. 
Ahtes,  aeg.  K.,  211  A. 
Ahura  44L  44fi. 

Ahuraniazda  201.  415.  447.  441  tf. 

485.  5D2.  äLL 
Ai,  aeg.  K.,  IUI  A. 
Ai.  Priester,  später  König,  228. 

222  A.  230. 
Ai'pntoi;  42  A. 
.  Alö'ioi:»?:  4iL 

Aila,  Ailat,  St.,  28iL  m  m 

m 

Airarat  247.  a.  Alarodier. 

Akauhor,  aeg.  K.,  22  A. 

Akeret,  L.,  2Ü2, 

Akis,  K.  von  Gat,  298. 

Akises,  K.  von  Babylon,  881. 

Akkad  =  Agade,  Akkadier  121i  ff. 

IM  A.  22L  222.  224.  ML  afilL 
.    32L  32Ü  A.  322.  38L  4Ü2. 
Akki,  der  Fährmann,  188. 


'Akko.  St.,  1 90. 284. 290. 857.  .888. 4fi0. 
Aku,  bab.  Mondgott,  145. 
Akzib,  St.,  m  2m  8.57. 
Alarodier  242.         333.  342.  8r>5. 

465,  vgl.  Urar{u. 
Albaner  246. 

Aleppo  LZÜ.  IM  s-  Chaleb. 
Alexander  ISfi.  2Hä.  3811  41iL  4&L 

423.  .m  m 

Alexander  Polyhistor  123 
Alexandriner,  Jahr  der  —  34. 
Alkaeos  498. 
Alkmaeon  488  A. 
Alkniaeoniden  488. 
Allah  123  A. 

Allat  bab.  Göttin,  1 4*\.  151.  —  arab. 

Göttin,  124  A.,  vgl.  llfit. 
Almau,  L.,  141. 

Alphabet,  aegyptisches  2fi.  —  alt- 
amraaeL-^ches  122  A.  —  altgrie- 
chisehes  122  A.  —  gemeingrie- 
chi.'iches  279  A.  —  sidonisches 
122. 

Altaqu,  St.,  384. 

Alvattes.  K.  von  Lydien,  257.  418. 

m  4B2.  4S8.  432. 
Alzi,  L.,  2ij£K  222.  342. 
Amada,  L.,  888,  vgl.  Medien. 
'Amaleq.  'Amaleqiter  LZü  A.  283. 

289.  223.  22fi  A.  228.  300. 
Anianos,  Gb.,  12£L  282.  335.  33ß  A. 

887.  342.  34iL  ML  —  Grenze  der 

aegypti.schen  Macht,  22D.  246. 
Amarder.  V.,  242. 
Ama.si8.  K.  von  Aeg.,  411.  469.  497. 

500,  ÜÜ2.  iiÜL 
'Aniaffja.  K.  von  Juda,  ;i55.  857  A. 

—  Prieeter  862. 
Amat  282  A.,  s.  Hamät. 
Aniathus  12L  222. 

Amazonen  253  A.         A.  452  A. 

455  A. 
anichu  62. 

Amenemapt,  Prinz  von  Kuh,  229  A. 

K.  von  Aeg.,  815. 
Amenemha't  L  41.  2Ü.  22  ff.  1Ü5. 

—  IL  '22.  lül  A.  ~  III.  22.  m 
mi  A.  —  IV.  lÜL 

Amenemheb,   Grabschrift  des  — 

180  A.'  22Ü  A. 
Amenerdas,  ae^.  K..  ^^»8.  467. 
Ampnorma',  Priester,  269. 
Amenhotep,  Baumeister,  Sohn  des 

Hapu,  225. 


022 


Index. 


Araenhotep  L  223  A.  —  II.  222. 
221.  22Ü  A.  —  HI.  llü  A.  m.. 
22iL  '22il  A.  240.  212.  2l!L  'iML 

—  IV.  221  ft. 
Amenhotop,  Oberpriestcr,  '2(>0. 
Ameni'.  nog.  K.,  HiL  M  A.  Öü. 
Ameni,  Noinarch. 

Ameni-Antof-Amcnemha  t,  aeg.  K., 

m 

Aiuenisenib  lül  A. 
Ammmesses,  aeg.  K..  261. 
Ainenren  f.  Gott.  9'J4  A. 
Ainenrud,  aeg.  K.',  ii2ü  A.  ;1><2  A., 

vgl.  Rudamon. 
Ainensefas  M  A. 
Amertatät.  iran.  G.,  441. 
Amesa  spenta.  iran.  G.,  441.  447. 
Amid.  Amida.  St.,  2IlL  m  :ill.;i97A. 
Amilmarduk,  bab.  K.,  4U8. 
Aiumas,  (i.,  tjolt. 

'Amnion,  'Amnioniter  2QIl  2>i>L  223. 

22ü  A.  m  aüL  a;iL  aan  0^5. 

lliL  lüä. 
.\inmonium  509. 

Animuladin,  Qedreerßcheich,  4.">8. 

Amon.  K.  von  Juda,  472. 

Amon,  Gott,  aß.  09.  Öl.  lüi  lüL 
194.  21tL  2iIL  22a.  22Ö  ff.  21iL 
212.  2üa.  2iLL  2ßfi.  2Ü1L  m  ailL 
IMK  32Ö.  32a  .m  —  wird  zum 
Kriegsgott  212.  —  -Ra*  92.  91. 
AmonshymnuH  von  Bulaq  LCJ  A. 
Anionstempel  von  Kamak  21(>. 
225.  242.    —  von  Luqsor  22lh 

—  von  Medinet  Habu  2(»7.  —  von 
Solt^b  22Ü. 

Amoriter,  Land  Amur,  17fi.  179. 

m  23a.  2aii  ff.  2tia.  m  ML 

121.  llii. 
'Arnos,  Prophet,  119.  3ü£L  asa  ML 

3112.  3fia.  113. 
Amphiaraosorakel  .')02. 
Amris,  K.  von  Tabal,  311.  3IZL 
^\mu  =  Syrer  öl.  H9.  ÜiL  IM.  Iß3. 

19R.  21  <i. 
Amu-Kahak,  libyscher  Stamm,  215. 
Amyitis  4>^1. 
Amyrgische  Saken  424. 
Amyrtaeos  507. 
Amyti.*«  507  A. 
'An.  L.,  13.  21L 
.\n,  aeg.  K., 
Ann,  aeg.  K.,  1112  A. 
\\nab,  aeg.  K.  107  A. 


Anähita,  Anaitis,  G.,  417.  439.  4.50. 

AhL  liia. 
Anakyndaraxes  '.ISd. 
'Anamelek.  bab.  G.,  147. 
'Anaqit<?n  179  A. 
.■\nanaken,  V.  422. 
'Anat,  syr.  G..  IM.  2üü.  12Ü. 
Anai,  bab.  G.,  146  A.  149. 
Anat,  St..  383. 
'Anatot,  St.,  311)  A.  HA. 
Anaugas,  St.,  21Ä.  '221. 
*Anches  en  .\nion  229. 
'Anches  en  pa  aten  229. 
Anchiale.  St.,  ;^H<>. 
Androniefla  206  A. 
Angnuiiaiiju  112  ff.,  8.  Ahriman. 
Ankyra  2.56. 
Annas,  L.,  232. 

Ansan,  L.,  129.  320  A.  IM.  5Ö1  A. 
Antaeopoliti.scher  Gau  9ß. 
Antandros,  St.,  252.  45.*^. 
Antef  L  9Ü.  —  II.  90.  —  III.  9Ö. 

—  IV.  95  —  V.  'a  L  95.  —  M. 
95,  —  Vll.'a  II.  9Ü.  —  VIII.öiL 

—  IX.  'a  III.  9Ü. 
AntefsHaua.  Lied  aus  —  Ö3A.  102A. 
•Antilibanon  170.  1 76. 
Antimenidafl  493. 

'Anu,  aeg.  K..  9Ö  A. 

Anu  (Heliopolis)  69.  9:^.  114  A.  226. 

Ann,  bab.  G.,  139.  IM.  HL  149. 

m  mi  f  . 

Anubis  ti2.  ü3.  82.  83.  0ber}>rie8ter 

des  —  1112. 
Anunit.  bab.  G.,  130.  m  ]AL  IAH  \. 
Anunnaki,  bab.  G.,  144. 
'Anuqat,  aeg.  G.,  69.  240. 
Anzan,  L.,  396.  466.  s.  An«an. 
Apa'anchu,  Aegypten.  S2  A. 
Apappus.  aeg.  K,.  8S. 
Apachnan,  Hyksosk.,  1 12  A. 
'Apep,  Schlange.  55. 
Apepi,  Hyksosk..  30. 1  lOA.  1 12  A.  213. 
Apet,  aeg.  G.,  tiO. 
Apheq.  Schlacht  bei  —  323.  321. 
Aphrodite  192  A.  '208.  253.  4M. 
Apirak.  bab.  St..  133. 
Apia  60.  213.  320.  352.  502  A.  508. 
Api8grüfle  248. 
ApolTinopoli«  55. 
Apollo  503  A. 
Apri,  Fl..  282. 

Aprie«,  aeg.  K.,  102.  125.  I2ii  12L 
500.  502  A. 


*Apuriu,  V..  21L 
Aqaiwa?a,  V., 

*Aqqaron  fEkron),  St.,  2ßfi.  3M  A. 

azL  m  m 

Aqsu  od,  Aqebsu,  L.,  2il2x 
Arabien,  Araber  70.  00.  100.  Hü  ff. 

iiti  2112.  m  m  aiM.  m  m 
4u:'>.      tr.       iüiL  m  .m 

—  in  Babylonien  Lil  f .  14£L  ML 
Aracha  (Nebukadnezar  II.)  514. 
Arachosien,  L.,  488.  512.  518.  514. 
Arachtu,  Canal,  ;^5. 
'Arad,  St.,  200  A. 
Aradus  UK  IM.  220.  232.  2fiß.  274. 

2M.  m  3^  am  an.  m 

Aramaeer  18L  IM  112  A.  UlL  IIS. 
lÜlL  21Ml  2ÜL  212.  21L  215.  287. 

m  afia.  ML  m  aai.  m  aas. 

Arami,  syr.  K.,  aaü  A.  aaS. 
Ararat  247,  s.  ürartu,  Alarodicr. 
Araxes,  FI.,  2M.  241.  :U.>. 
Arbail  181.  s.  Arbela. 
Arban,  Reich  und  Monumente  von  — 

•  2m  2m 

Arbela  181.  277.  34Q.  :m.  :)14. 
Archilochoa  455  A. 
Archles,  Hyksosk.,  112  A. 
Arda^ir      Sassanide,  415. 
Ardvisüra  450.  «.  Anaitis. 
Ardys  L  b'd.  K.,  4ia.  —  II.  455.  48(). 
Aresa,  L.,  2H8. 

Argistis      K.  von  Armenien,  a^ 

•m  —  II.  all.  am  397. 

Argo.  Insel,  106. 
Argos  iM.  A. 
'Ap'.axai  i24  A. 
Ariaspen  505. 

Arier  m.  423—437.  M9.  . 
Arier,  V..  4aß. 
Arimaspen  421  A. 
Arinii  (Aramaeerstümme  Mesopota- 
miens) 883. 
"ApifjLot  170  A. 
Aristobul  423.  üö5  A. 
Arjana,  L.,  435.  4:^t). 
Arjanam  Vaidschö,  L.,  486  A. 
Annati,  G.,  441. 
Armavir,  St.,  'M2. 
Armenien,  Armenier,  120.  247.  24ft. 

2m  274  a4Q  ff.  3fiiL  aßL  am 

.375.  886.  381.  aai.  423.  449.  lüL 
452.  4<;0.  4ti:).  4S4.  41Ü  iL2  ff. 
Amon,  FI.,  'ML  322.  324  • 


623 


Arpad.  St.,  aiL  342.  aiiL  am  am 

475  A. 
'Arqa,  St..  ML 
Arrapcha,  L..  :U8.  :U4. 
Arrech,  L.,  22Ü  A. 
Arsanias,  FI.,  332.  342. 
Arsakiden  ilh  ff.  441  A.  451. 
Arsu,  aeg.  Usurpator,  261. 
Artiiphrenes  412  A. 
Artavardya,  pers.  Feldherr,  514. 
Artaxerxes  L  412.  —  II.  412.  41i 

4all  A.  4M. 
Artaxias  248. 

Artemis  von  Epheaus  253.  455. 
Aruna,  V.,  232. 
Ai7enis  486. 

Asa,  K.  von  Juda,  810.  32L  323. 

825  A. 
Afa.  iran.  G.,  441. 
Asar  .57i  s.  Osiris. 
Ascher  2120.  2ÜL  31Ü  A. 
Asdüd  2fili.  3M  A.  .am  311  41111 

m 

Asebi  (Cypem)  m  191  A.  194. 
220. 

A^era,  Aseren  2ÜÜ.  302.  310  A.  474. 

4m 

Aseru,  Tempel  der  Mut  in  —  225. 

Askalos  256. 

Askanios.  Askanier  251. 

Asnunnak,  L.,  141. 

'AoraGtaxai  424  A. 

Aspendofi.  St.,  406. 

Asqalon  23fi.  'ML  2M.  351 A.  870. 

3m  3i(2.  3H4.  4li4. 
Assa,  aeg.  K..  78.  81. 
Assarhaddon  311 A.  3Ö0.  aSL  3S5  A. 

381  ff.  393.  31ÜL  402.  400  A.  40Ö. 

453.  402.  403.  4m  490.  493.  507. 
Assetb,  Hyksosk.,  12  A. 
A^sur,  Gott.  IM.  1B2.  20L  310  A. 

894.  —  Stadt  182.  2m  340.  343. 

345.  354.  3m  335.  4SL 
A8.Hurbänipal   185.   1.54.  157.  .375. 

an  A.  .3S2  A.  300  A.  301  ff.  30L 

402.  40a.  454  ff.  460.  lOL  im 

480.  490.  103.  Bibliothek  des  — 

121  A.  301. 
Assurbelkala,  ass.  K.,  212  A.  275. 
Assurbelnisesu.  K.,  2m  212  A. 
Assurdan      K.,  2m    —  II.  333. 

843  A.    —  III.  342.  313. 
Assurdünisur,  K.,  452  A. 
A§suredil(?)iläni,  K.,  IfiQ, 


024 


Index, 


Assurniulinaehe.  K.,        A.  'M'.\  A. 
Assurnadinsum,  K.,  8S'). 
Assiimar.ira,  K..  '222  A.  275  A. 
Assunia^inial,  K.,  21^  X.  22*L  -32^ 

:m  ff.  :v,Vj.  :;tO.  IMÜA.  :U  t.  ;U5. 

.•U8.  :};)7.  :ffl4.  aSL  401  A. 

Assuruirari,  K.,  'M'i. 
A^«*urnib  .  .  .,  K..  212  A.  27.'>. 
Assumxisi.  K..  27..'.  27:».  '2J_i  A. 
Assuruballit.  K.,  ÜlL  212.  2IL 
Assyrer,  Assyrien  passim, 
'AHarot-Qarnaim.  8t..  :U0  A. 
Astarte  lifi  A.  ML  m  A.  2£ML 
201.  205  ff.  2M.  :nO.  :^61.  470. 
Astart08.  K.  von  Tyros,  :t25  A. 
AKtharynios,  K.  von  TvroH.  ^V25  A. 
'Astor.  (i.,  2Üi,  —  'Astor-Kamos  2üä. 

'Astorot  UA  A.,  s.  Astart«. 
Astrologie,  bab.  Werk  über  —  1 

14Ö  A.  152.  15(l 
A.stvageH  iüi  m  A.        5ÖL  5Ö2. 

.m 

Astyra.  St.,  1^  A.  IM 

A>sura,  ind.  G.,  442. 

Atabyrios,  Borg,  191. 

'Atulja,  jüd.  Königin,  ;^2;^.  825  A. 

a2k  m  851  A. 
Atargatis.  Ci.,  2Ü1L  2ÜL  2fii^  2iiiL 
'A«ar6t.  Ort.  822  A.  m 
'AU',  syr.  G.,  2Üi  2ÜiL  257. 
Atefkrone  505. 

Athravan,  atharvan  ^\ ■'>:'.  489  A.  440. 

Atben  IM  A.  ^ 

Athene  UA  A.  m 

Atbotis.  aeg.  K..  A. 

Athribis.  St.,  820, 

'Athtär.  hinyar.  G.,  UA.  IBiL 

Ati.  aeg.  K..       Üü  A. 

Atlila,  St.,  mA. 

