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Full text of "Altpreussische Monatsschrift"

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Altpreussische 
Monatsschrift 


Verein  für  die 


Geschichte  von 
Ost-  und ... 


Sattarti  College  i^arg 

JOHN  AMORY  LOWELL, 

TMt  Amd  b  #se/no,      orHs  Ineone  thfMqoartan 
shkll  be  spcnt  for  books  anJ  one  quwtar 
be  added  to  the  prindpal. 


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Altpreussische  ^ 

Monatsschrift 

Der 

Kmn  Prettssisehra  Prom^äl-BI&tt« 

vierte  Fol^e. 

Heraasgegeben 

von 

Rudolf  Reicke  un>i  Ernst  Wiehert. 


Siebennu(lzw<inzi^.st«  r  lidiuL 
Uev  Prcussisclien  Pro nii/JuI -Blätter  LXXXXllI.  Band. 


Mit  Beiträgen 

TOIl 

E.  Arnoldt,  O.  Bttckherrn,  J.  Bolte,  H.  Bonk.  R.  Buchholz,  G.  Conrad, 
R.  Fischer.  H.  Prltchbiar,  R.  Frydryehowics»  A,  «lentttch«  A.  Jung, 
R.  Krumbholtz,  K.  Lohmeyer,  L.  Neubaur,  M.  Perlbach.  Redemechar, 
R.  Reick«.   «I.  Bembrzycki,  «f.  Szadoweki,  A.  Treichal  nnd  Ungenannteii, 

Mit  2  Pianskizzen. 


Vwlag  von  Perd.  Beyer'a  Baehhanainni;. 


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Alle  Rechte  bleiben  vorböhftlten. 

Herausgeber  uml  Mttarbeiter. 


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Inhalt 


T.  Abhandlnneren. 

O  Swaudten   und  der  DeuUcho  Orden  bis  zum  Friedeu  am  Meloo-See.  Von 
Dr.  Robert  Krumbliolts.  (FortBetsoog    Sohluft.)  1—84.  193—227. 
Piper  oder  CapeiciSi?   Hiatorisch^botanlsche  Lösimg.  Von  A.  Treicbel. 

85—96. 

G  Zur  Betirtheilnng  von  KanVa  Kri^  der  reinen  Vernunft  nnd  Kant's  Prole- 

ßotnena.  Anhang  No.  2— 3.   Von  Emil  Arno UU.  97—110.228—814 
.  Dz«i    K önigsberger  Zwischenspiele  auB  demVabre  16Ü.    Mitgeteilt  von 

Jo  Ii  armes  Bolte.  111—140. 
Die  M«rieiibur<{  unter  polnischer  HerrschAlt.  Von  Johannee  Sembrzycki. 

(Schluß.)  141-14«. 
Der  Ritterorden  von  Calatiuva  iu  Tymau  bei  Mewo.  Von  Dr.  phil.  Romuald 

Fr^'drychowic«.  81^320. 
Spimdiliche  Bemerktmgen  zu  den  Drei  König<iberger  Zwiachensineleii  von 

1644.    Von  Johannes  Sembrzycki.  321—325. 
.  Dieleetische  Räthsel .   Reime   und  M&rchen  ans  dem   Brmlande.  Von 

A.  Treichel.   326  m2. 
Spraclilicht;  Ueberhleibsel  aus  der  Frauzosenzeit.  Von  A. Treichel.  333—  335. 
OstprettfiiBcbe  Sagen.    Mit^t heilt  von  H.  Frischbier.  336—848. 
Zo  den   Königs^rger  Zwisehenepielen  von  1644.   Von  Johannes  Bolte. 

849—351. 

Gescltichte  der  Befestigungen  Königsbergs.    Von  G.  Beckherrn.  (Mit 

einer  Planskizze.)   3H5— 175. 
G^eor£  Qrefliager.   Eine  Naclilese  von  Dr.  L.  is'eubaur.   476— ÖOB. 
Die  Bei«e*  des  Vergerins  nach  Polen  1666—1657.  sein  Frenndeslmis  nnd 

seine  Königslierger  Flugschriften  nus  dipsor  Zclf.    Ein  Beitrag  zur 

poimscben  und  ostpreußischen  Keformatious-  und  Literaturgeschichte 

von  Johannes  Sembrzycki.  518->-664. 
ErW&rui)g«-'ii  und  Enioti'lati"nL'n  /u  don  drei  Kiinigsherger  Zwischwspielen 

aus  dem  Jahre  1U14.    Von  lieber  t  Buchhols.   ötiö— öi>8. 
Ortsnamen  in  Altprenften.  Von  Hngo  Bonk.  599—688. 
Naebtrag   zu  dem  Auf^at/c  ..Gf'S(  ]ii(  htt'  der  BefV-stigungen  Königsbergs**. 

Von  C.  BeckUorru.   ;Mit  einer  Planskizze.)  639— <j41. 
Hauiiwerks-AnspraebeD.  Vi»  A.  TrmoheL  6^—660. 

Die  RecefMe  nnd  andere  Akten  der  Hansetaire  von  1266—1480.  Leipzig 

1889.    Von  M.  P.    149  IW. 
-V«««iitonsaiM;  und  Schwerterkiang.*'    Lieder  aus  Deutscher  Vorzeit  von 

Fzsmc  Eixsch.   Leipzig  1889  180^153. 
XJr-Quell.  Monatsschi  ift  für  Volkskunde.  Heransgegehen  von  F.  S.  Kraasa 

in  Wien.   Von  J.  Sembrzycki.  153. 


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IV 


Inhalt. 


Aus  Tilsits  Yergnngenlu'it.  Tilsit  188S.  90  Von  K.  Lohmeyer.  154—155. 
Przyczvnek  ilo   /v(uorvsu  Marcina  Kwiatkowskiego  z  Rözyc  przez  Dra. 

^ygnmnta  Celichowskiego.    Krakau  1890.    Von  J.  Scmbrzycki. 

155-157. 

Bezzfn berger.  Prof.  Dr.  Adalbert,    Die   Kurische  Nehrung  und  ihre 

IjftuohiiCT.    Stultgitit  Villi  .Jentzscb.    157  — Kil. 

Paul  Nerrlich.  Jeau  Fnul.    Sein  Leben  und  seine  Werke.    Von  Dr.  Arth. 

Jung.  mQ-mo. 

Dr.  Jan  Ij\  st  11)11.  Kateohixm  Lcdesmy  w  przokladzic  wsolu>cInin-litinvskim. 

Von  Seinl>r/v<-ki.    :y;"-!U;i.  " 
Maurycy  Stankiiwi«  /  .  W  spiawie  groniadzenia  materyatow  do  dziej6w 

Pismu  niiict wa  Litf'\\>fkii:';;t>.     VDn  Scui  hr/.yckl.  jol^ 
Karl  Lohmever,    Horzi^K  Albrccht  von  Preußen.     Eine  biographische 

SkiyzP.    Vnn  Kisrl...r" 
Hanserecesse.  Dritte  AbMn.'ilnntf.  1J77  — lö:')0  boarbeitot  von  Dietrich  Schäfer. 

Bd.  IV.    Li'ipy.ig  18iK.).    Vun  M.  Perlbach.  ti61-(>e2. 
Hansofecessc.    Zweite  Abtheilnm;.    UM  — 1470  bearb.  von  Goswin  Frhr. 

von  der  Kopp.    VI.  Bd.    Leip/.i;;  IS'.K'.    Von  M.  F.    (J(J2-  Gün. 
Liv-,  Est-  und  CiirlHndiscIies  Urkuiideul'Urli.    B<1.  IX.    14H(i  — Ht'i.  Tt'i^n, 

Moskan.  Leipzig:  IHH!».    Von  M.  1'.    ICI  -Hi;.'). 
Kiiiil   Jviiaaki'.   Ma\        Srlunkcnilvn  t'.   lii-r  ^Il^ut^^'•lie  Kai-serlieruM.  Sein 

Leben  uml  seine  Bedc'Utnn-;.    Tilsit  189(>.    Von  Sr  Im.    (iGö-  iiOG. 
C.  Witt,  Geschichten  aus  der  Gi'Scbicbte.    Königsb.  IHIK».    Von  Fischer. 

<>^^-^^''^  ]  ~ 

Max  Hecht,  Worin  besteht  die  Haiiptgelahr  für  das  humanistische  Gym- 

nasiuni.  mul  wie  läl>t  pwh  fior.selttpn  wirksam  begegnen?  Gumhinnen 

Wilh.  Ule.   Die  Tiefenverhaltnisse  der  Masnrischen  Seen.     Berlin  1890. 

Von  .Tfinty.srh.    871  — (;7-2. 
G.  Lejeune-Diric hiet,  Paul  Güüfeldt  und  das  humanistische  Gymnasinni. 

k.HiiKHlMTg  181J0.    Von  E.  (>72. 
Alterthums-Gesellsrhaft  Prussia  1885».  18!K).    1(;2-169.  ^]S-mK 


III.  milhciluaffen  uud  .tnhausr. 

Der  Geburtstag  des  Herzogs  Albrecht  von  Pixnißen.  Von  Karl  Lohmever. 
170-172. 

Dio  Konstitution  des  ehemaligen  Köuigl.  Kommerz-Kollegs  Königs- 
berg (O.stpr.)  vom  17.  Angnst  1718.  Mitgeteilt  von  Georg  Conrad, 
GerichtÄ-Assessor.  172—178. 

l.Vkundenlund  und  Urkundliches  von  Job  an  nes  .S/.adnwski .  Propst  und 
Dekan  in  ■Könitysberg.  (j73--676. 

Dio  Kirche  zu  Gr.  llosinsKo,  —  eine  Berichtigung  von  J,  Sembrzvcki. 
076—677. 

Heber  die  Eigtuen  auf  dem  Bnrgkirchenplatzthor  in  Königsberg.  Mitge- 

th eilt  von  Georg  Conrad.    677— 678. 
Die  Kant-nil>lii)M;rMpbie  des  Jahres  1889  Zusammengestellt  von  Rudolf 

JU-irke.  (;7S^f;'>L 

i:uiv<T8it;tl.s-(:iu-onik  ISIXI.  178-  180.    ßsl.    r>04-'^<).'>.    li!>l -(,;)•>. 

Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg  1890.    180.  505. 

Altprpnüische  Hibliographio  18Ö97  18t.)- 192.   382-384.   50<j-512.  (i'>2— 70L 

Berii^hti';!!!!!^  /.u  Seitf  -224.  <t>i. 


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Altpreussisohe 

Monatsschrift 

neue  F*li^e. 

Der 

NwiMi  Ptraniiohm  F)roTlaiiftl-Bl&itir 


Heran  8g  ogeben 


Rudolf  Reicke  mm  Ernst  Wiebert. 


Der  MonatssGhria  XXVii.  Band.  Der  Provinzialbläiter  LXXXXilL  Band. 


Erstes  oud  zweites  Heft. 
Januar  —  März  1890. 


-^'ßKSDl^ber;  la  Pr. 
Verlag       Ford.  Beyer*»  Bnchhandlmig. 


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Inhalt. 

I.  Abh— aiwnreB«  Soit«. 

Samftitftn  mid  der  Deutsche  Orden  bis  zum  Friedftn  am  Melno- 

See.  Vou  Dr.  Robert  Kruinbliol  ta.  (ForUct/uuj^)  .  1—84 
Piper  oder  Uaiisicum?   HiBtori.sch  -  botanische  Lösung.  Von 

A.  Treicbel   85-06 

Zur  Beurtbeibing  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vernunft  und 

Kant's  Prolegomeiin.  Anliung  Xu.  2.  Vou  EmilArnoldt  97 — 110 
Drei  Königsberger  Zwischenspielo  tvus  dem  Jahre  Ifi-M.  Mit» 

geteilt  von  Johannes  Bolto  111  —  140 

Die  Marienbiug  unter  iiolnisclier  Herrscliat't.    Von  Johannes 

Scmbrzycki.    (Schluß  141  —  148 

II.  Kritilt<>ii  and  Rftf^rat«. 

Die  Recesj^  und  andere  Akten  der  Hansetage  von  1256—1480. 

Leipzig  1889.   Von  M.  P   149—160 

„Vagantensang  und  Sc  liwerterklang."    Lieder  aus  Deutscher 

Vor?.eit  von  Franz  Hirsch.    Leipzig  188l<   !')<) — 152 

Am  Ur-Quell.  Monatsschrift  für  Volkskunde.  Herausgegeben 

von  F.  S.  Krauss  in  Wien.    Von  J.  Sembrzycki  ....  163 

Aus  Tilsits  Vergangenheit.    Tilsit  1888.  90.   Von  K.  Lohmever  154—155 
Pr/vcy._ynok  do  z^'ciorysu  Marcina  Kwiatkow.skiego  z  Röiyc 

przez  Dra.  Zygnainta  Celit  howskiego.    Krakau  1890.  Von 

J.  Sembrzycki   155—167 

Bezxenberger,  Prof.  Dr.  Adalbert,  Die  Kurische  Nehning  und 

ihre  Bewohner.    Stuttgart  18R9.    Von  Jentzsch  ....  157—161 

Alterthums-Getiullschaft  Prusaia  ISS'J   102—169 

III.  WUthellnncen  nnd  .4nli«ng. 

Der  Geburtstag  des  Herzogs  Albrecht  von  PreuJlen.  Von 

Karl  Lohmeyer   170—172 

Die  Konstitution  des  ehemaligen  Königl.  Kommerz-Kollegs  zu 

Königslx'i'g   (ÜHtpr.)   Vom    17.   August   171S.  Mitgeteilt 

von  Georg  Conrad,  Gerichts-Assessor   172 — 178 

Univeraitat.s-n.ronik  ISOf)   173-180 

Lvfeum  Hosianum  in  Braunsberg  IH'.Xl   ISQ 

Altpreuiiische  BibUuKraphie          (Nachtrag j.    i88U    .    .    .    .  ISD— 192 


Alle  Rechte  bleiben  vorbehalten.  'WB 

Herausgeber  und  Mitarbeiter. 

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IVIAY  24  Ib'ii'i 


Samaiteii  und  der  Deutsche  Orden  bis  zum  Frieden 

am  Melno-See. 

Vou 

Dr.  Robert  Krambk^ltau 

(Fortsetzung.) 

Samaiten  unter  dem  Einfluss  Witolds  und  im  vorübergehenden  Beftitz 

des  Ordens.  1382-1409. 

£iiie  Reibe  von  Urkunden  Hegt  vor,  die  tms  für  Jagiellos 
Benehmen  nach  Kestuits  Tod  dem  Orden  gegenüber  Anbalt 

gewähren. 

Es  läßt  sieh  wohl  mit  Sicherheit  annehmeTi,   daß  Jagiello 
seine  ani^^'nlilirklii'lu'  T-atr«-  iiirlit  für  geeignet  hielt,  dem  Orden 
die  Erfüllimg  der  ihm  ^^ei nachten  Versprechungen  abzuschlagen; 
denn  aUe  die  Worte,  in  denen  er  versichert,  aus  Dankbarkeit 
gegen  den  Orden  zu  handeln,  klingen  in  dem  Munde  eines 
Mannes,   der  sobald  seine  Gesinnung  wieder  ändert,  nicht 
glaoblicb.    Worin  bestand  nun  die  angebliche  Erkenntlich- 
keit Jagiellos?    In  nichts  weniger  und  nichts  mehr  als  in 
der   Abtretung  des  Landes  zwischen   den  beiden  Ordeusge- 
bieten  und  der  Dnbisaa.*)    Jagiello  und  Skirgiello  verzichten 
für  sich  nud  ihre  durch  sie  vertretenen  Brü(ler  am  31.  Oktober 
1382  aut  alle  Aus})rüche,   welcher  Art  sie  auch  sciu  mochten, 
auf  jene  Ländereien.    Der  Orden  war  ulso  nunmehr  annähenid 
am  Ziel  seiner  Wünsche;  er  konnte  sich  Herr  des  größten  Teils 
von  Samaiten  nennen,  der  ilvui  ri1)ertragen  war  von  Personen, 
die  sich  als  Besitzer  desselben  betrachteten.    Etechtlioh  konnte 

1)  Bunge  m,  11B6:  „.  .  .  ■  "VVantlt  di  beweisnnge  der  werke  czeicliene 
pint  der  Übe,  des  han  wii-  aimpschrTi  frnntlirhe  beweisunc:«'.  rath.  hülfe, 
Bt  ofeit  .  .  .  di  die  erbern  geisilii  lieii  bruder  des  urdens  .  .  .  hirumb  »o  haben 
wir  ....  gegeben  den  vorgeiianten  erberu  .  .  .  brudcm  .  .  .  alle  di  lont 
und  jegenot  .  .  .  cswiachen  des  ordmis  landen  und  der  Dobyes  ....  and 
wir  voroMien  uns  oneh  ....  allirl^  ansprocbe,  aUir  heracbaft  etc." 

Altur.  MomtoMlurlft  Bd.  XXm  Ha  1 «.  &  1 


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2 


Samaiten  und  der  Dentaebe  Orden  et<e. 


er  also  bieranf  Ansprach  maolien,  sofern  Jagiello  und  seine 
Brttder  zn  einer  soldien  VerfitiguQg  Aber  jenes  Land  berechtigt 

waren,  was  mir  nicht  der  Fall  zn  sein  scheint.  Angenommen 

selbst  dio  Sainiiiren  hätten  sich  nach  Jeuem  imglueklicLeu  Zug 
gegem  Trnki  wieder  Jagiello  nnterwoiien,  so  lebrt  schon  ein  Blick 
auf  di«>  Art  des  seit,  alter  Zeit  liestehendeu  Verhält ni.ss.  s  /.svischen 
ihnen  und  dem  König  von  Littauen  vollkommen,  daÜ  Jagiello 
nimmermehr  von  ihnen  mit  solcher  Machtbefugnis  ausgerüstet  war, 
nnd  dafi  deshalh  die  ganze  Schenkung  nicht  zn  recht  bestehen 
konnte,  weil  Jagiello  etwas  vergab,  was  ihm  nicht  gehörte. 
Vermag  so  schon  formell  streng  genommen  der  Orden  sich  nur 
•  auf  ein  an  Wert  fragliches  Dokument  zu  stfitzeUi  so  kann  von 
einer*  wirklichen  TJeberweisung  des  Landes  seitens  Jagiellos  an 
den  Orden  nicht  die  Bede  sein.  Selbstverständlich  wußte  dies 
der  Orden  ebenso  wie  Jagiello,  und  gerade  der  Umstand,  daß 
die  Deutschen  mit  den  Waffen  erst  dt  ii  ihnen  verliehenen  Le.sitz- 
titel  realiniert  ii  mußt9n,  ma«?  Jagiello  leirhrer  i:^enei<rt  p<^'niaeht 
haben,  auf  diese  Bedingung  des  Ordens  einzugehen.  Er  mochte 
sich  sagen,  daß  während  der  Unterwerfung  des  Landes  durch 
denselben  sieh  <>ft  genug  Gelegenheit  finden  würde,  indirekt 
durch  heimliche  Unterstützung  der  Samaiten  die  Verwirklichung 
dieses  seines  Verzichtes  zu  verhindern;  denn  direkte  HUfe  gegen 
den  Orden  verbot  auf  die  Bauer  von  4  Jahren  auch  ein  am 
31.  Oktober  1882  abgeschlossener  Vertrag,  der  ihn  und  seine 
Unterthanen  außerdem  noch  zur  Annahme  des  Christentums 
innerhalb  derselben  Zeit  verpflichtete.  ^)  Wie  die  Samaiten 
jenseits  der  Duhissa  zu  dieser  Abtretung  sich  gestellt  haben, 
boriehtet  kein  direktes  Zi'Ugnis,  wohl  läßt  es  sich  aber  aus 
einem  Briete  JagieUos  au  den  Hochmeister  Konrad  Zöllner 
schließen.^) 

Aus  dem  Schluß  dieses  auf  den  6.  Januar  1383  zu  setzen- 

1)  Bitnge  III,  No.  1184  und  lim.  —  2)  V«*igt:  C.  .1.  Pr.  IV,  No.  14: 
..Nov«  rit  ei  iam  v<  strii.  fz;ratia  (Jagieilo  au  den  Hociimeialcn)  ...  de  Zemaytis, 
quod  ad  vos  vocare  imeiiditis,  .  .  .  rogamus  vestram  amiciciam,  ut  uuUo 
modo  OOS  ad  vos  invitetis,  ideo  qnia  ouiiies  Zemeyti  subdidenut  se  nobis. . .  ,** 


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Von  Dr.  B.  Rrambholte. 


8 


d«n  Aktoastäckea  erkeimfc  nun  deutlich,  daß  die  Samaiten 
keineswegs  för  den  Orden  inklinierten.  Aber  der  Wortlaut  jenes 
Briefes  besagte  noch  mehr,  er  enthielt  gleichzeitig  die  Auf- 
lV»rderuDg  Jagiellos  auf  (l«m  wirklichen  Besitz  Samaitens  zu  ver- 
zichten. Es  begreift  sich,  daß  der  Orden  diesem  höhnischen 
R:ith  Jagiellos  zu  fdlgau  nicht  bereit  war,^)  sondern  einen 
aiiJern  Weg  einschlug.  Sein  Werkzeug  wurde  Witold,  Kestuits 
Soli  Ii,  der  nach  der  Ermordung  seines  Vaters  ein  besitzloser 
Flüchtling  war.  Seine  Bereitwilligkeit  dem  Orden  gegen  Jagiello 
Dienste  an  erweisen,  erklftrt  sich  nm  so  eher,  als  ersterer  freiHoh 
vergeblich  sich  fflr  Witolds  Büokkehr  nach  Littauen  bei  Jagiello 
verwendet  hatte.')  Nichts  konnte  deshalb  Witold  angenblicklioh 
angenehmer  sein,  als  JagieHos  Tersnch,  sich  im  Gegensatz  mim 
Orden  in  Samaiten  festzusetzen,  entgegen  zu  treten.  Ich  nelmio 
deshalb  <hii3  bald  nach  dem  6.  Juiuiar  1383  —  von  diesem 
Tage  datiert  Jii!j:ie]los  Wei<^eruug  aich  mit  Wituhi  auszusöhnen 
—  Witolds  Wirksamkeit  zu  Gunsten  des  Ordens  in  Samaiten. 
beginnt.  Der  Versuch,  durch  Gesandte  auf  die  Bewohner  dieses 
Landes  zu  wirken,  scheitert,  dagegen  verbinden  sie  sich  mit 
ihm,  sobald  er  selbet  erscheint.')  Wigand  spricht  nicht  davon, 
daB  Witold  bei  diesem  seinem  ersten  Auftreten  in  Samaiten 
f&r  den  Orden  sich  bemüht.  Dennoch  glaube  ich  annehmen  au 
dOrfen,  dafi  er  bald  damit  an&ngt,  daß  er  nicht  sofort  mit  dieser 
Absicht  hervortrat  in  einem  Lande,  das  sich  vor  nicht  langer 
Zeit  Jagiello  angeM<  blossen  hatte,  ist  begreit  lieh.  Wenn  dann 
aber  noch  im  Jahre  1383  der  Hoohmoistcr  aus  Samaiten  ein 
HiJfskorps  erhält,*)  so  kann  ich  diesen  gewaltigen  Umschwung 
der  Stimmung  keinem  andern  zuschreiben  als  Witold.  Als  Sohn 
Kestuits,  gestütat  auf  die  imponierende  Macht  .seiner  Persönlich- 
keit, wird  ihm  vielleicht  seine  Aufgabe  noch  erleichtert  worden 


1)  Bunge  III,  1189.  -  2)  Voigt:  C.  d.  Pr.  IV.  No.  M.  -  8)  Wigand 

13^1  b:  "W^'tant  misit  ad  Samaitas  flicens,  quomodo  fuissct  in  Prnszia  pro 
atixilio,  iiec  volebant  crederc.  Post  her  solus  comparuit  et  imivit  nee  um 
fcisi,  ut  ei  auxüiarentur.  —  4j  Wiguiul  IHöa. 

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4 


Samaiten  und  der  Deataehe  Orden  etc. 


sein  durch  das  Henrorheben  von  all  den  liebeln,  die  Samaiten 
mit  Jagiellos  Einwilligung  erlitten.  Genug,  nachdem  am 
30.  Juli  1383  der  Hochmeister  Jagiello  aus  verschiedenen  Gründen, 
von  denen  die  samaitisohe  Frage  der  schwerwiegendste  gewesen 

sein  wird,^)  den  Krio|>;  »  rklärt  hat,  empfangen  im  September 
des  Jahres  Saniaitou  aus  don  Händen  des  Hochmeisters  AVaften, 
Pterd<^  und  Jvlei'lung  und  zii  ln'n,  wohl  unter  Witolds  Leitung, 
mit  einem  Ordensheere  gegen  die  Littauer  vor  Troki.*)  *Ja  sie 
gehen  noch  weiter:  Als  nach  Trokis  P^innahme')  diese  Stadt 
Witold  ubergeben  war,  schlössen  die  Samaiten  nach  Stellung 
von  Geiseln  mit  dem  Orden  Frieden.  Da  ein  friedliches  Ver- 
hftltnis  für  einen  gemeinschaftlichen  Kriegszug  notwendige  Vor- 
aussetzung istf  so  kann  wohl  durch  Uebergabe  von  Geiseln 
nichts  anderes  ausgedrückt  sein,  als  daB  ein  dauerndes  Yer^ 
hältnis  zwischen  Orden  und  Samaiten  eintreten  soll,  dem  wegen 
der  Geiseln  ein  gewisser  Beigoj^t  hniack  der  Abhängigkeit  der 
Samuiten  nicht  fehlt;  jedenfalls  liegt  völlige  (Trleichberechtignng 
fern.  Sucht  man  nach  einer  Erklärung  l'ur  diese  ungewrduilicho 
Erscheinung  in  d.  r  Samaitisoheu  Geschichte,  so  kann  nur  wieder 
auf  Witolds  EintiuU  hingewiesen  werdf  n  Witolds  und  des 
Ordens  Interessen  sind  momentan  identisch,  also  ist  er  für  Stellung 
der  Geiseln  an  den  Orden  eingetreten.  Ferner  mag  die  Furcht 
vor  Jagiellos  Bache  dazu  getrieben  haben,  den  Orden  sich  zum 


1)  Bunge  III,  1189:  Der  Hochmeister  in  seiner  Kriegserklärung  an 
Jagiello:  „Oach  so  weista  wol,  das  wi  brife  inoe  habin,  ....  das  das  lant 

zcu  Sameyten  snlde  unsir  sin  bis  uf  die  Dobies.  Des  undir  windesiu  dich 
und  schribesi  nns  in  dinen  brifen.  se  haben  eich  dir  dirgoben  ....  und 

wir  sulden  ir  nns  in  keiner  \vei.«f  r.nx  sein.** 

2^  Wigand   ÜMa:  .  .  .  Magister  ....  convocuvit  copiam  fsüsrepit'iue 

Siimsiitat»  in  succursum  douuus  eis  arma,  equos  et  vestes,  magister 

cum  aais  in  nna,  Wytant  in  alia  part9  ....  veneront  prope  Traoken. 

3)  Positge  zu  1383  in  Scr.  III,  127:  homeister  ....  caog  mit 
macht  vor  Trockin,  gewaii  das  hus,  ^ab  is  Wjtowt  yn  und  vil  Littowin 
worffen  sich  an  yn  und  'li'c  ^'.imaj'tlien  gomcynHrh  ....  des  vorbandin 
sicli  ....  die  Sainaythen  mit  dorn  ordin  und  p;r)hin  onc  i:;vsel.  —  Aiin.'tl. 
Thor,  zu  l'disi  in  Scr.  III,  127:  „^Sainaytae;  posilis  obsidibus  pacem  habue- 
runt.  •  . 


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Von  Dt.  B.  KrtunbbolU. 


6 


Beistand  n\  verjiflii-liteu.  —  War  audi  wx-h  nicht-  die  Zn2;elirpriij;- 
k-^it  Siimaiteus  zum  Ordensgebiet,  dadurch  ausgesproch-'U,  so  war 
doch  immerhin  ein  wichtiger  Anfang  dafür  gemacht.  Witokls 
£iiiflafi  za  Gunsten  des  Ordens  hatte  sirli  bewährt;  kein  Wunder, 
wenn  man  ihm,  vielleicht  um  ihn  der  Versuchung  zum  Ahfall 
in  dem  exponierten  Troki  weniger  an^esetst  zu  sehen,  einen 
aaeh  duichans  wichtigen  Posten  anwies,  von  dem  er  gleichzeitig 
•einen  Einfluß  in  Samaiten  fiär  den  Orden  verwenden  konnte. 
Die  Festung  Marienbiirg^)  wurde  ihm  Herbst  1383  übergeben.^) 
Man  sah  sich  in  seiner  Berechnung  nicht  getäuscht.  Sowohl 
Wigand wie  unsere  anderen  Quellen  *)  berichten,  wie  die 
Samaiten  sich  Witold  angeschlossen  hätten  und  gegen  Tiittauon 
feiüdlich  auttraten.  So  war  es  ein  Schritt  von  höchster  Be- 
deutung auch  tür  das  Verhältnis  Samaitens  zum  Orden,  als  am 
21.  Oktober  1383  zu  Tapiau  Witold  die  Taufe  empfing;^)  schien 
doch  dadurch  sein  Geschick  mit  dem  Orden  auf  das  engste  ver- 
banden  und  gleichzeitig  Samaiten  vorläufig  wenigstens  durch 
eine  Art  von  Interessengemeinschaft  an  den  Orden  geknüpft. 
Ferner  mußte  nach  dem  üebertritt  Witolds  zum  Christentum 
Hüter  Berücksichtigung  seines  Einflusses  in  Samaiten  ein 
ihnlicher  Schritt  bei  den  Einwohnern  dieses  Landes  als  in 
größere  Nahe  gerückt  nicht  ohne  Omnd  augesehen  werden 
können.  —  Immer  inniger  wurden  die  Bezieliungen  des  Ordens 
zu  Witold.  Arn  1.  Januar  1384'';  versprach  der  Hoflinieistcr 
Konrad  Zöllner  ofüziell  Witold  bei  der  AViedereinuahnic  seines 
Erbteils  zu  helfen,  und  am  30.  Januar  1384  erklärte  sich 
Witold  für  sein  väterliclies  Krbiand  zum  Lehnsmann  des  Ordens 
mit  dem  Znsatz,  daß  bei  seinem  eventuellen  Tode  ohne  Erben 
alle  jene  Besitzungen  dem  Orden  zufallen  sollten.   Dieser  £r- 


1)  Marieuburg  a.  Memel,  etvvaa  unterhalb  der  Dubissa-Mündung.  cf. 
Scr.  S.  128.  Aam.  1.  —  3)  Annal.  Thor,  «md  Posilge  zu  1383  in  8cr.  III, 
ISBl  —  S)  Wigand  187  a.  —  4)  Annal.  Thor,  und  Posilge  so  1883  in  Ser.  III» 

128.  -  5)  Annal.  Thor,  m  l  D.-tmar  zn  138:3  in  Scr.  III,  127.  -  G)  Codex 
epi<!toLins  Witoldi  No.  12.  üegeat.  (Ck}deaL  epistol.  Witoldi  citiert  mit  C.  e. 
^V.  aad  Hegest,  mit  K.) 


6 


Samaiten  und  der  Deutsche  Ürdeu  etc. 


klärung  ließ  er  dann  die  Abtretung  Samaitens  von  der  Ein- 
müuduug  der  Nawese  in  die  Memel  aufwärts  bis  nach  Livland 
zu  folgen.*)  —  Die  Frage,  wie  die  Sieliuug  der  iSamaiton  bei 
der  ersten  Abtretung  bis  zur  Dubissa  seitens  Jagielloa  war,  ist 
bereits  dahin  entschieden  worden,  daß  durchaus  nicht  mit  ihrer 
Einwüligang  sich  dieselbe  vollzog.  Witold  greift  deshalb  viel« 
leioht  nicht  atif  sie  zurück,  sondern  er  überweist  nochmals  alle 
Samaiten  an  den  Orden.  Von  einer  Antorisienmg  Witolds 
hierza  durch  die  Samaiten  findet  sich  nichts;  ja  ein  Ansprach 
desselben  auf  ihr  liand  kann  sich  doch  nur  darauf  stützen»  daB 
er  Kestuit»  Sohn  ist.  Gewiß  wird  also  auch  er  nicht  zu  der 
Schenkung  in  gauzeui  Uintaii^  berechiigt  sciu.  Dcuuoch  liegt 
die  Sache  für  den  Orden,  wenn  avii  h  ni<-ht  in  rechtlicher  so  doch 
in  iaktisclier  Beziolmiig  anders.  Witold  hatte  offenbar  in 
Samaiten  einen  großen  Anhang,  ihm  ist  es  schon  gelungen,  sie 
zu  einem  Frieden  unter  Stellung  von  Geiseln  zu  bringen ;  wanun 
sollte  er  nicht  ihren  völligen  Anschluß  erreichon?  Denn  man 
darf  nie  aus  den  Augen  verlieren,  da£  Witold  augenblicklich 
mit  dem  Orden  stieg  und  fiel.  —  So  durfte  jetzt  vielleicht  zum 
ersten  Mal  der  Orden  hoffen,  dies  schon  so  häufig  ihm  über- 
wiesene Land  auch  ohne  Aufwendung  großer  Streitkräfte  wirklich 
in  Besitz  zu  bekommen.  Witolds  Wirksamkeit  in  den  ersten 
Monaten  des  Jahres  1884  schien  geeignet,  diese  Aussicht  noch 
mehr  zu  fördern.  Abgesehen  davon,  daß  er  im  FniMiug  eine 
Expedition  des  Ordens  nach  Littaueu  unt.  rstiirzTe,-)  und  im  Mai 
an  dem  Bau  einer  neuen  Bnr^,  Marienwerder, ^)  teilnahm,^) 
erklärte  er  sich  nochmals  am  l-i.  Juni  zum  Lehnsmann  des 
Ordens,  gestand  ihm  das  Heimfallsrecht  über  sein  väterliches 
Erbe  zu,  in  dessen  Besitz  ihn  zu  bringen  sich  der  Hochmeister 


1)  C.  e.  W.  Ko.  18.  ...  .  Wir  hftbea  ouch  die  andern  gteniczen  mit 
dem  Orden  gericht,  als  die  Xawi  se  in  <lte  Memel  feilet  ...  bis  do  sie  ent- 

Bprintrot  vort  von dannen  bi^  ken  Lii  lan  it,  Tmd  ;»l!e  SameytcD  sollen 

dos  onlens  sin.  ...  —  2)  Wi^aii'l  —  3)  Marienwt'rdcr  Heut  an  dor 

MütiduDg  der  Wilia,  Kowiio  gegenüber,  ct.  Poailge  zu         in  Scr.  III,  129. 
4)  Wigand  137b. 


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Von  Dr.  B,  Krumbholt«.  7 

verpfliehtete.')  Mit  Recht  mochte  sich  der  Orden  von  dieser 
Manifestation  der  Einigkeit  xwisclion  Witold  und  ihm  einen 
moralischen  Einfluß  auf  Samaiten  zu  seinen  Gunsten  versprechen, 
als  plötzlich  ein  ^oßt^r  üm*ichwun<:^  kam. 

Lohraeyer^)  weist  mit  vollem  Kecht  darauf  hin,  daß  Witold 
unmöglich  sich  durch  diese  Ahhängigkeit  vom  Orden  befriedigt 
f&hien  konnte,  und  auf  das  Angebot  Jagiellos,  gegen  Zurückgabe 
seinea  yftterlicben  Erbteils  mit  Wolynien  und  Luzk'O  sich  ibm 
aiunisohließen,  gern  eingehen  mußte.  Auf  Witolds  Freundschaft 
zam  Orden  basierte  die  Haltung  Samaitens  den  Deutschen  gegen- 
über. So  konnte  es  nicht  ausbleiben,  dafi  mit  Witolds  Abfall 
auch  die  Krran gen sch aften  den  Samaiten  gegenüber  ins  Schwanken 
L'orieten;  sie  mußten  es  um  so  mehr,  als  Witold  darauf  bedacht 
war,  auch  strategisch  den  Orden  auf  das  Schwerste  zu  selia  lirron. 
Es  ist  für  unsere  Darstellnng  gleiehgiltis;^,  wie  es  ihm  gelang, 
anlier  Marieuburg.  das  ihm  anvertraut  war,  nach  dem  9.  Juli  1384 
auch  Georgenhurg  und  Marienwerder  zu  'vemichteni^)  genug, 
daß  dur(  Ii  das  Ersth'  in<»n  dor  Samaiten  vor  Georgenburg*}  als 
Witolds  Verbflndete  der  Umschlag  der  Stimmung  in  ihrem  Lande 
klar  bewiesen  ist.  —  Für  die  nächsten  Jahre  fehlt  jeder  Anhalt 
ffüT  die  Geschichte  Samaitens;  wir  werden  aber  schwerlich  irren, 
wenn  wir  annehmen,  daß  nach  Witolds  Tiebertritt  zu  Jagiello 
die  Samaiten  sich  wieder  dem  losen  Abhüii^i^^^keitsrerhftltnis 
zu  Littauen  werden  unterzogen  haben.  Zur  Aktion  gegen  sie 
ging  der  Orden  erst  wieder  über,  als  nach  dem  26.  Mai  1387 
mit  dem  Wiederaufbau  von  Georgöuburg  beo;oniien  wurde. 

Inzwischen  hatte  sich  in  Littauen  eine  wichtige  Aenderung 
vollzogen.  Jagiello  war  unter  Annahme  des  Kamens  Wladislaus 
durch  seine  Vermählung  mit  Hedwig  nach  Uebertritt  zum 
Christentum   Herrscher  von  Polen  geworden  und  in  Krakau 


1)  Voigt  C.  d.  Pr.  IV,  Ko.  9a  —  S)  Lohmeyer  S.  fi69.  —  8)  fionndl: 

Chronographie  S.  169.  —  4)  Wip;\ii<l  IHR- 139;  Anual.  Tor.  \uv\  P.  silg«  sa 
1381  in  Sri.  III,  130-135.  ^  r,  Portil-e  zu  imi  in  Scr.  III,  131:  Dornndi 
ki>rrzli<.'liiii  tote  sich  Wvtowt  umine  mit  denp  Samaithen.  nnd  czogin  vor 
Jorgen  bürg. ...  —  6)  Annalista  Thorunensia  und  Posilge  zu  lö^l  in  Scr.  III,  149. 


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8 


Sanuiten  und  der  Itoatsche  Orden  etc. 


am  4.  Hftrz  1386  zum  König  gekrönt  worden,  üeber  Littaneii- 
selbst  behielt  er  sich  den  Titel  „oberster  Ftirst*^  vor,  während 
die  Würde  eines  GroBfÜrsten  von  Littauen  Skirgiello  erhielt, 
nicht  Witold,  dem  sie  versproclien  war.*)  Auf  Skirgiello  also 
wird  auch  die  von  Jagiollo  beanspruchte  Oberhoheit  über  Saraaiten 
übergegangen  sein;  denn  er  ist  es,  der  am  9.  Juli  1387  mit  dem 
Meister  von  Livland,  Kobin  v.  Eitz,  für  seine  und  Jagiellos 
Länder  einen  Waffenstillstand  bis  Weihnachten  1388  abschließt^), 
jedoch  einen  Teil  Samaitens'')  davon  ausnimmt.  Daß  etwa  dieser 
Besdrk  Samaitens  dem  livläudischen  Meister  gehört,  ist  des* 
wegen  nicht  möglich,  weil  faktisch  der  Orden  in  Samaiten 
keinen  Besitz  hatte,  bei  seinem  nominellen  Besitztitel  anf  das 
Land  sich  am  allerwenigsten  das  Odinm  wird  zugezogen  haben, 
einen  Teil  den  Segnungen  des  Waffenstillstandes  zu  entziehen. 
Möglich  und  sogar  wahrscheinlich  ist,  daß  Skirgiello  nur  auf 
Wunsch  des  Ordens  einen  oder  laelirere  B<  xiike  ausgenommen 
hat.  weil  dieser  ein  Kt'biet  für  seine  Heide ulkkrten  haben  zu 
müssen  glaubte.  Dcrsellie  (Irnml  wird  auch  die  A'^eranlasRUUg 
gewesen  sein,  wenn  am  30.  .Januar  l."i88  ein  Stück  Samaitens 
wieder  nicht  in  den  Waffenstillstand  hineingezogen  wird,*) 
welcher  für  die  Zeit  vom  23.  Februar  bis  10.  ^fai  des  Jahres 
zwischen  Abgesandten  des  ganzen  Ordens  imd  Jagiellos  zur 
Vereinbarung  eines  dauernden  Friedens  geschlossen  wurde.  In- 
dessen das  ganze  Jahr  1888  verlief,  ohne  daß  der  Orden  Samaiten 
seine  Waffen  hAtte  fühlen  lassen;  um  so  kräftiger  ging  er  1389 
vor.  Eine  Abteilung  aus  Livland  machte  mit  Erfolg  es  sich 
zur  Aufgabe,    die    Samaiten   benachbarte    Gegend  zwischen 


1)  Lohmeyer  S.  27a  -  2)  Bunge  III,  1245.  —  8)  Voigt:  C.  d.  Pr.  lY, 
No.  47:  „.  .  .  .  ezcepta  terra  Samaytie,  inq  ^aittuin  ülnstris  princeps  Sldxgolo 
.  .  .  ad  trengas  pacis  cum  dommiB  de  Lyvonta  factae  et  oxdiiiataB  non 

indoeit 

4)  Voigt:  C.  (1.  Pr.  IV,  No.  47:  „excepta  terra  Samaytie.  inf]nanfiim 
.  .  .  .  Skirgolo  a  ...  ad  treugas  pacis  cum  domiuls  do  Lj'vonia  ,  .  .  uou 
mclusit  et  inqtiantQin  dicta  terra  Samaytie  in  treugas  praedictas  aon  eit 
ioclnsa  neo  ad  praeventee  treu  gas  pacie  indudatur. 


■ —  t 


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Von  Dr.  Ii,  Krumblioltz.  9 

Nawese  und  Swintoppe^)  zu  Terwüsten,*)  während  der  prenßisdie 

Zug  ^uAi  iiaili  Kalth.  nenen')  wandte.*)  Verliefen  diese  beiden 
CnteniuLiiiim^2;en  glüf^klioh,  so  trat  das  Gegenteil  ein  bei  einer 
Expedition,  die  Ende  Februar  t.H89  ii;<'i2;oii  ^rirdniki ')  fremacht 
wurde. ")  Die  Samaiten  waren  von  der  drohenden  Geüilir 
otieatiert  worden.  Sie  sammelten  sieh,  und  führten  mit  Einsicht 
ihren  Plan  durch:  Ohne  Widerstand  zu  finden,  gelangten  die 
Bitter  in  das  Land;  erst  auf  dem  Bückenge^  als  hoher  Schnee 
die  Schnelligkeit  der  Ordensabteilung  hinderte,  als  ein  nicht 
sogefrorener  Snmpf  den  'Weitermaraoh  hemmte,  da  stürzten  die 
Samaiten  auf  ihre  Feinde  los  und  nahmen  den  Comtur  von 
Hemel,  den  Führer  der  Ordensschar,  gefangen.  Hit  Airchtbarer 
Grausamkeit,  welche  dem  Orden  auf  das  Deutlichste  vor  Augen 
führt«,  wie  groß  die  Erbitterung  gegen  ihn  wieder  sei,  wurde 
er  den  Ootteni  zu  Rhren  samt  seinem  Pferde  vtu bräunt.  — 
Wie  sehr  hatten  sich  seit  Witolds  Uebertritt  zu  .Tagiello  des 
Ordens  Aussichten  auf  Samaiten  geändert!  Mit  froher  Hotthung 
mochte  er  deshalb  es  begiüßen,  als  zwischen  Jagiello,  Witold 
mid  Skirgiello  Uneinigkeit  ausbrach,  weil  Jagiello  sich  weigerte, 
Witold  seine  Besitzungen  schriftlich  zu  garantieren.^)  Jedoch 
die  hierauf  und  auf  den  bald  sich  anscblieBenden  Versuch 
Wi^lds,  sich  gegen  Skirgiello  aufzulehnen,  '')  etwa  gesetzten 
Erwartungen  erwiesen  sich  als  veriHlht.  Am  39.  Mai  1389  ver- 
söhnte sich  Witold  wieder  mit  Skirgiello  und  versprach  ihm 
and  Wliidislaus  Hilfe  gegen  alle  Feinde.^)  Diese  Aussöhnung 
üiuijte  der  Orden  um  so  molir  bedauern,  al?^  in  drn  Verhandlungen 
zu  Neidenburg  im  Juni  des  .fahres  iQK)  \  on  den  Vertretern 
des  König  Wladislaus,  der  wohl  als  „oberster  Fürst"  von 
Idttttuen  definitive  Entscheidungen  über  Samaiten  sich  vorbe- 


1)  Swiatoppe  ist  die  heutige  Swieta  oder  Swenta,  eio  Nebetiflnß  der 
Willia.  cf.  Scr.  m,  166  Aua.  3.  ^  2)  Poailge  an  1888  in  Scr.  III,  166.  — 

3)  K  ''Ijuenen  ist  das  schon  bckariutc  Koltiuiany  an  der  Okmiaiia.  — 
11  Wjgaini  146b  und  ItSb,  Posilge  iu  Scr  III,  157.  —  5)  Miedniki  i^^t  das 
schon  bekannte  Medingiany.  —  6^  Wigand  147;  Posilge  zu  l3Hf)  in  Scr.  III, 
157.  —  7)  Caro  III,  'J6.  -  8)  (Jaro  III,  'J6.  -  9)  Cwü  Jü,  U4-95. 


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10 


flftmaiten  and  dor  Dentoohe  Orden  ete. 


lialten  liattö,  auf  die  Fordening  Samaiten  dem  Orden  zu  Über* 
lassen,  als  dessen  rechtmäßigen  Besitzer  er  sich  legitiirioren 
könne,  eine  durchaus  ablehnende  Antwort  erteilt  wurde.^)  Der 
Orden  sah  also  jede  Möglichkeit,  seinen  Anspruch  anf  Samaiten 
zu  realisieren,  verschwinden.  Aber  schneller  als  er  nach  jenem 
Vertrag  vom  29.  Mai  hAtte  erwarten  können,  trat  eine  Schwankung 
Witolds  ein.  Bereits  Ende  1389,  wie  Bonnell")  annimmt,  sicher 
Anfang  1390*)  trat  Witold  mit  dem  Orden  in  Unterhandlungen, 
deren  Resultat  war,  «laß  eisiterer  alle  früher  dem  Orden  ge- 
gebt-ii»-n  ZnsicherungtMi  ^\  ieder  als  giltig  erklärt.*)  Offf^nbar 
wird  der  Orden  auch  besonders  die  Abtretung  Samaitens  vom 
.30.  Januar  13S4'')  darunter  verstanden  haben.  Indessen  wichtiger 
wohl  noch  als  dies  Versprechen  wird  dem  Orden  der  Einfluß 
Witolds  in  Samaiten  gewesen  sein,  der  schon  einmal  so  günstig 
fOr  die  Deutschen  gewirkt.  Als  Gegenleistung  hierfiEbr  unter- 
nimmt der  Orden,  um  Witold  su  dem  einst  von  seinem  Vater 
Kestuit,  jetzt  von  Skirgiello  inne  gehabten  Gebiet  zu.  verhelfen, 
einen  Zug  bis  nach  Kernow,*)  dessen  Aufgabe  seitens  der 
Littauer  erreicht  wird."')  Im  Uehrigen  sah  Witold  seine  Hoff- 
nungen gt'tiiu^cLt,  ja  er  verlor  nllo  seine  Besitzuii<;en  ein- 
schließlich Grodno,")  so  daß  er  seine  ganze  Zukunft  in  der  Hand 
des  Ordens  und  der  Samaiten  liegen  sah,  auf  deren  Anhänglich- 
keit er  ja  mit  Sicherheit  rechnen  konnte.  Es  begreift  sich,  daß 
unter  solchen  Verhältnissen  Witold  an  der  Vereinigung  dieser 
beiden  Faktoren  alles  liegen  mufite,  daß  ihm  Wladislaus  und 

1)  Voigt:  0.  d.  Pr.  IV,  No.  66.  Atisprüclie  des  Orfkns  auf  (Jnunl  von 

Privileirifn:  Mimlnw  .  .  .  hat  df»m  nnlen  gegeben  ....  Samavtcji  Lranii  

Autwort  der  Gesandten  Wladislaus':  Nu  seo  wir  wol.  das  ir  i>t«et  noch  dem 
lande  csn  littowao  und  das  ir  mit-nnaerm  herm  ....  kriget  umb  dy  land 
CSU  litthowen  .... 

S)  Bonnell:  Chronographie  S.  i76.  —  3)  Wigand  149;  Annal.  Thor, 
und  Posilge  zu  1390  in  Scr.  III,  162.  —  4)  Codex  epist.  Witoldi  No.  63: 
Witold  vprfjprirlif  v<'ii  don  .,brifon,  di  in  d^s  prwirdiir'n  herm  homeisters 
gewaldiu  sint,  die  welle  wir  gautz,  veste  uiul  strtc  lialden,"  —  5^  0.  e.  W. 
No.  13.  —  6)  Kemowo  ist  Kieruowo  an  der  Wiliu.  et'.  Scr.  III,  1G2  Annx.  2. 
—  7)  Posilge  SU  1890  in  Scr.  III,  162.  —  8)  Wigand  149;  Annal.  Thor,  und 
PoBÜge  zu  1890  in  Scr.  m,  163  und  168. 


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Von  Dr.  B.  Kmmbholtas. 


11 


Skii-f^iello  gegt'iiüber  nichts  uiiangoTiplimpr  s(sii  konnte,  als  wenn 
Orden  und  Samaiten  noch  ferner  m  J?'eiud8chatt  blieben.  Und 
so  mag  der  Orden  vielleicht  gerade  durch  die  erwähnte  un- 
glückliche Parteinahme  für  Witold  einen  Druck  auf  diesen  ans- 
geübt  haben,  seinen  ganzen  Einfluß  in  Samaiton  an&ubieten| 
dies  Land  zum  Anschluß  an  den  Orden  zu  veranlassen.  So  ging 
Witoldfl  und  des  Ordens  Interesse  auf  dasselbe  hinaus,  und,  wie 
wir  sehen  werden,  erreichten  beide  Teile  das  angestrebte  Ziel. 
Witold  konnte  sich  in  seinem  Kampf  gegen  Littauen  und  Polen 
auf  die  Samaiten  und  den  Orden  stützen,  der  Orden  sali  den 
frei\villig»>n  Anschluß  einer  groüen  Zahl  samaitisr-her  Häuptlinge 
bioh  vollzielien,^)  Am  2Ci.  Mai  IB'J')  ersrljieueii  in  Königsberg 
aus  7  Bezirken  der  Samaiten,  nämlich  aus  Medinkin,")  Cal- 
theneeu,^)  Knetow,"*)  Cmzow,'')  Widuckeln,*")  Rossieen')  und  E ro- 
gein'*) 30  Häuptlinge,  indem  die  Zalil  der  Vertreter  jedes  Terri- 
toriums schwankte  zwischen  zwei  bis  sechs.  Diese  30  glauben 
im  Kamen  des  ganzen  Landes  verhandeln  zu  können,  was  sich 
aus  folgendem  ergiebt.  In  der  von  ihnen  ausgestellten  Urkimde^ 
sprechen  sie  von  „des  gemeinen  landes  wegen  czu  Samaiten'* 
und  auch  der  Orden  betont  in  seiner  Gegentu'kundo,''')  daß  die 
getroffenen  Vereinbarungen  gelten  für  „das  ganczo  la]id  i  /.u 
Samaiten."  Es  innßte  dies  bescmdors  betont  werden,  weil  durch 
die  obigen  7  Gebiet <•  der  guii/e  Umfang  des  Lande:H,  wie  wir 
wissen,  nicht  erschöpit  ist.  Nach  welchem  Priucip,  ob  ilberhaupt 

1)  Posilge  zu  1890  in  Scr.  III,  iGi;  C.  e.  W.  No.  67.  -  2)  Medinkin 
ist  MediBgiany.  —  3)  Calthoueen  ist  das  heutige  Kültiuiany  an  der  Okmiana. 
ef.  Scr.  II,  669  Anm.  962.  *~  4)  Snetow  li«gt  im  Gebiete  von  Madeniken 
ef.  Scr.  II,  664  Anm.  6.  —  5)  Crasow  weiS  ich  nicht  mit  einem  hentigoo. 
Orte  zu  idontifiziorcn,  vielleiclit  Krosche  nordöstlich  von  Koltiniany.  — 
6)  "Widuf  kelu  ist  das  heutige  Widnkli,  2  Meilen  westlich  von  doui  si  hon 
bekannten  Kossieny.  cf.  Scr.  II,  UÖ  Anm.  5.  —  7)  Rossieen  ist  das  cl.en 
erwähnte  Koööieny.  —  8)  Erogeln  ist  das  heutige  Eirogola  a  Dubissa. 
—  9}  G.  e.  W.  No.  67:  „Wiaeentlich  sie  nllin  die  disen  bri£P  aelien,  .  .  .  . 
dt8  wir  noch  geschrebene  von  des  gemeinen  landis  wogen  csa  Samaiten** 
(es  folgen  die  Namen  der  Häuptlinge).  —  10)  0.  e.  W.  No.  68:  „Wissontlich 

si  aürii  die  deseu  brieiT  seheu  das  wir  obir  ein  getragen  babeni  als 

mit  dein  ganczeu  lande  csu  iSamayteu  .  ,  »  • 


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12 


Samaiteu  nnd  der  Deutsche  Orden  etc. 


nach  einem,  boi  der  Answahl  verfahren  iat,  erpriebt  sich  nicht. 
Vielleicht  sind  es  die  üegeudoii,  dio  Wikdd  besonders  zuß^othan 
waren,  welche  durch  eine  Pacifizierun*]:  ihreKieita  auch  die  andern 
Landsleute  nach  sich  zU  ziehen  glauben  mochten  und  deshalb 
&at  ganz  Samaiten  unterhandelten*  Ausgeschlossen  ist  ja  auch 
nicht,  daB  wie  in  frdberen  Jahren  fQr  Kriegszeiten,  so  jetzt 
eine  Yersammlnng  znsammengetreten  war  nnd  hier  die  augen- 
blicklich angesehensten  Häuptlinge  gewAhlt  sind.  —  Die  ge- 
troffenen Vereinbarungen  lassen  sieh  nach  drei  Gesichtspunkten 
ordnen:  Zwischen  dem  Orden,  WitoM^)  und  d<'n  Samaiten  wird 
ein  Sclmtz-  und  'rrutzbündnis  geschlossen;  sodann  wurde  ein 
Tlandül« vertrag  vereinbart,  der  zu  Gunstim  des  Ordens  an««fiel. 
Währen<l  den  deutschen  Kauflouten  ganz  Samaiten  für  ihren 
Handel  freigegeben  wurde,  haben  die  Samaiten  nur  Zutritt  in 
Qeorgenburg,  Bagnith  und  Memel.  Bei  dem  naturgemäß  in 
Samaiten  weniger  ausgebildeten  Handel  konnten  die  Einwohner 


1)  Witold  ivird  swdmal  von  den  Samaiten  „König"  in  einer  Weise 
genannt,  daf  er  ihnen  als  kontnüiierender  Teil  ebenso  wie  der  Orden  gegen- 
über Ktflit  (C.  e.  W.  No.  G7:  Die  90  Häuptlinge  gelc.ben:  „konige  Withoud, 
.  .  .  .  den  }»errin  czn  Prussin  .  .  .  ozu  helfiri  wedir  alle  ere  vinde"  und 
ferner  soll  Itot  Streitigkeiten  ein  SohiodsL'pnVbt  crbildot  wenlon  ;ius  ppj^n- 
tiortea  de,^  Ordens,  ferner:  „so  sol  is  ouch  macht  }iabin  kouing  Witond  und 
vier  der  eldisten  ans  dem  Lande  eza  Samaithiu,  ....  die  sprechin  vor  eine 
frnntachaift"),  einmal  sprechen  sie  von  „unser  Konig  Witowd".  Da  Witold 
in  unmittelbarem  Ansclduß  «laran  von  ihnen  ersucht  wird,  sar  Bekräftigung 
des  Vertrages  an  Stelle  des  ihnen  fallenden  Siegels  das  seinige  auf  die  Ur- 
kunde zu  setzPTi.  So  st«  lit  er  hit  iklnii  h  .als  7.n  dori  Sr»maiten  gehörig  im 
Gegensatz  zum  Orden  du.  Es  ist  schwer  beide  Standpunkte  zu  vereinigen. 
Indessen  hat  dieser  in  rechtlicher  Beziehung  gewiß  sehr  bedeutende  Unter- 
sohied  in  der  Praxis  wenig  zu  bedeuten.  Denn  mehr  als  ihre  Unterstfltsung 
kann  er  als  ,,König  der  Samaiten"  auch  nicht  beanspruchen.  Aach  eine 
Bestätigung  dafür,  daß  Witold  1S84  und  1390  ohne  Autorisation  nur  eigen- 
mächtig das  Land  dem  Orden  üIktw  irscn  hat,  nuM  hte  ich  darin  finden,  daß 
von  jenen  beiden  V<ii  t;;mi;en  hier  mit  keiner  Silbe  Erwähnung  gethan  wird, 
Witold  wird  wenig  daran  gelegen  haben  jetzt^  wo  er  die  Zusage  der  beider- 
seitigen Hilfe  hatte;  der  Orden  wird  die  Unmöglichkeit  erkannt  haben^ 
•einen  Ansprach  dnrchznsetsen.  Die  Samaiten  werden  als  völlig  anabUtogig 
anerkannt,  was,  wie  mir  scheint,  doch  implicite  in  der  Verhandtang  mit 
ihnen  als  Fartei  liegt 


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Von  Dr,  B.  Kitimbliolte. 


18 


dieses  Landes  daznii  zufrieden  sein;  der  Orden  Andrerseits  mifite 
sie  so  an  Orten«  wo  sie  -wegen  der  Festigkeit  derselben  nicht 
Schaden  anrichten  konnten.  —  Verrftt  diese  Maßregel  des  Ordens 
schon  groBe  Vorsicht,  so  zeigt  die  dritte  Abmachung,  daß  man 

aiit"  beiden  Seiten  sich  keineswegs  Illusionen  hiugal).  j\ran  traf 
jetzt  schon  Bestimmungen,  welche  den  gewiß  sehr  leicht  ein- 
treten könnenden  Zerwflrfnisseii  die  Spitze  abbrechen  sollten. 
Bei  Irrungen  sollte  ein  Gericht  zusammentreten,  das  aus  Witoid 
nnd  dem  Ordensmarschall,  sowie  aus  vier  Ael testen  aus  Preußen 
nnd  Samaiten  gebildet  wird.  —  Die  Vermutung,  daß  der  Orden 
in  dem  so  geschaffenen  Verhältnis  nm:  ein  Durchgangsstadium 
sah,  liegt  nahe.  Er  wird  darauf  in  der  Hofinung  eingegangen 
sein,  durdi  friedlichen  Verkehr  mit  Samaiten  sich  dies  Land  zu 
nftherUf  es  au  christianisieren  und  endlich  mit  in  seinen  Ver^ 
waltungsbezirk  als  Eigentum  hineinzuziehen.  —  Gewissermaßen 
die  I^rube  ant  dies  neue  Bündnis  und  gleichzeitig  ein  Trilmt 
der  Dankbarkeit  nn  Witoid,  den  Urheber  desselben,  war  jene 
großartig  angelegte  Expedition  die  Memel  liiiiauf,  an  der  PreuUen, 
Livhmd,  viele  Gäste  und  die  Samaiten  unter  "Witoid  teilnalniien. 
Indessen  trotz  des  anfänglichen  Vorteils  über  Skirgi<  llo  bei 
Alt<£owno  scheiterte  die  Unternehmung  doch  schließlich  vor 
Wilna,  das  vom  6.  September  bis  7.  Oktober  vergeblich  belagert 
wurde.^)  Es  kam  jetzt  darauf  an,  ob  Witoid  und  die  Samaiten 
durch  diesen  Schlag  in  ihrer  Treue  fttr  den  Orden  erschüttert 
werden  würden.  Ein  direktes  Zeugnis  haben  wir  nur  für 
Witolds  Verbleiben  beim  Orden,  woraus  aber  wohl  auch  die 
Aufrechterhaltung  des  Eunduisses  vom  2ii.  IMai  131><)  seitens  der 
Samaiten  anzunehmen  ist.  Witoid  ging  von  der  Erkenntnis 
aus,  daß  eine  Aendernng  seiner  Stellnng  jetzt  ihm  nnr  völligen 
Untergang  bringen  könnte.  Er  wart  sich  deshalb  dem  Orden 
völlig  in  die  Arme,  ging  mit  Weib  nnd  Gefolge  nach  Barten- 
stein.*)  Es  darf  nicht  Wunder  nehmen,  daß  unsere  Quellen  fOx 
die  nftchste  Zeit  von  den  Samaiten  niohte  zu  berichten  wissen; 

1)  "Wigand  150;  Annal.  Thor.,  Detmar  und  Posiige  zu  1390  in  Scr.  III, 
164-166.  -  8)  Pcsilgtt  sa  1890  in  Scr.  in,  168. 


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14 


Samaiten  und  dar  Deatsche  Orden  tic 


wir  werden  swisohen  dem  Orden  and  Semaiten  fireondliche  Be- 
ziehungen voranseoBetcen  haben.  —  Es  liegt  Tellig  außerhalb 
des  Bahmens  dieses  Themas,  auf  die  Politik  des  Ordens  einzu- 
gehen, welche  danach  strebt,  sich  das  Hersogtam  Dobrzin  anza- 
eignen.')   Es  resnitiert  indessen  ans  diesen  Bemtlhuugen,  wes- 
halb der  (Juden  tTst  im  August  1301  wieder  einen  Zug  gegen 
Littauon  unterualiin,  dadiireli  iUif  Witolds  Wüuticiie  wieder  ein- 
ging nnd  mit  iliin   aucli   gl^.-iclizeiiig  die  Samaiten  noch  fester 
au  sich  zu  ketten  hoffen  konnte.    Großartig  waren  die  Folgen 
dieser  Expedition.    Bei  Kowno  entstanden  drei  Ordensburgen, 
deren  eine,  Ritterswerder,  Witold  anvertraut  wurde,*)  der  von 
hier  ans  1391  im  Deaember  Grodno  nahm.^    Aber  wenn  der 
Orden  anf  eine  dankbare  Beth&tigong  Witolds  fttr  die  ihm  ge- 
wordene Unterstützung  rechnete,  so  irrte  er  sich  sehr.  Garo*) 
nnd  Voigt  haben  ansfdhrlich  dargelegt,  wie  Witold  scheinbar 
trotz  heimlicher  ünterbandlnngen  mit  Jugiello  sich  als  Bundes- 
genosse des  Orduns  zu  benehmen  wußte.  lüvS  er  naeli  allmählicher 
2urückziohiing  seiner  nächsten  als  Geisel  dem  Orden  gestrellten 
Verwandten  um  den  24.  Juni  1392  ]ilüt/.lirli  liitterswerder  uud 
zwei  andere  im  Mai  1392  bei  Grodno  gegründete  Burgen  des 
Ordens  überfiel,  vernichtete  und  als  Lohn  für  seinen  Verrat 
von  Jagielio  die  Würde  eines  GroBtürsten  von  Littauen  erhielt.^) 

Es  war  nötig  und  wird  auch  ferner  sich  nicht  nmgehen 
lassen,  auf  die  Stellung  Witolds  zum  Orden  einzugehen,  weil  ge- 
wissermaBen  nur  ein  Niederschlag  davon  die  Geschichte  Samaitens 

ist.  Durch  Witold  zur  Freundschaft  mit  dem  Orden  gebracht, 
liaben  die  Samaiten  jetzt  nicht  die  geringste  Veranla.ssuug  nielir, 
dies  Verhältnis  autrrrlir  zn  erhalten.  Gefren  da«?  feindliche 
Littaueu  war  der  Schutz  des  Ordens  annehmbar  ujid  m  Kück- 
sicht  darauf  ein  Bündnis  angebracht,  weil  Witold  allein  nicht 
Sicherheit  genug  bot;  jetzt,  wo  er  gro^e  Macht  besaß,  gebot  es 


1)  Lobmeyer  S.  27Ö-277.  -  2)  AVigaiid  151;  Posilge  zu  1391  in 
Sor.  m,  173  und  178.  -  8)  Po«üge  zn  1391  in  Scr.  ni,  176.  —  4)  Caio  in, 
109-111;  Yoigt  y,  606-609.  -  6)  Garo  III,  119. 


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Von  Dr,  B.  Krunibiiolu. 


15 


der  Yortheil,  seinem  Feind  taush  moh.  als  Gegner  gegenüber  zn 

stellen;  diesen  Wechsel  zu  vollziehen,  fiel  um  so  leichter  als  in 
Samaiten  niemaml  (larill)er  in  Zweifel  sein  k(jnnte,  daß  das  letzte 
Ziel  des  Ordens  Unterwerfung  und  AbscLalTnni^  df»s  Heidentums 
war.  Zwar  war  Witold  auch  Christ,  aber  mit  vollem  Recht 
weist  Caro^)  darauf  hin,  daB  von  ihm,  der  „die  alten  heidnischen 
Sitten  und  Gewohnheiten  mit  den  tausend  Uebungen  und  der 
Werkheiligkeife  der  römischen  nnd  russischen  Kirche"  in  sich 
m  Tereinigen  verstand,  nicht  solche  Ge&hr  drohte»  wie  von 
dem  Orden  nnd  Polen.  Diese  beiden  mußten  infolge  ihrer 
Terbindnng  mit  der  Enrie  auf  völlige  AssimUiemng  in  Glanhens- 
sachen  dringen,  Witold  konnte  und  wollte  vormöge  seiner 
persönlich  freien  Auffassung  über  diese  Dinge  darauf  verzichten. 
UikI  dieser  Anschluß  an  Witold  war  um  so  wichtiger,  ahj  er 
innerhalb  Littaueus  bald  völlig  unabhängig  dastand  und  auch 
seinen  letsten  Nebejibuhler  verdrängte.^)  —  Der  Ab&ll  Samaitens 
vom  Orden  ergab  sich  also  ans  den  verschiedensten  Ursachen. 
Es  kam  darauf  an,  ob  Witold  bei  seinen  Eroberongsplänen  nach 
BiifQand  hin')  die  Zeit  und  das  Interesse  haben  wQrde,  den 
Samaiten  Gleiches  mit  Gleichem  zu  vergelten,  oder  ob  er,  ähnlich 
seinen  Vorgängern  auf  dem  littauischen  Thron^  die  ihm  von  den 
Samaiten  doch  wohl  aus  Hoffnung  auf  Gegenleistung  gebrachte 
Hilfe  mit  Undank  belohnte  in  Rücksicht  auf  etwaige  dadurch 
sich  ergebende  Vorteile,  und  sie  einfach  fallen  ließ. 

Folgen  wir  chronologisch  den  Eieigiüsisen.  —  Es  ist  der 
Orden,  welcher  den  Kampf  wider  die  Samaiten  erütinet»  falls 
sie  nicht  durch  Teilnahme  an  der  Zerstörung  Bitterswerders  und 
der  übrigen  Burgen  im  Juni  1392  damit  begonnen  haben,  was 
sehr  wahrscheinlich  ist,  obgleich  sie  nicht  von  den  Chronisten 
ervihnt  werden.^)  Aber  selbst  ohne  direkt  dassn  veranlaßt  zu 
seiO}  wflrde  sich  der  Angriff  des  Ordens  aus  der  dargelegten 
notwendigen  Stellung  Samaitens  nach  Witolds  Abfall  erklären. 


1)  Caro  in,  185.  -  2)  Caro  III,  187-191.        3)  Lohmeyer  8.  279; 
Caro  lU,  196.  -  4)  Voigt:  O.  Pr.  V,  623i  637-G3Öi  639-646. 


* 

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16 


Samaiteu  oud  dar  Deutoohe  Orden  etc. 


Gemic;.  naclidom  im  Herbst  1392,  im  Januar  und  ]\Iai  1393  t^ils 
Züge  nach  Littaueu,  teils  Verbandluugeu  stattgeiuuden  ]iattcn.^> 
geschah  seit  längerer  Zeit  zum  ersteomal  wieder  wohl  Ende 
Anglist  1393  ein  Einfall  nach  Samaiten,  wobei  der  Graf 
Wilhelm  von  'Württemberg  einen  grofien  Teil  des  Heeres  stellte. 
Durch  die  großen  Wälder,  welche  sich  zwischen  Insterbnrg  und 
Baguith  erstreckten,  gelangte  man  an  die  Hemel,  ftihr  diese 
binanf  und  landete,  wie  ich  mit  Hirsch*)  annehme,  bei  Ge(  .rg(  n- 
burg  auf  doi)i  nördlichen  Ufer  der  Memel,  drang  durch  den  bei 
dieser  Burg  beginnenden  heiligen  Wald  Wint  in  die  B*  /irke 
Promedien')  und  Rossieny  ein ,  plünderte  und  zog  mit  t^iuer 
großen  Zahl  Gefangener,  eint  r  M<Mige  Vieh  wieder  nach  Hause,*) 
freilich  nicht  ohne  von  den  Samaiten  Verluste  erfahren  zu  haben. 
Indessen  waren  diese  doch  ganz  geringer  Natur  im  Vergleich 
zu  dem  Schaden,  welchen  ein  bald  darauf  sich  anschließender 
Bachezug  der  Samaiten  zur  Polge  batte.^)  Mit  einer  Energie, 
welche  an  die  ersten  Zeiten  des  Kampfes  mit  dem  Orden 
erinnert,  und  die  sowohl  der  längeren  Friedensepoche  znzn- 
«schreiben  ist  wie  dem  Gefülil.  in  Witold  einen  Rückhalt  zu 
halfen,  zogen  sie  vor  Memel,  legten  die  Stadt  in  Asche  und 
kehrten  eiat  nach  «^in<  m  dreimaligen  Sturm  auf  die  nur  mit 
Mühe  behauptete  Buig  Memel  in  die  Heimat  zurück.'')  Zwar 
"wnrdo  dieser  Schaden  durch  den  Xeiihau  Hemels  im  Jahre  1394®) 
wieder  gut  gemacht,  aber  zu  der  Erkenntnis  mußte  der  Orden 
immer  mehr  kommen,  daß  die  Widerstandskraft  Samaitens  noch 
lange  nioht  gebrochen  sei.  Dennoch  wurde  man  nicht  ent- 
mutigt. Wie  im  August  1898  drang  im  FrOhjahr  1394  übrioh 
von  Jtmgingen,  Ordens vogt  im  Samland,  von  Georgenbnrg  ans 
in  das  Land  Rossieny,  wurde  aber  durch  die  Nachricht,  daß 
Witold  gegen  Gcorgonburg,  wo  die  Schifib  zurückgelassen  waren, 


1)  Voigt:  G.  Pr.  V,  623;  (kJ7-638,-  ti3'J-646.  -  2)  Hirsch  iii  Scr,  II,  ' 
663  Anm.  199a  —  8)  Promedifia  liegt  in  der  Nabe  der  lOtwa.      8er.  III,  , 
189  Anm.  2.  —  4)  PosUge  m  1896  in  Scr.  m,  189;  Wigand  im.  -  6)Pc8i]ge 
1898  m,  189.  -  6)  Ponlge  eq  1894  in  Scr.  HI,  192. 


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Von  Dr.  E.  Knunbholt«. 


17 


heranrückte,  zur  ümkohr  gezwuugen.^)  Mit  größerem  Erfolg 
schien  antan<i;lich  der  Orden  auf  seiner  Expedition  Ende  Juli 
131>4  gegen  s»-ine  l»eideii  ehemalip^en  Bundesgenossen  zusammen 
operieren  zu  solleu.  Unter  Verweisung  auf  die  bei  Voigt^)  ge- 
gebene ausilährliche  Schilderung  dieses  ZageS|  deasen  Aufgabe 
es  sein  sollte,  das  1392  vernichtete  Bitterswexder  wieder  hersni- 
stellen  und  ferner  Witold  durch  Einnahme  Wiliiaa  empfindlich 
zu  treffen,  hebe  ich  nur  hervori  inwiefern  die  Samaiten  an  ihrem 
Teil  dazu  beitrugen,  daB  dieser  mit  vieler  Kraft  und  Ausdauer 
unternommene  Versuch  doch  schließlich  völlig  mifliang.  Sie 
wluren  es,  die  Witold  veranlaßtenf  mit  einem  starken  Heer 
heranzurücken,  um  den  Aufbau  liitterswerdors  zu  verliindern j'^) 
mit  ihrer  Hüte  gelang  es  A\'itold,  durch  Besetzung  drs  nächsten 
Weges  den  Hochmeister  zu  zwingen,  einen  viel  beschwerlicheren, 
gefährlicheren  und  weiteren  Marsch  nach  WiJna  auszutiithren.*) 
Samaiten  gehören  zu  dem  Heere,  das  Witold  vergeblich  auf- 
bietet, um  mit  ihm  die  Wilna  belagernden  Bitter  von  jeder 
Zu^ihr  abauachneiden.^)  Sie  endlich  sind  es  wiederj  die  dem 
Ordensheere  auf  seinem  Kflokzug  von  Wilna  über  Trold  auf 
Witolds  Gebot  durch'  Auffahren  von  starken  Verhauen  imd 
Entgegenstellen  eines  starken  Heeres  die  größten  Schwierigkeiten 
bereiten,  ohne  doch  schlieBIich  den  Weitermarsch  der  Deuteohen 
hindern  zu  können.*')  —  Witold  und  die  Samaiten  konnten  trotz 
mancher  Schlappen  auf  ihre  gemeinsamen  Erfolge  mit  Be- 
l'riedigang  zurückblicken,  beide  schienen  auf  das  Engste  ver- 
bunden und  mußten  es  bleiben,  so  lange  Witold  es  seine  Politik 
vorteilhaft  erscheinen  ließ,  mit  dem  Orden  auf  gespanntem  Fuß 
zu  bleiben.  Mit  nicht  geringerem  Argwohn  als  Jagiello  mochten 
daher  die  Samaiten  erfallt  werden,  als  Witold  bereits  im  Früh- 
ling 1395  den  Orden  um  einen  Verhandlungstag  bat^  und  bis 
KU  dessen  anstände  kommen  um  den  24.  Juni  1895*)  in  einen 

1)  Wigand  160  und  Scr.  II,  S53  Anm.  2012.  -  2)  Voigt:  G.  Pr,  VI, 
22-31.  —  3)  Wigand  163  in  Scr.  II,  656.  -  4)  Ebenda^ell-st  f;.57.  -  5)  Eben- 
daselbst 658.  —  6)  EbendoKelljst  ÜGO  mid  654  Anm.  2U29;  Posilge  zu  1394 
in  Scr.  III.  196,  -  7)  Vc.i-t :  (1.  Pr.  VI,  44.  —  8)  Voigt:  C.     Pr.  VI,  No.  20. 

▲Itjpr.  MoiwtaMbrift  Bd.  XJLVU.  Hft  1  o.  ä  2 

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18 


Samaiten  und  der  Deutsche  Ordeu  etc. 


Waffenstillstand  eintrat.  Indessen  ftber  die  Auswecltselung  von 

Gefangenen  kam  man  nicht  hinaus.  So  konnten  die  Samaiten 
die  Gefahr,  isoliert  von  Witold  dem  Orden  überlassen  zu  wtiden, 
für  beseiti*!;t  auselien,  um  so  iiirlir  als  im  März  1396  Witold 
mit  dem  dem  Orden  verfeindeten \i  Bischot  Dietrich  von  Dorpat 
ein  Schutz-  und  Trutzbündnis  abschloß-)  und  Ende  Mai  desselben 
Jahres  mit  Jagiello  zusammen  die  dem  Orden  von  Soraowit  von 
Masovien  Terp^kndete  Burg  Wisna  am  Narew  angriff.*)  Indessen 
gerode  ein  Plan,  von  dem  sich  die  Samaiten  fOr  die  Intensivität 
der  Feindschaft  zwischen  Witold  und  dem  Orden  sehr  viel  ver- 
sprechen  mochten,  ftihrte  wieder  ssu  Verhandlungen.  Statt 
nämlich  Eiga  von  Russen  nnd  Littauern  angegriffen  zu  sehen 
—  hierzu  Latte  der  Bisrliof  v()n  Dor})at  geraten*)  —  mußten 
die  Samaiten  es  erleben,  daß  »ler  Hochmeister  in  Rücksiclit  auf 
die  Größe  der  Gefahr  zu  einer  Verhandlung  mit  Witold.  am 
22.  Juli  139G  sieh  eutscbloB.^)  Was  die  Samaiten  gewiß  fürchteten, 
daß  der  Orden  imter  Berufung  auf  seine  Privilegien  Abtretung  ihres 
Landes  fordern  würde,  trat  ein,®}  wurde  aber  von  Witold  nicht  nach 
Wunsch  des  Ordens  berücksichtigt.  Indessen  mufite  der  AbschluA 
eines  Waffenstillstandes  am  28.  Juli  1396  zu  Kowno^)  den  Samaiten 
die  Vermutung  nahe  legem,  dafi  Witold,  wie  er  jetzt  seinen 
rassisdien  Plänen  zu  Liebe^)  ohne  Bttcksicht  auf  sie  einen  wenn 
auch  zeitlich  beschritukten  i'riedouszustaud  eiugiiig,  gelegentlich, 
soliald  es  sein  Vorteil  mit  sich  brachte,  sie  ganz  lullen  lassen 
könnte.    Der  Aufhebung  des  Waü'enstillätaudes  am  29.  Sep- 


1)  Lohmeyer  8.  280.  —  2)  Bange  IT,  1416.  —  8}  Annai  Thor,  und 
PoflUge  an  1896  in  Scr.  lU,  205.  -  4)  Voigt;  0.  d.  Pr.  V,  No.  87. 

5)  Posilge  zu  non  in  Scr.  III,  204. 

6")  Voigt:  C.  (1.  Pr.  VT.  No.  *><i:  ..Aus  einer  Itistrnktion  für  den  Comtur 
von  Danzi^  als  Ordeii^j^oitnaieti  an  den  i  öirsi^rlun  Konig  in  der  Streitsache 
des  Ordens  mit  Witold:  „Ouch  das  land  Saiaavien,  das  dem  erden  vor  vil 
jaren  gegeben  und  bestetigt  ist  von  der  heiligen  Eomischen  kircben  nnd 
dem  heiligen  Rom.  riche  ....  (wnrde  Witold  aufgefordert  dem  Ordeo  ni 
geben)  ...  off  (diesen)  .  .  artakel  noch  keynen  besondem  von  In  aatwert 
geBchach  czu  genüge. 

7)  Bunge  IV,  1422.  —  8)  Voigt:  Q.  Fr.  VI»  üa 


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Von  Dr.  E.  KrumbhoUz. 


tember  1396^)  konnten  sie  niclit  recht  froh  werden,  weil  schon 
im  Oktober  ein  Einfall  des  Comtur  von  Ra^ith  in  ihr  Gebiet 
erfolgte,  und  bereits  D<'Z('nilM>r  l.'VJll  das  iur  siu  gei'ahrlichö 
Angebot  des  Hocliiueisters  au  Witold  eiging,  mit  ihm  bis  zum 
April  1397  einrn  Waffenstillstand  zu  schließen,  von  dem  indessen 
außer  dem  Biscliof  von  Dorpat  aiu  h  dio  Bamaiton  auszauehmen 
aeiD.')  Als  Grund  für  diese  Maßregel  den  letzteren  gegen- 
über wird  angegeben,  dafi  sie  aich  um  den  Wafienatillaiand, 
Welchen  Witold  auch  fhr  sie  mit  angenommen  hAtte,  nicht  ge* 
kflmmert  hfttten.  Worauf  der  Orden  mit  dieser  Beschaldigang 
gegen  die  Samaiten  hinweist^  wei£  ich  nicht;  yielleicht  sollte 
sie  Witold  nur  seine  XJntrene  gegen  diese  erleichtem.  Da£ 
Witold  sofort  hierauf  eingegang«»n  ist,  sagen  unsere  Quellen 
nicht;  jedenfalls  ist  aber  dit;.st?r  Wims'  h  «las  Ordens  aiu  2ü.  Juuuar 
ioJ7  zur  Thatsachf  geworden."')  WitoM,  der  sich  lür  den 
Bischof  von  Dorpat,  ireilich  vergeblich  v^^rwendet,^)  thut  für  dio 
Samaiten  nichts  und  überläßt '  sie  ihrem  Schicksal.  Indessen 
nehmen  anderweitige  Schwierigkeiten,  die  schon  lange  wegen 
des  Bischof  yon  Dorpat^)  um  das  Herzogtum  Dobrain*)  be- 
atsnden,  and  welche  zva  Beschickung  eines  Knifürstentages  za 
Frankfurt  a.  M.  im  Mai  1897,^  femer  zu  einer  Konferenz  mit 
der  Königin  Hedwig  von  Polen  am  10*  Juni  1897.')  fahrten, 
den  Orden  so  sehr  in  Ansprach,'')  dafi  er  an  eine  Ausnutzung 
dieses  Wafl^stillstandes,  der  bis  zum  23.  April  1897  lief,  gegen 
die  Samaiten  nicht  denken  konnte.    Aehnlich  verlief  ein  zweiter 


1)  Poeilge  zu  iSOö  in  Scr.  III.  206. 

2)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  22:  Oucl»  sollen  buessen  bliben  (des  Waffen- 
stillstandes) die  Sfimayten,  wcndt  n\p  uns  hroch  worden  nn  dem  frede,  den 
Ir  vor  sie  uffnomet  das  wir  In  nicht  getruwen  mögen  no'  li  wellen. 

8)  Bonge  IV,  1436:  „Wir  bruder  Cuarot  v.  Jungiitgen  .  .  .  tbun  kunt 
. .  .  das  wir  mit  ....  Wytowt  .  .  .  einen  .  .  freden  uf^enotnen  habeiii  und 
galoben  .  .  .  das  .  .  .  allen  einen  landen  .  .  .  nsgenomen  die  Samaiten,  von 
mit  kein  schade  entsten  .  .  .  sei. 

4^  Bunge  IV,  im.  —  B)  Voigt:  G.  Pr.  VI,  77.  —  G)  Ebon  lasolbst  80. 
-  7)  Posilgö  zu  lüy«  in  Scr.  III,  212.  —  »)  Annal.  Thor,  uad  Posilge  zu 
1397  in  Scr.  lU,  213.  -  9}  Voigt:  G.  Pr.  V  I,  75-83. 

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20 


Samaiton  und  der  Dantsdie  Orden  ete. 


WaffenstiUstand,  welcher  dank  den  Bemflhangen  des  Hoch- 
meisters für  die  Zeit  Yom  13.  Juli  bis  16.  Atigust  enstande 
gekommen  wvr,  obgleich  auch  in  ihm  es  den  Rittern  irei  stand, 

die  Saraaitcn  zu  bekämpfen.^)  Samaiten  sah  sich  also  isoliert 
mul  mußte  all»'  Iloilnuiig  auf  eine  üntersttitzunpf  "Witolds 
.schwinden  lassen,  obsebon  der  HoLlainiister  dan  Angfjbot  d«^s 
Königs  Sigismund  von  Ungarn  vom  14.  Juli  1397,  einen 
definitiven  Frieden  zwischen  Orden,  Witold  und  Polen  zn  ver- 
mittehi,*)  abgelehnt  hatte  mit  der  Bemerkung,  daß  hierüber  die 
Kurfürsten  des  Beiches  entscheiden  sollten.')  Die  Samaiten 
mnBten  voll  Besorgnis  sein,  weil  ohne  Bücksicht  anf  das  Zu- 
standekommen eines  danemden  Friedens  der  Wafienstiüstand 
zwischen  dem  Hochmeister  nnd  Witold  bis  zum  8.  September 
1997  verlängerf*)  und  dann  bis  srara  30.  November  wohl  ausge- 
dehnt wurde." I  Zwar  wird  Samaiten  nicht  mehr  in  dem  letzten 
Prolongationsvorselihig  als  von  (h  m  Watlenstillstand  zu  oximieren 
erwähnt,  indessen  wird  der  Hochinoister  dies  als  selbstverständ- 
li-^  h  vorausgesetzt  haben,  wie  der  treilich  erfol grinse  Einfall  des 
Comtur  von  Ragnith  in  Samaiteii  nach  dem  8.  September  1397®) 
beweist.  Auch  die  Anfang  13d8  von  Livland  aus  geplanten 
Zflge  blieben  wegen  ungünstiger  Witterung  in  den  Anfängen 
stecken^  und  erst  nach  dem  20.  Februar  hatte  man  einen  BSr- 
folg.^  Doch  der  Orden  wird  hierauf  weniger  Gtewicht  gelegt 
haben;  der  Schwerpunkt  ftlr  ihn  ebenso  wie  fCkr  die  Samaiten 
war  die  Stellung  Witolds.  Außerordentlich  günstig  war  es  für 
den  Orden  erstens,  daß  "V^  itold  gerade  in  dieser  Zeit  vollauf 
seine  Plane  auf  Eiolieningeii  im  Osten  beschäftigten,^)  zweitens 
daß  die  Königin  Hedwig  für  einige  Gebiete,  die  ihr  von 
Jagiello  als  Morgengabe  1896  verliehen  waren,  Witold  aber 


1)  Voigt:  G.  d.  Pr.  TI,  44:  „kern  Alexaadro  anders  Wytowd  .  .  .  . 
tmd  allen  tinen  landen  und  Inten  ....  usgenomen  die  Samayten  .  .  .  (soll) 
.  .  .  von  tins  keyn  .sohade  outsten.**  —  2)  Voigt:  C.  d  Pr.  VI,  45.  —  3)  Eben* 

daselbst  V,  95.  —  4)  EbeiKln-^pllmt.  —  5)  G.  e.  W.  No.  Ui^.  H)  Posilge  zu 
1997  in  Str.  UI.  215.  -  7)  Pu.silge  zu  1398  in  Scr.  III,  21ti-LM7.  -  8)  Annal. 
Thor,  und  Posilge  in  Scr.  III,  216-217.  —  9)  Voigt:  G.  Pr.  VI,  88—90. 


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Ton  Dr.  B.  KrambholtB.  21 

besetzt  hielt,  von  letzterem  einen  jalirliclion  Zins  Torl;iii^'f''.' i 
Nachdem  noch  am  2.  April  1398  ein  Walfenstillstand  zwisciieu 
Witold  lind  dem  Orden  hU  zum  28.  April  wieder  unter  Aus- 
schloß der  Samaiten  zustande  «^-  Icommen  war,^)  einigte  man  sich 
vor  Ablauf  deaaelben  am  2B.  April  lBd8  zu  Grodno  über  die 
gegenfleitigen  Vorbedingungexi  jfftr  einen  ewigen  Frieden  und 
▼erabredete  zur  Umwandlung  dieser  Prftliminarien  in  einen 
festen  Vertrag  Zeit  und  Ort  Es  wurde  die  Memel-Insel  Sallyn 
und  der  29.  September  1398  vereinbart.*)  Was  dem  Orden  den 
Beweis  lieferte,  daß  Witold  wirklich  gesonnen  sei,  die  einge- 
gangenen Präliiniiiiirion  xn  halten,  und  femer  den  Saniaitcii 
mit  unbarmherziger  Klarheit  vor  Augen  führte,  daß  nie 
jetzt  definitiv  »I.mii  Orden  überlassen  seien,  war  die  Thatsache, 
daß  Witold  einer  sofort  zu  eriUllendoD}  in  (irodno  festge- 
seteten  VeiTpfliohtung  nachkam.  *)  Mit  seiner  Hilfe  näinlich 
gelang  es  einigen  Ordens-(Tebietigem  naoh  dem  26.  Mai  1B98 
innerhalb  vier  Wochen  swei  H&nser  zu  Gotteswerder  zn  errichten 
und  sie  mit  allem  anf  das  beste  zu  versehen.')  Obwohl  die 
Position  dieser  zwei  Kastelle  anf  einer  Memel^Insel  der  Nawese- 
Mflndnng  gegenüber  sie  zn  einer  Air  Samaiten  ftuBerst  gefHhr* 
liehen  Anlage  machte,  finden  wir  nicht  den  leisesten  Versuch 
eines  Widerstandes  erwähnt,  ein  deutliches  Zeichen  für  die 
ßesignatidn,  mit  der  mau  in  Samaiten  seinem  Schicksal  entgegen- 
sah. —  Ein  Kingehen  auf  die  Präiiniiiuirieu  vom  23.  Ajtril  1898 
konnte  vermieden  werden,  w^eil  sit^  in  den  delLnitiven  Friedens- 
urkundeu*)  last  wörtlich  w^iederkehren  und  doshalb  mit  der 
Besprechung  dieser  auch  ihre  Erledigung  finden.  Unter  Hinweis 
auf  die  ganz  entsprechend  der  Wichtigkeit  dieses  Vertrages  ein- 

1)  Lohmeyer  S,  282;  Posilge  /n  \:VJS  in  Scr.  III,  219  und  Anm.  2.  — 
2)  Voigt:  C.  d.  Pr.  V,  No.  107.  -  'd)  Bunge  IV,  1470;  C.  e.  W.  No.  179; 
Posilge  zu  13'J8  in  Scr.  in,  219, 

4)  a  6.  W.  No.  179.  Seite  64:  „Wir  (d.  h.  Witold)  fcloben  ouch  bi 
gutee  trawen,  das  wir  dem  orden  beholfen  den  wellen  mit  nn^rrn  lutm  csn 
der  bawtmge,  das  der  herre  homeister  binnen  dem  .  .  .  eente  MichMlis  tage 
€iae  oder  czwu  veaten  möge  lassen  buweu.'* 

5)  Fowige  au  13UÖ  ia  Öcr.  HI,  220.  —  U)  Bunge  iV,  14?«  und  1473. 


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22  Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 

gehenden  Betrachtunjsren  bei  Voif^tM  und  Caro*)  hebe  ich  nur 
die  für  das  Verhältnis  dos  (  Jriit  iis  zu  Samaiten  wichtigen  Mome-nte 
hervor  und  femer  die  Vorgänge^  welche  Witold  definitiv  von 
Polen  sn  trennen  schienen,  was  gleichbedeutend  gewesen  wäre 
mit  TOUigem  Anschluß  an  den  Orden.  —  Da  ist  nun  zanAchst 
die  sonderbare  Thatsaohe  zu  konstatieren,  daß  der  Name 
„Samaiten"  in  beiden  Aktenstücken  überhaupt  nickt  Torkommt, 
obgleich  es  sich  bei  den  auf  das  genaueste  festgeseteten  Grenzen 
swischen  dem  zukünftigen  Ordensgebiet  und  dem  Besitz  Witolds 
fast  ausschlit'i31ich  um  dies  Land  handelt,  das  fortan  dem  Orden 
gehören  soll.  Gerade  der  Orden,  sollte  man  meinen,  hätte  auf 
Namhaftmachung  dieses  so  lang*»  von  ihm  umstrittenen  Gebietes 
dringen  müssen.  Eine  Erklärung  für  diese  gewiß  nicht  ohne 
Absicht  geschehene  Auslassung  des  Namens  „Samaiten"  in  beiden 
Urkunden  zu  finden,  ist  schwer,  weil  die  Verhandlungen  vor 
AbschlnB  und  Fixierung  der  Prftliminarien,  die  ja  hier  nur 
wiederholt  werden,  uns  fehlen.  Vielleicht  wollte  Witold  die  be- 
sondere  und  eigentümliche  Stellung,  welche  bisher  Samaiten  zu 
Littanen  eingenommen  hatte,  als  fUr  ihn  nicht  mehr  existierend 
und  überhaupt  zu  Unrecht  bestehend  hinstellen;  er  rechnete 
es  vielmehr  einfach  zu  „terrae  nostrae  ',  über  dif  er  als  „supremus 
dux  Litwaniae''  Vorfüguug  beanspruchte,')  di»»  er  deshalb  auch 
nach  seinem  "Willen  verkleinern  konnte.^;  Fulls  Witold  auf 
eine  solche  Erwägung  hin  den  Namen  ..^^amaiten"'  in  seiner 
Urkunde  vermieden  hat,  so  ergiebt  sich  als  Orund  i)[lr  das  £in* 


1)  Voigt:  G.  Pr.  VI,  93-101.  -  2)  Caro:  III,  171-176. 

8)  Bunge  IV,  No.  1179:  „Alexander  slias  Witaudas,  Deigntia  sapremus 
dux  Litwaniae  st  finasiae  ....  cnm  .  .  «  magistro  gonankli  •  •  *  •  oertom 
tenuinnm  pladtomm  .  .  .  celebravimtis  ....  inter  nos.  noatros  et  terraa 
noetras,  ex  una,  et  dicttim  magistntm  generalem,  anoa  at  tems  eiusdein 
odints  .  .  .  parte  eii  altera  .  .  . 

4)  Ditise  H\'püthese  stützt  sich  übrigens  auf  eine  später«  von  Witold 
selbst  geführte  Deduktion,  in  der  es  heißt  (C.  e.  W.  No.  861  a  467):  „Terra 
Samajtarum  ....  eat  et  Semper  fnit  tmam  et  idem  cum  terra  Ljthwanie 

 et  proptar  talem  ydemptitatem  in  titnlo  noetro  de  Samagida  noo 

sotibiffliis,  qoia  totum  nnum  est." 


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1 


Yon  Dr.  IL  Snimbholtx. 


28 


verstäntTnis  des  Ordens  liiermit  riolloii^lit  r\or,  daß  die  wohl  nicht 
zu  erreichende  Einwilligung  Sameiteua  für  seinen  Anschluß  an 
den  Orden  rechtlich  nicht  mehr  notwendig  war,  sobald  die 
Soiiderexistenz  dieses  Landes  aufgehört  hattte.  —  ludessen  was 
hiersa  auch  immer  getrieben  haben  mag,  klar  und  deutlich 
stand  jetatt  fest,  was  der  Orden  an6er  seinen  bisherigen  Be- 
sitzungen sein  zn  nennen  beanspruchen  konnte.')  Sowohl  nach 
livland  wie  nach  PreuBen  hin  ^ind  eine  genaue  Fixierung  der 
Grenzen  statt,  die  heute  wiederzufinden  sehr  schwierig,  oft 
unmöorlich  ist.  Es  bleibt  mir  nichts  weiter  übrig  als  die  von 
Töppeii"-)  und  Strehlke'^  angestellten  Unter^JiK^hnnrjon  uud  ge- 
wonnon»Mi  Kcsiiltato  zu  ül»erneliuien.  Die  Grou'/e  '^*'^,^n  Preußen 
hin  war  durch  die  Merael  gegeben,  es  fragte  sich  nur,  von 
welchem  Punkte  dieses  Flusses  an  der  Orden  das  Land  nördlich 
und  südlich  als  sein  Eigentum  rechnen  sollte.  Da  wurde  als 
Ausgang  festgesetzt  das  Sallyn- Werder  (wo  der  Vertrag  abge- 
schlossen wurde),  weldies  zwischen  der  Dubissa  und  Nawese 
gelegen  ist.  Von  dieser  Insel  aus  sollte  die  Grenze  des  Ordens- 
besitzes  eine  Linie  hilden,  die  durch  folgende  Punkte  ihre 
Bichtung  erhielt:  Sallyn-Werder  zur  Nawese,  die  Nawese  hinauf 
bis  AViswilten  (?),  bis  zum  Steine  Rode  in  der  Aa,"*)  zum 
Smarden^ep  f?\  dann  bis  zum  Apeitonsee  f?),  dann  zum  Prengel- 
?ebeu  Weg  (lann  nnrh  Xononioyten,"''!  dann  ans  Ende,  der 
„Heide",  wo  ein  Boru  entspringet,  durch  die  Wildnis   wo  die 


1)  Die  Frage,  ob  Witold  ohne  Einwilligung  der  Hiuptlinge,  die  wir 
fttttwillige  stMttsrechtliohe  Akte  SaniAitene  haben  yoUsiehttk  sehen,  dem 
Orden  diese  Grenzen  anweisen  durfte,  ist  eine  offene  nnd  mag,  wie  schon 

im  Text  angedeutet,  p^ernde  dazu  ijeffilirt  haben,  Samaitens  pigcntümliVher 
äteiiuug  in  >>P!M<^n  T'rkiiii'l<>ii  iii«  ht  imlir  Ausdruck  zu  geben,  es  vieliuehr 
als  einen  müai icn  iidan  Teil  Littautms  liinsätellen. 

2)  Toppen:  Geographie  S.  105- KW.  —  3)  Strehlke  in  8cr.  Iii,  8.228. 
Anmerk  3.  —  4)  A»  bedeutet  FloB  nnd  ist  «ehr  allgemein;  vielleicht  ist  die 
Lavennft)  tin  Nebenfiaft  der  Mnscha,  gemeint;  Mweba  ist  wieder  ein  Quell- 

Strom  der  Seingaller  Aa.  —  5)  Nenemeythen  oder  Nenemiten  trifTl  vielleicht 
auf  Ponemori  oder  Ponemini  an  dem  ober»ton  Laut'  der  Mcinel.  littk  Nem- 
mnms  oder  Memmns,  des  rechten  QaeUstromes  der  Semgaller  Aa. 


24 


Shunaiton  und  der  D^taobe  Orden  etc. 


Egloff^)  entapringt.  Da  vom  Sallyn -Werder  erst  noch  eine 
Linie  nach  der  die  Ostliche  Grenze  des  nunmehrigen  Ordens- 
besiteeB  bildenden  Nawese  gesogen  wurde,  bo  gehOrto  dem  Orden 
nicht  das  ganze  Gebiet  westlich  der  Nawese,  vielmehr  sollte 
dies  freilieh  kleine  Stflck  westKch  ebenso  wie  alles  Land  <)stlieh 
der  Kawese  zu  Littaueii  gehören,  da.s  also  dadurL-li  vom  rechteu 
Memelufer  ein  zicinlich  bedeutendes  Stiiek  erhielt. 

Hiormit  w;ire  der  Toil  der  Urkunde,  soweit  er  Samaiten 
direkt  angeht,  erschöpft,  indessen  sind  noch  Momente  vorhauden, 
die  dem  Orden  für  die  Behauptung  ^^-^  soeben  erworbenen  von 
grosser  Wichtigkeit  sein  maßten ,  welche  deshalb  knrz  berührt 
werden  sollen.  Zunächst  wurde  beiden  Teilen  verboten,  „zins* 
hafftige**  oder  „eigen  ainshafitige"  Menschen  gegenseitig  aua 
ihren  Gebieten  anfzunehmen.')  Die  Unklarheit,  welche  darin 
lag,  dafi  man  nicht  genau  präzisierte,  welche  von  den  Katego- 
rien des  dritten  Standes')  der  Samaiten  geraeint  war,  sollte  bald 
Schwierigkeiten  hervorrufen.  —  Sodann:  Posilge,^)  der  unsere  Ur- 
kunden ergänzt,  borieht*^t  vnn  dor  Yerkündigiinf^  Witolds  al>< 
„Koning  czu  Littowen  und  czu  Kussin".  Wenngleich  ich  dieser 
Nachricht  sceptisch  gegenüber  stehe ,  weil  Witold  selbst  .  in 
seiner  Urkunde  sich  nicht  ,,Köuig"  nennt,  so  war  schon  die 
Tatsache,  da£  Witold  sich  als  „supremus  dox  Litwaniae"  be^ 
zeic^inet,^)  was  doch  impHoite  eine  Negierung  der  Oberiioheit 


1)  Die  Egluff  dflrfle  der  Eglonabadi  sein,  der  bei  Podunai  auf  der 
Unken  Seite  in  die  Bflna  ebmQndet. 

cf.  für  Anm.  S.  23,  4  u.  5,  u.  S.  24,  1,  Scr.  III,  223  Anin.  2. 

2)  Bullae  IT,  Nu.   1478:   „Vortinr  sullcn  -wir  keinen  zinsliuHligen 

monsclu-Ti  tles  herren  Alexaudii  ,  luul  oiuAi  die,  als  eigen  zinshailtig 

sin,  uemen  adir  setzen  in  unsir  laude,  ane  des  herren  Alexaudri  wille."  In 
der  OegeuurkuDde  Witolda  bei  Bunge  IV,  No.  1479  heißt  es:  „Praeterea 
nnUan  eenritnm,  maneipinm  an  aervum  ordinis  sine  expreasa  lieentui 
magiatri  generalia  ....  debebimus  ad  terrae  nostraa  redpere  ant  loeaie.*' 

3)  cf.  ü1»(  r  die  3  Stände  in  Samaiten  für  die  spätere  Zeit  Ahpreofi. 
Monatsachr.  Bd.  XX VI.  S.  2(>7.  -  4)  Posil^e  zu  1398  in  Scr.  III,  224: 
,.Und  uff  die  r^iit  wnrfin  die  Littowin  nnd  liussin  Wytowten  cvn'  ri  konig 
uf  czu  Littuwen  und  czu  Russin  —  5>  Bunge  IV,  No.  147i>;  „Alexander, 
alias  Witandna,  Dei  grataa  sapremua  dux  Litwaniae  et  Bnasiae 


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Von  Dr.  R.  Knunbholtz. 


25 


Jagiellos  bedeutet,  dem  er  seine  Stellung  als  Großfürst  ver- 
dankte,^) ftir  den  Orden  von  h'iclister  Wichtigkeit.  Polen  und 
Littauon  für  immor  getrennt,  beseitigten  dem  Orden  die  Furcht 
vor  der  Ueberraacht  dieser  Gegner,  was  nicht  minder  für  seine 
Existenz  überhaupt,  als  filr  die  Erhaltung  des  nunmehr  in  festen 
Linien  ihm  zugesprochenen  Samaitens  von  höchster  Wichtigkeit 
war.  Die  Sondening  Witolds  und  damit  sein  natfirliclier  An- 
schlufi  an  den  Orden  gewann  m  safem  gleicli  ein  aktuelles 
Interesse,  als  w  in  einer  Urkunde  vom  8.  November  1398  lesen 
müssen,  dass  die  Ansfahrang  der  zu  Sallyn-Werder  am  12.  Oktober 
1398  vereinbarten  Beschlüsse  bis  auf  Weihnachten  verschoben 
war  und  die  Grenzen  noch  nicht  „gerichtet"  waieu.^)  Ob  Wi- 
told  dann  die  eingegangenen  Verpflichtuiigen  (  rfüllt  hat,  wissen 
wir  nirht,  jedenfalls  blieb  das  beiderseitige  Verlialtnis  ein  gutes, 
wofür  das  Hilfskorps  spricht,  welches  August  13U9  Witold  i^egen 
die  Tartaren  begleitete,'''  ^ine  Expedition,  auf  die  noch  zarüok- 
zQkommen  sein  wird.  Es  lä^t  sich  denken,  daB  unter  so 
gflnstigen  Verhältnissen  der  Orden  nicht  den  Versach  unter- 
ließ, das  ihm  von  Witold  flberwiesene  Samaiten  durch  Ein&Ue 
mfirbe  zu  machen  und  so  der  Abtretung  Witolds  Wirklichkeit 
EU  geben.  Gleichzeitig  von  Preußen  und  Livland  aus  iHnden 
tun  den  2.  Februar  1399  Eiüiuiio  statt.  Gewiß  wid(  r  Erwarten 
des  Ordens  leisteten  die  Samaiten  Widerstand,  indem  sie  sich 
zunächst  gegen  die  Livlftnder,  dann  gegen  die  Preußen  wandten, 
freilich  ohne  die  Plünderung  ilires  Landes  und  die  Fortführung 
einer  großen  Menge  von  Gefangenen  und  Pferden  verhindern 
zu  können.^}  In  den  Monaten  Mai,  Juni  und  Juli  des  Jahres  1399 
wiederholten  sich  solche  Expeditionen,  ja  der  Hochmeister  selbst 

1)  cf.  oben  S.  14. 

2)  Bunge  IV,  No.  1480.  Brief  des  Hochmeisters  an  WitoUl:  „Oucli, 
lieber  kerre.  nns  stpt  wol  rn  p;e<1<?nken.  das  wir  von  euwir  LcrrlirLkcit  also 
■chidea,  das  alle  ding  auideu  bleiben  sten  bis  czu  wyuachten,  und  das  ist 
noch  ttnaer  will«,  und  dommb,  .  .  .  wen  is  ouch  na  allir  bequemste  danken 
wirk,  das  man  die  grenitsMk  richten  möge»  das  «ehribet  uns 

3)  Posilge  zu  1399  in  Sor.  HI,  290.  -  4)  AnnaL  Thor,  nnd  Porilge 
m  1389  in  8cr.  III,  226. 


26 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


stellte  sich  an  die  Spitze  einer  derselben.^)  Von  untergeordneter 
Natnr  waren  die  hier  erreichten  Erfolge  im  Vergleich  zu  der 
Wirkung,  welclie  Witolds  Niedeiiaf^e  am  Flusse  Wor.skla  jeu- 
seits  Kiews  durch  die  Tartarf^n  im  Auu^ust  13^)!>  nnrh  für  Sa- 
maiten und  den  Orden  mittelbar  haben  konnte.^}  Wit/ild  nähei-t^ 
sich  wieder  Polen ;  er  ist  ee  sogar,  der  Ewischen  dem  Ordcm  und 
Jagiello  eine  Einigung  über  die  yorbandenen  Streitigkeiten  tn 
ensieleii  sich  bestrebt.')  So  angenehm  ein  Ausgleich  der  Gegen- 
sfttee  mit  Polen  dem  Orden  zweifellos  sein  musste,  so  war  doch 
gleichseitig  damit  die  Gefahr  verbanden,  daS  Witold  durch  sein 
gutes  Verhältnis  mit  Jagiello  zu  der  Ansiebt  gelangen  könnte, 
den  Orden  als  nicht  mehr  für  ihn  von  Nutzen  fallen  zu  lassen 
und  gleichzeitig  damit  die  Abtretung  Sunaitens,  welche  eine 
bedeutende  Verringerung  der  von  iinn  beanspnichten  Herrschaft 
war,  rückgängig  zu  machen,  oder  mindestens  die  faktische  Er- 
werbung dieses  Landes  durch  den  Orden  zu  hintertreiben.  In* 
dessen  schienen  solche  Befürchtungen  unbegründet  zu  sein;  denn 
Witold  selbst  bot  seine  Hilfe  zur  Bek&mpfong  der  Samaiten  an,*) 
veranlaßt  durch  die  nunmehr  feindliche  Haltung  der  Samaiten 
auch  ihm  gegenüber.  Trotz  der  Versicherung  des  Hochmeisters, 
allein  mit  den  Samaiten  fertig  zu  werden  —  vielleicht  drückt 
sich  hierin  schon  eine  Spur  von  Argwohn  gegen  Witolds  Auf- 
richtigkeit  aus  —  unterließ  er  es  doch  nicht,  sich  an  dem  am 
18,  Februar  1400  schon  beendigten  Kriegszug  des  <  )nleiis  ')  zn 
beteiligen.    Unsere  Quellen  über  diese  Expedition,  die  zu  so 


1)  Anal.  Thor,  und  PosUge  za  1899  in  Scr.  m,  338.  —  S)  Potilge  so 
1399  in  Sor.  TTI,  290.  ^  3)  Fm  handelte  sich  nsmestlieh  wieder  um  das 
Herzogtum  Dobrzin.  cf.  C.  e.  W.  No.  201. 

4)  C.  e.  W.  No.  214.  Brief  des  Ilochmf  istnr^  an  Witold:  „Ourh  be- 
sunder  libir  herre  daiikeu  wir  euwir  grosniechtigkeit  .  .  .  iimb  das  es 
eower  hochwirdikeit  ....  als  ir  geschriben  habt,  mit  den  Samaiten  haldet, 
wen  wir  hoffen,  ....  das  win  mit  der  httlfe  onaers  herren  gotaa  mit  den 
Samayten  also  machen  wellen,  das  uwer  grosmechtikeit  keiner  hindemisse 
in  Qwem  geecheftfen  vor  in  sich  durlTe  beargen  .  .  . 

5)  O.  o  W,  No.  220.  Am  IS.  Fpl>ruai-  MW  spricht  der  Hochmeister 
schon  Witold  semea  Dank  tlir  die  geleistete  Hill'e  aus. 


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Von  Dr.  B.  Kmmbliolts. 


27 


fiberrascbond  günsti<^en  Resultateu  iuiiren  sollte,  sind  reicblich; 
denn  außer  Posilge  und  dem  Annalista  Thomnensis^)  liegen  nooh, 
swei  Briefe  des  Hochmeisters  darüber  vor.^)  Danach  haben  wir 
zwei  Expeditionen  zn  nntersoheiden,  fiär  die  einerseits  der  Orden 
selbst  sieh  anf  das  grflndliohste  vorbereitet  hatte,')  denen  andrer- 
seits die  Anwesenheit  yieler  Oflste  nnd  die  Hilfe  Witolds  so 
groBe  Wirkong  yerlieh.  An  der  Spitze  der  einen  Heeresabtei* 
limg  stand  der  Ordens-Marschall  nnd  der  Herzog  von  Lothringen, 
einer  der  vornelimölen  anwesenden  Kreuzfahrer.  Der  ursprüngliche 
Plan,  iilter  das  kurische  Haff  in  das  westlifhe  Samaiten  einzu- 
fallen, musste  in  Riicksicht  anf  die  Beseliairenbeit  des  Eises*) 
angegeben  werden.  Statt  dessen  drang  man  in  das  südwestliche 
Samaiten  und  plünderte  12  Tage  lang.  Zur  Ihon  Zt^it  war 
Witold  in  Begleitung  des  Gomtur  von  Bagnith  in  das  Herz  Sa-- 
maitens  bis  nach  Erosche^)  vorgedrongen  nnd  hatte  hier  neun 
Tage  hindurch  Verwüstungen  vorgenommen.  Samaiten,  so  von 
zwei  Seiten  angegriffen,  veraweiielte.  Zwei  Territorien  ergaben 
eich  Witold,  welcher  die  ihm  gestellten  Geiseln  dem  Comtur  von 
Eagriith  überwies,  wahrend  die  anderen  Beziikt-  sich  dem  Mar- 
schall unterordneten.  —  Der  Orden  koinite  endlich  glauben,  am 
Ziel  "seiner  langjährigen  Bemtihungt  ii  zu  sein,  um  so  mdir  als 
Witolds  Interessen  hinsichtlich  Samaitens  sich  als  völlig  mit  denen 
des  Ordens  harmonierend  gezeigt  hatten  und  bald  durch  den 
Besuch  seiner  Frau*)  seine  Sympathien  für  den  Orden  sieh  auf 
das  deutlichste  dokumentierten.  Froh  dieses  auBerordentlich 
gflnstigen  Standes  der  Bings  war  denn  auch  der  Orden  darauf 
hedacht»  auf  dreierlei  Weise  sich  den  Besits  des  Landes  zu- 


1)  AnnaL  Thor,  nnd  Posilge  an  14jOO  in  Scr.  IH,  286—287. 

2)  Voigt:  C.  ,1.  Pr  VI  No.  96  und  C.  e.  W.  No.  220. 

Voigt:  G.  Pr.  VI,  im. 

4)  So  le-e  ich  mit  Voigt:  G.  Pr.  VI.  183  Poßilgw'  Worte  (Scr.  III, 
235)  aus:  „und  kimdin  obir  das  hap  uiclit  geczin." 

5)  Das  bei  Posilge  (Scr.  HI,  236)  genannte  „Grasyen"  ist  Krosche 
und  liegt  an  der  Eroschenta. 

e)  PoaOge  ta  1400  in  8or.  HI,  288. 


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28 


äamaiteu  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


sichern.  Zunächst  ließ  er  sich  Geiseln  in  großer  Zahl  atelh'n.*) 
Dm  Troßler- Tiueli^)  führt  für  Has  Jahr  1400  Ans<j;Hl»en  in  großer 
Menge  au,  die  diirt;h  den  Transport  solcher  8amaiten  nach  den 
▼erscbiedensten  Städten  erwuchsen.  So  wurden  Graudenz,  Straß- 
burg,  Birgelau,  Thom,  Kheden,  Bagnith,  Schweiz,  Osterode  mit 
ihnen  belegt.  Sodann  sachte  man  daroh  rein  miUtlürisohe  Maß- 
regeln aiob  des  Landes  sa  vergewissern.  Diesem  Zweck  diente 
der  Bau  zweier  Böigen'),  von  denen,  man  eine  mit  Witolds  Hilfe 
an  der  Nawese  ansnlegen  beschloB.*)  Ob  die  andere  mit  der 
späteren  oft  genannten  „Friedeburg"  in  Samait^n  identisch  ist, 
wissen  wir  nicht,  denn  es  findet  sich  nichts  (lariil)er  in  d<»n 
Briefen  des  Hoclimeisters  aus  dem  Jahr©  14<J1,  wie  Voii^t  ')  he- 
merkt.  Endlich  gingen  aihninisirative  Maßregeln  nebenher, 
welche  die  Herrschait  des  Ordena  ftinh  rn.  aber  auch  zugleich 
wohlthuend  wirken  sollton.  So  geschali  ^iie  £insetzung  eines 
Vogtes  und  zwar  vielleicht  Michael  Kuchmeisters;*)  weiter  trag 
man  fiCür  Bechtspfiege  Sorge,  indem  Kftmmerer  ins  Land  ge- 
schickt wurden,  deren  Aufgabe  dies  sein  sollte.^  Auch  durch 
materielle  TJnterstüteung  suchte  man  die  Stimmung  in  dem  durch 

1)  PosiljLje  zn  1  If^O  in  Si  r.  TIT.  "i  "»:  ..In  de^f  ii  rzit»^n  bej^obin  sicli  alle 
«ly  land  rzu  Sauia^'thiii  dein  ordiii  ic  inf  v  tilich,  und  saiitliiii  vi!  v^-nel  von 
den  besten  der  lande,  die  sich  vor  itm  h  nicht  hattiti  begtbin  dum  oidin. 

2>  Tießlei -Buch  im  Staats- Archiv  zu  Königsberg  p.  32  u.  40. 

8)  Voigt;  C.  d.  Pr.  VI,  No.  11*2  u.  11-1.  Aua  einem  Berir-ht  über 
Wifcidds  Friedensbrneli  und  seine  Verrftterei  am  Orden  in  Betreff  Samaitens: 
y,lffit  swerer  arbmt  und  grossen  kosten  ....  bnwete  .  .  .  tinaer  faoineister 

czwey  huBer  yn  knrCKer  «dt.**  —  Im  Trefiler  Buch  p.  33  und  -45  finden  sidi 
Notizen  über  Zahlungen  an  Zimmerlente  und  Fnhrlente,  die  ^bj  der  buwnnge 

in  Samayt^n"  thätig  gewesen  sind. 

i)  Staats-Archiv  zn  Königsbora;:  Eegistrant  II  C:  Brief  des  Hoch- 
uitjistürs  an  Witold:  „Besunder  !il>ir  lierre  wir  sint  mit  unserm  gebitigern 
czu  ratho  wurden  das  wir  mit  euer  hurrlichkoit  hulto  woldeu  eyn  hus  uff 
dy  Naweee  Vowen."  Die  Urkunde  ist  vom  27.  Mai  1400. 

5)  Voigt:  a.  Fr.  YI,  186  Anm.  1.  —  6)  Ebendaeeltwt.  —  7)  PosUge 
SU  1400  in  Ser.  IH,  237:  .  .  der  homeister  .  .  .  sateste  eynen  henren  des 
Ordens  esu  eyme  fojtbe,  und  gab  den  laadin  kemwer,  die  sie  solden  riehtin 
und  Torweein 


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Von  Dr.  B.  Krombbolis. 


29 


fortwährende  Verwüstungen  ausgesogenen  Land  für  sich  zu  ge- 
winnen. Laut  Treßler-liucli')  j:;ingeii  im  Jahre  140<)  nach  Sa- 
iiiaiton:  Pfonie,  Ochsen,  Salz,  Mehl,  Butter,  Kiiso,  Fleisch,  Hering 
aus  Schonen  und  Bomholm,  endlich  Tuch.  Die  Folgen  blieben 
niclit  aus.  Ein  freundlicher  Verkehr  bahnte  sich  an.  Weilmachten 
1400  weilte  eine  Anzahl  Saraaiten  in  Königsborg  und  kehrte 
unter  Mitnahme  Ton  Geschenken  an  Salz  nnd  Tuch  in  ihre  Heimat 
znrftck.')  Schon  frfther  waren  swei  angesehene  Samaiten  Ger* 
gate  nnd  Gnethe,  mit  einer  Schar  von  82  ihrer  Iiandalente  nach 
Hemel  gekommen,  nm  aioh  in  Preußen  niedeninlassen.')  Noch 
wichtiger  aber  war,  dafi  am  9.  Januar  1401  die  angeaehenaten 
samaitischen  Bojaren  auf  der  Marienburg  erschienen,  um  An- 
erkennung ihrer  Standesverhältuiase,  Verleihung  eines  ausgebil- 
(b'ten  Rechtszustandes  baten,*)  sich  zur  Annahme  der  Taufe 
bereit  erklärten  und  endlich  diese  hoilij:!;e  Handlung  auch  au 
ihren  als  Geiseln  dem  Orden  übergebenou  Kindern  voll/ogen  zu 
sehen  wttnsohten.  ^)  Nur  zu  gern  erfiUIte  der  Hochmeister 
diese  Bitten.  Er  garantierte  die  weitere  Existenz  ihrer  drei 
Stände,  er  verlieh  ihnen  das  für  die  Preußen  im  Ordensland 
geltende  Becht,  und  lieB  dann  unter  festlichem  G^prftnge  und 
Verteilung  von  Geldgeschenken  die  Taufe  vornehmen;')  ja  die 

1)  TreGler-Bach  ]».  42  and  43.  -  2)  £bena«selbst  p,  60.  —  8)  Eben-  . 
daselbst  p.  30. 

4)  Posüge  zu  1401  in  Scr.  III,  240:  „Anno  domini  1401  am  sontage 
noch  epyphanie  domini  qaomea  ken  Maiuoborg  die  bestin  bajorin  d«r  lande 
▼OD  Samayehin."  and  G.  e.  W.  No.  341  S.  78:  „die  landt  csn  Samaithen . . . 

wen  n  c/u  ^arienburg  bei  unsertn  humeister  und  boten  iOt  das  her  die 
baj'>rtTi  lit:-.s<f  hairirfn  V)Hben,  die  freien  fit  l  und  dio  fj^Kuwpr  gebuwer,  nnd 
der  tui-ister  gap  daa  den  landen  allen  einen  brieÖ'  aud  gab  in  sulch  r^ht  als 
die  Pruäheu  in  onsem  landen  hoben. 

5)  Posüge  m  14D7  in  Scr.  III,  940:  „.  .  .  dy  beatiii  hayottn  der  lande 
von  Samaythin  .  .  .  lysain  eich  toafiim  und  entpBngen  den  crietingelonbin. 

 Ouch  8«)  hatte  der  homeieter  umb  ir  bete  und  liogcr  ....  alle 

iie  kinder,  die  sie  (Icm  ordin  czu  gysel  batten  gegebin,  ouch  lossin  touffin. 

6)  Laut  Trc'Ok'r  •  liufh  p.  52  für  1101  wurden  bei  der  Taufe  der 
Samaiten  drei  Tonnen  Meth  gebraucht;  aui^erdem  erhielt  jeder  Täufling 
ö  Mark  Fut^ugeid. 


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Samaitea  und  dmr  Deatache  Orden  etc. 


Neabekehrten  bfl^^eiteten  Qeistliclie,^)  die  bei  ihren  Chiiitiaiiine- 
nmgeYerauohen  in  Samaiien  selbst  erfolgreich  waren.') 

Aber  nur  auf  kurze  Zeit  sollte  sich  der  Orden  dieses  so  viel 
versprechenduu  Anfangs  seiner  Herrschaft  in  Samaiton  orfrrnien. 
WitoM,  dessen  Unterstützung  zum  teil  der  Orden  seiue  jetzi^^e 
Position  dort  verdankte,  war  es  auch  wieder,  der  ihn  aus  der- 
selben zu  verdrängen  suchte.  Wie  Witold  am  18.  Januar  1401 
seine  beim  Vertrag* von  Sallyn- Werder  von  1398  ganz  unbestimmte 
Stellung  gegen  Polen  anf  das  gflnstigste  nnd  klarste  definierte 
nnd  darauf  hin  als  GroBfOrst  von  Littanen  seitens  Polens  wieder 
anerkannt  wurde  —  im  flbrigen  bildeten  Polen  und  Littauen 
staatsrechtlich  eine  Union  — wie  ihm  in  Folge  dieser  unge- 
mein günstigen  politischen  Lage  es  nicht  nur  nicht  mehr  kon- 
venieren konnte,  Samaiteu  abgetreten  zu  habt  n,  äondt-in  wie 
er  der  wirklichen  Einführung  der  Ordeusherr^t  liuTt  in  Sam  itcii 
entgegenarbeitete,  darüber  sind  wir  aus  nnspren  Annalisten  und  den 
Anklage-  resp.  Yerteidigungsschrüteu  beider  Parteien  orientiert. 

Vertrauen  auf  die  ZuverlAssigkeit  Witolds  war  es,  was  den 
Orden  ruhig  mitansehen  ließ,  wie  jener  seine  Festungen  an  der 
Hemel  und  zu  Kowno  wieder  herstellte^)  und  so  auf  gesicherter 

Basis  seine  Intriguen  gegr  u  den  Orden  beginnen  konnte.  Denn 
seiner  Initiative  folgend,  werden,  wie  wir  mit  Sicherheit  trotz 
Witolds  Widerspruch";  annehmen  können,  sich  viele  samaitische 


1)  Pobilgü  /.u  1407  ia  Scr.  III,  240:  „Und  maa  sante  mit  yn  (d.  h.  den 
getauften  Bojaren)  etlieh»  prister  und  monclie,  die  ir  wip  tmd  kindir  eack 
soldin  tonfln  und  sie  lernen  den  cristingeTonMu. 

2)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  112  S.  114:  „vil  der  obixsten  und  Bayoren 
der  Samaythen  von  unsers  Ordens  Pristerbruder  und  andern  Pristem,  die 

mit  Im  worf-n  nngowip^et   wordmi  die  heilige   towfe  entpfinj^on. 

(Ans  ciuein  Beri<.ht  des  lirdens  über  Witolds  Friedansbruch  und  seine  Ver- 
raterei am  Orden  in  betreff  Samaitens.  1401.) 
8)  Csro  III,  209-212. 

4)  Poeilge  sa  1401  m  Scr.  m,  241 :  „Wjrtowt  ....  tat  sieh  ntnb  von 

den  heren,  und  trog  sich  doruf!',  das  her  bynnen  der  cziit  des  fredes  weder 
gebawet  hatfo  syne  huser  uf  der  Myrnmel  nnd  rzu  Cawin.^ 

5)  C.  e.  VV.  No.  288  S.  76.  In  seiner  Bescbwerdeschrült  über  den 


i' 


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Von  Dr.  B.  Kmmbholtz. 


81 


Bojaren  ans  ihrer  Heimat  entfernt  haben.   G«nflg6nde  Gründe 

ftr  "Witolds  Vorgehen  lassen  sich  tindeu.  Er  war  ofi'onbar  nicht 
gemeint,  den  Orden  zu  einer  Herrschaft,  in  Samaiton  kommen  zu 
lassen,  die  sich  weniger  aut*  die  Watlen  —  in  dissem  Falle  war 
sie  leicht  zu  beseitigen  —  als  auf  das  Vertrauen  der  Samait^in  sich 
stützte  und  deshalb  leicht  zu  einer  völligen  Assimilierung  führen 
konnte.  Und  da  mofite  er  ee  jetet  erleben,  daß  der  Hochmeister 
sn  der  Ansicht  icommen  konnte,  „das  alle  Samajten  dem  Orden 
nnd  Ohristenglonben  gehorsam  nnd  nndertenig  waren  .  .  nnd 
„4aa  is  eyne  ewige  gute  bestehunge  nnd  Vorgang  haben  solde/*^) 
Dieser  Entwicklung  glaubte  er  entgegentreten  zu  müssen,  indem 
er,  wie  erwfthnt,  die  Yeranlasanng  wurde,  da8  viele  Samaiten  sn 
ihm  ins  Land  kam<^n.  Si  liarf  blickend  wie  er  war,  reelmete  er 
ganz  richtig  auf  dio  Wankolmütigkoit  der  Samaiten,  sobald  er 
ihnen  Aussicht  auf  Gewinn  veniio<ye  des  Stell nn<2jsweoh8ei8 
machen  konnte.  Gelübde  und  Gaben  machte  er  den  Bojaren, 
den  unfreien  Bauern  aber  versprach  er  die  Freiheit  zu  geben.^) 
Diese  Angaben  sind  aus  einem  amtlichen  Ordensbericht  über 
Witolds  Verräterei.  Dafi  der  Orden  aber  mit  dieser  Beschuldi* 
gong  gegen  Witold  nicht  die  Unwahrheit  sagte,  trotz  der  Ver- 
sicherung Witolds,  welche  uns  schon  bekannt  ist,')  und  die  sich 
'  darauf  stütste,  dafi  laut  Vertrag  von  1898*)  die  Aufnahme  aus 
eigenen  Stücken  übergetretener  Samaiten  freien  Standes  ihm 
gestattet  gewesen  wäre,'}  beweisen  Witolds  Bemühun^uu  an- 

Orden  vom  20.  März  1401  erklärte  Witold:  „Cum  (cruciteri)  corueront,  quod 
bominw  liberi  qiiaiii  plnriim  de  nio  bono  spersnteSi  ab  eMdam  Samaytensibas 
tezris  sab  nos  in  diBtrictna  nostn»  ae  iraasferraot,  ipaia  tnoisetuitibiis  .  .  . 

obmstebaiit." 

1)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  112. 

2)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  112  S.  114:  ..Witold  .  .  .  vil  der  Samaythen 
oca  sich  czog  . . .  mit  gobe  gelobde  und  alsust  mit  yiigenaturthen  argelisteu" 
und  später:  In  Witold  grosse  friheit  and  gelobde  tbätt  of  das  her 
ne  voo  dannen  csihen  mochte.**  —  S)  cf.  oben  S.  80  Anm.  5. 

4)  Der  Tertreg  von  189-1  (Bange  17,  No.  1479)  verpflichtete  bekanntlicb 
Witold  sn  folgendem:  „Nullum  (»Qsitum,  mancipium  an  servum  onlinis  sine 
9xprpsf!a  licentia  man;i.qtri  gonerali<i  .  .  .  debebimos  «d  terrae  noetras  reoipere»** 
cf.  «ich  oben      24  —  öj  ü.  e.  W.  I^o.  241. 


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32 


Samaitea  und  dor  Deutsche  Orden  etc. 


läßlich  einer  Versaimnlun'j;  mit  Ordensdepiitierten  über  die  Aiis- 
liefemng  von  aus<^'nviuid<'rt»'7i  Samaiteu.    Hätte  er  wirklich  nur 
Fn'ien  und  Bojaren  aus  SamaiU'Ti  Eintritt  in  sein  Land  gestatt.et 
und  wären  diese  nur  aus  freiem  Antrieb  gekommen,  er  also  ohne 
Interes?«^  daran,  so  würde  er  nicht  versucht  haben,  einer  Defi- 
nition über  Freiheit  und  Unfreiheit  Geltung  sa  verschaffen,  die 
ihm  erlaubte  selbst  Mitglieder  des  dritten,  unfreien  Standes 
als  mit  gutem  Becbt  von  ihm  aufgenommen  hinzustellen  und  aaf 
Qnmd  davon  deren  Auslieferung  za  verweigern.  Witolds  Beweis- 
fOhning  stütet  sich  daranff  daB  ein  Unterschied  wäre  zwischen 
den  Bauern,  welche  ,,gute   baioren  czu  frunden  hetten"  und 
denen,  „die   bei  den  baioren   E^cf'essen  betten  und  betten  in 
geczinset".    Gewiß  wird  man  /.u<^eben  müssen,   daß  in  sozialer 
Beziehung    beide   Klassen    verschieden   dastanden,*)  rechtlich 
jedoch  l)loibt  die  erste  Kategorie  genau  so  zum  Stand  der  Uu- 
^ien  gehdhg  wie  die  zweite,  eben  weil  sie  dem  Bauerstand 
angehört.  —  BaiS  Witold  mit  seinen  erw&hnten  Versprechungen 
Erfolg  haben  würde,  war  vorauszusehen;  es  gelang  ihm  sogar, 
die  Samaiten  in  heftige  Fehde  unter  einander  zu  bringen,  da- 
durch, dafi  die  zu  ihm  Uebertretenden  die  dem  Orden  Tranen 
mit  Gewalt  zum  Anschluß  bringen  wollten.*)    Wo  sie  es  nicht 
erreichten,   da  l)eraubten  sie  die  Widerstrebenden  wenigstens. 
Auch  diese  1  JcscluiMi^ung  <1«as  Ordens,  au  der  jedenfalls  so  viel 
Wahres  ist,   daß  einige  zur  Mitwanderung  gezwungen  worden 
sollten,  läßt  sich  sehr  wohl  mit  der  Gegenklage  Witolds  ver- 
einigen,') dafi  der  Orden  die  Samaiten  am  Uebergang  zu  ihm 

1)  Vergl.  „*über  Staudesverbältnisse  in  Samaiten''  Aitpr.  Honat^hr. 
Bd.  XXVI,  S.  207. 

2)  Voigt:  C.  d.  Fr.  VI,  No.  IIS  S.  118.  Ans  einer  Klageachrift  des 
Ordwis:  „Wytont  .  .  .  .  (  z  ig  die  Sama3'teu  wedir  om  Itt  ....  die  selben 
Saymaitpn  <Vw  also  czu  Im  rzogen,  die  andern,  die  gerne  by  uns  bieben 
weren,  in  Iretn  nsczof^e  roubteo  und  slugen,  und  eyua  teila  mit  In  weg  fnrten. 

3)  C  e.  Vi.  2so.  2H8  S.  7G:  „Cruciferi  .  .  .  cnm  .  .  .  cernerent,  quod 
homines  Kberi  quam  plurimi  de  suo  bono  sperantes,  ab  eisdem  Samaytensi- 
bos  tenis  snb  no«  in  districtas  se  tranaferreot,  ipsis  transeantibus  inaidiando 
obsistebant,  et  viam  ipaomm  perpedientes  ....  retrotanm  verberibna  et 
ofianaionibus  propellabant.** 


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Vctil  Dr.  E.  KmmbholtB. 


8S 


geiiiiidert  hätte,  freüicli  <Anie  etwas  von  semen  Verlockungen  zu 
erwähnen.  G-ewiß  war  es  nur  ein  Akt  der  .Selbsterhaltung,  wenn 
der  Orden  eine  derartige  Verringerung  seiner  Unterthanen,  was 
doch  die  Samait<»n  waren,  —  ein  Ordensbericht  spricht  von 
4000^)  —  zu  verhindern  suchtei  obgleich  laut  Vertrag  ihm  dies 
nur  den  „sinsfaaftigen"  und  „eigen  einshaftigea**  gegenüber  ge» 
stattet  war,*)  Freien  nnd  Bojaren  dagegen,  falls  sie  answandem 
wollten,  in  Folge  der  nicht  durch  einen  besonderen  Vertrag  auf- 
gehobenen Freizügigkeit^),  nicht  Schwierigkeiten  in  den  Weg 
gelugt  werden  durften  —  Noch  besaß  aber  der  Orden  seine 
Burgen  im  l.andi-  Samaiten,  noeh  hing  ihia,  wie  erwiihnt,  ein 
Teil  der  Einwohner  an.  Doch  auch  diese  zwei  Stützen  seiner 
Herrschaft,  die  durch  Ansiedlung  deutscher  Kolonisten  zu  kräf- 
tigen ihm  aus  Mangel  an  solchen  unmöglioh  gewesen  war,  sollten 
bald  Mien.  Otf«  nbar  zu  schwach,  um  mit  Waffengewalt  an 
Witold  diese  Entfremdung  seiner  TJnterthanen  zu  rftohen,  der 
durch  sein  Bündnis  mit  Polen^)  in  gflnstigster  Lage  war,  wie 
wir  wissen,^)  beschrfinkte  sich  der  Orden  auf  die  Erhöhung  der 
Wehrkraft  seiner  Positionen.  AuBer  den  Burgen  in  Samaiten 
sdbst*)  wurden  Bagnith,  Hemel  und  Gotteswerder^}  yerstHrkt. 
Sodann  trat  er  mit  Witold  in  ünterhandinngen,  der  sich  hier 
geschickter  Diplomat  erwies,  indem  er  den  Orden  durch 
Friedensversicherungen  und  das  Versprechen,  die  übergetretenen 


1)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  123:  ,.Wytowt  ,  .  .  .  lutli  die  Samayten 
gemeynlich  czu  Im  .  .  .  wol  1111**/*      2j  Bunge  IV,  No.  1476. 

3)  C.  ©.  W.  No.  2dö.  In  einem  Vertri:^  vom  17.  August  1404 
'zwiadien  Witold  und  dem  Orden  heißt  es:  „Yortme  so  solle  wir  (das  heiBt 
Witold)  keinen  menschen  ....  binnen  c»ehen  jähren  ....  in  unser  lant 
....  offiiemen  ....  unde  so  zieh  die  czehen  iar  forgeen,  so  zi  dirlonbet 
nnsern  frien  Inthen  ....  ezn  cziben  allen  enden  noch  gewonheit  ondirr 
cristener  lande." 

4)  Der  Hochmeister  spricht  sich  in  einem  Bericht  über  den  Verrat 
WItolds  nnd  das  feindselige  Verhalten  des  Kdnigs  v<m  Polen  folgendermaßen 
ans :  tJHe  der  konyng  von  Polen        sache  ist  geweet,  went  her  In  doma 

gf hallen  hat,  alsust  liett  es  villeicht  Wytout  ny  getan,  cf.  Voigt:  C.  d.  Pr. 
IV,  No.  113.  —  5)  Vergl.  oben  8.  80.  —  6)  Trattler-Baoh  p.  60.  — 
7>  Ebendaselbst  p.  61  und  0€. 

Ahft,  Mewaf  ehrift  Bd.  JULYU.  Hft  1  o.  a  S 

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84 


SMiiaiten  und  der  Deatoche  Orden  etc. 


SaTTiiiiten  zielif'ii  zu  lassen,  hin/nlialten  wußtö.^)  Als  aber  nun 
der  Orden  durch  einen  zweiten  (TosaniUen  ihn  aniforderte,  dem- 
gemäß zu  handeln,  erklärte  er,^}  daß  er  allerdings  die  Saniaiten 
wolle  ziehen  lassen,  indessen  keineswegs,  um  sie  wieder  üntei^ 
thanen  des  Ordens  werden  sn  sehen,  sondern  snr  ZnrOekerwer- 
bnng  nnd  Verteidignng  ihrer  Unabhängigkeit.  Aber  noch  nicht 
genng  mit  dieser  kfinstlichen  Anslegong  seiner  ersten  Erklänmg 
bewirkte  er  dnroh  fünftägige  Znrflokhaltang  des  von  seiner  Ab- 
sicht informierten  Boten,  daß  der  Orden  nicht  eher  hiervon 
etwas  eHuhr,  als  bis  9ein  Hauptmann  an  der  Spitze  der  zu  ihm 
übergetretenen,  mit  rierden  und  Hamisolien  au>^^erüsteten  Sa- 
maiten  schon  auf  dem  Marst-h  war.'^i  So  erreichte  Witohl  Jiacli 
d^iTi  13.  Miirz  1401  ^1  «lif  vciUige  \  ermchtuni^  der  henien  Or<i<^ns- 
burgen,  Gefangennahme  der  Besatzung,  ohne  daß  auch  nur  eine 
Spur  von  einer  Erhebung  der  anfange  tren  r^cbliebenen  Samaiten 
l&r  den  Orden  sich  sceigte.   Des  Ordens  Herrschaft  war  beseitigt, 


l)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  11.:  6.  ii7.  Aus  dem  Ordeusbcricht  über 
Witolds  Frifideosbmcb :  „Wjrtowd  ,  .  .  entpot  ans»  her  weide  donimh  mit 
ODS  nieht  krigsn,  her  weide  «ie  (d.  h.  die  QbergetTeteiien  Samaiten)  widder 
laesen  eahien  in  Ir  land. 

S)  Voigt:  C-  d.  Pr.  VL  No.  IIB  S.  119.  Ans  einem  Bericht  des  Hoch- 

Ti>ci<t.  r><  iilifi-  WitoM^  Vornitorei:  „Wir  .  .  .  snnton  .  .  .  czn  Im  tm^er  liotcn. 
diT  mit  Im  eviieti  tag  von  unser  wf^t-ii  solde  oftnemen.  weifte  lier  die  Say- 
maiten  lassen  cziben,  als  ber  uns  entpoteu  liette,  wir  botteti,  wir  weiden 
ans  fruntlieh  mit  Im  entricht  haben  .  .  Als  unser  böte  csu  Im  qwam, 
Sprach  her,  ilie  Bede,  die  her  uns  empoten  hette^  bette  her  nieht  Ihmtltch 
gemeynet,  wcnt  syne  mejnungu  were  gewest,  das  her  dit!  Saymaitben  weide 
off  Ir  lieyiiiiit  lassen  czihcu,  Ir  frt  iheit  czu  weren.  als  sie  vor  hatten  p;L'tan.^ 

Hl  Voi,-t:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  113  S.  119:  „den  (Boten)  behilt  her 
(Wituld)  .  .  V  tago  bey  Im  .  und  bynueu  des  richte  ber  dif*  Saymaifen  ii«.  die 
her  trogücbiu  C2u  Im  hatte  geczogeu,  mit  pi'erden  und  haruasch,  und  gap 
In  mete  syne  houptlute,  und  aJs  eis  von  Im  eynen  t«g  und  eyiM  nacht 
geritten  waren,  eretoi  Iis  her  uneem  boten  von  Im  ciEÜien,  also 
qwomen  sie  ken  Saymaiten  vor  die  huser  von  uns  gebuwet,  ungewarnet, 
und  anc  alle  ontsaguugo  und  vorbranten  sie,  unsors  Ordens  bmderi  dyner 
und  inthe,  die  dorufi"  woren,  brachten  .sie  cvax  Wytout." 

4)  Po<;iIge  zu  1401  in  Sor.  ULI,  241:  „und  ceogin  noch  mitfostin  vor 

die  czwe  huser  etc.'* 


Von  i>r.  B.  Krumbholtz. 


36 


«ber  die  Samaiten  sollten  sich  irren,  wpnn  sie  glaubten,  jetzt 
wieder,  wie  Wit-old  versprochen,  in  ihre  Ii  uhere  Freiheit  gesetzt 
zu  werden.  An  die  Stelle  der  Ordens verwaltun;:^  trat  der  Haupt- 
mann Witolds  ;  wie  sie  dem  Orden  Geiseln  gestellt  hatten,  die  * 
jetzt  in  den  Händen  desselben  in  großor  Gelahr  waren,  so  ver- 
langte es  auch  Witold;  denn  er  wuä(»  am  besten,  daß  auf  die 
Zuverlässigkeit  der  Samaiten  nicht  su  rechnen  war.^)  Wohl 
nm  dieee  EntUnsehnng  m  ▼ermindem,  kam  er  den  Samaiten  so 
weit  entgegen,  daß  er  die  gemachten  Gefangenen,  welche  für 
■ein  Verhfiltnis  mim  Orden  doch  auch  von  Wichtigkeit  waren, 
als  Anstanschobjekte  für  die  in  der  Gewalt  des  Ordens  sich  be- 
findlichen samatti&cfaen  G-eiseln  anbot.  Falls  er  hierbei  von  der 
Ueberzeugung  ausging,  daÜ  der  Orden  hierauf  niclit  oin<^('lien 
könne.  w«il  mit  Auslieferung  der  Geiseln  jeder  Einlluii  ant  das 
Land  überhaupt  aufhörte,  so  irrte  sich  nicht.  Es  geschah 
eine  strikte  Abweisung,  ja  der  Hochmeister  ging  in  seiner  be- 
rechtigten Erbitterung  so  weit,  daß  er  Befehl  gab,  die  Geiseln 
in  Ketten  legen  su  lassenf  ein  Loos.  dem  sich  zwei  nach  Thom 
znr  Anfbewabrung  gegebene  Geiseln  durch  iieiwüJigen  Tod 
entzogen  *)  Witold  konnte  auf  das  höchste  Euirieden  sein.  Der 
Orden  muBte  durch  die  eben  angefahrte  Mafiregel  die  größte 
Erbitterung  in  Samaiten  gegen  sich  erregen;  er  dagegen  hatte 
neben  dem  Pfiotd  der  Zuverlässigkeit  dieses  Landes  durch  seine 
Verwendung  für  die  Geiseln  den  Anspruch  auf  Dankbarkeit  sei- 
tens der  Samaiten  gegen  sich  erworben.  —  So  war  der  Orden 
auf  das  bittcist»'  wied'^r  in  allen  seinen  Erwartunfjjen  enttäuscht ; 
wie  sehr  man  dies  emphmd  zeigen  die  (ihrem  iuhalt  nach  schon 
ausgenutzten^  Briefe  an  die  Gebietiger,^)  an  den  Papst,  Herzog 
von  Burgund^)  und  einen  Domherrn  Hieronymus  von  Bieslau.*^) 

1)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  112  S.  117.  Aus  einem  Ordenabericht: 
„. .  .  .  (Wytowd)  .  .  .  nmm  dÜ  limt  (Samutan)  in  ond  Baoste  dorin  syne 
botiptJttthe  und  das  her  Ir  sicher  worc,  nam  her  voa  In  gissl,  und  ist  an 
ans  XDUteode,  das  wir  unser  gisil  wider  gehen  vor  die  (j^efangen/' 

2)  Annal.  Thor,  und  Posilp;r>  zu  1101  in  Srr.  Iii,  242.  —  Voigt: 
C.  d.  Pr.  VI.  No.  109  und  112.  —  4}  Ebendaselbst  V,  No.  116.  —  b)  Eben- 
da^bäC  Ylf  ^o.  113. 

Ö* 

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86 


äftmaitan  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


Indessen  kam  der  Orden  üW  Klagen  nicht  hinans,  und  wir 
werden  aiizniicliint  ii  haben,  daß  in  Samaitöu  ein  V(>lliger  Abfall 
vom  Christentum  statttindet,   daß  Witold  in  Samaiten  die  füh- 
rende Bolle  hat;  brechen  ducii  auf  seine  Anweisung  Ende  Mai 
1^2  die  Samaiten  gegen  Memei  auf.^)    Wie  schon  häutig,  so 
war  auch  dieser  Zug  der  Samaiten  gleichsam  die  Antwort  aui 
eine  abermalige  Ueberweisung  ihres  Landes  an  den  Orden.  Ane^ 
gehend  -von  Swidrigiello,  Jagiellos  Brader,  der  Witold  sn  Liebe 
yon  Wladislans  fallen  gelassen  war,*)  erkannte  die  darüber  ana- 
gestellte  TTrlnmde')  die  Ordensberrsohaft  innerhalb  derselben 
Grenzen  an,  wie  Witold  es  1898^)  gethan.   Sodann  legte  sieh 
Swidrigiello  die  Verpflichtung  auf,   sofort  nach  dem  eveutuelJen 
Antritt  seines  väterlichen  Erbes,   alle  Samaiten,  soweit  sie  nach 
1398   ihre  Heimat  verlassen,   welchen  Standes   sie   auch  seion. 
auszuliefern.^)    Au  sich  wertlos,  weil  SwidrigieUo  völlig  ohne 
Macht  ist,  beweist  dieser  Vertrag  nnr  wieder  von  neaem,  wie 
hohen  Werth  der  Orden  auf  Samaiten  legt;  denn  nur  so  erklftrt 
es  siehf  warom  er  sich  von  dem  als  littaoisohen  Kronprätendenten 
auftretenden  Swidrigiello  auf  alle  Fälle  seine  Forderong  anf 
Samaiten  klar  und  bestimmt  anerkennen  Iftfit.   Während  trotse 
der  Verwüstung  Littanens  durch   die  Livländer*)  noch  am 
9.  April  1402  \'erhandlungen  über  die  Auslieferung  der  Gel'au- 
genen  vom  Orden  AVitold  angeboten  werden,   falls  er  auch  im 
Namen  der  Samaiten  den  (-resandten  die  hislier  versagte  Sicher- 
heit garantiert^}  —  auch  ein  Zeichen  dafiir,  wie  Witold  auf  die 

1)  l'osilge  zu  140^  in  Scr.  III,  257.  —  2}  Caro  HI,  216-217. 
8}  Bunge  IV,  No.  160B.  Die  Urkunde  ist  vom  3.  Män  1402  datiert. 
4)  Bunge  IV,  No.  1479. 

6)  Bunge  IV,  No.  1603:  .  '  >  ordens  lute,  gebuwere,  rittermenge 
fiflcr  onrli  \velr}ierlei  ^flaitine«* '!)  sin  sint.  dio  noch  dem  fwigen  frede,  ge- 
stiftet arlibarlich  mit . . .  Wvtout . . .,  eutw  isclicu  synt  us  Sumayten  des  ordens 
lande,  czu  dem  vorgesprochenen  Alexandro  (alias  Witold),  so  shire  wir 
Widder  kommen  in  welcherlei  wiese  czu  uusero  veierlichen  landen  .... 
wir  ane  alle«  gefeer  widder  antwertoa  aollen  dem  .  .  .  ordeOf  in  irelehen 
gegenoten  al  unsirer  lande  sie  sint*' 

6)  Foailge  eu  1402  in  Scr.  III,  256. 

7)  C.  e.  W.  Ho.  253.  Brief  des  HochmeiBtan  an  Witold;  f,Oaok  ir 


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Von  Dr.  R,  KmmbholU. 


37 


ErHitfATTinry  der  Samaiten  J^egen  don  Orden  Rücksicht  nimmt  — 
beginnt  nach  dem  2ö.  Mai  1402  auf  Witolds  Gebot  der  bereits 
kürz  erwähnte  Zug  der  Samaaten  gegen  Memel,  welcher  mit  der 
Verwflstang  der  Stadt,  Ermordung  der  Einwohner  endete.^)  Ob 
Witold  selber  an  der  Spitee  dieser  Expedition  gestanden  bst, 
«rgiebt  sieb  niobt  nnd  ebenso  wenig,  ob  Samaiten  an  der  bald 
bieranf  stattfindenden  Einnabme  Gotteewerder»  beteiligt  sind.*) 
Am  9.  JnH*)  nnd  ancb  nacb  dem  vergeblichen  nm  den  25.  Jnii 
zur  Einsetzung  Swidrigiellos  gegen  Wilna  unternommenen  Zuge,*) 
am  10.  Sept^mber^)  bietet  der  Hochmeister  wieder  Verhand- 
luDgeu  über  die  Auswechselung  der  beiderseitigen  Gefangenen 
an,  deren  Zustandekommen  indessen  nur  möglich  wäre,  falls  von 
Witold  UnverletzHelikeit  der  Gesandten  auch  seitens  der  Samaiten 
mgesicbert  würde.  Vielleicht  ein  Resultat  dieser  KorrespondMis 
ist  jene  Zusammenkunft  dee  1.  Oktober  1402,*)  in  der  die 
Samaiten  vom  Orden  ihre  einst  gestellten  Geiseln  fiftr  Ans- 
Heferang  Ton  Ordenslenten  snrOckerbalten.  In  Witolds  Hftnden 
waren  diese  Gefangenen,  wie  wir  wissen,^)  gewesen;  er  bandelte 
tlm  durchaus  im  Interesse  der  Samaiten,  wenn  er  f&r  ihre  Geisel 
d:t'SL'  iinslieferte.  Jetzt  konnten  diese  ilirem  Zorn  gegen  den 
Onku  die  Zügel  schießen  lassen.  Bis  nach  ßagnitli  dringen  öie 
eng  verbündet  mit  den  Littauern  um  den  25.  Dezember  1402 
vor,*)  gerufen  von  einigen  Verrätern,  weich©  die  Uebern;  ibe  ver- 
sproeben  hatten.  Indessen  hinderte  die  Anwesenheit  des  Komtnr 

flchriKet.  das  ir  geloben  "wollet  noch  alder  gewohnheit  und  nicht  vor  die 
Samaiten.  So  wisset  iiu  ir  vor  die  Samaiten  nicht  golobea  waUet,  so  wellen 
wir  ouch  tleu  tag  mit  euch  nicht  balden." 

1)  Posilge  sn  1403  in  Scr.  III,  85T:  „Oaeb  geechftoh  eyne  bose  ge- 
lehicht .  .  .  Ton  don  Samaythin,  wand  ne  .  .  ,  qwomen  noeb  «iiewjBiiiige 
des  .  .  .  W>-toldi8  etc.  -  2)  Posilge  n  1402  in  Scr.  III,  257-^2r>8.  ~  3)  C. 
t.  W.  No.  257.  —  4)  Annal.  Tlif^r.  und  Posilge  zu  1102  in  Scr.  III.  258.  — 

5)  C.  e.  W.  No.  259.  Brief  des  Hochmeisters  au  Witc  l«!   sendet 

ODS  .  .  .  inen  bri£^  in  deme  ir  alle  dl  onsern  sichchert  (I),  (las  sie  vor  euch 
md  TOT  iUe  d«a  omem  nnd  oneb  tot  den  Samaithen  frei  hin  uff  und  wedir 
b6nb  •  *  •  /mögen  können« 

6)  Posilge  zu  1402  in  Scr.  III,  202.  -  7)  VetgL  oben  8.  84  Amn.  8. 
8)  Posilg»  so  1408  in  äor.  m,  968  nnd  Anm.  2. 


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88 


flamaitiMi  nnd  der  Deatsohe  Orden  eic 


Grafen  Friedricli  von  Zollem  mit  vielen  Oebietigern  ans  dem 
Lande  auf  der  Bmg  die  Ansfllhning  des  hinterlistigen  Planes 
nnd  80  erreichten  die  Feinde  nichts  als  die  YerwQstung  einiger 
Flecken  vor  der  Burg.    Dieser  kecke  Vorstoß  forderte  die  Rache 

dös  Ordens  heraus  und  so  sollten  Jainiai  M03  drei  Ordensheere 
in  die  Gebiete  der  Samaiten  und  T.ittauer  einfallen,  von  denen 
auch  zwei  aus  letzterem  Lande  mit  reicher  Beute  heimkeln  ten.^} 
Die  dritte  Abteilung  indessen  unter  dem  Komtur  von  Kagnith, 
die  sich  nach  Samaiteu  hatte  wenden  eoiien,  verzichtete  auf  die 
AusAthnmg  ihres  Zuges,  weil  die  gewarnten  Samaiten  sich  in 
einer  überlegenen  Zahl  gesammelt  hatten.')  Fttrwahr  eine  selt- 
same Veränderang,  die  bei  den  Samaiten  sich  seit  ihrer  Wieder- 
vereinigung mit  Witold  vollsogen  hat,  daß  wegen  einer  bloßen 
DefensivmaBregel  ihrerseits  der  Orden  von  einem  Yorhaben  gegen 
sie  abläßt  Vielleiclit  ist  es  die  so  gesammelte  Schaar,  durch 
die  Kurland  von  Samaiten  her  freilich  ohne  großen  Seliadon  bald 
aufgesucht  wird.-i  Van  viel  besserem  Erfol«^'  wan-n  die  liewohuer 
desselben  Landes  nach  dem  15.  April  14C>d  unter  Witolds  Füh- 
rung auf  einem  Zug  gegen  Livlaud  begleitet.^)  Burg  und  Stadt 
Dünebuig  gingen  in  Flammen  auf,  die  Besatzung  nnd  Cin- 
wohner  worden  gefangen  genommen  oder  getötet.  Gewaltig  muß 
diese  Ktthnheit  auf  den  in  knraer  Zeit  so  hart  geschädigten 
Orden  gowirkt  haben;  er  £ng  an  auf  eine  größere  Widerstands- 
fthigkeit  seiner  Burgen  bedacht  an  sein.  An  Hemel,  Splittern, 
Bossften*)  wurde  gearbeitet  und  kaum  war  man  mit  dem  Umbau 
iiagniilis  fertig,  als  Witold  nach  der  Einnahme  von  Georgenbiirg 
nur  in  Kticksicht  auf  die  rechtzeitig  vorgenommene  Stärkunor 
Ragnitiis  von  einem  Angi-itf'auf  dassflbe  Abstand  nahm.'';  Damit 
sollten  die  kriegerischen  Ereignisse  ^\  ieder  zunächst  ihr  Ende 
gefunden  haben;  denn  trotz  des  otfenbaren  TTehorgewirhts,  das 
Witold  jetzt  hatte,  einigte  sich  dieser  am  1.  Juli  1403*^)  anl&ßlich 
einer  abennaligen  Auswechslung  von  Gefangenen  mit  dem  Qrdens- 

i;  i'usil'^e  zw  140;?  in  Scr.  III,  '2i'A.  2j  Kl.emlasell»«!  265.  —  8)  Anrial. 
Thor,  und  Posiige  zu  140ii  in  Scr.  III,  266.  —  4)  Treüler-Üuch  p.  120,  120, 
5)  PosÜge  sn  1406  in  8or.  lU,  966.  -  6)  Ebendssdbst 


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Von  Dr.  B.  Krumbholtz.  39 

Marschall  über  einen  Waffenstillstand  bis  mr  Abhaltung  einer 
Kontereiiz  zwischen  dem  Hochmeister  und  WitoM  solbst.  Dieser 
Vertrag  des  Marschalls  wunlo  am  12.  Juli  140H  vom  Hoelimeister 
genehmigt*)  durch  eine  Bestatignnf]^surknude,  die  erkennou  läßt, 
daß  der  Marschall  jedenfalls  auf  Drängen  Witolds  nicht  umhin 
gekonnt  hat,  aach  die  Samaiten  in  den  vorttbergehenden  Friedens* 
SDstand  aufzanehman.  Setzte  diese  Nachgiebigkeit  des  Ordens 
ein  lebhaftes  Interesse  Witolds  für  Samaiten  vorans,  so  schien 
bald  wieder  ein  I7msohwung  in  seiner  Stimmnng  sich  yollzogen 
m  haben;  denn  wenn  Witold  dem  Marschall  gegenüber  erklfirte, 
daB  fhr  den  Fall  einer  Zusammenkunft  zwischen  ihm  nnd  dem 
Hoelmieistcr  er  bereit  wäre,  den  Orden  für  alles  empfangene 
Uöbel  Geiiugthnnns:  zu  leisten  und  ihm  die  entfreindoien  Länder 
wieder  zu  überweisen,^)  so  konuLe  mau  hierunter  doch  nur  eine 
Bestitution  Samaitens  an  den  Orden  verstehen.  Nicht  minder 
wichtig  als  diese  so  auf  Samaiten  eröffnete  Aussicht  war  die  Ver- 
pflichtang  Witolds,  bei  der  für  den  8.  September  Tereinbarten 
Konferenz  das  peraAnliche  Erscheinen  des  Blönigs  toü  Polen 
sa  veranlassen.*)  £s  war  dies  deswegen  von  so  groBer  Beden- 
iungi  weil  die  Abtretung  von  Samaiten  des  Jahres  1898  noch 
nicht  die  notwendige  Sanktion  Jagiellos  erhalten  hatte,  den 


1)  Bunge  IV,  Na,  16S0:  „Noch  solchen  Vorworten  und  voraehreibange, 
als  unsir  olmster  morschalk  mit  ....  Witowt  einen  fredetag  .  .  .  vfge« 
uomen  hat  ....  so  s<m  wir  csa  rate  wurden  mit  nn'^orri  «jeliietipern  .  .  .  , 

einen  frede  czu  holden  mit  Witowt  und  mit  allen  ahmn  landen  und 

lutea,  als  Littonwen  und  Russen  und  auch  mit  den  Saymaithen 

^  IKeae  Naohriolit  findet  sieh  in  einem  Bericht  des  Hoehmeistera  an 
den  r6tnisehen  KOnig  etc.  cf.  Toigt:  G.  d.  Pr.  VI,  No.  168  8.  171:  Witold 
apneh  ^etn  ....  mjmm  marschalk  ....  were  das  loh  mit  Im  czusampne 
qnempn  xxff  eynen  taj?.  hpr  wolde  mynen  Orden  gen»icj  sien.  vor  allos  der 
hf-i  weflir  In  sreton  hette,  und  genoalich  wedirkehren  was  her  von  lande 
Im  genomen  hatte. 

8)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  No.  168  8.  171:  „der  tag  (für  die  Zneammen. 
kanft  am  8.  September)  also  ▼oxeohteben  wert  off  myn  l>ehagnnge,  das 
keresog  Wytodt .  .  .  nf  den  selbigen  tag  gest ollen  solde  den  konig  von 
Polao  in  eygener  pereone.  Dornodk  als  Ich  horte  die  mejnimge  herosog 
Wjr(!}  and  syn  gel  bOe  .  .  . 


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4D  Sunmiten  tind  dar  SeoftMhe  Orden  etc. 