Atrina.  Elymaeer,  512. 

Atropatene  48^1  A. 

Attes,  kleinasiatischer  Gott,  257. 

Atu,  Schreiber  III. 

Aturia,  L..  270. 

Atyaden,  Ivd.  Dynastie,  iQQ.  A.  4Ui 
AtyH  '2rLL  'Ml  A. 
Auaris,  St.,  Uli  A.  214. 
Aubnura,   f.Ifenbeinplatte  des  — 

201  A. 
Aufna.  aeg.  K.,  UM]  A. 
Augert  Ö2, 

Aupuat,  aeg.  Prinz,  81H.  820. 
Auiar  (As^ur)  Ifil  A. 


A»!^zug  der  Israeliten  aus  Aegypten 

1i;4.  22K. 
Autu  .  .  ra'.  aeg.  K..  IQß  A. 
'Auwiten,  V.,  Hü  A.  2ß<L 
Aiiza,  Auzea  28<j. 
Avesta  415  ff.  424  ff.  43^  43H  A. 

440.  44L  44>L  4M. 
'Awwa.  St..  'M><. 
Axerdis.  Assyrer.  8S'7  A. 
Aza,  Mannaeerk.  874. 
'Azarja,  K-.  von  Juda.  855.  ßöL  A. 

8üs  f .  m 
Azhi  Dahaka  4ßH  A.  447. 
'Aziba'al,  K.  von  Arados,  898. 
Azuri.  K.  von  AMod  875. 


B. 

hii  (aeg.  Seele)  ilL  82.  83  A.  &l 

Ua'al,  Gott,  LIL  IIL  115.  JiiL  IM 
205.  2ÖÜ.  2üL  2hiL  diu  aiL  Mi 
82S.  829.  8<il.  472.  Ba'al  Brit 
2S9.  294.  Ba'alzebüb  2Ü2.  Baal 
Gat,  St.,  'Ml  A.  Baal  Me'on. 
St.,  822  A. 

Baal.  K.  von  T^tos.  3ML 

Ba  alat.  G..        2QL  2Üa.  2QL 

Ba'al'azor,  K.  von  Tyros,  : )-5  A. 

Baalbazer,  K.  von  Tyros,  825  A. 

Ba'almer  ....  K.  von  Tvtos,  287. 

Baba.  Aegj-pter,  214. 

Babbar,  bab.  Sonnengott.  IM.  Lü 

Babel,  Babylon.  Babylonier  i>a8sim. 

Bagaios,  G..  254.  —  ein  Perser  öH, 

Bagiiatti.  K.  von  Mildis,  ai4x422A. 

Biigi.stäna  515,  s.  Behistan. 

Bairest,  G.,  rjii  A. 

Bait  'Anat,  St..  2aiL 

Batx'jiMa  205  A. 

Baktrieu,  Baktrer  4ii!i.  4^  4^^9. 

4M.  4M.  5ÜL  518  f  . 
Balawat,  Ruinen  von  —  ;i45. 
Bambyke,  St.,  2i)fi.  2füL 
Banuteru.  aeg.  K..  Ül  A. 
Bardija  (Smerdis)  510.  511.  512-  518. 
Barene.  Ort,  m 
Bargylia.  St.,  405. 
Barqu,  G.,  145. 

Ba'^a,  K.  von  Israel.  32L  322.  828. 

825  A.  aaiL 

Ba«an.  L.,  2^0. 
Bast.  G.,  ^  ßlL 
Bat-seba'  IML 


Index. 


Bawri,  L.,  4ßS  A. 
Bazi,  bab.  K.,  IM. 
Bäzu,  L.,  382- 
Bebryker  4j>2. 
Bet^a,  V.,  4a  A. 

BeerSeba',  St.,  3ÖQ  A.  m  33L  m 
4Iü  A. 

Behistaninschrift  5ÖI A.  510.  Ü12  A. 

Bei,  Gott,  m  US.  14L  ua.  m 

152.  m  A.  ISL  m  m  Thurm 
des  —  in  Babylon  lÖ'J.  177  A. 

Belbäni,  ass.  K.,  182.  222  A. 
Belcharransadua  452  A. 
Belibuä,  bab.  K.,  ML  385. 
Belichos,  Fl.,  22Ü.  334. 
Belit,  G.,  134.  146  A.  152. 
Belkapkapu,  assjr.  K.,  182.  222  A. 
Belkiidurriusur,  asayr.  K,,  272. 
Belnirari.  assyr.  K.,  272. 
Belos,  Vater  des  Ninos,  256. 
BeHarusur  von  Babel  492  A. 
Belsumisknn  498. 

Belsumn-a^ir,  bab.  K.,  222  A.  275  A. 
BelSunu  452  A. 

Benhadad  Li  K.  von  Damaekos,  821. 
325  A.  —  II.  323.  324.  325.  33Ö. 

—  III.  354.  m  352  A. 
Benhinnom  3ß4  A.  477. 
Benihassan,  Graber  von  —  4Ö  A. 

IL  23.  22.  104. 
Benjamin,  Stamm,  22Ö  A.  22L  223. 

225.  22fi.  3öfi.  3Ö8  A. 
Bentreit*tele  288  A. 
Bero8808  12.  123. 
Berse,  Gräber  von  —  97. 
Berut,  Berytos,  St.,  IM.  235.  224. 
Besa,  G.,  ML  218, 
Beschneidung  in  Aegypten  52  A. 

—  bei  den  Israeliten  809.  —  bei 
den  Kana'anaeem  207.  --  den 
Philistern  fremd  2t)t>. 

Bet-Adini,  L.,  225.  22fi.  333  A.  334. 
33ß. 

Bet-'Anat,  St.,  290.  802.  MO  A. 
Bet-Bachiani,  L.,  276. 
Bet-Dagon,  St.,  312  A. 
Bet-el,  St.,  2Ö5A.  222  A.  2aL  3Ö2. 

81 L  812.  881.859.  861.  862.  475  A. 
Betlehem  21*8. 
BeMlahob,  L.,  3ÖÜ  A. 
Bet-.*«e'an,  St.,  289,  3ü2. 
Bet-§emeS,  St.,  22Ö.  31ü  A.  424. 
Bet-sitte,  St.,  352. 

Mejer,  Geschichte  de«  Alt«rtbunu.  L 


bhaga  254.  422. 

Biaina,  L.,  242  A.  342. 

Bias  von  Priene  488. 

Bikni.  Berg,  3M.  382.  4fi2. 

Büeam  3ÖÜ  A.  33Q  A.  33L 

Bire^ik,  St.,  122. 

Bit-Aj^si,  L.,  33Ö  A. 

Bit-Aintikkani,  L.,  871. 

Bit-Uluiluile.  L.,  276. 

BitrDajukku  4ti2. 

Bit-Duküri.  L.,  332.  388. 

Bith\nier,  Bithynien  452.  482. 

Bit-Jakin,  L..  332.  3ß5.  32L  323. 

Bit-Imbi,  St.,  459. 

Bit-riduti.  asa.  Palast,  89Ö. 

Bit  .Sa'alli,  L.,  32L 

Bit  §iläni,  L.,  865. 

Bne-Kden  333  A.,  s.  Bet-Adini. 

Bnon,  Hyksosk.,  112  A. 

Boeotor  123.  482. 

Bogbuzkiöi  (Pteria),  Ruinen  von  — 

255.  5Ö2. 
Bokchoriß,  aeg.  K.,  352.  353.  890. 
Bokenchonsu,  Priester,  ß8  A. 
Bonnos,  G.,  258. 

Boi^ippa,  St..  148.  332.  422.  5Q4 
Botrys.  St.,  28fi. 
Brahmalohre  432.  442z 
BraiK'hiUae  255.  469.  502. 
Britiiimien  28L 
Brugsch  32. 

Bubastis.  St.,  58.  26Q,  32£L  352.  353. 

4HtJ.  51KL 
Buch  des  Gerechten  330. 
Buch  der  Kriege  Jahwe's  330. 
Buiuwa,  Libyer,  818. 
Bundesbuch  der  Israeliten  167.305  A. 

322  A.  88L  4IiL  477. 
Bimsen  82. 

Bumaburia§,  bab.  K.,  22L  222  A. 
Busalo-ssor  489. 
Buüiris,  St.,       ÜIL  820. 
Busspsalmen  der  Babylonier  142  A. 
Buto,  St.,  4L 

Byblos,  St..  188.  190.  201.  208.  209. 
2iiÜ.  284.  33L  35L  3iiL  312. 


a 

Caere,  St.,  28Ö. 
Cart^ja,  St.,  28L 

Chaboras,  Fl..  184.  272.  275  f.  333. 
328.  4Ö1. 


Index. 


Chadrak,  St.,  ML 

Chafra',  aeg.  K.,  M  A.  72,  Tß.  TL 

m  la  A. 
Chalach.  Ort,  m 
Chaldaeer  1:U.  Iis5  cet. 
Chaldi,  armen.  G.,  2iL  M2. 
Chaleb  (Aleppo)  1&L222.2^  2aL 

Chalkidier  m  4ÖL 
Chaluie,  Schlacht  bei  —  38^L 
Chalyber  IM  A. 
Cham  ITL 

Cha'mha't,  Grab  des  —  22L 
Chamroanu,  L.,  37.5. 
Chainmurabi,  bab.  K.,  IM.  139, 
Chamor,  kan.  Ge«chlecht, 
Chiimpollion  SIL 
Chamus,  Sohn  Ratnses'  II.,  2^ 
Ghana  =  Nordsyrien  V^.  141, 
Chananja.  Prophet,  479. 
Clianigalbat.  L.,  213.  387. 
Channun  370.  s.  Hanno. 
Charchar,  St.,  374.  377.  :{8!. 
Chärezni,  L.,  424. 
Charka  (Kilikien)  22SL 
Charrän,  St..  145  A.  178,  lÄL  203, 

220.  272.  27G.  333.  ;W>.  377.  401. 

484.  498.  .502. 
Cham,  V.,  IBü,  230. 
Chasisadra  150. 
Chatarik  342,  s.  Chadrak. 
Chati,  Chatti  34L  344^  s-  Cheta. 
Chauranain,  Ort,  324. 
Chawila,  L.,  IBL 

Chazael,  K.  von  Damaskus,  32.5. 

Chazail,  Araberscheich,  386.  389, 
4iLL 

Chazaz.  St.,  28L  ML 

Chendti,  aeg.  K.,  2Ö  A. 

Chenoboekion,  St.,  86. 

Chentiimenti,  G.,  82, 

Cheops  76,  s.  Chufu. 

Chcpt  ni,  G.,  ^ 

Chtrlieb,  aeg.  Priester,  ü2,  74. 

Cherub  2ÖÜ, 

Chesbon,  St..  322,  355, 

Cheta,  Chetiter  HL  llfi,  180,  184, 

195.  199.  204.  219  A.  230  ff.  246. 

255  fl;  m  liÜlL  ^  28L  335. 

342,  315,  m 
Chetaschlacht,  Gedicht  von  der  — 

234, 

Cheta.sir,  K.,  232,  238,  239, 


Chet^m  von  Saru,  aeg.  Grenzfefte, 

23Ö,  233,   —  von  Tuku  23L 
Chezjon,  K.  von  Damaakos,  325  A. 
Chidalu,  L.,  45fi, 
Chilqya,  Priester,  475. 
Chiraaera  2ÖÖ, 
Chinziros,  bab.  K.,  371. 
Chios  489, 
Chiwwiter  119.. 
Chmunu,  St.,  ti9. 

Chnubis,  Chnum,  G. ,  58,  69,  94, 

115,  240, 
Chnunihot^p  91  A.  98, 
Choaspes,  FI.,  129,  515. 
Chonismier  424,  43fi. 
Chormibad  313  A.  380, 
Coelesyrien  im  180.  282,  300. 
Chribaq-t,  G.,  tiiL 

Chronik,  die  alte  —  .3£L   —  der 

Hebra^er  T(i5. 
Chrono'p'a]jhen.alt'xandriiiische,413. 

4.52  A. 

Chruti,  aeg.  K.,  80.  S3Q  A. 

Chrysaoris,  G.,  254. 

Chu  61  A.  82,  84, 

Chubuhia,  L.,  453. 

Chubuäqia,  L.,  m  SIL  37L  422= 

Chuenaten,  aeg.  K.,  ML  US,  22fi  A. 

222  ff.  338,   Sonnenstadt  des  — 

229. 

Chufu,  aeg.  K.,  42,  ßö  A.  24,  ifi. 

29  A,  95  A.  42Ö, 
Chulda,  Prophetin,  475. 
Chumba,  G.,  13L 
Chumbaba  137. 

Chumbanigas,  elam.  K.,  .37.S.  .376. 

Chunsu,  G.,  58,  69,  268, 

Chusur,  Fl..  31ii. 

Chutat«n,  St.,  222, 

Chutuskia,  L.,  333.  334, 

Cypem  180.  19L  lEL  195.  196. 

199  A.  201L  2mi  2Ö4.  2Q>L  220.. 

229,  283,  357.  383.  402.  404.  406. 

409.  5DÜ,  5ÖL 


D. 

D&dar?i  512  A.  513, 

Dagara,  St.,  333. 

Dagon,  G.,  2Ü9,  266, 

Däha,  Daher,  V.,  424.  4411  505. 

Dahsur,  Pyramiden  von  —  49.  ^ 

Daibon,  St,  322,  324. 


Index. 


(j21 


daiva  429.   daivas  M2  ff. 

Baivajusiia  44'). 

Dajäni,  L.,  2A^ 

Dajaukku  =  Dejokes  324  402. 

Daktylen,  idaeische,  25.'^ 

Balta,  K.  von  Ellip.  aiiL  liliL 

Bamascius  206  A, 

Damai«ko8  Hü.  m  lÄL  28L 
3ÖQ  A.  3ÖL  321  ff.  .m  im.  ML 
341.  34lL  m  ILiÜ  m  aüL 
3ti2  ff.  31L  3m  4ÖL  425  A. 

Dan,  Stamm  -  29L  Stadt  — 
HQO.  H09.  .312.  32L 

Dän-Assur  33L  338. 

Danaer  (Aavaol),  Danauna  194.  2ü3f. 

Danaos  204. 

Daniel.  Buch  —  412  A. 

dänu  424.  42iL 

Daphne,  St.,  4tiS* 

Dapar,  St.,  23fi. 

Dardeni.  V.,  232. 

Darius  L  41iL  414.  412.  423.  424. 

432.  438  A.  4M.  4ü2  A.  442Ö  A. 

484.  485.  489.  ÜÜ4.  bOh  A.  5Öß. 

hll  ff.    Inschriften  des  —  418. 

4ia.  424  A. 
däia  428i  vgl.  424. 
Daskylion,  St.,  4ÖÖ.  m  513. 
Daskylos  454. 

David  iüL  iü8. 129  A.  289  A.  29fi  A. 

292  A.  298  ff.  312.  32L  33L  3^ 
888. 

Dbu  (Edfu),  St.,  bh. 

Debora,  Lied  der  —  1£L  288  A. 

289.  290.  291  A.  293.  309, 
Ded,  aeg.  Cultuswesen,  öü. 
Dedkara*,  aeg.  K.,  28.  79.  90  A. 
Deinon  412  A. 
DCTokes  324.  4üL  4fi2. 
Dekalog  32L  3ÜÖ.  428. 
Delphi  40rL  41L  454.  488.  SM,  502, 
Dendera,  Tempel  von  —  liL  &L  HdA. 

100. 

Derbiker,  V.,  üQL 

Dßr  el-bahari,  Todtentempel  von  — 

213.'  218. 
Derketo,  G.,  205.  2üfi  A. 
Deut€ronomium  163.  3ÖÜ.  425  ff. 
deuteronomistische  Schriftateller 

160.  478. 

Dhuti  (Thot),  G.,  ^  58.  üü.  ßil  A. 

■ß2.  ii9.  82.  94.  104.  113.  115. 
209.  225. 
Dhutihotep  92  A. 


Dhutmes  L  215  ff.  229  A.  35Ü. 

Dhutnies  II.  212.  229  A. 

Dhutmes  III.  40.  41.  99.  118.  180. 
IM  A.  182.  m  19L  194.  195, 
lü8  A.  208_.  2IL  214  A.  212  ff. 
229  A.  m  im.  2lidL  23Ü.  m 
242.  204.  220. 22fi.  289. 350.  402. 
482.  Annalen  des  —  34  A.  219  A. 

Dhutmes  IV.  224.  229  A. 

Diala,  Fl.  141, 

Did,  Libyer,  2ÖÜ. 