Witold,  trie  schon  erwfthnt  am  18.  Janiiar  1401  als  seinen  Lehna- 
herm  anerkannt  hafcte/)  dem  er  am  19.  Joni  1403  nochmab  Treue 
gelobt  und  versprochen  hatte,  ohne  sein  Wisseni  Willen,  Zn- 

Stimmung  und  Auftrag  keine  Einigung,  Bündnis  oder  Vertrag*) 
mit  dem  Orden  zu  öchließeu, 'j  Indessen  nur  zu  schnell  sollte  der 
Hochmeister  die  etwa  auf  die  Unterredung  vom  8.  September 
gesetzt<?n  Hotiuungeu  scheitern  sehen.  Jftfjiello  eröchieu  nicht 
persönlich,  sondern  ließ  sich  durch  Gesandte  vortreten,  die, 
sobald  der  Hochmeister  seine  Forderung  auf  Zurückgabe  Samaitene 
laut  Vertrag  von  IB&Q  erhob,  erklärten,  dazu  nicht  Vollmacht  sn 
haben,  eine  Erklftning,  der  Witold  sofort  sich  ansohiofi,  indem  er 
sieh  auf  sein  Vertragsverhftltnia  au  Polen  berief,  das  ihm  eigen- 
mächtiges Handeln  verbot*)  Kurz  man  ging  auseinander,  nach* 
dem  gegen  den  Wunsch  Witolds  und  der  Polen  statt  bis 
Pfingsten  1404  der  Waffenstillstand  nur  bis  Weihnachten  i4/0S 
vom  iiochmeister  verlängert  worden  war."^)  Samaitens  Zurück- 
erwerbung schien  noch  mehr  unmöglich  zu  werden,  als  infolge 
der  unaufhörlichen  Klarten  Ja<^iello's  und  Witold's  gegen  den 
Orden  bei  dem  ßeich  und  Papst'^j  eine  vom  'l  September  1403 
ausgestellte  Bulle  Boni&cius'  IX  unter  Androhung  von  Bann 

1)  Vergl.  S.  30  oben  und  Schiemaun  I,  521. 

9)  C.  0.  W.  Xo.  2(>H:  „Nos  Allexander  alias  Witowdiis  ....  polli- 
cemur,  quod  nuüas  uniones,  ligas  »eu  concordias  cum  crnciferls  .  .  .  pariter 
facere  volamas  sen  eiiam  fiMiemos  sine  seitu,  voluutate  cousensu  panier  et 
maadato  .  .  .  Wladislai  regis  Polooiitt.  .  . 

S)  Das  Verhältnis  swisohen  Jagiello  und  dem  Orden  lieft  trots  per- 
edDliehen  Verkehrs  sehr  viel  zu  wünschen  übrig  (Lohmeyer  S.  SB6 — S86), 
indem  man  sich  diplomatisch  auf  dns  heftigste  bekämpfte. 

4)  Voigt:  C.  d.  Pr  VI,  No.  IfVR  S.  112.  Bericht  des  ilorhtnei.'^tor» 
über  den  Verlauf  der  Verhaudlungcu  mit  Witold:  „Ich  (d.  h.  der  Hoch- 
meistar)  hisoh  nicht  me^  wen  da«  hercog  Wy;,!)  obgenent  nicli  und  meynen 
Orden  widdireecste  in  die  bemtsunge  und  rechte  der  lead«,  die  her  mir  osn 

unrechte  hette  genomnien  und  obir  die  her  gegeben  eeyne  eygene  brifib  , 

do  di  boten  von  Polau  <lii^  horten,  so  sprochen  sie.  sie  hpH^n  fl^^  ki^ne 

macht  do  (herczog  Wy)  gevroget  wart  il<^nnnb,  do  sprach  her,  her 

hette  is  keine  macht  ane  dem  koning  von  Polau.  . 

5)  Voigt:  G.  d.  Pr.  VI,  No.  168  a  172,  ^  B)  PosOge  sn  1406  in 
Sor.  m,  267-268. 


I 


^  j  .  -Li  by  Google 


7oa  Dr.  E.  Xrumbholtz. 


41 


Einstellung  des  Krieges  forderte  bis  za  einer  doFcli  ilin  m 
treffendeu  Schlichtung  der  bestehenden  Differenzen.*)  Trotzdom 
mm  der  Orden  hiergegen  heftig  protestierte,-)  und  in  diesem 
Protest  sich  des  Ordens  wahre  Gesinnun<^  über  Witold  und 
Jagiello  zeigte,  erwies  man  sich  doch  während  des  Waffenstill- 
standes die  größten  Aufmerksamkeiten^)  und  verlängerte  Weih- 
naohton    1403    in   Wilna    unter    gleichzeitiger  Aussöhnung 
Swidrigiellos   mit  Jagiello    den   WaffenstUlBtand    bis  zum 
18.  Mai  1404  in  der  aui^esprochenen  Absiebt,  sich  Aber  einen 
definitiven  Frieden  dann  zu  einigen.^)    Hatte  der  Orden  so 
immerhin  schon  einigen  Grund  an  eine  Besserung  seiner  Ver- 
hältnisse zu  glauben,  so  mochte  er  doch  gerade  wegen  Samaitens 
noch    ernste   Betiu  chtungen   hegen;    denn    gerade    an  seiner 
rorJerung,   dies   Land  zurü.(.-k/.u«'rli!ilLeu,   ^var  bisher  alles  ge- 
scheitert.   Da  mußte  es  ihm  denn  um  so  erl'reulicher  sein,  als 
Witold  Anfang  1404  dem  Orden  ,,widdirkerunge"  seiner  Grenzen^) 
gelobte.    Und  in  der  That  sollte  der  Orth  n  bald  dies  Ver- 
sprechen in  Erfüllung  gehen  sehen.   Der  Mai  1404  brachte  mit 
seinen  Friedensschlüssen  von  Baciaz^  dem  Orden  das  zurück, 
vea  ihm  1398  zugesichert  war.  Es  liegen  im  Ganzen  6  Urkunden 
vor,  sftmmtlioh  vom  22.  oder  28.  Mai  1404^  die  auf  das  genauste 
die  Stellang  Samaitens  zum  Orden  zu  prädsieren  suchen  und 
zwar  je  drei  von  Witold  und  Jagiello,  beide  Kategorien  gleich 
wichtig  für  den  Orden,  weil  Jagiollo  laut  Vertrag  mit  Witold, 


1)  Voigt:  0.  d.  Pr.  V,  No.  137.  -  2)  Voigi:  0.  d.  Pr.  V,  No.  187; 
Posilge  za  1403  in  Scr.  III,  269:  „Und  weder  die  bulle  Appellirte  derorden, 

däs  sie  nicht  redelichin  were  irworben."  —  3)  Voigt:  C.  d  Pr  VI,  No.  161 
und  162.  Jagiello  und  Witold  erhiolten  für  das  Ordeiis^eljift  während  «ler 
Friendenszeit  Jagdberechtigung;  die  gegeuseiti^ou  ('»  sandten wurden  freundlich 
Aufgenommen.  —  4)  Poailge  zu  liOS  in  Scr.  III,  269. 

5)  Voigt:  O.  d.  Pr.  VI,  No.  m  Dankssbrief  des  Hochmeisters  an 
"^told:  „die  boteebaft  die  euwer  adiriber  an  uns  hat  gebraeht  von  wtwir 
wegeo  als  mnb  das  gelobde  das  Ir  mis  habt  getan  von  widdirkenuge  noser 
gnoiczen  ....  haben  wir  gntlich  .  .  .  offgenomcn.^ 

(i)  Raciaz  iat  eine  Barg  an  der  Weichsel  tmterhalb  Leslaus',  cf.  X«oh- 
meyer  S.  281. 


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42 


SanmitAn  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


wie  uns  bokBunt,  ^)  dessen  diplomatische  Aktenstückt?  he- 
atätigen  muiite.  Ihren  Gesichtspunkten  nach  lassen  sich, 
die  6  Urkunden  wieder  in  drei  Klassen  zerlegen.  Das  Erste, 
was  der  Orden  verlangen  konnte  und  mußte,  war  Wieder- 
holung des  Vertrages  von  1398.  In  klaren  und  bestimmten 
Worten  that  Witold  dieser  Forderung  des  Ordens  Genü^/) 
und  auch  Jagiello  verhielt  sich  diesem  Wunsch  des  Ordens 
gegenUber  in  einer  Weise,  die  seine  Bereitwilligkeit  auf  das 
deutlichste  dokunientirte.  Nachdem  er  nämlich  am  23.  Mai 
erklärt  hatte,  die  zwischoii  ^\'it<>M  und  drin  Orden  vt^reiiibarten 
Abmacliuugen  über  ein  gegHnst  itio^,'s  i'ri-'dlicli<'s  ^'orlläl<•nis  sowie 
über  die  ibrtan  zwischen  Orden  und  Littaueu  bestehenden 
rJronzen  Rnerkennen  zu  wollen  und  dadurch  denselben  größere 
Wirksamkeit  zu  geben,  daß  das  betrefiende  Aktenstück  von  ihm 
besiegelt  würde,**)  fahrte  er  noch  an  demselben  Tage  das  in  den 

1)  VergL  oben  S.  40  Anm,  2. 

2)  Bunge  lY,  No«  1649:  ,,OmniB  et  singohh  qtue  in  inaemiseo  oon« 

cordiac  et  paois  tractatii  (d.  h.  Vertrag  vou  Sallyn-Wi  rder  des  Jahre«  1896) 
de  verlic  ad  vorbinn  p<^rtinere  dinoscuiitur,  utputn  (l)  nmuium  ofTensarnn 
hincinde  commissarum  reinissionoin,  distriotsinm  <  t  L^iaiücieriim  liinitationeni, 
pacem  perpetuam  inter  nos  et  terras  nostras,  videlir«t  Litwaniam  et  Ruasiam, 
ez  nna,  et  dictam  dominum  magnifieani,  nutgistram  generaletn  .  .  .  parte 
ex  altera,  cnm  alüe  quibuelibet  cUttsolis  et  artionlis,  inibi  expressatist  per« 
petuo  solido  et  fimia  y.ve  (debent)  permaiiere." 

3)  Archiv  zu  Königsberg,  Schieblade  53  No.  14  (das  Original  teilweise 
defekt):  ..Wladislans  dei  pcracia  rex  Poloniae,  Lithuaniae  prinreps  supremns 
et  heitfj  Jvu^siae  .  .  .  Siguiticamns  teuere  presentium,  (juibns  expedit  uni- 
versis,  quomodo  ea,  quae  anno,  die  et  loco  infra  scriptis  in  couveucione 
aolempni  inter  noa,  prelatoa  et  noVües  regni  nostri,  ab  nna,  et  ▼enerabüem 
magnificnm  dominom  Canmdnm  da  longingen  ordinia  Sanctae  Hariae 
Hospitalitis  ...  de  Theutonica  domo  Magistrum  generaleni  habita,  tenta  et 
relebrafa,  per  utrnsque  partes  tunc  dictata.  jiartata.  runclusa  et  terminata  f?l 
sunt  et  fuerunt,  uiaioris^?;  efficere  firniitatis  litteraa  nostras.  unam  videlicct 
ratificatoriam  Iittoram(?)  sereui  principis  domni  Alexandri  aliaa  Wvt<>\\di 
dncia  Lithnaniae,  fntaiB  nostri  cariestmi  de  et  luper  ooneordia  et  pace 
perpetna  et  nonnullie  limitibna  et  granitiebns  [Lfleke]  terramm  ac  dominio* 
rum  nostrarum  videlicet  et  ipsius  domini  Alexandri  Lithuaniae  et  Runiae 
[Lücke]  magisiri,  ordiriis({ue  sui  et  aliis  articulis  in  huius  modi  nostra  et 
ipeius  düiuini  Alexandri  litera  j^Lüicke]  Aiexaud  [Lücke)  eisdem  dominis 


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Von  Dr.  B.  £rambholtz. 


43 


letztf^n  Worten  Uegenile  Versprechen  ans.   Die  von  ihm  darül)«r 
ausgestellte  Urkuude  druckte  in   oiuer  ül»er   jeden  Zweifel  er- 
habenen   Weise,   unter    wörtlicli«'!"   Anlühruiifj:    des    in  Frage 
^mmenden  Vertrages  awischen  Witold  und  Ordrn  unter  Be- 
siegeltmg;  und  Attestierung  der  angesehnsten  Würden trftger  seine 
Zustimmimg  wu})   Der  Orden  hatte  nan  von  2  Instanzen,  die 
«inen  Ansprach  auf  Samaiten  hätten  erheben  können,  einen  ans- 
drOckliehen  Yenicht  in  Hftnden.    Aber  hiermit  wsr  er  noch 
Jange  nicht  Herr  Samaitens,  weil  man  sich  trotz  Witolds  Antoritftt 
in  Samaiten  nicht  einfachen  Gehorsam  auf  das  Gebot  dieses  hin 
versprechen  konnte.    Es  war  also  ftir  den  Orden  nötig,  über 
die   bis?  jetzt  erlangte  Beseiti^mg  von   zwei  Rivalen   um  die 
Herrschaft  in  Samaiten  hinaiisznfi:ehen,  und  bei  einer  eveiit  udlen 
Verweigerung  der  Samaiton,  di«  über  sie  getroffenen  Anordnungen 
anzuerkennen,  für  die  ^actische  Durchführung  derselben  Maß- 
regeln an  treffen.    Diesem  Zweck  dienten  die  nächsten  zwei 
Urknnden,  die  sich  so  za  einander  verhalten,  daB  Jagiello  die 
Ton  Witold  diesbesttglichen  eingegangenen  Verpfliohtnngen  be« 
stAtigt  nnd  von  seinem  Standpunkt  ans  entsprechend  ergänzt.') 
Es  ist  erklärlich  nnd  zeigte  wie  hoch  Witold  seinen  EinflnB  in 
Samaiten  schätzt  —  ohne  ireilioh  daran  m  denken,  in  eine  wie 
jämmerliche  Stellung  er  den  Samaiten  g  hi  nüber  trat,  er,  der 
sie  schon  oft  gegen  den  Orden  zur  Freiheit  aufgerufen  —  daß 


magistro  et  ordini  daiani,  traditsm  et  firmatam  sigillaie 

Bigillo  maiori  maiestatis  nostrae  Dalum  in  insula  super  Wysla  circa 

castnim  Raczans  feria  senta  iafra  Octavus  penthecoates  1404. 

1)  Raczvnski  S.  251  No.  8.   Transsumt  vom  Jahre   1410:  S.  257: 

 riOmnia  ....  qne  in  premisso  conrnrcJine  et  pacis  tractata  (daa 

heiüC  Vertrag;  von  Saiiyn- Werder)  expedito  de  rerbo  ad  verbam  ut  pre- 
mittitor  contineii  fBtioseantiir  vigore  preeenehmi  approbiunaa,  laudaimis  et 
confiimamiis  et  ex  certa  seiende  sie  »pprobata,  ratificate  et  oonfirmata  aub 
fule  nostre  regle  MaieBtatis  pro  noVu  heredibns  ....  promittimiu  invio- 
labiliter  t«nerc  et  habere  nec  contravenire  debebimas  «llo  modo  .  .  .  .  ut 
dictos  fratcr  noster  canssimua  ....  Wytowldua  ....  terras  ablatas  diclo 
oitüoi  .  .  .  restitiiat  ** 

2)  C.  e.  W.  No.  285  und  Eaczynski  Ö.  «7  No.  2. 


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44 


Samaiteu  und  der  DouUiohe  Orden  etc. 


Witold  es  sein  soll,  der  den  Anschluß  der  Samaiten  an  den 
Orden  weui;^.stens  innerhalb  eines  Jahres  bewirken  soll  dorgestalt  , 
dali  sin  dvui  Hocbmpistor  Geiseln  «teilen  und  Huldigung  leisten.^) 
In  gerechtem  MiÜtrauen  aber  gegen  die  Wirksamkeit  dieser  Be- 
mühungen Witolds  wird  eine  zweite  Maßregel  verabredet,  die 
sioh  von  Seiten  des  Ordens  von  selbst  verstand,  zu  der  Witold 
aber  sieh  ausdraoklioh  verpfliobten  mußte.  Vom  24.  Juni  —  so 
lange  also  soll  der  gütliche  Versuch  dauern  —  tritt  eine  Handels- 
und Yerkehrssperre  ein  zwischen  Samaiten  und  Witolds  sftmüichen 
Lftndereieui  damit  Samaiten  inbetreff  der  unentbehrliehsten 
Nahrungsmittel  auf  Preußen  angewiesen  'sei.*)  Indessen  auch 
die  Eventualität  der  Wirkungslosigkeit  dieser  Maßregel  faßt  man 
ins  Auge  und  setzt  so  als  dritte  Ver])fliclitung  Witolds,  dem 
Orden  zur  Herrschalt  über  Samaiten  zu  verhelfen,  fest,  daß 
Witold  gehalten  sein  soll,  dem  Orden  in  einer  Weise  zu  Hilfe 
zu  kommen,  die  dein  Hochmeister  vorbehalten  sein  soll.  Grerade 
diese  letzte  ausdrückliche  Stipulation*)  „mit  keinerlei  berunge 
zolle  wir  er  nicht  twingen,  is  were  denn  mit  des  bomeisters 
begenmge  und  wille"  zeigt,  wie  sehr  im  Grunde  seines  Herzenz 
der  Orden  Witold  gegenüber  Hißtranen  hegt,  daß  er  mit  be- 
wafiheter  Macht  in  Samaiten  eindringt  und  seine  statt  des 
Ordens  Herrschaft  im  Lande  befestigt.  Im  Einklang  mit  dieser 
vom  Geist  des  Zweilels  gt-gen  Witolds  aufriehtige  (Je^iuunn^]f 
dictirten  Maßregel  steht  die  letzte  für  Witold  beschämendste 

1^  C.  e.  W.  No.  2öö.  \Vitc»lds  Verpflichtungen  ilcm  Orden  gegpiiiiber: 
„Alzo  das  wir  unser  liestö  vormugen  mit  flise  dorczu  thuen  zollen,  das  daz 
lant  csa  Samaiten  binnen  etme  iaro  odir  so  wir  eente  ee  atme  lare  mogeu, 
fem  soBfe  JohanniB  liaptisten  tage  neeste  ezn  komndei  deme  homMster  ande 
dem  orden  redeUch  wedirgegeben  unde  geantwett  werde,  ande  das  di  eelben 
Sainaitrn  (>m  ^'ztt  binnen  desimBelbni  iare  dem  orden  gehln  und  holdmige 
tuen  czu  genüge. 

2)  C.  e.  W.  No.  285:  Oesrhege  is  abir,  das  wir  eer  dorcau  nicht 
korczUch  brengen  mochten  .  .  ,  .  zo  zolle  wir  io  for  alle  ding  .  .  .  allen 
nnsem  lewten  *  .  .  forhiten  .  .  .  dai  n  fon  dem  aelbin  sente  Johannistage 
.  .  .  kein  kouftlagen  odir  gemeinschaft  mit  den  seibin  Samaitep  hoben  sollen, 
unde  noch  kom,  noch  ssloi  .... 

8)  a  e.  W.  No.  386. 


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Von  Dr.  H.  Krambbolts. 


46 


Abnmcliung,  in  der  er  zugesteht,  daß  für  rlcn  Fall  seines  Un- 
gehorsams ß:egen  diö  Anffordemrip^  zum  Kami»!  t">tren  Samaiten. 
dem  (  »itleu  Knpr**ss9licn  aller  Art  u  'Qron  i1iii  i/i  laiiot  sein  sollien, 
ja  ein  gegon  ihn  deshalb  begonnener  Krieg  ihn  von  Polen  isoiirt 
treffen  solle,  dessen  friedliches  Verhältnis  zum  Orden  durch 
Oewaltmaßregeln  gegen  ihn  unangetastet  bleibt.^)  Ausfülirlicber 
Düd  etwas  abweichend-  behandelt  gerade  diesen  fOr  Witold  so 
demtttigenden  leisten  Artikel  Jagiello,  der  im  Ahngen  die  beiden 
andern  zwischen  Witold  und  Orden  vereinbarten  MaBregeln 
einfach  in  bestätigender  Form  recapitnliert.*)  Danach  soll  der 
Orden  bei  Gehorsamsverweigerung  Witolds  gegen  Anordnungen 
des  Hochmeisters  Samaiten  gegenüber  oder  bei  einem  Versncli, 
dem  Or'len  Hindernisse  in  den  Weg  zu  legen  zuerst  sieh  an 
Jagiello  woiulea;  dieser  wird  ihn  zur  Erfüllung  semer  Ver- 
pflichtung auffordern.  Sollte  auch  das  vergeblich  sein,  so  stehen 
dem  Orden  Zwangsmaßregeln  gegen  "Witold  zu  und  zwar  so 
lange,  bis  die  Samaiten  Geiseln  gestellt  und  Treue  gelobt  haben 
jedoch  mit  der  Binsohrftnknng,  dafi  Jagiellos  Jjand  durch  den 
eventuell  entstehenden  Krieg  nicht  berührt  werden  dOrfc.*) 
Zieht  sieh  durch  alle  diese  Bestimmungen  wie  ein  rother  Faden 


1)  C.  e.  W.  Nfi.  2!^r):  ..T'^ikIp  np  wir  flenne  dem  lieren  homPistcr  nicht 
holfen,  zondir  uude  den  ordeu  liclite  hiudirten,  zo  muste  wir  willich 
denne  fon  dem  orden  männtuige,  getwank  unde  ohirlast  liden,  und  ein  zolch 
gshaben  krik,  solde  denne  nicht  wedir  den  forgeechtebenen  heran  konig  csn 
Boka  sin  noch  wedir  den  geeacstea  finde.** 

9)  Baognuki  S,  87  No.  2. 

8)  Raesynaki  8.  87  Ko.  2:  ^  vero  predietne  dominus  Aleoraader . . . . 

pretnissa  facere  recnsaverit,  ant  ipsos  dominos     n  :;;istrum  et  ordinem  .  .  . 
impediverit  .  .  .  tiin<*  raagiater  et  <n  dr>  .  .  .  ad  noHlram  notirJam  ilebebont 
dedncere.     Et  exiunr  nos   litteris  aut  miii'  iis   Ipso  .  .  .  Alexandro  .  .  .  . 
maodare  debebimus  et  percipere,  quod  pretato»  Satcagitas  ad  coinplendam 
premisea  eompeUat.  Yermn  ai  .  .  .  Aloander  .  .  .  obedire  nolueirit,  tnno 
lieeet  .  .  .  Hagietro  .  .  .  Alexandrnm  .  .  .  noetro  eam  snfaeidio  ad  faciendani 
premissa  cornpellere,  hoc  tarnen  oxpresso  speciaUter  et  adiecto  qaod  hnine- 
modi  compulsio  in  nostramm  terrnnim  liniiHim  .  .  .  alienacionem  non  vergat 
.  .  .  A  qOÄ  quidem  rompnlsione  Idem   dominus  Magister  .  .  .  cessent  .  .  • 
dum  ipsis  .  .  .  Samagite  homagiotn  prestaterint  (!)  et  ob^ides  assignaljunt." 


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46 


Samaiten  uud  der  Deutsche  Ordeu  etc. 


das  Bestreben  des  OrdenSi  sich  gegen  aUe  nnr  denkbaaren  yer* 
r&therischen  Neigungen  Witolds  va  salviemi,  so  trägt  anch  die 
letzte  in  Baciaz  getroffene  Vereinbarung  zwischen  Wituld  uud 
dem  Orden  diesen  Charakter.')  Der  Ordpn  donkt  sich  als  Besitzer 
Samaitens  und  ihm  als  solchem  rref^eiuiber  muß  Witold  jetzt 
schon  Yorj)fli(*l)tungen  eingehen,  die  gewisäermaÜen  Ergänzungen 
zu  einzeineu,  zu  allgemein  gehaltenen  und  deshalb  verschiedener 
Auslegang  fähigen  Artikeln  des  Friedens  Yom  1396  enthalten. 
Schon  einmal  hatte  man  sich  darum  gestritten,  ob  Witold 
Samaiten  überhanpt  aufnehmen  dflrfe,  oder  welchem  Stande  sie 
En  diesem  Zweck  angehören  müßten;')  deshalb  setste  man  jetst 
fest,  daB  Witold  fttr  die  Zukunft  keinen  Samaiten  in  sein  Land 
aiehen  dttrfe  ohne  Einverständnis  mit  des  Hochmeisters  Amt- 
leuten und  mit  Genehmitruii^  derselben  höchstens  250  dahin  mit- 
nehmen diirfe.  Entiiich  iur  den  Fall,  daß  eine  Einigung  mit 
des  Ordens  Amtleuten  nicht  erzielt  weiden  kann  —  wahr- 
scheinlich darüber,  welchem  Stand  die  2öO  Auswanderer  an- 
gehören sollen  —  wird  als  höhere  Instanz  zur  Ausgleichung  der 
verschiedenen  Ansichten  d»*r  ILxhmeister,  als  höchste  der 
römische  König  vereinbart.  Vor  Fällung  des  Urteils  soll  Witold 
keinen  Samaiten  bei  sich  aufnehmen  dttrfen  und  dann  nur  die 
ihm  Zugesprochenen.*)  Offenbar  war  diese  letcte  Abmachung 
die  schw&chste  von  allen,  deshalb  weil  sie  zu  Streitigkeiten 
leicht  Anlaß  geben  konnte,  weswegen  wir  sie  auch  bald  durch 

1)  0.  e.  W.  No.  286.  Eine  BesUltigung  JagieUoe  hierfür  finde  ich 
nicht.  -  2)  C.  e.  W.  No.  2tl  nud  i.l.cn  S.  92. 

iij  C.  0.  W.  No.  286:  „Wir  geloben  .  .  .  das  wir  keinen  Samaiten  czu 
uns  nemen  .  .  .  also  laiif^e,  ins  «las  nnsir  ammethlute  um  iifhste  mit  des 
hoineisters  aiumethluten  e/,nsampne  konien  und  sich  be^^pruchen  von  «ieu 
Samaitben,  di  wir  casu  uu8  begereu  czu  haben  und  czu  sutcziu.  Is  das  sie 
sich  dorume  one  gericlit  and  one  recht  eintrttchtidtoh  vorgliohen  mögen,  so 
möge  wir  der  seibin  Samaiten  drithalbhundirt  esu  uns  nemen  mit  evem 
brotessen.  Geschege  is  aber,  das  sich  unser  ammethlute  dorumme  von 
beiden  setm  niflit  rnntreohtirliehoii  \org;1ichen,  so  snlle  wir  dornoch  mit 
dem  herreu  homei^ter  ....  cssusampue  dovon  czn  redin  ....  ob  wir  denn 
uns  selbir  in  eigenen  personen  ....  nicht  durumuie  voreinen  künden  .... 
des  sulle  wir  ptlegiu  und  aaohen  nait  gerichte  vor  dem  Bomiachen  konige. 


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Von  JDr.  B.  Krumbholtz. 


47 


sine  andere  ersetzt  finden  werden.  So  ging  man  auseinander; 
der  Orden,  wenn  aoch  noch  immer  nicht  frei  von  Zweifel  gegen 

Witolds  Zuverlässigkeit,  konnte  sich  durch  die  einzelnen  Para- 
graphen des  Vurtiagus  fiir  gesichert  halten.  Bald  mußte  sich 
s^ei;j;eii,  ob  der  Orden  mit  Unre»  ht  so  miÜtrauidch  gegen  Witold 
sich  verhalten  hatte.  Die  nächste  Zeit  sollte  sich  gegen  dön 
Orden  aassprechen.  Witold  erwies  sich  treu,  wie  aus  2  BhefoDi 
der  einzigen  Quelle  für  die  Ereignisse  nach  den  Vertrag  von 
Baciaz,  hervorgeht.^)  Danach  haben  wir  uns  den  Vorgang 
folgendermaßen  za  denken.  Witold  sandte  nach  seiner  Büok- 
kehr  von  der  Konferenz  zn  Baciaz  einen  seiner  Yertraaten, 
Manewide,  znm  Hochmeister  nnd  lieB  nochmals  seine  vollste 
Bereitwilligkeit  erkiftren,  gleichzeitig  aber  auch  wohl  mitteilen, 
dafi  seine  persönliche  Teilnahme  an  dem  Werke  aiisg*  schlössen 
sei-  Es  ergiebt  sich  dien  aus  dur  Bitte  des  Hochmeistoid, 
Manewide  mit  seiner  Stellvertretung  zu  betrauen.  In  der 
Hotiuung  auf  Erfüllung  tliesos  Wunsches  verabredet  der  Hooh- 
meister  mit  Manewide,  wie  man  gegen  Samaiten  vorgehen  wolle. 
Und  merkwürdiger  Weise  einigt  man  sich  über  eine  Maßregel, 
die  von  dem  in  Baciaoz  angestellten  Programm  abweicht|  denn 
von  einem  gatlichen  Yersnch  ohne  Anwendung  des  Sperrsystems 
spricht  man  aberhanpt  nicht  mehr,  vielmebr  soll  ein  d-esandter 
des  Ordens,  wie  sich  zeigt,  der  Tioe-Eomthnr  von  Bagnith,  mit 
Manewide  nach  Wilna  htnanfziehen,  und  von  hier  ans  soll 
letzterer  nach  Genehmigung  Witolds  als  der  Statthalter  dieses 
—  Wit()M  zielit  gegen  Smolensk  zu  Felde")  —  im  Namen  auch 
der  übrigen  zurückgebliebenen  Bojaren  ein  ^^'rl)')t  ergelien  i.tsj5eii, 
den  Samaiten  Nahrungsmittel  irgend  welcher  Art  zugehen  zu 
lassen,  dann  die  Samaiten  zu  einer  \  cr^ammlung  einladen,  um 
hier  sie  zum  Gehorsam  gegen  den  Orden,  zur  Stellunij:  ^on 
Geiseln  aufzufordern.  Diesem  Versuch,  sie  durch  gütliche  Worte 
zu  gewinnen,  soll  der  Gesandte  des  Ordens  beiwohnen;  denn 
ihn  direkt  nach  Samaiten  zu  schicken  scheut  der  Orden  wegen 


1)  C.  a  W.  No.  991  luid  298.-2)  Karanurin:  Oeschichie  BnlUaads  7, 144. 


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48 


Samaiten  und  der  Doaische  Oi-duu  etc. 


der  damit  verbmidendii  Gefahren.    Auf  diesen  YoiBolilag  des 

Ordens  ist  "WitoM  eingegann;en,*)  tind  auch  die  Samaiten  sind 
der  au  sie  gestellten  Aui'l'orderung,  sich  bei  Maiiewide  Pinzn- 
finden,  naohgekommon.^)  Indessen  ist  der  von  Manewidt'  und 
Sungail,  einem  spater  unter  der  Zahl  der  Bojaren  aufgezälüten 
Mann,')  den  Samaiten  bewilligte  Waffenstillstand  bis  zur  Rück- 
kehr Witolds  durchaus  nicht  nach  Wnnsch  des  Hoohmeistars 
und  seiner  Oebietiger,  weil  er  gegen  den  Vertrag  von  Bacias 
ist,  in  dem  ja  als  Hauptbedingnng  Sbellnng  von  GMseln  and 
Anerkennung  der  Ordensberrscbaft  vereinbart  war.  Jedoch  er- 
klärt sich  der  Orden  bereit,  dem  einmal  gemachten  Zugeständnis 
soweit  Beobnung  zn  tragen,  dafi  er  sieb  bis  zum  16.  August 
jeder  Schädigung  gegen  die  Samaiten  enthalten  will,  natürlich 
unter  der  Voraussetzung  eines  gleichen  Benehmens  seitens  der 
Samaiten.  Die  Frist,  welche  so  die  Samaiten  gewonnen  hatten, 
muBte  dem  Orden  tmangenebui  sein;  um  aber  einer  weiteren 
ungünstigen  "Wirkung  vorzubeugen,  schärft  er  nochmals  Manewide 
völligen  Abschluß  des  Landes  von  Lebensmitteln  ein.^)  —  So 
standen  die  Dinge  Ende  Joni  1404.  Bis  zum  15.  Augast  hatten 
die  Samaiten  Zeit,  um  sich  Uber  ihre  Stellungnahme  zu  dem 
zweifellos  ihnen  von  Manewide  und  dem  Yice-Komtnr  von 
Ragnith  eröffneten  zukünftigen  Schicksal  klar  zu  werden.  Purcbt- 
bar  war  die  Lage,  in  der  Samaiten  sich  befand,  abgeschnitten 
von  Zufuhr,  im  Norden,  Osten  und  im  Süden  von  F«-ind»*n 
umgeben.  Zwar  gab  es  eine  Anzahl,  die  einen  Augon- 
blick  achwankte,  um  aber  bald  doch  wieder  mit  ihren  Stammes- 
genossen ihre  Unabhängigkeit  wie  ihren  Glauben  zu  verteidigen.^) 

1)  C.  e.  W.  No.  202.  -  2)  Voic^t:  G.  Pr.  VI,  S.  271  ist  ungena», 

wenn  er  es  so  darstellt,  als  "1,  ^fanewide  selbst  nach  Samaiten  q:«»f::;an«^en 
sei:  (\mri  ho  werden  doch  w»  lil  stiiie  Worte:  „Manewide  auch  lernet  noch 
im  Lande  zu  hissen,'^  aulgefaüt  werden  müssen.  —  3}  C.  e.  W.  Ko.  295. 
4)  0.  e.  W.  No,  292. 

6)  Ydgt :  C.  d.  Pr.  VI,  No.  161   Brief  des  Hochmeiatera  an  Witold 

über  die  Bezwingung  dar  Samaiten*.  „Sint  da/  St-maiten  Ire  wort  nielit 
holden  weiden,  dy  sie  vor  euwcr  grosmechtikeit  olV  dem  lorzten  tage  czu 
Canwen  ken  uns  tote&i  und  sich  uoserni  ordeu  nicht  dirgeben  noch  undir- 


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Von  Dr.  B.  Kmmbholtz. 


49 


Mit  vollem  Recht  sagt  daher  Caro*)  von  diesem  Verhalten  der 
Samaiten,  „es  wurde  ein  nne;em©9sener  Hekleumut  und  eine 
festhalteiidü  Siiteutreue  au f):e boten,  die  nur  darum  nicht  ihren 
Sänger  fanden,  weil  der  Eriolg  gegen  sie  entschieden  hat." 
Der  schnell  bereute  Verrath  an  der  gemeinflamen  Sache  jener, 
die  nch  dem  Orden  su  fElgen  versprochen  hatten,  fand  zn  Eowno 
atttt^  als  dort  am  17.  und  18.  August  awisohen  dem  Hooh- 
meister  und  Witold  imd  zwar  auf  des  letsteren  Wunsch')  eine 
Znsunmenkonft  abgehalten  wurde,  in  der  smn  Frieden  von 
Bedas  noch  einige  Nachträge  gemacht  wurden,  von  denen  swei 
direot  auf  Samaiten  Bezn^  haben,  während  der  dritte  allgemein 
gehalten  ist.*')  Zwar  vvurUoii  die  WitoM  am  23.  Mai  1404  be- 
willigten '250  Samaiten  nicht  zurückgenommen,  aber  noch  klarer 
als  in  Raciaz  -wnirdo  konstatiert,  daß  Witolds  Ansprüche  auf 
Zugug  aus  Samaiten  damit  erschöpft  sind.  Das  dazu  gewählte 
Mittel  ist  ein  radikales.  Man  hob  die  „noch  gewohnheit  andirr 
cristener  lande"  bestehende  Freizügigkeit  für  10  Jahre  aui,^)  ein 
Gebot,  das  freilich  nur  durch  den  guten  Willen  beider  Kon- 
trahenten anirecht  erhalten  werden  konnte,  im  Prinrap  aber  auf 
das  Deutlichste  cum  Ausdruck  brachte,  daß  Witold  niemalfl  mit 
Becbtsgründen  die  Aufeahme  von  Samaiten,  ausgenommen  von  ' 
den  250  zu  Raciaz  ihm  Zugesprochenen,  rechtfertigen  konnte. 
Diese  Abmachung  war  abgesehen  von  ihrer  Spitze  gegen  Witold 
auch  deshalb  ho  ungemein  wichtig,  als  nuimii  hr  die  Samaiten 
sieh  joder  KoÜ'nuug  beraubt  sahen,  in  Tiiitanen  eine  Zuflucht  zu 
üadeiiu   Mehr  wirtschaftlichen  Charakter  trug  die  aweite  Ab- 


taugen  wellen.**  Mit  Toigtt  (G«  Pr.  VI,  274.)  uob  obigen  Worten  heiBuSp 
suteMii:  neüke  Amtahl  der  Edelsten  dee  Landes,  ilie  zu  Witold  nach  Kauen 
peltornmen  waren  .  .  ist  nur  m  dem  Sinne  möglich,  daß  ja  allerdiil£pB  die 
Unterharidlnii;^eii  mit  dtm  Orden  du'  Häuptlinge  führten. 

1)  Caro  III,  271.  -  2)  C.  e.  W.  No.  293.  -  3)  Ebendaselbst  295—297. 

4)  G.  6.  W.  No.  295.  VerpAiclitang  Witolds  gegen  den  Orden:  Yortme 
w  loUe  wir  k«nai  menaofaen  welehirlei  koennes(I)  adir  wenne  her  ei,  binnen 
czehen  jaren  neetekomende  one  lowte  des  .  .  .  horaeistire  ....  in  unser 
l»iit  .  .  .  offnemen  ....  nnde  eo  sich  die  rzehen  iar  forgun,  zo  zi  dirloubot 
aanem  trien  luthen  .  .  .  czu  ozihen  .  . .  noch  gewonhut  andirr  crifttenar  lande. 

Alt»r.  McoatMahrift  Bd.  XXVIL  Hfk  1     a  4 

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50 


Sundten  nnd  dar  DantBcbe  Ordan  etc. 


maohimg,  indem  xiAmlicIi  Witold  dem  Orden  gestattete,  «af  dem 
ihm  gehörigen  üfer  der  Nawese  eine  Muhle  za  errichten.^) 
Bas  hierin  über  den  Vertrag  hinaus  sich  aeigende  Entgögen- 

kommen  Witokls  faiul  sein  würdiges  Hude  in  jener  Urkunde, 
nach  der  Witold  seine  bisherige  Verpflichtung,  dem  Orden  nur 
gegen  Suniaiten  zu  helfen,  dahin  erweitert,  daß  er  für  jeden 
wegen  dieses  Bündnisses  entstandenen  Krieg  dem  Hochmeister 
seinen  Beistand  verspricht,  ausgenommen  gegen  das  Beich|  den 
Papst  und  die  Polen.^)  Auch  der  Orden  ließ  es  nicht  an  Aof- 
merksamkeiten  fehlen,*)  deren  Inhalt  nns  aber  völlig  fem  liegt; 
genng,  dafi  der  Orden  jetat  mit  vollem  Recht  nnd  guter  Zuver- 
sicht auf  Witolds  Hilfe  rechnen  konnte,  faUs  die  Samaiten  aioh 
ihm  nicht  in  Güte  ansohlieBen  würden.  Nur  sa  bald  sollte  man 
erkennen,  wie  gut  es  war,  daß  man  sich  so  mit  Witold  gestellt 
hatte.  Da  gewiß  die  Bemühungen  Witolds  und  des  Ordens,  für 
den  Aiischhiß  an  die  Deutschen  Stimmung  in  Samaiten  zu 
machen,  nicht  aufgehört  haben,  da  das  Aushungeruntrs- 
system  wohl  sicher  fortgesetzt  war  und  man  trotzdem  zu 
keinem  Besaitet  gekommen  war,  so  war  jetzt  die  Geduld  des 
Ordens  erschöpft.  Der  Hochmeister  ersuchte  in  einem  Brief 
*  vom  29.  Dezember  1404^)  unter  Hinweis  anf  die  dauernde  Veiv 
stocktheit  der  Samaiten,  Witold,  sein  Hilfsgebot  ansauftdiren, 
in  das  Land  einau^en,  vorher  jedoch  den  Orden  zu  informieren, 
weil  anch  dieser  dasselbe  mit  seiner  ganzen  Kraft  thun  wüL 
So  begann  nun  wieder  der  Krieg.  Am  10.  Januar  1405  drangen 
aswei  Heere,  eins  unter  der  Führung  des  Onlensmarschalla  Ulrich 
von  Jungingeu,  das  andere  unter  Leitung  Witolds  von  ver- 
schiedenen Seiten  in  Samaiten  ein.    Die  Unternehmung  war  von 


1)  0.  e.  W.  Ho.  996.-8)  Ebsndisslbsfc  997.-8)  EbendMelbst  996, 
Hegest;  Na  399  B.  nnd  No.  aoa 

4)  Voigt:  C.  d.  Pr.  VI,  164.    Brief  des  Hochmeistere  an  Witold: 

,,]S'u  sie  (il.  Ii  die  Samiutcu)  cuwcr  anwisnnge  niclit  folgen  wellen  und  alzo 
vorstoclik  yu  Irem  Irsale  meinen  czu  hlibcn,  daz  Ir  ho  vil  eloczn  p;emchet 
czu  thun,  und  sie  mit  gewalt  doczu  brenget  ....  ouch.  weüo  wir  mit  den 
unsern  gerne  do  czu  thun  nooli  uneer  maclit.  ... 


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Von  Dr.  R.  Kiumbbültz. 


61 


portieUen  Erfolg  begleitet,  denn  drei  Bezirke:  Bossieny,  WiduUi 
und  Eiragola  ergaben  siob  und  yerspracben,  Geiseln  m  stellen.^) 

Eine  Erklärung,  weshalb  der  Ordou  und  Witold  sieh  mit  der 
Unterwerfung  des  Südostens  von  Sjimaiten  begnücrt  liaben,  hißt 
sieh  kaum  finden.  Die  einzig  denkbare  wäre,  daJi  man  gestützt 
auf  diesen  Sieg  nochmals  ein  gütliches  Entgegenkommen  der 
anderen  Territorien  erwartete.  Aber  gerade  das  Gegenteil  trat 
ein;  kanm  waren  die  Verbündeten  aus  dem  Lande,  als  die  drei 
nntorworfenen  Bezirke  durch  die  noch  nicht  heimgemichten  mm 
Bmoh  ihres  Gelftbdee  gegen  den  Orden  gezwungen  wurden, 
wozu  sie  gewiß  sehr  leicht  sich  bereit  finden  ließen.*)  Indessen 
nidit  nur  völliger  Verlust  des  so  eben  gewonnenen  Besnltats 
war  die  Folge  von  der  sobald  wieder  eingestellten  Kriegsreise, 
nein,  die  Samaiten  gingen  zur  Offensive  gegen  Witold  über, 
den  zn  ha^isen  sie  freilich  allen  Cirund  hatten.  Der  von  ihnen 
angerichtete  Schaden  und  die  von  ihntMi  aufgeboleiiö  Macht 
scheinen  nicht  unbodeutand  gewesen  zu  sein;  giebt  doch  der 
oberste  Marschall  Witold  den  Eftth,  seine  „lant  binandir"  zu 
„haldin,  so"  er  „beste  mögt,"  um  sich  so  vor  weiterer  Be- 
Schädigung  zu  sichern.')  Es  ist  begreiflich,  daß  Witold  unter 
diesen  Verhftltnissen  mit  großer  Ungeduld  auf  Vereinbarung 
mit  dem  Orden  zur  Fortsetzung  des  Krieges  dringt,  zu  welchem 
Zweck  denn  auch  der  Komtur  von  Balga  zum  18»  April  nach 
Grodno  zu  kommen  verspricht.*)  Daß  der  Orden  noch  immer 
nicht  die  Hoffnung  auf  friedliche  Erwerbung  Samaitens  auf- 
gegeben liatj  folgt  besüiidt-'is  aus  einem  Rechtfertigungsschreiben 
vom  Ifi.  Mai  1405'*)  des  Hochmeisters  au  Witold,  dem  statt  des 
waliren  Aultrages  dos  Ordensboten  Kelptz.  des  Sohnes  (inethens, 
wohl  eines  Samaiten,  der  in  Erforschung  der  Stimmung  der 


1)  Pcsilge  m  1406  io  Scr.  m,  276-277.  -  S)  Ebendaselbst  377. 

3)  C.  6.  W.  No.  306.    Brief  des  obersten  Marschalls  an  Witold: 

pAh  ir  scliribt  von  dem  schaden,  den  euch  die  Samayten  haben 

czageczog&n  .  .  .  m  were  uusir  gutdimkeo,  das  Ir  euwer  lant  binandir 
luüdet  so  ir  beste  mögt  .  . 

4)  C.  e.  W.  No.  806.  ^  6)  Bunge  17,  No.  1660. 

4* 

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52 


Samaileo  and  äar  Dantseh«  Orden  etc. 


Samaiten  bestand,  die  Nachricht  gebracht  war,  da0  der  Orden 
gegen  Stellnng  von  zwei  Geiseln  ans  jedem  Beeirk  Yeraicht  anf 
Kriegszüge  fOr  vier  Jahre  und  auf  Anlage  ^on  Festungen  an* 

geboten  liabe.*)  Die  hierin  liegende  böse  Absicht,  zwischen  dem 
Orden  iind  AVitolii  Zwietracht  zu  säen,  mochte  WitoM  um  so 
eher  übersehen,  als  er  durch  die  Weigerung  des  Meisters  von 
Livlaud,  die  Einwohner  von  Pskow  über  das  zwischen  ihm  und 
dem  Orden  bestehende  Ofiensiir-  und  D^fi  nsiv-Bündnis  zu  unter- 
richten, sehr  erbittert  war,  und  dio  durch  den  Hochmeister 
geplante  Beilegung  diesra  für  den  Orden  höchst  unerquicklichen 
Streites  erst  am  7.  Juni  1406  zu  Kowno  erfolgte.*;  Die  von 
Witold  für  den  April  gewünschte  Verhandlung*)  über  eine 
weitere  gemeinsame  Expedition  gegen  die  Samaiten,  scheint  anoh 
darüber  in  Tergessenheit  geraten  zu  sein,  ja  selbst  zu  Kowno 
am  7.  Juni  ist  offenbar  noch  nicht  die  Rede  davon  gewesen:*) 
denn  es  ist  kaum  glaublich,  dali  der  Orden  auf  einen  am  V.  ,juni 
geäußerten  Wuns(?h  Witolds  erst  am  21.  Juni  antwortet,^)  um 
so  weniger  als  er  alle  Ursaelie  hat.  Witolds  freundliche  Ge- 
sinnung sieh  zu  erhalten.  Am  25.  Juli  1405")  zieht  der  Orden 
aus,^)  und  mit  ihm  vereinigt  sich  Witold.   Gleich  dem  Orden 


1)  Bonge  IV,  1660.  —  2)  Bonneil:  Cbronograplii«  S.  215.  —  8)  Yetgl. 
oben  S.  61  Anm.  4. 

4)  Yoigt:  a.  Pr.  TI,  8.  886  liest  dies  lUsehlich  ans  der  Anmerkang  2 
aogeffthrten,  jetzt  bei  Bonge  IV,  No.  1669  gedruckten  Urkunde  harauB» 

ebenso  wie  er  in   'Ipiii  S.  32G  Anm.  B  piticrtcn,    jetzt    bei   Bnnpre  IV, 
rjodrurktfii  Schrpiln  ri  .les  ITorhiTieistt-is  an  Witold  mit  Unrecht  findet, 
dab  der  schon  bekannte  Kelpiz  „eine  entschieden  verweigernde  Antwort** 
bei  den  Semeiten  erhiU. 

6)  G.  e.  W.  No.  816.  -  6)  Posilge  lu  1405  m  Sor.  III,  277. 

7)  Sehieblade  XX.  No.  22.  DieM  Ürkunde,  welche  ein  VerzeichniB 
enthftlt  Ühet  die  yon  den  einselnen  Städten  und  Gomtnreien  sa  stellenden 

Mannschaften,  giebt  uns  im  Gegensatz  zu  den  allgemeinen  Ausdrücken  der 
Chronisten  über  dio  Stärke  der  Orden sli Lire  pcgon  Samaiten  z.  B.  cum 
pntontia  exercitus  sni  frf  Dunhurp;  III,  2r)2  in  Öcr.  I,  157),  cum  ingenti 
copia  (Wigand  56  iu  iscr.  11,  ö40),  mit  eyme  mechtigen  beere  (Posilge  zu 
1406  in  Scr.  III,  277)  ein  klares  Bild  von  der  verhältniamäßig  bescheideuea 
Höhe  eines  Aufgebots  gegen  Saaudten:  ^I*  loUolier  gebitiger  eol  nsiiöhten 


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Von  Dr.  K.  Knuabholti. 


68 


hatte  annh  diesor  sich  durch  ein  stark ►^s  Anff^ehot  ans  Littauern, 
Bassen  und  Poien^)  gut  gerüstet.  Dieser  kombinirten  Macht 
gegenüber  wftre  Widerstand  Thorlieit  gewesen,  und  so  ergeben 
sich  zunächst  wieder  Rossieny,  Widukli  und  £iragola.*)  Um 
einen  fthnliohen  BdckiaU  wie  im  Anfiuig  des  Jahres  sa  ver- 
meiden, war  man  anf  Emohtang  einer  Burg  bedacht.  £a  liegen 
zwei  Qaellen  dafEUr  vor:  Posilge')  und  ein  Berieht  des  obersten 
Ibraohall  an  den  Hochmetsteri^)  die  in  manchen  Dingen  von 
einander  abweichen.  Wie  soll  ich  mich  verhalten?  Es  ist  klar, 
dai3  (h^r  Verfasser  einer  Urkuu  le  auch  dem  woLl  allgemein 
gilt  igen  Satz,  nicht  entzogen  ist,  daß  jeder  von  jedem  Ereignis 
nur  einen  Teil  beobachtet,  oder  wenignteus  nur  das  berichtet, 
was  ihm  wissenswert  erscheint.  Palls  also  Posilge  durch 
zeitliche  oder  örtliche  Nähe  in  den  Stand  gesetzt  sein  kann, 
Wahrheit  beanspruchende  Nachrichten  einzuziehen  —  es  ist  dies 
der  Fall')  —  so  wird  es  gestattet  sein,  Mitteilungen,  welche  eine 
Eigänzang  zn  der  Angabe  des  Marschalls  ausmachen,  mit  dem 
amtlichen  Bericht  zu  verschmelzen.*)  Dagegen  wird  in  Dingen, 


brudir  und  dyner  als  her  lueisto  mag,  die  bradir  und  dyiier  är>llen  .illo  die 
helfte  armbroate  haben.  2.  Kotnigsberg  (die  Kamen  werden  alle  in  der 
haatigeo  Form  genannt)  Balga,  Brandenbiug,  Ohristbarg,  Osterode,  Marien- 
Imig,  Dsosig  sol  ididie  ttsriehtea  boben  qroe  djmer  10  sohotsen  ...  8.  Mewe, 
Schwetz,  Tuchel,  Sohlochau  iclich  6  schotaen.  4  Im  Colmisch  lande: 
St ra-^isbiirp:.  Soliönsco.  Tliorn,  Rehden,  'Rnfjelsbnri?.  Oraiidfnz  ülirli  bus  sol 
osnchten  b  syner  dyiior  alle  mit  armbrost.  ö.  Gollub,  Birj^»'biu,  Altbans, 
FtLyAXi,  Leipe,  Boggenhausen  iclich  4  schotzen  von  iren  dyneru.  G.  iciicb 
SroMS  bod  (d.  h.  wc^l  Zd^peneMensdiaft)  m1  4  wyne  (d.  b.  Wagen)  haben 
und  idioib  Ueyne  bnd  eia  Wayn  und  io  10  wopen  (d.  h.  Gewappnete) 
1  wayn  nnd  nicht  m3mer  ...  7.  Thom  die  aldstatt  85,  die  l>oste  dir  sie  je 
haben  möge,  2  teil  sfillen  gute  Schotze  syn-,  (Thorn)  die  Nenstfidt  15,  Culm  10, 
Strasburg  R,  Graudenz  8,  Hlieden  4,  GoUnb  2.  Srbön?ee  2,  Lessen  2,  Neu- 
mark  4,  Elbing  50,  Danzig  GU,  Mewe  10,  Stargardt  ü,  Dirscbau  16,  Scliöneck  7, 
Neuburg  6.  —  Die  andern  gebitiger  von  Nedirlaod  nnd  ▼on  Pomein  wollen 
osbringen  bradir  und  dyner  nod  InÜie  x»  iren  steten  als  ai  merate  mögen. 

I)  Voigt:  O.  Pr.  VT,  8.  800  Anm.  8.  ^  3)  Posilg«  m  1406  in  8er.  III, 
9f9a  —  8)  Ebendaselbst  278-279.  i)  C.  e.  W.  No.  323.  -  5)  Scriptor.  s  III, 
Seite  35—48.  —  6)  Vergl.  Bernheim:  Lehrbuch  der  historischen  Methode 
S.  109,  27o,  326»  d72. 


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64 


Sanmiten  und  der  Deutsche  Ordeo  etc. 


vou  tirueii  Posilge  doch  uur  duroh  Gerüclit  oder  widersprechende 
Aussagen  von  Augenzengen  orientiert  wurde,  namentlich  Zahlen- 
angaben, dem  Marschall  der  Vorzug  zu  ^eben  sein.  £8  ergiebt 
sich  danach  folgendes  Bild:  Trotz  der  durohans  nnfrenftgendeii 
Yorbereitongen  ftlr  eine  solche  Anlage,  trete  des  Fehlens  an 
Zimmerlenten  nnd  dem  nötigen  Werkeeng  wnrde  innerlialb  kurzer 
Zeit  (Posilge  sagt  acht  Tage)  bis  zam  15.  Angast  von  Witold 
das  neue  Kastell  KOnigsbnrg  hergestellt.  ^)  Wxtold  ist  es, 
der  für  Yerproyiantienuig  und  Armierung  des  Hanses  sorgt,  der 
ihm  den  größten  Teil  seiner  Besatzung  (260  Mann  und  die 
nötigen  Pferde)  giebt,  während  der  Urden  nur  mit  4kj  Schützen 
und  14  Ordonsbnuli'ni  j)arti7:ipiert.  Sofort  nucli  Fertigstellung 
wird  die  Burg  ihrem  Sfiinksal  iilierlassen  und  hat  bald  •/•inen 
heftigen  Kampf  mit  den  Samaiteu  aoszuhalten,  die  indessen  der 
überlegenen  Kriegskunst  der  Besatenng  nicht  gewachsen  sind 


1)  Ein  80  sehndler  Bau  erkliit  sich  ans        durchaus  einfachen 
Konstruktion  einer  eolelien  Borg,  üm  das  eigentliche  Haus,  da«  hier  wohl 

MI8  Erde  und  Holz,  oft  aber  auch  aus  Ziegeln  errichtet  wurde,  erhol'  si«  h  der 
ans  Erde  anfgpsrliütrto  Wall  und  diesen  umgab  wielor  der  GnVi  n  iVf. 
Posilge  zu  1405  in  Scr.  III,  278).  Erklärlicher  Weiw:'  vorwnndte  man,  wenn 
es  die  Zeit  erlaubte,  mehr  Sorgfalt  auf  die  Anlage.  So  wird  man  namentlich 
an  die  Eniehtung  einee  rings  am  die  Bnig  sieh  entrecümidoa  Terhane  ge- 
dacht haben,  der  sieh  bei  allen  von  mir  im  Pmssia-Musenm  sn  Königsberg 
gesehenen  Burgmodellen  findet.  Es  gab  /w«!  Arten  y<m  Verhauen:  tote 
und  lebende.  Erstere  pntftftTKlcn  fla-lurch.  daß  man  die  Kronen  und  Aeste 
gefällter  Bäume  wild  durchfinandcr  «stürzen  ließ,  letztere  wunlen  durrh 
Domhecken,  namentlich  Weißdorn  gebildet.  —  Ein  zweiter  nicht  minder 
wichtiger  Zmats  su  den  von  Posilge  aufgafthrlen  YerteidigungKmalregtthi 
bildete  die  Bruetwehr,  die  bei  Ktoigeburg  mit  Rückeieht  auf  die  Kftne  der  Zeit 
durbh  Höhlungen  innerhalb  des  Walle.s  ersetzt  war.  Die  Brustwehr  auf  der 
Krone  des  Walles  zur  Deckung  des  Leibes  der  Verteidiger  angelegt,  werden 
wir  ims  entweder  aus  auf  einander  geschichteten  Planken  oder  ans  Lehm 
und  Flechtwerk  zusammengesetzt  zu  denken  haben.  Vergl.  hierüber  Bujack: 
„Zur  Bewaffnung  und  Kriegsfübrung  der  Ritter  des  deutaohen  Ordens  in 
Preuiten**  im  Bericht  Qber  dae  Altstädtieehe  Gymnasinm  sn  Kdnigebeig  i.  Pr. 
▼Ott  Ostern  1887  bis  Ostern  1888-  8.  19  und  2(K  Ferner:  Ueber  oatpreoffische 
Buigwälle  von  Major  Freih.  v.  BMenigk.  Abgedruckt  in  den  Sitzungs- 
berichten der  Altertnnipgp?ellsclialt  Pnissia  zu  Königsberg  i«  Pr.  im  86.  Ver* 
eini^hr  November  1879- 18Ö0.  S.  m  und  67,  71  und  72. 


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Yon  Dr.  SL  KmmbholtB. 


66 


und  deshalb  nnter  Verlust  abziehen,  selbst  auf  dem  Riickzng 
noch  von  den  Deutscheu  und  ihren  littauischeu  Bundesgenossen 
verfolgt  werden.  Dieser  glücklich  abgeschlagene  Angriff  ist 
entweder  unmittelbar  vor  oder  naob  den  29.  Aagart  bq  eetsen; 
denn  der  Hoofameüter  weiß  an  diesem  Tage  dooH  nichts  davon.^) 
Wenn  er  trotedem  jetet  schon  anf  einen  starken  Ersais  für  die 
Boig  —  nngefthr  900  Mann  mit  160  Pferden  bedacht  ist,  der 
nach  PosOge  am  99.  September  in  EOnigebnrg  eintrifRi,  so  ist 
dies  dio  Wirkung  von  einem  Brief  des  Marschalls,^)  der  mit 
Keclit  darum  gebeten  iiat.  Witolds  Entgegeukommeu  nicht  allzu 
sehr  in  Anspruch  zu  nehir. -  n.  Auch  des  Marschalls  Wunsch, 
die  Verpflegung  der  Burg  möglichst  bald  Witold  abzunehmen, 
TStsprioht  der  Hochmeister  zu  erfiülen.")  —  Aufgabe  des  als  Vogt 
TOD  Samaiten  zurückgelassenen  Michael  Kuchmeister^)  moBte  es 
sein,  gestfitat  anf  die  Bnxg  die  SteUang  des  Ordens  in  dem,  wie 
msB  wohl  annehmen  durfte,  jetat  gebrochenen  Lande  an  behaupten, 
die  Ssmaiten  cur  Anerkennung  der  Ordensherrschaft  zu  bewegen 
ond  wo  möglich  mit  der  Aenderung  ihres  Schicksals  anfrieden 
sa  stellen.  Wie  schwer  diese  Aufgabe  war,  zeigen  die  uns 
vorliegenden  Nachrichten.  Zunächst  machte  es  große  Schwierig- 
keiten, die  einmal  durch  Königsburg  t^efaßte  Position  zu  erhalten; 
nicht,  daB  man  etwa  von  den  Samaiten  angegriffen  wäre,  nein, 
yielmehr  Sorge  erregte  fortwährend  die  Verproviantierung  der 
snrückgelassenen  Besatzung.  Der  Orden  wuQte  sich  nicht  anders 
la  helfen,  als  fortwfthrend  Witold  um  Bat  und  Beistand  iür 
die  notwendige  Yerpflegong  der  Burg  anzugehen.^  Trotadem 
Bon  Witold,  wie  aus  einem  Brief  des  Hochmeisters  vom 
Sl.  November  1406*)  hervorgeht,  selbst  nach  Zugestftndnis  dee 
Vogtes  von  Samaiten  auf  das  eifrigste  seine  Hauptleuto  und 


1)  C.  e.  W.  Ko.  324. 

2)  C.  e.  W.  No.  328. 
3;  C.  e.  W.  No.  824. 

4)  Posilge  za  1406  in  8er.  DI,  986  and  O.  a.  W.  No,  84& 

5)  C.  e.  W.  No.  886. 

6)  C.     W.  No.  839. 


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6^ 


Samait«a  and  dar  Daataoha  Orden  eU». 


Bojaren  Manewydp,  Tchapurne  und  Sungail  im  Sinn  dos  Ordens 
wirken  ließ,  ein  Streben,  das  wir  von  Seiten  Witolds  bei  seinem 
jetzigen  Verhältnis  zam  Orden  mit  gutem  Gnind  auch  für  die 
früheren  Monate  als  vorhanden  annehmen  dürfen,  so  war  der 
Mangel  an  LebensmitteiOf  Munition  und  Geld  auf  Königebnrg; 
•  im  Oktober  1406  soihon  so  groß,  daß  der  Vogt  sioh  genötigt  sah, 
eine  Bednsiening  der  Besatasnng  eintreten  sn  laaaen,  und  deshalb 
die  von  Witold  hineingelegten  Streitkrftfte  ziehen  ließ.  Ja  seine 
Hoffnung  anf  regelmäßige  Verproviantierang  war  am  16.  Oktober 
schon  so  gesunken,  daß  er  um  Zusendung  von  sechs  Wagen  bat, 
auf  denen  er  sich  selbst  das  N«>tif^o  holen  könnte.^)  Wenn  auch 
auf  diese  energische  Reklamation  hin  eine  Besserung  hi«'rin 
eingetreten  sein  mag,  —  wenigstens  tindet  sich  weiter  keine 
Klage  des  Vogtes  hierüber  —  so  ist  es  doch  nur  zu  begreiflich, 
daß  die  Samaiten  durch  eine  Schar  in  ihrem  Lande,  welche 
selbst  vm  ihre  Ezistena  rang,  sioh  nicht  einschaohtem  liefien 
und  trotz  Witolds  Bemühungen  nicht  Geiseln  stellten,  Zu  dieser 
Erkenntnis  gelangte  denn  auch  am  Ende  des  Jahres  1406  der 
Hochmeister,  besonders  als  ihm  ans  einer  Abschrift  eines  Beriohtee 
des  samaitischen  Vogtes  an  Witold  die  völlige  Besultatlosigkeit 
des  bisherigeu  }>assiven  Vorgehens  klar  wurde.  Jetzt  war  es 
auch  mit  seiner  Nachsicht  vorbei.  Am  29.  Dezember  1405  bat 
er  Witold}  vereint  mit  dem  livländischen  Meister  die  äamaiten 


1)  Schieblade  18  No.  16.  Prunhaska  bringt  sie  unter  einem  falschen 
Datum  in  seinem  Regest  C.  e.  W  No.  328.  Der  Brief  ist  vom  15.  Oktober, 
nicht  22.  Oktober,  denn  im  Original  steht:  „Kouwen  donerst«g  vor'',  nicht 
„nach  Galli'*.  —  Der  Vogt  von  Samaiten  an  den  Marschall:  „Uwer  Irsamkeit 
sol  msBrn  das  is  gar  unrichtig  sngeet  myt  der  ko«t  of  das  hm  so  hrengen, 
wenn  dy  kost  nychte  oko  ns|{eriebt  ist  noch  inkamtnet  als  ys  wol  not 
were  .  .  .,  al  das,  das  die  Kolmen  hoben  usgericht  olzo  mal  .  .  .  noch  da 

binden  ist  xiud  ist  kovns  komen  Ich  mußt«  des  konigs  (d.  h.  Witold) 

luthe  lo.sen  keclig  keen  wol  b}'^  200   ouch,  lyber  her  marscbaU.  mn^ 

uwer  ersauikeit  dor  of  denken  und  senden  her  6  gute  wayn  (Wagen)  und 

dorzD,  das  wyr  selbyr  mögen  fttrco  in  dem  hnse  was  ans  n  standen 
not  ist  von  kost  von  eyme  und  vcin  dem  andern  ....  onoh  .  .  .  wysse 
uwer  ytsamkeit  das  of  dem  hose  nycht  me  geschoss  ist  denn  1  tonne  pfyl 
ond  gar  weayng  pulver  ....  oach  habe  ich  vasto  geldes  as  gegeben  


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y<m  Dr.  B.  KnunbholtB» 


ZOT  Stelltmg  von  Geiseln  zu  zwingen,  indem  er  ^gleichzeitig  eine 
den  Orden  bei  Witold  in  Mißkredit  setaen  sollen  In  Aeußerang 
eines  gewiflsen  Heinricb  Klote  als  imwahr  hinstcdlt.^)  Am 
8.  Jannar  1406  fihnd  dann  zu  Elbing  eine  Yenammlung  etott, 
HO  man  sioh  Uber  den  Eriegaplan  wird  geeinigt  baben  und  dann 
Witold  davon  benachricbtigte.')  Da  nun  der  Vogt  in  einem 
Brief  vom  23.  Januar  1406*)  dem  Hochmeister  die  Absicht  mit- 
theiit:  durch  alle  laut  fzii  rithen  in  Samaythen  die  czu  be- 
sehende und  czu  bestelh  n  uath  mynem  besten  gutilniikeii.'"  so 
ergiebt  si'-li.  daß  zwischen  Hptm  8.  nw\  '2^.  Januar  die  iiustuiin^en 
dc^  Ordena  und  Witolda  zum  Absei iluß  gekommen  sind  und 
derartig  gewesen  sein  müssen,  daB  trotz  der  wegen  ungflnstigen 
Wetters  nicbt  zur  Ansfdhmng  gekommenen  Kriegareise  das  bloße 
GerOeht  davon  schon  genügte,  um  die  Samaiten  zur  Stellung 
von  Qeisehk  zu  bewegen,  deren  sieben  der  Vogt  an  den  obersten 
Msrsehall  sendet:*)  sechs  ans  Widukle,  einen ^  ans  Thanysgel.') 
Ob  aber  bereits 'am  23.  Januar  noch  weitere  Bezirke  Samaitens 
sich  hierzu  bequemt  haben,  geht  aus  dem  Bericht  des  Vogtes 
nicht  hervor,  Indexen  läßt  sowohl  der  Wortlaut  in  Posilges 


1)  Archiv  zu  Königsberg  im  Registranten  III,  p.  234.  Nachdem  der 
Hoduncister  sioh  Witold  gegenüber  doraber  beklagt,  daß  lant  einer  Kopie 
«nei  Briefes  des  Vogtes  tob  Samaiten  die  Samaiten  ihre  Veispreehnngoa 

atclit  hielten  und  die  Geiseln  verweigerten  tootz  aller  Bemühungen,  heifit 
es  wörtlich:  „«ynt  das  die  Samayten  zo  langsam  und  unstet«  synt,  so  bitten 
wir  .  .  .  das  Ir  zu  desem  dinj^e  unsern  ordin  nutz  und  Fromme  dirkennet 
oud  uns  vordaa  helfet  rathen,  wy  man  dosen  dingen  und  der  müve,  diu  Ir 

liablf  egm  kons  ende  geben  möge  ,  wellen  sie  mit  willen  Ire  gysel 

nicht  geben,  das  wir  nie  mit  enwer  hvXfü»  nnd  dee  gebitagers  von  Lyffland 
dortni  brengen,  das  sie  es  mit  Tinwillen  thnen.  Onch  so  bemret  nver 
hochwirdigkt'it  yn  dem  selben  britVe  von  Clotz,  unsers  ordens  brudir,  wy  der 
etliche  rede  zu  Sama\  ten  aolde  geredt  haben.'^  Der  Hochmeister  beteuert 
seine  Unschuld  daran. 

2)  Registrant  3  p.  236.  Der  Hochmeister  teilt  Witold  den  Beschluß 
ttaer  Yersammlang  za  Elbing  mit,  die  beschlossen  hat,  einen  Boten  an  ihn  zu 
Mden:  „der  awer  hsrlicMrait  nassm  winea  und  meynonge  berichten*^  acSk. 

8)  a  e.  W.  Vo,  —  4)  Ebeodaseibst  —  b)  üsbsr  Tfaanyagels 
KWgnplusehe  Lag»  habe  ieh  nüdits  gsfondea. 


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68 


Sunaaton  und  der  Deotsoh«  Orden  etc. 


Bericht  über  diean  Zfit:^)  ,/lie  laut  czu  Samaythin  go])in  dem 
ordin  ere  gyael,"  als  auch  ein  Brief  des  Vogtes  vom  13.  Juiii  1406,') 
der  uns  über  die  Lage  in  Samaiten  orientiert,  den  Schiaß  dafür 
EU.  Schon  die  blofie  MOgUohlceit,  richtend  durch  alle  Lande 
Samaitens  wn  siehen,  eetsi  einen  völligen  Friedensmstand  in 
Samaiten  yozans  nnd  dieser  wieder  Änerkennong  der  Orden»- 
hemcfaaft.  Dem  entsprechen  völlig  die  anf  seiner  Beise  dnroh 
das  Land  vom  Vogt  gesammelten  Erfehrungen,  der  sein  Urteil 
dahin  formuliert :  „das  is  in  allen  Landen  von  der  gotea  gnoden 
wol  steet."  Fassen  wir  zunäcLst  zusammen,  wie  die  Samaiten 
sich  ihm  gegenüber  benommen  haben,  m  ist  sein  T^rt^^il  wohl 
zu  begreifen.  Ohne  Widerstand  zu  leisten,  haben  die  Samaiten 
die  noch  rückständigen  Geiseln  gestellt^  ja  die  meisten  haben 
anf  sein  Verlangen  Geiseln,  die  nicht  genog  Gkunntie  boten, 
umgewechselt,  ohne  sofort  ihre  schon  gestellten  sorttck  eu  er- 
halten.*) Bossiei^,  Enethow  und  Craszian*)  allein  haben  sich  dem 
widersetst.*)  Erst  als  er  den  Wtmsch  nach  Yergröfienuig  der 
Zahl  steUte,  seigten  sie  sich  abgeneigt  und  begründeten  dies 
mit  der  Versiehefmng  ihres  Gehorsams  und  der  AuiVbrdertmg 
im  speziellen  Fall  einfach  der  Uebelthäter  sicii  zu  bemächtigen.*') 

1)  Posilge  zu  1406  in  Scr.  III,  282. 

2)  C.  e.  W.  No.  341.  Der  Vogt  an  den  Marschall:  Euwer  eri»amkfeit 
sol  wissen,  dos  wir  csu  Samayien  gew«st  sein  in  allea  landen,  nnd  di  alle 
gelieht  liMi  W68  in  die  yirde  woöhe,  also  das  wir  andirs  nioht  ditfaren,  'wen 

das  is  in  allen  landen  von  der  gotes  gnoden  wol  steet. 

3)  C.  e.  "W.  No.  B-il.  Der  Voj^t  an  ävn  Marsrlmll:  ..^wh  zo  hnb  wir 
mit  uns  as  dem  lande  gebroch  di  gisel,  di  ilo  ni'^lit  gP}2;eben  woron,  und 
ouch  etczliche  ander  gisel,  di  si  uns  gewechselt  han  vor  di,  di  si  nicht  ^t 
gegeben  han,  nnd  bitten  euch  wol  czu  thuende,  da«  ir  bestallet,  das  di 
gisel  wedür  hems  komen  .... 

4)  Bosnenya  Lage  ist  beinnnt;  Knethow  liegt  im  Gebiet  von  Mede- 
niken»  dem  hentigen  Medingiany  an  der  oberen  Minge.  cf.  Scr.  II,  S.  664 
Anm.  5.  —  Crasiian  ist  Tielleioht  Krosche  an  der  Kroschenta,  einem  Neben- 
fluß der  Dnbissa. 

5)  C.  e.  W,  No.  Oiicli  so  hob  wir  di  gisel  von  Rossieuy,  von 
Kaethow,  ytm  Orsssian  geheischet,  di  si  uns  oneh  weebseln  bqUsb  md  des- 
lushs  sieh  do  wedir  spenen. 

6}  C.  e.  W.  841:  Umb  me  gisd  esimemea  do  thofsts  wir  ksins  emsle 


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Von  Dr.  B.  KranibholfB. 


59 


Weiter  kann  der  Vogt  die  frohe  Yersiohenmg  geAmn^  daß  ftlr 
die  gewiB  vom  Orden  sehr  gefarohtete  Auswandenrng  za  Witold 
dnrchaiui  keine  Stimmung  vorbanden  sei,  im  Gegenteil  wfiren 
die  Samaiten  bereit,  nach  Prenfien  zu  ziehen,^)  was  natOrliofa  tu 
fordern  der  Yogt  sich  sehr  angelegen  sein  liefi.  Lagen  so  die 
Yeriititnisse  gfinstig,  so  ist  es  ein  Zeichen  von  grofier  Einsicht, 
wenn  trotzdem  der  Vogt  auf  das  energischte  betont,  daß  nun- 
mehr auch  der  Orden  für  Erhaltung,  ja  Fürderung  dieser  guten 
StimTniing  das  seinige  thun  müsse.  Er  seibat  war  genügend 
mit  gutem  ßeiapiel  vorangegangeu.  Er  hat  ihnen  freilich  unter 
Vorbehalt  seiner  oder  seiner  Kämmerer  Genehmigung  Frei- 
sOgigkeit  gestattet,  tun  ihrer  Erwerbsfähigkeit  nicht  entgegen- 
satreton,^  er  bat  ihnen  Begelang  ihrer  Besitasverhiltnisse,  jeder 
der  drei  StaDdesklassen  einen  bestimmten  Ackerteil  wohl  als 
Lehn  vom  Orden  zugesichert.*)  Unter  der  ErwAgong,  daß  Ein- 
gehen anf  die  Wünsche  der  Samaiten,  Erfüllung  der  gegebenen 
Versprechen  notwendiger  "Weise  Vertrauen  und  Entgegenkommen 
erzeuge,  Gründe,  die  trivial  erscheinen  mögeu,  aber  dorh  einen 
hohen  Grad  von  Menschenkenntnis  verraten  und  die  Auswahl 
Michael  Kuchmeisters  zum  Vogt  von  äamaiten  als  eine  sehr 
gl&ckliohe  kennzeichnen,  bittet  er  dringend  den  obersten  Mar- 

red©  mit  in  nirht  von  )  aVtpn,  wend  .  .  .  .  si  sprorlien.  si  wellen  nicht  Un- 
recht thaen,  wer  do  uurecht  thut,  (las  ma»  dem  nie  gisel  ueme. 

1)  C.  e.  W.  No.  841:  ander  herczog  Wythowd  czu  czien  .  .  .  zo  hört 
naa  nunmer  kein  meaiehe,  das  do  «inen  willen  hette  .  .  .  lewtbe  vor  uns 
«Dt  gewask,  die  osn  saeh  ken  PmvHmi  auw  wellen. 

2)  C.  a.  W.  Nob  Ml:  Wir  haben  oflbnbar  in  allen  laadeii  geeaith  und 
dilloobet  .  .  .  »»inen  iderman  czu  czien,  wo  her  welle  .  .  .  stinrler  ane  nnser 
wissen  nicht  und  ane  unserer  kemerer  wissen.  .  .  .  Dorczu  hab  wir  in  allen 
luden  den  kemerem  offen  brife  gegeben,  d&a  si  di  lewthe  losen  geen,  wo 
■  etn  ichalfen  han,  nf  das  sie  deste  hw  gewoonea. 

9)  C.  e.  W.  No.  841:  ans  dochte  esamole  gut  sein,  das  ir  mit  nnrarm 
homdster  eins  wurdet,  das  man  ...  im  lande  ....  mese  erc  velt  und 
a^kcT  ....  und  des  mit  unserm  liomeister  eins  wurdet,  wi  vil  ir  einem 
baioren,  einem  frien  und  einem  gehner,  cirK^m  idermann  zni  dinste  gfiben 
wddet,  ul  daa  di  andern  in  der  hoäuunge  blebeu  und  dirkennen  docli,  das 
nuui  in  halden  weide,  was  man  in  geloubet  hat,  zo  solden  si  alle  vil  deste 
gdioiMmer  imd  gsvolgier  oeja. 


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GO         *  Sftmaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 

schall,  beim  Hochmeister  Ansftllining  der  den  Samaiten  gegenüber 
von  iliin  eiiigugau<j:enen  Verpfliohtuii!j:eu  durchzusetzen,  femer 
Ochüeii  und  Pferde  ins  Land  zu  schicken,  um  in  dem  völlig 
ruiniertf>n  Saniiiitr-u  wieder  Aekerbnu  zu  ermöglichen.^)  Und  tim 
8o  mehr  aul  BerUck.sichtigang  aeiner  Wünsche  zu  dringen,  hat 
er  deshalb  allen  Grund,  weil  er  bei  aller  seiner  Ftlnoxge  für 
die  Samaiten  die  Vorteile  des  Ordens  nicht  ans  dem  Ange 
verliert  Baf^lr  spricht  sein  Bemühen,  einfluBreiche  Leute  als 
Geiseln  in  die  Hftnde  bu  bekommen,*)  duffkr  seine  energische 
ErklArung,  im  Einyeratändnis  mit  Witold  nioht  auf  die  Ans- 
liefemng  der  Kinder  von  besonders  zu  Anirnfar  geneigten 
Personen  zu  verzichten,'')  dafür  endlich  die  Auf fordeninn^.  an 
Stell©  der  aus  Samaiten  nach  Preußnn  "Einwandernden  mögliehst 
^iel  Ordenslente  und  Witinj^e  zn  st  uvien.*)  —  Prüfen  wir  nun, 
ob  der  Orden  klug  genug  war,  auf  diese  bereits  als  höchst 
einsichtsvoll  charakterisierten  Pl&ne  Michaels  einzugehen,  und 
80  seinen  BeamtMi  in  Samaiten  —  dem  Vogt  aia  höchsten 
militftrischen  und  administrativen  Vorgeseteten  des  Landes,  den 
Kftmmerem  in  den  einzelnen  Beeirken^  —  die  Ao^be,  das  Land 
an  die  deatsohe  Hezrsohaft  zu  gewöhnen,  erleichterte.  Wenn 
aneh  mancher  Wunsch  des  Vogtes  uuerfttUt  blieb  —  so  konnte 


1)  Srhieblads  XVm,  Na  18.  Der  Vogt  von  Samaiten  an  den  obersten 
Marschall:  Als  wir  eiioh  vor  pjesrhrebon  hol>en  von  der  ochsen  nnd  von  der 
sweyken  (d.  h.  leichte  Plei-ik-  weyn  (wegen)  bitte  wir  euw^r  ©r&ainkeit, 
das  yr  dy  der  of  schicket  alt»  yr  irtiter  raoget,  wend  dy  lewthe  grosen 
breobea  lyden  nnd  Jiieht  gepflugen  kramen,  und  so  sy  lengher  iingepfluget 
do  Sitten,  so  man  yn  lenzer  myt  kome  helfen  mns.** 

2)  cf.  oben  S.  58  Anm.  3. 

;Ti  C.  e.  W.  nil:  ..Onrh  lieber  her  mnrschalk,  enwer  ersamkeit  sol 
wissen.  (l.'\s  ir  di  gi^tihi  alle  her  us  hat.  ili  ilo  alle  von  f^oteo  iewteu  sein, 
ane  vire  aUir  vunle,  die  man  noch  wechseln  sol,  di  hab  wir  geheischen  von 
etxlichen,  di  do  vil  irronge  xmder  dem  volke  madieB 

4)  C.  e.  W.  Na  84t:  nOach  1.  b.  ntanchalk,  ea.  ers.  wol  weis,  das 
wir  noch  keinen  witing  na  dem  lande  han  ....  an.  era.  mag  d<vaf  ge- 
denken, das  ir  ans  lewthe  and  witinge  hems  aehidcet,  wand  wir  one  lewthe 
keinerlei  volbrengen  mögen.  ,  , 

5)  C.  e.  W.  No.  844. 


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Von  Dr.  Krumblioltz. 


61 


er  z.  B.  aus  Mangel  au  sachkundigen  LeuLbu  niclit  an  die  ver- 
sprochene Au-steilnng  von  Landbesitz  denken, M  —  so  kanu  man 
doch  dem  Orden  das  Zeugnis  nicht  absprechen,  daß  er  auf  das 
redHcbite  sich  bemükte.  Den  besten  Beweis  dafür  liefert  das 
Tießler  Buch.^)  Zu  verschiedenen  Malen  wurden  die  Samaiten 
entweder  direkt  bei  Besuohea  in  Königibeig  oder  daroh  den 
Vogt  Tom  Orden  reioblich  bedacht.  Aufier  Ooheen  und  P&rden 
nnd  namentlich  folgende  Gegenstände  in  reichlicher  Ansahl 
verteilt  worden:  Tnob,  Beile,  Honig,  Butter,  Eaae,  Hering, 
Stockfisch,  Boeinen,  Reis,  Mandeln,  Salz,  Mehl,  Mohn  und  Malz.'') 
—  So  schien  sich  ein  gutes  Verhältnis  anbahnen  zu  wollen,  als 
wegen  eines  "Witold  versprochenen  und  auch  zugelührten  Hilfs- 
korj's  gesell  den  Konig  von  Moskau  ein  neues  Streitobjekt 
zwischen  Orden  und  Samaiteu  sich  ergab,  welches  die  ireilioh 
noch  in  ihren  Anfjingen  ruhende,  möglicher  "Weiae  aber  ganz 
herbeizofährende  Veracbmelzang  auf  das  heftigste  zunftohst  in 
Frage  stellte  nnd  so  mfichtig  einwirkte,  daB  bereits  An^g 
September  bewafinetes  EinsohTeiten  des  Ordens  tot  der  ThCkr 
stand.*}  Fragen  wir  uns,  inwiefern  eine  bloBe  Unterstützung 
Witdds  seitens  des  Ordens,  wozu  er  in  Folge  des  abgesohlossenen 


1)  Sckieblade  XVia.  iso.  cj,.  Der  Vogt  von  Samaiten  an  den  obersten 
HtneliiiU:  Es  iit  Unlust  unter  den  Samaiten  gegen  dos  Ordens  Gebote: 
„das  ejne,  do  ay  sieh  methe  weren,  das  ist  das  sy  sprechen:  wir  bobin  ja 
gdonbet  «re  guter  cza  vorbrifen  .  das  ist  ouch  war  .  .  .  Nu  gebricht  is 
tUM  .  .  .  daran,  .  .  .  das  wir  nimande  hobin  der  sicli  doruff  verstr-et  nnd 
evDS  mfins  ^^ut  mochte  obirsloen,  wy  vii  daa  mochte  gesyn.**  Der  Marschall 
soll  beim  Hochmeister  durchsetzen:  ^ob  her  wns  mochte  eyn  kriecht  odir 
Tsiandei  ns  gerichten  der  do  myt  ans  rytte  Vi  ior  adir  Va  >or,  den  weide 
nir  losen  tytben  nnd  losen,  obirsloen  wy  vyl  eyn  idennan  moehte  babin, 
10  weide  wir  im  vollen  geben  czu  synem  djmste  und  im  bri&  geben  an 
VOSem  homeister  das  yn  das  vorbrifet  werde  .  .  . 

2)  TrüGl.  r-Buch  p.  207  —  3)  Die  v..n  Voigt:  G.  Pr.  VI,  S.  353  ange- 
i^rten  Belagäteileu  enthalten  nicht  Schenkungen,  sondern  nar  Bitten  des 
Yogt^  um  Zosendung  von  Salz,  Mehl  etc. 

4)  C.  e.  W.  Hb.  849.  Der  obente  Mareehall  bittet  Witold  nm  geeignete 
Btationierang  von  Stxeitkrifiten  des  Ordens^  „das  sie  ...  .  nnaem  finden 
den  Samayten  io  legem  ....  uff  das  sie  mit  euwer  bii]&  deste  grosseren 
Schoden  mochten  osocaihen  den  vinden  .  .  .  / 


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62 


tiamaiten  und  der  Deirtidie  Orden  etc. 


Bündnisses^)  yerpfliohtet  war,  einen  so  nnheilvoUen  Einfiafl  auf 
das  VerbfiltniB  zwischen  Orden  nnd  Samaiten  haben  konnte,  so 
Hegt  die  Antwort  in  der  ein£Mshen  Konstatierung  der  Tatsache, 

daß  die  Samaiten  auch  ihrerseits  die  Hilfsmannschaft;  für  Witold 
mit  stellen  sollten.  Wer  sich  an  all  die  schändlichen  Handlungen 
erinnert,  die  Witold  sich  i^^^f^f^u  Samaiten  hatte  zu  Schuldeu 
kommen  lassen,  wie  er  sie  zum  Ivampf  gpgen  den  Orden  geführt, 
wie  er  sie  dann  treulos  dem  Orden  überantwortet  hat,  wie  er 
endlich  selbst  auf  das  energischte  ihre  jetzige  doch  immerhin 
abhAngige  Stellting  mit  herbeigeftlhrt  hat»  der  wird  begreifen, 
da8  ein  sohshea  Gtobot  des  Ordens,  das  im  Joni  1406  erging, 
auf  den  heftigsten  Widerstand  hei  ihnen  stoBen  mnBte.  Ton 
Ausreden,  an  so  weite  MArsohe  nioht  gewöhnt  su  sein,*)  gin^ 
man  über  zu  der  ErkUümng:  „si  haben  sioh  den  dewtsohen  ge- 
geben, mit  den  w^en  sie  reithen  wi  verre  wo  man  si  heiset, 
sunder  mit  herzog  Witthovden  czu  reithen,  do  sint  si  unwillig^ 
czu.')  Die  furchtbare  Erbitterung,  welche  das  ganze  Land 
ergriffen  haben  wird,  als  sie  dennoch  mit  ihrem  Vogt  in  einer 
Stärke  von  1000  Mann  ausrücken  mußten,^)  aeigt  sich  am. 
deutlichsten  in  einem  Brief  des  Marschalls  an  Witold  vom 
3.  S^iember  1406,  wo,  wie  schon  erw&hnt,^)  die  Samaiten  wieder 
Feinde  genannt  werden,  denen  man  möglichst  groBen  Schaden 
snfOgen  mflBte.   Ob  es  wirklich  sa  einem  bewafineten  Ein- 


1)  Dnreh  deo  Vertrag  Ton  Radas. 

2)  Sehiebladft  XVm,  No.  SI.  Brief  dee  Vogtes  von  Samaiten  an  den 
Hochmeister  vom  29.  Juni  1406.  Das  Original,  teilweise  defekt:  ^die 
eldesten  und  dy  besten  bayom  [Lücke]  syiit  c^vwa^t  ....  (haben)  .  .  .  uns 
gesayth,  da.«?  sy  sich  vorsehen.  d?»f»  vflf  ni-  ht  rcytluMi  \vp[llen  .  .  .  .]  (wohl 
zu  erguuzeu:  weil)  »y  sulfheu  vtjrreu  rey^eu  uycht  gewoiiet  synt  ** 

8)  C.  e.  W.  No.  SiA.  Stelle  aus  einem  Brief  des  VoglM  von  Sunaiten 
•n  den  MenehaH  vom  80.  Jmii  1406. 

4)  PoBÜge  zu  1406  in  Scr.  III,  282;  C.  e.  W.  S.  977.  Amtlicher 

Ordensliericlif  nhor  di>  snmnitis'^hen  Angelegenheiten  im  Jahr  14^^i9:  „Contm 
ilium  <lo  ^^o^;f•a^v  et  ali(<s  Huthi-iio«'  ....  (misit  mnf:;istf!r  generalis  Witouilo) 
commendatorem  de  Brandenburg  ...  et  advocatum  äemogitarum  plus  quam 

onm  Semogitis  mille  de  melumlnu  ^ 

C)  VergL  oben  8.  61  Asm.  4. 


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Von  Dr.  K.  Krambholta. 


63 


schreiten  gekommen  ist,  wissen,  wirnicbt,  jedenfalls  ist  aber  Ende 
September  der  Orden  der  Ueberzeugung ,  daß  eine  weitere 
Sicherimg  seiner  iri'r!>jchaft  in  Samaiten  gnlioren  sei.  Am 
29.  September  140G  berichtet  der  Hauskomtur  von  Raguith 
aber  eine  Kekognoezieningsreise,  die  den  Zweck  liatte,  einen 
günstigen  Ort  znr  Anlage  einer  neaen  Burg  aitunwählen.^) 
Hacb  den  verschiedeoBten  Genchtspunkten  bat  er  mii  sarnen 
B^g^tem  Feier  nnd  FUnts  eine  Menge  von  Httasen  in  Angen- 
soheiik  genommen.  So  kat  er  in  Betracht  gezogen^  ob  BankolS) 
ob  Wasaer  som  Treiben  einer  Korn-  nnd  Holsmflble  genng  TOf^ 
banden  sei,  ob  anch  nicht  der  Weg  zar  Beschaffung  des  zum 
ikiu  nötigen  ilaterials  zu  weit  sei,  weil  zu  befürchten  war,  daß 
das  Geainde  während  des  Transports  weglaufe.  Daß  man  sich 
für  keinen  der  in  Vorschlag  gebrachton  Orte  entschieden  hat, 
sondern  noch  Anfang  Februar  1407^)  darüber  in  Zweifel  ist') 
findet  seine  Erklärung  durch  das  inzwischen  wieder  besser  ge- 
vofdme  YerbAltnis  mit  den  Samaiten,  wofflr  das  sprechendste 
Zeugnis  ibr  Erscheinen  anf  der  Marienbnrg  ist.^)  Bevor  wir 
indessen  bieranf  eingebeni  ist  es  noch  nötig  anf  ein  Ereignis 
hixunweisen,  über  das  die  Samaiten  dmrcb  ihre  soeben  erwAbnte 
Anwesenheit  in  Marienburg  zur  l^igeeordnnng  übergegangen  zu 
sein  scheinen,  welches  indessen  für  Witolds  Gesimiung  äußerst 
charakteristisch  ist.  Wir  erinnern  uns,  daß  Witold  seit  dem 
Frieden  von  Raciaz  am  23.  Mai  1404  die  Berechtigung  hatte, 
250  Samaiten  zu  sich  zu  nehmen,^)  und  daß  hieran  auch  durch 
die  Nachträge  zn  Kowno  am  17.  August  1404^}  nichts  geändert 
war,  so  dafi  diese  Verpflichtung  des  Ordens  noch  immer  zu  Beckt 
iMstand.  Witold  sieb  dessen  wohl  bewaflt,  brachte  dies  in  einer 
fllr  den  Orden  fireilick  wenig  angenehmen  Weise  zum  Ausdnicki 
mdem  er  einfAok  dortbin  schickte  und  durch  seine  Leute  den 


1)  C.  e.  W.  No.  a6t  —  9)  SlMDdtsenwt  8G0.  —  8)  Voigt:  6.  P^.  VI, 
a.  860  und  Anm.  4  beecholdigt  also  mit  Unrecht  Posilge  zu  1407  in  Scr.  ITT 
286  eines  Fehlers.  -  4)  Posüge  wa  1407  in  8or.  III,  984.  —  6)  g£.  obeaS.  40 
Anm.  3.  —  6)  c£  oben  S.  49. 


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64 


8anuut«n  und  dir  Deatadw  Ordaa  eto. 


üdbertritt  einer  Anzahl  Samtiten  in  sein  Land  verlangte.^) 
Blee  hatte  den  nngflnstigaten  Eindrnok  auf  die  Sanudten  ana- 

geübt  und  namentlich  die  erste  Klasse  der  drei  Stände  ftlrehtete 

jeden  Augenblick-)  zum  Uebortritt  zu  Witold  gezwuugoii  zu 
werden.  Der  Hochmeister  hielt  es  deshalb  für  das  angebrachteste, 
Witold  zur  AuswalU  der  ihm  zusteheruien  Zahl  atifzufordem.*) 
£s  ist  selbstverständlich,  daß  ein  Mann  von  der  Klugheit  Witolds 
nicht  ohne  Onmd  dies  auisnschieben  suchte.  *)  Caro  ^)  und 
Voigt^  nehmen  an,  daß  er  ans  BOcksicht  auf  die  in  Samaitan 
gegen  ihn  feindliche  Stimmang  Torlänfig  darauf  vendchtet  habe, 
indessen  fügt  Voigt  doch  anoh  die  Vermntang  hinzn,  daß  Witold 
so  handelte,  „um  doroh  seine  im  Lande  hin-  nnd  hersiehenden 
Amtleate  noch  fortw&hrend  einen  gewissen  EinflnB  anf  das 
Volk"  auszuüben.  Diese  letztere  Erwägung  möchte  ich  fftr  die 
richtige  halten  und  bin  der  Ansicht,  daü  Witold  jetzt  schon 


1)  Schieblade  XVII a  No.  72.  Brief  des  Vogtes  von  Samaitan  an  den 
obersten  Marsrhall:  Euwcr  nrsnmkeit  f^prurhe  czu  wissen,  das  wir  syn 
gewest  in  den  landen  uf  der  Nawese  uud  luibin  du  etzliche  ^ysel  gefordert 
dy  irsten  wedir  czu  losen  als  ys  geretli  ibi.  iSu  siut  etzliche  dy  sich  do 
wedir  sperrda  uod  weten  sich  der  czu  geben  nnd  das  kompt  nyrgea  van 
wen  Ton  hsrciogs  imthowdss  leiwthan  dy  do  ns  nnd  yn  teithsn  nnd  dy 
hetten  gerne  vele  lewthe  us  dem  lande. 

2)  Sriiieblade  XVIa  No.  CO.  Prr,(  }uiska  setzt  diese  Urkunde  olme 
Jahr  im  Oii-inal  (C.  e.  W.  No.  asi  T?)  ins  J.ilir  1 1f«.  Mit  Voigt:  G.  Pr, 
VI,  8.  iibö  Anm.  1  setze  ich  sie  ins  Jahr  1406.  Der  Vogt  von  Samaiten 
an  dea  obetsten  Maxschall :  ,|En.  en.  gerache  can  wissen,  das  wir  im  laxids 
ozu  Samaythen  gewest  seyn  .  .  .  .  do  qnomen  dy  besten  von  allen  landen 
czu  ans  and  sageten  ans,  wy  das  sy  hatten  vernommen  von  des  herczoge 
Wythowdes  lewtben  ....  das  her  dy  250,  dy  wjt  ym  scbuldig  siiii.  haben 
wellp  ....  das  wrii-fn  dy  lewthe  rzn  mnle  crroslich  dirschrokon  und  bitten 
hUo  das  man  syns  dt'£u  laude  niciit  gebe  und  sprechen  schiecht  (,d.  h.  ge- 
r.adezu),  sy  wellen  czu  ym  nicht." 

8}  C.  e.  W.  S.  977.  Ans  einem  amtlichen  Ordensbericht:  (Magister 
generalem  Witondom)  ....  amicabiliter  rogare  fecit  qaod  .  .  .  propter 
eanm  ....  amorem  .  .  .  illosdacentos «iL familiäres ezpatriaSemogitanim 
snmeret  .... 

4)  t  ".  e.  W.  S.  B77:  Ttmc  respondit  ei  Witondus  dnx  ....  quod  istud 
ad  modicam  dilacionem  poneret  ....  —  ö)  Garo  Iii,  274.  —  6)  Voigt: 
G.  Pr.  VI,  356. 


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Von  Dr.  B.  Kmmbholts. 


65 


wieder  sein  Doppelspiel  zu  beginnen  anfinir.  Indessen  war  er 
g^wifl  noch  nicht  mit  sich  gelber  üher  dm  Art  imd  Weise  seines 
Vorgehens  im  klaren.  Deshalb  hielt  er  sich  beide  Möglichkeiten 
offen:  er  wies  trotz  wiederholter  Mahnungen  die  Auswahl  der 
260*)  zuräck,  weil  mit  ihrer  Annahme  sein  ihm  rechtlich  sn* 
stehender  Anspruch  auf  eine  Zahl  Samaiten  aufhörte)  sachte 
anderseits  den  Orden  nicht  vor  den  Kopf  za  stoßen  und  untere 
statote  ihn  deshalb  ancb  noch  1407,  wie  wir  bald  sehen  werden* 
Dies  ma  thnn  tind  so  wieder  den  Tielleioht  schon  aigwöhnisch 
werdenden  Orden  in  Sicherheit  eimsnwiegeu,  modite  ihm  tuo  so 
notwendiger  erscheinen,  als  1407  die  Samaiten,  wie  sclion  er- 
wähnt', einen  Schritt  thaten,  der  ihr  völliges  Einverständnis  niit 
<ler  ()rdensherrs(^hafl  zu  dokumentieren  geeignet  war.-)  Mit 
ihrem  Vogt  Miehael  Knehmei^ter  ersehienen  die  „Aeltesten" 
in  Marienburg  und  erbaten  sieh  für  ihre  Besitzungen  kalmisoh 
Recht  und  „man  sulde  sie  haldin  glich  rittem  und  knechten  im 
lande  eau  Gnloien."  Mit  vollem  Becht  bemerkt  Caro*)  hieran, 
dafl  dadurch  der  Beweis  gegeben  sei,  „wie  empftnglioh  die 
Samaiten  ftr  den  Segen  stsatlicher  Ordnung'*  waren.  Nach 
swei  Seiten  bin  wirkte  dies  Ereignis.  Zunächst  verbreitete  sich 
allgemein  die  Ansicht  „das  die  lant  (oseu  Samaitln)  betwungen 
werin.*'*)  Ritter  und  Knechte  erklärten  sich  nur  auf  Bitten 
des  Hochmeisters  bereit,  die  für  Sicherung  des  Landes  einge- 
rirlitete  Abgabe  des  „Schulweisch  koru  und  wartgeld*"^)  nochmal 
auf  3  Jahre  zu  zahlen.  Sodann  fühlte  sich  Witohi  wohl  da- 
durch veraulaüt,  auf  das  Gesuch  des  Hochmeisters  vom  3.  Fe- 
bruar 1407,  für  den  Bau  eines  Hauses  auf  der  Dubissa  Zimmer- 
leute zu  stellen,*}  einzugehen,  wie  ein  Bericht  des  Vogtes  von 
Samaiten  vom  9.  April  1407'')  und  auch  mehrere  andere  Briefe 


1)  O.  e.  W.  S.  977.  —  3)  PosOge  zu  1407  in  Scr,  HI,  984.  ^  8)  Garo 
m,  5174.  4)  Poeilge  zu  1407  iji  Scr.  III,  S85.  ~  5)  Vergl.  Lohmejer 
S,  1Ö8.  6)  C.  e.  W.  No.  SCO:  „Und  bitten  euwer  durluchlikeit  ....  das 
ir  tuis  dorczu  (den  Bau  daee  Uaua«a  auf  der  DubiMa)  eawer  czimmMrlathe 
.  .  .  leiben  geruhet." 

7)  C.  e.  W.  Ko.  363:  ^Ouch  so  hot  her  (d.  h.  Witold)  wedir  ans 

Altpr.  Mon»t«acbriii  fi<l.  XX  VII,  Hett  l  u.  ^.  5 


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66 


Samaitea  und  der  Deutsche  Ordea  etc. 


zeigen. \)  Ja  er  hat  seine  Bereitwilligkeit  sowohl  hierbei  als 
auch  seine  Geneigtheit  für  den  Orden  durch  Auslieferuug  eioiger 
üeberlaufor  aus  Kirügola^),  durch  gerichtliche  Entscheidnng  über 
Angelegenlieitöii  einiger  dem  Orden  lästiger  Bojaren  seines 
Landes,  welche  auch  in  Samaiten  Beeits  hatten'),  so  offen  be- 
kundet, daß  der  Vogt  nicht  umhin  kanii|  zn  erklAren,  daB  Witoid 
es  gat  meine^),  eine  ErklAmng,  die  mir  nicht  gans  des  Beige- 
sohmackes  sa  entbehren  scheint,  als  ob  er  dadurch  einer  falschen 
Ansicht  über  Witoid  im  Orden  entgegentreten  wolle.  Witoid 
ist  es  auch,  der  den  Vermittler  zwischen  dem  Orden  und  Polen 
abgiebt,  deren  Verhältnisse  sich  wegen  der  Erwerbnng  der  Neu- 
iii.il  K  /  durch  ErsLerou  sehr  verschlechtert  hatten*^),  er  endlich 
führte  am  G.  Januar  1408')  die  Verhandlung  von  Kowno  iierbei, 
wo  er  den  Schiedsrichter  ?!wischen  (  )iden  und  Jagiello  spielte, 
ohne  tVeilich  dadurch  zu  einer  Lösung  des  Streites  zwischen 
beiden  beizutragen.  Erhielt  sich  so  zwischen  dem  Orden  und 
Witoid  wenigstens  äußerlich  das  gute  Verhältnis  1407  hinduroh, 
so  verlief  dies  Jahr  in  Samaiten  trota  des  günstigen  Anfangs 
keineswegs  nach  Wnnsch;  denn  gerade  ans  diesem  Jahr  liegt 
eine  KUgesohrift  der  Samaiten  an  die  geistlichen  und  weltliohen 
Forsten  des  Beiches  vor,  ohne  daB  wir  die  spesieUen  augen- 
blicklichen Orflnde  dafOr  kennen,  deren  Inhalt  uns  die  Samaiten 


mnntlich  geret  .  .  .      das  is  (i;nt  wprp,  das  man  bonweth©  nnde  allis,  d*S 
her  dorczu  helfin  solle,  das  solde  itu  nicht  czu  vi!  sin. 
1)  C.  e.  W.  No.  366  u.  367  E. 

2}  C.  e.  W.  No.  SG3.  Ans  einem  Brief  des  Togtee  von  Samuten  «n 

den  obenten  MarschaU:  „Wisset,  das  wir  eczUchin  schelunge  gehabit  faabio 
.  .  .  von  etBlicbin  Inte  wegia  .  .  .  di  do  czu  im  (d  h.  Witoid)  nnde  och  cm 

uns  ß;ec'£Of;\n  sint  an  unser  wissen,  als  von  Eragolen  tmde  von  andern 
hiii  li'ii.  So  wisset,  das  wir  uns  gar  gutlichin  von  im  i;t:-.srlieidpn  hnbin, 
alzo  daz  iior  di  sinen  nemeu  sol  von  uns,  und  wir  diu  uusorn  wedir  von  im.^* 

8)  C.  e.  W.  No.  868:  „Alle  sohelunge,  di  wir  habin  voü  sinen  bsioreo, 
di  do  in  dem  lande  csn  Samaythen  gut  und  erbe  hatteoi  das  habe  wir 
alesumole  vor  im  of  eine  ende  gercth,  also«  das  is  gut  wordin  ist 

4)  C.  e.  W.  No.  '  ii^:  „T'^nde  kunnen  werlich  an  im  andirs  nirlit  dir- 
kennen,  wen  das  her  is  gut  lueinet.**  —  r>)  Lohmeyer  288  —290;  Caro  III 
264-268.  -  6;  C.  e.  W.  No.  367.  -  7;  Voigt:  (i.  Pr.  Vil,  S.  15-16. 


^  j  .  d  by  Google 


Ton  Dr.  £.  KrumUioltK. 


er 


niehis  weniger  als  freundlich  gegen  den  Orden  gestimmt  ceigt; 
im  Gegenteil  erheben  sie  die  heftigsten  YorwOrfe,  legen  dem 
Orden  Freiheitsberanbmigy  Erpressung  nnd  andere  Verbrechen 
war  Last.^)  Findet  sich  auch  nur  als  Beleg  daftir,  dafi  Witold 
die  Anregung  dasn  gegeben,  die  Aussage  des  Ordens  in  einer 
Verteidigungsschrift  desselben,*)  die  sehr  wohl  gefUrbt  sein  kann, 
so  möchte  ich  eine  Art  von  Beweis  für  die  Richtigkeit  dieser 
Besch uldigniig  des  Ordens  darin  finden,  daÜ  sicli  in  einem  Geleits- 
brief  Witolds  für  den  Hrxlnut'ister  zu  der  bereits  erwähnten 
Versammlung'  in  Kowuo')  vom  13.  Dezember  1407*)  sich  eine 
Stelle  findet,  die  Witold  in  einer  ganz  Überraschenden  Stellung 
sa  den  Samaiten  zeigt.  Wenn  Witold  dem  Hochmeister  Garantie 
dafiBr  giebt^  dafi  er,  ohne  yon  den  Samaiten  besohftdigt  m  wer- 
den, seine  Beise  Yollflahren  kann,  so  setst  dies  eine  Situation  in 
Samaiten  yoraus,  die  durchaus  dem  Orden  ungünstig  ist.  Witold 
hat  wieder  Ansehen  bei  den  Samaiten,  kann  also  wohl,  gewiB 
in  der  stillen  Absicht  durch  eine  Vorführung  von  all  dem  Leid, 
das  der  Orden  gebracht,  wie  es  die  Klageschrift  thut,  die  Stim- 
mung der  Samait€u  gegen  den  Orden  zu  nähren,  im  übrigen 
sich  noch  neutral  zu  verhalton,  dif»  Voranhissnng  gewesen  sein 
für  jene  Besch werdeartikel  der  Samaiten.  Brauclitö  aber  der 
Hochmeister,  der  eigentliche  Herr  der  Samaiten,  schon  Witolds 

1)  C.  e.  W.  S.  1021:  „Fraties  ordinis  Theutonioi  de  Prasda  post 
aocepcionem  poMaarionis  terre  noatre,  querentes  dnmtaMt  que  sua  sunt  et 
non  dei,  ceperunt  nos  opprimore,  .  .  .  labores  ad  uaua  noatros  fieri  consoetOS 
«ibtrahere  et  no«>trarnm  possessiones  hereditatum  quas  a  patribus  nostris, 
8\is.  proavis  habuimua  pro  ipsurum  usibus  usurpare  et  provoutus  uodtros 
iiiinuere  etc." 

2)  C.  e.  W.  S.  1088:  Ad  litteras,  qnaa  Saiaaytbi  se  dicunt  aeripsiase 
nnivenia  chnstifidelibna,  ....  croditnr,  quod  iiiaau  Wytandi  sunt  confacte, 
nt  sie  cobrare  poaaet  flustiim  annm,  qao  ipaoa  Samaytlioa  proenravit  ordini 
rebellare. 

3)  Vergl.  oben  S.  GG  Amn.  7. 

4j  C.  e.  W.  No.  371.    Witold  an  den  Hoehnitiiijter;  „Wir  gloubin  .  .  . 

anwir  erwhdikMt  mit  diaem  briffe  .  .  .  daas  ir  sidiirlichin  mo^t  komen 
.  .  .  •  also  das  euch  kein  ackode  noch  kiDdemiaae  aal  mtateea  von  der 
Samaitflii  vtegsa  " 

5« 

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68 


Sunaiten  und  der  Deatsobe  Orden  etc. 


rTiiranti*',.  um  das  Land  gefahrlos  mir  auf  seiner  R<?iso  nach 
Kuwno  zu  buruhren,  so  mußte  die  Lage  des  Vogtes  ia  SaiDiii' hu 
selbst  unendlich  traurig  ^eiu.  Und  sie  war  es  auch.  Kaum 
prägnanter  konnte  dies  zum  Auadraok  gebracht  werden,  als  wenn 
Witold  gewiß  nicht  ohne  innere  Befriedigung  dem  Vogt  von 
Samaaten  schreibt  laut  Bericht  diese«  an  den  Hochmeister  vom 
11.  Juli  1406^):  „Were  is  sache,  das  die  Samaithen  nns  nicht 
alzo  gehörig  weren  (d.  h.  dem  Orden),  ^  n  snlden  sein,  so 
saldo  wir  einen  baioren,  der  uns  seinen  brü  (d.  h.  Witolds  Brief) 
brochte,  sulden  losen  reithen  in  di  lant  ozu  Zamaythen  und  in 
losen  sagen  und  usgebithen  von  sinent wegen,  uf  das  si  deste 
golioriger  wurden,"  Dies  VerliÄltniy.  welche«  so  zwischen  Witold 
und  den  Samait<'U  beslaud,  muiitts  den  Orden  aut'  das  unange- 
nehmste berühren,  und  es  war  eine  Aufgabe  der  Selbsterhaltung 
für  ihn,  seine  Positionen  im  Lande  so  sicher  zu  stellen,  daß  er 
jede  Ge&hr  bestehen  konnte;  denn  wie  Iniclit  konnte  Witold 
sein  AnseheUi  das  er  in  Samaiten  genoBi  welches  er  bisher  noch 
za  Gunsten  des  Ordens  yerwandte,  mtßfaranöhmii  um  sich  an 
die  Stelle  einer  Herrschaft  ssu  setzen,  deren  SchwAohe  er  selbst 
vielleicht  mit  herbeigefohrt,  deren  Existenz  er  in  letater  Zeit 
aufrecht  erhalten.  Genug,  der  Orden  in  der  richtigen  Erkenntnis 
dieser  Sachlage,  fing  an,  die  Zahl  seiner  Bückhaltspunkte  in 
Samaiten  zu  erhöhen.  Abgesehen  von  der  Fertigstellung  der 
Burg  an  der  Dubisa^;  baute  man  die  Friedeburg')  und  ferner 


1)  C.  e.  W.  Nö.  m, 

2)  Schieblade  XVIlI,  No.  S  enthält  ein  Vorzeichnin  der  Arbeiter,  die 

1407  aus  Preußen  un  l  I^ommem  znm  Bau  des  Hauses  „Thobys"  In  Samaiten 
geschickt  wurden,  und  ebenso  wird  ia  derselben  Urkunde  das  Werkzeug  der 
dorthin  gesandt4»n  aufgezählt. 

3)  Die  von  Töppeu:  Geographie  ä.  292  Anm  55  üboraommene  Ver- 
mutung, daB  die  Friedebnin;  vielleicht  an  der  Wilia  gelegen  hat,  kann  ich 
nidit  teilen,  weil  damit  die  Burg  anB«rhalb  SamaiteDB  läge,  wAhreod  wir 

sie  häufi;;  als  in  iliesem  Lande  gelegen  k*  nnon  lernen  werden.  Eine  positive 
Ansi(  lit  über  die  geographische  Lage  der  Festung  kann  ich  jedoch  auch 
nicht  geben,  ebensowenig  wie  über  die  srlmn  oft  j^enannte  KönigiSbQX]g{ 
über  das  Faktum  dtm  Baus  cf.  Pusilge  zu         in  ticr.  III,  291* 


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Von  Dr.  R.  KruiubbolU. 


69 


die  Feste  Tilsit Von  einer  Hilfe  Witolds  findet  sich  nichts 
mehr  in  den  tins  erhaltenwn  Aktenstücken,  und  ich  glaube  kaum, 
dal3  solche,  dio  datür  sprächen,  verloren  ^'errangen  sind.  Wenn 
aach  noch  der  Oiden  und  Witold  sich  gegenseitig  bei  ihren 
Unternehmungen  gegen  Pskow  und  Nowgorod,  wie  anch  gegen 
den  von  Swidrigiello  aufgehetsten  Ghroflfflraten  Wassili  von 
Moskau  das  Jahr  1406  hindurok  unteratütsten,')  so  wird  doch 
der  Orden  selbst  mit  Beoht  Bedenken  getragen  haben,  durch 
eine  Teilnahme  Witolds  am  Bnxgenbau  ihm  Gelegenheit  zu 
geben,  seine  Leute  nach  Samaiten  werfen  zu  können.  Trotzdem 
geschah  dies,  wie  ein  Bericht  des  samaitisclien  Vogtes  vom 
25.  Dezember  1108  zeiirt.^)  Littauer,  Bussen  und  Tartnren  ziehen 
im  Lande  umher  und  zeigen  sich  in  ein^r  Weise,  daß  nicht  nur 
der  Vogt  selbst,  sondern  auch  die  Saiuaitou  auf  dm  bitterste 
davon  getroffen  werden  und  sich  beklagen,  nicht  einmal  einen 
Haufen  Heu  vor  ihnen  verbergen  zu  können.  Wenig  verheißend 
klang  es  auob,  wenn  der  Voigt  in  demselben  Briefe  dem  obersten 
Hanchall  mitteilt:  „daz  herteog  Wythant  myt  dem  konig  von 
Polen  ist  uff  deee  heilige  zeith  tzu  Kowgarth  und  uns  ist  gesaith 
dm  her  bynnen  14  tagen  wirt  komen  ken  der  Wille  adir  tzu 
Tiacken."*)   Wenn  dennoch  der  Vogt  noch  immer  zur  Aus- 

1)  Poeilge  sa  1406  in  Scr.  m,  991;  Tilsit  wurde  wahxeoheinlich  auf 
4er  Stdlle,  wo  die  Schalaoerburg  gesfcaäden  hatte,  angelegt  ef.  Töppen: 

Geographie  S.  220. 

2)  Caro  III,  285;  Bonneil:  Chronographie  S.  221  und  222. 

3)  Scliieblade  XVI a,  Nu.  6Ö:  Das  laut  ist  vol  Rewsczen,  Tatberu  und 
UttomD  amd  caien  das  huit  dy  twer  and  dy  lengke  dtKirch  und  leghea  obir 
dea  lewthen  also  daaa  ay  dagen,  das  ey  nicht  mögen  ejmen  hufen  hena 
TOT  yn  beholden. 

4)  Die  im  Text  citierten  Wfirt/^  finden  sich  in:  Schieblade  XVIa, 
No.  68.  Voitrt  (G.  Pr.  VII,  S.  37  und  Anm.  3)  liest  aus  denselben  heraus:  „daß 
der  König  nxit  ilem  Großfürsten  am  Weihnachtsfeste  zu  Naugart  eine  Zu- 
nmmenkunft  gehabt  habe,  wo  zwischen  beiden  der  Plan  beraten  worden 
wer,  wie  man  doh  Sanaiteae  wieder  bemachtigeii  könne."  Wenn  anoh  die 
Vemmtung  nahe  liegt,  daß  bei  der  ai^ea  Spannangt  die  damals  bereite 
twischen  Polen  und  Orden  bestand,  in  Naogait  dem  Orden  feindli«  }u>  Pläne 
geschmiedet  sind,  so  geht  docli  Voii;^  wohl  zu  weit,  wenn  er  eine  Annahme* 
<lie  sich  vielleicht  begründen  läßt,  snr  Thataaohe  macht. 


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TO 


Sunaiten  und  der  DentsolM  Orden  etc. 


liefeniug  der  Witold  versprochenen  Samaiten  rät,  um  zu  wissen, 
wer  von  den  Samaiten  ihnen  gehöre,')  so  war  dies  eine  IfaB* 
regel,  Ton  der  man  sich  vielleicht  verhiendeter  Weise  noch 
immer  die  Vermeidung  oder  doch  den  Auftchnb  eines  Kampfes 
auf  Leben  und  Tod  mit  Witold  versprach,  durch  die  man  wohl 
Witold  noch  einmal  vorf)lhren  wollte,  daS  der  Orden  seinerseits 
allen  Verpflichtungen  ihm  gegenüber  naehssnkommen  bereit  sei. 
Indessen  griff  man  schon,  bevor  Witold  noch  einmal  durch  Boten 
aufgefordert  wurde,  die  ihui  zustehenden  Samaiten  zu  über- 
nehmen, zu  einer  Maßregel,  die  veiLiiidern  sollte,  daß  Witölds 
Leute  iu  Samaiten  unter  dem  Schein  einer  frieciliclien  Thätigkeit 
Unheil  und  Unfrieden  anstifteten.  Selbstverständlich  stellte 
Witold  derartige  Absichten  bei  seinen  Leuten  in  Abrede,  und 
doch  wird  dies  die  einzige  Veranlassung  gewesen  sein,  die  den 
Vogt  bewog,  den  Littauem  jeglichen  Kauf  von  Lebensmittela 
und  jeden  Besuch  ihrer  Freunde  in  Samaiten  ohne  genflgende 
Legitimation  zu  verbieten.*)  Es  ist  schon  knrs  auf  den  Wider- 
spruch Witolds  gegen  diese  Maßregel  des  Vogtes  hingewiesen 
worden;  in  den  beredtesten  Worten  drückt  er  seine  Verwunderung 
darüber  aus,  daii  mau  eine  so  schlechte  Meinung  von  iiim  habe,') 


1)  Schieblade  XVI a,  No.  t>8.  Der  Vogt  bittet  den  Marschall  durch- 
zusetzen: „daa  man  der  260  ....  geloste  ua  dem  l&nd,  zo  mochtet  jr 
wiasen»  ww  der  eawer  were  adir  nicht.'* 

2)  C.  e.  W.  No.  391.  Brief  Witolds  an  den  Hochmeister:  „Der  foit 
hftt  verboten  honig,  pferde,  eigen  und  vie  czu  koufin,  und  dornoch  bot  her 
gewert  kom  czn  koafin.  und  dfirnnrh  h;it  her  gcsrhreben  ....  welche 
unsirer  leutlio  ken  Saiuuiten  c/.ihen  zoUien,  daa  bie  luiser  briff  adir  Sungaiis 

adir  Jübingeilb  {'^  Hauptleute  Witolds)  briff  mete  zoldin  haben  — 

Hit  Voigt  (O.  Fr.  VII,  B6)  für  1406  in  Samaiten  eine  Tetienmg  ansanehmen 
und  dadurch  etwa  das  Oebot  des  Vogtes  eich,  m  OTUiren,  sehe  ieh  Iceiiie 
Veranlmsstmg;  vielmehr  stellt  Witold  (C.  e.  W.  No.  391  S.  16Q  Samaiten 
gerade  in  Gegensatz  zu  seinem  von  Mißernte  befallenen  Lande. 

8)  C.  e.  W,  No.  391  z.  B. :  „Das  wun'lirt  nns  vor  war.  das  sich  der 
loit  also  utmagberlichiu  ken  uns  beweist.  Miiui^t  dor  niniaiit  der  un^ir  den 
eawim  iditia  mit  gewalt>  osd  ab  imand  teht  mit  gewelt  none  .  *  .  ao  hobin 
wir  langes  dem  foi(e  dirlewbt  und  bevolin  ....  das  her  aolHehe  nnair 
lewthe  lisse  binden  und  zolde  sie  nne  entwerten  .  .  wurden  wirre  denne 
nieht  strofen,  also  das  im  genugen  solde,  ao  solde  ie  nnsir  eohnlt  sein." 


Von  Dr.  B.  Krumbbolts. 


71 


von  ihm,  der  die  friedlichsten  Absichten  hätte,  und  der  auf  alle 
Wünsche  des  Hochmeisters  einzugehen  bereit  sei,  ja  ein  Gebot 
gegen  den  Verkehr  mit  Saniaiten  ergelien  hissen  wollte,  trotz- 
dem dies  ganz  unnötig  sei,  weil  jeder  seiner  TTnterthanen  wisse, 
wie  hart  er  jedes  Vergehen  gegen  den  Orden  bestrate.  Diese 
im  Januar  1409  gegebene  Versicherung  seiner  vollsten  Fried- 
fSnügkeit  schien  er  im  April  bestätigen  zu  wollen,  indessen  war 
das  dasn  gewfthlte  Mittel  ein  zweideutiges.  Er  erkUhrte  sich 
bereit^  dem  Orden  die  Kinder  und  das  Gesinde  einiger  Bojareni 
die  irtther  in  Samaiten  ansftssig  gewesen  waren,  als  Eigentum 
za  Qberweisen.^)  Man  merke  wohl:  die  Bqjaren  sollen  bei  ihm 
bleiben,  ihre  Kinder  und  Gesinde  in  Samaiten,  um  dem  Orden 
einen  Oefallen  zu  thun.  Was  mußte  die  von  Witold  gewüJ 
beabsichtigte  Folge  sein?  Jene  Bojaren  besuchen  die  ihrigen, 
so  daß  Witold  fortwährend  (Telegeuheit  hat,  die  Saat  der 
Empörung  gegen  den  Orden  durch  sie  auszustreuen.  Sclion  der 
Vogt  spricht  sich  dagegen  aus,  also  wird  auch  sein  Angebot 
wohl  abgewiesen  sein.  Immerhin  hatte  Witold  den  Schein  eines 
Entgegenkommens  gezeigt,  und  so  mochte  sich  der  Orden  der 
Hoffnung  hingeben,  auoh  jetzt  endlich  yon  demselben  die  Aus- 
wahl der  ihm  zustehenden  250  Samaiten  getroffen  zu  sehen.  Eine 
Gesandtsehaft,  zu  der  auch  der  Komtur  von  Brandenburg  und 
der  Vogt  von  Samaiten  gehörte,*)  —  welcher  letzterer  vergeblich 
sich  um  Feruhaltung  der  Littauer  aus  Süinaiteu  bemüht,')  denn 

1;  C.  e.  W.  No.  394.  Der  Vogt  von  Samaiten  an  den  obersten 
IfaivdiaU:  „Wir  merken  wol  ...  des  ei  (d.  h.  etesliohe  beioren,  di  do 
▼omnals  cm  Samaiten  gewonet  hm)  ere  teterliehe  guter  nieht  vwloren,  das 

i»  wo!  sein  wille  (<3.  h.  Witolde)  were,  das  lichte  die  alden  under  im  bieben 
nnd  die  kinder  under  uns.  do  wir  docli  wedir  sint,  des  besten,  das  wir 
mögen,  wend  wir  nus  besorgen,  wi  viii  dafi  lisseu  czu  gehen,  das  is  nimmer 
gut  alder  wurden  nemen  .  .  . 

2)  C.  e^  W.  S.  977.  Aus  dem  eintlieben  Ordettsbericht  über  dai 
Jebr  1409:  Magister  geneTalie  (miett)  ad  enm  (d.  b.  Witold)  eapremnm 
merenleiun,  comendatorem  de  Brande^  t  [  rereptorem  de  Ragnith  et 

ftdvocatnm  de  Semogitis.  —  3)  SrliieWade  XVIII,  Xo.  27.  Der  Votct  liiftet 
die  Komma ndADten  von  Wüna  und  Kovvnu.  Kauflentt'n  den  Eintritt  nach 
bamaiten  bis  zu  seiner  Hückkebr  von  Witold  zu  verbieten. 


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72 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


nBch  seiner  Btloklrelir  findet  er  erst  recht  sein  Land  von  ihnen 

überschwemmt,^)  —  bricht  zu  Witold  auf,  erreicht  aber  ntir  ein» 
von  d^n  ji^wei  gesetzten  Zielen.  Tn  die  freilich  ihm  res{).  !>ieiuQn 
Beamten  viel  Arheit  maclionile  Maßrogol,  jeilom.  der  nach 
Öamaiten  wollte,  einen  Briet  auszustellen,'-!  konnte  Witold  wohl 
einwilligen,  weil  ihm  die  Anzahl  der  zu  erteilenden  Vollmachton 
fär  einen  Besnoh  Samaitens  nicht  vorgeschrieben  war;  entschieden 
schlug  er  aber  wieder  die  Entgegennahme  der  260  ab.*)  Das 
blödeste  Ange  maßte  hierin  etwas  YerdAchtiges  sehen,  nnd  so 
scheute  sich  der  Komtur  von  Brandenburg  nicht,  ihn  in  nicht 
miBznverstehenden  Worten  auf  sein  Argwohn  erregendes  Be- 
nehmen aufmerksam  zu  machen.*)  Wie  es  aber  gewöhnlich  ist, 
daß  der,  welchor  sich  ain  schuldbeladensten  fühlt,  mit  Ostentation 
seine  üechtfertigung  betreibt,  so  auch  Iner  Witold.  Zwei  seiner 
Beamten  schickt  er  zum  Hocliineistnr,  führt  Boscliworde  und 
erreicht  völlige  Desavouirung  des  Comtur,^)  ja  er  bekommt  das 

1)  SchieUade  XVIII,  No.  12.  Brief  des  Vogtes  ao  Snogail,  Biaupi- 
maim  sa  Kowno:  „dj  weyl  wir  eyn  etliche  seit  do  liayme  nicht  sint  gewest, 

so  hoben  die  enwem  Im  lande  dy  twer  und  dy  lange  gereten 

2)  In  demselben  Brief  »n  Rnngail:  „Wir  haben  zolher  mit  unserm 
herren  konigo  dovon  geredt,  das  her  hat  euch  hevnleti  und  dy  zyneri  ge- 
heissen,  das  kein  man  zolde  cihen  ken  Samayten,  lier  hette  deniie  Kuweru 
briff  addir  Kinzgails  brifT,  also  sey  wir  oneh  von  nnserm  heran  (das  hetft 
Witold)  gosohiedea.  —  Ferner:  C.  e.  W.  8.  978.  Witold  bewilligt:  „Si 
aliqois  ex  suo  patria  ad  Samogitortnn  parte.s  tranflire  vellot«  ab  eo  vd  a  suis 
deberet  officiariis  quoddam  aflVrre  signetnm." 

3)  C.  e.  W.  S.  978.  Auf  die  Forderung  bezüglich  der  250  antwortet 
Witold:  „si  eam  aliqnis  ad  capiendum  Semogitas  vel  relinquere  vellet 
liniitafet? 

4)  C,  e.  W.  8.  978.    Erklärung  des  Comtor  von  Brandenbntg  an 

Witold:  „Gnius  vos  cstis  intencionis,  ignoro,  sed  si  !ili'{uis  vos  indnxisseti 
quod  iterum  ab  ordine  iramutaretis  et  id  sequi  velletis,  sie  vobis  constat, 
quod  trihus  viribns  vos  prius  immntnsti?;.  rt  si  ad  huc  reiteraretis,  hoc 
giavitcr  valde  ergo  christianitatis  priiicipes  et  domiu<»,  qüi  istad  a  vobis 
perciperent  recuprare  possetia.** 

6)  C.  e.  W.  8.  978-979,  No.  89$.  Brief  Witolds  sn  den  Hoehmeister. 
Witold  dankt  för  die  freandliohe  Anfnahme  seiner  Boten  SanigeU  and 
Nicolaos:  ^diselbin  bobin  uns  gesaitb,  wie  das  enwir  erwirdikait  gexe& 
CZ13  in  hat.  das  kouipthur  von  Brandenborg  eoliche  rede  wedir  OOS  CSU 
reden,  hat  nicht  euwir  geheise  gehat. 


._^  kj  o^  -o  i.y  Google 


Von  Dr.  B.  KrumbbolU. 


78 


Versprechen  des  Hochmeistors,  auf  des  Ordens  Schiffen  ihm  zu- 
gedachtes (T^treide  ziigeluhrt  zu  erhalten.*)  Unter  der  Ver- 
sicherung seiner  Dankbarkeit,  der  Bereitwiliigheit,  alle  auf 
samaitischem  Gebiet  verübten  Freveltaten  seiner  Untertanen  zu 
bestrafen,^)  weiB  er  aof  das  geschickteste,  jeden  Verdacht  sowohl 
das  fioohmeiste»  als  aaob  sogar  des  Vogtes  von  Samaiten  an 
beseitigen,  der  noch  am  90.  Mai  1409  die  Hoffiinng  aoasprioht, 
die  Yon  nenem  ansgesohriebenen  ▼om^men  Geiseln,  welche  aar 
ErhOhnng  seiner  Sicherang  dienen  sollten,  an  bekommen.')  So 
mit  dem  Orden  völlig  auf  gutem  Fuß  ftihr  er  gewiß  nicht  ohne 
höhnische  Freude  über  die  Leichtgläubigkeit  der  Dentschen  fort, 
weiter  und  weiter  Leute  mich  Samaiten  /u  - 'hu  ken.  So  f^elit 
Eamboid,  sein  späterer  Hauptmann  in  Samaiten,  gewiB  nur  auf 
Witolds  Befehl  über  die  Nawese,  and  ebenso  sind  gewiß  nur 
mit  seinem  Wilsen  die  „andern  landchen'*  bezetat  worden;  aber 
kram  klagt  der  Vogt  von  Samaiten  darüber,  so  beteuert  er  seine 
TdlHge  Unschuld  nnd  Bereitwilligkeit,  alle  Frevler  am  Orden 
hart  zu  strafen.*)  So  schrieb  er  noch  am  26.  Mai  1409,  als 
iMraits  vielleicht  seine  Boten  nach  Samaiten  unterwegs  waren, 

1">  C.  e.  W,  No.  3f)G:  ^Die  Ijotin  hiibin  uns  onrh  pesnith.  flns  enwir 
erwirdikeit  ans  gnnnen  wil  di  scfaiÖ'e  lassin  vormiten  das  gotraide  herof  her 
cn  latageii 

3)  C.  W.  No.  896:  Thnet  imand  ieht  (das  eneh  nnbeheglidi  were), 
vir  Uttfln  eaeh,  lanit  in  uaa  wimn.  thun  wir  denne  nioht  donsn^  ao  man 
Bioebie  uns  wol  dorumbe  vordenkon,  das  is  unsir  sohnit  wm. 

H)  r.  e.  W.  No.  400.  Der  Vogt  von  Samaiten  an  den  Hochmeister: 
Wir  hatten  gelieisclieii  gisel  us  dem  lande  czn  Samaythen  noch  dt-nv  fing 
wir  dirkaiiten,  das  wir  das  laut  sicher  wereu  gewest  von  den  bestin  unde 
nicht  von  den  geringsten,  dowedir  sieh  nimant  vomols  «aetta  bis  an  die 
tmt,  das  wir  si  nemfln  solden.  So  sehrieb  der  Togt  am  81.  Mai  1409, 
«limnd  am  20.  Mai  er  noch  voll  Hollhitng  ist  C.  e.  W.  No.  897: 
«•  .  .  .  zo  hoffe  wir  b\  fd.  h.  die  Goi.scInX  ap  got  wil,  wohl  nsczurichten.** 

4)  C.  e.  W.  No.  Hm.  Witohl  an  den  Vogt  von  Sumaiton  am  26.  Mai 
14U9:  „Als  ir  uns  geschrebin  hat,  das  der  Jtambold  ober  die  Nawese  greiffet 
b  CQwer  gebite  ....  wisset,  das  her  daa  an  imaem  wissen  gethan  hat, 

 imd  wallin  den  sellnn  mit  ernsten  wortsn  dornmb  strofon  .... 

VtA  <mdi  von  der  andsm  landoihea  wagm,  als  ir  nas  hat  gesefarebsn  der 
IS  «im«B  wir  nicht. 


74 


Sainaiteii  und  der  Dmitaolie  Orden  etc. 


er  sicher  sohon  mit  sioh  einig  war,  nimmehr  die  Samaiten  zum 
Aufstand  gegen  den  Orden  zu  treiben.  Das  Erste  was  er  Ter- 
aalaßte,  war,  daß  die  Samaiten  die  uns  schon  bekannte  Forderung 
ihres  Vogtes,  angesehene  Mftnner  als  Geiseln  fbr  ihre  Zuverlässig- 
keit SU  stellen,  ablehnten.')  In  unmittelbarem  AnscMufl  daran 
Ende  Mai  erfolgte  die  Einnahme  Christmemels,  die  Zerstörung 
dör  dortigen  Ordensbesitzungen,  Fortführung  von  Vieh,  ein  ver- 
geblicher Versuch,  sich  des  Hausen  an  der  Dubissa  zu  liMinacli- 
tigen  und  endlich  die  Vernichtung  von  fünf  Dörfern  an  der 
Memel.  Selbst  der  Vogt  von  Samaiten  auf  der  Büokreise  von 
Bagnitb  entging  nur  mit  Mülie  der  Gefangennahme.')  Mochte 
der  Vogt  bis  jetet  noch  durch  Witolde  Versicherungen  sich  haben 
bestechen  lassen,  jetct  wuBte  er,  woran  er  war.  Trota  aller 
Gegenbeteuemng  Witolds  teilte  er  dem  Hochmeister  mit,  daJB 
dieser  die  Schuld  an  allem  trage,  wenn  er  auch  „sine  hende 
wasohin  wil  nnde  wU  davon  nicht  wissen."*)  Aber  der  ^'ogt 
predigte  tauben  Ohren.  So  fest  hatte  Witold  sich  beim  Hoch- 
meister eingeschmeichelt,  daß  er  ihn  um  Kat  fragt*»,  wie  er 
gegen  die  Samaiten  vorgehen  roUo.*)  Witold,  gewiß  äuüerst 
belustigt  über  diese  Naivität  des  Hochmeisters,  versagte  seinen 
Kat,  ohne  auf  seine  Stellung  zu  den  Samaiten  einzugehen.  So 


1)  C.  e.  W.  No.  40U  Brief  des  Vogtes  von  Samaiten  an  den  Hoch- 
meister: „Wytond  ....  eante  ....  in  di  laut  dnen  man;  der  csoeh  aller 
lant  dorch  nnde  epnchf  man  aolde  der  gisei  keinen  nne  brengen  noeh 
gebui*  .  .  . 

2)  Posilge  zu  1409  in  S-  r.  III.  BOO;  C.  e.  W.  Nü.  4(X»:  „Dor  liouf 
czu  Kirsmyinrael  ist  abgebrant  ....  vunf  dorfer  uf  der  Mymmcl  uf  ge- 
hoben  di  mit  ereu  kiiideni  \\oröu  czu  im  gevlogiu,  ruften  die  lant 

czu  houf^.unde  wart  do  abso  usgelegit,  das  si  nne  eelbin  sulden  dirwuschei 
hohm,  wenne  wir  wedir  qwemen  von  Bagntth  ....  Des  beeorgtin  wir  uns 
wol  « 

S)  C.  e.  W.  No.  400. 

4)  C.  e.  W   S.  Ans  dem  amtlichen  Ord^nsbericht  des  Jalircs 

1409;  „Maf^ister  j^i'nernlis  ....  eiini  (d.  h.  Witold)  pro  sno  ronmlio  Hdeli 
rogavit,  i^uid  aihi  ad  iUaä  agemlum  cau^as  cousuleret.  Tuuc  respondit  ei ...  . 
Witoodw:  .  . .  enm  soam  conanUaeionem  non  optaiet  ampUne,  et  metipee 
oenenl  esse  TeOet,  tone  eeiam  sibi  coasnleve  non  aciret'* 


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Von  Dr.  B.  Krumbbolt«. 


76 


unwahrscheinlich  scheint  mir  diese  Blindheit  des  Hochmeistere, 
dai3  ich  nicht  daran  glauben  würde,  wenn  es  nicht  in  einem 
amtlichen  Bericht  des  Urdens  stünde.  Indessen  bald  mehrten 
sich  die  Zenpniisse  für  dio  Untreue  Witolds.  Am  3.  Jnni  kann 
der  Vogt  melden,  daß  die  Samaiten  nur  noch  auf  die  Ankunft 
Witolds  warten,  um  gegen  den  Orden  weiter  vorzugehen.^ 
Schon  drei  Tage  später  ist  der  Kumpan  des  Vogtes  in  derLagOi 
anf  daa  bestimmteste  nachweisen  en  können,  daß  Witolds  Friedens- 
▼eraioherangen  unglaubwürdig  sind.  Er  sowohl  wie  Jagiello 
lassen  auf  das  energisohte  im  Lande  wühldn  und  fordern  sur 
Beseitigung  der  deutschen  Herrschaft  auf.  Am  6.  Juni  sei  eine 
Versammlung  aller  Samaiten  gewesen,  um  sich  über  den  Aufbrach 
zu  einigen.  Ja  soweit  ist  schon  der  Aulstand  gediehen,  daß  man 
kaum  noch  Boten  au-^s.  liiekon  kaun.*)  Komisch  wirkt  es  unter 
solchen  Verhältnissen  gf^adezu,  wenn  Witold  elienfalls  am  6.  Jnni 
den  Vogt  um  Auskunft  bittet,  wie  er  es  mit  der  Aufnahme  von 
Samaiten  in  sein  Land  halten  solle,  um  nur  nicht  in  Verdacht 
zu  kommen.')  Eine  direkte  Antwort  an  Witold  hielt  der  Vogt 
fttr  fiberflfissig,  er  begnflgte  sich,  die  Briefe  an  den  Hochmeister  . 
SU  senden  mit  der  Erldflrung,  daB  nach  wie  verein  fortwährender 
üebergang  nach  Inttanen  stattlände.^)  Mit  Beoht  maß  man  nun 
die  Frage  aulwerfen,  worin  die  Maßregeln  des  Hochmeisters  nach 
Empfang  solcher  Nachrichten  bestanden.  Die  Antwort  ist  be- 
schämend genug.  Anstatt  auf  einen  Ersatz  der  bedrohten 
Positionen  schon  jetzt  zu  denken,  begnügte  sich  der  Hochmeister, 
der  auch  jetzt  noch  nicht  die  volle  Größe  der  (refahr  erkennt, 
am  10.  Juni  in  Elbing  zu  erklären,  daß  Witold  nach  seiner 
Uebenceugong  au  dem  Aufstand  der  Samaiten  unbeteiligt  sei,'') 

1)  C.  e.  W.  Nü.  403.  Kegöst.  -  2)  C.  e.  W.  JSo.  404.  -  3)  Ebenda- 
selbst 405.  —  4)  Ebendaselbst  406.  E. 

5)  C.  e.  W.  No.  409.  Aas  der  Instroefioii  des  Oomtnr  ▼on  Thom  an 
Jegiallo.  Er  soll  so  ihm  spradien:  „Als  lecst  eawir  wham  ■ei^boteii  bei 

DDsern  homeister  czum  ElUings  waren  (es  war  dies  am  10.  .Tuoi,  cf.  C.  e. 

W  No  ('>7i,  do  sagte  bor  in  von  dem  vorretnisse.  das  die  Samaithen  .  .  . 
getan  hettten,  und  woste  uiclit  andre  czn  der  czeit,  wenn  das  ia  ane  wissen 
und  willen  Wjtowta  geeciieen  wer«  ,  .  . 


76 


flMnaittp  nnd  der  Dsotsoha  Oidaa  «to. 


seinen  Gesandten  an  Jagiello  aber  aufzutragen,  in  den  vor- 
uohtigsten  Worten  der  Vermntmig  Ansdraok  eu  geben,  dafi 
Witold  doch  vieUeichfe  Verrat  gettbt  hfttte.^}  Diese  Sobritto 
konnten  natflrlieb  nicht  aiureichen  nnd  waren  hOobetenB  geeignet, 
Jagiello,  der  ja  mit  Witold,  wie  wir  wissen,  gemeinsam  in 
9amaiten  agitierte,  einen  Einblick  in  die  Batlosigkeit  des  Hocb- 
meisters  m  geben.  Endlich  drang  aber  anch  bei  letaterem  die 
Ueberzeugung  durch,  daß  ein  »Miergischeres  Vorgehen  nötig  sei. 
Der  Komtur  \uii  Tliorn  erliielt  den  Auftrag,  Jagiello  vor  einer 
Toilnalimr;  an  der  Verräterei  Witolds  zu  warnen  oder  ihn  um 
Intervention  zu  bittren  nnd  1)t'i  einem  eventuellen  ungünstigen 
Bescheid  des  Königs  dessen  iütterschaft  aufzuibrdem,  bei  einem 
feindlichen  Untern  elimen  gegen  den  Orden  ihrem  König  nicht 
Hilfe  zu  leisten.^1  Eher  ungünstig  als  günstig  muilte  diese  Bot- 
schaft auf  Jagiello  wirken,  falls  bei  ihm  überhanpt  noch  ein 
Stimmungswechsel  mOglich  war,  weil  sie  eine  offenbare  Anf* 
hetsnng  seiner  Leute  gegen  ihn  enthielt.  Ob  diese  Sendung  sor 
AusfOhmng  gekommen  ist,  wann  sich  der  Hochmeister  an  ihr 
entschlossen  hat,  wissen  wir  nicht;  denn  die  nns  Obiges  berich- 
tende Urkunde  ist  undatiert,  wohl  ist  aber  der  wahrscheinliche 
Termin  dafür  gegeben  durch  die  \  uu  Mitte  Juni  Iiis  Anfang  Juli 
immer  trauriger  werdenden  Xachrichten  aus  Samaiten.  Das 
gemeinsame  dies  i  Meidungen  ist  das  noch  immer  fortgesetzte 
Bestreben  "WitoMs,  seine  Unschnld  au  den  Vorgängen  in  Samaiten 
au  beweisen.  Diesem  Zw»^'-V  '\ient  die  Ziurückweisung  der  ihm 
von  den  Samaiten  zugedachten,  dem  Orden  bei  der  Einnahme 
Ghristmemels  abgenommenen  vier  Hengste  wenigstens  vor  den 
Augen  der  Welt,  eine  Zurückweisung,  welche  er  sogar  mit 
Worten  des  Tadels  über  den  Aufstand  gegen  den  Orden  begleitete, 

1)  Kac'zynski  S.  No.  8.  Dor  Auftrag  der  Gesandten  ssu  erklären: 
Witold  liätte  den  Samaiteu  eiuen  Uauptuiauu  g(»gebeu  imd  wäre  dadurch 
ao  dem  Vemt  beteiligt,  wird  ans  Yonioilit  umgeindert  in:  „ym  das  «loso, 
das  bcraug  Witoni  den  Samoyten  vyaata  lumptmaim  gigebaa  hohe,  so  kmn 
ans  hemeisltr  aadeEe  nit  dirkennon,  wen  da*  das  ▼emtii»  mit  ^me  willen 
«ey  geseheen." 

2)  C.  e.  W.  Ho.  m 


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Von  Dr.  B.  Krnmbholti. 


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wahrend  er  im  Geheimen  die  Gabe  doch  annahm,^)  Aus  dem- 
selben Grunde  verkuiidigte  er  in  Kowno  wohl  aus  Jiücksiclit 
auf  eine  dem  Orden  günstige  Partei  der  Littauer,  daß  trotz  der 
Aoffordening  des  Königs  Ton  Polen,  gegen  den  immer  hab- 
gieriger werdenden  Orden  vorzugehen,  er  seinerseits  nicht  den 
Kri^  beginnen  werde,  ja  wflnsohe,  daB  drei  oder  vier  zusammen 
in  Littenen  Twaende  Deatsehe  nioht  beachidigt  werden.*)  Seine 
friedliche  Geeinnimg  sollte  endlich  die  Erklinuig  dokomentieren, 
6<r  -werde  sich  aelbet  der  Jagd  enthalten,  um  auf  deraelben  nioht 
etwa  mit  Ordendeuten  zusammen  an  stoBen«*)  Wie  ganz  anders 
gestaltet  sich  diesen  Erklttmngen  gegenüber  sein  wirkliches 
Vorgohen.  Nicht  genug,  daß  an  ihn  Ordensunterthanen,  die  in 
Rossieny  festgenommen  sind,  geschickt  wurden*)  und  jedenfalls 
auch  anfrenommen  wurden,  nicht  genug,  daß  er  gelegentlieh  aus 
der  Kolle  fiel  und  erklärte,  nicht  mehr  Frieden  mit  dem  Orden 
halten  zu  wollen,^)  nicht  genug  endlich,  daß  er  die  Bamaiten 
auf  das  äußerste  anstachelte,  sich  auf  den  Kriegszug  für  den 
Herbst  an  rOsten,  indem  er  ihnen  gänzliche  Yemiohtung  des 


1)  C.  e.  W.  No.  410.  Ans  Gin^m  Bericht  des  llaiisromtiir  von  Ragnith 
an  den  Comtur  von  Kagnith:  „(Witoldj  sprach:  her  wolde  der  hengiste 
nicht  ban  and  schilt  cne  doraiQnie,  das  m  den  ft«de  hattin  gebrochin  kein 
di  Datschin.**  Dum  G.  e.  w.  Na  411.  Brief  des  Vogtes  von  Samaiten  an 
den  obersten  Marschall:  „WjChowd  .  .  .  wolde  her  (d.h.  dieHongstM^  tuolit 
nffiiemen  vor  <k-n  lewthen,  sunder  her  his  si  im  heimelich  füren  ken  Traken. 

2'  C.  e.  W.  No.  411.  „Wythowd  .  .  .  hat  gehothon  in  sinem  lantle, 
wo  mau  die  Dewtschen  ankompt,  drei  adir  vire  .  .  .  man  sulle  in  kein  leid 
anthun,  her  weUk-  nicht  der  irste  sein,  ih  r  du  angehnbe." 

3)  C.  e.  W.  No.  417.  Bericht  dos  obersten  Marschalls  an  den  Hoch- 
meiiter.  Witold  hat  erklärt:  „Ich  wil  nicht  snhebin  ....  ich  wil  eelbir 
eff  der  Jacht  nfeht  iagen  nodi  di  »inen»  off  das  mine  ieger  ....  off  diner 
Cd.  h.  dee  Ordern}  isdit  niebleo  kotmen  ** 

4)  C.  e.  W.  No.  410.  Ein  Ordenabeamter  meldet  dem  Hausoomtnr 
von  Bagnitli:  „die  tob  Roeietn  liabui  ein  wib  tmd  ein  kinder  heresoge 

Witoide  gesant  .  .  . 

5)  C.  e.  W.  No.  412.  Ein  Bote  meldet  dem  Hauficomtiir  vonRa^nitb: 
^wie  daz  der  herczog  (Witold)  die  haut  ubir  den  hals  geboten  hett  und 
geschworen,  ninmer  mer  kein  ftide  mit  uns  ora  balden." 


78 


Sumltoii  nnd  der  Deutsche  Orden  eta 


Ordens  Terspracli/)  mit  ümen  ein  unbedingtes  OffmaiT-  und 
X>efen8iTbttndnis  einging,^)  ihren  Angriüsplänen  ein  bestimmtes 
Ziel  in  der  Friedeburg  gab,°)  hatte  er  in  Samaiten  schon  ehie 
völlige  Verwaltnng  eingeführt,  gleich  als  ob  ihm  das  Land  schon 
gehöre.  Au  die  Spitze  des  Landes  hat  er  als  Hauptmann  ßam- 
bold  oder  Rammold  gestellt/ j  unter  ihm  sind  Kämmerer  ein- 
gesetzt, die  Becht  sprechen  und  die  iibrige  Verwaltung  leiten,*) 
und  zwar  hat  er  sehr  gegen  den  Wunsch  der  Samaiten  alle 
diese  Beamten  aus  Littauem  genommen.^)  Ja  er  ging  noch 
weiter;  in  der  richtigen  Erkenntnis,  daß  aaf  die  Samaiten  wenig 
Verlaß  sei,  ließ  er  sich  Qeiseln  geben,  um  seine  Herrschaft 
sicher  zn  stellen.*)  Wie  wenig  dies  natOrlich  den  Intentionen 
der  Samaiten  entspraoh,  neigt  am  besten  der  gelegentliche  Vor- 
wurf gegen  Witold,  warum  er  ihnen  aberhanpt  ihre  Befreiung 
so  erschwert  hfttte  durch  die  in  Qemeinsehaft  mit  dem  Orden'') 


1)  C.  e.  W.  No.  110.  WitoMs  Boten  in  Samaiten  sprechen:  sie  soldiu 
sich  mannüichin  wereu  ....  wen  .  .  .  WiLoldt  eer  hero  wolde  in  kreflichin 
biesteen  .  .  .  und  wolde  .  .  .  selbir  kein  Königsberg  czieu  .  .  .  und  .  .  . 
dl  Datachin  dirskm,  das  sie  selber  Sölden  in  di  waaaer  louÜBn  und  sieh 
vortrenkio.  Ouch  Witoldt  hat  .  .  .  gebotin,  das  sie  sich  .  .  .  cza  üMcbiii 
mit  cren  hen^istin,  das  erste  das  das  körn  riff  wirt^  das  si  brot  mogin 
habin,  das  sie  p»»reit  sin  wor  her  sie  heiset  czien. 

2)  C.  e.  VV,  No.  411.  Meldung  des  Vogtes  von  Samaiten  an  den 
obersten  Marschall:  ,.gnt'et  ir  die  Samaithou  an,  so  wü  her  in  czu  hülfe 
reiihen:  grifei  ir  in  an,  so  millen  im  di  Somaithen  cbu  hnlfe  Nithem." 

3)  C.  e.  W.  No.  411:  riOtich  zo  hat  her  gcsnnt  in  die  land  Um  TreAmr 
bürg  gelegin,  und  hat  losen  saghen,  .  .  .  das  si  sollen  domoch  eteen»  ei 
machten,  das  hus  vorothen  und  do  hm  knmon." 

4)  C.  e.  W.  No.  411:  „Hauunold  iat  houbtman  czu  Samaithen  und 
her  weMe  hu  di  kemerer  haben  gesatczt  as  seinem  lande,  das  wolden  die 
Samaithen  nicht. 

6)  0.  e.  W.  No.  412:  „Im  lande  czu  Samaithen  gewest  sint  von  des 

herczogen  wrgm:  Homald  ....  dnt  iii  cxa  richten  und  ecu  vorwaren,  glidier 
wise,  alzo  vor  der  voite  gethan  liat." 

6)  0.  e.  W.  No.  412.  Witolds  Beamte  „nomen  mit  in  cxa  geisil 
Kigala  eon  ....  und  vort  ander  guten  lote  hindere,  den  her  nicht  ge- 
travit»  .  . 

7)  0.  e.  W.  No.  414:  „die  Samayten  cza  Wythowd  I  ahen  gesprochen 
also:  vorumb  haeta  hnsaer  im  lande  lasaen  huwen,  do  da  den  Freden  mit 


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Von  Dr.  B.  KramblioltB. 


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Yorgenommene  Anlage  v<ni  Bargen.  Aber  dadurch  lieB  rieh  ein 
MiDtt  wid  Witold  nioht  entwaffiten.  Seiner  Vertröstung,  daß  ob 
bald  diese  Böigen  wieder  vernichtet  sehen  wtlrden,')  weiß  er  in 
gMehiektoster  Weise  Naohidniok  zu  geben  durch  die  Erklftning, 
er  werde  dee  Land  dmoh  9000  seinem  Hauptmann  rar  Ver- 
fügung zu  stellenden  Xilttaner  vor  einem  etwaigen  Einfall  des 
Ordens  decken.'-)  So  hatte  er  die  Samaiten,  welche  einerseits 
wenigstens  nach  dem  Berichte  des  Ordens  teilweise  noch  zu 
letzterem  hielten,*)  anderseits  aber  vielfaf^h  die  Hache  des  Ordens 
fliehten  mochten,  in  seiner  Hand  und  vertagte  Uber  sie.^)  Wie 
j'^TOflriiffh  unter  solchen  Verhältnissen  die  Lage  der  Ordens- 
bmgen  und  ihrer  Beeatrangen  in  Samaiten  war,  ergiebt  aioh  von 
idhst.  Zwar  wagten  die  Litrl&nder  einen  Einlall  aber  ohne 
jaden  nachhaltigen  Erfolg,^)  nnd  so  lauten  die  Meldongen  trostlos: 
Der  Vogt  hat  anf  semer  Borg  an  der  Dnbissa  kaum  so  viel 
Leute,  mii  Nachricht  geben  zu  können;  er  sieht  ftXr  sich  nnd 
selbst  für  Bagnith  sehr  schwarz.")    Friedeburg  ist  ringsum  ein- 

deii  Ikerra  nicht  woldest  halden. . .  Is  ist  uns^ar  swer  und  müssen  nnt»  alle 
tage  gcoBslich  besorgen,  das  wir  nicht  dorrften,  ob  di  Imaier  nichten  wemL" 

1)  C.  e.  W.  No.  414.  Auf  die  Vorwürfe  der  Samaiten  antwortet 
WitoM:  ^Wann  die  luthe  daz  korn  haben  ingebrocht  van  dem  ftlde,  lO 
wi!  ich  die  huszer  wol  Widder  gewinnen  ....  went  die  bneier  mdlen  ench 
nichts  schaden.^ 

2)  C.  e.  W.  No.  414:  „Herczog  Wythowd  hat  Ramolit  (d.  h.  seinem 
Haaptmann)  gloabt  ozwei  thosend  man  cku  hnlffe  csa  senden,  wen  die  herm 
do  komen  mit  dem  berre  .  .  .** 

5)  C.  e.  W.  S.  981.  Aus  dem  amtHcben  Ordensberiobt  ftber  Ver- 
handlungen zwischen  dem  Burggrafen  der  Friedebalg  tttd  den  g^en  eis 
angerückten  Samaiten:  ,.Xo9  (d.  h.  die  Sainaiteii)  non  scimns  de  magistro 
geoenüi  et  suo  urdine  quam  omne  bonum  (^t  eoiam  nichil  alicui  tbre  i'ecinius  " 

4)  C.  e.  W.  S.  dSi:  „Sed  ad  ducem  Witondum  eorum  vellet  mitUsre 
waMaum,  quid  eis  pro  reepMUO  aflbrrel,  ioxta  id  se  dirigere  opmrtebit.*' 

6)  C.  e.  W.  No.  41d:  rJÜ»  Ejrflender  .  .  .  haben  in  dem  lande  geheri 
und  haben  czwei  lendichcn  erhabin.'' 

G)  Schieblade  XVIa,  No.  üG.  Briet'  des  Vogtes  von  Samaiten  an  den 
oberste»  Marscliall  vom  3.  Juli  110*J:  „Wir  haben  sweer  dy  brifife  von  nns 
zu  aciiicken,  wend  wir  wenig  lewthe  dorrzu  haben  ....  Wir  bosortron  uns 
Wo),  wil  mau  is  audirs  nicht  b^telleu,  das  sy  dem  von  Kagmth  uiid  uns 
vMta  ne  aehaden  werdin  cm  onen. 


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80 


Sftmaiten  uad  der  Deateohe  Orden  etc. 


geschlossen,  seine  Nahnmg  gebt  auf  die  Neige.*)  Abermals  uiulJ 
man  sich  fragen,  was  der  Orden  auf  (Trimd  solcher  Nackricht-^in 
that,  um  die  völlige  Vernichtung  seiner  Herrschaft  in  Samaiten 
zu  verhüten.  Wenig  genug  läßt  sich  berichten.  Das  Erste,  was 
man  that,  war  eine  blofle  BepreesivmafiregeL  Jagiello  hatte  auf 
OrdensschifiiBn  mit  Genehmignng  dee  Hoehmeiitera,  wie  wir  uns 
erinnern,*)  Witold  Getreide  sufohren  wollen.  Dies  ließ  der  Hoch- 
meieter  in  Bagnith  mit  Beschlag  belegen')  ond  swar  schon  vor 
dem  91.  Jnm  1409.^)  Dann  geschah  eine  Zeit  lang  nichts, 
wenigstens  haben  wir  keine  Xacluicht  darüber ,  bis  am 
1.  August  1409  nuiu  wenigstens  sich  über  Jagiellos  Stellung  zur 
samnitischen  Frage  klar  wurde.  Statt  einer  versprochenen  defi- 
nitiven Antwort  gab  seine  (iesandtschaft  auf  die  Frage,  ob 
man  ohne  Gefahr  vor  Polen  die  Samaiten  süchtigen  könne,  oder 
wenigstens  seine  Bmgen  verproviantieren  dürfe,  einen  so  ge- 
wundenen Bescheid,^)  daß  man  nun  wußte,  woran  man  war. 
Am  6.  August  1409  begann  awisohen  Polen  and  dem  Orden  der 
Krieg,  dessen  Binselheiten  hier  nns  nicht  interessieren,  genagt 
daß  vor  Abschloß  des  WafiPenstillstandes  im  Oktober  der  Orden 
siegreich  war.")    Die  Rückwirkung  eines  derartigen  Verhältnisses 


1)  C.  e.  W.  No.  412.  Der  Haaflcomtnr  von  Bagnith  beriohtAt  Uber 
die  Situation  der  FriedebDig:  „Nlmant  cid  in  kommen  tbar  ....  Auch 

habin  se  mir  erpoten.  das  sie  czumol  gössen  p^ebrechiii  iif  dein  Imse  an 
getrencke  haben  nicht  mer  wean  VI  thunu  birs  und  habiu  ouch  mcht 
Wasser  .  .  . 

9)  VmrgL  oben  8.  78  Anm.  1.  —  8)  0.  e.  W.  No.  436.  Witokl  be< 

Schwert  sich  beim  Hochmeister :  ,,Un.s  hat  der  berro  konig  körn  gesant  undir 

ettwirn  geleite  ....  das  korn  habt  ir  uns  lassen  nemen." 

4)  C.  e.  W,  No.  414.  Am  21.  Juni  Vm  schreibt  der  oberst«  MArachall 
an  den  Hochmeister:  Ihm  sm  gemeldet:  ,.das  herczog  Wjthowd  do  van 

noch  nichton  wusta,  das  die  echiffo  mit  rocken  ond  mit  udem  .  .  .  gotte 

CSU  Bagnith  aint  off  gabalden.** 

6)  TOppen:  Akten  der  Ständetage  Preußens  unter  der  Herrschart  des 
deut.-irhen  Orden««.  Bil.  I,  S.  122.  Die  Antwort  der  Oesandt-srhnt't  lautet: 
„Wurde  her  (d.  h.  der  Horhineistt^  )  <  /.ükmi  kt  n  Sumaiteu,  so  »aide  her  sich 
des  gancz  vorsehen,  der  konig  wurde  sich»  anncmen  und  vil  lithe  wedir 
caihn  in  das  land  csu  Prossen.*' 

6)  Voigt:  G.  Pr.  Vn,  S.  47-51. 


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Von  Br.  B.  Krombholti. 