Dido-Elissa  282. 

Dilmun,  Insel,  H76. 

Dina  289  A. 

Dindymene  253. 

Diodor's    aegypt.   Geschichte  3L 

4H7  A.  470  A. 
Dionysius  von  Mytilene  412. 
Dionysos  193.  253. 
Dios,  Annalist,  lli2.  * 
Diri,  St.,  341  A. 
Djäui  indog.  Gott,  429. 
Djeräbis,  Ruinen  von  —  184.  19iL 

197.  199.  200.  255. 
üodokarchie  in  Aegypten  411. 467  A. 
Do't'g  303  A. 

Dolmetscher  in  Aegypten  3L  469. 
Do'r,  St.,  .302. 

Drah  abu-lnegga,  Gräber  von  — 

95.  213  A. 
Drangen,  Drangiana,  4H6.  505. 
Drilen,  V.,  245. 

Duaufsechruta,  Brief  des  —  an  seinen 
Sohn  Pepi  102.  104.  241. 

Dümichen  .32. 

Dungi,  bab.  K.,  132.  134. 

Dür-Jakin.  St.,  32fi. 

Dür-Kuiigalzu,  St.,  22L  224.  365. 

Dür-.^arrukin,  St.,  323  A.  380.  395x 
481. 

Düzi,  G.,  146.  s.  Tammuz. 


E. 

Ea,  bab.  G.,  130.  144.  150.  18L 
Eanna-Tempel  135. 
Ebenha'ezer,  Ort,  295.  29fi  A. 
^ber  118. 

Ebers,  Papyrus  -  32.  40,  74,  114. 
Edessa  209. 

Edelmetalle  als  Werthmesser  188. 
Edelsteine  als  Werthmesser  188. 
Edfu  55.  24L 


028 


Index. 


Edom,  Edoniiter  Uli  A.        IIÜ  A. 

180. 2öa,28fi-  m  m  aoL 

aiü  A.  m  32i.  aai  A.  ML  355, 

:m  m  am  htl  aöiL  m  ^iß. 

Edonen,  V.,  ÜiL 

Egbatana  422,  m  ÜÜL  503,  510, 

hlA.  515, 
EjribitaMn  125  A.  4Ü1  A. 
'K>jlon,  König  von  Moab,  298. 
Eliiul,  Richter,  211iL 
Eileithyia  (Elkab),  8t.,  41,  5^  lüL 

112-  '214. 
EinbalHaniining,  Ritualbuch  der  — 

m  A. 

El,  G.,  m  20ß,  2ÖL  lilL 
Ela,  K.  von  Israel.  822,  325  A. 
Elam,  Elamiten  12Ü.  m.  ff.  133. 

135  ff.  188.  18.8.  272.  840.  373. 

m  318,  38L  385, 3SS.  3ÖÜ,  3m 

4.55  ff.  46(;.  484  A.  .S04.  .M2.  515. 
El'azar,  Priester,  2iüL  uüL 
Elchanan  238  A. 
Elektnim  m  48IL 
Elephanten  in  Syrien  22Ö. 
Elenhantine.  St.,  m  SL  88  A.  4ß8, 

Kalenderfrajfraent  von  —  il2, 
Eü,  2il5  A.  22Ü  A.  8()1. 
Elia,  Prophet,  328,  861. 
Elibus,  Fürst  von  Suchi.  —  Elibus 

8.  Belibus  334, 

Elis  im. 

Elisa,  Prophet,  328.  350.  3üL 
Elisa  (Karthago)  282  A.  283, 
Eliasa  282, 

Elkab,  St.,  58,  8G,  lüL  LLL  211, 
Ella«ar,  St.,  m 

Elle,  aegyptische,  189.    —  baby- 
lonische 189. 
Ellip.  L.,  814.  32ß,  3TL  38L  m 

422.  4i>2. 
Elohim  811. 

Elohist  48  A.  lt)4A.  107.  179.  289  A. 

331  A.  3fiü  A.  3ÜL  ' 
Elulaeos,  K.  von  Tyros,  35L  382.  883. 
Elyiuacer  422.  459,  s.  Elam. 
Emesa,  St,  IM. 
Emiten,  V.,  IM.  119  A. 
Emutbal,  L.,  185. 
En,  G..  145..  152. 
En-anna.  bab.  K.,  184. 
'Eniel,  K.  von  Hamfit,  3fil, 
Entmannnng  bei  den  Phrygem  257. 

—  bei  Uen  Syrern  2Ö8, 
Enzite,  L.,  248, 


Epagoiuenen  34- 

Ephesus  253  A.  455,  48L  488. 

Ephod  m 

EphoroR  31.  412  A.  489  A.  508  A. 
Ephraim.  Gebirgsland  und  Stamm 

28iL  29Ü  A.  29L  223.  295  f. 
f^l)onymen,  assyrische,  127.  457  A- 
'Ereb  m 
*'EpB}A^oi  125  A. 
Ergamenee,  aethiop.  K.,  ;y>0. 
Eri-aku,  bab.  K..  13fi  A. 
Eridu,  St.,  180.  VM.  188. 
Erimenas,  armen.  K.,  897. 
Esa^la,  Tempel,  492. 
Esagilsnihini,  Babylonier,  215, 
'Esioügeber,  St.,  'ML  323. 
Esmün,  G.,  2Ö5, 

Etewandros,  K.  von  Paphos,  402. 
Etrusker  2fiO,  280. 
Etymandros,  FL,  48r>. 
Euboea  40iL  407. 

Eudemos,  phoenik.  Schriftst.  20fi  A. 
Eulaeos,  FI..        212.  385,  45fi, 
Euphrat  128. 110  u.  s.  w.  handel 

Europa  122.  198. 
Europos,  St.,  184. 
Euryijvlos  250. 

Ezechiel  103.  111  A.  3ß4  A.  404, 
400.  411  A.  4I><.  4M.  mi  A.  421 
Ezida,  Tempel,  48<1  1112. 
Ezra  103,  301  A.    Buch  -  105^ 


F. 

Fabeln  in  Aegypten  102. 
Faijüm  47.  60.  KlO.  11 Q  f. 
Falascha,  V.,  43  A. 
Fellachen  4lL  104. 
Felsengräber  in  Aegypten  2L 
Fenchu  (Phoeniker)  82  A.  Lso.  i^^ü, 

124.  210. 
Ferwer  505,  s.  Frava^i. 
Firdusi  447. 

Fische,  Heiligkeit  der  —  bei  den 
Aramaeem  205,  Fischgottheiten 
der  Philister  200  A. 

Flutaage  bei  den  Hebraeem  177. 
864.    —  indische,  181  A. 

Friida  von  Margiane  484.  512. 

Franf^'nisjan,  der  Tiiranier.  447. 

Fravasi  (Ferwer)  484.  44^.  449. 

Frjäna,  Turanier  449. 


Index. 


Ü29 


0. 

Gabala,  St.,  im 

Gabliaton,  St.,  32L  322. 

Gad,  SUmm,  2S£L        31Ü  A.  32i. 

Gaddii-,  Gades  2äL  2M. 

Oiadrosien,  L.,  437.  50Ö. 

Ga^,  Meder,  m 

Galla,  V.,  ^  A. 

Galli 

Gambulu,  V.,  388-  ^ 
rrnmjTum,  L.,  33fiA.  342.  366.  375. 
Gamil(?)8in,  bab.  K.,  138, 
Gannanat,  St.,  ;^2. 
Ganymedes  2.^3. 
Gargara,  St..  2h2. 
Gat,  Philisterstadt,  2fifi.  228.  3M  A. 
35«. 

Gathä'8  des  Avesta        443  A.  445. 

44fi.  448.  44iL 
Gauloß,  Insel,  2SiL  281. 
Gaumäta  510.  51 1 .  5 15. 
Gaza.  St.,  Ufi,  120.  212.  23L  2Öfi. 

28a.  3M  A.  355.  3m  322.  323. 

375.  .'^7.  4Q3.  482. 
Gazer,  St.,  2^  11112.  aüL  312. 
Geba',  St.,  425  A. 
Gebäl  m  205,  s.  Byblos. 
Gedaljah  425. 
Gelen,  V.,  422. 
geometrischer  Stil  203. 
Georgier  245.  247. 
Gerhf?}— ?-ra',  aeg.  K.,  40.  Iii. 
Genuanier,  V.,  437. 
Gerrha,  St.,  423. 
Gfsör,  L.,  220.  3ÖÖ  A.  3ÖL 
Giaorkalcsi,  Sc\ilptnren  von  —  255. 
Gib'a,  St.  in  Ber\juumi,  220  A.  21ilh 

22fi.  228. 
Gibeon,  St.,  179.  280.  302. 
Gide'on  WL  2iüi  A.  224.  ÜÜL 
Gilboa',  Berg,  297. 
Gilead  282.  2iüL  22L  223.  222.  322. 

354.  m 

Gilgal,  St.,  290  A.  296.  359. 
Gimir,  Gimirai  s.  Kimmerier. 
Gindibu.  Araberfttrst,  33fi. 
Giraffe  218. 

Girparunda,  K.  von  Patin,  336  A. 
Girzan,  L.,  247  A.  334,  338. 
Gize  ß4.  22.   Sphinx  von  —  42. 
224. 

Oobrya.«  5Ö4.  515^ 
Götterland  (aeg.)  222.  262. 


Göttermutter  der  Kleinasiaten  253. 

322. 
Gog  4fi4. 
Goim,  V.,  13ß. 

Gold  188.   Goldminen  Nubiens  20. 
24L 

Golgi,  St.,  191.  199.  200. 
Goliath  122  A.  228  A. 
Gomorra  13Ü.  122  A. 
Gordiaeion,  St.,  251. 
Gordias  25L  322.  453. 
Gor^'o-typus  218  A. 
Gürtyna,  St,  123. 
Gosen,  L.,  28M. 
gregorianisches  Jahr  22. 
Greife  2Q(L  201. 

Griechen  m  246-  25(1  252  f.  2fiaff. 

279.  ^85.         ML  4Ö2.  404  ff. 

42L  424.  42Ü.  43ß.  44ß  A.  455. 

4GL  408.  4Ü2.  482  ff.  423.  5ÖÖ. 

5Qfi.  5ÜL 
Grynion,  St.,  254. 
Gua,  L.,  33ü  A. 
Gudea,  bab.  K.,  134.  158.  122. 
Gungnnuf»,  bab.  K.,  138. 
Göti,  V..  141. 

Guzan,  L.,  222.  333.  338.  343. 344. 

328. 
To^urjaz  489. 
gj'gaeischer  See  489. 
Gyges,  K.  von  Lydien,  413.  454. 

455.  4ÜL  482. 
Gyndes,  Fl.,  ML 


H. 

Habakuk  422. 

Hadad,  G.,  205.  302.  318. 

Hadad'ezer,  K.  von  Damaskus,  287. 

300.  301.  323.  336. 
Hadrumetum,  St.,  282. 
Haiq,  Name  der  Annenier,  248. 
Haitumunt,  Fl..  43Ü  A. 
Halikama.<äR  507. 

llalys  24ü  242.  250.  255.  328.  4ÖL 

4fi5.  48fi.  5ÜL  502.  504  A. 
yamät,  St.,  12fi..  1M_.  12L  21iL  281. 

300  A.  3QL  302  A.  323.  33Ü.  342. 

35fi.  35L  358. 302.  3ß8.  323.  324. 

378.  4ÜL  482.  haumthenische 

Schrift  122.  255. 
Hamiten  42. 

Hamiaamly,  Sculpturen  von  —  257A. 


680 


Index. 


yammamät,  Wadi,  2il  8fi.  Öfi. 

100.  107.  9m.  2fi8.  3^ 
H&münsee  486. 

Hanno,  K.  von  Gaza,  320.  322.  323. 

Hanu,  Aegypter,  Öfi.  98. 

öapi  60,  8.  Apis. 

Ha'pi  (Nil)  58. 

ITapta  hindavo,  L.,  4.'^6  A. 

yapu,  Acg^-pter,  22L 

Harachäti,  L.,  iM  A. 

Haraiva,  L.,  4M  A. 

Har  Behedti,  0.,  55.  5ß  A. 

I.Iurdcdef,  acg.  Prinz,  83. 

yaremheb,  aeg.  K.,  221  A.  22iL  2M. 

23L  233.  2ül  A. 
HarniachiH  Mi  A. 
Harpagos  IML  5Ö3.  506. 
yarpechrod,  G.,  55. 
Har-Pisebcha'nuII.,  acg.  K.,  315.31S. 
Harpokrate«  55.  5fi  A. 
flar-Set,  G.,  52. 
Har-Bupd,  G.,  5fi  A. 
Harur,  G.,  5ti  A. 
Harvatät,  G..  ML 
Hatchcnensu  (Herakleopolis)  100. 
Hathor,  G.,  55. 5(L  OO.Sti.Q-t.  lOÖ.-JOO. 
yat-Pepi,  St.,  8tL 

ya'tsepsu,  aeg,  Königin,  185  A.  187. 

212.  218.  21iL  222. 
Hatu'ar  (Auaris).  St.,  lllL  21L 
Hauma,  Trank  und  Gott,  112.  122. 

115.  ML  15Ö.  15L 
Hauran,  L..  332. 
Hebenu,  St.,  8ß. 
Hobraeer,  pa«sim. 

Hebron  12ü.  122  A.  183.  281L  21^8. 

m  33L 
Hed.Mchäz  121  A. 

HekataeoH  von  Abdera  3L  —  von 

Milet  3L 
Hdiopolis  5L  ßiL      100,  22fL  212. 

2fiÜ.  26L  Olü. 
Henka,  Baumeister,  25. 
henuka  tüL 
Hephaestos  58, 
heq,  Titel,  IHL 
Heqt,  G.,  60, 
Heraklea  487. 
Heraklea  Minoa  280. 
Herakleopolis  82.  1Ö2  A.  32Ö.  35L 
HcrakIeopolitit<ehe  Dynastien  04. 

100. 

Herakles  155  A.  192  A.  2Ö6,  251. 
251.  28L  löÜ. 


Herakliden ,    lydisches  Königsge- 

8chlecht  25ß.  252.  113  A.  IM. 
Herenkaru,  St.,  213. 

Herirfid,  Fl.,  13ß. 

yermon,  Gebirge.  lliL  289.  30Ö. 

Hermopoliß  ü9,  32Ü.  351. 

Herraos,  Fl.,  181L 

Herrn  otvbier  471. 

Herodot  3L  122.  HL 

berief.  G.,  Öl. 

yeruäa',  V.,  82.  89  A. 

Hesit,  G.,  fiö. 

Hexateuch  13fi  A.  Ifil.  Ifi2  A. 
Hierapolis  Bambyke,  St,  184. 
hieratische  Schrifl  28. 
Hieroglyphenachrift  28.  1Ö3.  12Q. 

Hinyaren  Iii  A.  123  A.  121  A. 

185.  1Ö3. 
Hiob,  Buch  —  3ß3  A. 
Hippo.  St.,  282. 

yiram  L,  K.  von  Tyros,  28lL  2M. 
228  A.  3Ö1.  325  A.    -  II.  352. 

367.  32Ö.  1Ö3.   —  III.  19fi  A. 
Hiskia,  K.  von  Juda*,  35fi  A.  m 

Hissarlik,  Ruinen  von  —  193. 199A. 
'  2ÖÖ.  2Q1. 
Holmi,  St.,  löÖ. 
Horeb,  Berg,  288. 
Horitcr,  V.,  129  A. 
Horum,  St..  282  A. 
HoruB  IL  18.  52.  55.  515  A.  ÖL  ß2. 

82.  2Ü.  Iii  2LLL  2M.  22L 
Horu8-Ra'  22.  94, 

Hosea,  Prophet,  325.  35fi.  3ß2.  363. 

368.  473.  474. 

HoSea',  K.  von  Israel,  352  A.  329. 
322. 

Hot«p,  Aegypter,  lfi7  A. 

Hrihor,  aeg.  K.,  213  A.  2fi9.  315. 

3i8.  a5ü. 
Hui,  Aeg)T)ter,  198  A.  229  A. 
Hukarja,  Berg,  450. 
Hundsfluss  235.  274. 
Hundskopl'atle  ÖiL 
Huni,  aeg.  K.,  19. 
Husapti,  aeg.  K.,  19  A.  21.  83. 
Hyagnis  253. 
Hydaraess  M2  A.  5Li. 
Hyes,  G.,  253. 

Hykßos  3Ö.  108-112.  13L  195.  219= 

213  ff. 
Hylas  253. 


Index. 