81 


zwi^,clieu  Hochmeister  und  Jagiello  anf  Samaiten  konnte  nicht 
ausbleiben.  Trotz  der  KusLungon  gegen  Polen  plant  der  Orden 
wenigstens  Maßregeln  zum  Ersatz  der  jetzt  von  Witold,  den 
Bamaiten  und  Jagiello  bedroliten  Festungen.  Aus  einem  Brief 
des  Marschalls  vom  6.  August  1409  geht  hervor,*)  daß  der  Hoch- 
meister diesem  den  Befehl  gegeben  hat,  mit  dem  Comtur  von 
fiagnith  imd  dem  Pfleger  von  Insterbnrg  Aber  den  Ersate  der 
Bnrg  an  der  Dobiasa  sowie  der  Fiiedebui^  an  einem  Entsdünß 
an  kommen.  Die  drei  haben  für  den  8.  Angoat  den  Anssog 
feetgesetet^  nach  dem  16.  August  hofifte  man  sich  an  der  Dnbiasa 
an  Tereinigen.  Indessen  ist  dieser  KiiegsfhU  oflionbar  nicht  ver^ 
wirklicht  worden,  wenigstens  ist  der  Comtur  von  Kagnith  dvaoh 
Krankheit  seiner  Leute  daran  verhindert  gewesen,^)  und  auch 
von  den  beiden  anderen  Gebiotigern  liegt  keine  Nachricht  für 
die  Inangriffnahme  des  verabredeten  Projekts  vor.  Anders  steht 
e-  li^.it  Witold.  Er  lagert  Anfang  Angnst  zu  Kowno,  die  Samaiten 
sind  durch  ihn  aufgefordert,  sich  mit  Lebensmitteln  zu  versehen 
und  sich  bereit  zu  halten.')  Bald  daraufscheint  er  aufgebrochen 
wa  sein;  denn  am  26.  August  vermutet  man  ihn  vor'*)  Friede- 
burg, die  man  ihrem  Schicksal  überließ.  Genau  läfit  sich  die 
Zeit  ihrer  Vemichtong  nicht  bestimmen.  Das  Faktum  ergiebt 
sioih  jeden&Us  ans  Posiige,")  der  iemer  anoh  berichtet^  wie  der 

1)  C.  e.  W.  No.  4'20. 

2)  C.  e.  W.  No.  424-  Brief  des  Comtur  von  Ragnilh  an  den  Comtur 
vom  Braaideabiug  vom  S6.  Angosfe  1409 :  .,Oaoh  wello  wir  ken  Hagnith  und 
tnr  TiktÜi  senden  40  imMr  frion,  wen  der  huskompthar,  beire,  dtener .... 
das  meist«  teil  dort  oben  kimng  8tnt|  dso  wir  leider  onoh  noeh  tot  kraog 
legem  tzu  Lankisken. 

3)  C.  e.  W.  No.  421.  Der  Vogt  von  Samaiton  an  den  Comtnr  von 
Bagniüi  am  7.  Angast  1409:  „Waaet,  das  herc/.og  Wythowt  hat  icsont 
oswQ  aaoht  gelegen  cm  Oawen«  das  ket  unu  geeait  des  elden  son,  der  do 
komen  ist.  Oaok  so  haben  dese  gehört,  daz  man  in  allen  dorfen  hat  ge> 
raffen,  das  si  sullen  eattm  geschvei  ioghen,  nad  idennan  snUe  nut  im  nemeB 
TOfiff  brot. 

4)  0.  e.  W.  No.  424.  Briet'  vom  26.  August  1409:  „Der  eine  der  von 
**Tr*^*h*p  entlofin  ist,  der  gefangen  war,  der  spricht:  her  gloabe  aadera 
niekl^  wen  das  herosog  Witöwt  itosimt  iüe  IVedebag  lege 

6)  Foeilge  sa  1409  in  8or.  m»  800. 

Allyr.  MeosAMMliilft  Bd.  ZZTZL  Hft.  1  «.  &  6 


82 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


Vogt  von  Samaiten,  duroli  Krankheit  an  der  Verteidigung  ge- 
hindert, das  Hans  an  der  Dnbisea  selbst  verbrannt  habe  und 

abgezogen  sei. 

Hiormit  war  dos  Ordens  Herrschaft  in  Saiiiaiten  zunächst 
wPTiij[^stens  völlig  verloren  und  Witolds  uns  schon  bekannte*)  Ver- 
waltungsbehördo  wird  ihres  Amtes  gewaltet  haben.  Aber  Witold 
begnügt  sich  keinesw^s  mit  diei^em  faktischen  Besitz  Samaitens, 
er  wollte  ihn  auch  von  der  Welt  als  berechtigt  anerkannt  sehen 
und  deshalb  erl&0t  er  die  heftigsten  Artikel  gegen  den  Orden, 
in  denen  er  nachxaweisen  sacht,  daß  die  Deutschen  an  allem  die 
Schuld  tragen.  Trotsdero  Samaiten  mit  vollem  Eecht  sich  gegen 
den  Orden  aufgelehnt  hAtte,  habe  er  dem  Orden  strengste 
Beobiu  hiung  des  mit  iliin  abgeschlossenen  Vertrages  zugesichert, 
sei  aber  argwöhnisch  von  ihui  Itchaniielt  und  sogar  befeindet 
worden.^)  Es  lohnt  sich  nicht,  seine  Beschuldigungen,^)  deren 
Inhalt  eine  gelarbte  Darstellmig  der  und  bekannten  Vorsichts- 
maßregeln des  Vogtes  von  Samaiten  ist^  einzeln  aufzuzählen, 
viel  wichtiger  ist  es  für  uns,  daß  Jagiello  sich  in  den  Artikeln, 
dm*oh  welche  ein  Waffenstillstand  bis  Johanni  1410,  dank  Wen* 
zels  von  Böhmen  Bemühungen,  zustande  kam,  am  8.  Oktober  1409 
verpflichtete,  „den  Samagiten  und  andern  allen  üncristen  und 
allen  eren  hei  fern  keynerley  nothhelfe  noch  Steuer"  zu  ^thuu 
und  uns  auch  ym  ze  nicht  annemeu  sullcn  yn  keynerlci  weyze 
nicht  czin  noch  nemen  wellen  an  allerley  argelist  und  an  alles 
geferde.*)  Der  Orden  konnte  mit  diesem  Zugeständnis  Jagielios 
sehr  zufrieden  sein.  Die  Samaiten  waren  ihnen  ausdrücklich 
von  diesem  preisgegeben,  ohne  genannt  zu  werden,  war  Witold 
von  Jagiello  fallen  gelassen;  denn  nur  auf  ihn  kann  sich  der 

1)  Vergl.  oben  S.  78  im(\  Anm.  4. 

2)  C.  e.  W.  No.  427.  l\iagen  WitoM»  gegea  den  Orden:  „Postquam 
.  .  .  Snmogyte  ipsis  cruciferis  so  in  coDtrariam,  utique  iiou  sine  c&u&a 
legitima,  postuBsent,  ipsis  erodferis  iDtimaveiainuB  modam  federiB  per  hob 
factif  no8  velle  inTioUbUiter  observare,  ipBi  autem  nos  soapectos  habentes 
cepenint  adversus  nos  improvidos  ininiiciciaa  .  .  . 

?>)  r>ie  Kla^aai  fikel  Witolds  umfaflseD  C,  e.  W.  No.  425—427. 
4)  HaczynsJu  a  104  No.  XH. 


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Von  Dr.  B.  Krumbholts. 


83 


Passus  in  Jagiellos   Yerplliclituug    I  t ziehen,    keinem  Freunde 
Samaitens  beizustehen.    Alles  kam  darauf  an,  daß  der  Orden  die 
Mooate  bis  zur  Fällung  des  Schiedsspruchs  durch  Wenzel,  dem  zu 
fhgeii)  derOrden  und  Jagiello  übereingekommen,^)  ausnutzte  d.li«  die 
Zeit  vom  Oktober  1409  bis  Februar  1410.   Zwar  lief  der  Waffen- 
itUlttand  bis  Juni  1410,  aber  wer  konnte  wissen,  was  Wentels 
Entscheidung  im  Februar  bringen  würde.  Es  w&re  die  Pflicht 
d«s  Hochmeisters  gewesen,  wieYoigt^)  schon  bemerkt  sich  sofort 
aufWitold  zu  stürzen.    Die  Wahrschoinlichkoit,  dciL>  m  gelingen 
würde,  ihn,   der  jetzt  allem  auf  sich  angewiesen,  zu  besiegen, 
dann  die  Sainaiten  zu  strafen  und  znr  Anerkennung  der  Ordens- 
herrschaft  wieder  zu  bringen,  war  zum  mindesten  nicht  aus- 
geschlossen.  Aber  was  geschah?   Nichts  von  alledem.  Statt 
seinen  eigenen  Aufgaben  nacheugehen,  Terpfliohtete  sich  der 
Orden  am  S.  Oktober  1409  noch  dem  völlig  unmAchtigen,  ftir 
ihn  also  nutzlosen  Swidrigiello  gegenüber,  ihm  zu  seinem  väter- 
lichen Erbe  ku  verhelfen.')   Nutzlos  verstrich  die  Zeit:  Witold 
und  die  Samaiten  konnten  sich  kräftigen.    Selbst  der  Einwand, 
den  man  vielleicht  zur  i'^uLsi  iiuldiguug  aui lihrcn  könnte,  dai]  der 
Orden  sich  erholen  zu  dürfen  glaubte,  weil  er  Vertrauen  auf  den 
Ausspmch  Wenzels  hatte,    den  durch  Geschenke  für  sich  zu 
gewinnen,  er  hofile,  ist  nicht  stichhaltig;  denn  um  sich  auf  diesen 
Schiedsspruch  zu  verlassen,  gehörte  doch  vor  allen  Dingen,  daß 
der  Orden  Vertrauen  zu  Polen  hatte,  es  würde  auoh  die  von 
Wenzel  getroffenen  Bestimmungen  befolgen.  Wie  gering  aber 
dies  Zutrauen  zu  Jagiello  war,  beweist  nichts  besser,  als  das  am 
90.  Dezember  1409  mit  Sigismund  von  Ungarn  eingegangene 
Bfindnis^)  gegen  Polen,  welches  letzteren  zum  Einschreiten  gegen 


1)  Racaynski  8.  104  No.  XII:  ^Was  eejne  (d.  h.  Wenzels)  lebe  mit 
seynem  wevzin  rate  und  di  her  mer  dor  czn  nnm*  n  will  czwischen  uns 
beyden  teylen  aussprachen  wirt,  das  wir  das  gaurz.  stüie  und  unrzuhniclilich 
balden  czoUen  und  wellen  . . .  und  globen  auch  das  yu  kralt  des  biilles . . . 

2}  Voigt:  G.  Fr.  VII,  65. 

8)  a  e.  W.  No.  480. 

4)  Baesynaki  8.  107  No.  Xm. 

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84 


fkmaitiim  und  der  Dontache  Orden  etc. 


Jagiello  ver})flichtet.e,  falls  er  in  einem  Kriege  ^r^'gen  dea  Orden 
Littaner,  Russen  oder  andere  Heiden  verwendet. 

So  stand  der  Orden  am  Ausgang  1409 ;  er  hatte  ein  Jahr 
hinter  aich,  dessen  Mitte  hauptsächlich  durch  eigene  Schnld, 
durch  zu  groBe  Vertraaensaeligkeit,  dnroh  Mangel  an  Entaohlossen« 
heit  Samaitens  Verlust  gehraoht  hatte,  dessen  SchluB  aber, 
gOnstiger  wie  je,  ihm  Gelegenheit  bot,  des  Landes  sich  wieder 
EU  bemftchtigen,  um  das  er  schon  so  viel  Blut  Tergossen.  Es 
gescliah  nichts  seitens  des  Ordens  und  die  Straie  sollte  nicht 
ausbleiben. 

(Schluß  folgt.) 


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Piper  oder  Capsicum? 

Historisch-botanisohe  LOsong. 

Von 

A.  Trelcliel. 


So  oft  ich  in  meinem  „Volksthümlichen  aus  "Westprenßen" 
Ton  den  sinspfliditigeii  Ideferungeu  an  Pfeffer  &la  den  Orden 
ipiBclk,  glaubte  ich,  das  auf  die  Fracht  Ton  i^jwr,  den  indischen 
Pfefler,  beziehen  zu  mflsaen,  znmal  ich  die  Pfefferlieferangen  meist 
nur  bei  westpreoßischen  See-  und  HandelsstAdten  (Pataig,  Heia) 
erwähnt  fand,  wohin  dieser  Pfeffer  leicht  zu  Schiffe  hinkommen 
kannte.  Es  ist  aber  dagegen  zu  stellen,  was  L.  Weber  (Preußen 
vor  4<AJ  Jahren  S.  243)  eiueu  wuntlerbareu  Irrthum  der  ])r'  uUi- 
sclien  Hifitoriographeu  nennt:  „Wenn  der  Orden  verschiedenen  Urt- 
gchaften  die  Liefeniug  von  Saffran  und  Pfeffer  auflegt,  so  hat 
man  an  indischen  Pfeffer  gedacht  und  eich  über  diese  sonder- 
hm  Schrulle  gewandert.  Es  wAre  allerdings  eine  höchst 
wunderbare  Schrolle,  einfftohen  Landleaten  die  Lieferung  von 
Sachen  aafzaerlegen,  die  sie  erst  ans  SeehandeUplAtzen  kaufen 
mnfiten.  Der  Irrthttm  liegt  klar  auf  der  Hand.  Nie  und  nirgend, 
Weder  in  Preußen  noch  auderwärtSj  haben  die  Abgaben  ans 
etwas  Anderem  bestanden,  als  aus  Naturalerzeugnissen  oder 
Geld.  Es  ist  also  an  türkischen  Pfeffer  (Paprica,  botanisch 
Capmum  annuum)  und  Saffran  au  denken.  Der  Erstere,  schon 
<1mi  fiAmem  bekannt,  wird  bis  gegen  Schlesien  herauf  angebantw 
Da  nnn  die  Ordensbrilder  nnd  ihre  Lente  gro^ntheils  aas 
fiOlimen.and  Schlesien  herkamen,  so  lag  es  nahe,  die  Einführang 


86 


Piper  oder  Cftpeieam, 


dos  dort  6o  beliebten  Gewürzes  in  Preitßeii  zu  versuchen.  Ebenso 
gedeiht  der  SaffViUi  heute  noch  in  Enp^land  und,  da  or  vor  Ein- 
liihrung  der  indischen  Waaren  eine  viel  größere  Rolle  in  der 
Küohe  spielte,  so  darf  uns  seine  Einfühmng  nicht  Wunder 
nehmen«  Daß  meine  Ansicht  über  diese  b»^i  leu  GewAchse  richtig 
ist,  geht  auch  daraas  hervor,  da6  wir  die  Saffimn-  und  Pfefier- 
lieferung  nur  in  den  besten  Gegenden  auf  dem  besten  Boden 
finden.  Denn  es  lieferten  die  Werder  86  Pfund  Pfeffer  und 
Vs  Pfund  Safiran,  die  Oomturei  Elbing  aus  den  besten  Dörfern 
62V9  Pfund  Keffer  und  V«  ^iomd  Safiran,  Oomturei  Dansig 
31  Pfimd  Pfeffer,  Oomturei  Schönsee  11  Pfand  Pfeffer  und 
4  Pfund  Saffran,  das  Dorf  Feldchen  im  Bezirke  Papau  4  Pfund 
und  das  Dorf  Sinnen  bei  Ncidoiibnrg  1  rt'un<l  Pfetrer,  die  Stadt 
Conitz  12  Pfuud.  Summa  197,5  Pfund  PtVfler  und  5.5  Pfund 
SaflEran.  Aus  der  alljährlichen  AVit  derkelir  dieser  Posten,  z.  B.  im 
Marionburger  Zinsbuch,  können  wir  aber  auch  entnehmen,  daß  • 
die  Coltor  wirklich  stattfand  und  gelungen  war." 

So  sehr  sich  das  au(  Ii  hören  läßt  und  beweisend  su  sein 
scheint,  so  sprechen  doch  die  nackten  Thatsachen  des  Imports 
Yon  Capsieum  dagegen.  Zur  Ordenszeit  gab  es  in  der  östlichen 
Hemisph&re  noch  kein  Capeicum,  Auch  in  Ungarn  war  er  so 
wenig  einheimisch,  als  der  uckermärker  Tabsk  bei  Yierraden 
und  der  Pfidzer  bei  Frankenthal  und  Oggersheim. 

Capsicum^  eine  einj&hrige  Pflanze,  gehört  zu  den  Solanaceen, 
hat  also  mit  Piper  gar  nichts  m  thun,  stammt  aus  dem  tropi- 
schen Südamerika,  wenn  sie  jetzt  auch  in  Ostindien  verwildert 
vorkommt,  und  ist  erst  dunli  die  Spanier  naoli  Europa  ge- 
kommen, nach  De  Candolle  erst  im  PI.  Jahrhundert,  wo  es  nun 
in  verschiedenen  Gegenden,  in  Ungarn  nicht  vor  dem  17.  Jahr- 
hundert, in  Cultur  genommen  ist,  bei  uns  sogar  nicht  selten  in 
Zimmern  gezogen  wird.  Seine  Früchte,  länglich-rund,  und  deren 
Schale,  roth  glänzend,  sind  sehr  scharf  und  dienen  als  Gewflrz, 
als  magenstftrkendes  Mittel,  zum  Einmachen  der  Qurken,  zu 
Mized  Hokles  u.  s.  w.  In  Krttuterbflchem  ist  davon  die  Bede, 
daß  Ca|»tcttfn  als  Snirogat  fOr  den  schwareen  Pfeffer  gebraucht 


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Von  A.  TreicheL 


87 


worden,  aber  nicht  zu  empfehleu  sei.  Also  wäre  es  für  die  Zeit 
T.<r  etwa  {'hAi  m  Preußen  ganz  nnm<)glicb.  bei  Alti:aben  von 
Pleäer  darunter  Capskum  zu  verstehen.  Das  ist  eine  Sache, 
die  keinen  Zweifel  zuläßt.  An  d»Mi  hfzü «glichen  Stellen  muß 
also  ohne  Zweifel  von  schwarzem  Pfetlor  {Piper  nir/riim)  die 
Bede  sein,  trote  Weber'a  Einsprach.  Selbstverstaadlioh  wurde 
der  schwarze  Pfeffer  niolit  in  Westpreufien  gebanti.  Aber  anck 
selbst  die  Paprika  dtlrfte  dort  im  freien  Lande  kaum  FrOohte 
ansetzen,  der  schwarze  Pfefier  aber  verlangt  unbedingt  ein 
tropisches  Klimii.  Ks  war  aber  der  Pfeffer  in  früheren  Zeiten 
sehr  liochgeschätzt  und  ungemein  thcncr.  Dazu  ist  er  eine 
handlielie  und  trockene  Waare.  So  kam  es  dazu,  daß  er  hie 
und  da  wie  Geld  als  Zahlungsmittel  gebraucht  wurde. 

üeber  dem  Pfeffer  selbst  und  dessen  Einführung  setze  ich 
schließlich  die  betreffende  Stelle  aus  Fhedr.  Christoph  Jonathan 
Fischer' 8  Geschichte  des  teutschen  Handels  (Hannover  .1791) 
hierher. 

„In  der  zweiten  Httlfte  des  16.  Jahrhunderts  kannte  man 
gewisse  Orte  und  Lftnder,  wo  einige  Produkte  in  der  vor- 

zü^licLsten  Besehaffuuhoit  hervorkamen,  als  aus  den  moluckischon 
Inseln  die  Nägelein,  aus  Arabien  der  Weihraucli,  aus  Palästina 
der  Balsam,  aus  Kalekut  der  meiste  Pfeffer,  aus  Zeiion  Cinamomum 
oder  Zimmtrinde. 

Nach  der  Eröffnung  der  portugiesischen  Schifffahrt  nach 
Ostindien  brachten  Portugiesen  eine  große  Menge  Pfeffer  nach 
den  Niederlanden,  der  zwar  nicht  ebenso  runzlich  wie  der 
orientaJisdie  war,  aber  doch  sonst  in  der  Form  und  im  Ge- 
schmacke  dem  Pfeffer  gleichkam.  (Hartm.  Schedel  in  Chron. 
Chron.)  Der  8t&*kste  Pfeffer  wuchs  auf  der  Küste  von  Guinea, 
der  an  Schärfe  den  kalekutischen  um  die  Hiilftt»  nbertraf.  Rr 
hieß  Pimiento  dal  Rabo  oder  Schwan/pleilcr,  weil  er  in  der  Ge- 
stalt viele  Aehnlichkeiten  mit  den  Kubeben  hatte.  Sein  Geschmack 
nnd  seine  Schärfe  war  so  stark,  daß  mit  einer  Unze  so  viel  als 
mit  einem  halben  Pfunde  des  gemeinen  Pfeffers  ausgerichtet 
werden  konnte.   Obsohon  es  unter  den  härtesten  Strafen  ver- 


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88 


Pipm  oder  Captieom. 


böten  war,  ihn  mf  di«eer  Ktlate  m  holen,  eo  geechah  ea  dook 
heimlich,  und  er  wurde  nach  England  geflOhrt,  wo  man  den 
doppelten  Preis  des  gemeinen  Pfeffers  dafOr  erhielt.  Weil  aber 
die  Könige  von  Portagall  besorgten,  daO  dnrch  diese  Gattungen 
Pfeffer  die  große  Menge,  die  sie  jährlich  ans  Kalekut  erhielten, 
verriiigürt  und  abgescliätzt  ^vür^]e,  so  ratwjhten  sia  solche  Ver- 
au8taltiin<yen,  daß  man  keinen  mehr  bekommen  konnte.  (Naviga- 
zione  de  Lisbona  all'  Isola  di  San  Thome  scritt»  par  un  Pilloto 
Portiighese  in  Eamossio  Baocolta  de  ViaggL  Yeneada  1388. 
Vol.  I.  p.  114.) 

Aus  eben  dem  Qmnde  verboten  die  Könige  von  Portogall, 
Ingber  ans  Ostindien  anders  als  in  Zucker  eingemacht  nach 
Lissabon  zn  bringen.  (Yoyage  de  Pyrard  ans  Indes  orientales. 
p.  139.) 

Ana  diesen  poUtisohen  QrOnden  moB  man  sich  erldftren, 
wamm  der  portugiesisohe  Anst  Gareias  dall'  Horto  so  wenig  ans 
dem  weifien  imd  langen  Pfeffer  machte,  nnd  nnr  nns  den  sohwarsen 

empfahl,  der  aus  Ostindien  kun.  Der  niederläTidische  Arzt 
Karl  de  l'ICelüse  verbesserte  ihn  aus  der  Bosfhreilning  doü 
Lmiwig  Komano  und  vorsiclierte,  den  weißen  Ptelier  weit  l)es8er 
gefunden  m  liaben;  allein  er  würde  selten  bei  den  Spezerei- 
händlern  in  Lissabon  gefunden,  weil  sie  nicht  viel  daraus 
machten;  der  König  von  Portugall  hätte  die  £in:ßihre  des 
Pimiento  dal  Kabo  oder  Schwanzpfeffers  gans  verboten,  damit 
der  übrige  Pfeffer  nicht  abschlüge,  denn  jener  wäre  besser  an 
Gestalt  nnd  gewttrshafter  an  Geschmack  nnd  Kiaft  als  dieser. 
(Dell'  Istoria  dei  semplict  Aromati  in  Venesia  1616.  o.  2S  p.  109.) 
Von  dem  Schwanspfeffer  war  der  lange  Pfeffer  versohieden,  der 
ans  Caräiagena  nnd  Texrafirma  kam,  und  noch  gr&ßere  Voll- 
kommenheit in  Absicht  der  Schftrfe  und  GewUrshaftigkeit  bessB. 
(Monardes  cit.  1.  p.  472.)  Schwanzpfeffer  von  der  scharfen 
Gattung  luiid  man  auek  in  Brasilien,  wovon  Lei:  \  (Hist.  Navigat. 
in  Braail.  pag.  1G7)  genaue  Nachricht-en  uiittiieilfr." 

Es  iat  also  immer  nur  an  den  indischen  Pfeiler  zu  denken. 
Pfeffer  galt  also  im  Mittelalter  immer  als  die  exotische  Waare 


Von  A.  Tmoh«L 


88 


im  ganz  Besonderen.  Somit  konnte  auch  namentlich  reichen 
Handels-  oder  Seestädten  ^j^nnz  natürlich  eine  Abgabe  der  vor- 
nehmsten Waare  auferlegt  werden! 

Piper  nigrum  benateten  schon  die  Börner.  Schon  vor 
Jahrhimd«rt6ii  wurde  er  aus  Afrika  eingefillhrt,  Karl  der  QroBe 
Eabte  ihn.  Nicht  allein  in  Deatsohland  gab  es  in  alter  Zeit 
eine  Abgabe  der  eteaerpfliohtigen  Bauern  an  Weisen,  Wachs 
und  Pfeffer.  Der  letztere  Zins  ist  später  aber  abgeechalft  nnd 
an  seiner  Statt  das  sogenannte  Pfeffer^eld  bezahlt  worden. 
Natürlich  kann  es  sich  auch  in  Preußen  bloß  um  die  substituirto 
Abgab©  in  Geld  gehandelt  haben,  oder  besser  um  die  etwa  in 
jährlich  variirendem  Oelde  der  BeschaÜuug  sich  darstellende 
Abgabe  der  wirklichen  Waaro. 

In  dem  Bach  „Ausländische  Handels-  und  Nährpflanzen 
ton  Hermann  Zippel  (Brannsohweig  1885)  ist  in  dem  Kapitel 
vom  schwanen  Pfeffer  bemerkt:  „In  manchen  enropftisohen 
Staaten  mußten  die  fiauem  ihre  Abgaben  in  Pfefferkörnern  be- 
aahlen."  Woher  die  Bauern  den  Pfeffer  bekamen,  erscheint 
nicht  zweifelhaft.  Sie  bekamen  ihn  als  Bezahlung  für  ihre 
Producte,  und  für  Westpreußen  werden  Dauzig  und  Thorn  die 
Pfefferquelleu  gewesen  sein.  So  etwas  ist  begreiflich,  wenn 
man  bedenkt,  daß  in  der  Zeit,  um  die  es  sich  handelt,  das  baare 
Geld,  zumal  auf  dem  Lande,  sehr  rar  war.  Als  dann  später 
der  Pfefior  billiger  tmd  das  Metallgeld  h&nfiger  wurden,  kam 
dies  eigenthttmUche  Zahlungsmittel  wieder  in  Abgang. 

Aehnlich,  wer  etwa  jAhrlich  2  Pfund  Wachs  an  die  Kirehe 
m  liefern  hatte,  muBte,  wenn  er  selbst  keine  Bienen  hielt,  doch 
Waebs  kaufen  oder  eintauschen.  Warum  sollte  es  nicht  ähnlich 
nut  dem  Pfefferkaufe  geschehen  sein? 

Zippel  spricht  auch  davon,  wie  hoch  schon  bei  den 
Eomem  der  Pfeffer,  den  sie  aus  Indien  bekamen,  geschätzt 
^de.  Als  der  Gothenkönig  Alarich  408  Born  belagerte,  ver- 
stand er  sich  erst  zur  Aufhebung  der  Belagerung,  nachdem  ihm 
die  Bömer  6000  Pfund  Gold,  dOOOO  Pfund  Silber,  4000  seidene 
Kleider,  8000  Pfund  Pfeffer  n.  s,  w,  entrichtet  hatten. 


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90 


Piper  oder  Capsicum. 


In  winem  Bayeriseben  W^rterlraolt  spricht  Scbmeller  davon, 
velclie  große  Bolle  im  Mittelalter  der  Pfeffer  als  Ehrenge- 
schenk spielte.  So  erhielt  der  Kaufmaun,  der  zuerst  zur  Mosso 
(Dult)  nach  München  kam,  als  Ehrengabe  von  der  Stadt  ein 
paar  Handschuhe,  einen  weißen  Stab  nnd  ein  Pfund  Pfeffer. 

In  Rechnungsbüchern  der  Stadt  Posen  findet  sich  hinsicht- 
lich einer  Gesandtschaft  nach  Krakau  im  Jahre  1601  (2.  Juni) 
folgendOi  Abglich  hinzielende  Bemerkung:  Item  pro  donariis  XI 
florenos  pro  lapide  piperis.  (Nach  Dr.  A.  Warschauer:  Chronik 
der  Stadtsobreibor  ycn,  Posen  No,  16  Anm.  in  Z.-S.  der  Hist.  Ges. 
f.  d.  Prov.  Posen  Jg.  II.  S.  192.)  Es  ergiebt  sieb  daraus  niobt 
nnr  der  Preis  fiGür  den  Stein  Pfeffer  (als  piper  beaeiobnet!), 
sondern  auch  der  Umstand,  daß  er  als  besondere  Qeschenks- 
gabe  mitgenommen  wurde. 

Anf  den  großen  "Wertb  dieses  Gewürzes  deutet  auch  der 
Ausdruck  j,Pfeffer}ink"  zur  Bezcickuung  einos  reichen  K.aui- 
manns  hin,  oder  auch  ..Pfeffersack". 

Der  Pfefferpreis  betrug  im  M.  Jahrhundert,  wie  aus  der 
Danziger  (vhronik  von  Hirsch  zu  ersehen,  bis  zu  4  T?thlr.  das 
Pfund  nach  unserem  Oelde,  was  ja  damals  sehr  viel  mehr  war. 
Nach  L.  Weber  galt  1399  das  Pfund  Pfeffer  3  Scot  und  1401 
das  Pfund  Saffran  sogar  50  Scot.  Doch  sehen  wir  uns  noch 
weiter  in  den  Urkunden  nmber,  ob  iigend  eine  Stelle  anders  za 
deuten  wäre. 

In  dem  Edictum  Boleslai  ducis  Hajoris  Poloniae  (Calis- 
siensis)  von  1264  stebt,  daB,  wer  Uber  die  Synagoge  mit 
Steinen  wirft,  awei  Tslente  Pfeffer  an  den  Woiwoden  zahlen 
soll:  duo  talenta  piperis  Palatino  solvet.   Doch  tbeilt  mir  Herr 

Dr.  E.  F.  Schmitt  mit,  dali  in  den  Tausenden  von  groJßpolni- 
schen  Urkunden,  die  ihm  vorlagen,  also  aus  viel  späterer  Zeit, 
als  der  des  Deutschen  Ordens,  wo  ein  Pf'efferbau  bei  größerem 
Fortschritte  in  der  Cultur  gewiß  hätte  gepflegt  werden  können, 
von  ihm  niemals  eine  Andeutung  von  Pfellerbau  gefunden  worden 
sei.  Es  liegt  auch  kein  denkbarer  Grund  vor,  weshalb  Preußen, 
Pommern  und  Polen  sioli  niobt  desselben  Pfeffers  hätten  be^ 


Von  A.  TtaichftL 


91 


dien«!!  sollen,  welcher  den  Völkern  des  Alterthoms  zu  Gebote 
stind,  welcher,  wenn  nicht  auf  dem  Lande,  dennoch  in  den 
handeltreibenden  Seestädten  zu  haben  war. 

Mftreker  (in  Z.-S.  des  W.-Pr.  Geack-Y.  Bd.  18.  n.  19.  S.  395. 
141. 997)  sagt:  Die  filtere,  im  Bistrict  Papau  bei  Niecsswieds  (Nid- 
witz),  später  Poremby  genannt,  gelegene  Schenkimg  von  4  Hnfen 
"Wald  und  2*2  Morgen  "Wiesen,  welche  die  Bürgerschaft  von 
Schwetz  gegen  2  Pfand  Pfeffer  jalirlich  vom  Orden  erhalten 
uud  in  Ackerland  umgewandelt  hatte,  durch  Einvorh  ibuiif^  dos 
Papauer  Districtes  in  das  Bistlmin  Culm  fast  verloren  gegangen, 
wird  1642  auf  eindringliches  Bitten  vom  Bischof  von  Golm, 
Caspar  yon  Dzialin,  der  Stadt  in  den  Besits  «nrflckgewflhrt, 
aber  gegen  eine  Jahreeabgabe  von  S4  Pfnnd  Pfeffer  (am  Feste 
des  Bischofs  Martin)  nnd  unter  Vorbehalt  des  Obereigenthmns. 

Beim  Streite  der  Stadtgemeinde  Neuenbürg,  Kr.  Schwets, 
mit  den  Geistlichen,  wurde  1609  eine  Kommission  nach  Nenen- 
barg  deputirt,  welche  für  Kosten  dar  Stadt  1«  l>te.  Unter  dem, 
"was  sie  verzehrte  (delikate  Fastenspoisen),  ist  nach  Märcker 
(S.  127}  auch  angeführt:  an  Pfeffer  und  Gewürz  4  Mk.  Zum 
Schloß  nahm  sie  26  ungarische  Gulden  (87  Mk.)  und  eine  Tonne 
Aepfel  im  Werthe  von  3  Mk.  10  gr.  als  sog.  Verehrung  an. 

Im  Pommerelliachen  ürkondenbuoh,  das  bis  1816  geht,  ist 
nach  dem  Register  allerdings  nioht  des  Pfeffers  Erwähnung 
geschehen. 

Ans  Codex    diplomaticos  Warmiensis  gehören  dagegen 

folgende  Stellen  hierher: 

1.  I.  371.  enthält  die  Verschreibung  des  Comthurs  von 
Elbing,  Hermann  v.  Oetnngen.  vom  22.  November  1323  für  den 
Krug  in  Lentzen,  Dorf  auf  der  Elbingor  Höhe.  Der  Krüger 
soll  jährlich  zu  Martini  geben:  2  Mark  Pfennige  gewöhnlicher 
Mflnse  und  2  Pfund  Pfefier  (duas  mareas  denariomm  usualis 
monetae  et  duo  talenta  piperis). 

2.  m.  66.  enthfilt  dann  eine  weitere  Urkunde  fOr  dasselbe 
Dorf  Tom  18.  September  1379,  worin  ftlr  1  Hufe  4  Morgen, 
velohe  dem  Schulzen  und  den  Bauern  von  Lentzeu  verschrieben 


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92 


Piper  oder  Capsicunou 


werden,  zu  Martini  sn  ainmn:  Eyn  pfiint  Za&naui.  OBwej 

pfunt  Pfephers.  vnd  eyne  mark  pfennige. 

3.  II.  158.  ist  eine  urkundliche  Versohreibung  für  den 
Preußen  Nenozodis  über  15  Hnfen  zn  Penglitten  bei  Aileuateiu 
vom  Jahre  1350.  21).  Mai.  Derselbe  soll  zinsen:  Siugulia  amuB 
in  quolibet  festo  beati  Martini  vnmu  talentam  piperis  et  quin- 
deoim  pnllos  de  quolibet  manso  censaali. 

Im  Codex  Colmeiuia  ed.  Woelky  fol.  217.  stellt  in  Ürkonde 
von  1347.  Mai  30.  Bmder  Heinrich  von  Kraniohsfeld,  Komtlmr 
zu  Birgelaw,  yerscfareibt  die  Wiese  Brobe  in  der  Heide  im 
Gebiete  Birgelau.  Abgabe:  zu  einem  zeychen  der  herschafft 
vnd  der  lonnnge  sollen  vnserm  Hause  zu  Bierglow  geben  alle 
jar  auf  Sauf  Jacnbs  tag  zwey  funt  f'efTer,  die  sollen  ^vir  acht  ta<:^o 
davor  oder  .  .  .  danach  von  in  gütlich  entlaugen  oue  allerley 
wyderrede. 

Handelt  es  sich  non  besonders  in  den  ermUtaidischen  ür- 
künden  um  Dörfer,  Banem,  Erflge,  einen  eingeborenen  Frenzen, 
der  tief  im  Lande  wohnte,  so  könnte  man  mit  L.  Weber  auf 
die  Vermuthimg  kommen,  daß  natürlich  nur  von  einem  Produkt 
die  Rede  ist,  was  vorher  im  Lande  da  war,  wenn  nicht  nach 
obiger  durchaus  wahrscheiulicher  und  gewisser  Annahme  die 
Pfefferpi'uude,  sowie  auch  die  von  SaÜrau,  eine  jährlich  vielleicht 
nur  variirende  (Teldabgabe,  andeuten  sollen.  AVir  haben  oben 
gesehen,  das  kann  alsdann  weder  der  schwarze,  indische  PteÜer, 
Fiper,  gar  nidit  sein,  noch  auch  gleich  gewiß  nicht  der  rothe 
spanische  oder  türkische  Pfeffer,  Capskum,  dasselbe,  wie  die 
ungarische  Paprika,  weil  man  dann  doch  auch  wohl  in  Deutsch- 
land und  Polen  etwas  von  derem  etwaigen  Anbau,  falls  er 
klimatisch  möglit  h,  gewußt  und  überliefert  haben  würde.  Wftre 
zur  bekannten  Abhilfe  an  keinen  Import  auf  dem  Seewege  nach 
Ostiudicn  zu  denken,  so  bliebe  alsdann  iniclistens  noch  der  Aus- 
weg, wie  dm  Dekan  Dr.  Kolberg  vorschlagt,  übrig,  bei  dem 
Piper  d<^r  preuliischen  Urkunden  zu  denken  an  den  Pilz  Pfefier- 
ling,  polnisch  Pie])rznik  (von  pieprz,  Pfeffer),  Eierschwamm, 
Gelblingspils,  CanÜuireüm  dbarius  L.  Vielleicht  konnte,  wie  sich 


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Von  A.  TreiobeL 


98 


dann  eher  hören  ließ,  dieser  Pik  im  getrockneten  Zustimtle  zu 
ICuüm  ftUr  den  Wintor  imd  für  die  Fastenzeit  an  die  Landes- 
liemohaft  abgeliefert  worden  sein.  DaB  Pilze  ancli  als  kircblicB'e 
At^iaben  in  manchen  Gegenden  gegolten  harhen,  dafür  spricht 
nun  Beispiel  diese  Stelle  in  Marcinowski  (Die  kleine  Kaiende 
im  Bereich  des  Ostprenfi.  Provinsialrechts.  Berlin,  1864.  8.  15): 
„Bestandtlieilo  der  kleinen  Kaiende:  Sämmtliche  Getreide-Gattun- 
gen, Brod,  Mehl,  Grütze,  Eier,  Fische,  Gcköoh,  Pilze,  Gänse, 
Hühner  u.  s.  w."  An  den  anij^e führten  Orten,  besonders  auf  den 
Höben  bei  Lenzen,  in  deren  unmittelbarer  Nähe  bei  Tolkemit 
ein  Berg  den  Namen  Pfefferberg  führt,  wo  Pfeffer  wohl  kaum 
gewachsen  sein  wird,  mochten  die  Pfe0erlinge  leicht  wachsen 
und  za  sammeln  gewesen  sein! 

Aber  hat  dieser  Pilz,  wie  schon  in  dem  Namen  liegt,  wegen 
seines  Geschmackes  nicht  erst  spftter  sowohl  im  Dentsohen,  wie 
«nch  im  Polnischen,  seinen  Namen  vom  Pfeffer  selbst  erhalten? 
Und  wäre  fernerhin  alsdann  nicht  in  den  Uikunden  irgend  eine 
andere  un  l  m*  hr  auf  den  Pilz  und  da.-:!  Eigenprodukt  hinzielende 
Bezeichnung  gegeben  worden  und  zu  finden  sein?!  Somit  ist 
auch  solche  Annahme  wohl  als  abgethan  anzusehen. 

Bei  der  richtigen  Annahme  non,  da0  diese  im  Gelde 
variirende  Abgabe  von  Pfeffer  sich  nur  auf  den  schwarzen 
Pfeffer  beoEogen  habe,  mn£  ferner  einer  ebenfalls  nngiltigen 
Keinnng  Erwähnung  geschehen,  als  könnte  auch  die  Bede 
gewesen  sein  von  dem  anch  in  Fischer's  Handelsgeschichte 
oben  beregten  Stilpfeffer,  dem  Piper  Cubeba  L.  Cuboben  sind 
eine  Speeles  der  nur  eine  Gattung,  doch  darin  sämmtliche 
Gewürze  und  Arzonei-Pflanzen  enthaltenden  Familie  der  Pipor- 
aceen,  mit  gestielter  Blüthe  und  mit  gestielter  beerenartiger 
Fracht,  woher  sie  anch  den  Namen  Stilpfeffer  hat.  Cabeben 
kannten  allerdings  die  arabischen  Aerzte  und  Geographen, 
die  Sehnle  von  Salemo  (12.  n.  18.  Jahrb.),  anch  die  heil. 
Hildegard  (nach  Flllckiger's  Pharmakognosie,  12.  Auflage 
8.  876);  auch  war  es  jßrOher  ein  Mittel  bei  Syphilis  als  Adstrin- 
gm  Doch  werden  dieselben  stets  also  und  niemals  Pfeffer 


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Piper  oder  Capsicuin. 


genaimt.  Cubebeo  kommen  va  una  eurt  nach  Emtdeckuag  de« 
Seeweges  nach  Ostindien.    Letzteres  Gewtin  fuidet  wohl  in 

Ostaaion  ausgeJelmto  Verwendung  in  der  Küche,  bei  uns  jedoch 
fast  gar  uiclit,  wegen  seiner  unaugenolimen  Scliüifu.  Die  Eng- 
länder allein  führen  ihn  auoli  in  Küchenrecepten  an;  doch  ist 
das  bei  uns  niinnals  der  Fall.  So  spricht  sich  auch  Webers 
Lexikon  der  Kochkunst  aus.  Nor  in  der  Liquenrfftbrikation 
finden  Cubeben  zuweilen  Verwendung. 

Doch  kommt  Cnbeben-Confekt  (2  Pfund)  auch  vor  imier 
den  Mengen  und  Sorten  von  Krade,  welche  der  Hersog  von 
Geldern  1388  nach  PrenBen  hin  mitnimmt  (von  Heinrich, 
Apotheker),  die  aber  sammt  fleiner  Person  in  die  Hände  der 
Banbritter  gerieth.   (L.  Weber:  Preußen  S.  281). 

Im  üebrigen  sind  damit  nioht  su  yerwechaebi  die  Cibeben, 
d.  h.  große  Bosinen,  welche  in  vielen  großpolnischen  Urkun- 
den auch  wirklich  als  Leistungen  an  den  katholischeu  Parochus 
vorkommen.  (Vorgl.  Schmitt:  Gesch.  dos  Dt.-Croner  Kreises. 
S.  204.)  Aber  auch  diese  konnten  nur  aus  Hundols.städten  be- 
zogen werden  und  galten  domgemäß  für  baar  Geld,  plus  der 
Mühe,  sich  deren  zu  verschaffen.  Der  Name  für  diese  sehr 
großen  Weinbeeren  kommt  übrigens  von  dem  arabischen  Zabib 
her,  im  Gegensataw  zn  den  kleinen  Sorten,  die  als  Corinthen 
ans  Oorinth  herstanmien.  Ihren  Gebrauch  aus  unserer  Provins 
schildert  übrigens  Schmitt  in  Prov*  W.-P.  S.  81  also:  „Der 
intermittirenden  polnischen  Tyrannei  gegenüber,  welche  bald 
pochte,  bald  schmeichelte,  bald  schlug,  bald  wieder  besänf- 
tigte, befand  sich  der  allen  B&nken  firanstehende  Dentsdie 
'  völlig  ohne  Waflen;  sie  verblüflft©  nnd  verdummte  ihn.  Geschah 
ihm  durch  den  Parochus  Unrecht  in  seiner  Kirche,  oder  zw^ang 
ihn  der  Starost  trotz  des  verbriet'teu  liechtes  zu  Hand-  und 
Spanndiensten,  so  gerieth  er  vielleicht  in  Zorn  nnd  drohte  mit 
Auswanderung.  Kam  dann  aber  eine  freundliche  Andeutung  in 
verbindlichster  Form,  daß  man  den  Tempel  gegen  einige  Hüte 
Zucker  oder  Pfunde  Cibeben  wieder  öfihen  werde  oder  daß  man 
auf  die  Leistung  der  Dienste  gegen  ein  unpii^ndiaierliches  Geld- 


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Von  A.  TmclieL 


95 


gescbenk  verzichte,  so  war  man  wieder  versöhnt.  Dieser  Prozeß 
wiedeiiiolte  sioh  aber  und  auf's  Neue  ging  man  in  die  Falle/' 
Enrziim,  es  muß  die  Auslegung  des  urkundlichen  Piper  als 
ostindiscber  P£e£for  ieetstebtend  varbleiben.  Und  da  aololier  eine 
Haupt^Zngiibe  des  Tborner  Pfefferkachens  ist,  so  mag  zum 
Schlüsse  ein  Paasos  aua  deren  Geaohichte  hier  Plats  greifen, 
der  Bügleiöh  sexg^  daB  schon  vor  1557  Pfeffer  anoh  ans  Thom 
zu  haben  war. 

Die  Tlioriier  PfeÖerküchler  hatten  bereits  im  Jahre  1557 
ein  landesherrliclies  Privilegium.  Dieses  berechtigte  sie,  mit 
ihrer  Waare  den  Königsberger  Jahrmarkt  zu  besuchen.  Darob 
ergrimmten  indeß  die  Königabeiger  Ku(>hen})äcker  und  zwar  aus 
reinem  Patriotiamns!  Nnn  begann  ein  Kampf  anf  Leben  und 
Tod,  200  Jalire  hindtucb  bis  zom  Jahre  1757.  Die  rüstigen 
Eimpfer  kämpften  mit  abwechselndem  Glück.  Zn  Zeiten  siegten 
die  KOnigsberger  nnd  beschrftnkten  ihre  Gegner  nur  anf  den  Jahr- 
marktsverkanf,  so  daß  die  Armen  aneh  nicht  einen  Pfefibrkndien 
zurücklassen  und  später  verkaufen  durlten:  er  wurde  sonst  weg- 
genommen und  dem  Stadthospitale  geschenkt.  Dann  aber  wandte 
sich  das  Blatt.  Don  Thonier  Künstlern  wurde  auch  der  Besuch 
des  Weihnachtsmarktes  bewilligt:  und  als  die  blutige  Fehde 
immer  nicht  enden  wollte,  kam  die  höchste  Behörde  auf  den 
weisen  Gedanken,  alles  zu  prüfen  nnd  das  Beste  zu  behalten. 
Die  streitenden  Parteien  mußten  nAmlieh  dem  Ministerium  Probe- 
backweik  einreichen.  Da  schmeckte  denn,  was  Torauszusehen 
w,  der  niedergesetzten  Pfefferknchenkommission  der  Thomer 
Pfefferkuchen  besser  als  der  Kdnigsberger,  und  so  blieben  im 
Jahre  1757  die  Thomer  Sieger.  Zwar  versuchten  die  aus  dem 
Fulde  geschlagenen  Königsberger  Bäcker  aufs  neue  ihre  Kriegs- 
Ust,  ihre  Pfefferkuchen  auch  Thomer  zu  nennen;  allein  die 
Täuschung  fiel  schwer,  und  das  Thomer  Stadtwappen  aui'zuhängon, 
mußten  sie  wohl  bleiben  lassen.  Im  Jahre  1857  feierte  der 
Thomer  Pfsfferkuchen  sein  dreihundertjfthriges  Jubilftum. 

Pfefferstadt  oder  in  alten  Handschriften  Pfefferstraße 
iit  der  Name  tBar  einen  Stadttheil  in  Danzig  und  sehr  wahr- 


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96 


Piper  oder  CApeieam* 


scheinlich  doch  von  der  Niederluhe  osLiiülidcher  CTOwurzo  her- 
genommen, unter  denen  der  Pfefi'er  obenan  zu  stellen  pflegte. 
Froilich  nimmt  LOsohin»  Gesch.  Danzig's.  2.  Auä.  S.  44  in 
gegentheiliger  Meinung  an,  daß  der  Name  herzoleiten  sei  von 
den  Pfeifern  oder  Musikanten,  welche  hier  gewohnt  haben 
aollen. 

Pfefferstuhe  iat  dagegen  der  frflhera  Name  fllr  ein 
Zimmer  im  dritten  Stock  aaf  der  Nordeeite  des  Schloeees  m 

Königsberg  „zur  Auf  bewaLraug  ansehnlicher  Verbrecher".  VergL 
Hennig,  Preuß.  Wörterbuch  S.  183.  So  sagt  auch  Bock, 
Nat.-Gesch.  I.  61:  „Die  Pfefferstnbo  ein  Oef-ingniß  für  Con- 
ditionirte  Personen/  Nach  Stein:  Peregrinns  XVI.  8.  ist 
Pfeffers  aek  veräcLtliclie  Benennung  eines  Adligen;  in  gleichem 
Sinne  anch  Piefierstoßer. 


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Zar  Benrtheilung  you  Kantus  Kritik  der  reinen 

Teruunit  und  Xaut's  Prolegomena« 

Von 


Anhang:  zn  der  Abhandlnngr: 

Die  m  Msim  uul  die  AblassiUiiszeit  der  M 

der  mm  YerMfl. 

Kauf«  Voriesungea  ütier  Anthropoloflie. 

Die  ftnBere  Entstehnngegoschichte  der  Erit,  d.  r.  V.  — 
eine  innere,  sofern  damnter eine Dvrsielluug  der  eie  schafFenden 
Benkacte  in  dem  Geiste  ihres  ürhebers  verstanden  wird,  giebt 

es  nicht  —  also:  die  äußere  Eiit!^tehimgsgeschichte  der  Krit. 
d.  r.  V.  würde  erst  dann  m()<i;lifhst  vollständig  zu  übersehen 
sein,  wenn  man  nickt  nur  wüßte,  was  Kant  vom  J.  1770  an 
Jahr  für  Jahr  zur  Vollendung  des  Werkes  vollbrachte  —  die 
vorangehende  Abhandlung  hat  dargethan,  daß  Sicheres  wenig 
<iaT<m  gewuSt  wird  — ,  sondern  wenn  man  anch  wüfite,  womit 
er  sich  in  jenen  Jahren  nebenher  literarisch  beschAftigte. 

Unter  der  No.  1  dieses  Anhanges  habe  ich  Kantus  Vertrant- 
heit  mit  Lessing's  theologischen  Schriften  nachgewiesen,  als  sicher 
ftr  die  1790igerj  als  wahracheinlich  auch  für  die  1780iger,  als 
vermutLlicL  schon  für  die  1770  iger  Jahre  (Ende  derselben). 
Wenigstens  liegt,  wie  ich  dort  zeigte,  kein  Grund  zu  der  An- 
nahme vor,  daß  die  energische  Arbeit  zu  und  an  der  Krit.  d.  r.  V. 
ihn  hinderte,  jene  SchriÄen  gleich  nach  deren  Publication  zu 
lesen.  Zweifellos  ist  dagegen,  daß  er  bei  aller  Ausdehnung  und 
Vertiefung  seiner  Gedankenarbeiten  for  die  Krit.  d.  r.  V.  gleich- 
seitig Trieb  nnd  Mn£e  hatte,  Anthropologie  nach  eigener  Kethode 
sa  behandeln  nnd  in  einem  CoUegimn  privatum  planmftBig  „zu 

Allpr.  MoiiAtaMlirill  Bd.  XXVZI,  H«ft  1  n.  a  7 

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98  Beurtheüung  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vemonft  etc. 


einer  ordeutlichen  akademischen  Discipliu  zu  machen".  Da.bei 
kommt  das  Aiisftlhrungsjahr  wie  Zwenk  und  Plan  seines  Vor- 
habens in  Frage,  und  die  richtige  Antwort  darauf  liefert  zugleich 
das  ungefähre  Datum  des  undatiiien  Briefes,  in  dem  er  jenes 
Vorhabens  £rwälinmig  thut. 

In  dem  tmdatirton  Briefe  an  Hers  nämlioh,  wo  dies  ge- 
schieht, sagfc  er:  „Ich  lese  in  diesem  Winter  zmn  «weiten  Hai 
ein  CoU^om  privatum  der  Anthropologie,^  und  schließt  seine 
Angaben  Über  Zweck  und  Plan  des  CoUegs  mit  der  Bemerkung 
ab,  dafi  seine  Anthropologie  „nebst  der  physischen  Geographie" 
„die  KenntiiiU  flor  AVeit  heiüen  kann  (vgl.  Altpr.  Mouatsschr. 
Bd.  XXVI,  S.  86.  88.  u.  89). 

Um  jenen  Brief  richtig  zu  datiren  und  das  Jahr  zu  be- 
stimmen, in  welchem  Kant  seine  Anthropologie  als  ständiges 
Colleg  in  den  Kreis  seiner  Vorlesungen  aufnahm,  ist  festsustellen, 
wann  er  aum  zweiten  Male  Anthropologie  las,  und  um  seine 
Angaben  über  Zwepk  und  Plan  seines  anthropologisohen  CoUegs 
in  jenem  Briefe  richtig  zu  deuten,  ist  das  YerhAltniß  seines  an- 
thropologischen CoUegs  zu  seinem  physisch- geographischen  zu 
erwägen.  Indem  ich  das  erstere  hier,  das  letztere  unter  derNo.  3 
diest.'i  Aiiliange-s  au.sfühi'e,  rechtfertige  ich  meine  Datirung  jenes 
Briefes  auf  S.  86  und  99  und  meine  Auslegung  jener  Angaben 
auf  S.  06  der  vorangehenden  Abhandlung.  Dabei  werde  ich 
theils  falsche,  theils  grundlose  Behauptungen  B.  £rdmaim's 
abweisen. 

In  den  Abhandlungen,  mit  denen  er  die  von  ihm  verOffeixt- 
Hbhten:  „Eteflezionen  Kants  zur  kritischen  Philosophie''  einleitet^ 
macht  B.  Erdmann  über  die  von  Kant  in  yerschiedenen  Semestem 
gehaltenen  Vorlesungen,  unter  Tadel  und  Anzüglichkeiten  gegen 
andere  Schriftsteller,  zumal  gegen  Kuno  Fischer,  Angaben  mit 
der  Präteusion.  daß  sie  verläßlich  seien,  da  er  sie  aus  den  Acten 
der  Königsberger  Ümver5?ität  qt  /ug^n  habe.  Aber  diejenigen 
seiner  Angaben,  die  ich  prüfte,  weil  sie  mir  auftl&llig  waren,  sind 
falsch,  oder  ungenau,  und  von  diesen  werde  ich  zunächst  die 
folgende  —  nur  im  Vorübergehen  —  beiiohtigen. 


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Von  Smil  AraoHt 


99 


Gleich  auf  S.  3  seiner  AbhandL  „Zur  Geschichte  des  Textes^ 
(Beflex.  Kants  zur  krit  Philos.  L  Bd.  Beflez.  cur  Anthropologie 
Leips.  1882)  hei0fe  es:  „Natnrreoht"  las  Kant  znerst  im 
Winter  1766/'  Aber  aus  den  Faonltäts^  und  Senataacten  ergiebt 
sich:  1.  Natarrecht  las  Kant  nicht  „snerst  im  Winter 
1766**;  er  hatte  es  für  das  Wintersemester  1760/67  angekündigt, 
aber  er  las  es  damals  nicht.  2.  Naturrecht  las  Kant  zuerst 
S  I  in  III  or.semeator  1767,  aber  er  bebandelte  dabni  das  all- 
gemeine ütfentliche  R-echt  und  das  Volkorrecht  entweder  gar 
nicht,  oder  nach  seinem.  Ermöäsen  nicht  gründlich  j]:enug. 
8.  Er  kündigt  iür  das  "Wintersemester  1767/68  wieder  Natur- 
recht an,  nnd  dazu  ein  Nebencolleg,  in  welchem  er  das  Natur- 
recht nur  mit  Bezog  anf  das  allgemeine  öffentliche  Eecht  und 
das  Volkerrecht  tractiren  wollte;  aber  weder  jenes  Haoptcolleg, 
noch  dieses  Nebencolleg  kam  damals  am  Stande. 

Ans  den  Senats-  nnd  den  Facultfttsacten  eigiebt  sich  weiter: 
Kant  war  bereit^  im  Wintersemester  1768/69  wieder  Natnrreoht 
sa  lesen,  wenn  seine  ZuhOrer  es  wünschen  würden  (Acta  des 
acad.  Sen.  Vol.  HI,  Fol.  805);  er  kündigte  aber  statt  dessen 
dem  Decan  der  philos.  Facult.  allgem.  pract.  Philos.  und  Ethik 
an.  —  Zum  zweiten  Male  las  er  Naturrecht  im  Sommer- 
semester  1769.  —  Er  kündigte  es  für  das  Soniinei'semester  1771 
wieder  an,  las  aber  statt  dessen  allgem.  prakt.  Thilos.  —  Zum 
dritten  Male  las  er  Naturrecht  im  Wintersemester  1772/73 
(Acta  des  acad.  Sen.  YoL  III,  Fol.  836  u.  837),  und  dann  nach- 
dem es  für  das  Sommersemester  1774  im  Lectlonsoatalog  ange* 
kündigt  und  vielleicht  auch  wirklich  gehalten  worden  —  die 
Tabellen  über  die  im  Sommersemester  1774  und  im  Winter- 
semester 177^6  gehaltenen  Vorlesungen  habe  ich  in  den  Senats- 
aoten  nicht  auffinden  können  —  nachweisbar  weiter  in  dem 
Sommersemester  1775,  dann  nachdem  es  fibr  das  Sommersemester 
1776  angezeigt,  aber  „ob  defeotum  Auditorum"  nicht  gelesen 
worden,  in  den  Sommersemestem  1777,  1778,  —  in  dem  Sommer- 
semester 1779  wurde  es  angekündigt,  aber  wahrscheinlich  nicht 
gelesen,  weil  es  auf  der  Tabelle  in  den  Senataacten  neben  den 

7* 


100      Zur  Beortlkailasig  toii  Kaat^fl  Kritik  der  naneii  Vemonft  «te. 

gehaltenen  Yorlesnngen  flbergangen  ist,  jedoch  ohne  Angabe 
irgend  eines  Grundes  — ,  endlich  in  den  Sommenemestoni  1780, 
1782,  1784,  1786,  ssum  letzten  Male  1788. 

Erheblicher  ist  die  falsche  Bestimmnng  des  ersten  Semesters 
▼on  Kant's  anthropologisofaem  CoUeg.  In  seiner  Anseinuider* 
setznng:  „ZnrEntwiokelnngsgeschichte  von  Kants  Anthropologie" 
giebt  darüber  B.  Erdmann  aof  S.  48  folgende  Bestimmnng; 

„Seit  dem  "Wintersemester  1773/74  sehen  wir  beide  G^eb^ete" 
—  die  j)hysiche  Geographie  und  die  Anthropologie  —  ,,in  zwei 
„selbständige  Collegifn  abgetrennt,  in  eine  SotnuK^rvoiiesuag 
,,über  phjsidclie  (iooi^raphie  nnd  in  oiiie  Wintervorlesung,  die 
„zuerst  als  Anthropologie  bezeichnet,  in  jenem  Wintersemester 
„abgehalten  wurde."  Dazu  macht  er  die  Anmerkung:  „So  nach 
„den  Angaben  des  Facultätsalbnms.  Dazn  stimmt  W.  Vlil.  696, 
„Der  Brief  stammt  vom  Endo  1774  (so  auch  Schubert,  N.  Preuss, 
„PiovbL  n.  F.  XU.  &3),  nicht  1773  (Hartenstein).  Angekfln- 
„digt  waren:  Logik»  Natnrrecht,  physische  Geographie,  ein 
„Examinatorinm  etDispatatorinm;  Eantlas:  Metaphysik,  Anthro- 
„pologie  (praeeunte  Baumgarten),  Ethik,  das  Disputatorimn. 
„Vgl.  auch  W.  IL  447,  Anm.;  Kants  Angabe  W.  YIII.  791  ist 
„demnach  ungenau." 

Die  angebliche  Abtrennung  der  Anthropologie  von  der 
physischen  Geogra])hie — welche  niemals  Stattfand,  weil  niemals, 
so  viel  man  davon  w  issun  kann,  die  Verbindung  beider  Disci- 
plinen  in  Einem  Colleg  Statt  gehabt  hatte  -  -  werde  ich  unter 
No.  3  dieses  Anhangos  berücksichtigen.  Im  Uebrigen  enthält 
die  angeführte  Stelle  nicht  weniger,  als  vier  falsche  Angaben. 

Falsch  ist  die  Angabe,  daß  Kant  die  Vorlesung  über  An- 
thropologie, „als  Anthropologie  beseichnet",  jsaerst  in  dem  Winter- 
semester 1773/74  abgehalten  habe.  Er  las  Anthropologie,  und  zwar 
unter  dieser  Beseichnung,  zuerst  im  Wintersemester  177^3. 
Freilich  ist  in  dem  Leotionseatalog  Anthropologie  snerst  fflr 
das  Wintersemester  1778/74  angeseigt.  Aber  Eant  hatte  sie 
tmter  dieser  Bezeichnung  bereits  im  Wintersemester  1772/73 
gelosen.    Er  hatte  nämlich  für  das  Wintersemester  1772/73  im 


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Von  £inil  Anioldt. 


101 


Lectionscatalog  angezeigt  ■  Metaphysik  nach  Eanmgarten  publice 
h.  Vn — Vni;  Theoretische  Physik  nach  Erxleben  privatim 
k.  IX — X  dd.  L.  M.  J.  V.;  Naturrecht  nach  Achenvall  pri- 
vatim h.  Vni— IX  dd.  L.  H.  .T.  Y.;  Examinatorium  et  Dig- 
putatorinm  dd.  M.  et  S.  publice.  Aber  das  CoUeg  über  theo- 
retisdie  Physik  war  Bioht  m  Stande  gekommen,  und  er  hatte 
statt  desselben  Anthropologie,  und  zwar  unter  dieser  Be- 
seichnnng,  gelesen.  Dies  ergiebt  «ich  ans  folgender  Eintragung 
in  den  Senatsaoten,  VoL  17,  Fol.  836  nnd  837:  „Tabelle  yon 
denen  im  Wintersemester  1772/73  von  der  hiesigen  Philos. 
Facult.  gehaltenen  Vorlesungen  aufgenommen  in  dem  d.  26.  Febr. 
wegen  derer  Vorlesungen  angestellten  ConseU  der  Facullut. 

Metaphy.sica  ])ublice  von  Prof.  Kaut  ist  von  7 — 8  gelesen 
worden  und  wird  absolviret  werden. 

Physlca  theoretica  privatim  von  Prof.  Kaut  ist  ob  de- 
fectiun  auditorum  nicht  zu  Stande  gekommen;  es  ist  aber  statt 
dessen  die  Anthropologie  von  0 — 10  gelesen  worden. 

Jus  natnrae  privatim  von  Prof.  Kant  ist  yon  8 — 9  gelesen 
worden,  nnd  wird  absolviret  werden. 

Examinatorinm  et  Dispntatorinm  publice  von  Prof. 
Kant  ist  von  7 — 8  Mittwochs  und  Sonnabends  gehalten  worden. 

Daher  ist  die  Notiz  falsch,  mit  welcher  B.  Erdmann  in  der 
Anmerkung  beginnt:  „So**  —  d.  h.,  daB  Kant's  GoUeg  über 
Anthropologie  zuerst  im  "Wintersemester  1773/74  abgehalten 
sei  —  ,,nach  Angab<^n  des  FacuItätsaJbums'' ! 

Des  FacultÄtsalbuniH?  Was  soll  hier  daü  Facultatsalbum? 
Es  ist  das  Verzt^ichniß  der  bei  einer  Facultät  inseribirtcn  Sludent'.^n 
welches  unter  anderem  aucli  die  von  den  Privati:](icentt^n  —  aber 
nicht  von  den  Professoren  —  augekündigten  Vorlesougon  auf- 
führte. Jene  Notiz  ist  dahin  zu  berichtigen:  So  nach  dem 
Lectionscatalog,  in  dem  das  Colleg  über  Anthropologie  von 
Kant  zuerst  fAr  das  Wintersemester  1773/74  angekündigt  wurde, 
aber  nicht  so  nach  den  Stfnatsacten,  aus  denen  hervorgeht, 
dafi  Kant  das  Golleg  über  Anthropologie  bereits  im  Winter- 
semester 1772/78  gelesen  hatte. 


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102     Zar  Beiirtli«iliing  vom  Kant*»  Kritik  der  reiam  Yenumft  «te. 

Hier  ging  B.  Erdmann  fehl,  weil  er  vergessen  hatte,  was 
er  mehrere  Seiten  vorhin  geschrieben.  In  seinem  Bericht:  „Zur 
Geschichte  des  Textes",  wo  er  über  das  Manascript  Aufschloß 
giebt,  dem  er  die  „Beflexionen  Kants  tm  Anthropologie"  ent- 
nahm, hatte  er  anf  S.  2  (Heflez.  Kants  znr  kritisch.  Pbilos.  I) 
aelbat  angemerkt:  „Schon  1772/73  zeigt  Kant  theoretische  Physik 
„nach  diesem  Handbach  an'*  [den  „„An&ngsgrflnden  der  Nstnr- 
lehre"'*  von  Erzleben];  „aber  die  Yorlesang  ist  „„ob  defectnm 
„auditoram*"|  nicht  zn  Stande  gekommen.**  B.  Erdmann  wnßte 
also  auf  S.  2  seines  Buches,  daß  die  fOr  das  "Wintersemester 
1772/73  von  Kuni  angekumligto  Vorlesung  ubor  thforeti-scht? 
Physik  wirklich  niclit  war  gelesen  worden.  Hätt^  er  inm  auf 
Seite  48  oben  jenes  Buches,  wo  er  behauptet,  daß  Kant  Anthro- 
pologie, als  Antliropologie  bezeichnet,  zuerst  im  Winterseraester 
1773/74  vorgetragen  habe,  sich  noch  darauf  besouneni  da£  im 
Wintersemester  1772/73  eine  angekündigte  Vorlesung  nicht 
gelesen  worden,  so  würde  er  gefragt  haben,  ob  Kant  damals 
statt  der  ansgefallenen  Vorlesung  nicht  etwa  eine  andere  las, 
nnd  ohne  schwere  Mühe  erkundet  haben,  daß  er  in  der  That 
statt  der  ao^fallenen  Vorlesung  seine  erste  Vorlesung  Uber 
Anthropologie  hielt. 

Falsch  ist  die  dann  folgende  Angabe,  und  penrers  im  Ans- 
drnok:  „Daeu**  —  d.  h.  daisn,  da6  Kant  Anthropologie  zuerst  im 
Wintersemester  1773/74  las  —  „stimmt  W.  VIII,  696"  —  d.  h. 
Kant'ö  Aeußerung  in  seinem  undatirten  Briefe  an  Herz:  „Ich 
lese  in  diesem  Winter  zum  zweiten  Mal  ein  CoUegium  privatum 
der  Anthropoh^gie"  (W.  Hart.  TOL  696)—.  „Der  Brief  stammt", 
fälirt  B.  Erdmann  fort,  „vom  Ende  1774  (so  auch  Schubert, 
N.  Preuß.  Provbl.  IL  F.  211.  58),  nicht  1773  (Hartenstein)." 

Diese  Angabe  ist  pervers  im  Ausdruck.  Denn  sie  lautet 
so,  als  ob  von  der  Bestimmung  des  Datums  jenes  undatirten 
Kantischen  Briefes  an  Hen  die  Bestimmung  des  Semesters  für 
Kaat's  zweitmaliges  Lesen  der  Anthropologie  abhinge,  wfthrend 
umgekehrt  von  der  Bestimmung  des  Semesters  fOrEant'ssweit- 
maliges  Lesen  der  Anthropologie  die  Bestimmung  des  Datums 


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Vou  iumil  Arnoldt.  X03 

jene«  undtttörtoD  Kantisolien  Briefts  an  Hen  ftbliAngfe.  Doch 
diee  ntir  beüftnfig! 

Hier  kommt  es  darauf  an:  Die  Datirung  jenes  undatirten 
Briefes  Kanfc's  an  Horz  ist  falsch  bei  B.  Erdmami  wie  htn 
Schubert.  Schubert  datirt  ihn:  „Decbr.  1774  "  (Der  N.  Preuß. 
Provbl.  andere  Folge.  Bd.  XII.  1357  S.  53.),  B.  Erdmann: 
„Ende  1774."  Der  Brief  aber  ist  zu  datiren:  spätestens  An- 
fiuig  1774,  wahrscheinlich  Ende  1773.  Denn  Kant  las,  wie  ich 
daigelegt  habe,  Anthropologie  mm  ersten  Male  im  Winter^ 
eemester  1772/73,  ohne  sie  für  dieses  Semester  im  Lection»- 
eaialog  angekündigt  sa  haben,  nnd  kündigte  sie  znm  entten 
Male  im  Lecfcionscatalog  an  ftlr  das  Winteisemester  1773/74.  Er 
las  sie  in  diesem  Semester  wirklioh,  -wie  die  Senatsaoten  ans- 
weisen,  —  mithin  damals  snm  zweiten  Male.  Also  kann  seine 
AenBerong  in  seinem  nndatirten  Brief  an  Herz:  ^Joh  lese  in 
diesem  Winter  zum  zweiten  Mal  ein  Collegium  privatum  der 
Anthropologie''  nur  auf  den  Winter  1773/74  bezogen  werden, 
und  jener  undatirte  Brief  muß  entweder  in  oiuem  der  letzten 
Monate  des  J.  1773,  oder  in  einem  der  ersten  Monate  des 
J.  1774  geschrieben  sein. 

Falsch  ist  drittens  die  Angabe  B.  Erdmann's:  „Angekündigt 
fjWaren:  Logik,  Naturrecht,  ])hysische  Geographie,  ein  Examina- 
»itoflinm  et  Disputatorium;  Kant  las:  Metaphysik,  Anthropologie 
,,(pnieennte  Banmgarten)^  Ethik,  das  Dispntatoriom." 

Von  welohem  Semester  redet  hier  B.  Erdmann?  Doch  von 
dem  Wintersemester  1778/74|  in  welchem,  wie  er  irrthümlioh 
meint,  Kant  zuerst  Anthropologie  gelesen  habe.  Aber  die  CoUegia, 
clie  B.  Erdmann  von  Kant  für  das  Wintersemester  1773/74  „an- 
gekündigt" nennt:  Logik,  Naturrecht,  physische  Geographie,  sind 
von  ihm  für  dieses  Semester  gar  niuht  angekündigt  worJeu, 
soudora  für  das  Sommersemester  1774  angekiiridi^  sowohl,  als 
darin  — •  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  —  gelesen,  und  die 
Collegia,  von  denen  B.  Erdmann  sagt:  ,, Kant  las?"  sie  im  Winter- 
semester 1773/74)  —  nämlich :  „Metaphysik,  Anthropologie,  Ethik", 
sind  yon  ihm  im  Wintersemester  1773/74  nicht  blos  gelesen, 


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104      Zur  Beult lieilung  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Yernonft  eto. 


sondern  für  dioBos  SemMteir  anoh  angekOndigt  worden.  Denn  in 

dem  Lectionscatalog  fftr  das  Semestre  Hibemmn  1773/74  sieht 

gedmckt:  Metaphysicam  ad  Baumgurteuium  h.  VII — VJLJJL  publice 
tradet  Prol.  Log.  et  Met.  Ord.  Kant. 

Anthropologiam  praeennte  Baumgartenio  h.  IX — X  priiraiiin 
tradet  P.  Kant. 

Phüosophiam  practicam  uniTersalem  et  Ethicam  ad  Baun- 
garteninm  privatim  h.  VlU— IX  dooebit  P.  Elant. 

Digpntatorium  et  Examinatorium  h.  VII — VIII  d,  Merc.  et 
Sat.  publice  habobit  P.  Kant. 

Und  in  (\on  Acta  d<^s  aoadem.  Senats  Catalogum  Lectionum 
betref.  findet  sich  Vol.  IV,  Fol.  931  n.  932  in  dem  „Verzeichnili 
der  Bey  d.  Philo».  Fac.  per  Semestre  hybernum  1773  74  ge- 
haltenen Vorlesungen  aufgenommen  an  dem  d.  2  Mart.  1774 
wegen  der  Vorlesungen  gehaltenen  Oonses  der  Facultftt"  folgende 
£intaigung: 

Hethaphysioa  ad  Banmgarten  h.  VII— VIII  publ.  Prof.  Kant 
ist  gelesen. 

Anthropologia  praeeunte  Baumgarten  Ii.  IX — X  Prof.  Kant 
ist  gelesen. 

Philosoph,  pract.  univers.  et  Ethica  ad  Baumgarten  [aLso 
niöht»  wie  B.  Erdmann  kurzweg  angiebt,  blos  Ethik]  priv.  h.  Viü 
bis  XX  Prof.  Eant  ist  gelesen. 

Disputatorium  et  Examinatorium  h.  YH — YIII  Prof.  K. 

ist  gehalten. 

Also  sind  von  Kant  Metaphysik,  Anthropologie,  Allgemeine 
praktische  Philosophie  und  Ethik,  ^in  Disputatorium  und  Exami- 
natorium für  das  Wintersemester  1773/74  angekündigt  und  darin 
gelesen,  aber  nicht,  wie  B.  Erdmann  meint,  gelesen,  jedoch  für 
dieses  Semester  nicht  angekündigt  worden. 

Dagegen  sind  die  CoUogia,  welche  B.  Erdmann  von  K&ni 

für  das  Wintersemester  1773/74  angekündigt  nennt:  Logik, 
Naturrecht,  physisclie  Geogra])hio,  ein  Examinatorium  et  Disputa- 
torium gar  nicht  für  das  Winterttemester  1773/74  aogekundi^ 


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Von  Emil  Arnoldt. 


106 


sondern  für  das  Sommersemester  1774.  Denn  in  dem  Lections- 
catalo^  für  das  Semestre  Aestiviim  1774  steht  gedruckt: 

Logicam  secundum  Meierum  publice  h.  VH^VIU  docebit 
Prof.  Log.  et  Ketaphys.  Ord.  Kaut. 

Geographiaza  pbjaoam  privatim  h.  IX— X  docebit  P.  K, 
Jos  naturae  privatim  Ii.  Vlil — ^IX  privatim  dooebit  P.  K. 
Eraminatorio-Bepetitorimii  poblioe  habebit  P.  K 
Ob  diese  drei  GoUegia  und  das  Bepetitorium  damals  wirUich 
gehalten  worden,  kann  ich  nicht  feststellen,  da  die  Tabelle  Uber 
die  im  Sominersemester  1774  geljalff  nen  Vorlesungen,  wie  die 
für  das  Wintersemester  1774/76  lu  den  Seuatsacten.  von  mir 
nicht  autgetunden  sind. 

Viertens  ist  falsch  die  Angabe  am  Schlüsse  der  oben  citirten 
Anmerkung:  „Vgl.  auch  W.II.  447  Anm.;  Kants  Angabe  W.  VIII 
7dl  igt  demnach  ungenau."  —  Was  soll  der  Hinweis  auf  W.  II. 
W  Anm.?  d.  h.  auf  Xant's  Erklftnmg  in  seiner  zur  Ankündi- 
gung der  physischen  Geographie  im  Sommerhalbjahre  1776  ver- 
öffentlichten Abhandlung  „Von  den  verschiedenen  Baoen  der 
Menschen" :  daß  er  die  Vorübung  in  der  Weltkenntniß  zum  Zweck 
eiües  pragmatischon  Gebrauchs  aller  sonst  erv\'orbonen  Wissen- 
schaften und  Geschicklichkeiten  als  kosmologische  I^etrachtuug 
dfT  Xatur  physische  Geographie,  als  kosmologiscli»3  Betrachtung 
des  Menschen  Anthropologie  nenne,  und  daß  er  die  pliysisohe 
Geographie  zur  Sommervorlesung  bestimmt  habe,  die  Antliro- 
pdcgie  £ür  den  Winter  aufbehalte?  Was  soll,  firage  ich,  dieser 
Hinweis?  doch  nicht  B.  Erdmann's  Ansicht  bestätigen  über  die 
Abtrennung  der  Anthropologie  von  der  physischen  Geographie, 
mit  der  Eant  sie  frfiherhin  amalgamirt  habe?  Allein  dies  mag 
Wer  dahingestellt  bleiben,  weil  es  zunächst  gleichgiltig  ist.  Ich 
habe  hier  nur  zu  erwähnen:  Falsch  ist  die  Angabe:  Kants  An- 
gabe W.  VIII  791  ist  ungenau,"  —  d.  h.  Kant's  Angabe 
in  seinem  Briefe  an  Stäudlin  v.  4.  Mai  1793:  „über  Anthro- 
pologie habe  ich  nchon  seit  mehr  als  20  Jahren  jährlich  ein 
CoUegium  gelesen."  B.  Erdmann  bekrittelt  hier  das  „mehr"  in 
Ksnt's  Angabe.  £r  meint,  dafi  Kant  am  4.  Kai  1793  blos  seit 


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lOS      Zur  BeurtheiluDg  von  Kaut*8  Kritik  der  reinen  Vemonlt  etc 


20  Jahren,  nicht  seit  m^lir  als  20  Jahren  jährlich  ein  Oollegiuin 
über  Anthropologie  gel<  äieii  liatte.  Ja  vr  es  zum  ersten  Mal©  im 
Wintersemeater  1773/74  abgehalten.  Da  Kant  aber  in  Wahrheit 
zum  ersten  ^lale  im  Wiateraemester  1772/73  ein  Collog  über 
Anthropologie  abhielt  und  es  seitdem  Wintersemester  füc  Winter- 
semester wiederKoltei  so  hatte  er  es  im  Mai  1798,  wie  er  genaa 
richtig  angab,  „seit  mehr  als  20  Jahren/*  nAmlioh  seit  21  Jahren, 
oder  21  Haie  gelesen.  Die«  wird  anschaulich,  indem  ich  ein 
vollständiges  YerseiohniB  von  Eant*s  Vorlesungen  über  Anthro- 
pologie entwerfe: 

1.  1772/78  anstatt  der  theoretischen  Physik  priv.  h.  IX— X 

dd.  L.  M.  J.  Y.  (nach  den  Senatsacten). 

2.  1773/74  nach  Baumgarten  h.  IX — X  priv.  (augek.  im  Lect- 

Cat.  und  gelesen  nach  den  Sen.-Act.). 

8.  1774/75  priv.  (im  Lect.-Gat.  ohne  Angabe  der  Stande,  in 
den  Sen.-Act.  nicht  bezeugt  als  gelesen,  aber  als  gelee^ 
anzunehmen). 

4.  1775/76  über  Baunigarten  Psycholog.  Empirie,  priv.  (ohne 
Angabe  der  Stunde;  vom  18.  October  —  30.  März; 
28  Zuhörer;  nach  dem  Lect.-Cat.  u.  Sen.-Act.). 

B.  1776/77  über  Baumg.  Psyohol.  Emp,  priv.  h.  Vm— X  dd. 
M.  et  S.  („mit  weitläuftagem  disouzs.  vom  19.  October  — 
19.  Herta  88  Zuh."  nach  dem  Lect.-Cat.  n.  Kant's  eigen« 
hftndigem  Vermerk  in  den  Sen.-Aet.). 

6.  1777/78  pnv.  dd.  M.  et  S.  h.  VIII— X  in  Baumgartnii 

Psychologiam  empiricam  (vom  16.  October  —  3.  April, 
41  Zuh*  nach  dem  Lect.-Cat.  n.  Sen.-Act.). 

7.  1778/79  dd.  H.  et  S.  h.  VIII— X  priv.  über  Baumgarteneii 

Psychol.  empir.  (vom  14.  October  —  20.  Hart,  29  ZoL 

nach  dem  Lect.-Cat.  u.  Sen.-Act.). 

a  1779/80  priv.  h.  VIII— X  dd.  M.  et  S.  in  Baumgartenü 
Psychol.  empir.  (vom  18.  October  —  8.  Hart.,  66  Zoh. 
nach  dem  Leot.-Gat.  u.  Sen.-Act.). 


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Von  EmQ  Arnoldt. 


107 


9l  1780/81  in  Baamgartenii  PsjohoL  empir.  priv.  M.  et  S.  h. 
Vni— X  (vom  11.  October  —  dl.  Merl»,  38  Zab.  nach 
dem  Leet-CAt.  n.  S«ii.-Aci.). 

10.  1781/82  secundum  BauDigartenii  Psychol.  empir.  priv.  dd. 

Merc.  et  Sat.  h.  VIIT — X  (nach  dem  Lect.-Gat.;  in  den 
Sen.-Aot.  Aniang  und  Schiaß  und  Zahl  der  Auditoren 
nicht  angegeben,  aber  yermerkt:  f,wird  vorgetragen  und 
abeolviret.") 

11.  1782/83  dd.  M.  et  Sat.  h.  Vm— IX  [so  im  Lect.-Cat.;  aber 

gewiß  Druckfehler  für  X]  priv.  übt^r  BaumgaiLomi  Psy- 
chol. ompiric.  (vom  16.  October  —  2.  April,  Ö5  Zuh. 
nach  Lect-Cat.  o.  Sen.-Act.). 

12.  1783/84  h.  Vm.  dd.      et  "5        Lect-Cat.  keine  weitere 

Angabe,  und  in  den  S6n.-Act«  die  Tabelle  Uber  die  in 
diesem  Semester  gehaltenen  Vorlesungen  von  mir  nicht 

aufgefunden;  aber  es  ist  wohl  kein  Zweifel,  daß  Kant 
auch  damals  Anthropologie  am  Mittwoch  und  Sonnabend 
von  8 — 10  Uhr  lesen  wollte,  und  kein  Grund  vorhanden, 
anzunehmen,  daß  3r  sie  nicht  las,  da  in  allen  Se- 
mestern, für  die  wir  feststellen  körmen,  ob  die  von  Kaut 
angekflndigten  Vorlesungen  auch  wirklich  gehalten  worden, 
sein  angekündigtes  GoHeg  über  Anthropologie  immer 
Statt  gefunden  hat.) 

18.  1784/B5  ad  Baumgartenü  Psycho!,  ©mpiric.  d.  M.  et  S. 
h,  VIII  pnv. 

14. 1786/86  d.  Mero.  et  Sab.  h.  VUI— X  (im  Leot.-Cat  weiter 
nichts;  in  den  Sen.-Act.:  über  Baumgarten  PsyohoL 

Empirie,  priv.  47  Zuh.  vom  12.  October  —  &.  April). 

15.  1786/87  [zum  ersten  Mal  „sub  Auspiciis  felicissimis  Fride- 

rid  Guilielmi  Secundij  dd.  Mero.  Sabb.  h.  Vill  et  IX 
[also,  wie  immer,  am  Mittwoch  und  Sonnabend  2  Stunden 
hinter  einander.] 

16.  1787/88  nach  Baumgarten  Psychol.  empiric.  privatim  vor 


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lOQ      Zar  BeorUieiluxig  von  Kontos  Kntik  der  rolaen  Vdmaiift  dto. 

89  Zulu  ▼om  10.  October  —  12.  Hartii  (nack  dem  Be- 
richt im  EgL  Geh.  Staatsarch.  zn  Berlin'*). 

17.  1788/89  ad  Baumgartonii   Psychol.  empiric.  dd.  Merc.  et 

Sabb.  h.  VIll— X  (priv.  36  Zuh.  v.  15.  Octbr.— 21.  März; 
nacli  Lect.  Cat.  n.  Seu.  Act,). 

18.  1789/90  nach   Baiungarten,  priv.,  38  Zuh.  v.  14.  Octbr.— 

20.  März  (nach  dem  Bericht  in  Berlin). 

19.  1790/91  nach  Banmgarteii»  priy.,  32  Zuh.  v.  18.  Oetbr.^ 

6*  April  (nadh  dem  Bericht  in  Berlin). 

20.  1791/92  nach  Bamngarteu,  priv.,  70  Zuh.  12.  Octbr.-- 

10.  Hftrz  (nach  dem  Bericht  in  Berlin). 

21.  1792/93  dd.  Merc.  et  Sabb.  b.  VITT— X,  nacli  Baumgarten, 

priv.,  50  Zuh.  V.  10.  Octbr.— 13.  M&rz  (nach  dem  Lect. 
Cat.  lind  den  8en.  Act.). 

22.  1793/94  dd.  Merc.  et  Sat.  b.  Vin— X  (blos  nach  dem  Lect. 

Cat.;  die  Tabelle  in  den  Sen.  Act.  u.  der  Bericht  in 
Berlin  nicht  aufisufinden). 

28.  1794^95  diotata,  [so  nach  dem  Bericht  in  Berlin;  —  wenn 
nur  diese  Angabe  nicht  anf  irgend  einem  Versehen 
bemht!  denn  Kant  hat  in  dem  folgenden  Wintersemester 
wieder  nach  Buumgarteu  gelesen,  und  würde  also  in  dem 
Semester  1794/95  das  einzif^e  Mal  Anthroixil.  nach  Dictaten 
gelesen  habenj  priv.,  49  Zuh.,  v.  15.  Octbr.— 21.  Febr. 

24.  1795/96  ad  Baumgartenii  Psychol.  empiric.  dd.  Merc.  et 
Sat,  h.  Vm— X,  (priv.,  53  Znh.,  14.  Octbr.— 27.  Febr. 
nach  dem  Leot.  Cat.  imd  dem  Bericht  in  Berlin). 

[Bs  war  das  letzte  Ifal,  daß  Kant  Anthropologie 
las.  Er  führte  diese  PrivatTorlesong  —  nach  obigem 
Vermerk  —  bis  zum  27.  Febr.  179G  fort,  während  er  in 


*)  Die  Angaben  aus  dcsn  Berirliten  über  die  an  iler  Kuuigsberger 
UniTOnität  gehaltenen  Vorlesungen  im  Kgl.  Geheim.  ätaat«archiv  zu  BerHn 
unter  B.  76.  II.  No.  26&  Vol.  I.  ^  bo  rieten  oder  eo  wenigen^  als  betraffii 
der  hier  zu  berüeksieh^geiideii  Jahre  dort  Torhanden  sind  —  habe  ieh  von 
SL  Eeicfce  erhalten. 


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Von  Emil  AmolAt. 


109 


diesem  SJomester  seine  am  12.  Octbr.  bep;oniie!iO  öffentlicho 
Vorleaimg  über  Metaphysik  —  es  ist  mindesteus  zweifel- 
haft ob  er  damals  noch  ein  Repetitorium  der  Metaphysik 
abhielt  —  schon  am  18.  December  1795  geflohlossen  hatte, 
vielleicht  weil  die  XTnpftfiliehkeit^  unter  der  er  epftter 
daneind  litt,  sich  schon  im  Spfttherbst  des  J.  1795  mag 
gemeldet  haben.] 
Von  jenen  24  Malen,  in  denen  Kant  AnthroxM>logie  las, 
sind  blos  5  (1774/75,  83/84,  84/85,  86/87,  93/94)  als  solche  zu 
nennen,  wo  da-s  Colleg  mir  zu   erweisen  ist  als  angekündigt, 
aber  anzun«'hnien  auch  als  geies«;n,  darrefren  10  Male  als  solche, 
wo  es  auch  als  geles(?n  bezeugt  ist,  und  zwar  3  Male  (1772/73, 
73/74,  81/82)  ohne  Angabe  der  Zubörerzald  wie  des  Anfangs- 
imd  SohlnBteimins,  nnd   16   Male  (1775/76,    76/77,  77/78, 
78/79,  79/BO,  80/81,  88/83,  85/86,  87/88,  88/89,  89/90,  90/91, 
91/93,  92/93,  94/95,  95/96)  als  solche,  wo  die  Zohdrensahl  — 
mindestens  ans  dem  Kreise  der  Studenten  —  wahrscheinlich 
riemlich  genan,  Anfangs-  nnd  Schlufitermin  des  Collegs  aber 
ganz  genau  feststeht. 

Er  las  es  immer  als  vierstündiges  Colleg,  und  zwar  in 
den  zwei,  wenn  nicht  vier  ersten  Wintersemestern  am  Montag, 
Dienstag,  Donnerstag  und  Freitag  von  9 — 10  Uhr  Vormittags, 
TOD  1776/77  immer  am  Mittwoch  und  Sonnabend  in  2  Stunden 
hinter  einander  von  8—10  Uhr  Vormittags.  Unter  den  Semestern, 
Ton  denen  wir  die  Znhörerzahl  in  diesem  GoUeg  kennen,  führte 
ihm  das  Wintersemester  1791/92  die  höchste  Zohdrereahl  sa, 
oSmlich  70  ZnhOrer,  nnd  das  Wintersemeier  1775/76,  die  niedrigste, 
nimlich  28  Zuhörer  (1778/79  29  Zuh.).   In  den  übrigen  variirte 
die  Zalil  zwisclien  einigen  30  und  50  oder  einigen  50  Zuhörern. 
Er  begann  das  (_V)llep:  um  die  Mitte  des  October,  fnihestena  den 
10.  October  (zweimal   1787/88  und   1792/93),   spätestens  den 
19.  October  (1776/77),  und  er  schloß  es  meistens  im  März  (nur 
«weimal  im  Februar  —  den  21.  Februar  1794/95  und  den  27.  Fe- 
Vnar  1795/96)  oder  su  Anfang  des  April,  frühestens  den  8.  Män 
U779/80)  nnd  spStestens  den  6.  April  (1790/91). 


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110  Beiurtheüang  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vernunft  etc. 


Hierach  sind  auoli  Sohnbert's  Angaben  über  Eaai's  antbio- 
pologisohes  CoUeg  (N.  Pr.  Provinz.-Blätt.  Jahrg.  1846.  Bd.  L 

S.  462.)  thoils  zu  beriulitigea,  theils  zu  ergänzen.  Desgleichen 
ist  zu  modifiziren  Kant's  eigene  Angabe  in  der  Anmerkung  am 
Schlüsse  der  Vorrede  zu  seiner  Anthropologie:  „Tn  meinem  an- 
„fknglioh  frei  übernommeuen,  späterhin  mir  als  Lehramt  aof- 
„getragenen  Geschäfte  der  reinen  Philosophie  habe  ich  einige 
i.drei£ig  Jahre  hinduroh  zwei  auf  WelfekenntniB  abzweokende 
„Vorleanmgen:  nftmlich  (im  Winter-)  Anthropologie  und  (im 
„Sommerhalbe^jahre)  physische  Geographie  gehalten**  u.  s.  w. 
(W.  B.  Vn,  2  A.  7.)  Denn  er  hat  allerdings  „einige  dreißig 
Jahre  hindurch"  und  länger,  (wahrscheinlich  17B6  bis  1796  — 
da  die  Vorlesung  im  J.  1797  sicher  nur  angekündigt  wuilIo  — 
mithin  40  Jahre  lang)  Vorlesungen  über  physische  Geographie, 
wenn  auch  bis  zum  Sommerhalbjahre  1772  nicht  immer  im 
Sommerhalbjahre,  sondern  soe^l^^mal  im  Winterhalbjahre  (1759/60, 
61/62,  63/64,  65/66,  68/69,  71/72),  dagegen  nicht  „einige  dreißig," 
sondern  nur  einige  zwanzig  Jahre  hindurch  (v.  1772/73—1796/96 
ind.,  mithin  23V>  Jahre  lan^^,  Yorlesnngen  Aber  Anthropologie, 
diese  aber  in  der  That  stets  im  Winterhalbjahre  gehalten. 

(FoTtsetnmg  folgt.) 


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Brei  Konigsberger  Zwischenspiele  «lus  dem 

Jalire  1644. 

Mitg0ldli  von 


Im  Jahre  1644  beging  die  Universität  Königsberg  die  Feier 
ihres  hundertjährigen  Bestehens.*)  Trotz  der  trüben  Kriegszeit 
flütbelirto  die  EestHohkeit  nicht  des  Glanies,  besonders  da  der 
Onwse  KarfflTst  km  savor  seinen  Wohnsits  in  EOnigsbeig  auf- 
geschlagen  hatte.  Nicht  bloB  Festpredigten  und  Bedeaotos 
wunlen  TOn  den  Professoren  und  Studenten  gehalten,  sondern 
auch  dramatiache  AnfP&hningen  veranstaltet.  Simon  Dach,  der 
fitof  Jahre  vorher  ernannte  Professor  der  Poesie,  verfaßte  ein 
allegorisches  Festspiel  Sorbuisa  oder  Prussiarchus,  von  welchem 
noch  eine  prosaische  Inhaltüangabo  und  dio  von  seinem  Freund© 
Heiürich  Albert  komponierten  Lhüre  gedruckt  vorliegen, ^)  und 
fahrte  dies  am  21.  September  mit  mehreren  Studenten  im 
großen  Auditorium  auf.  Er  omtote  solchen  Beifall,  daß  die 
Vorstellung  am  9.  Mai  1645  auf  dem  kurfürstlichen  Schlosse 
wiederholt  werden  mußte.  Aus  der  antiken  Mythologie  war 
«ine  vom  Petersdorfer  Pfeurer  Balthasar  yom  Grttnendenwalde 
fliagesandte  lateinische  TrsgikomMie  (Atalante?)  entlehnt,  die 

1)  D.  H.  Arnoldt,  Historie  der  Köuigäbergiachen  Universität  2,  464  f. 
(1746)  und  desMlben  Ziuätae  (1750)  S.  91.  (ü.  F.  Härtung,)  Aka4emischeä 
Erinnenuigsbneh  fttr  die»  weldw  In  dm  Jahren  1817  bis  IdM  die  KAnigs- 
bttger  Universittt  besogen  haben  <1»44)  8.  214  £ 

2)  Dach,  Poetische  Werke  1696.  —  Die  Bezeichnung  .Singspiel*,  die 
Härtung  a.  a.  O.  und  Oest«rlcv  in  seiner  großen  AuBgal^e  Dachs  187G  S.  18 
fiir  die  Sorbuisa  brauchen,  ist  nur  von  zweifelhafter  Berecliti^ung.  Es  ist 
•ehr  wohl  möglich,  dal>  der  Dialog  nicht  einmal  iu  Versen  wie  in  Dachs 
1696  «tstandenwa  SchSferdFama  Gl6<niiedes,  sondern  in  Pros»  abgafaAt  war. 
Dta  nur  von  Qottoehed,  Nöthiger  Yonath  1,  196  (1767)  etliflrtan  enten 
DradE  V.  J.  leU  habe  ich  nieht  gesehen. 


112  Köni^sberger  Zwischenspield  aus  dem  Jahre  löü. 


derselbe  schon  161S  in  deutsoher  Gestalt  mit  KOnigsberger 
Stadenten  zur  Darstellung  gebracht  hatte.')  Ob  sie  wirklich 
auch  1644  gespielt  wurde,  wissen  wir  nicht. 

Ein  drittes  Schaus])iel  ans  der  vaterländisclien  Geschichte, 
von  dem  bisher  noch  uiclits  ItekiiTint  war,  fand  ich  vor  kurzem 
in  Petersburg.  Es  wurde  am  ersten  Tage  der  Jubelfeier,  am 
27.  August  1644,  von  ,etlichen  Patrioten'  in  Gegenwart  des 
KnrfOrsten  aufgeführt  und  sp&ter  gedruckt: 

BILBE6ABDIS  HAONAE  |  COMOEDIA,  |  Auß  dem  FrischUno 

ins  Deutsclie  '  übersetzet,  nnd  im  ersten  Königßbergi-  |  sclien  Acade- 
miscben  Jubel-Jahr  Anno  1  1(!44.  den  27.  Augusti  ex-  |  hibiret.  | 
In  obgedachtem  Jahr  J  Zu  Königßberg  in  Preußen  [  H  1  Opdnipkt 
nnd  verlpf^t  dtirrh  |  Paschen  Mense.  |  2  Bl.  10'/4  Bogeu  8**. 
i^Bibliuihek  der  Petersburger  AkiLikniif»  der  Wisjsenschaften). 

Wir  haben  darin  eine  brave,  treuherzige,  wenn  auch  etwas 
holzschnittmäßig  derbe  Pro8a> Verdeutschung  von  N.  Frischlins 
lateinischer  Komödie  Hildegardis  magna  (1679)  vor  mis,  deren 
Fabel  Aehnlichkeit  mit  der  Genovefa»age  zeigt.  Die  tugend- 
hafte Hildegardis,  Karls  des  Großen  Gattin,  widersteht  den 
Yerlockungen  ihres  Schwagers  Talandns;  aas  Bacdisucht  wird 
sie  Ton  diesem  nach  der  Heimkehr  des  Kaisers  verleumdet  nnd 
trots  aller  Betenemngen  ihrer  Unschuld  amn  Tode  verurteilt. 
Aber  in  der  Wildnis  »  ntrinnt  sie  den  Henkersknechten  und  wandert 
nach  Rom,  wo  sie  als  Arzt  verkleidet  lebi.  Der  inzwischen  er- 
blindete Talandus  sucht  hier  Heilung  und  wird  von  ihr  ver- 
anlaßt, seine  Schandthat  einzugestehen,  worauf  sie  sieli  dem 
gleichfalls  nach  Born  gekommenen  Gatten  zu  erkennen  giebt. 
Das  Frischiinsche  Stück  erlebte  eine  ganze  Reihe  von  Einzei- 
ansgaben*)  und  wurde  häufig  in  den  Schulen  aufgefülhrt:  1679  in 


8)  Hsrtiuig  a.  a.  O.  L.  H.  Fischer,  Eönigsb.  Dichterkre»  18as  S.  XXXm. 

4)  Tubingae  1579  (Bndapest.  Dresden,  IIamhur}X.  Jena,  Ko|icnliagen. 
Luzem,  Münrhrn,  Straßhnr«^,  Stuttgart,  Wolfen)>nttol  .  —  Tubingno  1583 
(Frankfurt,  Kupcnliageu,  Isuruberg,  Zürich).  —  Altorfi  1609  i^Zwickau).  — 
Altorfi  1625  (Tübingen).  -  ed.  Keimann.  Gorlicii  1651  (Berlin).  —  ed.  Qrfin- 
wald  1695  (Breelaoer  UmvbibL).  >-  Ferner  in  den  Oeeamianagaben  der 
FriscUinschen  Bmmen  seit  1666. 


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Von  Johannes  Boke. 


Stüttg-art  und  in  Basel,  1596  in  Bautzen,  1599  in  Hildesheim, 
16UU  m  Halle  und  Schmal kaidou,  1(;04  in  Zittau,  1609  und  1625 
in  Altdorf,  1617  in  Augsburg,  1619  in  Brieg  und  Freiberg,  1648  in 
Bautzen,  1664  in  Offenbnrg,  1690  in  Frankenhausen.  Auch  ins 
Beotaehe  wurde  es  mehnnab  flbertragen.  Freilich  wenn  Gkiedeke 
(GnmdnB  %  140)  behauptet»  Frisohlins  deutsche  Wendelgart  (1681) 
sei  eine  üebersetsnng  der  Hüdegardis,  so  ist  dies  ein  ItTtum;  aber 
die  noch  nicht  wieder  aufgeftuidene  Hildegard  des  Berliner  Dom- 
kflflteni  Georg  Pondo  (Frankfurt  a.  O.  1593)  beruhte  sicher  auf 
Frischlins  Di  ama,  eine  andre  Verdeutschung  (Straübia  g  1599)  be- 
sitzt die  Bibliothek  zu  Karlsruhe,  und  die  Darmstädter  Hof  bibliothek 
bewahrt  ein  in  Alexandrinern  abgefaßtes  Argument:  ,Innhalt  |  des 
Lust-Spieles  (  Von  der  |  Hüdegardis/  4  Bi.  fol.  o.  0.  u.  J.,  welches 
wahrscheinlich  aus  dem  von  "Weller  (Annalen  2,  255)  citierten 
fEatwnri  der  Ergötdichkeiten  . . .  Anno  1665  au  Dresden  gefeiert^ 
entnommen  ist  und  getreu  dem  Gange  des  lateinischen  Stückes  folgt. 

Der  YerfiEuser  der  prosaischen  Königsberger  üebersetsung 
¥on  1644  ist  weder  auf  dem  Titel  noch  in  der  Vorrede  des 
Baohdruckers  näher  bezeichnet.  Vielleicht  haben  wir  ihn  nicht 
nnter  den  Üniver8itatbung*ih0rigeu,  sundeni  unter  den  Schul- 
männern der  Stadt  zu  suchen.  Hinzugefügt  bat  er  zu  seiner 
Vorlage  außer  einem  Prologe,  in  welchem  Pallas  den  Herzog 
Albrecht  als  den  Stifter  der  Universität  und  den  Kurfdrsten 
Friedrich  Wilhelm  als  ihren  Schutzherren  in  Alexandrinern  preistj 
noch  drei  in  niederdeutscher  Mundart  geschriebene  Zwischenspiele. 

Diese  mit  der  Haupthandlung  gar  nicht  ausammenhftngen- 
den  Soenen  nehmen  nicht  nur  als  filtere  DenkmAler  des  Königs- 
berger Dialektes  allgemeineres  Interesse  in  Anspruch,  sondern 
liefern  uns  auch  naturgetreu  ausgemalte  Genrebilder  aus  dem 
Bauenileben  zur  Zeit  des  dreiüigjährigen  Krieges.  Die  Motive 
derselben  waron  freilich  nicht  neu,  soudern  schon  in  früheren 
Dramen  verwertet.  Wie  im  1.  Interscenium  ein  gartender 
Landsknecht  von  den  erbitterten  Bauern  als  Hühnerdieb  er- 
griffen und  vor  Gericht  gestellt  wird,  so  hatten  schon  Dichter 
des  16.  Jahrhunderts  das  BuohÜose  Leben  solcher  HUrodenre 

AUyr.  MMMttMhiifl  Bd.  ZZm  Bit  1  a.  &  6 

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114  Königsbergtr  ZwiMhenqpiel«  wu  dm  Jihfe  1644 

gescluldert,  so  hatte  der  Braudenburgcr  Bartholomäus  Krüger 
1680  im  Spiele  von  den  bäuerischen  Kiobtem  und  dem  Lauds- 
knecht^)  eine  Ahnliehe  Begebenheit  vorgeführt,  so  liatte  Kisfe 
1630  in  seiner  IrenaromaohiA*)  die  Feindseligkeiten  swieohen 
Baaem  und  Soldaten  behandelte  Zu  der  bfturiechen  Liebeswezbmig 
des  2.  Zwischenspiels  finden  wir  SeitenstHoke  in  Gabriel  Bollen- 
bagena  Amantes  amentes  (1609),  in  Laorembergs  Arion^  (1653), 
in  der  Overysselschen  Boere-Vryagie®)  (1641),  in  G.  Voigfc- 
läudcrs  Oden  und  Liedern  IGöO  No.  GG.  G7.  80.  81  u.  s.  w.; 
doch  ist  die  Figur  der  hiibschen,  deutsch  radebrechenden 
polnischen  Magd  von  altem  Adel  recht  charakteristisch  ausge- 
führt. Ebenso  begegnen  individuelle  Züge  in  der  3.  Scene, 
deren  Schauplatz  das  Fischerdorf  Pröbbeman  am  frischen  Haff 
ist.  Wahrscheinlich  spielten  die  Pröbbemaner,  die  man  Öfter 
auf  dem  Markte  zu  Königsberg  erblickte,  aach  sonst  in  Volks* 
schwftnken  eine  Bolle.')  Der  aas  der  städtischen  Schule  heim- 
kehrende und  sich  überklug  dttnkende  Bauemsobn,  die  Vor- 
f^ähning  von  Gerichtsscenen,  die  Abtrumpfung  des  eigennützigen 
Advokaten  sind  alte  beliebte  Posten motive. 

Der  Dialog  ist  in  einer  Art  Iteimprosa,  in  durchweg  paarweise 
gereimten  Zeilen  von  ungleicher  Länge  geschrieben,  welche  uns 
Laorembergs^^)  drastische  Schildenmg  ins  Gedächtnis  aarückrofen: 

Juwc  Ryme  nnä  Vers  f^e  galiii  all  up  un  dael, 
Himp  hamp,  do  eine  is  breet.  de  ander  de  is  schmaol. 
De  eine  is  sclieef  xmd  krnm,  dor  ander  lyck  und  even, 
Als  wen  uth  einem  I>urp  de  bcliwiue  werdn  gedreven: 
Bi  einer  vetten  Sog  lopen  bös  magre  Yarken. 


6)  Herausgegeben  von  J.  Bolte  18S4. 

6)  Jahrbuch  des  niederdeutschen  Vereins  7,  106.  II,  157. 

7)  NtederdentselMS' Jahrbuch  IS,  46. 

8)  Tlotea,  Het  nedsriandMhe  Xlaohtspel  9,  SSI.  JeUinghaiMi  Hteder- 

deutsohe  Baucmkomödien  (1H80)  S.  179.  Bolte,  Der  Bauer  im  dantsdien 
Liede  (18IK))  ?so.  12-10  und  S.  12n  f. 

9)  Audi  der  Utrecliter  Dramatiker  Macropedius  verlegt,  seine  lateini- 
schen Possen  Aiuta  (löiiö)  uud  Andrisca  (1538)  in  das  nahe  Dorf  Buuschoian. 

10)  Sohangediehto  4,  448  iE  —  Die  sOddentschea  Volknchaiupie!«^ 
mit  weldisn  uns  A.  Mihöiie  Sanunliuig  (1880)  bekannt  maohti 


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Von  Johannes  Bolle. 


115 


Ich  lasse  nun  den  Text  der  Bauernsoeiften  selbst  folgen. 
Die  seUeneren  AnsdriLoke  habe  ich  in  kiusmi  Anmerkmigen  zu 
eriiatem  gesnehfc,  wobei  mir  Frischbiera  treflPIiobes  Pieafiisohee 
Wortorbnoh  (Berlin  1882/Ö8)  wiUkommene  Dienste  leistete. 
Andies  ist  dem  Mittelniederdentsehen  Wdrterbnoh  Yon  SobiUer 
und  Lübben  entnommen;  lerner  haben  mich  die  Heiren  Dr. 
W.  Seelmann  und  Uberstlieutenaut  K,  Stein  durch  einige  Nach- 
weise, für  dio  ich  ihnen  auch  an  dieser  Stolle  herzlichen  Dank 
sage,  freundliehst  unterstüts^t.  Trotzdem  sind  mir  mehrere  Stellen 
nicht  völlig  klar  geworden;  Kenner  der  preaBkchen  Mundart 
wecdeu  hoffentlich  hier  befriedigende  Erklärungen  zu  geben 
vennOgen.  Ffir  das  leichtere  Verständnis  sachte  ich  durch  soig<* 
dltigere  Inteipunktioni  durch  Begelung  der  großen  und  kleinen 
Anfioigsbuchstaben  nach  modemer  Weise,  sowie  durch  Be- 
seitigung offenbarer  Druckfehler  sn  sorgen.  Im  übrigen  blieb 
die  Schreibweise  unangetastet. 

Das  am  Schlüsse  des  Druckes  auf  Bl.  Lijb  angefügte 
Personen verzeichuiij  stelle  ich  vorauf;  es  enthalt  mehrere  ünge- 
nauigkeiten  und  Lücken. 

TU&BA  &USTXCOBUM. 

JEQaphan  [L  Klapkann.  Dorfechnlse.  Ltt  I,  ZwisdienspieL]. 

[Strtinck  oder  Kolstrunck.  I.] 

Ciiutz  Drei  [Büttel.   Wohl  identisch  mit  KoUop.  X.J* 

Soltfoth  [Dorfschulze.  ULJ. 

Bcrenbroth  pL  Berembtoth.  lU]. 

mbbenmte  [BfttteL  L  DX]. 

Küksnback  [m.J. 

Grempel  [III.]. 

Captein  Luus  f=  Thraso.  I.]. 

Doctor  Worst  [Procurator.  III.]. 

Kiyseltasch  IBerembroth«  Sohn,  lll.j. 

Jungfer  [Sophie]  VoaaiitBkeit)  von  Terepetki  [II.]. 

Juncker  HBiiMm[aa]  von  SefaemperhaMm  fllj. 

ttigen  z.  B.  eine  ähnliche  halb  prosaische,  halb  metrische  und  gereimte 
Form,  die  allerdings  vieli'nch  niur  als  eine  £nt Stellung  durch  die  mündliche 
Indition  zu  betrachten  ist. 

II)  Mosanze,  ein  achlesisches  Gebäck.  Palm,  Beiträge  zur  Litgesch. 

m  a  117. 


11$        Drei  KOnigsberger  ZwifloliMiBpiele  ans  dem  Jahre  1044. 

1.  Der  QartbruGler  vor  dem  Dorfrlciiter. 

[BL  Jla]  Inierscenium  L 

KUpkann  [Dorfechnlse].  Sinmelc  [aein  Naeblwr]. 

Klapkann. 

Naber  Stnmck,  so  mot  man  den  Uchtfetdigen  Landrapeti 
Dat  Odile  Tan  SehmaTel  wesoben.  dat  ee  ewer  HaU  on  Kop  tom  Dofp 

benutb  krupeu. 

Ea  et  nieb  Jammer,  ea  et  nidi  Wanger,  ja  ea  et  nich  Sdiang, 
Bat  de  galgenvegelaebe  Oalgenvegd  en  allen  Dötj^ern,  ja  em  gantcen  Lang 
dOaa  armen  Bozdiewelcken  nicb  alleen  opt  Blootb  bebben  ntgeaagen, 
Sondern  ae  bebben  ona  ock  noch  darto  alle  Keeg  on  Oasen  doth  geadhiaganl 

Strnnek. 

Nawer  Kkpkanni  wat  Ossent  wat  Oeaenl  Et  eol  enar  ehr  Terbllngen, 
Ehr  ener  en  minem  HnJt  en  aohetteriget  Kyokel  aall  fingen. 

Klapkanik. 

Barem  eeg  eck,  waren  ivy  man  diaeem  Bing  nor  ehr  ▼etgekahmen 
lOOn  hadden  en  oder  dertieb  op  de  Beel  ganahmen, 
Wat  galta,  tvy  waren  ver  den  Bewen  to  fred  geUewen, 
[Jib]  Haddea  em  niob  ao  vel  Vectalgen  ddrffen  gewen. 

Strnnek. 

Naber  Klmkann,  vergeth  Jon  Wort  nicb,  wyl  ona  de  Eranefct  nnger  de 

Zaldaten  gefehrt» 

Hebb  wy  glyokwol  en  lemlich  Particel  Fraatadecben  gelehrt. 
16  Wol  eck  dodi  wol,  na  dem  eck  ea  ehnfdger  Bnor  ^y,  mit  firantateohen  Karlen 

Ewen  ao  goot  aa  en  EVantaoB  frantadaeh  parieren. 

Eck  hebb  gelehrt  conterbetn,  manchem,  epandem, 

Seck  vor  dem  Find  toteren,  qnettem,  adinaweUem,  trehleren, 

Noch  mehr  attaqueren,  ambroocberen,  deemantleren. 
ao  Naber,  wat  könn  gyK 


V.  2.  Das  Gelbe  um  Srhnal)ol  der  jungen  Vügel  Lst  Zeichen  der  Un- 
reife; vgl.  Gelbschnabel,  bejaune.  —  3.  Der  Druck  (D.)  hat:  jammer,  et  ea. 
4  Vgl.  y.  146:  dn  henerbietenoher  Henerbieter.  ~  8.  achetterig,  'vei^ 
Aobtlicb  (SebAtter  »  BorchlUI).  Ebenao  im  8.  Btttek  V.  908.  ~  19.  em, 
ihnen.  —  Yectalgen,  Victualien.  —  13.  de  Kranckt,  bAoflg so  in  Flttehen; 
vgl.  V.  17G  und  im  2.  Stück  Y.  34.  —  17.  conterbprü,  rontribuieren.  — 
18.  retirieren  (vgl.  V.  42),  quittieren,  schnabulieren,  tribuüeren.  —  10.  aTn- 
broschereu,  wohl  =  embraser,  anzünden  oder  s'approcher,  nahe  kommen^ 
berühren;  vgl.  V.116.  —  desmantlerenss  dimanteler,  die  Mauern  niederreiten. 
—  9(X  havn  commanfatu  piperlepi,  ainnloee  Nachahmnng  finai.  Wocte^ 


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Von  JohaDuei^  Bolte. 


117 


Klftpkftsn. 

Eek  ham,  oommanfktp,  pqpailtpi, 
fiflk  km  gnbabciiiKt  n>wan,  dmpan,  hortn,  bowen,  plingtm,  Mogm» 
Eck  kan  enem  de  Eath  «wer  dem  Kop  anstack«!!  on  «fflneiigeai. 

Hort,  Naber  Strunck,  wat  eck  gyßtern  hebb  bedfewen! 

De  Captein  Luuß  sol  gystern  sinern  Wyw  en  onsem  Derp  Kyngelbeer  gewen. 

Wat  g(»sdiah?    He  Imd  wol  ower  fcrtich  Affanzeres  to  Faddern  gebebdw;  8ö 
Se  kehmen  en  aüpr  Hprr1itrl:f^it  met  groten  Potzeietnentporden, 
[Jija]  Flamaseu,  met  ereu  öcharfifs  eint  Lvw,  met  ewergülden  KfttjnB 

opgetmien. 

He  leth  my  aß  dorn  Sehulten  ea  dem  Derp  anseggen, 
Wjl  he  by  synen  Gasten  nich  wol  Schemp  enleggeu, 

SiH  eok  an,  wie  be  synem  Kapteb  Leidmam  bftad  befablen,  80 
Swea  Ohme  Weyn,  Cofect,  Fameraatno,  geecbnerte  Bloomeo,  vor  allen 

Dingen  «wer  6  Pandt  Schmoock^Topack  met  twe  Bäte  Pjpm  Utk 

der  Btadt  keleo.  • 
Wat  wol  eck  dohn?  Eck  leth  em  eeggen  to  t^ynen  Ehxen, 
Wat  wy  annen  Banren  dobn  meatea,  dat  deeden  wy  gem. 
De  Tyd  kam  heran;      kehmen,  de  der  wehren  engeladen, 
Ou  hadden  dat  Mahl  rechte  dicht  gewett  op  den  Kingerbraadan.  86 
Awer  hört  man.  wv  bekehmen  en  de  Backfesoh: 
Se  hadden  serk  kuhm  nfidder  goset  to  Besch. 

Vcrrf^L'f'lt  eck  en  dat  ITunß  van  ljutlien  met  onem  ockenen  Fladderwescb, 
Steckt  ai^  l  liil  ewer  en  met  enem  Brandt  Fyr  de  i£aath  an, 
Seed,  Struiit  k  myn  Brooder.  on  leb  dervan.  40 
Wy  eck  hyd  vernolnnen.  syn  ower  twintich  van  ennen  verhreugt, 
[J^b]  De  &wrigeu  hebben  seck  dorch  dat  Kapfenster  retret,  awer  acbrecklicb 

veteengt» 

Strunck. 

Kaber  Klapkann,  bad  wy  den  Dewen  ehr  dat  gedhan, 
Wördet  en  beßken  beether  em  onse  Ossen  stan. 

Eck  hebbet  selbst  mit  myuem  Schaden  erfahren,  4a 


V  21.  Grabelschis  (grand  merci?)  auch  im  3.  wischenspiel  V.  37. 
—  22.  Kath,  kleines  Baiiernhans.  —  21.  Captein  Luuß  wird  si)ater  V.  72 
nnd  165  als  Schimpfw  ort  ^'egeu  einen  Soldaten  gebraucht.  Vgl.  LogRi;  5,  9,  85: 
,Lt'us€-Fahn'.  —  25.  A ffeuzeres,  Ollficiere.  Vgl.  V.  114.  —  27.  Flumasen, 
Piamagen, Hutfedem.  —  Scharffs,  Degen.  —  Katjas?  —  90.  Leichnam, 
Imitanant.  —  81.  Fameranteen,  Pomeransen.  —  Qeachnerte  Bioomen, 
OewUmeUcen  (gwebnönrt  «  aaeammengeadununpfb).  —  40.  leb,  lief. 
49L  Kapfenster,  kleine»  Dachftnater«  —  retret,  retixiart. 


118  Königaberger  ZwiMlMUft^db  «u  dem  J«lini  1614. 

Wy  eok  de  T^d  beer  tru  enneii  sy  gaaduthran* 
Eck  Bchweret  wahrhiifftig  by  duwm,  mynem  Knewelapeth, 
Wor  eek  den  enteu  Zeldeten  erweeob,  de  sal  van  my  kriegen  elMaentsdie 

Steth. 

Klapkaaiu 

Et  es  ntlaoht)  je  mehr  man  den  GkilgenzyBken  goode  Wort  ge£ft, 
60  Je  mehr  so  en  Schobboraeck  eoem  Hartledt  to  dreffL 
Awer  achaw  dort,  wai  bringt  de  ons  goots  nyee? 

Tbraso  [dn  TmÜMebiedefter  Soldnt,  tritt  auf]. 
Pfuy,  wolt  ich  doch  lieber  dem  leidigen  Hencker  dienen 

AlA  heutiges  Tages  dem  Kriege  nachziehen. 

Hnnger  und  Durst,  Schlag,  Hitz  ausstehen  und  die  Kält, 

66  Das  ist  unser  Bosoldnni:;;  abor  wenn  man  fordert  Geld, 
Beut  mau  uns  den  Galgen  an ;  ur  .sev  ^ring  oder  edel, 
[Jiija]  Bekompt  eben  wie  ich  einen  Restzedel. 

Es  ist  in  diesen  Kriegen  schon  au0gefischet;  pin  ehrlich  Kriegesmann 
Billigt  heut  zur  Beut  nicht  mehr  als*  I^uü  davon. 
60Waä  sol  ich  thun?  wü  ich  nicht  Hungers  sterben,  muß  ich  gehen  luuren, 
Ob  ich  wo  ertap  ein  paar  reicbe  Paaren. 

Aber  fliehe  d»}  wenn  man  des  WoUb  gedenket  —  OlUck  zu,  jhr  Herren! 

Klapkann. 

Naber  Ötrtmck,  weikahm  tett.    A  schau  hier  Eckern.   Waa  es  des  Herrn 

Begeh  reu? 

Thraso. 

Mein  Begebren  ist  eine  gutte  Eeuterzehrung. 

Strunck. 

66  Wy  wedderfarth  ona  ewen  de  £br,  dat  wy  den  sollen  gewea  en  Pr^^el 

tor  Verehrung  I 
Von  wannen  hat  der  Herr  syuen  Marsch  genommen? 

Thraso. 

Sch  bebe  dem  Keyeer  Carolo  gedent  »uft  Franken,  bin  abgedanckt  vnd  anber 

kommen. 

V.  47.  Knebelspiess,  die  gewöhnliche  Bauern waffe.  —  49.  Galgen« 
zyßken,  auch  150:  Galgenvogel  (Zieske  Zei<5{p\  —  57.  15(5.  Rcstzcdel, 
offenbar  eine  Bosclieinigunp;  über  nlrk.stÄndigen  Sold,  welche  den  Inlialior 
berechtigte,  garteud  im  Laude  herumzuziehen.  In  Y.  137  beiitt  es  Brand- 
sedd.  —  63.  D.  bat:  gegeneket.  —  68.  Mir  nnTentlndUch*  W.  Seehnann 
abenetst:  JBietot  hier  einen  t&ehtigen  Willkomm  1*  —  66.  Pregel,  Brei? 
In  V.  12G  ist  Pregel  =  Prügel.  ~  C7.  Eine  Anspielung  auf  die  Handlang 
dea  größeren  Dramae;  Karl  der  GroAe  iat  der  Gemahl  der  Hildegardia. 


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Von  Jobauned  Bolle. 


119 


KUpIcann. 

Seilt  et  docih:  Kejser  Oeds  uib  Fnadkeii.  Neber  Stmnel^  es  dat  niob  de 

Kdning,  de  oot  de  Tydl  beer  befit  klempint? 
E  dotff  gy  Lepditaiecbt  noob  Bjterthenukg  Becken  by  innem  Tjng^ 

[Jüjb]  Tbraeo. 

Idi  diene  mb  meinen  Sold,  wenn«  g^eh  der  TeulRBl  wer.  70 

Stranck.  ' 
Dit  schynt  my  en  barrscher  Eapptmenfireter  to  syn:  be  secbt»  be  wel  wol 

dem  Dywel  de«ien. 
Gj  Captehk  LunBy  vielleMbt  ward  gy  wol  den  Pdts-Dywel  meenen? 

Thraso. 

Mein  Magen,  iiir  Lmnpenkerdls,  Lat  jetzuud  keine  Ohren. 

Gebet  mir  was  zu  fressen  ynd  last  mich  aachmahls  vngeschoren! 

Kl  a  j)k  an  n. 

Awer  hört  do<*h.  gy  outydiger  Buurplager,  wor  steit  dat  {^«  sclirewen,  76 
Dac  wn,-  so  enem  onnetton  T^ooßbrenner  Preten  on  Snpen  sollen  gewen? 
Gy  syn.  noch  nicht  du  Kerrl  darna,  dat,  wenn  gy  uns  uppipen, 
Wy  alsbohl  na  onsen  Wersten  on  Schincken  dörfen  grypon. 

Thraso. 

Macht  es  ibort^  jbr  Lnmpenkerdl,  verschafft  mir  Viversl 

Stranck. 

Naber  Kiepkann,  bört  doch:  de  Fange!  wel  viff  Werst  hebben;  a  eoblaa  80 

doot>  acUa  dootbl 

Klapkann. 

Hdr,  da  MnoAkoi»,  welia  fyff  Wenit,  wie  stahn  die  (o  nicb  enen  Flegenfootb. 

Tbraeo. 

Idi  iehweie  ee  eicb  PanerknoUen,  bekom  ieb  eidi  einmahl  wieder  vnter 

meine  Oonbibution  — 

[Julja]  Strnnok. 

A  mdm  Kerd],  wir  Teislebn  dat  Freataeeeob  ook  wol;  on  wenn  wie  glyek 
benob  kehmen,  wat  weit  dn  onß  wd  dobn,  dn  Galgenbobn? 


V.  G8.  klempincn,  peinigen,  quälen.  —  71.  K apunenfreter,  ein 
Schimpfwort  für  die  marodierenden  Soldaten,  wie  V.  120  Henerfreter,  141. 
14&  Henerbyter,  125  Oansmörder.  —  72.  Peltadywel,  wohl  eine  Bo- 
Michnong  für  Motte  oder  Lane.  —  76.  Looftbrenner,  treuloser  Mord- 
Woiner.  —  77.  D.  bat  nib  nnd  one.  ~  79.  YiTera,  freneaeiacb  vittn», 
LebemBnitteL  —  80.  Pnngel,  Padc,  BOndel,  bier  ale  Sobimpiwort.  — 
8L  Mnnlkop,  ancb  T.  105,  Schelte  Air  einen  Dieb. 


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120 


Drei  XAn^betgar  Zwiaditniptde  «ds  d«m  Jalu«  1644, 


Tbr»io. 

Ich  wolt  eidi  lehreoi  wie  jhr  einen  ebriadien  CftvaUiieo  so  Mit  attaqniivn. 

EUpkann. 

86  On  dat  aolt  da  wetheo«  vy  wollen  dj  ao  boohl  all  4n  «dB  können  mit  dem 

Panneean-KeeB  affcavallireo. 

Thraeo. 

Ich  bin  noch  niemals  vnter  so  ▼erschlagenen  Paoien  gswesen  als  jteo,  da 
ich  doch  bedient  habe  so  manche  Scharse. 

Strnnck« 

Naber  Klapkaiin,  beer  gy?  Hee  well,  wy  eck  hör,  dat  wie  en  tiactaren 

sollen  nth  dem  Arse. 

Thraso. 

Ist  nicht  au  beklagen,  dai  sich  solche  leichtfertige  Paoertöppel  so  vergreiffen 

dörffen  an  ynser  Orandese? 

Klapkann. 

Juncker  Wephan,  wen  gy  niit  ehrenvesten  Bouren  reden,  met  gy  nieh  bod 

waren  so  böse. 

90ilürt  my  ent  to:  sy  gy  de  Jancker  Wephan, 

So  sol  gy  ewen  weissen,  dat  eck  allhier  de  Schult  f>in  Dorp  sy  on  boet 

Herr  Klapkanu. 

Thraso. 

Wie  ichs  dafür  anse,  dörfften  sie  siel»  nicht  Schemen, 
Daß  mich  die  Paardieb  in  jhre  Contribution  nehmen. 

fJiüjb]  Strunck. 
Wat  darffstn  Worstryder  veel  von  Oont^rbution  seggen? 
96Weltu  onß  arme  Buurslyd  noch  met  mehr  Conterbution  beieggen? 

Hebben  wy  doch  conterberd  vam  Eop,  vam  Fod,  van  Hassen  on  Wams,  van 

allem  onsem  Yermegen? 
On  da  ontydige  TbnBmahner  weit  onO  noch  dat  letste  Bestoken  «tfegen. 

Klu|*kaun. 

A  Kaber,  fiith  den  Deew  an,  wy  wellen  en  Elzempel  an  em  staweren, 
He  mA  perforsch  at  dem  Xrscer  responderen. 

V.  85.  affcRvalliren,  vielleirlit  von  Caviller,  Abderker,  also 
=  schinden;  was  lieiBt  dann  aber  ,mit  dem  Parmesaukäse* ?  —  86,  Scharse, 
Charge.  —  87.  1>.  hat:  hetwell.  —  88.  Orandese,  Grandezza.  —  90.  ent, 
einmaL  »  Wephan,  wohl  ^  Wippstert,  mit  Besag  auf  das  Einhemtohneren 
der  Soldaten.  —  97.  D.  hat  oneydigo.  —  Tenßmabnor,  Zinsmahner.  — 
96.  staweren,  statuieren.  —  99.  perforsch,fNi»/'oroe,  wahrlich.  —  Kracer 
B  Kaiser? 


Von  Johannes  iktli«. 


121 


Eyr  vrMt  Kinber  Stranol,  dat  iim  Ebten  m.  onaemi  Derp  gebeHrk  ä»  Ehr.  100 

Berwagen  my  ida  dem  Eltesten  em  Dorp  ook  bilUk  gebart  de  Ehr, 

Ott  gy,  Kftber  Stnmek,  wyl  gy  ayn  en  Kfthlgeeehemer, 

So  wl  gy  nif  kraift  tnigendee,  tnyneti  habende«  on  alleleit  wolgefiegendee 

Ambtes  gyn  inyn  Landtgeschwamer. 
Kamt,  seet  gr  ju  1\v  oiiß,  en  helpt  ontt  dat  reclite  Tle^^ht  spreken» 
AVie  \vy  onß  an  aololu^n  niußkopschen  Dewen  sollen  n-okenl  106 
Qu  gy  (^{iaß  jhr  weissen  -solt)  onty^lip^or  C.n>itein  Wi'jilian, 
Bequemt  ju  vnderthänigst  mit  junem  syndlichen  Corper  alhie  vor  onserm 

Gerecht  to  stahn! 

[Jva]  Thraäo. 

Wird  es  mit  vna  alhie  nicht  schöner  werden,  dafi  ich  vor  dir,  du  PaarknoU, 
Vech  deinem  Oefiülen  [mich]  eben  geatellen  boU? 

Klapkan  n. 

ilur,  du  Bum-plager,  du  aolt  weten,  dat  du  jetznnd  best  op  onserm  Mestliupen.  110 
Wy  wellen  die  en  Ordel  eprecken,  de  h}7igerste  GorgeL  eol  die  pupen. 

Thraso. 

Ich  habe  mit  euch  Pauerreckeln  nit  zu  thun;  ich  nehm  von  eich  meinen 

Abscheidt. 

Heberncx  [Büttel,  trift  oin  mit  seinem  Gehilfen  Cnntz  Drol.] 
Ehrenveetigo,  wyßneaige  Herren  Landgeechwamer,  wy  stonen  on  Warden 
hir,  wat  ons  june  wyßnessige  Herrschaft  gebeut 

Klapkann. 

Wy  bo(V4i]pii  jn,  dat  gy  deisen  gft<renwertiL'r>Ti  nrttydigen  Affeceren 

Ob  onser  Oeheiß  sollet  en  dat  Ualßejsen  fehreu.  116 

Thraso, 

Ihr  Kerrela,  thut  mir  keinen  Ambrosch! 

Cuntz  Drol. 

Wat  weit  du  veehl  braschen?  Holt  de  Neefl,  do  Galgendew;  wiltu  noch 
vell  moppen?  Wie  dohOf  wat  onA  onsre  Ewiigcheit  befehlt.  Holt 
da  de  Qoaoh! 

Y.  100.  Eyr  weiat,  ihr  wißt  yg|.y.9L  106  weisaen,  114  deiaen. 
-  101.  saet,  Mtot  ^  106.  D.  hat  allie  —  112,  Reckel,  grofter  Hund. 
113.  stonen,  stehen.  —  wyßnessige,  statt:  wolweise.  —  115.  D.  hat 
Haißfvser.  In  V.  139  heißt  es  Halsschlinge.  —  116.  Ambrosrh,  französ. 
approchc,  Annäherung.  Nach  Frischbier  vielmehr  von  cmbroiement^  Aufruhr 
absakiten.  YgL  V.  19.  —  117.  braachen,  achreien,  Iftnuan,  —  moppen, 
mnffen,  maolen  (»neh  niederiindiaoh).  —  Qoaoh,  Hond.  —  D.  hat  Ewige heit 
(vgl  y.  188). 


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12S         I'ni  Königsberger  Zwischenspiele  aus  dem  Jaiire  iiA-L 

Hebernez. 

A  dD  Lunfhiindi,  best«  op  dat  paoh«ii  on  pcintMÜii  lo  fyx» 

So  liyr  hestu  wegen  mynes  «hrlioheB  KahmeiiB  hftlwen  diwen  Hebbenml 
ISO  Tort  forti  du  HMMrfrater! 

Thraso. 

Ifar  Henmn,  tbat  mir  kdn  Gewaldif 
Idi  wü  hiwwoa  protattiran. 

[JvbJ  Cnnta  Drol. 

On  «7  woUen  im  ZaldaAtn-Beobt  met  dy  ezeqmnik. 

T  Ii  raso. 

Welcher  Element  hat  jemahls  solch  ein  Becht  erdacht? 

Hebberaez. 

Recht  erdacht?   Ei  wer  hefffc  doch  dat  Becht  «rdMsht, 
-  Dat  gy  Boldataelien  Landwörm  onser  Enten,  Heener  on  GMnA,  ja  onm  Oven 

on  Keeg  ohn  alle  Verhör  on  Recht  hebben  emt  Lewen  gebracht? 
1350  du  GaoAmörder,  eck  kenn  die  wol;  styng  et  en  myner  Macht,  eck  wal 

dy  so  holen, 

Da  seit  von  dysem  mynem  by  my  habbonden  Pregel  erkohlen. 

Xlapkann. 

Hfir  dn  Hebbemezt  bol  du  dy  glyckwol  en  dynen  Orft&taen 
On  «preok  nicb  ehr  Ordel,  ehr  wj  bciyde  ambtstragende  Herran  dy  geben 

Qidmanisenl 

Stritnck. 

Dat  ee  war,  Herr  OoUegee,  daft  de  Dehner  hydigee  Dages  mehr  weUen  regenn, 
ISOOrdlea  iprecken,  stralfon,  aA  de  Bechter  seibat  Joetetiam  meoestrereiL 
A  gy  deeaenehe  Galgendew, 

Wat  ded,  wen  en  ider  en  eynen  ezpTeeew  Yerbie  blewi 

Klapkann. 

Na  dem  wy  uth  oneerar  Ewerkeit  on  Hemehafil) 
Safft,  Kraflt  im  Herrligkeit  als  Landgeschwamer 
185  L JjiO  ^  ^  Justitien  Ordel  nnd  Becht  to  aprecken  syn  erkahren, 

Ona  awer  GeberCh,  Ambta  halber  alle  Greven  der  DOiper  on  tertoigem  äff 

to  aehafibn, 


V.  11&  prantseln,  schwatzen,  schelten.  —  119.  Hebbar nezjCBabe- 
niebts?)  mnB  hier  Schlag  oder  StoA  bedeatea.  —  190.  erkohlen,  erkalteo, 

sterben.  —  127.  D.  hat  Hobern  ex  und  123  Ordinantzer.  —  188.  D.  teilt 
diesen  Yera  noch  Strnnck  sn  statt  Klapkann.  —  188.  nnTSistindlidL 


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Von  Johannes  BoUe. 


123 


Ob  iry  dy  Banrplager  met  äjuem  Bnuid-Zedel  ons  BaiMrsljd  em  Doip  vi 

tcHnorgeln  beblwn  «Dgetroffen: 
80  lieb  wf  äynen.  SwennoLt  woUmi  breoken 

Ob  djf  met  Ehren  to  melden,  mit  Ziehten  to  reden,  en  diese  Halwchling 

Inten  eteeken. 

Thrnso. 

Ihr  Herren  Ptaven,  bin  ieh  doch  noch  nicht  im  Beohten  yher«nmd«n.  140 

Strnnek. 

Henerbyter,  hool  dnt  Mul;  dyn  Ordel  es  dy  eU  gefimden. 

Klapkann. 

De  Landsknecht  es  gewohnt  to  sengen:  ,Paner  Hurenaohn';  jetzund  secht 

he  ut  Angßt:  Jhr  Herren  Paaren, 
Ebrenveste,  wolwysege,  wolgesUverde  Landgeschwame,  hört  oneP  Dnt  dn 

moet  Tersnuren! 

Thraeo. 

iroB  jbr  Herren  Leadt^echworae,  was  wollt  jhr  von  mir  haben,  daß  ich 

bin  inft  HjOBeyaen  geeetit? 

Strnnek. 

Fngit  du  henerbieterBcher  Henerbieter  noch?  Dat  du  onfi  de  Gespenster  145 

wedder  «riechst 

Thraso. 

Bdie  ich  eich  doch  nieoiaUs  ein  Hohn  genommen? 
^  sol  ich  denn  so  Tnachnldig  rar  Besablnng  kommen? 

[Jvjb]  Klapkann. 

Hör  non,  Kerel,  hohl  da  et  seeker'  dafor,  dat  nnsere  Ehrenvest  ehr  syn 

Torm  Garn  gewesen 
Ob  hebben  dat  lange  Becht  ock  met  Yerstaag  gelesen! 

En  dm  Corpen  jnris  eteit  uthdrooklioh,  dat  soltu  weten:  IGO 
Oewdt  ifll  man  mit  Qewolt  Stereo.  Sj,  dat  yersteystn  noch,  da  Dadidew;  nich? 

Thraso. 

Habe  ich  doch  keinem  Qewaldt  getban. 

Klapkann. 

Gemahlt  es  nich  gescheeten. 
W«la  da  nich,  wat  de  Bebbt  femer  seggen:  Sclingmdus  habetur  pro  Schlitig 
^   to  dem  den  HaU, 

V»  187.  D.  bat  Buneralyd.  —  ui  tomorgeln,  anverständlich.  — 
14&  Gaapenster  s=»  Sxptnsae,  Ansgaben?  —  148.  ehr  vorm  Garn  ge- 
wesen, d.  h*  aie  kennen  aolche  Schfiche  (Garn  =  Neta)  von  frflher  und 
liiaa  Bich  nicht  damit  fiuogen.  —  149,  dat  lange  Becht  =  Landrecht. 


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124 


Drei  KSoigsberger  Zwisohanaiiiele  ans  dem  Jahn  1644 


Arikudos,  pnrferles  fyf.    Lex  Ligttum,  ex  podice^  pargraver»  M.  Tipeidem 
T.  Tipdckm  C.  Cicero,  sy,  dar  heatu  den  gantio  Brü  en  Braß. 
155 Du  haddest  gestablen  od«r  wolst  noch  stehlen;  et  syo  bejde  (weer  Soortqr 

Kynger. 

Wyl  du  ons,  den  Mmti^kup,  liest  wollen  damit  (doch  dem  Reohtou  selw.st«n 
nah,  et  et>  ja  üonnenklar)  durch  dynen  outydigeu  Restxeddel  dat 
Onnige  affmusen, 

All  hebbeo  wy  dy  dorch  BOlieheit  on  Becht,  wie  recht  es,  gebracht  en 

dieee  Oliueii. 

Tbraao. 

Ich  bitt)  dal  mir  ein  Ffltapraeh  m5ge  Bageoxdiiei  werden;  ich  bin  ün  Beehtem 

nngeiobickt. 

[Jv^a]  Strunok. 

A  Galgen^kei  beetn  nu  em  Rechten  «mgeecbedct,  «y  em  Zaekeran  beetn 

wol  nicb  nngeacheekt. 

160  Kanstn  doch  wol  in  encr  Ycrdelstungeii 
riocken  Toa  hundert  duaent  Wangen. 

Klapkann. 

Nn,  Herr  Gollegea  Kohlatranok,  gy  hebben  jo  allee  flytieh  protooeUert, 
Derwagen  ja  na  al  dem  Schiywer  dat  Ortel  to  pobleoeren  geberth. 

Kolatrunck. 

Naehdem  wir  ehrenveete  Laodgeschwame  gar  wyilich  beftmden  on  erwägen, 
166  Dat  gegenwartige  Captein  Lnnfi  a£  de6  Eiyaen  CSaria  Laadaknedkt»  onee 
Fynd,  vor  dieBMn  veeh]  Heener  on  OinB  geatahlen  on  doot  geecblagen, 
Aa  haben  wir  em  dat  Ortel  gefangen, 

Dat  he  ertleck  uth  unaem  DorffiKhafit  aol  gebetet  werden  mit  allen  Bonr- 

hangen; 

Dama  sollen  em  twe  Neesen  on  5.  Ohron  warden  afTgeschnedeo, 

Vn  wo  nich  von  enor  hogpTi  Pfi-son  ver  den  Dew  ward  gebeeden, 
270 Sali  em  de  Hingerste  vor  lien  Koop  wnnlon  gelecht; 

Dama  wollen  wy  en  laten  loopen.  Dat  es  dyn  Ordeli  wy  recht  es  van  Becht. 

Thraso. 

Ihr  Herren,  ieih  tage  noch:  mir  geechicht  Gewalt» 


V.  154.  Brü  en  Brafi,  Brühe  nnd  Speise,  den  ganzen  Kram  oder 
Bettel  —  166.  Seeeter,  Sehweeter.  —  167.  Olnae,  Oeftognia.  Vgl.  III,  114 

—  169.  sackeren,  sackeriereo,  fluchen.  —  161.  Fünf  Wunden  (GlmatQ 
war  ein  häufiger  Fluch.  —  162.  D.  hat  protocoller»  und  16Sdort  OrteL 

—  164.  Kolatranck  =  Stnmck.  —  170.  X).  hat  Koopt. 


Von  JohAnnw  Bqlta. 


125 


[JvijbJ  Hebernex. 
IVilnlMg»  Herr,  wy  fi«gen  nooh  «nt;  begeht  luii  reehtl 
SiU  diMe  arme  Synger,  ehr  he  nodt  gekept  werd,  iMHsh  ereUioh  wevden  op 

de  Tabeltnr  gdeeht? 

Klapkann. 

GeaA«  gy  Dew,  on  doot,  wat  ja  wart  belaUen,  175 
Oder  jn  aol  met  aampt  dem  Dew  de  Kra&cket  h^Men- 

Koltopu 

Na  wjpaueeige  Landgeeehwone,  de  Herren  gaben  vor  her: 
Wy  weQea  met  dem  Dew  folgen;  den  Herren  gebehrt  de  Bhr. 

Koletranck. 

Fort  met  dem  DewI  Meenetn,  dat  wy  deB  Beedele  Yetleper  qm? 

Thraso. 

I  so  achlag  Fett  und  Pulver  drein,  da  mau  lür  dem  Bawer>Ampt 
Oha.  alle  SohnM  nnd  Barmhertaigkeit  wird  vardamptl 

Koltop. 

Sih  so,  du  Mußkop,  mot  mau  mot  jn  den  Pultorpaß  speelen.    Eck  wel  noch 

den  Dach  erlewen, 
Dat  gf  ohb  Bnnren  nodi  aollen  de  beste  Werde  gewen. 


2.  HanBemann  und  die  htkbaolie  Polln* 

Intersconium  secnndum. 
IJTiya]  Paad  Hanaeman»  Jungfer  Terapetki 

Hanscraan. 

Ka  so  geith  et  drop  henn,  eck  bebb  lang  genoch  by  der  Moder  Tett  geeagon 
Oq  gy  myn  Daag  nergents  en  der  Welt  herem  getagen. 
Wat  helfe  man  van  enem  vernehmen  Baorgesellea,  aß  eck  sy.  de  der  »ich 

en  Loch  en  de  Welt  springt 

On  na  euem  gQldnen  Wagen  ringt! 


V.  174  Tabeltnr,  mißverständlich  fttr  Tortur.  —  177.  Koltop 
scheint  mit  dem  V.  117  anf^retenden  Cuntz  Drol  identisch  zu  sein.  — 
179.  Beedel,  Büttel.  Vgl.  III,  144.  —  182.  Pulterpaß  speien  mit  einem, 
ihn  durchpriigclu  (Poltetpassie,  Eumpeknette). 

SL  ay  irtlndihalivAbin,  ebenao  X, 91. H,  a  15. 81111, 06.-1).  hat: 
Setaogen. 


126         l^rei  Königsberger  Zwischenspiele  aas  dem  Jahre  164A. 

6  Denn  wy  mim  Beehti  «n  ao  euer,  kreehi  he  nyöh  de  Beedar,  äai  m  gewefti 
So  kracht  he  doch  op  dat  geringate  tbh  dem  Wagen  de  Lei 
Eck  heh  hen  on  heer  hy  my  gedooht,  yry  eekt  doch  ^"»^t"  wal,  dat  eck 
to  Ehren  kehm;  eck  meend,  wen  wy  «tgenta  an  de  Stadt  wor 
Warden  Gent  fehreo, 
So  wel  eck  mefc  henen  on  wal  darbeonen  wor  dat  fiergarmeieter-Handwedi 

lehren. 

Awer  wie  my  dünckt,,  et  ward  my  wol  nicli  pjalinen  an, 
lOWyl  er-k  wediler  schrywen,  leesen  oder  ifcktln  kan. 

£t  sol  my  wol  glatt  anliggen  on  ward  njy  syn  goot, 

Wen  eck  alle  Daag  Wyn  saapen  mAeht  on  fi«then  Wetbroot 

[Jviijb]  To  dem  ward  edc  doch  oek  mcth  kng  kennen  von  HnnB  blywen« 

Wyl  eck  my  ea  körten  vergenohmen  hebb  to  bewywan. 
16  Eck  ity  hyr  alleen  (de  Stenn  to  geredt):  wen  eck  den  MelleEaeh  Sophydw  aeli, 

Deit  my  de  Bnack  von  grooter  Lewe  eo  weh: 

Eck  kan  wedder  azbeidden  oder  drineken, 

Lath  eck  vor  Lew  den  Kopp,  Heng  oii  Foethe  sincken. 

Bold  es  my  kooU.  boold  es  my  lioetli,  btRil  grüsselt  my  de  Hunt, 
90 Alle  niyne  GedanckcMi  syn  nur:  weer  doch  man  de  Zucbjibicko  dyneBraat! 

Eck  glew,  dat  lewsto  Hi>reiikiiul  hefil  uth  dem  Laude  Pablen 

Von  allen  schönsten  Jungfern  de  Schönheit  gestahlen. 

Wen  see  met  enem  koBt,  so  hefil  see  solcke  schöne  Grewken  en  den  Backen, 

8y  weet  der  dy  den  Bingersten  ao  keeee  ÜMae  to  raeraa,  den  B^>opp  da 

Sohollar  on  den  Nacken: 

96  AlleBf  waifc  aae  daiti  dat  ateit     an  so  fyn, 

ICet  dam  Mfllcken  wett  aee  so  lemperleeh  to  reden  van  de  myne  on  dynei. 
Wann  aee  en  der  Karok  aett,  wiewol  ae  nick  leaen  kann,  aieht  aae  doeh 

alltyd  ent  Boock 

[K^l  On  veiaafit  ao  gottf&xchfeig;,  ai  wen  de  FTeener  nth  dem  Stoppel  sapen, 

darna  oembt  se  dat  Dock 


V  C.  Loß,  Lisstock;  eine  der  vier  gekrümmten  Stangen  am  Leiter- 
wagen, welrbe  vom  Achsennagel  aulwärts  gehend  zusammen  mit  den  Eungen 
die  Leitern  halten.  —  9.  85.  126.  gähnen,  gehen;  wie  V.  61  dohnen, 
67  aynen;  I,  lld  atohnen;  HI,  14  entachlaoeo;  in,  140  dobnen.  ^  11.  D. 
bat:  ayns.  —  12.  D.  hat:  Wytbroot.  —  13.  D.  hat:  nih.  —  IG.  Aebnlicb 
ungeschlacht  äußert  sich  der  Liebesscbmorz  des  Clowns  in  den  Englischen 
Komödien  und  Tragödien  (1(520)  und  in  Ayrers  Phaenicia  8.  2054  — 
24u  heese  l'eese,  hurtig,  gescbiii'tig  (holsteinisch:  häsebäseg).  Vgl.  Heister- 
feister  =  ruheloser  Mensch,*  H&schapischa  =  Fährmann  and  Iboliohe 
Büdnngen.  ~  S&  Teraefft,  aedkb  —  Steppet,  kQliamaa  GeftS  lomWaaeer^ 
nchöpfen. 


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Ton  Jobaoaes  Bolle. 


127 


On  wescht  de  Ogen  on  dat  rode  Mylcken:  et  wer  nich  Wunger, 

De  ae  nur  ansyt,  dem  brent  dat  Hart  na  er  wie  eti  Fyrzunger.  80 

H  d«l  mot  «ek  seggen:  so  sj  eck  gegen  se  gesehaKtoD, 

Eck  W6l  mjn  Ljw  on  Leweo,  ja  myn  gute  PatarmoagAm  by  ehr  laton« 

[Sophie  tritt  auf.] 
Dat  dy  Gad  gew  Fedder  Kyl  met  all»  Schellen! 

Ifecht  de  Knuiekt  deenen  bj  ackke  Fra,  dar  nkacht  niob  he£Et  aya  egen 

Es  [et]  nich  Schange^  8y^?  Wen  my  osee  Enaehi  Honfenaon  aositt  oddar  86 

anladit» 

Sehreeht  ae  all  Wolt  toI  Dywol:  A  du  polachen  Baakerliooran,  wer  leww 

dy  Wocky  waehtb 
Boorty,  aehnoorty,  schelly,  bubaniz  gantze  Lewdadi, 

Dat  my  lengp^er  en  Huuß  to  blywx  Grui  mach. 
Gystera,  aü  my  onß  Knecht  Honßman  Hrht  to  Baddi 

Od  nor  kleen  beßke  Kettely  met  my  hatUli,  40 

Ach  leffst  Yadercki,  wat  dat  met  my  Fnm  hab  vorlewen: 

Schreecbi,  blard,  säd,  wol  my  lathen  Kackschelling  gewen. 

Eb  [my],         Gott  Baakt  Ifidiealt  nioh  an  Stock  gebangi: 

PQb]  Wel  ede  nieh  lenger  denen,  wer  weth,  my  bypach  Brydgamky  fingi? 

Hauseman. 

Ach,  eih  dort  mynen  Ogentroetl  Aoh,  dee  JBuuck  wel  my  to  springen  46 
Ter  grootar  Lew;  eck  mot  Orsaok  met  ehr  to  kooeen  fingen. 
Wo  80  geachwing  ben,  Jungfer  Sophyke? 

[Sophie.] 

Daacki  Gott  aehr  fiyndUehi  wolli  belke  tom  Lenwewer  atrycke. 

Hanseraan. 

Eck  hebb  ja  laug  nich,  Jangter  Sopbycke,  gesebn. 

Sophie. 

Ken  my  nich  veel  lati  sehn,  my  Hartzki,  wyl  my  es  dehn. 

Han  sem  an. 

Bebb  gy  den  ao  Teel  to  dohnen  by  janer  Frauen? 


V.  SO*  D.  bat:  enyt.  —  82.  Petermongem,  Paftrimomom,  Erbteil. 
8BL  Fedder  Kyl,  ein  Fuder  [vgL  V.  64]  Prügel.  —  Sehellen,  ICanl- 

scheüen.  -  36  Wocky  wacht?  —  S7.  bubantzen,  nnfreundlich,  mnt- 
wilHg  behiuidtln.  —  38.  Grni,  (rrauen.  —  39.  licht,  leuchtete.  —  40. 
Kettely,  Neckerei,  Spass.  —  i2.  üackschelling,  wie  Kakstipe  =  Schelte 
am  Pranger.  —  4B,  atrycke,  laofen,  dien.  —  60»  dekn,  dienen? 


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X28  Königtibt^i-ger  Zwischenspiele  aoa  dem  Jahre  1644. 

[Sophie.] 

Wat  nych  to  doony,  my  huiay  Senk«  aap,  dat  dy  meehti  gnii 
All«  DMg«  my  bradi,  Madi,  kaaeki, 
All«  MaUtyd  my  f«ffly  Goveebt  macky. 
66  Ka]^  my  an  Xobleaohaali,  my  my  Spaek  m«t  Qritai. 

Hanseman. 

So  mög  gy  doch  wol  veel  to  dohn  hebben«  dat  kühn  eck  nich  ntatahn. 
Wen  eck  so  wer  wy  gy,  wol  eck  my  emseen  am  «neu  juugen  Mann. 

Sophie. 

Es  my  to  niocki,  kami  Tvt  genoch. 

Mot  eck  my  trecki  en  myue  JDee&at  a&  an  Plooch. 

[Kga]  Hanseman. 
60  Jongfer  Zopfyke^  wann  edc  wyat,  dat  gy  my  wellen  met  Tryen 

eck  wnl  ja  woU  nehmen. 

Sophie. 

Es  von  Oott  versehen,  kan  wol  gesehen,  darff  my  janer  nyoh  achemen. 
Es  eck  my  vom  fiaadel:  Zopfycke  von  Terpetki,  es  my  myn  Yader  eb 

ryok  Hann. 

Hanseman. 

Eck  wel  ju  man  fragen,  äff  h«  det  Jahrs  ook  veel  opateck«n  kan. 

Sophie. 

Wat  meh  opateeki,  wat  nicht  opstecki?  Wol  fyff  Feder  Heeg  en  puitie 

WeekL 

66HeSt  wmkgetadkSnt  HoA»  Eeh,  Oftnft,  Heener  sol  gy  sehn,  dat  gy  sollen 

Finger  leckL 

Aeb  Behmoelg^,  aobmocky,  lewer  Oott,  schSn  Perdtl 

Hanaemaa. 

SoUen  B«  wol  qmen  danaent  Gyllen  werth? 

Sophie. 

Ach  wat  dunaent,  wat  dnnaent?  Ode  wol  hnngert 

Fahrt  gy  en  mahl  met  mj  na  Fahlen,  wart  gy  ja  verwiugert 


V.  52.  Serzke  sup,  etwa  vom  poln.  moie  ^rree  (mein  Herz)  abzuleiten. 
—  63.  D.  httt:  Üaage.  --  65.  Kolilesrliaali,  Kalto.schale.  -  öP.  Dient  es 
ZU  meinem  Glücke,  so  kummt  ^  zeitig  genug.  —  62.  Haadel,  Adel.  VgL 
V,65.96Hb8BL  —  63.opst«eken,hiars»  verdienen, gewinnen.  64.F«der 
Heeg,  Fuder  Heo.  ^  66.  Die  Polin  vermag  aieht  bla  tanaend  wo.  alhlen; 
hmadert  dllnkt  ihr  eine  grttfer«  Somme. 


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Von  JohnaoM  Bolta. 


129 


Hanseman. 

fleb  gy  ja,  Juugfer  Zopfycke,  ock  sonst  met  enem  angem  versecht?  70 

Sophi«. 

Et,  myn  Hartzeschatzki.   Had  eck  my  verlawt  met  QDfle  HaoA  Knecht, 

Awer  de  Sohohny  altit  en  de  Kroog  lept 

On  my,  wat  eck  verdeent  had,  my  alles  verseept. 

Hanseman. 
Hab  gy  dann  ock  noeh  hiLbBche  Klederky? 

[Sjjb]  Sophie^ 

Eck  li«b  6n  gaats  on  twe  MrnMen  Mddeilcy.  76 
Ja  myn  Hartdri,  my  noch  wol  heat»  dat  kanoat  beatahn 

On  trotz  wie  ener  Jungfer  in  groote  Stad  gähn: 

Rodi  Strempi,  cordoansch  Schoo  parr 

Met  Afiaetzky,  met  groote  Breill:  wann  6Ök  daata,  geid  knir  knacr. 

Sfhöni  gröni  Srhortz,  rodde  Kragen,  80 
Dat  eck  mi  nicht  .schämen  darff  alle  Dagy  zu  dlttgOl. 
Met  en  Wort,  lieli  eck  dorch  Gottes  Segen 
Dp  etUch  Jahr  Jüederky  to  d  regen. 

Hanseman. 

Wenn  mahn  gy  den  wol,  Zepfyke,  dat  wy  wellen  Köating  maoken? 

Sophia 

My  Baxtaky,  ea  eck  my  all  fertig  ob  Xöating;  eok  mot  to  Hmiit  galman  8& 

md  Geelfleach  kacken. 
Wels  Ck>tt,  my  Hartacke,  op  ^yndaoh  war  erk  ja  verekten  von  Enmelicke 

Schnoppaldoook 
£d  ODse  Dorp  en  de  Krooch,  dort  syd  gy  ock. 

Hanseman. 

Wart  my  doch  de  Tydt  bat  op  den  Syndaoh  waiden  dra  Jalur  lang; 

V.  70.  rersecht,  versprochen,  verloht.  —  75.  Mederky,  Mieder.  «— 

76.  Es  ist  wohl  zu  lesen:  my  noch  wol  heft,  ich  habe  wohl  genug.  — 
19.  Brelli.  wohl— Schuhsclinalleu.  —  84.  Kösiin Hochzeit.  —  85.  Geel- 
fleach, Fleisch  mit  einer  Safiranbrühe.  —  86.  Kremelicke,  Krämerin 
('kke  iat  di«  littaniaehe  Feminineadnng).  —  Sehnoppeldoook.  Wie 
Tb.  Lepner,  Der  Prenaehe  Littaner  (1690)  &  80  f.  beriohtet,  Obeneiohte  bei 
^en  littanem  die  Braut  dem  Werber  ein  Schnnpftnch  als  Zeichen  der  Ein- 
^llignng;  ebenso  schenkte  der  Bräutigam  ihr  hei  der  "Verlobung  ein  .solches. 
Rini^e  Warden  erst  bei  der  Trauung  gewechselt.  Vgl.  M.  Prätorius,  Deliciae 
i'rasüicae  (1698)  S.  73  ed.  Pierson.  J.  und  O.  v.  Düringsi'eld,  Hochzeitsbnch 
(IWl)  8.  17.  168.  199.  228.   Fnschbier,  Preußische  Volkslieder  (1877)  S.  15. 

Altpr.  MonaiMolurifi  Bd.  XXVIL  Hit.  L  u. '<L  0 

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IQO        Drei  Kdoig^beiicer  Zwischenspiele  aus  dem  Jahre  1644. 


So  es  my  na  der  lewstom  ZodMo  M  bang. 
90  Hy  dfinok,  weno  wy  man  d«  XAeting  hebben  ▼erbraeht, 
War  Mk  myne  Sehaap  babban  op  dat  dreige  gebnusht 

(Siöa]  Sophia  TarepatkL 

I  by  my  bartei  gtooti  Pelts,  irat  ack  bohl  hada  vargstbi: 

Hy  bartri  Jtmek«rS|  Fvawi  on  Jnnftroki, 

Wyl  my  es  mise  Herr-Gott  hflpaohe  Hansemanky  beschert 
95  On  he  nu  op  Syndach  Kösting  met  my  to  roacky  begart, 

Well  eck  ju  sehr  dancky,  fryndliVh  tor  Köste  enlaclen, 

War  wy  ons  hoVjben  hypschp  Schnorlteski  gebraden, 

Hingervenk'l  von  Soliep.si,  Portzknaki  van  fiossi, 

Met.  acliwartz  Eiigwerbrv  ewergossi, 
lOOliypacheu  aflgerert  met  Plafierki,  met  Fertzi  gefartzi, 

En  par  Haspelheoer,  3.  OanseosebwartBi 

Met  Senff,  Stick  Fackel-floMsb, 

Ena  bypaebe  Badralkyl,  ook  allarle  Flascb» 

Hypaoiha  aebana  Sebincki;  oek  dat  gy  aolleo  wati, 
106  Hefit  de  Haußman,  myn  Brütgam,  gescheti 

Zwantaig  frische  Duwi^  elff  Schock  Sparlingi. 

Warst  wy  ock  hebbi  schön  Schmarlingi, 

Vti  Katzhach  gefescht;  darff  ja  nich  schämen. 

Wat  Bysetzen  betrcfTt,  lieb  eck  en  gesaltsten  Siltz  von  halff  Schwynsai;;o  s*  cht, 
110[£iiibJ  £nen  schmocken  gebradeaen  Teleigs  met  den  FenselloUoi  on  rooden 

Zwem  zugerecht. 
Dat,  my  Sesterky,  schmadd  my  bat  op  dat  twallfta  Hart 
Nock  mabr  aek  my  eck  nocb  NonnanHurtsky  tom  Byaata  my  spysy  wart. 


y.  69.  Zocke,  Hündui,  biar  als  tiebkoaimgswort,  wie  bei  Lanremhefg 
(Niederdeutsches  Jahrbuch  13,  47)  ein  Bauemknecht  seine  Liebste  ,de  allar- 
leffste  Tfivc'  nennt.  —  92.  D.  hat:  Tereperki.  —  Pcltz,  nnklar.  — 
97.  Schnorbeski.  Vielleicht  ist  Schmorbeski  (geschmorte  Bissen)  zu 
lesen.  —  98.  Portzknaki,  Steißknochen.  —  Hoaai|  Oduan.  —  100. 
Pfaffarkif  Pfafiw^  —  Fartii,  Taroa?  —  101.  Haapaibanar«  HaaalbQbiiar. 
—  Gansenaobwartsi,  Schwarzsauer.  -  102.  Feckelflesch,  wokl  in 
Farkel6esch  zu  ändern.  —  103.  Rackelkyl,  Rehkenle.  —  107.  Srhmar- 
Hngi,  Schmerlen.  —  108.  Katzbach,  ein  jetzt  üljerbanter  Abfluß  des 
K()nig8berger  Schloßteiches  in  den  neuen  Pregel ;  aber  auch  sonst  hauiiger 
BwbiiaiB»  — •  100.  Ufi.  Byaatsan,  Zugabe,  Kompot  —  llOi  Telelgs,  ein 
lattar  Knoban.  —  FanaalioUaiit  polnisch  wfiel.  —  IIL  Sastarky, 
Sohwaatarohan.     US.  Nonnanfartsky,  ain  aOasea  Qabick. 


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Von  JohMuiM  Bolte. 


181 


Zoppalky*,  OfetsMi*,  Lewer-,  Bmtworaten,  met  Schyaioa  m  Meloheu  aff- 

geklahrt» 

Hupelnissen  frischen  ut  dem  Wald  gohald  so  hart: 

Keen  starcken  Bmirknerbt  met  hintfr«tf»n  Zeenon  enzweybeisaen  wart.  115 

Noch  ens  hnd  eck  niy  bohl  zum  grossen  Ongleck  vergessen: 

Wen!  eck  ock  ewertagcn  Caspersteeu  niet  Zuckerky  hebben  zom  besti, 

ons  barm  junge  Khlidke  verleefH  toneluuen. 
Hebby  uns  ock  dre  scbmodd  Fedelmaun, 

fil  met  grooten  Fohfnli,  de  ons  speien  ktn  190 

Dre  Dag  gode  Tyd,  die  Dag  goode  Tyd, 

Dt  ander  met  nedel  Fydalky, 

Hanger  <m  Kxmmm  ock  dalij, 

De  diedy  mel  kleme  VyätSkjt  dat  klingi  so  aohon, 

H«7,  wie  wart  ons  freren  na  dar  Sonny.  lfi$ 

Nq  moth  eck  to  mynem  Brütgam  gabnen  bMieo: 

Uy  hutaj  Jongferky,  bed  ja  aebr  hfipaoh,  wo  gy  op  Syndaoli  myn  Bnmt- 

Jnngfier  sen* 


8«  Die  Schulzenprobe. 

(Xi^ja]  Aeitas  IIL  rnstioiis, 

8oldl6tli[DotftelLiike}.  BmnbioÜi  [sem  Naehbar].  Sriaeltaaeb  [doüen  Sohn]. 

Soldfoth. 

Kaber  fierembrotb,  grotgttnstdger  Herr  College»,  gy  on  eck  wethen,  wat  da 

8y  dat  Srhr.lten-ampt  to  fohrcii 
Oa  eD  gantz  Dorj)  Buuren,  atbgepnkte,  uthgeklingerder,  met  dem  Strohkrauts 

uthgewyßde  Schelm  on  Hooren  to  regeren- 
Eck,  de  nunmehr  sy  geworden  zeßtich  Jahr  olt, 
Heb,  met  Leverentz,  myn  Scholten-Ampt  so  verwolt, 


V.  113.  Zeppelky.  Zwiebel.  —  Sc  hy  ss e n  ^  Schascha,  MehlHaden? 
—  Haspelnisse.  Haselailüae.  —  llö.  D.  hat:  hinstersten.  —  117. 
Casperataan,  Eiiadiatauia.  —  IIS.  barm,  axm.  —  190.  Fuhfabi  Contrabafi. 
TgL  Dea  Knaben  Wmiderbom  9,  178  «d.  BirlingerOrecetina:  ^nii  der  groAen 
KnnKom*.  —  191«  19S  and  125  scheinen  Anfänge  bekannter  Lieder  za  entbalten. 

V.  2.  nthgepukte,  nt  c^ek  lingerde,  unter  Paukeuschlag  und 
Klingeln  ausgewiesen.  Der  8  tr  oh  kränz  ist  das  Zeichen  der  verlorenen 
Knuchheit.  —  3.  D.  hat:  nnmehr.  —  i.  Leverents,  soll  heißen  Eeverena. 

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132 


Drei  KAnigvbexger  Zwiaohenspiele  vm  dem  Jahre  1644 


6Dat  my  en  dyssem  onaern  Dorp  Prebernan  Kyngskyugcr  warden  piysea 
Olli  wenn  eck  lang  doot  war  eyn,  op  dem  Karek'hoff  op  myn  Gtaff  met 

Fiagem  wyam 

On  aaggea:  Hier  Hdit  onee  oUe  Sobnlt,  de  Herr  Soltfoth; 
Gott  gew  ehm  em  ewigen  Leben  daftr  dat  deegUche  Brodtl 

Berembrot  h. 

Herr  College»,  Naber  Soltfutb,  dat  os  alles  wahr;  wat  eck  hy  dysom  mynem 
flckwaien  Ambt  ▼errechtet  heb,  dat  wel  eek  wd  nieh  prysau, 
iOSondflini  dat  wardea  myne  Pungel  Kaifilrtftek  nthwyseiit 

[Kiiqb]  Wy  eck  de  Ordel,  de  gy  geepracken,  ao  ^ytioh  heb  opgeschrewen, 
Dat  man  M  uth  den  Protocollen  wart  leeen  kennea  lang  no  «maenn  Lewen. 

Soltfoth. 

Brem  wat  djcht  ju,  Herr  Colleges?   Eck  heb  my  feergenahmen,  op  myn 

EUer  Fred  to  maoken 
On  my  to  entachlanen  aUer  geveehttieken  Sacken. 
16  Lab  aeok  nmner  oek  eo  plagen  en  aager  SchorffI 
Sek  heb  Qottloff  Ehr  genoefai  on  twar  mehr,  all  eck  bedaiff. 

Berembroth. 

Herr  Colleges,  danck  gy  afi?  £ck  wüst  em  gant;i:eu  Derp  oicb  en  to  äugen, 
De  Mck  dat  Schnltsnampt  to  fehren  derft  ongerM^  ingen. 

Kriseltasch  [tritt  auf]. 

"Woll  eck  doch  nich  dnsent  Rydlahler  liebben  genahmen, 
20  Dat  eck  eu  niynom  Stoderen  nich  so  wyt  weer  gekahmon! 

0  \vv  woll  beb  eck  daran  gedahn, 

I>at  eck  tohauli  dem  Yader  leih  den  Ploch  stahn! 

Eck  be£^  my  na  der  Stad,  kofit  my  ene  Fybel;  en  acht  Dagen 

Had  eck  ae  rein  ntwennich  gele|irt  bei  an  den  Kragen. 
S5EdL  kam  damah  en  den  OktdiismDB,  eck  had  my  aeUbt  nkh  to  gettaat) 

(Kral  Wyps  ewer  de  Neeft  had  eck  denaelwgen  ook  reyn  nth. 

De  Seholmewter  de  eed:  Jong,  Jung,  du  madhat  wot  aidi  lyn  Ton  aeUachten 

EUera; 


V.  5.  81.  Pröbbernan  iat  ein  Dorf  auf  der  frischen  Nehrung,  60  Kilo- 
meter dstlich  von  Danzig,  etwa  90  westlich  von  Königsberg  gelegen.  In 
V.  131  ist  freilich  di«»e  Entfernung  vergessen.  —  10.  Pangel  Karffstack, 
Bündel  Kerbstocke.  —  13,  Eller,  Alter.  —  14.  D.  bat:  entschlanenr.  — 
16.  Schorff,  armer  Teufel  (sonst  Schorb,  Schörbel).  —  34.  D.  hat:  bet  an 
den  Hahn.  Aber  der  Beim  neigt»  daft  nidit  an  den  Hahn  der  Fibel  an 
denken  iatj  man  muA  leean:  bet  an  den  Kragen  (bia  an  den  Hala), 


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Ton  Johannes  Bolte.  |33 

W«  ae  wOite  op  dy  wift  G«ld  apdleni, 
Eek  wdI  webwena,  dat  da  sulst  lelutD, 

Ewen  wy  de  Laenceat  Kehroenroacker  tot  de  Lyd  to  tAnoareii,  fiO 

Ja  ock  wol  en  gantze  Dorpschafl^  to  regeren. 

Drem  wel  eck  to  mynem  Vader  Beremhrod  na  Prebemau  gaba  on  eu  frageOf 
Äff  eck  mynem  Stoderen  en  der  St  ml  soll  wyder  nigagen. 

Soldfoth. 

Herr  OoUeges  Bcvemfaroth,  flohAa  dort;  wat  es  jent  vor  omt,  de  doit  kdnpt 

horgcstutzt? 

Hefft  he  seck  doch  ewen  wy  en  Geloerder  uthgepatot»  85 

Berembroth. 

Steh  am  de  Beer. 

Kryseltasch. 
Bau  äi»t  jhr  Henen,  die. 

Soldfoth. 
Wy  dencken  dem  Henm,  ^roMdMU». 

KryeeltMoli. 
Ctpfo  HU  hüinm  dtn»i  «o/ee  Gmunt, 

Berembroth. 

Myn  goode  Fiynd,  hold  my  to  good, 
Eck  heet  nldi  GlMiiene,  eck  heet  me(  Verieeff  Berembroth. 

Eryseltaeoh.  ^ 
Wie  eteht  Tmb  ein  gat  Lebwi,  seyd  jhr  noch  eile  geeoadt?  40 

fKvb]  Berembroth. 
Wy  et  pleclit  to  to  gahu,  ao  kunterbunt. 

Kr^'seltaach. 

leh  aol  each  einen  Uruß  an£  der  Stadt  von  ewrem  Sohn  bringen. 

Berembroth. 

Ujjma  Selm? 

Kryeeltaeeh. 

Ja. 

Berembroth. 
  Dem  Kryseltasch? 

Y.  S8.  epellerxii  qiiDeni,  Teradunnden.  —  80.  affeneerea,  wohl 
joa  hL,  cfjßekm  abeoleiten,  »  emtierea.  —  84.  her  geatatat,  eiaher- 
itoliiert  [?].  —  85.  Steh  em  de  Baar,  unvorständlicb.  ?  Bestehe  ihn  der 
Bir!  —  Bona  die,  lat  banoi  dief.  —  37.  Grabbeleohia,  vgl.  oben  ao  1,91. 


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134 


Drei  Kdi^gsbergor  Zwiaehcnspi«!«  «ns  dem  Jahn  164A. 


KrysoUsBoh. 

Von  demselben. 

BerembrotlL 
Es  lie  noch  gwond?  Heft  he  hool  nth  Btawett? 

46  Eck  had  my  ewen  vergenahmen, 

Dat  eck  wixl  op  de  Wegk  en  de  Stad  s\-ii  p;ekahmen 
On  wul  en  wedder  uiet  my  ht^bben  na  Huuß  gelehrt. 
Awer  eegt  my  doch,  myn  goode  Fiynd,  eß  [he]  wol  reizt  wat  geleert? 

Kr  jseltasch. 

£ck  kan  my  des  LachcheiiB  nicht  lenger  erholen:  I  Vadeti  kenn  gy  my 

nich  mehr? 

Soldfoth. 

60  Herr  Colleges,  ©y  srliau:  dat  es  do  Kryseltasi^}),  jun  Soehn.  Paadcken,  kom  horl 
I,  i!  Welck  en  hüpach  Bengel  es  dat  en  dre  Wecken  opgeschroltl 

Berembroth. 
&y  gy  Kryaeltasoh,  myn  Kind?  I,  wy  sy  eck  T«cdolt| 
Dai  eck  ja  nich  gekand;  drem  secht  man:  de,  der  nor  fadcM 

Dre  oder  ver  "Wecken  hefFt  en  de  Stadt  geracken, 
66  Fluck  wart  en  ander  Menach  ut  em.    Datsflwi;>e  eck  opcnbahr, 
|Kvja)  Myn  Seen  Krj-seltasch,  jetzund  (eck)  ork  an  dy  erfahr* 
Ja,  he  esset  geweßlerh.  f-k  k^n       an  synem  Ohr, 
He  hefit  noch  so  en  VVartz  daran  wy  tovor. 

Soldfoth. 

Awer,  Herr  Colleges  Berembroth,  lewer  liort : 
gOW^-l  myn  Paad  Kryseltasoli,  jun  iyv.t-.n.  so  liü]>scli  heflft  stowert, 
Wer  et  nich  rath,  dat,  wenn  he  seck  vvul  bequemen, 
Wy  en  to  enem  jungen  Schulten  en  onserem  Derp  annehmai? 

Borprabroth. 
Eck  kun  Hebt  inynon  Wellen  daren  gowen. 
Wenn  he  seck  man  wist  en  den  Ehren  recht  to  erhewen. 

Kryseltaseh. 

66 Dar  wagt  gy  et  nnr  darop  met  my! 

Eck  kan  ewen  wy  gy  allebeyde  my  barsch  stellen,  äff  eck  j^ok  noch  jong  sy. 


7.48.  retst^benitflu  —  51.  opgeaelirolt,  «nfgaaehoBMo.  —  62.  Ter- 
dolt,  verirrt  (dolra  —  dwalen).  —  58.  189.  facken,  oft.  —  54.  raekttiit 
reinigen,  angestrengt  be^cb^gt  aein.  —  69.  D.  bat:  Beremborih.  — 
66.  D.  hat:  et  nich  darop. 


Von  JobanuM  Btdttti 


135 


Had       man  en  Bart,  eck  wol  ja  noch  wol  lehiw, 
Wy  Ol  Schult  «m  Derp  aald  uyn  Ampt  labren* 

Soldfotk 

Hanr  OoUeges,  d«i  Maul  es  goot  an  «ai|  heßt  b«  ap  atoderti 

So  «B  Im  met  allaii  Ehren  «oea  Sohnltana  wahrt»  70 

Berombroth. 
Herr  Collego»,  eiitzuiiJ  ielt  my  ewen  en, 
Dftt  etUrh  Part  for  jim  Ampt  hyden  geladen  sen. 
Lewer,  wel  wy  en  den  Kryselta»ch  nich  laten  de  Parten  verhören? 
[KvjbJ  Wy  waUan  met  Bysetter  syn  on  am  tohOren. 

Soldfoth. 

Gar  grem;  Paadcken  Kryseltasch,  gy  Sailen  hyden  de  »Sehultcnstel  veitredea  76 
On  ja  enbülen,  aß  wann  gy  vor  dat  gaatae  Vadarland  reden. 

Kryaaltaaeh. 
Eek  ward  dai  wol  wathan  to  maakaii; 

Denn  eck  wol  gaaahn,  wy  aa  an  der  Stad  dat  Becht  habben  gaaprackan. 

Soldfoth. 

Na  8o  kamt,  Päd  Kiyaaltasch,  on  vertret  mjne  Stell, 

Dan  aek  da  Faxt  hanen  fordani  walL  [ab.]  80 

Hebernex  [der  Büttel,  tritt  ein]. 
Ehren veste  Herrn,  erk  wol  fmgen,  wat  ju  lew  wer. 
On  ja,  stramme  Herr  nye  Rechter,  wonsch  eck  to  juuer  nyen  Ehr, 
Gott  gew,  dat  gy  metben  vel  Frewd  daran  erlewen. 

EryaaltMch. 

Da  klaaditscher  Galganvogal,  waa  wird  sich  hiar  erhawen? 

Wer  hat  dich  gelehrt,  mit  den  Harm  Landgaaohwofnan  ao  gaman  an  machan?  85 

Halt  dich  in  deanan  Orftntaanl 

Soldfoth  [kommt  wiadarj, 
Ey  dat  wa6  raoht^  dn  Klanditoka^  ao  mott  mm  jn  Dew  —  hab  ack  dy  nioh 
lang  ganooh  gaaaeht  -~  afl^taan. 


V.  71.  D.  hat:  Colles.  —  eutssuud  =  jetzuud.  —  75.  D.  hat:  Kryses- 
taach.  —  88  n.  ö.  atramma,  aoU  haiBan:  gestrenger.  —  84.  klanditachf 
liBlig»  vielgeschftftig  (Uaadilgen  allerhand  Oaaehifta  Uatig  batraihen).  — 
87.  Klanditke,  Spitzname  fär  den  Gehilfen  des  Bfittels,  den  Gassenkehrer. 
—  »ifpantsan»  wohl  »  pentem  (prflgaln)  oder  penaohan  (anwerfen^ 


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186 


Dxei  K9iiigiberg«r  ZwiBeheiwpielo  %iu  dem  Jabre  IBM. 


Hebernex. 

A  soban,  dat  schjnt  mj  eae  fadse  Kröte  to  syn;  he  es  noch  jang,  de  Devr 

aol  noch  wol  lehren  pipeo. 

[Kv^a]  Kryeeltaeeh. 

Dal  man  dto  Part  limeui  finden,  wo  jemand  Tarhandenl 

Heberuex. 

90  Stramine  Herr  Schalt,  ae  wardea  boU  hier  ayn« 

Worat  (PrOf  urator,  kommt  mit  zwei  Banern]. 

lärenTeata,  weyae  Harra  Landgeaohwomet  £s  erscheinet  allhier  vor  ewtem 

Ampt  Grempel, 

Welcher  sich  nicht  wol  mit  dem  Beden  behelfen  kau,  iat  sonst  ein  guter 

Petretnpel. 

Demselben  bat  neulicher  Zeit  des  Kylckenbucks  Hund  sein  Schwein  gebissen 
Ynd  ein  groß  Sttlck  auß  dem  Schincken  gerissen. 
Benelb  bittet,  jbm  Beobt  an  pflegen, 
Dal  er  jbm  möge  den  Schaden  erlegen. 

Kryseltasch. 
Hör,  du  Huren-Procrater,  wer  bat  dich  berbescheyden, 
Daß  du  dich  solt  mischen  nnter  diese  beyden? 
Du  best  ock,  wy  eck  seh,  euer  von  den  Wäscbem 
100  On  von  den  ontidigen  Tungendreadieni« 

Da  Grampel,  waa  baata  jbm  gegeben,  daa  er  Tor  dtdi  piocareer? 

G  rem  pel. 

Stramme  Herr  S<-!inh,  s»  ß  Werst  on  enen  Dan  taker  Orth  to  Beer, 

On  wenn  he  mync  8aack  liefft  utgefeert, 

Soi  eck  um  noch  goweu  myn  olt  bleßkopschet  PeerU 

Kryseltnsrh. 

lO&HAr,  du  Proerater  Woret»  gieb  da  ß^vijb]  dem  Pauren  seine  Warst  wieder 

und  seinen  Dantaker  Orth, 

On  du,  Grerojip^,  korrt  or;  rfd  selwst  dyn  Wort! 
So  seyd  jhr  losen  Hurenwebels,  die  das  Land  durchstreichen 
Und  sich  mit  armer  Pawren  Schweiß  büroichen. 
Wirstu  dich  nicht  hie  im  Dorff  enthalten  solcher  Sachen, 
110  Wil  ieb  dir  aUbald  den  Tbonn  leigen  and  FOl  maebeo. 


V.  TO  Fet  r pmpel,  Kerl? (Potor,  Pntrnn?)  —  99.  Wiaober,  Sohwltoer. 
—  102.  Danteker  Orth,  ein  Yierteltbaler. 


Von  Jobaones  Bolte. 


Wovst 

Wqmr  Herr  SehnltSr  m  steht  ja  irey  «ines  «ndem  Nothdorfffc  sn  radeii. 

II  ebcrnex. 

Hörsta  Galgendew  nicht,  wat  de  Herr  ScliulU  seclit,  du  solt  stell  syn  on 

laten  den  Herren  to  freta? 
Stnuine  Herr  Schult^  diit  eck  nicli  meeli  gebrecken, 
8ol  eok  diesen  Lezcentiat  Wbnt  «n  de  Kinase  stecken? 

Kryseltasch. 

Packt  eucL,  jhr  Diebe,  allebeyd,  116 
Oder  ich  wil  euch  weisen  ein  ander'Oeleit 

HSr  dn  Orempel,  hsstn  nn  etwss  weder  deeen  iG^lckenboek  to  Uagen, 
80  kanstn  solches  mit  eigenen  Worten  ▼erbringen  und  Usgen. 

Grempel. 

Werdege  Herr  Schalt,  hartlich  gem.  Ja  wat  eck  seggen  woU,  ett  es  so  on 

nich  [Kviija]  angers: 

Sit  Sehwyn  es  mett  Gott  on  met  Ehrai  myn  on  keraem  angen»  nidi,  dnt  190 

soll  gy  weten. 

On  de  Kylckenbn^  mach  hoch  oder  nedderich  springen,  so  hdrt  de  Sun  myn; 
JMt  wss  so  «16  heesche  Snn  «Uetyd,  altemahl  bad  se  op  ene  Reis  adit  oder 

nsgen  YwktA;  dat  es  so  on  nich  angers. 
Ja  Heir  Schult,  sek  woU  nich  veel  Oeldt  nehmen,  dat  et  nich  angers  wer: 

seht,  80  on  sdunoock  Sehwyn  was  dat. 

Krysoltasoh. 
Bit  de  Sun  dyn  es  gewessn,  kan  wol  syn; 

Amr  wat  es  den  wedderfahren  dynem  Sehwyn?  125 

GrempeL 

Owbenge  Hsmchslt  Heir  Schult,  dit  es  dat  seewsnde  IfsU,  dat  se  hefft 

gefaxcikelt. 

Kr  ysel  tasch. 

Ich  frage  das  nicht;  ich  frage,  was  deiuem  Schweiu  ist  geschehn. 

Grempel. 

I)cfi  Kylckcnljurks  sx-n  groote  Hund  hefft  om  nth  dem  Hengerston  geretlienj 
eck  well  et  woll  lathen  hör  feLru,  dat  gy  et  aeilist  sollen  sehn. 

Kryseltasch. 
Wy  SS  denn  dat  to  gegangen? 


T.  192.  hseseh;  vielleicht  mit  hswig  (gewichtig)  ansammensohslton. 
op  ene  Bois,  auf  einmal. 


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138 


Dni  Kdnigsberger  ZiHflchenspiele  ȟb  dem  Jehre  1641. 


OrempeL 

IBOGrofgemdger  Herr  ScshaU«,  eck  bead  ein  Veneiehnfli;  eok  wel  et  ja  bohl 

sepffcn,  lat  ju  nich  vorlangen. 
[Kvi^b]  Hört  man,  Herr  Schalt,  en  onser  Dreüt  dort  na  Ba^ritten  da 

}iebb  eck  enen  Thun  van  Strück, 
Darben  beft  aeok  mjne  San  met  eren  eeven  Farckeln  gewennt  na  ören  olea 

Gebrück. 

Dat  marrkt  deß  Kvlf^kenburks  syn  Rorkol.  de  groote  Hund, 
De  hefft  myne  Sun  niott  <Uii  Farcki  ln  verfolgt  bet  op  de  hydege  Stund. 
135  Enmuhls  (,hört  tuau,  wat  werk  t(j  diiffh) 
Eck  was  ongefehr  gegangen  eu  den  Kroch, 

Do  kömpt  dat  Oeechiy,  defl  KjrlekenbnckB  syn  Hnnd  bad  myne  Sun  toveten 
On  er  en  groot  Steck  Fleeeob  ath  dem  Hengersten  gebeten, 
On  twar  bo,  dat  myn  Schwjn,  deeelfvrge  myne  Sun,  es  bleewen  beliggen, 
140  Kehrt  jetsnnd  de  Feth  en  de  Heg  on  licht  op  dem  Biggen. 
Na  ee  de  Txngf  wer  my  den  Sohadm  aol  belohnen, 
On  mt  eck  amet  Baordiwelcken  ky  to  so!  dehnen. 

Kryseltasch. 

Wat  aecbeta  bierto,  Kylckenbnck?  Hesta  dat  dynem  HaoSreckel  befiiUen? 

Kj'lcken  blick. 
Strauime  Herr  Schult,  S"l  my  alle  Beedel  halen, 
145  Wo  eck  iiiyner  Zockeu  myn  Lewdag  dat  hobbe  befahlen. 

Heffit  luyn  Uund  des  Grenipels  rajTies  Nabers  Suuen  Schaden  gedahn, 
[LjaJ  Latb  ock  myneo  grooten  Bockel  vor  jonem  Sehnltenampt  vor  den 

Schaden  stahn! 

Krynel  tasch. 

Hör  du  Kyl<'kenlnirk,  eck  wel  dy  ent  seggen,  dat  sen  nich  twee: 

So  es  et  ja  twar  war,  de  der  wat  heffl  selwst  gedahn, 
150  Dat  deselwge  ock  selwet  vor  den  Schaden  so!  Stahn. 

Awer  hör,  Kylckenbnek,  «enn  eck  eol  eprecken  ath  der  Wyftheit, 

Sog  e<^  dy  dat  ▼omth,  dat  dy  dat  Stecken  nich  angeit. 

Da  moflt  ongerscheeden  nnger  den  Sacken, 

Wat  de  Oeeen,  Perd,  Hang,  on  wat  de  Meensoben  maoken. 
166  Sy  dar,  eck  wel  dy  en  Exempel  gewen. 


V.  130.  VerzeicUtiüß,  Verzeihung.  —  IUI.  Drefft,  Trift.  —  Bei- 
dritten, ein  Ont  6  Kilometer  nördUch  von  Königsberg.  D.  hat:  na  bay 
dritten.  —  188.  148.  147.  Beekel,  nach  Fiiecbbier  Name  des  Baben,  also 
hier  wohl  eines  schwarzen  Hunde«.  Vgl.  oben  I,  112.  Bolte,  Der  Bauer  im  d. 
Liede  No.  18,  Str.  19, 6.  -  14&  Zocke,  Hündin.  —  m  Stecken,  Stückchen. 


t  kl* 


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Von  Johannes  Bolte. 


139 


2k  dordi  w«I  eck  dy  ttth  allem  djnem  Drom  hewea. 
Bett  du  «neu  OMen,  der  etet,  enen  doUen  Hnnd,  de  der  befct»  en  Perd,  dat 

der  eehleitt» 

Wo  du  dat  dynen  Nähere  nleli  anieclurt»  dat  se  seck  darfer  heeden,  aledenn 

dy  selwKt  de  Schad  angdt. 

On  h»rtii  g!y<  k  ilynem  Hung  dat«*^lwf^c  riich  befahlen, 

80  ^rechen  doch  de  Rechte,  dat  da  solt  on  most  bethalen.  160 

Kjlckenbnek. 

EreaTeate  Herr  wyrige  Landgeschwame,  eck  kao  dat  nodi  mcfa  en  myneo 

bQnieohtti  Köp  bringen. 

•Ljb]  Kryaeltaeeh. 

Awer  ward  en  weinich;  eck  mofc  den  Dingen  . 
Noeh  en  belken  betlier  naepeeoleren 

On  glyek  aft  op  der  Wageobal  de  Saack  na  allen  Cirenmstantiee  a£fc«DpIeren. 

Awer  li5r,  wat  wnl  eck  dooh  eeggen?  da  Grempet^ 

Wat  heleta  wol  von  dysaem  mynem  gegewenen  Ezempei? 

Groin  \<o\. 

Herr  Scliult,  jim  Wyßheit,  et  kua  nich  betör  gegewen  syn. 

De  Kykkejibuok,  de  soll  ou  mot  ray  bethalen  myn  Schwyn; 

On,  wolwysige  Herr  Sehult,  wyl  g^-  ona  en  Ordel  hebboi  ertelfc  on  geachrewen, 

Hört|  ao  wel  eck  ja,  dat  gy  et  noch  bether  eollen  Temehmen,  en  enger 

Drezempd  gewen, 
Ehtwerdige  Herr  Laad-gesehwaxne»  on  nekmt  et  man  reeht  en : 
Et  ee  oich  angexB,  bit  genne  Deer  de  Thon  aen, 
Eck  sy  de  Sun,  on  gy,  Herr  Landgeechwamer,  fathen  my  to  klemmen 
On  wellen  my  en  dem  Thun  behemmen; 
Eck  schry;  jemolir  erk  8<*hr\%  jemehr  gy  by*"n 
On  my  en  gront  Steck  uth  dem  liingerston  i-yten. 

Xu  fragt  et  seck,  äff  de  Kyl'*kenbnrk  my  nich  8chuldi<  }i  es  to  crstaden 
M^-ne  Suu,  vor  welcke  se  schon  twyntich  Marek  hebben  gebaden. 

mjßk]  Kryaeltaack. 
Tader  Berembrot  on  Päd  Soldfooth, 

Oy  hebben  (los  Grempels  syne  Groffheit  met  angehOrt:  wer  et  nioh  Noth, 

Dat  man  allen  beyden  Buurknollen  enen  Afischet  gew,  180 

(kn  en  jeder  von  ona  Landgeech  warne  ent  könfEtige  to£reden  blew? 

V  J6i.  affcempleren,  exomi>Iiticteren  oder  ezplicieren.  —  Zu  171 
Mi  ISO  viß.  Firmenieh,  Germaniena  Yölkeretimmen  1,  487  Str.  13.  —  172. 
Deer,  ThOr. 


uiyui^L-ü  Ly  Google 


140 


Zwisdieiiipiab  au  dem  Jahn 


Berembroth. 

Eok  wnl  schweren,  Herr  CoUegea,  dat  eedc  selcke  "jj^finp^  en  der  Stiid 

nich  erhewen 

Od  dar  r^nem  solcke  schwäre  Kxeini>el  wahren  opgegawea. 
186 Hört,  wat  wy  wellen  wyiler  niftckeii: 

Wy  wellen  dyssen  Handel  ou  üyssü  Kchware  Sackea 
Bei  op  ileu  neclisten  Gerechtsdach  versehywen. 

Soldfoth. 

By  juner  Meenung,  HeiT  Schult,  wei  eck  ock  verblywen. 

Beremhroth. 

S}',  Kr\-^«1tasnli,  wat  offl  on  facken 
190  Ver  dem  Schiiltenampt  verloppn  ver  Sarken! 

Meenstn,  dat  dw  de  Srlmltensarken  woll  ea  onserm  Deip  flolt  utfehren, 
Wellen  wy  dy  to  enem  Schulten  erkeiinn. 

Soldfoth. 

Anfang;  de  es  dat  schwarste;  lat  den  Kryseltosch  man  en  Jahr  moaen, 
He  sal  manchem  Haaren  de  KolS  luuson. 

Krysel  t  asch. 

196  Jn  beyden  Baurkrrlc  r'rompel  on  Kyjf^kenbmick  ward  hiermet  anpjesecht: 
Stellt  ju  op  den  «^rsien  Gerechts-dach  en,  wenn  man  to  lyden  plecht! 
[Lijbl  Alßdaim  aal  gy  beyden  erfahren 

Ordel  ou  Recht,  wat  gesprackeu  Itobben  de  Landgeschwarue. 

Soldfoth. 

Xambt,  Naber  Tierotnbrnth,  w^l  ütick  de  Kryseltasch  jiin  Seehii   h&fi^  em 
Ordel  gpi'eck&a  bo  woU  verholiu  uu  sulck  Ordel  gespracken, 
900  Wellen  wy  en  bekräfftigen  on  tom  Schulten  macken. 

Berembroth. 

Eck  heb  all  mvn  Daasr  c^eliört, 

Dat  manehmatii  dut  alier  sclietterechteste  on  verachteste  Perd 
OStmahls  den  besten  Zelter  gewt. 

Aoh  lewatet  Oottkan,  wat  heb  eck  an  Kiyaeltaaeh  «Hewt! 

90607  Hmmbi  lat  jiua  Kynger  oek  ao  wy  eek  myiian  Seaha  atodeiaa, 
Da  ha  mat  tjBia  WyBheit  weih  Land  oa  Lyed  to  Zagam! 


y.  IHB.  mtisen,  herumschleichen,  taateo.  —  IM.  dia  Kolba  lauaaii, 
in  dia  Haare  fahren.  ^  199.  D.  hat:  Order  spraoken. 


Die  Marienbiirg  unter  polnischer  HerrsehafL 

Von 

Johannes  Semlbrzyckl. 


Ueber  den  Zustand  der  Marienburg  zu  Ende  des  sieben- 
zehnten und  zu  Anfange  dos  achtzehnten  Jalirlmnderts  geben 
uns  ZWO!  ausführliche  Schriftstücke  genauen  AulschhiO:  die  im 
August  1G75  durch  Joannes  Petrus  Tucholka,  Succamerarius 
Mariaeborgenais,  Michael  Dzialyiiski,  Eojsüer  Terrarum  Prusaiae, 
Gafätaneos  Kiszewien.,  Colonellus  Henriens  de  Beaulieu"  u.  a. 
angenommene  Bevision  und  die  Inventariaatioiif  welche  im  Sep- 
tember 1724  bei  Gelegenheit  der  Uebemabme  der  Paoht  und 
Admimstratbn  auf  seobfi  Jahre  dnrob  Bogoalaw  Emst  Qiafen 
0Onho£^  Eammerhemi  nhd  General  der  Artillerie  des  Grolher- 
«gtbiims  Litauen,  yon  dem  obersten  Notar  der  SehatBcommis- 
sum,  Walexyan  SiciAski,  anfgenommen  wurde.  Namentlich  die 
ietstere  eeigt  uns  die  Marienburg  als  eine  halbe  Buine. 

Zur  Zeit  der  Abfassung  beider  Schriftstücke  waren  im 
Hochschlosse  nur  noch  der  Kirchenfiügel  und  einige  beim  Thore 
belegen©  Räumlichkeiten  in  benutzbarem  Zustande.  Am  besten 
repräsentirte  sich  die  St.  Marienkirche,  welclie  nach  der  Besitz- 
ergreifung durch  die  Jesuiten  in  Folge  der  Bemühungen  der- 
nlben  yollsttodig  restaurirt,  geweißt  und  in  brauchbaren  Zustand 
▼enetai  war.  Sie  besaß  1675  und  1724  noch  immer  dieselbe 
Ansahl  von  Altfiren,  als  1665,  nimlich  einen  noch  aus  der  Orden»* 
teit  stammenden  Hochaltar  („wielki  kisyzacki**)  und  vier  Ideineie 
Nebenaltftrey  so  daB  die  Angabe  bei  August  Witt  („Marienburg, 


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142 


Die  Marionburg  unter  polnischer  Herrschaft. 


das  Haupthans  des  dentschen  BitterOrdens  in  dem  ehemaligen 
nnd  in  dem  gegenwärtigen  Zneiande",  Efinigabeig,  1864)  auf 
pag.  101:   „Diese  Nebenaltäre  sind  von  den  Jesuiten  emohtet 

—  — ,  als  ihnen  im  siebzehnten  Jahrhunderte  diese  Kirche  ein- 
<::' iM'.imt  wurde.  In  der  Oideuszeit  befand  sich  —  außer  dem 
llciaptaltare  —  nooh  in  der  Mitte  ein  freistehender  Altar ;  dieser 
ist  jedoch  von  den  Jesuiten  weggenominon''  —  sich  als  in*thüm- 
lich  erweist.  Auch  die  Zahl  der  Sachsteien  za  beiden  Seiten  des 
Hochaltars  betrog  drei,  wie  1649;  die  vierte  war  1675  za  einem 
Durobgangsflor  zur  Je?<n!f*M]re«;idenz  einjTPnchtet. 

Neu  erw&bnt  wird  das  wnnderthätige  Marienbild  auf  dem 
Hochaltar,  welches  za  Pfingsten  1676  durch  die  Jesoiten  von 
dem  Harienthor  der  Stadt  Marienbarg  hierherversetzt  worden 
war.  Von  der  St  Annenkapelle  heißt  es  in  beiden  Lastrationen 
sie  berge  nach  einer  alten  Tradition  heilige  Erde»  doch  wisse 
man  nicht,  an  welcher  Stelle  dieselbe  vergraben  sei.  Im  Capitel- 
saal  waren  die  vollständig  verwüsteten  Fenster  (7  groBe,  2  kleine) 
mit  Brettern  verschlagen;  auch  diu  Gewölbdecke  befand  sich  in 
sehr  schlechtem  Zustande.  Von  den  Käumlich keilen  der  Thor- 
partio  wurdtm  1724  noch  zwei  (iewolbe  als  Gefängnisse  und  ein 
Keller  (ebenso  wie  11375;  zur  Autbewahrung  von  Eis  benutzt. 
Der  „Witold"  hatte  1G75  als  Verschluss  nur  noch  die  erste  eichene 
eisenbesohlagene  ThQr  mit  einer  Fensterluke  darin  und  das 
letzte  eiserne  Gitter;  die  beiden  ehedem  dazwischen  liegenden 
Thüren  waren  yeisohwnnden.  Der  ganze  tlbrige  große  Best  des 
Hoofaschlosses ,  namentlich  das  oberste  Stockwerk  and  der 
Danzker,  war  vollstttndig  wfist^  zumeist  ohne  Thoren,  Fenster 
and  Oeien;  1676  hatte  nur  der  Westflägel  ein  Dach  —  die 
Plannen  waren  ohne  Kalk  gelegt  ~,  womit  dann  später  anf 
Befehl  des  Königs  auch  der  Rest  der  Brandruinen  versehen 
wurde.  Der  Kreuzgang  v,ht  Ii »7.")  dureh  den  Miocznik  (Ensifer) 
Dzialyrtski  mit  hollaniliscLeu  Plannen  neu  gedeckt,  aber  leider 
ebenfalls  ohne  Kalkunterlage,  so  daß  Wind  und  Hegen  bei  der 
Zerstörung  dieser  Bedachungen  leichtes  Spiel  hatten. 

An  der  Nordosteoke  der  St.  Annenkiq^ielie  lag  die  Jesuiten- 


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Tob  Joluutiies  Serahraycki. 


148 


residen«,  die  der  OrcL^n  laut  Privileg  des  Königs  Jan  Kasimir 
de  dato  Lowics,  den  7.  November  1652,  zum  dauernden  Gebrauch 
ume  liatte:  irie  bxu  der  Beschreibmig  enichilioh,  ein  niedriges, 
on&ches  Steinhaus  yon  zwei  Stockwerken;  aas  dem  oberen 
fthrte  auf  einer  Seite  eine  Thflr  zur  St.  Annenkapelle,  auf  der 
•ndem  war  der  Zugang  zu  einem  naob  dem  Mittolsohlosse  fflh- 
ronden  Gange,  wälirond  zu  der  oben  erwähnten  Durchgangs- 
Sacristei  der  St.  Marit-ukirche  eine  Wendeltreppe  auf  dt*n  Dach- 
boden führte.  Im  Erilgencliosso  befandon  sich  Küche  und 
Kellerräume*  Während  die  Jesuiten  alles  ciaran  gesetzt  hatten, 
in  erster  Linie  die  Marienkirche  wieder  herzustellen  und  yor 
weiterem  Yerfftll  zu  schataen,  hatten,  wohl  eben  desw^n,  ihre 
Kittel  nicht  hingereicht,  um  für  ihre  eigene  Wohnung  ebenso 
SU  soigen;  denn  die  Eeyision  von  1676  sohildert  das  Dach  der 
letetom  als  sehr  ser&Uen  und  der  Ausbesserung  bedOrftig.  — 
Auf  der  andern  Seite  der  St.  Annenkapelle  lag  die  ebenfalls 
kleine  Jesuitenschule  nebst  einem  Baumgarten  zwiachen  den 
Mauern. 

Im  Mittelschlosse  befanden  sich  1724  noch  viele  gut  ein- 
gerichtete Wohnungen  und  Wirthschaftsräume;  doch  treffen  wir 
daneben  auch  hier  bereite  recht  bedeutende  Spuren  des  Verfalls, 
besonders  im  Nord-  und  OstflQgel,  wo  mehrere  eingesttote 
Zimmer  und  Flure,  au  denen  dann  die  Zugftnge  vermauert  worden 
wann,  erw&hnt  werden,  ebenso  „eine  grojfie  KOche,  welche  mit 
einem  Flürchen  und  -einigen  QewOiben  über  ihr  zusammen  mit 
dem  Küchenkamin  vor  einigen  zehn  Jahren  zusammengestürzt 
ist."  Von  sämmtüchen  Fenstern  im  MitteLsehlosse  waren  nur 
die  wenigsten  noch  ganz,  die  meisten  iiatten  zerschlagene  Scheiben, 
waren  ganz  leer  oder  mit  Brettern  versehlagen.  Selbst  im  Prachfc- 
^sohoes  war  es  nicht  anders.  Die  dort  befindlichen  fünf  Zimmer 
waren  zwar  1724  noch  in  mdf^ichst  gutem  Zustande,  jedoch  in 
fiwt  allen  die  Fenster  mehr  oder  weniger  defect  und  aerschlagen, 
«beuso  im  groBen  Bemtor,  wo  aoSerdem  die  Empore  über  der 
Sebinkbsok  minirt  war,  und  im  anstoßenden  Gange,  in  dessen 
Fenstern  die  untern  .Fftoher  ganz  fehlten  und  die  oberen  voll- 


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Die  Marienburg  unter  polnisober  Herrschaft. 


ständig  zerschlagen  waren,  währond  sich  von  dem  einst  dort 
befindlichen  Brunnen  nur  noch  Spuren  fanden.  Auch  1675  war 
dieser  Brunnen  („Fontanua")  nebst  dem  Handfaß  (,. Lavaterz") 
längst  nielit  mehr  vorhanden  (,,iuz  dawno  zagubiony"),  so  daß 
68  sich  bezweifeln  läßt,  ob  das  in  preußischer  Zeit  „mit  Beihülie 
des  letzten  Starosten  Bexin"  unter  dem  Pumpenrohr  eines 
Marionburger  Gasthofes  vorgefundene  Stflck  des  Bnumeiis  aaoh 
-wiridioh  das  echte  ist!  —  Hervorgehoben  moB  hier  werden,  daS 
an  diesen  oben  erwILhnten  Verwtletangen  die  Polen  selbst  keine 
Sohnld  tragen,  dieselben  Tielmehr  nach  ansdrttoklicher  Angabe 
der  Lostntion  snr  Zeit  der  Eonföderation  von  Taniogrod  und 
der  damit  verbundenen  Wirren,  jedenfSUls  durch  sftohsiche  oder 
mssisohe  Truppen,  herbeigeführt  worden  sind.  Die  von  den 
Polen  herrührende  Verbauung  des  Prachtgescliossos  war  nicht 
eine  ao  ai-ge,  wie  Witt  sie  darstellt.  Der  kleine  Remter  war  in 
zwei  Zimmer  mit  je  zwei  Fenstern  getheilt  worden;  , »Meisters 
Stube^'  war  unverändert:  ..Meisters  Gemach"  zerfiel  in  zwei 
ßäume,  von  denen  der  größere  eine  auf  zwei  Pfeilern  ruhende 
Wölbung  und  vier  Fenster,  der  kleinere  awei  Fenster  hatte;  der 
Hansflur,  zu  dem  eine  alte  schlechte  Treppe  fCkhrte,  war  durch 
ein  eichenes  Qitter  in  swei  Hfilften  mit  je  einem  Fenster  ge- 
schieden. AuBerdem  waren  diese  KönigBgeniAoher  bereits  1649 
mit  dem  gegenüberliegenden  Ostflflgel  durch  einen,  wohl  in  Fach- 
werk auflgeftthrten,  längs  des  trodcenen  Grabens  sich  hinsiehenden, 
14  Fenster  aui  beiden  Seiten  enthaltenden  Gang  in  Verbindung 
gesetet,  der  im  Ostflügel  auf  einen  vierfenstrigen  Saal  nebst  dap 
bei  liegendem  Frauenzimmer  („Pokoik  bialoglowski")  mündete. 
Unter  diesem  (iange  befanden  sich:  zunächst  den  Konigsge- 
mächorn  das  Thor  zur  Brücke  zum  Hoclisohlosse,  alsdann  meh- 
rere Kammern  und  unter  diesen  ein  Holzkeller,  —  Das  Alles 
war  bereits  im  Jahre  1649  so,  ist  also  nicht,  wie  Witt  (a.  a.  O. 
pag.  59)  bezüglich  des  kleinen  Remters  angiebt,  im  Jahre  1710 
für  die  Gräfin  Cosel  eingerichtet  worden;  wohl  aber  mag  in 
letztgenanntem  Jahre  eine  Benovation  der  Bäume  stattgefunden 
haben.  Was  „Meisters  Kapelle"  betritt,  so  war  dieselbe  bereits 


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Von  JoUannes  Sembrzjcki. 


145 


1649  andern  Bestimmiuigen  tlb«rgeben  worden«  —  In  dem  (1724 

j.Kefectorium'*  genannten)  Conveiistremtor,  in  welchem  eine 
"Waage  stand  und  alte  Thorflügel  u.  dergl.  aufbewahrt  wurden, 
waren  von  den  13  Fenstern  drei  vermauert,  die  übrigen  theüs 
laer,  theik  iiüt  Brettern  verschlagen.  Der  gemauerte  Brunnen 
TOT  dem  Bemter  war  in  Folge  der  Ueberschwemmung  von  1717 
eiiigeetttizt.  —  Die  Kapelle  im  Ostflügel,  St.  Adalbertokapelle  ge- 
luomt,  war  gana  wOet,  nachdem  sie,  wie  1566  als  VoixatliBraam 
w  später  den  Schweden  als  Proviantmagasin  gedient  hatte;  die 
ia  der  Nfthe  befindliche  Thür  an  der  nach  dem  Hochsohiosse 
fahrenden  Treppe  und  Brücke  war  vernagelt,  da  diese  1710  er- 
baute Treppe  verfault  war.  —  Noch  ist  dio  im  Mittelschlosse  in 
der  Nahe  der  Königsgemächer  befindliche  Kanzlei  um  deswillen 
EU  erwähnen,  weil  die  Lustration  von  1724  ein  ausführliches 
Yerzeichniß  der  in  derselben  aufbewahrten  Archivalien  giebt. 
Das  Älteste  Stück  ist  ein  „Liber  Contraetuum  de  Ao.  1577  usque 
sd  6.  Jnli  1590";  es  folgen  über  60  ,»Libri  Gaosaram"  von  1606 
ab,  lyActa  eztiaordinaria  de  annis  1660/1661  tempore  belli  Svetioi 
m  Oivitate  Gedanensi  ezpedita",  t,Tres  libri  Nominnm  Hypo- 
tbeoeriomm  Amdos  Inoolamm  ütrinsqne  Insnlae  Mariaebnrgensis 
ooncementium",  „Plebistica  Insnlanorum  in  Originali*',  „Acta 
Concursus  Creditorum"  von  1G70  ab,  „Liber  J uiameutorum" 
tu  s.  w. 

Auf  dem  Vorschlosse  waren  noch  omige  "Wohnungen,  das 
Zeoghaus,  die  Büchsenmacherei ,  die  Brauerei  nebst  Krug,  die 
Btennerei,  das  Komhaus,  die  St.  Lorenzkirche  nebst  Kirohhof| 
auf  welchem  ein  hohes  Kruoifiz  stand,  —  wohl  erhalten,  sonst 
tbsr  alles,  ebenso  wie  sftmmtliche  Thore,  Gräben  nnd  WftUe,  im 
ioOenten  Verfidl,  die  Thorflügel  nnd  sftmmtliche  Brttoken  total 
verfault,  am  Bnttermüohthimn  (erst  diese  Lnstration  kennt  diesen 
Kamen)  ein  Stück  der  Maner  in  Folge  der  Ueberschwemmung 
von  1717  eingestürzt  u.  s.  w.  AVo  noch  1Ü49  der  sogen,  italie- 
nische  Garten  und  die  übrigen  Schloßgärten  nebst  Teichen  sich 
ausdehnten,  finden  wir  nun  Häuser,  deren  Bewohner  auf  St.  Mar- 
tinstag Zins  zam  Schlosse  zahlten;  es  sind  deren  22  „auf  dem 

AMlv.  KomiMateiil  Bd.  ZXVH.  Bfl.  1  v.  &  10 

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146  Die  MMienbaxg  unter  polnisclier  Bemdieft 

italienischen  Garten^',  10  auf  dem  „Enmatguten''  (Ea|iiutnik), 
4  atif  der  „Lebmgrnbe**  (na  Glinkach).  Andere  Zinaer  wohnten 
„beim  weiHen  Erenz**  (u  Biatego  Eraysa),  „auf  dem  goldenen 
Binge  oder  der  EönigsstraBe"  („na  zlotym  Pier^cienin  alias  w 

krolewskiey  Uliey"),  vor  dem  Sandthor",  „zwischen  den  Wällen", 
„am  Mühlengraben  und  bei  Jeu  Karitfenteichen''  (wo  schon  die 
Lustratioii  von  1649  aclit  Zinshäuser  aufführt,  von  denen  sie  aus- 
drücklich sagt,  sie  seien  zu  der  Zeit  erst,  crriclitet  worden).  Bei 
der  Durclisicht  des  Zinser  Verzeichnisses  treffen  wir  etwa  I3ö 
deutsche  Namen,  denen  oa.  80  polnische  gegenüberstehen  (Lit- 
mann,  Fademrecht,  Seidmantel,  Gedke,  Abraham  Sprang,  Salts- 
mannj  Behm,  Pommer,  Derwedem«  Cornelias  von  der  Moers, 
Eggert,  Tnipner,  Salomou  Manltigel,  Staraenbeoher,  £idmann 
Wiohton,  Herhold,  Janteen,  Achtsnicht,  Gorins,  Agarins.  —  Ha- 
krowski,  Plewski,  Jan  Lobios,  Cndomirski,  Blaiejewski,  Eoeacki, 
Bielawski,  Bojanowski,  Saczygielski,  Pospiech,  Ckiwrysaewaki, 
Stoboj,  Langenowski,  Zembrowski,  Enlakowski,  Fozianowski, 
Stanislawicz,  Michal  Cyma  etc.) 

Bei  einem  Gesammtüberblick  über  den  alluuiLlichen  Ver- 
fall der  Marieiiburg  gelangen  wir  zu  dem  Resultat,  daß  die  erste 
und  Hauptursache  dt-ssolb"!!  die  Schweden  unter  Gustav  Adol})h 
gewesen  sind.  Wir  haben  bereits  gesehen,  daß  sie  einen  Be- 
festignngsfhurm  durch  eine  Mine  gesprengt  und  die  Orgel  der 
St.  Marienkirche  mit  sich  genommen  hatten;  wie  hoch  aber  ihr 
Sohuldconto  belastet  ist,  erfahren  wir  erst  genau  ans  einer  (noch 
naohtrftglich  Torgefbndenen),  im  Gegensatae  an  den  bisher 
besprochenen  sehr  kons  gehaltenen  Bevision  vom  Jahie  1686, 
welche  auf  Befehl  des  Eönigs  Wtadysbw  IV.  sogleioh,  nachdem, 
die  Marienbnrg  nach  dreijähriger  Occnpationdnroh  die  Schweden 
(1626 — 1629)  nnd  seohsjflhriger  Sei^uestration  durch  den  Ver- 
bündeten Gtutav  Adolphs,  Enrftlrsten  Georg Wilhehn  yonBranden- 
burg,  wieder  in  soin(?n  Besitz  übergegangen  war,  durch  den 
mläudiächen  KauoiuiiUä  Lukaä  Uornicki  aufgenommen  wuide.  ) 


*)  Diese  Beviaion  enthält  xwei  interessante  Yeneiohnisie;  der  Oe- 


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Von  Jolmimet«  Stjiubrzyuki. 


147 


Derselbe  fand  zwieehen  dem  Sandthor  nnd  der  Nogafc  sieben 
Thflrme,  soweit  sie  den  Wall  ttberragtcu,  abgetragen,  so  die 
„Baba" ;  auf  dem  Vorschlosse  hinter  dem  zweithtirmigen  Thore 

,^wothurm''  (HM'J  ,,Cweiur"  oder  „('wetom'',  d.  i.  also:  Zwee 
Thürm')  die  Stall«'  g.^nz  oder  tlunlweis««  ohne  Dächer  trnd  im 
Innern  verwüstor.  (fbouso  viele  andere  Wohnungftn  und  Thürrae; 
die  Mauerzinnen  daaelbst  abgetragen;  das  Hochschloss,  den 
„Oberstock",  ganz  verwüstef  und  größten  tli  'ils  der  Thüren  nebst 
Pfosten,  der  Fenster  und  Oefen  beraubt;  alias  übrige  in  Ver- 
fall, da  natttrlich  seit  1G2G  nichts  für  Erhaltung  und  Ausbesserung 
getliaii  war.  Aas  dem  Tburme  bei  der  St.  Marienkirche  hatten 
die  Sohweden  die  beiden  gröfiten  Glocken  fortgenommen;  mit 
diesen  so  wie  der  Orgel  haben  sie  dann  wohl  eine  der  pro- 
testantischen Kirchen  Westprenflens  ausgestattet,  welche  letztem 
ja  an  Onsta^  Adolf  ihren  ei&igsten  Förderer  und  Beschtttser 
&nden,  wie  denn  b.  B.  auf  seine  Anordnung  das  Kirchspiel 
ThientiJüri  durch  seineu  Reichskanzler  Axel  Oxcustiurna  fuudirt 
wurde  (1627—1031;  cfr.  Rhesa's  Presbyterolop^in  IT,  pag.  214). 
Xivli  der  Revision  von  1G75  war  auch  ein  Posiiiv,  welciiüs  auf 
der  £mpore  über  dor  Schänkbank  im  großen  Remter  stand,  eine 
Beute  der  Schweden  geworden. 

Daun  kamen:  der  große  Brand  1644,  die  nochmalige 
Occupation  durch  die  Schweden  1655—1060  welche  der  ersten 
Ähnlich  gewesen  sein  wird,  die  politischen  Wirren,  die  das 
nnglückliohe  Land  an  den  Band  des  Verderbens  brachten;  auch 

e^mfzp  im  Zeughau<;e  tind  der  Schloßvorwerke.  Die  Zahl  der  Oesrhtitze 
betrag  IG,  worunter  4  Feld»chlangen,  9  Falkonets  xmd  8  kurse  eiserne  ^»cbrot- 
geechtttjee.  Nach  den  »af  ihnen  befindlichen  Inaebriften  stammten  8  aus 
dem  Jahre  1614,  6  ans  Jahre  1517,  eins  von  1566;  »wei  hattm  die 
Aufschrift  „Philippus  Primus  Dax  Stetinen.  Pomeraniae  Princeps  Riigiae 
1544"'  (re^jp.  1545).  —  Hakenbüchsen  waren  599  vorliaii  len.  Die  Vorwerke 
hießen:  Mnntnw  Hiente  dcufsch  Montau,  poln.  Matwy  oder  Mnntowy), 
Laski  h.  L<*»ki>,  Kaidowo(h.  Kaldowe),  Piaski  (h.  Sandhof},  Szaleniec, 
Hyjow  (h.  dtsdL  Behhof,  poln.  Ryjewo),  Kominkt  (h,  dtsek.  Kaminke, 
pob.  Kunionka).  Die  Lnstration  von  1665  beseichnet  einige  Thfimehra 
der  AviB<  nmauer  mit  dem  Namen  »ku  kominkora",  d.  h.  also  „nach  der  Gegend 
WH Eanäake  hin  belegen**;  ein  Beweisi  daft  dieser  Ort  damals  schon  bestand* 

10» 

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148  ^9  Marienbn]^  nnter  polnisoher  HemM^aft* 


Uobera{;liwemmuiigen,  Blitzschläge  und  der  Zahn  der  Zeit  thaten 
das  ihrige.  Die  Polen  selbst  dagegen  haben  nichts  absichtlich 
vorwüstet,  sondern  mir  Einrichtungen  getrofien,  welche  ihnen  di^^ 
Benutzung  der  alten  großen  Käume  ermöglichen  und  erleichtern 
sollten;  was  aber  oinmal  zerstört  nnd  verfallen  war,  stellten  sie, 
wenn  sie  (namentlich  Dzialyi^ski)  allerdings  auch  Schritte  Uiaton, 
den  gtosslichen  Ruin  aa&nhalten  und  s.  B.  die  Brandminen  des 
Hoobacblosses  mit  neaer  Daohung  Tersahen,  —  äioot  in  der 
alten  Gestalt  nicht  wieder  her,  einmal,  weil  die  Bftame  von 
ihnen  nicht  gehrancht  wurden,  dann  aber  auch  der  Kosten  wegen, 
die  zn  decken  ihnen  wohl  oft  nicht  möglich  war.  War  doch 
die  Verarmting  des  ganzen  Landes  eine  fhrohtbare!  So  lesen  wir 
in  der  „Geschichte  des  Kreises  Marienburg  von  Dr.  Hermann 
Eckert"  (Marieuburg  1H68)  auf  jiag.  190  über  den  Zustand  der 
Stadt  Marienburg:  „Viele  Häuser  waren  in  Folge  des  Verfalls, 
der  schlechten  Gewerbn  Ym  ulHt,  von  1735 — 1745  waren  25  Häuser 
und  4  Speicher  eingestürzt,  34  Häuser  wtlst  geworden,  die  1748 
auch  zum  großen  Theile  abgetragen  werden  mußtoi*''  Wo  sollte 
da  Lust  und  Geld  zu  Bestaurationsarbeiten  herkommen! 

Was  also  in  Werken  aber  die  Marienbnrg  von  „Verwtlstungen 
durch  die  Polen"  erxählt  wird,  gehört  zum  allergrößten  Theile 
ins  Boich  der  FabeL  Aber  auch  das  so  oft  in  den  schwiizesten 
Farben  geschilderte  Yerfahren  der  preufiisohen  fridericianis«^^ 
Behörden  erscheint  in  einem  weit  milderen  Lichte,  besonders 
was  das  HoohschloB  betrifft  Kann  man  es  ihnen  ▼erdenken, 
wenn  sie  ein  durch  Brand  zerstörtes,  seit  ca.  150  Jahren  wüstes, 
ruinenhaftes  vSchloß,  um  es  für  ihre  Zwecke  benutzbar  machen 
zu  können,  radikal  umgestalteten?  Doch  soll  nicht  geleugnet 
werden,  daß  bezüglich  des  Mittelachlosses  jene  Behörden  von 
schweren  Vorwürfen  nicht  frei  zu.  sprechen  sind;  Dank  den 
Männern,  die  noch  in  letzter  Stande  dem  Unwesen  ein  Ende 
machten  1 


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KritüLM  uiHl  Refente. 


Ut  Smmm  mmi  Midcr*  Akten  dM*  Haasetage  tod  1256-1480.   Band  VL 

Anf  Veranlassung  Seiner  Majestät  des  K'itiigs  von  Baiem  heraus- 
gegeben durch  die  Historische  Coinmission  bei  der  König].  Akademie 
der  Wissenschaften  (a.  n.  d.  T. :  Hanserecesse  Band  VI.).  Leipzig, 
Verlag  von  Duncker  &  Humblot.  1889.  4to.  XII,  655.  Mk.  20. 

Xnrh  einer  Pause  von  nnim  Jahren  hat  die  erste  Abtlieilung  der 
Hanse-Recesse,  welche  seit  IBVu  von  der  Historischeu  Comroi.ssiou  bei  der 
Münchener  Akademie  herausgegeben  und  von  Dr.  Karl  Koiipniann  be- 
arbeitet wird,  wieder  eine  l'ortsetzung  erhalten.  Der  Grund  der  längeren 
ünterbrechong  lag  mm  TäaS  in  den  verftoderten  Verhiltaisaen  des  Henrna* 
CabM«,  der  188A  ea  du  Stedtftvchiv  sa  Bestock  berufen  worde  und  zugleieh 
nach  dem  Tode  von  W.  Mantel«  im  Anltnge  deraelben  lustoruchen  Com- 
miHum  die  Httanegabe  der  Iflbiadien  Chroniken  flbemonunen  hat.  Der 
voiUegnide  Bend  nmfiiAt  die  Jakre  Uli  bis  1418  und  entfallt  fttr  diesen 
Zeitraum  von  nur  acht  Jahren  ß2B  Nummern,  oder  die  Acten  von  88  hansi- 
srhen  Versammlungen:  auf  Preußen  fällt  davon  beinahe  die  Hälfte,  nämlich 
41  Tage,  deren  Verhandinngen  mit  Ausnahme  von  No.  44  (1411  Aug.  23.), 
97  (141-2  Juli  11.),  118  (1413  Apr.  5.),  19'^  (1415  Mai  29.1  B92  (1417  Mai), 
i'w  1 1417  Juni  11.),  im  ersten  Hände  der  Acten  der  Stundetage  Preußens 
von  Toeppen  abgedruckt  sind  und  daher  hier,  suwuit  i^ie  ausschließlich 
landesgesdiicbtlioben  Libalts  sind,  im  Auszüge  wiederholt  oder  überhaupt 
nur  aageffibit  werden:  nmgekekrt  sind  die  aecbs  eben  erwttbnten  Reoesse, 
«Ite  sllsin  kaasiscbe  Gageastinds  befcreibn,  von  Toeppen  nnr  auasugjweise 
laitgetlieiltt  sodaft  sieh  beide  Sanunlnngan  in  dieser  Hinnoht  exsSnsen.  An 
dar  Herbsisehaffung  des  Matertsl«  sind  die  preußischen  Arohiye  stark  ba- 
theiligt: das  Stadtarchiv  zu  Danzig  liafiBtte  26  Nummern  aus  drei  Stsdt- 
bfichem,  67  Nummern  in  losen  Recessen  und  11  Urkunden,  das  Thomer 
Axtbiw  87  Nommein  ans  Bd.  IL  der  Bece&handachrifteo,  2  Urkunden,  Elbing 


150 


XritUcen  und  fiefemte. 


b  Nummern,  dun  SUiatsarchiv  zu  Königsberg  57  Nummern,  also  znsammen 
1X18  TOS.  6SS8,  mehr  als  der  dritte  Th«l  des  geeammten  Bendee  ist  den 
prenEischen  ArchiTsn  entnommen.  Den  Inhalt  des  necran  Bandes  hat  der 
Herausgeber  in  fdner  hansen  Einleitimg  als  die  Zmt  der  Wiederherstidliuig 
des  aristokFattschen  Begimentes  in  Lübeck  nnd  in  den  flbtigen  Hianaeseidten 
bezelohnet.  PreoEen,  in  welchem  die  OrdensherrscTiaft  jede  democratische 
Bewegung  von  yomherein  ausschloß,  stand  diesen  Vorgangen  als  nnbe- 
theiligter  Zuschauer  gegenOl)er.  Umgekelirt  wirken  die  Verwickelungen  mit 
Polen,  der  unglückliche  Fel<lzug  von  1414  :iuf  flic  BcHch-nni^en  zur  Hanse 
noch  nicht  ein,  in  welcher  Dan7ig  fpim-  Sti-llnn^  iifVi-n  Lübeck  L<  linuptet. 
Mehr  als  in  früheren  Bänth-n  vi  rsur}it  in  diesrr  Z>  it  <lic  Rcirlisgew&lt  sich 
in  die  Angelegenheiten  des  haiisischen  Bimdcs  zu  mischen,  ab«r  vergebens 
verlangt  König  Sigismund  die  Ausschlietfiing  der  Tcnetianer,  mit  denen  er 
als  Kdnig  von  Ungarn  im  Streite  lag.  Die  Einrichtang  dieser  ersten  Ab- 
theflong,  welche  in  diesen  Blättern  bisher  noch  nicht  besprochen  wurde, 
hat  den  beiden  anderen  vom  hansiseben  Qeschichtsverein  seit  1876  ver- 
dflfentlichten  als  Vorbild  gedient  nnd  stimmt  daher  mit  j<>nen  genau  übersin« 
nur  hatte  Eqppmann  bei  der  geringeren  Fülle  des  Stoffes  nicht  nöthig,  dem 
Begest  einen  so  großen  Spielraum  zu  gewähren,  als  es  seine  Fortsetser 
von  rlt'r  'Ropp  nnil  SrliiifVr  thnn  nin«!Sfn.  T^h'  i^r?tf^  Altthrilnnt;  der  Hanse- 
recesse  soll  bekanntlich  bis  1430  rei'Mn  ii,  wozu  wuiil  noch  zvvc  i  w  eitere  Biunlt" 
erforderlich  »ein  werden:  möge  der  um  die  Geschichte  der  Hansa,  Hamburgs 
und  des  ganzen  europäischen  Nordens  hochverdiente  Herausgeber  inmitten 
seiner  amtlichen  Geschifte  und  anderweitigen  wissenschaftlichen  Arbeiten 
snr  YoUeadnng  dieser  beiden  SchlnfibSade  recht  bald  die  nöthige  MoBe 
flnden»  M.  P. 


,^atailteitfan((  und  Sdi^erterflang."   S^icber  au<>  l'cutfdict  t^otj^eit  mx  graiti 

il^ividi.    l'oiluifl.  9.JlerIafl  iH>n  Ünil  ^Hcifiiia.  IHs*).  8«  1H8  3. 

Es  mag  ja  franz  pnt  sein,  wenn  man  nicht  zu  tb  ii  scluK  llen  Pwten 
gehört,  und  wir  wollen'«  einem  Dichter  gern  verzeilit-n,  wenn  er  ni<lit  all- 
jährlich das  übliche  Bllchlein  auf  den  Weihnachtstisch  liefert  Allein  —  es 
hann  doch  vorkommen,  dal  aneh  unter  dem  Gegenteil  Schriftsteller  and 
Pabliknm  ra  leiden  haben!  In  der  That,  eine  lkst  aUsn  sehwei^pame  Muse 
ist  die  von  Trans  Hirsch,  ünd  doch  hat  sie  nns,  wie  wir  eben  von  nenem 
erfithren  haben,  —  and  hollentUeh  bald  wieder  wahren  werden  f  —  so  manohea 
Schfine  zu  sagen. 

DaB  Franz  Hirsch  ein  wahrer  Poet  sei,  wußten  wir  freilieh  llagst. 
Die  eingestreaten  Lieder  in  seinem   vor  8  Jahren  erschienenen  I^nm 


VaguitonaaDg  und  SehwerterUaag. 


151 


„Aeoncben  von  Tharau''  enthalten  PerUn  kö.sUirlist^  r  Poesie,  wnd  fUr  JSn- 
geweDite  gab  ea  da  auch  noch  tsine«  vor  mehr  alä  20  Jahren  erschienenen 
Liedercyklos  „Vagantenlieder":  —  Aber,  da«  eine  war  lange  her  und  das 
andre  war  nicht  gt-nug.   Indessen  wir  mußten  warten  und  erst  jetzt  hat  der 
Uehtar  uia  »«hr  gebracht:  Ueder  luif  Bentaeher  Yon^,  die  er  witor 
oligMi  Titel  iQMHitnengefaftt  b«t  Sie  mnülQm  in  swet  Oruppen.  Votaa 
fahctt  die  ^Vegentenlieder'*.  Bald  in  remer  Liedfetm,  bald  in  mehr  beUeden- 
MtjgfB  Charakter  gehalteiii  behaaddn  ne  —  —  ja^  eie  lagens  an  bcftm 
•dlial^  waa  aie  behandehi,  and  j^rhlinmgaveranoh"  nennt  ea  der  Dichter. 
„Dee  Weibea  eOBer  Angentroat, 
Ein  guter  Tropfen  kellerbemoost, 
Ein  Lied,  von  Lebenslust  durchwAnati 
Ein  Leid,  das  unsre  Seele  härmt, 
Der  Hoffnung  Schein,  der  dtis  Haupt  verklärti 
Das  Sehnfn  dor  LiVb,  die  am  Hcr/.cn  zehrti 
Der  Minne  Wonnen  in  TJebfhens  Arm, 
Dep  Scheidens  und  Äleidcns  bitt'rer  Harm, 
Auf  Schmetterlingsflügeln  die  Lande  sclm, 
Mit  leuchtenden  Augen  durch*s  Leben  gehn, 
In  allem  Sein  die  GotÜieit  ersohaneo 
Und     ein  Teil  davon  im  Heraen  der  Frauen, 
Ein  Ctamllde  der  Welt  im  Ueinaten  Bavm, 
Viel  Wahrheit  —  und  ein  wenig  Tranm, 
Davon  in  Worten  ein  warmer  Bericht, 
So  etwaa  nennt  man  —  ein  Gedieht!** 
BeiUUifig  bemerkt:  die  letzten  vier  Yerae  wol  die  poeeievollste  und 
tnflkndste  Definition  von  Gedieht,  die  mir  vorgekommen! 

Wenn  es  die  Stimmung  ist,  die  den  Dichter  ausmacht,  dann  stehen 
im(^  Lieder  sehr  hoch.  Die  meisten  sind  in  dieser  Hinsicht  so  vortrefflich, 
daß  sie  zum  komponieren  wie  pjesrhaffen  erschein«'n:  einige  anch  im  Ton 
80  glücklich,  daß  sie  für  mitte'nltfrhVIio  Wfipcn  flehen  könnten.  So  dftfl 
«chöne  Tagelied  „Ich  hört  ein  \\Viii, n,"  mit  dem  mnigen  Schluß: 

„Sü  grüß'  dii  Ii,  der  die  Liebe  ist, 
So  grüß'  dich  Gott  zu  dieser  Frist! 
Ea  weht  ein  frischer  Moi^enwind, 
Gott  aei  nna  gnldig,  aAllea  Kind!" 
dl«  Tolksthflmfiohe  ^Mid^hena  Sefanaoeht**: 

nVeihtiehen  iat  der  grfine  Waid 
Hein  Herne  thnt  mir  weh 
Daa  thnt  mir  an  der  Winter  kalt 
Daan  der  wette  Behnee  . 


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162 


Kritiken  und  Referate. 


Aber  »ooh  von  den  andern  haben  viele  gaoa  den  aoUieliteii  «r< 
wOchsigen  Klang,  olma  deo  wir  uns  die  Poesto  eme«  fahreodea  StagsrÜniais 
nieht  denken  können.  Daneben  liegt  bei  sumeben  ein  eigenaitiger  Beis  In. 
dem  kalb  gdebrten,  beste  wfirden  wir  aagen  «kademiaebeii  ToA,  den  der 
fahrende  Scholar  anzustimmen  weift.  Als  Omndton  für  die  meisten  Lieder 
darf  ein  gesunder  Humor  bezeichnet  werden,  und  alle  sind  sie  diun^welit 
von  einem  frischen  Hancli  jiinf::;:-kräftippn  Wesrns.  der  in  unserer  nnge- 
kränkcltt  n  Z^it  —  (es  acheiut,  dafi  wir  allmälig  ein  wenig  herauakonunen) 
—  swiofach  wohl  thut, 

„Wer  einmal  wahrhaft  jung  gewesen, 

Wird  nimmer  alt.   Die  Jahre,  die 

leb  habe,  haben  nudi  nidki.  Siek, 

Ben  Wahlipnieh  hab*  ich  mir  «rleaent" 
Wir  woUen's  dem  Dichter  genie  glanbeni  daA  er  sa  den  OlflcUiohen  gehört! 

Oani  anden  im  Charakter,  aber  —  bie  auf  wenige  als  addie  gewollte 
Ansnahinen,  —  auch  vom  Geiste  echt*  r  und  starker  poetischer  Empfindung 
geboren  sind  die  Gedichte  dee  zweiten  Teils:  „Von  der  Ostmark**,  die  der 
Diebtor  .,AltprMißisohp  StimmungsbiMfr"  nennt  und  unserem  Landsmann 
Ernst  Wiehert  zugeeignet  )uit  Aber  hier  tritt  noch  pinp<?  dazu:  eine  treue 
Anhünglielikoit  an  die  llciinatli.  »-ine  innige  Liebe  zu  Altpreußons  Wäldern 
und  St'CM'u  und  dem  uralt  lieüigen  Mttsr,  daa  an  die  weißen  Dünen  brandet. 
Und  jeder  liier  in  der  Ostmark,  dem  es  schon  einmal  gelang 

„Sich  in  das  lieUiehe  Oesidit 
Der  Heimath  su  vertiefen  — ** 
der  wird  mit  dem  Dichter  sn  empfinden  vecstehn.  Doppelt  gern  wird  er  dann 
sieh  lurflckf&hren  lassen  in  jene  Zeiten  der  ersten  Besiedeinng  AltpveitBens 
dnveb  den  deutschen  Orden,  welche  diese  Gedichte  in  einer  Beihe  farbenpräch- 
tigsr  und  'n  ee})  sei  voller  Bilder  wiederspiegeln  sollen.  Gerade  hier  steht  überdies 
Franz  Hirsch  ott  eine  Kraft  des  Ausdrueks  und  ein  Wuhllaut  der  Sprache 
zu  Gebote,  dftC  —  wenn  man  durchaus  rtwas  haben  will,  auszusetzen  — 
mau  fast  geneigt  ist,  zu  sagen:  Die  Form  stehe  hier  bisweilen  über  dem 
Inhalt.  Aber  ^Die  Grflndung  Thorn's'*,  ..Der  Ritt  zum  Meere",  „In  der 
Wilduiii  und  manche  andern  ~  das  sind  Balladen  voll  Mark  uud  Nach- 
drw^,  im  Inhalt  sowoU  wie  in  der  Fenn.  Und  auch  sonst,  — >  wo  man  das 
Blldilein  an^Mshlägt,  da  begegnet  man  maanballsr  Oesiannng,  warmem 
Qef&hl,  hershaftem  Humor  und  —  manchem  kriftigen  PoetenwörClein  dar 
swisehen.  Ans  allem  aber  spridkt  sogleich  das  Gemfith  eines  Diehtevs,  der 
aioh  mit  freudigem  Stolse  aneh  in  der  Reichshauptstadt  erinnert,  ein  Alt- 
inetiBe  in  sein.  An  Altprenftea  ist  es,  sich  ihm  daftr  dankbar  su  beweisen. 


uiym^ed  by  GoOglc 


Am  Ur-QoeU. 


163 


Am  Cr>QMlL  Uaa^tmOM  für  VoUcakonaa.  Unter  IfüwIrlniDg  der  bo- 
wHirtoii  Facbmiamer  L.  Freytag,  K.  Ed.  HMse.  F.  Höft  n.  A. 

Henraegeber  und  ventatwortlidier  Bedactenr  F.  8.  Krause  in 
Wien.  IHgnntiiQiiMr  H.  Oartten»  in  Dfthrenwniih  bei  Lnnden 
(Schleewig-Holatoin).  —  Baaid  L  der  neoen  Folge.  ~  Freie  fxo 
Jahr  4  Ibrlc. 

Einige  wahrhaft«  Freunde  des  Volksthnms  und  volksthümlicher  Ueber- 
Heferungen.  in  innigstor  Berührung  mit  dem  Volke  stf4ienf1e  SchullfhnT, 
pründeten  1881  nnkir  «Ittn  Titpl  ^Am  Urdsbrunnen'*  eine  Zeitschrift  für 
Volkskunde,  die  sich  bald  uait  und  fem  viele  Freunde  erwarb  und  eine 
Fandgrabe  fUr  Nachrichten  über  Yolkathum  wurde.  Da  der  Titel  der  Äjit- 
sohrift  jedoch  oft  befremdete,  eo  wurde  er  mit  dem  Begtime  des  I*afeiideii 
Beadee  nach  einem  Auaq^nudie  des  Qr.  Ftiedr.  8.  Emnse:  ^Dm  Volkstbum 
iBt  die  Urquelle  aller  Kenntuieee  Ober  ein  Volki  dae  VolksUinm  iat  aber 
«och  der  Völker  Jungbrunnen»  der  ne  jung  erbllt,  der  sie,  wenn  ihnen 
üot«Rgaag  droht,  Teqflngen  kamk**  in  den  oben  itehenden  abgeiadert,  dem 
ab  Motto  die  Worte  f,Das  "Volkethum  ist  i\rr  "Völker  Jungbrunnen'^  hinzu- 
^Agt  sind.  Gleichzeitig  übernahm  auch  Dr.  Krauss  in  Wien  die  Redaction. 
Die  vorliegenden  8  Heflchen  diosf-s  1.  Bundes  der  m-uen  Fol^v  enthalten 
ein  wirklich  reiches  Material,  nicht  nur  aus  deutsrhpn,  sondrni  aufh  aus 
sUvischen  Gebieten.  Für  Ostpreußen  sind  am  wiehtigsteu  die  I:i*  itra<:;c  von 
H.  Frisch  hier  „Ost preußischer  Volksglaube  uud  Brauch.  Braut^liait  und 
Hochzeit"  (53  Kammern)  —  „Volksglauben  (Aua  Ostpreußen).  L  Kindheit." 
(Udler  18  Kummeni)  —  und  von  J.  Sembrayeki  ifVolkamedtain.'*  (Aua 
OMpvenleii,  beeonders  Litaueu.X  S7  Nummern.  Dann  finden  wir  „Ftalaachts- 
Wloche  ans  Schleewig'Holalein**,  einen  intereaaanten  Artikel  Uber  „Die  Haut 
(dia  Fell,  den  Bast)  ▼eraaufeu",  bemerkenswerUie  Mittheilungea  Uber  «Die 
Ajsoreu  im  Kaukasus",  ..nudareolieder  aus  Bosnien  und  dem  Herzogsland" 
(1  <■.  Herzegowina)  mit  slaviscbem  und  deutaebem  Teat,  ^Begräbnißgebräuche 
bei  den  Ditmars^'n"  von  IT.  Carstens  u.  s.  w.  Jedes  Heft  srhlirCpn 
Icleinoff  Notizen  und  MittheiluiiK»»n  vom  Büchcrtiach.  Untfr  d<-n  letzteren 
btjfindet  tsirh  im  8.  lieft  eine  sehr  günstige  Kt  cension  dt  r  auch  in  der 
riAltpr.  Msohr/'  (XXVL  pg.  170)  besprochenf-n  Wiirscliaxu'r  fthnof^raphischwn 
Zeitschrift  „Wisia"^.  heißt  hier:    „Beim   bloßen  Dur<-.hbliittem  der 

praohtTollen,  an  durdhgeheods  ansgeaeichaeten  Arbeiten  ftberreichen  Wisla 
lacht  einem  das  Hen  vor  Vergnügen.  Dieae  stattludie  Ansahl  gewiegter 
loiaeher  und  Sammler  ans  Koiberg*s  Schule,  mit  Kartowioa  als  dsm 
Isiter  und  Lenker,  eraffnen  der  slaviaohen  Volkskunde  eine  glinsenda  Zu- 
kunft. —  Die  Wisla  vereinigt  in  sich  die  VorsOgo  von  Oaidos*  lUlusine, 
84biUot*s  Bevue  des  tiad.  pop.  und  Fitr^'s  Axuhivio.**  — 

'  J.  Ssmbrsyoki. 


IM 


Kritiken  und  Eeferate. 


WM  Tarn  ScKSongntlidt.  l-ia  t^if.  tm  188a  90.  OU(.  (V,  SM; 

nip  808  u.  IV,  944  6.  8« )  5  m 
Wi«  unllngat  der  eben  vetstörbene  Rektor  Birtooh  aeiiM  nSkinaB  in  einer 
Oeoehiehte  Tibifs  von  der  llteeten  Zeit  bis  1819"  snerai  in  ^er  tilsiter  Zeitims 
TeröfFentlicht  und  dann  in  Buchform  hat  erscheinen  lassen  (Tilsit  bei  Reyläader 
und  Sohn,  1888,  168  S.  B".)-       liAt  ein  anderer  Tilsit^r  das  obige  Werk, 
welche«  sachlich  als  die  Furtst-tznn^if  des  rnric^en  t\\  bptra''lit*''n  ist,  seinen 
Mitbürgern  ebt'ntalls  zuerst  stückweise  in  einer  dortigen  'ieitung  vorf^eleg^t,. 
Daß  sich  das  Bodürfriiß  lieraus-^estellt  Imt  die  beiden  Solirift^n  in  eine  mehr 
D«n*»r  versprechende  Form  zu  bringen,  ist  wol  ein  deutlicher  Beweis  für 
die  Anerkennung  und  Zustimmung,  welche  sie  hei  denjenigen,  ftlr  die  sie 
«oniebst  best&nint  waren,  geflmden  baliaii.   Aber  beide  Derstolfaiiigw  te 
Oesehielite  der  sweitgrOtten  Stadt  Oatpfenfiens  sind,  so  will  es  nne  soheiiMn» 
nicbt  gans  nnwürdig,  daA  anob  die  ÄnlmeriEsamkeit  der  flbrigen  Einwohner 
der  Provins  «nf  sie  gelenkt  werde,  wenngleieli  beide  Verfasser  nieht  entfernt 
daran  gedacht  haben  mit  ihren  Arbeiten  wissenschaftliche  Zwedw  sn  ver- 
folgen. —  Der  Verfasser  des  großem,  in  der  Uebersohrifl  genannten  Bnchee 
schildert  in  dem  ersten  Theile  („Tilsit  seit  dem  grroßen  Kriege**,  224  S.  mit 
einem  Plane  der  Stadt  und  8  Illustrationen)  die  äußere  Entwickelung  der 
Htadt  seit  den  Befreiungskriegen,  so  jedoch,  daß  er  daran  zugleich  aach 
vieles  über  die  innere  Entwirkehmg  anknüpft.    So  behandelt  er  bei  den 
Kirchen  auch  das  Kirchenwesen,  bei  städtischen  Bauten  viele  Zweige  der 
Stadtverwaltung  und  Stadtverfassnng,  bei  den  HospitBleni  die  Kranken- 
nnd  Armenpflege,  bei  den  mililirisoben  Banten  die  Ganlsonveiliiltmase» 
die  geselligen  Vereine  bd  den  Ükt  ihre  Zwecke  «rriehteten  Geb&nden  o.  s.  w. 
Di«  beiden  anderen  Tbeile  bringen  das  nTilsiter  Leben  seit  den  Freiheit»* 
kriegen**  rar  DexstsUnng»  tmd  swar  der  sweite  ^XI6  S.)  bis  1848  nnd  der 
dritte  (244  P    in  dem  folgendem  Jahrzehend,  so  daß  noch  ein  vierter  Band 
aussteht.    Wahrend  das  /weite  Bündchen  den  Leiden  der  Franzosenzeit  (unter 
Benutzung  der  recbt  interessanten  Aiifzeichnnngen  zweier  Mitlobonden),  der 
Erhebun<r  von  1813  und  last  zu  drei  Vierteln  den        Jabren  Friedensxeit 
1816  bis  iB4Ö'  gewidmet  ist,  füllt  in   dem  dritten  die  Schilderung  des 
politischen  Lebens,  welches  damals  gerade  auch  in  Tilsit  ziemlich  hoho 
Wellen  geschlagen  hat^  weit  mehr  als  die  Hilfte;  doch  können  wir  hier 
mit  dem  Wnnaohe  nicht  inrfiekhalten,  dal  der  YerfiMser  das  ollenbare 
Zuviel,  welohes  sieh  nnter  dem  Strich  einer  politischen  tCsgeeseitung  hin- 
nehmen  und  gans  wol  leeen  liftt,  bei  der  Umfonnnng  in  ein  Buch  etwas 
gemildert  und  gemUigt  hitteii   üflbrig«DS  würde  das  gaaie  Baeh  ancih 
dadurch  nicht  wenig  gewonnen  haben,  wenn  der  Verfasser  bei  deraelben 
Gelegenheit  auf  eine  durchgreifende  Aenderung  von  Anlage  und  Form  etwas 
mehr  gesehen  hätte,  als  vielleioht  geschehen  srän  mag:  eine  und  dieeelbe 


m 

Ans  Tilsits  Vm^sagetihttt 


165 


Person,  eine  nnri  diMclIip  Sarlip  wird  doch  gar  zn  liänfig  an  ver^chieflen'^n 
Stellen  behandelt,  w-^zu  not  h  kommt,  daß  bei  den  Wiederholungen  in  rier  Hoirid 
mehr  oder  weniger  reii  he  Ergänsnmjyen  boiprebnirVit  werden,  oft  aber  auch  nirlit 
bloß  diese,  sondern  Verbessenuigen  fnilierpr  Irrthümer.  die  selbst  jetzt  an  den 
eisten  Stellen  unbeanstandet  stehen  geblieben  bind.  Bei  neuen  Aul iagt?n,  auf 
deren  BedOrfniß  wir  mit  Bestimmtheit  rechnen  zu  dürfen  glauben,  wird  dieser 
IMMbtand  vor  allsm  snBnuneirseii  sein,  wfthrend  den  Lessni  der  vcnrliegen- 
der  Oebxancli  der  den  einaelneo  Bänden  beigegebenea  VenBuchnisse 
•dir  dringend  ansnntthen  ist  Wenn  anch  Tielleieht  ftmer  stehende  Leser 
menisn  ktanten,  dsft  der  Verfasser  hftntBg  in  Enililiuig  von  Einselnbeiten 
Qod  mit  Nennung  yon  Fersönliehkeiten  des  Guten  mt  viel  gethan  bitten 
»  möchten  wir  doch  daranf  anfmerhsam  machen,  daß  an  ein  sonftchst  lllr 
die  Bewohner  eines  einzelnen  Ortes  bestimmtes  Bnch  immerhin  ein  anderer 
Maßstab  angelegt  werden  darf  als  an  ein  allgemeinere  Zwecke  verfolgendes 
Werk,  da  später  lebende  Geachlecliter,  später  lebende  Familienmitglieder 
sich  oft  gerade  durch  derartif^e  Einzolnotizen  r.n  Dank  vrrpfliclitct  fühlen 
können.  Jedoch  aiu  Ii  an  solchen  Angaben,  die  für  die  besondere  Ortsge- 
schichte von  unbestreitbarer  Wichtigkeit  sind,  bieten  die  drei  Bilndchen 
einen  sehr  großen  Reichthnm.  Der  Wunsch  für  das  tle.ßige  und  lelirreiclie 
Buch,  mit  welchem  wir  dieso  Zeilen  schlitt'on  möchten,  ist  ein  doppeltor: 
viele  Leser  und  an  anderen  Orten  tüchtige  Nachahmer!     K.  Lohmeyer. 

[Sonntagsblatt  No.  60  d.  Egeh.  Hartg.  Z.  v.  16,  Dec  1868.} 


fncgmfmA      ijolorys«  Hardna  Kwlfttk#wsklego  i  Wsfc  pnes  Dra. 
Zygmniita  Celtehowshiego  (Bettrag  inr  Lebensgeechichte  des 
Hartin  Kwiatkowslci  z  Rozyc,  von  Dr.  Siegmnnd  Celichowski). 
Sepantabdrack  aus  Band  VI  des  ^Archiv  für  die  Geschichte  der 
Literatur   und  Bildung  in  Polen. ^    Verlag  der  Akademie  der 
Wiseenschaften  zu  Krakau.  1890.  14  pg.  gr  H*^ 
Tn  vorliegender  Arbeit  bietet  Dr.  Celichowski  durch  die  Mittheihmg 
von  10  Briefen.  Bestallungs-  nnd  Schnld-Urkunden  fO  ans  dem  Könip;^berp. 
Archiv,  der  zehnte  ans  demjenip;eii   der  Fürsten  Czartorvi^ki  zu  Krakau^ 
eine  willkommene   Erfjänzung  zu    den    kurzen   Nachrichten  über  diesen 
p«ilEii8chen,  lange  Zeit  um  Hofe  der  Herzöge  Albrecht  und  Albre«  lit  Friedrich 
*Q  Königsberg  aufhaltsam  geweseneu  Schrift«t*jller,  welche  sich  auf  pg.  V 
•Uid  VI  der  dem  ebenfalls  von  Celichowski  besorgten  Neudruck  zweier 
Wflikehen  des  Xwiatkowski  (^Ksii^i^eciki  rookosane  o  pocadwem  wychowaniii 
'listek'*  1564,  und  y^Wssystkiej  liflanckiej  snemi  opisanie'*  1667;  Krakau 
IttO)  Toransgehenden  Einleitimg  beAnden.    Darnach  war  K.  nnehelioher 
Qdnirt  und  sein  Name,  wie  es  eoheint,  nur  ein  angenommener  —  seine 


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166 


Kriiiktiti  uud  Eeferate. 


KftohlroiBiiMa  werdMi  mir  unter  dorn  Moh  ab  luiMram  Ifaxtin  beige0eb«i 
arwihntea  Nvntti  „PlMhta*'  «ufgfiAUvi  —  erbidt  1565  die  fett«  Bowtatlmig 
da  pohuaelMr  Dolmatacher  und  Sekretir  des  Heriog  Albradit  gagao  «ine 
jübrlitthe  Besoldung  von  60  Mark,  lieh  1566  dem  Hanoga  1000  Mark  und  1508 
noch  200  Mark  dem  Nachfolger  desselben,  der  ihm  1573  sogar  beraiis  2200  Mark 
wa  achuldan  bakennt,  besaA  1577  ain  von  ihm  „Quiatkowo^  genanntes  Out  ^in 
madiis  nemoribns  Insterborgensibus"  und  starb  gegen  Ende  des  Jahres  1585. 

Nach  Brief  1  befand  sirh  K.  noch  1561,  und  zwar  als  Stipendiat 
Hcr/Ofjfs  Albrechf,  in  Leipzig,  von  wo  er  auch  die  Voitp^^o  7a\  »einer  polni- 
«chen  Ueborsotzung  der  (vei'uiuiertciO  ..Coni'cstsio  Au^stanae  tidei''  datiri 
hat.  üeber  die  Dnickgesohichte  diose.s  Buches  ist  Dr.  Celichowski  noch  im 
Unklaren.  Der  Druck  detiselbuii  hat  bereits  155Ö  zu  Königsberg  be- 
gonnen; nach  einer  im  August  dieaea  Jahraa  von  Job.  Aori&ber  an  den 
Hacxog  g^richtaten  Baachwarda  Aber  daa  Bncb  waian  baraita  24  Bogen 
deaaelban  gadrackt  Ifainar  Anaieht  nach  bat  dar  Haraog  hierauf,  um  die 
Saoha  ana  dar  Welt  an  aohaffbn,  K.  nach  Ltäpäg  gaadiiekt  So  arUirt 
aioh  der  anf  frOhere  yorginga  aich  benähende  Berieht  der  TTmTeiait&t  an 
den  Henog  vom  11>  Angoat  1661 :  ndaft  Qwiatkowaki  aioh  nntenlandeu  die 
Aagapnrgiache  Confeasion  ina  polniacha  gnam  nnförmlich  an  fiberaetaeOf 
hätte  sie  schon  berichtet,  der  Filrat  h&tte  auch  bicranf  befohlen  den 
Druck  ab'/uscbafFen,  und  den  Drucker  zur  gebührenden  StmiTe  zu  ziehen, 
ob  nun  gleich  solches  geschehen,  habe  Qwiatkowski  doch  den  Buchdrucker 
dahin  bewogen,  daß  er  ihm  die  unvollständigen  Expmplaria  ^ust^dlen 
müssen,  un<l  obgleich  die  Acai^pmie  ihm  dieselben  zu  divulgiren  verboten, 
so  babe  er  dorh,  Seinem  Vorgebüü  nach,  zu  Leipzig  den  Drurk  vollaogtsn** 
(Arnold»,  Historie  der  Königsbergischen  ünivei-sitat,  II,  pg.  540). 

Ueber  dai»  Gut  des  K.  giebt  uns  vielleicht  einen  Fingerzeig  die  Adels- 
matrikel Dr.  Meckelburg's,  wo  ea  heißt:  „Kwiatkowaki,  Polen,  auf  Eiaer- 
wagen  und  Qaiatkowen  im  Inatarburgischen."  Sdum  im  J.  1888  habe  kth 
in  der  „Al^r.  Hachr.**  anf  pg.  844,  Ann.  8,  die  Yerrnnthiing  aoageqirochen, 
daft  ndM  Kwiatkowaki*B  ihren  Beaita  Eiaerwagen  vorübergehend  nach  eidi 
80  (Kwiatkowo)  nannten.^  Aach  Dr.  Odichowäki  aprieht  den  Gedanken 
ana,  dai  K.  daa  erkaofta  Out  naeh  aich  benannt  habe.  Ueber  ein  Qnt  oder 
Dorf  Qttiatkowo  fiadm  aich  weder  im  Innterbargüohen  noch  im  Tapiaoadien 
irgend  welche  Nnchrichteo.  Der  groAe  Waldbezirk  Eiserwagen  gehörte 
eigentlich  zum  Tapiaugchen,  wurde  aber  auch  öfters  als  aum  Ineterborgi^hen 
gehörig  bezeichnet,  da,  eben  weil  dort  Wald  war,  die  Grenzen  beider  Aemter 
nicht  genau  bestimmt  wr^ron.  Das  eigentliche  Gut  Eiaerwagen,  heute 
Gr.  Eiserwagen,  liat  K.  nicht  besessen.  1553  erhielt  ein  Pusch  45  lluft-n 
zn  2  Diensten  „zum  Eyserwagen",  1556  Staninlaus  Skorzewski  und  seine 
üt^mahiin  Hedwig,   eine  geborene  Pusch,  60  Hufen  Wald,  das  heutige 


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Pim^w^iiek  do  Ijcioryni  Marcin»  Kwiafckowskiego  z  H6ije.  157 


Nagurreu  unweit  Eiserwagen  (nicht  Eiserwagen  selbst,  wie  Ktjtrzyüski, 
0  lodn.  polsk.  pg.  580)  angiebt;  1573  ba<iitzt  Nicolaae  Raaschken  (Busz* 
iMwski)  Eiaerwagen  und  1606  Alexander  BaneehkeD*  Aneh  dn  Petike  er* 
kklt  1578  90  Hufen  Wald  in  Eiaerwageii.  FftUe  also  die  Meckelborgteebe 
Hol»  xiehtig  ist  —  aobade,  daB  wir  die  Quelle  nickt  keniieii,  ava  der  er 
wäOifH»  —  eo  beeal  meiner  Aneioht  nach  K.  entweder  Klein-Eieerwai^ 
oder  aber  Daineran. 

AnffiUIig  ist  in  der  Arbeit  von  Celidiowski,  daft  bei  einimen  Briefen 
die  Angabe  tkber  den  Aufbewahrnngsort  iu(  ht  über  oder  unter  dem  Briefef 
aondem  unter  der  Anrede  sieht,  s.  B.  „lUnstrissime  princeps  et  domine 
observandissime!  (Hersogl.  BriefaxeluT.  Pcden,  Weltliche  Große)",  worauf 
der  Text  folgt»  J.  Sembrsycki. 


leoeB^rf  er,  Prof»  Dr*  Adtlberly  Dto  Kirische  Heiinttg  ini  Are  Be« 
wokner«  A*  n«  d*  T<s  SVxtaoliungen  Sur  deotschen  Landes^  und 
Yoikskvnde  im  Anfttage  der  C^ntndkommisaion  f&r  wiaeensehafb» 
liehe  Landeeknnde  TOn  Dealsehland  hetani^gegeben  von  Dr.  A.*K  ir ek  ' 
hoff,  Professor  der  Erdkunde  an  der  UniversitM  Halle.  &  Bend, 
Heil  4.  Stuttgart.  J.  EngeUiom.  1680.  —  8«.  140  8.,  3  Tabellen  n. 
1  Kaita.  Mk.  7  Ja 

Die  Heimathkunde  AltpreuBens  wie  der  meisten  anderen  Oaue  Dentsdi* 

landfl  steht  keineswegs  auf  der  jenigen  Höhe,  welche  ihr  nach  der  Bedeututtgt 
die  sie  itlr  die  Wissenschaft  wie  fUr  das  Volksleben  besitsst,  zukommen 
sollte.  Zwar  liegt  eine  große  Fülle  werthvoller  geschichtlicher  und  naturwissen- 
schaftlicher Einzflnrheiten  vor,  an  denen  Ostpreußen  reicher  ist  als  manche 
widere   Provinz.    Aber  Arbeiten,  welche  den   ana  Rämmtlichen  Wissens- 
gebieten vorliegenden  Stoff  tür  eine  bestimmte  Landschaft  zu^mmenfassen 
mid  zu  einem  klaren  Bilde  g^est^lten.  in  Ritter's  Sinne  die  Wecljselwirknngen 
TOD  Natur-  und  Menschenleben  für  ein  geiichlüssouüs  Stück  Erde  darlegen, 
ssd  die  geschichtlichen  and  natürlichen  Beziehungen  dieses  selben  Landes 
m  anderen  nachwenen  —  solche  snsammenfassende  Axteiien  liegen  aus 
4«n  ktrten  Jahnehnten  nur  flir  einen  kleineren  Theil  des  deutodien  7ater- 
laadei  vor.    Die  von  dem  deutschen  Oeognpkentag  ernannte  Oentrsl- 
konminrion  Atr  wiseenschaflJiohe  Landeskunde  ha*  den  heimathsknndliehen 
Foisoliungen  einen  neuen  AnstoA  gegeben*  In  der  Beihe  der  von  ihr  her- 
ausgegebenen „Forschungen"  ist  —  abgesehen  von  Hahnes  Abhandlung  über 
D^ie  Städte  der  norildeutschen  Tiefebene  in  ihrer  Beziehung  znr  Boden- 
t«taltung"  und  Borggreve's  „Verbreitung  und  wirtli schaftliche  Bedeutung 
dar  wichtigeren  Waldbanmarten  innerhalb  Dootsohlands"  ~  die  vorliegende 


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168 


Kritiken  and  Referaie. 


dtG  erste,  eis  oAtpreufliBclieA  Gebiet  1)etx«ffeiide  Atbett.  Keine  glllekliclMt« 
Walil  könnt«  getroffen  wi  rden.  Nahem  allseitig  von  Wasser  tungebeo, 
durch  Entstehung  und  "H'  ^haffenheit  ilirer  Nntnr  wie  durch  Beschäftigung 
und  ITorkunft  ihrer  Bowolinor  von  den  benarlibarten  Landest lieilcn  unter- 
srliit  ilt'U,  bildet  dii-  Kiirisrhe  Nehrung  eine  kleine  Welt  für  sirli,  welche  auf 
jeder  Karte  Europa«  dtjiu  Angti  als  ein  Gesondert^»«  c«iitg<  f^»  ntritt.  Für  die 
vergleichende  Morpliologie  der  Erdoberfläche  (Onkar  Peöchers  „vergleichende 
ErdkuDde"^)  gilt  sie  als  das  wichtigste  Urbild  einer  „Nehrung'',  deren  Be- 
seichimng  ▼on  Ostpreu£en  (allerdiogs,  wie  Verf.  S.  22  niclLweist,  von  der 
frischen  Nehrung,  der  alten  Nergia)  ans  aaf  fthnliehe  Gebilde  aller  Welt- 
theile  abertragen  wird;  dem  Yolkswirth  ist  sie  merkwQrdig  durch  den  anf 
ihr  sich  abspielenden  Kampf  menschliche  Gleddnngeii  gegen  den  an- 
drängenden Flugsand,  dem  Sprachfoi^cher  durch  dir-  letzten  Ueberhleibeet 
eines  nirgends  sonst  im  dentsohen  Beiche  vertretenen  Volksstammes  —  der 
Letten. 

Die  Rfliandlung  des  (tegensf andt-s  ist  h()rlist  eiiip;tdu'nd  und  (soweit 
der  heutige  Stand  der  Wissensolinlt  f^estattet)  erächopleud.  Die  ältere  und 
neuere  Literatur  ist  iu  großer  Vollständigkeit  benutzt,  gar  manche  ein- 
sclilagende,  leicht  zu  übersehende  Schriftstelle  citirt.  Daneben  sind  viel- 
fach Urkondoi,  hsndsohrifilicke  nnd  mflndliche  Qnellw  benntst,  und  dnrch 
die  Ergebnisse  persönlicher  Ansehaaimg  ergänxt,  bdebt  nnd  eriintert  Das 
Werk  ist  somit  keineswegs  eine  blofte  Gompilation,  sondern  anf  jeder  Seite 
begegnen  wir  Beobaehtnngen  oder  kritisidien  Bemerkangen  des  Ver&sseni. 
Freilich  konnte  es  setbet  bei  solcher  Fülle  eigener  Zuthaton  dem  Verfasser 
nicht  gelingen,  alle  Seit^  der  Angabe  völlig  gleichmäßig  zu  behandehii 
weil  eben  zur  Beantwortung  mancher  ilim  ferner  Ii<  gender  Fragen  gar  zu 
spärlicher  Stoff  vorlag.  Aber  solrh  j^loichuiäßi^e  I)iir>^fellnn^  dnrfte  auch 
billigerweise  gar  nicht  erwartet  werden;  vielmolir  ist  es  gerade  ein  Vorzug 
derartiger  Znaamraenstellungen,  dai>  die  Lücken  unserer  Kenntniß  durch 
dieselbe  klarer  hervortreten,  und  Andere  zu  deren  Ausfällong  angeregt 
werden* 

Der  1.  Abschnitt,  S.  7—90,  behandelt  Gestalt  nnd  geologische  Bildongs- 
geschiehte  der  km'isehen  Nehrung.  Hier  mnflte  TorULufig  selbstrsdend  dis 
bekannte  Darstellnng  von  Berendt  in  Gmnde  gelegt  werdMi,  welche  der 
Verfasser  —  ohne  im  Uebrigen  zu  dessen  Hypothesen  Stellung  zu  nehmen 
—  durch  Oitate  nach  Jachmann,  Wutzke,  Beerbohm,  Voigt,  Krause,  Sdrsn 
Biörn,  Passarge,  Bock,  Nanke,  Hartknoch,  Veit,  Lissauer,  Schumann  und 
Jentzsrh  ergänzt.  Diese  Namen  sind  hier  letliglich  deshalb  erwähnt,  um  die 
in  allen  Absrlmitteu  liervortrotende  große  VoUstüudigkeit  der  Citate  nadi- 
zuweisen.  Ein  Citat  nach  Fuchs  betr.  eines  Brunnens  bei  Kadienen  iiatte 
indoß  wegbleiben  äolleu,  da  ea  i'rühglaciale  oder  noch  ältere  Schichten  bo- 


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Die  Kurische  Nehrang  und  ihre  Bewohner. 


159 


tdSt  und  dehar  aoldiei  welche  fUr  Fnge  nach  der  Bildung  der  Nehrung 
iiiofal  in  Betmdit  kommen.  Gegenüber  8ohnmann*e  und  Berendt*e  Angnben 
von  Sanknng  des  XAndee  ist  die  Angebe  von  beaonderem  Intereeie,  dalK  die 
ifidlidi  von  Oüge  vor  80  Jahren  vom  Haff  bedeckten  Pfarrwieeen  neuer- 
dings wieder  zum  Vorschein  kommea.  Dien  stimmt  sehr  wohl  mit  den  vnr- 
üegcoden  Pegelbeobaclitungen  überein»  aus  welchen  nachzuweisen  ist,  daß 
die  frühere  Senkung  im  letzten  halben  Jahrhundert  sich  nicht  fortgesetzt  hat. 

Der  "2  Absrhriitt,  S.  2f)— fifJ  bctrifTt  die  Geschichto  der  Nehrung  von 
der  in  der  zweitön  Hälfte  des  1:1  Juhrliiindorts  verlaLUen  Hvlilndiachen 
Rdmciironik  an  bis  auf  unsere  Tage.  Außer  der  Literatur  sind  an  hand- 
schriJtlicheu  Quellen  der  Visitations-Abschied  der  Vogtey  Schaeken  1569, 
das  fieständnißbuch  des  Hauptamts  Schaaken,  die  Hemeler  Uausbiiclier 
sad  Kirchenbücher  von  Knnien,  Sarkan  und  Sehwarxort  benutzt.  Nächst 
der  Oeschiehte  der  Kehmng  im  Allgemeinen  wird  diejenige  der  einseinen 
OrtMlialken:  Crans,  Sarkan,  Lattenwalde,  Knnsen,  Bossitteni  Frsden,  Pül- 
koppen,  Nidden,  Karwaiten,  Negeln«  Sehwaraort  und  Sandkmg  behandelt 
ZiUreiehe  Sriliehe  Benennungen  werden  in  diesem  und  anderen  Abschnitten 
■owie  in  einem  beeonderan,  sUe  Lokalnamen  der  kniisohen  Nehrung  und 
des  kurischen  Huffii  aufzählenden  Anhang  sprachlich  verglichen,  soweit 
mdglich  abgeleitet  und  nöthigenfalls  richtig  gestellt.  Eine  Karte  im  Maaß- 
Stabe  1  :  300000  gewährt  einen  sehr  klaren  Ueberblick.  Sehr  treffend  be* 
merkt  Verfasser  gelegentlich,  daß  in  Bezug  auf  die  Schreibuelso  der  Orts- 
namen die  soust  so  werthvoHen  (leneralstabskarten  Ostpreußens  vieltack 
ungenau  sind.  Dieser  Vorwurf  tritl't  bekanntlich  auch  tVir  andere  Theile 
fies  deutschen  Keicheiä  zu,  kauu  aber  sicher  nicht  eiueu  Tadel  gegen  die 
ixiirbeiter  der  Generalstabskarten  liefj;rilnden,  von  welchen  man  weder 
phüologisciie  Facbkeuuliiisse  noch  zuitraubeude  kritische  Untersuchungen 
anvaiten  wird.  Wie  lebhaft  indeß  der  gleiche  Vorwurf  in  den  Kreisen 
isatecher  Geographen  empfunden  wird,  zeigt  die  neuerliche  Ausschreibnug 
eines  Preises  von  400  Mark  für  die  beste  der  bis  1.  Mai  1890  einsuliefexndea 
Arbeiten  aar  Berichtigung  der  Namen  auf  den  Generalstabekarten  des 
denlaehen  Bciehes.*) 

Der  CSironik  sind,  soweit  mfigUch,  statistische  Zahlen  und  TabeUen 
beigefügt,  aus  welchen  die  Zahl  der  Einwüiiner,  Feuerstellen,  Gebäude, 
Staatsangehörigkeit,  Religion,  Alter,  Schulbildung,  persönliche  Gebrechen, 
SterbUchkeit  und  Todesursachen  der  Einwohner,  Größe  der  bebauten  Flächen, 
Höhe  der  Grund-,  Gebäude-,  Gewerbe--.  Klassen-  und  Einkommensteuer 
hc-rvurgehen.  Der  wichtigste  Vurgang  in  der  Geschichte  der  Dörfer  ist 
überall  der  Kampf  gegen  die  Dünen,  das  Verschwinden  des  Wahles  und 


*)  Verhaudi.  d.  8.  deutschen  Qeographeutages.  Berlin  idöd.  S.  74. 


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160 


Kritiken  und  Referate 


die  ttUmfthlich«  Wiedetnnfiofstnng.  Diese  Verhilbiisw  werden  im  3,  Ab- 
Bchnittef  S.  67-^,  «uneiat  nach  Berendt,  geecbildert,  des  Verfahieik  bei 

I  i  Aufforstung  narh  „Die  10.  Versammlnng  des  preufliiohen  Vmatwn&Muf*. 
Zu  Dfinenbanswecken  sind  aufgewendet 

in  den  Jahxen  1027-46  90000  Mark 
1846-56  f>fiono  „ 
1857-ßl    18  UN)  „ 
1865-82  441 5?74  „ 

1837-82  676374  Mark. 

£in  Anaatz  von  Vorland  auf  der  Haffae&te  entBtebt  kOnstliob  dnrob 
Baggereehlamm  bei  Schwaraort»  auf  natftriidwn  We^e  bei  Nidden. 

Der  4.  Abschnitt,  S.  82—93,  bebandelt  die  prähistorische  ArchAolQgie 
nach  gedruckten  und  Iiandschriftlichen  Berichten  Dr.  O.  Tischler's.  Die 
paläolithische  Zeit  konnte,  wie  Penck  1884  nachwies;,  hier  keine  menschlichen 
Spuren  hinterlnssen.  Um  so  reicher  ist  die  neoüthisrhe  Zeit  an  Resten,  für 
welche  die  kurische  Nehrunpf  eines  der  wirlitit^steu  Fundgebieto  geworden 
ist.  Di(>  Broncezeit  Imt  mir  ^unz  spärliche  Reste  geliefert;  dagegen  massen- 
hafte die  jüngste  heidrüsche  Zeit. 

Aul  Hein  eigenstes  Forschungsgebiet  begiebt  sich  Verfaäser  im  5.  Ab- 
schnitt, S.  96—119,  in  welchem  die  eingeborene  NebrongaibevOQnrai^  auf 
ihre  Familiensprache  hin  nnteraacht«  wird.  Letatoce  ist  gegenwSrtig  ana- 
•chlieBlioh  deataeh  in  Boeaitteii  nnd  Nenknnxen,  lettisch  in  Nidden,  Frei], 
Perwelk;  einielne  Lettenfamiliein  neben  Itberwiegenden  Denteehen  wohnen 
in  Sarkan  nnd  Pillki^pen,  Letten  und  Littaner  in  Sohwarzort.  Auch  die 
Letten  sprechen  neben  ihrer  Muttersprache  meist  gut  Hochdeutsch  oder 
Platt.  Schon  im  16.  Jahrhundert  war  die  Bevölkemner  sprachlich  gemischt. 
Von  126  aus  dieser  Zeit  aufgeführten  Familiennfimen  erklärt  Verfasser  29  für 
zweifelhaften  Ursprungs,  39  b<»zw.  45  für  deutsch  und  52  bezw.  58  fttr  un- 
deutsch. Unter  letzteren  sind  10  —  11  Httauisch.  G  lettisch,  4 — 5  preußisch, 
80—34  unbestimmt  littauisch-lettiseh,  und  2  polnisch  [bezw.  möglicherweise 
iemaitisch].  YerfiMser  venmschlagt  tideS  daa  letfisohe  ESemeni  im  18,  Jahr- 
hundert stlarker,  ab  ea  nach  dieser  mehr  anfälligen  Namenreihe  eraoheinen 
könnte. 

Die  Letten  der  knriadien  Nehxnng  nennen  sieh  aelbat  Knneaedd 
oder  Knisineeki  „Lente  ans  äena  Karenlande"  und  ihre  Sprache  Kursineeku 
walohda,  f,kun8che  Sprache**,  während  ihre  Landsleute  in  Kur-  und  LiThuad 
dafür  jetzt  Latweeschi,  Latweeschu  wahlohda,  „Letten",  „lettische  Sprache" 
gebrauchen.  Letztere  Bezeichnung  ist  in  Ktirland  erst  um  16^^  zur  Herr- 
schnft  gelangt.  Die  lettischen  Bewohner  der  Nehrung  sind  mithin  in  der 
Hauptmasse  schon  vor  jener  Zeit  eingewandert.    Letten  sind  schon  im 


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Die  Knriaofae  Nefaniiig  und  ihn  Bewolmar. 


161 


16.  JahrhnndpTt  in  nicht  unbeträchtlicher  Anzahl  Ruf  der  kurischen  Nehrung 
Qüd  am  samlandischen  Nordstrand  vorhanden  gewesen.  Die  Kamen  Groß- 
Ktthren  und  Gausnp  sind  lettisch.  Aua  dem  Dialekt  wird  nachgewiesen, 
üti  die  Einwanderoiig  nicht  mu  LivUnd  erfolgte,  sondern  «i»  Kurland» 
wciehsB  lieh  im  18.  nnd  14  Jahrhundert  efldwirts  hie  snr  Mfindung  der 
Hinge  eratoeekte,  waa  hiatoriaoh  bekundet  iat  und  dnreh  «ahlreiehe  heutige 
Ottanamen  hekrftftigt  wird.  Die  Beeiedelnng  erfolgte  dnreh  Fischer.  Der 
Aordweatkurländieohe  Dialekt  findet  eich  heute  nur  nnf  der  afidlidien  HBlfte 
der  Nehrung  und  wird  vom  Verfasser  auf  die  älteste  lettische  Einwanderung 
besogen.  Der  sfldwestkurländische  Dialekt  und  die  Schriftsprache  sind  &ber 
die  ganze  Nehrung  vprhreitet  und  werden  auf  spätere  Einwandorungen 
besonders  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  zurückgeführt.  Schon  in  früher 
Zeit  war  wohl  die  Bevölkernnf^  der  Nehrung  eine  gemischte,  was  auch 
ans  der  Verschiedenartigkeit  der  von  Kapfier  und  Bessel*Hagen  untersuchten 
Schädel  hervorgehen  dürfte. 

In  einem  fi.  Ahschnitt,  S.  110—131,  wird  das  Wenige  zngamnienge- 
stellt,  was  sich  über  die  Bevölkerung  iu  somatischer  Hiu.sicht,  über  ihre 
Oebriuchei  Lieder  und  Härchen  sagen  läßt.  Einige  nach  Photographien 
angefertigte  Texthilder  erläuteni  dieaen  ^eiL  In  Bezug  auf  den  H«ush«a 
wird  auf  dieee  Konataechr.  XZIIL  681  Terwieaen.  Die  E^erbever- 
liiltaiBK,  Fischerei,  Landbau,  Foretwirthschaft,  Jagd,  Handwerk,  Handel 
lud  Verkehr  werden,  aoweit  mfiglieh,  geachüderfe,  und  anm  Sdilnft  die 
Benisteingewinnung  ans  dem  Knnschen  Haff  bei  Sehwanort,  welche  seit 
ihren  90  Jahrs  surückliegenden  Anfängen  sich  zu  einem  weltberühmten 
Großbetriebe  entwickelt  hat.  Wenn  die  Einwohnerzahl  der  kurischen  Nehiung 
im  Jahie:  18S80  im,  1848  i:i41.  18C1  UGO,  1867  1744,  1871  1970,  1885  2744 
betmg.  so  geben  diese  Zahlen  ein  klares  Bild  von  der  hedeutenden  Ein- 
wanderung, welche  hier  —  vorwifgeiid  ans  Littaiani  —  stattgefunden  hat. 
Seit  1820  hat  sich  Rossitten  verdopjielt,  Nidden  verdreifacht ,  Sehwarzort 
mehr  als  verfiinffacht.  Auch  auf  solch  weltentlegener  8;ni  l7,unge  ver- 
schieben sich  die  Bovölkerungsschichten  unaul  uitUsam  immer  iiueller  und 
schneller,  und  wenn  wir  den  alten  Zustand  wenigstens  iu  seinen  letzten 
Sporn  durch  Wort  und  Bild  festhalten  wollen,  ep  ist  BSle  ndthig.  Es  Yer- 
idiwinden  nicht  nnr  die  wilden  und  halbwildan  Tdlkerechaften  femer  Welt* 
fegenden,  deren  fiigenüifimliehkeiten  an  aammaln  nna  Bastian  nniHef, 
■ottciani  nicht  minder  die  ESgenarten  der  auf  dentsdiera  Boden  vereinten 
Stimme.  Köge  jeder  desedben  einen  gleich  liebevollen  nnd  enehöpfenden 
Bearbeiter  finden!  Jentssch. 


Allpr.  lUauHmthtm  Bd.  ZZm  ttft  1  tu  & 


11 


162 


Kritiken  and  fieferate. 


Alterthums-Gesellscliait  Prussia  1889. 

Zur  BarlehUflrunff  I 

Wir  baben  «n  dt«ser  Stdle  einige  BeriohtIgQiigeii  naehintoigeii,  die 
uns  mit  Besag  anf  die  Berichte  aber  die  beiden  Yorlrige  vom  19.  Oet. 
XL  16.  Nov.  1888  „Zar  Knnkgeecbicbie  Kdnigabergs»  (Bd.  XXVL  Eft.  8/4. 
8.  865  ff.)  von  Seiten  des  Vortragenden  angegangen  sind: 

1.  In  dem  Vortrag  Aber  den  „Hof  kantor  S.  F.  Z.**  (Sitcong  Tom 
19.  October  188Q): 

S.  S65,  muten:  Nacb  Königsberg  als  Privatmnsiker  ftbexgededelt  wurde  er 
vom  Hagiatrat  ala  Stadtmaaikns  der  Altatadt  aageetellt.  An 
der  Löbeniebiachen  Kirdie  hat  er  nie  ein  Amt  gehabt,  auch  niebt 

an  der  Altetfidtischen  Eärdhie. 
fi.  866,  Zeile  1:  An  der  Schloßkirche  wurde  er  gleioh  Kantor,  und  erhielt 

später  die  Organis teostelle  daio.  ^Auerkonnungon  von  mili- 
tärischer Seito"^  habe  ich  nie  erwähnt,  da  mir  keine  bekannt  sind; 
dafür  ist  zu  setzen:  Empfehlnnpen  von  höchster  Stelle  (nämlich,  des 
Prinseu  von  Preußen,  späteren  Königs  Friedrich  Wilhelm  IL). 

2.  In  dem  V<ntrag  Aber  die  Sdhne  dea  Hof  kantor  Z,  (Sitanag  vom 
16.  Novbr.): 

8L  868,  Z.  18:  Die  Worte  „ala  er  Stadtmusikus  in  Königsberg  wnrde^  oind 
zu  streichen.  Als  er  naeh  Königsberg  übersiedelte,  war  von  seiner 
Vokatur  zum  Stadtmusikus  noch  gar  keine  Rede,  nicht  einmal  ent- 
fernte Aussicht  dazu.  —  Z.  20:  der  jün;^ere  Soliu  Friedrich  i»t  nicht 
17ft!>,  sondern  1782  geboron.  —  Z.  i;{  vun  unten:  für  Maier  liea 
Moser.  —  Z.  4  von  untt-n  lies  Carl  tur  August. 

S.  359,  Z.  19:  statt  17H<j  lies  17812  (wi©  oben).  —  Z.  26:  Die  Worte  ^nnch 
Ableiiituiig  seiucT  Dienstzeit"  zn  streichen,  oder  lieber  dafür  zu  setzen: 
„nnchdeoi  er  den  Abschied  vom  Militär  schon  früher  erhalten^. 
dient  beim  Ifilitftr  bat  er  nie.) 

S.  860,  Z.  6:  statt  „Dirigenten  der  Preiarichter"  Uea  „Voraitaender  der 
Kommiaaion  der  Preiariobter".  —  Z.  7:  statt  llnsikfest  liee  S&nger- 
«Bet  -  Z.  10:  statt  1868  lies  18M.  —  Z.  20:  atatt  „Die  Familie  dee» 
lies  Der.  Statt  ,^wMrinspektor''  lies  General  •Landsobafts- 
Kendant.  Z.  92  n.  SS:  „nenen**  sa  streudien,  ebenso  der  folgende 
Sats,  nnd  daAr  an  lesen:  betheiligte  er  sieh  wieder  an  der  Fort- 
setzung des  von  seinem  Vater  ins  Leben  gerufenen  Streichquartett. 
(Dasselbe  fanJ  jetzt  nur  privatim  als  Krinschen  atatt,  es  hat  nie  den 
Namen  .^neues"  oder  überhaupt  einen  besonderen  Namen  geAhrt.) 
Z,  IS  von  unten:  tUr  1836  liee  188öC?). 


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AltarthniM-G^tdlwhaft  Pnistia  1889. 


163 


Sltmg  Tom  32.  Pabnuur  1880«  Dia  Sitsnng  wbSnei  der  Vorsitzende 
mit  den  Worten  der  Erinnerung  au  zwei  heimgegangene  Mitglieder  der  Ge- 
sellschaft, Stadtaltesten  Medizinalrath  Dr.  W.  Hensche  und  Oberlehrer 
Dr.  Hoffmann  an  d»^r  Landwirthschaft.sschule  in  Heiligenbeil.  Hensche 
hat  zu  den  Mitstiltern  der  Gosel Isfli  ift  im  Jahre  1844  gehört  und  in  ien 
Sitaungen  nach  Begründung  der  (jesellscliaft  manchen  Vortrag  gehalten. 
Einer  derselben  ist  nach  melir  als  dreißig  Jahren  als  ein  kostbares  Werk 
von  dem  Veri'at^r  auf  äeiue  Kosten  herausgegeben  und  au  Beuörden, 
OtteÜBchaften  ond  Privatleate  verschenkt  worden :  „Wappen  und  Siegel  der 
Kfaigjtehen  Haupte  ond  BMddensstadt  Königsberg  von  Dr.  W.  HeneoHe. 
Mit  drei  KttpÜBrtefeln.  Königsberg  1677.**  Hietanf  gd»  Hesr  Uiyor  Beck- 
IwRn  eine  lokale  Beeolireibang*)  der  Befeetigoi^^  KdnigBbergii  vom 
Jalire  196S  bw  mm  17.  Jahrhmideri.  Herr  PMfteeor  Stieda  referirte 
eodann  fiber  daa  kOnlich  etaehienene  Book:  Dit  Enrieoke  Heknmg  und 
ilue  Bewohner  von  Dr.  Adalbert  Bezaenk  erger»  Froftssor  an  der  üni- 
versitit  an  KOnigaberg  in  Pr.  Mit  einer  Karle  und  aekt  TextiUnatrationeiL 
Stattgart.  J.  Engelhom  1889.  140  S.  (Forschungen  zur  deutschen  Landes- 
und  Volkskunde,  III.  Bd.  4.  Heft).  Das  Buch  enthält  eine  ausführliche  Be- 
schreibung der  knrischen  Nehrung,  eine  eingehende  Geschichte  der  einzelnen 
Ortsrliatten  und  beschiiltigt  sich  außerdem  mit  den  Bewohnern  der  Nelirnng 
und  der  Öpraflie  derselben.  Der  Verfasser  kommt  zu  dem  bemerkeua- 
werthen  Resultat,  daß  der  große  Theil  der  Bewohner  Letten  siud,  daß  heute 
die  Familiensprache  theila  deutsch,  tbeiU>  lettisch,  theik  littauisich  ist.  Die 
Bewohner  nennen  sich  „Kursineki",  die  Leute  aus  dem  Knrenlande  werden 
Koren  genannt.  Ana  der  kentigen  lettiacken  Spracke  der  Kuren  iat  an 
eeJüielani  daß  die  prenBi6ok«B  Letten  aua  SttdweBt-Knrland  emgewandert 
liadi  —  wabreckeittlicb  nn  16.  Jakrkondert  Der  Abkandlung  ist  «ne  Karte 
dsr  Kmiscben  Nehrong  baig^ken»  auf  welcker  die  alts  PostafcraBe  von 
Hmel  nadi  Cruia  eingetragen  ist.  —  Deiaslke  legte  vor:  Unser  dentsoikea 
Land  und  Tolk,  XL  Band.  Bilder  ans  den  deutschen  KüsteaHndera  der 
Ostaeeküste.  Bearbeitet  von  Johanne.s  Biernatzki,  Dr.  L.  Ernst,  G.  Linck, 
Dr.  Carl  Blasendorf  und  Dr.  Bernhard  Ohlert,  Leipzig  und  Berlin  1886. 
Otto  Spamer.  Die  zweite  Abtheilung  dieser  Bücher:  Von  der  Weichsel  bis 
ZOT  Hemel,  bearbeitet  von  Dr.  Bernhard  Ohlert  (S.  828- ö2B)  bringt  S.  438—484 
eine  S<:hildernnfi'  der  Stndt  Königsberg.  Auffallend  i^f,  daß  die  die  Beschrei- 
bung begleitenden  Bilder  nicht  dem  jetzigen  Königsberg,  sondern  dem  alten 
Kiinigsberg  angehören,  .so  ist  eine  fremdartige  Ansicht  des  Schlosses  S.  438 
und  eine  Ansicht  des  Kant-Denkmais  auf  dem  alten  Kautpiatze  in  durck» 

*)  Wird  in  einem  der  nächsten  Hefte  zum  Abdruck  kommen.  Der 
Beii^  der  „Ostpr.  Ztg.**  iat  entkalten  in  den  BeiL  an  No.  78^  86  nnd  108. 

11» 

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164  Kritik«n  noA  B«fent6^ 

aus  fremdartiger  Umgebung  (S.  46B)  geliefert.  Ebenso  aaffallend  ist,  dafi 
VerrivstT  di'Ti  1)t:'rühmten  Naturforschor  Karl  Ernst  v.  Baer,  Her  .Tahre 
lang  hier  Protossor  an  der  Universität  war  und  von  liier  nach  St.  Peters- 
burg an  dii'  Konigl.  Akademie  der  Wissensr hatten  tiliersieilelt«,  zu  einem 
Zo(ilr>;^<Mi  Wilhelm  Beer  macht,  der  freilich  Konij^slKTf^  bald  verließ  xind 
nach  Durpat  übersiedelte.  —  Diesem  Literatnr-Beri»:ht  schloß  sich  eine  Mit- 
thc'Uung  des  llerm  stud.  theol.  Steinwender  über  eine  stadenttoeh-wissen- 
Bchaftlicb«  Yerbindnng  an«  welche  aieh  nach  ihfem  Stiftangstage  EapfuBnuA 
im  Jahre  1831  benannte  nnd  bis  mm  Jahre  1833  bestand.  Die  bekannteren 
Mitglieder  derselben  und  Clandina  Bichelot  als  Tribonalsrath  in  Königs- 
berg und  Oscar  Leb  mann  als  GymnasMldirektor  in  Harienwerd«r  ver- 
storben. Diese  Jfittheilnng  gesebah  aof  Grand  eines  Tagebnehs»  da«  Hen 
Dr.  Bappolt  der  Bibliothek  der  Gesollschafi  geschenkt  hatteb  Zum  Schlnfi 
der  Sitzung  erfolgte  die  Vorlage  der  Oosrhenke  durch  den  Vorsitaeodsn 
Dr.  Bujack.  Es  waren  für  die  ]>nilu8tonsche  Sammlung  verehrt  vom 
Herrn  Lehrer  Preuß  in  Pr.  Eylau:  Heste  von  Griiliorfunden  der  römischen 
Perindn  aus  Srlinftkeinon.  Kreis  Pr.  Eylnn,  znr  Münz-Sainrahinj;  von  H»^rrn 
Arcliivar  l>r  Kohlmaiin  hei  seinem  Fortgang  aus  König^herg  ein  I  hi  - 
groschenstiu  K  von  Herzog  Alhrecht  vtini  Jahre  1?S!^.'>  und  ein  Ordtiusöchillmg, 
für  die  Sammlung  vou  Altei tliumeru  aus  dar  Honaii>i>ancezeit  eine  trotz 
schädigenden  Gebrauchs  zirtulich  gut  erhaltene  Eisenplatte  mit  bilülii^her 
Darstellung  der  Anbetung  der  heiUguu  drei  Könige,  gcfimdea  Wassergasse  38, 
geschenkt  von  Herrn  Buchhftndler  Gatseit,  fttr  die  Sammlungen  uns  dem 
19.  Jahrhundert  «ne  Beiseahr  in  meningner  Faesnng  eines  Stemomamemca 
von  Herrn  Assessor  Kansow,  sine  Beihe  von  Gesellenbriefen  ans  der 
Schweis,  den  Oesterreicbischen  Staaten,  ans  Norddentsehland,  weldhs  der 
Zimmergeselle  Friedrich  Brise,  geb.  1797  sn  JesaOf  Kreis  Fr.  Eylan,  anf 
seinen  Wanderungen  sich  ausstellen  lieE,  geschenkt  von  Hecra  Knnstgftrtner 
Sommermeyer  in  Dönho&tftdt. 

[Ostpr.  Z.  V.  29.  März  1889.  Nr.  75.| 
Die  Sitznng  am  29.  Märx  eröffnete  der  Vorsitzondo  mit  Worten  der 
Erinnerung  an  Icn  hochseligen  Kaiser  Wilhelm  I.  Hierauf  folgte  ein  Vor- 
trag, in  welchein  I  I«  rr  Oberstlieutenant  ürahe  z.  D.  ,,Könip:sborg  wahrend 
nnd  nach  der  .Sehla*  ht  lifj  Pr.  Eylau"  schilderte.  In  Kurzem  wird  von 
dieäem  intüressanteu,  wenn  auch  höchst  traurigen  Bilde  unserer  Stadt  ein 
genauer  Bericht  erfolgen.  Den  Schlußvortrag  bildete  die  Vorlesung  eiues 
Anfsatses  der  Fran  von  Platen,  geb.  von  Borgsdorff,  anf  Sophienwaldo: 
„Znr  Gescbi<dite  der  xeichsgräflichen  Familie  von  Sdilieben-Birkenlidd,  nnd 
die  Vorlage  der  in  den  Farben  der  Wappen  von  der  Verfasserin  aneg»> 
•  Alhrten  Stammtafel,  welche  die  Familie  von  Anfang  des  16.  bis  snm  Begnm 
des  19.  Jahrhunderts  daistellt.  Der  erste  SeUiebeni  weleher  nadi  Pcenlen 


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Altartluinw-QeseUsoluift  Pmna  1889. 


166 


bun,  war  Besitzer  der  Güter  lloheudorf  und  Rodeburg  in  Bachseu  und 
erschien  in  dem  Ordenslande  beim  Beginn  das  dreizehnjährigen  Städtekriep^es 
ab  Söldüerführer  mit  557  Reisigen.  Bald  koimte  ihm  der  Orden  den  nach 
dem  Kontrakt  zugesagten  Sold  nicht  bezahlen,  aber  weiiiger,  um  sich  aiu 
Pfittfi  m  nthmeo,  als  um  den  Ordeik  t&eki  m  «nplindlieTien  Yeiliiat  leiden 
n  lammt  benoftektigte  er  eieli  Alleniiteiiie  trots  doe  Wider^»radui  der  Prir 
leten  oiid  evtrn^  mit  UnenchxoekeiilMit  den  pipetlielieii  Bumfloohf  Ins  der 
Ofden  m  semem  eigenen  Sdiaden  ihn  YuanlaEte,  Allenetein  su  rftnmen  mid 
Pr.  ESylen  sa  beeatnen.  Der  geendite  Söldnerftthrer  wer  aber  nidit  nur 
thlUg  im  «Banfen",  wie  es  in  damaliger  Zeit  hiefi,  sondern  melk  in  Unter» 
liandlungen,  so  im  Jahre  14^4  in  Livlandt  eo  im  Jahre  1466  beim  Absohlnß 
des  Tbomer  Friedens.  In  Ehren  konnte  er  seinen  ältesten  Sohn  Georg  in 
Sachsen  seine  Güter  übernehmen  lassen  und  kehrte  nicht  als  Verräther  des 
Orloüs  aus  Preußen  heim,  wie  es  einige  deatschf  Soldner  tlmten,  die  mit 
den  Slavisrhen  sich  ihre  Schuldfordernngen  an  den  (Jrden  durcli  Aldretung 
von  Marienburg  un  den  Poleukönig  bezaldt  machten,  sondern  hlmh  in  Prenßen, 
indem  er  Schloß  und  Stadi  Gerdauen,  die  Stadt  Nordenburg,  14  Dörfer  und 
eine  Zahl  von  Gütern  als  Eutächädigiing  für  seine  Forderungen  annahm. 
Unter  drei  Hochmeistern,  Ludwig  von  Erlichhausen,  Heinrich  Beufl  von 
Plsaen,  Heinricb  von  Biebtenberg  bat  er  gedient  und  die  letateren  haboi 
ihm  die  Bdehnung  nioht  nar  emeaert,  sondani  aucb  den  Beaits  vargröBert. 
Der  »weite  Sohn  Geot^  von  Schlieben,  der  den  groSen  Beeits  in  Prenfien 
«atritl,  wird  der  Stammvater  der  prenftisehen  SobliebenSi  er  bat  den  Vor- 
aunen  Dietrich  nnd  eeme  Gemahlin  ist  Anna  von  Eolenbnrg  ans  dem  Hanee 
Ptaasen.  Er  belebt  die  SAeuIarisation  PrenBens;  nachdem  er  unter  dem 
Hochmeister  Albrecht  ^farsohall  gewesen  ist,  wird  er  unter  dem  Herzog 
Älhrecht  herzoglicher  Rath  und  mit  den  Gütern  belehnt.  Nach  seinen 
6  Söhnen  bilden  sich  sechs  Linien,  von  denen  die  älteste,  Birkenfeld,  1660 
vom  deutschen  Kaiser  Leojiold  in  den  Beichsgrafen stand,  die  jüngste  in 
Sanditten  1718  durch  den  preußisclien  Kr.niL"  Friedrich  Wilhelm  1.  in  den 
erbliclien  Grafeu.stand  erhoben  wird,  wahrend  die  Nachkommen  der  Söhne 
Dietrichs  von  Schlieben  in  den  Linien  Truntlack,  Dombrowken,  Atlamsheide, 
Wandlark  keine  Standeserhuhuug  erhalten.  Im  Jahre  1701  gab  es  in  den 
genannten  preußischen  Linien  27  männliche  Schliebens.  Hatten  sie  im 
n.  JahrhnAdsvi  noch  vieUaeh  pohÜBche  Kriegs-  und  Hiofdienste  genommen, 
•0  sind  sie  im  16.  Jahrhundert  vorwiegend  in  preuliachen  Heeren,  in  üensD. 
nchrere  in  Sdüachtan  fielen,  einer,  Friedrich  Carl  Beiohsgraf  von  Schlieben- 
BfakenfUd,  wurde  Inhaber  einee  Infimterie-Begiments,  machte  glflddich  alle 
FaUsl^  nnd  Kriege  Friedrichs  des  ChroBm  mit,  wurde  bei  Prag  verwundet 
und  erhielt  den  Orden  ponr  le  miärits,  ein  jflngerer  Bruder  diente  seit  1760 
ud  machte  alle  spftter  unter  der  Begiemng  des  grcAen  Königs  folgende 


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166 


Kritiken  und  Heierate. 


Sebhekten  mit  und  orhitK  ein  Gmiaditr'BatailloB.  Wwen  iwübhen  179D1»ia 
17G0  alleui  16  «nraehacue  und  Ittan  flehliebena  gertorbwt,  mehran»  m 
SeblMbteo,  ao  Utthte  im  Jahre  1801  nur  die  giifliohe  Tarn»  in  Saaditten, 
die  xeiebagrtfliehe  in  Birkenfeld  stand  auf  iwai  AngßOf  tqh  den  ttbrigeBi 
▼ier  Limen  wann  drei  anegeetorben  und  die  yieite  dem  E^lttecben  nalie, 
weil  eie  keine  Aneakikt  inf  Deeoendens  molur  bieten  konnte.  Aach  der  letet» 
der  Reichsfxrafen,  CSarl  Eustach  Ahaavenia  Adolf  starb  23  jalirig  im  Jahre 
1815  ohne  Naebkommen,  einen  so  schwer  belasteten  Grundt^esitz  hintorlHs>:eQd, 
daß  der  von  sechs  Erben  bevollmächtigte  Hoffiskal  ^egen  Zahlnnt;  des  Erb- 
schattsstcmpf'ls  protosfirte,  weil  es  norh  garnicht  kon^tatirt  sei,  ob  es  über- 
haupt ein  Krbsfliaftsolijekt  gebe  oder  nicht.  Erst  naeh  einem  sechsjälirifijen 
Prozeß,  welcher  im  Jahre  1831  endet,  tritt  Sophie  von  Burprsdorff  allein  von 
den  sechs  Erben  iu  den  Besitz  eines  Theils  der  Schlieben  -  Birkeniv.ldscheii 
Güter,  welche  noch  durch  einige  Güter  der  andern  ausgestorbenen  Linien 
vergrößert  waren,  nämlich  in  den  von  Pentlack  und  1887  Öffnet  sich  noch 
einnud  die  aeit  1816  ▼tncshkieaeDe  Pforte  dee  Grabgewfllbee  der  FamOien- 
gmft  der  Betcbegrafen  Ton  Sebtieben-Birkenleld  in  der  Eircbe  in  Norden- 
böig  auf  Anordnung  der  Kdnis^cbea  B^jierung,  um  noob  einen  Saig  «nf- 
snnebmen  nnd  aicb  Ar  immer  en  aeblieBen,  indem  der  Zugang  vennanert 
wurde.  Ea  hatte  nAmlich  der  Major  von  Wemedorff  auf  Tmntlaek  der 
in  die  ScUiebenaobe  Linie  auf  Tmntlaek  gebeiratbet  und  damit  dieeen 
Besitz  erworben  batte,  die  Erlaubniß  erbeten,  daß,  wenn  auch  er  an 
den  Vätern  versammelt  würde,  in  dieser  Schliebenschen  Familieag^mft 
aaine  Buhestätte  finden  dürfte.  Dem  alten,  fast  hundertjährigen  Ve» 
femnen  ans  den  Freiheitskriegen,  über  dessen  Sarg  noch  die  Ehrensalven 
ver}ia  iltAii,  ist  sein  Wunsf")i  ert'nllt,  wenn  auch  sein  Sarg  nur  auf  den  Stafeo 
der  Gruft  einen  Platz  fand,  da  diese  selbst  mit  Sargen  ül)erfullt  war. 

(Ostpr.  Z.  V.  ib.  Apr.  18bi*  No.  92.] 

Sitzung  am  12.  April  1889.  Major  a  D.  Beckherrn  beendet  seinen 
am  18.  Janoar  begonnenen  und  am  22.  Februar  fortgeftihrten  Vortrag  über 
die  alten  Befeatigungen  Königsbergs. 

Darauf  folgt  ein  Vortrag  über  die  Reiobefreiberren  Sobenck  an 
Tautenburg  in  der  Preufiiaeben  Linie. 

Der  VorBÜsende,  Profeaeor  Dr.  Bajaek,  legt  vor  Verleenng  eines 
Au&atsea  der  Frau  von  Platen  geb.  von  Burgadorf  auf  Sopbienwalde  die 
beraldiacbe  und  kflnetleriecbe  Arbeit  von  derselben  Hand,  ein  groAea  Aquarell- 
gemälde vor.  Auf  demaelbea  aiod  nicht  nur  aRmmliobe  .Wappen  der  Mit- 
glieder dar  Linie  der  oatprenUachen  Schenken  von  Boginn  dea  16.  Jabr^ 
hundert«  an  zum  Stammbanm  vereinigt,  sondern  haben  auch  sechs  landschaft- 
liche Ansichten  ihren  Platas  gefunden  und  zwar  die  in  diesem  Jahrhundert 
erbaute  bei  Doben  gelegene  Kapelle  mit  dem  Schenk'schen  Erbbegrfthnifiy 


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Altwrthmai'GMellBohaft  Pniada  1889. 


167 


Stetnhof  seit  1B63  im  Familif  nl  .mtz  und  Doben  (von  1520— IfioT  und  seit 
1740  anrh  der  Familie  gehörig j  mit  den  beiden  alten  Wnimhäusem  Partsrh, 
PüTtÄcIiwoUa  und  die  Kirche  von  8ch\vaiy..stein,  wo  Partsch  eingepfarrt  ist. 
Schon  vor  11  Jahren  Mai  1878  (SitztmgBberichte  der  Altorthomsgesellschaft 
FraHiB  Nomiber  1877/78  p.  47-  54)  hatte  der  TonttaendA  einen  Tortveg 
gehaHeD)  in  welehem  er  »nf  die  reidie  Oeecliiclite  der  genaimteii  Teioha- 
fieflienlieben  Eamilie  in  Tbftringen,  in  den  Niederlanden,  in  OetinpeuBen  nnd 
Schweden  bingewieaen  batte,  eowohl  auf  die  Bedebnngen  der  TbOrtngiaehen 
Sebenken  na  den  Thflringiadieo  Landgrafen  nnd  tftobaiaoben  Henögflm  als 
auch  auf  diejenig|en  der  niederllndiacben  Sehenken  an  dem  Kaiser  Oavl  Y. 
Um  so  erwflnaebter  muDte  den  Mitgliedern  ein  eingehendes  Detail  über  die 
Oeaebiehte  der  ostpreußischen  Sobenken  sein,  znmal  Stammbaum  in 
einer  ao  künstlerischen  Ansfähning  nnd  die  historiacbe  Kt  Uiutoning  in  so 
intwessirender  Woiso  von  derselben  Hand  geliefert  war  nnd  dieselbe  anrh 
von  den  nach  Scbweden  ansgewamlerton  Schenken  wie  Über  die  OStpreufiiaobe 
linie  ans  Familien-Papieren  ni'iip  Daten  bmohte. 

Der  Ahnherr  der  preußischen  Scheuken  Imt  nicht  als  Söldner,  dessen 
Soldanspruche  durch  Landbesitz  in  Preußen  ent-sfhädigt  wurden,  sich  in 
mwerer  Provinz  niedergelassen,  sondern  nachdem  er  als  Ordensbruder  unter 
den  drei  letzen  Hochmeisieni  Hana  von  Tieffen,  Friedrieb  Heraog  an  Sachsen 
nnd  Albraeht  Markgraf  an  Biandenbnrg  gedient,  ist  et  wie  der  Hoehmeirter 
1505  sQBi  Protestaatianraa  6bergetreten,  wurde  benoglieber  Rath«  nachdem 
er  vorher  Amtahanptmann  von  Angerbnrg  gewesen  war,  nnd  wurde  1699 
aül  Doben  am  Maner-See,  Sehtttaendorf  nnd  Sperlingaboff  belehnt  Seine 
Oeaiablin  war  Anna  Freün  von  Enlenborg^Prasseo.  In  den  ftnf  folgenden 
Oventionen  iak  immer  je  ein  Schenk  Amtshauptmann  gewesen  und  zwar 
IQ  Pr.  Mark,  zu  Söhesten,  zu  Soldau  und  Neidenburg,  bisher  immer  in 
direeter  Linie  der  Sohn  auf  den  Vater  folgend.  Wolfgang,  der  Amtshaupt- 
numn  von  Soldau  und  Neidenburg,  Besitzer  von  Doben,  starb  lfi4i>  kinder- 
los, aber  sein  Neffe  —  der  Vater  des  letzteren  war  lfi57  zu  Engelat^in  von 
ifn  Tartaren  in  Stücke  gehauen  worden  —  wurde  Verweser  in  Lotzen  und 
fl-enso  der  Sohn  des  Verwesers  von  Lotzen,  Gottfried,  trat  in  dasselbe  Amt. 
Im  B<:'sitz  des  ältesten  Familienguts  Steinhdf,  konnte  er  1740  Dobcu  wieder 
xorurkk unten.  Der  ältere  Sohn  desselben,  i'abian,  welcher  der  Urgroßvater 
der  noch  jetzt  blühenden  Linie  ist,  studirte,  sein  jüngerer  Brader  fiel  im 
riebenj&hrigen  Kriege  nnd  in  den  folgenden  Oeoerationen  traten  die  Schenken 
m  das  preuSiadie  Heer.  Aber  die  Tfaätigkeit  der  preuiUaehen  Schenken  iei 
aidit  allein  eine  auf  die  preoftiaebe  Heimath  beaehrilnkte  geweeen.  Der 
AmtahanpCmann  von  Fr.  Mark  war  Gesandte  des  prenßiaohen  Heraoga  an 
aadoien  flftfen,  sein  Bruder  Gbriatoph  wnrde  aohwediacher  Kriegsrath  nnd 
Ohcat,  ftrsUieher  Balb  dea  Henogs  Carl,  beirathete  die  Nichte  der  ver^ 


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168 


Kritiken  and  Eei'etut«. 


-mttwfltain  OcarnUin  Gustav  Wmm,  dM  Mhwedi8cih«n '  KAnieB»  aber  inilr 
aemem  jfingeren  Sohn,  der  achwedieoher  Kammerharr  wurde  und  daa  Indi- 
genat  ala  Beichafraiherr  in  Sehwedan  erhielt,  starb  diese  Liide  1686  ana, 

nachdem  der  Vat»  r  I  i  loni  Bt'sm  li  seiner  Vervi'ftndfcen  in  Preuien  aar 
Hoohzeit  seines  Meifen  schon  1597  in  Preussen  am  Fleekent3rphu8  gestorben 
war.  "Wtilfgftnjr ,  Amtslmuptniann  von  Neidenbnrp;  iin<l  SoMau.  welcher 
kinderlos  war  uud  dessen  Wittwe  Dol)en  verkauft  hatte,  liess  seine  Pnrade- 
rüstung  nicht  ohne  Gniud  in  der  Kirclu'  von  Rastenbarg  aufhängt:)»,  wo 
eiü  uü<  Ii  jeder,  der  die  schöne  Kirche  mit  Auiniffi  kaaiukeit  betrachtet,  wahr- 
uiuiuitj  denn  nach  absolvirten  Studien  aaf  der  Kön^berger  Universität, 
war  er  in  boUindiscbe  Dienste  getreten  und  batte  nnter  dem  Ptusen  von 
Oranien  gegen  die  Spanier  gefi>cbten,  eine  Zeit  lang  war  er  aneb  anierhalb 
Boropaa  Kommandant  von  Pemambaoo.  Bei  seiner  BfleUtebr  wurde  er 
poinisoher  Obent  vnd  KammeibeR,  aland  in  Gnaden  bei  Kdnig  nasfinlr, 
aber  auch  nachher  beim  grofien  Kurf&nten.  Der  Enkel  des  von  den  Tar- 
tareu  in  Stücken  gehaaenen  Besitzers  von  Steinliof  and  gleiehxeitig  der 
Sohn  des  Verwesers  von  Lotzen,  Gottfried,  hatte,  ehe  er  in  dieses  Amt  ein« 
trat,  bpi  den  Hessischen  Truppen  in  Brabant  gedient. 

Bei  dieser  Neip^mg  der  ostpreußisrlion  Schenken  in  früheren  Jahr- 
hunderten ins  Ausland  zu  ^olicn,  ist  es  iiutlalleiid,  dass  ihre  Erl)ansprtiche 
auf  die  iichwedischüu  Berg-  und  Eistjuwerke  der  durt  einheimisch  gewordenen 
Sebenken,  als  disselbea  1G86  aosstarben,  und  auf  die  tbflringischen  Schlösser 
Tautenburg  und  Prieinita,  als  die  dortige  Linie,  von  der  die  preoluobe 
abstammt,  1640  aosstaib,  Ton  den  Landesherren  keine  Berfteksiditigung 
fanden.  Bei  Znten  waren  dasn  Sobritte  getban,  bereits  sobon  von  dem 
eobwedisoben  Kriegsrath  und  Oberst,  welcber  bei  eeiaem  Besnob  in  PzeuAen 
dem  Fleckentyphus  1697  erlag,  ebenso  noch  von  einem  seiner  Neffen,  Wü- 
belm,  1617,  dem  Vater  des  beim  Tartnren-Eint'all  so  entsetzlich  umgebraohteo 
Erbherm  von  Stoinhof.  Auch  der  1L!1&  verstorbene  Wolfgan^^  soll  seine 
Lehnsansprüche  aiit  Tautonbiirg  in  Thüringen  geltend  gemacht  haben.  17 
Jahre  nach  dem  Aussterben  der  thüringischen  Linie  stand  die  preußische 
Linie  auch  nun  auf  duu  bijidun  Augeu  des  Johann  Friedrich  von  Schenk, 
des  zweiten  Sohues  des  ermordeten;  denn  sein  älterer  Brader  war  als  Knabe 
¥on  den  Tartarsn  foitgesdileppt  und  in  eben  demselben  Alter  ein  Vetter, 
dessen  Vater  bei  der  Sebreekenanaobriobt  am  ScUagfltil  gestorben  war. 

War  die  preuBisobe  Linie  trota  dar  sebweien  Sebfokaslsaeblige  in  dar 
aweiten  Hillle  dea  17.  Jabibunderta  tt-balten  und  kam  sie  im  18b  Jabtw 
bnndert  audi  wieder  zum  Vollbesits  der  alten  FamilienbegftteruBg,  so 
nabte  in  den  ersten  Jahrzehnten  dieses  Jahrhunderts  diesem  alten  Besitz 
wie  %'ielen  andern  Hittergfltem  unserer  Provinz  die  materielle  Gefahr  der 
£xisteoz:  dieselbe  durch  energische  Arbeit  und  Knthehnmgea  abgewandt 


AlterthamB-GesellMbaa  ProMut  1889.  169 

XU  haben,  ist  das  Verdienst  des  Reichsfreiherrn  von  Schenk.  Von  dem 
wtlidigra  und  in  seinen  gesunden  Tagen  so  thtttigen  und  Andern  gegenüber 
hüfanidien  Mann  zCÜirt  ench  der  Baa  der  Kapelle  des  FtemiUenbegrftbnisses 
bei  Sobfln  ber,  ebenso  m  die  testamentarisclie  BesluDmnng;  daft  der  große 
Gnmdbesiti  in  die  swei  Hi^oratelinien  sn  Doben  und  Partseh  getheilt 
«erden  solL  Für  Alle,  die  deii  alten  Herrn  in  nmvex  Schlichtheit  und 
ÜBbeoswOrdigkeit  gekaiint  haben,  mft  der  Besueh  der  Dobeoer  Kapelle  ein 
fieendlidies  Bild  der  Vergangenheit  sordck. 

[Osl^.  Z.  T.  a  JuU  18B9,  Beil.  s.  No.  168.J 


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Nittbeilun^ei  nnd  Anhang. 


Der  Oebortstag  des  Henogs  Albreeht  toh  Prenssen. 

Von 

Karl  lt«hMe7«r. 

Als  ich  vor  fbnfielin  Jahren  meine  f&r  den  enten  Bend  der 
„AUgemeineD  Dent.^rhen  Biogrephie"  bestimmte  Lebensbeschreil)uiig  unseres 
ersten  H«n;oga  Albrerlit  abfaßte,  glaubte  ich  von  der  herkömmlichen  Angäbet 
er  sei  am  17.  Mai  14iH>  geboit  n,  anf  Grund  einer  Quelle,  welche  in  ihren 
weeentHrlien  Theilen  auf  Albrecht  selbst  zurückzuführen  ist,  abwei^lien  und 
den  16.  Mai  annelimen  zu  müssen,  freilich  —  ich  muß  es  oftV-n  pjcstolien  — 
oliue  mir  die  betreffende  Stelle  genauer  anzusehen.  Da  nun  in  den  Mai  des 
laufenden  Jahres  die  400.  Wiederkehr  dieses  nicht  hluU  für  uusera  Provinz 
denkwürdigen  Tagae  ffeUt  ond  des  CSomiU  nur  Erriehtnng  eineB  Denkmeie 
ftr  Albreekt,  enmel  des  Denkmal  selbst  noch  nickt  fertig  ist,  eine  akademleelie 
Erinnerangsfeier  für  den  Stifter  nneerer  Albertina  m  veranstalten  gedenkt, 
so  bin  ick  mekrfiLch  nm  Ansknnft  ttber  diese  Ftege  angeg^gen.  Anflerdem 
keabricktige  ick  selbst  jene  kleine  Arbeit  etwas  erweitert  nnd  umgearbeitet 
sie  Festsekiifl  von  Neuem  kMaoMrogeben. 

Ueber  den  Geburtstag  des  Herzogs  Albrecht  besitzen  wir  nur  zwei 
qnelknmäfiige  Ueberlieferongen,  welche  in  Betracht  gesogen  sn  werden 
verdienen. 

Dip  Chronik,  welche  der  herzn^hVhe  Goheim-<chreil)er  Balthasar  Gans 
(edler  llerr  zu  ruttlifz)  im  Auftrage  dejs  litiizogs  ziisaiu  inenget  ragen  hat, 
und  deren  Anfänge  ohne  l'rage  auf  des  Herzogs  eigenen  Angaben  beruhen, 

begioiit:')  „  Alkrecht  ist  i.  J.  n.  Chr.  Geb.  1490  am 

1&  Tag  Maji  naeklfitteg  14  Stunden,  1  küoot  in  der  nackt  Jörns,  in  der 
stund  Martis  .  .  .  geboren.**  Die  andere  Stelle  stekt  in  einem  AktenstHok, 
welckee  f&glioh  ale  n^as  älteste  standesamtliche  Regster  dee  Hauses  Hohen- 
BoUem"  betrachtet  werden  kann  nnd  unter  dieser  Beseicknvng  auek  bereits 


1)  Die  Kanigsberger  Chroniken  aus  der  Zelt  des  Henogs  Albreoht, 

herausgeg.  von  P.  A.  Merkelhur^'.  Königsberg  1865,  S.  aack  Kens 
Preoft.  Pxovinsialblfttter,  1864  S.  il9. 


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Der  GebartsUg  des  Herzogs  Albrecht  vou  Freaßen. 


171 


U81f  also  ii«eh  mein»  dgsnHi  Azbdty  ▼erölEuitlioht  tot,  und  lantel  foIg«iider> 
mito:*)  „Am  Montag  naoih  pangMofi,  der  do  wm  der  dbeodsehend  teg 
dei  monato  may,  anno  dm  etc.  jm  LXXZXten  hat  iie  geborn  ein  Son 

nmb  zwvL  hör  vor  mittenitag.** 

Als  ich  jetzt  diese  Stellen  einer  genauem  Prüfung  unterzog,  kam 
mir  sehr  bald,  indem  ich  mich  daran  oriiinorte,  daß  man  anrh  im  Mittelalter 
versrlnedeue  Tiigesanlangö  gehabt  hat,  der  Oedaiike.  ob  »ie  sich  nicht, 
wenn  sie  juich  aut"  den  ersten  Blick  einander  zu  widersi)re<  lien  »cheinen, 
duch  vielleicht  niiteinauder  iu  Einklang  bringen  ließen.  Wenn  mau  nämlich 
tu  der  ecvfeen  Stella  den  Tageeanfaog  auf  Mittag  anaetatf  also  den  16.  Mai 
Sonntag  Mittags  12  Uhr  beginnen  lißt,  eo  wire  nach  der  itaÜenisohen  vollen 
(^stflndigen)  ühr  16.  Mai  Naehmittaga  14  Uhr  oaeann  17.  Mai  2  Uhr 
Moxgana  ^eiehsoaetien;  nnd  eben  daranf  weist  aneh  die  aweita  Slallay 
welcher  der  Mittemachtaanfang  des  Volltages  zu  Grande  liegt«  mit  ihrem 
„omb  zwn  hör  vor  mittemtag"  hin»  denn  diese  Standenangabe  bedeutet  nicht 
etwa  10  Uhr  Vormittags  nach  unserer  Rechnung,  sondern  ebenfalls  2  Uhr 
Mory^ns.  Zu  voller  Sicherlieit  konnte  ich  aber  nirht  p;elan<^en.  weil  i'di  mir 
aus  meiner  eigenen  Kenntnis  die  s'^hwierige  und  ei-^enartige  Frage  nach 
den  verschiedenen  Tagef?anta!ip;t'n  des  Mittelalters  nidit  ausreiclieud  zu  be- 
antworten im  Stande  war.  Dabei  machten  mir  die  a-trologischen  Angaben 
bei  Balthasar  Gans  noch  besondere  Schwierigkeiten,  da  nach  allgemeiner 
Sitte  die  Naehi  anm  ▼orhergebenden  Tage  m  rechnen,  die  Nacht  von  Sonntag 
an  Montag  alao  als  Nacht  der  Sonne  (nox  Solis)  au  beaeichnen  geweeen  wire. 

Um  mir  aus  dieser  Terlegenh«t  an  hel&n  wandte  ich  mich  dahin, 
von  %'0  aUsin  toUs  und  aiehere  Anskanit  an  erboften  war,  an  Proftesor 
Dr.  G.  Bilfinger  in  Stuttgart,  der  sich  schon  mehrfach  rIh  vertrauten  und 
maßgelienden  Kenner  dieses  achwiarigen  und  bisher  noch  wenig  bebauten 
Gebietes  erwiesen  hat.  In  einem  «ehr  einjj^henilen  Sfdirciben,  für  welches 
ich  nicht  genug  danken  kann,  erklärte  mir  Herr  B.  /n  meiner  großen  Freude, 
daß  meine  Vermutliungen  sehr  enge  mit  seiner  Auffassung  jener  Stellen  zu- 
sammenträfen. „Die  zweite,  rein  bürgerlich  geiaßte  Angabe  (in  dem  Register) 
rechnet,  so  schreibt  er  mir,  den  Volltag  von  Mitternacht  zu  Mittemacht, 
wie  ea  seit  ISnAhrong  der  Bider-  und  Oewichteahian  im  Ai^mg  des 
15.  Jahrhonderta  bei  nna  mehr  nnd  mehr  Sitte  geworden  war.**  Den  Wort> 
laut  der  ehrooihaliiohen  Stdle  dagegen  mit  ihren  aatrolog^hen  Angaben 
memi  er  auf  einen  Astronomen  anrCtokftthren  an  dOrfen  (^wir  werden  nicht 
irren,  wenn  wir  an  den  Ho&stronomen  nnd  Hofaetrologen  denken,")  und 
erinnert  daran,  daA  die  Astronomen  seit  uralten  ZeitaD  ihre  948tllndigen 


1)  Herausgegeben  von  F.  Wagner  in  der  Zeitschrift  ffix  PreoA.  Ge- 
lehichte  und  Landeekonde,  tö.  Jahrgang,  Berlin  1881,  &  47a 


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172 


Mitiheilungen  and  A  nh^ing 


Ttigfi  ana  pnktiacliMi  Driknden  Mittags  beginnen  wid  dem  «ntspnohead 
aniäi  deo  Datumaweduel  Mittags  eintreten  laeeen. 