Hyrkanier  m  5ÖL  512. 
Hystaapes  438  A.  SIL  Ü12x 


J. 

Jabdi,  St.,  29fi.  292. 
Ja'el  292. 

Jahas,  St..  322  A.  824. 

Jahwe  m  IM.  Ififi.  Ifil.  119  A. 

200.  2ÖL  m  2M.  2aL  222.  2M. 

29fi.  309  ff.         ff.  356.  358  ff. 

m  a^ii.  iiiL  iiß  ff.  m  m 

495,  49L  m 
Jahwe's  Lade  29iL  3Ö2.  309. 
.lahwist  IfiL  im  m  2ÖL  2«9  A. 

322  A.  aaü  A,  3üL 
Ja  ilö,  Araber,  389. 
Ja'ir,  Stamm,  290. 
Jakin,  bab.  K.,  'A'Ad. 
Jakinlü,  K.  von  Arados,  H93. 
Jakob  m  289.  29L  3ÖtL  Segen 

des  —  29Ü  A.  304  A.  330. 
Ja  1  man,  Berg.  ^VA'X 
Jalysos,  St.,  U»L 
Jama,  G.,  434.  44L 
Jaman  von  Asdod  875. 
Japbet  III. 

JarUanoi*,  Fl.,  193j  Lyder  257  A. 
Jasna  415,  418.  419. 
JaSta,  41iL  4m 

Jatha-amar,  K.  von  Saba,  403. 
Jäti,  L.,  'Xid. 

Jauta,  Araber,  4ii2.  458.  4fiÖ. 

Jawan  406  A. 

Jaxartcs  m  424.  505.  515. 

Jazylykaia,  iSculptureu  von  —  399. 

Iberer,  V.,  245.  24L 

Ibis  Oü. 

Ibriz,  Sciüpturen  von  —  255.  ^5ft. 
Ida,  Gb.,  m  25L  253.  25ß  A.  453. 
488. 

Idalion,  St.,  19L 

Idiba'U,  Araberstaram,  22Ü. 

Idrias,  St.,  254. 

Jebus,  St.  (Jerusalem),  119.  289. 

302. 
Jehojada'  329. 
Jehonaclab  321.  328. 
Jehovist  167. 

Jehu,  isr.  K.,  325.  328,  33L  354» 

350.  352  A.  3ÖÖ. 
Jemen  2Ö.  121  A.  185.  ISiL  401 
Jenuam,  Ort,  21iL  233. 


Jephthah  293.  31Ü. 

Jerachm'el,  Stamm,  29fi. 

Jeremia  3tl4  A.  464.  4äfi.  422  A. 

4m  474.  475,  477  A.  479.  482. 
4M.  4M.  IM.  4ÜL 
Jericho  29Ü  A. 

Jerob  am  L  3Ü8.  319.  325  A.  —  II. 

356.  457  A.  M5H.  M'^.  363. 
Jerubbaal  'Jl»4.  310,  h.  Gideon. 
Jerusalem  lli3.  354.  355.  35ii  3M  A. 

868.  369.  384,  473.  474.  415.  426. 

411.  4IiL  4S2.  4M.  4115. 496.  .504. 
Jusaja  a5hL  3ii3.  3ijB.  o&L  412.  413. 

424. 

Jezra'el,  Ebene,  29D.  292.  323.  325. 

328. 

Iflatun,  Soulpturen  von  —  '255. 

Igigi.  G.,  144. 

•Ijjon,  St.,  3ÖÜ.  32L 

Jima  447.  s.  Jama. 

Ikonion,  St.,  255.  399. 

11,  G.,  8.  m  124,  125.  18L 

iläh  123. 

Hat,  G.,  123  A.  124.  2üfi. 
Ilramän,  K.  von  Suna,  22lL 
Ilubi'd,  K.  von  Hamät.  323. 
Ilulaios,  bab.  K..  371  A.  386  A. 
Imgurbel,  St.  (Balawat).  349.  345. 

—  Mauer  von  Babylon  491. 
Imhotep,  G.,  69.  83  A.  —  aeg.  K. 

86.  96  A. 
Indabigai,  K.  von  Elam,  458.  459. 
Inder,  Indien  12.  23.  182  A.  326* 

419.  423  ff.  505. 
Indogermanen   LL  23.  248.  250. 

363  A.  426  ff.  433.  465. 
Indoskythische  Könige  417.  424  A. 
Indus  42Ü.  423.  435.  515. 
Inseln  im  grossen  Meer  194.  22Ü. 

—  der  Tenau  194. 

Joab  299,  3ÖÖ,  3ÖL  396.  3ÜL 
Joachaz,  K.  von  Israel,  354.  356  A. 

—  K.  von  Juda  422  A.  482.  425  A. 
Joa§,  K.  von  Juda  329^  354  f.  —  K. 

von  Israel  354  ff. 
Joiakin,  K.  von  Juda  422  A.  =  Je- 

KOiya  494. 
Jojaqim.  K.  von  Juda  422  A.  482. 

483.  494. 
Jona  359.   Buch  des  —  395  A. 
Jonatan  296.  29L  396. 
lonicr  279.  386.  406.  467.  469.  503. 
ionischer  Stil  347.  409. 
Joppe  190. 


632 


Index. 


Joram,  K.  von  Juda,  323  f.   —  K. 

von  Israel  a21  f.  .328. 
Jordan  m  IIIL       m  m  m 

2SiL  amL  32L  asi.  m 

Josaphat,  K.  von  Juda,  323.  324. 
325  A. 

Joßeph,  Stamm.  238.  29{L  2aL  2M. 

2S1L  3öi.  3Dfi,  m 
Josephug  30,  12a.  im 
Josia,  K.  von  Juda.  1<i3.  310.  464. 

412.  425.  482. 
Josua  IM.       281i  A.  .3iiL  Buch  - 

Jotam.  Sohn  Gideon'».  224  A.  —  K. 

von  Juda  35ö  A.  3ÖS. 
Iranier  23.  211.  248.  418.  463.  406. 

ÖÜÜ.  51fi. 
Iranzu,  Mannaeerk.,  374. 
Irba-Marduk.  bab.  K..  343  A. 
Irbaramän,  üsm.  K.,        A.  »U3  A. 
Irchulina.  K.  von  Hamat.  323.  33Ö. 
Iriamtuk,  a88.  K.,  182.  212  A. 
Iris,  Fl.  24iL  398. 
Irqanata.  St..  33ti  A. 
Ißauk  Iii  iiil  A. 
läai  298. 

iSakku  138  A.  182. 

Isana,  St.,  344. 

leaschar,  Stamm.  2SÖ  A.  2aL 

Isaurer  246. 

liba'al,  isr.  K..  2SL  202.  3ÜÖ.  31Ü. 

Ubi  .  .  ra,  bab.  K..  138  A. 

Isis  ML5!LliÖ.üLüiLLL82.Ö4. 

200.  2Ü2.  2ÖL 
Islam  3ü3  A.  42Ü.  418.  511L 
Israael,  V.,  176  A.  178.  IM.  2£<8.  495. 
Umi-dagan.  bab,  K.,  138.    —  ass, 

K.,  182.  222  A. 
ISpabära,  K.  von  Ellip,  32fi.  381. 
Ispuinis,  armen,  K,,  342. 
Israel  pa«sim. 

Utar,  G..  130,  133.  13L  14fi.  148. 
lilL  m  lüL  18L  182.  m  222. 

IStarat.  St..  332. 

IMob.  L.,  300. 

IstaroK.  St.,  452  A. 

Italien  28Ü.  4Ö2. 

Itti,  Philister,  3Ö3  A. 

Itu'a,  Stamm,  34L  342.  3Ö5. 

Itubaall.  von  Tyros,  281L323.  325 A. 

—  II.  m. 
Juda,  Stamm,  lfi5  A.  289.  29L  293. 

295  u.  8.  w. 


Justin  284.  5Ö2  A. 
Izdubar  131.  155.. 
Izebel  323. 


Ka  (iL  Ö3.  22.  82.  85. 
Kabalien,  L.,  252. 
Kadingira  (Babel)  m 
Kadmos,  Kadmeer  132.  133.  Berg^ 

Kadmos  252  A. 
Kadusier  422. 
Kaenra',  aeg.  K.,  2Ö  A. 
Kaft  (Phoenikien)  180.  ISO.  IM. 

203.  22£L 
kähin  313. 
Kaikos,  Fl..  252. 
Kakaa,  aeg.  K.  22  A. 
Kakzi,  St..  344. 
Kalaba,  Löwe  von  —  255  A. 
Kalach,  St.,  128.  22fi.  222.  343.  344- 

345.  380.  325.  480.  481. 
Kalasirier.  Kriegerkaste.  471. 
Kaldi,  Kaldu  131  A.  341^  CTial- 

daeer, 

Kaleb.  Stamm,  282.  22fi.  302. 
Kalenderfragment  von  Elephantine 
40. 

Kallinos  4.55. 
Kalliste  (Thera)  121  A. 
Kallisthenes  380.  455  A. 
Kalne,  St.,  3i2.  358. 
Kalykadnos,  Fl..  240. 
Kambyses  4iL  412.  500  A.  50L  50-*. 
^  505  A.  502.  5£l8.  509.  51iL  5IL 
Kameiros,  Nekropole  von  —  121  A. 
Kames.  aeg.  K.,  213.  222  A. 
KamoS,  G..  205.  302.  302.  310.  324. 
Kamo^gad.  K.  von  Moab,  322  A. 
325  A. 

Kanaan,  Kanaanaeer  109.  164  f. 

122  A.  HU  ff.  m  m  2ol  20^ 

^  2ül.  2LL  233.  23K  253.  288  tt. 
Kandalunu  458  A. 
Kandaules,  lyd.  K.,  4.54. 
Kanopos  Dekret  von  —  34* 

ßS  A.  121  A. 
Kappadoker,  Kappadokien  245.  249. 

250.  254.  328.  412  A.  449.  45-^. 

405.  484.  502.  503. 
Kaptor.  L.,  266. 

Karachardas,  bab.  K.,  140  A.  271. 
222  A. 


Index. 


KaraindaS.  bab.  K.,  140  A.  2IL  272  A. 

Karak  (Küikien)  23fi. 

Karalis,  St.,  2ÖÜ. 

Kar'alla,  L.,  32i. 

Karbilmat&ti  (Saia)  m 

Karbit,  L.,  iM. 

Karchcdon  282,  8.  Karthago. 

Karducben,  V..  2iS  A. 

KurduniaS,  L.,  l:i8.  141.  270.  271  A. 

222.  m  m 

Karer  25Q  A.  252.         ^  454 

455.  4ßl  ff.  m  482.  5üa. 
Kari  und  Läufer  5Ö3  A. 
Kari,  Negerland,  224. 
Karkamiä.  St.,  IM.  221L  232.  25fi. 

m  2fi5  A.  275.  282.  m  .m 
ML  ML  miL  liTL  m. 

Karkar,  Schlacht  bei  —  323. 
Karnianicn  504. 
Karmel.  Bortr.  2m  29£L 
Kamak  ai,  üü.  IMi  im  A.  102.  235. 

353.  382. 
Karpu,  St.,  28G. 
Kar-Salmanassar,  St.,  ^'\(\. 
Kar-Sari-ukin,  St.,  324. 
Karthago,  Karthager  282.  283.  2SfL 

4Ü4.  4ÖL  4aL  5ÖÖ. 
Karvanda,  St.,  405. 

Xiis'  43.  aa.  23Ö.  8.  Kusch. 
Käsen.  Titel.  232,  s.  S.  XX. 
Ka§jar.  Gb.,  333.  334.  3iÜI  m 
Kaskaeer,  Kaikaja.  V.,  245.  223  A. 
3fi2. 

Kaspisches  Meer  344.  SSfi.  42Ö.  424. 
Kasgandane  507. 
Kassandraaage  *>54. 
Kiissi,  V.,  8.  Kossaeer. 
Kasta,  aethiop.  K.,  353. 
KaStarit  4fi3. 

Kastenwesen  in  Aegypten  53^  471. 
Katuonien.  L.,  231.  249.  4ß5, 
Kati  33L 

Kaukasus  245.  253  A.  4ßß, 
Kaunof».  St..  405. 
Kava  Husrava  447. 
Kava  Ua  442. 
Kawi  447. 
Kayster.  Fl.,  252. 
Kedorlaomer,  K.,  186. 
Keilschrift  113  f.  14LL 
Kekrops  2ß4  A. 
Kelaenae,  St..  25L  899. 
Kelenderis,  St.,  4ÖÖ. 
Köwän  (Saturn)  3fi4. 


K-fiXsiot,  V.,  25fi. 
Kirjxi;,  Landschaft,  23L 
Khnenta,  L.,  43fi  A. 
KhorsaVjad ,  Ruinen  von  —  38Q  A. 
Khsathra  varja,  G.,  441. 
KhSathrita,  Meder,  512. 
Kiakku,  K.,  324. 
Kibyra,  St..  252. 

Kiliker,  Kilikien  IM.  220. 24fi.  25ß A. 
252.  33fi.  324.  325. 380.  3811  m 
328.  4fM.  453.  4ß3.  4ß5.  5D3. 

Kilix  ]M  A. 

Kiniinerier  253  A.  25ö  A.  4Ü1L  424. 

45^  453,  454. 455. 45tL  4Ü3. 48fi. 
Kinalia,  St,  3fi2. 
Kios  258. 

Kirchi,  Kirchu,  L.,  24fi.  242.  275. 

m  334.  m  333.  3ßiL 
Kirkesion,  St.,  184. 
Kirri,  K..  332. 

Kimm,  L..  242.  333.  334.  344. 
Kiäar,  G.,  ISL 
Kiseier  123. 

Kition  m^2ü5  A.  222.  283.  352. 

4Ö2.  4ü4. 
Klaros  254. 
Klazomenae  48L  489. 
Kleinarmenien  248. 
Kleinaäien         IM.  199.  204.  23L 

244-  u.  8.  w. 
Kneph,  G.,  58. 
Knidos  412. 

Kochome,  Pyramiden  von  —  49  A. 
Königsbücher  von  Israel  und  Juda 

19.  Ifi5. 
Kolcher.  Kolchis  245.  223  A. 
Kolophon  454. 

Komana  249.    Göttin  von  —  252. 

Kombabos  208. 

Konosso,  Insel,  95. 

Kophen,  Fl.,  423. 

Kopto«,  St.,  58.  29.  9fi.  262. 

Korinth  AiliL  407. 

Korkyra  407. 

Korsika  280. 

Korybanten  253.  257. 

Kossaeer  43  A.  12iL  130.  IM.  149. 

UL  229  ff.  339.  38L  422. 
Kreta  193.  252.  253. 
Kreti  und  Pleti  3Ö3  A. 
Krim  452. 

Kroesos  252.  491  A.  411.  454  A. 

482.  488.  489.  592.  503. 
Krokodil,  in  Aegypten  verehrt  60. 93. 


034 


Index. 


Krokodilopolis 

KiMüM  325.  ill  A.  412. 

Kuban  241. 

Kudurmabuk,  bab.  K.,  135.  IM± 
Kudurnanchundi ,  bab.  K.  121  A. 

135.  459.   —  K.  von  Elara,  385. 

3fifi. 

Kudurribel,  bab.  K.,  222  A.  225  A. 

Kullimir,  St,  389. 

Kiimmuch,  L.,  255.  223.  225.  22fi. 

mi  A.  342.  3611  325.  322.  32S. 

422  A. 

Kumne,  Fest  ng,  ÖS.  Ifiö.  223. 
Kundaäpi,  K.  von  Kummuch,  330  A. 

422  A. 
Ktmdi,  St.,  382. 
Kunulua,  St.,  282.  3fi2. 
KurC>)ban,  St.,  32L 
Kurchi,  L.,  24().  273.  s.  Kirchi. 
Kurden         24«  A. 
Kuret«n  253.  252. 
Kuripalzu,  bab.  K.,  22L  222  A. 
Kurion  22S.  402.   Schatz  von  — 

2Ü1  A. 
Kurti  246.  s.  Kurchi. 
KüS;  Kuschiten  42.  43.  99.  14Q  A. 

215.  222.  22iL  23(L  24Ö.  24L  262, 

320  A.  m  m  m  m  m 

330.  452  A.  464.  5Ö9.  Prinzen 
von  -  215.  22a  A.  23Ü.  24L  268. 

KnSan  Riä'atain  225  A. 

Kustiispi,  K.  von  Kammuch,  422  A, 

Küta,  St..  332.  328. 

Kyaxares  463  A.  465. 4aL  483.  485. 
486.  487.  5Q2.  ^V2. 