'  Die  jetst  gebräachlichen,  d.  b.  die  nialt  asttolegiaclien  Benennungen 

der  Wochentage  sind  bekanntlich  darauf  zurückzuführen,  daß  man  dar  entern 
Stunde  eines  bostimmten  Tages,  d.  h.  nach  astrologischer  Weise  der  ersten 
Stunde  na^  liS(>iiiiiMi;iut'gang,dieSonnezumHf>rrn  fr:\h  und  jene  sowieden  pjanzen 
Tag  nach  dvr  S(H)rn'  benannt«  und  dann,  in  der  Keihenfol^e  der  nlten  «ip>>'f'Ti 
Planeten  (Sonne,  Venus,  Merkur.  Mond,  Saturn,  Jupiter,  Mars}  immer  weiter- 
zahlend, den  zweiten  Tag  dem  Mondü,  den  dritten  Tag  dem  Mars  u.  s.  w. 
weilite.  Die  zwischenliegenden  Nächte  rechnete  man  allerdings,  wie  schon 
bemerkt  ist»  dem  vorhergehenden  Tage  an.  «lAber,  so  sdireibfc  hierllber 
weiter  Herr  B.,  anob  die  andere  Sitte»  der  Nacht  dnen  beeondem  Planeten 
m  bestimmen  und  swar  den,  mit  dessen  Stande  sie  beginnti  ist  im  Mittelalter 
nicht  eeltm.**  Zählt  man  nan  vm  der  erstenf  der  Sonnenstände  des  Sonn- 
tages in  der  Planetenfolge  weiter,  so  triflft  auf  die  ci-ste  Stunde  des  Nacht- 
tages, d  i.  auf  die  IB.  des  Volltages  in  der  That  Jupiter  und  weiter  auf 
die  Stunde  der  nplinrt  Alfirerhf.s  selbst  Mars.  Was  dann  Herr  B.  weiter 
noch  iiber  diesen  Punkt  äuüert,  werden  wiv  ebenfalls  als  vollkommen  zu- 
trefleud  anerkennen  müssen:  „Der  Hofastrolog  wird  sie  (die  Bezeichnung 
der  Naebt  nach  cb  ni  Planeten  ihrer  eigenen  ersten  Stunde)  schon  de.slialb 
gewählt  haben,  um  die  Geburt  des  Prinzen  unter  den  Schutz  deä  Jupiter 
Stellen  so  können,  der  in  beeonderer  Weise  anf  künftige  HemohergröBe  und 
Herrsehertttgenden  binsaweisen  schien.  Wir  werden  nidit  fehl  gehen,  wenn 
wir  auch  die  eine  Minute,  die  der  Astrolog  noch  hinYOgiebt^  wesentlieh  dem 
Bestreben  anschreiben,  die  Geburt  unaweifelhafl  noch  in  die  9.  Nachtstunde 
und  damit  in  das  Gebiet  des  Krie^gottes  Mars  hinabensubringen,  um  su 
den  Regententugenden  auch  noch  kriegerische  Erfolge  als  muthmaßliche 
Folgen  der  astrologischen  Constellation  in  Aussicht  stellen  zu  können,"  — 
Markgraf  Albrecht  von  Brandenburg,  der  erste  Hersog  in  Preufien, 
ist  geboren 

am  17.  Mai  1490  um  2  Uhr  Morgens. 


Die  Konstitatlon  des  ebemaligea  König!.  Kommen  «Kollegs 
sn  Königsberg  (Ostpr.)  Tom  17.  August  1718. 

Mitgeteilt  von 
Cie^lT  fSwmäf  Getichts-Assessor. 
Die  „Prenßisohe  Bibliotheo**  gedenkt  im  6.  Bande  des  Erleuterten 
Preußens  in  Sect.  VI:  Corpora,  et  eoastitutiones  juris  Prut«nid,  aliaqve 
scripta  juridica  unter  4)  ConsUtutiones  Prutenicae   „Des  Commercien* 
CoUegii  ruAdation  1718.**  Darunter  ist  die  Constitution  des  ehemaligen 


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Die  Konstitalion  des  tthemaligni  KdnigL  KomiiMn-Kolkg»  rto.  173 


£gL  Xommerz-KoUegä  zu  Kuuigsbcrg  d.  d.  Berlin,  den  17.  Angost  1718  zu  ver- 
«tdi«D,  daran  OrigiiialaiMf«iliguxig  der  Schreiber  dieeer  Zeilen  auf  dem  Kg]. 
Ludgprioht  la  Königsberg  im  Jahre  1885  aufgeAuiden  hat.  Dieee^  bis  anf  daa 
vodetete  BlatI,  deBsen  nntoe  Hftlfie  fdilt,  wohlerhaltene,  noch  niebt  yvf 
dfl^tKch^  Urkunde,  deren  Abdruck  vorK^gt,  befindet  eioh  geg^wärtig  im 
Xflnig^ehen  Staatsarchiv  tu  Königsberg,^)  der  fehlende  Inhalt  der  Urkunde 
ist  nach  oin'  r  • -'laltenpri  AI>s''  Sritt-^  rrgünzf 

WIR  FRIÜERICH  WILHELM  VON  Gottes  Gnaden,  König  in 
PreußtL'ii,  Marpc^raff  zu  Brnndenliur;!;.  dts  Hcilif^cn  liorn.  Kciolis  Ertz- 
Cämmerfr  und  <Jliurtüi>>t,  SoiivoraintT  Printz  von  Ornnion,  Neul'eiiateil  und 
Vallengin,  in  Geldern,  zu  Magdeburg,  Cltjve,  Julifh.  Berge,  Stettin.  Pommern, 
der  Cassuben  und  Wenden,  zu  Mecklenburg,  auch  in  Schlesien,  zu  Crußen 
Heiteog,  Burggraf'  su  Nfiroberg,  Fürst  zu  Halberstadt,  Minden,  Canun, 
Wendeiv  Sebwerin,  Bataeboi^  und  Moeoia,  Graff  m  Hohenaollem,  Ruppin, 
der  Marek,  Ravenaberg,  Hohenatein,  Teektenbnrgt  Sebwerin,  langen,  Bohren 
und  Lehrdamm,  Ibrquia  an  der  Yeh)«  and  TUesingen,  Herr  m.  Bavtnatein, 
der  I^nde  Boatoek,  Staigardt»  lAnenbug^  Bfltow,  Arlay  und  Breda  eto. 

Thun  Kuiidt  und  fügen  hiermit  znwißen.  Naclidfm  Wir  seith  dem 
Antritt  Unserer  Königlichen  Regierung,  Unsere  Landee  •Väterliche  Sorgfalt 
unter  and^rm  nnrh  dahin  genVhtet,  daß  das  Commercinm.  wie  übcrnll  in 
rn<;eren  Provintzien,  also  aiicli  vuniehmlich  in  l'nsseren  Residentz-Stä<lten 
Königsberg  und  in  dem  gaatzen  König^reioh  Preußen  in  eine  richtige  Ver- 
ladung gesetzet,  olle  dabey  bisher  zu  ib'Ben  Behinderung  eingeschlichene 
Hängeli  und  Gebrechen  ans  dem  Wege  g&rauinet,  was  zu  doßen  Beförderung 
diansahm  und  TortrigHoh  aeyn  kan,  rar  Handt  genommen,  mithin  das 
gutae  Commereien 'Weesen,  ala  von  welchem  die  Wohlfiurth  gedachter 
Sudle  und  die  ConTnuenta  des  gantaen  Landee  und  der  frembden  sich  dorth 
einfindenden  Commerdaaten  abhinget,  in  noch  fenieren  Flor,  WacbEthnmb 
and  Coneistents  geaetaet  werden  möge,  Als  sindt  Wir  dannenhero  aller- 
gnSdigst  bewogen  worden,  umb  zu  solchem  Zweck  soviel  fUglicher  zuge- 
iRTif^n,  nach  dem  Exempell  anderer  fn*^ßen  Handells-SUldte,  auch  in  obge- 
raoMu^n  TJnsem  Städten  Königsberg  ein  besonderes  Commercien-Collegium 
augustellen  und  zu  etabliren,  auch  durch  gegenwärtige  Constitution  und 
Reglement  dafielbe  fest  zusetzen  uud  anzuurdnen. 

Und  zwar  ist  Unser  allergnädigster  luid  best^iudigsier  Wille,  daß  solch 
Commerdsn!>Colle|^am  bestehen  aoRe^  Ans  einem  Praasidenten,  woran  Wir 
jedeamahl  einen  aus  denen  membris  Unserer  Frenfitaehen  Begiemng  sn- 


1)  Fadi  90d.  der  ehemaligen  Preuß«  Regierung. 

2)  Oeneral-Akten  des  KgjL  Oberlandeageriohta  Xdni^herg  K  14^,  jetat 
<188())  im  XgL  Staatsaiehir  an  Xfinigibsig. 


174 


T^*Hhffil^ing^"  und  Anhang 


nehmeu  geineynet  seyn,  auch  dtssQ  vorjeUo  UnMtn  WflvoUidi  GelMunbteQ 
Etaata-Bsth  nnd  dorthieea  Canider,  d«n  Ton  Oatan,  alleigaidigst  eciMadt 
haben,  dann  aneh  ans  Sieben  AaseasoriboSt  welche  Nabnentlieh  aefyB 
sollen,  als: 

9  Uaaerer  RitMe 

1.  Der  Gelieimbte  Eath  Negelin 

2.  Der  Hoff-  und  Licent-Rath  Weyher 
8.  Der  Hoff-  imd  Licent-Rath  Tny^ner 

aas  4  Hsnfr-I^eathen 

1.  ihm  Stadt-Kaih  Polckeiu 

2.  Den  Gerichte- Verwandten  Höpner 

3.  Den  Geriehts-Yerwandten  Rohden 

4.  Den  Saofimann  Paul  la  Fargne, 

Welchen  4  Asaenoribue  Wir  soi^ch  den  Caraoter  als  Oammereien'Bithe 
allergnftdiget  beygeleget,  worm  noeh  kdmbt  der  von  üns  m  diesem  CoUegio 
allergnAdiget  emandte  SeoetsvnuH  Melchior  Lftbeck. 

So  viel  nun  die  dieeem  CoUegio  rakommende  Vemehttnigen  betnA, 
da  vollen  Wir 

1. 

Daß  tlius-selbo  an  den  anf  Uiisenn  S<  hloß  zu  Königsberg  darzu  go- 
wieduieteu  Ohrte  in  jeglicher  Woche  einmahi  und  zwar  alle  Sonnaljende 
Vormittags  umb  9  Uhr  sich  versammlen,  Seine  ordiuaire  Sest^iou  allda 
halten,  und  alle  die  Woche  über  oingclauffene  Commercieu-Sachen  erörtern, 
abthnn  und  espediten  solle,  jedoch  daß  dem  Praeeidenten  frey  stehe,  bey 
ohnvennathet  sich  erengenden  und  kunen  Yennig  leidenden  VorfaUenbwten 
das  OoHeginm  anch  anOerordentlieh,  so  oAte  es  die  Nothdnrflt  edieisohet, 
m  bemfbn,  weldies  als  dann  Terbimden  ist|  gehörig  soemeheinea  und  die 
Toikommande  Sachen  piompt  abasuthon, 

2. 

Die  vornehmste  Arbeit,  Mühe  und  Sot^alt,  so  dem  CoUegio  bey  all 
solchen  Znsammenktlnfilen  obheget,  muß  die  plüchtmäßige  Beförderung 
Unser»  hohen  Interesse,  den  Flor,  Wachßthumb  und  zanehmen  der  Com- 
merden in  Unserm  Königreich  und  die  Behiiidor-  und  Wegriiumung  alles 
deßen,  so  deine  iu  einigerley  Weyse  zuwieder  äeyn  kan,  zum  fuud&ment 
nnd  aar  Bichtsohnor  haben,  ünd  wie 

8. 

üns  nnd  dem  Lande  abeonderlich  daran  gelegen,  daS  die  ICaaufimtnien 
nnd  Tomebmlich  die  WoUwebereyn,  wodurch  viele  anne  Lenthe  ihr  Brodt 

haben  können,  in  gedachtem  üneenn  Königteieh,  wie  in  andern  ünsem 
Provintaian  und  Landen  mit  gar  guten  Nntsen  geechehen,  ätabliret,  die  noch 
etwa  ermangelnde  OuTriete  ins  Landt  geeogen  und  an  derselben  nftthigen 


Bt0  Koostilotioii  das  «henuüig«n  K&nigL  KommMn^Kollegs  «to.  175 


SubsiäteuU  Eutreprenneurs  und  Verleger  erkundiget  werden;  Also  versehen 
Wir  Uns  sn  diesem  CoUegio  in  Gnaden,  es  werde  d«Belbe  Seiner  Uns  b»- 
kandten  Deactcritaet  naoh,  bey  allen  Sessionen  dsifiber  delibenren  und 
fieiliee  Soi^  tmcen,  wie  der  lüernnter  sbgesiehlte  Zwedc  «m  fb^^iehalen 
md  sdilsüntgsten  eReicliet  werden  ktane,  Von  deBen  Sooeeis  Wir  dann 
dos  flsidgen  Berichts  von  Zeit  sn  Zeit  erwarten  wollen. 

4. 

Diejenige  Streitigkeiten  und  Zweiffelhafüte,  das  Conuneroinm  es  sey 
directe  oder  jier  indirecturn  angt-heJide  Dinge,  <1ie  vor  denen  Wett-Gericht«n 
nic}>t  abp-fthan  werden  können  und  entweder  zu  KunigHberg.  Pillaii,  Mcmm«! 
oder  Tiisit  vorüillen,  müßt-n  au  diuöct»  Coiiugium  gebracht,  in  demselben 
daxüber  nach  denen  dabey  waltenden  UmbstILnden  aufs  tleÜiigste  deliberiret 
und  nach  Betinden  schleunig  abgethan  oder  nach  Importautz  und  Wichtigkeit 
der  Sachen,  wann  das  CoUegium  darunter  samahl  erhebliches  Bedenken 
bitte,  an  Uns  sn  weiterer  sUeignidigsten  Beeolaiion  gebracht  werden.  Die 
Deereta,  Sententsien  nnd  YenibechMdnngen  aber  werden  bey  diesem  CoUegio 
in  Unnerm  hohen  Nahmen  jedesmahl  eaipediret  nnd  v(m  dem  Praesident 
oder  in  dessen  absentz  von  dem  ihm  nachsitzenden  membro  unterschrieben* 
Es  soll  anch  einem  jeden  frey  stehen,  seine  Sache  iind  Klage  bey  dem 
CoUegio,  ohne  aBsistentz  eines  Advücat«n,  selbst  vorzutrngon,  daferne  auch 
eine  importante  Sarhe,  \vo])ey  das  eine  Theil  ein  Bürger  und  das  andere 
ein  fremhder  wart-n,  vorkiUmjen,  un<l  liieser  letzte  gegen  das  Collegium,  weil 
darin  -4  Bürger-  KauiVIeuthe  und  kein  frembder  sitzen,  ein  Mißtrauen  be- 
zeugete,  so  soll  daßelbe  vergönnen,  daß  ein  paar  Frembdüu,  und  zwar  ein 
finglischer  nnd  ein  HidlXndiscber  Commereuiat,  ad  hnnc  aetun  aar  An- 
hdnmg  mit  b^gesetset  werde,  weldie  sodann  roa  beyden  nationen  dann 
*dflpntiret  and  anthorisiret  werden  können. 

6. 

Alle  und  jede  Eauif  leuthe,  welche  Wechüell-Brieffe  zu  ihrer  Last  Ton 
■oh  anastellen,  und  also  Beklagdte  seyn,  werden  yor  obgedachtem  Unserm 
Commercien-Collegio  belanget;  In  Fällen  aber,  da  andere  Leute,  so  keinen 

ITandell  treiben.  Wechßell-Brieffe  geben,  wirdt  die  KJa-r^  bey  Unserer 
Preußischen  Kcgiorung  fernerhin  erhoben,  und  von  selbiger  nach  dem 
Wecbßell-Becht  gesprochen. 

6. 

Bey  ytnf allenden  importenten  OasOms,  so  m  beeoadem  Anflbahmeik 
oder  Sohadsn  des  HandoUs  gereidien  könten,  woOen  Wir  in  Gnadenf  Daft 
seUb^  sdbrth  dem  OoUegio  bekandt  gemachek  werden  sollen,  Damit 
Baielbe  dissss  süss  geoan  nnd  reifflieh  ftberlegen  nnd  naeh  Befinden  ent- 
weder deddizen  oder  solche  an  Uns  ohne  allen  Zeit-Verlost  gelangen  laßen 
imd  Unsere  Besolation  darüber  einhohlea  könne.  Solte  aber  letotem&Us 


176 


Mittheilnngen  and  Anhang» 


pericnlnru  in  mora  seyn,  so  halt  das  Commercien-CoUegium  die  Sachen  an 
die  Begierung  zubringen  und  mit  derselben  sich  über  die  Besolution  zu* 

7. 

Imgleichen  soll  dieaem  Collegio  die  Briultang  dee  Stnpell-BedhtB, 
item,  wie  weit  b«y  demeelben  der  Hnndel  der  Frembden  sneattradiieD  eej, 
m  beeorgen  obliegen,  jedooh,  dnft  in  ftllen,  wenn  die  Frembden  dee  CoUegü 
Sprach  »nepect  hielten,  dieses  mit  der  Begiemng  dnnws  oonftrire  nnd  sieh 
auch  hierinnen  mit  derselben  ▼eretnige.  Wie  dann  aaeh 

a 

Hehrgedachtes  Commeveien-Colleginm  die  Bestell-  und  I^amininmg 
der  Hftekler  nnd  die  restringier-  auch  regulirung  derselben  Anzahl  wahmi> 
nehmen  und  eine  Mäckler-Ordnung,  gleichwie  in  anderen  Handellspl&iaen 
üblich  ist,  nebst  dem  nötliigen  Meokler-Eyde  zu.  etitwerffen  und  n&ch  hero 
darüber  mit  Nitchdnick  zuhalten  hatt.  AUerrnußen  in  dieser  Absicht  die 
sambtliche  Mlickler  an  dieses  CoUegium  hiermit  verwiesen  werden.  Dahin« 
gegen  bleiben 

9. 

Alle  iibrige  Streitigkeiten,  so  aus  dem  Commercio  nnd  Handlungen 
unter  den  KuuÜ'Leuthen,  äie  mögen  scyn  Bürger  oder  Frembde,  herrühren, 
es  entet^en  aolehe  ans  nidit  adimplirten  Gontracten,  nicht  geschehenen 
Bellerang  oder  andere  woher,  insgeeambt,  wie  bisher,  so  anch  ferner,  vor 
die  Wett-Collegia  nndt  mnft  darin  nach  Anleitung  der  Wett^Oeeetse  knrta 
nnd  ohne  alle  WeitliufiUgkeit  von  ordinairen  Processen  verfahren  und  dariik 
deeidiret  werden.  Wie  dann  aneh  übrigens  sUe  »wischen  Frembden  und 
Unsem  Einheimischen  Bürgern  und  Negocianten  aus  dem  Handeü  en^ 
standene  Schuldt-Forderungs-Sachen  bey  denen  Wett-Gerichten  ventiliret, 
die  Arreste  anrh  auf  bonot}n<>^t»in  Fall  von  denen  Wett-Präsidibua  angeleget 
und  ohne  Erstattung  nn  (int;  r,  dem  Commercio  praejudicirlicher  Weith- 
läufttigkeit,  jedes  mahl  debutiiret  nnd  abgeurtheilet  werden  sollen.  Hin- 
gegen verbleiben  alle  andere,  aus  dem  Haadell  nicht  herrührende  Processa 
tmd  Schuldt- Sachen,  Concursibus  Creditoram,  Verpfändungen  nnd  dergleichen 
mehr  bey  denen  verordnetem  crdinainm  lodieüs  nadi  wie  vor. 

10. 

In  allen  Handlungs-  und  Commercien-Sacheu  gehet  die  Appellation 
nach  der  in  denen  Wett-Legibos  vorg^hriebenen  Arth  nnd  Fem  nnd  ohne 
weitere  provocation  sa  dieses  CoUegium,  weI«dMS  anfii  sdhlennigste  saverw 
fshren  nnd  in  Unsem  hohen  Nahmen  die  eingeschickte  Aeta  in  jnstifioirai, 
auch  die  Deersta  nach  besten  Wilen  und  Begriff  ohne  alle  andere  Neben« 
Absichten  sneixpediren,  Ihme  angelegen  seyn  snlaSen  hatt. 


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Die  Konstitution  des  ehemaligen  KunigL  Kommerz-KoU^  etc.  X77 


IL 

Die  swisolMn  Kutffl«at1ieii  und  Sohiffeni  oder  dandlb«!!  Leateii 
fiilleiide  Streitagkettat  sollen  noch  ferner,  wie  Usher,  bey  Unaemi  PrenffiedieQ 

Licent-Directorio  verbleiben,  Bie  Provocationes  aber  von  allen  delen  Ab- 

!Kbeidw  geben,  wie  in  allen  Coramerrien-Sacben,  immediate  auch  an  dieses 

Cominercien-Collej:;ium,  bey  wplrhpin  fasu  aber  dxf^  Lifcnt-Rüthn,  weil  sie 
in  (\fT  frstpii  instaiitz  ge^pmciien,  entweder  abti'etten  oder  darin  nicht  mit 
Touren  uiulien.    Gleichwie  nun 

12. 

Obgedacbtes  Commercien-Collegium  von  Uns  inunediate  dependiret, 
obae  nnter  der  Regierung  sastebea,  allso  mttfteo  von  dieser  keine  Appolla- 
tion€8  angenommen  werdeui  nnd  s^ynd  die  Deersta,  Verabsoheidangea  und 
Sententnen,  wie  obengedsicbt,  in  ünserm  hohen  Nahmen  saespediren. 

18. 

Der  Secretarins  bey  diesem  Collegio  muS  alles  and  jedes,  so  dabey 
vorfallet,  fleiBig  prolocolliren,  die  arcana  Collegii  nicht  divolgiran,  die  Ver* 

abscheidungen,  Decreta,  Berichte  und  alles  andere,  so  ibme  zuexpediren 
arTprtniuf't  wir^l,  finfs  Gnwißf»nhafftpstf*  Rnsfortip;pn.  dabpy  die  Formali.-i 
profesüusj  gehöriL;  in  Acht  nelimtMi,  nini  all<>  sinnr-  ai^f inn-s  dahin  riclifcii. 
Damit  auch,  soviel  an  ihn  iat,  Uustjr  huheH  Iut.<rfrej^»e  und  der  Flur  ili's 
Commerfii  befördert,  in  guter  Ordnung  nnd  RiohtigkRit  j gehalten,  auch  vor- 
nehmlich die  Justitz  schleunigst  und  ohne  einigen  Aufenthalt  admiuistriret 
nnd  die  Prooesse  ohne  Weitlänftigkeit  stur  Endschafft  befördert  werden 
mdgen.  Yor  welche  seine  Dienste  Ihme  ans  dem  PreuAiscbett  Lioent 
200  rthir  jährlich  gereichet  und  ausgeesahlet  werden  sollen. 

14. 

Die  Assessores  bei  diesem  Judicio  sind  nt^bst  dem  Secretario  nach 
baylgefSgten  Formularen  in  Eydes-PHichte  zunehmen,  Der  Praeses  aber, 
wie  auch  der  Geheimhte  Rath  Nejrol  in  auch  Hoff-  und  Licent-Räthe  Weyher 
und  Cupner  auf  die  Uns  bet(>its  vorhin  ^nlr-isrrtc  Pfli«  hto  zn  verweisen. 

Womach  sich  also  mehrgei1arli(<s  ('(>niiu«  rcieu-t 'oUegiura  und  sonst 
Jedermännic^lich,  deme  es  angebet,  allergehorsambst  zuacbten  batt.  Des  zu 
Ulurkundt  [otc 

So  gehoben  and  gegeben  Bexlin  den  17.  August  1718. 

Fr.  Wilhelm. 

(L.S.) 

7.  W.  Orumbkow,] 

Eydt  der  Käthe  oder  Assessomm. 
Ich  N.  gelobe  tmd  schwere  Gott  und  Sein^  Königlichen  Majestät, 
dil  ich  denen  Sessionen  in  dem  Königlichen  Commercien-Ck>llegio  fleiAig 

AMpr.  MoMtasohiill  Bd.  XXTIL  HfL  1  u.  .12 

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178 


MittheiluQgeu  und  Anbang. 


l»e7wohnen,  das  bolie  König^che  InteiMi«  vat  alle  WoyM  bttfordern,  Mch 

allen,  was  zum  Aafinehmen  dea  Commercii  in  diesen  Städten  Koni^bei^g 
und  in  dem  gantzen  Lande  dienet,  narh  meinem  besten  Wißen  und  Verstände 
beytragen,  die  Streitigkeiten  in  allen  Uandlungs-Sacben  ebne  alle  Partheylich- 
keit,  es  l/otrüffc  finbeimiscli«^  Bmirer  ndor  auswärtige  Ncgotianten,  gewißen- 
haü't  erörtern,  aiub  mich  eub'.'i-st  daliiii  liemübon  will,  damit,  so  viel  an 
mir  ist,  (las  Coinmerciiiui  und  der  Handi  ll  Ijclürdert  und  ulles,  so  di^ßen 
Lauff  sistiren  koute,  gehübten  und  aus  dem  Wege  geräumet  werden  möge, 
tHa  wahr  ete. 

Des  SeoieUaii  Eydt. 
Ich  eehwere  Gott  und  Sr.  KdoigL  Ifayeetttt  rndnen  allergnidigsten 
Herrn,  dal  ich  denen  ConTentibus  bey  dem  Kömgl.  CommeFcienoCoUegio 
fleyßig  beywohnen,  *)lee  tind  jedes,  ao  mir  von  demselben  oommittiret  wiidt, 

nacb  besten  Vermögen  verscbreiben  und  ad  Protocollnm  nehmen,  die  Arcan* 
Jadicü  nicbt  divulgiren,  die  Verabecheidungen,  Decreta  und  Bericbte,  so 

mir  zu  expediron  demandiret  werden,  aufs  fleißigste  f  -inr]].iren  und  ver- 
fertigen und  alle  meine  Actione.s  daliin  rioliten  will,  damit  auch,  soviel  an 
mir  ist,  das  hohe  Köaiglifhe  Jniere.sse  beJ ordert  und  der  tlor  des  Commercii 
so  viel  möglich  etabhret  werden  möge,  als  etc. 


Universitöte-Chronik  1890. 

7,  Jao.  Quod  Dens  optim.  maxim.  felix  faustumque  nsse  juheat.  . . .  Ordinem 
Philosoph,  viro  ia  toto  orbe  celeberhmo  Emiuo  Bassae  Silesio  aonc 
Africano  medic.  Dr.  olim  Academ.  nostrae  nvi  qni  dnm  regnuro  fidei 
suae  commissum  mira  cum  fortitudino  vIrtute  constantia  contra  fern;? 
hostee  et  fanaticoe  taetur  inter  barbaraa  uationes  civem  academicum 
ao  vere  pÜlosophnm  nunquam  exnit  ne^ne  aliquid  bnmant  a  se  alieniim 
putans  et  longinquas  terms  dib'gentissime  investigavit  lucidissime 
descripsit  et  aemper  ad  natnram  penitos  iudagandam  cuhosus  terrae 
caeli<|ue  pliaenomena  obeervayft  idemqne  ut  populäres  in  dies  doctores 
redderet  omni  modo  .studthat  nun  omnis  humanitatis  tum  libertafia 
hamano  generi  inuatae  acerrimo  propognetori  patriae  decori  ex  arcanis 
ad  Nili  capita  regionibns  rednci  gratnlabmidnin  et  vigoris  ae  sanitatie 
rocunerationem  suramis  votis  exoi'tantiin  unaninii  ronsenBu  sninnios 
in  imilos.  honoree  .  .  .  honoris  caasa  eontulisse  ac  sollemni  hoc 
dipiom.  oonfimuune  teator  Adalb.  Bessenbefiger  Dr.  phiL  P.  P.  O.  b>  t, 
Decanus  .  .  .  Hegim.  Prus>>.  ex  of6<  iana  llartongiana.  (Diplom  in  gr.  foL) 

11.  Jan.  .  .  .  Ordinom  tln-id.  Armlnio  Pelka  Prmisso  orientali  viro  a  ron- 
siliis  ecclesiasticis  summe  reverendo  equiti  uqmlae  rubr.  class.  IV  et 
ordin.  coron.  reg.  dass.  III  qai  postquam  per  aliquod  tempos  Scholas 
inferiorib.  tum  snperiorib.  strenuam  operara  dneondn  navavit  minister 
verln  divin i  ad  aedera  huius  urb.  ^olon.  deiude  ad  ueJum  arcis  reg. 
Tocatus  et  in  consistor.  reg.  Bor.  onent.  adscitos  ecclesiae  enrang.  hoins 
urbis  et  provinciae  administrandae  augendaeque  indefessum  Studium 
optimo  successu  impendit  nunc  quoque  vice  generalis  superint.  eccL 
in  bac  prov.  evaag.  aalntariter  perlung^tur  pvaetsvea  etiam  de  bmt 


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Univttaitita-Olinwik  IfiOOi 


179 


demiVo  seminario  polonico  quoil  ordini  theolog.  siibest  optime  inoritus 
est  saxomoa  in  theol.  houores  .  .  .  honoris  caasa  contuIisM  ac 
*  sonemm  hoc  dipl.  confinnasse  tmtm  JToan.  Onol.  Anmii.  Jaooby 
Dr.  tlieoL  P.  P.  n.  Ii.  t.  n-  ;inn.s  .  .  .  Ehil.  (Dipl.  in  gr.  foL) 

lo.  Jan.  Phil.  I.-D.  von  Joannes  Feten  K^montanus:  De  C.  Valeili 
Flaoci  vito  «t  oamitio.  Re^m.  ex  offie.  iEßrtungiana.  (2  Bl.,  88  S.  8.) 

]8l  Jan.  Zu  der  .  .  .  Feier  d.  Krönungstages  laden  ein  Rector  u.  Sen.  .  .  . 
Kgkbg.  i.  Pr.  Uartungsche  Bchd^.  (,2  Bl.  4.  enth.:  Preisaufgab.  £.  d. 
Stndireiiden  im  Jahre  1890.) 

97.  Jan.  Zu  der  .  .  .  Feier  des  Geljnrtslap;^  Sr.  Maj.  d.  Kais.  u.  Königs 
laden  .  .  .  ein  Kect.  u.  8eu.  Ebd.  (2  Bl.  4.  entli.:  Verzeichn.  der 
Stndirenden,  die  bet  der  am  18.  Jan.  1890  erfolgt.  Preisvertheilimg 
Preise  erhalten  h:»bon.) 

Acad.  Aibertina  Hegüu.  18ä0.  L  Index  lectionum  .  .  .  per  aestatem  a. 
MDCCCLXXaX  a  die  XV  m.  Aprilie  habendarmn.  Insont  Scholia  in 
Ti  n  1  ri  Odyss.  >-/  238— .*V09  auctiora  et  einendatiora  edita  ab  ArtlinrO 
Ludwich.  (S.  B— 26)  Regimojitii  ex  nftic.  Härtung.    (42  S.  1) 

Verzeichniß  der  ...  im  Soramer-HaUjjahre  vom  15.  April  .  .  .  aii  zu  Lalten- 
den  Vorlesnnjeen  n.  det  öffeotL  akadem  Anstalten.  Ebd.  (11  S.  4.) 

1.  Kftrz.  Med.  T.-D.  von  Frlodr.  Lpplehn  priu  t.  Arzt:  Aus  der  Königylerger 
chirurgischen  Klinik.  Ueber  die  sogen.  Periostitis  und  Ostitis  alba- 
minosa  (OUim')  nebst  Ifittheilnng  zweier  Krankengeschichten.  Kgsb. 
i.  Pr.    Druck      M  Liedtke.    (56      H  m.  1  Tabelle.) 

 PhiL  L-D.  V.  Clemens  Lossen  aus  Würzburg:  Ueber  die  Einwirkung 

salpetriger  SSare  auf  Amidine  ti.  flb.  PhenyltetnuEolsiQi«.  Kgsb.  i.  Pr. 
Brhdr.  V.  R  Leupold.  ('2  I?!.  m  F?.  «  ) 

 Med.  l.-D.  V.  Lonls  Senger  pract.  Arzt  zu  Pr.  Holland  ^aus  Ülbing); 

Ans  d.  Kdni^b.  cbirurg.  Kbnik.  Beitrag  zur  operativen  Behandlung 
alter  Empyemfisteln.  Kbg.  i.  Pr.  Druck  v.  M.  t.iedtke,    (57  S.  8.) 

&  MArz.  Med.  I-D.  v.  Max  Rosenkranz  prakt.  Arzt  (aus  Angerburg):  Ein 
Fall  von  angeborner  Steiiosierung  des  Diinndarms  und  Dickdarms  nebst 
Defekt  einer  Nievo.  Kgsl..  i.  Pr.  Gedr.  bei  E.  Erlatis.  (24  S.  8.) 

 Med.  I.-D.  von  Hugo  Kobinski,  pract.  Arzt  (au.««  Insterburg):  Beitrag 

SU  der  Lehre  von  den  angeborenen  Cysten  des  untern  Augenlides  mit 
mit  Ilicroplithalmus-  (Colobomi  v.st«n)  Kbg.  i  Pr.  Dmok  von  H.  Heinr* 
mann.    (2  Bl.,  28  S.  8.  m.  1  Tai.) 

—  —  Med.  I.-D.  V.  Paul  Samter  pract.  Arzt  (ans  Posen):  Beitrag  zur  Lehre 

von  der  bandförmigen  Keratitis.  Kbg.  L  Pr.  Draek  v,  M.  lasdtka» 
(44  S.  8.) 

14.  März.  Med.  I.-D.  v.  Galmaa  Bloch  (ans  Schacky  in  Rnssland):  Das 
Empyem  der  Highmorshöhle  mit  spezieller  Berücksichtigung  von  26 
im  Ambulatorium  des  Hm.  Dr.  P.  Michelson  ...  beobachteten  Kraak- 
heitsfäUen.  Ebd.  (47  S.  8.) 

—  —  Med.  L-D.  V.  Max  Zacharlas  prakt.  Arzt  (aus  Kowno  in  Bussld.): 

üeber  Nabelschnnrumschlingongen  a.  NabelachnurvortUle.  Kbg.  Gedr. 
bei  E.  Erlatis.  (28  S.  8.) 

~  —  Phil.  L-D.  V.  Bich.  Urbat  aus  Gumbinnen:  Beiträf^e  zu  einer  Dar- 
stellung der  romanischen  Elemente  im  Latein  der  Historia  Fi-ancorum 
des  Gregor  v.  Tbnrs.  Kbg.  Behdr.  R.  Schenk  n.  Schadlot'sky.  (66  S.  8.) 

18.  Ifftrz.  Phil.  I.-D.  V.  Rob.  Schau  (aus  Grämten  bei  Pr.  Eylau):  De  for- 
mulis,  quas  poetae  graeci  in  couclusione  orationis  directae  posnerunt. 
Tilsae.  Apna  J.  Iteyl&ndernm  einsqne  filinm.  (34  S.  4.) 

19l  M&rz.   Med.  I.-D  v  .facob  Ginzben?  prakt.  Arzt  (aus  Kgsb.):  Ueber  das 
Verhalten  des  Pyrrois  u.  einiger  seiner  Derivate  im  tierischen  Oi^a- 
nismos.  Kbg.  Drtiek     M .  Liedtk».  (47  S.  &) 
-  —  lied.  L-D.     Aiolfh  KeUcr  prakt.  Ant  (ans  Insterinirg):  £in  Pall 

12* 


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180 


Mittheünngon  und  Anhang. 


von  Nephrectomie  bei  einem  dreijährigen  Mädchen  nebst  Znsammen- 
f:t<'l1iiiig  der  in  letzter  Zeit  bekannt  gewordenen  jümliohen  FttUe.  £bd. 

Gedruckt        E.  Erlatis.   i27  S.  8.) 
SO.  Mäi7..   Theol.  V.  llt  nric  (iidbert  Voigt  minister  vcrbi  divini  (aas 

Stado);  (^nae  sirtt  iiidi'  i;i  v»  feris  ab  Epiphnnio  in  rolatione  de  Cata- 
plir\;^il>us  {Vau.  lluvr.  XLVlli;  a  secundu  iwini^mpho  u.S4|ue  ad  ter- 
tiani  dociinani  iisurpati  tontis.  R«gim.  ex  oiüc.  Loupiddiana.  (IS  S.  8.) 
26,  Mar/.  M.  i  I.-D.  v.  Max  Salzniann  prakt.  Ar/t  (aus  Allt  tistein):  Ueber 
Kciuplikiition  von  Schwangerseliaft  mit  Uteruscarciuom.  Kbg.  E.  Er- 
latis. c^s  s.  s. 

S9.  Mar/..    Mtd.  l.-l).  v.  Max  Blitzstein  f»rakt.  Arzt  'aus  Iwenitz,  Gouver- 
nenient  Minsk):  Zur  Physiologie  der  Kotbilbung.  Ebd.  (27.  S.  8.) 

—  —  M«  d.  I  -D.  V.  Anton  ('zygan  pract.  Arzt  in  Benkheim  (ans  Schippen- 

beil, (\«»tpr.j:  Aus  der  Königsnerger  chiriirg.  Klinik.  Beitrag  zar  LebM 
von  den  Speirlielsteinen.  Kgsb.  M.  Liedtke.  (f^2  S.  8.) 

—  —  Med.  I.-D.  V.  Hugo  Laser  pract.  Arzt  (aus  Broml>erg):  Aus  d.  Königs- 

berger Chirurg.  Klinik.  Ein  Fall  von  Oholestoaiom  dds  FelBeobeiiieft. 
Ebd.  (J8  S.  8.) 


Lyceum  Uosiaiiuiii  in  Brauiisberg  1890. 

Index  lect.  .  .  .  }>or  ao-statem  ji  die  XV.  April,  a.  MDCCCXC  instituendaruno. 
Ih.  t.  Rector  Dr.  Hugo  Weis.s,  P.  P.  O.]  Bruusb.  Typis  Ueyueauis 
(R.  Sntmaini).  (25  8.  4.)  Praeoedit  Prof.  Dr.  Josephl  Krawe  com- 
nientatio  pliiloN.:  Quoinodo  s.  Bonaventura  mundam  non  MM  Mtcrniuni 
fted  tempore  ortum  demomitraveiii»  S.  3—21. 


Aitpreus8i8clie  Bibliographie  1888. 
PfMimii,  Polen,  LttauM  ttc. 

AbrallAli)  Wl.  dr.,  Sprawozdanie  z  posznkiwaA  w  archiwach  i  bibKotekaeli 

rzymskicb  a  szczegohiicj  w  arrliiwiim  wntvKnn-^kioiu .  H  matoryalach 
du  ilziüjow  polskich  w  wieka'  h  srediii<-h.  tUdbuka  z  touiu  V  Arciiiwum 
Koniiayi  hiator.  Akad.  umiej.)  Krakow.  (5.H  S.  8.) 

Ada  bist.  leK  gest.  P  ili)u.  illustr.  ab  a.  15<>7  ad  a.  1795,  ed.  colleg.  bist, 
acad.  litt,  Cracuvicnsis  Tom.  IX.  Pars  II.  Craoov.  (Friedlein.i  Cont.: 
Stanislai  Hosiif  card.  Epistulae  quao  ad  eum  scriptae  sunt,  tum  etiam 
etu!^  nrationes  legationes  'I'.  II.  l.''5l— 58  .  .  .  Edition,  curaveruut 
Ii.  lljpler*  Vinc.  Zakr/eu-^ki.  (8.  521- 1119,  4.)  2Ü.—  (I  XI:3(X)M0 

Stamt  Aibi.,  \lmie,  fimm  v.  '}^xmm\  .  .  .  19.  $L  Clfltei«(d^.  Vevtcltamim.  (VUl, 
221  3.  fiv.  Iti.)  1.-    .ub.  \m 

Adler^  F.,  z,  Gescl».  d,  Baukunst  d.  dt.  Ritterord.  ^betr.  Steinbrecht,  Bau- 
kunst d,  dt,  B.-0.  L  Fr.  IL)  [Centralbl.  d.  Bativerwaltg.  8,  Jahfg. 
x<>.  :h  m.] 

Akta  grodzkie  i  ziemskie  z  cstasöw  Bzeczypospöliluj  polskiej,  z  archiwnm 
Bernardx  nskiego  we  Lwowie  .  .  .  T,  XII.  wydal  X.  Idske.  Lw6w. 
<XIV.  651  S.  4")  .  .  .  T.  XIII.  (XIV,  720  S.)  16.— 

^imaitn,  b.  ^Injcinge  b.  ^eetedtcfonii  in  '^xtn\i.  1807  u.  1808.  (SMe  ®tcni= 

boten.  I6.J 


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Al^rmfliache  Biblicgraphie  1888. 


181 


IreUT  f.  d.  Gescb.  Liv-,  Est-  u.  Curlands.  8.  F.  L  Bd.  K«valer  Stadtbücher  1. 
Bevnl.  Kluge,  a.  ti.  d.  T.:  Das  Slteste  Wittschopbach  d.  Stadt.  Reval. 

(1312—1360.)  Der  gol.  estn.  Ges.  in  Dorpat  zu  ihr  ryij.  Jiilielfesfe  dar- 
«jehr.  V.  d.  estländ.  lit.  Ges.  durch  L.  Arbusow.  (XII.  'i'il  S.  gr.  8.)  7.50. 

Archiv  L  slav.  Philol.  .  .  .  h»-8g.  v.  Ja^ic.  XI.  Jg.  (IV,  646  S.  gr.  8.;j  20.— 
Irehlwnn  komii^  hiator.  tom  iV  (8enptores  rer.  Polon.  tom.  XII.)  Kraköw. 

''■^.1  S.  B)' 

Arckiwiiiu  ksi^t  Lubartowiczdw  Sao^uszkuw  w  Stawacie.  wjrdane  nakladem 
TvlateideUi  pnes  Z.  L  Badsimi^kiego  i  6.  Oorcsaka,  tom  II,  1284 
bis  1506.  Lwow.  (XXXVI,  880  S  4  i 

iteaeBB^isuio  naukowa  i  liter.  .  .  .  Warszawa  188Ö.  (4  Bdo.  8.) 

liri«],  Oharies,  Defense  de  Dantzig  en  181d  Jonrnal  de  si^ge,  journ.  per» 
sonnet  et  notes  du  g^neral  de  Division  do  Campedron  commatulanf 
le  gf^nie  du  X«  corps  lettres  diverses;  annot.  et  publ.  Par.  libr. Ploo. 
<VIII,  312  S.  8.  m.  2  Beil.)  4  fr. 
—  Retraite  du  corps  de  la  Grande-Anneo  de  la  DwiUA  Slir  Daotng 
(1812).  [Le  Speotateur  militaire  15  Acut  IR'^R] 

BaUnskl,  M.,  i  T.  Lipinski,  Staroi3'tna  Polska  pod  wzgl^dem  bis^'Orycznyn), 
geogr.  i  stat.,  wydanie  dragie  poprawione  i  Qznpelnione  przez  F.  K. 

Shirt \  nowskiego  tom  I— IV.  WarJ<zawR  1885—87.  12  rubli. 
Barabaizew,  A.  J.,  Tannenberg.skaja  bitwa  (Nadbitka  z  Zurnala  mini«?t  nar. 

proswieszrzenija,  cz.  CCLIV).  Petersb.  1887.  S.  151—194.  8.  (ru.s^.) 
 Letopisnvje  istoczoiki  dla  isfeorii  Litwy  w  srednüe  wieka.  Petersb. 

(jo  S.  HS  (russ.) 

bartynowski,  Wlad.,  Materyaly  liistoryczne,  rvsowane  i  zbiorane  w  kr^u  i 
zagranic]^,  wydawane  sposobem  antograficsnjnif  sesiyt  I — ^VI.  Knk6w 

1887.  fol. 

BasaniTltinJi,  Dr.  .1.,  üb.  d.  Bestimmg.  der  Scliaafscheere  in  litau.  GrÄbera. 

(  'orrosp  -Bl.  d.  dtscb.  Ges.  f.  Anthrop.,  Ethnol.  n.  Urgescli.  19.  J^;  No.  1.] 
Basdoefn  de  Courtenay,  J.,  Jan  Joiakiewica,  badacs  Utewski  (Odbitka  s 

Krjyu)  Petersb.  188G.  8.  ^        ^  ^ 

Bedsarskly  Ssez^ny.  Materyatv  do  historpi  o  drakarniach  w  Polsee  a  mia- 

nowirit'  (>  ilnikariiiarii  Kvuwskii  li  i  prowincyonftlnvrli.  zobral  i  nioiyl 

. .  .  wlaäciciel  drukarni  kraj.  we  Lwowie.  Lwüw.  (Selbstverl.  (186  S.  16.) 

 Dodatek  do  dadelka  p.  t.  Materyaly  .  .  .  (8  S.  8.) 

9^itn:S(fiwanb(tdi,  Dr.  .Üiir,  ^    'Ktiii]cU7urinfsge  tiott  ^opie(  unb  $Mtto  frit 

bdcudit.  '^o\m.  ^olowK^.  (48  o.  flr.  8.) 

Behla^  Dr.  R<^b.,  d.  vorgescli.  Rundwälle  im  östl.  Dtsclil.;  e.  vgl.-archäoL 
Stndie.  Mit  e.  prähist  Karte  im  Maasstab  1 : 1050000.  Beimn.  Asber 

n.  Co.  (X,  210  S.  gr.  8  )  r>.m 
t^^ttnhU  ©üö.,  $t)tl)en^  ».  aßaiiilio  u.  feine  «Kccrto^rt  nadj  b.  $ketnftcinlanbc; 

nt.  «etüdl.  ö.  acirf).  UebWefrqn.  frcicr,^nMt.  Wft  12  »itb.  ».  W^.  JfniJter  «. 

1  ^laxk.  IMc^A.  Jvimnbt.  [XI,  305  3.  i^v.  8.t  6. - 
Biblioteka  Wars^awska,  pismo  poswi<jrone  naakora,  sztnkom  t  przomyslowi, 

pod  redakcyn  J.  K.  Plobartskiego.  1888  Warss.  Gebethner  i  Wolff. 
SUItr  i  Sd)ule  u.  ^aui.  1.  S?ffl.         ^Jiorbbtidil.  fip.v  ^.      iMm:  lol.  Crnt().: 
t>\anb.  Torf  .*itun,^cn.  l'k  S^udn  bei  i)<ibbcu      t^tovcitl  'i*oalb  n.  Tiine 

hei  3rf)H)nr,^ort  (H.  Penner),  otur^büuc  auf  b.  .San.  lli'clnim.q  [Ii.  Penner). 

^^cmfteinbofl(}erei  im  fuv.  .tioff.  (J«jt  @.  2—8.) 
Btbrzyn^kf,  Mirh,,  Dzieje  Polski  w  /fivA'sie.  trzffie  z\vi»,»ksz(nio  wvdnuie,  tom 

I.  Waitiz.  Krakow  1887.  Geb^thner  *  Wolff.    {HUi  S.  ni.  Karte.) 
•srntiar,  L^onr.,  bic  ^aucrnbefreig.  u.  b.  (Sut^t^errltii^r.  i  ^veit^  (^r.  Sa^rbüi^. 

61.  t<b.  3.  i78— 89.) 
Bessf}  Frdr.,  z.  dipiom.  Vorge»«  h.  d.  Königsberger  Vertrages,  aul'  Grund  e. 

krit.  Vgleiehg;.  v,  8am.  Pufendorfs  schwed.  n.  braodenb.  Berichte  nnt. 

eiiiaiid.  u.  m.  d.  Acten  L-D»  fierl.  1887.  (89  S.  a) 


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X82  MiUheüangeu  uud  Anhang. 

Brack,  Dr.  Leop.,  d.  bnuulfliikirg.  Heer  in  <L  Kriegen     1688—97.  I.  (BtÜ, 
z.  Progr.  dL  Gymn.  sa  Eöninhfltte  O.'S.)  &athaL  WoUBmIis  Bchh. 

(25  S,  4.) 

Bif«Bliag«ii's,  Dr.  Jolis.,  Briefwechsel  .  .  .  gesmL  u.  hrsg.  v.  Pfür.  lie. 

n.  Vogt.  Stott.  Santiier  in  Comm.  (XXI,  «h%  S.  gr.  8.1  10. 
%ax9,  %xo\.  Dr.  fXac,  Okjd).  ^oleii^.  5.  XdL  2.  Mte.  1481—1506.  U»otl)a.  "i^crtt^c«. 

6.  aoi— 1081.)  md).  b.  ein«)),  itootcn.  49.  %  8.  tl6ty  10.— 

n-c.  r.  F.  Bostel  in:  Gött.  Gel.  Am.  I88S.  26. 

Calller,  E.,  Powiat  obomicki  pod  wzgl«^cm  dziojowjrm,  s  sastoeowanieni 

do  topogratii  wspulczesneK  Poznai.  1887.  (25  S.  4.) 
<—  —  Powiat  ostrzeeaowski  w  "XVI  stoiecia,  saskic  geogr.-hiiit.  Ebd.  1888, 

(48  8.  8.) 

 Szkice  fj;eügr.-hi8tor.;  sorya  II.  Ebd.  (160  8.  8) 

ClllchowBki)  Dr.  Z.,  Iiisignia  seu  Clenodia  Regis  et  Regni  Polonine.  Z 

kodeksii  kornickie^o  wydal.  Poznan.  1885.  (27  S.  u.  8  S.  Facs.  gr.  8.) 
Chlebewski,  Br..  Udztal  niemieeki  oiwiatv  Prus  wschodnich  w  iyciu  nmy- 

slowem  Polski.  [Atenetun  1888.  S.  75-90.J 
Corpus  »ntiqaissimorum  poetar.  Polon.  latin.  us^ae  ad  Joa.  Gochanoviom; 

ed.  Acad.  litt.  Cracov.  VoL  HL  Andr.  Gricii  carmina,  e<L,  praelat;. 

iastrux.,  adnotationib.  illustf*  Gasim.  tforawaJd.  Oneov*  (rnedlein.) 

ajLm,  302  S.  gr  8.)  6.- 
€»ltumm  öuS  Cjtpr.  m.  ^öl)r66.  69.  »b.  S.  68~76.| 

3>tlt0tt,  Dr.  <oau\.,  ^.iH'ttiiuu'  v  tsicidi.  b.  auin(^.  Alirdic  in  ';Kiif;[b.  II.  Ilifiinben6<l^,  h. 

euaufl.  lejüL-ni.  jurctjc  Ui  'M^b.  {^ot])a.  ijieirttjeo.  ^XV,  429  3.  flc.  8.)  7.— 
Bela^lle  w  Ronlx,  J.,  Les  aneiens  Tetttontques  et  Tordre  de  Samt-Jean  da 

Jerusalem  l.\fad.  des  insrript.  et  bell.-lettr.  Comptes  reudus  des  s^ano. 
de  l'a   imn.  4  ser.  T.  XVI.  Bullet,  de  Tuill.-Aoüt.  p.  336-344.1 

Demltschj  Wa.ssily,  liter.  StiHÜi  n  iil>   d  \vi(  litig.st  rnss.  Volksheilmitt.  aas 

d   Pflanzenreiche.  1  -I).  I)..rp:it.        S.  8.) 
Oeakschrirt  üb.  d  Strr.me  Memel,  Weiciis«  !.  ( lilcr.  Kllx-,  Weiter  n.  Hiieiii.  be- 

arb.  i.  Auttr.  d.  Hrn.  Min.  d.  öflT.  Arh.  Bcrliu.  Druck  v.  J.  K^n•kes.v>-■-  S.  8.) 
^^iÖelff,  e.  f^lirf  auf  b.  «flfll).  u.  ;^ifft.  "^olcni.  ü^r.  ^nlnbb.  ii2.  iBb.  G.  ivi.; 
EiseDbahnbrQcken,  neue,  üb.  <1  \V(  iVbsel  u.  N' t^at  bei  Dirsohaa  o.  Marien» 

bürg.  iCentralbl.  d.  Bauvurwaltg.  No.  7A.] 
Brost;  Or.  Heinr.,  die  Culonisatiou  v.  Ostdtschl.  (Jebenichi  n.  litt.  1.  Hilfta. 

Langenborg.  (Realprogymn.)  S.  '5— ;V2.  1. 
Gstreicher,  dr.  K.,  Bibliografia  polbka.  tum  IX  xcüzvt  5—7  vviek  X\'11I. 

Krakow.  (VII,  X,  577-803,  CCLXXVII-CCCLVII.) 
gifdfier,  Dr.  V.  i\,  c.  frf)lci.  Tialcftgcb.  ouo  b.  3.  1653.  (i-)ori),\<it*gcb.  n.  Itjom. 

'Jlubieac      otujbovff  flui  jciiui^  'i^vub.  Georgii  Andreae  p.  t.  Collegßn 

bcr  Stnd^fjiäli.  ^SfmmfiBdiül  i^^c'mü)  mit  (i[)i-iftiita  bei»  m\)l.  ^nc.  QMM 

^famni  h^i  Tfiarou  am  10.  ^priiuufl  1653.  Äijctni.  •'■^      h".xd\  3;o^.  ^Hcuincm. 

(1  USi.  4.)  l;Jtid)r.  b.  SJcvciJW  f.  Wdd).  u.  Vllttlj.  cüjUi.  üJ.  iyi>.  8.  318-319.] 

9ovf4|uii«(n  m  Sranbenb.  u.  ^reiift.  ®e|4.  9?.  %  htt  „SRfirlifd).  ?yoiid)gn.*  b. 

^tcrcinc.  f.  Öcfd).  b    "Kaif  ^inanbcnb.  .  .  .  Dr<*t].  u.  jHt)olb.  Ibfev.  1.  9b. 

2.  ,foülit.  i'eipi.  Ü^undct  &  ^pumblot.  (IW,  647  6.  or.  8.)  12.— 
Foneart,  F.,  Campagne  de  Prasse  (1806).  Par.  1887.  Berger-Leyraolt  di;  Gie. 

(XV.  7:  in  8.  -r.  8.) 

Frejrtag^  G.,  General-  u.  Strasscnkarte  v.  West-Rufild.  a.  d.  angreozd.  Land. 

bis  ^en  u.' Budapest.  Wien.  Artaria  A  Gie.  1 : 1600000  Ghromolith.  fo). 
•eweitibflcrifon  f.     'Vrcv.  Cftpv.  ilX,  462  qr.  8.i  <  (Mcmeinbcleiitott  f.  b.  Itgr. 

i^reuB.  ...  1.  iM«-  ^etl.  ikvl.  b.  ffat.  iiur.J  5.8ü. 
Oeschiehtsbl&tter,  Hanstsrhe.  (15.)  Jahrg.  1886.  Leipa.  Dnncker  A  Hunblot. 

(2  Bl.,  19-2  n.  XXXV  S.  gr.  8.)  5.- 
Ciörskij  Konst.,  Woiua  Hzeczyuosuolitej  polskioj  z  Szwecy^  za  panowaaia 

Zygmimta  UI  od.  1681*im  (Odintka  a  BibUot  WarsMwsk.) (1S5  &  a) 


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AltpieoBiMlie  BOdiogiftphie  188&  183 


OteikL  Konst ,  Bitwa  pod  Orunwaldem  dnia  15  lipca  1410  r.  (Obditka  z. 

Bibl.  Warssawflk.)  (60  8.  8.  m.  2  Kart.) 
Mitiu.  $rof.     ,  bic  ^ucmScfceiuiM  bi  ftatk.  «Ofl.  dt».  962. 

«CiL  i.  253-  256.J 

•vtfirr,  ®t»imt.=g.  Äat«,  UeWt.  06.  b.  brbb.^^Jteufe.  Wcjd).  9.  b.  ecrit^t«.  b.  TOorf 

^Branbcnbfl.  bt*  f^.  3t.  b.  (Mr.  furf.  Siogafcn  f^Prortv.  9^nl.1  '25  3.  4; 
Hajisea,  Dr.  J.  H ,  die  II  ans«.  [Juhresber.  d.  G^Jiwissensch.  VU.  Jg.  1884. 

n,  171-176  n.  VIT.  Jg.  1885.  Berl.  1889(88).  II,  162-170.1 
IIUW«rcM8e  2.  Abth.  6.  Bd.  a.  u.  d.  T  :  Hansereresse  v.  1431  —  1476  betul». 

V,  Gosw.  Frhr.  v.  d.  Kopp.  V.  Bd.  Leipz.  Duncker  &  HumbIot.*(XllI, 

647  S.  KT.  8.)  22.-  ...  3  Abth.  Von  1477-1530.  III.  Bd.  (XII,  590  S.) 

20.-  (f  1— B.  n»  1-4  tt.  m.  1-8:280.-) 
BtBVBZ)  J.,  La  langiie  et  la  littt'rainre  litlumiii'einic.^  (rMpr»''.«?  J.  Hannsz. 

[Bullet,  polon.  littir.,  scientif.  et  artistt  publ.  par  les  soius  de  TAsso- 

dat.  des  snc  fl^es  de  VieolB  ptdon.  &  Paris.  No.  87.1 
^fiaiatft,  Tic,  bcr  3,^(ad)circn.  ^^vangfofe  ^eijeidiiigit.  C  Qtolislanct«.  Selpjfg. 

CS.  C">-  ^mx.  [(yd  «.  (ir.  8.)  2.— 
^lni«lb#  Gtjronif  ber  SInocn.  9?ad)  b.  9tii%  b.  Monumenta  Germ.  übj.  o.  Dr.  3- 

(I.  3K.  l'aurcitt;  ni.  c.  'i^onuort  ooii  3-       ^al>pciibcic|.  2.  9lufl.  neu  bcarb. 

P       Sattcitbad).  5?cip,v  Tijf.  (XIII,  271  3.  8.)  [35w  @<f(l)ic^t«|i^reibct  b. 

bijd).  i^pr^cit  iti  hiüi\äi.  l^cacbcitg.  19.  :^fg.J  3.80. 

Hoppe,  Dr.  Alfons  (Priest  d.  dt.  Ord.),  die  Besitssnsliine  von  Hergentbeim 
durch  d.  Krone  Würtemborg  i  J.  1809.  Nach  QaeU.  dargest.  2.  HÜfte^ 

(Gymn.-Progr.)  Tro])pau.  0  S.  8.) 
labrbacli  d.  Bromberger  iiist.  Vereins  f.  d  Netzedistrikt  1888,  Bromberg. 

Mittler.  (86  S.  8.  m.  2  autogr.  Plan.)  2.25. 
iahrbneh  d.  Vereins  f.  niederdt.  Sprarbforschg.  Jahrg,  1887.  Xill.  Korden 

u.  Leipz.  Soltau.  (IV,  160  u.  9  S.  Musikbeil.)  4.— 
Ssartft,  liiiuc,  ^Ihclbricf  f.  3tifob  u.  ;^of).  91bl>H)rtflcn  in  Tani^icVi.  .(»crolb. 

XIX.  3.  178-81  m.  SSapp.l  Erhielten  dlo  .Tn  leii  in  i'ol,  durch  d.  Taufe 

den  Adeistand?  |aus  ,,Viertjschr.  f.  Heialdik'^j  (Puttkammer  &  Mühl- 

brerht.)  (16  3.  8.)  -50. 
jsasfett.  .^iami,  "iWnrdim  ii.  3a.i.  b.  cfhi.  ^offci?:  üb\.  u.  m.  9Inilt.  »f(^.  2.  fifm. 

Sitaa.  Äijmmcl.  {Will,  2ua  3.  «.)  3.50.  (1  u.  2:  5.50.) 
Itmh^Witi,  K.,  Stanislaw  LenexytBki  w  KxtSIeweu.  1784/86.  [Niwa.  1888. 

S.  481-89.  573-81.} 

ftsitMifin,  9?.        ^T?cifcbricfc  and  Ttjc^I.  .^öutfl^bcrfi.  —  Berlin.  —  Tro>?b.  — 

Cpi^.  -    JliJcimür.  —  ^xti.  a.  SDR,,  iibiut.  am  b.  ^{ujnjd).  ü.  Dr.  ^crm.  ^Hoi^ 

foidint).  (106  3.  8.)  [^Huifilcbe  3:a)d)cn  ^iMbliottjcf ;  c.  9lu«wa^I  b.  beft.  ©ertt 

b  ::'M.  Vitt.  ^b.  7.  Vp-,,  (Premier  &  Sci)rainm  l.— 
karluwiczy  Jan,  Dziesigc  piesni  mozurskich  (Odbitka  z  Prac  liloioß.)  War- 

szawa  1887.  (14  8.  8) 
tas>^.  ^rof.  Dr.  Wci>.  Jibr.,  3ur  OJcfrfj.  b.  ^Viiicvnbcfreiunq  in  b.  olt.  l^aiibtH^t^eUetl 

^Urcufeciw.  (Jorjd^aii.  i-  brbb.  u.  pv.  (»cid).  1.  ^b.  «.  573—585.1 
Kslberir,  Oskar,  Maxowsze,  obnus  etnograficzny.  tom  IV:  Mazowsze  stare, 

Mazurj'  Kurpie.  Krakow.  (Selbstverl.)  'VTI.  4CX)  S.  8) 
Korrespoadeasblatt  d.  Vereins  f.  niederdt.  8{>rachfur8chg.  Jahrg.  1886. 

XI.  Hft.  Korden  1887.  Sölten.  (102  S.  gr.  8.)  2  - 
Kfrytkowskit  Jan  ks.  dr.  Ai<  vMskupi  Gnie/.niertscv.  prymasowio  i  nietro- 

EPolscy  od  roktt  lÜÜÜ  az  do  r.  1821. . .  aeeayt  1—7.  Poanan  1887/88. 
).  4.) 
descriptio  hist.-geogr.  eeclesiarum  arcbidioecssis  Qnesnensis  et 
Pr.^n^niensis.  Gne.^'naf.  (17^  u  304  S,  8.) 
Konesiowsiki,  Joseph,  dr.,  Catul.  cudic.  niannsfriptnr.  musei  princip.  Czarto- 
ryski  Graeoviensis,  fasc.  I.  II,  1  —  60;;  i^Ivlitinmua  mosei  Osartoryseiani 
6aooyienB.  n.  I.)  Craoov.  1887.  88.  {ß.  1-178.  8.) 


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X84  llittbeiluugeii  und  Anhang. 

KwirlAlntk)  historycznv,  organ  Towarzvstwa  historvcxntfgo,  pod  nd. 

Liskeco.  Rorznik^TTT.  Lw.')w.   XVI,  697  S.  8.) 
Lebitiskiy  W.  dr.,  Z  archiwmu  ptiznanskijgo.  Knryer  pozii.  w  iirach  10  i  un. 

z  13  i  nn.  stvcznia  188B  r..  w  ndcinku.    Ausfiihrl.  Be^prtehimg  der 

Arhrif  ron  J.  T.ehtzyck't :  (Vw  iütest.  groß.-poln.  Gro-lljürhrr. 
Seemann,  i)ia^,  Mi  ^Infanflc  b.  milüiir.  Mkform  in  ^rcuö.  nad)  b.  liliil,  ^xicb. 

m'Avt.  ?^orict)qn.  20.  m.  3.  207-224.) 
S(el^(tnn>,  max\  i^rcun.  u.  b.  aagem.  SBe^H^flic^t  im  ^  1809.  [giftet,  dtfc^t, 

9<.  Ty.  25.  iBb.  2.  97-109.1 
LelimiMt  und  Apraxin  1757  in  Ostpr.  (nnt.  Benutzg.  d.  russ  Publikation 

von  MaßlowgkL)  [Jahrbüch.  f.  d.  dtwhe.  Armee  und  Marine.  Berlin. 

Bd.  C7.  S.  153-169.  258-273  ] 
tiWklmiy  Prof.  Dr.,  üb.  d.  ans-^estoil).  Slaventh.  in  Norddtschl.  Vortr.  [Cor- 

respondenz- Blatt  d.  dtsch.  Gee.  f.  Antiirop.,  Ethool.  o.  Urg^»8ch. 

19.  Jahrg.  S.  52-53.J 
Loiriiskl^  Anatol.  Index  actor.  snpculi  XV  ad  res  puhlicas  Polon.  spectantium 

Cracov.  (XVI,  581  S.  4.)  IMonnmenU  med.  aevi  hist.  res  goet,  Folon. 

illustr.,  tom.  XI. J 
LItwIn.  Liiwa  prxed  rokiem  1863.  LwAw.  (42  S.  8.) 

Marjan,  Dzieje  Polski,  do  najnowsaych  cjsAfl^w,  jaano  i  treiciwie  opowied- 

itiaue.  Posen.  (32<j  S.  8.)  3.— 

■anlowsM,  Oberst  im  m^s.  Generalstabo.  der  stebeni.  Krieg  nacb  ron. 

Darstellg.  I.  Tbl.  <\.  Foldzug  Apraxiti's  in  Ostpr.  1<56— 57;  m.  Antnri- 

sation  d.  Verl.  ül)s,  u.  ra.  Aum.  verseh.  v.  A.  v.  Drygalski.  Berlin. 

Eiaenschmidt.  (XVI,  859  S.  gr.  8.  m.  5  Beil.)  12.— 
■ateryalj  do  historvi  ri  ilrnkarniach  w  Polsce  a  miaTiowirie  o  drukarniar-h 

hvowskich  i  pr"\viucvonaIiiv<'li,  zebral  i  ulov.vl  &jL*:ziimiy  Btduarski 

Lwüw.  {13G  8.  16,1  .  '.  .  Dodatek  .  .  .  (S  S.  H.f 
Matosiak,  Szvnum,  Jakie  hulv  mieszkalv  przv  ujsciii  Wisiv  w  rzasarh  naj- 

dawüiejsaych?  [Wisla.  Tom  L  S.  178-187.  223-2^3.  254-263.  29Ü 

bis  298.  338-846.J 

Molon,  AliV.  Xi.flre  8ur  Töglise  reformee  de  Pologno.  Caen.  (44  S.) 
Mettig,  U.,  Liv-,  Est-  u.  Kurld.  (im  Miitalalt.)  [Jabresborichte  d  Geschirhtsw. 

7.  Jg.  18ai.  Berl.  1888.  II.  163—170.  8.  Jg.  1885.  Ebd.  1889(88).  II, 

ir.*»-  lt;j  ]  ...  in  d.  neu.  Zt.  |Ebd.  7.  Jg.  III,  54-67.  8.  Jg.  III,  54  -64.J 
Minkowiecki,  Edward,  AVykaz  peeudonimdw,  uiywaoycb  przez  autoröw  pol- 

ekicb,  \\^danie  drugic  pomnolone.  Warssawa.  {92  9»  &) 
Hitfbelluifren  uns  <l.  livländ.  Gcschiclite  14.  Bde.  2.  Hft.  Riga.  Kymmel, 

<S.  145-2U8  8.  m.  8  Steiuta£)  2.2Ö. 
HoBatroehrirt,  baltviclie  Hrsg.:  K.  Wem.  Ked.:  H.  Holländer.  35.  Bd.  9  Hfte- 

■       (!  B.  gr.  8,)  Roval.  Kluge  in  Comra.  16.— 
Mouuuicula  Polooiae  historica  Pomniki  Dziejowe  Polski  Tom  Y.  Lwöw. 

(2  Bl.,  1171  S.  Lex.  8.)  90.- 
MoniDienta  med.  aevi  liisfr.r  res  gestas  Poloniae  illustrantia  Editio  collegü 

hiätor.  academiae  literar.  Cracov.  Tom.  XI.  Cracov.  (Friedlein.)  (XYL 

681  S.  Lex.  a)  14.-  (I-XI:  210.-) 
ir.  Uefc.  b.  (id)tl)cit  cinii^cv  Ihf^  ,v  Wcfd)-  v.  L^ol6a|f.  [Wonatö^Mtt.  ^tia.  n.  b.  Olef. 

f.  pouuiu  t»i'i(^.  u.  ^llUtjiJlbe.  Kr.  7.  8.1 
Napiersky,  J.  G.  L.,  die  Erbebttcher  der  Stadt  Biga.  1884—1579.  .  .  Riga. 

Kymmel.  (LXXXIII,  515  S.  gr  H.)  baar  n.  10.- 

fiatbnsiuS'Neinstedty  Ueinr.  v.,  die  Dentschmeister  vor  12S2.  I.-D.  Marbimr. 

(37  s.  a)  _ 

Nlwftt  dwutygodnik  poswi^cony  sprawom  spolecsnym,  naukowymi  Uteraokim, 

p.  ,1  reuakcya  M.  (Tod!t'wskio«:n.  1S88. 
Nogaj,  J  üzef,  Rüzbior  krytyczny  Sielanek  J6zeta  Bart.  Zimorowicssa.  (Progr. 
d.  IT.  Staata-Obergymn.)  Lembei^  1887. 


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Altprea&ische  fiibüographie  1UÜ8. 


185 


(Zabvtki  przc  lhistoryczne  ziem  p  »IskiVli.  wylawane  «tenniam  ko- 
misjia  »rcheoL  Akad.  umiej.  w  Krakowie;.  Krakow. 
tefagU«nift.   BikBkanBlereii  Axel  Oxenstiernas  Bkrifl«r  oeh  brefvexUng. 

Utj^iTiiH  af  koiif:!.  VIttrrli<'t>- TTistnrif»-  arh  Antiquitc-ts- Akademien. 
Försla  AfdeL  1.  Bandet  Historiska  och  politiska  skritter.  Stockholm. 
NoTstedt  Sdn  G£XVin,  680  8.  gr.  8.)  9  Krön.—  .  .  .  Senat«  Afdel 
1.  Hand  Gustaf  n  Adolfs  brefofh  instniktionor.  02B1.,916S.)  11  Krön. 

PMil^tnik  Akadenui  r.miej.  w  Krakowie:  Vfydxitdy  tilologicsny  i  histor.-filos, 

Krakow  1887.  (2.%  S.  4.) 
9lBWf68kly  Jozef,  Dziejc  zieini  knjawskiej,  oraz  akta  histotyCBne  do  nicb 

sluz^e,  t.  I — V.  Warzawa,  Gebethnor  i  WolfF.  4. 
PiCt  Jos.  I^ad.,  zur  rumänisch-ungar.  Stroitfrnfx*».  f^kizzen  z,  ält<>st.  Gesch. 

d.  Rumänen,  Ungarn  n.  Slaven.  Mit  1  AI  I    i   u.  I  K.Trtr.  Leipz.  1886. 

Duncker  *  Humblot.  (IV,  4?'6  S.  er-  8  )  H».      <  .//.  Globus.  Bd.  r,a,  ÜO,  7.; 

üb.  d.  alt.  llanddamgc  nc.  d.  achivarz.  Meere  u.  der  Ostsee. 
Pld[08in$iki,  Fr.,  0  dynaatycsnem  atlachtj  polskiej  poebodcenra.  Krakow. 

;'25>2  S.  8.) 

"Moidiau,  Cbcrl.  Dr.  ^Irlh.,  bic  liulnnb.  Wci"d)iri)folilcratiir  i.  ^ofirc  1887.  »liga. 

ilDinmcl.  (84  3.  12.^  1.- 
Polkows>ki,  Ignncv  ks.,  Wizomnki  niektörvch  nnmizmatycTOycb  nsadkoäci 

monet  polskicli  .  .  .  Krakow.  (44  .S,  4.) 
Pnea  filolopiczne,  wydawane  przez  Bandonina  do  Courtenav.  .T.  Karlowicza, 

A.  A.  ]\n  fi«ki»»<ro  i  L.  Malinowski^'j;*',  t  rn  II  Wnr??7:nwa.  (IV,  881,  VI  S.  ö.) 

rrzeglivd  polski  pod  redakcyjt  Dra  J.  Mv(  ielskiego  Krakow.  (12  Hfto.  8.) 
Pmflad  powszechny  pod  redakry^  ks.  Bl.  Morawskiego.  Krakow.  (12  Ufte.  8.) 
Pnewodnik  lunUvowj  i  literacki,  pod  radakcyi)  A.  Krechowieokiego.  Lwdw. 

Hlto.  8.) 

Ptusyckly  St.,  Opisanie  knig  i  aktow  lit^w?«koj  metriki.  Petewbarg.  fST. 

(ms«.>  r-rjl.  X.  L.  in:  Hiat.  Zt/trhr.  X.  F.  ^.7.  Bd.  S.  HdO  f  n.  Th  ^rh'ir- 
mnnn  ebd.  iT.  Bd.  S.  307  ff.,  btHonders  aber  Frochaska  im  Ku-nrtnlnik 
higf.  If, 

—  —  Bibijotieka  Wiolikngo  kiiiazia  lifowskago  w  Wilnie  w  1610  godu. 

(Li  ^uruala  BiblioKrul'.  Putttrsb.  (rus».)  (4  8.  4> 
 Dssiej©  rodöw  lit«w»kich  jako  matoryal  do  archr<>?o;;ii  JuHtorycznej. 

fOdbitka  z  Atcuf  MI      \V  1 1  >z.n\M .  Gt  Ifethner  i  Wölfl'.  (14  S.  8  i 
Kadxivrill)  Kar.  Stauisl    ks.  Koresporuicucya  ,  .  .  wojewody  wilenskiego 

Panie  kochanka,  1762—1790.  ze  zbior6w  famUijnych  wydal  Kasimien 

Waliszewski.  Krakow.  (17G  8.  H ) 
IKcintaiin,  (i.,  ^l^Jcucic  (%jdi.  b.  puu%  3taatco  wm  J^uhtmbuvau  jyrieben  bi«  pnt 
•   Liener  iToitciret  i2.  Ktb.  Ühxfta.  ^erl^rd.  iXVt  702  6.  8.)  (@efdj.  b.  eutiMi. 

floaten  L.  l.\  13.— 

Boculki  Towarzvstwa  pniyiaciöl  nauk  posnaAakiegOi  tomXV.  Pozna6,  1887. 

(VII.  344,  '129  S.  8.) 
9U$$ß,  .tituprcb.  D.  'Ö.,  ^nii(  3pcrntiu\  c.  .t)ciolb  b.  (Suntifleliuin^k  in  ^Jöbv.  u. 

JHeformalov  b.  JLxr^oqt.  'iJjrcuHcii.  2.  31.   15  o.  12.)  .Jüt  bie  gtfte  u.  ^unbt 

b.  Wuft.  ^>lb.  il^.  iVr.  y.  ".»nrincn  1888.  .Mlcin.J  —10. 
Bupraw}'  i  sprawozdania  z  posiedzeti  Wvdzialu  historyczno  -  lilozofiosnegO 

Akademii  umioj<jtuosci,  tom  XIX  — XXI.  Krakow  1887.  88. 
8.,  C,  Die  Bauernbefreiung  in  Preußen.  [Balt.  Monatschr.  ßö.  Bd.  S.  257— 281. J 
Sagen  u.  <ir,v"il)l(in.  niio  b.  öitl.  .'£»in(crpoiiiincvn.  I^^lni  Urbs  ^l'irunncn.  fi.  5?b.  "ilt.  1.  7.J 
Saiblirg,  (ibitlj,  bcr  Jpodjmeifict  v.  'iüjavicnbuui:  c.  tjift.  Imiicrti^  in  5  '•>ict.,  nufi^cf. 

i^.  ciTtcnitml  am  3.  J^ebr.  1888  auf  b.  iÖiiljnc  b.  li)<üi.  in  l^iia,.  2  (^hnv 

3ti)iin.  i88  3.  8.1  1.70. 
€(|«ibt,  o^rb.,  bei»  7cutid)oibcn'?  ^lufficti^eii  u.  'tVicbccgatifl.  Gilbet  auö  b.  $t.  b. 

Ctbeneitaatce.  ^üffelb.  löagcl.  (120      8.)  cart.  1,— 


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186  Mittbeilaiigea  and  Anhang. 


BcMde»  Obert.  Dr.  Emil,  rar  0««sb.  d.  8diW6d.-oda.  KrtegM  v.  IM^OI. 

Oraf  ni.rlst -i.l.  Karl  v.  Schlipp^nWb.  IL  [Jahiwiber.  d.  k.  Wüh.- 

Oymn.j  Berlin.  iS.  3-96.  4.) 

^imoütt.  &i\it.,  bflS  bintibciib.  pveuB.  ^nnunfl<*iwcicn  U.  1640—1806,  ^pt}(ic^l.  b. 

JReform  unt.  J^rbr.  I.  'mnirfii^u.  ,v'  Inatibenb.  u.  )>Teu|.  9ef<^.  I.  tÄ, 

1.  .Wilfto,  3.  57—109.  2.  .iViljte.  3.  1— 59.| 
8cliwartz,  Phil.,  üb.  e.  Anklagesrlirift  ^esr.  d.  Hochm.  Paul  v.  Rnssdorf  äus 

d.  15.  Jahrh.  (ca.  1439).  [Mitt5il-n    ms  d.  livland  Gesch.  14.  Bd.  2- Hft. 

S.  145-179.  vgl.  St2K8(x3r.  d.  Oes.  f.  Gesch.  u.  Alt.  d.  OstseeproT. 

Rußlds.  a.  d.  J.  1887.  S.  75-78.] 

ScriptorM  reram  Polonic.  Ed.  coUeg.  hufc.  academlae  litar.  CncoTieDsis.  T. 

XII.  Inh.:  Collectaneordtn  ex  «rcliivjs  coll«gio  bist.  Groc  tom.  IV. 
Cracov.  (531  S.  gr.  8.)  12.- 
€i%nM%9httUliH  b.  ((er.  eftniftfi.  (4ef.     *^oxpat.  1887.  Torpat,  i^elpf,.  .Qö^fcc  bt 
Comm.)  (IV,  188  S.  8.)  u.  u.  1.— 

—  —  d.  Kurland.  Oes.  f.  Lit.  u.  Kunst  .  .  .  aus  d.  J.  1887.  Mitatu 

—  ->  d.  Oes.  f.  Gesoh.  n.  Alferthskde.  d.  (Httseeprov.  Busslands  aus  dem 

J.  1887.  Riga.  (2  Bl.,  135  S.  8.  ra.  8  Tnt.) 

Skinduntl)  Konst.,  Istorija  Lietuwns  trumpai  apsakyta,  su  trvmis  ziamla- 
piaia.  New  York,  Spaustuweje  Lietuwiszkojo'Bafco.  1887.  (143  S.  8.) 
fj^c'o^riificzny  Kntlestwa  polskiego  ...  tom  VIII.  Wancawift  1887. 

(9G0  S.  8.) 

Smolka*  Stanisl.,  Kicjstut  i  JugieHo.  COdbitka  z  tomu  VII  r  luictnika  Wyd- 
sialU  filolog.  i  histor.-filo/ol*.  Akad.  utnicj.)  Krakö\  7  S.  4.)  cf.  An- 
seiger  d.  Akad.  d.  W.  in  Krakau  1889.  Nr.  2.  S.  XVI  XXII. 

Sowa^  R.  V.,  die  Mundart  der  ostpr.  Zigeuner.  [Ztachr.  £.  Völkerpa^chol.  u. 

Sprachw.  la  Bd.  S.  82—^.1 
Spnwozdanie  z  czynnosci  wydzialn  Towansystwa  List orvcznego  we  Lwowie, 

tudsiei  komitetu  redakcyjuego  Kwartalnika  hiator.  za  rok  1807/88... 

Lw6w.  ri3  S.  8.) 

—  —  zfikladu  narodowego  imieu  Osf^liflskich  aa  rok  1888.  Lw6w.  (131  S.S.) 

Sprogis,  J.,  Gieogmficze.skij  slowar  dnownioj,  ^omojt.skoj  ziemii  XVI  stole- 
tija  .  .  .  (russ.l  (geoip*.  Wörterbuch  d.  alt.  zatnaitischen  Landes  des 
XVI.  Jahrh.)  Wihm.  (XIX,  :m;2  8.  gr.  8.   7  :h>. 

Ctctn,  ?tffr.,  f.  acjrariicfH  Tcbalte  b.  erft.  preug.  :UaiU)eeDei1ceUi  aus  b.  3.  1814. 
'Piaiion.  5.  ^aljvii.  ^.'?r.  17.] 

etil*  St.,  erftc  !öünbni«ilic)"tidHin  n'.?i  Stönbc  fj^cr.soflj  9Ubredjt  o.  ^t.  1606 — ^27.) 
'8tid)r.  b.      f.  tl)ür.  Wefri).  u.  VI.  <!f.  7^.  G.  ^.Bb.  3.  1-272.J 

Stttbirn,  6ottif(^c;  tjcrau%  ü.  b.  ^cj.  f.  pomm.  t^cjcl).  u.  Sl.  38.  ^a^xc^.  ^oi^ig. 

(Snunlcr.)  (IV,  683  6.  ftt.  8.)  banr  6.— 
Stedten,  Litauische.  I.  Nominalzamsetsgn.  v.  Dr.  Alex.  Aleksandrow.  Boxpat. 

(124  Ö.  8.) 

SiMectkj,  Ldw.,  Izabella  ia  J&nos  Zei^ond  LengyelorszAgban.  (1569— 1S61.) 

Budapest.  ri07  S.  8.)  2. 
Sll^lskiy  Jozet,  Dziela,  wydanie  zbiorowe,  mtrya  II  tom  7:  Opowiadauia  i 
roKtrsiiaania,  tom  IIL  Krakow.  (873  8.  8.) 

TkniOWSkI,  St ,  Z  wakacvj,  tom  I  i  II,  Krakow.   Zupanski  i  Houmann.  I. 

Kiiow,  Moskwa.  Wilno.  (476  S.  B.)  II.  Prusv  krolewskie.  (318  S.) 
Iif<f|fr,  incb.  Wuft.  ?lbf.,  H\m\^  Sd)rc(fcn<^taiic.  2.  vb.  >>(.  \'M  3.  12. i   |,"vür  b. 

u.  ?trcimbc  b.  Wuit.  "?(b.      9.'r.  24.  ?^itrmcn.)  -  10. 
Topolnicki,  Jan.,  Mapa  do  dziejow  Polski,  wydanie  dnigie.  subwenoyonowane 

przez  Akademie  umiej.  w  Krakowie  .  .  .  Wieden.  Photolith.  foL 
SvMtttsit,  91b.,  .iKiinat^tanbe  b.  $Too.  9leftl)r.  ®eni.      ^ofmaim.  (16  &  a  «. 

2  finrt.'  -20. 

—  —  Jf)eimat«'tbc.  b.  ^^xoi*.  '■J^o]ti\.  (Ibb.  —20. 


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AltpivafliMlw  BihUognphie  186a  187 

Trttta,  M«g.  4  l  s,  Tbilo       Zur  Qeacb.  d.  ruas.'österr.  Kooperatiou  im 
Fddsnge  Ton  17^.  Nach  d.  vtm.  I>o1rainenten<>8Rminlfr'  d.  Oberst 

MansJowski  bearb.  Hannov.  Hel\snng'9  Vorl  (158  S  -^-r.  f^.)  l.  - 
S.,  Pies  w  przvsJowiach  poLskich  i  swrotacb  mowy,  zeatawil.S.  ü. 
(Odbitka  z  Omekuna  zwierzj^t).  Krakow  18Ö7.  (11  9,  8.) 
Vlaatiraki,  Bol.,  aokameilIty''kujaw8kie  i  mazowieckie  przowa:^nie  z  XIII. 
wieku.  (Odbitka  i  toma  IV  Arcbiwum  komisji  histor.).  Kraköw. 
(423  S.  8.) 

—  —  kilka  Tiwag  o  Statiitach  svnodöw  dvecezvalnvoh  krakowskioh  s  XIV 

i  XV  stulecia  ('0,1!..  z  t.  V  Arch.  Icot.i.  bist.)  Tamze.  {3'2  S.  8.) 
 Libri  formnlanini  seculi  XV  (Starodawne  prawa  polskiego  pomniki, 

:8^.  Cmcw,  (XYIt  126  S.  4.) 
Drknide  ü!).  I5»»richtigung  der  Gränze  von  Kurld.  ii.  Litt,  zwisdi.  d.  Ord. 

u.  dem  KoniL'^  v.  Polen,  zu  Kurczmi  im  J.  1535.  [^tzgsb^r.  d.  kurl. 

Ges  f.  Lit.  u.  K.  aus  d.  J.  1887.  S.  67-68.] 
Difcndenbiich  der  Stadt  Lftbeck  ...  8.  Tbl.  Lfg.  9  n.  la  Lflbeck.  (8.  $41 

bi^  m\  4.)  k  3.— 

Terhandlangeu  d.  gel.  estn.  Ges.  z.  Dorpat.  Bd.  XIII.  (Festschrift  z.  Feier 
ihr.  50 j.  Be8t«ili6iia.)  Dorpat.  (L«ipK.  Köhler  in  Comm.)  (436  a  8.  m. 

Taf.  I.-IV.) 

Tirckoir  üb.  Untsuchgu.  v.  Grab.  u.  Pfahlbaut,  in  Ostpr.  (nach  d.  Bericliten 

der  Prussia.)  (Verhdig.  d.  Bcrl.  Ges.  f.  Anthrop.,  Ethnol.  etc.  Stzg.  v. 

20.  (tot.  lss3.  S.  426-4'^o,l 
9iUr{,  ^ciu  H.  ?f.,  (Vicjd).  h.  Tt)d).  ditttcrorb.  tm  «ogtlanbe;  e.  a9<ttc.  ^ctmatöfbc. 

'^lamn.  ÄcO.  (V,  233  3.  flr.  8.)  3.— 
Wadllngton,  Alb.«  racqnisition  de  la  conronne  royale  de  Prusae  par  les 

TT-jheiizoUem.  Thfe»e.  Paris.  E.  Leronx.  (XV,  451  S.  gr.  8.) 

Wannlak.  Szkice  warminskit»,  nnpisal  Wanuiak,    (Odbitka  z  Dziennika 

poznaiiskiego).  Poznan.  (13  S,  8.) 
Sttf^aaer,  ?lrd]ii).  Dr.  ^1.,  bic  cnironif  bei  Stnbtfdirciber  von  ^oicn,  1.180—1752, 

in.  (iinl.,  -illnin.  i)Xi^c{.  hHu^:  :\mx.  b.  ^ift.  &t\,  f.  b.  ^mt>.  ^ojen.  IXL  M^d* 

5.  297--340.j  iJojcM.  >li>iuu,v  5.— 
Sekt;  ®cd.,  Tic  ni'"'"*^!'  Sieben  u.  boc  (\tfltt^  ?^prt  Dom  „bc)d)vdnftea  Unter» 

tacnucrftanb."  iTtidic.  ^>{ci»ue  13.  ^ahr-r  Tcfbr.  3.  HIl  ^2'?,' 
Wedelt  H.  Fr.  P.,  die  Herrn  von  W«del  iin  markiscli  LaiKiti  »ib.  d.  Oder,  im 

Herzogth.  Pommern  u.  im  Bisth  Camin,  1269—1848  (UrkondenbcK 

ir.  2).  Leipz.  Hemoann.  (119  S.  4.)  15.- 
ftcltmaan,  3taatdac(^iu.  Dr.,  b.  |)au^  b.  btjd).  Crb.  in  ^übed.  iStft^c.  b.  j. 

fiübecf.  Ökf4  u.  «.  «b.  5.  ®.  461— 464.| 
WtiQlbiel.   Die  Regulirung  d.  unteren   Laufes  der  Woidi.-^ol  (m.  Skizze). 

[Centrbl.  d.  Bauverwaltg.  8.  Jg.  S.  82-8:].  cf.  Btscho.  Bauatg.  No.23.J 
Beta«?,  b.  %m.  $ofen.  b.  Sanb  u.  feine  Seioo^ner.  Sredf.  ^irt.  (32  6.  8.)  --90. 
»crMe,  (Satt,  b.  ftaatiJrcd)tl.  liBljItiui.  %okn^  \  btjd).  9^uli  iiMlub.  b.  TOittdnlt. 

^rl.  Z-^-  1887.  (50  8.  8.)  ud.  Atjf^r.  b.  Ijifl.       {.  b.  'l»(t>D.  ^ojen 

8.  ^aim-  ®-  247  -296. 
WItnbIckl,  D.  dr.,  Zywot  i  dziabilnosö  Jana  Heweliusza,  a.stronoma  polskiego, 

skreiilone  ku  uczczoniu  200  tnej  rocznicy  jo^o  smierci  (posw.  JEx. 

Julianowi  Sas  Dunajewskiemu,  c.  k.  ministrowi.  —  Odbitka  z  tomu  VII 

z  Pami^tnika  Wydziala  filol.  i  filoi.-hi8t.  Akad.  umiej.)  Kraköw 

(.57  S.  4.  m.  Portr.) 
Wisla,   miesi^cznik   geograficzno-etnograliczu\'.    Tom  I.    Warszawa.  Sklad 

glöwnv  w  ksi-'garni  A.  Gruszerkiego  18'^7.    .{67  S.  i^r.  8.)  Tom  II. 

Rok  im^.  (<i  Hl.,  Wf>  S.  m.  4  Taf.  u.  AM-ildg.  im  Text)  cf.  Archh-  f. 

iflav.  Fhihil.  XI,  63.).  u.  Ktvartttlnik  hUtor.  I [F,  2(U  (ron  A.  Brückner.) 
Wllleck],  WI..  Przewodnik  bibliograflcznv  .  .  .  Rok  X.  -  1887.  Krakow. 

OebeOiner.  (XXIV,  S&2  a  gr.  a).  Itok.  XI*  -  188a  (XXIV,  290  a) 


1^  Mittheilangen  und  Anbang. 

Wo«ri*  Reisehandbftolier.  FOliivr  dweeh  KSnif^b.  L  Ottpr.  n.  Um- 

fehnnp:.  Mit  Pinn  d.  Stadt,  Knrt«>  v.  PraoM.  a.  EiMnbahnkute.  Wttnt- 
urg.  Woerl.  (18  S.  gr.  16.)  -öu. 
Wolter;  E.  A.,  Ob  etnogrnnczeskoj  pojeedkie  po  Litwie  i  2madi  letom  1887 

^oila.  czitano  \v  za^iflanü  Istorim  fil.  .Jiu^  otdieteoia  impittr.  Akad. 

Tiftuk  20  oktiabria  l«ö7  c.  Petersb.  löbi.  {ib6  S.  8.) 

 Lettira.  (Recensiooen.)  [Awsh.  f.  slav.  Philol  XI.  Bd.  S.  676—582.1 

Wotoch-RckowskI,  Fr.  v,  Versuch  e.  n»'si  Ii.  der  aus  d.  Landen  Bütow  u, 

Lauenburg  in  Pomm.  ßtammd.  Adelsgeschl.  v.  Wotoch.  v.  Stvp,  von 

Wrycz  n.  v.  Gynz  Rekowski  B«rl.  18OT.  SUrgardt.  (VII,  199  S.  8.)  86.— 
Zbi4r  prar  nank.iwych  2  d/i'-d/inj'  sztuki,  etnof::r!»lH,  lingwistvki  i  literatmy 

(Dodatek  do  Tygodiiika  powszechnego).  Warszawa.  (4tj  S.  4.) 
nMr  wiadomosri  do  antropologii  krajowej,  wyduwany  staraniem  komisyi 

antropologicznej  Akadeinii  nmiej.  w  Kiakowie,  tom  XIL  Krak6w. 

(IV,  91,  19  u.  261  S.  8.  in.  13  Taf.) 
Iktifi^ft  b.  m-  »ef.  f.  b.  '^voi*.  i^ofcit,  m^f^  b.  m.       f.  ben  ^^et^biftritt  au 

©rombcrg  ör^q   \\  Dr.  ^)^p^qcrp  iiniimv?.  4.  ^a^ig.  Ij^ofcn.  ^otowicj^  in 

apmm.  (2  551.,  4titi  u.  XXII  3.  i^r.  8.i 
 b.  3Jerein<>  f.  &c\d).  u.  'illll.  3rt)lciicni5  .  .  .  hx3-i\.  ü.  Dr.  K.  (9rfiiiffaf|CR. 

V^b.  22.  33rc<sl.  "^ilay,  Ä:  Co  3.       8.  m.  1  Inf.»  4.— 

^tttbonfcn,  (VJnmn.  Ve^r.  Dr.  Jr.,  üucllcntiuc^  ^.  bimibcub.  preufj.  (Scjc^.  S^cntunirbiflc 

Ihfunbcn  u.  £lueflenberid)te.  9krf.  1889  (88>.  9Ztco(aUd|c  9$fq«b(f)i).  (Xlv, 

^92  3.  \]\.  S.i 

Zjch|  i'r.,  Pawnhiriie  krzv/.aköw  do  Polski.   (Progr.-Beil,  «1.  Gvnm.^  Prze- 

m\il  1887,  (104  S.  8) 
Zjohlinski,  Teod.,  Zlota  ksicga  szlachtv  {)  Iskioj,  rocznik  IX.  Poznan  1887. 

Leitgeber.  (33U  S.  8.)  10.-  .  .  .  rocznik  X.  Ebd.  1888.  (330  S.)  10.— 


Äbrebbud)  b.  ®tbt.  u.  ^cftimn  Wronbcu.v  ?<ad)  amti.  Wiltbli^n.  j?«ifHt.  ©rftubcn.v 

(Mdbel.  (III,  44  u.  r.i.  X^Uw       8/  i}tb.  n.  n.  2.2'>. 
 b.         unb  M{c|ibcn,v"t.  .UüiiirtvHK'rii  {.  1«81».  M()»bg.  SKürnibcraer.  (298,  160, 

48  «.  96  3.  (\x.  Sj  }icb.  hflnr  n.  n.  8.— 
 b.  3tbf.  ^.'laricnbmj^  m.  (fiufdilnü  bcv  voiW.  (^Vinbo,  3u^^^lo^   ^lind)  omtl. 

3)Utt^lnn.  .^fgeft.  u.'  ^r«o.  u.  Dr.  Zaa.  :^iinberU(^.  ^ctmubuig.  vJpcmutpel.) 

(189  3.  qr.  H.)  i^eb.  haar  n.  n.  1.— 
 für  bic  3tM.  Jilfit  «uf  b.  3.  1889.  .  .  jrf«ft.  ».  J.  L.  Oehrmann.  Ziffit 

3.  3icJ)länber  &  ©0^11.  {2  "IM.  120       XVl  S.  8.) 
Il«t*lt,  ^ftul,  ^unjiMirt.  Gin  3d)oitip.  in  4  ?fiifj.  ^fe  Wjc.  i\cbr.  .  .  Äiflobiv  Cftpr. 

;^t;ic-.   II.  ÜBcvl.  Tr.  (55  3.  »iv.  8.) 
Appel»  Carl)  Provenzalische  Inedita  aus  Pariser  Hand^br.  brsg.  Leipzg.  Faea'a 

Verl  1890  (89).  fXXXn,  m  S.  8.)  8.- 
—  —  rEnsei^noiiu  iit  dl- ßarin  le  nniii.  [Revue  des  langues  romanes.  Juill.  bis 

Sept.]  Der  proveozai.  Lacidarius.  [Ztschr.  f.  roman.  Philol.  XXU.  Bd. 

8.  as»— 252.1  Reo.  [Ebd.  XII.  Bl  8.  688—540.  Literaturbl.  t  germ.  u. 

rom.  Phil.  10.  Jg.  No.  S.] 
Itttnoli,  $ranfl.i  ^o\).  (^co.  .^Yamann.  ^luvumlil  ouo  feinen  ^öiicjcn  u.  3d)iiftcn,  ein; 

gel.  M.  <rf.  wott  Dr.  ?^rnnr(.  9frInob,  %-\oi  Ter  „5^i6Holbef  tljcDl.    In jfifct", 

11.  S5b.  («otbn.  <pcit[)ec'.  fleb  2.10,  im  ^>lbonncincnt  2.  - 

Hiaiii«,  WuMüM  uniis  i^iuraneiL)  Unlet  bcn  Zxoptn.  [Uitfm  S^^U  ^vdfl.  0.  ^vbr. 

Jöiciumaiiii.  11.  -tift.] 

»«♦lilfiti?  SScvqauflcnbeit.  3.  7bt.:  Tilfitci  iicb.  feil  b.  ^^vcibcit-jfrteflen  II.  (1848— 186ai 

2.  ?Tu-?(i.'  Tifiit  1890  i89i.  Üoim]].  (IV,  244  3.  8.i  1.60  .1-  3-  t,.  5.  1 

liaacke»  J.,  e.  Fall  v.  bvdrenrepholocele  m.  amniotisch.  Verwachsungen. 
I.-D.  £bg.  (W.  Koch.)  (19  S.  gr.  8.  m.  1  T^)  baar  n.  -80l 


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AltpronBiMh«  Bifaliographia  1880.  189 

fiabaclke,  Gymn.-Dir.  Dr.  H.,  zar  Erinnerg.  an  d.  Uebsiedelg.  d.  Alist.  Gvmn. 

za  Kgsb.,  Pr.  in  d.  neue  Schnlgebftude  am  9.  Apr.  1880.  Fesfeeenrilt. 

fBtil.  z.  Ostorprofrr.   Kl»«;.  Härtung-  i47  S.  4) 
 Weiteres  üb.  Dialekt-  u.  Gaugrenzen.  [Jahrb.  d.  V.  f.  nieUerd.  Spr.- 

Powrhgr.  XIV.  S.  9— IS.] 
Qtil,  C'  if.  Vxv'.  Dr.,  iiutbob.  l'eitfob.  f.  b.  lliitcrr.  iu  b.  ^^at  ;  .  .  ^ntantf. 

l.  ^it.  10.  VI.  \!cipA.  A-ueö.  iVIII,  144  S.  flr.  8.  m.  4>oliidjiu  unb  2  %a\.) 

3.  €>ft.  6.  %  (V,  174  S.  m.  i-tol.Mdiu.)  k  n.  n.  1.25. 
 laiidbe.  ^inetalogic  ...  6.  Ii.  Gbb.  (VI,  106  @.  mit  ^f^^it.  it.  8  Xaf.) 

n.  n  1.15. 

 Taficlbc.  8ooloflif-  •  •  1-  i>ft.  7.      (VI,  194  3.  iii.  Jpi't^n.)  2.  ^ift.  4. 

;VI.  210  3.  nt.  i^)d)n^  k  n.  n-  1.60. 
Balfzer,  M.   Danzig)  Reo.  (DT.Z.  7.1 

Bartkowskl,  Wladisl.  v.  [aus  Wcijtjjr.j:  Beitrüge  z.  Enucleation  des  Bulbus. 

I.-D.  Greifsw.  (28  S.  8.) 
9tttfd|.  (Stjrftn..  Tfltmt  ^iBnffnt   ^»Jclobiccn  lilau.  i^olKMicber  flcjomni.  ii.  iu.  Tcjt' 

iib)^.,  Unm.  ii.  ^iukit(^.  tnt  '^ujtr.  b.  Hitau.  litL  (^ei.  ^risg.  2.  XcU.  ^eibelb. 

SKtttor.  (XV,  804  @.  flr.  8.  m.  8  Xof.)  6.—  (1  u.  3:  11.—) 

Bai-  a.  KnnsfdotikniSlor,  die,  der  Prov.  Weatpr.  .  .  .  Hft,  V.  Der  Kreis 

Kn\m.  Mit  8<)  in  d.  Text  gedr.  H(»lzsrlm  u.  11  Kunstbril  Danzig  188''. 
(Jkrtlidg.)  (2.  Bd.  VII  u  l-9t  gl.  4.)  Hft.  VI.  Der  Ki-eis  Thorn 
m.  Aiisscbl.  d.  Stdt.  Thorn.  Mit  70  .  .  .  IIolz.schn,  ii.  6  Konstbeil. 

ebd.  1889.  (2.  Ba.  YU  n.  S.  'X^-2<H.)  baar  A  fi.— 

BMck,  (Gumbinuen.)  Her.  [N.  jahrbb.  f.  philol.  u.  päd.  140.  bd.  8.  135— 143.J 
9nn.  rwfts  w.  ofhw.,  ...  7.  ^nlnq.  -Tnn.vii.  Dr.  ^.  jfefjmattn.  (6  9Jm.  (5*.)  (jr.  8.) 

hau  1.20. 

Baamgarti'tiy  Prof.  Dr.  P..  ^littblg.  üb.  einige  da.s  Cieolin  betr.  Versuche 
[Centralbl.  f.  Bacteriolog.  u.  Purasitenkde.  2.  Jg.  5.  Bd.  Nu.  3  u.  4.] 

Bwker,  Gymn.-L.  Dr.  Heinr.,  Die  Brnhinftn«!!  in  der  Alexandersaffe.  (Progr. 

<]  Kp;l  Fricdr.-Kolleg.)  Kl»g.  Härtung.  S  4.)  (Loipz.  Fork)  naar  n.  1.-- 
$c<I^<rra,  3d)offci'e  (iljronil  ü.  SJaitcnburfl.  Sinficnbiv  Moioal^ti  \pO  3.  Ö.J  1.— 
B^genaon,  Oberl.  Dr.  Hetnr.  ( Allenetein)  See.  IN.  jahrbb.  f.  philol.  a.  pftd. 

140.  bd.  S.  309-314.  Zt.schr.  f.  d.  Gymn.-Wes.  i:i  Tg.  S.  158—67.] 

lehrendtj  Franz  (prakt.  Arzt'  [an»  Dombrowki  n,  Vrov.  Wpr.]:  üb.  e.  compli- 
cirt.  Fall  von  Beckenlractur.  I.-D.  GreilöW.  {ßü  ti.  8.  m.  1  Taf.) 

lelow,  Prof.  Dr.  O.  v.  (Kgbg.):  Ree.  [Gott.  gel.  Ans.  1.91.  DLZ.  48.  62. 
Mittril<rn.  nns  d.  lii.st.  Litt.  XVII.  Jg.  S.  210-212  (geg.  Dr.  Jastrow. 
cf.  Gegouerklüruug  v.  Jastruw  S.  212)  1G3— 65.  Du  Ztdcbr.  f.  Ge- 
sehiehtsw.  I.Bd.  8. 448-48.  @t)bftö  ^ift.  ;^tjd]r.  9?.  %  25.  »b.  6.  802-8041 
313-14.  26.  m.  353-  55.  370-71.  27.  öb.  3.  294-311.  337.  3(JO~61, 

Bdtz,  Adf.  f]  r.  Av'/A  SMS  Krojanke  i.  Wpr.):  rar  B«hdlg.  d.  Keaohhiutens. 

L-D.  Greiisw.  (37  Ö.  8.) 
9tuit,  nwü.  $rof.  Dr.  Sertbofb,  bie  Xeid^iuirtft^ft.;  ptaft.  9(nlcituu(|  ^.  9(n(aae  o. 

Icirfj.  u.  bcr.  'ihiH  bdi.  ;^t^*  n.  flx(b^nd){.  2.  unoctfinb.  9(ufl.  3»U  80  in 

b.  Tfrt  'lebr.  9(l>Wibn  ^^ai.  %hw\).  (VIII,  128  S.  8.)  qcf».  1.75. 

Uericht  d.  VorstelifcrauUe»  d.  Kanfmsch.  zu  Kglg.  üb.  d.  J.  188H.  Kbg. 

Härtung.  (VlU.  '91  S.  gr.  8.) 
 üb.  d.  27.  Gesaratstzg.  d.  «r.  botan.  V.  zu  Grandeiiz  2.  Okt.  1889;  er- 

atatt.   V.  Dr.  Abromtiit.    (Ans  „Schritt   d.   phvs.-ök.  Ges.  z.  K.bg.j 

Kbg.  Konh.  (80  8.  4.) 
Sctiibte  bi5  rrijt^etei^ScYein»  b.  ißmo.  Oft::  u,  mp^.  1888/89.  IRcb.  »•  Dr.  fpotu 

ciuiuv.  (4  9Zm.  4.) 

Bolhold,  Prof.  Dr.  E.,  die  erst.  10  Jahre  der  Myringoplastik  nebst  Angaben 
verbess.  Methoden  z.  Heilung  t.  «lt.  Löonem  im  TroamMiftIL  Barl, 
fiindiwald.  (44  8.  gir.  a)  l.>* 


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190  Mitt4ieilaDgeQ  und  Anhang. 


BerUlllf ,  Archidiak.,  Dt.  Ord.  u.  Preaß.{MAlt.l  (Jahresbonchte  d.  Gesf  1  i  1  rsw. 

9.  Jff.  1886.  II,  IH9    1.tr).  in  .TiT.  la'^T.  ll.  I4r,-li9.)  Ost-  u.  Wpr.  i. 

d.  NZ.  [ebd.  9.  Jt.  III,  45-5Ü.J  Preu-sseu  ^okal)  [ebd.  10  Jg  III,'47-Ö1.J 
Band«  F.  W.,  Untaucngn.  üb.  d.  Länge  d.  einfach.  SecundenpendeU,  lirsg. 

V.  TT.  Bruns.  Leipz.  Engflnüuni.  fl71  S.  8.  m.  2  Tai.)  [Ostwai^ 

Klassiker  d.  exakt.  Wissensehita.  Nr.  7.J  3. — 
Be»e»il)orper,  Prof.  Dr.  Adalb ,  Die  kurische  Nehrung  u.  ihre  Bewohner. 

Mit  1  Karte  u.  8  Textillustr.  Stuttg.  Engelhom  (140  S.  gr.  8.)  7.B0. 

[Forschen,  z.  dt.  Lds.-  u.  Volkskde.  lirsg.  v.  Dr.  A.  Kirchhoff.  III.  Bd. 

Hft.  4.  S.  161-300.] 

—  —  Benfey,  Thdr.,  kleinere  Schriften;  nnspjew.  u.  hrsg.  Gedr.  m.  ITnter- 

stUtzg.  Sr.  £xc.  d.  kgl.  pr.  Hm.  (Jultmin.  u.  d.  k.  Ges.  d.  W.  zu 
Gotting.  I.  Bd.  1.  u.  2.  Abth.  Berlin  1890  (8d).  Rmitlier.  XL,  849  imd 
200  S.  gr.  8.  m.  Portr.)  22.— 

—  —  Beiträge  z.  Kde.  d.  indogerm.  sprachen  hrsg.  XV.  bd.  Gotting.  Pepp- 

müller  (2  Bl.,  350  S.  gr.  8.)  baar  10.- 

—  —  Oriental.  Bi1'iiof;r.  unt.  Mitwirk«^.  v   Dr.  A,  Bexzenbeiger  hiag,  TOW 

Dr.  A.  Muller.  H.  Jg-  Bt;rl.  Reulhtu-. 

—  —  Beuierkungrn  za  W.  Nehring,  ein  alt.  denkmal  d.  lita«.  Sprache 

(Seidenband  m.  eijigewclit.  lit.iu.  In>^c}ir.  de  1512.)  [Beitriipe  z.  Kdo 
d.  indogerm.  spr.  15.  bd.  s.  141  —  148.1  zur  lettisch  dechuation.  [ebd. 
8.  S94-a01.]  fiec  (BLZ.  a  86.  40. 

BMiATf  Hneo,  de  Sfnibonis  studiis  Horaericis  capita  seitoctB.  Diaa.  inmag. 

Q«dAaL  (Kbg.  Koch.)  bß  Ö.  gr.  8.)  baar  n.  1.60. 
MmeiKSeitttiti,  «»reugifd^e  .  .  .         i>.  %      9an\^,  9?.  ^.  18.,  olte  ?\f.  36.  ^ 

Biinbauiiii}  £d.,  Ohauuca-Melodio  „Mads  Zur"  n^OJ*  Pianoforte 

bearb.  Kbg.  Bruno  Meyer  &  Co. 

Blof^  J.  C,  Stadtratb  a.  D.,  Jeremias  Falck  sein  Leben  n.  seine  Werke  nu 
vollständ.  alphab.  a.  chronol.Begi.st.  säinmii.  Hlaff  si  iwieRoproductionen 
nach  d.  Künstlers  besten  Stichen  hrsg.  Danzig,  Leipz.,  Wien  1890  (89). 
Hinstorft's  Verlgsbchh.    (3  Bl.,  262  S.  gr.  8.)    25.  — 

Boettcher,  Realgymn.-Dir.  Dr.  Carl,  u.  Zeichenlelirer  Adf.  Freytag,  Hand- 
Karte  V.  Mitteleuropa.  Für  d.  Unterr.  in  «1.  mittl.  n.  neueren  Gesch. 
1:5,320.000.  Chromolith.  gr.  FoL  Leipzig.  WagiK  r  &  l)el)e.^.  baar —80. 

—  —  Wandkarte  v.  Mittel-Europa  .  .  .  1 : 1,060,000.  9  Bl.  Chromolith.  Imp.- 

Fol.  baar  13.50,  auf  Leinw.  m.  Stäb.  22.— 
BVtteher,  Oberl.  Dr.  IL,  Sliakespeares  Julius  Caesar.    ^8.  Jabraaber.  d. 

Gymn.)  Graudenz.   Eöthe.    (S.  3-26.  4.) 
Borowski,  Oberl.,  F.  W..  Fragen  z.  Erkläre,  d.  dtsch.  Gedichte  unseres 

Kanons.   I.  Teil.  .  .  .  (Heil.  z.  Progr.  o.  K«  katb.  Qymn.  ssa  Cnlm). 

Danzig.   A.  Müller.   (14  8.  4.) 

Braeuj  Cort,  üntsuchgn.  üb.  d.  Degenerationserschgn.  pathogener  Bakterien 

im  deetaiirt.  Wasser.  I.-D.  Kbg.  (W.  Kocli.)  (62  S.  gr,  8)  baar  n.  1.— 
Branaer,  Hugo,  Beitrüge  /.  Behdlg.  brandiger  Brüche.  L-D.  Kbg.  (Koch.) 

(28  S.  gr.  8.)  baar  n.  —HO. 
MmttA  i*rof.  Dr.  jnr.  "Sil^.  d..  5^te  Jyoltien  b.  ^.inwiaeifl.  h.  öflww^.  fln^I.  Jröuimfl 

nnd)  (Sinaehg.  bcr  (iipilcbe  im  (yelti^ebercit^c  b.  preuft.  vltlg.  Übrcd)!>^.  ["J^ci 

tta(ic  v         b.  bt.  JRd)t*.    4.  g.  3.  ^^ii.  5.  769—802.]    Die  Aut  l.ebg.  d. 

Leiheigensch,  durch  d.  Gesetzgebg.  Frdr.  d.  Gr.  n.  d.  Allg.  Pr.  Ldr. 

[Ztschr.  d.  8avigny-Sfii<s  f.  Reclitsgescb.  (Germ.  Abth.)  10.  Bd.  S.  24  -62. 
Bmanemann,  Dir.,  Dr.,  die  Elbiuger  höh.  Bttrgersch.  1841—45.   ^Progr.  d. 

städt.  Realgymn.).   Elbing.    (S.  I— X.  4.) 
Blttner,  C.  G.,  (Miss.-Insp.,  Sem.-Lehr.,  Dr.)  Ztachr.  f.  afrikan.  Sptacbab 

hrsg.  3.  Jg.  4  Hfte.  gr.  8.   Berl.  Asher  &  Co.  baar  12.— 
 ^  etilen  iHeifen  if.  <Sui«)iAem  fn  unf.  fflbtoeftafrit.  €(^ii|8eUct.  [St  ibio« 


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Altpreaßiscbe  Bibliographie  1889. 


191 


iria^eito.  92.  t^.  2.  ^fl.  18.]  Di«  erat«  Reifte  e.  Snropiert  luteh  Dtaumi- 

land.  '  [Ztechr.  d.  Ges.  f.  Erdk.  24.  Bd.  S.  2B9— 246.]  Zur  Grammatik 
der  BaJubasprache.  [Zt.schr.  f.  afrik.  Sprachen.  Jg.  II.  S.  220-33.] 
Chuo  cha  utenzi  [Ebd.  S.  241-64. |  ^lu^  b.  mi\\\on  b.  &q\v.  !Dic  «w. 
«Jimon^fici.  f.  Tt.  Cftofrifo  \^t\äiv.  f.  aKiffionv^fbc.  ii.  SHlfl^ro.  4.  3g.  2.  ^-l- 

8s|ttf»  f^Mtinn.  rbcvf.,  Dr..  bn«  (5i>mTni»ipniim  bei  i.'iiiibv?bcputirlcn  b.  'ilJroü.  'iJJreuf;. 
u.  iiiiuui.  in  *ikiUu  im  3-  i'^^l-  aUk}.  Xiuil  u.  (i.  ^Ha^tel^)crg.  (^IX,  128S.fol.) 

9«)tA4lt«lkrfl,  $t).  ;^r.  u.,  i^rifi  d.  ^arcn()eib'9«tinu(iNn  .  .  .  iSfne  SeBen^ffi^e. 

flb].  IB'.M)  s<»,.  ((Sirdfc  *  Ui^ct.;   (27  3.       H.j  baor  u.  n.  1.50. 
Bwelty  Prot.,  Dr.,  G.,  Diodors  Verhältnis  zum  Stoiciamos.  [Neue  jahrbb.  f. 

phüol.    139.  bd.  8  297-31B.] 
Oifdler,  Gust.,  die  wichtigst,  aus  dem  GriechiBch.  gebild.  Wort,  (moto  M- 

vante^  d.  franz.  u.  engl.  Sprache  zagest,  n.  otymol.  erkl.  L  TeiL  (Progr. 

d.  Stadt.  Realprogyuiu.)  Gumbinn.  (S.  1—24.  4.) 
(hnttth,  Gymn.-Dir.,  Dr.,  Otto,  Quollenstud.  Et\tnologieiim  Gndiannnt  ft  Tb, 

D;\ii/i^  (Pronfr.  d.  stiult.  Gymn.).    i  l6  S.  4.) 
CMebowiiki,  (Brauu.sberg,  Ostpr.),  üb.  «1.  berücksichtigg.  d.  etymolog.  u. 

histor.  momeote  beim  unterr.  im  Fraozöaischen.    [Nene  jabrbb.  f. 

pliil-.l.  u.  pädag.    140.  bd.  s.  52«  545.1 
Ghnn,  Carl  ^Kgsbg.  i.  Pr.),  üb.  die  Amphipoden-Familie  der  Scinidae  Stebb. 

(Tyronidae  Bovallius,  Fortanatae  Chan).  [Zoolog.  Ans.  12.  Jg.  No.  906. 

W^.l]  '1  Männch.  ilcr  Phroniraa  scdont.ma.  nebst  Beroerkgn.  üb.  d. 

Phronima-Arten.  [ebd.  812.1   Bericht  üb.  e.  nach  d.  Canarisch.  Inseln 

im  Winter  IdHT/W  ausgefdhrte  Heise  (hienni  Taf.  III.).  [Sitzungsber. 

d.  k.  pr.  Akad.  d.  W.  /u  BrrÜn.    No  20  :^0.  S.  519-553  ] 
CUftcnü,  Ü.,  curop.  3taate-:öaiH)cn  ald  Siorioiieu  j.  (inncvnv^  3tiderci.  Alitnftblätt. 

in  ;yarbenbr.,  ncbft  etffiut.  Tejft.   1— 10  Vf^i,  qu.  i]r.  4.  (jV  1  forb.  Xof.  u. 

1  tejftblatt»  Trcc-b.  i\  (^nttiibron».  a  I  äO. 
 Tie  ^K^Appen  b.  fdjwcb.  u.  finnliinb.  X.'bid)(tn.  '^»vouinjcn),  l'nnd  l^Hegierq^bc;.) 

u.  Ätöbtc  (\c:^eidin.  u.  bcfd)vieb.  [Ter  biid)o.  .C>cioIb.  XX.  IVr.  1.  H.  tu.  Taf.i- X.] 

^ü4*  'iüioppcii  b.  Wrnicn  i\  ^i'^aiabuiii  im.  \ni>bilbti.i  [ebb.  "Är.  6.)  üb.  @lübtc* 

tDöpp<n-liBcmuiininf,cn  'ebb.  '!  ■.    'i'cnn!)d)tciJ.    [ebb.  2.  3.| 
|Cl«binl|,       5u4)cniU.  a.  I.  u.  ^^^laiv.  ^lubiiiö  in  Sitjeiii,  f  9-  ^^^>»-  *'^^c= 

frolofl.l    [Gü.  Wembbl.  Dir.  4.  <Bctl.  3.  22.  | 
UUm,       i'..  b5c  «rüber,  c.  tunbiulicr  JHomnii.  t5ulttirblilb  au«  b.  13.  ^o^r^.  2  S^c 

Taiutg  lö90  (89).    .•oiiifiüiif.    (324  u.  2«7  S.  8.)  9.—  ocb.  10,60. 
OMUni«  Georg,  Gerichts- As.<;.  i.  Königsberg.    GeneaL  XL  mogr,  Kotizen  üb. 

o.  ostpr.  Familie  vom  Wenit  r  I.   Marienwerder.  Druck  tu  YerL  der 

R.  Kauterscben  Htbchdr.  (42  S.  gr.  8.) 
OMirtBte,  üb.  Thyllen  nnd  ThylleniUim.  Bildangen,  vornehmlich  im  HoIm 

d.  Bersteinbäume.   [Ber.  d.  dtach.  botan.  Ges.  YII,  8  ] 

ICtpemlkni«!,  Wf>lyi'i.'<T<i  Artnrdr.,  Brevi  notizie  sull"  inipiantodel  mnseo  Co- 

pemicano  ed  astrunomieo  a  Roma,  Bologna,  Societa  tipogr.  1887.  (32  S.  4.) 
—  —  Direzione  del  museo  Gopemicano  eif  aetronomieo,  n.  4.  Roma,  Ii  7 

L't-Miiaio  1888.    (3  S.  4.) 
CoroUl.  Prof.  D.  Carl  Heinr.,  die  siebzig  Jahrwochen  Daniels.    [TheoL  Stu- 

oien  n.  Skizzen  aus  Ostpr.  .  .  .  Bd.  II.  Kgsbg.  S.  1—88.]  anch  eep.: 

Kgsbg.  Härtung  (32  S.  gr.  8)  l.~ 
Crlger,  ilaXf  (pr.  Arztj  [aus  Pustnick  in  Ustpr.j:  üb.  d.  Pott'sche  Seifcenlage 

bei  Obereebenkelfraeturen.   I.-D.  Oreifswald.  (24  8.  8.) 
€vtlM,  Georg,  (ajfprob.  .Arzt  au.s  Gninib  n/    Svrn|  Tome  u.  Aetiologie  d. 

Wanderleber  im  Ansr  lil.  au  e.  solclieu  Fall.  I.-Ü.   Halle  a.  S.  (47  S,  8.) 

Certie,  M.^  üb.  den  .,liber  de  similibus  arcubus*'  des  Ahmed  beu  Jusuf. 
(Bibhotheca  mathem.  Zeitschr.  f.  GeH(  h.  d.  Math.  hrsg.  v.  Gust.  Hoe- 
st röm.  N.  F.  3.  S.  15- in.]  Ree  [DLZ.  6.  11.  88.  Ztechr.  f.  Mathem. 
tt.  Phys.   84.  Jg.  S.  U7-149.J 


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193  Mittheilangen  und  Anhang. 

Czaplewski,  Eug.,  Untsuchn.  üb.  d.  Immuiiitiit  der  Tauben  gf^gen  Milzbrand. 

1.  -D.    Kgsbg.    (Koch.)    (29  S.  gr.  8.)  baar  1.- 

—  Zur  Anlage  bukteriolog.  Museen.    (CentTalbl.  f.  BacfcerioL  o.  Pata- 
siteiik<le.    6.  Bd.  No.  15.] 
9§i4tt,  Cb.  3taatoaim>.        in  .^in^Hui.,  5(rnfre(^t  u.  3tra|prfl^g:  e.  £ammlfl|.  b. 
luichtiflfJ. .  b.  3trahct!n  ii.  '  b. '  irUafyfnt)v.  betr.  Qkff|c  .  .  .  4.  tt.  SBcrf. 
Sä.  ajiüUcr.   (XU,  773  3.  8.t  geb.  7.25. 

 ^b6Ä.  b.  ©trofMUftrcd^.  u.  ISkfoiiftvioallg.  tn  ^r.,  ^rtfl.  t>.  V.  ^alde  u. 

^  (^hcl^,n1cr,  Staotöan».  in  9RaTictttDctbcr.  3.  91.  Cbb.  (XII,  383  €. 
qi.  8.1  b.50. 

DaaillS,  R.,  ^panzig)  Ree.  (Mitteügn.  a.  d,  hist.  lit.  17.  Jg.  8.  17S— 76.] 

Delllo,  G.,  die  Basilica  d.  heil.  Martin  in  Tours  n.  ihr  Einfluss  auf  d.  Ent- 

wicldg.  d.  kirchl.  Baut'ormen  des  M        [Jahrb.  d.  k.  pr.  jK-atiBtsammlgn. 

10.  Bd.  1.  Eft.   Berlin.   Orote.   Fol.]  Ree.   fDLZ.  8.  33.  38.] 
2>cl«ar,  (iva,  im  3(t)ucUiUi^.    Tair,i  i,   iMiiftorff^  il>crl.   (28  3.  IC.)   —  00. 
Dembonigki,  Ol.erl.  Dr.  Jobs.,  Mifteilgn.  üb.  Gootlie  u.  s.  Freundeskreis  aus 

bish,  luiveröffentl.  Aufzeichngn.   d.  gräfl.  Egloftatein'sch.  Familien« 

Archivs  zu  Arklitten.    Lvck.    (Wiehe.)       Q,  4.)  baar  1J60. 
Denlcke^  H.iny  (MuHonw.)  eini<rf  brrnnrkgn.  Wh.  we.HPn.  wert  u.  anwendg. 

d.  fragend.  lt*hrmuti,udo.  [Nimu"  jalabb.  1'.  ^iiilul.  u.  päd.  140.  bd.  s.  71—85.] 
9nmV  mä)\  "iBlätt.  ^  Söcförbenv  b.  um.  rcliiv  Ücbcntf,  tii^ci.  u.  ^.  3(t)ulpti>.  ^al^ig. 

1889.    .;^nftcib.  .{uut.  '^'ndii    12  llfrn.  A  »  4       qv.  8.)  bartr  1.20. 
I>euit2)  Dr.  U.,  wosi-  u.  centralarnk.  Tagschmetterlinge    Mit  2  Tal'.  [Ans 

.Entomol.  NaehrichW*]  Berl.  Friedländer  *  S<din    (12  8.  gr.  8)  2.- 

—  —  HUtiBkanimenvände  siluH^rluT  r'<  jib.iI<)]M idcii  [Z'n  1.  .A nzt-ig('r  No.  .902  j 

Die  aelbstdge.   Forlbewci^g.    dfjr  Blutkörperchen  der  Ulioderthier«. 

INatnrw.  Enndschan.   4.  Jg.  18.] 
Dewllx,  Dr.  J.,  Gt. still  tür  Objektträger  bei  Seriettschnitten.  [Arch.  f.  mi- 

kroskop.  Auati>raio  H'^.  Bd.  S.  41t>~lÖ.j 
SffWr#.  t»..  c.  ^iioiltiii  itad)  ?lnbdrra.  [mobn«  55.  IBb.  9h.  7—10.]  9m  Cim 

nad)  ^tlciitccit  u.  ^üicntoiirv^  |^bb.  20-28  ]  '.Btlber  au^  3t>oitiat«  JjimamM'' 

[3oiminiv?bl.  14  b.  S\i]<sbc[.  i^arU].  l]U;\.  i\  7.  'i>lpr.| 
hinter'«,       6b,  nitc^(]ciunl)ite  ^uibai^mv  3d)iittcii  .  .  .  lji£a.  u.  üc^r.  i\ibr.  3<ibet. 

2.  "m.  2.  91.  l'aiiqciifal.vt.  tkxiyvx  A  Safjttc.  (X,  470  S.  gr.  8.)  8.B0. 
r^^ibllütbef  ^vibaiio'i  Srlaffifcr.    19.  iSb.] 

DIttricli,  Prof.  Dr.  1  ranz,  Reo.  [Histor.  Jahrb.  d.  Gcrros-Ot      X.  Bd.  S.  98 

bis  IIG.  .S89-  98.  ^^13-24.) 
Dlitrlcb.  TT nu.s  'aus  Dt.  Grone):  üb.  Swkrankheit.    I.-D.    J.:-n:i.    ;2^^  S  8.) 
IlobCKyiiski,  Jicrnh.,  KX)  Fälle  v.  Gvariotoniieeii  atis  d.  „ynakolog.  Uuiversit.- 

Khnik  zu  Kg«bg.  .  .  .  I.  D.    Kbg,  (Kr.rh.)    (815  S.  gr.  8>  baar  n.  1.- 
Doege,  Max  (a|iprol)  .Arzt  au-^  Dt.  Prone^  e.  Fall  v  Nierenexstirpation  nach 

subcutaner  Verletzg.  der  i>iiere.   l.-D.    Kiel.   (23  S.  8.  m.  1  Ta**.) 
INHirlBr.  Walt,  ttb.  d.  lokal  Einflnse  der  Kälte  n.  Wärme  auf  Haut  xu 

S  I.Ieiinhäut»;.    I.  D.    Kbg.    (Koch.)    (42  S.  gr.  f^)  b.uir  n.  l  - 
Dobra,  i'rof.  Dr.  R.,  Geburtshilfe.   tJahresber.  üh.  d.  LeisUru.  u.  Fortachr. 

in  d.  geemt.  Med.  98.  Jg.  Ber.  f.  d.  J.  1888.  IL  Bd.  8.  Abt.  8.  716-8L] 

—  üb.  d.  i-latff  n.rki'it  (Allgern.  dt.  Ilcbaininen-Zti;.  Jg.  III.  No.  H.] 

^arhritung,  lanötiMrtl^jdiftl.  .  .  .  2b.       kb^  ^t^a  in  iiomm.  (52  ^xa,  4  Vi  ^ 
4.)  Sütertelj.  baai  n.  n.  1.— 


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Die  Begründung  des  Deutschen  Reiches 

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Heinrich  von  Sybel. 

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Verlag  von  Ferd.  Beyer'«  Buclihandlung,  Kuuig&berg  in  Pr, 

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und  landwirthschaftlich-botanischen  Garten  der  Universität  Königsberg  in  Pr. 

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mit  einem  Jf*J»^f''"'Ie-   preis  5  ITIarf. 


BflT  Heft  3  u.  4  erscheinen  als  Doppelheft  Ende  Juni. 

Die  Herausgeber. 




Altpreussische 

Monatsschrift 

nene  Folce. 

Der 

ITeuea  PreussischGU  Pro viazial- Blätter 

vierte  Felre* 

Herausgegeben 

von 

Rudolf  Reicke  und  Ernst  Wiehert. 


.  Der  Monaisschrifl  XXVII.  Band.   Der  Provinzialblätter  LXXXXIU.  Band. 


Drittes  und  viertes  Heft. 
April  —  Juni  18fK). 


Kttni^sberg  in  Pr. 
Verlag  von  Ferd.  Beyer's  Buchhandlung. 
1890. 


Inhalt. 


Samaiteu  imd  der  Deutsche  Orden  hin  zum  Frieden  am  Melno- 

Sce.  Von  Dr.  Robert  KrumbhoUz.  (Schluß)  .  .  .  193—227 
Zur  Beurtheiluug  von  Kantus  Kritik  der  reinen  Vernunft  und 

Kant's  Prolet^tmiena.  Anhang;  No.  8.  Von  Kini!  Arnoldt  228—314 
Der  Rittc'iorcitiii  von  Caiatrava  in  Tyiuau  bei  Mewe.  Von 

I>r.  Romuald  Frydrych owicz   815— 32Ü 

öprachliclu'  Beiiicrkunj^eii  zu  <lt  n  Drei  Koiiigsberger  Zwibclsen- 

spielou  vuii  1014.  Von  Johaiiues  8embr/ycki  .  .  .  321 — 325 
Diolectische  Kuthsel,  Reime  und  Alarcheu  aus  dem  Ermlande. 

Von  A,  Treichel   326—382 

SpracliliGhe    Ueberbleibsel    ans   der  Fnmaoeeiiieit.  Von 

A.  Treicliel   8SS-886 

Ostprettftiscbe  SagMu.  MttgetheiU  von  H.  Frisch  hier  .  .  .  396— W8 
Zu  den   Königsbei^^  Zwiachenspiden  von  1644.  Von 

Johannes  Bolte   349-361 

II.  Kritiken  uud  Kcfiprate. 

Paul  Nerrlich,  Jean  Paul.    Sein  Leben  und  seine  Werke. 

Von  Dr.  Arth.  Jung  

Dr.  Jan  ByetroA,    Xatechism  Ledesmy  w  prsekhdsie 

wschodnio-litewsldin.  Von  Semhrsycki   860—861 

Maurjcy  Stankiewiez,  W  ^irawie  gromadzenia  materyatow 

do  dnejöw  Pifaiiennietwa  Litewskiego.  Von  Sembrsycki  961 
Karl  Lohmeyer,   Hersog  Albrecht  von  PreoBen.  Eine 

biographische  Skisse.  Von  Fischer  961-363 

Alterthrnns-OeseUschaffe  Frosaia  1888    868-380 

III«  HiniieUiwreM  mmä  AidMiir. 

Ünivertttüta-Chronik  18S0   881 

AltprenJUsche  BibUographie  lß89    882-584 


Alle  Reclile  bleiben  vorbehBiten. 

Herauageiier  und  Mitarbeiter. 


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;'   AUG  19  l>^üu  / 


Samaiten  nnd  der  Deutsehe  Orden  Ms  zum  Frieden 

am  Melno-See. 

Von 

Dr.  Roller!  Kmnilil&oilz. 

(SohluA.) 


Om  OrdeiM  vergebliche  BemQhungen  am  Samaiten's  WiedertrwMt 
und  deflnitivar  VeriMit  danmf  1409-1422. 

Des  Ordens  xOgerode  Politik  gegen  Witold  nnd  Samaiton 
flctuen  durch  Wenzels  Aassprach  gerechtfertigt  ssn  werden.  Am 

8.  Februar  1410  wurde  zu  Pra;:;  von  Wenzel  entscbiedeu,  daß 
Samaiteii  auf  Grund  der  deni  Onleu  vcrlieliouen  Pri-sdlegien 
diesem  zuzusprechen  sei,  daß  Jagiello  und  sein  Keich  niemals 
jemand  unterstützen  sollte,  der  dem  Orden  diesen  Besitz  streitig 
ninrhen  wiU|  damit  aber  der  Orden  faktisch  dies  Land  erhaltCi 
soll  es  snnftohst  von  dem  augenblicklichen  Besitzer  einem  Bevall- 
michtigten  Wenzels  übergeben  werden,  der  es  dann  sofort  dem 
Orden  flberweist^). 

So  vielvereprechend  sich  dies  anhört,  so  nichtig  war  in 
Wirklichkeit  die  ganze  Entsclieidnn^x.  Was  hatte  der  Orden 
gewonnen?  Niolits.  Eine  Wiedorliolun;^  seines  rechtlichoii  An- 
spruchs auf  Samaiton  war  ihm  zu  teil  geworden;  wie  dieser 
Anqsroch  realisiert  worden  sollte,  wer  Witold,  von  dem  in  dem 
gBQzen  Ansprach  keine  Bede  ist,  zur  Uebergabe  an  den  BevoU- 
Qftchtigten  WenzePs  zwingen  soll,  blieb  nnerOrtert.  Und  doch 
^  dieses  gerade  die  Hauptsache.  Also  selbst  wenn  JagieIlo*s 
Gesandte  diesen  Vertrag  acoeptiert  hätten,  —  was  nicht  geschah 
*egLn  der  Parteilichkeit  Wenzels  in  andern  Fragen^)  —  war 
•ler  Orden  nicht  einen  Schritt  weiter  gekommen.    Eine  abor- 


1)  Strehlke:  Tabulae  ordinifl  Teatonici:  No.  289.  S.  252.  —  2)  Posilge 
•U  1410  in  öcr.  lU,  312. 

Ahl«.  Itonatwcteift  Bd.  XXYU.  HfL  1  a.  13 

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194 


Saniaiten  and  der  Deutsche  Orden  etc. 


malige  Versammlung  zu  Breslaxi  am  11.  Mai  1410  wurde  von 
Polen  gar  nicbt  mehr  beschickt.') 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  daß  Samaiten  in  den 
nächsten  Monaten,  wo  der  Kampf  auf  Leben  und  Tod  entbrannte, 
mir  als  einer  dor  vielen  Faktoren  des  dem  Ordon  feindlichen 
Heeres  eine  Kolle  spielt;  denn  eini-ii  Aiisrlilnß  der  Samaiten 
unter  Witold  an  Jagiello  sollte  der  Hochmeister  nicht  verhindern 
können,  trotzdem  der  IMoisler  von  Livland  am  28.  Mai  1410  auf 
des  Koohmeistera  Befehl  Witold  don  Frieden  aufkündigte,  und 
demnach  Samaiten  von  livland  aus  bedroht  war.*}  Am  8.  Joni 
sogen  die  Samaiten  ans.  Sie  hatten  auf  Witolds  Befehl  ans 
jedem  Bezirk  400  Mann  auf  6  Wochen  gestellt.*)  Samaiten 
werden  wir  also  als  anwesend  zu.  denken  haben  bei  jener  furcht- 
baren Verheerung  Gilgonburgs,  mit  welcher  der  unheilvolle  Feld- 
zug des  Jahres  1410  begann,^)  Bezeugt  ist  die  Gegenwart  der 
Samaiten  hai  der  Katastrophe  des  Ordens  in  der  Schlacht  vonTannen- 
ber^^  am  15.  Juli  14  10.^)  Ich  über^elie  jeno  traurigeu  Tago  dosallga- 
meinen  Verratsund  Abtalls  nach  der  Schlacht,^)  ebenso  die  taptere  Ver- 
teidigung der  Marienburg,  so  daß  Jagiello  und  Witold  am  19.  Sep- 
tember 14i0abziehen  mußten')  und  erwähne  auch  nur  die  ailmähliche 
Befreiung  des  Landes  wie  die  Wahl  Heinrichs  v.  Plauen  zum  Hoch- 
meister am  9.  November  1410,^)  um  sofort  den  Frieden  von  Thom 
vom  1.  Februar  141 1  *)  einer  Besprechung  zu  unterziehen.  Als  milde 
kann  man  wohl  die  von  Jagiello  bewilligten  Bedingungen 
bezeichnen,  die  sich  im  Allgemeinen  als  eine  Beprodnktion  der 


1)  Posilge  /u  MIO  in  Scr.  III.  Hin.  —  2)  Bunge  IV,  No.  ia']9. 

o)  Schieblade  XVIil  No.  10.  Bnei  des  Comtur  von  Ragnith  an  den 
ohersten  Marschall  Tom  14.  Jnni  1410:  n^ttver  erwurdigkcit  geruche  czu 
wissen,  das  uns  hat  2  fliher  synt  gekomen  von  Saanaitm  und  äy  sagm 
das  dy  Samayten  ....  syn  asgesogen  ns  eynem  yklichen  lande  400  ryter 
unrl  ye  ilrey  ryter  liaben  eynen  wayt^n  \mä  syn  xis  ^eboton  uf  5  woohen 
und  8y  US  dem  lande  geczogeii  an  (k-nie  diustag  vor  IJiiniabe.  apostoü. 

4)  Posilge  zu  141Ü  in  Scr.  Iii,  ai4  u.  315.  —  5)  öcriptores  III,  409, 
484;  IV,  57.  -  6)  Posilge  za  1410  in  Scr.  IH,  817.  -  7)  Ebendaselbst  930 
bis  m  —  6)  Ebendaselbst  824.  ^  9)  Posilge  sa  1411  in  8er.  m,  836; 
Baciynski  a  199-188. 


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Von  Dr.  B.  KrambboltB. 


195 


Bositzverbältnisse   vor   AuäUiiich  des  Krieges  cbarakterisieren 
lassen.   Aber  eine  Ausnahme  wurde  gemachb  und  sie  betraf  ge- 
rade das  L  in an  welchem  dem  Orden  seiner  natürlichen  Lage 
swudienden  beiden  getrennten  Ordensgebieten  wegen  am  meisten 
geicigw  sein  mußte.  Der  Passus  des  Friedens  ttber  Samaiten 
lautet  folgendermaßen.   Von  der  Bestitniemng  an  den  Orden 
wird  ausgenommen:  „das  lant  ozu  Same3^hen,  das  der  Herre 
Küüig  und  Herczog  Wytowdt  czu  iror  beider  loben  in  fiedesamer 
besitzunge  Halden  sollen,  Is  en  were  denn  das  sie  Is  dem  orden 
vor  erem  tode  lassen  und  affgeben  weiden,  das  stehen  sal  an 
irem  freyen  willen,  und  das  sol  mit  offenbaren  Briefen  bestetigt 
werden,  das  sich  der  Orden  nach  irer  beider  tode,  des  landis 
Bondir  alles  Hindernis  undirwinden  mag  mit  allem  Bechte  und 
eygeiuchaiten  nach  nswysunge  der  briefe,  die  dem  Orden  vor- 
mals vorlegen  sint  obir  die  csmeignnnge  desselbigen.^^)  Wir 
keuien  die  Verhandlungen  nicht,  welche  der  Fixierung  des  eben 
angeführten  Friedensartikels   vorangeejangen  sind.     Kuch  den 
unendlichen  Seliwi«'rigkeiten   al>er,   welche  Witold  und  .Tagiello, 
wie  wir   sehen   werden,   machten,   um   die   dariu  getrolTenen 
Vereinbamngen  EU  hintertreiben,  lälit  sich  schließen,  daß  Heinrich 
V.  Planen  die  ganze  Gewalt  seiner  Persönlichkeit  ins  Feld  hat 
fOhren  müssen,  nm  noch  das  Wenige  au  erreichen,  was  der  Ar- 
tikel besagte.  Wenn  sich  auch  Heinrich  keinen  Angenblick  ver- 
hehlt haben  wird,  wie  schwer  es  sein  würde,  ein  Land  sich  zu 
assimilieren  und  an  die  Ordensherrschaft  zu  knüpfen,  welches 
"Voraussichtlich  Jahro  lang  dem  Einfluß  Witolds  ausgesetzt  war, 
Jahre,   innerhalb   welclier   man   die   angeytrengteste  Thätigkeit 
Witolds  voraussetzen  dmlte,  um  die  Samaiten  auf  das  innigste 
mit  Littanen  zu  verketten,  so  hielt  er  es  doch  für  seine  Pflicht, 
wenigstens  dem  Orden  die  Anwartschaft  auf  Samaiten  za  be- 
wahren, dessen  Wichtigkeit  für  die  Zukunft  des  Ordens  einen 
klaren  Geist,  wie  Heinrich  es  war,  besonders  deutlich  vor  Augen 
stehen  mnfite.  Bie  Behauptung  dieses  Anspruchs  auf  Samaiten 


1)  ßacayoaki  S.  13^.  Der  lateinisclie  Text  findet  sich  S.  180. 

13» 

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196 


Samaiten  und  der  Deutsohe  Orden  etc. 


hat  denn  auch  Heinrich  v.  Planen  mit  der  ihm  t  uen  Ent- 
schlossenheit lind  Fcsti<;keit  dea  AVillens  zu  verteidigen  gesucht, 
solange  sein  traurifres  Geschick  ilni  an  der  Spitze  des  Ordens 
ließ.  Nur  zu  bald  soUteu  Schwierigkeiten  erwachsen.  Schon  vor 
dem  1.  März  1411  sah  sich  der  Gesandte  des  Ordens  Michael 
Kuohmeister,  geiiötij2t,^)  über  Witold  höchst  nnerqnickliche  Nach- 
richten ma  senden.  Nicht  genug,  daß  Witold  sich  jetzt  im  Be- 
sitz von  Samaiten  sah,  war  er  auch  sofort  darauf  bedacht^  das 
liand  durch  Anlage  von  Bugen  gegen  den  Orden  sicher  zn 
stellen.  So  begreiflich  an  sich  dieser  Wunsch  ist^  so  glaubte 
sich  der  Orden  berechtigt,  dsgegen  Widerspruch  zu  erheben, 
deshalb,  weil  Witold  sich  für  seine  festen  Plfttse  ein  Gebiet 
aussuchte,  das  der  Orden  sein  nennen  sn  kOnnen  meinte.  H&tte 
der  Orden  nicht  ;4eg(  n  den  Bau  zweier  Burgen  an  der  Dnbissa 
und  in  Wehm  protestiert,  und  wär  er  nicht  dem,  wenn 
aucli  zunächst  nur  schüchieru  geäußerten  Anspruch  auf  Georgen- 
burg entgegengetreten,  wie  wir  bald  sehen  werden,  so  hätte  er 
damit  Witolds  —  nach  meiner  Ansicht  mit  Recht^)  —  vertrete- 
nen Ansicht  sich  angeschlossen,  daß  Samaiten  ursprünglich  sich. 
bis  zur  Memel  erstreckte,  ihm  als  augenblicklichen  Besitzer  des 
Landes  demnach  die  Anlage  einer  Burg  in  Welun  gestattet  sein 
müsse.  Der  vorläufige  Vwlust  Samaitens  hätte  also  wenig- 
stens nach  Meinung  des  Ordens  —  eine  noch  grOfiere  Vez^ 
ringerung  des  Ordensgebietes  nach  sich  gezogen,  die  um  so 
erheblicher  werden  konnte,  als  Witold  allen  Ernstes  sich  mit 
der  Idee  trug,  den  Deutschen  den  ganzen  MemeUFluB  streitig  zu 
machen.*)   Damit  haben  wir  den  zweiten  Streitpunkt,  um  den 

1)  Kfgisfrant  5,  p.  lö.  Bt  rii  ht  Alirha«  !  Kiu  hmcisters  vom  28.  Fe- 
bruar 1411:  Note  von  den  Somny tischen  Greuizen:  ,,Al8o  spricht  herzog 
Wytowt,  her  wil  eyn  hoff  buwen  of  der  Thobys  und  eyno  esa  Welone  and 
^richt,  her  wisse  nicht,  ap  Jorgenburg  syit  höre  und  hat  gefraget  die 
Samayten  uinb  die  wiItnis.<o  zwischen  iu  un<i  dem  lande. 

2)  cf.  Altpr.  Monatsschr.  Bd.  XXVI.  S.  m 

3)  Bullae  IV,  No.  1888.  Briet  ihrs  livläiidiachen  Ordensmeisters  an 
den  Hochmeister  vom  IL  Juli  1411:  „Oach  so  haben  wir  von  unsen  lieme- 
lichen getrewen  frenden  na  Letthouwen  warliohen  diiün««,  das  Witant  gar 
hertlich  damite  umme  gee^  wie  das  her  die  Memel  uneem  erden  abdiengea  mogeb** 


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Von  Dr.  B.  Krambholttk 


197 


es  sich  fortan  handelt.  Die  Forderungen,  weiche  Heinrich 
T.  Plaaen  hej^üplich  »Samaitens  also  gowissermaßen  zu  seinem 
Programm  erhob,  sind:  Erstens:  ÜechtsgOltige  Ausstellung  der 
m  Thom  yersproohenen  Urkunde  über  den  Heim&U  Samaatens 
nftch  Jagiellos  und  Witolda  Tod.  Zweitens:  Endgültige  Fixie- 
rung der  nördlichen  Grenze  des  prenOischen  Ordensgebietes,  wo- 
durch dann  gleichzeitig  Samaitens  südliche  Ausdehnung  sich  ergab. 

Im  Sinn  der  zweiten  Forderung  handelte  schon,  wio  bereits 
kurz  erwähnt,  Michael  Kuchmoister  im  Februar  1411  während 
seines  Aufenthaltes  als  (resandter  bei  Witold,  indem  er  die 
Wildnis  zwischen  Samaiten  und  dem  Gebiet  des  Ordens  für 
letzteren  in  Anspruch  nahm.^)  Die  samaitische  Frage  mit  ihren 
zwei  Punkten,  Binf&lle  der  Sanudten  in  das  Ordensgebiet  von 
Bagnith  und  Umgegend,')  endlich  der  berechtigte  Anspruch  auf 
Auslieferung  von  Gefangenen  nach  Zahlung  von  zwei  Drittel  der 
zu  Thorn  aiisgcrnachten  Kriegsschuld,')  tuhrten,  uatihdeiu  der 
Orden  während  des  ganzen  Jahres  1411  trotz  seiner  Beschwerden 
hingehalten  war,^)  im  März  1412  zur  Intervention  Sigismunds 
von  Ungarn,  dessen  Schiedsspruch  beide  Parteien  sich  zu  üQgen 
erklärten.')  Am  24.  August  1412  bestimmte  Sigismund  zu  Ofen 
nach  den  weitlftnfigsten  Untersuchungen')  folgendes:^  Innerhalb 


1)  Rogistra'it'  n  p.  15-  Bericht  Michaels :  Umb  (lic  wiltnisse  zwischen 
in  (d.  h.  (It  ii  Saiuait'  II  '  und  dem  land«-  '«1.  h.  PiTuß<  ii),  do  hab  ich  in 
(d.  h.  Witold)  underw  izrt,  wie  sie  (d.  h.  die  SaiuHitcu)  gejaget  haben  und 
das  die  fredelute  habeu  gci^inset  dem  hnse  am  Hagnith  vor  hundert  jaren 
und  der  komptnr  hat  in  irlonbt  cku  jagen  bynnen  der  grentic,  off  das  sie 
iiBO  etna  deeter  Iws  nochtia  gebin. 

2)  C.  e.  W.  No.  498  S.  241:  Noch  deme,  das  der  frede  gemacht  wart 
und  der  homeistf^r  obirall  .  .  p^cschrobcn  hatt<>.  (bis  ein  i':lcnnann  .  .  .  sichir 
sein  solde.  .  .  .  '!<»  qiuinun  dir  Littauwcn  und  SHiiuiiilicii  und  vorbuten  die 
merkte  vor  den  huäzern  Splitter  und  Neuwehus,  Raugtiith  .  .  .  Aus 
einer  Anklageschrift  des  Ordens. 

8)  Poeilge  za  1411  in  8er.  H,  837.  —  4)  Tdppen:  Acten  der  Stftndetage 
Pnnlens  Na  168.  —  5)  Dstalynaki:  Utes  sc  res  gi^stao  inter  Polonos 
ordiuernquo  Cruciferoruni.  Tomi  primi  p«»  altera.  8,  63—67.  —  6)  Dxia- 
lynski  1,  2.  Tril  S.  G3  81. 

7)  Dai&lv-nski  I,  2.  Teil  S.  69:  „Quod  . . .  rex  Polonio  et  dux  Witoudua 


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las 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


sechs  Monaten  soll  dem  Orden  die  Urkunde  über  den  Heimfall 
Samaitens  nach  Witolds  und  Jai^iellos  Tod  übergeben  werden. 
Ob  die  von  Witiild  anf^eftihrten  Burgen  weiter  hpstehen  sollen, 
oder  ob  sie  inni'rhalb  dos  (  )i  'l''iiff:^r>bietns  und  d''sUalb  mit  Unrecht 
gebaut  sind,  sollen  Doputiorte  .Sigismunds  bestimmen,  welche  zu 
diesem  Zweck  an  Ort  und  Stelle  eilon  werden,')  Alles  kam 
darauf  an,  wie  diese  Gesandtschaft,  an  deren  Spitze  der  Magister 
Ba&edict  von  Macro  stand)  ihre  Aufgabe  lösen  wUrde.  Am 
26.  November  1412  erteilte  der  Hochmeister  einer  Deputation, 
EU  der  MiofaaelKnchmeister,  Heiniich  Clotss,  Caspar  Schnwenpflng 
und  andere  gehörten,')  den  Auftrag,  Benedict  darüber  zu  infor- 
mieren, daß  die  Burg  zn  Welun  auf  Qrdensgebiet  galegen  sei, 
deshalb  zerstört  oder  dem  Orden  Übergeben  werden  müsse  •> 
Ein  libles  Prognostikon  für  dw  glücklicho  l.nsnug  der  vor- 
haiidfiifu  Sc-hwierigk-f iten.  wozu  doch  vor  allen  Dinrron  Entgegen- 
kommen nötig  war,  ergab  sich  schon  auij  der  Art  und  Weise, 
wie  Witold  sich  geberdete.  Unverholen  drückte  er  seinen 
Unwillen  darüber  aus,  daß  ihm  Benedicts  Ankunft  90  <!pät  mit- 
geteilt sei,*)  eine  Besdiwerde,  die  wohl  in  Wahrheit  nichts 
anderes  bedeutete,  als  Furcht  davor,  dafi  Benedict  vom  Orden 
ftkt  sich  gewonnen  würde  und  er  bei  der  Entscheidung  den  Kach- 

debeant  dare  litteras  infra  sex  mensium  spatiam  proximam  futuromm 
xnapristro  et  orrlini  prof!i'"ti<?  «inpor  t*»rra  Samagitarnm,  piVtit  rautnm  est  in 
litteris  pacis  itjderis  iu  Thorun  mite  inter  ipöos  Dominos  regem,  ducem 
Witoudam  et  magistrum  et  ordinem 

1)  Diialynski  I,  S.  Teil  B.  80-81:  „8i  eartra  per  dnoem  Witond«» 
noviter  ereet»  fnerant  infra  limit««  pabnmonü  . . .  regia  et  cioeis,  qnod  super 
illis  magistro  et  ordo  Btülam  molestiam  >  is  iiif<  rant,  si  vero  inter  limites 
magistri  r  t  or<1tnis  .  .  rex  et  dax  .  .  ill»  debeant  magistro  et  ordini  libere 
et  «ne  iinin'diniento  relare.  .  .  .** 

2)  Kügibtraat  VI,  bi. 

8}  Registrant  VI,  64—66:  „Castrum  Welune  a  Witoldo  constitotom 
et  erectum  infra  metas  et  gnmities  ordinis;  destamat  «at  nobia  (d.  h.  dem 
Orden)  tradat. 

4)  C.  e.  W.  Nn.  BIO.  Auszug  au?  vinfm  Brief,  den  Witolds  Schreibor 
geimndt:  „Und  sunderlich  herczog  W^-tout«  «olireibfii  «lorinm'  bcrurt,  da« 
sein  hercze  geleidcget  und  betrübet  sei,  das  im  hem  Beuedictus  ....  czu- 
komft  so  spete  si  csa  wissen  wurden." 


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Von  Dr.  K.  Krumbholts. 


199 


teil  haben  würde.    Wenn   ihm  aber  der  Orden  an  Zeit  vuraua 
war,   so   wnßte    er  diös  durch   die   Große    seiner  Geschenke, 
dnrch    den   an   ihm   vollzogenen   KitterscLlug  ^vietltn•   gut  zu 
machen.  *)     Wie   sehr  ihm   dies   gelang,   beweist   am  besten 
die   Thatsaohe,    daß    Benedict  sich  Kowno  im  Machtbereich 
Witolds  zum  Verbandlungsort  auswählte.-)    Am  6.  Januar  1413 
instrairte  der  Hochmetstar  nochmals  seinen  Gesandten.   An  der 
Hand  von  Dokamenten  sollten  sie  Benedict  nachweiseni  daB 
Welnn  auf  einem  dem  Orden  gehörigen  Terrsin  erbaut  sei  nnd 
demnach  seratOrt  werden 'mOsse;  ebenso  sollten  sie  energisch 
sftmtliolLe  Bugen  an  derlfemel  nnd  alles  Land  bis  snm  samaiti^ 
sehen  heiligen  Hain  auf  Gbnnd  von  Urkunden  ab  unbestrittenes 
Eigentum  des  Ordens  hinstellen.')    Zur  Bekräftigung  ihrer  Aus- 
sagen sollen  sio  sieh  aut  An<^aljcn   der  ältesten  und  achtbarsten 
Männer  in  der  Gegend  Wihins  stüt5?on.    Die  diesen  vorznlegeuden 
Frnprpn  sclireiitt  der  Hochmeister  «»Obst  vor.    Ihren  Inhalt  giübt 
summarisch   einer  der  von  Heinricli   von  Plauen  bestimmten 
Artikel  an:^)    ^Man  sol  eyn  iclichen  (der  eldesten  und  ebarsten 
lewthe)  fingen,  ap  im  wissentlich  sy,  das  der  orden  das  lande, 
dorufi  das  hns  scu  Wilune  gebuwet  ist . . .  von  der  Samayten  heyn 
bis  an  die  grenicsen  der  Littawen  der  Orden  mit  allem  Dutcsen 
besessen  habe.*   Trete  der  so  vom  Orden  wiederholt  gezeigten 
Abeioht^  den  Nachweis  anliefern,  daß  er  mit  seinen  Forderungen 
auf  yOUig  legalem  Boden  stehe,  trotz  der  am  18.  Januar  1418 
von  Benedict  abgegebenen  Erklärung,  des  Ordens  Bechte  nicht 
zu  vorletzten,'*)  traf  doch  ein,   was  der  Hochmeister  voraussah, 
daß   „der  meister  Benedictus  dem  Polen  und  Littauwen  me  ge- 
y allen  si  wen  uns."")   Der  gewiß  nur  berechtigte,  zu  Kowno 


1)  Posilge  Btt  1413  in  Scr.  IH,  892. 

2)  Töpp^n:  Acten  der  Stftndetage  No.  174:  nhn  (d-  h.  Witold)  cxa 

beheglichkeit  bot  her  unsern  heren  .  .  .  czu  Kauwen  eyne  richtestat  gflci^ct, 
dy  unsem  hem  also  swer  nn(i  tin^elegon  ist  gewest,  das  in  lunog^oh  was 
alle  ire  lebentigen  cznge  do  henczu  füren." 

8)  C.  e.  W.  No.  517.  Regest.  -  4)  Scbieblade  XVI,  No.  24.  -  6)  G. 
e.  W.  No.  683.  Begast.  —  6)  0.  e.  W.  No.  t»39. 


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200 


Samaiteo  and  der  Dentnohe  Orden  etc. 


an  Benedict  geatellte  Antrag  der  Ordenageaandten,  va  den  Grenzen 
hemnusureiten  und  sich  bei  den  Eingessenen  Ober  die  Anedeh- 
mmg  des  dem  Orden  gehörigen  Gebieten  m  erkundigen,  wurde 

abgelehnt.*)  Dies  eine  Beispiel  mögo  f^enügen,  um  zu  erkennen, 
wie  wenig  ()l)joktiv  lioneilict  vorging,  wenn  er.  ohne  sich  auf 
eine  Prüfung  der  vom  Onlen  augebotenen  Beweist)  für  sein«  — 
ich  wiederhole  es  nochmals  nach  meiner  Meinung  niclit  zu  be- 
gründende —  Ansicht,  daü  das  rechte  Memelufer  ursprünglich 
nicht  samaitisch  sei,  einzulassen,  am  3.  Mai  1413  das  Urteil 
föllte,  daB  nicht  nur  Wehm,  sondern  auch  Memel  auf  samaiti- 
schem  Gebiete  ständen  und  deshalb  von  Witold  au  beanspruchen 
wftre.  Dafi  der  Orden  sich  hiermit  nicht  zufrieden  geben  wttrde, 
war  zu  erwarten;  am  25.  Mai  bat  der  Hochmeister  um  einen 
abermaligen  Verhandlungstag.*) 

Und  80  existierte  nach  wie  vor  die  eine  der  beiden  Streit- 
fragen, wem  die  Gronxdistricte  gehören  sollten.  Nicht,  anders 
wie  mit  AVatl'en  in  der  Hand  koiuito  diese  Frage  gelöst  werden 
einem  Manne  gegenüber  wie  Witold,  der  seine  wahre  Herzens- 
meiuung  gelegentlich  dem  Marschall  zu  erkennen  gegeben  hatte 
mit  den  Worten:  ^Prußen  ist  och  miner  eider  gewefien  und  ich 
will  is  ansprechen  bis  an  di  Oase,  wen  is  so  min  veterlich 
erbe  UV^*)  Aber  auf  Srieg  drängte  auch  der  zweite  Punkt  der 
samaitischen  Frage  hin,  zwar  flbenreichte  man  am  24.  Februar  1418 
das  von  Heinrich  t.  Plauen  schon  so  lange  ersehnte  Dokument 
über  den  bekannten  Anspruch  des  Ordens  an  Samaiten,  aber  in 
einer  Form,  daß  der  Hochmeister  auf  folgende  Grände  gestfltat 
die  Annahme  verweigerte.^)   Erstens  war  das  AktenstClok  nicht 


V 

1)  Toppen:  Acten  der  Sttodetage  No.  174:  „Als  .  . 

do  hin  (d.  h.  Kowno)  quomon  habin  frv  ropister  Bonedicto  angemutet  und 
von  inj  begert,  irer  lande  greiiitczen  czn  bozeen  in  allir  wyse,  als  man 
grenitzeu  von  czeychin  czu  czeychin,  von  eyner  yegenot  an  dy  andir  pflegit 
eauberj'ten  und  oanboseen  .  .  .  der  altg^aeMMMn  in  dem  «nde  .  .  .  csa 
horoD.  Des  allia  her  sich  gewcjgert  bat  csa  thnnde.  .  . 

2)  C.  e.  W.  No.  64B.  Regest.  -  8)  C.  e.  W.  No.  689.  -  d)  BaoiEynaU 
S.  156-lGO. 


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Von  Dr.  &.  Krambliolto. 