Kybuben  257. 

Kybele  253. 

Kybriata,  St.,  255. 

Ky  doner,  V.  auf  Kreta  123. 

Kyme  406.  4ÖL  489. 

Kyrene,  Kyrenaika  43.  500.  r)07. 

Kyreschata,  St,  505. 

Kyros  L  von  Persien  466.  —  II.,  der 
Eroberer,  244.  245.  326  A.  41L 
413. 418.  466.  420.  526  A.  428  A. 
499.  Ml  ff. 

Kythera  123. 

Kyzikos  253.  406.  481  482. 


L. 

Läbasimarduk,  bab.  K.,  498. 
Labynetos  420  A. 


Labyrinth  1Q(L 
La^raaru,  G,,  136. 
Lais,  St,  282. 
Laki,  V.,  232.  333. 
LakiS,  St.  384. 
Lalli,  K.  von  Lallida  336  A. 
Lallukna.  L..  324. 
Lamech  177. 
Lampsakos  4^7.  489. 
Laodike,    Gemahlin   des  Amasis, 
500. 

Lapethos,  St,  222. 

Larsam,  St,  130.  134.  135.  138. 

156.  422.  499. 
Lasonier.  V.,  252. 
Lazen,  V.,  245. 
Längenmasse  156.  189. 
Loa  221  A. 

Lebensbaum,  babylonischer,  160. 

Lebu  43,  b.  Libyer. 

Leka,  V.,  232.  260. 

L^^loger  252. 

Lük'x  204  A. 

Lepsius  32. 

Leptis,  St.  282.  283. 

Losbier  406. 

Letopolis,  St,  320. 

Leukos  Limen,  St.,  20. 

Lewi,  Lewiten  289.  312.  352.  361. 

449.  470. 
Libanon  U£L  17<L  224.  300.  303. 

mih  m  342.  'ML 
Libil-Chegal,  Canal,  492. 
Libit-anunit,  bab.  K.,  138. 
Libyen.  Libyer  42.  43..  7£L  212. 

2M.  24L  m  262.  264  A.  2il2. 

280.  312  ff.  462.  50L  5Ü2. 
Ligurien  280.  407. 
Lityerses  251. 
Lixos  28L 
Lol  128. 
Lotus  200.  2QL 

Lnbama  L  K-  von  Patin,  335. 336  A. 

—  II.  336  A. 
Lüli  von  Tyros  357.  s.  Elulaeos. 
Lallabier,  V.,  272.1 
Lullumi,  St..  322. 
Luqsor  225.  235.  242. 
Lutipri,  Armenier,  342. 
Lyder,  Lydien  250  A.  252  ff.  256. 

265.  400.  405.  402. 411  ff.  454  ff. 

467.  486  ff.  :m  ff. 
Lygdamis,  Kimmerier,  455.  463. 
Lykaonen,  V.,  246. 


Index. 


Lykien,  Lykier  2Ö£L  2A&.  252.  400. 

405.  403.  48L  m 
Lykopolis,  St.,  107. 


M. 

Ma,  kleinas.  Göttin,  2A^  253. 
Ma,  aeg.  Kriegerkaste,  317.  318. 

320,  351.  41L 
ma'a-chru  82  A.  S4  A. 
Ma'aka,  St.,  3D(L 
Maat,  G.,  ßfi. 
Mabbüg,  St.,  l&L  208. 
Machalliba,  St,  35L 
Machanaira,  St.,  290»  2äL  SÜß. 
Madhu  (Meth)  24jL 
Madyas,  Skythe  4ßS. 
Maeander  2.'j2.  4') 5. 
Maeonia,  St.,  252  A. 
Mafek(Mafkat)-Bergwerke  der  Sinai- 

halbinscl  10.  ÖS.  2fi3. 
Magan,  L..  3Z5  A.,  s.  Makan. 
Magier  ilfi.  ^  432  A.  444  A. 

442.  510x  51L  515. 
Magnesia,  St.,  255.  454  A.  ■i.'>.'>. 
Magog  4(>4  A. 

Makan,  L.,  122.  133.  s.  Magan. 

Makir,  Stamm,  220.  221. 

Makronen,  V.,  245. 

Malaca,  St.,  28L 

Mal'ak  Jahwe  'ML  334. 

Malamir,  Hochebene  von  —  320. 

Mallos,  St.,  240  A. 

Malta  2«IL  281. 

Managord,  St.,  397. 

Manasae,  Stamm,  220  A.  472.  411 A. 

Manes  250  A.  400  A. 

Manetho  12.  30.  38.  3Ü2.  410. 

Mauichaefr  418. 

Man\jae,  K.  von  Ukku,  386. 

Manna,  L.,  Mannaeer,  V.,  242  A.  338. 

34L342.  324.  322.       3113.  3M. 

422.  402.  403. 
Mannus  250  A. 
Mansuäte.  St.,  34L  322. 
Manu  250  A. 

Mitfaju,  K.  der  Tehenu,  2ß0. 
Mar  Apas  Katina  248  A.  412  A. 
Mturaphis  412  A. 
Marathos,  St.,  120.  122. 
Marduk,  G.,  130.  138.  14L  145. 

147.  148.  150.388.402,402.504. 

500. 


Mardukbalatsuikbi,  bab.  K. ,  340. 
343  A, 

Mardukbaliddin,  bab.  K.,  221.  222  A. 

343A.  32L  323.  32Ü.  aaL  m 

385.  388.  45().  452. 
Mardukbalusur,  bab.  K.,  332. 
Mardiikbelusate,  bab.  K.,  332. 
Marduknädinache,  bab.  K.,  222  A. 

224 

Mardukiapikzirmati,  bab.  K.,  222  A. 

225. 

Mardukäumizkur,  bab.K.  .3.^9.  343 A, 
Marea,  St,  408. 
Marger,  V.,  430. 

Margiane,  L.,  424.  484.  512.  514. 
Margos,  l\,  421. 

Mari',  K.  von  Damaskoa,  341.  356. 

352  A. 
Mariab,  St.,  403. 
Mariand}Tier,  V.,  25L  253.  482. 
Marienquellc  in  Jerusalem  422  A. 
niarina  195. 
Marion,  St.,  222. 
Marmarica,  L.,  200. 
Mama,  G.,  200. 
Marsir,  Chetak.,  232.  233. 
MarHyas  253. 

Martu,  452  A„  s.  Weatland. 
Mas,  L.,  232. 
Mas,  L.,  232. 

Masaherta,  aeg.  Priester,  315. 
Ma«aiu.  V.,  234.  317. 
Masauasa,  V..  43.  234.  312. 
Masiüsgebirge  222.  334.  484. 
Ma«sageten  424.  452.  50.'). 
Massalia  280  A. 

Ma-^-eba  205.  290.  302.  310  A.  322. 

328.  414.  4IÜ. 
Mastaba's  HL  23.  ÜL  24  A. 
Mastienen,  V.,  281. 
Matiene.  L.,  242  A. 
Matinba'al.  K.  von  Arados,  330. 
Mattän.  jüd.  Priester,  322. 
Maitanjah  424. 
!Maur*^ii  V.  42. 
Mautener,  Chetak  222.  233. 
Mazamua,  St.,  344. 
Mazares,  Perser,  503.  506. 
Mazda,  Mazdt^asnier  417  ff.,  s. 

Ahuramazda. 
Mßdcba,  St.,  322.  324. 
Medien,  Meder  34L  300.  324.  322. 

378.  381.  382.  393.  320.  421  ff., 

430  ff.  u.  8.  w. 


»^■    dby  Google 


636 


Index. 


Medinet  Habu  225.  2fi3  A.  2fiL 

Festkalender  von  —  4£L  2ü2. 
Megara  487. 

Megiddo,  St.,  219,  28S.  3Ü2. 
Meidüm ,  Pyramide  von  —  QA^  Ih^ 
Meies,  Lyderk..  454  A. 
Melisichu,  bab.  K..  2IL  212  A. 
Melitene.  L.  u.  St.,  22^  ML  M2. 

im  .m  aSL  4Ü5. 
Melki-'edeq  \'Afi. 
MeloH,  ln.sel.  Hü  A.  ISIL 
Melqart.  0.,  m  m  132.  2Ü5.  2üfi. 

Melucha,  L..  121L  m  31h.  4bl  A. 
Memnon  der  Aethiope 
Menuionstatucn 

Memphis  2^  IL  4A,  ^  4SL  LR.  m. 
ÜL  ßxL  ßlL  75—85.  filL  äL  im 
115.  21fL       242..  m  2üiL  202. 

2(;7.      lim  am      ti52.  m 

m  liÜL  m        m  ML 
Men,  Mondgott,  '254. 
Mena,  aeg.  K.,  4L  iS.  4aA.  MA. 

Menachem.  inr.  K..  856.       A.  :^«)7. 

•ML  .m 

Menander,  tyri.scher  Schriftst.,  Ili2. 

2M  A.  2SÜ  A. 
Menat  Chufu.  St.,  HL 
Mencheperkara ,  aeg.  K.,  212  A. 
Mencheperra'.  aeg.  K.,  :U5. 
Mencheperu,  aeg.  K. ,  i<8  A.  9Ü  A. 
Mendes.  St.,  5fi-  5fi.  iiÜ.  iill 
Menkara',  aeg.  K.,  8S  A.  SiÜ  A. 
Menkauhor.  K.,  m  22  A.  8£L 
Menkaura,  K.,  Iß.  IL  TS.  Iii  A.  83. 
Menophnis  H4. 

Menschenopfer  in  It>rael  rU)4.  —  bei 

den  Kanaanaeem  207. 
Mentu,  Mentiu,  V..  liL  m  llßA. 

IM  2111  21iIL 
Mentu,  G.,  212. 
Mentuenihat,  Aegypter,  .^91 
Mentuhotep  L  aeg.  K.,  ÜTL  —  II. 

bis  VI.  05.  äü. 
Mentu hotej),  Baumeister,  1Ö3  A. 
Mentunessu,  Nomarch,  SI  A. 
Menüs,  St.,  2211  2M. 
Meraten  228. 

Mermnaden  m        454.  488.  482. 
Merenhor,  aeg.  K.,  ÖD  A. 
Merenra  L  82  A.   m  ff.  8L  üü. 

—  II.  äü  A. 
Meriba'al  JilÜ. 


Merikara',  aeg.  K.,  1Ü2  A. 
Merira'  86,  s.  Pepi. 
Mfritatefes  Ifi  A. 
Merkara',  aeg.  K..  1Ü2  A. 
Mermasa'u,  aeg.  K.,  106.  112  A. 
Memeptah      aeg.  K.,  82  A.  llü. 

2aL  243.  m  2tLL  212.    -  II. 

2fLL  2ß4. 
Meroe,  Reich  von  —  4il  509. 
Merom,  St.,  23fi. 
Mertisen  IHÜ  A. 
Merw,  Oase  von  —  424. 
Meia ,  K.  von  Moab,  ML  \!thIL 

:m.    Inschrift  des  —   122  A. 

m  A.  322  A.  325  A. 
Mesek.  V.,  4^>4.  466.  s.  Moscher. 
Mesopotamien  2IiL  212.  22lL  344. 

305.  4ÜL  452.  482. 
Metenos,  K.  von  Tjrros,  325  A. 
Metinna,  K.  von  Tyros,  351.  310. 
Metragyrten  257. 
Micha,  Prophet.  47H. 
Midas  25L  322.  425.  453.  454  A. 

Midasgrab  258. 
Midian.  V..  Ufi  A.  Iü5.  2h>L  223. 
Mikal.  Tochter  Saul's,  228. 
Mikma.s,  Schlacht  bei  —  22fL 
Mildis.  L.,  314.  4ii2  A. 
Milet  4üfi..453.  4il.  488.  482. 
Milid.  Milidia,  213.  33L  34L  315 

H.  Melitene. 
Militha  342. 
Milkom,  G..  225.  3m. 
Miltiades  488. 
Milya«,  L.,  241i.  252. 
Min,  G.,  58.  22.  24. 
Mine,  Gewicht,  189. 
Minos  122  A. 
Minotauros  123  A. 
Minua.s,  armen.  K.,  '^4*2. 
Minyas,  L.,  247. 
Misphragmuthosis  214  A. 
Mij'r.  Mi<raim  42  A.  2üti  A. 
MitA.  Moscherk..  314.  315. 
Mitatti.  K.,  324. 
Mit-Fares,  Statue  von  —  111- 
Mithra.  iran.  G.,  411.  441.  442  ff. 
Mitra,  arischer  G.,  422. 
Mitrobates  5  LS. 
Mitylene  412.  482.  423. 
Moab  122  A.  288.  22Ü.  223.  3ÖD. 

302-  302.  ÜO.  322.  324.  325.  331. 

355.  3Ü4.  310.  325.  322.  458.  4Ü4. 

Moabiter  205.  420. 


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Index, 


Mochos,  phoen.  Schriftst.,  2öfi  A. 

Moerissee  10£L  1Ö3  A. 

Mokattamgebirge  21£. 

Moick,  G..  aOL  3M  A. 

Momemphis,  St.,  5Ü1L 

Mopsos  2bQx 

Moru  (Merw)  43fi  A, 

Moscher,  V.,  245.  205.  222-  213.  374. 

m  ^  465. 
Moses  von  Chorene  248  A. 
Moses  im.  IM.  ;i22.  aiL  im  StlL 

Segen  des  —  20Ö  A.  ^12.  Üü^ 
Motye,  St..  2S1L  4ÜL 
Münzpiilgung  4S9. 
Mugallu,  K.  Ton  Tabal.  323. 
Mulu,  bab.  G.,  145. 
Miirghäb,  FI.,  5Ü5  A. 
Musallim-Marduk,  bab.  K.,  3^ 
MuSanat,  L..  232. 
lMiisa(|qil-As9ur,  Assyrer,  840. 
Musüs(V)ninep,  Fürst  von  Arban, 

210. 

Muskäja,  Muski,  V.,  2ß5-  273^  s. 

Moscher. 
Mu5«r  42  A. 

Mnsri,  L.,  338i  Gebirge  mL 
Mut,  G.,  QSL  im  A.   22^  240. 
268. 

Mutakkilnusku,  ass.  K.,  212. 

Mutallu,  K.  von  Kummuch,  375. 

Mutkinu,  St.,  225. 

Mutnesem  229. 

Mut-urt,  G.,  5fi. 

Muzasir,  St.,  324. 

Mykenae  139.   im   202.  A.  2Ö3. 

MykerinoB,  aeg.  K.,  22.  82  A.  83  A. 
Mylasa,  St.,  254. 
Myriando»,  St.,  190. 
Myrnos,  lyd.  K.,  454  A. 
Myser  25D  A.  252.  253.  488. 


N. 

naamna  212. 

Nabataeer  458.  460. 

Nabonassar,  bab.  K.,  123.  12fi.  365. 

Nabonedos,  bab.  K..  12L  133.  141 A. 
396  A.  41L  4Ü3.  mL  4M.  4üiL 
512.  Annalen  des  —  428  A.  422. 
501.  502  A.  504. 

Nabopala«tsar,  bab.  K.,  480.  4^1. 

mL  ML 


Nabot  328. 

Nabu,  G.,  132.  148.  422.  428.  506. 
NabubaHddin,  bab.  K.,  mm 
343  A. 

Nabubelzikre,  Babvlonier,  452  ft'. 
Nabudan,  ass.  K..  '222  A.  225  A. 
NabukudurriuMir  L  272.  s.  Nebu- 

kadnpzar. 
Naliüimhid,  h.  Nabonedos. 
Nabuäezib'anni,  Sohn  Necho's,  320. 

Nalmsnmi^kun,  bab.  K.,  333.  343  A. 
Nabuusabsi,  bab.  K.,  365. 
Nabuzimapistiustesir,  bab.  K.,  388. 
Nadah,  isr.  K.,  32L  325  A. 
Nadios,  bab.  K.,  365. 
Nagidos,  St..  246  A.  406. 
Nagitu,  St.,  385. 

Naharain  (Naharina),  L.,  180.  195. 

212.  220.  22L  224.  225. 23L  236. 

225  A. 
Naharmalka,  Canal,  49'2. 
Nahas,  K.  von  'Ammon.  296. 
Nahidmarduk.  bab.  K.,  388. 
Nahum,  Prophet.  40L  479. 
Na'iriländer  24L  lili.  33^  34Ü.  342. 

365.  366.  362. 
Nammiri,  V.,  424  A, 
Namret,  Libyer.  318.  3211  35L 
Namri,  L.,  33>L  34LL  ML  343-  42'J. 
Nana,  G.,  130.  134.  135.  146.  152. 