201 


mit  flen  iiMicben  groüen,  sondern  kleinen  Sö  geln  der  beulen 
Aussteiler  d.  h.  Jagiellos  und  Witolds  versehen.  Zweitens  war 
der  Toxf  nicht  präoU  gonug.^)  —  Uad  in  der  That  konnto  sich 
Heinrich  v.  Planen  nicht  einen  Passus  gefallen  lassen,  der  des 
Ordens  Becht  aufSamaiten  nicht  mit  andern  Worten  garantierte 
als  mit:  Post  mortem  ambomm  ordo  se  iutromittere  poterit  de 
terra  Samaytarum.')  Gerade  das,  was  der  Friede  von  Thom 
aiudrflcklich  betonte,  dafi  dem  Orden  keine  Hindemisse  in  den 
Weg  gelegt  werden  sollten  bei  der  Bestitnirung  Samaitens,') 
ließ  man  hier  weg.  —  Jedem  mußte  klar  sein,  wie  wenig  ernst 
ee  Jagieüo  und  Witold  mit  ihrem  Ver8pre(  ht-n  war.  Aber  nicht 
genn^  damit.  Im  Namen  Hopliiens  nnd  Hedwigs,  der  Töchter 
Witolds  nnd  Jagiellos,  wurde  gegen  jede  dereinstige  Uelu  rgabe 
Samaiten^  an  den  Orden  protostirt,'*')  Da  nun  die  botn-tbrnde 
Protesturkunde  schon  vom  17.  Januar  14  L3  her  datirt,  das  von 
Heinrich  von  Plauen  anrückgewiesene  Dokument  aber  erst  vom 
24.  Februar  1413,  so  ist  dies  der  schlagendste  Beweis  dafür, 
wie  Oaro')  schon  bemerkt»  daß  Heinrich  nnr  das  richtige  traf, 
wenn  er  -eine  andere  bestimmtere  Znsichertmg  ftlr  die  Ansprüche 
des  Ordens  verlangte  von  Fürsten,  welche,  um  mit  Oaro  m 
reden,  nuda  fide  dem  Hochmeister  das  erwfthnte  Dokument  über- 
reichen ließen.  Wie  1410  Samaiten  es  gewesen  war,  nm  dessen 
willen  hauptsächlich  der  Krieg  entbrannte,  so  war  es  jetzt  die 
Anwartschaft  auf  dies  Land,  die  Ifixiening  seiner  Grenzen,')  wes- 
halb Heinrich  abermals  die  Existenz  des  ( »rdens  in  Frage  stellen 
wollte.^)   Aber  seine  Zeit  war  nicht  groü  genug,  um  die  Noth- 


1)  Raczynski  S.  15*1:  ..Primo  (ju'>(i  est  insufficiens  et  sigiUis  minoribns 
.  .  .  dcminorum  Kt'gis  et  tluris  it  non  sigillis  mnifstatis,  secundum  quod 
t&les  litterae  consueverant  sigillari,  sigillata.  tiecundo  quia  non  est  illius 
tenoris  et  snüftdoncie  secundum  quod  requirunt  litterae  pacis  fedcris  et 
petniiBoisetoniB  Bonuinonmi  «t  UngftriRe  r^s. 

2)  Raczynski  S.  158.  -  3)  cf.  oben  S.  195.  —  4)  C.  e.  W.  No.  529 
und  Dogiel:  Codex  diplomaticus  Poloniae  IV,  No.  85.  —  5)  Caro  III,  414. 

6)  RegiBtrnnt  VI,  325-827.  Am  Jt.  Juli  141B  erklärt  Heinrich  den 
poloischen  Oesandtexi,  daß  er  verlange  „dy  brifie  obir  Samaythiu"  und  daß 
dies  „blebe  by  synen  grenitsea".  —  7)  Fosilge  su  1413  in  Scr.  III,  8dL 


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209 


Samaitea  und  der  Deutsche  Orden  etx:. 


wendigkeit  dieees  Sohriites  fiBr  de«  Ordens  Znkimft  en  erkennen. 

Am  l-i,  OktoberV)  1113  wurde  er,  wie  bekannt,  seines  Amtes  ent- 
setzt. —  Ani  seine  starke  und  zielbewußte  Politik  folgte  eine 
Demütigung  nach  der  andern,^)  deren  Lolm  in  einer  Versamm- 
lung bestand,  die  am  22.  April  1414  zu  Grabau  an  der  Trosna 
eröffnet  wurde.^)  Aber  wenn  man  auf  JSnt^egenkommen  seitemi 
der  Gregner  gerechnet  hatte,  so  irrte  man  sehr.  Heinrich  von 
Plauen  war  für  Samaitens  dereinatigen  Heimfedl  eingetreten, 
jetat  mußte  man  es  erleben,  datt  statt  des  Ordens  seine  Gegner 
Forderungen  stellten,  die  weit  Aber  Samaitens  definitive  Ab- 
tretung binaosgingen.*)  Die  Einzelbeiten  des  Tages  von  Ghrabaa 
geboren  mebr  in  die  allgemeine  Ordensgescbiobte,  und  kann  loh 
dafär  auf  Voigt*)  und  Caro*)  verweisen.  Für  uns  genügt  es  zu 
constatieren,  daß  der  Orden  zwar  die  Abtretung  von  Pommern, 
Kulmerland  und  mehrer  ander«!!-  (tebiete  ablohute,  daß  aber  der 
Hochmeister  Sanuiitens  dereinst  igen  Wiedererworb,  welchen  er 
noch  zu  Grabau  vertheidigen  ließ,  in  einer  bald  darauf  statt- 
findenden persönlichen  Zusammenkunft  in  Kaciaz  mit  Jagiello 
fallen  ließ  „umbe  irede  und  gemaches  willen  und  czuvormeiden 
voigissunge  cristenliches  blute8*\^)  Trotzdem  die  Weigerung 
Jagiellos,  diesen  Yorsoblsg  ansunehmen,  den  Orden  nocb  einmal 


1)  Posilgc  zu  1413  in  8^r.  in.  385. 

2)  Ära  24.  Oktober  1413  schrieUni  z.  Ii.  die  Gebiet iger  a«  Jngitillo  und 
Witidd:  fyfiT  senden  die  eraamen  geistlichen  manne  komptur  osar  Balge 
und  B«gnith  .  «  .  mit  euwir  beider  herlichkeit  einen  {hmtUchen  tag  czu 

TOmmen  demutielichen  bittende,  sie  gnediclichen  ufczuneraen,  gottr 

liehen  czu  vorhnrnn  ■Bpwfisf-t  p>ioh  li.'bou  herrn  hirinne  guttUcheo, 

das  lob  von  dem  almechtigen  yntc  «lovor  nonu  iule.  cf.  C.  e.  W.  No.  584. 

3)  Posilge  zu  1414  in  Scr.  Iii,  339  u.  Anm.  8,  —  4)  C.  e.  W.  No.  682. 
Begest  —  b)  Voigt:  G.  Pr.  YII,  8.  9S1-S86.  -  6)  Gaio  UI,  4SG^ 

7y  C.  e.  W.  IVoi  G84i  Ans  einem  Ordensbericbt  an  die  Oebietiger  in 
livland,  Deutschland  und  den  Burggrafen  v<>u  Nürnberg:  „die  Isad  esa 
Samayten,  die  par  p;ro8  unsenn  ordni  i^rkost,  ....  (lirliott'n  vAr  uns  im 
(d.  h.  Jagiello)  abr/utrpten  ewiclichen  die  im  czu  behaMcn  und  irc  norzcze 
und  die  czu  keren  wo  seine  gnade  weide.  .  .  .  .  dis  mocht  uu*  alle»  nicht 
gehelffeu."  VergL  auch  Poailge  stt  UU  stt  Ser.  in,  840  xu  Anm.  &  —  Die 
im  Text  angeführten  Worte  finden  eich  in  C.  e.  W.  No.  664. 


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Yott  Dt,  B.  Krambliolti.  208 

aeinen  Anspnich  wenigstens  auf  Samaiteus  zukünftigen  Besitz 
eriiielt,  leuchtet  doch  ein,  dafi  der  Orden  selber  nicht  mehr  sich 
ftr  stark  genug  hielt,  sich  eines  Landes  zu  vergewissern,  von 
dessen  Besitz  so  unendlich  viel  abhing.  Wie  man  jetzt  schon 
bereit  gewesen  war^  der  Gegenwart  des  Ordens  Znknnft  die 
territoriale  (fesohlossenheit  seines  Gebietes,  und,  wie  Caro^) 
trefibnd  bemerkt,  den  Einfluß  und  die  HotTnung  auf  die  mächtig 
aofblükeiiden  nissischen  Handelsstädte  Pskow  und  Nowgord*)  zu 
opfern,  so  wiirde  man,  —  das  zeigt  sich  —  in  einer  ähnlichen 
Hoih  vielleicht  froh  noch  darüber  sein,  in  Samaiten  ein  Land 
gefbnden  zu  haben,  für  dessen  definitiven  Yeraicht  der  Orden 
sich  Abwendung  des  Aeußersten  versprochen  konnte  von  Feinden, 
die  Samaitens  Werth  nicht  an  sich,  wohl  aber  als  Bindeglied 
«wischen  Preußen  und  Livland  zu  würdigen  wußten.  —  Den 
traurigen  Tagen  von  Grabau  und  Raciaz  tolgten  bald  die  noch 
tranrig**ren  Tage  der  Verwüstung  des  Ordens  -  Landes,  an  der 
auch  Samaiten  betheiligt  waren. Die  Details  des  Krieges*) 
interessieren  uns  nicht.  Im  Juli  1414  begonnen,  wurde  er  am 
7.  Oktober  1414  zu  Strasburg  durch  einen  Waffenstillstand  be- 
endigt.^} Die  günstigen  Bedingungen,  welche  dem  Orden  zuge- 
standen wurden:  Waffenruhe  bis  zum  September  1416  und  Ent- 
seheidung  über  die  vorhandenen  Streitfragen  durch  den  Papst 
und  Sigisniuuii  oder  einen  derselben,  o  1er  eudlicli  durch  das 
Koncil  von  C'dnstanz.  hatte  der  Oi-don  der  schweren  Hcinis-iiciiung 
des  feindlichen  Heeres  durch  Hunger  und  Kraukheit  niclit 
weniger  zu  verdanken  als  seinem  tapferen  Widerstand.  Nun 
mochte  es  dem  Orden  angenehm  sein,  vergeblich  zu  Uaciaz  auf 


1)  Caro  III,  ^1.       8}  Pottlge  zvk  1414  in  Scr.  HI,  840.  -  B)  Eben- 

dMeibst  340-846. 

4)  Kaczyuski  Kr».  7:  „Statuimus.  firmavimus  ....  tenore  pre- 
■encium  mediant«,  (|uibus(juidem  Treugispacis  durantibus  et  stantibus  seu 
pendratibiis,  nt  promitiitiir,  Gde  ChriAtiantca  observandis  federa  nnionis 
perpetiie  inter  nos  ex  atraque  parte  per  amicabil«m  composicioneni,  ampntatis 
quibüdibet  atrepitibiui  lurgiornm  per  prefatos  videlieet  ....  papam  et  .  .  . 
Sgiiimnndtun  ....  ant  alterum  ipsomm  vel  sacnim  Cottoüiam  ** 


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901  SMuaiteu  und  der  Deutsohe  Orden  etc. 

Samaiten  verzichtet  zu  haben,  denn  wenn  etwas  zn  den  ,.9trepitus 
iurgioruin'"^)  gehörte,  die  beigelogt  werden  sollten,  so  war  es 
die  samaitisclie  Fra^e. 

Für  »Samaiten  und  soino  Angelegenheiten  kommen  nun 
Jahre,  deren  Inhalt  sich  vielloiclit  am  passendsten  nach  drei 
Gesichtspunkten  ordnen  läÜt.  Der  Thätigkeit  des  Ordens  aaf 
dem  Kon^iil  von  Constanz  —  hieriür  hatten  sich  beide  Parteien 
entsohieden  ^  laufen  Bemfthungen  an  Ort  nnd  Stelle  parallel, 
den  Waffenstillstand,  der  ja  nur  bis  znm  September  1416  dauerte, 
verlAngert  za  erhalten,  Versuche,  die  sich  auch  gleiohaeitig  Be- 
seitigung der  vorliegenden  Streitfbigen  angelegen  sein  lassen, 
aber  meist  scheitern  durch  das  hartnäckige  Festhalten  des  Ordens 
an  dem  von  Constanz  her  erwarteten  Schiedsspruch.  Es  wird  also 
zweitens  darzustellen  sein,  wie  das  K'  uzil  diese  auf  es  seitens 
des  Oi'lt^ns  gesetzten  Holiuungen  rechtfertigt.  Endlieh  als  drittes 
Moment  sin«]  noch  die  Christijnusi»  rimgsver??nche  Samnitens  dar- 
zustellen, welche  zwar  schon  vor  Constanz  beginnen,  aber  von 
hier  neue  Anregungen  empfangen. 

Nachdem  Ende  1414  und  An&ng  1415  der  Orden  mit  Wi- 
told  und  Jagiello  relativ  gttnstig  gestanden,  man  sich  gegenseitig 
die  Gefangenen  ausgetauscht  hatte,  Handelsfreiheiten  hatte  ein- 
treten lassen,*)  freilich  auch  der  Orden  sich  über  manche  Ge- 
waltibat  namentlich  der  Samaiten  hatte  beklagen  mflssen,*)  ist 
es  Ende  Hai  1415^)  Dietrich  Tork,  Meister  von  Livland,  veleher 
sich  um  Aufklärung  tiber  die  vorliegenden  Streitfragen  bemüht 
und  am  13.  Juni  1416^)  für  eine  A  ersamralung  zu  Slouskuu  m 
Cujavien  plädiert,  dio  dienen  soll  „pro  sedaudi.s  inter  nos  iurgi- 
orum  materiis  et  liuum  antVactibus."  "Wenn  auch  auf  ein  ne- 
gatives Besultat  vorbereitet,  mochte  er  sich  doch  immerhin  UoÖ- 
nung  auf  „concordia  et  corapositio"  machen.*)  Allein  schon  am 
24.  Juli  1415  verkündigt  der  Hochmeister,  wie  jene  Verhand- 
lung keinen  definitiven  Abschluß  erzielen  könnte,  eine  endliche 

1)  cf.  oben  S.  203  Anm.  4.  -  2)  C.  a  W.  No.  G35j  Eacayrnki  S.  194 
No.  I.  -  3)  C.  e.  W.  No.  628.  -  4)  Ebendiwelbst  685.  -  B)  Bunge  V,  2009. 
6)  EbentUwelbst  2909. 


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Von  Dr.  E.  KrQmbholts. 


205 


Begelaug  aller  Differenzen  vielmehr  stets  dem  Konzil  von  (Jon- 
stanz  vorbehalten  bleiben  müsse.^)  Wenn  Jagiello  und  Witoid 
hieimiif  aßL  nicht  einlassen  zn  wollen  erklärten»  so  ist  dies  ge- 
wiB  nur  begreiflich.^  Unter  ertrfiglichen  Verhfiltaissen  mit  Ja- 
giello and  Witoid  ging  das  Jahr  1416  zu  Ende.  Von  Livland 
wiedemm  nnd  zwar  von  dem  neuen  Meister  Siegfried  Sander 
V.  Spaiüieiiu  ging  im  Jahr  1416  die  Anregung  aus  zur  Beseiti- 
gung der  Streitigkeiten.^)  Sehr  bezeichnend  sind  die  von  ihm 
am  8.  März  14 IG  gemachten  Vorschläge.  In  der  richtigen  Er- 
konntniB,  daß  Samaiten  hauptsächlich  das  Land  sei,  um  dessen 
willen  die  meisten  Differenzen  entstanden  wären^  ist  er  offen 
genug,  im  Einyeistilndnis  mit  seinen  Qebietigem  den  Bat  za 
geben,  auf  dies  Land  «a  Terzichten,  ,,wante  wir  doch  alreit  des 
landes  nicht  enhon,  und  soldin  wir  in  zu  körnenden  siten  do  mne 
krigen  tind  mit  orloge  gewinnen,  so  moBte  wir  unser  lande, 
die  licht  besser  sein  der  ume  vorterbin  und  wodir  zu  wage 
setzen."  Man  wird  den  geäußerten  Gründen  nicht  ihre  Berech- 
tigung absprechen  können,  aber  doch  ist  es  ein  charakteristisches 
Zeichen  der  Zeit,  wie  man  vor  den  aogenblicklichen  Sorgen  die 
großen  Ziele  des  Ordens  ans  dem  Auge  verlor.  Indessen  sein 
Bat  war  ein  vergeblicher  and  maßte  es  sein,  weil  der  Hooh- 

1)  C.  e.  W.  No.  $37.  Brief  dos  Hochmeistora  an  den  Meister  von 
Liv!;in<L  I)iesr»r  «oll  Witnlr!  und  Jagiello  erklären  :  r\^as  unser  heiili-r  teilungp 
tind  sarht  ii  gloichwol  iron  ousgang  in  dorn  heiligen  concilio  Constanriensi 
Sailen  haben  und  von  deme  uns  ouch  nicht  fughch  ist  czu  treten  noch  in 
ketn«r  weise  wellen.** 

2)  G.  e.  W.  No.  €d9.  Brief  des  Comtur  von  Dünabnrg  an  den  Meister 
von  livhaid:  «Wat  to  dem  concilio  gedegedinget  werde,  dat  to  holden  nnd 
dar  nicht  af  to  reden,  se  moien  wol,  le  wülen  nnvorbnndin  sin  von  dem 
coociHo." 

H)  Buiifio  V,  No.  2059.  Die  im  Tost  anpjpfiilirtAn  Worto  pfplien  in 
einem  Brief  des  Meisters  von  Livlaiid  an  den  Hochmeister  vom  8.  Mäns  1416; 
Qmea  voran  geht:  „Sunderlicha  umme  das  lant  czu  Samayten  ist  unsir  allir 
gatdunk«!,  als  veire  euch  das  gnt  nnt  geroten  dnnket,  mocht  es  an  einem 
ewigem  gntlichen  ChriBtlichen  irede  swiachen  dem  koninge  van  Polen, 
be^czog  Wytowdt  nnd  nneem  ordcn  komen,  und  das  gut«  eintmrht  und 
vnmtschaft  linder  uns  oad  Unsen  landen  weiei  das  wir  dan  das  lant  cm 
SAmajten  obir  gebin  ** 


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206 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


4 


meister  Michael  Kucdimeister  die  Zeit  ftlr  ein  solches  Opfer  noch 
nicht  ftkr  gekommen  za  haiton  brauchte.  Er  setete  seine  Hoff- 
nung auf  das  Konzil  von  Constanz  and  konnte  die  Entscheidung 

von  dort  abwarten,  weil  iiua  am  25.  INFai  zu  Inowrazlaw  von 
Jagiello  und  Witold  der  um  den  Herbst  ablaufende  Waffenstill- 
stand bis  zum  15.  Juli  1417  verlängert  wurde. V)  Indessen  ar- 
beitete der  Meister  von  Livland,  der  entschieden  weniger  Ver- 
trauen zum  Konzil  von  Constanz  hatte,  als  der  Hochmeister 
rahig  weiter,  und  so  konnte  er  am  15.  Juli  1416  dem  Hoch- 
meister ein  höchst  erfireuliches  Kesultat  seiner  Bemühungen  mit- 
teilen.^) Sein  schüchterner  Versuch,  Witold  für  die  Ansicht  zu 
gewinnen,  daB  der  Orden  auf  Samaiten  Ansprüche  habe,  fand 
eine  ungemein  günstige  Aufnahme.  Witold  erklärte,  daß  in 
freundlichen  Verhandlungen  mehr  von  ihm  zu  erreichen  sei,  als 
mit  Gewalt,  ja  schllefilich  bekennt  er  sich  dazu,  daß  er  und  Ja- 
giello  bei  ibrem  hoben  Alter  „das  land"  keinem  ^bes  gunnen" 
könnten  als  dorn  (3rdon.  Wenn  Witold  bei  dieser  Ansicht  blieb, 
so  liatte  der  Orden  Grund,  die  st-hou  einmal  angebotene  Abtre- 
tung bamaitens  als  ein  Produkt  zu  großer  Aengstliebkeit  anzu- 
sehen. Aber  des  Hochmeisters  Vertrauen  war  ein  ziemlich 
geringes.  Erst  nach  wiederholten  Verhandlungen')  gab  er  die 
Zusicherung  seines  persönlichen  Erscheinens  zu  den  Verhand- 
lungen mit  Jagiello  und  Witold.^)  Vielleicht  wirkte  Witoids 
uns  bekanntes  Entgegenkommen,  vielleicht  die  Verlegenheit,  in 


1)  C.  e.  W.  2io.  Ü72. 

2)  r.  c.  W.  No.  683.  Der  Meist.  r  von  Livhuxl  berichtet  dem  Hoch- 
meister am  ib.  Juli  1416  über  seine  Verbandluug  mit  Witold;  „Do  »preke 
wir,  henre  dat  dunket  ud»  ok  gelik  nnde  dat  iawe  gnade  unnerai  orden 
Samayten  dar  to  letbe,  ak  ghi  id  eme  vor  unthetea  hebben.  (Das  Wort 
,,untheten**  ist  mir  tuiverRtändltch ;  es  ist  vielleicht  ein  Sobreib-  oder  Lese» 
fehler.)  Do  sprach  1ip:  Got  gcwo,  iLit  wi  riiidn-'  htich  werden.  Wnt  man 
denne  mit  vrnntschop  vun  uns  ln'bln  n  wnliic  ijat  nmi'hte  man  cor  ^owinnon 
denae  mit  Urowen  edder  mit  gewolt.  —  Wytowto  sprak:  unser,  broder  der 
is  tun  oltman  unde  wi  och  eb  oltman;  wemmo  wolde  wir  doime  dat  land 
bas  gtumeii,  wen  dar  id  wol  were^  wemm  es  vor  dank  neuie.** 

8)  Voigt:  O.  Pr.  vn»  S90-S91.  —  4)  C.  e.  W.  Ko.  698. 


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Von  Dr.  H.  ErombholU. 


207 


welche  man  Witold  wegen  tartoiisolier  Ängelegenlieiteik  wnjBte,^ 

jedoni'alls  trat  dor  Onlen  zu  W.  lun  am  15.  bis  17.  Oktober  mit 
Forderungen  auf,  die  an  soino  guten  Tage  erinuerton.  Sie  lassen 
sich  kurz  daliin  eharakterisioren,  daß  man  Ausluhiung  der  in 
Thorn  bewilligten  Bedingungen  d.  h.  Feststellung  der  Grenzen 
und  dereinstigeii  Bückfall  Samaitens  an  den  Orden  verlaogte. 
Aber  selbst  wenn  die  Gegner  hierauf  eingegangen  wären,  was 
80  wenig  der  Fall  war,  daß  sie  vielmehr  aii£er  Samaiten  noch 
Sadanen  und  andere  Ltader  als  ihr  rechtmäßiges  Eigentum  he- 
seiohneten,')  hfttten  die  in  Welnn  getroffenen  Abmachnngen  kanm 
m  Becht  bestehen  können,  weil  der  Hochmeister  auch  diesmal 
das  Konzil  aasdrtUsklioh  als  letzte  bistana  fOr  Beseitigung  dm 
Streitigkeiten  angerufen  hatte.')  —  Hiermit  sind  im  wesent- 
lichen die  Bemühungen  aufgezählt,  welche  in  Preussen  selber 
zur  Anerkennung  der  Ansprüche  auf  Samaiten  gemacht  wurden. 
Ich  habe  mich  nunmehr  dorn  Konzil  vou  Constanz  zuzuwenden, 
nnd  die  dort  gemachton  Versuche  in  der  Bamaitischen  Angelegen- 
heit darzustellen,  vorher  aber  einen  Rückblick  auf  die  bisherige 
Thätigkeit  der  Ordensgesandten  zu  werfen,  welche  schon  seit 
1414  in<Cou8tanz  weilten.^)  Leider  ist  wenig  genug  zu  berichten 
ans  dem  ein^Mshen  Grunde,  weil  erst  am  12.  Juli  1417  die  Sache 
des  Ordens  offiziell  zxst  Yerhandlung  kam.')  Da  nun,  wie  wir 
wissen,^  der  Waffenstillstand  nur  bis  sum  15.  Juli  1417  lief, 
so  war  es  nötig  gewesen,  um  überhaupt  weiter  verhandeln  su 
können,  denselben  zu  yerlängern.  Dies  war  am  14.  Mai  1417 
durch  SigismjLind^)  auf  ein  Jahr  bewirkt.  Es  entsteht  nnn  die 
Frage,  wie  von  1414  ab  deti  Uochmeiaters  Gesandte  iür  die  Sacke 

1)  Posilge  zu  1416  in  Scr.  III,  3ti4.  —  2)  C.  e.  W.  Ho.  703.  Regest.; 
PosOge  SU  U16  in  Scr.  HL  866. 

S)  C.  e.  W.  No.  694:  „Biiaf  des  Hochmeisten  an  Witold  vom 
81.  August  1416;  n^if  •  •  •  kalden  den  tag  in  suloher  weise,  das  b  beiden 
teilen  am  heiligen  romisrhen  reiclien  xmä  andern  heiligen  concilio  nnschede- 
Uch  si  an  unsem  saclien.  di  wir  beiderseit  gegeben  haben  do  czu  haudehi." 

4)  Voigt:  G.  Pr.  VU,  ü.  256.  -  6)  Ebendaselbst  S.  309.  -  6)  cf.  oben 
&  906  Antn.  1.  —  7)  Yoigt:  G.  Pr.  TII,  8.  804  Anm.  8;  Poolge  m  1417  in 
8er.  m,  868-869. 


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208 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


ihrea  Heorra  eingetreten  sind.  Hit  Beoht  werden  wir  nmftohst 
annehmen  können,   daB  sie  auf  Erledigung  der  Streitfragen 

gedrungen  haben.  Sodann  entspann  sich  eine  äußerst  lebhafte 
Diskussion  beider  Parteien,  um  Stimmung  für  sich  zu  machen, 
von  der  ich  auf  eine  kurz  eingehen  will,  weil  8ie  von  Ver- 
tretern Samaitens  selbst  getührt  wunir*.  Am  28.  November  141ö^) 
erschien  in  Coustanz  eine  Deputation  der  Samaiten,  die  außer 
religiösen  Zwecken,  worauf  noch  zurückgekommen  wird,  eine 
Klageschrift  überreichten,  die  1407  schon  an  die  geietlichea 
und  weltlichen  Fürsten  versandt  war.^  Wie  wir  uns  erinnemi 
wurde  dem  Orden  Knechtung  der  freien  Samaiten,  Habgier, 
Ungerechtigkeit^  Fortnehme  der  Jagd-  und  Fisohereigerechtagkeit, 
Yemichtung  der  Handelsfreiheit,  Fortftlhning  ihrer  Kinder  als 
Geisel  nnd  ünsneht  TOigewoifen.*)  Die  Erwiderung  des  Ordens 
wies  alle  Besohuldigangen  als  ungerecht  zurdck,  legte  an  der 
Hand  von  urkundlieliein  Mat«?rial  dar,  wie  seine  besten  Absichten 
mit  dem  Lande  duridi  die  wiodorliolte  —  uns  bekannte  —  Un- 
treue Witolds  und  der  Samaiten  unniTiirlieh  zur  Durchführung 
hatten  kommen  können.*)  Es  verlohnt  nicht  auf  die,  wie  schon 
erwähnt,  am  12.  Juli  1417  begonnenen  Untersuchungen  4iber  die 
Angelegenheiten  des  Ordens  einsugehen,  weil  sie  doch  ohne  Be- 
saitet blieben.  — 

Der  Orden  hat  also  nicMa  erreicht;  noch  immer  hatte  er 
Atwlieferong  des  Dokuments  über  das  Anrecht  auf  Samaiten  £u 
fiirdem,  noch  immer  herrschte  die  Ungewissheit»  wie  weit  er 
gegen  Samaiten  hin  das  Gebiet  sein  nennen  konnte.  Ja,  was 
den  Orden  als  politische  Körperschaft  auf  das  unangenehmste 
berühren  musste,  das  Konzil,  welche»  filr  ihn  nichts  that,  machte 
den  energisiclien  Versuch,  J:>amaiten  zu  christianisieren.  Wenn- 
gleich der  Orden  seine  Freude  hierüber  ausspricht,^)  so  kann 


1)  I>o  vita  C9  fatis  Constantiensibus  Jolianins  }iai)ae  XXTI  in  5Vr.  ITT, 
462:  „Die  2S  dicti  ineusis  iiovembris  iatraverunt  ambaxiatorea  Samoytamru 

 "  -  2)  cf.  Altpr.  Mimataschrift  Bd.  XXVII,  8.  OS  iL  67.  -  3)  C. 

e.  W.  8.  1019-102a  —  4)  Ebendaselbst  8.  1088-106a 

5)  C.  e  W.  8.  1068:  „Sieut  tpsi  (d.  h.  Samaythi)  petnnt  adtnitti  ad 


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Von  Dr.  R.  Kroinbholt«. 


ich,  wir»  schon  impredeut«.'!,  doch  niclit  iiiiihiii,  an  der  Aufrichtig- 
keit derselben  zu  zweifeln.  So  lieb  ihm  an  sich  die  Christian!- 
Biernng  sein  mochte,  so  peinlich  miuste  er  es  empfinden,  daß  er 
es  nicht  war,  der  diese  Bekehmng  voUzog,  er,  der  mit  der  Taufe 
^eiohzeidg  ünterwerfbog  zu  verbrnden  gewöhnt  war.  Er  musste 
sich  sagen,  dafi  das  anch  nur  oberflächlich  zum  Christentum 
ftbeigetretene  Samaiten,  wie  es  der  Abstammung  seiner  Ein- 
wohnerschaft nach  eher  auf  einen  Anschluss  an  Littanen,  als  an 
die  Deutschen  hingewiesen  war,  fortan  anch  geistig  nach  dem 
Lande  gravitieren  würde,  dem  es  für  die  Segnniif^<  n  des  Christen- 
tums iu  liingerer  oder  kürzerer  Zeit  sich  verpÜichteL  iuLlnn 
mnsst-e.  Die  Schlacht  von  Tanneuberg  hatte  äußerlich  Samaiten 
allerdings  unter  Vi)rbehalt  an  T;ittauen  und  Polen  gebracht,  die 
innerliche  Verschmelzung  musste  jetzt  beginnen  durch  die 
Christianisierung,  zu  deren  Schilderung  ich  mich  nun  wende.  Caro*) 
macht  St  lion  darauf  aufmerksam,  daß  die  bei  Dlugoss^)  für  den 
Best  des  Jahres  1413  angeführten  Einzelheiten  Ober  die  Bekeh- 
rung Samaitens  durch  Witold  wegen  mangelnder  urkundlicher 
Bezeugung  wenig  Glauben  verdienen;  ich  nehme  daher  dayon 
Abstand,  hierauf  n&her  einzugehen  und  konstatiere  nur,  dafi 
jedenfalls  im  Jahre  1418  die  yom  Orden  schon  einmal  angefan- 
gene Ohristianisienmg  wieder  beginnt.  Es  bezeugt  dies  einer- 
seits der  Fortsetzer  des  Thomer  Annalisten'),  andererseits  Theo- 
doricus  von  Niem,^)  welcher  'lie  sohoii  •  rwähuto,  am  28.  Novem- 
ber 1415  in  Konstan?:  pintretVi  ude  Gesaiidtschafl  der  60  Samaiten 
_ab  710V0  ad  fideni  catholicam  coiiverai"  nennt.  Endlich  spricht 
ja  auch  dafür  die  am  9.  Februar  1416'')  an  das  Konzü  ausge- 

commanionem  fideUum  et  qaod  poMint  baptieari  samme  placet  nobis,  qnod 
hoc  fiat  .  .  . 

1)  Caro  III,  418—419.  —  2)  Dlugoss  in  seiner  Geschichte  Polens  XI, 
8.  848^946.  —  8)  Fortaetsung  des  Thonior  Annalisteii  in  Ser.  IU,  886. 
Zorn  Jahre  1413:  ,,Samog;itiA  ehnBtina  fit.  —  4)  Th.  a  Nietn  in  „De  vita  et 

fatis  Constantiensibus  Johannis  papae  XXII'*  in  Scr.  III,  4G2. 

6)  V.  d.  Hardt:  Corpus  arfonim  et  flocri  tornm  magni  ConstAiitionsis 
concilii  (citiert  mit  v.  d.  Hardt)  Tomas  IV,  Ö.  <AMk  „fsamogitae  ....  petierunt 
pro  conversione  opus  cuucilii  et  atixiliuiu."    Die  dorn.  9.  Febr.  Ä.  1416. 

Altpr.  )ion»t«iiolirüt  üd.  XXVii.  kUu  ii  u.  i.  14 

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210 


Samaitea  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


sprochene  Bitte  dieser  Gesandtsoliaft,  dfts  begonnene  Bekehnmg»- 

werk  zu  unterstützen.  Nach  ihrer  Abreise  am  l.  März  1416') 
wurde  dieser  Wunsch  erföllt,  nachdem  auch  noch  Jagiello  in. 
einem  Brief  vom  12.  August  Ulf)')  an  <la«  Konzil  um  Sendung 
eines  Kardinals  ersucht  hatte,  der  in  t;iemeinschaffc  mit  dem 
Erzbischof  Johannes  von  Liemberg  und  dem  Bischof  Petrus  von 
Wilna  sich  dem  angefangenen  Werk  widmen  sollten.  Der 
Beriokt^  in  welcher  Weise  diese  drei  Geistlichen  ihre  Aufgabe 
in  Samaiten  erfüllt  haben,  ist  erhalten.*)  Dnreh  Witold  mit 
Geschenken  reichlich  versehen  und  an  die  Grenae  Samaitens 
geleitet,  fimden  sie  hier  —  falls  wir  übrigens  ihren  Worten 
glauben  dürfen,  die  darauf  berechnet  waren,  auf  das  Eoncil  Ein- 
druck zu  machen  —  so  grolle  Bereitwilligkeit  für  die  Annahme 
dos  nouen  Glaubens  vor,  daß  die  Ssmiaiten  scharenweise  ihnen 
entgegeneilten,  um  nur  nicht  bei  der  Taufe  übergangen  zu 
werden.  Zur  Fortflührung  des  so  glücklich  l)egonnenen  Bekeh- 
mng.swerkes  blieb  der  des  samaitischen  I<lio!ns  mächtige  Propst 
Mathias  von  Wilna  zurück  und  ferner  wurde  Miedniki  zur 
Kathedralkirche  des  neuen  Bistums  eingerichtet.  Eine  Ergän- 
zung hierzu  giebt  ein  Brief  Sigismunds  vom  28.  Mai  1417  an 
Jagiello  und  Witold.^)  Auch  er  redet  von  Scharen,  die  sich 
haben  taufen  lassen  und  hebt  namentlich  die  Bekehrong  von 
2000  vornehmen  Samaiten  hervor.  Indessen  ist  noch  keineswegs 
das  ganse  Yolk  ftU*  die  neue  Lehre  gewonnen;  denn  Sigismund 
spricht  in  einem  wahrscheinlich  Deaember  1417  au  datierenden 
Schreiben^)  von  „pene  omues,"  die  sich  der  katholischen  Kirche 
angeschlossen  haben.    Wenn  auch  diese  Angabe  uocli  übertrieben 


1)  Th.  a  Hieai  in  Scr.  III,  4G2:  ,,(8amoyte)  recesaerunt  die  prima 
menaU'Martü.'*  —  2)  v.  d.  Hardt  IV,  S.  867.  —  3)  Diialyiuki:  ^Lites  sc  ras 
g«8tae  intw  ordinem  etc.*'  III,  S.  191. 

4)  Archiv  fOr  öetencic  lasche  Geschichte  Band  69  No.&7  S.  165:  n^ot 
cafervas  geutis  Samogitico  at  si^^^rmnter  duu  inilia  procenim  sen  nobiHnm 
giirgite  sa«  ri  baptismatiä  a  coocitatQ  cordium  errorumque  labe  iUustratas 
lotaaque  cogDovimus. 

5)  Arebiv  ftr  Ostenrndtisohe  Q«8cfaichte  Band  69  8. 164  No.  65:  „Ipse 
(Jemia  G3ixjsttw)illasg«ites  Samo^ticss      omnesad  fidsm  katholieam  tcaait** 


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Von  Dr.  E.  Krambh<dta. 


211 


sein  wird,  »o  war  doch  immerhin  ein  verheißungsvoller  Anfang 
gemacht,  and  man  konnte  sich  bei  dem  regen  Eifer,  welchen 
sowohl  Witold,  als  Jagiello  iflr  die  Bekehrung  zeigten,  sich  nur 
das  beste  yerspTechen.  Dem  neuen  Bisthnm  Miedniki  wurde 
znnlchst  seine  materielle  Ezistens  doroh  die  Opferfreadigkeit 
Witolds  und  Jagiellos  zugesichert,^)  sodann  wurde  fttr  die  Ein« 
führong  einer  kirchlichen  Verwaltung  Sorga  <j;etragon.  Mathias 
wurde  r.i  .tllcr  Form  zum  Bischof  konsekriert,  Parochieeu  eiu- 
gericht  'i.  Prälaten,  Kuiioniker  uiitl  einfache  Priester  zur  weiteren 
Auabreitun^T;  der  Lehre  dem  Bischof  untorstellt.")  Endlich  wurde 
dieser  so  Oktober  1417  eingesetzten  geistlichen  Schar  auf  das 
wftnnste  ans  Herz  gelegt,  iikr  Zerstörung  der  alten  Tempel  und 
Besserung  der  Sitten  Sorge  zu  tragen.') 

So  lagen  die  Verhältnisse  des  Ordens  für  Samaitens  Zurück- 
erwerbung trauriger  denn  je.  Das  Konzil  von  Konstant  war 
um  den  15.  Mai  1418  auseinander  gegangen;')  gleicL.sam  zur 
Tröstung  tür  die  vergeblicli  aufgewandten  Kosten  verordnete 
Papst  Martin  V.  noch  am  13.  Mai  1418  Verlängerung  des  Waffen- 
atillstandes  zwischen  den  beiden  streitenden  Parteien  auf  ein 
Jahr.^)  Wollte  also  der  Orden  seine  Ansprache  nicht  lallen 
lassen,  so  blieb  nichts  weiter  fibrig,  als  sich  wieder  auf  direkte 
Verhandlnngen  mit  Witold  einzulassen.  Schon  hatten  am 
28.  Mai  1418  Witold  und  Jagiello  dem  Hoclancister  und  Meister 
von  Livland  Geleitsbriefe  liir  die  Zusammenkunft  in  Welun*') 


1)  C.  e.  W.  No.  743;  S.  1006  No.  97. 

2)  C.  e.  W.  744.  Witold  schre  ibt  an  einen  nicht  bdtantiten  Bischof 
üler  die  Gründung  dos  Bisthums  Miedniki:  ,^Con8tnncien8e  concilium  .... 
misit  in  tonram  Samagithic  gentes  baptisare,  crolpsias  kathredalem  et 
paruohiiiles  erij^t-n'.  episcopos.  prelatos,  cannnir>os  et  quoavis  alios  sacerdoteSf 
pro  tioceudo  pupulu  in  iide  Cliriüti  iuätituere  et  cone>ervare.** 

3)  Archiv  illr  «iiitenraiohiBehe  Geschichte  Band  69  Seite  164  No.  65. 
Brief  Sigismands  an  Jagiello:  „Idolomm  caltus  avertite,  fanonun  edifioia 
evertit«,  subditorum  mores  corrigendo  et  boni  operis  exempla  ministnuikdo 
edtficate.   cf.  auch  Altpr.  Monatsschrift  Bd.  XXVI.  S.  203  u,  204. 

4)  PosUge  zu  1418  in  Scr.  UI,  870.  —  5)  Bunge- No.  2286.  — 
6}  Ebendaselbst  2244. 

14« 

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212  Samaiten  und  der  Deatoohe  Orden  etc. 

ausgestellt,  da  bricht  ein  Aufstand  in  Samaiten  ans,  der  ans 
demokratischen  und  lüligiusen  Motiven  entstehend,  zunächst  sich 
auf  day  eigene  Land  beschränkte,  dann  aber  auch  seine  Spitze 
—  ein  deiuliches  Zeichen  für  die  Erbü lenuig  im  Lande  gegen 
die  Deutschen  —  gögßu  den  Orden  richtete.  Emige  Freie  und 
Bauern  in  Bossieny,  Medenike  und  Knethow  erhoben  sich  gegen 
die  Bojaren  in  der  Hofifnung,  dafi  auch  ihre  andere  Standes- 
genoaaen  sich  ihnen  aneohliefien  würden.  Ob  ihnen  dies  gelungen 
ist,  wissen  wirnicht;  es  scheint  indessen  so,  weil  sie  Kraft  genug 
hatten,  die  Hinser  ihrer  Bojaren  ansearanben.^)  Sodann  wird 
sich  ihre  Wut  gegen  die  ihnen  gesetzte  Geistlichkeit  gerichtet 
haben.  Bisohof  und  Kapitel  wurden  verjagt.,  die  neu  ange- 
legten Kirchen  yerbrannt  und  so  wieder  dem  Heidentnm  Raum 
geschaffen.^}  Endlich  fand  die  Bewegung  ihren  Abschiuii  in 
dem  Zuge  einiger  Heißsporne  nach  der  Memol,')  wo  sie  nianclien 
Schaden  anrichteten.*)  Den  Fischern  wurden  ihre  Anker,  Kleider 
und  anileni  Gerate  foi-tgenommen,  außerdem  Pferde  und  Kind- 
vieh  fortgetrieben  und  endlich  auch  einige  getödtet.  Wie  be- 
kannt^), befand  sich  der  Orden  in  Waffenstillstand  mit  Witold, 
und  so  wandte  er  sich  an  ihn  mit  der  Bitte  um  Bestrafung  der 
üebelthftter/)   Diesem  Gesuch  naohaukommeni  mußte  Witold 

1)  a  e.  W.  No.  781. 

2)  Posilge  zu  1418  in  Scr.  IH,  376;  Bunge  V,  No.  2261.  Brief  des 
Hofliraeisters  an  ^ft  ister  von  Livlaml  \  om  24.  Juli  1418:  „Die  zeitunge  .  . , 
als  von  den  Samaythen,  das  sit^  iiirlit  willig  woren,  zu  wesen  nnder  dpm 
nuwon  bischoff  und  seinen)  Qapittell,  und  in  welcher  weise  der  oufilouff  ge- 
sehen ist » . .  hoben  wir  Toni<«ieii.'* 

3}  G.  e.  W.  No.  781.  Brief  Witolds  an  den  Hochmeister  vom  11.  Juni 
1418:  „Ir,  doch  mcht  tü  csogem  osnr  Menul*  off  das,  ap  eie  is  ieht  mochten 
•  ■  .  .  wonnMi." 

4)  0,  e.  W.  No.  777.  Brief  an  Witold  vom  8.  Juni  1418:  „Di  Sar 
mayten  ....  hoben  besrhtnMigct  den  knmpthur  czur  Meinel  tind  sienen 
fischem  pccnomen  ort'  anker,  rleider,  ander  gorethe  C.  e.  W.  No.  781. 
Aus  WiU)lda  Brief  an  den  Hochmeister:  „Und  als  ir  srlireiliet,  wie  das  den 
enwern  XYIII  pferde  nnd  drei  etneke  rintfidies  geuameu,  und  drei  mensche 
uff  dem  slrande  inlagen  wertti." 

5)  cf.  oben  S.  211.  Anm«  a  —  6)  C.  e^  W.  Ko.  777. 


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4 


Von  Dr.  R,  Knunbbolta. 


um  so  clier  bereit  sein,  als  seine  eigene  Autorität  ja  von  den 
Samaiton  verletzt  war.  Er  vri  sjirach  strengste  Strafe  aiiszuülMin, 
bat  um  Zusendung  von  LeuLou,  welche  die  Aukla^^  f^erreu  alle 
Beteiligten  erheben  sollten  und  sttiUte  endlich  liückgabe  des 
geraubten  Gutes  in  Aussicht.')  Man  wird  Witold  nicht  das 
Zeugnis  versagen  können,  daß  er  auf  das  gewissenhafteste  allen 
yerpflichtangen  des  Waffenstillstandes  genügte  mit  diesen  Yer- 
spreohnngen,  die  er  auch  wirkliob  hielt')  Aber  wae  war  dem 
Orden  hiermit  i^r  die  lAsang  seiner  £*rage  gedient?  Gerade  die 
rflckaichtsloee  Strenge  mit  der  WitoM  für  die  Anerkennimg  sexner 
Herrschaft  in  Samaiten  auftrat,  muBte  dem  Orden  die  TTeber- 
seugung  aufdrängen,  daB  die  Zeit,  wo  dies  Land  auf  das  lockerste 
mit  Littauen  verbunden  war  und  deshalb  seinen  Eaubzügen  zur 
endlichen  Eroberung  ausgesetzt  war,  für  immer  vorbei  sei.  Kr 
mußte  sieh  sa^en.  daß  W  itold  schwerlich  geneigt  sein  würde, 
ein  Land  auf  dessen  Christianisitirnn^  er  so  viel  verwandt  hatte, 
dem  er  bald  nach  dem  Aufstand  wieder  eine  Kirche  in  Welun 
errichten  ließ,  ihm  dereinst  zufallen  zu  lassen,  damit  er  die 
Früchte  seiner  schweren  Arbeit  genösse.  Nur  zu  bald  sollte  der 
Orden  erkennen,  wie  Witold  und  Jagiello  gesonnen  waren.  Am 
13.  Oktober  1418  wurde  eine  nach  langen  Verhandlangen  zu 
Stande  gekommene  Konferenz  zur  Schlichtung  der  Streitigkeiten 
in  Welnn  eröffnet.')  Der  Orden  muBte  es  erleben,  an  das  1414 
zn  Baciaz  Jagiello  g'-machte  Angebot,^)  anfSamaitens  Besitz  für 
immer  zu  verzichten,  erinnert  zu  werden.  Vergeblich  wies  er 
darauf  hin,  daß  dies  Angebot  durch  die  damals  vorweigerte 
Annahme  seine  Kraft  verloren  hätte.^)     Vergeblich  hob  er  jene 


1>  C.  e.  W.  No.  781. 

fi)  C.  e.  W.  No.  767.  Brief  des  Hodundsten  an  Wilold  vom 
lOi  Aognst  1418:  ,,Csn  mu  ist  na  ...  .  komen  her  Ktotes  *  .  .  den  wir 
era  eawer  derluchtikeit  gesand  hatt«i|  der  enwer  groemechtikeit  .  .  diUiket 
.  .  .  .  des  gerit'htf'^.  das  rrr  ^c  been  ist  an  den  schuldigen  and  obiltetim  ..«,** 

8)  PosilKo  /u  141B  in  Srr.  JII,  379. 

4)  cf.  oben  S.  ^2  u.  Aiim.  7. 

C)  Poeilge  an  1418  in  S«r.  III,  879. 


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214 


ftmuMten  and  der  Deatscbe  Ordan  etc. 


Artikel  des  Friedens  von  Thorn  hervor,  der  für  aTisbreclieTi^© 
Streitigkeiten  ein  Schied  s  ixe  rieht  von  12  Personen  oder  als  höchste 
Instanz  den  Papst  vorschrieb.^)  Da  griff  der  Orden,  veranlaßt 
dtirch  den  Wunsch,  endlich  Frieden  zubekommen,  su  dem  Mittel, 
von  dem  er  sich  wegen  seiner  besonderen  Wichtigkeit  Erfolg 
versprechen  zu  kiinnen  glaubte.  Er  bot  wie  vor  vier  Jahren  zu 
Baciaz  abermals  gänzlichen  Verzieht  auf  Samaiten  an  mit  der 
einzigeil  Bedingung,  das  Land  so  begrenzt  zu  wissen,  daß  wenig- 
stens das  Samaiten  benacLbarte,  dem  Orden  seit  langer  Zeit 
gehörende  Gebiet  bequeme  Grenzen  erhielt.  Aber  selbst  dies 
Angebot,  vermehrt  noch  durch  die  versprochene  Herausgabe 
mehrerer  anderer  kleiner  Besitzungen  vermochte  nicht  Witold 
und  Jagiello  dazu^,  statt  des  von  ihnen  gewünschten  Sigismunds 
einen  Schiedsrichter  zu  nehmen  aus  der  großen  Liste,  welche 
ihnen  der  Orden  zur  Auswahl  vorlegte.*)  —  Abermals  hatte  sieh 
gezeigt,  wie  der  Orden  jetzt  sein  Recht  auf  Samaiten  auffaßte. 
Es  diente  ihm  nur  noch  als  Mittel  zum  Zweck,  nm  wenigstens 
annalierend  seinen  übri^^^eu  Besitzstand  zu  retton.'*) 

Der  Hartnäckigkeit  seiner  Gegner  verdankte  es  der  Orden, 
daß  er  noch  seinen  rechtlichen  Anspruch  auf  dereinstigen  Be- 
sitz Samaitens  in  Hftnden  hatte,  als  dort  eine  Bewegung  aus- 
brach, die  geeignet  war,  noch  einmal  des  Ordens  Hoffnung  m 
beleben.  Schon  am  12.  Januar  1419  weiß  der  sehr  gut  infop* 
mierte  Meister  von  Liviaud  zu  melden,  wie  in  Samaiten  nament- 


1)  Posilge  Btt  1418  in  Scr.  III,  880.    Der  betreffende  Artikel  des 

Thomer  Frieden«  lautet:  „CJiF  das  die  ewige  fruntflchaft  ....  mit  keyner 
czwe^-trarlit  voraeret  worili-,  Sn  sal  irlirh  (ril,  op  czweitracli  und  kritj 
r7V'isriien  en  entstünde,  sclis  personen  gclieii,  und  die  czwelt'  {»ersoiiPii 
soUeu  haben  vollfinacht  .  .  .  alUulche  czweytracht  .  .  .  »lef'lit  czii  ina'^lusn 
nod  ap  äie  io  dem  Orteil  nicht  muchteu  eintrechtig  sieu,  nullen  sie  die 
saeben  csu  unaemi  heiligen  ^oter  dem  Pobste  Ate  csa  eineni  obiimaitn 
senden  .  .  .     c£  BaosyDski  8.  197. 

2';  Posllgo  ZU  1418  in  Scr.  IH,  880. 

3)  C.  e.  W.  No.  7{)2. 

4^  cf.  unrh  liher  die  VerhaDdlaogen  in  W^on:  Baosyneki  S.  881 
No.  VI  und     228  üo.  VIll, 


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Von  Dr.  B.  Krambholts. 


215 


Ueh  die  Bauern  Swidrigcllo,  Jagiellos  Broder,  gewogen  sein.') 
Liefi  dies  sebon  auf  ünzniriedeiilieit  in  Samaiten  seitens  der 
Bauern  mit  Witolds  HeiTschaft  s(;h ließen,  wodurch  sich  leicht 
dem  Orden  Gelegeulieir  bieten  konnte,  dort,  sich  wieder  zu  be- 
festigen, so  wurde  er  bald  dir^^kt  dazu  aufgefordert.  Aufdng 
Februar  14  ly  trat  in  Kaguith  der  Sohn  eines  angesehenen  Bo- 
jaren Kneppe  ein,  um  von  der  Stimmung  in  Samaiten  ein  Bild 
7.n  geben:  Witolds  Herrsobaft  ist  namentlich  bei  dem  gemeinen 
Volk  auf  das  bitterste  verhafit;  aber  auch  Bojaren,  weniger 
Eämmerer  —  wir  haben  sie  als  Unterbeamta  des  Vogtes  in  Sa- 
maiten kennen  gelemt,*)  wosn  Witold  gewiB  nor  ans  Bücksiebt 
auf  die  1409  schon  geftnßerten  Wünsche*)  vieUeicbt  auch  Sik- 
maitan  gemacht  hatte^  —  sind  bereit  raun  ÄbfiJl.  Statt  Witolds, 
dessen  Anhftn^^  nur  noch  in  140  Leuten  bestanden,  wünschten 
sie  sich  Swulngello  zum  Ilerrselier.  Ihm  soll  der  Orden  zur 
Herrschaft  verhelfen  und  deshalb  in  Saaiaiten  einfallen.  Ja  sie 
sind  ihrer  Sache,  Witolds^)  Partei  zu  vemiobten,  so  gewiB,  daß 

1)  Bungp  V.  No.  Brief  des  livUindischon  Ordenstneisters  an  den 
Hochmeister  vom  12.  Jaauar  1419:  „Wir  haben  voruomen,  wie  das  di 
Samayten,  die  mdste  teil  der  gebur,  seill  Swytergayte  gewogen;  also  wer 
is  suche,  da«  dem  Ood  gdaeke  gebsv  das  sie  mit  im  wetden  xnfalleo;  aber 
das  ist  mit  im  mislelch." 

2)  r f .  A U I  .r.  MUs<whr.  Bd .  XX  VI I.  S.  78  u .  A n m .  4  -  3)  C. W .  Nu .  11 1 S .  183. 
4)  Schiebhido  XVI,  No.  12.    Bripf  des  oberston  Marsfhalls  an  den 

Hochmeister  vom  5.  Februar  1419:  „Geriichet  czu  wissen,  das  eyn  tiiiier, 
eyn  Samajtlie,  cm  uns  ist  gekomen,  dco  hat  uns  der  kompthar  tod  Bagniih 

gesandt  bey  ^yme  tolke  der  ist  Kneppe  son,  als  her  spricht  .... 

Der  hat  uns  dieselbe  aeitonge  geoayt  die  der  erste,  der  vor  czu  ans  ist  ge- 
komen,  hat  gesait  und  noch  bessere,  went  her  Rpricht,  das  die  gancze  ge- 
meyne  des  landes  Samaythen  wiUiclichen  >j;enie  seyhe  (—  siUn  ),  das  der 
Ofden  dorczu  thun  weide  und  mit  eyme  beere  komeu,  so  weiden  sie  in  das 
landt  entwerten  an  alle  arbeith  and  rnnhe,  wenn  in  dem  gancsen  lande  nu 

140  seyn  als  kemerw,  die  ee  mit  W^lde  beiden  nnd  nicht  meer  

Und  bobens  also  vor,  wenn  sie  wei-deti  dirfaren  das  eyn  Iie*  r  vom  oi-den 
qweme  tind  wurde  npgesant,  f?o  wollen  sie  die  140  die  es  mit  WytoM  lialdcn 
rzn  standen  vahen  und  dem  orden  entwerten.  Sunderlieh  sprirlit  her,  wenn 
sie  Swtttergaile  hatten  im  lande  adir  in  hie  im  lande  wüsten,  sie  weldens 
Im  geloben  nnd  dorczu  helffen,  das  her  das  landt  eca  littowra  one  wee 
und  one  Wytbowis  dank  solde  dirkrygen  und  das  Iwhalden.  Oacb  i^rieht 


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216 


Sttmuton  nnd  der  DeotBcKe  Orden  etc. 


sie  Bich  satranetiy  selbst  Wiiold  aus  Littauen  zu  vertreibeii.  Ob 
der  Orden  dem  die  Wahrheit  seiner  Schilderang  auf  das  naoh- 
drflcklichste  versichernden  samaitischen  Boten  Qlauben  geschenkt 
hat,  ob  Swidrigello,  vom  Orden  untersttttzt,  sich  zum  Prftten- 

denten  aufgeworfen  hat,  wissen  wir  nicht.  Aher  es  ist  wenig 
wahrscheinlich,  wöil  erstens  auch  nicht  die  f^eringste  Nachricht 
darüber  vorliegt,  sodann  iui  Juni  1411)  diu  Hamaiton  si  lion  wieder 
Einfälle  in  das  GrMf^t  der  Comthiiroi  Memel  nuiclieii,')  t  udlich 
Anfang  Mai  schon  der  Orden  sich  zu  einem  gäuzlicbeu  V»  rzicht 
auf  Samaiten  entschloß.  Es  geschah  dies  auf  einer  VerHammluug 
zu  Gniewknow  in  Cuiawien,  die  auf  Veranlassung  des  Papstes 
stattfand,^  um  wiederum  eine  Schlichtung  der  Streitigkeiten  zu 
versuchen.  Hier  zum  ersten  Mal  sprachen  sich  Witold  und  Ja- 
giello  in  vdlUg  prftciser  Form  ans,  wie  weit  sie  Samaiten,  das 
fftr  immer  bei  Littauen  bleiben  soll,')  auiE^edehnt  wissen  wollen: 
„In  partibus  Litwanie  et  Sameytbarum  incipiantur  limites  et 
Marisalso  usque  ad  fluvinm  Memel,  ita  quod  Castrum  Memel 
maneat,  prout  est,  in  terra  Sameytarum."    War  die  Grenze  Sa- 


her* dwB  drej  bayoren  der  besten  es  mit  der  gemi\\  iio  lüiJil.  n  mul  gerne 
weiden  seVi'-n  uml  dorczu  heliVn,  das  das  ^csi  Ii.  als  oben  gescbreb«  11  ht, 
nnd  nemilir  lion  das  das  grschege  iioclj  in  diesem  w  yiiter  ....  Wir  haben 
im  also  gesayt,  das  der  Orden  .  .  .  uf  eyns  matines  rede  so  getane  ding 
nidit  mochte  gethttn.  Rimmb  so  hat  her  sich  des  gelobt,  ....  her  welle 
Widder  in  Sunaythen  geen  und  welle  drey  «dir  vier  d«r  beeten,  die  ee  mit 
der  gemeyne  halden  mit  im  bringen  uff  eymlirlio  stat  bey  der  Mymracl, 
cza  der  vär  die  unsom.  wen  wir  wollen  dotme  snllon  senden  und  sull.  n 
eygentlirb  hören,  dirtanm  und  beiluden,  das  die  diüg  in  der  warheit  also 
bcyn  und  andirs  nicht 

1)  Schiebtode  XVIa.  No.  40.  Brief  des  Hauacomtur  von  Memet  an 
den  Hochmeister  vom  3.  Juni  1419:  „Dy  Samaithen  hoben  uns  genommen 
16  pferd  ....  und  haben  ^  man  trelagen  und  Tormissen  noch  11  man  d7 
wyr  Iii«  hf  Avissen,  op  sy  erslagen  syn  adtr  nicht,  sunder  ir  schiffe  höbe  sy 
vorbrant  und  tzu  slagcn  .  .  . 

2)  Posügc  zu  1419  iu  fcJor.  Iii.  362. 

8)  Raczynski  8.  237:  „Ipsa  terra  Samaytharnm  cum  eodem  Castro 
peipetnis  temporibus  circa  dominos  regem  et  magnnm  ducem  litwanie 
remaneat  conservata.'*  -  Die  im  Text  angetHhrtea  lateinischen  Worte  finden 
sich  anch  bei  Bacsynafci  S.  2S7. 


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Von  Dr.  B.  Krambbolt& 


217 


maitens  nach  Preiißi»n  zn  damit  bestimmt  fixiert,  so  selieiut  mir 
dies  für  Samaiteu  und  l^ivland  nicht  iu  gleicher  Woise  geschehen. 
Zwar  war  durch  die  heilige  Aa  eine  deutliche  Soliold«"'  zwischen 
beiden  Ländern  gegeben,  aber  doch  nar  für  eine  kleine  Strecke. 
Wenn  dann  der  weitere  Verlauf  der  Grenze  nicht  anders  ge- 
regelt wurde  aU  durch  die  Bestimmung,  daß  die  „antiqnae  gra^ 
Dieies'*^)  zwincben  beiden  Ländern  wieder  in  Kraft  treten  sollten, 
80  konnte  die  darin  liegende  Unbestimmtheit  doch  wohl  leicht 
zu  Grenzstreitigkeiten  Veranlassung  geben.  Indessen  derartige 
praktische  Folgen  waren  nicht  möglich,  weil  der  Orden  zwar 
auf  Samaiten  verzichten  wollte,  Hemel  aber  auf  Grund  von  Pri- 
vilegien als  zu  seinem  Gebiet  gehörig  reklamierte,  so  da£  man 
wieder  resultatlos  auseinander  ging.')  Nun  endlich  schien  der 
Krieg  den  Ausschlag  geben  zu  sollen.  Schon  standen  nach  Ab- 
lauf des  Waffenstillstandes  am  18.  Juli  beide  Parteien  gerOstet 
da,  weil  der  Hochmeister  einem  Schiedsspruch  Sigismunds  allein 
sich  zu  fügen  verweigert  hatte,"';  als  es  am  19.  Juli  1419  noch 
einmal  (h-n  liemiiliungen  der  päpstlichen  und  englischen  Ge- 
sandten gelang,  den  Wattenstillstand  bis  zuiu  13.  Juli  1420*}  zu 
verlängern.  Ausdrückliche  Bedingung  Jagiellos  und  "Witolds 
war,  daß  sich  der  Hochmeister  zur  Anerkennung  des  demnächst 
v«m  Sigismund  zu  verkündigenden  Schiedsspruchs  verpflichtete.^) 
Dieser  wurde  am  6.  Januar  1420  zu  Breslau  gefällt.*)  Man  kann 


1}  Haczyuski  S.  233:  „Inter  terras  Öatnaytarum  et  Livonie  contiuu&ndo 
b  man  satoo  nsqne  ad  iDtroitmn  flavü,  qm  dicitar  A  et  sscendendo  eundem 
fluTimn  Borsom  usqne  «niiqnas  granicies  terrarum  predictarnm  " 

2)  Sacsyndci  S.  239:  „Super  castmm  Memmil  req[tondetur,  qnod  illnd 

CMtrum  Dunquam  spectabat  ad  ton-um  Samagitarum  sed  ad  terram  Cnroniam 
(so  wird  woh!  i\m  bei  Raczynski  gedruckte  W(irt .  „Curonieu"  za  leMD 
•an)  et  ordo  habet  bonas  litt4'raa,  qnnrl  rastrum  a<l  euui  spectat." 

3)  Posilge  zu  1419  iu  Scr.  III,  '^l  -  4)  Raczynski  S.  248  No.  Vi. 
6)  Posilge  sm  1419  in  Scr.  IH,  :^84;  Dogiel  IV,"  No.  88  S.  103. 

6)  Dsialynski  1,2.  Teil  S.  68-62:  „Prononciamoa  nt  

de  terrü  Prossie  et  SamagitUram  dispositio  concotdie  ante  Thomm  fikcta 
<^ebet  remanere  in  suo  robore  hoc  modo  vidoh'cet,  quod  dotnini  do  Pnissijv 
iTiter  fluvliim  Mcrael  *}t  inda^iiK.-s.  Saina^^ifturum  di'l'eant  jK).S9idere  ;a  fluvio 
^i^äxif  desceudendo  ust^uo  ad  cafltnitn  Motnel  iaclusive  et  mare;  dux  autem 


Digitizcü  by  ^(j^j-j.l'^ 


218 


Samaiten  and  der  Deutsche  Orden  etc. 


den  auf  Saiiiaiten  bezüglichen  Teil  des  Urteils  dali in  formulieren, 
daß  man  es  eine  Wicderliohiiifr  des  Thoriier  Friedens  mit  einigen 
geographisciien  Präzisierungen  nennt  Demgemäß  blieb  Samaiten 
auf  Lebenszeit  bei  WitoM  und  Jagiello,  fällt  dann  aber  an  den 
Orden  zurück.  Nea  ist  folgendes:  Witold  besitzt  außer  Samiiten 
aucb  noch  die  zwischen  der  Memel  und  Samaiten  gelegene 
dagines**,  d.  b.  Grenzwehren  bis  zu  dem  kleinen  Flofi  Bodaa,') 
wftbrend  westHob  davon  bis  zur  Festung  Memel  und  zwar  ein* 
schließlieh  derselben  der  Orden  die  hier  befindlichen  ^indagines" 
sein  nennon  soll.  Endlich  wird  noch  festgesetzt,  daß  der  Nenhau 
von  Kastells  auf  den  erwähnten  Grenzwehren  beiden  Parteien 
verboten  ist.  —  Es  ist  erklärlich,  daß  ein  solches  Urteil  auf 
beiden  Seiten  großen  Eindruck  machen  mußte.  W&hrend  einer- 
seits Witold  und  Jagiello  keineswegs  geneigt  waren,  sich  mit 
dem  Gedanken  tragen  zu  sollen^  ein  Land,  das  sie  als  das  ihrige 
f&r  alle  Zeit  schon  angesehen  hatten,  dereinst  an  den  Orden 
fallen  lassen  zu  müssen,  und  ferner  auf  das  tiefeto  darüber  em- 
pört waren,  daß  ihnen  auf  eine  große  Strecke  die  Herrschaft 
über  das  rechte  Memeliifer  entzogen  \var,  wuchs  dem  Ürdeu 
wieder  der  Math,  für  die  Behauptung  des  ihm  nun  noch  ein- 
mal zugesprochenen  Anrechts  auf  Samaiten  energisch  einzutreten. 
—  Es  würde  überflüssig  sein,  alle  die  einzelnen  lUageartikel  der 
Beihe  nach  aufznfllhren,  welche  beide  Parteien  das  gsnze  Jabr 
1420  hindurch  erließen,  weil  in  allen  dieselben  Dinge  nur  in 
variierter  Form  wiederkehren.  Ich  begnüge  mich  daher  mit 
Hervorhebung  der  markantesten  und  schließe  daran  eine  Schilde- 
rung der  Eroignisso  des  Jahres  1420,  die  erklärlicher  Weise  zum 
größten  Teil  durch  den  Federkrieg  veranlaßt  wurden.  Die 
Hauptgesichtspunkte  der  von  Witold  und  auch  Jagiello  gegen  den 
Breslauer  Spruch  erlassenen  Deduktionen  sind  folgende:  Samaiten 


Witandns  debel  poeddet«  totam  terram  Samagittaram  et  cum  iUo,  qae  est 
inter  indagines  et  flnrnen  ICraielt  incipiendo  ab  iodaginibns  naqne  ad  capnt 
fluminis  Kedan  et  procedendo  recto  tranite  .  .  .      (S.  61.) 

1)  Redan  bei  DzialynRl^i  int  der  Fluß  „Rodau".   £r  liegt  swiwben 
Georgenbnrg  imd  Weloo.   ci.  Töppen:  Geographie  8.  108. 


Digitizcd  by  Lit.jv.'vi'^ 


Von  Dr.  K  Krambholts. 


219 


durlte  nicht  durch  Ueberweisung  eines  Teils^)  der  „indaginos" 
an  den  Orden  um  die  Hälfte  verkleinert  werden,  wie  sehr  ^oß- 
spr-M'heri??eh  bnhauj»tot  wiird--;  denn  Sainiiiteii  wird  dadurch  sein 
NahrungsspiolrauMi  \'orringert.  £a  wird  ihm  die  Gelegenheit 
genommen  zur  Jagd,  Fischerei,  Gewinn  von-  Honig;  es  wird 
der  Möglichkeit  beraubt,  das  nötige  Holz  sich  zu  beschaffen,  mit 
einem  Wort:  Samaitens  Existenz  ist  in  wirteobaitUcber  Besiehnng 
völlig  onterbnnden.')  Nach  dieser  Darlegnng  der  Grttnde  gegen 
die  üeberweisnng  der  auf  dem  rechten  Hemelufer  von  der  Bo- 
dan  an  gelegenen  „indagines''  oder  Haine,  ist  ein  sweites  Sta- 
dium der  Beweisführung  Witolds,  daß  Samaiten  ihm  gehöre. 
Er  fhhrt  daför  ins  Feld,  daß  alle  Ansprüche  des  Ordens  auf 
Süinaiten  sich  nnr  aiit  seine  Bereitwilligkeit  zurückluhrou  lieiJeii,'') 
daß  der  Orden  aber  durch  tVfiwilliprn,  dem  König  von  Polen 
gegeiniber  ansgesprorhr-non  ^'erzieht*)  sein  Rodit  vorloron  Imbe. 
Unbf'streitbar  dagegen  sind  die  von  seinen  Vorfahren  aul  ihn 
übertragenen  Rechte  über  Littauen  und  das  von  diesem  unser- 
trennbare  Samaiten ;  denii'^)  „Samaiten"  sei  nur  ein  geographischer 
Begriff  und  bedeute  «Tiefland^,  während  „Auzstote''.  ein  Wort, 


1)  Baesynski  8.  269  No  VI  Klageat^al  Jagiellos  und  Witoiaa: 
;»Iteiii  das  sein  (d.  h.  Siginniinds)  oMprach  widdir  in  selbir  were,  want  der 
fridiebriff  Tün  Tfaoron  gemacht,  den  der  römische  konig  mechti>^  <;etcilei 
halt«,  dnm  konige  und  hert/.<i<:  Wvlf)iiten  ganz  zuspreche,  das  hör  das 
land  der  Samaiten  dennoch  itzuat  mee  wenn  die  heifite  in  abgesprochen 
bette.  .  .  . 

S)  O.  e.  W.  No.  861.  Schrift  Witolde  so  Sigismund:  „Adiudicestie 
OOS  pro  ordine  omnes  metiores  et  msiores  atilitatee  et  proventns,  nt  sank 
venaciones  omniam  ferramm,  piaeatnre,  mellifieia  et  allos  iractns,  sine 

qnibus  ip.sa  form  SarnnytaruTn  ncqnaqnam  stare  potest  nec  vivere  , 

incole  dicte  terre  Samayt&rum  iam  .  .  ,  non  habent  ligno  pro  eomm  ubi 
ficindere  neceaeiiate.** 

8)  C  e.  W.  No.  861:  „Si  (cmciferi  terram  Samaytaram)  aliquando 
possidenmt,  hoc  tarnen  de  noetra  fuit  volnntate  et  consenSQ. 

4)  Raczjmski  8,  269  No.  VI:  ^Item  so  sey  dem  konige  tsii  Folaa 
abegeBp^<'^'^n  landt  ....  die  im  der  orden  selbir  geboten  hat.'' 

5)  C.  e.  W.  No.  861:  „Sentonriasffs  ....  primo  in  terra  F'aTnavtÄrnm, 
que  est  hereditas  et  patermoninm  noätruiii  ex  legitima  attavorum  et  avoram 
nostronun  stuscesiione,  quam  et  nunc  possidemus,  que  eciam  est  et  Semper 


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220  Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 

mit  dem  die  Samaiten  y^Iattaueii''  beoeiolmen,  sich  dnroli  „das 
Hochland'^  wieder  geben  lasse.  SpracHe,  Abstammtiiig  je  Joch 
»ei  beideu  Ländern  gemeiiii>am.  Wie  Littaiien  ihm  gehöre,  so 
stelle  ancli  ihm  der  dauernd«  Besitz  des  auf  ewig  davon  iinzer- 
treniihareii  Samüiteiis  zu.  Vergfblioh  waren  liiergegeu  alle  von 
Sigismiiml  angefüiirten  Hinweise  auf  die  dem  Orden  durch  den 
Thorner  Frieden  bewilligten  Ansprüche,  vergeblich  die  Betonimg 
des  Rechtes  des  Einzelnen,  Abtretungen  anzubieten  und  wieder 
rückgängig  zu  machen.*)  Vergeblich  auch  die  AusfOhnuigen 
des  Ordens  an  die  yerschiedensten  Adressen,  wie  notwendig  für 
den  Orden  das  Kastell  Hemel  sei,  durch  das  wenigstens  an 
einem  Punkte  die  Verbindung  swischen  den  beiden  Ordens- 
zweigen  erhalten  bleibe.*)  Das  Einsige,  was  erreidit.  wurde, 
war  eine  Zusammenkunft  in  Welun  am  8.  September  1420.^) 
Aber  wie  zu  erwarten,  platzten  erst  recht  hier  die  entgegenge- 
betztou  Ansichten  auf  eiuaudür  los.  Mit  unerschütterlicher  Kon- 
sequenz erklingen  wieder  Witolds  Forderungen:  Begrenzung 

fuit  unutn  et  idem  cum  terra  Lythwanie,  nam  uiuim  ydeoina  et  uni  homtues. 
Sed  quod  terra  Samaytorum  est  terra  inferior  ad  tcrram  Lythwanie,  ideo 
SKOmojtb  Tocaiar,  qnod  in  lythwaitico  terra  inferior  interpretatnr.  Sanoyte 
vero  Lythwaaiam  appeUant  Awntote,  quod  est  tma  anpertor  respeeta  terra 
8ama3rtamiii*  S;«magitte  qaoqtie  homines  se  Lythwanos  ab  antiquis  tempori- 
bns  et  nnnqtiam  Sainnyfas  npppüant  et  propter  talem  ydompf  itatem  in  titiilo 
nosti-u  iiDS  clo  Samagitia  uon  scribituas,  qoia  totam  anum  est,  terra  una  et 
homiiies  uni." 

1)  C.  e.  W.  No.  869.  Ans  Sigismunds  BegrQndnngsschrift  Ar  das 
Breslaner  Urtheil  an  Witold  gerichtet:  nQootnodo  enim  potoieaemaa  terram 
Samaytaram  in  perpetuum  vobis  adiadicaro,  mm  timcn  vestro  eouaensa 
in  tenoro  pafis  jverprttu-  inite  ante  Thonin.  illa  debeat  pust  mortem  vestram 
ad  Cnif  ilrros  pcrvt'iuie?  ....  (^uod  et  vestra  fratemita«  asserit,  ipsos  in 
termiuis  placitornm  sponte  et  libere  sepiuB  obtulisse,  poterant  emm  et  ad 
httc  poflsnnti  cum  Sit  unusquisriQe  in  re  sna  moderator  ei  arhiter. 

8)  C.  e.  W.  No.  eea  Anklageachrüt  des  Ordens  gegen  Witold  beim 
Papet:  „Petivit  ...  in  modum  future  conoonlio  districtnm  Samagitanim 
et  proprietntcm  pfi-pptuaTti.  nltiii  hum^  limitr's  pranicierura,  de  qiiibn»  retro- 
nrtis  t4*nj|K)rilais,  (|uin  ad  ordinem  pertiim*  rint,  nulla  uuqnam  dnhilurio  fuit. 
In  quorum  liniitum  spacio  Castrum  .  .  .  Memmel  includiiur,  et  eo  modo 
fieret  disoontinuacio  terranun  Lywonie  et  Pinssie.** 

8)  C.  e.  W.  No.  896. 


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Von  Dr.  K.  Krumbholtz. 


281 


Samaitens  durch  die  Memel,^)  ewige  Abtretung  dieses  Landes 
uud  Vernichtung  ail'-r  Dokaiannte,  auf  welche  hin  dor  Orden 
Anii}a"ücliü  «rheben  küuutö.")  Nichts  half  dem  Plochineister  die 
Berufung  auf  die  Ordens-Privilegien,  niclits  der  Ilinweis^j  auf 
den  Ausspruch  von  Breslau.  .  Wenn  man  trotzdem  noch  nicht 
alle  Brücken  abbrach,  sondern  noch  einmal  den  Waifeastillstand 
bis  zum  13.  Juli  1421  ausdehnte,^)  so  mag  Witold  dazu  durch 
die  allgemeine  Friedenesehnsucht  in  Littauen  ^)  getrieben  worden 
eein.  Genug  der  Zustand  der  Ungewi£heit  wurde  wieder  ver^ 
lingerb)  ob^eich  der  Orden  die  Nntadosigkeit  dieser  sobon  so 
oft  erprobten  Mafiregel  längst  hätte  einsehen  mflssen.  Das 
Land,  auf  das  er  sich  noch  immer  Hoffiiung  madite,  das  der 
Bischof  von  Curland  auch  jetat  noch  für  die  Zukunft  als  eine 
Domäno  des  Ordens  ansah,  wie  seine  Bitte  an  den  llochmeistor 
bei  der  Erriehtniig  eines  Bistums  iu  Samaiten,. seiner  Kircho  den 
ihr  gebührenden  Sprengel  zu  geben,  zeigt,")  unterließ  anch 
während  dieses  Waffenstillstandes  nicht,  dem  Orden  seine  Ab- 
neigung EU  zeigen.  Was  halfen  alle  Klagen  des  Ordens  über 
Verletzung  seiner  Unterthanen  an  der  Memel^)  bei  Witold,  was 

1)  C.  e.  W.  Xo.  898:  „Isti  sunt  antii^ui  limitos  nostre  terro  Samuyturuin 
per  fluvium  Hemel 

^  Aus  dfls  Hoehmuit«»  Antwort  gehen  die  weiteren  Fordenrngen 

Witolds  hervor.   C.  e.  W.  No.  89B:  „JJft  die  nssatczunge  der  grenitosen 

und  auch  der  Gfwerbe  die  die  euwirn  tms  vorbracht  Imbcn  mit  sulcher 
meinunge.  das  das  land  czu  Sarnayten  uiul  onch  die  wiltnisse  uff  ienseit 
der  Meiumel  loit  ihreu  Ufigesatczteu  greuilc^eu  bulUeu  ewiciichen  abegetrtiteu 
werdeD,  nnde  die  «Iden  biiflb  getottit  nnd  nnwe  d<Nrobir  gemachefc  wecdnk 
....  die  aiitWOTt  " 

3)  C.  e.  w.  No.  Sm  S.  496.  -  4)  Ebendaselbst  899. 

5)  Bunge  V.  No.  2455.  Brief  livlfinrlischen  Meisters  an  den  Hoch- 
meister vom  B.  Februar  1420:  ,.Wir  liabeu  gestern  .  .  .  gehört,  dat  .  .  .  . 
boiarem,  gebtier  uud  ouch  burger  ....  hoffeten  freJes,  und  sich  wol  etlicher 
UMSse  beUageten,  das  da»  latid  sa  Litthewen  sere  vorennete,  und  keine 
krieges  weeeen  möchte.'*  —  6)  Bange  V,  No.  2461. 

7)  C.  c  W.  No.  901.  Brief  des  Hoolimei«te«8  an  Witold  vom  30.  Sep- 
tember 142<):   ..Wir  können  .  .  .  nirlit   vorswigen  ....  den  ^drank  nnsir 

armen    lewte,  wend  urisir  arinon  lowte  bei   der  Memel   in  der 

wiltuisse  irer  habe  berowbt  .  .  .  uud  dorczu  swerlich  gehandüt  uud  geslagen 
Ton  den  SameyUien  . .  . 


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222  Sftmaiten  und  der  Deutoche  Orden  etc. 

gewann  ui.ui  au  Garantie  filr  den  zukünftigon  Besitz  Samaitens, 
falls  er  wirklich  die  Einwoliuer  des  Landes  bestraf te,  wenn  Witold, 
auf  dessen  Haltung  alles  ankam,  gelegentlich  den  Samaiten  die 
Versicherung  gab:^)  ^derwile  das  her  und  ein  here  in  Littowen 
lebede,  solden  bw  dem  orden  nicht  werden?"  Und  die  ErfdllaDg 
dieses  Yerspreohens  aohien  am  so  gesicherter,  als  Wiiold  nnd 
Jagiello  tvots  aller  Bemühungen  des  Ordens  bei  der  Knrie,  Lii* 
tauen  und  Polen  znr  Anerkennnng  des  Spruches  von  Breslaa 
zu  vermögen,*)  trotz  aller  Kiiergiu  des  Ordensprokurators  zu 
Rom,')  im  September  1420  eine  ]>Äpstliche  Bulle  erreicht  hatten, 
wonach  für  Weihnachten  1420  der  Papst  beide  Parteien  vor 
seinen  Stuhl  citiert  zur  Entscheidung  der  Diflferenzen.*)  Kaum 
aber  waren  die  Delegierten  der  beiden  streitenden  Teile  abge* 
reist|^)  als  sich  eine  Aenderung  der  Stimmnng  in  Born  in 
Gunsten  des  Ordens  seigte  und  Jagiello  am  6.  Deoember  1420 
die  Anweisung  erhielt,  den  Breslauer  Spruch  zu  respektieren.') 
Auf  die  Ursachen  für  diesen  Umschwung  in  der  Ansicht  des 
Papstes  einzugehen,  ist  für  uns  ohne  Interesse.  Die  Jlaui>t- 
triebfeder  war  Sigismund,  der  auf  das  uuchdriicklii-hste  zu  er- 
kennf^n  gab,  wie  sehr  ihn  ein  Vorgehen  gegen  den  Orden  ohne 
Rücksicht  auf  sein  zu  Breslau  gefälltes  Urteil  verletzen  würde/) 
War  so  die  Gefahr  eines  parteiischen  Vorgehens  seitens  der 
Kurie  vermieden,  so  war  das  positive  Besultat  der  in  fiom  vor- 
genommenen Untersuchung  für  die  Lösung  der  Frage  nicht  er- 
mutigend. Der  Papst  schützte  das  gewiß  nur  zu  berechtigte 
Bedenken  vor,  daß  sich  des  Ordens  Gegner  seinem  Spruch  nicht 
fügen  würden,  und  riet  deshalb  in  Rür-ksicht  auf  die  Schwäche 
des  Ordens  zur  Nachgiebigkeit,  wenn  er  auch  den  Verzicht  auf 
Samaiten  direkt  vorzuschlagen  sich  scheute.^)  —  So  hing  die 


1)  Die  im  Text  citierten  Worte  stehen  in  etnem  Brief  des  livlAodisclieii 
Ordemmeisters  vom  86.  Mars  142a  cf.  Bonge  V,  S46a  —  S)  Bung»  V, 
No.  2505  u.  2612.  —  8)  Ebendaaelbst  2498.  -  4)  Voigt :  G.  Pr.  \U,  S.  381 
Anm.  3.  -  6)  Raczynski  S.  267  No.  Y  nnJ  Toi^^t:  G.  Pr.  VU,  S.  388.  - 
6)  Eaczyuöki  S.  271  Ts^o.  TU.  —  7)  Voigt:  G.  Pr.  VU,  S.  :i83. 

8)  Bunge  V,  No.  254T.    Aus  dem  Bericht  des  Ürdensprokurators 


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Von  Dr.  fi.  Krambholta. 


samaitische  Frage  und  mit  ihr  aiiclere  noch  immer  in  der  Luft, 
Noch  dauerte  ja  der  Watienstillattuid  bis  /um  13.  Juli  1421; 
wie  sich  dann  die  Dinge  gestalten  würden,  war  nicht  abzusehen. 
Dio  VorglüBge aber,  welohe sich  Aufaug  1421  iu  Öamaiten  abspielten, 
waren  keineswegs  geeignet,  dem  Orden  Vertrauen  für  einen  der- 
einstigen Bttokfall  dieses  Landes  an  sich  einzuflößen.  Ln  Gegen* 
iail,  es  zeigte  aioh  bei  Witold  ganz  deaUioh  das  Streben,  seine 
Henschaft  dort  anf  jede  Weise  an  konsolidieren.  Wohl  wissend, 
daB  eine  Ton  ihm  nnterstatete  Geistlichkeit  ein  gutes  Mittel  aar 
Befestigung  seiner  Position  sei,  bemüht  er  sieh*)  anf  das  eifrigste 
Änfimg  1491,  das  verwaiste  Bistnm  Hiedniki  nen  m  besetzen. 
Er  schlägt  daför  den  Propst  Nicolaus  vor,  der  ihm  von  seiner 
bisherigen  Thätigkeit  in  Truki  gewiß  genügende  Garantie  l)ot, 
daß  er  in  seinem  Sinn  in  Samaiten  wirken  würde.  Wenn  er 
sodann  angelegentlich  für  kostenfreie  Bestätigung  diese.s  NieolRii« 
als  Bischof  durch  die  Kurie  eintritt,  dies  Gesuch  mit  der  Armut 
des  Bistums  Miedniki  begründet  und  weiter  ausführt,  daß  man 
die  neuen  Christen  in  Samaiten  nicht  mit  kirchlichen  Lasten 
belegen  dürfe,  so  liegt  auch  dem  wieder  nach  meiner  Ansicht 
ein  weiteres  Motiv  m  Grunde.  Er  hatte  das  Christentum  in 
Samaiten  eingeführt;  Schwanken  im  Glauben,  wie  es  auch  jetat 
noch  vorgekommen  lu  sein  scheint,')  Unzufriedenheit  gegen  die 


über  die  vor  dem  Papste  gepflogenen  Verhandlungen.  Auf  ein  Ucäuch  nn 
den  Papst,  Frieden  zu  verordnen,  erwidert  er:  Vorbiete  wir  im,  wir  besorgen 
ms,  hör  bald«  nicht  gehorsam 

1)  Napim«ky:  Riusiaeh-Uvlindiacbet  Urknndenbacb  Na  314.  Brief 

Witolds  an  den  Papst  vom  20.  Januar  1421:  „SappHco  ....  quatinas  compa- 
ripHt^-s  novitati  in  fide  gentis  eiusdem  et  in  proventibua  t«neritati  orrlosie 
(Me^tnicensis)  propter  sui  novam  plantaciuneni  ....  de  miseracione  patemi 
greiaii  de  accepto  grates  ab  altissimo  grate  et  gratis  dispens&ndo  .... 

Nieolao  ad  eandem  ....  providere. 

8)  0.  e.  W.  No.  966.  Ans  einer  Bnlle  Martins  V.  an  die  Samaiten 
Tom  11.  September  1421:  „Cum  .  .  .  .  ut  nuper  displicenter  accepimus,  ex 
nonnnllis  angustüs,  ut  dicitur  vobis  illafis,  phirirntim  fonsternati  et  afHicti 
in  aniini»  sitis,  devociones  vestras,  .  .  .  exliortauur  iu  domino,  ut  de  huius- 
moJi  coucarrentibas  et  quibusconque  alÜB  molescüs, ....  uullatenna  oontur- 


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294 


Samaiten  und  der  Deutsche  Orden  etc. 


Kirche,  mußten  sich  auch  gleichzeitig  gegen  ihn  als  Patron  der- 
selben richten,  und  konnten  «^ine  Soliwadiung  seiner  llerrscluift 
im  Lande  zur  Folge  habon.  Benn^t,.  »  r  ao  einerseits  der  Unzii- 
friedeuheit  der  Samaiteii  in  x  liickter  "Weise  vor,  so  ließ  er 
anderseits  auch  keine  Gelegenheit  vorübergehen,  ihre  Dankbarkeit 
«ich  zu  erwerben.  Der  Erzbischof  von  Riga  und  seine  Snffragan-Bi- 
Bcböie  hatten  in  Samaiten  Einfalle  machen  lassen.  Sofort  als  be- 
soigter  Landesvater  wirkt  Witold  beim  Papst  eineBolle  anSf  die  wei- 
tere derartige  BelAstigangen  mit  den  härtesten  geistlichen  Strafen 
bedroht.^)  Diese  Fürsorge  Witolds  wird  gewiß  dazn  beigetragen 
haben,  das  Verhfiltms  swiscfaen  ihm  nnd  den  Samaiten  zu  einem 
nooh  besseren  zu  gestalten.  £s  is  wohl  anzunehmen,  daß  der 
Orden  Aber  alle  Vorgänge  in  Samaiten  orientiert  war.  Viel- 
leicht gellt  man  nicht  irre,  wenn  man  aiiuimmt,  daß  der  Orden 
in  Hinsicht  auf  die  geschickte  Art  und  Weise,  wio  Witold  sich 
aJs  Forderer  der  Woldiahrt  des  Tiandes  zw  geben  vorstand,  nach 
einer  kurzen  Zeit  der  Hotinungsfruudigkeit,  verursacht  durch 
den  Breslauer  Aussprach,  wieder  zu  der  Erkenntnis  kam,  daß 
anf  einen  Anschluß  eines  ihm  auch  innerlich  so  entfremdeten 
Landes  nicht  mehr  su  rechnen  sei.  Jedenfalls  spricht  daftlr  die 
Erklllmng  des  Ordens  vom  17.  Juni  1421.*)  Sigismund  hat  die 
Hofihung  auspreohen  lassen,  daß  er  vielleicht  einen  ewigen 
Frieden  zwischen  Jagiello,  Witold  und  dem  Orden  vermitteln 
könne;  als  unerlAßliche  Bedingung  stellt  er  Verzicht  auf  Samaiten 
hin.  Nach  einigen,  die  Schwere  des  VerlnstM  ansdrfickenden 
Bemerkungen  erklärt  der  Orden  seine  Bereitwilligkeit  zu  diesem  * 
Vorschlag  r.utl  fordert  nur  noeli  für  Preußen  und  Livland  erträg- 
liche (ireuzbestinimuDgen.")    Ob  Sigismund  wirklich  berechtigt 

1)  C.  e.  W.  No.  942.  Bulle  Papst  Martins  V.  vom  11.  Mai  1121  au 
den  Enbischof  von  Riga  und  seinen  Snffragann:  „Nuper  .  .  .  petieionem 
....  Wytoldi  ....  cum  qnerola  aocepimus,  qnod  dflecti  filii  Samayti  .... 
imde  sarri  baptismatis  sint  renal i  Tarnen  voa  ....  eosdem  Samaytos 

.  .  .  hostiliter  invadi  ....  permittitie  et  iubetis 

2)  C.  e.  W.  Nu.  y44. 

3)  C.  e.  W.  No.  944.  Brief  des  Hochmeisters  an  Sigismund  vom 
17.  Jani  14S1;  der  Hochmeister  apricht  tod  dem  Inhalt  eines  ScfareibenB 


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Von  Dr.  B.  Knraibliolte.  225 

tnr,  dem  Orden  solche  Aussichten  zn  machen,  wissen  wir  nicht. 
Es  ist  leicht  möglich,  daB  er  sich  der  Hoffnung  hingah,  durch 
derartige  Versprechungen  den  Orden  ftlr  sich  in  der  Hussiten- 

frage  zu  gewinnen;^)  fest  steht  jedenfalls,  da6  von  einem  völligen 
Ansgleich  zunächst  nicht  ernstlich  die  Ivedf  ist.  Alles  was 
erreicht  wurde,  bestand  wieder  in  einer  Verlängerung  Waffen- 
stillstaudes  bis  zum  13.  Juli  1422,  und  zwar  verdankte  der  Orden 
dies  Zugeständnis  den  Bemühungen  des  Pcipstes,  sowie  des  Mark- 
gisien  Friedrich  Brandenburg.*)  Die  Lösung  der  samaitischen 
Frage  war  also  nur  wieder  hinausgeschoben,  nicht  gefördert. 
Höchte  Wiiold  wie  im  Jahre  1418*)  auch  jetet  nach  dem  Wunsch 
des  Ordens  Bestrafung  der  den  WaflPenstillstand  nicht  respek- 
tierenden Samaiten'*)  versprechen,*)  der  Ph  kenntnis  wird  niemand 
sich  mehr  verschlossen  haben,  daß  liior  nur  das  Schwert,  in  der 
Lage  sei,  zn  entscheiden.  Dennoch  kam  man  zu  keinem  Ent- 
schluß, oder  führte  ihn  wenigstens  nicht  aus.  Zwar  protestiert 
der  Orden  gleich  Sigismund  gegen  die  Sendung  des  päpstlichen 
Legaten  Dr.  Antonius  Zeno,  der  ohne  Bücksicht  auf  das  Bres- 
laner  Urteil  erschien,  um  tiber  die  streitigen  Fragen  zu  ent^ 
scheiden.*)  Aber  was  war  mit  diesem  starren  Festhalten  an 
emem  Schiedsspruch  gethan?  Ihm  Wirklichkeit  zu  geben,  zur 
Oüensive  überzugehen,  wie  Heinrich  v.  Plauen  einst  kühn  alles 


SigismimdB:  „Vordan  wirt  usgedruckt^  wie  euwir  dnrcblttclitikeit  in  der 
richtungc  minen  Orden  io  nicht  usslachen  sunder  L'»>t  nr  eine  ewige  riclituDge 
mit  dem  egedarhten  Herren  koninge  (d,  Ii.  .Tagiellü)  und  ....  Wytout  begert 

an  bearbeiten  Abir  als  doraebiat  usgedruckt  wirt,  das  der  krig  harte 

cnt  Tomchtan  sei,  sie  en  baben  denne  das  landt  Saymaiten  und  seit  be> 
gtrende  donron  czu  vorstehen  unsir  allir  meinonge  .  .  .  Ich  habe  als  hewten 
in  Tonamelnnge  mines  rates  gebietigev  eintreohtiolichen  mit  en  dovon  also 
beslossen.  Getruwet  euwir  hochwirdikeit  mit  en  cza  cime  <;rüen  ende  ein 
tkOmen  nn  l  ilessen  landen  nnd  meinen  nrden  einen  lifstoiidi^en  l'n^df  ry.w 
s^iiatVen,  wir  welloii  ....  das  öelbe  laud  Saymaiten,  alleine  is  minou  ordon 
üiid  dessen  landen  vaste  sweer  czu  thun  ist,  .  .  .  obirgeben  mit  sulclica 
gremczen,  die  nnachedeliobia  sein  den  landen  FrewMen  nnd  Lifflaiid  .  . 
1)  Voigt:  0.  Fr.  YH,  a  884  a.  Guro  III,  537.  -  3)  Bange  Y,  No.  2667. 

-  ^  c£  oben  S.  8ia     4)  a  e.  W.  No.  977  n.  960.  -  5)  Ebendaselbst  978. 

-  ^  Voigt:  O.  Pr.  Vn,  S.  396-999. 

Allpr.  Mottateobrül  Bd.  ZXVIL  HA.  8  v.  4.  15 


226 


Samaiten  und  der  DeuUche  Orden  etc. 


in  die  Schanise  sa  sehlageiii  um  sein  Beoht  su  yertoldigen,  wagte 
man  ja  nicht.  Und  doch  war  eins  ohne  das  andere  unmöglich. 
Entweder  man  trat  für  Samaiten  und  die  daiiiit  verbundene  zu- 
künttii^o  Größe  des  Ordens  in  di(^  Schranken,  oder  man  verzich- 
tetii  der  dies  unmöglich  machenden  Gegenwart  zu  Liebe  darauf". 
Aber  diese  Konsequenz  zu  ziehen  vermied  man,  vermied  es  so- 
gar dann  noch,  als  aus  Nachrichten^)  über  Witolds  und  Jagiellos 
Btistungen  unzweifelhaft  hervorging,  daß  diese  som  Krieg  bereit 
seien.  Wieder  ließ  man  sich  in  ünterbandlnngen  ein,  vergeadetei 
wie  Voigt  schon  bemerkfc,')  die  Zeit,  um  schliefiUch  an  der  For- 
derang, in  der  Prolongaüonsarkande  die  Elansel;')  „nnsohedlioli 
•  • . .  den  nsspmcli . . .  zn  Bresslaw"  «ufgenommen  wa  erhalten, 
die  TerUtogerung  des  WafienstiUstandes  soheitem  sn  sehen.*) 
Was  schon  längst  hätte  eintreten  müssen,  erfolgte  jetzt.  Am 
14.  Juli  1-122  erkiaiLe  Jagiello  dem  Orden  den  Kjieg,  auf  den 
einzugehen  ebensowenig  meine  Aufgabe  sein  kann,**)  als  eine 
Darstellung  der  klägUclien  l{olle,  welche  Sigismund  dem  Orden 
gegenüber  spielte.")  War  der  Verlauf  des  Kampfes  ein  trauriger, 
so  muß  der  am  27.  September  1422  abgeschlossene  Friede  am 
Melno  See^}  erst  recht  als  solcher  bozeiohnet  werden.^)  Er  raubte 
dem  Orden  das  Ziel  eines  Kampfes  von  mehr  als  150  Jahron: 
er  flberwies  durah  den  fast  vOUigen  Yenioht  auf  Samaiten*)  Wi- 
told  ein  Land,  das  die  natOrliche  VerbindiingsbrOoke  zwischen 
FreoBen  tmd  Livland  war,  das  aber  anch  darom  einen  hohen 
Wert  hatte,  weil  der  Orden  fortan  eine  wirkliohe  Maohtstellnng 
gegenüber  den  wichtigen  russischen  HandelsplfttBen  Pskow  und 

1)  0.  e,  W.  Nn.  900,  um;  Seite  1046  No.  XVII.  -  2)  Voigt:  G.  Pr. 
Vn,  8.  43U.  —  3)  Buuge  V,  No.  2o04.  —  4)  Ebendaselbst.  —  B)  cf.  über 
dieMD  Krieg  Voigt:  G.  Pr.  YII,  8.  487-447;  Omo  HI,  640-646.  -  6)Cmo 
m,  6B7  n.  646.  7)  Der  HUne-SM  liegt  sOdastUoh  von  Onrndens  imd 
nördlich  von  R^den.  ~  8)  Bungo  V,  No.  2637. 

0)  Di«.'  für  uns  wirlitigon  Artikel  lantpn  fnlgendermatten:  „Terrae 
Samagitarutn  (et  Suflonuni)  pruptor  bonam  pat-is  dcbent  apad  regem  et  duces 
praefatos  ^d.  h.  Jagiello  und  Wituld)  ao  regnum  Poloniae  et  ducatom  Litoaniae 
snb  limitiboB  infira  Boriptia  remanere*  Desoeadendo  flavinm  Sohsseliiippa  et 
nlteriuB  directe  procedendo  per  solitadinem  naque  ad  ripan  flaniab  ICenMit, 


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Von  Dr.  R.  Krnmbholte. 


227 


Nowgorod  nicht  mehr  Minnehmon  konnte.*)  Was  Witold  ange- 
atzebt  hattof  war  erreicht;  der  Orden  bildete  nicht  ein  geschlossenes 
Ganse,  soxidem  hatte  auf  alle  Zeiten  zwischen  seine  Qebiete 
ein  Land  hineinragen,  das  im  Besitas  des  mit  Polen  vereinten 
Littanens  stets  eine  Quelle  der  grössten  Besorgnis  sein  und 
bleiben  mnBte. 

ex  opposito  flnminis,  diVti  Schwanta.  ubi  idem  flnviiis  Schwanta,  intrat 
tliivium  Meuiel  praedictum,  et  haec  qnoad  tevram  Sadoruin  eundcm  fluvium 
Schwanta  sursum  ascendendo  per  duo  milliaria,  et  ab  iilo  loco  iilam  fluvium 
deaerendo,  tianaenndam  eat  per  solitndinem,  qoo  dixectiiia  iri  poteat  naqne 
■d  flnvium  Iura,  relinquendo  fluvium  Meroel  in  ainiatro  latere  ubiqae  per 
duo  milliaria,  et  dictum  fluvium  Iura  ascendendo  unum  miliare,  ab  eo  loco 
fluvius  Inra  (leser(  n<lus  est  et  transeatnr  pflr  soHtndinem,  rdintjtiendo  flnvios 
Memel,  ^iemm,  et  Russna  lacam,  qui  dicitur  Happ,  et  custrum  Memel, 

in  Samogitico  Glaapeda  appellatura,  undique  a  sinistro  latere  per  tria  miliaria, 
«t  sie  traDaanndem  eat  naqne  ad  litua  maria  aalai.  Inter  Livoniam  vero, 
Samagitiam,  .  .  .  limitea  aint:  incipiendo  a  flnmine  dicto  Heilige  A,  nbi  dietns 
fluvius  intrat  mare,  eundem  flnvium  ascendendo  surnum  ad  antitiuos  limites 
int^r  Sauiogitiam  ....  ab  nna.  et  Livoniam  ab  altera  partibus  tentos  et 
»ervatos,  uou  tamen  ad  iiius  iimites,  qui  signati  sunt  eo  tempore,  quando 
ordo  terram  Samogitarum  tenuerat,  sed  ad  illos,  qiü  autiquitus  inter  terrae 
praediotaa  aout  aervati."  cf.  aach  TOppen:  Geographie  8.  nnd  T5ppent 
Atlaa  Tafel  II. 

1)  Liv-  Eair  Knrlftndiaehea  Urknndenboeh  Band  VII,  Einleitung  S.  IX. 


Berichtigung. 

Bd.  XXVI.  S.  207  Zeile  17  etc.  ist  sa  lesen:  „Woher  sie 
ihren  Ursprung  haben,  wissen  wir  nloht.*^  Anm.  4  ebenda  ist 
tlberfltlssig,  weil  in  der  qn.  Urkunde  fftkohlioh  von  mir  ^fijg^n" 

stuU  j.ev  ger",  d.  s.  Eier,  gelesen  ist.  Herr  Professor  Lohmeyer 
hatte  die  (iüte,  mich  lüerauf  hinzuweisen. 


16« 

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Zur  Beurtheiluiig  von  Kant's  Kritik  der  reinen 
Vernunft  und  Kaufs  Frolegomena. 

Von 

Emil  ArK^ldt. 


Anhang  zu  der  Abhandlung*: 

Die  mm  MMm    k  kMmmi  der  &ntil[ 

der  um  Tgriumll 

No.  a. 

Kanf  8  Voriesungen  Qber  physische  Geographie  und  ihr  Verh&Kni» 

zu  seinen  anthropologischen  Vorlesungen.*) 

(Audi  die  No.  3  diest^s  Anhang«?»  ist  zu  einer  langen  Abhandlung 
geworden  ganz  gegen  meine  ursprüngliche  Absicht,  nach  welcher  sie  ihr 
Thema  auf  etwa  10  Drackeeiten  behandeln  sollte.  Aber  die  AnCere  Unibim 
an  Prodnetionen,  die  m  die  moderne  Kant-Literatur  einacblagcm,  darf  nicht 

mehr  Wunder  nelnm  ii.  nachdem  wir  zu  der  Widmung,  den  Vorreden  und 
den  Einleitungen  in  der  1.  und  2.  Aufl.  der  Krit.  d.  r.  V.,  also  zu  etwa  100 

ziemltVh  splendid  gedruckt4?u  Seiten  in  Mitld-Ortavo  einen  ans  dem  G^^sicht«- 
puncLo  der  Gelehrsamkeit  höchst  S(  Iiatzi-nswurtheii  Commontur  von  nahezu 
6C)(>  klein  und  eng  gedruokteu  Seiten  in  sehr  großem  Octav  cilialten  haben.] 

a)  Anfangsjahr  von  Kant's  Vorlesaugen  über  physische 

Geographie. 

B.  Erdmann  sagt  in  seiner  Abhandlung :  „Znr  Entwicklungs- 
gesohiohte  yon  Kants  Anthropologie*^  (Beflez.  Kants  I,  89):  „Es 
mnfl  zweifelhaft  bleiben,  ob"  ein  OoUeg  Kant's  über  physische 

Geographie  „schon  in  dem  ersten  Semester  seiner  Docentur,  im 
Winter  1755/56  stattgefunden  hat."     Aber  in  einer  längeren 

*)  I.  Kant's  Menschenkunde  oder  philosophische  Anthrogologie.  Nach 
handschriftlichen  Vorlesungen  hersg.  yon  ZV«  Oh.  Starke,  Lieipzig  1831^  ~~ 
sowie  die  Abhandlung  von  Barach:  Kant  als  Anthropologe  in  den  ]fit* 
theünngen  der  anthropologischen  Oesellschalt  In  Wien,  1872,  kenne  ich 
nicht  aus  eigener  Leetüre,  weil  sie  in  keinsr  der  Königsberger  filfontlichen 
BibUotheken  vorhanden  sind. 


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Von  ^nfl  Araoldt. 


229 


Anmerkung  (ibid.  S.  39  u.  40)  zu  diesem  Satze  sucht  er  ausza* 
tuiiieit,  daß  „die  Entscheidung"  über  die  Zeit  von  Kant's  erst- 
maligem Lesen  seines  phvf'isch  -  go()f::jraphiachen  Collegs  .,am 
historischen  Takt  hängt,  '  und  daß  .,dit'scr  zu  Gunsten  des  ersten 
Semesters"  —  des  Wintersemesters  175ö/öt>  —  „stimmt." 

Diese  Entscheidung  beruht  auf  leerer  Vermuthung.  Indem 
ich  vorläufig  nur  jene  Anmerkung  in  Betracht  siehe,  werde  ich 
nach  Berichtigang  zweier  in  ihr  Yorkommenden  Versehen  diese 
Vermathnng  als  nichtig  abweisen. 

Erstes  Versehen.  „Fflr  Kants  erstes  Semester  findet 

  * 

sich  im  Facnltätsalhnm  nur  „y^collegium  logionm  mathematicnm 
et  physionm""  verseichnet  (die  beiden  leteteren  sind  bestAtigt 

durch  W.  I,  486)."  Nach  B.  Erdmann  sollen  also  von  Kant's 
für  das  WintorsemesLer  1755/56  dem  Decan  Langhanson  unter 
dem  11.  October  1765  angi^küudigten  (Fac.  Act.  V,  2161  drei 
Collepa  die  zwei:  Mathematik  und  Physik,  bestätigt  sein 
durch  Kant's  Erklärung  am  Schlüsse  seiner  Schrift:  „Neue  An- 
merkungen snr  Erlftutemng  der  Theorie  der  Winde,  wodurch 
er  zugleich  zu  seinen  Vorlesungen"  [im  Sonamersemester  1756] 
„einladet^**  Aber  hier  werden  nicht  Mathematik  und  Physik 
beetfttigt)  sondern  Mathematik  und  Logik.  Denn  Kant  sagt 
(W.  H.  I,  486  und  487):  ,,Ich  fahre  fort,  in  der  Mathematik 
Anleitung  zu  geben,  und  den  Lehrbegriff  der  Weltweisheit  mit 
der  Erlfluterung  der  Meyer'schen  VemunfUehre  su  erOffiien,'* 
d.  h.  ich  fahre  fort,  wie  Mathematik,  so  Logik  vorzutragen  und 
mit  dem  Vortrage  der  Logik  in  die  Weltweisheit  einzuführen. 
Außerdem  kündigt  er  an,  d«ß  er  die  Naturvvissenseliaft  über 
des  Herrn  D.  Eberhard's  erste  Gründe  der  Naturlebn!  zu  er- 
klären gesonnen  sei,  und  die  Metaphysik  über  das  Handbuch  des 
Herrn  Professor  !^umgarten  vortragen  werde. 

Zweites  Versehen.  B.  Erdmann  merkt  an:  „Auf  die 
„irrige  Datirong  des  Kantischen  Entwürfe  von  1757  [Entwurf 
f,und  Ankündigung  eines  CoUegii  der  physischen  Geographie  u.  s.w.] 
„seitens  Bosenkranz  und  Schubert  (auf  1766)  komme  ich  nur 
fiSorAck  um  hervorenheben,  da0  Hartensteins  treffende  Bestim* 


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280    2^  BearÜieiliing  tob  KMit*B  Entik  der  ruaea  y«nitmft  ete. 

„mnng  (Eant's  W.  II.,  DI.  f.)  dttrch  die  Vorlesangssngaben  de« 
,.Edxug8berger  FaGultätsalbums  für  den  Sommer  1767  ledxgUob 
„bestätigt  wird."  Aber  B.  Erdmann  hat  hierbei  in  den  Facul* 
tätsacten  gesehen,  was  Hartenstein's  Bestimmung  gar  nicht  be- 
stätigt, und  was  in  den  Facultätsacten  Hartenstein's  Bestimmung 
bestätigt,  hat  B.  Erdmann  gar  nicht  gesehen. 

Er  sah  iu  den  Facultätsacten  freilich  nicht  Angaben  über 
Kant's  Vorlesungen  im  Sommersemester  1757,  aber  er  sah  doch 
die  Angabe,  die  über  Eine  Vorlesung  Kant's  im  Sommersemester 
1757  dort  vorhanden  ist,  n&mlich:  „Collegia  Deoano  e  Magi- 
strorum  numero  indicavit  —  —  —  1757,  13.  Aprilis  M.  I.  Kant 
Praelectiones  in  Phy^icam  Geographicam"  (V,  252).  Diese  An- 
gabe indeß  widerspricht  nur  der  Bestimmung  Hartenstein's  nicht, 
bestätigt  sie  aber  keineswegs.  Denn  warum  sollte  Kant  nicht 
ein  CoUegium  Aber  physische  Geographie  ohne  Veröffentlichung 
jener  kleinen  Schrift:  ,,Entwurf  und  Ankündigung"  etc.  abhalten? 
Hatte  er  doch  wirklich,  als  er  jene  Schrift  veröffentlichte,  bereits 
ein  öolcLes  Collegium  ohne  solche  Ankündigimg  abgehalten!  — 

Dagegen  wird  die  Boslimmuiig  Hartenstein's,  daß  jenes 
Kaut'sche  J^roirranim  in  das  Jahr  1757,  und  nicht,  wie  iSclmbert 
und  Rosenkranz  meinten,  in  das  Jahr  176»  ftlllt,  bestätigt  durch 
eine  ganz  andere  Notiz,  als  die  Vorlesungsangabe  für  das  Sommer- 
Semester  1757.  Diese  Notiz,  die  B.  Erdmann  —  sonst  würde 
er  sie  anzuführen  nicht  unterlassen  haben  —  in  den  Facultäts- 
acten gar  nicht  gesehen  hat,  ist  folgende:  „Gensnrae  Decaiii 
(Teske  p<  sem*  hibem.  1766  et  67  Beet.  Quandt)  den  IB.  April  1767. 
M.  Immanuel  Kants  Entwurf  nnd  Ankündigung  eines  Gollegii 
der  Physischen  Geographie"  (Y,  252).  Nicht  auf  Grund  jener 
Torlesnngsangalie,  sondern  auf  Grund  dieser  Notiz  steht  es  erst 
fest,  daß  Kant's  „Entwurf"  etc.  aus  dem  Jahre  1757,  nicht  aus 
dem  Jahre  17G5  herniliri,  und  lerner  ergiebt  sicli  aus  ihr,  daÜ 
Hartenstein's  Bestimmung,  die  B.  Erdmann  , .treffend"  nennt, 
zwar  richtig  im  Allgomoinen,  aV)er  in)  Speciellen  nicht  frnnr. 
treffend  ist,  indem  jenes  Programm  Kants  nicht,  wie  Harten- 
stein anzudeuten  scheint,  für  das  Wintersemester  1757/58,  son- 


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Yon  Eaä  Amoldfc. 


231 


dem  fbr  das  Sommersemestor  1767  Eanfc's  Yorlerangen  über 
physisehe  Geographie  ankttndigte. 

Grundlose  Vermuthuxig.  Ich  streife  B.  Erdmaan's  un- 
klaren Tadel,  „daß  die  Verzeichnisse"  von  Kant's  Vorlesuiifjou 
.,im  Facultätsalbum  nicht  dui'chaus  sicher/'  «laÜ  „sie  weder  ganz 
vollstäudig  nocli  immer  zufrefFend"  sind,  daß  „sich  gelegentlich 
nachträgliche  Aendenm^^en  oiugftragon  finden."  ..mehrfach  sich 
solche  erschließen  lassen,''  nur  im  Vorübergehen  mit  der  Bemer- 
kong:  Deshalb,  weil  die  Verzeichnisse  von  Kant's  Vorlesungen 
nicht  jigana  vollständig"  vorhanden  sind,  sind  die  vorhandenen 
nicht  nnsichery  und  „nachträgliche  Aendemngen"  in  ihnen  Ter« 
riagem  nicht,  sondern  erhöhen  vielmehr  die  Sicherheit  derselben. 
Wie  B.  Erdmann  aber  die  Einsicht  erlangt  hat,  daB  jene  Ver- 
asiohnisse  nicht  „immer  satreffend**  sind,  und  wie  er  „Aende- 
rongen,'*  die  nachtrtgUoh  in  ihnen  eingetragen  sein  sollten  und 
nicht  eingetragen  sind,  „mehrfach  erschließen"  will,  ist  mir  unklar. 

Im  Ganzen  genommen  scheint  mir,  obgleich  aus  den  min- 
destens 82  Semestern,  in  denen  Kant  Vorlesungen  hielt  (vom 
Wintersemoster  1755/50  bis  zum  Sommersem»^stor  1791!  incl.) 
iür  1  Semester  (Wintersemester  17ö8/o9)  seine  Vorlesungen  gar 
nicht,  und  für  2  Semester  (Sonunersemester  1767  und  Winter- 
semester 1757/68)  bios  Vorlesungen  von  ihm  über  physische 
GeograpHie  an  emiren  sind,  trotzdem  mehr  Anlaß  vorhanden,  die 
—  wenn  auch  nicht  absolute,  doch  relative  —  ToUst&ndigkeit 
einer  mOgUchen  Infbrmation  ttber  Gegenstand  und  Zahl,  oft  auch 
Besuch  wie  Anfang  und  Schluß  seiner  Vorlesungen  hervorzuheben. 

Nichtig  Ist  B.  Erdmann*s  Vermuthung,  daß  Kant  bereits 
im  Wintersemester  1766/66  ein  Oolleg  über  physische  Geographie 
gehalten  habe.  In  dem  Eingani];e  seines  Programms:  „Entwurf 
imd  Ankündigung  oinps  (.'ollegii  der  physischen  Geographie'' u. s.  w. 
vom  April  1757  giebt  Kant  nach  Eintheiiung  der  Erdbetrachtung 
in  mathematische,  politische  und  physische  Geographie  und  nach 
einem  Hinweise  auf  die  Schwierigkeit,  in  der  letzteren  w&hreud 
der  akademischen  Studienjahre  Kenntnisse  su  gewinnen,  die 
£rklftrung  ab: 


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282  Beurlbeiliiiig  von  Kaufs  Kritik  der  tmumi  Yemanft  etc. 

,iDaher  faßte  ioh  gleich  su  Anfange  meiner  akademischea 
„Lehratanden  den  Entschluß,  dieee  Wiwenschaft  in  beaondem 
„Yorletnuigen  nach  Anleitung  eines  summarischen  Entwurfes 
„Tonutragen,  Dieses  habe  ich  in  einem  halbjährigen  Gollegio 
,,snr  Genugthunng  meiner  Zuhörer  geleistet.  Seitdem  habe  ich 
j^meinen  Plan  ansehnlich  erweitert. "  (W.  Hart.  II,  4.  —  Roe. 
VI,  302).  Und  etwa  87*  Jahro  spätoi-  gal»  er  in  der  „Xacliriclit  von 
der  Einrichtung  seiner  Vorlesungen  in  dorn  Winterbalbjuliie  von 
ili'uy — 1766"  die  Erklärung  ab:  ,,Als  icli  gleich  zu  Aufaugo 
„meiner  akademischen  Unterweisung;  erkannte,  daß  eine  große  ' 
„Vernacliläi3igung  der  studirenden  Jugend  vornehmlich  darin 
5, bestehe,  daß  sie  frühe  vernünfteln  lernt,  ohne  genügsame 
„historische  Kenntnisse,  welche  die  Stelle  der  Erfahrenheit 
„vertreten  können,  su  besitsen;  so  faßte  ich  den  Anschlag,  die 
„Historie  von  dem  jetzigen  Znstande  der  Erde  oder  die  Ghogia- 
„phie  im  weitesten  Verstände  zu  einem  angenehmen  und  leichten 
„Inbegriff  desjenigen  zu  machen,  was  sie  su  einer  praktischen 
„Vernunft  vorbereiten  und  dienen  könnte,  die  Lust  rege  zu 
,, machen,  die  darinnen  angefangenen  Kenntnisse  imm^r  mehr 
„auszubreituu''  (W.  Hart.  II,  320.  —  Eos.  I,  2U7  u.  2Ü8j. 

Wenn  der  Wortlaut  dieser  Erklärungen  streng  in  Anspruch 
genommen  w^ird,  so  muß  wie  auf  (Irund  der  ersten  feststeht, 
daß  Kant  schon  vor  dem  Öommersemester  1757  ein  Ck)Ueg  über 
physische  Geographie  las,  so  auf  Grund  beider  für  gewiß  gelten, 
daß  er  es  nicht  sogleich  in  dem  ersten  Semester  seiner  Privatr 
docentur,  mithin  nicht  in  dem  Wintersemester  1765/66  las.  Denn 
Kant's  gleich  zu  Anfange  seiner  akademischen  Lehrstunden  ge- 
&ßter  Entschluß  ist  als  augenblicks  in  Vollzug  gesetzte  Aus- 
iflhrung  desselben  um  so  weniger  zu  denken,  als  zur  Erlaüguug 
der  Einsicht,  worin  vornehmlich  eine  große  Vemachlftßigung 
der  studirenden  Jugend  bestehe,  doch  mindestens  ein  Semester 
erforderlich  war.  l)u  nun  vor  dem  13.  April  1757  <lie  FacuItäLs- 
acten  keine  Anzeige  eines  Collegiums  über  physische  Geographie 
aufweisen,  und  Borowski's  hierher  gehörige  Angaben,  wenn  sie 
ItLr  sich  allein  erwogen  werden,  keine  andere  Deutung  zulassen, 


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Von  Emil  Aiui^k 


233 


als  daß  Kank  erst  im  Jahre  1757  über  physische  Oeoofraphi«)  zu 
lesen  bef^ouDen  habe  (Darsti-ll.  etc.  S.  öfi),  andf^re  zur  Bestim- 
mung dieses  Antkngssemeaters  verwerthbare  Data  aber  wohl 
schwerlich  vorhandeii  sind,  so  isti  wie  auch  B.  Erdmann  aner- 
kennt, nicht  sicher  auszumachen,  in  welobes  Semester  Kant's 
erstes  Oolleg  über  physische  Geographie  muB  gefallen  sein. 
Daher  muB  als  m<yglioh  gelten,  da0  Kant  entweder  schon  im 
Sommersemester  1766,  oder  im  Wintersemester  1766/67,  oder 
—  nnter  der  Voraoasetzong,  daß  in  seiner  Erklftmng  vom 

April  1767:  „Dieses  habe  ich  in  einmn  halbjährigen  Collegio  

geleistet,"  der  Ton  nicht  anf  „einem,"  sondern  auf  „halbjährigen" 
riiht,  mithin  „in  einem  halbjährigen  Collegio"  so  vitd  als:  in 
einem  vollständigen,  gleich  jedem  anderen  ordentlichen  Colleg 
ein  halbes  Jahr  lang  fortgeführten  bedeuten  solle  —  wohl  gar 
sowohl  im  Sommersemester  1756,  als  auch  im  Wintersemester 
1756/57  aber  physische  Geographie  gelesen  habe.  Zur  Ein- 
sehr&nktmg  dieser  dreifachen  Möglichkeit  bietet  in  dem  Satze, 
welcher  auf  Kant's  Ausspruch  ilber  seine  Leistung  „in  einem 
halbjährigen  Collegio"  folgt:  „Seitdem  habe  ich  meinen  Plan 
ansehnlich  erweitert,"  die  Zeitpartikel:  „seitdem**  schon  deshalb 
nichts  dar,  weil  sie  selbst  eine  awei*,  wenn  nicht  drei&che  Be> 
riehnng  anl&fit>  —  entweder:  seitdem  ich  den  Entsohlnß  fafite, 
über  physische  Geographie  zn  lesen,  oder:  seitdem  ich  dieses 
geleistet  habe,  oder  vielleicht:  seitdem  ich  dieses  zu  leisten 
begann.  Daher  muß  es  bei  jenor  dreifachen  Mf^glit  hkeit  bleiben, 
bei  welcher  die  Mö<^li('hkeit,  daß  Kant  schon  iu  dem  Winter- 
seme.ster  1755/56  ein  Üolleg  über  physische  Ueographie  abge- 
halten habe,  auf  ürund  des  Wortlauts  »einer  oben  citirten 
Erklärungen  ausgeschlossen  ist. 

Was  sagt  nun  B.  Erdmann  über  Kant's  Erklärungen?  „Der 
„Wortlaut  dieser  beiden  Erklärungen  ist  so  unbestimmt,  daß  sich 
„mr  Noth  jedes  der  drei  frsgUchen  Semester'*  [17o6/66,  1766, 
1766/57]  „herauslesen  IftBt;  am  ehesten  konnte  man  ans  ihnen 
„sogar  auf  das  Sommersemester  1756  raten,  das  nach  den  son- 
„stigen  Daten  am  wenigsten  gemeint  sein  kanxi."   Für  B.  Er4- 


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234     ^ttt  Büurlheiluug  vou  Kaut's  Kritik  der  reinen  Yemunft  etc. 


maiin  Uiatea  abo  Esnt's  Woite:  „loh  &flto  gleich  so  Anlage 
meiner  akademiadien  Lehntunden  den  Enteohlnfi,"  physiwhe 
Geographie  vonmtragen,  nicht  so,  wie  sie  latiten,  sondern  gans 

anders,  —  nämlich:  Ich  führte  gleich  zu  Anlange  meiner  akade- 
mischen Lührstunden  den  Entschluß  aus,  pliysische  Geographie 
vorzutragen.  Aber  so  lauten  sie  in  Wahrheit  eben  nicht,  und 
wenn  B.  Erdmann  aus  ihnen  ,,zur  Noth  jedes  der  drei  fraglichen 
Si^mester/^  mithin  auch  das  Semester  1766/66  „herauslesen" 
zu  können  meint,  so  kann  er  in  sie  nnr  hinein  losen,  was 
ihrem  Laute  nach  nicht  in  ihnen  enthalten  ist.  Freilich  kann 
darüber  gestritten  werden,  ob  man  genöthigt  ist,  sich  hier  an 
den  Wortlaut  zu  halten,  aber  daraber  yerständiger  Weise  nieht, 
ob  jene  Worte,  wenn  man  sich  an  ihren  Lant  halten  will, 
nicht  etwa  bedeuten:  loh  führte  den  Entschluß  aus,  anstatt:  „loh 
faßte"  ihn,  —  wobei  in  Zweifel  steht,  ob  die  fitlr  die  Fassnng 
des  Entschlusses  notwendige,  vorangehende  Ueberlegung,  ob  er 
zu  fassen  sei,  auch  erst  „zu  An  l  ang  der  akademischen  Lehr- 
stunden,'* d.  h.  iu  dem  ersten  Semester  von  Kant's  Privat- 
docentur  angestellt  worden,  —  was  immerhin  möglich  — ,  oder 
in  eine  frühere  Zeit  fällt  —  waa  wahrscheinlicher  ist*  Daher 
bleibt  nach  dem  Wortlaut  jener  Kant'schen  Erklftmngen  minde- 
stens das  erste  Semester  seiner  Privatdocentnr  von  denjenigen 
Semestern  ausgesohlosseu,  in  deren  einem  er  seinen  Entschluß, 
physische  (Geographie  vorzutragen,  zuerst  aonfilhrte. 

Darin  wflrde  ich  jedoch,  wenn  „rathen*^  hier  angebracht 
wftre,  6*  Erdmann  beitreten:  „am  ehesten  könnte  man  —  ~  « 
auf  das  Sommersemester  1756  rathen,''  und  es  scheint  mir  zu 
viel  behauptet,  daß  „nach  den  sonstigen  Daten"  das  Soramer- 
semeütor  1756  ..am  wenigsten  gemeint  sein  kann."  Unter  den 
„sonstigen  Daten'*  versteht  R.  Erdmann  natürlich  nicht  die 
Ankündigung  in  den  Facultätsaeten  ^^^  238)  von  Kant's  Vor- 
lesungen für  das  vSommersemester  175G;  „Magister  Kant  docturus 
oursum  Philos.  et  alia,''  welche  zum  Hatheu  einen  weiten  Spiel- 
raum erOfihet,  wohl  aber  die  am  Schlüsse  des  Programms: 
„Neue  Anmerkungen  zur  Erlftutemng  der  Theorie  der  Winde" 


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Von  Emil  Amoldfc. 


285 


^Hirt.  I.  48f)  und  4S7)  für  jenos  Semester  vorhaiidpsn«  Ankün- 
digung der  CoUegien:  Naturwissenschaft,  Mathematik,  Vernunft- 
lehre, Metaphysik,  denen  ein  fünfbes  Uolleg  wohl  kaum  dürfte 
zugelegt  werden.  IndeB,  —  wenn  man  lioh  anfs  Batken  ein- 
kflsen  will,  warum  hier  nioht  xathen:  Vielleicht,  daB  die  Vor- 
lesung fiber  Natnrwissenaohaft  nicht  sn  Stande  kam,  wie  1771/72, 
und  1772/73,  und  dafi  Kant  statt  ihrer  damals  sein  erstes 
C?olleg  über  physische  Geographie  hielt!  Vielleicht  daß  er, 
wi<»  q;ar  selbst  im  Somin(^rs«^niester  1777.  so  damals  außer  flon 
aiig^kunriigten  CoUegien  auch  ein  nicht  aiigeküudigt«'s,  —  eben 
sein  erstes  Colleg  über  physische  Geographie  hielt!  Dann 
h&tte  er  im  Sommersemester  175G  genau  oder  nahezu  eben  die* 
selben  Collegia  gehalten  oder  halten  wollen,  als  im  Sommer- 
Semester  1768.  Denn  in  dem  Sommersemester  1768  wollte  er 
toBer  eben  jenen  selben  dem  Deoan  angekündigten  CoUegien: 
Hathematik,  Logik,  Physik  nnd  Methaphysik,  überdies  „eine 
polemische  Betrachtung  dor  in  den  vorigen  Tagen  abgehandelten** 
—  wahrscheinlich  motaphysiscben  —  „Sätze"  und  schließlich 
auch  noch  physische  Geographie,  —  mithin  eventuell  6  Collegia 
halten  (wie  in  den  Wintersemestern  1759/00  und  17G1/62,  im 
Sommersemester  1761  sogar  7).  Vielleicht,  daB  er  das  Colleg 
über  ^jsische  Geographie  zum  ersten  Male  im  Sommersemester 
1766  als  privatissimnm  las,  das  er  eben  so  wenig  ▼orher  ange- 
Idlndigt  hatte,  wie  ein  privatissimnm  im  Sommersemester  1769, 
und  ein  privatissimnm  im  Wintersemester  1769/70,  von  denen  er 
in  den  Senatsacten  (Vol.  TIT,  Fol.  350  \i.  später)  übrigens  nioht 
vermerkt,  welche  Disciplm  sie  zum  Oegeustaud  gehabt  haben. 

Freilich  führt  dies  üathen  zu  nichts.  Aber  B.  Erdmann's 
Kathen  filhrt  erst  recht  zu  nichts,  wenn  er  nach  Abweisung 
des  SommerBomesters  1766  folgendermaBen  fort^rt: 

dSo  hängt  die  Entscheidong  am  historischen  Takt  Dieser 
«aber  stimmt,  wenn  ich  richtig  scb&tee,  zu.  Gunsten  des  ersten 
tiSsmesters.  Dasselbe  ist  dnrch  die  Erklftrong  in  der  Ankün* 
„digung  vom  Sommer  1757  hierfür  frei  gelassen,  durch  innere 
„Gründe  aber  am   bestimmtesten  gekennzeichnet.    Denn  das 


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236     ^ur  BeurtbeiluDg  von  Kani's  Kritik  der  rmuen  Vemunlt  etc. 

„akademische  Bedürfnis  fttr  die  neue  Vorlesung,  auf  das  sich 
„Kant  in  den  beidon  TVoi:rrammon  ^TT,  4,  '^20)  beruft,  war.  wie 
„die  obige  Discus^iun  Heiner  Alotixe  ngebcin  wird,  niclit  äowol 
ifdoroh  die  akademische  ürfahrimg  des  jungen  Doconten  erzeugt, 
„als  vielmehr  durch  die  akademischen  Ideale  des  gereiflen 
„Fonichers  eingegeben.  So  möchte  denn  der  Entschloß  sehr 
„schnell  zur  Tat  geworden  sein;  waren  doch  die  serstreuten 
„Hilftmittel,  auf  die  Kant  sich  bemfk,  schon  seit  längerem  von 
„ihm  gesammelt. 

Diese  „Entscheidung'^  dureh  den  „historischen  Takt",  welcher 
„zu  Gunsten  des  ersten  Semesters  stimmt",  ist  ihrem  Inhalt 
nach  eine  MuthmaÜung  ohne  festen  Anhalt  —  and  in  ihrem 
Ausdruck  Nonsens. 

Ich  wiederhole:  „Hierftlr'*,  nämlich  dafflr,  daß  der  „historische 
Takt  zu  Gunsten  des  ersten  Semesters''  [1765/56]  „stimmt",  „ist 
dasselbe'*  nicht  „freigelassen  durch  die  Erklärung  in  der  An- 
kündigung vom  Sommer  1757",  wenn  der  Wortlaut  dieser  Er- 
klärung, an  dem  B.  Erdmann  festhalten  will,  wirklich  festgehalten 
wird.  Dies  ergab  sich  aus  einer  einfachen  Erwägung  de?  Wort- 
lauts, wie  sie  oben  angest»dlt  ward.  Man  muß  erst  den  Wort- 
laut jener  Erklärung  lallen  lassen,  wenn  man  auf  „innere  Gründe" 
recurriren  will. 

Bann  aber  zeigt  sich:  die  „inneren  Gründe",  „durch  die" 
das  erste  Semester  „am  bestimmtesten''  soll  „gekennzeichnet" 
sein  —  nämlich:  der  Entschluß,  ein  -Colleg  über  physische 
GJeogiapbie  zu  eröffnen,  „möchte  sehr  schnell  zur  Tat  geworden 
sein",  weil  er  ,,iiiclit  sowol  dun  h  die  akademische  Erfahrung 
des  jungen  Docenb  n,  als  vielmehr  durch  die  akademischen 
Ideale  des  gereiften  Forscbors''  veranlagt  war,  —  dieser  Grund 
entbehrt  jeder  factischen  Unterlage.  Niemand  weiß  von  Kaut's 
„akademischen  Idealen"  im  Jahre  1755  das  Allergeringste,  and 
was  davon  etwa  dürfte  vorzubilden  sein,  würde  niouner  zu  einem 
Schlüsse  auf  Eröffnung  von  Kant's  Colleg  im  Wintersemester 
1766/56  zureichen.  Denn  in  Kant's  Naturell,  Temperament, 
Character  lag  keine  Ligeuscbaft,  welche  absehbar  einen  genügen- 


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Von  Emil  Arnoldt. 


237 


den  Grund  dafür  darböte,  dai^  er  hinsichtlich  seines  in  die 
Cyden  der  üniversitätsyorleflimgen  einzuführenden  neuen 
GoUega  die  Verwirkliohnng  seiner  Ideale  schon  im  ersten  Se- 
mester seiner  Privatdooentar,  und  niobt  etwa  «m  zweiten,  oder 
im  dritten  annfthemngsweise  sn  erstreben  begonnen  b&tte. 

ünd  was  ftnfiert  da  B.  Erdmann  ttber  „die  akademische 
Erfahrung  des  jungen  üocenten'"  und  „die  akademischen  Ideale 
des  gereiften  Forschers".  „T)ie  akadeiiiisdio  Erfahrung  des  jungen 
Docenten"  würde  „das  akademische  Bedürfniß  für  die  neue  Vor- 
iflSüDg"  ,,erzeugt^'  haben  können?  Kant's  ,,£rfahraiig''  konnte 
ein  ,,akademisohes  Bedürfniß^'  erzeugen?  In  wem?  In  der 
akademischen  Jugend?  Wenn  Kant  die  Eriahrang  machte,  daß 
die  akademiscbe  Jngend  des  nenen  Collegs  bedürfe,  so  konnte  er 
ihr  dies  Bedflrfnifi  doch  höchstens  zum  Bewnfitsein  bringen,  in  ihr 
MnOefQhl  oder  eine  Erkenntnis  davon  erzengen.  Daß  aber  Kant's 
EriiiiiiLing  von  dem  Bedürfniß  der  akademischen  Jugend  in  der 
Jngend  das  Bedürfnis  erzeugte,  ist  Nonsens.  Und  liegt  denn 
Sinn  darin,  daß  Kantus  ^akademische  Erfahrung'^  in  ihm  „das 
akademische  Bedürfniß  für  die  neue  Vorlesung*^  erzeugte?  Seine 
Effahnmg  konnte  doch  höchstens  in  ihm  die  Yorstellnng, 
«neagen,  daß  die  akademische  Jugend  des  neuen  GoUegs  he* 
dfirfe,  und  in  ihm  den  EntschluB  hervorrufen,  ihrem  BedfirfiiiB 
abeiihelfen.  ITnd  nun  sollen  gar  „die  akademischen  Ideale 
des  gereiften  Forschers"  „das  akademische  Bedüi-fniß  iur  die 
neue  Vorlesung"  „eingegeben"  haben?!  — 

b)  B.  Erdmann's  Hypothese  über  die  Entstehung  von 
Kant's  anthropologischen  Vorlesungen  aus  dessen 
physisch-geographischen. 
B.  Erdmann  verweist  in  der  citirten  Anmerkang  auf  die 
im  Text  von  ihm  angestellte  „Discussion"  der  Motive  Kant's 
rar  Einrichtung  de»  Collegs  über  physische  Geographie.  Sie  soll 
plausibel  machen,  dui»  zur  Einrichtung  jenes  Collegs  das  Interesse 
Kant's  an  der  Anthropologie  eben  so  selir,   wenn  nicht  noch 
mehr  Motiv  gewesen,  als  sein  Interesse  an  der  physischen  Geo* 

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2B8     ^ur  Beurtheilang  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vernonlt  etc. 

grai>hie,  daß  anthropologische  Betrachtung»  n  den  physisch-geo- 
grapliisclieii  gleich  zu  Aiilaiig,  mindestens  vom  Jahre  1757  eiu- 
uud  angefügt  wunlcm  daß  die  aiithro})ologischen  Bf^trachtungen 
für  die  pliysiscli  r  geographischen  im  Lauie  der  1760ger  Jahre 
„fast  erdrückend''  geworden,  und  daiJ  die  ersteren  von  den 
letzteren  in  der  ersten  Hälfte  der  1770ger  Jahre  losgelöst  und 
veraelbstetftndigt  seien  in  einem  besonderen  OoUeg  über  Anthro- 
pologie. 

Diese  „entwicklangsgeschiohtliche"  AUeitang  von  Kant's 
anthropologisoliem  Colleg  aus  seinem  pbysitoh-geographisohen,  nnd 
von  seinem  pfaj8lsch*geographisolien  Colleg  ans  seinen  antbio* 

pologisühen  Interessen  ist  das  Produot  willkflrlieher  Erdiolitangen 
und  Torsohneller  Folgenmgen.  üm  mein  ürtlieil  m.  recht- 
fertigen, werde  ich  den  ersten  Theil  von  B.  Erdmann's  „Dis- 
cussion",  welcher  nach  einer  einleitcuden  Auseinandersetzung 
über  das  frühzeitige  anthropoloüfischo  Interesse  Kaut's  dessen 
,,Fvntwnrf'  und  Ankündigung  eines  Uoliegs  der  physischen  Geo- 
graphie'' vom  Jahre  17Ö7  zum  Gegenstande  hat,  einer  Prüfung 
untersBiehen  und  an  diesem  Stücke  deutlich  machen,  was  von  der 
ganzen  „Discussion"  zn  halten  sei.  Der  Kürze  halber  mögen 
B.  Erdmann's  Behanptnngen  —  von  denen  ich  ans  dem  Anfknge 
der  „Disonssion"  nnr  die  hanptsftcUichsten,  dagegen  die  anf  den 
„EntwnrT'  vom  Jahre  1757  bsaflgUohen  alle  berflcksiohtige  — 
mit  „Er",  meine  Gegenbemerkongen  mit  t,Ich"  eingeführt  werden. 
Darnach  will  ich  an  der  Hand  von  Eant's  eigenen  Aussagen 
seine  Tendenzen  bei  Einrichtung  seines  Collegs  ttber  physische 
Geogra[>hie  und  darauf  das  Verhältuiü  desselben  zu  seinen  anthro- 
pologischen Vorlesungen  darlegen. 

Er. 

Die  Keime  zu  den  Gedanken  in  seiner  Anthropologie 
empfing  Kant  als  Knabe.  Eindeutige  Zeugnisse  dafür  besitaen 
wir  allerdings  nicht.  Kants  Anerkennung  in  der  Vorrede  seines 
Werks,  daß  Königsberg  als  ein  ,|Schicklioher  Plats  znr  Er*- 
Weiterung  sowol  der  MensohenkenntniB  als  auch  der  Welt- 
kenntniB  genommen  werden"  könne,  Iftfit  ihrem  Wortsinn  nach 


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Von  Etnil  AmoUU» 


989 


viel  mehr  auf  das  Gegenthe^I  s€hließen.  Wir  dürfen  jedoch  den 
WorteiiUL  nicht  so  pMssen.  Außerdem  aber  lehrt  der  Zusammen - 
liang  jener  Ausfühnuig,  daß  wir  dadurch  den  Gedanken  in  die 
«ntgegengeeetste  Biebtimg  drfiogen  würden.  Es  handelt  sich 
in  jener  Anerkennung  tun  die  Mensehenkenntniß,  die  in  dem 
Plan  oder  „^der  Idee  von  der  Kenntniß  der  Welt****  vorans- 
gesetzt  wirtl ,  die  daher  vor  der  ^„Erweiterung  im  grüßeri3n 
Umfange""  durch  Keisen  oder  Lesen  \on  Reisebeschreibungen 
Toriiergeht.  (Vgl.  B.  Erdmanu's  ausführlichere  Darstellung 
S.  37  u.  38  in  seiner  Abhandlung  ^Znr  Entwickelnng^esohiGhte 
von  Kants  Anthiopologie*'  Beflez.  I,  37—64.) 

Ich. 

Ans  Kant*s  Anerkennnng,  daß  Eönigebeig  ein  nicht  blos 
rar  Erweite  rang,  wie  B.  Erdmann  ihn  nur  sagen  Ufit^  sondern 
such  znr   Erwerbung   von   Menschen-   und  Weltkenntniß 

schicklicher  Platz  sei,  sowie  niis  seiner  Andeutung,  daß  er  seine 
gesammte  Menschen-  und  Weltkenntniß  in  Königsberg,  wenn 
auch  keineswegs  aliein  aus  Königsberg  erworben  habe 
(R.  YII;  2  A.,  5  Anm.),  ist  aucli  nicht  das  geringste  Zeugniß 
dsfOr  m  entnehmen^  daß  er  die  Keime  an  dem  Gedanken  in 
•einer  Antliropokgie  schon  als  Knabe  empfing.  Denn  die 
Mensehen-  und  Weltkenntniß,  die  der  Mann  besitat,  hat  gar  nicht 
ntr  nothwendigen  Yoranssetanng  Eindrftoke,  die  er  als  Knabe 
Ton  Menschen  und  Welt  empling. 

Er. 

„Da  nun  solche  Anregungen"  —  nämlich  zu  Beobachtungen, 
ans  denen  späterhin  die  Gedanken  der  „Anthropologie  in  präg- 
matiseher  Hinsieht*'  erwachsen  —  „sich  bis  in  die  frtthe  Jugend« 
},seit  des  Philosophen  sorackverfolgen  lasseni  nnd  in  dieser 
nXigpor  reicher  und  bestimmter  reoonstmirbar  sind  als  in  der 
nüflehstfolgenden  Zeit  des  TJniversitfttsstndinms,  so  gehen  wir 
,^hwerlich  iire,  wenn  wir  sie  bereits  in  jener  ersten  Periode 
„wirksam  werden  lassen."    (a.  a.  O.  Ö.  38.) 

Ich. 

Dieser  Sats  spricht  als  Yermuthong  aas,  was  auf  der  vor- 


240     ^ur  Beurtheilung  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Yernontt  etc. 

hergebenden  Seite'  als  Tbatsaehe  bingestollt  war.  —  „Reicher 

reconstruirbar'' !  Scliiofer  Ausdruck.  Höchstens  als  in  reicherem 
Maße  vorhanden  zu  riner  /oit,  als  z.ii  einer  anderen  kömiten  die 
,,Anregung>:ii"'  durch  Kfoonstruction  auhveishar  sein.  —  Die 
Zeit  des  üniversirütsstudiums  ist  nicht  die  auf  die  frühe  Jn^end- 
2eit  sjnächstfolgendd'^  Zeit.  —  Endlich:  es  existirt  kein  Zeugniü, 
auf  Gnmd  dessen  ein  anthropologisches  Interesse  in  Eant  als 
Knaben  reconstruirbar  oder  annehmbar  wäre.  Da  er  aber  als 
Kann  zweifellos  Interesse  fdr  Anthropologie  gehegt  hat,  so  iat 
es  nicht  nnmOglichf  nicht  bestreitbar,  daß  dies  Interesse 
▼ielleicbt  schon  früh  in  ihm  rege  geworden.  Jedoch  weiB 
man  davon  nichts. 

Er. 

„Kants  Elternhaus  in  der  Haupt-  und  Residenzstadt  la^ 
„ —  —  —  dicht  an  fler  grünen  Brüc^ke.  Dort  bot  sich  (iem 
„staunenden  Blick  des  Knaben  ein  farbenfrisches,  lebhaft  be- 
j.wegtes  Treiben,  Hier  lagen  die  polnischen  Wittinen,  groß« 
„Kähne,  in  denen  aus  Littauen,  Polen,  selbst  aus  Rußland  Roh- 
),prodacte  in  die  Stadt  eingefülirt  wurden,  geleitet  von  Schi£f(M*n, 
ifderen  buntgemischte  Nationalitäten  sich  schon  durch  die  Tracht 
„kenntlich  machten;  dort  ankerten  [!?]  Segelschiffe,  die  jene  Oater 
„bis  nach  Norwegen,  Schottland  und  England,  ja  selbst  nach 
„Frankreich  hin  aasfahrten.  Das  Ghnse  ein  Gewirr  von 
„Stimmen,  Farben,  Formen  und  Gewohnheiten,  wol  dasa  an- 
„getan,  den  ergriffenen  G^ist  des  Knaben  staunende  Blicke 
„aus  dem  engen  Leben  der  Stadt  hinaus  in  die  weiten  Femen 
,,des  Fremdartigen,  geheimnißvoll  Reizenden  tun  zu  lassen" 
(a.  a.  0.  S.  38.) 

Ich. 

Ist  wirklich  gemeint,  daii  nur  Polnische  Wittinnen,  nicht 
auch  Litthauische  und  Russische  aus  Litthauen  und  Rußland 
wie  aus  Polen  Producte  einführten?  dann  waren  die  Schiffer, 
welche  die  Wittinnen  leiteten,  ob  auch  nioht  blos,  wie  Schubert 
(B.  XI,  2  A«,  12.)  sagt,  Jaden  —  die  sich  in  Königsbeig  auch 
ohne  Wittinnen  aablreieh  dem  Anblick  darboten  —  anJBerdem 


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Von  lUnü  AmoMt 


34] 


woU  nur  Polen,  nnd  diese  Polen  „machten*'  onm^lich  „bunt- 
gemiselite  Nationalitäten  aohon  dnxoh  die  Tracht  kenntlich." 
Ffllirten  indeß  neben  Polen  anch  Litthaner  nnd  Bnesen  die 

Wittinnen;  —  wie  konnten  diese  in  grobe  Leinwandskittel  oder 

uübezogene  Schafs})»  Ize  gekleideten  „Dschimken"  „buntgemischte 
Nationalitäten  schmi  durch  die  Ti-acht  kenntlich  inachon"?  — 
Und  der  Verkehr  an  der  grünen  Brilcko  zu  Königsberg  „ein 
Gewirr  von  Stimmen,  Farben,  Formen  und  Gewohnheiten  1" 
Wie  komisch  nimmt  sich  das  für  denjenigen  aus,  der  das  jetzige 
Königaberg  kennt,  oder  sich  das  KOnigsbeig  des  Torigen  Jahr- 
kimdsrts  yorstellt!  Als  ob  KOnigsbeig  an  der  grünen  Brücke 
ein  Schaospiel  gewährte,  wie  die  Oity  von  London!  —  Eant 
beseicbnete  in  der  schon  oitirton  Anmerkung  ssnr  Vorrede  seiner 
jjAnthropologio"'  (R.  VII,  2  A.,  4  u.  5  Aum.;  König.sborg 
schlicht  als  ,,eine  groUn  Stadt"  —  Mittelpunkt  eines  Keiclies, 
Sitz  der  Landescollegia  —  „die  eine  Universität  —  —  und 
dabei  noch  die  Lage  zum  Seehandel  hat,  welche  durch  Flüsse 
ans  dem  Innern  des  Landes  sowohl,  als  anch  mit  angrensenden 
Ländern  von  verschiedenen  Sprachen  nnd  Sitten,  einen  Verkehr 
begünstigt."  Hier  vermochte  er  wohl  im  Lanfe  seines  Lebens 
Uensehen-  nnd  Weltkenntnis  zu  erwerben.  DaB  aber  „das 
Ganze",  was  von  Verkehr  au  der  grünen  Brücke  oder  überhaupt 
in  Königs])erg  Statt  fand,  ,,den  ergriffenen  Geist  des  Knaben 
staunendo  Blicke  aus  dem  onpicn  Ticben  der  Ötadt*'  —  das 
vorher  nicht  gerade  als  enge  g''S(  hüdert  wurde  —  „hinaus  in 
die  weiten  Femen  des  Fremdartigen,  geheimnisvoll  Beizenden'' 
habe  „iain  lassen",  ist  weder  durch  eine  eigene  AeuOerung 
Kant*s,  noch  durch  eine  Notiz  seiner  zeitgenössischen  Biographen 
baseugt  nnd  daher  bloße  Erdichtung.  That  jedoch  „der  er- 
griffene Geist  des  Knaben  staunende  Blicke  in  die  weiten 
Fernen  des  Fremdartigen,  geheminißvoU  Heizenden",  —  warum 
emptiDg  er  ein  Interesse  blos  für  Anthropologie,  nicht  auch  für 
Ethnologie,  für  Erd-  und  Länderkunde,  für  Geographie?  Also 
ist  der  beabsichtigte  Nachweis,  daß  „in  jener  ersten  Periode" 
Ton  £ant's  Eutwickelung  Anregungen  zur  Ausbildung  eines 

AUpr.  VoMiMelixift  Bd.  ZXVn,  B«fl  S  «.  4  16 


242  BeurtheiluDg  von  Kant*«  Kritik  dw  reinen  Veroaxift 


anthropologischen  Interesse  allein  oder  vorherrschend  in  ihm 
„wirksam"  wnrdon,  nicht  erbracht. 

Annehmbarer  ist  das  viel  Allgomeinere,  was  Schubert  in 
dieser  Beziehung  äuüert:  , ..Toder  Gan^  nach  der  Schale  und  in 
„die  Haupttheile  der  Stadt  führte  ihn  durch  das  anregende  Ge- 
„drftnga  des  HAndelSi  und  erweckte  früh  in  ihm  die  Vorliebe 
„fOr  eine  genaaere  Kenntniß  der  Sitten  und  Gewohnheiten 
„fremder  L&nder  und  Völker,  fflr  eine  chaiakterietiacfae  Auf* 
„fasming  ihrer  Verschiedenheiten."  (EL  XI,  2  A.,  13.). 

Freilioh  ist  auch  die  Erweckong  der  „Vorliehe",  Ton  der 
Schubert  redet,  nicht  bezeugt,  /ixa  ,Jener  ersten  Periode"  ist 
nur  die  Anregung  sa  einem  Interesse  für  Natur-  und  Himmels* 
künde  bezen<];f  allenfalls  durch  eine  Jachraann'sche,  mehr  durch 
eine  Wu.sianski'sehe  Mittheilung,  wtl.  lie  beide  offenbar  auf 
Aeußerungen  Kant's  beruhen.  Jachmaun  laßt  Kant  über  soiue 
Mutter  unter  undorem  sapjen:  ..Meine  Mutter  fidirto  mich  oft 
„außerhalb  der  Stadt,  machte  mich  auf  die  Werke  Gottes  auf- 

„m<irksam  —  und  drückte  in  mein  Hera  eine  tiefe  Ehr- 

„furcht  gegen  d-  n  Schöpfer  aller  Dinge.  —  —  —  Sie  öfnete 
„mein  Herz  den  Eindrücken  der  Natur'^  (Jachm.  I.  Kant  gesohild. 
in  Briefen  u.  s.  w.  S.  99.).  Und  Wasianski  eneihlt:  „Seine 
„Mutter  ging  mit  ihm  oft  ins  Freye,  sie  machte  ihn  auf  die 
„Gegenstände  in  der  Natur  und  manche  Erscheinungen  in  der- 
„selben  aufmerksam,  lehrte  ihn  manche  nützliche  Kräuter  kennen, 
,, sagte  ihm  sogar  vom  Bau  des  Himmels  so  viel,  als  sie  selbst 
„wußte''.  (^"Was.  1.  Kaut  in  s.  letzt.  Lebensjahren  S.  92.).*)  Wer 

*)  Wasianslii's  writor«»  Angaltr;  ..Sobald  Kant  in  tli<^  S«"liulo  png, 
,  noch  mehr  ahor,  als  er  auf  der  Akadoinie  war.  prhiclti'ii  diese  lortf^esotzten 
j,Spazierguuge  eine  veräudortc  (Jc«tult.  Was  ihr  uucrklurbar  war,  konnte 
„ihr  Sohn  ihr  begreiflich  machen*'  (a.  a.  0.  8.  92  tu  930;  ^  diese  Angabe 
ist  wenn  nicht  gans  und  gur  sone  eigene,  den  Oeisteeverkehr  «wischoi 
Mutter  und  Sohn  autschmückcndu  Zutbat,  doch  wenigstens  tlieilweise  nach- 
weisbar unnVbtis:.  Denn  Kanl'.s  ^f^(t6r  hat  die  Zeit  nirl  t  orlobt,  in  der 
„er  aul  der  Akademie  war"',  da  aio  im  Jahre  1737  d-  n  W.  Dei  eiuber  starb, 
als  er,  13  Jahre  und  last  8  Monate  alt,  noch  in  Unt-  i  -  Secunda  sati.  — 
Jachm  an  n*s  Angabe:  „"Sit  genoft  ihren  lehrreichen  Umgang  nur  bis  cum 
Mselinten  Jahre"  (a.  a.  0.  8.  99.)  ist  fast  sutreflbnd.* 


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Von  Ebnil  AnioUi. 


243 


daher  Kant's  späteres  Interesse  für  NatorwisMnscliaft,  ftir  Aatro- 
nomie  auf  Anregimgeii  imd  EindrOcka  atu  dessen  Jugend  znrQok- 
flhien  woUte,  würde  dafür  an  diesen  HittheUnngen  wenigstens 
einigeiL  Halt  finden. 

Er. 

In  den  nächstfolgeudon  Jahren  seiuer  letzten  Studienzeit 
uml  seines  neunjährigen  Hauslelirerlebens  hatte  die  Thfilnalime 
m  dem  Leben  und  Treiben  der  Menschen  allerdings  nur  wenig 
Gelegenheit  sich  direct  geltend  zu  machen.  Donnooh  griffen 
flchon  in  diesen  Jahren  jene  anthropologischen  Interessen  be* 
deatoDgsvoll  in  seine  natnrwissenschafUichen  Stadien  ein. 

„Anftnglick  zwar  wird  die  entwicklnngsgesokicktUoke 
„Vertiefung  in  die  Oravitationstkeorie,  die  bis  zum  Jakre 
.,1766  die  Frucht  seiner  „  „Naturgeschich ts  des  Himmels"" 
,. reifen  ließ,  wol  den  alleinigen  Mittelpunct  seiner  natnrwissen- 
„schaftlii'hon  Studien  gebildet  liahen,  Alhnäljlii-li  aln^r  schob 
j^ich  in  diesen  Gedankenkreis  immer  weiter  ein  anderer  hinein, 
„der  seinen  noch  verdeckten  Mittelpunkt  in  den  anthropoiogisoken 
„^teressen  des  Philosophen  hatte.  Sokon  der  Anhang  zur  Natar- 
„gesckickte  des  Himmels,  jener  „„Versuch  einer  auf  die  Ana- 
„logien  der  Natur  gegründeten  Veigleickung  «wisoken  den  Ein- 
„woknem  Torschiedener  Planeten"",  bezeugt  seine  Teilnahme 
„an  physiologisch-anthropologischen  Forschungen",  (a.  a.  0.  S.  39.) 

Ich. 

Der  sinnlost'u  Phrase:  „cntwickf*lungsgesehic]itliclie  Ver- 
tiefung in  die  Gravitationstheorie"  läßt  sich  allenfalls  der  Sinn 
unterschieben:  Vertiefung  in  die  Entwickelungsgeschichte  der 
Gravitationstheorie.  £ine  solcke  aber  hat  von  Seiten  Kant's, 
wenigstens  in  literariscker  Darstellung,  niemals  Statt  gefunden, 
sondern  köekstens  die  Vertiefixng  in  die  Entwickelungsgesckichte 
des  Weltalls,  specieU  unseres  Sonnensystems,  —  kurz  der  Auf- 
bau einer  Kosmogünie  auf  Grund  und  nach  Maßgabe  der  New- 
ton'schen  Gravitationstheorie.  Femer:  die  Behauptung,  daß  der 
Anhang  zur  Naturgeschichte  des  Himmels  Kants  „Teilnahme 
an  physiologisch  -  anthropologischen  Forschungen  bezeugt",  ist 

16» 

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^44  ßeurtheilung  von  Kaut's  Kritik  der  reinen  Vemunfl  etc. 

falsch.  Jener  Anhang  nimmt  auf  solclio  Forschungen  kaum 
irgendwie  Rücksicht.  Kr  enthält  nichts  von  Anthropologie  nnd 
boinalim  nichts  von  Physiolog^ie.  Er  entwirft  im  Uninsso  oiiie 
biologische  Kosmographie,  weiche  bei  tler  \'ergleiehung  der  ver- 
schiedenen Planetenbewohner  den  Menschen,  „ob  uns  gleich  seine 
innere  Beschaffenheit  annoch  ein  unerforschtes  Problema  ist" 
(B.  VI,  210  ob.),  doch  als  das  uns  bekannteste  vernünftige  Wesen 
snm  allgememen  Beziehungspankte  nimmt,  nm  naolisaweisen, 
daß  die  unendliche  Schöpfung  alle  NatüTen,  die  ihr  ftbersohwiag- 
licher  Beidithnm  hervorbringt,  nach  allgemeinen,  ans  der  Ver* 
bindung  ursprünglicher  Kräfte  hexfließenden  Gesetsen  mit  gleioher 
Nothwendigkeit  in  sich  faßt.  (B.  VI,  208w).  Daher  ist  die  Be- 
hauptung, daß  ,,sich  allmählich  in  den  Gedankenkreis"  von  Kant's 
naturwissenscliattliclu-n  Studien  „immer  weiter  ein  anderer  hinein- 
schob, der  seinen  noc  h  verdeckten  Mittelpunkt  in  den  anthro- 
pologischen Int^'ressen  hattt''"  grundlos.  Ueber  den  Spiihorblick 
aber,  welcher  Gedankenkreise  in  dem  Intellect  des  Philosophen, 
und  wie  „sich''  der  eine  von  ihnen  „»llinählich  immer  weiter"(!) 
in  den  anderen  „hinein8chob"(n),  und  dazu  in  dem  sich  hinein- 
schiebenden Kreise  einen  damals  „noch  verdeckten  Mittelpunkt''(!l!) 
entdeckt,  soll  hier  kein  Wort  verloren  werden. 

Er. 

„Besser  jedoch  sind  uns  „dieselben**  —  also  Kant's  phy- 
„siologisch-anthropologische  Forschungen  —  „in  Folge  der  da- 
„maligen  schlechten  Sitte  bekundet,  daß  den  Vorlesungen  der 

„PrivatdocenLun  kein  Raum  in  dem  oÜiciellen  Lectionscatalog 
„bewilligt  wurde.  Diese  niindich  hat  uns  in  dem  kurzen  Pro- 
„gramm  ans  dem  Frühjahr  ITf)?  „„Entwurf  und  Ankündii^ung 
„eines  Collen;ii  der  physiscli.  u  Geographie""  alle  Angaben  über- 
„liefert,  die  zur  Keconstmction  der  LL  f  n.  die  seine  anthropolo- 
„gischen  Studien  damals  leiteten,  ortbrderlioh  sind."  (a.  a.  0.  S.  39.) 

Ich. 

Auch  hier  mag  der  schiefe  Ausdruck:  ,,Die  damalige  schleohte 
Sitte  hat  uns  Angaben  über  Kant's  Studien  überliefert",  nicht 
weiter  nrgirt  werden,  und  eben  so  wenig  die  Glelohaeteung 


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YoQ  Eiuil  Arnoldt. 


245 


von  ..physiologisoli-aiithropologisclien  Forschungen"  und 
„anthropologischen  Studion'',  wovon  spütoiLiu  diu  ,,physiolo- 
gisch-HutLropologischf'u  Forschungen*'  gar  nicht  mehr,  und  nur 
noch  ..anthropoloo;is<lif  Interessen"  erwähnt  worden.  Sondern 
es  mag  hier  nur  die  (Tegenbohauptinip;  Platz  ünden:  Es  ist  nicht 
wahr,  daß  in  dem  genannten  —  am  13.  April  1757  dem  Deoaa 
der  phÜos.  Facult.  v  .r  der  VerötfentlichaDg  eingereichten  — 
Ptogramm:  »»Entwarf  und  Ankündigung  eines  OoUegii  der  phy 
dwhen  Geographie"  irgend  welche  Angaben  vorhanden  sind, 
ans  denen  auch  nur  die  Thatsache,  dafi  Kant  sich  damals  mit 
Anthropologie  bescihAftigte,  geschweige  denn  die  „Ideen**  ent- 
nommen werden  konnten,  „die  seine  anthropologischen  Studien 
damals  leiteten." 

Er. 

„Sicher  ist -nicht  blos  der  frühe  Ursprung  von  Kiuit'.i 
„geographißchen  Studien,  sicher  istaurli,  dulj  das  aulhropologisrhe 
„Interesse  an  ihnen  einen  Anteil  hat.  »Schon  die  Tatisacho 
„läi^t  anf  dasselbe  schließen,  daß  Kants  naturwissenschaitliche 
i^todien  immmer  bestimmter  von  den  kosmogonischen  zu  den 
ngeograpliischen  Problemen  übergehen."  (a.  a.  0.  S*  41«) 

loh. 