452. 

Nannar,  G.,  145.  1 52. 

Napata,  St.,  43.  ;i22.  224.  350.  35L 

353  A.  322.  462.  502. 
Naphtali,  Stauun,  233.  23D-  221. 

32L 

Naranisin,  bab.  K.,  121  A.  133.  134. 
148. 

Natnu,  Araber,  452  A.  Am. 
Naukratis.  St..  469.  500. 
Naxos  40L 

NazibugaS,  bab.  K.,  22L  222  A. 
Nazimuruda^,  bab.  K.,  222. 
Nebchrura,  aeg.  K.,  26. 
Nebi,  aeg.  K.,  20  A. 
Nebka,  aeg.  K.,  64  A. 
Nebkara',  aeg.  K.  61  A.,  102. 
Nebo,  G..  202.  322  A.  324.  348.  394, 
8.  Nabu. 

Nebukadnezar  L  222A.   —  II.  48L 
483.  486-  498.   —  III.  512.  513. 

514. 

Neeheb,  G.,  42.  58- 


638 


Index. 


Nechepso»  :fflQ. 

Necho  L  m  m  322.  ILL  4ßL 

—  II.  ML  A><Z  m  4<J5.  5QÖ  A. 
Nechu^tan,  G.,  472. 

Nedschd  171. 

Neferarkara'  L  IS,  IS  A.  —  II.  SQ  A. 
Ncfercha'ni  A. 
Neferhotep,  aeg.  K.,  102  A.  IM. 
lOH. 

Neferka,  aeg.  K.,  Sö  A. 
Neferkara  L  ül  A.    —  II.  8L  80. 
an  —  III.  8ä-2öA.  —  IV.  9ÜA. 

—  V.  ÖÖ  A.  -  VI.  9Ü  A.  —  VII. 
A.   —  VIII.  m  A. 

Neferkauhor,  aeg.  K.,  ÖQ  A. 
Neferkaura',  aeg.  K.,  2Ü  A. 
Neferra.  aeg.  K.,  13  A. 
Nefert  7h. 

Nefrus,  aeg.  K..  88.  A. 
iNegeb.  L.,  281L 

Ncgei>tämme  42.  Ü  lÜ  A.  8fi.  8L 
HtL  ÜIL  21^        2äL  2AL  2&L 
Nehemia  lüü.  lÜL 
Neheniu.  V., 
Nelii,  Aegvpter,  211  A. 
Neit.  G.,  08.  ÖÜ. 

Neitaqert,  aeg.  Königin,  88.  90  A. 
Neniesi«.  G.,  'Ih'A. 
Neoptolemos  25G. 
NephthyH,  G..       82.  2Ö2. 
Nergal,  G..  145..  UL  148. 
Nergal§aru'"Ur,  Sohn  Sanherib's  387; 

bab.  K.  498. 
Nesemabra,  aeg.  K.,  IM  A. 
Nesbor,  Inschrill  des  —  497  A. 
Neukarthago  2^1. 
Ni.  St.,  22iL 

Nidintubel,  Babylonier,  512. 
Niedemitenii,  L.,  1  s'O. 
Nikaea,  8t.. 

Nikolaofl  von  Uamaskoa  412.  413  A. 

hm  A. 

Nil  42.  m  m  4M.  m  51iL 
Nilpott  115,  Nilpfprd  HQ.  Nil- 
schlämm  als  Bauiaatcrial  73. 

Nila.  L.,  2Ifi. 

Niniittibel,  Mauer,  491. 

Nimrod  14Ö  A. 

Nimrud,  Ruinen  von  —  198.  2Ö1  A. 
Ninep,  G.,  (Ninip)  145.  147. 

148. 

Nineppalekur,  ass.  K.,  212. 
Ninive  12L  122.  152.  203.  2Ifi.  343. 
344.  345.  358.  380  u.  8.  w. 


Ninos  25fi.  438  A.  48L 
Ninua  182.  277.  s.  Ninive. 
Nippur.  St.,  134. 138.  3ß5.  3IL  442 : 

Gebirge  ;18Ü. 
Nis&ja,  L.,  43Ö  A. 
NiHibis,  St.,  184.  2ö5x  22fi.  333.  MA^ 
Ni«in.  St..  138. 
Nitetis  5113  A. 

Nitokri«  s8.  4U  A.  4M  A.  423« 
Noah  104.  HL 
Nofret-ti  222  A. 
Nofrura'  217  A. 
Nubchas  IQl  A. 

Nubier.  Nubien  42  f .  lÖ,  8ß  f .  22. 

18Ö  A.  215.  21L  225.  221.  235. 

24fi  f .  2ÜL  4fiS.  42L 
Nubti,  Hykjsosk.,  112  f. 
Nummi.  L., 

Nur-raman.  bab.  K.,  138. 
Nut,  G.,  58.  M. 
nuter  a  82i    nuter  nuti  liö, 
Nuu,  G.,  5li.  Ü2s 

Nymphaeon,  Relief  von  —  255- 


0. 

Oa«en,  libysche,  43.  24L  502. 
'Obed-edom  3Ü3  A. 
Obelieiken,  aegvptische,  55. 
Obelisk  Salnianaugars  II.  33L  338. 

,m  350. 
Oberrutenu,  L.,  18Ü. 
Oelberg  312. 
Oliaros,  Insel,  19H. 
Olvmjios,  Erfinder  der  Musik.  25:^. 
Olympos.  Geb.,  252.  288, 
Onibo8,  St.. 
Omphale  2,'>4. 

'Omri.  iwr.  K.,  322.  323.  325  A.  354:. 
Onka.  G.,  123. 

Ophir,  L.,  185  A.  187.  3(M.  307  A. 

'Ophra.  St..  224. 
Opis.  St.,  274.  385. 
Orchomenos,  St.,  222.  224.  422. 
Orion  84. 
0roet€8  513.  514. 

Orontcs,  Fl,  im  182.  184. 232. 285, 

25G.  28L  332.  367i  Geb.  485. 
Osarsiph  222. 

Osiris  56,5LtiÖ.62.82.84.  22ff. 
125.  115.  2Ü2.  222.  242.  382. 
470  A. 


Index. 


Osorkon       aeg.  K.,  älß  A.  älfi. 

m  352.    —  II.  ML    —  III. 

820.  35a. 
'Otniel  295  A. 

0x08,  Fl.,  m        A.  ^ 
Oxyrrhynchos,  St.,  80 1. 


P. 

Pachirbel  3S1  A. 
Pacht,  G.,  58. 
Padan,  lAL 

Padi,  K.  von  'Aqqaron,  382.  384. 

Pa'e,  K.  von  Elam,  452. 

Paktolos,  FI.,  482. 

Paktyer,  V.,  4^ 

Paktyes  5Ö3. 

Palaetyros,  St.,  284.  35L 

Palaentrina,  Schale  von  —  2Ö1  A. 

PalmcnkapitiU  1Q3, 

Palmyra  174  A.  175,  184  A.  344  A. 

Patnphyler  24Ü.  219.  4ÖÖ. 

Panopolis,  St..  58. 

Puiiüniius  280.  407. 

Panresnes  318  A. 

Paphhigonen  249.  2^1.  253.  508. 

Paphos,  St.,  hLL  402. 

Pappa,  L.,  324. 

Papyruskapitäl  103. 

Paqarachubuni,  L.,  1^39. 

Pacjnir,  aeg.  Fürst,  39L  392. 

Parihu,  Fürat  von  Südarabien,  218. 

Parikaniei-,  V.,  432  A. 

Par(?)naki,  L.,  389. 

Pai(?)nun,  St.,  344. 

Paropani80.s,  Geb.,  42Ü.  423.  43tL 

Parsua,  L.,  338.  34L  322.  385.  422. 

432  A.  5Ü1  A. 
Parther  436.  511.  512.  514. 
Pasargadae,  St.,  435.  505. 
Pasargaden,  Stamm,  4o7.  4GG. 
;iaiaixot  58  A. 
pate.*»i,  bab.  T.tel,  134.  182. 
Patin,  L.,  28L  335.  m  33L  3fi2A. 
Patuä'arra.  L.,  389. 
Pe-ArSepa.  St.,  269. 
Pe-Asar,  St.,  52. 
Pe-Bairis,  St.,  26{L 
Pefdubast,  aeg.  K.,  329.  35L 
Pehlewi  41iL 

Pekach,  isr.  K.,  352  A.  302.  32Ö. 
Pekachja,  isr.  K.,  352  A.  869. 
Pelusium  119,  384.  399-  4ü9.  59L 


Pentaur,  Gedicht  des  —  219  A.  281. 
243  A. 

Pepi.  aeg.  K..  4L  69  A.  82  A.  83. 

8iL  82.  9CL  94  A. 
Pepisenib  A. 
Persepolis  159.  4üß. 
Perser  39.  Ifi3.  248.  284.  4QtL  424: 

U.  8.  W. 

Perseus  2fifi  A. 

Pessinus,  St.,  253.  252  A.  399. 
Pfau  182. 

Pferd,  Einführung  des  —  219. 

Pflanzensäulen  242. 

Phallus  499  A. 

Phanes  507. 

Phama-spes  507. 

Phaseiis,  St.,  49ß. 

Phasis,  Fl.,  245. 

Pheidon,  K.  von  Argos,  489  A. 

Phelles,  K.  von  Tyros.  325  A. 

Philistaea.  Philister  LTL  L19A.  200. 

284.  289.  295.  298.  299.  84L  3Ü9. 

878.  :l^4.  4>;4. 
Philo  von  Byblos  102^  199  A.  20(L 
Phiops  88,  8.  Pepi. 
Phoeniker  I4i2.  199  ff.  u.  s.  w. 
Phoenix  192  A.  252  A. 
Phokaea  492.  489. 
l*hraortes,  Vater  des  Dejokes,  461. 

—  Sohn  des  Dejokea,  4i;2.  4 65. 
512.  .514. 

Phrj'ger,  Phrvgien  248.  259..  25L 
252.  253.  255.  339.  4Ü5.  4i3  H. 
486  ff. 

Phül  123.  343  A.  36L  s.  Tiglat- 

pileser  II. 
Pianchi,  K.  von  Aethiopien,  815. 

•329.  850-858. 
Pidas,  L.,  282, 
Pimai,  aeg.  K.,  329. 
Pinehas  29ö  A. 

Pinoscm     aeg.  K.,  315.  —  II.  315^ 

—  III.  315.  318. 
Pisamilku  455  A. 

Pisebcha'nu,  1^  aeg.  K.,  315.  —  II. 

aiii.  aüL 

Pisept.  St..  39L  392. 
Pisider  24fi.  25L 

Pisiri.  K.  von  Karkamis,  3ß2.  .875, 
PLsi Stratos  487. 
Pitom,  St..  232. 
Pitru,  L.,  225. 
Pittakos  488  A. 

Pnu'el  295.  29Ü.  m  3IL  331x 


<540 


Index. 


Poeni  llfi  A. 

Polyknite«  50(1  50L  .üi 

Polytimetos.  Fl.,  i2!I 

Porös,  bab.  K..  AAli  A.  aiL 

Poruäa«pa  Mfi.  44iL 

Priene 

Pronektos,  St.,  IM. 
Propheten  47iL  £Z4.  illL  4jK  49L 
ÜILL  Schrift«!  der  —  167.  aß2.atia 
Prostitution   auf  Cypem   2öi<  A. 

—  bei  den  Israeliten  ;UQ.  —  in 
Lydien  *2.")7.  —  bei  den  Syrern 
und  Babyloniem  'JOS. 

npösiuTcov  d'soö,  Vorgebirge.  205. 
protodorische  Saule  lü  liÜ  2^2. 
Protothyas.  Skythe.  463. 
Proverbien  der  Israeliten  lüÖ  A. 
Psalmen  der  Israeliten  IM  A. 
Psammetieh  L  HL  'ib^  ML  41L 
Ahh.        ihL       4SL  ML 

—  II.         m  .m 

—  III.  ÖDÖ  A.  .m 
Psemut.  aeg.  K.,  :^5'2. 

Ptah,  G.,  58,  (KL  tüL  94.  115,  238. 

24£L  21±  m  aiiL 
Ptah-Sokar  22. 
Ptahhotep  41i  A.  8IL  fiL 
Ptahsepse«,  aeg.  K..  46  A.  IL  Bß. 
Pteria,  St.,  m  503, 
Ptolemaeischer  Kanon  12().  :iti5.  .TLL 

376  A.  aSL  aü5  A.  ML  m 

51Ü  A. 
Pudiel,  a*w.  K.,  222. 
Punicum,  St.,  2H0. 
Punt.  L..  m  üiL  98.  118  A.  185. 

IHL  218.  220.  222.  23£L  2<i2. 
Puqüdu.  V..  aüü. 
Piu>!ta.  V..  263.  26i  A.  2ü(L 
Purukuz(?)zi,  L..  212. 
Pu^uraSäur,  aas.  K.,  22L  222  A. 
Pygmalion,   K.  von  Tyros,  206. 

325  A. 
Pyramiden  6^  ÖL 
Pyramos.  FI..  246. 
Pythagoraa  456  A. 


Q. 

Qades,  St..  ISO.  184.  200.  20L  219, 

220.  22L  232.  235.  287. 
Qadeä  im  Land  Amur  233. 
Qahaq,  V.,  2Li  A.  23i.  262. 
Qain,  Stamm,  126  A.  282.  223.  206. 


Qal'at  Sergha  (Aieur)  ISL 
Qana.  Sculpturen  von  —  19S  A, 
Qaqemna,  Aegypten,  8L 
Qarqar,  Schlacht  bei  —  33fi.  323. 
Qa^uaden,  L.,  232. 
Qauämalaka,  K.  von  Edom,  355  A. 
geb,  G.,  4L  56.  51.  82,  BL 
Qedi.  L.,  23L  246  A.  2ti:;. 
Qedreer,  V.,  3i<2.  403.  452.  458. 

460.  42i 
Qemt  (Aegypten)  42.  UlL 
genaz.  Stamm,  2ii2. 
Qir.  L.,  324,  362. 
Qirjatain,  St..  322  A. 
QiS,  Vater  Saul».  226. 
giion.  Fl..  220.  22L 
Qoseir,  Hafen,  20.  2Ö2. 
Qui,  L.,  246  A.  33fi.  33L  324.  325. 

322.  465. 
Qumanier,  V.,  224. 
Quma  224  A. 

Quti,  Qutü,  V.,  222.  382.  152. 


R. 

Ra',  G.,  42.  52.  55.  60.  fifi.  ßS.  24. 

82.  84.  22.  115.  222.  238. 
Ra'-HoruK  92, 

Rh'  Amenemha't,  aeg.  K.,  106  A. 
Rabba.  St.,  3Q0. 

Ra'dedei,  aeg.  K.,  64  A.  26  A.  TL 
22  A, 

Ra'entui,  aeg.  K.,  222  A. 

Ragae.  Hagha,  St.,  418. 422.  436  A. 

432.  514. 
Ra'  Harmachis  55.  56  A.  62.  22L 
Rahel  221  A. 
Rahob.  L.,  300  A. 
Ra'hotep  22.  25. 

Rama,  St.,  226  A.  —  Festung  in 
Gilead  32L  322,  324,  325. 

Rama'ka,  aeg.  Fürstin.  316  A.  318. 

Ramän.  G..  145.  152.  182. 

Ramänbaliddin,  bab.  K.,  222  A  L 
275. 

Ramtin  idri.  K.  von  Damaskos,  323 A. 
Ramännirä.ri  1^  ass.  K.,  272.   —  IL 

333.  343  A.    —  IH.  182.  34L 

342.  343  A.  345.  348. 342.  355  A. 

356.  357.  395.  462. 
Ramilnäunmäsir,  bab.  K. ,  222  A. 

275  A. 
Ramesneum  235.  242. 


Ml 


Ramses  L  IL  220  A.  28:i.  2ül  A. 

aiiL  —  II.  IL  LLL  im  m 

2LL  214  A.  21iJ  A.  22iL  22Ü  A. 
2:i0— 242.  2G0.  261  A.  267.  274. 
LiLL  —  III.  IM  A.  IM.  2m 
iiäl.  241.  260—268.  2m  230.  m 

—  IV.    XII.    äü  A.  2ÜH.  2iiiL 

Iliim.sesnccht  2()9. 
Riini.se«stadt  240. 
Ranghfi  4;^«»  A. 
Rannut.  G., 

Ransenib,  i\ef^.  K.  1 06. 
Raphia.  St.,  .m  m 
Raifaiipa.  »St.,  :U4. 
Ku'  SeUakhotep  II.  10«i  A. 
Rascp.  (i.,  2Q!h 
Rascjenen  21-},  h,  Ta'a. 
Ra^iinntJ  857  A..  k.  Re^ön. 
Holni,  V.,  iiL  2filL  262^  8.  Libyer. 
K»»ohnjani'.  <irab  des  —  im  220. 
lU'desle.  Tempel  von  —  241. 
Regebelos.  bab,  K.,  ilSjj  A. 
Rehab'iim.  isr.  K..  llilL  aö8.  LLÜL 

:i2:)  A. 
Remalja 

Rekabiten,  Schule  der  —  :V27. 

Renienen.  L..  220.  2'X\. 

Rephaiten  LifL  LZÜ  A. 

Renen,  St.,  8nr>  A. 

Reseph.  St.,        A.  m 

Resön.  K,  von  Danmskos.  H07.  ^25  A. 

A.  ML  m 

Rhampsinit  2ß2  A. 
Rhea  2iia. 

Rhodos  m.  1112.  laa  A.  2öa.  21)l 

252.  2r>7  A.  2m  4üti. 
Rho.^.sü.s.  St..  im 
Ribla,  St., 

Richter  4IlL    Buch  der  —  2ää  A. 

—  der  Name.  2äh  A,  :{61. 
Riesenvölker  Palae^tinan  17;». 
Rim-a-gam?-um,  bab,  K.,  LiS  A. 
Rim-sin,  bab.  K..  m  LIÖ. 
Rimvisi,  St.,  :U4. 

Risramän,  bab.  K.,  1  :'»:>. 
Rühanu,  Steinbrüche  von  —  7£L 
Roi  2lilL 
Rosellini  32. 

Rös  Melqart,  Vorgeb.,  280. 

Rouge.  K.  de,  32. 

rpa'  41L  ÖlL  an 

R'uben,  Stamm,  21ML  29L 

Hudamon,  aeg.  K.,  a2ii  A.  332  A. 

.Meyer,  GeMcliiclite  des  Altertliumii.  L 


Kufu,  St.,  IL 

Ruka,  V.,  232.  200. 

Rusä,  K.  von  Armenien,  897. 

Rutenu,  L..  IM  IM.  liliL  203. 

2LL  21iL  22ii.  23Ü.  233.  2li3. 
Rvndakos,  Fl..  2Ü2. 


a 

Saba,  Sabaeer  IM.  IBlL  lÄL  3Q£ 

3IÜ.  403. 
SabaeLsmu«  178  A, 
^abaka  858,  «.  Sabako. 
Sabako,  aeg.  K.,  41  A.  312,  3I3x 

882.  ;tH4.  892. 
Sabataka,  aeg.  K.  3ii3  A.  :'.H2. 
Sabazios,  (r..  2.'>8.  2.">7. 
Sahen  2.'i8. 

Sab(?)manda,  V..  45:]. 
Sabu,  Aegy])ter,  ÖLL 
vSachi.  L.,  898. 
Sadikanua,  St.,  276. 
Sadoq  477  A. 

Sadudu,  Fürst  von  Suchi,  884. 
Sadyattes,  lyd.  K.,  251.  4M.  486. 
.  43L 

Sagaraktias,  bab,  K. ,  121  A.  14L 

271.  212  A. 
Sagartier  431.  4S3.  4M.  il2.  llLL 
Sagasaltiburias,  bab,  K.,2I2  A.  22ii  A. 
Sagur,  Fl.,  27.">. 
Sahi,  L.,  m  2U  A.  212  A. 
Sahura,  aeg.  K.,  64  A.  13.  lü  A. 

4m 

Säi,  Insel  —  25. 

Sais,  St.  43.  114  A.  m  anL 
352.  353.  aiilL  4M.  llil.  ÜÜL  äUH. 

SaitCH,  Hyksosk.,  112  A. 

Saka,  Saken,  V.,  424.  403.  465  A. 
üQL  512. 

.^akarusa,  V.,  2ÜQ.  2il3. 

Sakasene,  L.,  465  A. 

Siikkari,  V.,  203.  264  A. 

Sakküt,  G..  3M. 

Salamis,  St.  auf  Cypem,  192  A.  279. 
Salatiß,  Hyksosk.,  112  A. 
.^allüm,  i«r.  K.,  356.  352  A.  432  A. 
8almana.s.«!ar  1^  as.s.  K.,  212.  277. 

345.  —  H.  323.  325.  333  A.  836. 

331- 34L  343  A.  344-  346.  354. 

.851.  3Ü5.  3M.  3511.  462.    -  Nl. 

.342.  848  A.  356.   —  IV.  351  A. 

311  A,  312.  S.  XX. 

41 


* 


042  In 

Salmancliaman(?)ilani,  K,.  270. 
Sulonio  liÜL  2ÖiL  202.  2ilii  A.  aüL 

ao2.  aiiL  m  m  m  äü^i 

Sama'al,  L.,  a^ÜL  ML 

^amaria         f.  1128.  a3L  3iiü  A. 

ai^L  im  m  m  m  an.  31^ 
aiiL  4iiö.  Iii 

Samas,  (i..  14'i. 

Sanuu^iuudaiiiiiii«! ,    ItaU.    K. .  '.\\\'.\. 
aili  A. 

Saiiiinassiiinukin.  bab.  K..  .{91.  4.'>7. 

Samgar,  isr,  Für«t.  2112. 
Saniniuramat.  a«s.  Köiiiprin.  IMJ  A. 

Ml  A. 
«aniüs  ilVL  ÜÜÖ.  .JÜL  ■M:^ 
Samothrake  li)2  A. 
Samsit*.  aral».  Köiiijfiii .  :'i7()  :t7.'i. 

Sainsiiuuruna.  St..  M77. 
Saiiisiramän  L  asn.  K.,  li<2.  212  A. 

211.     -  11.  m  212  A.    -  III. 

212  A.  2IiL   —  IV.  m  m.  A. 

Samt^uiluiia.  bah.  K.,  1:^9. 
Samuel  lÜtL  2aä  A.  2M  A.  ai2  A. 

8'anchkara'.  aeg.  K..  ÖtL  1 H5. 
Sanehiinjathön-  'j()<>- 
Santlasar(?jmi,  kilik.  K.  \\%\. 
Saiidon .    kilikischer  Sonnengott. 

24li  A.  2M. 
Sandu'arri.  K..  :iK9. 
S'aneeht,  at'g.  K.,  22i<.  2211  A. 
Saneha.  Mmnoimi  ib's  —  ÜH.  H>V 

Sangara.  St..  IM.  \KL  22LL  2aü. 

2IÜ.  2IlL 
Sangarios.  Fl..  2M.  a^iL 
Sanhorib  m.  li<2.  212.  aaa A.  aäli  A. 

:t:>7.  ai2  A.  aiji  llli  a.  iwi— :i«7. 
aiüL  aaiL  aöL  402.  im.  102. 412. 

Siinische  (iaue  449. 

SaoHtlucliin  4r)7  A..  s.  ^'amassumukin. 

Sapalel.  Chetak. .  222.  2aa.  vgl. 

S.  XVI  A.  a. 
Sajmlulnii,  K.  von  Patin.  222  A. 

aaü  A. 

.^api-bel,  St..  4i£l 
Sapija.  St..  aiL 
.^apdla.  Ebene,  2lilL 
S'a(?Jptil,  Festung, 
.^äpür  LL  Sassau i de.  4T.'i. 


ex. 


Saqqara,  (irilber  von  —  aL  ^  iM. 

77.  78.  SO.  H>;. 
Sar(V),  Göttin  der  Alarodier.  211. 
SarakoK,  a.sK.  K..  IM  4SI. 
Sarangen,  V.,  4:^<i 
Sarbfit  el-C'liädein  lü.  75. 
.^ardana.  V..  IM.  2ai.  2filL  2ti2. 

2tia.  2üi.  an. 

Sardanapallos  asiL  aiM.  4SI. 
Saides  2112.         lia.  lä^,  488.  iillL 
'»03.  '.l:{. 

Sardinien .  Sarden  LiM.  224.  2S0. 

28L  4ül. 
Sarduri  L  armen.  K..  :U'2.    —  II. 

a^  aiüL  aia.  —  iii.  asL 

Sarepta.  St..  IM.  a^  asa. 
Sargon  [L]  von  Agade  L21  \. 

laL  m  m  m.  an. 

Sargon  (Ii.).  a>!.-^.  K.,         2^  :^''>7. 

272— :isi.  a8iL  aM.  aai.  aas, 
m  lüa.  4ÜÜ.  102.  m  m 

Sarhan.  St..  2LL  ÜÜL  4<>S. 

.sarimische  (iaue  449. 

^arludari  von  Tanis  :^9!. 

Sarnuiten  252  K. 

Sarön,  P^bene.  m  22^. 

Saros.  Fl.,  24lL  2^ 

Sarrahänu.  St..  2üiL 

.^arrukinu  1 22.  s.  Sargon. 

Sartum,  St..  222. 

Saru.  St..  Ufl  A.  21il.  2aü.  2a2. 

Säxipal.  K.  von  Patin.  A. 

Siuspeiren.  V..  242  A. 

Siu^saniden  414.  41iL  41fi.  412.  418. 

411L  42ß  A.  429  A.  44Ü.  444. 
441  A.  ^iöiL 
Sasn.  V..  Sä  A.  lös  A.  lliJ  A.  mL 

211.  222.  221. 
Satiinni,  K.  von  Naharain.  •->'^''» 
Sätet,  ti..  lilL 

Sätet  (Sati),  L..  811  A.  älL  1Ü8. 
180  A. 

Sattag>'den.  V..  421.  iil2. 

Saul  liiZ  2^  2aL  aölL  212  A.  a2(L 

22L  -MW. 
Sauromaten,  V.,  424. 
Scarabaecn    ^    löfi  A.    l£ll  A. 

—  .\menhotep'9llI.  IfLL  2ÖL  202. 
222.  22i.  2IÜ.  —  Dhutmes'  III. 
21lL 

Scheich  el-Boled  12. 

Schlangen    in  Aegypten    üö.  Ö2. 

-  in  Israel  21 Ö.  —  bei  den 
Arieni  42Ü.  442. 


Index. 


Sclilangenkrtnig.  Märchen  vom  — 

Seamon,  aeg.  K.,  :U5. 
feeba,  Israelit,  3ÜiL 
Sebak.  G.,  JKL  ö±  lOii  A. 
Scbakenisauf.  K..  1^7  A. 

Sebakhotep  L=IX.  105—108. 
Scbaknetrura' ,  aeg.  Königin.  101. 
105. 

Sebennytos.  »St.. 
Seboim.  V.,  IM. 
Sechem-Chakaura.  St..  ^ 
Seohenikam.  Aegypter.         ■  a4'g. 

K.,  IDüA. 
Sochet.  G.,  ^  lüL 
Sodeinga.  Tempel  von  —  225* 
Sehathor.  aeg.  K..  lOti. 
8eir.  Wü8t€ngb.  2S8.  aiilL 
8ela,  St..  m 
Selge.  St..  40Ö  A. 
Selqt,  G..  tKL 
Sem  IZL 

Semirainis  2tiÖ  A.  Iii  A.  4ii2.  Mih. 
Semne,  Festung,  UlL  IM  '211  A. 
8»minu  Hör  ^ 

S«'nda,  aeg.  K..  4ü  A.  ILl  A.  14* 

Senniuit.  Architekt.  '217. 

Sen^ar.  St.,  22iL  A. 

^epenajjt.  a88.  Königin.  :i^h\.  4t>7. 

Sephanja,  Prophet.  4t>4.  47:1  475. 

.^ephela,  Kijcne,  9Air> 

Sep-scHkaf,  aeg.  K..  IL  Ä  2ü  A. 

.s»'j)st'skara',  iieg.  K..  IS  A, 

.S»  rapeuni  von  Memphis  24:{. 

Seni-Teta.  aeg.  K..  221L 

serdäb  LÜL. 

Seriphos,  Insel.  Ili2  A. 
Se-«ef  .  .  ra,  aeg.  K..  lOH. 
Se.ser-Teta,  aeg.  K..  Iii  A. 
Se^es.  aeg.  K..  lü  A. 
Seset^u.  Nanje  Ram.ses'  II..  2:^7  A. 
S(>sku(?).  St..  mi  A. 
Sesonq  L  ^eg.  K.,  LilÜ  A.  m  tülL 
ML  a2L    —  II.  Ii2iL    —  III 

m  ii5L  —  IV.  a2iL 

^es'onq.  OberpricHter.  'Mit  A. 
ScHüOHis  48.  '287  A.  40^  A. 
Sesostris  101  A.  230  A.  2ÜI  A.  2^ 
51iL 

Set.  G.,  4L  52.  tiL 
III.  100  A.  212  fi".  2;i2  A.  2:is. 
24H  A.  m 


Setamon.  aeg.  Fürstin.  '21 7  \. 
Sethoa  3M. 

Seti  L  ÜL  iL  m  m   211  A. 
22Ü  A.  229  A.  23Ü.  2HL 
'iaiL  2iL  242.  2iML  2tLl  A.  Alh^ 
'Ml.    —  II.  1^ 

Setnecht.  aeg.  K.,  '2* i  1 . 

Sexi.  St.,  '281. 

Shotepabm'  II.,  aeg.  K. .  lüü  ,\. 

-  III.  IM  A. 
Sibaniba,  St..  844. 
Sibir.  bab.  K.,         818  A. 
Sibittiba'al,  K.  von  Byblos,  807. 
Sibyllen  254* 

Sichern.  St..  ILL  'ML  2äL  294. 

3Ü4*  a<j8*  -m  m  ML 

Sichon.  K.  von  Moab.  322*  325  A. 

aaü* 

Sicilien  IM*  2SIL  2aL  4üL 

Side,  St..  400. 

Sidene,  St..  487  A. 

Sidon  lim*  2ü(L  282  t^".  aüL  34L 

a5L  a&i  .m  402.  4öl  4ii5* 

Sidqä.  K.  von  .\8qalon,  l\S2.  884. 
Sidqijah.  jüd.  K..  4iiL  435* 
Siduri.  armen.  K..  8.88.  842. 
Sigeon.  St.,  487. 
Sikajauvati.  Burg.  5 1 1 . 
Silen  25L 

Silo,  St..  2iiL  2a5*  .m 

Siloah-Inschrift  im  A. 
Silsilis.  St.,  LL 
Simeon.  Stamm,  '28'.». 
SiniHon  2iüL  2115* 
Simtisitarchak.  bab.  K..  185. 
Simyra.  St.,  mh  22Ü.  35L  8tiL 

318*  8LL 
Sin.  Mondgott,  llilL  13L  145*  14iL 

180.  2Ü1L  8}-'..  äü2* 
Sinai  108.  'ii^iL  Süll*  .312*  32L  33L 

801. 

Sinaihalbinsel  180.  21L 

5üL 

Sinear  180,  ILi,  880. 

Singa^it,  bab.  K.,  184. 

Sin-idinnam.  bab.  K..  i:PS. 

Sin-nmballit,  bab.  K..  189. 

Sinoiie.  St.'  242.  253  A.  898,  40(1 

^  153*  4üL 

Sinuchta,  L.,  874. 

Sion  3Ü2*  4Li  414. 

Sippar.  St.,  180.  183.  18iJ.  141.  147. 

214*   215  A.  889  A.  805.  877. 

3m  4112*  41ilL  504* 


644 


Index. 


Siptah,  iw^r.  K.,  '2('>l. 

Ril.ylos  2^  m 

Siqluq.  St..  29m. 

Sirius  HfL 

Sinakan,  Ii.,  405 

Sisora.  kein.  K.,  29 1 . 

Siut.  Felsenfjrjiber  von  —  107. 

j^iziina.  St..  liliü  A. 

Sizu.  St..  :tH9. 

Skaiuan<k'r.  FI..  251. 

Skoloten.  V..  lÜlL  i2L  ML  iliii- 

Skythen        A.  2^iÜ  A.  424.  A. 

41ia  ft  \  4IIi  Iii.  l^iL  4üli 
Smyrna  2aL  Üüli  A.  ililL 
Sneforkara'.  uoj^.  K..  Uli  A. 
Snefrii,  ae^'.  K. .  IL  4^  fi4  A.  IL 

15.  la.  8L  öiL  4IÜ. 
So'an.  St.,  1  IQ  A.  IHit.  s.  Tanis, 
Soha,  St.,         s,  Süba. 
Sodoni  LÜL  LZÜ  A. 
Sogden,  Sopdiana  4:^t).  505. 
Sokar.  (J.,  5iL  92, 
Solöb,  Tempel  von  —  22Ih 
Soli,  St.,  24Ö  A.  mL 
Soloeis.  St.,  ML  40L 
Solon  A><K 

Solymer,  V.,  24<L  2.'»2. 