Bas  immer  bestimmter"  ist  Flickwort»  und  ein  Ueber- 
gang  der  naturwissenschaftlichen  Studien  Kant's  yon  den  koe- 
mogonischen  zu  den  geographischen  Problemen  kaum  nachweis- 
bar.  Sein  Interesse  wenigstens  scheint  Kant  gleichzeitig  kos- 

ino<»onischen  und  geographischen  Problemeu  zugewendet  zu  haben. 
^\  tiL  M  iil>Hr  anrh  jener  Uebergaug  nachweisbar,  so  wiirilo  er  noch 
nicht  zu  dem  Schluifo  l)oi<'chtigen,  daß  au  Kaiit's  geographischen 
Studien  sein  anthropologisches  Interesse  einen  Antheil  hatte. 
Denn  wer  Geographie  stndirt»  hat  nicht  nothwendig  ein  anthro- 
pologisohes  Interesse,  und  ein  Anthropolog  ist  nicht  noth- 
wendig ein  G^graph,  mag  immerhin  jeder  Philosoph  mehr 
oder  weniger  ein  Anthropolog  sein,  gleichviel  ob  er,  oder  ob  er 
nicht  zugleich  Geograph  ist.  Hatte  daher  Kant,  wie  mehr  oder 
weniger  wohl  jeder  Philosoph  ein  anthropologisches  Interesse,  so 


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246     '^^^  Bcurtheiluog  vou  Kaut'ä  Kritik  der  reinen  Vemonfb  etc. 


hatte  sein  anthropologisches  Interesse  dämm  noch  nicht  Antheil 

an  seinen  geographiacliea  Studien.  Ein  sulcher  Antheii  muß 
für  sich  erwiesen  werden. 

Er. 

„Dies  wird  uns  durch  den  Entwurf  von  1757  lediglich 
bestätigt."   (a.  a.  O.  S.  41.) 

Ich. 

DaB  an  Kantus  „geographischen  Stadien  das  anthropologische 
Interesse  einen  Anteil  hat'*,   wird  „durch  den  Entwurf  Ton 

1757"  so  wenig  „bestätigt''  —  geschweige  denn  „lediglich"!  — , 
daß  in  jenem  gun/.nu  Entwurf  auch  nicht  eine  Spur  vou  authru- 
pologischem  Interesse  aufzufinden  ist,  mag  immerhin  auch  damals 
schon  ein  anthropologisches  Interesse  in  Kant  vorhanden  ge- 
wesen sein. 

Er. 

„Die  Idee  der  physischen  Geographie,  die  wir  ans  dem- 
„selbem  herauslesen  können,  entspricht  durchaus  nicht  unserem 

„BegriflF  der  iihysischen  Geographie,  als  einer  naturwissenschaft- 
„liehen  l)is(  iphu.  I  'ebenill  finden  wir  in  die  Betrachtung  der  Krd- 
„obertiäcLe  bestimmte,  melirfacli  unvermittelte  Beziehungen  auf 
„den  Mensehen  eingestreut.  Es  möchte  nur  als  ein  natürlicher 
„Abschluß  erscheinen,  daß  Kant  erklärt,  er  wolle  nach  Besprechung 
„des  Thiers,  Pflanzen-  und  jtfineralreichs  „„auletst  in  geogm- 
„phisoher  Lehrart  alle  L&nder  der  Erde  dorohgehen,  um  die 
„Neigungen  des  Menschen,  die  ans  dem  Himmelflstriobe,  darin 
„sie  leben,  herfließen,  die  Mannigfaltigkeit  ihrer  Vorarteile  und 
„Denkungsart,  .  .  .  einen  kurzen  Begriff  iliror  Künste  und  Wissen- 
„schaftcn  .  .  .  darzulegen"'*.  Aber  auch  mitten  innerliall»  dos 
„„allgeniHintju  Teils""  tinden  wir  solclie  Beziehungen  zerstreut. 
^So  handelt  er  „„von  den  Busen,  Meerengen,  Häfen,  Anker- 
^pl&tzen;"^'  von  Flüssen,  ,,„die  im  Lande  versiegen,  die  sich 
„unter  der  Erde  verbergen  und  wieder  hervorkommen,  die  Gold- 
„sand  ftlhren;**^'  von  der  Schwere,  Trockenheit,  Fenobtigkeit 
„ond  Gesundheit  der  Luft."'^  Dort  spricht  er  „„vom  Boden 
„des  Meers""  und  dabei  „„von  den  Methoden,  versunkene  Sachen 


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Von  ii-uiil  AmolJt. 


247 


^  die  Hölie  m  bringen;'^*'  hier  von  den  „„Verttndenuigen, 
f^dem  Entstehen  und  Vergehen  der  Quellen" nnd  darauf  „„vom 
„Graben  der  Brunnen;""  endlich,  nach  Krörtening  der  Flüsse, 
j.dio  Goldsan  l  fuhren,  ,,„vou  der  Methode  das  Gold  abzusondern"", 
(a.  a.  0.  S.  41  u.  42.) 

Ich. 

Der  BegriQ  der  physischen  Geographie  ist  anoh  heute 
keineswegs  so  f*  stgostelit,  daß  man  von  f^nnserem  BogrifT' 
derselben  d.  h.  als  einem  solchen  reden  dürfte,  dessen  Definition 
als  aUgemein  giltige  anerkannt  wäre.  Die  Differenz,  die  zwischen 
Kant  nnd  neueren  Forschem  in  dieser  Beziehang  Statt  findet,  ist 
nnr  eine  äußere,  nicht  innere  d.  h.  sachliche«  Sie  ist  eine  hloße 
Difi^renz  in  der  Namcngebung. 

Was  Kant  physische  Geographie  nennt,  nennt  z.  B. 
"Wagner  physische  und  allgemeine  historische  Geographie, 
nennt  Richthofen  allgemeine  Geographie  (vgl.  Guthe's  Lehrb. 
d.  Geograph,  neu  bearb.  von  Herrn.  Wagner,  5,  Aufl.,  I,  1882. 
S.  2  u.  3.  50  11.  ff.  113  u.  ff.  -~  Autgabau  und  Methoden  d-  r  • 
houtigon  Geographie  von  Ferd.  von  Richthofen,  lÖÖö, 
S.  60  u.  ff".)  Aber  weder  Wagner,  noch  Bichthofen  kommt  ea 
in  den  Sinn,  eine  Sdiilderung  der  Neigungen,  der  Vorurtheile, 
der  Denkungsart,  der  Kttnste  nnd  Wissenschaf  ben  des  Menschen, 
sofern  alle  diese  Lebensänßemngen  „ans  dem  Himmelsstriche 
herfließen",  unter  welchem  er  wohnt,  aus  der  Geographie  aus- 
zuschließen, weil  dergleichen  nicht  in  die  Geographie  hineinge- 
höre, sondern  in  die  Anthropologie. 

Nach  Wagner  hat  die  jihysische  Geograjihie  als  eine  reine 
Naturwisi;enscliatt  die  reale  Erdoberfläche,  au  der  die  drei 
Massouformen  dm  TTriorf^aniseheTi.  das  Starre,  das  Flüssige  und 
das  LuftförmigM  einander  berühr>'n,  nnd  \seiterhin  die  Ver- 
theilung  der  Organismen  aut"  der  Erdoberfläche  zuiolgo  der  durch 
Wechselwirkung  jener  Elemente  vorgeschriebenen  räumlichen 
Gesetze,  mithin  auch  das  Menschengeschlecht  in  „allen  den 
Verschiedenheiten"  zu  betrachten,  „die  sich  ohne  bewußtes 
Zuthnn  des  Hensohen  bei  ihm  entwickelt  haben,  wie  vor  allem 


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248    Zw  Beartheünng  von  Kanins  Kritik  dsr  reinen  Vemniift  etc. 

die  Vertbeilung  nach  Bassen  und  S}>rachen."  Sodann  hat,  nach 
Wagner^s  Ansichfcf  die  historiache  Geographie,  ab  das  vejw 
knüpfende  Band  swischen  Natarwissenachaft  nnd  G^esohiGhte, 
ans  räumlichen  Ursachen  die  Gliederung  des  Menschengeachlechto 
in  Horden,  Stämme  nnd  Volker  nnd  aus  dem  Widerstände  der 
Völker  gegen  Katoreinflüsse  nnd  feindliche  Nachbaren,  aus  der 
IJeiuitzung  des  Bodens  durch  Anbau  nnd  Hebung  der  in  ihm 
veiborg(ui(  n  Schätze  die  Eig.  iKirtigkeit  der  in  Nahrungs-  und 
I.o})enHweis>ö,  Sitten  und  GowohnlR'itru,  überhaupt  in  lioLurer 
oder  niederer  Cultur  yich  darateilondeu  Volksi  harHc  ten-  zu  er- 
klären (a.  a.  O.  S.  2  u.  3.)  Ueber  jenen  cngertju  Kreis,  den 
"Wagner  der  physischen,  und  diesen  weiteren,  den  er  der 
historischen  Geographie  anweist,  ist  Kant,  so  viel  man  davon 
wissen  kann,  niemals  weder  bei  dem  Entwurf,  noch  bei  der 
Ausführung  des  Planes  zu  seinen  Vorträgen  ttber  physische 
Geographie  hinausgegangen. 

Bichthofen  eerlegt  die  allgemeine  Geographie  in  drei 
Haupttheile:  1.  die  allgemeine  physische  Geograpliie,  welche  die 
analytische  Behandlang  der  Erdoberfläche  in  ihrer  dreiftushen 
Zusammensetssung  zum  Gegenstand  hat;  2.  die  allgemeine 
biologische  Geographie,  welclio  sidi  mit  dtu  Ik'ziclmngen  der 
Pflanzenwelt  und  Thiorwelt  zur  Krdoberfläche  beseliaftigt;  3.  die 
allgemeine  Anthrojiogcograpliio,  %\\'1(  lie  den  Menschen  in  seinen 
Beziehungen  zu  den  Gegenstanden  der  beiden  anderen  Ab- 
theilungen betrachtet  (a.  a.  O.  S.  50.)  In  allen  drei  Theüen 
sollen  vier  Gesichtspuncte  die  Forschung  und  Darstellung  leiten: 
1.  Form  oder  Gestalt,  2.  stoffliche  Zusammensetzung,  3.  fort- 
dauernde Eräfbeeinwirknngen,  welche  Aenderung  und  Bewegung 
yerursachen,  4.  Entstehungsart,  oder  mindestens  Art  der  Ent- 
wlckelung  aus  einem  vorangegangenen  Stadium  (ibid.  S.  41.  65.) 

So  erforscht,  indem  ich  die  beiden  ersten  Theüe  aufier 
Acht  lasse,  die  Anthropogeographie  aus  morphologischem 
Gesicliti<i»unct  die  Vertbeilung  der  ^Mcnsclien  auf  <l<?r  Erdober- 
fläche, die  Bevnlkenmgsdicbtigkeit  in  ihn  v  Beziehung  zur  Boden- 
plastik, zur  Ötrom  vertbeilung  und  anderen  raumlichen  Factoren. 


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Von  EaiÜ  Arnoldt.  249 

Ans  dem  Gfluohtspunct  der  Znsammensetsung  grnppirt  sie 
auf  Grund  verschiedener  Princ  ipion ,  wie  des  ethnischen, 
liiiguistischeu,  uiul  ethischen,  diti  Individuen  nach  Rae;»-,  Spniclie, 
und  Religion  nnd  vviude  bei  weiter  Ausdohnung  auf  der  ]?asis 
Ftautli(  lier  E\istt'iiz«n  zu  den  statischen  Grundlap^n  einer  all- 
gemeinen politischen  Geographie  gelangen.  Ans  dynamischem 
Gesichtspunct  sucht  sie  die  Einwirkung  der  Natur  der  Erdräume 
auf  den  Menschen,  sowie  die  Einwirkung  des  Menschen  auf  die 
Umgestaltung  der  Natur  der  Erdränme,  also  das,  was  Ritter 
diu^h  chorologiscbe  Betraolitung  für  einzelne  Theile  der  £rde 
erzielte,  in  seiner  Allgemeinheit  über  die  Erdoberfläche  zu  er- 
fassen.  Ans  genetischem  GBsichtspunet  erstrebt  sie  die  £r- 
kemitnlß  der  Entwickelung  des  Menscliengest^echtes  sn  seiner 
gegenwärtigen  Verbreitung  auf  der  Erdoberflftche  und  der  Art, 
wie  die  einzelnen  mit  der  letzteren  causal  verbundenen  dyna- 
mischen Faetoren  zu  derselben  mitgewirkt  haben.  Hier  tiitt  dio 
Geographie  wie  die  ..der  Antliropogeographie  f\ig  verbnndeno 
Ethnologie,  welche  sich  mit  Vorliebe  den  geschichtslosen  Völkern 
zuwendet",  in  nächste  Beziehung  zur  Geschichte  und  darf  einst 
Hilfe  erwarten  von  der  „schwierigen  Wissenschaft  der  Ar^thro- 
pologie'^i  nachdem  in  die  letztere  albnftlig  ezaote  Methoden 
werden  eiogeftihrt  sein.   (ibid.  S.  68—61). 

Endlich  ist  noch  hervorzuheben,  daB  Bichthofen  ausdrück- 
lieh  nickt  blo«  das  der  geistigen  Cultnr  zu  Gnmde  liegende 
Element  der  materiellen  Cultur,  wie  den  Anbau  des  Bodens,  die 
Aenderong  der  Wasserlftnfe  zum  Zweck  der  Bodencnitnr,  die 
periodischen  Wanderungen  der  Nomaden  mit  ihren  H- erden,  die 
Züchtung  und  Verwendung  der  Hausthiore.  die  Gewinnung  nutz- 
barer Mineralien  aus  dem  Boden,  die  Vorworthung  der  Products 
in  der  Industrie,  die  ant  diese  Beschäftigung  gegrioKleten  An- 
siedelungen, u.  8.  w.,  sondern  auch  die  geistige  Cultur  selbst, 
sowohl  in  ihrer  örtlichen  Entwickelung,  als  in  ihrem  Fortschreiten 
Ton  einem  Volk  zum  anderen  und  von  uisprOnglichen  Stätten 
sa  famer  gelegenen  für  einen  Gegenstand  anthropogeographischer 
Bestellung  erklftrt.  Nur  solche  Faetoren  schließt  er  davon  aus. 


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250    Zur  Banrdieiluiig  von  X«at*8  Kritik  der  reinen  Vernonft  etc. 

welche,  ob  sie  aach  in  jene  onltnzelle  Bewegung  unter  Um- 
stAnden  sehr  bedeutsttm  eingreifen,  dooh  mit  der  Beocbafienheit 
der  Erdoberflftehe  in  keinem  ericennbaren  Znsammenbang  stoben, 

wie  die  geistige  Veranlagung  der  Ra9e,  die  Gunst  oder  Ungunst 
der  ])olitischen  Lage,  die  plötzliche  Erstarknng  einer  Macht 
durch  die  Energie  Eines  Mannes,  die  Vernichtung  hoher  Cultur 
durch  krier^erifsclio  P^inlallo, 

Aus  Kichthüfen's  Bestimmungen  über  die  Aufgaben  der 
allgemeinen  Geographie,  seiner  Eintheiluug  derselben  in  die 
phyaisdie,  die  biologische,  und  die  Anthropogeographie,  welche 
letctere  er  ftlr  eng  verbunden  mifc  der  Ethnologie  und  fflr  streng; 
geschieden  von  der  Anthropologie  ansieht,  erhellt,  daß  Kant 
in  seiner  physischen  Geographie  die  Grenzen,  welche  Bichthofen 
dieser  Wissenschaft  setzte  überschreiten  konnte,  ohne  darum  das 
Gebiet  der  Geographie  überhaupt,  —  der  Geographie  als  natur- 
wissenschaftlicher Disciplin  zu  verlassen  und  in  die  Anthropologie 
auszuschweifen.  Daher  ist  die  Behauptung  durchaus  unzutrotfend, 
daß  die  von  Kant  nach  seinem  Entwurf  eines  CDlh  i^ii  der  |'l>v- 
tischen  Googra])liio  (  1757)  in  dem  besonderen  Theil  derätilben 
unter  anderem  beabsichtigte  Durchschreitung  aller  Länder  der 
Erde,  „um  die  Neigungen  des  Menschen,  dio  aus  dem  Himmels- 
striche, darin  sie  leben,  herflieBen,  die  Mauigtaltigkeit  ihrer  Vor- 
urtheile  nnd  Denkungsart  .  .  .  ,  einen  kunsen  Begriff  ihrer 
Künste  und  Wissenschaften  darzulegen*',  darum  nicht  in  die 
physiche  Geographie  gehöre,  weil  diese  eine  naturwissenschaft- 
liche Disciplin  sei.  Gehört  eine  solche  Darstellung  —  nach 
Biohthofen*s  Bestimmung  —  nicht  in  die  physische  Geographie, 
so  gehört  sie  doch  immer  noch  iu  die  Geographie  als  natura 
wissenschaftHche  Disciplin,  und  zwar  in  den  Thoil  der  allgemeinen 
Geographie,  welchen  Ttiehthofen  als  die  naturwissenschaflUcho 
Disciplin  der  Authrop()^^oogra]iliie  bezeiclinet. 

Demnach  ist  nicht  zu  vermuthen,  daß  ein  anthropologisches 
Interesse,  dagegen  als  gewiß  anzunehmen,  daß  allein  ein  geo- 
graphisches Interesse  Kant  zu  jener  Darstellung  bewogen 
habe.  Er  war  verbunden,  in  seiner  physischen  Geographie 


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Von  Emil  Arnoldt. 


251 


anch  das  Monseheugeschleciit  zu  schildorn  in  allen  den  Be- 
ziehungen, in  welchen  die  Xaturseite  des  Daseins  und  des 
Fortschritts  desselben  durch  die  ErdoberÜache  und  die  dazu  ge- 
bdtigen  Wirknngsmomente  bedingt  ist.  Er  that  hier  eher  zu 
wenig,  als  zu  viel.  Denn  ob  er  gleich,  wie  es  soheinfi^  aUge- 
maeh  in  seinen  Vorträgen  Uber  physisohe  Geographie  fast  alle 
jene  Besiehnngen  vorübergehend  berdoksiohtigte,  so  dorcbsohritt 
er  doch  keineswegs  das  ganze  Gebiet  derselben  in  aosf&hrlicher 
Behandlung.  Schwebte  ilnvi  ein  solcher  Befrriff,  als  Richthofen 
und  andere  von  einer  Authropo[,'eo<;ra|iliie  haben,  vor,  so  wurde 
er  doch  von  ihm  nur  unvoUkommou  realisirt. 

Er. 

„Aber  auch  mitten  innerhalb  des  allgemeinen  Theils  der 
physischen  Geographie  finden  wir  Überall  in  die  Betrachtang  der 
£rdoberflaohe  bestimmte,  mehrfach  nnveimittelte  Beziehungen  aaf 
den  Henadhen  eingestreut." 

Ich. 

Es  ist  leere  Phrase,  von  unvermittelten  Beziehungen 
auf  den  Menschen  zu  reden,  dio  sich  dort  mehr  fach  finden 
sollen.  Dagegen  üudeu  sich  bestimmte  Beziehungen  auf  den 
Menschen  dort  nirgen  ds,  sondern  nur  drei  rech  t  unbestimmte 
bei  Erwähnung  der  Methoden,  versunkene  Sachen  aus  dem  Meere 
in  die  Höhe  zu  bringen,  Brunnen  zu  graben,  Goldsand  abzu- 
sondern, und  dieee  sehr  unbestimmten  Beziehungen  gehen 
auf  technologisohe  Fertigkeiten,  bekunden  daher  kein  anthropo- 
logisches Interesse.  Ferner  sind  dort  vier  noch  weit  unbestimm- 
tere Beziehungen  auf  den  Menschen:  Häten,  Ankerj>lätze,  Flüsse, 
die  Goldsand  führen,  Gesundheit  der  Luft,  vorhanden,  und  diese 
vier  Beziehungen  sind  solcher  Art,  daß  sich  ihres  Gleichen  auch 
heutzutage  vieUeioht  in  jeder  physischen  Geographie,  sicher  aber 
in  der  Wagner'schen  finden.  « 

Wagner  berttekaichtigt  in  dem  zweiten  Buche  der  von  ihm 
neu  bearbeiteten  Guthe'schen  Geographie,  welches  die  „physische 
G€ogra])hie"  enthält,  inmitten  der  Betrachtung  der  Erdoberfläche 
bei  Erwähnung  der  Mineralschätze  der  Erde  ausgesprochener- 


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252     Zur  BenrtlieUimg  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vernunft  ele. 

maßen  you  diesen  nur  die,  „welche  einen  hervorragenden  Ein- 
fluß auf  HandelBthätigkeit  und  Enideckungsgeschiolite  ausgeübt 
liaben",  —  KoUe,  Petroleum,  Eisen,  Gold,  Edelsteine,  bei  denen 

allen  er  auf  die  größere  oder  geringere  Wichtigkeit  derselben 
für  „das  Lebeu  dav  Mt  iischeii'',  tür  die  Verbindung  deriiulben, 
für  Induytrie  und  Handel  iiinweist  (S.  69  und  70).  Weiter  führt 
er  dort  au:  der  Umstand,  daß  dm-  Boden  des  Meeres  in  einiger 
Entfernung  von  den  Ktisteu  im  Allgemeinen  viel  ebener  ist,  als 
der  des  Festlandes,  sei  der  Legung  submariner  Telegraphen- 
leitongen  dnrdi  den  Ocean  sehr  günstig  gewesen  (S.  74 e);  der 
Seemann  vermöge  mit  dem  Senkblei  seinen  Weg  durch  die  Nord- 
see gewissennafien  zu  fohlen,  da  dar  Boden  derselben  dureh 
aahlreiohe  Sondirungen  genau  bekannt  sei  (S.  74f.);  an  den  Eflsten 
salsanner  Lftnder  versehaffe  man  sich  durch  Verdunstung  des 
Meerwassers  das  nöthige  Kochsalz  (S.  74 f.)  ;  den  Bewohnern  der 
Polarländer  sei  ein  bequemes  Mittel,  sich  Salz  zu  verschaffen, 
dadurch  gegeben,  d&ß  hoi  dem  Gefrieren  des  Moorwassors  nur 
das  süUo  Wasjäer  herausgo friere  (8,  75);  alle  Meerespflauzen  seien 
zur  Sodafabrikation  benutzbar,  da  .sie  in  ihrer  .\8che  kohlen- 
saures Natron  enthalten  (S.  7b):  Eisberge  seien  den  Schiffen  ge- 
f^llirlich  (S.  75);  die  Untiefen  des  Meeres  bewirken  häufig,  daß 
selbst  solche  Häfen,  die  sehr  nahe  gelegen  seien,  einen  großMi 
üntersobied  in  der  Hafenzeit  aufwei8en(S.78);  die  Schiffer  benntaen 
die  in  die  Flflsse  aufsteigende  Meeresfluth,  um  dnrch  sie  ihr  Schiff 
gegen  die  Strömung  landeinwärts  treiben  zu  lassen,  und  es  pfl^n 
die  großen  Haadelsstftdte  an  dem  Punkte  des  Flusses  zu  liegen, 
bis  zu  welchem  die  Fluth  kräftig  genug  ist,  um  Seeschiffe  auf- 
wärts zu  fähren  (S.  78).  Die  Kenntniß  der  Oberflächeströninngen 
sei  für  den  Seemann  von  gröUter  Wielitigkeit,  weil  sie  ihn  in 
Stand  setze,  günstige  Meeresströmungen  zu  benutzen  und  un- 
günstige zu  vermeiden  *'S.  70);  u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Es  ist  überilüÜig,  aus  Wagner'»  ,, physischer  Geographie" 
noch  mehr  ..Beziehungen  auf  den  Menschen'*  herauszuheben,  da 
die  herausgehobenen  zur  Genüge  darthuen,  daß  ^,wir*'  dort  solche 
Beaiehnngen  beinahe  von  Seite  zu  Seite»  und  dort  auf  etwa 


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Von  fimfl  AraoMt 


268 


neben  Semiten  (S.  74 e. — S.  79)  ihrer  mehr  „finden",  als  in  Kant's 
ganzem  Entwurf  sn  dem  allgemeinen  Theil  seiner  phjnechen 
Geographie.  Wie  es  nun  ungereimt  wäre,  in  Wagner's  physischer 
Geographie  die  mannigfachen  Besiehongen  anf  den  Menaohen 
litt  einem  anthropologischen  Interesse  henmleiten,  so  ist  es  min- 
destens ebenso  luigoreimt,  aus  den  wenigen  Beziehungen  auf 
den  Menschen  in  Kant's  Entwurf  zu  dem  allgemeiuen  Theil 
seines  Collegs  über  physische  (xeorrraphie  zu  schließen,  „daß 
das  anthropologische  Interesse  an  Kaut's  geographiaoheu  Studien 
einen  Anteil  hatte." 

Er. 

„Wollen  -wir  daher  die  beiden  Gedankenreiheii,  die  in  dem 
„Ihitwnrf  nnklar  gemischt  dorcheinanderlanfSsn,  in  prftotBer  For- 

„mulirung  vereinigen,  so  können  wir  sagen:  die  physische  Geo- 
„graphie  ist  ilim  dio  Lehre  von  der  Beschaffenheit  und  der  Ge- 
„schichte  der  Erdoberfläche  sowohl  an  sicli  selbst  als  auch  nach 
„ihrem  besonderen  Nutzen  für  das  Menschengeschlecht,  letzteres 
„wiederum  sowohl  nach  dem,  was  jene  physischen  Bedingungen 
„filr  den  Menschen  sind,  als  auch  nach  dem,  was  er  ans  ihnen 
„macht."   (a.  a.  O.  8.  42). 

Ich. 

Ein  Tadel,  der  sich  selbst  m  Schulden  kommen  läßt,  was 

er  tadelt,  ist  lilcliorbch,  und  nun  gar  ein  unbegründeter!  In 
Kant's  Entwurf  sind  nicht  zwei  Gedankenreihen  vorhanden, 
eine  geographische  und  eine  anthropologische,  sondern  nur  Eine,  — 
die  geographische.  Das  habe  ich  nachgewiesen.  Daher  giebt  es 
dort  auch  kein  „unklares  Gemisch  dorcheinauderlaufender  Ge- 
danken.**  Aber  die  angeblich  „prftcise  Formulimng**  der  Ansicht 
EanVs  Aber  die  Aufgabe  der  physischen  Geographie  ist  „ein 
nnklares  Gemisch  dnrcheinanderlanfender  Gedanken";  —  „eine 
piicise  Formulirung"  ohne  Präcision. 

Sie  scheidet  die  pliysischo  Geographie  nicht  von  der  mathe- 
matischen und  auch  niclit  von  (l<^r  ireulugie.  — ■  Sodann:  An 
welche:  sie  ist  zu  denken  bei  „ihrem  besonderen  Nutzen  für 
das  Menschengeschlecht'^  ?   Grammatisch  geht  „ihrem"  anf  Lehre; 

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254  Beiutheilimg  toh  Kaut's  KriUk  der  leinen  Vernunfi  «te. 

es  soll  aber  auf  ..Besclialleuheu  und  (Teschirhte  der  Krdoberflächa 
gehen.  —  Welcher  „besondere"',  aus  der  Bescbaäeuheit  und 
der  „Gesobicbte"  der  Erdoberfläche  sich  für  das  Menscbenge- 
aohlecht  ergebende  Nntsen  ist  gemeint,  der  einem  allgemeinen, 
einem  einseinen  Kntzen  entgegenznsetsen  wftre?  —  Und  dieser 
besondere  Nutieen  —  also  dooh  wohl:  letatereri  nicht  „letsteres**, 
was  sich  anf  „Menscheugeschleoht"  beziehen  wttide  —  soll 
„wiederum  unterschieden  werdoii  „nach  dem,  was  jene  physischen 
Bedingungen  für  don  Mensclicn  sind"  —  welche  physisch©  Be- 
dingungen? ist  die  Geschichte  der  ErdoberHäche  eine  physische 
Bedingung  für  den  Menschen?  auch  wenn  man  unter  „Geschichte'* 
die  Gesammtheit  der  Yeränderongen  der  Erdoberfläche  versteht? — 
„als  auch  nach  dem"  unterschieden  werden,  „wss  er  ans  ihnen 
macht*';  —  aber  bei  dieser  ünterscheidung  ist  der  Hanptnnter- 
schied,  den  Kant  setst,  übersehen,  —  nftmlioh  der  ünterBchisd 
zwischen  dem,  was  der  Mensch  als  Natnrwesen,  und  dem,  wis 
er  in  seiner  Willkür,  aber  zumeist  unter  der  Gesetzgebung  der 
Natur  aus  den  (io<j;i'nst finden  dtTsrlben  niaclit.  T^as  erst^ro 
ist  in  der  physischen  Geographie,  das  letssbere  in  der  Anthro- 
pologie zu  betrachten. 

Er. 

„Einen  Widerschein  dieser  anthropologischen  Beziehnngen 
„finden  wir  anch  in  der  nicht  eben  scharfen  praktischen  Zweek- 
„bestimmung  des  CoUegs.   Bie  vereinigende  Kraft  nftmlich  ist 

„dem  Philosophen  nicht  das  theoretische  Bedürfniß  des  Natur- 
„forschors,  sondern  die  „„vernünftige  Neubegiordo  eines  Reisen- 
„den,  der  allenthalben  das  Merkwürdige,  das  Sonderbare  imd 
„iSchöno  aufsucht.**  '*  lieber  die  Richtung  dieser  Zweckbestimmimg 
„auf  die  Praxis  werden  wir  uns  später  orientiren."  (a.  ck  O.  S.  42.) 

Ich. 

Was  ist  da  &0t  ein  Unterschied  zwischen  „der  praktischen 
Zweckbestimmung  des  Collegs"  und  der  „Richtung  dieser  Zweck* 

bestimmung  auf  die  Praxis"?  Oder  ist  kein  Unterschied  ge- 
meint? —  Wie  schief  ist  der  Ausdruck:  „vereinigende  Kraft"! 
„Die  Neubegierde  eines  Reisenden''  war  nicht  „die  Kraft*',  welche 


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Von  Emil  AmoldL 


266 


die  Materialien  des  Colle<^s  vereinigte",  sondern  der  Kanon, 
nach  welchem  Kant's  ürtheilskraft  aio  auswählte.  —  Und  warum 
wird  hier  auf  deu  „Philosophen"  hingewiesen?  Etwa  weil  dem 
„Philosophen''  „das  theoretische  Bedürfnis  des  Naturforschers** 
sollte  nahe  liegen,  dagegen  fem  liegen  „die  Neubegierde  eines 
Beiflenden"?  —  Dooli  über  diese  FonnalieD  mag  hier  kein  Wort 
weiter  verloren  werden.  Zur  Saohe  aber  finde  die  Bemerknxig 
Plat«:  Es  Ist  nicht  wahr,  dafi  Kant  seinem  Golleg  tlber  physische 
Geographie  blos  einen  praktischen  Zweck  gesetat»  —  nicht  wahr, 
daß  er  den  praktischen  Zweck,  den  er  ihm  neben  dem  theore- 
tischen setzte,  nicht  scharf  bestimmt  hat,  und  nicht  wahr,  daß 
seine  Ahsiclit  ,,die  XaturbeschaÜeulieit  der  iCrJkugel  und  wa^^ 
auf  ihr  Ix^findlich  ist,  mit  der  vernünftigen  Neubegiordo  eines 
Keiseiidrn"  zu  er^'ägen,  ein  antliropologisches  Intüresse  knnd- 
giebt.  Der  Erweis  der  beiden  ersten  Sätze  wird  später  —  bei 
meiner  Betrachtung  von  Kant's  „Entwurf  aus  dem  Jahre  1767 
erfolgen.  Zum  Erweis  des  dritten  genügt  die  kurze  Erklärung: 
£in  Beisender  mit  yemünfbiger  Neubegierde  ist  nicht  noth- 
wendig  ein  Anthropolog,  und  ein  AnthropolQg  ist  nicht  noth- 
wendig  ein  Beisender  mit  yemflnf  tiger  Keabegierde. 

Er. 

„Wol  zu  beachten  aber  ist^  dafi  die  anthropologische  Trieb« 
„feder  dieser  Stndienschichtnng  sehr  viel  mehr  dunkler  Drang 

„als  bewußter  Zweck  gewesen  ist.  Die  im  Bewnlitsoin  liorrscljen- 
..d'^n  Apperceptionsmassiui  sind  noch  durchaus  die  ailgem(^ineu 
„küsuiülogi.sohen.  Nctch  ist  ilim  der  Monsch  nur  .,,.eino  Creatur, 
j.gescliaften  um  wie  die  Pflanze  Saft  in  «ich  zu  ziehen  und  zu 
,,wachsen,  sein  Geschlecht  fortzusetzen,  endlich  alt  zu  werden 
„und  zu  sterben.  (W,  II.  334.)"**  Nur  die  Eitelkeit,  findet  er, 
„fährt  den  Menschen,  der  „;,nur  ein  Teil  des  Ganzen"*'  ist, 
„daaso,  sich  „„als  das  einaige  Ziel  der  Anstalten  Gottes**"  ansu- 
„aehen,  „„das  Ganze  sein  an  wollen**"  (W,  II.  444)  Der  Mensch 
„ist  eben  nur  ein  Glied  der  Natur,  deren  „ganzer  Inbegriff  ein 
„wltrdiger  Gegenstand  der  gOttliohen  Weisheit  nnd  seiner  An- 
„8talten*<  ist.'***  (a.  a.  0.  S.  42  n.  43.). 


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256     Zxkr  BeuriheiluQj;  von  Kanl'ä  Kritik  der  reinen  Yemunft  etc. 


Ich. 

Die  PnK  kfelilpr:  TT,  334  und  IT.  444  sind  in  I,  334  uud 
I,  444  zu  verbessern.  —  Eine  ..nnklar»-!  >rischnng  dnrcheiriaiidor- 
laufender  Gedankenroihen,''  die  vorhin  dem  „Entwurf  zur  Last 
gelegt  \vurde,  giebt  keine  „Schichtung'',  keine  regelmäßige  Ueber* 
einandt'rlagerung  veraohiodenartiger  Studien  st  offe  zu  erkamen.  — 
Was  in  Kaut  bei  dem  nEntwurf  *  „dunkler  Drangt'  war,  kann 
niemand  wissen.  Yerständigerweise  sind  nur  die  Zwecke  za  be- 
aohten,  die  er  dabei  nach  seinen  eigenen  Angaben  und  Andentungen 
verfolgte,  und  es  ist  kühn,  die  Gedanken,  die  tun  das  Jahr  1767 
Kant  sollen  geleitet  haben,  mit  dem  Terminns  der  Herbarüaaer 
als  „die  in  seinem  Bewußtsein  herrschenden  Apperceptionsmassen" 
zu  Itozeichueu  und  damit  anzudeuten,  dal)  unter  dem  Drucke 
dit'ser  ,. Apperceptionsroassen"  andere  Vorstelluiipjen  in  seiner 
Socio  t^estiindeii  hätten,  die  dainals  in  ihm  nur  ejiicu  ..dunklen 
Drang''  erzeugten,  jetzt  aber  hell  dem  mit  der  „Eutvvicklung^- 
geachiohte"  des  Kantisohen  Vorstellimgslebens  vertrauten  Forscher 
vor  Atigen  lägen. 

Hauptsächlich  aber  ist  hervonsoheben:  die  Belege  fOr 
die  Behauptung,  daß  die  in  Eant's  Bewußtsein  damals  „herr- 
schenden Apperceptionsmassen  noch  durchans  die  allgemeinen 
kosmologischen**  waren,  sind  nichtig.  Denn  die  ans  der  „Natur- 
geschichte des  Himmels'*  (1766)  und  aus  der  Geschichte  des  Erd- 
bebens am  Ende  des  Jahres  1765  (1766)  angefWirten  beiden 
Stellen  würden  nur  dann  Belege  sein,  wenn  in  dem  „Entwurf" 
vom  Jaln  e  1757  Stellen  tlhnlichen  Inhalts  vorkämen.  Dergleichen 
aht  r  kommen  darin  nicht  vor.  Sodann  ist  von  jenen  Stellen 
die  aus  der  Naturgeschichte  des  Himmels  ohne  die  Einschränkung, 
die  sie  dort  erhält,  wiedergegeben.  Damit  aber  wird  Kant  eine 
Ansicht  imputirt,  die  er  niemals  gehabt  hat.  Es  ist  durchaus 
unstatthaft,  zu  behaupten:  „Koch  ist  ihm"  [Kant]  „der  Mensch 
nur  „„eine  Oreatur,  geschaffen  um  wie  die  Pflanse  Saft  in  sich 
zu  ziehen  und  zu  wachsen,  sein  Geschlecht  fortensetaen,  endlich 
alt  zu  werden  und  in  sterben.**  Als  ob  Kant  im  Jahre  1766 
und  im  Jahre  1767  eine  so  niedrige  Ansicht  Aber  die  Bestimmung 


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Von  Emfl  AnuMi. 


S57 


den  Mensolieu  gehegt  und  erst  später  sich  zu  einer  höheren 
anfgesebwtingen  hätte! 

Die  Stelle  lautet:  „Wenn  num  das  Leben  der  meisten 
MetMchen  ansieht,  so  flchemt  dieae  Creator  gesobaffen  an  aeyn, 
am  wie  eine  Pflanze  Saft  in  sich  sieben"  n.  a.  w.  Also 
nur  bei  Betracbtnng  des  Lebens  der  meisten  Menseben 
entsteht  der  Schein  der  niedrigen  Bestimmung.  Dagenr^n  läßt 
die  Lebensführung  einiger  Mensclien  dieson  Schein  nielit  ent- 
stehen. FreiHeh  würde  der  MeiiHch,  der  unter  allen  Geschöpieii 
am  wenigsten  den  Zweck  seines  Daseins  erreicht",  wie  es  an 
jener  Stelle  weiter  heißt,  „auch  das  verachtungswtirdigste  unter 
allen,  anm  wenigsten  in  den  Angen  der  wahren  Weisheit  sein,  wenn 
die  Hofinnng  des  kfinfUgen  ihn  nicht  erbtkbe,  nnd  den  in  ibm  ver- 
schlossenen Erftften  nicht  die  Periode  einer  völligen  Answicke^ 
hing  bevoratönde"  (H.  18ö7.  I,  384.).  Aber  er  braucht  nicht  ver^ 
achtungswürdig  zu  sein.  Denn  „der  Geist  kann  diejenige  Fällig- 
keit nicht  verleugnen,  wodurch  er  im  Stande  ist,  den  sinnlichen 
Reizungen  Widerstand  zu  leisten"  (ibid.  S.  343.  R.  VT,  223.).  Und 
er  darf  sich  durch  die  Hoffnung  des  Kflnftigisn  erhoben  filhlen. 
Denn  „nachdem  die  Eitelkeit  ihren  Antheil  an  der  menschlichen 
Nator  wird  abgefordert  haben,  so  wird  der  unsterbliche  Geist 
mit  einem  schnellen  Schwünge  sich  Uber  alles,  waa  endlich  ist, 
emporschwingen,  und  in  einem  neuen  VerhältniB  gegen  die  ganze 
Nitor,  welche  aus  einer  nAberen  Verbindung  mit  dem  höchsten 
Wesen  entspringt,  sein  Dasein  tortsotzen"  (ibid.  S.  344  u.  345.  —  R. 
VT,  225.).  Gloicht'r  W(M*sf'  erklärt  Kant  in  der  Geschichto.  des  Krd- 
bebens  am  Ende  des  .Jahres  1755  (1756):  „Der  Mcdsrh  ist  nicht 
geboren,  um  auf  dieser  Schaubühne  der  Eitelkeit  ewige  Hütten 
TO  bauen,  weil  sein  ganzes  Leben  ein  weit  edleres  Ziel  hat."  u.  s.  w. 
(E  I,  444.  —  B.  VI,  267.).  Es  ist  daher  eine  Entstellung  des 
Thatbestandes,  au  behaupten  daB  „fbr  Kant'*  irgend  wann  „der 
Mensch  nur  eine  Creatur"  war,  „geschaffen,  um  wie  eine  Pflanze" 
m  vegetiren. 

Endlu.ii  isi  zu  beachten,   dali  die  aus  der  Naturgeschichte 
des  Himmels  und  aus  der  Cleschichte  des  Erdbebens  am  Ende 
Altvr.  MoMtMelurift  Bd.  XXVIL  Uft.  9  n.  4.  17 

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268     ^i^''  Beurtbeüung  von  Kaut's  Kritik  dar  roiaen  Vernunft  etc. 

des  Jahres  1755  angeftthrten  beiden  Stellen,  welche  „noch  durch- 
aus die  allgemeinen  kosmologisoUen"  Gedanken  enthalten  sollen, 
theils  nicht  nothwendig,  theils  gar  nioht  in  die  Kosmologie 
gehören.  Warora  sollte  der  Säte:  Der  Mensch  ist  eine  Creator, 
gesohaffen,  um  me  eine  Pflanse  za  vegetiren,  gerade  in  der 
Kosmologie  vorkommen?  Warum  nicht  in  der  empirischen  Psycho- 
logie, oder  in  der  Ethik?  Und  gar  nichts  hat  mit  Eoemoktgis 
zu  thim  die  Stelle  ans  der  G^esohiohte  des  Srdbebens  am  Ende 
des  Jalires  1755:  „Der  Mensch  ist  von  sich  selbst  so  eiuge- 
„nommen,  daß  er  sich  lediglich  als  das  einzige  Ziel  der  An- 
„stalten  Gottes  ansieht,  gleich  als  wenn  diese  kein  anderes 
„Augenmerk  hätten,  als  ihn  allein,  um  die  Maaßregeln  in  der 
„Begierung  der  Welt  darnach  einsnrichten.  Wir  wissen,  daB  der 
„ganze  Inbegriff  der  Natnr  ein  würdiger  Gegenstand  der 
„göttlichen  Weisheit  and  seiner  Anstalten  sei.  Wir  sind  ein 
„Theil  derselben  nnd  wollen  das  Ganse  sein"  (H.  1, 443  n.  444. 
—  R.  VI,  266.).  Diese  Erwägunp^  gehört  in  die  natOrliche 
Theologie,  speciell  in  din  LehiN?  von  der  Providenz  oder  von  der 
Erhaltung  und  der  Begierung  der  Welt. 

Er. 

„Es  ist  hinzu  za  nehmen,  daß  anthropologische  Beobach- 
„timgen,  wennschon  sie  vorhanden  sind  und  bildungskräftig 
„wirken,  doch  immer  nur  als  Nebenglieder  in  der  physischen 
„Geographie  auftreten.  Wie  die  mathematische,  so  schlieflt  er 
„auch  die  politische  Geographie  von  seinem  Zwecke  ans,  welche 
„„die  VöIkeTSohaften,  die  Gemeinschaft,  die  die  Menschen  unter 
einander  durch  die  Begieriingsfonn,  Handlung  und  gegenseitiges 
„Interesse  haln-n.  <lie  Heligion,  Gebräuche  u.  s.  w.""  kenneu 
„lehrt.  Eben  dasjenige  Gebiet  also,  das  den  eigentlichen  Schau- 
„plata  für  die  anthropologischen  Studien  bietet,  ist  als  selb- 
„stftndiges  nicht  vorhanden.  Kaut  findet,  hier  seien  „„bequeme 
„nnd  hinreichende  Hilfsmittel^'"  genng  vorhanden.  Man  sieht,  die 
„anthropologischen  Triebfedern  kommen  vorerst  nicht  voll  war 
„Geltung.  Die  Beschaffenheit  seiner  Stadien,  in  die  sie  hinein- 
„wirken,  läßt  sein  Interesse  zunächst  an  den  kosmogiaphischen 


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Von  Emil  Anraldi, 


269 


,Gmizgebieten  Halt  machen,  wo  er  am  meisten  zu  thuii  findet, 
„weil  er  hier  am  meisten  Kraft  in  sich  fühlt,  selbständig  zu 
„arbeiten.^^ 

loh. 

Es  ist  nicht  eine  einssige  „anthropologisohe  Beobachtung^^ 
in  Kant's  i,Entwiirf  eines  OoU^i  der  physischen  Geographie'* 
vom  Jahre  1767  vorhanden,  nnd  die  Behauptung,  dafi  in  den 
Voitrftgen  Aber  ph3^si8che  Geographie,  die  er  nach  jenem  Ent- 
wurf hielt,  „anthropologische  Beobachtungen  bildnn^ki^ftig 
wirkten",  ist  eben  so  ans  der  liiift  gegriffen,  als  die  Behanj  tung, 
rlaß  sie  dort  „immer  nur  als  Nebenglieder  auftraten.'^  Wahr- 
acheiniich  traten  sie  dort  gar  nicht  auf. 

Es  ist  ungereimt,  zu  folgern,  daß  in  Kant  ,,die  anthropo- 
logischen Triebfedern  nicht  voll  zur  Geltung  kamen,**  weil  er 
von  seinen  Yortrftgen  Uber  Geographie  die  politische  G^graphie 
ansBchloB.  Die  politische  Geographie  ist  nicht  „der  eigentlicbe 
SehauplatB  för  die  anthropologischen  Studien.**  Sondern  die 
Quellen  der  Anthropologie,  soforn  sie  Menschen-  und  Welt- 
kenntniß  lehren  will,  sind  vor  allem  Selbstbeobachtung  und  Ver- 
kehr mit  Meuscbeu  aus  verschiodenen  Ständen,  sodaiiu  Bio- 
graphien und  Weltgeschichte,  endlich  einzelne  Mittheilungen 
über  die  Naturvölker.  Die  politische  Geographie  dagegen  kann 
der  Anthropologie  kaum,  und  wenn  irgend  wie,  dann  nur  neben- 
her eine  Hilfe  leisten. 

Der  letssie  der  obigen  S&tae  ist  etwas  nebulos.  In  welche 
nStudien**  Kant's  wirkten  die  anthropologischen  Triebfedern 
hinein?  Wahrscheinlich  in  seine  physisch-geographischen, 
vielleicht  auch  seine  kosraogonischen !  Aber  welche  „Beschaffen- 
heit" dieser  Studien  ,,lieli  sein  Interesse  zunächst  an  den  kos- 
mographischen  Grenzgebieten  Halt  machen?"  Richtung  und 
Gegenstand,  Enge  oder  Weite,  Tiefe  oder  Oberflächlichk-  if  1er- 
Belben?  Und  was  für  ein  „Interesse  machte  Halt?^'  Kant's 
intfaropolügisohes  Interesse?  oder  allgemein  wissenschafüiches? 
oder  sein  Interene  an  der  Bildung  der  akademischen  Jugend? 
Und  an  was  für  kosmographischen  Grensgebieten?**    Ist  die 

17* 

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960    Zar  Benitlieiliing  ¥<»n  .KiDt*s  Kritik  der  reiiien  Yeraiiiift  ele. 

phyrisoHe  (Geographie  ein  Greiugebiet  der  Koemogmphie?  und 
wenn  sie  es  sein  soU,  was  isft  denn  das  «weite  Gren^biefc  der 
Kosmographie,  „an  dem  sein  Interesse  Halt  machte?*'  Die 
Kosmogonie?  Und  „zunflchet  machte  es  Halt  an''  der  Rosmo- 
gonie  nnd  „an"  der  physischen  Geographie,  um  von  diesen  „kos- 
mographischen  Grenzgebieten''  später  überzugehen  wohin?  Zur 
Kosmogi'aphie?  Aber  daliin  ist  es  später  nie  überge^jangen! 
Zi)r  Anthropologie?  Aber  was  für  ein  Interesse  Kant  s  ging 
zur  Antliropologiö  über/  bein  pli^sisch-gecgraphischea?  sein 
kosmogonisohes?  sein  allgemein  wissensohaitüches?  Am  Ende 
sein  anthropologisches,  —  das  in  Ihm  von  jeher  war  vorhanden 
gewesen!  Aber  warum  richtete  es  sich  nicht  von  AnfiMig  an 
anf  Anthropologie?  Das  kann  iHae  andere  rftthselhaft  sein,  doch 
nicht  für  Benno  Erdmann,  der  die  ,|I«ntwiokelang'*  von  Kant*s 
Anihropol<^e  mit  hell  sehendem  Blicke  dnrchsohant  Das 
anthropologische  Interesse  war  —  wie  B.  Erdmann  sn.  wissen 
yorgiebt  —  nrsprOnglich  in  Kant  nnr  latent  vorhanden. 

Es  war  die  Triebfeder,  die  in  Kant,  ohne  ihm  bewußt  m 
werden,  bei  der  Alifassnng  wenn  auch  nicht  der  ganzen  „Natur- 
geschichte des  Himmels'",  doch  des  „dritten  Theiles"  derselben 
einen  secundftren,  dagegen  bei  seiner  Behandlung  der  physischen 
Geographie  den  primären  Einfloß  übte.  Dabei  war  er  sich 
deutlich  bewußt,  daß  auf  diesen  „kosmograpiusohen  Qxena- 
gebieten  am  meisten  zn  thnn"  sei.  Allein  dieses  Bewußtsein 
wurde  in  ihm  nicht  erseugt  durch  die  objective  Erkenntniß  der 
Bedflrfiiisse  einer  kosmogonischen,  ^  einer  phjsisoh-geograp 
phisohen  Wissenschaft,  sondern  durch  sein  subjeotiyee  Kraft- 
gefilhl,  —  durch  seinen  subjectiven  Thfttigkeitsdrang.  Denn  „er 
fand  hier  am  meisten  zu  thun,  weil  er  liier  am  meisten  Ivratl 
in  sich  fühlte,  selbständig  zu  arbeiten.'^ 

Er. 

..Tn  diesem  Sinne  altso  hielt  Kuu;  sc'\nf^  ersten  Vorlivsungen 
über  physische  Geographie  in  schnell  sich  erweiterndem  Umtang 
des  Plans."   (a.  a.  O.  S.  43.) 


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Von  Emil  Amoldt. 


961 


Ich. 

Also  in  dem  Sinnei  dafi  Kant  sich  über  die  Triebfeder 
eeines  TJntemehmens  tftnsohte!  Er  meinte,  daß  sein  —  in  and 
von  ihm  mehr&oh  motiTirtee  —  Interesse  an  der  physisolien 
Geographie  die  Triebfod«r  sei.  Aber  nicht  sein  pliysisch-geo- 
graphisohes,  sondern  sein  anthropologisches  Interesse  war  die 
Triebfeder.  In  seinem  Bewußtsein  herrschten  damals  „die 
allgemeinon  kosmologischen  Apperceptionsmassen."  Aber  auf 
der  Schwelle  seinea  T?ewnßtseins  stand  sein  anthropolo- 
gisches Interes«'.  das  ilim  snilist  freilieli  verborgen  war,  indeß 
als  dort  befiu  iUck  hundert  und  fdnfUndzwaozig  Jahre  später 
von  B.  Erdmann  entdeckt  wurde. 

e)  Eant's  „Entwurf  und  Ankündigung  eines  Collegii 
der  physischen  Geographie**  im  April  1757. 

Ueber  Kant  s  Absieht  bei  der  Eiariclitung  seines  Collegs 
der  physischen  Geogra])hio  im  Jahro  1757  läßt  sieb  nach  den 
vorhaudonon  Daten  wohi   nicht  mehr  feststellen  als  Folgeudes: 

Kant  appellirt  in  dem  Programm  des  Jahres  1757  von 
vorn  herein  an  das  Wohlgefallen  und  Interesse,  welches  das 
Zeitalter  der  Aufklärung  an  einer  erweiterten  Natur-  und  £rd- 
erkenntnlB  hegte:  „Der  vernünftige  Geschmack  unserer  anf- 
„geklftrten  Zeiten  ist  Termutblich  so  allgemein  geworden,  daß 
,,man  yorauasetaen  kann,  es  werden  nur  Wenige  gefunden 
„werden,  denen  es  gleichgültig  wAre,  diejenigen  Merkwürdig- 
„keiten  der  Katur  zu  kennen,  die  die  Erdkugel  auch  in  andern 
„Gegenden  in  sich  fikßt,  welche  sich  außer  ihrem  Gesichtskreise 
„befinden."*)    Hiemach  setzte  er  wenigstens  in  einem  Theile 


*)  Lessing  begann  —  im  Jannar  1753  —  die  Ankündigung  der  von 
Mylius  im  Auftrage  einer  Gesellschaft  von  FreundeD  der  Naturerkenatuiß 
ninb  Sasinsin  und  AiaorikR  in  Anmicht  geDommeiieii  FoischmigB-  und 
SuuBStniss  mit  eker  UieilweiM  ihaliohen  Antpielung:  „Dt«  laeba  sor 
„MDBigen  wahren  WeltweSsheit,  snr  Erkennt riiß  der  Natur,  scheint  jetet 
,4n  Deutschland  ein  sllgemeiner  Geschmack  geworden  sa  seyn". 
(W.  M&ltar.   m,  388.) 


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262  BeartiieiluDg  von  Kant*«  Kritik  der  reinen  Venninft  etc. 


der  stadirenden  Jagend  das  Interesse  des  Zeitalters  als  einiger- 
maBen  voraus,  und  diesem  schon  vorhandenen  Interesse 
wollte  er  mit  der  Einrichtung  eines  GoUegs  über  physische  Geo- 
graphie entgegenkommen,  wie  er  denn  andererseits  selhstver- 
stAndlich  es  wecken  wollte  da»  wo  es  noch  schlmnmerte.  Za- 
nächst  hatte  er  also  den  pädagogischen  Zweck  im  Auge,  die 
Civilis! rang  äor  akademischen  Jugend  durch  Pflege  einer 
literarischen  Neigung  zu  fördern,  welche  der  iiichfcuug  dt\s  Zeit- 
geistes gemäJj  war.  Neben  diesem  pädagogischen,  der  Kichtuug 
oder  dem  allgemeinen  Sinn  des  Zeitgeistes  huldigenden  Zwecke 
verfolgte  er  einen  wissenschaftlich-theoretischen:  ,|Ejs  ist  such 
iffdr  keinen  geringen  Vorzug  anzusehen,  daß  die  leichtglftabige 
„Bewunderung,  die  Pflegerin  unendlicher  Himgespinuste,  der 
„behutsamen  Prüfung  Platz  gemacht  hat,  wodurch  wir  in  den 
, J.Stand  gesetzt  werden,  aus  beglaubigten  Zeugnissen  sichere 
„K'^niitiiissc  einzuzit'licu,  ohne  in  Gefahr  zu  seyn,  statt  der  Er- 
„langung  einer  richtigen  Wissenschaft  der  natürlichen  Merk- 
„würdigkeiten  uns  in  einer  W<  lt  von  Fabeln  zu  verirren."  Er 
hatte  also  bei  der  Einrichtung  des  neuen  CoUegs  auch  eine  rein 
wissenschaftliche  Intention.  Er  sah  es  auf  eine  richtige 
Wissenschaft  der  natürlichen  Merkwürdigkeiten  ab  und 
wollte  sie  durch  Einziehung  sicherer  Kenntnisse  aus  be- 
glaubigten Zeugnissen  cultivirou  helfen. 

Diese  Wissenschat>,  wie  er  sie  sich  denkt,  ist  die  phvsische 
Geographie.  Im  Unterschiode  von  der  mathematischen  und  der 
politischen  Geographie  „erwägt"  sie,  sagt  er,  „blos  die  Natur- 
„beschaßenheit  der  Erdkugel  und  was  auf  ihr  befindlich  ist: 
„die  Meere,  das  feste  Land,  die  Gebirge,  Flüsse,  den  Luftkreis, 
„den  Menschen,  die  Thiere,  Pflanzen  und  Mineralien.  Alles 
„dieses  aber  nicht  mit  derjenigen  Yollstftndigkeit  und  philo- 
„sophischen  Genauigkeit  in  den  Tlieilen,  welche  ein  Geschäft 
,,der  Physik  und  Naturgeschichte  ist,  sondern  mit  der  vornuul- 
„tigen  Neubegierde  eines  Reisenden,  der  allenthalben  das  Merk- 
„würdige,  das  Sonderbare  und  Schöne  aufsucht,  seine  gesammelten 
„Beobachtungen  vergleicht  und  seinen  Plan  überdenkt"  Demnach 


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Von  Emil  Amoldt. 


263 


sollte  sie  Kenntniß  von  der  NaturbpschatTeiilu-it:.  der  Erdknn^el 
und  dessen,  was  auf  ihr  l)etin<llich  ist,  K^^mitiiiU  von  der  Nalur- 
bescha  ffculio it  des  Menschen  gewähren.  Sie  sollte  mithin 
einen  Theü  oder  Abschnitt  enthalten,  der  etwa  als  ethnologischer 
oder  anthropogeographischer  dürfte  bezeichnet  werden,  weil  er 
KeimtniB  des  Mensohen  als  NatiirobjeotB  nach  dessen  Naturan- 
lagen und  den  ihm  von  der  Natnr  gesetzten  Zwecken  zu  liefern 
bestimmt  war. 

Damit  sie  sich  aber  nicht  in  physikalische  üntersnohnngen 
nnd  naturwissenschaftliche  Beschreibungen  verliere,  sollte  sie 
fSr  die  Auswahl  ihrer  Gegenstände  und  die  mehr  oder  weniger 

ausführliche  Behandlang  derselben  die  Neubegierde  eines  Ver- 
nunft igen  Keimenden  /.iir  Norm  nehmen,  mithin  eines  solchen, 
welelior  ruist,  um  Bildung  zu  erlanofon.  —  Bereicherung  seines 
Wissens  durch  das  Merkwürdige,  V»'rnii'lininn;  dus  ges^llsrhaft- 
lichen  Unterhaltungsstotls  durch  das  Seltsame,  und  Cultivirung 
des  Geschmacks  durch  das  Schöne.  Seine  Xeubegi erde  treibt 
ihn,  das  Merkwürdige,  das  Seltsame,  das  Schöne  aufzusuchen; 
seine  Vernunft  aber  bestimmt  ihn,  dies  alles  in  methodischer 
Ordnung  seiner  Erfiahrong  einsuftigen  an  dem  Leitfaden  von 
Begriffen  und  Normen,  die  ihm  der  planmißig  verfolgte  Bildungs- 
cweck  seiner  Beise  an  die  Hand  giebt. 

Also  unter  der  Fflhrang  der  Vernunft  nach  einem  wohl 
überlegten  Plane  eine  Phantasiereise  ttber  die  Erdkugel  m  machen, 
und  zwar  ohne  erhebliche  Beschwerde,  ob  sich  gleich  die  dazu 
dienlichen  Naclirichten  in  vielen  und  großen  AVerkeu  zerstreut 
fänden,  wuUte  er  der  studirenden  Jugend  ermöglichen,  als  er 
im  Jahre  1757  das  Colleg  über  physische  Geographie  m  d'-n 
Kreis  seiner  ständigen  Vorlesungen  aufnahm.  Warum  er  diese 
Aufnahme  nicht  schon  bei  dem  erstmaligen  Lesen  desselben, 
mithin  ein  Jahr  oder  ein  halbes  Jahr  fr-J]«^?  '">ll7o<^,  ist  nicht 
■nsngeben.  Eine  Muthmaßung  Uber  sein  Motiv,  wie  etwa:  er 
habe  sonAohst  nur  erproben  wollen,  ob  „der  vemllnftige  Ge- 
sehmaok*'  der  „anfgeklfirten  Zeiten"  auch  schon  der  studirenden 
Jugend  in  Königsberg  eigen  sei,  würde  jedes  thatsftchliohen  An* 


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I 


264    Zar  BeartlMiliiiig  von  Xuit*«  Kritik  der  reinen  Vernunft  ete. 

balts  entbebrein.  Ebensowenig  ist  zu  sagen,  was  für  eine  AmpU- 
fioation  es  war,  mit  der  er  im  Jahre  1757  „seineu**  orsprOng- 
Hofaen  „Plan  ansehnlich  erweitert"  hatte. 

In  der  Ankündigung  des  College,  die  er  dem  Entwurfe 
desselben  yoransohiokte,  ist  nur  noch  eine  Aeufieruncr  für  die 
Tendens  seines  Vorhabens  von  Bedeutung,  nAmlich  der  Schluß- 
satz. Hier  heißt  es:  Der  Entwurf  sollte  zu  dem  Urtheil  be- 
faliigeu,  ,,üb  es,  oLiio  dem  Namon  eines  G-  lelirten  Abbruch  zu 
„thun,  erlaubt  sey,  in  diesen  Dingen  uu\vissen-l  zu  sayn."  Also 
sollt e  sicli  doch  ein  gelehrtes  Int*'n»sse,  «las  luti-rosse  an  Er- 
weiterung und  Ausdehnung  der  Kenntnisse  im  Clebiete  histori- 
scheu (nicht  rationalen)  Wissens  auch  in  der  studirenden  Jugend 
anderen  Interessen,  die  sie  zur  Beschäftigung  mit  der  physischen 
Geographie  hinziehen  konnten  und  durften,  beigesellen. 

Diese  in  der  Ankündigung  gegebenoL  Bestimmungen  Über 
die  Yortragsart  und  die  Absichten,  die  Kant  in  seinem  neuen 
stttndigen  CoUeg  befolgen  and  verfolgen  wollte,  erhalten  gegen 
das  Ende  des  Entwurfs  der  physischen  Geographie,  der  anf  die 
Ankündigung  folgt,  zwei  Ergänzungen,  von  denen  die  eine  über 
die  Methode,  die  andere  über  die  Zwecke  des  Collegs  weiteren 
Aufscliluß  liefert. 

Iiier  äußert  Kant  ausdriicklich  mit  Jiezug  auf  das  Mineral- 
reich, aber  ohne  Frage  dem  Gedanken  nach  mit  Bezug  auf  die 
übrigen  l^eicho  und  auf  alle  Hauptstücke  der  physisclien  Geo- 
graphie: die  Merkwürdigkeiten  sollten  „auf  eine  historische  und 
philosophische  Art  durchgegangen  werden."  Mit  anderen  Worten: 
Seine  Yortrftge  über  physische  Geographie  sollten  nicht  Yortrige 
cyklopisoher  Gelehrsamkeit  werden,  nicht  Yortrflige,  denen  das 
Auge  der  Philosophie  fohlte,  sondern  Yortrfige,  welche  die 
historischen  Data  überlieferten  in  einem  nach  Principien  anga» 
legten,  systematischen  Gkmsen. 

üeber  den  Zweck  des  Collegs  findet  sich  dort  folgende 
Angabe : 

,,Ich  trage  dieses"  —  nämlich  Thierreich,  Pflanzonruich, 
Mineralreich  —  „zuerst  in  der  natüriicheu  Ordnung  der  Glassen 


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Von  Emil  Arnoldt 


966 


„vor,  und  gehe  zuletzt  in  geographischer  Lehrart  alle  Länder 
„der  firde  durch,  um  die  Neigungen  der  Menschen,  die  aus  dem 
„Himoieiastriohe,  darin  aie  leben,  herflieBen,  die  Mannigiisütigkeit 
„ihrer  Vonniheile  und  Denknngwrt,  in  eo  ferne  dieses  Alles 
ndasa  dienen  kann,  den  Menschen  näher  mit  sieh  selbst  bekannt 
machen,  einen  knraen  Begriff  ihrer  Künste,  Handlang  und 
„Wiaaenschaft,  eine  Erzfthlnng  der  oben  sohon  erklärten  Landes- 
,,I)rodQote  an  ihren  gehörigen  Orten,  die  Lnftbesohaflbnheit  n.  s.  w., 
„mit  einem  Worte,  Alles,  was  zur  physischen  Erdbetrachtung 
„gehurt,  darzulegen. 

Hiernach  hat  „der  physischen  Geograpliie  besonderer 
Theil"  unverkennbar  i"ninde?«tens  eine  ziemlich  au.sgelührto 
Skizae  einer  vergleichenden  Anthropogeogra{)hio  zu  lieieru. 
Sie  sollte  den  Menschen,  wie  er  aus  der  Hand  der  Natur  kommt, 
und  wie  er  sich  unter  dem  unmittelbaren  Einfluß  der  Natur  in 
seinen  Neigungen,  seinen  Yomrtheüea,  seiner  Denkungsart,  auch 
in  Kflnsten,  „Handlung  und  Wissenschaft,"  aber  immer  nur  als 
Katorproduct  entwickelt,  darstellen.  Sie  sollte  Measohen- 
kenntniß  lehren. 

Warum  Kant  bei  seinem  damals  noch  „frei  tlbemommenen'* 
and  begebenen  „Geschäfte  der  reinen  Philosophie"  (B.  VII, 
2  Ä.,  7.  Anm.j  Menschen-  uud  Wekkenutniß  für  die  akademische 
Jugend,  vielleicht  sofern  sie  sich  ihrerseits  ebenfalls  mit  dem 
„Geschäft  d^r  reinen  Philosophie"  eini^-ermaßen  bemengte,  als 
fördorliüh  ansah,  hat  er  in  dem  Programm  vom  Jahre  1757  nicht 
ausgesproohen.  Er  tiiat  dies  aber  acht  Jahre  sp&ter. 

d)  Nachricht  von  der  Einrichtung  seiner  Vorlesungen 
indem  Winterhalbjahre  yon  1765—1766.  (E.  X,  288  u.  ff.) 

Er  beginnt  die  Anzeige  yon  der  VerSnderung,  die  er  in 
der  Lehrart  seiner  Vorlesungen  über  „PhTaisohe  Geographie" 
im  Jahre  1765  an  treffen  ntttalioh  fand,  mit  den  SAtaen: 

„Als  ich  gleich  zu  Anfange  meiner  akademischen  Uuter- 
„weiflung  erkannte,  daß  eine  groUo  Veruachlussigung  der  studiron- 
},deii  Jagend  yornänüich  darin  bestehe,  daß  sie  frUhe  vernünfteln 


266    Zur  Benitbeiliiiig  von  Kttiit*«  Kritik  der  reinen  Yenianft  etc. 

„lernt,  ohne  genügsame  historische  Kenntnisse,  welche  die  Stelle 
iider  Erfahrenheit  vertreten  könnoi)  cu  besitzen;  so  fafite  ich 
„den  Anschlag,  die  Historie  von  dem  jetzigen  Zustande  der 
„Erde,  oder  die  Geographie  ün  weitesten  Verstände  zn  emem 
j^angenehmen  ond  leichten  Inbegriff  desjenigen  za  machen,  was 
„sie  zu  einer  praktischen  Yemanft  vorbereiten  und  dienen 
„konnte,  die  Lust  rege  zn  machen,  die  darin  angeffiEUigeBen 
„Kenntnisse  immer  mehr  auszubreiten.  Ich  nannte  eine  solche 
„Di.soiplin,  von  demjenigou  Theile,  worauf  damals  mein  vor- 
„nehmstes  Augenmerk  gerichtet  war:  physische  Geographie" 
(B.  I,  297  u.  298J. 

Mich  dünkt,  daß  i\ant  hier  das  Hauptmotiv  seines  Ent- 
flohlasses  zur  Einrichtung  eines  Colle^  über  physische  Geographie 
angiebt,  so  fern  dieser  Entschluil  vor  allem  zu  Gunsten  der 
akademischen  Jugend  geüSt  war.  Für  sie  sollte  die  physische 
Geographie  eine  Yorbereitangs-  und  Hiliswissensohaft  der  Philo- 
sophie werden,  —  der  Metaphysik,  mithin  der  Ontologie,  der 
Kosmologie,  der  empirischen  wie  rationalen  Psychologie,  der 
iheologia  naturalis,  weiterhin  auch  der  Ethik.  Er  hielt  es  ftr 
bedenklich,  daB  die  akademische  Jugend  zu  speenlixen  an&nge 
über  das  Ding,  ohne  die  Dinge,  über  die  Welt,  ohne  mindestens 
die  Erde,  über  die  Menschenseele,  ohne  die  Seelen  der  Menschen, 
über  Gott,  ohne  mannigfaltige  Vorstelhinj^en  von  Gott  zu 
kennen,  —  daß  sie  über  Sittlidikoit  räsonnire,  ohne  etwas  von 
den  Sitten  der  Völker  zu  wissen.  Diesen  Mangel  in  der  Vor- 
bereitung der  akademischen  Jugend  hatte  er  gewiß  schon  während 
seiner  eigenen  Universitätsstadien- Jahre  geftkhlt  un4  späterhin 
bei  Gesprichen  mit  Studenten  wahrgenommen,  und  er  erkannte 
ihn  klar  als  „eine  groBe  VemaohlftOigung''  gleich  in  dem  ersten 
Semester  seinar  Privatdooentur.  Daher  wollte  er  die  physische 
Geographie  zu  „einem  Inbegrifi  desjenigen  machen,  was"  die 
akademische  Jugend  „zu  einer  praktischen  Yemunft  vorbereiten 
könnte'^  d.  h.  wohl  in  allgemeinstem  Sinne:  was  dazu  vorbereiten 
könnte,  Theorie  und  Praxis  zu  vereinigen,  allgemeine  Begritie 
an    empirischem  Material   zu   erläutern,   theils  subsumirend 


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Von  Emü  Ainoldt. 


267 


empirische  Data  unter  Begriffe  zu  bringen,  theils  refleotiiend 
Bogriffe  sn  finden  sn  empirieohen  Daten.  Dazu  wollte  er  jenen 
ffnhegnff^  in  Vortrftgen  darbieten,  deren  leichte  Faffliobkeit 
Lost  zn  fortgesetzter  Ansbreitang  der  ani  angenehme  Art  ge- 
wonnenen Eenntniflse  erweckte. 

Ana  der  „Nachridit  von  der  Einriohtong  seiner  Vorlesungen" 
ist  femer  zn  ersehen,  daß  er  ftbr  das  Wintersemester  1765/66 
und  weiterhin  mit  soinom  ( 'olleg  über  ])liy.siscbe  Geographie 
eine  durchgreifende  Umgestaltung  vornehmon  wollte,  von  der 
man  nicht  behaupten,  aber  auch  nicht  unbedingt  verneinen 
darf,  daß  sie  sich  bei  der  Abhaltung  des  CoUegs  zwischen  den 
Jahren  1757  und  1765  schon  irgend  wie  vorbereitet  hatte. 

Er  wollte  den  „allgemeinen  Theil  der  physischen  Geo- 
graphie",  welcher  vom  Meere,  der  Geschichte  des  festen  Landes 
imd  der  Inseln,  der  Quellen  und  Brunnen,  der  Flosse  und  BOohe, 
des  Luf^kreises,  der  Winde,  dem  Zusammenbange  der  Witterung 
mit  dem  Erdstriche  oder  den  Jahreszeiten,  von  der  Geschichte 
der  großen  Erdverftnderungen,  zuletzt  von  der  Sobifiifabrt 
liBndelte,  einscbrilnken,  darin  jetzt  bei  der  Angabe  der  Herk- 
wttrdiglceiten  der  Natur  durch  ihre  drei  Reiche  die  Auswahl 
ans  dem  Gesicht spuncte  der  Seltenheit  oder  auch  des  Ein- 
flusses derselben  auf  industriell«  und  merkantile  Tliätigkeit,  auf 
staatliche  Entwickelung  treffen,  un<l,  indem  er  die  Verbindunrr 
der  Lander  als  in  ihrem  und  der  Mocre  natürlichem  Vcrhältniü 
begründet  aufwiese,  diesen  ersten  Theil,  welcher  die  physische 
Geographie  bilden  sollte,  zum  Fundament  der  Geschichte 
machen. 

Er  wollte  dann  in  einem  zweiten  Tbeile  Über  „den 
»Renschen  nach  der  Mannigfaltigkeit  seiner  natlirliohen  Eigen- 
„Schäften,  nnd  dem  Unterschiede  desjenigen,  was  an  ihm  mora- 
„Hseh  ist,  ani  der  ganzen  Erde**  eine  Betrachtung  anstellen,  — 
t,eine  sehr  wichtige  und  eben  so  reizende  Befrachtung,  ohne 
„welche  mau  schwerlich  allgemeine  Crtheile  vom  Menschen 
„fällen  kann,  und  wo  die,  unter  einander  und  mit  dem  morali- 
»aohen  Zustande  älterer  leiten  geschehene,  Vergleichung  uns 

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266    Zva  fi«iiirtiieUiuig  toq  Kaut^  Kritüc  d«r  xeinen  Verounft  etc. 

„eino  E^roße  Charte  des  nifuschiichen  Geschlechts  vor  Augen 
j.legt  iU.  I,  298)."  Er  wollte  also  in  diesem  zweiten  Theile 
etliiio logische  Darstelhmgen  geben,  DarstöUungen  von  der  Mannig- 
faltigkeit der  natürliclien  £igeii8chafien  des  Menschen  anf 
der  ganzen  Erde,  mithin  von  den  mannigfaltigen  natürlichen 
Eigensobafton  der  Menscheni  der  Völker  in  allen  fdnf  £rd- 
tbeilen,  wie  ihrer  Ba^enart,  Abetanmmng,  Hanifarbe,  Edrper- 
büdung,  ihren  intelleotnellen  Anlagen,  Tielleiolit  anofa  den 
Diapontionen  ihrer  Gefltüila-  und  Begehmngsvennögen,  außerdem 
aber  „den  üntonohied  deejenigen"  erwägen  |,wb8  an  ihm*'  — 
dem  Menschen  auf  der  ganzen  Erde  —  „moralisch  ist",  mithin 
din  vorschioJenon  monilisclieii  Eig<?u,schalteu,  die  iu  Verbindung 
mit  den  vorschiedonen  natürlichfin  Eigenschaften  nnt«r  ver- 
hio  leiion  Völk**rn  emporkommen,  wie  etwa  Beharrlichkeit  nnd 
Uustätigkeit,  Friedfertigkeit  und  Streitsucht,  Versöhnlichkeit 
und  Bachgier,  Tapferkeit  und  Feigheit,  Freiheitsliebe  und  Unter- 
würfigkeit, vielleicht  aaoh  verschiedene  sittliche  Vorstellungen 
und  Sitten,  kura  die  yeraohiedenen  Nationaloharactere  eohildem. 
Duroh  die  Kenntniiiae,  die  er  von  den  Henichen  Uberiielerte, 
wollte  er  die  Bedingungen  darbieten,  „ohne  webhe  man 
eohwerlioh  allgemeine  TJrtheile  vom  Menaohen  ftllen  kann,'*  — 
durah  „eine  gro^  Charte  dea  Menaohengesohleofate,  welche  er, 
die  moraliachen  Zualinde  in  den  verschiedenen  Völkern  und 
die^e  ihre  Zust&nde  in  älteren  und  jüngeren  Zeiten  vergleichend, 
„vor  Augen  legte,"  zur  Behandhing  ethischer  Fragen  vorbereiten. 

Indem  mo  der  erste  Theil  seiner  physsisclien  Geographie  der 
üesciiieiite,  d^^l  zweite  Theil  derselben  dov  Ethik  dienen  sollte, 
sollten  beide  zusammen  einen  weiteren  Zweck  erfüllen,  n&mlich 
die  Gestaltung  der  Beiche  erklören,  wie  er  sie  in  dem  dritten 
Theile  vorzui&hren  gedachte.   Denn  er  kflndigte  weiter  an: 

„Zuletzt  wird  dasjenige,  was  als  eine  Folge  aus  der 
„Wechselwirkung  beider  voriier  eraShlten  Kittfie  angesehen 
„werden  kann,  nimlieh  der  Zustand  der  Staaten  und  Väiker- 
„schaften  auf  der  Erde  erwogen,  nicht  sowohl  wie  er  auf  den 
„zufälligen  Ursachen  der  Unternehmung  und  des  Sohiofcsals 


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Ton  Emil  Araoldt. 


„einzolnec  Meuschen,  als  etwa  der  Kegierun^folge,  den  Er- 
j^baimgeii  oder  Staataränken  beruht,  sondern  im  VerhältniB 
„mf  das,  was  bdstftndiger  ist,  und  den  entfernten  Grund  von 
^men  enihftlt»  nAmlich  die  X«ge  ihm  Lftnder,  dio  Prodnoto, 
„Sitten,  Gewerbey  Hendlung  und  BevOlkenmg." 

Hiernach  wollte  er  in  dem  dritten  Thefle  die  natflrliohe 
Beschaffenheit  der  L&nder  —  mithin  ihre  Lage,  ihre  Be- 
grenzung durch  6tobiTge  oder  Heere,  ihre  daiaas  folgende  Iflo- 
lirnng  oder  Zugänglichkeit,  ihr  Klima,  die  Art  ihres  Bodens, 
die  Mannigfttltigkoit  ihrer  Producte  —  als  die  eine  Kralt,  und 
diö  moralische  Beschaffenheit  ihrer  Bew^jliuer  —  mithin 
ihre  Nationalcharactere,  ihre  Thätigkeitsart,  ihre  Gewerbe,  ihren 
Handel  —  als  die  zweite  Kraft  ansehen,  die  in  ihrem  Zusammen- 
wirken den  entfernt«!  Gnmd  enthielten,  aue  welohem  der 
Zustand  der  auf  den  mancherlei  Territorien  mid  unter  den 
mancherlei  Völkerschaften  der  Erde  empotgekommenen  Staaten 
nch  als  m<l£^ichst  beetttndige  Folge  snm  grofien  Theile  her» 
laiten  lasse* 

Biese  „Naohrioht**  7on  der  verftnderten  Einriohtong  seines 
GoUegs  über  die  physische  Geographie  konnte  vielleicht  zn 
großartige  Yorstelltmgen  von  den  Intentionen  erwecken,  die  er 

mit  ihm  verband,  —  etwa  die  Vorstellungen,  daß  er  die  am 
Schlüsse  seiner  ..Untersuchung  über  die  Deutlichkeit  der  Grund- 
sätze der  natürlichen  Theologie  und  der  Moral"  (17G3)  in  Be- 
tracht gen«>mnjieuen  ..Empfindungen  des  Guten'^  (R.  T,  109.), 
wie  sie  in  verachiedenen  Völkern  unter  verschie  Ionen  Himmels- 
strichen hervorgetreten  seien,  in  ausführlicher  Schilderung  vor- 
legen, daß  er  die  in  seinen  „Beobachtungen  über  das  Geiilhl 
des  Schönen  und  Erhabenen**  (1764)  abgelehnte  Untersachnng, 
ob  die  Nationalcharactere  von  den  Zeitlftnfiten  nnd  der  Begierungs» 
«t  abhftngig,  mithin  snftllig,  oder  ob  sie  „mit  einer  gewissen 
KoÜiwendigkeit  an  das  Klima  gebunden  seyen  (B.  IV,  44B  Anm.)i 
anfiishmen  und  diese  Frage  entscheiden  werde.  Vielleicht,  um 
^rgleichen  übertriebene  Erwartungen  su  mftBigen,  aber  in 
Miderer  Richtung  doch  zu  spauuen,  wios  er  iu  dem  nun  folgenden 


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270    Ska  BeiirÜiaÜiuig  von  Kaat'fl  Kritik  der  rdnen  Yeniiiiilb  ete. 

Satze  seiner  „Nachricht'^  auf  den  Nutzen  hin,  welchen  die  für 
akademische  Yorlesongen  nur  in  gedrängter  Kürze  mögliche 
Behaadhuig  einer  „physiwh^moralifloh'-  nndpolitisoheiiGaographie" 
schaffen,  könnte: 

„Selbst  die  Verjüngung,  wenn  ich  es  so  nennen  soll,  einer 
„Wissensohafb  Yon  so  weitittnfigen  Anssiehten  nach  einem  kleinem 
„MuiiJ3stabe,  iiat  ihren  großen  iNuLzt  u,  iiukin  dadurch  allein  che 
„Einheit  der  Erkenntniü,  ohne  welche  aiiea  Wissen  nur  6tück- 
„werk  ist,  erlangt  wird. 

Hiermit  sprach  er  deutlich  ans,  daß  er  die  physische 
Beschaffenheit  der  £ide»  die  moralische  Beschaffenheit  der 
Menschen,  nnd  das  leoiproke  Wirken  dieser  beiden  „Krftfte" 
zur  Enengnng  jener  staatlichen  Formationen,  welche  die 
politische  Geographie  anfeeige,  nicht  in  einem  großen  Ge- 
uiuide  darstellen  wolle,  in  welchem  jeder  Theil  eine  genaue 
Detaüauslührunp:  erliielte,  sondern  in  einem  Bilde  von  be- 
scheidenem Umtaugö,  das  blos  die  wesentlichsten  Theile  skizzen- 
artig bemerklich  machte.  Aber  er  gab  auch  den  Fingerzeig, 
daß  diese  kleinere  Leistung  fdr  diejenigen,  die  in  die  Wissen- 
schaft eingeführt  würden,  vor  der  größeren  den  Yorsiig  bitte, 
die  Uebersicht  des  Gamsen  und  die  Erfassong  jener  Einheit  in 
mannigi  iiiigen  Elementen  sn  erleichtem,  welche  allein,  wie  alles 
Wissen,  so  auch  das  geographische  in  Erkenntniß  verwandelte 
und,  wenn  in  der  Geographio  erlangt,  den  Antrieb  br»t»^,  sie  in 
joder  Wissenschaft,  mit  der  man  sich  beschäftigte,  zuvörderst 
aber  in  jedem  Zweige  der  Philosophie  zu  erlangen. 

Schließlich  macht  er  in  der  „Nachricht"  vom  Jahre  1765 
ttnphatisch  auf  den  —  in  der  „AnkOndigong**  vom  Jahre  1757 
blos  innnirten  —  Nutaen  aufmerksam,  welchen  die  durch  ein 
Studium  der  physischen  Geographie  gewonnenen  Kenntnisse 
SEumal  einem  Gelehrten  dadmtsh  bringen  könnten,  daß  sie  ihm 
bei  gesellschaftlicher  Gonveiäatiou  einen  interessanten  Gesprächs- 
stoff darböten. 

„Darf  ich  nicht  auch  in  einem  geseiligen  Jahrhunderte, 
„als  das  jetzige  ist,  den  Yorrath,  den  eine  große  Hannig&ltigkeit 


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Von  £niil  Amoldt. 


971 


„angenehmer  und  belehrender  Kenntnisse  von  leichter  Faßlich- 
„kflit  nun  Unterhalt  des  Umganges  darbietet,  nnter  den  Nutzen 
iiMolinen,  welchen  vor  Augen  an  haben,  es  fllr  die  Wiaaeniohafk 
„keine  Erniedrigong  ist?  Znm  wenigsten  kann  es  einem 
^ehrten  nicht  angenehm  seyn,  sieh  Öftere  in  der  Verlegenheit 

sehen,  worin  sich  der  Redner  Isokrates  befand,  welcher,  als 
,.man  ihn  in  einer  Gesollschaft  aufmunterte,  docli  aucii  etwas 
„zu  sjjretheu,  sagen  mußte:  was  ich  weiß,  schickt  sich 
^icht,  und  was  sich  schickt,  weiß  ioh  nicht.*) 

Es  gehört  nicht  hierher,  dansolegen,  wie  Eant  selbst  es 
wohl  yerstand,  sein  aasgebreitetes  geographisohes  Wissen  ge- 
legentlich anr  Unterhaltung  und  Belehrung  der  Theilhaber  an 
seinen  geselligen  Unterredungen  au  verwerthen,  —  jenen  Unter- 
redungen, für  welche  die  Benutzung  der  leokratischen  Antithese 
die  Characteristik  ergebt^n  dürfte:  er  wußtn  in  jedem  ^roment 
Schirkliches  zu  sagen,  und  schicklicli  auf  das  zu  entgegnen,  was 
andere  Schickliches  oder  Unschickliches  sagten.**) 


*)  Nftch  Plutarch  (Stereot-Ausg.  Ldpz.  Taochnits.  1899.  Tom.  V. 
Xonlia.  p.  144.  Orator.  Tit.):  iamiftevot  ff  jfort  tra^it  Nuuut^iovtt,  r^t  Xva^ov 
T9fipv^,  7t(toTftJfOfUtftMf  umw  tv¥  nu^vroiv  dutl(x^riftt$,  ftf^*  Otg  /liv  tym 
^tipos,  ovg  o       MMfOf,  ole  fi  o  PVf  MtUQQf,  ov«  iy»  ftttfog, 

**)  Der  obige  Sats  soll  natflriich  keine  salAag^iobe  Chanctariatik 
von  Ejukt's  GesprächsfüLruDg  oder  Vortragsweise  liefern.  Die  eine  nml  die 
anflcrp.  zumal  aber  dip  erster»'  doutlirTi  zu  ver^rcgf^nwilrtip^n,  ilürrte  schwer 
lallen.  Weich'  ein  anziehendes,  welch'  ein  illustres  Bild  eitsteht  der  Pliantasio 
»ÜB  dem  ^'e^s^ch,  Po  rech  k  e's  Schildening  von  Kant's  Vortrag,  üespräch,  Per- 
sönlichkeit in  der  Vorstellung  z\x  realiwiren!  Aus  dieser  Schilderung  —  die 
Pdrtehke  itftch  „einem  tiebai  ondiweiutig  jährigen  Umgange**  mitKeiitent- 
«ttf  —  will  ich  nnr  folgende  bisher  nicht  genug  beechtete  Stelle  bennslieben: 
rDie  eigentlich  gelehrten  Scliriften  sind  fast  allenthalben  gelehrter  ale  ihre 
«Verfasser;  Schriften  origineller  Selbstdenker  enthalten  nie  den  ganzen  Geist 
►derselben:  jene  sind  über  ihre  Urhel»er,  diese  unter  ihnen.  Kant  war  in 
„seiudu  V'orlesuugeii  weit  geistvoller  als  in  seinen  Büchern.  Er  liat  bey 
nTitche  einen  unermeßlichen  Ideenreichthum  verschwendet;  er  warf  genialische 
JMalkHi  m  taneenden  aus,  deren  er  sich  nachher  Mlten  mehr  bewnEt 
»«er;  oder  er  hatte  auch  nicht  Stitigkeit  genug,  sie  weiter  anmftthrea. 
Jbi  ihm  seh  maili  wie  Kindlichkeit  und  Qenialltät  mit  ein^der  verwandt 
««ueo,  sein  Qeist  trag  neben  den  herrlichsten  Früchten  sahiloee  Bltttheni 


272    Zur  BentÜMilaog  toh  Sjnt'«  Kritik  der  twnm  Veniinft  ate. 

Wie  und  in  wid  weit  Eant  den  Plan  za  seinem  Colleg 
über  physMcb-moralieoli-politifchd  Qeogrspbie  aoBgefOhrt  habe, 
ist  nicht  su  bestiminen.  Denn  ea  ist  aaoh  nicht  eine  einnge 
Mitthettimg  Torhanden,  welche  darftber  Anfsohlnfl  gftbe,  wie  viel 
oder  wie  wenig  er  in  seinen  Yorlesongen  aber  physische  Geo- 
graphie vom  WinterBemester  1766/66  an  anf  eine  Bantellang 
der  moralischen  Znstftnde  der  Völker  nnd  der  Beeinflossimg 
staatlicher  Bildungen  durch  diese  Zustände  sowohl  wie  durch 
die  natürliche  Beschaftenheit  der  Krdgebiete,  auf  denen  die 
Staaten  erwuchsen,  eingegangen  sei. 

Elien  so  wonig  ist  irgend  wie  zu  bestimmen,  ob  er  schon 
vor  dem  Wintersemester  1765/66  physisclie  Geographie  anders 
vorgetragen  habe,  als  er  nach  dem  Entwürfe  vom  Jahre  1757 
sie  vorzutragen  Willens  war.  Nach  der  „Nachricht"  vom  Jahre 
1765  hatte  er  „diesen  Entwurf  allmählich  erweitert/^  Aber 
worin  die  Erweiterung  bestand,  läfit  sich  nicht  angeben. 

Die  Anfeeicbnnngen  Aber  physische  G^graphie,  die  im 
Wintersemester  1763/64  nach  "KmVa  Vortrigen  von  Herder  ge- 
macht und  in  dem  literarischen  NachlaB  desselben  anfgefhnden 
sind,  liefern  über  eine  solche  etwaige  Erweiterung  keinen,  — 
oder  einen  nur  negativen  Aufechltiß.  In  seinem  Vortrage: 
„Kants  Bedeutung  als  akademischer  Lehrer  der  Erdkunde"'*) 
berichtet  Paul  Ldiinann  ühf^r  jene  Aufzeichnungen:  , .Unter  den 
„Papit'ren  lierdera  behnden  sich  Nachschriften  der  Vorlesung';. n 
,,über  die  Physische  Geographie  —  —  — .  Mit  Bleistift  und 
y,Tinte  geBohrieben  liegt  ein  nicht  immer  leicht  su  lesendes  nnd 

nwalcbe  <»ft  mir  aaf  Augenblick«  ergOtsten  und  ttfltston**  (VmABB.  bey  Kttnts 

Geburtsfeyer,  den  22,  April  181'i.  Von  Prof.  Pöncliko.  —  Königsb.  Archiv 
für  Philo«.,  Theol.,  Sprachkundo  und  Gesch.,  von  Dt  lltrfu  lv,  Erfurdt^  Her- 
bart u.  8.  w.  1  Bd.  Königsb.  1812.  S  542.).  —  I>k'se  Stelle  alltMii  genügt, 
um  die  Meinung  als  pedantisch  zu  documentiren,  dab  Kant  in  Heinon  ge- 
dmekton  Warken  imd  Abhaadlangen  je  Aber  irgend  «in  Thenwi  das  er  dort 
behandelt«,  aeinen  Gedankenvorwith  völlig  anagegeben,  aeinen  Ideenrai«hthnni 
eraeböpft  hatte. 

*)  S,  „Vorhnndlnnpf^n  des  Hfeii  Deutschen  Gcographontages  zu  Dresden 
am  28.,  29.  n.  au.  April  imi  Ileisg.  v.  Gebauer.  Berlin.  1886."  S.  119—157. 
Separat-Abdr.  BerUn  1886.  Verl.  v.  Dietr.  Keimer.  (40  S.  gr.  8.) 


Digiti^cü  by  Go* 


Von  Einil  Arnoltlt. 


273 


„bei  den  Tielen  Zeichen  fOx  die  hAufig^t  wiederkehrenden  Worte 
)^weilen  schwer  sn  deatendee  Bronillon  von  yielen  einsselnen 

„Vorlesungen  vor,*)  das  mit  manchen  Abschnitten  aus  dem 
zweiten  Baudo  Rinks  (z.  II  Scluibert,  VI,  S.  637  fgJ  oft 
.,\V' ertlich,  in  der  Anordnung  aber  genan  übereinstimmt.  i)en 
,,er.-^Len  Theil,  der  die  eigt'ntliche  physische  Geographie  enthftlt, 
,,hat  Herder  recht  sorgfältig  ausgearbeitet.  Unschwer  gehuig  es 
„mir,  die  auf  Qoertblättem  niedergeschriebenen  und  sich  getreu 
„an  das  —  von  einzelnen  Vorlesungen  ebenfiüls  vorhandene  — 
„Bronillon"  haltenden  Ausftkhmngen  2u  ordnen.  Sie  entsprechen 
„bei  Schubert  dem  S.  416  —688  bis  Abaats  1  abgedruckten  TeilCp 
„doch  80)  daB  auf  die  S.  416—462  abgedruokten  mathematischen 
„Yorbegriffe**  [sollte  entweder  heißen:  Einleitung  und  mathe- 
matieche  Yorbegrtffe,  oder:  auf  die  S.  438 — 462  abgedruokten 
maihematisohen  Vorbegriflu]  „von  den  66  enggeschriebenen 
„Quart^eiteu  nur  eine  •}inzi<;o  kommt."  Lehmann  berichtet 
•weiter:  ^1763  behandelte  Kaut  den  ersten  Teil/*  d.  h.  ilen  allge- 
meinen Theil  der  physischen  Geographie,  ,,wi©  aus  Herders 
j^oUegienheft  hervorgeht,  in  G  HaupttJtücken:  Geschichte  des 
„Meeres,  vom  festen  Lande,  vom  Erdbeben  und  feuerspeienden 
„Bergen,  Geschichte  der  Quellen  und  Brunnen,  Geschichte  der 
„Flüsse  und  Geschichte  desLuftkreises.  Ob  die  ,„,Verftndemngen*'" 


*)  DemgenüÜt  ist  wohl  B.  Haym's  Angabe  in  ssinani  Boshe:  nHetder 
nseh  aeiiMin  Leben  nnd  seinea  Werken  dargiestaUVS  BeiL  1  Bd.  1877.  8^  88. 

eiuznschrKaken:  ..Nur  Ein  zusammenhängendes  Heft  aus  Herden  Stndittl- 
2eit  iat  in  seinen  Pajjieren  vollst runlisi;  uivl  in  «jnnbwpr  FasBnnj;  crlmlicT)  — : 
es  ist  ein  Heft  über  die  von  Kant  vorgetragene  phyBische  Geographie."  — 
Uebrigens  hat  Ha^m,  indem  er  erzühlt:  „Herder  läßt  sich  am  10.  August 
•1b  StadioBQS  der  Theologie  immatricuUren'*  (e.  a.  0.  S.  81.),  iwei 
tehiedene  Data  in  Eins  genommen.  Herder  wurde  am  10.  Angost  17^ 
imraatriculirt  nnd  am  11.  August  17G2  bei  der  theologischen  Facultät  inscribiiti 
Daliin  ist  zu  berichtigon  die  Angal>f*  in  den  Erinnerungen  aus  dem  Leben 
Herder  «  (S.  W.  Stuttg.  Cotta.  Zur  Philos.  u.  Gesch.  Th.  20.  im).  S.  B4.), 
wonach  Herder 'ä  ,^scriptions-ZeugDiß  als  Studeut"  das  Datum:  9.  August 
•oll  getragen,  tind  die  Schabert^eche  Angabe  (Kant*s  Biogr.  R.  XI,  2  A..  40.), 
wonach  Horder  anf  der  Königeberger  ünivemität  „von  IficbaeUs  1762**  an 
aoU  itodirt  haben. 

Mooatieoliria  Bd.  ZXTIL  Hft  8  v.  4.  18 


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274    Zur  Baortheflnng  von  K«it*t  Knt2k  der  leiiiea  Tttmiuift  etc. 

[die  die  Erde  ehedem  erlitten  hat]  „in  einem  siebenten"  (gem&fl 
dem  Entwurf  yom  Jahre  1757]  ,,foIgten,  iat^  da  die  Anearbeitnngen 
»»abbrechen,  nicht  eraichüioh"  (ibid.  S.  181.  Sep.*Abdr.  8. 15.). 

Dieser  Bericht  Lehmann's  ergiebt,  daß  für  das  Winter- 
semester 1763/64  aus  Herder's  Aufkeiehnungen  gar  keine  Er- 
weiterung des  Kant'sclion  Entwurfes  vom  Jahre  1757  zu 
coustatireii  ist.  Nieiniuid  weiß  über  dio  allmälirre  Erweiteruiifir 
von  Kant's  Plau  zu  seinem  (Joileg  über  physische  Geographie 
in  den  Jahren  vor  1765  etwas  Bestimmtes,  wie  niemand 
über  die  Ausführung  von  Kant's  Plan  za  jenem  Colieg  aus  dem 
Jahre  17G5  in  den  darauf  nächstfolgenden  Jahren  irgend  etwas 
weiß,  f^reilich  hat  B.  Erdmann  für  Kant's  physisch-geographische 
Yorleeungen  nach  dem  Wintersemester  1765/66  schndl  eine 
Yermuthnng  fertig.  „Einen  Yorlesongsplan  ans  etwa  dieser 
„Zeit**,  heiBt  es  in  seiner  Abhandlung  „Zar  Entwicklungsge- 
schichte von  Kants  Anthropologie"  (S.  46,  Anm.  2  der  „BeAeadonen 
Kants  zur  Anthropologie"),  „dürfen  wir  mit  Wahrscheinlichkeit  im 
„fünften  Paragraphen  von  Rink.^  Ausgabe  der  physischen  Geo- 
„graphie  (K.  W.  VTTI.  159)  vermuten.  Derselbe  enthält  zuuiiclist 
„ausser  der  mathematischen  (und  pliy.sischen)  noch  die  moralische 
,.nnd  politische  Geogra|)liie  im  oben  bestimmten  Sinne.  An 
ifdiese  schließen  sich  dann  noch  die  mercantilische  Geographie, 
„deren  Ort  allerdings  befremdlich  weit  von  der  physischen  Qeo- 
„graphie,  aus  der  sie  unmittelbar  erwfichsty  getrennt  ist,  sowie 
„eine  theologische  Qeographie,  die  analog  den  ftbrigen  „die 
,,theologischen  Prinoipien  nach  der  Yerschiedenheit  des  Bodens" 
„giebt,  durch  die  sie  „mehrenteüs  sehr  wesentliche  Yertünderongen 
„erieiden/*  Endlich  sollen  „die  Abweichungen  der  Nator  in 
,ydem  Unterschiede  swisohen  Jngend  nnd  Alter,  femer  das, 
„was  jedem  Lande  eigentümlich  ist,  bemerkt  werden."  In  den 
„ersten  sechs  Abschnitten  haben  wir  einen  Plan,  in  dem  der 
„mathematisch- physische  Teil  durch  den  anthroj^ologischen  fast 
„erdrückt  scheint.  Wir  dürlen  dalier  schlieüen,  daß  von  den 
„„fast  dreifachen,  zu  verschiedeneu  Zeiten  von  Kant  ausge- 
^beiteten  Heiteu,"  die  Bink  bei  seiner  nachlässigen  Awgabe 


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Von  £mü  Arnoldt. 


275 


, .benutzt  hat,  ein  ganze»  oder  ein  Bruchstück  dieser  Zeit  an- 
„gehürL.  Die  citirten  Andeutungen  über  eine  Geographie  der 
„Lebensalter  u.  s.  w.  stammen  allem  Anacbeiu  nach  aus  einem 
„Marginal  Kants  zu  diesem  Entwurf." 

Aber  von  diesen  Vermuthungen  B.  Er.lmanu's  ist  die  erete 
voreilig,  die  zweite  nnhaltbari  die  dritte  vielleicht  theilweise 
richtig,  jedoch  bedeutungslos. 

Voreilig  ist  die  Vermuthung,  daß  im  §  5  des  ersten  Theü» 
von  Bink's  Ausgabe  der  Vorlesungen  Kaufs  über  physiBche 
Geographie  ein  }|Vorlesnngsplan  aus  etwa  dieser  Zeit*')  also  ans 
einem  der  Jahre  zwischen  1766  and  etwa  1770  dargeboten 
werde.   Denn  B.  IBrdmann  flbersieht:  Nach  jenem  ParagrBphen 
wollte  Kant  in  seinen  Vorlesungen  über  physische  Geographie 
keineswegs  —  zu  irgend  einer  Zeit  —  1.  eine  physische  Geo- 
graphie,  2.  eine  mathem;itische,   3,  eine   moralische,    4.  eine 
politische,  5.  eine  mercantüische,  6.  eine  tlieolon^ischo,  sondern 
er  wnlltf!  au3p^o<?])rocht'nermaßon   nur  oine  })liysiseh6  Geographie 
liefern  und  daneben  von    allen  übrigen  möglichen  Geographien", 
deren  es  nach  seiner  Ansicht  fünf  gab,  „die  Hauptstücke  einer 
jeden  dieser  letztern"  „in  der  Kflrze*^  abhandeln.  Demnach 
wollte  er  nicht,  wie  B.  £rdmuin  veimuthet,  eine  Geographie 
i,in  sechs  Abschnitten"  vortragen,  in  welchen  neben  der  physi- 
schen Geographie  als  dem  ersten  Theile  die  fünf  ,|übrigen 
möglichen  Geographien"  fünf  gleich  aasführlioh  behandelte, 
gleich  streng  abgesonderte  Theile  bildeten,  sondern  das  Oorpus 
seiner  Vorlesungen  sollte  immer  nur  die  physische  Geographie 
ausmachen,  d.  h.  1.  descriptive  Zerlegung  des  Erdkörpors  in  die 
Bestandstücke  auf,  unter,   und   über  seiner  Oborfläche,  mithin 
Darstellung    von    Meer,    Festland,    Inseln,   Quellen,  Brunnon, 
Bächen,    Flüssen.   Atinosj)li:ire ,   AVindon,    Witterung,  Erdver- 
ftnderungen,  2)  Beschreibung  der  Krz-'uguisse  des  Erdkörpers,  — 
der  Menschen,  Thiere,  Pflanzen,  Mineralien,  während  vorher 
einleitungsweise  die  Grundbegriffe   der  mathematischen  Geo- 
graphie zu  erörtern  und  hinterher  in  einem  cuniorisoh  behandelten 
Theile  die  Natnrmerkwürdigkeiten  der  Erde  nach  ihrer  Ver- 
ls» 

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276    Zur  6«iirth«Uiing  von  Kant*«  Kritik  der  mumh  Vantinll  ete. 

theilang  an  die  venohiedeneu  Lftnder  mit  Aasblicken  anf 
staatliche  Institationen,  aittliohe  und  religiöse  VonteUungsn, 
so  wie  meroautile  Yerhftltnisse  als  Folgen  aus  der  natürlichen 
Beschaffenheit  der  verschiedenen  Himmelsstriehe  an  betrachten 
waren.  Eine  solche  Gestalt  haben  denn  auch  Kants  Yorlesungea 
Uber  physische  Geographie  in  der  Bink'schen  Ausgabe  und  in 
den  drei  mir  bekannten  Nachschriften  des  Collegs  aus  ver- 
schiedenen Soniesteni,  welche  alle  in  der  Anlage  des  (Tanzen 
mit  einander  übereinstimmen.  Kurz,  Kant  hat  im  JaLie  1705 
wohl  ,,oino  physi^eli-nioriilisch-  und  j>olitische  Geographie"  liefern 
wollen,  aber  niemals  eine  physisch  -  mathematisch  -  moralisch' 
politisch  -  mercantilisch  -  theologische  Geographie. 

Mit  der  ersten  Vermuthung  fällt  die  ans  ihr  gefolgerte,  — 
die  zweite,  „daß  von  den  »»itfast  dreifachen,  au  verschiedenen 
„Zeiten  von  Kant  ausgearbeiteten  Heften" die  Bink  bei 
,,seiner**  —  wie  B.  Erdmann  hier  tlberfiflssiger  Weise  bemerkt 
—  „nachlässigen  Ausgabe  henutat  hat^  ein  ganses  oder  ein 
„Bruchstück"  der  Zeit  zwischen  1766  und  etwa  1770  „angehört". 
Aber  gegen  diese  Yermuthung  ist,  abgesehen  von  ihrer  Hin- 
fälligkeit als  Folgerung  aus  der  ersten,  speciell  geltend  zu  niaclion: 

Steht  es  denn  fest,  daß  Rink  drei  zu  verschiedenen  Zeiten 
von  Kaub  ausgearbeitete  Hefte  benut:?t  hat?  P.  Lehmann 
erhebt  auf  S.  12'1  (S.-A.  S.  10)  seines  oben  citirteu  Vortrags  Zweifel 
dagegen.  Er  ist  der  Ansicht,  daß  die  Ausarbeitungen  Kant's  iiiuk 
nicht  in  drei  verschiedenen  RedactioneUi  sondern  daß  nur 
verschiedene  Reda(  tiouen  einzelner  Theile  ihm  vorgelegen  hätten, 
daß  Kant  in  der  Hauptsache  stets  den  ursprOnglichen  Aus- 
arbeitungen gefolgt  sei,  daß  die  Qesichtspuncte  und  Eintheilungen 
des  „Entwurfes"  vom  Jahre  1767  mit  geringen  Abindarungcn 
ma%ebend  blieben.  Die  von  P.  Lehmann  dabei  angezogene 
Erklilmng  Schubert'Si  seine  üeberzeugung,  daß  Kant  in  seinen 
physisch -geographischen  Vorlesungen  bei  den  häufigen  Wieder- 
holungen derselben  selir  wenig  geändert  habe,  gruude  sich  auf 
eine  Vergleiclumg  von  sechs  Nachschriften  des  Collegs  aus  den 
Jahren  1774  bis  1793  mit  der  Riuk'scheu  Ausgabe  (B.  VI,  Yorr. 


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Ton  Emil  Amoldt. 


27? 


S»  XI;  u.  S.  418  Axun.  1)  werde  ich  weiter  unten  berühren. 

merke  ich  nur  an,  daß  die  drei  auf  der  hiesigen  Königlichen 
und  üniyenit&tBbibliothek  befindlichen  Nachschriften  des  Coüegs 
Uber  pbTaische  Geographie  die  Ansicht  Lehmann's  in  soweit 
bestätigen,  als  ans  ihnen  hervorgeht,  daB  Kant  sicher  noch  im 
Jahre  1784,  wahrscheinlich  auch  in  einem  der  späteren  1780iger 
Jahre,  und  wiederum  sicher  noch  im  Jahre  1798  den  in  dem 
„Entwarf**  vom  Jahre  1757  angelegten  Plan  festgehalten  und 
durcligofiUirt  habe. 

Doch  selbst  wenu  man  den  Fall  setzte,  daß  B.  Erdmaim's 
erste  Yennuthung  stichhaltig,  luid  wenn  man  ferner  den  Fall 
setzte,  daß  P.  Lehmann'a  Zweifel  zu  beseitigen  wäre  —  zwei 
F&lle,  die  beide  nicht  zutreffen  — ,  so  würde  auch  dann  B.  £rd- 
mann's  zweite  VermuthnTir>:  nur  unter  der  Bedingung  nicht  ins 
Bhme  gehen,  wenn  sich  in  den  von  Eink  herausgegebenen  Yor- 
lesongen  der  physisch-geographische  Theil  durch  einen  anthro* 
pologischen  „fast  erdrttckt**  zeigte.  Ein  solches  „ErdrQckt**>8ein 
aber  zeigt  sich  dort  nicht.  B.  Erdmann  selbst  erklärt  in  seiner 
„Discnssion'*  auf  8.  48,  Anm.  1:  „Die  Berliner  Königliche 
„Bibliothek  besitzt  eine  Naohschrifb  der  kantischea  Vorlesung 
„über  yJiysische  Geographie  aus  dem  Jahre  1772,  welche  durch- 
,,aus  ebenso  wenig  anthropologisflien  Inhalt  hat,  als  das  später 
„von  Riuk  herausgegebene  Han  ibuch."  Also  dies  „Handbuch" 
hat  nach  B-  Erdmann  ./lunhans"  keinen  anthropologischen 
Inhalt,  oder  mindestens  ,, durchaus"  keinen  anthropologischen 
Inhalt  von  irgend  welchem  Belange.    Das  is't  richtig. 

Freilich  ger&th  durch  diesd  Erkhirun<:,'  B.  Erdmann,  wie 
ihm  öfters  begegnet,  in  Widerspruch  mit  sich  selbst,  —  hier 
nftmlich  hinsichtlich  seiner  Behauptung  Aber  den  „Entwurf* 
vom  Jahre  1757.  Denn  warum  sollten  doch  in  dem  Entwurf 
die  physisch -geographische  Gedankenreihe  und  die  anthropo- 
logische „unklar  gemischt  durcheinanderlaufen"  (a.  a.  0.  8.  42)? 
Weil  Kant  beilftuiig  im  „allgemeinen  Theil"  der  physischen 
Geographie  handeln  wollte  „von  Häfen,  Ankerplätzen,  von 
Flüssen,  die  Goldsand  luhren,  von  der  Gesundheit  der  Luit,  von 

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278     Zur  Beurtheiluug  von  Kaut'u  Kritik  dax  roiuoa  Veruuoft  etc. 


den  ^fetliudeu,  versunkene  Sachen  aus  dem  Meero  in  die  Höhe 
zu  })rine:en,  vom  Grabon  der  Brunnen,  von  der  Methode,  das 
Gold  aus  dem  Flulis  inde  aiixusondcrn."  Aber  von  diesen  Dirifjfm 
handelt  Kant  ja  aucli  im  „allgomoinen  Theil*'  der  durch  Eink 
herausgegebenen  Vorlesungen!  Von  Häfen,  Ankerplätzen  B.  VI, 
463,  dasa  von  Bheden  S.  622,  von  Flüssen,  die  <  ^^Msand  iühren 
S.  575,  von  der  Gesundheit  der  Lufl  S.  531.  545.  578,  Ton  den 
Metboden»  versunkene  Sachen  ans  dem  Meere  in  die  Höhe  m 
bringen  S.  466  a.  467,  and  anch  davon,  wie  der  Goldstaub  ans 
dem  Sande  der  Flüsse  nnd  der  Bäobe  abgesondert  werde,  bat 
er,  wenigstens  nach  Rinkes  Andeatang  aof  S.  675,  geredet 
Nur  das  Graben  der  Brunnen  findet,  wenn  icb  niobt  iire,  dort 
keine  Erwähnung.  Aber  statt  dieser  einen  „Beziehung  auf  den 
Äfeuschen",  die  ich  dort  nicht  nachweisen  kann,  sind  viele 
andere  ,, innerhalb  des  allgemeinen  Teils  zerstreute  Bczielninfron 
auf  den  Menschen"  auzufulir-'n,  wit'  die  Methotlen,  das  Moer- 
wasser  von  seinem  Salze  zu  befreien  S.  477 — 479,  der  Nutzen 
dos  Salzes  im  Meerwasser  S.  4*^,  die  Gefahr  der  „hohlen  See" 
für  die  Sobiifer  S.  487,  die  Gefahr  der  Meerstrudel  für  kleine 
Fahrzeuge,  aber  nicht  fttr  große  Schifie  S.  494,  die  Verwendung 
des  Treibholzes  8.  604,  die  Scb&dlicbkeit  und  die  Nützlichkeit 
der  Untiefen  ftlr  die  Schiffer,  die  Erfordernisse  eines  guten 
Änkeigrundes  S.  621,  das  Heimweb  der  Schweizer,  Pommern, 
WestphAler  S.  628,  629  (vgl.  Anthrop.  TU,  2  A.  77.)  und  anderer 
Yolksstftmme  S.  632,  die  Abnahme  der  Scbftrfe  der  Sinne  mit 
dem  Fortschritt  der  geistigen  Cultur  dos  Menschen  S.  651 
Anm.  1,  u.  s.  w.  alles  ,,Bezieliungen  auf  den  Menschen'',  die 
nach  B.  Erdmann's  ursprünglicher  Behauptung  alle  für  anthro- 
pologische" geltou  müßten.  Also  entweder  ,.anthr(>jH)l.t(riseher 
Inhalt"  im  „Entwurf''  von  1757  und  im  „Handbuch''  von  1802, 
oder  kein  anthropologischer  Iidialt  in  beiden!  Aber  „anthropo- 
logischer Inhalt"  im  Entwurf  uud  kein  „anthropologischer  In- 
halt" im  Handbuch  ist  ein  offenbarer  Widerspruch. 

Indefl  ist  es  wahr,  dafi  die  von  Bink  herausgegebenen 
Vorlesungen  keinen  anthropologisohen  Inhalt  haben,  und  zwar 


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Von  Emil  AmoldU 


279 


eben  so  wenig,  als  der  „Entwurf",  nach  dessen  Plane  sie  durch- 
weg gearbeitet  sind,  während  sie  niri^entls  auf  einem  Plane 
bernhen,  in  welchem  Her  physisch -geographische  Theil  durch 
einen  anthropologischen  „fast  erdrttckt  scheint."  Ist  aber  diesem 
„Erdrückt" -werden  in  den  von  Hink  heraosgegebeaen  Vor- 
leenngen  migends  za  apfiren,  so  ist  in  ihnen  andi  xurgends  ein 
Kriterium  vorhanden,  an  welohem  B.  Erdmann  ssofolge  seiner 
—  allerdmgs  dorcliaiiB  verkehrten  —  Ansicht  Aber  den  Inhalt 
Y<m  Kant'a  physisch-geographischen  Vorlesungen  zwischen  den 
Jahren  1766 — 1770  ermessen  könnte,  ob  ein  Heft  oder  ein  Brach- 
stftok  desselben  ans  jenen  Jahren  in  das  „Handbuch"  aufge- 
nommen sei.  Daher  würde  B.  Erdmann's  Vemrathmig,  daß 
dieses  geschehen  sei,  auch  dann  haltlos  sein,  selbst  wenn  es 
sicher  wäre,  daß  ,,fast  dreifache,  zn  verschiedenen  Zeiten  von 
Kant  ausgearbeitete  Hefte'"  der  Rink'schen  Ausgabo  zu  (rriinde 
lägen  —  was  nicht  ganz  sicher  ist  — ,  und  wenn  os  ri'diti^ 
wäre,  daß  ira  §  5  der  ]{ink'schen  Ausgabo  ein  Yorlosuugsplan 
aus  den  Jahren  I7G6 — 1770  überliefert  worden  —  was  durchaus 
tmiichtig  ist. 

Wie  die  zweite  Vermuthung  haltlos  ist,  so  ist  e%  wenigstens 
mm  Theil,  auch  die  dritte,  daß  die  im  6ten  Paragraphen  von 
BinVs  Aufgabe  der  physischen  Geographie  Torhandenen  „An- 
dentongen  Aber  eine  Geographie  der  Lebensalter  n.  s.  w.  allem' 
Anschein  nach  ans  einem  Maiginal  Sant's"  za  dessen  —  ver* 
meintlich  von  B.  £rdmann  entdeckten  —  Yorlesungsplan  ans 
der  Zeit  zwischen  1766  und  1770  ,,stammen".  Denn  da  die 
Vermuthung  über  diesen  Vorlesungsplan  im  Allgemeinen  nichts 
ist,  so  ist  Uli  1j  die  Verinnthung  über  ein  Marginal  zu  diesem 
Plane  im  Besond»'ren  nichts.  Demuugt'aclitet  kann  es  richtig 
sein,  daß  jene  Andeutungen  über  eine  Geographie  der  Lebensalter'' 
in  einer  der  Kink  vorliegenden  Ausarbeitungen  Kant's  als  Mar- 
ginal gestanden  haben.  Mag  indeß  die  Vermutliung  B.  Erdmann's 
immerhin  in  diesem  Stacke  zutreffend  sein:  in  diesem  Stücke 
irt  sie  bedeutungslos  oder  höchstens  von  der  Bedeutung,  daß 
sie  f&r  den  kritischen  Scharfblick  üires  Urhebers  Zeuguiß  ablegt. 


üigiiizeü  by  VoüOgle 


280    Zur  BeartheiliiQg  von  Kaufs  Kritik  der  mnen  Vemaiifi  etc. 


Mit  der  Vortlüchti^ung  der  oben  IjeleuclitotBn  Muthmaßnngen 
B.  Erdmaun's  bestätigt  sich  meine  Behauptung,  daß  keine  An- 
gaben darüber  möglich  sind,  in  w>l  Iter  Art  Kant  das  Programm 
za.  seinem  Colleginm  über  physisohe  Oeograplue,  "welohes  die 
„Naolriolit  von  der  Emriohtung  seiner  Yorlesimgen  in  dem 
Winterhalbjahre  von  1765—66"  yorlegte,  wirklich  znr  AasfOh- 
rtmg  gtibraoht  hat 

e)  Die  Nachschriften  von  Eant*s  Vorlesungen  über 

physische  Geographie. 

"Was  für  sechs  Nachschriften  von  Kant's  Vorlesungen  über 
physische  Geographie  es  gewesen  sind,  durch  deren  Vergleichnng 
mit  der  Bink'schen  Ausgabe  Schubert  zu  der  Uebenseugong 
gelangte,  „daß  £ant  sehr  wenig  in  diesen  Vorlesungen  bei  den 

häufigen  Wiederholungen  geändert  hat"  (B.  VI,  Vorw.  XI;  u. 

S.  418  Anm.),  kann  ich  nicht  angeben.  Die  Königsberger  Kgl. 
und  Universitätsbibliothek  besitzt  drei  Nachschriften  dieses 
Coliegs,  eine  aus  dem  Sommersem.  1784,  eine  andere  undatirte, 
und  eine  dritte  aus  dem  Sommersem.  1793,  von  denen  Schubert 
wahrscheinlich  nur  die  beiden  ersteren,  die  letaste  dr.gegen  nicht 
gekannt  hat. 

Die  Nachschrift  vom  Jahre  1784  bringt  von  einleitenden 
mathematischen  VorbegrifTen  nichts,  und  von  dem  ersten,  äem 

allgemeinen  Theil  der  physischen  Geographie,  welcher  Meer, 
Land,  Berge,  Flüsse,  Atmosphäre  behandelt,  so  wenig,  daß  an- 
zunelinien  ist,  entweder  habe  während  des  Sommersemesters 
1784  Kant  ihn  nur  im  Auszuge  gegeben,  oder  der  Nachschreiber 
ihn  nur  im  Auszuge  wiedergegeben.  Indeß  stimmt  sie  auch  in 
diesem  Theile  hinsichtlich  der  Anlage,  wie  mit  dem  „Entwurf" 
vom  Jahre  1757,  so  mit  der  Bink*sohen  Ausgabe  völlig  überein. 
Dagegen  stimmt  sie  in  dem  zweiten  Theüe,  welcher  „die  be- 
sondere Beobachtung  dessen  enthält,  was  der  Erdboden  in  sich 
enthält"  (bei  Rink:  „in  sich  faßt''  P.  VI,  GIO.],  nicht  nur  der 
Anlage  nach,  .sondern  durchweg  und  —  von  Hör-  und  Öchreib- 
t'ehlem  abgesehen  —  beinahe  wörtlich  überein. 


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Von  £nul  Amoldt. 


281 


I)i<'   wichtigste  von  den  oben  bezeidineten  Nachschrifleii 
scheint  mir  die  zuletzt  genannte,  die  dritte.   Diese  aii^^tührliche, 
aber  nickt  ohne   einige  MüIie   lesbare  Nachschrift  aus  dem 
Sommeroem.  1708  stinnnt  mit  der  Bink'schen  Ausgabe  nur  dem 
Plane  nach  überein.   Alles,  was  ioh  in  ihr  näher  angesehen 
habe,  weicht  von  den  parallelen  Baratellnngen  in  der  Bink'sohen 
Anagabe  dem  Inhalte  nach  snm  Theil,  der  Faasong  nach  ganz 
ab.   Schon  die  in  der  Einleitnng  knrs  vorgetragene  „Mathema- 
tiflche  Geograx)hie  in  physischer  fitioksicht",  welche  „sioh  mit 
der  QröBe^  Fignr  der  Erde  tmd  deren  Eintheilung  durch  ver- 
schiedene Linien  beschäftigt,  die  vermöge  ihrer  Bewegung  um 
die  Saline  und   ilire  Axe  gedacht  werden  müssuu"',  hat  eine 
andere  Austulining,  aber  mehr  noch  .,der  allgemeine  Theil  der 
physischen  (itiographie,   der  die  Oberfläche  von  Land  und  Seen 
behandelt",  wie  ,,dor  zweite  Theil  der  physischen  Geographie:" 
„Die  Producte  der  Länder  oder  Naturalien  im  Reiche  der  Natur, 
so  wie  sie  die  verschiedenen  Qegenden  der  Erde  ensengt  haben", 
imd  „die  Durchwandemng  der  Lftnder  in  physisch-geographischer 
BOoksicht.**   Da  findet  sich  z.  B.  in  der  ersten  Abtheihing  des 
zweiten  Theils  nicht  ein  besonderes  „Haaptstttck",  ein  beson* 
derer    Abschnitt'':  „Vom  Menschen*',  wie  in  der  Nachschrift 
aus  dem  Jahre  1784  und  in  der  Bink*schen  Ausgabe,  sondern 
es  wird  zn  Anfang  des  Thierreichs  ,,primordialiter  der 
Mensch,  als  Gattung  der  Thiere  in  seiner  Mannigtaltigkoit  unter 
den  Menselien  nath  den  verschiedenen  "Weitstrichen''  belumdelt, 
und  zuvürdorf>t   ein«'  Auseinandersetzuuij^  —   die  sicli  weder  in 
der  Nachschriit  aus  dem  Jahre  1784,  noch  in  der  Ivink' scheu 
Ausgabe  findet  —  darüber  gegeben,  daß  „sich  nur  eine  Menschen- 
Gattuig,  nicht  verschiedene  Arten  der  Menschen  auf  der  Erde 
annehmen"  lassen.  Und  in  der  «weiten  Abtheilung  des  zweiten 
Theils  ist  die  Begierongsweise,  die  gesellschaftüche  Ordnung, 
die  Religion  der  orientalischen  Volker,  znmal  der  Chinesen  und 
der  Hindostaner,  bestimmter  und  genauer  skissirt,  als  In  der 
Nachschrift  aus  dem  Jahre  1784  und  in  der  Bink'schen  Ausgabe. 
Die  auf  der  Königsb.  Kgl.  u.  Univers.-Bibl.  vorhandene, 


2^     2ur  Beuriheilang  von  Kant  s  Kritik  dar  reinen  Veruonü  «ic. 

undatirte  Nachschrift,  welche  in  dem  Plan  des  Gknzen  mit  den 
beiden  vorliin  orwahiueu  -latirten  Nachschriften  übereinstimmt, 
aber  den  Text  des  Vortmges  weniger  ausführlicli  bringt,  als 
jene,  weicht  wiederum  in  der  Fassung  Tind  Formung  des  Mate- 
rials von  der  einen,  wie  von  der  anderen  ab,  nähert  sich  jedoch 
mehr  der  Naclisclirifl  aus  dem  Jalire  1793,  als  der  aus  dem 
Jahre  1784.  Es  ist  wohl  möglich,  daß  aie  ans  der  zweiten 
Hälfte  der  1780  iger  Jahre  herrührt.  Wenigstens  ist  hier  bei 
Bestimmimg  der  Begrifie:  Bäoe  und  Variet&i,  die  in  der  Naoh- 
eohrift  ans  dem  Jahre  1793  ebenfalls  und  in  gleicher  Weise, 
und  in  beiden  Naohsehriften  in  ^eioher  Weise  wie  in  Kant's 
AbbandlnBg:  ,,TJeber  den  Gebranoh  teleologischer  Prinoipien  in 
der  Philosophie"  vom  Jahre  1788  geliefert  wird,  der  Unterschied 
zwischen  logischer  Eintheilung  nach  der  AehnUchkeit  und  phy- 
sischer Eintheilung  nach  der  VerwandLschait  erörtert,  welcher 
auch  in  jener  Abhandlnng  vom  Jahre  178S  ausdrücklich  er- 
wähnt und  hiervorgehoböQ  wird  (ß.  VI,  363  Anm.)-  Da  er  nun 
in  der  Nachschritl  vom  Jahre  1793  nicht  in  Betracht  gezogen 
worden,  so  kann  dieser  Umstand  vielleicht  als  ein  —  freilich 
nicht  sficheres  —  Anzeichen  dafür  gelten,  daß  jene  undatirte 
Naohrift^  Ton  der  ich  schon  bemerktep  dass  sie  sich  in  ihrem 
Tenor  der  Naohsohrift  aus  dem  Jahre  1798  annähert,  nicht  hinter, 
sondern  vor  daa  Jahr  1798,  und  zwar  in  die  Zeit  &lle,  in 
welcher  der  oben  erwähnte  Unterschied  von  Kant  bei  Discoasion 
der  Forster'sohen  Einwurfe  gegen  seine  Meinung  aber  den  Be- 
griff nnd  den  Ursprung  der  Menschenracen  gemacht  wurde,  mit* 
hin  in  die  Zeit  um  das  Jahr  1788  herum.  Auch  erwähnt  jene 
Nachsckrii't  bei  Schilderung  der  politischen  Zustände  in  Hindo- 
stan  Tippo-Sahib's,  welcher  v.  1782 — 1709  regierte,  wie  eines 
Herrscliers,  dessen  Herrsuhatt  niclit  eben  erst  begonnen,  sondern 
schon  einige  Zeit  liin(bir<  b  gedauert  hatte,  obgleich  ohne  —  für 
mich  auffindbare  —  Andeutong,  wie  lange  sie  bereits  ge- 
dauert hatte. 

Demnach  bestätigen  die  auf  der  Königsberger  Kgl.  und 
Universitätsbibliothek  vorhandenen  Nachschriften  nicht  die  An- 


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Von  Emil  Anioldt. 


288 


sieht  Selmbert's,  „daß  Kant  si'hr  wenig  in  diosen  Vorleaungen 
bei  den  liäiifigen  Wiederholungen  geändert  hat." 

Kink  fügt  den  kurzen  Notizen  über  Kaschemir  in  seiner 
Ausgabe   die  Erklärung  bei:   „Hier   ist  eine  Lücke   in  der 

„Kant'sohen  OriginalhAudschriflb,  die  ioh  für  jetzt 

„nicht  ausflüW  Daeo  merkt  Schubert  (IL  VI,  718  u.  f. 
Anm.)  an:  „In  den  vor  mir  liegenden  Nachschriften  dieser  Yor» 
„trage  folgen  nachstehende  Materien:  1.  Charaktere  der  Ein- 
wohner in  Indien.  2.  Naturmerkwürdigkeiten  daselbst  8.  Wissen- 
schaften der  Lidier.  4.  Einkünfte  des  Moguls.  5.  Religion  der 
Indier.    6.  Ehen"  n.  s.  w. 

Dieser  Boraerkung  Schubert*»  gegenüber  habe  ich  meiner- 
seit<?  7M  bemerkfii:  lu  der  Nachselirift  aus  dem  Jahre  1784 
folgen  narh  den  mit  der  Rink'selion  Ausgabe  auch  hier  fast 
wörtlich  übereinstimmenden  kurzen  Notizen  über  „Cachmir'' 
allerdings  die  von  Schubert  angegebenen  „Materien",  aber 
unter  formell  etwas  anderen  Titeln:  .,§  154.  Charakter  der  Ein- 
wohner Indiens/'  —  „§  16&.  Naturalien.'*  —  „§  156.  Von  den 
Wiseenschaften.**  —  „§  157.  Von  den  Einkünften  des  Moguls.''  — 
„§  158.  Von  der  fieligion."  —  u.  s.  w.,  und  ein  Abschnitt: 
„6.  Ehen''  gar  nicht,  sondern  statt  dessen  am  Ende  des  „§.  168." 
nur  die  Sfttae:  „In  dem  Eünigreioh  Kaliont  soll  ein  Weib  bis 
„12  Mftnner  zugleich  heyrathen  kOnnen.  Man  verkauft  hier,  wie 
„sonst  in  Indien  die  Weiber  und  hält  sie  h(  liivisch.  Die  Ver- 
„breunung  der  Weiber  der  Braminen  zugleich  mit  den  Miinnern 
„geschieht  von  ihnen  biüweilen  freywiilig,  bisweilen  aber  ge- 
.,zwnngen."  Dagegen  hat  die  undatirto  Nachschhit  weder  die 
angegebenen  Paragraphen  und  Titel,  noch  stimmt  dasjenige, 
was  sie  unmittelbar  nach  China  über  „Indostan*'  bringt,  dem 
Inhalte  nach  mit  der  Nachschrift  aus  dem  Jahre  1781  überein, 
Basselbe  gilt  von  der  Nachschrift  aus  dem  Jahre  1798,  welche 
wiederum  von  den  beiden  vorigen  hier  abweicht.  Da  jedoch 
die  letztere^  aller  Wahrscheinlichkeit  nach,  Schubert  nicht  vor- 
gelegen hat,  80  kommt  sie  ftlr  die  Angabe  desselben  nicht  in 
Betracht»  Die  beiden  ersteren  aber  befanden  sich  (^e  Frage 


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284    2ar  Beartbeilaiig  von  Kant*«  Kritik  d«r  xwun.  Vernunft  eto. 

unter  den  „sechs",  die  Schubert  vorlagen,  und  da  diese  in  Be- 
zug auf  das,  was  sie  über  Hindostan  bringen,  nicht  mit  einander 
ftbeieinstimmen,  so  war  Schubert  nioht  berechtigt,  eine  Angabe 
zu  machen,  welche  die  Vorstellang  erwecken  muß,  dafi  in  allen 

„yor^'  ihm  „liegenden  Nachschriften"  die  von  ihm  namhaft  ge- 
machten Materien  in  völliger,  auch  sachlicher  üebereinstimmung 

folgen.  Er  hat  wohl  jene  beiden  Nachschriften  nicht  genauer 
mit  einmider  vpruj'liphfMi  nnd  vernmthlich  aus  (\(^r  Nachschrift- 
vom  Jahro  1784  alierJinccs  die  „Materien",  diese  aber  mit  vor- 
änderten Titehx  angeführt. 

f)  VerhäUnifl  von  Kant*a  physisch-geographischem 
Golleg  an  seinem  anthropologischen. 

Baß  Kant  den  Inhalt  seiner  Vorlesungen  über  physische 
Geogruphie  in  den  1770  iger,  80  ige r.  und  90iger  Jahren  ver- 
schieden gestaltete,  ist  vorweg  aiizuuehmen  und  überdies,  hin- 
sichtlich der  beiden  letzten  Decennien  seiner  Lehrthätigkeit, 
schon  aus  einer  nur  oberflächlichen  Yergleichung  der  vorher  er- 
wähnten Nachschrifben  im  Allgemeinen  zu  ersehen.  Wie  er  ihn 
aber  im  Einzelnen  während  jener  Zeit  allmälig  umwandelte, 
eine  solche  Darlegung  würde  fttr  jeden,  der  daran  Interesse 
hat,  nur  dann  controllirbar  sein,  wenn  Kachschriften  aus  jenen 
Decennien  gedruckt  wären,  dniuntor  womöglich  auch  diejenige, 
die  im  Winter  des  Jahres  1772/7B,  als  Kant  in  dem  IlaiUsd  des 
Herzens  i'riedrich  von  Holstein-Beck  Vorlesungen  über  physische 
Geographie  vor  einem  gemischten  Kreise  von  ZuhOrern  liielt| 
angefertigt,  von  Kant  eigenhändig  corrigirt,  mit  mehreren  kleinen 
Zusätaen  versehen  and  dem  Herzog  von  Holstein  geschenkt  war, 
und  die  im  Jahre  1846  von  Schubert  der  Kant-Gesellschaft  zur 
Ansicht  vorgelegt  wnrde  (N.  Pr.  Prov.-Bl.  Jahrg.  1846.  Bd.  I, 
S.  464.).  Indeß,  wenn  auch  niclit  über  den  veränderten  Inlialt, 
doch  über  die  einigermaßen  veränderte  Tendenz  seiner  physisch- 
geographischen Vorlesungen  giebt  Kant  selbst  im  Jahre  177Ö 
Aufschluss  durch  eine  Mitthoilung  über  seine  Idee  von  einem 
nütalichen  akademischen  Unterrichte^  dem  er  seine  physische 


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Von  £mü  Arnoldt. 


285 


Geographie  einreihte.  In  dem  Programm  nämlich:  ,,Von  den 
verscliiedenen  Racen  der  MeTiJ?chen",  das  er  ,,zur  Ankündigung 
der  Vorlesungen  der  physiscliun  Geographie  im  i:>ommerhaIbjahjro 
177Ö*'  veröffentlichte,  sagt  er: 

„Die  physische  Geographie,  die  ich  hierdarch  ankündiget 
„gehört  zn  einer  Idee,  welche  ich  mir  von  einem  nfttaUohen 
„akademisohen  ünteirichie  mache,  den  ich  die  VorObüng  in  der 
„Kenntnis  der  Welt  nennen  kann.  Biese  WeltkenntniB  ist 
„es,  welche  dazu  dient,  allen  sonst  erworbenen  Wissenschaflea 
„und  Geschicklichkeiten  das  Pragm  at  iscLe  zu  verschafibn,  da- 
„dnrcli  sio  nicht  blos  für  die  Schulo,  sondern  für  das  Leben 
„brauciibar  werden,  und  wodurch  der  tertig  gewordene  Lehrling 
„auf  doQ  Schauplatz  seiner  Bestimmung,  nämlich  in  die  Welt, 
„fiingeüflhrt  wird.  Hier  liegt  ein  zwiefaches  Föld  vor  ihm,  wo- 
„ftnrch"  [sie;  wovon?]  „er  einen  vorUkofigen  Abriß  nOthig  hat, 
pm.  alle  kftnitige  Er&hmngen  darin  nach  Begeln  ordnen  m 
.,kOimen:  nftmlich  die  Natnr  nnd  der  Mensch.  Beide  Stücke 
..,&ber  müssen  darin  kosmoIogiscU  crwogun  werden,  nämlich 
„nicht  nach  demjenigen,  was  ihro  Oogeustaude  im  Einzelnen 
„Merkwürdiges  enthalten  (Physik  und  empirische  Seelenlehrej, 
„sondern  was  ihr  Yerhältniß  im  Ganzen,  worin  sie  stehen  nnd 
»darin  ein  Jeder  selbst  seine  Stelle  einnimmt,  nns  anzumerken 
iigibt  Die  erstere  Unterweisung  nenne  ich  physische  Q-eo- 
„graphie  nnd  habe  sie  zur  Sommervorlesung  besimmt,  die  zweite 
„Anthropologie,  die  ich  für  den  Winter  aufbehalte  (W.  H. 
,A  447  Anm.)." 

Diese  Erklärung  ist  wichtig  in  dreifacher  Beziehung.  Ver- 
ghchen  mit  Kant's  Irüliereu  Erklärungen  über  die  Tendenz 
seiner  physisch-geographischen  Vorlesungen,  läBt  sie  eine  all* 
mäiige  Steigerang  merklich  werden,  welche  im  Jahre  1775  an 
d«m  damals  angestellten  und  weiterhin  im  Ange  behaltenen 
Zwecke  ihren  Abschluß  findet.  Ferner:  Indem  sie  die  physisch- 
geographischen  und  die  anthropologischen  Yoriesnngen  einem 
lUid  demselben  Zwecke  dienstbar  macht  und  beide  Disciplinen 
ZQ  einem  Ganzen  verbindet,  weist  sie  zugleich  einer  jeden  von 


286     ^Ui'  Beiu'theiluug  von  Kaut'd  Kritik  der  reinen  Veruunft  etc. 


beiden  ihr  gegondertes  Gebiet  an.  Endlich:  Sie  vergegenwftrtigt 
mit  dem  Zwecke,  den  sie  beiden  Disdplinen  setast,  in  dem 

Character  Kant's  jenen  großen  Zag,  den  man  Aufgeschlof?8on- 
heit  für  die  Welt  neuueii  diirfte,  —  jene  Gemüthsdispoyitiou, 
sich  Am  Schranken  rles  (Tflelirtenthums  zu  entheben  nnrl  bei 
unnarliliil.Uicher  Bekäinjitiing  rles  Utilitarisraus  sich  der  Ver- 
bindung von  Wissenschaft  und  Leben,  der  Pflege  praktischer 
Interessen,  der  Förderung  dos  Gemeinwohls  zuzuwenden. 

Von  d^m  letzteren  habe  ich  hior  nicht  weiter  zu  reden. 
Aber  auf  die  beiden  erstgenannten  Beziehungen  muß  ich  nAher 
eingehen. 

Die  Steigerang  der  Tendenz  vollzieht  sich  so,  daß  Kant 
im  Lanfe  der  Zeit  dem  Colleg  einen  höheren  und  höheren  Zweck 
giebt,  den  er,  sobald  er  sich  desselben  bewußt  wird,  aus  der 
Gegenwart  in  die  Vergangenheit  verlegt  als  den  nrsprüngliclien 

Zweck.  Bei  der  Einführung  des  Collegs  in  die  Reihe  der 
ständigen  iikadeniisclieü  Lehrfächer  7.n  Ostern  des  J. ihres  1757 
will  er  die  physische  Geographie  vortragen  zumeist  auj?  gelehrtem 
Interesse  an  der  Vermehrung  und  Erweiterung  geographischer 
Kenntnisse  in  der  studirenden  Jugend  zum  Zweck  allgemeiner 
wissenschaftlicher  Ausbildang  derselben.  Bei  der  beabsichtigten 
Umgestaltung  des  Collegs  im  Jahre  1765  erscheint  dann  die 
physische  Geographie  als  Vorbereitungs-  und  Hil&wissenschaft 
der  Philosophie,  indem  sie  von  Anfang  an  dienlich  befunden 
worden,  die  vernflnftelnde  Jugend  von  dem  Brüten  Uber  vagen, 
allgemeinen  Vorstellungen  abenlenken  und  zur  Aufhellnng  ab- 
stracter  Begriffe  durch  concrete  Vergegenstftndlichung  derselben 
anzuregen.  Endlich  bei  der  letzten  Zwecksetzung  für  das  Colleg 
im  Julire  1775  wird  die  physische  Geographie  neben  der 
Antliro])()logie  unter  der  Idee  einer  UebGrbrücknu'i^  der  Kluft 
zwisch»'!!  Schule  und  Leben  zur  Unterweisung  für  die  akadomisehe 
Jugend,  alles  Wissen  und  Können  auf  die  Bestimmung  des 
Menschen  in  der  Welt,  auf  die  Ausfüllung  der  ihm  angewiesenen 
Stelle  in  der  Schöpfung,  auf  Selbsthumanisirung  zur  Förderung 
des  Weltbesten  hinzurichten  nach  Maximen,  mittelst  deren  alle 


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Von  Emil  Arnoldt. 


287 


Ertahningen  jonera  Löcbsteu  Zweck  entsprechend  zu  ordnen  und 
zu  verwerthen  sind. 

Indem  die  physische  Geographie  und  din  Antlirnpnlnjrie 
mit  einander  verbunden  werden  durch  den  geint!insciiattlichen 
Zweck,  dem  akademischen  Lehrlinge  von  der  Weit  Keimtniß  zu 
verschaffen,  um  ihm  in  der  Welt  die  Auitindang  seiner  rechten 
Stelle  nun  Besten  derselben  zu  ermdglicheik)  wird  zugleich  einer 
jeden  Ton  beiden  Dieoiplinen  ein  geBondertes  Qebiet  innerhalb 
feeter  Grensen  Engewiesen.  Die  physisohe  Geographie  tmd  die 
Anthrqx>logie  sind  beide  kosmologisch  zn  behandeln  und  in 
pragmatischer  Bflcksicht,  damit  der  Lehrling  die  nöthige  Klug- 
heit erlange,  zum  Kosmos  so  Stellung  zn  nehmen  und  in  dem 
Eosmofl  eine  Stelle  so  einennehmen,  daß  er  wenn  nichts  mehr, 
doch  wonigstüus  seine  eigene  dauernde  "Wohllahrt  zu  l)esorgen 
vermögend  werde.  Aber  die  itliysische  Geograpliie  liat  von  der 
gesammten  Welt  nur  die  Natur  kennen  zu  lehren  und  in  der 
Natur  neben  anderen  Merkwürdigkeiten  derselben  den  Menschen 
als  ein  Stück,  Prodnot  und  Glied  der  Natur,  wie  sein  Yerhältniß 
SQ  ihr  nnd  zn  anderen  Menschen  als  Natur -Produoten  nnd 
-Gliedern.  Genauer:  die  physisohe  Geographie  hat,  was  den 
Hensbhen  anlangt,  das  Henschengesehlecht  kennen  za  lehren 
nach  den  nrsprflngliohen  Bestimmungen,  dnroh  welche  die  Katnr 
Unterschiede  in  ihm  setat,  nnd  nach  den  allmäligen  Ter- 
Andernngen,  die  es  unter  den  Einflössen  der  Natur  und  unter 
seinen  eigenen  Mafinahmen  erleidet,  softim  die  letateren  durch 
natürliche  Einflüsse  bedingt  sind.  Dagegen  liat  die  Anthropologie, 
die  Kaut  zumeist  anbaute,  d.  Ii.  die  Ant]iro])oli)gie  in  pragmati- 
scher Hinsicht,  Menscheukenntnijß  zu  gewahren  zunächst  in 
Bezug  auf  das,  was  allen  Menschen  unter  allen  Himraelssthelien 
gemeinsam  ist,  —  die  Menschenseele,  ihre  ursprünglichen, 
natürlichen  Anlagen  und  Fähigkeiten,  die  dem  Menschen  als 
•olchem  überall  eigen  sind,  sodann  aber  auch  in  Bezug  auf  die 
mancherlei  Yon  einander  abweichenden  Entwiokelnngen,  welche 
die  Menschen  ihrer  Intelligens,  ihrem  Geftlhl,  ihrem  Begehren 
aus  ihrer  Willkflr  heraus  gegeben  haben,  so  fem  sich  die  letstere 

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288     Zur  Beurtheilnng  von  Kaiit'a  KiiUk  der  reinen  Vernunlt  etc. 


mehr  unter  der  Qesetegebung  der  Natur,  sk  imtor  der  Qesetc- 
gebung  der  Freiheit  bethätigt.  Daraus  folgt  unmittelbar,  dafi 
die  physiflcbe  Geographie  vorzugsweise  den  uncivilisirten,  die 

Anthro]jologie  vorzugsweise  den  civilisirten  Menschen  in  Betracht 
zu  ziehen  habe,  und  daß  sieh  der  Unterschied  zwisclien  der  Be- 
trachtung des  Menschen  in  der  pliysisclien  Geographie  und  der 
in  der  Anthropologie  allgemein  dahin  iormuliien  lasse:  die 
physische  Geographie  betrachtet  den  Menschen  hauptsächlich 
von  anfien,  die  Anthropologie  Ton  innen,  jene  seinen  E6rpec 
und  von  seiner  Seele  nur  das,  was  in  ihr  anf  Grund  mannig- 
faltiger roher  Naturtriebe  und  wechselnder  NatureinflCtase  empor^ 
kommt)  diese  seine  Seele  nach  ihren  oonstanten  Anlagen  und 
den  AeuAerungen  derselben,  welche  anf  Grund  seiner  WiUkOr, 
wie  sie  sieh  sun&chst  der  Natur  in  ihm  hingiebt,  dann  aber 
auch  wohl  wie  sie  sich  von  der  Natur  in  ihm  ^llmalig  befreit, 
bei  fortschreitender  Bildung  zu  Stunde  Ivommen. 

Die  Grenzlinie  zwischen  der  pliysisch-geographischen  und 
der  anthropologischen  Betraclitung  des  Menschen  ist  also  leicht 
zu  ziehen,  schwer  aber,  jede  der  Grenzlinien  zu  bestimmen, 
welche  innerhalb  der  Anthropologie  selbst;  die  einzelnen  Theile 
derselben  von  einander,  und  dann  die  Anthropologie  mit  ihren 
Theilen  von  der  Moralphilosophie,  oder  der  Ethik  scheiden. 
Ich  gebe  einige  Andeutungen  dasu,  ohne  die  Frsgen,  die  sich 
dabei  erheben,  TöUig  erledigen  zu  wollen. 

Kant  hatte  im  Sinne,  aus  seiner  anthiopologisohen  Be- 
obaohtungslehre  eine  Vorttbung  der  Geschicklichkeit,  der 
Klugheit  und  selbst  der  Weisheit  flür  die  akademische  Jugend 
zu  machen  (Br.  an  Herz  vom  Winter  1778/74.  R.  XI,  66  ). 
Diese  Tendenz  hat  er,  wenigstens  in  einer  schriftstellerischen 
Produetion,  nie  ausgeführt.  Denn,  obschon  ihr  die  Anthropologie, 
die  er  im  Jalire  1798  veröffentlichte,  darin  enispracli,  daß  sie 
das  lesende  Publicum  zur  tliätig(ui  Theilnuhme  an  den  anthro- 
pologischen Bemühungen  hinlühren  wollte,  indem  sie  demselben 
„durch  die  Vollständigkeit  der  Titel"  für  die  am  Menschen 
beobachteten,  ins  Praktische  einschlagenden  Eigenschaften  |^ 


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Von  Emil  ArnoldU 


289 


-viel  Veranlassimgeii  und  Aufforderungen''  gftb,  »Jede  besondere 
sa  einem  eigenen  THema  m.  machen,  nm  sie  in  das  ihr  ange- 
hörende Fach  an  stellen*'  (B.  VIT,  2  A.  G.\  so  war  sie  doch  blos 

eine  „Authropologio  in  pragmatischer  Hinsicht",  mithin  ein 
allerdings  wesentlicher,  aber  immer  nur  ein  einzelner  Bestand- 
theil  von  jener  „auHfübrlicheu  Anthropologie  (dem  Pendant  zu 
der  empirischen  NatnrlohreV*^  in  welcher  nach  dem  P^ntwurf 
«um  System  pbilosophii^cher  ErkeuntuiÜ  in  der  Krit.  d.  r.  V. 
die  empirische  Psychologie  ilire  eigene  Behansnng  beaiehen" 
soUte  (B.  n,  654.). 

Jene  ausführliche  Anthropologie  forderte}  wenn  ich  £ant's 
Andentangen  richtig  auslege,  drei  Bestandtheile,  einen  theore- 
tischen, welcher  empirische  Psychologie  im  herkömmlichen  Sinne 

^^^^  • 

des  Wortes,  einen  theoretiseh-praktischen,  welcher  Anthropologie 
in  technischer  nnd  pragmatischer  Hinsieht,  einen  praktischen, 
welcher  moralische  Anthropologie  Yortrüge.    Der  erste  hfttte 

Seelenlehre,  der  zweite  Geschicklichkeits-  und  Klng- 
heitslehre,  der  dritte  Wc ishei tslehre  in  doren  Anwon- 
dnnj^  auf  die  empirisch  go^eb^non  Mensclion  zu  liefern. 
Ob  Kant  aber  jene  drei  Beötaadtheile  in  drei  «yeHondorten,  für 
sich  bestehenden  Abtheilungen,  und  innerlialb  jeder  dieser  Ab- 
theilongen  die  menschlichen  Eigenschaften  nach  den  drei  Qe- 
müthsvermOgen  geordnet,  oder  ob  er  die  menschliehen  Eigen- 
schaften nach  den  drei  QemOtlisvermögen  in  drei  Abtheilungen: 
Vom  ErkenntniBvermögen,  vom  Oefohl  der  Lost  und  Unlust, 
vom  BegehrongsvermOgen  gesondert  und  innerhalb  jeder  dieser 
Abtheilungen  jode  zu  ihr  gehörige  Eigenschaft  aus  psychologisch- 
theoretischem ,  aus  technisch  -  pragmatischem,  aus  moralisch- 
praktischem  Gesichtspnnct  hinter  einander  behandelt  wissen 
wollte,  kann  /.wt'it'olluitt  scheinen. 

"Wenn  in  den  Prole^omena  i  l783)  die  UuterBuclmug  über 
die  Xaturunlagen  zur  Metapliysik  und  die  Naturzwecke,  auf 
welche  diese  Anlage  abgezielt  sei,  in  die  Anthropologie  ver- 
wiesen wird,  (R.  III,  138  u.  139.),  so  müßte  sie  hier  aus  psycho- 
logisch-theoretischem Ghesichtspnnct  die  Darlegung  bieten:  wie 

Altpr.  ]I«MtM«htift  Bd.  XXYIL  HA.  8  a  4  19 

üigiiizeü  by  VoüOgle 


290    2ar  Bemrtheitnng  von  l^t*s  Kritik  der  reinen  Venranft  oto. 


die  Anlage  cor  MetliA|>hyaik  in  der  mensoliliohen  Yeniimft  ge- 
geben, ans  te^dknisch-pragmatasohem:  wie  aie  m  entfwickaln  und 
dnrcli  ihre  Entwickelung  die  Cnltor  der  Yemirnfti  damit  aber 
die  Ltoang  mannigfiAcher  dorch  die  Zwecke  der  mensohlioben 
Geselleohaft  geetelHer  Angaben  211  erreidien,  ans  moralisch- 
praktischem:  wie  durch  die  metaphysisch  cultivirte  und  die 
Meiiscliuiigemeinschaft  cultivircude  Veruunft  der  Materialismus, 
der  Naturalismus,  der  Fatalismus  in  einer  über-  und  verbildeten 
8oci«:*tät  zu  bekämpfen  sei.  Bei  dieser  Untersuchung  würde 
die  Betrachtung  aus  psychologiscli-thooreiischem,  toohnisoh* 
prnjü^matischem,  moralisch-praktischem  Gesichtsponofe  in  nnimter- 
broohener  Folge  offenbar  der  ebenste  Weg  sein. 

Die  „piraktische  Anthropologie",  welcher,  wie  die  ,,GTimd- 
legung  aar  Metaphysik  der  Sitten"  (1785)  verlangt,  eine  Meta- 
physik der  Sitten  vorangehen  muB  (IL  Tm,  5.),  ist  ohne  Frage 
als  Anthropologie  in  teohnisch-pragmatischer  und  in  moralisch* 
praktischer  Hinsicht  gemeint,  obschon  sie  dort  mit  der  empiri- 
schen Physik  in  Parallele  gebracht  wird.  Die  „Anthropologie*' 
dagegen,  aus  welcher  die  reine  Moral,  auf  den  Mensckeu  au- 
gewandt, ni(  lit  tias  Mindeste  entlehut  (ibid.  S.  (5.  vgl.  S.  33.), 
aber  in  ilinr  Anwendung  auf  Menschen  nothweudig  und 
großentheils  die  Bedingungen  des  menschlichen  Wollens  schöpft 
(ibid.  S.  85.  7.),  ist  die  „empirische  Seelenlehre"  (als  psycJiolo- 
gisch-theoietische  Anthropologie),  welche  „über  die  Gründe  Unter- 
anchong'*  anstellt,  „warum  etwas  geiUlt  oder  mißfällt,  wie  das 
YergnOgen  der  bloBen  Empfindung  vom  Qeschmaoke,  und  ob 
dieser  von  einem  allgemeinen  Wohlge&llen  der  Vemnnft  nnter- 
sohieden  sey;  worauf  Qefohl  der  Lust  und  Unlust  beruhe,  und 
wie  hieraus  Begierden  und  Neigungen,  ans  diesen  aber,  durch 
Mitwirkung  der  Vernunft,  Maximen  entspringen,"  —  eine  em- 
pirische Seelenlehre,  „weiche  den  zweiten  Theil  der  Vaturlehre 
ausrnaclien  wurde,  wenn  man  sie  als  Philosophie  der  Natur 
betrachtet,  so  ferne  sie  auf  empirischen  Gesetzen  gegründet 
ist"  (ibid.  S.  54.). 

£8  ist  dieselbe  „empirische  Seelenlehre",  welcher  in  der 


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Von  Emil  Arnoldt 


291 


Vorrede  zn  den  „Metaphysischen  AnfiBuigsgrtlDden  der  Nator- 
visBenschaft**  (1786)  der  Bang  einer  eigentlich  so  m  nennenden 
Katnrwissensohaft,  einer  Seelenwissenschaft,  selbst  der 
einer  ps^'chologisohen  Gxperimentallehre  abgesprochen,  und  der 
Character  einer  bloßen  Naturbeschreibung  der  Seele  bei- 
gelegt wird  (R.  V,  310  u.  311.j. 

Von  den  psychologischen  Begriffen,  welche  die  ^Kritik 
der  praktischen  Vernunft"  (1788)  ihrer  Kritik  unterzieht,  ist  der 
Begriff  des  BegehnmgsvermÖgens  und  der  Lust  (E.  VIII,  112 
n.  113  Anm.  178  u.  179)  ans  der  herkömmlich  so  benannten 
empirischen  Psychologie  oder  der  psychologisch  -  theoretischen 
Anthropologie,  der  Begriff  der  psychologischen  Freiheit  (ibid. 
S.  224,  228.  vgl.  II,  618  u.  619.)  aus  der  technisch-pragmatischen 
Anthropologie,  der  Begriff  der  Achtung  vor  r«!r.sonoii  (ibid. 
S.  2<  >7  u.  208  Anm.)  aus  der  moraliHch-prakt  is  hen  Anthropologie 
^entlehnt"*,  ohne  daß  jenes  Werk  irgend  wo  und  irgend  wie  auf 
irgend  eine  Eintheilung  der  Autliro[»ologie  Bezug  nähme. 

Die  „Kritik  der  UrtheUskraft''  (1790)  steUt  ihrer  trans- 
scandentalen  Exposition  der  ästhetischen  ürtheile  „die  psycho* 
logische'^  g'^genttber,  „wie  sie  ein  Bnrke  und  viele  scharfsinnige 
M&nner  unter  uns  bearbeitet  haben**,  nnd  erklärt,  dafi  „diese 
Zergliederungen  der  PhiUioraene  unseres  Gemüths  als  psycho- 
l"£ri.S(.'he  Bemerkungen  überaus  schoii''  seien  und  ,, reichen  Stoff 
za  den  beliebtesten  Nachforschungen  dor  empirischen  Anthro- 
pologie geben*',  deS  man  aber  „durch  Aufsp&hung  empirischer 
Gesetse  der  OemQthsverändenmgen'*  niemals  zu  einem  —  sei 
es  objectiven,  sei  es  subjectiven  —  Princip  a  priori  gelangen 
kOnne,  welches  dem  Geschmacksurtheil  zu  Grunde  liegen  mtksse, 
und  dafi,  möge  immerhin  die  empirische  Exposition  der  ästheti- 
schen Urtheile  den  Anfang  machen,  um  den  Sioff  zu  einer 
höheren  T^ntersuehnng  herbeizuschaffen,  docli  eine  transscen- 
dentale  Erörterung  diesea  N'ermögens  zur  Kritik  des  Geschmacks 
wesentlich  gehörig  sei  (E.  IV,  137—140.).  Hier  ist  ausdrücklich 
die  herkömmliche  empirische  Psychologie  als  empirische 
Anthropologie  bezeichnet,  —  eine  ganz  und  gar  theoretische 

19» 

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292    Zur  Beartheilang  Ton  Kant**  Kritik  der  remen  Veroiuift  eto. 

Wisaenscliiift,  welche  die  Phftaoiiiene  des  Gemftthes  seigliedert 
und  die  empirischen  Geaetse  der  Gemüthsyerftnddmiigeii  auf- 
.st  allt,  und  als  rein  theoretische  Wissenschaft  wohl  noch  etwas 
mit  einer  Anthropologie  in  technisch-pmgmatischer,  aber  direot 

nichts  mit  einer  Anthropologie  in  moralisch-praktischer  Hinsicht 
zu  tliuu  hat. 

In  UebereiiistimnuHi^  mit  dem   ersten  Abf?chnitt  der  Ein- 
leitung zur  Kritik   der  Urtlieilskraft  (Ii.  IV,  8—11.)  verwirft 
Kaut  in  dem  Autsatz:   „lieber  Philosophie  überhaupt''  (1794) 
gleich  zu  Anfang,  wo  er  die  strt'iige  Anwendung  des  Begriffs: 
praktisch,  hütet,  den  Titel:  „praktische  Psychologie"  als  Be- 
aeichnung  fQr  einen  „besondem  Theil  der  Philosophie  über  die 
menschliche  Natur^^  d.  h.  als  Theil  der  empirischen  Psychologie 
oder  auch  der  Anthropologie.   Denn  die  praktischen  VorBchriften 
Aber  die  willkürliche  Hervorbringnng  eines  gewissen  Gemüths- 
Bustandes  in  nns,  z.  B.  der  Bewegung  oder  Beafthmung  der 
Einbildungskraft,    der  Befriedigung    oder   Schwftchnng  der 
Noigungon,  auch  die  Vorschriften  der  Geschicklichkeit  —  mithin 
aucli  .,der  ivlu^^hoit  als  einer  Geschicklichkeit,   aui  Menschen 
ujid  ihren  Willen  Kinlluß  zu  üben'"  (Tf.  TV.  lo.i  —   oder  alle 
Vorsclirift en  finer  Äiithropulügie  in  pragniiitisrln-r  Hinsicht  seien 
zwar  praktische  Sit/e.  aber,  weil  sie  aus  der  Theorie  herge- 
nommen würden,  blos  in  Scholien  der  empirischen  Psychologie, 
der     theoretischen    Anthropologie     abzuhandeln     und  statt 
praktischer  Sätze  besser  technische  S&tze  zu  nennen  (B.  I, 
684  Q.  685.)«   Weiterhin  in  demselben  Anftatze  beklagt  er  ge- 
legentlich, daß  es  mit  psycbologisohen  Erklftmngen,  welche  die 
Sittenlehrer  über  Ph&nomene  dea  menschlichen  Gemflthes,  z.  B.  den 
Geiz,  die  Ehrbegierde  verlangen,  damit  sie  ihre  Vorschrift  — 
nicht  ZOT  Befolgung  der  sittlichen  Gesetze,  sondern  —  znr  Weg- 
räumung  der  dem  Einflüsse  der  sittlichen  Gesetze  entgegen- 
stehenden liindernisse  darnach  richten  können,  „sehr  k'nnmorlich 
bestellt  sey"  und  laßt  dann  zwei  Bemerkungen,   von  denen  er 
die  eine  schon  in  der  Krit.  d.  ürtli..  die  andere  schon  in  der 
Vorrede  zu  den  Metaph.  Aufangsgr.    der  Natnrw.  gemacht 


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Von  Emil  AnioMt. 


293 


hat,  zusammen,  indem  er  erklärt:  „Psychologisch  Iteoburhtrn 
„(wie  Brtrk^^  in  seiner  Schrift  vom  Schönen  iin*l  Erhal>t  neii), 
.jinithin  Stoff  zu  künftigen  systematisch  zu  verbindendeu  Er- 
„Ährungsregeln  sammeln,  ohne  sie  doch  begreifen  zu  wollen,  ist 
„wohl  die  einzige  wahre  Obliegenheit  der  empimchen  Payolio- 
„logie,  welobe  aehwerlich  jemals  auf  den  Bang  einer  philosophi- 
„iBchen  WiBaenrobaft  vizd  Anspradi  machen  können." 