Sorna,  Pflanze  u.  Trank,  427.  4:n. 

mi  A. 

Somali  All  A. 

Sonnen«cheibe,  ^eflüj^elte,  201.  25."). 

Sor  190,  s.  Tyros. 

Soris  =  Snefini  Iii  .\. 

Sothi.**,  Stern,  H4i    Sothisbuch  'Mi 

Spada,  Funde  von  —  204. 

Spanien  IM.  2^0.  2SL 

Sparta  5Ü2. 

Sphinx  im  A.  ML    —  von  (Üze 

4iL  55. 
Stuan.  H^'kaosk..  112  A. 
Steinbock  als  Verzierung  20; 
Steincult  in  Syrien  2( >5  A. 
Stephinates.  aeg.  K..  :<90. 
Sterndienst .    babylonischer ,    2<  '9. 

—  parMinchor.  447  A. 
f^u,       55.  5«  A.  21.  Kl. 
Süa,  K.  von  (Jirzana.  :^H8. 
Suasenra',  aeg.  K..  101  A. 
Suba,  St..  28L  aOÖ.  :i07. 
Subari,  V.,  212. 
Subnat.  Fl..  211.  m 
Suchi.  L..  274,  ffi,  ^ül.  IM. 
Suchmi,  L.,  21S, 


Südarabien  1S5.  IHii.  1H>L  Ziß.  2^?. 

2HH.  1155.  m 

Südseniiten  LZ2  A. 
Sündfluthgeschichte  Ml  A. 
Suez,  Isthmus  von  —  8S.  469. 
Sutleten  2ß5.  IM 
Snghdha.  L..  lllfi  A. 
Sulci,  St..  III  A.  2m. 
Sulili,  ass.  K..  1S2.  212  A. 
Sumer.  Sunierier  \2SL  LiU  LÜL  UM. 
1115.  m  m  L311.  211  A.  212. 

m  at)5.  an.      122. 12H. 

Suna.  St..  2IÜ. 

Süra,  St..  21iL  :m. 

Surapu.  Fl.,  :Ui.5. 

Surri,  K.  von  Patin.  '.VMj  A. 

Sur(y)sin.  bab.  K..  im. 

susa  Liö.  m  m  153.  25ii.  m 

15iL  153.  m  m  5Ö1. 
Susiana  129  A.  mL  IßL  a9tL  122. 

m  18L  5ÜL  m  5iM.  515,  vgl. 

Klyraaeer. 
Sutech.  G.,  s.  Set. 
Suti.  V..  272. 

Sutruknaohundi,  K.  von  Elam.  .H7<i. 
aiili. 

Suzub.  bab.  K.,  385.  457. 
Syene.  St.,  IL 
Syennenis  von  Kilikien  485. 
synchronistiMche   Geschichte  A.s.sy- 
riens  und  Habvlonien.'*  141.  2IfiA. 

211.  m 

Syr.ikus  4ÜL 
Syrer.  Syrien  jtaexim. 
Syros,  Insel.  lii2  A. 
Syrten  2^^2. 


T. 

Taa  L^III..  aeg.  K.,    2Li  211. 
2>29  A 

Ta'an.  St..  ^20. 

Tabal.  V..  245,  213.  il3I.  iißL  aiÜ- 

ail.  ai5,  astL  15£L 
Tahiti.  G..  42H. 

Tabrimnion.  K.  von  I)ama*ikos.  :V25  A . 
tachis.  Tachsi.  L.,  IM  22(L 
TnfTiut,  G..  5H  A. 

Taharqa.  aeg.  K.,  il2ö  A.  ;i5il  A. 

3^2.  m  m  ÜäL  m 
Takelot  Li  aeg.  K. .  31^  A.  32£L 

—  11.  32Ö. 
Takhmaspäda  511. 


015 


Talmi.  K.  von  Gesör,  3ÜL 

Taina«8oa.  St..  191. 

Tamraarit.  K,  \on  Elani.  4r>H.  4'tH. 

Tammuz,  (J..  208.  257.  810. 

Taninft,  St.. 

'raniud,  V.,  :^7ö. 

Ta  nak.  St..  2M1L  21iL  3DiL 

Tanen,  (}., 

Tunis,  St.,  22.  HfL  HML  im  im 

LLL  m  'iüL  lüii  m  m 
aiiL  m  m  :ä  A. 

Tanis.  L..  2112. 
Tantalos  2i2fL  MÜL 
Tanüt<?)anion.  ae^.  K. ,  :VA± 
ML 

Taocher.  V.,  215. 
Tapurer.  V..  422. 
TarWis  St.. 

Tarsis,  L..  28 1.  2H:^.  28fi.  407. 
Tarsos  2ifi  Ä.  2^^  ällTL  m  4Qfi  A. 
Tart<»s8u.'<.  8.  Tarsis. 
T;i.sinit.  (t..  1^  aSL 
Taiirer.  V., 

Tauros.  Geb..  LZÜ.  2liL  211.  21iL 

212,  25^2.  aiiL  Iti^ 
Tehe«.  Festung.  2M. 
Teftiacht,  aeg.  K..  JM.  353.  m 

Tefnut.  G..  81. 

Teilen n.  V..  lÜ.  2li^  'ML  aiS  A. 

Teif^poM.  per».  K..  4<>r>.  51 1. 

Teil  Moqdaui  112  A. 

Teil  ei  Aniama  22L 

Teil  el-.Iahi'idije  210  A. 

Teil  Id  m 

Tello  m 

TelephoH  2ü!L 

Tenichu.  V..  13.  2fi2. 

Tena.  V..  2lil. 

Tentremu.  St..  3211 

Tentyra,  St..  ii5. 

Tenu.  Scheich  von  —  2iL  1 95. 

Tetedon.  St.  123. 

Terenra,  aeg.  K..  lül  A. 

Terru.  aeg.  K..  2Ü  A. 

Teta.  aeg.  K..  Ül  A.  II.  8fi  2(1 

Tettaui.  Festung.  21  A. 

Teunmian.  K.  von  Klam.  450.  458, 

Teuspa.  Kimnierier.  424.  45:^.  46:1 

Teuthranien  252.  2afi.  1Ö5.  lal. 

Thale«  iM.  iM  A. 

Thamanaeer,  V,,  132  A. 


ThapnakoR.  St..  IM  A.  123. 

Tharros,  St.,  28£L 

ThaHo.s  m  A.  123. 

Theben  58.  ÜÖ.  02.  HL  21.  22  A. 

213.  221.  240.  2üL  315.  31iL  32Ö. 

35L  353.  32Ö.  32L  322.  1412. 
Theben  in  Boeotien  123. 
thebische  Ebene  in  Teuthranien  488. 
Themiskyra  25i^  A. 
Thera.  Insel.  L23. 
Therniodon.  FI.,  215.  253  A.  32S. 
Thinis,  St..  18.  12. 
Thot  58.  8.  Dhuti. 
Thraitauna  447. 
Thrakien  25Ü.  152,  153.  18M. 
Thrasybulos  von  Milet  487. 
Thuspa  =  SutzKia 
Thyner.  V.,  152. 
Ti,  Grab  des  —  Ifi  A.  8Ü. 
Tianiat,  Drache  112. 
Tibarener  215.  212.  253  A.  iM. 

1Ü5. 

Tibni,  isr.  K..  322. 

Tiglatpileser  L  123.  138  A.  1B2. 

22Ü  A.  212.  2li5.  2ß8.  272—278. 

282.  333.  3ii2.  328.  lül  A.  103. 

-  II.  313.  352.  .'^<?^-H72.  m 

325.  32L  32S.  322.  3S0. 321.  32L 

1112. 
Tigri«  pa.s.sin». 
Tihiknm  185. 

Tii.  Gemahlin  des  Anienhot^p  III., 

225.  227. 
Tif-abnai.  St..  220.  332.  310. 
Til-asur.  St.,  333  A.  382. 
Tilbari.  St..  333. 
Tilbarsip.  St.,  330. 
Tilgarimnii,  St.,  :18(]. 
Til(?)le,  St..  311. 
Tipsach.  St..  350. 
Tir^a.  St..  322.  350. 
Tnt.  phoen.  G..  2il5. 
Tombos,  St..  215. 
'Tomyris  121  A. 
Torrheber.  V.,  252. 
ToHorthros.  aeg.  K.,  21. 
To'u,  K.  von  Hamat.  '.\0\. 
Tnunilen.  V..  210.  252.  105. 
Treren.  V..  152.  155. 
Tripoliw.  phoen.  St.,  281. 
Troas.  Troer,  251.  252.  254.  408. 

151.  182  A. 
Tsakhra.  1...  130  A. 
TSinvat.  Brücke,  115. 


Index. 


TsitmntrtkhiuH         hl£  VLL 
Tuba'al.  K.  von  Sidon.  Hs:'.. 
Tubal.  V.,  ^  4(50,  s.  Tabal. 
Tupultinineji  Lx  'dse.  K,,  2I2r  —  H. 

aiilL         313  A. 
Tum .  G. .  ^        ßa.  03. 

22iL 

Timep,  St..  ISU  A.  221L  2:iL  231l 
'l'unrci.  Tafel  aus  dem  Grabe  des  — 

3L 
Türa.  V.. 

Türän.  Turanier.  :iitL  123.  42  t. 

i2ü.  i3iL  ML  m  m 

Turra,  Steinlniicbe  von  —  lüu. 
Turusa,  V.,  2lüL  2li3, 
Turuspa.  »St.,  'MiL 
Tusrhan.  St..  3M. 
Tuspä.  St..  21L  312, 
Tutammu.  K,  von  Kinalia,  1167. 
Tut'anchamon.  aej^.  K.,  1118  A.  20;^ 

22iL  23£L 
Tylo8,  Insel,  m 

Tyros  lÄL  IML  2Üa-  23L  2ßll  2^1  ft". 
2im.  3ÜL  323.  331.  311.  3^  aiiL 
32a  312  A.  3rL  3H2.  383.  3ÜÜ. 
3lil.  I(i2.  llil.  lüZ  liäL 

tvrseniscbf  8eeriiul>er  2i)(). 

t/.anen.  V.,  21i, 


u. 

rälli,  Mannaeerk.. 
U'an.  L.,  IM. 
Uasas,  V..  2li3. 
Uassurnii,  K.  von  Tabal.  .'^7(1 
Uaua,  V.,  13.  lü.  'JIL  21a.  222. 
Uben-ra',  ae;,'.  K..  IQl  A. 
Cjük,  Ruinen  von  —  200  A.  2r>.'t. 
IJkinzir.  bab.  K.,  :\~  1 . 
Ukku,  L.,  381i.  3ili. 
üknü,  FI..  'Ml 
niusun,  Mannaeerk..  M-i. 
Umbagüa.  Klymaeer. 
l'mman'aldas.  K.  von  Klam.  4ötj.  4<'h;. 
Umman'igas .  K.  von  Klam .  45(). 
AM. 

rnmianminanu.  K.  von  Klam.  Hsr>. 
Umm  el-'Awamid.  Sculpturen  von  — 

liül  A. 
lln.  Nomos.  Hl  A. 
IJna,  Aegvjden.  ÜlA.  M»  A.  t>:{.  Qs. 

lÖ  A.  8ü  A.  SL 
Unas,  aeg.  K..  18,  liL  8iL  iül 


Unnut,  G.,  55. 
Unqi.  L..  3li2  A. 

Ur.  St.,  12S.  13Ü.  m  m  138..  UlL 
m.  118  A.  laL  1Ü2.  mL 

lJraeu88chlange  05.  lÜä.  2Ü1. 202. 2.V>. 

Urartu.  L.,  211.  218.  338.  312.  3011 
313.  311.  3iil.  lila. 

Urastu.  L.,  218. 

lirdanmni.  aeg.  K.,  32Ö  A.  382  A. 
Ur  ea,  bab.  K.,  112.  liiL 
Uria  3Ü3  A.  1S2. 

rrmiam»  33a.  338.  312.  311.  122. 
Urna,  armen.  K..  373.  M4. 
l'rtaki.  Elyniaeer.  4.5fi. 
Truk.  St.,  12H.  m  131.  13L  13>L 

UlL  IM.  AhiL  lüD.  122. 
l'rvä.  L.,  13li  A. 
ürzana,  K.,  374. 
IJsaaugen  hlh 

Usahorfiutent,  Inschrift  des  —  liö8A, 

lIsanatH,  St..  330  A. 

Uscrcheres,  aeg.  K.,  18. 

Userenra'.  aeg.  K.,  18.  13  A. 

IVerkaf.  a4,»g.  K.,  18. 

T'ser  .  .  .  ni'.  aeg.  K.,  10t >  A. 

l'sertesen       aeg.  K..  97.  WS. 
100.  101  A,    —  II.  Iii  A.  211 
101  A.    —  III.  iüL  IM.  lÜl  A. 
IQb.  223.  231  A.  21Ü.  mh 

l'sit,  G.,  IL 

llHkaf.  aeg.  K,.  til  .\.  18.  Iii  A. 

Unkara',  aeg.  K..  8»2i  9ü  A. 

Usü.  St..  3^  lÜÜ. 

Utier,  V..  131  A. 

Utika,  St..  28L  282.  283.  28iL 

Uvad.«teha,  L.,  122  A. 


V. 

Vahjazdäta  512. 

Vaikerta.  L..  A'M\  A. 

Vara  HL 

VaiTia,  L.,  4H<i  A. 

Varuna.  G.,  441. 

Veda  125,  42L  133.  13i.  113  A. 

Vebrks'ma.  L.,  4'M  A. 

Vendidäd  118.  13ü  A.  III, 

Venusstem  21i8  A.  —  Astarte  -'oi^ 

Verthmghna,  G.,  447. 

Yindafra  514. 

Vistaspa  Hü.  m  ML 

Viväna  513. 

Vivasvat  4'^. 


Vühuniano.  G,,  441. 
Vologewes  4ir>. 

Völkertafel,  jabwisti^che.   4il  A. 

LZl  A.  —  des  Priestercodex  III  A. 

—  des  Vendidad  iM  A. 
Vomiaes  Uli  A.  r>i:{. 
Vrtra.  Schlange,  mi  ML 

w. 

Wädi  Maghara  lü.  2iL  18.  IS.  SIL 
Wädi  Hammämät,  s.  Hammamät. 
Wiidi  el  "Asür  liüJ  A. 
Wan.  Wansee.  iMi  aß^I  a^iZL  im 

Warka,  St..  LM. 

Westland.  baljyloniscIieM,  ^^iJ^ 
A. 

X. 

Xanthüs,  der  Lyder,  2.^0.  t^^t;.  412. 
Xenophon'H  Cyropaedie  A. 

Xois.  St..  m 

Z. 

Zab.  Fl.,  141.  18L  247.  270.  ^7^f 

2iii  214.  2TL  m  aM.  m  .m 


Zaban.  St..  222.  H40, 
Zabibf',  Araberfürstin,  aÜL 
Zabu,  bab.  K.,  m 
Zagrosgebirge  12ü  lliL  litüL  A2iL 

^  hin. 
Zahi,  L.,  m 
Zakarja.  isr.  K..  ;{.')<i. 
Zamamasumiddin,  bab.  K.,  212. 

Zamua,  L.,  aaa.  im. 

Zamzumiter.  V.,  Ha  A. 
Zarathustra  IM.  ^  f.  43^.  4^2. 

441L  Mi 
Za^ijet  el-Meitin  HiL 
Zebid,  Coraniandant  von  Sicheni, 

294. 

Zebuion.  Stamm.  2SiL  2IiL 

Zela,  St.,  4t>:{. 

Zend  4LL  4IÜ  A. 

Zerach,  K.,  a2ü  A. 

ZOt.  aeg.  K..  8Ö2. 

Zeus  lüa.  2äli  2M.  2i2L 

Zikarsin,  bab.  K.,  1:^5.  IM  A. 

.  .  .  /.ik]iriskun.  ass.  K..  ts()  A. 

Zikirtu,  i...  :{74. 

Zimri,  isr.  K..  ^22. 

Zinn  2&L 

Zirlaba,  St..  IM. 

Zopyros  411. 

Zoroaster.  s.  Zaratluistra. 
Zoros.  Gründer  Karthago'«,  2X->. 
Zuziten,  V.,  LUL 


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23  Ja  '4fll  

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