Diese  Anseinandersetzongen  in  dem  An&atse  %yom  Jahre 
1794  können  den  Schein  erwecken,  als  ob  Kant  die  „ansfahrliche 
Anthropologie'',  in  welcher  die  empirische  Psychologie,  wie  er 
in  der  Krit.  d.  r.  V.  sagte,  ihre  eigene  Behausung  beziehen 
sollte,  ftlr  eine  bloße  Sammlung  rein  thonretisclier  Jieobachtungen 
angesehen,  habe.  Daa  war  aber  nii  ht  der  Fall.  Jene  ..aus- 
führliche Anthropologie"  ^>y\l  eiuüU  Ik'stauiltlicil  halH-n,  welcher 
mit  der  praktischou  Philo^sophie  mindestens  eben  so  sehr  vor- 
himden  ist,  als  mit  der  theoretischen  Psychologie.  Freilich, 
wenn  er  in  der  Grandleg.  znr  Metaph.  der  Sitt.  erklärte:  „Man 
„kann,  wenn  man  will  (so  wie  die  reine  Mathematik  von  der 
naugewandten,  die  reine  Logik  von  der  angewandten  unter* 
^schieden  wird,  also)  die  reine  Philosophie  der  Sitten  (Meta- 
nphysik)  Ton  der  angewandten  (nämlich  auf  die  menschliche 
„Natur)  unterscheiden**  (B.  Vm^  33  Anm.),  so  dachte  er  hier 
hei  angewandter  Philosophie  v^Iet  ij  liysik)  der  Sitten  wohl 
allein  an  die  Tugendlehro,  die  Ethik,  nicht  aber  an  eine 
morali.seli(-  Authro])olnü;ie,  oder  höchstens  au  Ethik  und  moralische 
Anthropologie  zusaninien.  Penn  er  fährt  liier  fort:  „Durch 
die.*<e  Reiieunung'^  —  unf^ewandte  Metaphysik  der  Sitten  — 
„wird  man  auch  sofort  erinnert,  daß  die  sittliehen  I'rincipien 
,iiicht  auf  die  Eigenheiten  der  menschlichen  Natur  gegrüudot, 
„sondern  ftlr  sich  a  priori  bestehend  seyn  müssen,  aus  solchen" 
[sittlichen  Principien  a  priori]  ,,aber,  wie  für  jede  vernanftige 
„Natur,  also  anch  fCa  die  menschliche,  praktische  Begeln  müssen 
„abgeleitet  werden  können."  Nun  können  allerdings  „praktische 
Begefax**  sowohl  anthroponomische,  als  anthropologische 
yorschriften  sein.   Aber  nnr  die  Anthroponomie,  die  Etiiik 


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294    2nr  BüturtheOimg  von  X»&t*9  Kritik  der  retnen  Yernnnft  etc. 

kann  ihre  prektisclieiv  Hegeln  aus  den  apriorischen  Prinoipien 
der  reinen  Philosophie  (MetaphyBik)  der  Sitten  ableiten,  w&hrend 
eine  moralische  Anthropologie  ihre  praktischen  Begeln  ans 
der  Antbroponomie,  und  zwar  mit  Berücksichtigung  theoretisch- 
psychologischer Beobachtungen  ableiten  muß. 

Dagegen  hat  Kant  in  der  Einleitung  zu  den  „Metaph^  si- 
sclien  Anfiuiji^sgrimden  der  Rechtslohre"  (1797,  oder  schon  1796) 
die  Nothwendigkeit  einer  moralischen  Anthropologie  als  eines 
Theiles  der  praktischen  Philosophie  klar  und  deutlich  hervor- 
gehoben,  obschon  nu-ht  klar  und  deutlich  das  Verhältniß  der- 
selben zur  reinen  und  sur  angewandten  praktischen  Philosophie 
sei  es  hier,  sei  es  anderw&rts  bestimmt,  —  wie  er  denn  aach  in 
Bezng  auf  die  genanere  Namenbestimmang  für  die  reine  und  die 
angewandte  praktische  Philosophie  nicht  durch  scharf  begrenzte  An- 
gaben jeden  Zweüel  über  seine  Terminologie  ausgeschlossen  hat^ 

Kant  sagt  dort:  „So  wie  es  in  einer  Metaphysik  der 
„Natur  auch  Principien  der  Anwendung  jener  allgemeinen 
^obersten  Grundsätze  von  einer  Natur  überhaupt  auf  Gegon- 
jj.sLande  der  Kiialirung  ^'ob'*n  muß.  so  wird  es  auch  eine  Meta- 
„phyöik  der  Sitten  daran  nicht  können  mangehi  lassen,  und  wir 
„werden  oft  du;  besondere  Natur  dos  MeuHchen,  die  nur  durch 
„Erlahruug  erkannt  wird,  zum  Gegenstand  nehmen  müssen,  um 
„au  ihr  die  Folgerungen  aus  den  aiigemeiueu  moralischen  Prin- 
„cipien  su  zeigen;  —  —  —  — .  Das  will  so  viel  sagen,  als: 
„eine  Metaphysik  der  Sitten  kann  nicht  auf  Anthropologie  ge- 
„gründet,  f^ber  doch  aai  sie  angewandt  werden  (B»  IX,  16.). 

Hieraach  wollte  Kant  in  der  Metaphysik  der  Sitten  selbst 
„die  reine  Philosophie  der  Sitten^  (B.  ViiI,  33  Anm.)  nebenher 
auf  Anthropologie  anwenden,  in  der  Metaphysik  der  Sitten  „oft*^ 
die  Folgerungen  aus  deren  allgemeinen  sittlichen  Principien 
a  priori  för  das  Verhalten  des  Menschen  „zeigen".  Daher  sollte 
die  Metaphysik  iler  Sitten  vor  allem  und  hauptsächlich  die  all- 
gcmeinan  sittliclien  Principien  a  ]»riori,  wie  sie  für  alle  ver- 
nünftigen Wesen  giltig  sind,  mithin  ohne  Berücksichtigung  des 
Menschen  vortragen,  und  „oft'^  bei  dem  Vortrage  derselben  eine 


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Von  Arooldt. 


295 


anthrojKjlogische  Anwendung  von  ihuou  machen,  d.  h.  zeigen, 
wie  sie  für  den.  Menschen  unter  Berücksichtlfrnng  der  durch 
Anthropologie  erk*'nni  '  n^  n  und  erkannten  Natur  desselben  gilt  ig 
sind.  Dieser  Forderung  wird  dasjenige  Werk  Kants,  das  ihr 
•einem  Titel  nach  sa  entsprechen  hätte,  und  das  sie  als  Nonn  für 
wine  Benrtbeilting  an  die  Hand  giebt,  nicht  völlig  gerecht. 
Denn  die  „ineti^hysiBchen  Anfongsgrflnde  der  Bechtelehie**  und 
die  ^inetapliyaischen  An&ngsgrOnde  der  Togendlehre^,  welche 
er  in  deren  sweiter  Auflage  unter  dem  gemeinsamen  Titel: 
„Metaphysik  der  Sitten**  (in  2  Theüen»  1  TheU  1798^  2  TheU 
1808)  msammenfaßte,  geben  keine  „reine  Philosophie  der  Sitten 
(Metaiihysik)",  sondern  ©ine  ang<' wandte.  Sie  nehmen  von  An- 
fang bis  zn  Ende  die  menschliche  Natur,  die  nur  durch  Er- 
fahrung, <]urrh  Anthropologie  erkannt  wird,  zum  Gegenstand 
und  weisen  die  Folgerungen  auf,  welche  für  sie  ans  den  allge- 
meinen sittlichen  Priucipien  a  priori  herfließen.  Nur  die  „Grund- 
leguug  zur  Metaphysik  der  Sitten"  und  die  „Kritik  der  prak- 
tischen Vernunft"  enthalten  Kant's  „reine  Philosophie  der  Sitten 
(Metaphysik)".  Auch  sie  nehmen  beide  gelegentlich  anf  den 
Hensdien  BtLoksiobt,  aber,  so  oft  es  geschiehti  immer  nur  um 
die  Bedeutung  der  sittlichen  Prinoipien  a  priori,  die  fQr  alle 
vemflnftigen  Wesen  giltig  sindi  an  einer  einzelnen  Olasse  der- 
selben SU  erläutern,  nioht  um  in  dem  umfassenden  Gtebiete  des 
Freiheitsgesetses  den  Ereis  von  Pfliohtregeln  abzugrenzen,  denen 
auf  Grund  jener  allgemeinen  Principien  das  Verhalten  des  em- 
pirisch gegebenen,  anthropologisch  erkannten  Menschen  im  Be- 
sonderen zn  unti  r\M  rten  ist.  Ihr  Gf^gonstück  bilden  die  ,, meta- 
physischen Anfangs^rümle  der  lieclitslelirc"  und  die  ,.iiictaphy- 
aischen  Anfangsgründe  der  Tugendlehre'',  weiche  sich  das  letztere 
zum  Geschäft  machen,  als  Kant's  angewandte  Philosophie  der 
Sitten,  Daher  ist  es  auffällig,  wenn  sich  Kant  an  der  oben 
oitirten  Stelle  in  der  Einleitung  zu  den  „metaphysischen  An- 
fiuig^rflnden  der  Beditslehre''  weiter  folgendermaBen  vernehmen 
iKfit:  „Bas  Gegensttlök  einer  Metaphysik  der  Sitten,  ab  das 
„andere  Glied  der  Eintheilung  der  praktischen  Philosophie  Über- 


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296     Zur  Bcurtheilung  von  Kantus  Kritik  dar  xviam  Veriiujaft  etc. 


„haupt  wttrdd  die  moralische  Anthropologie  seyn,  welche,  aber 

„nur  die  subjectivo,  hindernde  sowohl,  als  begünstigende,  Be- 
jjdmgungen  der  Ausiührung  der  Gesetze  der  ersteren  in  der 
„mensrlilichen  Natur,  die  Erzeugung,  Ausbreitung  und  Stärkung 
„monilischer  ^Trundsfttze  (in  der  Erzieliuug.  der  Schul-  und 
„Volksbelehrung)  und  dergleichen  andere  sich  auf  Erlahrung 
„gründende  Lehren  und  Vorschhiben  enthalten  würde,  und  die 
„nicht  entbehrt  werden  kann,  aber  durchaus  nicht  vor  i"iif>r 
„Yorausgeschickt,  oder  mit  ihr  vermischt  werden  muß"  (B.  IX, 
16  n,  17.). 

Hier  hat  Kant  klar  und  deutlich  eine  moralische  Anthro- 
pologie als  unentbehrlich,  als  nothwendig  hervorgehoben  und  sie 
auch,  eben  well  sie  moralische  Lehre  ist,  nicht  weniger  klar 
und  deutlich  als  einen  Theil  der  praktischen  Philosophie  in  An- 
spruch genommen.  Da  sie  aber  als  Anthropologie  selbstver- 
ätandlicli  zu  jener  „aujstührlichcu  Anthropologio''  gehört,  in 
welcher  die  euipirische  Psychologie  „ihre  Behausung  beziehen" 
soll,  8t >  luuii  sie  in  jener  ausführlichen  Autluojmloi^ie  neben  der 
empirischen  Psychologie  und  der  —  dieser  letzteren  in  Scholien 
einzuverleibenden  —  pragmatischen  Psychologie  als  psychologi- 
scher  Theorie  einen  sweiten,  —  den  pmktischen  Theil  der  An- 
thropologie ausmachen.  Daher  hat  sie  eine  Stelle  sowohl  innere 
halb  der  praktischen  Philosophie,  als  auch  innerhalb  einer  aus- 
fiEUirlichen  Anthropologie.  Aber  ihre  Bichtnng,  ihr  Inhalt,  ihr 
Charakter  kann  nicht  genau  derselbe  sein,  so  fem  sie  ein  Theil 
der  praktischen  Philosophie,  und  so  fem  sie  ein  Theil  einer  aus- 
führlichen Anthropologie  ist.  Denn  als  Theil  der  praktischen 
Philosopliie  steht  sie  unter  der  Geset  z^ehuug  der  Vernunft  nach 
dem  Freiheitsgesetze,  welcho  vorschreiht,  was  sein  soll;  diigegen 
steht  sie,  mag  sie  immerhin  moralisch-praktisch  sein,  als  Theil 
einer  ausführlichen  Antliropologie  doch  irgend^'ie  unter  der  tie- 
setzgebung  der  Vernunit  nach  dem  NaturliegrilVe,  welcher  an- 
giebt,  was  ist.  Dieses  Verh&itnifl  hat  Kant  nicht  näher  be- 
stimmt. Ich  versuche,  es  einigermaßen  zu  bestimmen  in  dem 
folgenden,  allerdings  nur  sehr  allgemeinen  und  nur  ans  dem 


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Von  Emil  Amoldt. 


897 


6«iicht8puiicte  einer  Vereinigung  zwischen  praktischer  Philoso- 
phie und  aosfitüirlicfaer  Anthropologie  entworfenen  Schema: 

Pkikt.  Philoeophie  in  Beasiehimg  anf  eine  aosfbhrl.  Anthropologie. 

Die  praktische  Philosophie  ist:     Eine  ausführl.  Anthropol.  ist: 
I  Die  reine  praktische  Philo-      I  Theoretische  Anthropolof^ie 
Sophie  oder  Metaphysik  der         oder    empirische  Beobach- 
Sitten;  sie  trägt  die  sitt-         tungslehre,  welche  Kennt- 
lichen Principim  a  priori        nisse  von  der  Beschafifen- 
Tor,  die  für  alle  vemflnftigen        heit  und  der  Entwickelung 
Wesen  giltig  sind,  ohne  da-        der  menschlichen  Natnr  ge- 
bei  den  ICenschen  mehr  als  währt 
gelegentlich  zn  berücksichti- 
gen, und  begründet: 
n  Die  ungewandte  praktisch« 
Philosophie,  in  weicher  die 
sittlichen    Principien  Ge- 
staltnn^  bekommen,  wie  sie 
ftr  den  Menschen  giltig  sind, 
1.  ohne  Bflcksicht  darauf, 
ob  sie  von  ihm  atisge- 
tührt  werden,  udor  kön- 
nen ausgeführt  werden, 
obschon   vorweg  anzu- 
nehmen ist,  daß  sie,  weil 
sie  ausgefEÜirt  werden 
sollen,  auch  müssen  ans- 
gefOhrt  werden  können, 

a)  als  Bechtslehre, 

b)  als  Tugundiulire; 


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1.  als  fmpirisvlio  Psyclio- 
logie  oder  Naturbeschrei- 
bnng  der  menschlichen 
Seele,  der  Vermögen, 
Kiftfte  und  Thätigkeiten 
derselben  (mit  hier  nicht 
näher  anzugebenden  Ab- 
theiliinercn);  Bio  liolV-rt 
für  (iiv.  3I'-tap]iysik  dor 
Sitten,  wann  immer  in 
ihr  dio  Rücksichtnahme 
auf  den  Menschen  er- 
forderlich scheint,  ein- 
zelne Hil&begruSe,  wie 
Sinnlichkeit,  Verstand, 
Vernunft,  Geliihi,  Be- 
gehruagsvermögen,  Nei- 
gung, Willkür,  Wille,  so 
wie  für  die  liochts-  und 
Tugendlehre  eine  Menge 
von  Beobachtungen,  ohne 


Zar  Beurtheilung  vou  KsiaVn  Kritik  der  reinen  Vernunft  etc. 


2.  mitBüekBiclitdaraaf,wi6 
sie  von  ihm  können 
ausge  fuhrt  werden,  als 

moralische  Anthro- 
pologie; .sie  giebt  unter 
Bezugnahme  auf  die  sub- 
jectivon  Bedinguui,«  t:  m 
der  menschlichen  Matur, 
welche  die  moralische 
Bildung  theils  hemmen, 
iheib  begünstigen,  Yor^ 
Bohriften,  wie  die  sittli- 


welche  die  allgemeinen 
sittlichen  Principieu  auf 
dio    nieuschliche  Natur 
nicht  könnten  angewandt 
werden ; 
2.  als  pragmatische  An- 
thropologie oder  Lehre, 
wie  der  Mensch  die  in 
der  empirisohen  Psyoho- 
logie  beiohriebenen  Ver- 
mögen nnd  Erftfte  ans- 
snbÜden  nnd  cn  ent* 
wickeln  hat,  nm  m  so 
yielen   Geschäften ,  als 
möglich,  geschickt  zu 
werden,  und  wie  er  die 
dort  bescliriebenen  'i'hä- 
tigkeiten  zu  richten  und 
auszuüben  hat,  um  sich 
im  Geschäftsverkehr  nnd 
geselligen  Umgange  mit 
anderen  Menschen  klng 
m.  benehmen, 
n  Praktische  oder  mora- 
lische Anthropologie;  sie 
beschreibtdenEntwicklungs- 
gang,  auf  welchem  die  in 
der  B^chts-   und  Tugend- 
lehre dargolcgten  rechtliehen 
und  moralischen  Yorscliriften 
von  den  Menschen  ausge- 
führt sind  nnd  ausgeführt 
werden,  und  sucht  durch 
Erwflgung  -  des  sittlichen 
Verhaltens  der  Menschen  in 


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Von  ümil  Axnoldt. 


cheuG*?setzo  aus/Alt  (Ihren, 
—  in  Triebfedern  für  die 
Willensbestimmung  zu 
verwandeln,  wie  j^flicht- 
mUHge  Maximen  und 
moialische  Gnmdsätae  in 
den  Menaolten  vn  er- 
zeugen und  zn  befestigen 
und  unter  ilinen  anszn- 
breitensind.  SoblieBlich 
leitet  sie  zur  Kunst  der 
Pädagogik  hinüber,  filr 
welche  sie  die  melir  oder 
weniger  wiasenscbaft- 


Verganf;»'nlieit  und  (b^geu- 
wiirt  Einsicht  zu  gewinnen, 
wie  dereinst  die  höehslen 
Zwecke  der  Menschheit  im 
geschichtlichen  Leben  der 
Völker  können  erreicht  wer- 
den. Dadtireh  leitet  sie  zur 
philosophischen  Betrachtung 
der  Weltgeschichte,  —  zur 
Philosophie  der  Geschichte 
hintlber,  für  welche  sie 
Bichtangslinien  yerzeidinet 
und  Normen  au  die  Uand 
giebt. 


licho  Grundlage  suhalli. 

Vielleicht  lieBe  sich  die  Anthropologie  in  ihren  verschie- 
denen Zweigen  etwa  so  charakterisiren:  Sie  gewährt  als  empi* 
Tische  Psychologie  oder  rein  theoretische  Anthri^iiologie  Kennt- 
nisse vom  Menschen,  als  pragmatische  Anthropologie  Menschen- 
kenntniB  und  Anleitung  zur  Klugheit,  als  moralische  Anthropo* 
logie  Erkenntniß  des  Menschen,  der  Menschheit  und  An- 
leitung zur  Lebensweisheit  gemftß  der  Metaphysik  der  Sitten, 
der  Weisheitslehre  als  Wissenschaft. 

Mochte  Kant  die  Anthropologie  als  Beobachtungslehre  d.  h. 
in  ihrem  theoretischen  Theile  auch  nicht  als  Wissenschaft  sfelt^u 
lassen,  und  sie  als  Vorübung  der  Weisheit  d.  h.  in  iiu'em  prak- 
tischen Theile  mit  äußerster,  wenn  auch  vollberechtigter  Strenge 
von  der  Weisheitsleiiro  als  Wissenschail  absondern:  er  forderte 
doch,  daß  der  Philosoph  den  einen  wie  den  anderen  Theil  der 
Anthropologie  cnltivire,  wenn  er  die  Pliilosophie  nicht  blos  nach 
ihrem  Schulbegriffe  (R.  II,  646.  -  III,  185  u.  ff,  — )  d.  h.  als 
Wissens-,  Qesohicklichkeits-  und  Mugheitslehre,  sondern  auch 
nach  ihrem  Weltbegriffe  d.  h.  als  Weisheitslehre  anbaue.  Frei- 
lich vereinigt  sich,  wie  es  in  der  EHt.  d.  r.  Y.  heiflt,  alles 
Interesse  der  Vernunft,  das  speoulative  sowohl,  als  das  prakti- 


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300    Zur  Benrthdliing  von  Kaat^s  Kritik  der  reiaea  Yenmiift  etc. 

sehe,  in  den  drei  Fragen:  1.  Was  kann  ich  wissnn?  2.  Was 
8oU  loh  thun?  3.  Was  darf  ich  hoffen  ?  (R.  II,  620.),  aber  wohl 
zvL  merken,  obschon  gemftß  dem  Welfcbegriffe  der  Philosophie, 
welcher  diese  Fragestellnng  dictirt,  doch  nur  auf  dem  Felde  der 
reinen  Philosophie,  welches  nicht  das  ganze  Feld  der  Phüoeophie 
ausmacht.  Denn  der  Philosoph,  welcher  sich  dem  Ideal  eines 
Philosophen  in  weltbürgerlicher  Bedeutung  zu  nähern  sucht,  hat 
nicht  nur  zu  lehren,  worin  der  Endzweck  der  Vernunft  zu 
setzen  —  wovon  die  reine  Philosophie  — ,  sondern  auch  durch 
welches  Verhalten  er  vom  Menschen  zu  erreichen  sei  (R.  VIII, 
243.)  —  wovon  die  angewandte  Philosophie,  speoiell  die  Anthro- 
pologie nnterriohtet.  Darum  ftigte  Kant,  indem  er,  die  Logik 
einleitend,  den  „BegrifE  von  der  Philosophie  überhaupt  erörterte, 
bei  Umschreibung  des  Feldes  der  Philosophie  in  wellbürger- 
licher Bedeutun«;  den  dnü  ol)igen  Fragen  aus  der  Krit.  d.  r.  V. 
noch  eine  hinzu,  nämlich:  ,,4.  Was  ist  der  Mensch ?*^  und  be- 
merkte: ,,Dic  erste  Frage  beantwortet  die  Metaphysik,  die 
„zweite,  die  Moral,  die  dritte,  die  Religion,  und  die  vierte, 
„die  Anthropologie.  Im  Grunde  könnte  man  aber  alles  dieses 
„zur  Anthropologie  rechnen,  weil  sioh  die  drei  ersten  Fragen 
„auf  die  letzte  beziehen"  (R.  III,  186.).  Indeß  ließe  sich  gegen 
den  Schlußsatz  in  dieser  Bemerkun;g:  einwenden,  daß  eine  so 
weite  Ausdeliiiung  des  Begriffes  der  Ant  l  roplogie  ohne  Noth  der 
herköramliclien  Benonnnng'  pliilosopln-jht  r  Disciplinen  zuwiih^r- 
laufen,  zur  Klärung  des  Begriffes  der  Thilosopiiie  nichts  bei- 
tragen und,  wenn  innerhalb  der  alles  befassenden  Anthropologie 
die  Beantwortung  jeder  der  vier  obigen  Fragen  ihr  bestimmt 
abgegrenztes  Qebiet  erhielte,  die  von  Kant  angegebene  Yier- 
theilnng  nach  wie  vor  fortbestehen  wttrde. 

Kant  hat  den  Vorsatz  «Gehabt,  die  vierte  Frage  nicht  we- 
niger ausgiebig  zu  beantworten,  als  die  drei  anderen.  Dies  geht 
aus  seinem  Briefe  an  Stäudliu  vom  4.  Mai  1793  hervor,  wo  er 
sagt:  ,,Mein  schon  seit  geraumer  Zeit  gemachter  Plan  der  mir 
„obliegenden  Bearbeitung  des  Feldes  der  reinen  Philosophie  ging 
„auf  die  Auflösung  der  drei  Aufgaben?  1.  Was  kann  ich  wissen? 


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Von  Emil  Arnoldt. 


801 


„(Metophysik).   8.  Wu  soll  ich  thtiii?  (Moral).  3.  Was  darf  ioh 

„hoffen?  (Religion);  welcher  zuletzt  die  vierte  tcl-^en  sollte:  Wa« 
„ist  der  Mensch?  i  Antliropologie;  über  die  ick  sckon  seit  mehr 
„als  20  Jahren  jührlicli  ein  Collogium  gelesen  habe.)"  (R.  XI, 
159.).  Aber  er  führte  diesen  Vorsatz  nur  unznläuglich  ans,  als 
er  im  Jahre  1798  seine  „Antliropologie  in  jjragmatischer  Hin- 
sicht" verölf entlichte.  Zwar  ist  dies  "Werk  ein  Muster  populärer 
pkiiosophis*  Ii*>r  Darstellung  und  daher  unter  allen  Werken  Kant'a 
Bur  ersten  Einfülinmg  in  die  Denkweise  desselben  am  meisten 
geeignet,  aach  reich  an  eindringenden  Beobachtnngen,  geistvollen 
Beflexionen,  unterhaltenden  Hittheilongen,  nnd  sinnreichen  Aus- 
sprüchen. Aber  es  leidet  an  einer  gewissen  Ungleichmftfiigkeit 
in  der  Behandlung  seiner  Materien.  Es  soll  eine  },AnthropoIogie 
in  pragmatischer  Hinsicht"  sein.  Jedoch  die  pragmatische  Be- 
handlung der  Seelenerschoinungen  ist  in  ihm  nur  vorwaltend, 
nicht  herrschend.  Neben  den  praginatiscliou  Ausfülniingen  linden 
sich  in  ihm  •impirisrli-psyeholo^i^icho  nnd  niorali.srh-praktisclie 
Anseinandersetiungen  und  Bemerkungen.  tUeiln  oinieitungs-  oder 
anhangsweise,  theils  mit  den  orstoren  untermengt,  b<^ido  %veder 
nmütoglich,  noch  systematisch  genug,  um  eine  empirische  Psycho- 
logie, oder  eine  moralische  Anthropologie  im  Abris^o  zu  skizziren. 
Daher  trägt  das  Werk  als  ein  brachstackartiges,  nicht  recht 
hsmumisches,  nicht  abgerundetes  Ganze  das  Gepräge  einer  ge- 
wissen ünfertigkeit  an  sich.  Ich  nnterlasse  es,  diese  Behanp- 
tnng  zu  begründen,  weil  dasn  eine  ansfilhrliche,  ins  Einzelne 
gehende  Benrtheilnng  des  ganzen  Werkes  würde  erforderlich 
sein,  die  hier  nicht  am  Platze  wäre. 

g)  Yerzeichniß  von  Kant*s  Vorlesungen  über  physische 

G  oograpliiü. 

In  den  „Neuen  Preussischen  Provinzial-Blättem"  Jahrg. 
1846,  Bd.  I,  S.  454 — 465)  steht  ein  Aufsatz  von  Schubert: 
„Die  jährliche  Feier  von  Kant's  Geburtstag  durch  eine  zu  seinem 
Andenken  gebildete  Gesellschaft  in  Königsberg."  Einen  Theil 
jenes  An&atzes  bfldet  Schuberts  Tischrede  an  -Eant's  Qeburts* 


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302    Zxur  Beortbeilang  voa  Kaat's  Kritik  der  reinen  Vemuafi  etc. 


fafTo  im  Juhro  184<)  iiber  „Kants  Vorlesunf^en  während  seiner 
Professur  in  -Ion  Jahren  1770-97"  (S.  457—465.1  Darin  heißt 
es  in  Btitrc'ft'  dor  Vnrlesnn|^en  dpsselbeii  libcr  physische  Geographie: 

„In  dem  dritten  Sonioster  nach  seiner  Anstellung  als  Pro- 
„fessor,  im  Sommersemester  1771  las  er  iu  vier  auf  einander 
folgenden  Stnndon  an  den  4  Haupttagen  aber  nur  dies  eine 
,,Mal  wieder  Logik  nach  Meier,  Metaphysik  nach  Banmgarten, 
„Natarreoht  nach  Achenwall  und  allgemeine  Naturgeschichte 
„oder,  wie  er  dies  CoUeginm  gewöhnlich  nannte,  physische 

„G-eographie  (S.  460).  In  dem  darauf  folgenden 

„4ten  Semester  im  Winter  (1771/72)  liest  er  abermals  phyri" 
„sehe  Geographie  am  Mittwoch  nnd  Sonnabend  in  9  anf  ein- 
„ander  folgenden  Stunden  von  8 — 10  Uhr  nacli  eigenen  Dictaten, 
„und  ehonso  in  dem  gleich  darauf  folgenden  Semester'"  [aIso  in 
dem  Sommersemoster  1772]  wiederum  in  denselben  Stunden. 
„Von  dieser  Zeit  ab  bleibt  aber  die  physische  Geograpliie  regel- 
„mäßig  in  jtthrlicbem  Wechsel  ein  vierstündiges  CoUegium  für 
„den  Sommer,  am  Mittwoch  nnd  Sonnabend  von  8—10  Uhr, 
„oder  an  den  4  Haupttagen  von  9—10  Uhr  nach  dem  Nataiv 
„rechte".   (S.  461.) 

Schuberts  Angabe  ist  in  zwei  Foncten  feblerbaft  1.  Sie 
enthält  die  Andeutung,  dafl  Kant  seit  dem  Jahre  1772  wieder- 
holentUch  physische  Geographie  unmittelbar  nach  dem  Katar- 
recht habe  lesen  wollen.  Er  hat  aber  seit  dem  Jahre  1772 
physische  Geographie  unmittelbar  nach  dem  Naturrecht,  so  viel 
darüber  bestimmt  zu  wissen  ist,  nur  einmal  icseu  wollen,  — 
nämlich  im  Somniersemest^^r  1774. 

Ijie  S.-mester,  die  liierbei  überhaupt  nur  kr.nnen  in  Frage 
kommen,  sind  die  Sumraersemester  1773,  74,  75  und  76. 

Im  Sommersemester  1773  wollte  er  dem  Loctions-Catalog 
zufolge  lesm:  Logik  von  Uhr  publ.,  allgemeine  prak- 

tische Philosophie  und  Ethik  von  8 — 9  Uhr  priv.,  Physi- 
sche Geographie  von  9 — 10  Uhr  priv.,  und  ein  Dispntato- 
rium  (über  Logik)  am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  7—8  Uhr 
publ.    Er  las  aber  den  Senats -Acten  aufolge  wirklich  nur 


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Von  Bmtt  Arnoldt 


803 


Logik  und  physische  Geographie,  wälireiid  allgemeine 
praktische  Pliilosophie  \md  Ethik  wegen  jni  geringer  Anzahl" 
und  das  Disputatorium  „ob  deiectnm  auditorum'*  nicht  gelesen 
wurde.  —  Er  wollte  also  nach  der  praktischeii  Phüosophiei  aber 
nicht  „nach  dem  Naturrechte"  physische  Geographie  lesen,  und 
Im  sie  wirklich  aaoh  nach  der  praktisohen  Philoeophie  nicht. 

Im  Sommenemester  1774  wollte  er  Logik  yon  7—8  ühr 
pnbl.,  Natnrrecht  von  8—9  Uhr  priv.,  physiaohe  Geographie 
TOn  9 — 10  Uhr  priv.  (selbfltvweftndlioh  an  den  vier  Haupttagen) 
und  ein  Examinatorio-Bepetitoriimi  pabl.  (ohne  Frage  am  Mitt* 
woch  und  Sonnsbend)  lesen.  Für  dieses  Semester  allein  trifft 
Schubert *s  Angabe:  ..physische  (Teogra])hie  an  den  4  Hau])tt.ageu 
von  'J — 10  Uhr  nach  dem  Naturrecht«''  zu.  Abtsr  es  ist  niclit 
lestzustelien,  ob  Kant  im  Sommersemester  1774  die  im  Lections' 
Catalog  angekündigten  Collegia  wirklich  gelesen  hat. 

Im  Sommersemester  177Ö  las  Kant  nach  den  Sen.-Act.  die 
im  Lect.-Cat.  angekündigten  Collegia:  Logik  von  7—8  Uhr 
publ.  vor  46  Znhörem  vom  4.  Maji— 29  September,  Enoyklo- 
pidie  der  ganzen  Philosophie  nach  Feder  priv.  vor  20  Zu- 
hOrem  vom  7.  Mii^i— 7.  October,  Physische  Geographie  priv* 
vor  42  ZnhOrern  vom  10.  May— 7.  October,  Naturrecht  nach 
Aohenwall  priv.  vor  24  ZnhOrem  vom  7.  Miyi— 7.  October;  ein 
Examinatorium  über  Keier'a  Oompendinm  der  Logik  pobl. 
vor  15  Zuhörern  vom  7.  Maji — 7.  October;  an  welchen  Tagen 
er  aber  diese  Collegia  gelesen  hat,  ist  von  keinem  derselben, 
weder  im  Lect.-Cat.,  noch  in  den  Sen.-Act.,  nn<l  zu  welcher 
Stunde  nur  von  der  Logik  im  Lect.-Cat.  angegeben. 

Im  Sommersem.  1770,  wo  Kant  zum  ersten  Male  Decan  der 
philos.Facultfttwar,  hatte  er  angekündigt:  Logik  nach  Meier  an  den 
4  Haupt^t  i^ren  von  7—8  Uhr  pnW.,  und  ein  Bepetitorium  der  Logik 
publ,  Naturrecht  nach  Aohenwall  an  den  4 Haupttagen  von  8  bis 
9  Uhr  priv.,  Theoretische  Physik  „inserviente  Endebenio" 
an  den  4  Haupttagen  von  9--10  Uhr  priv.,  Physische  Geo- 
graphie „esponendo  diotata  aoa"  am  Mittwoch  und  Sonnabend 
von  9—11  Uhr  priv.  Er  wollte  also  auch  damals  nicht  Physi- 


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301     Zur  BeurtheüuDg  von  Kant's  Kritilc  der  reinen  Vernunft  etc. 

sehe  Geographie  mich  dem  XatuiTocht  lesen.  Er  las  nach  den 
Seu.-Act.:  Logik  vor  GO  Zuhureru  vom  25.  April — 20.  September, 
und  das  Bepetitorium  der  Logik  (wahrscheinlich  am  Mittwoch 
und  Sonnabend  von  8 — 9  Uhr)  vor  12  Zuhörern  vom  4.  Mai  bis 
21.  September;  Theoretische  Physik  vor  12  Zohöhrmi  von 
25.  April — 4  October;  Physische  G-eographie  vor  84  Zu- 
hörern vom  28.  April»6.  October,  Natarreoht  dagegen  ^list 
ob  defeotnm  Anditomm  nicht  gelesen." 

Vom  Sommorst'm»*ster  1777  an  las  er  Physiseho  Geographie 
immer  am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  8 — lU  Uhr  und  niemals 
j,nach  dem  Naturrechte",  das  er,  so  ofb  er  os  auch  las  (in  dsn 
^mmersemestem  1777,  78,  80,  82,  84,  86,  88),  immer  an  den 
vier  Haupttagen  vortrug,  und  zwar  um  8  ühr  Vormittags.  Nor 
im  Sommersemester  1779,  wo  dies  Colleg  nicht  an  Stande  kam, 
hatte  er  es,  wenn  die  Angabe  im  Lect.-Cat.  richtig  ist,  an  den 
vier  Haupttagen  um  [)  Uhr  abhalten  wollen. 

2.  Die  oben  citirte  Angabe  Schubert's  überliefert  als  fest- 
stehend, daß  Kant  auch  im  Sommersemester  1772  physische 
Geographie  am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  8 — 10  las,  wAhiend 
doch  weder  feststeht,  ob  er  dies  Colleg  damals  an  diesen  Tagen, 
noch  um  diese  Stunde  las,  und  sie  IftBt  vermuthen,  daß  er  nach 
dem  Jahre  1772  physische  Geogiaphie  bald  am  Mittwoch  und 
Sonnabend  von  8 — 10  ühr,  bald  an  den  4  Haupttac^en  von  9  bis 
10  Uhr  g«>l<J8en  habe.  Eine  .^oldie  Vormut Innif;  ubt-i-  wäre  irri<if. 
Daß  jene  Schubert'aohe  Angabe  in  beiderlei  Hinsicht  zu  bemäu- 
geln  ist,  ergiebt  sich  aus  dem  folgenden  Verzeichniß  von  EanVs 
Vorlesungen  Aber  physische  Geographie,  das  vielleicht  alles  ent- 
httlt,  was  heute  noch  ftber  Jahr,  Tag,  Stunde  und  Zuhöremhl 
derselben  kann  beigebracht  werden.  Ich  wflnsche,  daß  sich  keia 
Irrthum  meinerseits  darin  eiugeschliohen  liabe. 

Eant's  Colleg  über  physische  Geographie 

1.  ist  gehalten  mindestens  einmal  vor  dem  Sommersem.  1767^ 
und  zwar  wahrsclieinlich  entweder  im  Sommersem.  1756, 
oder  im  Wintersem.  1756/57,  —  nach  Kaut's  Angabe  iu 


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Von  Emfl  Amoldt. 


805 


seinem  ,,Entwurf  und  Ankündigung  eines  Gollegii  der 
physisdien  Geographie"  vom  Jahre  1757. 

3.  Sommdrsem.  1767,  angekündigt  in  den  Faoiilt.-Aei.  unter  d. 
13.  April  und  in  dem  an  demselben  Tage  dem  Becan 
vorgelegten  ,,Eniwnrf*'  etc.  (W.  H.  II,  1  n.  ff.),  —  ohne 
Zweifel  auch  gelesen. 

3.  Wintersem.  1757/58  als  gelesen  in  Kant's  Programm: 
„Ntiuer  lit  griti  tier  Bewegung  und  Kuhe"  u.  s.  w.  an- 
geführt (W,  H.  U,  25.). 

4  Sommersem.  1768  angekündigt  in  Kant's  eben  genanntem 
Programm  v.  1.  April  1768.  [Ueber  Kant's  Yorlesnngen 
im  Wintersemester  1758/69  fehlen  alle  Naohriohten.] 

5.  Sommersem.  1769,  augekündigt  in  den  Faoalt.-Act.  am 

28.  April. 

6.  Wintersem.  1759/<)0,  angekiindigt  in  dem  am  5.  Oetbr.  dem 

Deeau  vorgeiegieii  Programm:  „Versuch  einiger  Be- 
trachtungen über  den  Optimismus"  u.  s.  w.  (W.  H.  II,  43.). 

7.  Sommersem.  1761,  v.  2— B  Uhr,  angekündigt  in  den  Faouit*- 

Act.  am  6«  April. 

8.  Wintersem.  1761/62,  angekündigt  in  den  Faoalt.-Aot.  am 

11.  Oetbr. 

9.  Wintersem.  1763/64,  angekündigt  in  den  Facnlt.-Aot.  am 

10.  Oetbr. 

10.  Sommers«  m.  1764,  von  10—11  Uhr,  angekündigt  in  den 

Facuit,-Act. 

11.  Sommersem.  1765,  von  10—11  Uhr,  angekündigt  in  den 

Faonlt.-Aot.*) 

*)  Bei  B.  Erdmann  (Reflex.  Kants  zur  krifc.  Philos.  I,  44  Anm.)  heißt 
ö:  „Die  pliysische  Geographie  felilt,  Sfhpn  wir  ab  von  drn  nicht  nielir 
..bettiminban'u  Vorlesungen  des  Öemestors  17r)8;5'.t,  bis  170ö  nur  in  den 
„Swnesteru  ITtiO  und  1760/61,  sowie  in  den  überhaupt  durcli  die  geringe 
pZahl  von  Vorlesungen  ausgezeichneten  Semestern  1762  bis  1763.''  —  Auch 
4ieae  Angabe  B.  Erdmann's  ist  ungenau.  „Bis  1766*'  kann  dodi  nur  ba- 
uten sollen:  bis  snm  Sommexaem.  17fö.  Aber  swischen  dem  Sommersem. 
17G0  \ind  dem  Sommersem.  1766  „fehlt  die  physische  Oco^^raphio"  nicht 
Mir:  SommeiBSsn.  1760,  Wintefsem.  1760/61,  Sommersem.  1762,  Wintersem. 

Al<|ir,  MmwtMdiiift  Bd.  XXm  Hfl  Sq.«.  20 


306     Ztn-  Beurtiieilung  von  Kant's  Kritik  der  reinen  Vernunft  etc. 

12.  WintersenL  1766/66,  angekflndigt  in  den  FacolL-Aet  am 

13.  Octbr.  und  in  Eant*s  „Naobricht  von  der  Einrichbing 

seiner  Vorlesungen"  u.  s.  w.  (W.  H.  II,  320  u.  321.). 

13.  Winteröem.  17()ü/V)7.  angekündigt  in  den  Facnlt.-Act.  und 

als  „in  4  Stun'leu  wöchentlich  imvh  ei^<»nen  dictatis 
gelesen"  von  Kant  selbst  bf'zeugt  in  den  Senats- Act. 

14.  Sommersem.  17(»7,  angekündigt  in  den  Facuit.-Act.  und  von 

Kant  selbst  angekündigt  in  den  Senata-Aot.;  „W — 11 
über  dictata." 

16.  Wintenem.  1767/68, 10—11  ühr,  angekflndigt  in  den  Faoalt- 

Act.  und  in  den  Senats-Actw  von  Kant  eigenbfiadig  ak 
gelesen  an^eftbrt:  I.  K.  „qninqae  ooUegia  privata*'  — 
daranter  „Geograpbiam  physioam*'  —  „ingressos  atque 
emensQS  est.*' 

lü.  Sommersem.  1768,  10—11  Uhr,  angekündigt  in  den  Facnlt.- 

u.  Sen.-Act.  und  gelesen  naeli  den  Sen.-Act. 

17.  Wintersem.  17b8/GU,  angekündigt  in  den  Facult.-  u.  Sen.-Act. 

18.  Sommersem.  1769,  angekündigt  in  den  Faoiilt.-Act.  und  als 

gelesen  von  Kant  selbst  angegeben  in  den  Sen.-Aotb 

19.  Wintersem.  17(3!V70,  8--9  vel  8-4,  angekflndigt  in  den 

Facnlt.-  tmd  Sen.-Act.  (secimdum  dictata)  und  als  pri- 
vatim gelesen  von  Kant  selbst  angegeben  in  den 
Sen.-Act. 

20.  1770  (dio  Tabelle  der  I;oetiones  Mogintrorum  eic.  per  sem. 

hiborn.  1769/70  babitae,  et  somestri  aestivo  1770  Imbeuda© 
—  Sen.-Aot.  Catal.  lo(;t.  betreff,  vol.  lU  gegen  d.  Ende  — 
enthält  nicht  die  Ankündigung  der  Physisch.  Geogr. 
für  d.  Sommersem.  1770,  nnd  der  gedruckte  Lect.-Cat., 
in  welchem  Kant  als  »Log.  et  Hetaph.  Prof.  Fubl.  Ord. 
designatus*'  aufgeführt  wird,  entbAlt  sie  ebenso  wenig. 
Aber  in  der  Tabelle  der  Praelectiones  a  Profess.  eto. 


1762/63,  Sommersem.  1763^  wie  B.  Erdmann  angiebt^  sondam  Moh  im 
WinteTsem.  1764/65.  Wae  B.  Eidmann  von  den  ^^ausgeieicluietaa"  SsnMBtern 
sagt,  lasse  ich  unberflhrt. 


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Von  Emil  Araoldt. 


d07 


per  sem.  aestiv.  A.  1770  instirutae  —  Sen.-Aot.  Tat. 
lect.  betreff,  vol.  IV,  Fol.  452,  eingeheftet  zwischen  Fol. 
4S2  a.  434  —  hat  Kant  eigenhändig  nnier  den  Collegien, 
▼on  denen  er  sein  „docoit'^,  ansssgt,  vermerkt:  „Diebus 
Mercnrii  et  Sabbathi  Geographiam  physioam.*') 

21.  Sommezsem.  1771,  angekündigt  zum.  ersten  Male  im  Leotiona- 
catalog:  „Historiam  Naturalem  velut  peregrinando 
percmret  sab  titnlo  Geographiae  physioae  praecipae 

memorabilia  triam  naturae  reguorum  oxposituros  h. 
X— XI  privat."*) 


*)  Schobert  Inltert  in  Minem  Torhin  citirten  AnAatae  Q!(,  PienB. 
PkovinB.-BI&tt  Jaluff.  1846,  Bd.  I,  a  460  o.  461):  „Die  BrUirang,  die  Kant 
^b»k  in  diesem  LectioneverseiehmBHe  von  1771  (nnd  dann  spütor  nicht 

,.melir)  von  diesen  b«'i  StndiPrfnden  tind  Zuhörern  uns  alloti  Ständen  so  be- 
,.liel'ti  ii  VorlesTingen  giebt,  «Irüt^kt  nach  meinem  Beduukeii  am  bersten  den 
„Uinl'aug  derselben  aus,  den  der  Lehrei'  nach  seiner  eigenthumHcbeu  WeitM) 
„ilmai  anweisen  wollte,  nnd  der  allerdings  nicht  gans  mit  den  Oren»m  m- 
„wsmmmfMlt,  in  denen  wir  jetsi  die  physische  Geographie  einmengen  ge- 
„wohnt  sind.  Er  sseigt  an,  daß  er  die  Naturgeschichte  wie  ein  Reisender 
„dnrchwandern  wolle  nntr-r  dem  Titel  »ler  physisrhen  Genj^^rajiTiit',  indom  er 
,.die  vorzüglich  merkwürdigen  üegenstäiide  der  drei  Naturreiche  zu  erläutern 
„beabsichtige."  Nun  hat  Schnbert  zimächst  darin  nicht  Recht,  daß  der  Um- 
fang, den  Kant  flberhanpt  der  physischen  Geographie  gab,  weiter  ist,  als 
der,  wdchen  neuere  Forscher  ihr  geben.  Dali  aber  jene  Erkliirung  „den 
Umfang*'  von  Kant*»  physischer  Geographie  .,am  besten  ausdrückt",  mithin 
besser,  al«  dor  „Entwurf*  n.  s.  w.  vom  Jnhrc  1757  und  die  ..Nachricht''  u.  s.  w. 
Vom  Jahre  i7G5,  ist  durchaus  unrichtig.  Sie  drückt  ihn  nicht  am  besten, 
sondern  am  schlechteeten  aus,  weil  sie  ihn  viel  zu  enge  darstellt.  Denn  de 
mit  von  dem  «igrattieh  phjsiseh-^ogfaphtschan  Theil,  den  Kant  schon  4m 
Jahre  1757  und  ebenso  spAterhtn  den  „allgemeinen  Theil  der  physischen 
Geograplup"  nannte,  gnr  nirhts  spüren.  Daher  .,drückf'  sie  keineswegs 
„den"  Vellen  ..Fmfang"  v<  ii  Kant's  physisclier  Geograpliio  au.s.  Wird  ilir 
Wortlaut  festgehalten,  so  wollte  Kaut  im  Jahre  1771  nicht  seine  ganste 
physische  Geographie  vortragen,  sondern  nnr  den  natttrbesehxeibcndett  Theil 
dsraeiben,  den  er  im  Jahre  1757  nnd  spftterhin  als  den  „besonderen  Theil 
der  physi.<)c  lien  Geographie*'  bezeichnete,  nnd  den  er  mit  einer  Naturbeschrei- 
bung de-'»  Menschen  begann.  .In.  stronp;  pnnommen,  wollfo  er  nnr  die  erste 
Ahtheiliuig  de«  „besonderen  Theils''  voi*tragen,  'üe  IJesrlireiluniü;  der  drei 
Naturreiche  mit  Hervorhebnng  der  vorzüglichsten  Merkwürdigkeiten  in  ihnen« 
Trag  er  sie  im  Jahre^lTTl  wirklich  so  vor,  so  that  er  es  damals  sieher  nnr 

20* 

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308     2ur  Beoribeilang  von  Kaut's  Kritik  dar  reinen  Vemuni't  etc. 

22.  Wintersem.  1771  72.        Merc.  et  Sat  h.  VIII  —  X  swun- 

dum  dictata  sua  privat.,  angekündigt  im  Lect.-Catal.  [Kaut 
wollte  in  diesem  Semester  das  Colleg  zum  ersten  Male 
am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  8 — 10  Uhr  Vorm., 
aUo  in  zwei  Stunden  hinter  einander  lesen.  Erst  vom 
Sommersem.  1777  an  lae  er  es,  nach  den  vorhandenen  An- 
gaben, immer  an  diesen  Tagen  und  in  diesen  Stunden.] 

23.  Sommersem.  1772,  ])rivat.,  ohne  Tag  und  Stund©  angckündi<^ 

im  Lect.-Cat.  u.  gelesen  nach  d.  Sen.-Act.  [ÜLaut  las  in 
diesem  Sem  miP  r^  'n  nnr  Logik  an  den  vier  Haapi- 
tagen  von  7 — 8  Uhr  Morgens  und  ein  Examinatorio- 
Disputatorinm  —  natürlich  über  Logik  —  pnblioe  am 
Mittwoch  und  Sonnabend  von  7^8  Uhr  Morgens.  Es 
bleibt  daher  zweifelhaft,  ob  er  die  physische  Geographie 
in  diesem  Semester  au  den  vier  Haupttagen,  oder  am 
Mittwoch  und  Sonnabend  gelesen  habe.] 

24.  Sommer.sem.  1773,  h.  IX — X  privat.,  [ohne  Zweifel  an  den 

vier  Haupttagen]  angekündigt  im  Leot.-Oat.  und  gelesen 
nach  den  Sen.-Act.  [Kant  hatte  im  Wintersem.  1772/73 
zum  ersten  Male  Anthropologie  gelesen  an  den  vier 
Hauyittagen  v.  9—10  Uhr  Vorm.  Von  nun  an  altemirtcn 
Aiithro])olon;io  im  Wintersem.,  und  physische  Geographie 
im  Sommcr.sem.J 

26.  Sommersem.  1774,  privat,  h.  IX — X  [ohne  Zweifel  an  den 
vier  Haupttagen]  angekündigt  im  Lect.-Cat. 

2G.  1775,  secundum  dictata,  oliue  Tag  und  Stuude  angek.  im 
Loct.-Cat.  und  gelesen  nach  den  Sen.-Act.  yor42Zuhör., 
V.  10.  May  —  7.  Octbr. 


ausuahmsweis>e,  durcli  irgend  einen  heute  nicht  angebkaren  Gruiui  bestioimt. 
Zweifalloe  aber  bestätigt  die  oben  wiedergegebene  Ankündigung  des  CoUegs 
aus  dem  Jahre  1771  die  mir  selbetversttodlieh  erscheinende,  überdies  dndi 
die  vorhandenen  Kaehsduiflten  beglanbigte  Annahme,  daft  Kant  den  Yocttig 
seiner  physischen  Geographie  SU  verschiedener  Zeit  mannigfach  varürte,  — 
wahrscheinlich  bald  durch  ianerei  bald  durch  ttoesere  Qrttnde  dasn  venuihJt. 


^ed  by  dOOgle 


Von  £ittil  Araoldt. 


309 


27.  1776,  exponendo  dictata  sua,  Lh.  IX — XT  dd.  ^f.  et.  8.  privat, 

angek.  im  Lect.-Cat.  und  gelesen  nach  den  Sen.-Act. 
vor  24  Zuliör.  v.  28.  April  —  5.  Octbr. 

28.  1777,  ad  propria  dictata,  dd.  M.  et.  ö.  h,  Ylll—X,  privat., 

angek.  im  Iieci-Oat.  imd  gelesen  nach  den  Sen.-Act. 
vor  49  Znh.  y.  16.  April  — 27.  Septbr.  [Von  nun  an 
bleiben  Mittwoch  nnd  Sonnabend  y.  8—10  tfhr  Vorm. 
die  fdr  dies  Priyafc-Colleg  anberaumte  Zeit.] 
39.  1778  (nach  Lect.-Cat.  u.  Sen.-Aut.  geleaen  vor  45  Zuhör. 
V.  6.  Mai— 3.  Octbr.). 

30.  1779,  in  propria  dictata,  (nach  Loct.-Cat.  u.  8on.-Act.  ge- 

lesen wiederum  vor  45  Zuhör.  v.  21.  April— 25.  Septbr.). 

31.  1780,  ad  propria  dictata,  (nach  Lect.-Cat.  u.  Sen.-Act.  ge- 

lesen yor  54  Zuhör.  v.  12.  April  —  23.  Septbr.). 
82,  1781,  über  Dictata,  (nach  Lect.-Cat.  n.  Sen.-Act.  gelesen 

yor  56  ZohOr.  v.  2.  Mai— 22.  Septbr.). 
33.  1782  (nach  Lect.-Cat.  u.  Sen.-Act.  gelesen  vor  50  Zuhür. 

V.  17.  April— 21.  Septbr.). 
34  1783,  dd.  M.  et  S.  h.  Vlil— iX  privatim  (so  im  Lect.-Cat.; 

aber  statt  IX  sollte  zweifellos  X  stehen)  iib*^r  dictata 

gelesen  yor  69  Zohör.  y.  17.  May  —  27.  Septbr.  (nach 

den  Sen.-Aot.). 

35.  1784,  dd.  Merc.  et  Sat.  h.  VIII  (nichts  weiter  im  IjectCat.) 

gelesen  yor  63  Znb5r.  v.  28.  April— 29.  Septbr.  (nach 

den  Sen.-A(  t.  und  nach  der  auf  der  Königsb.  Kgl.  u. 
Univ.-Bil)l.  vor})au<leiien  Xachsehrift  aus  diesem  Semester, 
in  welcher  aber  als  Schlußtag  des  Collegs  d.  22.  Septbr. 
angegeben  ist.) 

36.  1785,  ad  dictata  dd.  M.  et  S.  h.  YIII- X  (nach  dem  Lect- 

Gat.),  „gelesen  und  absolviret"  (nach  den  Sen.-Act.; 
ohne  Angabe  der  ZuhOrerzahl  xmd  des  Anfangs-  nnd 
SchlnSdatnms). 

37.  178G,  im  Lect.-Cat.  wohl  aus  Verselion  nicht  angekündigt, 

aber  nach  den  Sen.-Act.  gelesen  ,,über  Dictata,  privatim,*' 
vor  26  Zuhör.  v.  3.  May  —  23.  Septbr. 


310     Zur  Beurtbeiluug  von  Kaut'ii  Kritik  der  reinen  Veraottft  eic 

38.  1787»  in  herkOmmUcher  Art  angekündigt  im  Lect.-Cftt  und 

niobi  weiter  bessengt. 

39.  1788,  angekündigt  im  Loct.-Cat.  und  als  f!;e lesen  bezeugt: 

„dictata,  privatim,  vor  28  Zuhörern  v.  9.  April  bis 
8eptbr.'^  daroh  die  Berichte  nach  Berlin. 

40.  1789,  binis  diebos  h.  VIII — X  ad  Dictata,  privat,  gelesen 

vor  28  Znhdr.  v.  99.  April  — 16,  Soptbr.  (nach  dem 
Lect.-Oat.  u.  den  Sou.-Act.). 

41.  179Ü,  gelesen  „privatim,  oinigo  30  Zuhör.,  ang.  21.  April, 

gescbl.  18.  Septbr.*'  (nach  den  Sen.-Act.). 

42.  1791,  angek.  im  Lect.-Cat.,  nicht  weiter  beeengt. 

43.  1792,  gelosen,  ,.diotata,  privatim,  52  ZuLür.  augef.  25.  April, 

geschl.  22.  Septbr."  {u&ch.  den  Seu.-Act.). 

44.  1793,  angek.  im  Lect.-Cat.  nnd  als  gelesen  besengt  doroh 

die  auf  der  Königeb.  Kgl*  u,  üniv.-BibL  vorhandene 
Nacfaachrift  aus  diesem  Semester  mit  dem  Datum  des 
SohluBtages:  „finitum  14.  Septbr.  93." 

4.Ö.  17Ül,  an^j^ek.  im  Lect.-Cat.,  nicht  weiter  bezeugt. 

46.  1795,  ad  dictata,  gelesen  vor  33  ZuhOr.  v.  22.  April  bis 

12.  Septbr.  (nach  d.  Lect.-Cat.  tmd  dem  Bericht  in 
Berlin). 

47.  179G,  dictata,  priv.,  gelesen  vor  23.  Zuhör.  v.  13.  April 

bis  13.  Juli  (nach  dem  Lect.-Cat.  und  dem  Bericht  in 
Berlin). 

[48.  1797,  angekündigt  im  Lect^-Gat.  neben  der  Logik,  zu  deren 
Proposition  die  Einachr&nknng  geftkgt  ist:  „modo  per 
valetudinem  seniumque  Uceat."] 

In  dem  Leotionscatalog  für  d«s  Wintersem.  1797/98  findet 
sich  unter  der  Bubrik:  „Lectiones  publicae.  Philosophomm'*  die 
Anzeige:  „Ob  infirmitatem  senilem  lectionibus  non  vacabit  Facult 
Fhilos.  Senior  venerabilis  Log.  et  Metaphys.  Prof.  OnL  Kant'' 
Schubert  sagt  in  seinem  oben  eitirten  Aufsätze  (S.  462):  „Schon 
„im  "Winter  1795/96  stellte  Kant  alle  seine  Privatvorlesungen 


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Von  Emil  Aruoldt. 


311 


„wegen  seines  hohen  Alters  (er  hatte  bereits  das  72.  Tjebensjahr 
„angetreten}  ein,  und  las  nur  noch  an  4  Tagen  taglich  eine 
j^tunde  abwechselnd  über  Logik  im  Sommer,  über  Metaphysik 
„im  Winter.    Aber  auch  diese  öffentlichen  Vorlesungen  gab  er 
„nach  Bwei  Jahren  auf,  mit  dem  £nde  dee  Sommersemeaters  1797, 
„als  er  aohon  in  das  74  Lebenajahr  übergegangen  war."  — 
Auch  in  seiner  Biographie  Eant's  hatte  Schubert  mitgetheilt: 
„Kant  stellte  mit  dem  Sommer  1795  alle  seine  Privatvorlesungen 
„ein,  uii«i  las  nur  noch  tätlich  eine  Stunde  die  öffentlichen 
.abwechselnd  über  Logik  und  Metaphysik"  (W.  R.  XI,  2A,  140.), 
—  ..Ton  Michaelis  1797  ab  auch  keine  öffentlichen  mehr" 
(ibid.  S.   llü.).     Jedoch    die   Angabe    Schubert's    über  den 
Zeitpunot  der  Einstellung  vcm  Kaut's  Privatvorlesongra  ist 
ODiichtig,  und  die  ttber  den  Zeitpunot,  bis  zu  welchem  Kant 
eeine  Öffentlichen  Vorlesungen  fortf)lhrte,  unsicher.  Denn  Kant 
las  im  Wintersem.  1796/96  außer  Metaphysik  vor  60  Zuhtta-em 
vom   12.   Octbr.  —  18.   Decbr.,    auch   noch  Anthropologie 
privatim  vor  53  Zuhureru  vom  14.  Octbr.  —  27.  Febr.,  und  im 
bommersem.   1796  außer  Logik  vor  etwa  40  Zuhörern  vom 
11.  April — 23.  Juli  auch  noch  Physische  Geographie  pri- 
vatim vor  23  Zuhörern  vom  13.  April  —  13,  Juli.   Im  Juli  1796 
erreichten  wahrscheinlich  alle  seine  Yorlesungen,  die  OffentUchen 
sowohl  wie  die  privaten,  ihr  Ende,  mithin  öffentliche  und  private 
in  einem  und  demselben  Jahre  und  Monate.   Wenigstens  ist 
nicht  zu  constatiren,  daß  Kant  die  von  ihm  für  das  "Winter- 
semester 1796  97  angekündigte  Metaphysik,  und  die  von  ihm 
für  das  Sommersem.  1797  angekündigte  Logik  und  Physische 
Geographie  wirklich  gelesen  habe.    Physische  Geographie  las  er 
damals  sicher  nicht  mehr.  Denn  Pörschke,  der  seit  dem  Sommer- 
MOMster  1788  als  Privatdocent  und  sp&testens  seit  dem  Sommer- 
Semester  1796  als  aufierordentlioher  Professor  philologische  und 
philosophische  Oollegia  abhielt,  hat  ftlr  das  Sommersem.  1797 
neben  anderen  Vorlesungen  Physische  Geographie  nach  Miliar 
am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  8 — 10  Uhr,  also   f^enau  um 
dieselbe  Zeit  als  Kaut  angekündigt.   Diese  Ankündigung  scheint 


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3X2     Zur  Büurtheiluög  von  Kaufs  Kritik  der  reiuea  Vomotift  «Ic 

mir  Bur  erklärlieh   aus  Förachke's  OewiBheit,  Eant  werde 

physische  Geographie  im  Sommersem.  1797  nicht  mehr  lesen, 
und  ans  sf?iner  Absicht,  die  ausfallende  Kantiache  Vorlesung 
einiger  maßen  zu  ersetzen.*) 

Demnach  hat  Kaut  mindestens  47  mal  physische  Geo- 
grapliie  lesen  wollen  als  viereiündigea  CoUeg.  Von  1757—1797 
ist  nie  ein  Jahr  vergangen,  in  welchem  er  nicht  mindestens  in 
Einem  yon  dessen  Semestern  sein  Colleg  über  phys&Bche  Geo- 
graphie angeaeigt  hat.  Von  jenen  47  Malen  sind  17  als  solche  za 
nennen,  in  denen  es  zu  erweisen  ist  blos  als  angektlndigt,  jedoch 
anziinelimon  als  gelesen:  1758,  5'J,  51), 60,  (51,  61/(52,  G3/64.  G4, 
65,  65/66,  67,  mm\  71,  71/72.  74,  87,  91,  1)4;  (dazu  *'7, 
wo  es  wohl  schon  mit  der  Voraussieht  angeküüdin;!  wurde,  dali 
es  nicht  werde  gehaltoii  werden);  dagegen  29  Male  als  .«'10110, 
in  denen  es  auch  als  gelesen  bezeugt  ist:  1764>  oder  17Ö6/57, 
67,  57/58,  66/67,  67/68,  68,  69,  69/70,  72,  73,  75,  76,  77,  78, 
79,  80,  81,  82,  83,  84,  85,  86,  88,  89,  90,  .92,  93,  95,  96. 

Unter  jenen  47  Malen  sollte  es,  so  weit  darflber  Sicheres 
zu  constatireii  ist,  Imal  (1769/70)  an  dt-ii  4  Haupttagen  von 
8 — 9  Uhr  Vorm.,  oder  von  3 — 4  Uhr  Nachm.  gelesen  werden, 
Imal  (1761)  an  den  4  Haupttagen  von  2 — 3  Uhr  Nachm.,  2mal 
(1773  und  74)  an  ä^u  4  Haupttagen  von  9— 10  Uhr,  6mal  (1764, 
65,  67,  67/68,  68,  71)  an  den  vier  Hanpttagen  von  10—11  Uhr, 
Imal  (1776)  am  Mittwoch  und  Sonnabend  von  9—11  ühr,  and 
schon  vor  1777  Imal  (1771/72)  am  Mittwoch  and  Sonnabend 

m 

von  8 — 10  Ühr,  aber  von  1777  immer  an  diesen  beiden  Tagen 

und  in  diesen  beiden  auf  einander  folgenden  Stunden.  Unter 
den  Semestern,  aus  denen  die  Zuliurerzahl  der  Kantischon 
Collegia  notirt  ist,  hat  dieä  (Julieg  seine  höchste  Zuhörerzahl  im 


*)  Vfi^  hiersn:  Borowaki,  Daistell.       Leb.  Kant'a,  8.  18&.  ^  Von 
Borowski's  Angaben  über  die  Dauer  der  Vorleenugen  Kantus,  ibid.  S.  184  o. 

185.  i.st  die  eine  nicht  zuverlässig,  die  andere  nicht  richtig.  Die  sparlicheiii 
auf  die  Zeit  von  Kant's  Vorlesunjreu  bezüglichen  Aiii^ahen  .Tachmann's  — 
Kant  g<  schild.  in  Brief.  B.  26  w.  27  —  und  Kink'b  -  Ansicht,  aus  Kaufs 
Leben  6.  14d  —  sind       vag,  um  eiu  festes  Kesultat  dansubieten. 


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Von  Emil  Araoldt 


Jahre  1783  mit  69  Zuhörern  gehabt,  und  im  Jahre  1754  mit 
63  Zuhörern,  dagegen  seine  geringste  in  den  Jahren  1789 
nnd  1796  mit  23  ZuhOr.,  darnach  1776  mit  34  ZnhOr.,  1786 
mü  26  Zuh.,  1788  mit  28  Zoh.  Jxi  den  übrigen  Semestern 
schwankte  die  Zahl  zwischen  einigen  30,  einigen  40  und  einigen 
50  Zuh.  Selbstverständlich  beziehen  sich  diese  Zahlen  nur  auf 
die  Zuhörer  aus  (Inm  Kreise  der  Studiroiiden.  Kant  hef^anu 
das  Coileg  meistens  in  der  zweiten  Hälfte  dea  April,  fndiesteus 
den  9.  April  (im  Jahre  1788)  und  den  13.  April  (im  Jahre  1796), 
spätestens  im  Mai  (den  17.  Mai  im  Jahre  1783,  nnd  den  10.  Mai 
im  Jahre  1776),  und  er  schlofi  es  meist  gegen  das  Ende  des 
September  (nur  einmal  den  13.  Juli  im  Jahre  1796),  frühestens 
den  12.  September  (im  Jahre  1795)  und  spätestens  im  Anfange 
des  October  (im  Jahre  1775  den  7.  October,  im  Jahre  1776  den 
5.  October,  im  Jahre  1778  den  3.  October). 


Eine  Berlehtigung  und  eine  Ergänzunf^. 

In  der  No.  2  dieses  Anhangs  Z.  13  u.  14  v.  u.  ist  zui'olge 
eines  von  mir  begangenen  Versehens  in  Bezug  auf  Kant's 
Coileg  über  Natur  recht  gedruckt  worden:  „Er  kündigte  es  filr 
das  Sommersemester  1771  wieder  an,  las  aber  statt  dessen  aUgem. 
prakt.  Philos."  —  Dieser  Säte  ist  dahin  zu  ergänzen:  „Er 
kflndigte  es  fSr  das  Wintersemester  1770/71  wieder  an,  las  aber 
statt  dessen  pliilosopli.  Encyclojjädie  mit  einer  kurzen  Geschichte 
der  Phüos.,  und  kiindigte  es  für  das  Sommorsemostcr  1771  wieder 
an,  las  aber  statt  dessen  aUgem.  prakt.  Philos.^* 

In  Betreff  des  Namens,  den  Kant  seinem  Coileg  über 
Pädagogik  ertheilte,  möchte  ich  hier  zugleich  meine  Angabe  in 
der  Anra.  auf  S.  115  (Altpr.  M^nutsschr.  Bd.  XXVI.)  der  Ab- 
handlung: „Die  äußere  Entsteh,  etc.  d.  Krit.  d.  r.  V.**  dahin 
ergänzen:  Das  in  einem  Consefi  der  Königsb.  philos.  Fac.  am 
26.  August  1776  aufgenonunene  Verzeichnis  der  von  ihr  für 


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3X4  Beurtheilung  von  Kaut's  Kritik  der  roinoa  Yernuaft  etc. 


das  Winfcersem.  1776/77  bestimmten  Vorlesungen,  welches  Kant 

als  zeitip^er  Docan  von  Anfang  l»is  zu  Ende  eigenhändig  nieder- 
goschnebon  iuit,  tuihält  unter  seinen  fio^eTieu  Vorlesungen  mit 
sehr  deutlichen  Buchstaben  notirt:  ,J  il  lic(>  Paedevtico  -  prac- 
tioom."  (Sen.-Act.  voL  V.  OataL  leot.  Die  Folien  sind  in  diesem 
▼ol.  mohi  bezeichnet.) 


Der  Ritterorden  yon  Calatrava  in  Tyniau  bei  Mewe. 

Von 

R«ai««ld  Frydrycb^wlcs,  Dr.  phiL, 
gtistl.  Lehrer  u»  BiaehSflioheii  Progyiniiaaiain  sa  PelpUn. 


Eine  halbe  Meile  südlich  von  Mewe  erhebt  aich  auf  den 
Tymauer  Beiden  nahe  am  linken  Weiohaelofer  das  anmutige 
Kirchdorf  Tymaa.  Hier  hatte  einst  ein  Meister  und  ein  Konvent 
des  spanischen  Bitterordens  von  Calatrava  eine  Zeitlang  seinen 
Sitz.  Die  einzige  sichere  Nachricht^  die  wir  darüber  besitseni 
ist  in  einer  Urkunde  ans  dem  13.  Jahrhundert  erhalten.  Tn 
derselben  verleiht  Suiiibür.  Herzog  von  Liebschau, ^)  dem  Kloster 
Oliva  (las  Dort  Katstube-}  und  zolin  Hufen  in  Raikau.^)  Dieses 
Dokument,  welches  im  Jahro  1224  am  Vorabend  des  l'estes  des 
hl.  Laurentius  in  Tymau  ausgestelifc  ist,  hat  außer  dem  Herzog 
auch  der  Meister  der  Tymauer  Calatravaritter  mit  seinem  Siegel 
versehen.^)  Außerdem  sind  unter  den  Zeugen  noch  drei  von 
den  Tymauer  Konventsbrüdem  genannt.^) 

Es  giebt  zwar  noch  eine  andere  Urkunde,  in  weloher  der 
Tymauer  Calatravaritter  Erwähnung  geschieht.    Diese  ist  in 


1)  7,5  km  westlich  von  Direcliaa. 

2)  9  km  südwestlieh  von  Sabkmi. 
8)  4^  km  nordUch  von  Pelplin. 

4)  „In  cujus  rei  t^atunonium  praesentem  pap^innm  sigillo  nostro  et 
sigillo  fratris  Florentii  mRg^stri  Iratnini  ( 'alutr!i\  icniiun  iu  Tbymaua  fecimas 
roborari.'*   (cf.  P.  U.-B.  von  Perlbach  No.  2ö.  pag,  24}. 

&)  „De  Tbymaoa  frator  Oonndiu,  fratar  Esrboxdns  et  fimtsr  Mag- 
ans."  (iUd.) 


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316  Bitterorden  von  Calatrava  in  Tymau  bei  Mewe. 

Lefllaa  im  Januar  des  Jahiea  1230  aoflgeatellt.  In  dorselben 
beurkunden  Heinriob,  Abt  von  Lnkna,  nnd  Johann,  Abt  yon 
Linda,  daß  der  Bischof  Chrietian  von  Preußen  zur  Bekämpfung 

der  Heiden  sein»'  (-riiter  im  Kühner  Lande,  die  er  von  Kourad 
von  Miisovieii  und  der  Kirche  von  Plock  erluilten  oder  c^ekauft 
hat,  d<'ni  deutschen  Orden  verliehen  habe.  Als  Zeugen  sind 
dort  unter  anderen  Gerhard  und  Konrad,  Brüder  von  Tymau, 
aufgeführt.*')  Doch  ist  die  Echtheit  dieser  Urkunde  von  Piiilippi 
beanstandet,  während  Perlbach  sie  bloß  für  einen  Entwurf  zu 
einer  anderen  gleichfalls  im  Jahre  1230  ausgefertigten  ansieht.^ 
Von  der  Tymaoer  Bitterbnig  haben  sich  keine  üeberreste 
erhalten.  Die  Stelle  aber,  wo  sie  gestanden  hat,  ist  den  Be- 
wohnern noch  heute  bekannt.  Sie  ensfthlen  nAmlich,  daB  die 
jetzige  Filialkirche  anf  den  Bninen  eines  alten  Schlosses  steht. 
Der  Umstand,  daß  die  Kirche  auf  einem  Hügel,  also  auf  einem 
sclion  von  Natur  zu  einer  befestigten  Anlage  geeigneten  Platze 
sich  erhebt,  spri'  ht  wenigstens  für  die  Wahrscheinlichkeit  dieser 
Ueberlieferung,  wie  denn  ubt  rhaupt  die  Tradition  des  Volkes 
bei  genauer  For^olinng  sich  meistens  trefilich  bewährt.  Die 
Tymauer  Filiale  war  noch  im  16.  Jahrhundert  eine  Pfarrkirche, 
wie  aus  der  Kirchenvisitation  des  TJozdrazewski^)  hervorgeht. 
Die  jetzige  in  Fachwerk  aufgeführte  Kirche  stammt  wohl  aas 
dem  16.  Jahrhundert,  denn  die  frühere  war  vorher  abgebrannt. 
Sie  hat  seit  jeher  zum  Schutzpatron  den  Ensengel  Michad« 
UnwiUkttrlioh  drängt  sich  hier  die  Yermntting  anf,  dafi  die 
Kirche  denselben  von  den  Calatravarittem  überkommen  hat, 
denn  der  hl.  Michael  ist  neben  dem  hl.  Geoig  Schutzpatron  des 
Rittertums.  Auf  Borgen  und  Hügeln  erbaute  Kirchen  wurden 
überliau])t  mit  ^'ol•iiebe  diesem  Erzengel  geweiht,  damit  dieser 
Ueberwinder  des  Teufels  die  Christenheit  vor  den  Angriäen  der 


6)  „fratrfs  dp  Thimnn  Gerliardns  »-t  Conrmlus."  (of.  dip  Ctstercieoser 
von  Winft  1-  III.  S.  '6bl)  und  „Preußische  Regesteu"  von  Perlbach,  Heft  1. 
Königsberg  1875.  No.  81.  S.  27. 

7)  „Odttingiscbe  gelehrt«  Anseigeii*';  1881  No.  9,  S,  110. 

8)  S.  55  und  85  (Culmer  Didcesanarchiv). 


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Von  Dr.  Romaald  Fiydrychowicz. 


317 


Mftehte  der  Finsternis  seliütee  und  bewahre,  wobei  noch  m 

beachten  ist,  daß  in  den  ältesten  Zeiten  die  Kirclien  oft  gera(]e 
an  der  Stelle  errichtet  wurden,  wo  unsere  heidnisclien  Vorlttkreu 
ihre  Kultusstatten  geliabt  hatten. 

Nicht  uninteressant  dürfte  schließlich  noch  flie  Bemerkung 
sein,  daU  noch  heute  ein  auf  der  Tymauer  Dor^emarkuug  ge- 
legener Hügel  der  "Weinberg  (poln.  ^winna  gdra**)  genannf  wird. 
Dies  scheint  darauf  hinzuweisen,  daß  diese  spanischen  Kitter 
ans  ihrer  südlichen  Heimat  auch  den  Weinstock  in  diese  nördliche 
Gegend  verpflanst  habeni  ähnlich  wie  die  deutschen  Ordensritter 
nachweislich  in  Thom  und  Sohwetz  und  wahrscheinlich  noch 
anderswo  sich  nicht  ohne  Erfolg  mit  dem  Weinbau  beschftftigt 
haben. 

Wie  ist  nun  dieser  Ritterorden  aus  dem  fernen  Spanien 
in  imsure  Gegend  gekommen?  Zwei  Umstände  werden  uns  viel- 
leicht zur  Beantwortung  dieser  Frage  verhelfen.  Erstens  machen 
wir  darauf  aufmerksam,  daß  die  obt-ii  erwähnte,  in  Tymau  am- 
gestellte  Urkunde,  in  welcher  neben  dem  Abt,  dem  Prior  und  Kantor 
von  Oliva  die  vier  Calatravaritter  als  Zeu^^eu  auftreten,  eine  dem 
Cistercienserkloster  Oliva  gemachte  Schenkung  anbetrifit.  £s 
scheint  also  ein  engerer  Verkehr  zwischen  beiden  Orden  stati- 
gefbnden  an  haben.  Und  in  der  That  hat  der  im  Jahre  1164 
rom  Papst  Alezander  ID.  bestätigte  Calatravaorden  seine  Statuten 
von  den  Siteren  Cisterciensem  entlehnt  und  war  von  dem 
Cistercienserabt  in  Morimund  abhftngig.^)  Demnach  liegt  die 
Vermutung  nahe,  daß  einer  der  pommerschön  Herzö<^e,  die 
sich  stets  als  eitrige  Beschützer  des  Klo.st<*rs  zu  Oliva  bewähileu, 
die  Ritter  zum  Sclmtz  dieser  jungen  Pllanzstätte  und  überhaupt 
des  ganzen  Luin  l  -  vor  den  heidnischen  Pomeseniern  beruleu  hat. 
Daraus  würde  sich  denn  auch  erklären,  daJi  ihnen  gerade  Tymau 
zum  Aufenthalt  angewiesen  wurde,  denn  dazu  eignet  sich  der 
Ort  sowohl  wegen  der  llähe  Pomeaaniens,  das  sich  gerade  gegen* 


9)  „Encyklopodja  Koidahia"  przei  Nowodwoxskiego,  Wamawa  1874 
m,  pag.  88. 


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318 


Der  Bitterarden  von  Calatrava  in  Tyman  bei  Mewe. 


Aber  am  anderen  Weiebaelvifer  erstroekt,  ab  aneh  weg«n  fleinar 

hohen,  die  ganze  Umgegend  ringsum  beherrschondon  Lag»*. 

Nim  vermntot  Quandt  nicht  mit  Unrecht,  daß  der 
Fimdator  des  Tymauer  Konvents  vielleicht  der  kinderlose  Herzog 
Grimislans  IL  gewesen  sei,  dem  diese  Hogond  gehörte.  Dieser 
fromme  Pommemherzog  hat  schon  ums  Jabr  1180  die  Johanniter 
in  Schöneck,  und  1198  in  Liebschau  und  Staigard  angesiedelt 
Es  ist  aach  mit  ziemlicher  Gewifiheit  von  Enjot  nachgewiesen, 
dafi.  er  eine  Pilger^lut  nach  dem  U.  Lande  gemacht  hat.  Ging 
nun  diese  Beise,  was  wahrscheinlich  ist^  znr  See,  so  konnte  er 
in  Spanien  leicht  die  Galatravaritter  kennen  gelernt  nnd  hierher 
verpflanzt  haben. 

Femer  meint  Quandt,^^)  daß  diese  Beiufuug  jodenfallö  nach 
dem  Jahre  1198  stattgefunden  habo  und  stützt  sich  dabei  auf 
•  'int'  Urkunde  Grimislau's  aus  dem  oben  genannten  Jalm^.  in 
welcher  den  Johannitern  alle  Zehnten  des  ganzen  Landes  Jatluu,^-) 
das  Quandt  für  Tyraau  hält,  und  alle  Zehnten  der  Burgen  an 
der  Forsn  nn d  Weichsel  aberwiosen  werden,  ohne  daß  der  Calatravar 
ritter  dabei  Erwähnung  geschieht.  Sie  werden  wohl  also  damals 
hier  noch  nicht  gewesen  sein.  Wir  sohlieBen  ans  dieser  An- 
nahme des  gelehrten  Forschers  wenigstens  betrefls  der  Jahres- 
zahl um  so  lieber  an,  als  im  Jahre  1197  das  Hanptschloss  der 
Bitter,  nämlich  Oalatrava  selbst,  in  die  Hände  der  Mauren  fiel.**) 
Da  ist  denn  wohl  die  Annahme  berechtigt,  dafi  die  Bitter  einer 
Eiidadung  nach  oinom  anderen  Lande  gern  folgten. 

Die  Vormutung,**)  daü  dioseib*'n  «Inrcb  Conrad  von  Masovien 
und  Christian  von  Preussen  berufen  seien,  kann,  wie  Quandt 

10)  „BalUsohe  Studien**  1866.  a  ISO. 

11)  a.  a.  0.  8.  isa 

12)  „in  omni  provincia  Jatlunensi  cum  r>iiitii  decima  castrorum 
Vonssap  et  Visla«-"  <  fr.  P.  TL  B.  von  Perlbarh,  pag.  7,  nach  welok«m  indel 
Jatlun  djia  heutif^i-  Gelion  im  Kroi'se  Sf  liwetz  ist. 

13)  „Encyklüpedja  Koscielua"'  yrzvi  ISuwodworskit-go.  Warszawa  1874. 
T.  m,  Str.  88. 

14)  a.  a.  O.  8.  120.  Anmerk.  77. 


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Von  Dr»  BomuAld  Frydcychowk». 


819 


mit  Recht  bemerkt,  wenigstens  fiir  Tyman  nicht  zuti  ertönd  sein, 
da  beide  in  Pommern  über  nichts  !exL  veiiügen  hatten. 

Der  Ansteht  WinWs,^)  d^ß  die  CaUtrevaritter  uftch  Tjrmaa 
geschickt  worden  seien,  um  die  Dobriner  ßitter,  welche  auch 
der  Cietemieneer-Begel  f>  Igr      in  die  Ordensregel  einsaflOhren, 

vermögen  wir  gleichfalls  nicht  zuzustimmen.  Dann  wäre  ihnen 
nicht  das  von  Dobrin  ziemlich  weit  entfernte  Tymau  zum  Aufent- 
halt angewiesen  worden. 

Wie  lange  nnn  die  Galatravaritter  hier  gewesen  sind,  lABt 
sich  mit  Sicherheit  nicht  bestimmen.  Nach  dem  Jahre  1280 
wetden  sie  nicht  mehr  erwAhnt,  vielmehr  ist  das  Land  Tymau 
teils  im  BesitEe  der  pommerschen  Herzöge,  teils  des  Bischofs 
von  Kujavien;  1301  vi;rka.uft  es  König  "Wenzel  II.  an  den 
deutschen  Orden.  Freilicli  vermutet  Quandt,**)  indem  er  eine 
engere  Verbindung  zwischen  den  Dobriner  Rittern  und  denen 
von  Tvman  annimnit,  daß  die  letzteren  mit  den  orsteren 
im  Jabre  1287  nach  Drohiczyn  am  Bug  gezogen  sind.  Bamala 
nimlich  vereinigten  sich  die  Dobriner  Bitter  mit  dem  deutschen 
Orden.  Ein  Teil  derselben  war  jedoch  damit  nnznfrieden,  und 
diesem  gab  damals  Conrad  von  Masovien  Drohiczyn  am  Bng.  Aber 
einen  Beweis  filr  die  obige  Behauptung  hat  Quandt  nicht  bei- 
gebracht. Was  Uli-  betrifft,  so  möchten  wir,  da  das  Aufhören 
aller  Nachrichten  über  die  Calatravaritter  mit  der  Ankunft  der 
deatschen  Ordensritter  fast  zusammenMlt,  ans  diesem  Umstände 
schließen,  daß  sie  eben  damals  Tymau  verlassen  haben. 

In  dieser  Ansicht  bestftrkt  uns  noch  der  Umstand,  daß  in 
dem  Berichte  Dusburg's^^)  über  die  Schlacht  an  der  Sirgune/**) 

wo  im  Jahre  1233  die  Pomesanier  namentlicli  durch  das  recht- 
zeitige Eingreifen  des  Pommernherzogg  Swantopoliv  und  seines 
Bruders  Sambor  der  schwankende  bieg  zu  Gunsten  des  Ordens 


16)  a.  a.  O.  8.  857. 
1^  a.  a.  O.  a  12a. 

17)  III.,  c.  11.  Scr.  rer.  pruss.  I.,  66. 

18)  Jetat  Saige  in  Pomesanien. 


320 


Der  Ritt^roiden  vou  CaLatrava  in  Tymau  bei  Mewe. 


entschieden  wurde,  die  GalatravAritter  garnicbt  erwfthnt  werden. 
Sollten  Sie  8u  Hause  geblieben  sein,  während  nicbt  gerade  weit 
von  ibrer  Burg  der  Landesberr  blutig  um  die  Siegespalme  rang! 

Und  als  kurz  daraui  die  Pomesanier  aus  Rache  gegen  Swantopolk, 
der  damals  mit  seinem  siegreichen  Heer  an  der  Grenze  des 
Kulmerlaudes  stand,  über  die  Weichsel  zogen  und  am  2.  Februar 
1234  das  Klostor  Oliva  zum  zweiten  Male  zerstörten,  stellte  sich 
ihnen  niemand  hindernd  in  den  Weg. 


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Sprachliche  Bemerkungen 

zu  «len 

Drei  Köuigsberger  Zwischenspielen  von  1044« 

Von 

J«li*BiieB  Sembrzjckl. 


Beim  Durchlesen  der  von  Bolie  auf  pag.  111^140  mit- 

getheilten  reizenden,  in  Ausdruck  und  Gebahren  der  auftreten- 
den Personen  so  durchaus  natuiwahrcn  Kunigsbciger  Z\vi><chen- 
spiele  von  lß44  fif>l  mir  sofort  in  die  Aiiij^on.  wie  wenig  das 
damalige  Platkleutüoli  von  dem  noch  heute  in  Osipreussen  nörd- 
lich vom  Pregel  ges[)roeheii<'n  verschieden  ist.  Mit.  Ausnahme 
einzelner  ausser  Gebrauch  gekommener  Benennungen  leben 
beute  noch  alle  von  Klapkann,  Berenbroth,  Kylckenbui  Ic  n.  s.  w. 
gebrauchten  Bedewendungen  und  Kraftansdrdeke  im  Volke  iort. 
Da  ich  mich  als  Folklorist  bereits  seit  langer  Zeit  mit  dem  ost- 
preussischen  Platt  besch&itige  und  die  mir  in  Folge  meines  mich 
mit  dem  Volke  in  unmittelbare  Berührung  bringenden  Berufes 
recht  oft  sich  darbietende  Qelegenhoit,  platt  ku  reden,  stets  gern 
ergreife,  so  befinde  ich  mich  in  der  angenehmen  Lage,  die  von 
Bolte  gegebenen  Erläuteningen  im  Folgenden  in  mancher  Be- 
ziehung vervollständigen  zu  können. 

I. 

V.  8.  „sch eiterig"    =  elend,  armselig  (weil  durch  den  Dorcbfall  herunter- 
gekommen). Heute  hört  man  meist  „schietrig".  nvencbettert**. 

V.  19.  „ambroBcheren**      emlrnnraaser,  hemmen,  bindern,  belästigen. 

V.  90.  „bayti,  ecmmanfatn,  piperlepi*  =     toos"  ~  „comment  VÄ-t»il** 
—  „pipe  remplie". 
Altpr.  HonetMMlwlA  Bd.  XXTII.  Hft.  8  n.  4.  Sl 


üigiiizea  by  v^üOgle 


322   Sprachliche  Bemerkungeu  sa  den  Dm  Kduigsbg.  Zvrisoheaspieleii  e(e. 


y.  38—89,  n^erregelt  eck  en  dat  Hnnft  Tftii  bathen  mit  «Dem 
eckenen  Fladderwesch,  Steckt  aß  bohl  ewer  en  metenem 
Brandt  Fyr  de  Kaath  an".  Es  sind  mir  noch  ans  neuerer  Zeit 
ein  paar  Fälle  bekannt  (aus  litaaiachen  Gegenden),  wo  der  Kord« 
brenner  TbOren  und  Fenster  des  angezündeten  Wohnhanaes  -ver* 
sperrt  hatte,  um  die  Einwohner  am  Entkommen  zu  hindern. 

V.  68.  uWelWaliirt  tett!"  — =  der  kommt  mir  gerade  rocht!  der  konunt  mir 
geschliolien!  Bei  Streitigkeiten  hört  man  oft:  „Na,  so  warscht  da 
mi  käme?  Na  welkAm  tctt!'^  d.  h.  Na,  auf  die  Art  willst  dn  mir 
kommoTi?   Na,  da  kommst  du  mir  recht! 

V.  72.  |,Pf^l  t  •/ -  L> y  wel."  Mnn  vo!-«teht  hierunter  einen  armon  Schlnrker, 
den  laau  Winters  wie  Soimnors  in  abgerisseuer  l'^lzjat  ke  sieht. 
Aehnlich  ,,Felzbürger",  „Pelükosuk"  Frischbier,  Sprichworter,  1, 
nr.  2887,  2889.  —  Preuß.  Wörterbuch  II,  pg.  131. 

V.  CO.  „ent"  =  eines  (nicht:  einmal).  Maa  sogt,  z.  B.  nach  längeren  Ai,is- 
einandersetzungon :  „Nanu  hör'  mal  ünt!"  (mit  der  Betonung  auf 
dem  letzten  Worte). 

y.  97.  nontydige.**  Der  Dmck  hat  vielleicht  gana  richtig  ^onoydige* 
SS  onnöthiger,  nnbemfener. 

y.  113.  nPanerre ekeln.**  Man  spricht  hente  „BikeP  und  yerstelit  daronter 
einen  LümmeL  So  wird  das  Wort  aaeh  hiex  au  nehmen  sain. 
nEr  rftkdt  sich*'  ist  =^  er  Iftmmelt  sich,  flegelt  sich  umher. 

y.  116.  »Ambrosch**  =^  embarras,  Hinderniss,  Bedrftngnng,  Belftatignng. 
Die  Boltescbe  und  Friaehbiersche  Deutung  ist  wohl  nicht  so  nahe 
liegend.  Die  Umgestaltong  von  Fremdwörtern  im  yolksmunde  ut 
oft  gani  wunderlich  und  richtet  sich  nach  keinen  Regeln;  hier 
mögen  die  Worte  „bräschcn^S  „Ambros^  (Ambrosius),  „Biusehe'*, 
»Broieit"  (spr.  Broscheid),  bestimmend  eingewirkt  haben. 

y.  118.  »puchen  on  prantzoln.''   puchen  ist  =  schimpfen,  schelten; 

prantznln  hat  diese  Bedeutung  nicht,  Bondem  ist  ^ durch  vieles 
Gerede  belästigen.  „Fruntzel  nich  so  v&ll'*  sagt  man  zu  KinderSf 
d.  1).  belästige  mich  nicht  durch  deine  unaufhörlichen,  cudiing» 
liehen  Bifton. 

V.  136.  „'^iis  awcr  (^robcrth.  Ambts  halber  alle  Graven  der  Dörper 
on  terturj;oni  uflto. schliffen"  —  Uns  aber  gebiihrfs  Amts- 
halber, alle  Bedrücker  der  Dörfer  und  Territorien  zu  beseitij;in. 
„Graven"  hier  nicht  etwa  —  Graf,  sondern  ==  Grauen,  Schrecken, 
„Buurplaeror"  (V.  137). 

V.  137.  „ul  tojuurgüln."  Eiulaeh  ein  Drnckfohler  statt  ,,ut -tomorgeln'* 
=  auszumergeln:  „cnem  utniurglc"'  bwdeutet:  ihm  durch  ii^rpredäuug 
auch  das  Iietste  rauben. 


Von  JobMittM  6«ttb«*3fela. 


323 


V.  151.  „Brü  ßn  Braß.''  Ich  l«ae  Brie  on  Brtwfc     Brei  und  Haufen,  dna 

heißt:  da  hast  du  den  ganzen  Kram,  die  gtüM  BeachMfnng.  Die 
beiden  Worte  sind  wol  der  Alliteration  wegen  zusammt^ngestellt. 
V.  166.  „den  Maoflkop'^  boU  wol  heiAen:  du  MunAkoiip  (et  V.  182). 

nTerapeiki**,  auf  pag;  115  ,.Jttngfer  Ifosantske  Ton  Terepetki.** 
Der  Verfiwser  dieses  Intersoeniums  hat  oftVnbar  gar  nicht  Polnisch 
verstanden  und  sich  daher  darauf  beschränkt,  den  Sophie  in  den 
Mund  gelogton  Worten  durch  Bildung  der  Endung  auf  -i  nnd  -ki 
eiiKn  polnischen  AnstnVh  zu  geben.  „Mosantzke"  ist  wnl  ein 
vrrli.'illln'riiisii  fcr  Eigonnani«  *)  (auch  die  Namen  Bierenbrod,  Strunk, 
Mewernick  txistii^n  noch  heut«;  „Terepetki"  ist  das  polnische 
Wort  tarapatka,  plur.  tarapatki,  welches  in  der  masurischeu  Aus- 
ifurache  ,,tarräpättki'*  klingt  and  tt.  a,  Kummer,  verdrieBHche  Yar« 
ki^beit  bedeutet.  Der  VeHtmer  hat  da«  Wort  wol  des  etgen- 
thttmlichen  Klanges  wegen  autgegriffen,  um  so  mehr,  als  ee  auch 
von  Deutschen  in  der  Ptovids  angewendet  wird;  a*  B.  nVmB  hat 
en  MeiiKcli  blos  fiir  Tcropetki!" 

V.  12.  „Wetbroot."  Der  Dru.  k  hat  ganz  richtig  „Wytbroot"  —  Wittbrot, 
d.  i.  Weissbrot.  So  nennt  man  das  bessere  Gebilck  von  Weizenmehl. 

V.  86.  „wer  1»>wer  dy  Wocky  wacht'*  vielleicht  =  gieb  lieber  auf  deinen 
Wücken  (d.  i.  Spinnrocken)  nebt. 

V.  68.  Es  wäre  wunderlich ,  wenn  di<'  doch  sonst  ganz  gewandt  und  witzig 
sich  ausdruckende  Sopltie  nicht  sollte  Lis  tausend  /.khleii  können. 
Wahrscheinlich  Uftt  der  Yerf.  sie  hier  „dnnsent"  mit  „Dutaend* 
verwechseln. 

V.  86.  „war  eck  jn  verehren  von  Eremelicke  Scknoppeldoock.** 
„Eremelicke'*  heiftt  hier  nicht  etwa  „Erämerin**.  Das  Wort  kommt 
Oberhaupt  nicht  aas  dem  Litauischen  her,  in  welcher  Sprache  „der 
Krämer**  kromininkas,  „die  Krftmerin''  kromininke  heißt;  wie  sollte 
auch  die  polnische  Magd  hier  auf  einmal  zu  einem  litauischen 
Wnrtn  kommfri,  drt  ticr  Vei-f.  nicht  einmal  etwa  des  Reimes  wegen 
nöthig  liutti',  I  S  ihr  in  den  Mund  zu  log»>n?  Sie  k'Hinto  ja  ebenso 
gut  „krainarkäi''  sagen!  ^Kremdrcko"  ist  vielmehr  eine  Art  Zeug, 
ihiti  «onst  „Kromlis"  genannt  wird,  cf.  Linde,  Slownik,  sab  verbo 
(„Kromlisu  postaw**  =  ein  Ballen  Kromliszeug). 


*)  cf.  das  Dorf  Mosantz    im  Kreise  Graudonz  (Froelich,   Gesch.  d. 
Qraudens.  Kreises  I,  225;.  —  Kupferschmied  Mosanski  (ibid.  II,  286j. 

2^» 


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824  Spncbliche  Bemericongan  an  den  Drei  Kdnlgsbg.  Zwiadieiiapidfla  ele. 


Es  ist  hier  nrimlich  iii.)it  an  ein  gewöhnliclios  leinenes 
S^'linniiftnch  zn  (lenken,  si>ii«lern  iin  ein  sei(!enes  Timh,  das  /um 
8taaU;,  aiu-li  als  Hain-  und  Busentncli.  ilientc.  Die  Bezu^aliiue 
auf  die  litauische  Sitte  des  Sclmupltu«  hscheukens  ist  hier  eben- 
falls nicht  recht  um  Platte,  da  die  Magd  ja  eine  Polin  ist.  Es 
bitte  tuitereiieht  Warden  mäesen,  ob  in  polnieeben  Gegenden 
der  Provini  zu  jener  Zeit  eine  aolcbe  Sitte  berrsobte.  Dies  ist  in 
derThat  der  Fall,  wie  wir  aus  den  bei  Beck  h  er rn  „Mittbeilungen 
ans  Raeteobnrgs  Vergangenbeif*  (Baatenbnrg  1881)  auf  pg.  38—47 
mltgetheilten,  von  1704— 172G  reichenden,  Aofiseichnncgen  des  Erz- 
priesters  Säuberlich  ersehen,  dessen  Iiispoction  sich  über  damals 
theils  rein,  tlieils  großentheils  polniseho  Gegenden  erstreckte  (cf. 
L,  E.  r?nrowski,  Neue  PrenP.  Ktrrlionref^istratnr.  Königsberg  1788, 
pg.  203—2« 4).  Danach  überre  i -  Ii  f  liei  d  i-r  Verlobung  die 
Braut  dem  Bräutigam  Ring  und  Tucli,  /..  B.  ^a<  repit  aunulum 
argenteuni  et  strophiolum"*  (pg,  44)  —  „spreto  aunulo  et  Tucb** 
(pg.  46)  "  „ipsa  dedit  eidem  Tuch  und  Ring"  (pg.  4G). 
V.  iCfk  pmet  Fertsi  gefartsi**  =  mit  Gewürzen  gewünet 
y.  lOS.  n1feokel-f lescb"  =^  Pökelfleieeb;  man  iSt  Pökelfleisck  mit  Senf 
oder  Meenettigsance^  daber  das  voriiergebende  „Met  Senff". 

V«  110.  »Enen  sebmocken  gebradenen  Telelgs  met  den  Fenael- 
lollen  on  rooden  Zwern  zu  gereckt.**  Der  Conristoriabatb 
F.  Sam.  Bock  erklärt  in  seinem  „Vereueb  einer  wirtbscbaftlioben 
Naturgescbicbte  von  dem  KöDigreicb  Ost-  und  Weetprenften", 
Bd.  I  (Dessau  1782)  pg.  265—66  den  schon  damals  aus  der  Mode 
gekommenen  „Tüllclks*^  als  „eine  Art  sehr  fetter  Kuchen/'  Diese 
Erklärung  ist  falscli.  Jede  Hausfrau  weiss,  daß  die  von  Bock  an- 
gegebene Rereitungsweise  ,.da  man  ein  proßes  Stnrk  Butler  wie 
einen  Braten  an  einen  hölzernen  Spi-Ü  steckte,  Ix'V  einem  ge- 
linden Feuer  gesrhwiinl«'  umwamlte,  und  im  Umwenden  eben  so 
geschwinde  mit  l'eiu  geriebtiiiem  Wcifibrud  bestreute  '  -  uiiiaüglicli 
ist,  indem  die  Bntter  gar  nicht  so  lange  am  SpieBe  haften  ge- 
blieben wÄre,  bis  sieb  ans  ibr  mit  dem  Reibbrot  ein  Kncben  ge- 
bildet bätte.  Was  der  „TöUelks"  wirklieb  war,  das  ersehen  wir 
eben  aas  obiger  Stelle  des  Zwiscbenspiels:  eine  Art  Fleiscbpastete 
in  einer  UmbOUong  (vidleicbt  von  die  dnrob  rothen  Zwirn 

zusammengehalten  wurde,  wie  noch  heute  aus  letzleren  Grande 
die  „Rollmöpse"  und  ,,Zodderk1opse"  mit  Zwirn  umwickelt  werden. 
„Fensellollen*'  iM  hier  nirht  das  polni'Jrhe  wQzel  (was  übrigens  gar 
nicht  „NeJz",  sondern  ,,Knottn*,  Schlinge  im  Ni  tz,  geknüpftes 
Band*'  bedeutet),  sondern  das  ostpreufiiache  „I  in sei''  d.  i.  die 


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Von  JobMinw  Sembi^dd. 


825 


Füllung  cinnr  Full«sppise.  Man  entnimmt  z.  B.  einem  IlHrinero  den 
Milchner.  m*nigt  diesen  mit  Brot.  Zwiebeln,  Pfeffer  und  füllt  mit 
dem  (iemisehe  den  Hiiring  wieder;  das  ist  „Finsel".  —  Die  Endung 
„ollen",  lieuto  ^ullon",  ist  eine  Mherzhalle,  tändelnde;  so  sagt 
man  s.  B.  statt  „spielen"  aach  „spieluUou'*,  statt  „KatschtB**  aneh 
„Katiullehen**. 

in. 

V.  24.  „bet  an  den  Kragen."  Der  'DriKk  hat  ganz  richtig  „bot  an  den 
Hahn".  Der  Hahn  ntrlit  l>ti  den  alttn  Fiboln  auf  der  letzten 
Seite,  und  so  habuu  diu^e  Worte  hier  diö  Bedeutung:  er  hat  die 
Fiebel  auswendig  gelernt  von  A  bis  Z.  „Dageu"  und  „Halm'' 
idmt  rieh  bei  gedehnter  Aussprache  noch  siemlich  EOsainmaD;  es 
werden  in  diesen  Zwischenspielen  an  den  Reim  ja  überhaupt  keine 
rif^rosen  Ansprüche  gestellt 

V.  28.  ,,Geld  spellern.**  „Spellern**  ist  mit  dem  Tone  auf  der  letzten  Sylbe 
zu  lesen;  den  e«  ist  -  .spendiren. 

V.  133.  ..Rockel"  ist  hier  ein&ch  als  ^»chiuipfiiaMx-  anf/.ufWsen. 

V.  Iäi3.  „musen"  -  mausen;  hier  also  so  viel  als:  sich  in  seinen  Amt8- 
geschäftf'ii  üb(  n,  w'w  ja  anr-h  (üe  junge  Katze  erst  mit  der  Maus 
spiolea  lerat  und  sich  so  übt. 


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Dialectische  Bäthsel,  Reime  und  Märchen  aus  dem 

£rmlande. 

Von 

A*  TrelcUeL 


Tu  (l«^m  Ermlande,  welches  die  landrütl) liehen  Kreise  Branns- 
bt'i'ii;,  Ucilshurg,  hTissol  und  Allenstein  nintaßt.  ;;i<'bt  es  trotz 
der  Kleinheit  des  Bezirkes  zwei  vollstcindig  g»>schiedeue  Dialecte, 
den  Breslauschen  und  den  sog.  Käslausohon  Dialect,  von  denen 
ersterer  sich  dem  Oberdeutschen,  letztorer  dem  Niederdeutschen 
(Plattdeutschen)  anlehnt.  Diese  Verschied<*nheit  der  Dialecte 
hat  seinen  Grand  in  der  Kolonisation,  die  sich  theils  ans  Kiedeiv, 
theils  am  Oherdeutschland  yollzog.  Aus  Schlesien  stammende 
Bischöfe  von  Ermland  (Frauenbnrg),  Heinrich  Fleming  und 
Eberhard  von  Neisse,  die  großen  Kolonisatoren  des  Ermlandes, 
hatten  (vergl.  Erml.  Liter.  Gesch.  1.  S.  14)  namentlich  aus  der 
Gegend  um  Breslau  her  Ansiedler  mit  nach  ihrem  Sprengel 
gebracht  oder  später  hingezogen,  daher  mau  tlunn  auch  ihren 
vererbten  Dialoct  als  den  sog.  Breslauer  besonders  in  den 
lüsti  icLen  um  Wormditt,  lleilsberg,  Guttstadt  und  Wartenburg 
vorfindet. 

Ein  anderer  Theil  des  Ermlandes  ist  durch  Niederdeutsche 
bevölkert  worden;  ihren  Dialect  nannte  man  dort  den  Käslauer. 
Da  es  einen  (^rt  Käslau  dort  nicht  giebt,  so  mag  es  ja  sein,  daß 
volkathümlicher  Spott  zuerst  diesen  Namen  deshalb  bildete,  weil 
diese  Bewohner  sich  hauptsächlich  wohl  auf  Viehzucht,  Bfiioh- 
wirthsohaffc  und  Zubereitung  von  Kflse  gelegt  hatten.  Es  l&ßt 
sich  daon  leicht  denken,  daß  dorferischer  Hohn  und  Spott  dem 


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Von  A.  Tmckckl. 


B27 


Imjit  ge8]>rockenen  Bres(lau)  das  Käs(iau)  gegenüberstellten. 
Wie  über  die  Yerechiedenheiten  dieser  Dialecte  sioh  gelegentliohe 
Andeutungen  in  den  ermländischen  Zeitschriflen  TOrfinden,  so 
auch  über  das  Wort  Eftslanisoh,  obsohon  das  Tbema  dort  niobt 
flx  professo  abgehandelt  ist. 

Der  Dialect  der  Wormditter  Umgegend  ist  nun  siemlich  der- 
ttdhe,  wie  der  von  Seeburg.  Nur  dürfte  *^twa  zu  der  Seebargi- 
schou  Sago,  wie  sie  im  ermländiatihen  1  luuskalender  vom  Jahre 
IWK)  abgedruckt  ist,  die  Wormditter  Sprechweise  diese  Diffe- 
renz^ aufweisen: 


Seebtirg 
dft 

l«it 
gewest 

gestände 


(d«r) 
(Uegt) 
(gewesen) 

(gestanden) 


iintagegango  (untergegangen) 
fufzehn  (iilnfzehn) 


Glocke  « 

lione 
Mftcbes 
om  de  Zeit 
se  sage 

wft 
nähme 
vonna 
noch 


Wormditt 
d«. 
lait. 
gewast. 

gestange. 
unifagegange. 
fufzalin. 
Glacke. 

hoC. 
Maches. 
em  de  Zait. 
se  saelie. 

wah. 
nähme. 


(Glocke) 
(haben) 
(Mftdeben) 
(um  die  Zeit) 
(sie  sahen) 
(werde) 
(nehmen) 

(wie  ihr)  vanna. 
(noch)  nach. 
Die  Sagen,  die  sieh  an  einzelne  StÄdte,  almr  anr-h  an  kleinere 
Ortschaften,  selbst  an  Wälder,  Berge  und  Feldmarken  knüpfen, 
leben  in  dem  ermländischen  Landvolke  mit  einer  gewissen 
Ijebendigkeit  fort  Ein  Theil  davon  ist  bereits  in  den  ermlandi- 
wlien  Kalendern  aus  den  flönfziger  Jahren  abgedruckt.  Eine 
Anzahl  dieser  Sagen  hat  sogar  eine  poetische  Bmirbritung  durch 
Bornowski  gc^fnnden.  Ein  viel  im  Breslaiior  Diab  rt  erzähltos 
Märchen  ist  das  vom  Knachetes,  d.  h.  Knochonmattliias.  JTemer 
Tanna  Aif  die  zong  ewa's  Haus  flaikt  on  die  kline  Kinga,  wenn 


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328      Dialectiächo  Käthsol,  Keime  uud  Mäi-chon  au»  dem  Erailuitdo. 

80  nach  verra  HausötliOa  speie,  met  Lais  on  Ongese£Ea  besobett. 
D.  h.  Vom  Alf,  der  gerade  übers  Haus  fliegt  und  die  kleinen 
Kinder,  wenn  sie  noch  (also  spät!)  vor  der  Hansthüre  spielen, 
mit  Läusen  und  Ungeziefer  best  hüttct.  Ferner  vanna  Hekkel- 
mutta.  Ob  im  Käslauschen  Diiilt  ct  dieselben  Erzählungen  vor- 
kommen, ist  meinem  ( JewübrüiiiHuntj,  unbekannt.  Es  ist  dies 
Herr  Viear  Mundkowski,  z.  Z.  in  Tolkemit.  Was  er  als 
Landsmann  dieser  Gegend  darin  hin  und  wieder  gesammelt  hat, 
das  will  loh  nun  iu  folgender  Ueberarbeitung  lüustellen,  obschon 
es  aus  den  verschiedensten  Kreisen  des  YolksthOmliohen  m« 
sammengewOrfelt  isi. 

Hflthsel. 

1.   Ich  ging  in  einen  Schilf, 

Ba  mir  Gott  hilf, 

Da  fand  ich  ein  Meisterstück, 

Wie  ein  klein  Finger  dick; 
l)iiruu.s  knimt'  u-h  inaclioii 
Zwei  Backtruge,  zwei  JSeiteu  JSpeck, 
Ein«  Priestorka])j)e, 

Und  dann  bekielt  ich  doch  noch  ein  Stück.  (EicheL) 

2*  Bath,  rat':  Steckt  im  Braten, 

Steckt  nicht  in  der  Haut; 

Steckt  nicht  in  der  Haut, 

Steckt  doch  in  der  Braut. 

Braimsberg  ist  'ne  schöne  Stadt, 

Die  daa  JJiug  zwei  Mu.1  hat.    (Das  B.) 

B.    Es  ist  ein  Ding  so  klein, 

Iu  Preußen  muß  es'sein; 

Holland  ist  'ne  schOue  Stadt, 

Die  das  Ding  doch  nicht  hat.  (Das  B.) 

4.    Da  Pipo})  un  da  Quaiup,  tle   rennte  zehoi'  ob  euuen 
Barg  hrof.    (Maus  und  Frosch.) 

5.    Aüht  Fuß  on  eue  Zogel, 

liot,  was  es  das  ferro  Vogel?  (Frosch  und  Maus.) 


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Von  A.  TreioheL 


829 


6.  Stallrbe  von  weiß  Hiiiuaches  on  e  rot  Honohe  damang. 
i^/ähne  und  Zunge  im  Munde.) 

7.  Zvesche  xwe  Berg  leit  'ue  abgeschonge  Kuh.  (Teig 
im  Backirog.) 

8.  Es  geht  ungia  Br{k)k  on  hot  e  rot  Bookehe  an,  (Der  Krebs.) 

9.  Ach  Pfard  können's  nloh  daschleppe.  (Kn&oel,  das  sich 
abwickelt.) 

10.  8]>ra('bj)robe.    Wa  laiik  hol,  liilit  lang  Iningü. 

11.  L'edeusart.  Da  sitt  je  foat  (gleich)  aus,  wio  da  Tot 
vanu  Kiwte.  Mit  diesen  Worten  pflegt  das  Volk  das  elende 
and  krankhafte  Aussehen  eines  Menschen  zu  bezeichnen.  Die 
Redensart  hat  ihren  Ursprang  von  einem  Bildnisse  des  Todes, 
das  von  Alters  her  auf  der  Kirchhofsmauer  des  Kirchdorfes 
Eiwitten  bei  Heilsberg  stand,  yor  einigen  Jahren  von  Stürmen 
berantergestttrzt,  aber  durch  ein  neues  ersetzt  wurde.  Yergl. 
hitrzu  H.  Frischbier  Spr.  W.  aus  11.- A.  1.  203,  4,  2,  1,  213; 
n.  201),  7,  8. 

Keiiue,  Plappereicn. 

1.   Krohe,  rohe  Racka,  —  Flieg  owre  Ack;i, 

Flieg  ewa  de  Stenabröck,  —  Brech  da  Hals  on  Ben  zu  StOck. 

2.    Krohe,  ruhe  Racka  ^Krähe),  —  Flieg  ewre  Acka, 
Flieg  vor  Königs  Thoa, 
Koniok  holt  es  Boa  föa, 

on  6  Hammel, 
Breng  e  Kringel» 
Hea  ene, 
Dea  ene, 

Onsa  griese  Puachekau  och  ene. 

3.  Abz&hhreim. 

Ene,  mene,  DintenfaÜ, 
Geh'  in  die  Schul'  und  lerne  was; 
Lerne,  waa  mem  Vater  ist. 
Mein  Vater  ist  ein  Pfeifer, 


380     Dialectische  Bäthsel,  Eoime  und  Märchen  au«  dem  Ermlande. 


Pfeift  alle  Morgen, 

Spielt  auf  der  Orgel. 

Weiiie  Bohnen,  golbo  Bohnen. 

Ging  einmal  nacli  Engellaud, 

Engelland  war  ahgobrannt. 

Stand  ein  Mädchen  an  der  Wand, 

Hat  einen  raten  Äpfel  in  der  Hand» 

Wollte  gerne  essen, 

Hat  kein  Messer. 

Messer  fiel  vom  Himmel  herab, 

Kdnohe,  bdnohe,  Du  bist  ab! 

4.  Kinderspaß.  Wenn  ein  größeres  Kind  ein  kleineres, 
das  es  innuer  bittet,  ihm  Joch  ein  Mährchen  zu  erzählen,  <4t*rn 
los  sein  will,  so  i)flegt  es  dafür  zur  folgenden  foppenden  Er- 
zählung zu  greifen,  indem  es  geheimnißvoU  beginnt:  £s  woa 
(war)  ne  mol  e  Paua  (Bauer)  on  e  Uhl  (Eule),  must  oba  gatt 
ofpasse.  Das  kleine  Kind  wird  sehr  anfimerksam.  Das  große 
beginnt  daranf  von  Neuem:  Es  woa  emol  e  Paua  on  e  ühl;  da 
Pana  soB  (saß)  en  enem  Winkel  on  de  ühl  em  angere  (im 
anderen);  —  doh  kikt  da  Paua  de  Uhl  an  on  de  Uhl  de  Paua; 
—  mußt  ober  gutt  ofpasse!  Und  so  wird  die  Erzählung  immer 
▼on  Neuem  begonnen  und  das  kleine  Kind  zur  größeren  Auf- 
merksamkeit angespornt,  bis  es  schließlich  merkt,  daß  es  geneckt 
wird,  und  weinend  davonläuft. 

6.  Aehnliche  Fopperei.  Wor  e  mol  e  Basembinga 
(Besenbinder),  mußt  gut  o^asse. 

GoldkOrnohen  unter  der  Zunge  des  Haushahns. 

Morgenstunde  hat  Gold  im  Munde.  Um  der  kindlichon 
Fassungs^abo,  welche  den  wahren  Sinn  diese?!  Sprichwortes  noch 
nicht  recht  zu  bogieifen  vormag,  eine  Vorstellung  von  dessen  Auf- 
fassung zu  verschaffen  und  um  die  kleinen  Kinder  zugleich  an 
frühes  Aufstehen  zu  geT\  öhnen,  pflegen  die  älteren  Personen 
ihnen  einzureden,  daß  in  aller  Herrgotts-Morgenfrfihe  der  große 
^ii^  OoldkOrnchen  unter  der  Zunge  hAtte,  das  die 


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4 


Von  A.  Treicbel. 


831 


Kinder  leicht  crroichen  koDufcen,  wenn  sie  den  Eltern  gleich 
gehorciiten  und  beim  Wecken  flink  aufatäuden. 

M&rchen. 

1.  Vom  Hans  mit  der  Fidel.  Es  war  einmal  ein  Hans, 
der  besaß  eine  Violine.  Wenn  er  auf  derselben  spielte,  mofite 
nacb  seinem  Willen  alles  tanzen.  So  lieB  er  einstmals  einen 
Juden  unter  stechenden  Bornen  tanzen.  Ob  dieses  Vergehens 
wird  er  Tor  den  Gerichtehof  gestellt  tmd  von  ihm  verurfcheilt. 
Vor  der  Vollstreckuug  des  harten  Urtheils  bittet  er  zur  Giuido 
sich  abor  noch  einmal  seine  Violine  aus.  Kaum  hat  er  sie  in 
Händen  und  spielt  darauf,  siebe,  da  fängt  der  ganze  (loriclitshof 
zn  tanzen  an.  Da  ruft  der  Jude,  der  natürlich  auch  mittauzen 
muß,  aus: 

Sogt'  ech  nich,  sogt'  ech  nieh. 
(!öl)  dem  Hans  dos  Fidelühe  uidi! 

2.  Vom  Deimling.  Dor  Deimling  (Däumling,  weil  von 
Danmens-GröOe)  wollte  eiustmalti  stehlon  gehon  und  hatte  sich 
dazu  auf  dem  Heii8cho])pen  versteckt.  Da  faßte  ihn  aber  der 
Großknecbt  und  steckt  ihn  mit  dem  Heu  hinunter  in  die  Banfe, 
wo  ihn  die  Euh  auflrißt.  Als  dann  die  Paaake  (Bftnerin)  kommt, 
um  die  Kuh  zu  melken,  ruft  er  aus  dieser  heraus: 

Stripp,  strapp,  strull, 
Qöb  da  Mogd  e  Stdppel  vull 
On  da  Paiake  goa  nnscht. 
Da  die  Kuh  jetzt  keine  Milch  gicbt  und  also  beboxt  erHchbiui, 
muß  sie  geschlaehtot  werden.    Ibre  Fleck  (Kingcwcide)  werden 
dann  gekocht  und  da  schroit  dor  Deimling  aus  dem  Teiler 

Quada,  quada, 
De  fleck  is  goa  (gar;. 
Die  Leute  werfen  in  ihrer  Furcht  vor  der  Hexerei  die  Fleck 
fort;  da  kommt  ein  Pracherweib  (Bettlerin),  findet  sie  vor  der 
Thilre  liegen  und  steckt  sie  in  ihren  Sack  ein«   Darauf  schreit 
Deimling  wieder  ans  der  behexten  Fleck: 

Praoha  lache, 
liöscfakemachAt 


üigiiizeü  by  VoüOgle 


382     Bialectische  Bäthfiol^  Beinie  und  Märchen  aus  dem  Enolande. 


Lischke,  platt  Löschke,  ist  für  Preußen:  1.  Name  von  An- 
siedelnugen  um  eine  lirdenslmr*^,  aber  noch  ohne  Stadtrecht. 
2.  Hülle,  lluifie,  Korb,  Kasten,  Kober  von  oblonger  i'orm,  aug 
Bast,  Weidenruthen,  Wurzeln,  Rohr,  als  Behältniß  von  Mund- 
vorrath füi  Iteiseude  und  Feldarbeiter.  3.  Schersweiae  und 
übertiM;i^en,  wie  hier,  auch  der  Bauch,  Magen. 

Ein  kurzes  Märchen.  Es  war  einmal  ein  Mftnnlem 
pflügen  gegangen.  Da  pflfigte  es  ein  Endchen,  da  pflOgte  es 
ein  Kästchen  auf.  Und  da  pflflgte  es  noch  ein  Endohen,  da 
fand  es  ein  Sdilttsselohen.  Da  schlofi  es  mit  dem  Sohlttsselchen 
das  Kästchen  auf  und  da  war  ein  kurzes  Felzchen  darin.  Und 
wenn  das  Pelzchen  Iftng«  !  gewesen  wäre,  so  wäre  auch  das 
Märchen  länger  gewesen.  (Gegend  von  lieilsbürg,  Ur.Stuhrmann.) 

Ans  l^iaunsberg  wird  mir  noch  gemeldet  (Pfr.  Preuschoff), 
dulJ  dort  untl  in  der  Umgegend  die  Verkleinerungs-Endsilbe 
-eben  und  -lein,  orstero  in  -ke  ver})lattdeutscht,  überaus  häufig 
und  überall  angehängt  werden,  wie  z.  B.  Jacke!  noke!  kommke! 
Ebenso  an  Personennamen.  Man  bort  die  Schulkinder  ihren 
Geiährten  also  zurufen:  Albreohtke,  Ehmke,  Eadmannke  (Erd- 
mannohen),  Wulfke  u.  s*  w. 


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Sprachliche  Ueberbleibsel  aus  der  Franzosenzeit 

Von 

Treicl&el. 


Vorrede. 

Ans  der  Fraiusoseiiseit,  d.  Ii.  ans  dem  Anfange  dieses  Jahr- 
handerts,  existiren  in  der  Provinz  FrenHen  einige  Bedensarten 
und  Anedracke,  die  nicht  allesammt  recht  bekannt  sind.  Was 
ich  davon  in  Erfahrung  gebracht,  stelle  ich  zusammen.  Das 
Attrap^  ist  die  bekannteste.  Ich  sehe^  dafi  auch  Frischbier  sie 
ihnüch  in  seinem  W.-B,  II.  328.  bringt. 

I.  Attrape,  Monsieur  Schwarzsauer! 

Diese  Redensart,  welche  in  Weatpreußen  noch  vielfach 
gehört  wird,  hat  ihren  £ntstehimg8grimd  in  folgender  £rzählang. 
Zur  Zeit  der  Franzosenkriege  im  Anfange  dieses  Jahrhnnderts 
wurde  in  nnserer  Provinz  einem  Franzosen  ein  Gericht  Schwarz- 
nner  vorgesetzt.  Es  sind  dies  aber  die  Ideinen  Korpertheile 
<Kopf,  llaLs,  Flügel,  FüiJe,  Magtii,  Herz)  von  Gaiison  and  Enten, 
hier  meiste?«»  G-eschnörr  genannt,  in  (Gänse-)  Blnt  gekocht, 
untermischt  mit  Klöüen,  alias  Keilchen.  Mau  hatte  dasselbe 
ans  dem  Keller  heraufgeholt,  wo  es  schon  zubereitet  aufbewahrt 
stand.  Der  Franzose  fragt  nach  dem  Namen  des  Gerichts  und 
erfthrt  denselben  und  mederholt  ihn,  so  gut  er  ihn  aussprechen 
hsoL  Wfthrend  des  Essens  hflpile  aber  ein  Frosch  (oder  auch 
eine  Maus),  der  im  Keller  dahinein  gerathen  war,  in  natürlich 
überechwärztem  Zustande  daraus  hervor.    Der  Franzose  aber. 


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884 


SpraoUiolie  üeberblailMel  ans  dar  FnumMenioit. 


denkend,  daß  dies  die  Quintessenz  des  Gerichtes  sei,  und  zugleich 
farchtend,  daß  ihm  ein  guter  Bissen  verloren  gehen  möchte, 
spieBt  mit  der  Gabel  das  echappirende  Thier  mit  den  Worten 
auf:  Ah,  attrape,  Monsieur  Sohwarzsauer! 

2.  U  pftttt  camHIe. 

Im  Kreise  Bössei  in  OstprmiBen  wurde  von  einer  alten 
Frau  der  Ausdruck  Pittkanalg  vernommen,  mit  welchem  der 
Floh  liezeichuüt  wurde  (teste  Dr.  Stuhrmann).  Wohl  muß  es 
schwor  gewesen  sein,  hierfür  den  Ariadnefiiden  zn  rinden. 
Hörte  ich  auch  keine  Gejächiolite,  so  ist  die  Entstehun;^  für  diese 
abnorme  Bezeichnung  doch  nur  so  zu  verstehen,  daß  zur  lu- 
vasionszeit  ein  Franzose  in  Gegenwart  dieser  Frau  jenes  Thier 
(in  pikanter  Räthselfrage  übrigens  das  abgehärteste ,  weil  es 
bei  20  Grad  KMte  im  Hemde  umherspringt !)  le  petit  canaüle 
nannte.  Daraus  hatte  sich  denn  die  Fiaa  ans  Missverstand,  da 
die  Canaille  schon  vorher  Eingang  gefunden,  wohl  ihren  Ans- 
dmck  Pittkanalg  surecht  gelegt  and  auch  späterhin  immer- 
KU  gebraucht. 

3.  Owies,  Htf^r,  Opsa. 

Fin  Franzose,  der  gelernt  hatte,  daß  Hafer  im  Polnischen 
Owies  lioiße,  wün.sclito  solehon  tiw  si-in  Pferd  von  einer  Bauers- 
frau, indem  er  stets  Opsa  rief.  Da  er  aber  den  Kuf  ausstieß, 
den  annähernd  man  hier  hört,  wenn's  znm  Tanze  gehen  soll 
(meistens  Walzer;  hopsa,  noch  einen  Walzer!  —  das  Tanzen 
ist  das  Hüpfen  und  Hopsen!),  so  glaubte  die  Frau,  daB  er  mit 
ihr  tanzen  wolle,  und  fing  damit  an,  indem  sie  die  Hand  ihm 
anbietend  auf  die  Schultern  legte.  Er  aber  bestrafte  ihre  Ver- 
wegenheit, indem  er  ihr  Eins  mit  dem  Fuße  gab.  (Nendorf, 
Kr.  PreoBS.  Stargardt,  Pfr.  v.  Tr^towski.) 

4  U  vasittas. 

Dies  jetzt  echt  französische  Wort,  durch  die  Academie  in 
ihr  Lexicon  aufgenommen,  bezeichnet  das  Guckfensterohen  in 


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4 


Von  A.  TreiebeL 


33Ö 


der  hintem  Lederaeite  des  Fonds  einer  Zakntsolie,  d.  K  eines 

geschlosseneu  Wagens,  wörtlich  mittelst  Adverbinm  ähnlich 
westpreiissisch  rs])ecieU  Danziger  Kürze)  gebildet,  wie:  zuner 
Wageu,  abner  Knopf,  drübensche  Loutp,  Die  Erzählung  be- 
sagt also  tUr  dessen  Entstehung:  Ein  frauzösisclier  (Oberst,  in 
einem  solchen  TJngethüm  gefahren,  will  sich  über  den  Zweck 
des  Guckloches  noch  sehr  wißbegierig  unterrichten  und  befragt 
unter  Zeigen  darauf  den  prenssischen  Kutscher.  Lieser  aber 
Tsnteht  die  Sache  nicht  richtig  und  fragt  deshalb  entgegen: 
Was  ist  das?  Dies  versteht  der  Franssose  wieder  £dsoh  und 
benennt  in  Zukunfl  jedes  Gucklocli  mit  vaäistas. 


0 


Ostpreusslsche  Sagen. 

Mitgetlieilt  von 


1.  Die  UoterenlaGhchen. 

a)  Eine  WOolineTm  darf  nie  allein  gelassen  werden,  damit 
ihr  oder  ihrem  Kinde  nichts  Böses  widerfahre;  es  ei^ht  ihr 
sonst,  wie  jener  Frau  im  Samlande. 

Diese  war  neben  ihrem  Kinde  eingeschlafen.  Leise  schleicht 
sich  ein  Untererdschchen  ans  Bett  und  tansclit  sein  Kind  gegen 
das  der  Frau  ans.  Als  sie  erwacht,  erschrickt  sie  nicht  wenig 
über  den  giolJt  n  Kupf  des  Kindes,  das  ihr  durch  sein  unauf- 
hörliches Sclirtien  nicht  wenig  zu  sehalleu  macht. 

Nachdom  dio  Mutter  Kin-ligang  gelialteu  und  nun,  alter 
lieber!  iofcnuTg  nach,  das  Haus  verlassen  darf,  ist  sie  einst  in 
Geschäften  hinausgegangen.  Das  Kind  wird  mit  einem  Male 
still,  und  die  ge(]uälte  Mutter  denkt  in  ihrem  Herzen:  Gott 
sei  Dank,  dckfi  es  todt  ist!  Als  sie  jedoch  durch  das  Fenster 
sieht,  gewahrt  sie  —  man  denke  sich  ihren  Schreck  —  das 
Kind  tanzend  auf  dem  Tische  und  hört,  wie  es  dabei  singt: 
Dat  Oß  man  got,  dat  min'  Hutterke  nich  wdt, 
Dat  Öck  Trampeltinke  h^tl 

Schnell  eilt  die  Mutter  in  die  Stube  und  findet  —  den 
Wecbsclbaln;  .sdireicnd  in  der  Wiege,  wie  sie  ihn  vorlassen. 

iSüiue  Eigeiisehatt  ist  jetzt  klar.  Auf  den  llath  ♦•inor  er- 
fahrenen alton  Muhme  heizt  dit-  Frau  den  Hackoten  stark  ein, 
nimmt  den  Balg,  stellt  sich  vor  das  Üfenloch  und  rutl  laut: 
„Oeok  schmiet!*' 


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M  itgetheilt  von  H.  FriaeKbifr.  fyj 

In  demselben  Angenblioke  eraolieini  das  Untererdschchen, 
bringt  der  Matter  ihr  Kind  sorttok,  ergreift  das  seine  und  Ter- 
sehwindet  mit  demselben  hinter  dem  Backofen.  (Alt^Pillan.) 

b)  Eine  Wöchnerin,  welche  man  allein  gelassen,  wird  von 
einem  Schwanselfen  mit  sammt  dem  Kinde  entfahrt:  der  £lf 
nimmt  das  Kind  in  einen  Arm  und  umfaiii  üiit  dem  andern  die 
Mutter.  So  führt  er  beide  fort.  Als  sir  iiber  eine  Wiese 
kommen,  auf  welcher  Baldrian  wächst,  spricht  er  zur  Mutter: 
„Hew  Dp  din  Hemdke,  dine  Lönne, 
Dat  nich  tbiit  BuUerjanke  'rönne!"*) 

Die  Frau  hob  aber  das  Hemde  nicht  auf,  sondern  lieB  es 
hingen:  der  Baldrian  fiel  auf  dasselbe,  und  der  Elfe  mußte  nun, 
da  Baldrian  gegen  jeden  Zauber  schfitzt,  Mutter  und  Kind 
lassen.  (Alt-Pillau.) 


2.  Der  Himmel  öffnet  sich. 

Glückselig  ist  der  Mensch,  dem  Gott  schon  hier  auf  Erden 
einen  Einblick  in  den  Himmel  vergönnt.  Es  giebt  nllmlich 
Angenblicke,  in  denen  sich  das  Himmelsgewölbe  öffnet,  indem 
gleichsam  swei  große  FlügelthOren  weit  aufklaffen  und  die 

Pracht  des  innern  ilimmels  in  ihrer  (ganzen  Größe  sehen  lassen. 
Wer  von  dieser  Pracht  nieht  pjeblendet  und  in  seinen  Sinnen 
verwirrt  wird,  sondern  Besinnung  und  (leistesgegenwart  genug 
beh&lt,  der  mag  sich  getrost  von  (lott  dreierlei  ausbitten,  und 
was  es  auch  sei,  seine  Wünsche  werden  ihm  erfüllt» 

Diese  Geistesgegenwart  behielt  Tor  grauen  Jahren  ein 
Baner  aus  K.,  als  er  den  Himmel  offen  sah.  Er  bat  sich  aus: 
die  Hebe  Gesundheit,  das  t&gliche  Brot  und  —  ewiges  Leben; 
doch  hatte  er  sich  bei  dem  -dritten  Wunsche  nur  versprochen, 
denn  er  hatte  um  die  ewige  Seligkeit  bitten  Wullen.  AVeil  er 
aber  ewiges  Leben  gewünscht,  so  lebt  er  auch  ewig.    £r  ist 

*)  Nach  einer  andern  Mittheilang  sagt  der  Elfe : 
„Hew  dine  rode  Rockke  ön  e  Höcht, 
Dat  hei  nich  ön  de  Tharant  flögt  I'* 

Allpr.  Menalwehiift  Bd,  ZXVII.  Hfl.  8  d.  4.  22 


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OätpreußUche  Sagen. 


nun  schon  von  Alter  so  zusainniengesohrumpft,  dali  mau  ihn  iu 
ein  Vogelbauer  liat  setzen  können.  Hier  fraj^t  er  nun  in  einem 
fort:  „Oess  noch  nich  owig?  Ewig  dürt  laug!"  Wo  aber  das 
Vogelbauer  steht,  weiß  Nioman-l. 

Andere  erzählen,  er  sitze  im  babylonischen  Thurm  und 
stöhne  hier  klagend:  „Ewiget  Lewe  schwere  Pin!''  Von  Zeit 
zu  Zeit  aber  frage  er: 

„Oeß  de  Heister  noch  da,  de  Vägel 
Möt  dem  lange  Zftgel?" 
Wie  die  Sage  erzählt,  wird  der  Heister,  die  Elster,  ein 
Jahr  Tor  dem  jüngsten  Tage  von  der  Erde  yerschwinden. 

(Mündlich  ans  Alt-PUlau.) 

3.  Die  Toiitenfefer. 

In  der  Nacht  vor  dem  Todtenfeste  communiciron  die  selig 
Versitni  lit  iien.  Tn  alten  Z<Mten  hat  man  in  dieser  Xacht  in  vielen 
Kirchen  Licht  brennen  gesüh«'n,  ja  noch  in  neuerer  Zeit  will 
man  solches  bin  und  wieder  wahrgenommen  haben. 

Ein  Mann,  der  in  dieser  Nacht  einmal  die  Kirche  er- 
leuchtet sah,  schaute  durchs  Fenster  in  dieselbe  und  gewahrte 
hier  die  verstorbenen  Geistlichen  auf  dem  Altar,  den  selig  Ver- 
storbenen das  Abendmahl  aostfaeilend. 

Eine  arme  Frau,  welche  ihre  beiden  Kinder,  einen  Sohn 
und  eine  Tochter,  durch  den  Tod  verloren  hatte,  &nd  in  ihrer 
Trauer  nur  im  Gotteshause  Buhe  und  Trost.  Deshalb  hielt  sie 
sich  in  demselben  oft  den  ganzen  Tag,  ja  hin  und  wieder  bis 
tiot  iu  die  Nacht  hiueiu  aut. 

Nun  traf  es  sich,  daU  sie  in  der  Nadit  zum  Todtoufesto 
auch  in  der  Ivirche  zurückgeblieben  war.  Hier  erlebte  sie  nun 
Folgendes.  Um  Mitternacht  entzündeten  sich  mit  einem  Male 
die  Lichte,  und  die  Kirche  lüUte  sich  schnell  mit  den  in 
Schaaren  eintretendon  Al>rreschiedenen.  Zuerst  kamen  die  Männer, 
unter  welchen  die  Frau  auch  ihren  Sohn  erblickte.  Auch  er 
erkannte  die  Mutter,  ging  auf  sie  zu  und  sagte:  „Mutterchen, 
entfernen  Sie  sich  dooh,  sonst  geht  es  Ihnen  nicht  guf 


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Mitgetbeilt  von  H.  FitschVier. 


m 


Die  Frau  aber  konnte  noch  nicht  zur  Kirclie  hinaus,  denn 
es  difingten  sioh  jetzt  die  Franensohaaren  in  dieselbe;  auch 
wollte  aie  gern  noch  die  Tochter  sehen,  die  im  Leben  ihr  ein 
und  alles  gewesen,  und  um  die  sie  so  viel  Thrftnen  vergossen. 

Als  die  Tochter  ilirer  ansichtig  wurde,  rief  sie  jedoch  in 
onfreondlichätem  Tone: 

„Das  ist  der  Sack, 
Worin  ich  stack!'^ 

Die  Mutter  erschrack  über  diese  Unfreundlichkeit  der 
Tochter.   Diese  war  aber  darum  so  mürrisch,  weil  die  Mutter 

durch  ihre  vielen  Thräneii  ilir  die  iiuho  gen^iiniiien,  auch  sollen 
im  Jeuseit*}  nur  die  Söhne  für  die  Miitrci  sprechen,  während 
die  Tochter  Filrsprecherinnen  der  Väter  sind. 

Die  Neugierde  hielt  die  Frau  noch  weiter  in  der  Kirche 
EnrAck  und  sie  wohnte  der  ganzen  heil.  Communion  der  selig 
Verstorbenen  bei.  Nach  Beendigung  derselben  wandten  sich 
diese,  um  die  Kirche  zu  verlassen.    Auch  die  Mutter  beeilte 

sich  jetzt,  zur  Kirche  hinaus  zu  kommen;  doch  die  Ahg('S(  lii(;donen 
veriolgten  sie  in  h«dlen  Hauten  bis  zur  Pfort«'  des  Kirchhorcs. 

Die  Frau  hatte  in  ihrer  Angst  den  Mantel  auf  dem  Kirch- 
hofe  fallen  lassen;  als  sie  ihn  am  andern  Morgen  holen  wollte, 
&nd  sie  ihn  in  Stücke  zerrissen.  (Alt>Pillan.) 

4.  Die  verstorbene  Mutter  nährt  ihr  Kind. 

In  Alt-Pillau  starb  eine  Frau  Q,  in  den  Sechswochen,  das 
Sindeben  aber  blieb  am  Leben.  Tag  über  schrie  es  sehr  und 
war  nicht  zu  stillen,  aber  um  Mittemacht  wurde  es  stall,  nur 
gab  es  Töne  tou  sich,  als  sauge  es  an  der  Mutterbrust,  auch 
hörte  man  es  schlucken,  ja  man  will  sogar  um  diese  Zeit  an 
seinen  Lippen  Muttermilch  jEcefunden  haben.  Die  Wiege  aber, 
wenn  man  sie  bewegen  wollte,  war  so  schwer,  daÜ  sie  niemand 
zu  regieren  vermochte. 

War  die  Mittemachtsstunde  vorüber,  so  hörte  das  Kind 
mit  dem  Saugen  auf,  auch  ging  die  Wiege  wieder  leicht. 

22* 

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340 


Ofitpreuftiscbe  Sagen. 


So  giii^  Jas  eine  geraume  Zeit;  deun  nach  dem  Volks- 
glauben sucht  die  verstocbeae  Mutter  neun  Ta^e  ihr  hinter- 
lasseues  Kind  auf  und  nährt  es;  nach  andern  soU  sie  dies  sogar 
sechs  Wochen  thun. 

Das  Gleiche  wie  in  Alt-Pillau  ist  bei  dem  EigenkAthner 
N.  in  K.  nadi  dem  Absierben  seiner  Frau  geschehen. 

(Alt-PiUau.) 

5.  Verführung  zum  Fluchen. 

Das  Joppiensche  Ehepaar  fuhr  nach  der  Stadt  (Pillau)  mit 
Kirschen  und  war,  weil  der  Weg  im  Pilzenwalde  sehr  sandig 
ist,  auagestiegen.  Sie  gingen  hinter  dem  Wagen,  um  es  den 
Pferden  zu  erleichtem.  Sagte  die  Frau  zu  dem  Manne:  „Vaderi 
sitst  de  nuscht  ver  de  Perd?"  £k  seh,  ek  seh,  erwidert  jener, 
dat  jeit  ons  mischt  an.  wi  welle  nieh  floke.  Joppien,  so  sehr 
er  sich  über  den  Rjnik  äroprte,  der  vor  seinen  Pferden  seiu 
Wos(ui  trieb  (was  war,  hat  er  nie  gesagt),  fluclite  nicht  uud 
ging  ruhig  hinter  dem  Wagen.  Da  üel  der  Wagen  glatt  uro. 
die  Kirschen  in  den  Sand,  und  an  einer  ganz  ebenen  Stelle. 
Ihm  wollte  ein  Fluch  in  den  Mund,  aber  er  Terschlnokte  ihn. 
Er  rief  seine  Frau,  sie  hoben  den  Wagen  auf  und  lasen  die 
Kirschen  zusammen.  Nach  einer  Strecke  Wegs  passirte  dasselbe 
und  wieder  an  einer  ganz  ebenen  Stelle.  Seine  Frau  wollt« 
iinf^ednhlifi:  worden,  er  lirdiolite  sie,  sie  solle  nicht  flachen:  sie 
hoben  den  AVagon  aut  und  lasen  die  Kirschen  zusammen.  Auch 
als  zum  dritten  Male  der  AVagen  auf  glatter  Erde  umgeworien 
wurde  und  die  Kirschen  beiher  lagen,  wollte  der  Bauer  Wagen 
und  Kirschen  ruhig  aufheben  und  zusammenlesen,  als  ihn  )eniand 
von  hinten  packte  und  mit  seinen  schneeweiflen  Leinwandhosen 
(die  Bauern  trugen  damals  alle  solche,  wenn  sie  im  Sommer 
nach  der  Stadt  fuhren)  in  die  zusammengedrückte  Kirschmns 
hineinsetztb.  Heiligen  Kreuz  Schock  Donner  Schwerenoth!  .  ... 
fluchte  er  los,  und  in  doniselbuu  Augenblick  fjini^en  sie  oeilo 
ruhig  liinter  dem  Wagen,  die  Kirstihen  lagen  uuzerdrückt  auf 
dem  Wagen  uud  aller  Spuk  war  versohwanden.   So  hatte  ihn 


i^ig  u^LU  Oy  V^OOQle 


Mit^eibeüt  von  H.  Friüchbier. 


841 


der  böse  Geist  zum  Fluchen  verfahrt.  Die  Geüohiclite  ist  wirklich 
nnd  wahrhaftig  wahr,  sein  Enkel  der  in  Kl.  Dirschkeim  lobt, 
kanns  bezeugen. 

(Kl.  Dirschkeim  bei  German,  Samland,  1863.) 

6.  Der  Kuripeiz  auf  dem  Konerteberge. 

Bei  Landsberg  ist  ein  steiler  Berg,  der  heiBt  der  Konerts- 
bsrg.  Auf  demselben  haust  seit  ewigen  Zeiten  ein  Be>rggei8t, 
der,  gloich  seinem  Collegen  Ivubezahl.  in  seinem  Revier  uuum- 
>olininkt  Macht  übt  über  alles  I.»'l)t ndigo,  das  sich  ihm  naht. 
Er  ersciieint  am  meisten  in  <ler  Gestalt  eines  kleinen  Mannleins 
mit  blaurothem  Gesicht,  langem,  schneeweißen  Bart  und  trägt 
ein  kurzes,  zottiges  Pelzcben;  darum  beißt  er  „der  Kurzpelz''. 
Alt  and  Jung  der  ganzen  Gegend  kennt  ihn  und  jeder  weiß 
Ton  ihm  einen  Spuk  zu  erz&blen,  den  er  bald  in  guter,  bald  in 
iKieer  Laune  verttbt  hat.  Wer  des  Nachts  den  Berg  passirt  und 
Irommen  Sinn  im  Busen  trä^t,  der  siebt  wohl  am  Kreuzweg 
oben  auf  dem  Berggipfel  das  kloine  Männloin  voniberhuscheu 
Uüd  aus  jedem  Gebüsch  sein  Gesicht  hervorgucken,  ilot  h  ilmt 
der  Geist  ihm  nichts  zu  leide.  Wer  aber  kein  gut  Gewissen 
hat  und  auf  bösen  Wegen  schleicht,  iler  geht  nicht  leicht  unge- 
straft yon  dannen:  ein  schwarzer  Hund  läuft  dann  oft  vor  den 
Fflfien  des  Gkftngstigten  daher;  in  den  Büschen  knacken  die 
Zweige,  feurige  Augen  glotzen  drohend  daraus  hervor,  und  zu- 
letzt jagt  ihn  der  rftcbende  Berggeist  ins  Wasser  am  Abhang 
des  Berges,  zerbricht  ilun  den  Wagen,  wenn  er  zu  fahren  kam, 
oder  hockt  cf»ntnerscliwer  hinter  ihm  auf.  —  Am  grimmigsten 
jedoch  ist  Kurzpelz,  wenn  man  ihn  neckt  oder  gar  vorspottet, 
DiS  haben  einst  die  gottlosen  Buben  ans  d^m  nahen  Dorfo 
Feisten  erfiihren,  die  dort  des  Nachts  die  Pferde  hüteten .  Beim 
Seheine  des  Hirtenfeuers  trieben  sie  allerlei  rohen  MuthwiUen 
imd  wagten  es  zuletzt,  den  Geist  herauszufordern,  indem  sie 
Tiefen:  Knrzpelz,  komm,  spiel  uns  auf,  wir  wollen  tanzen!  Im 
Hui  stand  der  Berggeist  da  und  blies  auf  langem,  gebogenem 
Horn  eine  wilde  Tanzmusik,  die  laut  und  immer  lauter  durch 


342 


OatpreuBische  Sngon. 


die  Naoht  tönte  wie  ein  SturmgeheuL  Ein  wirklicher  Sturm 
aber  ergriff  sugleich  die  Buben,  schlenderte  sie  in  rasendem 
Tanze  in  weiten  Kreisen  umher  und  Feuerbrände  und  glühende 
Kohlen  wirbelten  mit  und  sengten  und  brannten  die  Tftnser, 
bis  beim  ersten  Hahnenschrei  Eurzpelz  mit  schallendem  Gelächter 
verseil  wunden  war. 

7.  Der  runde  Berg  bei  Passenhelm. 

Der  Kalbensee  bildet  der  Stadt  Passenlioim  gegenüber 
eine  Haibit) -^ol.  welchr^  sich  von  da  aus  in  der  liichtung  von 
Süden  nach  Norden,  etwa  Meilen  weit,  bis  in  die  Nähe  des 
Passenheimer  Stadtwaldes,  Gaj,  d.  h.  Laubwnld,  erstreckt.  An 
dem  westlichen  Bande  der  Halbinsel,  dem  Dorfe  Milncken 
gegenüber,  erhebt  sich  ein  siemlich  hoher  Kegelberg,  im  Volks- 
munde hier  der  runde  Berg  (oknigta  gora)  genannt.  Jedenfalls 
hat  auf  diesem  Berge  zur  Ordenszeit  eine  kleine  Burg  gestanden. 
Dafür  spricht  Folgcindes:  Erstens  scheint  der  Berg  künstlich 
abgearbeitet  und  abgerundet  zu  sein;  er  ist  oben  abgeplattet, 
und  fuhrt  von  dem  Berge  aus  ein  rund(5r  Gang  (Terrasse)  nauh 
dem  See  zu.  Aul'  d'-m  -Plutcan  des  genannten  Berges  findet 
man  Ziegel  und  I  );if'list''instü<  ke.  Diosor  l^i  i;  nimmt  sich  schon 
aus  der  Forne  durch  seine  schöno  fth^i  i-uudcto  l-\>nn  aiisj<rcrheud 
aus,  und  ist  es  zu  bedauern,  daß  er  durcli  die  sich  steigernde 
Ackerkultur  seine  Höhe  und  sein  gefälliges  Aussehen  immer 
mehr  und  mehr  verliert.  Ferner  spricht  für  obige  Vermuthung 
die  hier  in  Passenheim  sehr  verbreitete  Sage,  daM  von  der  Stadt 
aus  —  vom  sogenannten  Magazin  —  ein  unterirdisoher  Gang 
unterm  Kalbensee  nach  diesem  Berge  führe.  Dieser  Gang  soll 
früher  ofien  und  theilweise  betreten  gewesen,  aber  jetzt  yer- 
mauert  sein. 

An  diesen  Berg  und  die  darauf  befindlichen  Mauerübureste 

(das  Schloß)  knüpll  sich  nun  folgende  Sage. 

a)  Vor  Zeiten  piiugle  in  der  Nahe  des  ruudeu  lierires  ein 
Ackerbürger.  Naclidem  er  sein  Tagewerk  vollen<let  hatte,  spannte 
er  seine  Ochsen  aus  und  hütete  dieselben,  wobei  ihn  Hunger 


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Mitgethcilt  vun  H.  Frischbior. 


343 


qnAlte.  Er  besteigt  den  Berg,  und  es  steigt  ihm  aus  der 
Oeffimiig  desselben  der  Geruch  eines  frisch  gebackenen  Brotes 
in  seine  Nase.    Da  wünschte  er  sich  denn  ein  Stück  dieses 

liisclieii  Brotes,  um  soineii  Hunger  zu  stillen,  von  wo  es  auch 
immer  käme.  Doch  sein  Wunsch  ist  ein  vergeblicher:  Hunger 
und  Müdigkeit  ([ualt  u  ihn.  er  setzt  sich  auf  dem  Berge  nieder, 
und  bald  übermannt  ihn  der  Schlaf.  Als  er  erwachte,  lag  ein 
fiischgebackenes  Brot  neben  ihm,  und  unfern  von  ihm  stand 
eine  schöne  Jungfrau,  die,  da  er  trotse  seines  Hangers  Bedenken 
trug,  von  diesem  Brote  zu  essen,  also  zu  ihm  spradi:  „Iß  von 
diesem  Brote,  es  soll  dir  nicht  schaden.**  Trotz  dieses  Zu- 
spruchs fOrchtete  er  sich  dennoch  von  dem  Brote  zu  essen,  nahm 
es  aber  nach  Hause  und  schenkte  es  den  armen  Leuten  des 
Passenheimer  Hospitals. 

b)  Einst  hütete  ein  Hirte  auf  diesem  Berge  das  Vieh,  da 
erschien  ihm  eine  wunderschöne  Jungfrau,  welche  also  zu  ihm 
sprach:  ,,Iu  diesem  Borge  ist  ein  verwünschtes  Schloß,  und  ich 
bin  mit  verwünscht,  du  aber  kannst  mich  erlösen  und  dieses 
Schloß  mit  allen  darin  enthaltenpn  Schät'/en  lioben.  sofern  du 
mich  von  hier  auf  deinem  Kücken  nach  deinem  Hause  (nigst.** 
„Fürchte  dich  nur  nicht",  sprach  sie  weiter,  ,,du  sollst  dafür 
reichen  Lohn,  mein  Herz  und  meine  Hand  dazu  haben.  Zwar 
werden  auf  deinem  Gange  dir  verschiedene  wilde  und  liäßliche 
Thiere  entgegentreten,  welche  dich  beißen  wollen  und  dich  in 
deinem  fernem  Fortgänge  zu  hindern  suchen  werden,  doch 
werden  sie  dir  kein  Uebel  thun,  wenn  du  nur  ein  jedes  der- 
selben, so  häßlich  und  bösartig  es  dir  auch  zu  sein  scheint, 
koßest."  Der  Mensch  nimmt  die  Jungfrau  auf  seinen  Bücken 
tmd  alsbald  treten  ihm  allerlei  Thiere  entgegen,  welche  er 
sämmtlich  küßte  und  die  ihn  sodann  ungehindert  weiter  ziehen 
ließen.  Nachdem  er  nun  fast  sämmtliche  Thiere  geküßt  und 
sein  Phlnsnngswerk  beinah''  volh-udct  wähnt,  tritt  ihm  eine 
große,  liiifili'  he  lind  schorhge  Kröte  ent <;<'r:i'ii.  welcher  er  voll 
Ekels  üuchte  und  also  sprach:  ,.Hat  aneli  dirh  noch  der  Teufel 
hier!''    Nach  solchen  Worten  sank  die  Juugirau  von  seinem 


3ii 


OsiprauBisclie  Sagen. 


Bilcken  and  mit  dem  Rufe  des  tiefsten  Schmerzes  tmd  der 
größten  Verzweiilung  sprach  sie  su  dem  Hirten:  „Nun  hast  da 
mich  und  das  SchloB  hundert  Klafter  tieler  in  die  Erde  ver- 
senkt!" Hierauf  verschwand  die  Jungfrau,  und  niemand  hat 
seit  jener  Zeit  sie  wiodor  goseheu. 

c)  Einst  liütofcon  Hirton  aui  «li  ni  runden  Borcrn.  Kmer, 
der  sohr  neugierig  und  voll  Muths  war.  ließ  sidi  von  seinen 
Kamera^len  mittelst  5?usfiiiiiiieu^«'baudener  Zaumstücke  durch  die 
damals  v(»rhandene  Oetinung  in  das  Uewölbe  herabsetzen.  Da- 
selbst verirrte  er  un<l  kam  an  eine  eiserne  Thür,  an  die  er 
klopfte.  Hierauf  öffnete  sich  die  Thür  und  es  trat  ihm  ein 
ehrwürdiger  Ordensritter  entgegen,  ihn  fragend,  was  er  verlange. 
In  seiner  Angst  und  Verwirrung  erwiderte  er:  er  habe  sich 
verirrt  und  suche  die  Oeffnung  nach  oben.  Nachdem  der  Ritter 
ihn  noch  reichlich  mit  Goldstücken  beschenkt  hatte,  fährte  er 
ihn  an  die  betreffende  Stelle,  und  wurde  der  Verwegene  wieder 
wohlbehalten  heraufgezogen. 

Dadurch  lüstern  gemacht,  A\an;te  auch  ein  anderer  Hirte 
sich  in  üben  erwähnter  Weise  in  das  Gewölbe,  hotV»  n*l.  er  werde 
wie  sein  Vorgänger  beschenkt  werden.  Doch  win  er  an  die 
geheimniÜVülle  Thür  klopi'ie,  tritt  ilini  der  Ritter  wüthoud  ent- 
gegen und  puhliigt  ihm  mit  eiiir-m  großen  Heile  den  Kopf  ab. 
Den  Rnmpt  bindet  er  an  den  htjruuterh äugenden  Strick,  worauf 
die  Leiche  ohne  Kopf  von  den  harrenden  Hirten  nach  oben  ge- 
zogen wurde. 


Die  Oeffnung  ist  viele  Jahre  vorhanden  gewesen,  und 
haben  Hirtenjungen  oft  Steine  hinunterfallen  lassen,  welche 
unten  angekommen  ein  starkes  Gedröhne  und  Gepolter  ver- 

urf^achteu.   Jetst  ist  die  Oeffnung  verschüttet.*) 

(Scheuteisdorf  bei  Passenheim.) 

*)  Auf  der  norddatlichen  Seite  der  oben  erwfthnten  Halbinsel  ist  ein 

■nderer  Berg,  genannt  göra  Matki  Boidj,  Berg  der  Mutter  Oottcs.  So 
eigenthümlich  dieser  Name  ist,  so  knüpft  sich  nn  diesen  Berg  mittler  QrAfle 
und  gewöbnlicher  nattirlicher  Form  keine  S»ge. 


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AlitgoÜieUt  von  II.  Fritichbier. 


345 


A.  Die  kahle  Elche  zwieehen  Ime  und  Tawe. 

Zur  Zeit  der  ( Jnhiilim^  de^  Jvirelispiels  Ins»^  im  -Talire  1570' 
ist  noch  oin  sehr  li"i'liii<»iiey,  al)^< >l  t  i-^'-l^'s.  ali'T^'la'iliischt's  WAk 
hier  gewesen,  welches  noch  seinen  nparten  heidnisclien  Gottes- 
dienst gehabt.  Denn  zwischen  den  Dörfern  Inse  und  Tawe  hat 
ein  großer  Kichbaum  gestanden,  welcher  vom  Donnerwetter 
gans  kahl  abgesengt  gewesen  ist,  und  doshalb  ohne  l^lätter  ge- 
standen. Viele,  wenn  sie  ans  der  Kirche  gekommen,  haben  sie 
'ein  Stückchen  Wand  (selbstgemachtes  wollenes  Zeng)  an  diesen 
Baum  angehftngt,  entweder  grün  oder  roth  oder  von  anderer 
Farbe,  and  haben  also  diesen  kahlen  Banm,  da  er  nicht  Bl&tter 
gehabt,  mit  Wandilicken  oder  Tnchstücklein  bekleidet,  davor 
haltend,  daß  sie  Olftck  zur  Pischerei  bekommen  würden.  Einige 
meinen,  «lalJ  y.nv  /<  ir  des  Tii]'.sttliuins,  h  iiajistlieher  Art  hier 
ein  lleili<i;tlimn  gewosfu,  weil  ein  Bild  des  I[eihHi<los  an  dit^sem 
Baum  soll  gehangen  haben.  Da  aber  un<^ofahr  Anno  1GB()  der  da- 
malige Pfarrer  Elias  Sperber  diese  heidnisfh-|Hipstliehe  Abgötterei 
und  Aberglauben  dieser  seiner  Gemeinde  nicht  hat  dulden  können, 
hat  er  fremde  Leute  aus  einem  fremden  Orte  gemiethet,  und  in 
der  Nacht  diesen  Abgott  von  Eiehbaum  umsägen  lassen.  Da 
dieses  geschehen,  ist  ein  großes  Murren  and  Tumult  anter  dem 
Volke  entstanden  wider  den,  der  dieses  gethan.  Da  sie  endlich 
erfahren,  daß  der  Pfarrer  diesen  ihren  Götzen  hat  ruiniren 
lassen,  haben  sie  sich,  insonderheit  die  Tawener,  susammenge- 
rottet  und  dem  Pfarrer  die  Widdim  stürmen  wollen,  daß  er  ist 
genöthigt  worden,  die  Aufrührer  im  Amte  (Schaaken)  anzuzeigen 
und  bestrafen  zu  lassen. 

(Ostrand  des  kurischon  Halls.    Angeblich  aus  der  Chronik 

des  Kreises  Niederung.) 

9.  Oer  Kamevikue. 

Der  Kamsvikusberg  oder,  wie  er  im  Volksmunde  heißt; 
der  SchloBberg,  bei  dem  Dorfe  Tamowischken  in  der  Nähe  von 
Xnsterbuig,  am  rechten  Uier  der  Angerap  belegen,  ist  einer 


üigiiizeü  by  VoüOgle 


346 


Ostprenflisehe  8ag«n. 


jener  vielen  Beige,  in  denen  Geister  und  Feen  hansen.  Der  Bauer 
jener  Gegend  meidet  daher,  soweit  es  gehtj  den  Berg  zur  späten 
Abendzeit  ond  bleibt  ihm  des  Nachts  völlig  fem.  Bei  Tage 
dagegen  halten  sich  die  Tamowischker  zu  Lnst  und  Tanz  gern 
anf  der  Höhe  anf;  denn  Frohsinn  tmd  Fiende  haben  die  Geister 
des  Berges  gern  ttber  sich,  nur  mOgen  sie  es  nicht  leiden, 
daß  man  in  der  Tiefe  des  Berges  nach  Scliiitzeu  oder  Alter- 
thümeni  suche.  Wer  das  thut,  wird  sicher  von  ihnen  gestraft, 
wenigstens  docli  bflästif^t  und  geängstigt  worden,  lu  das  Tniiere 
des  Berges  füLrt  eine  enge  Höhle  auf  der  Nonhvestseite.  Aucli 
auf  seinem  Gipfel  hat  der  Berg  eine  Üeli'nung,  die  einen 
tiefen  Abgrund  erschließt:  denn  wenn  man  einen  Stein  in 
die  Tiefe  wirit,  so  dauert  es  lange,  bis  er  aufschlagend  den 
Boden  erreicht. 

In  jene  Höhle  am  Nordwestonde  des  Berges  hat  einst  ein 

Vorwitziger  ein  llüudchcu  au  einer  lanc^on  Schnur  liineinge- 
schickt.  Das  Tliierchen  schritt  laut  bolleud  weiter  und  weiter 
vorwärts,  die  Srlnuir  nalmi  iwAiv  und  mehr  ab.  das  Bellen  wurde 
schwacher  und  sehwäclier,  da  endlieh  —  zerriÜ  die  Schnur, 
klägliches  Winseln  des  Hündchens  ward  hörbar,  die  Berg- 
prinzessinnen hatten  das  Thierchen  an  sich  gerissen  und  nie  ist 
es  wieder  zu  Tage  gekommen. 

Nachts  uraschen  die  Bergfeen  ihre  'Wäsche  in  dem  nahen 

Flusse;  doch  lassen  sie  sich  nie  bei  diesem  Geschält  belauschen; 
nähert  sich  ihnen  ein  Mensch,  so  llielien  sie  in  den  Üerg  zurückj 
wo  sie  in  herrlichen  Prunkgemächern  woimen. 

Kühe,  welche  in  der  Nfthe  des  Berges  über  Nacht 
weiden,  werden  von  den  Feen  ihrer  Milch  beraubt.  Ein  Bauer, 
dem  es  zu  arg  wurde,  als  er  jeden  Morgen  seine  Kuh  mit 
leerem  Euter  antraf,  rief  zornig:  Ei,  so  möchte  ich  doch  die 

Kuh  um  jeden  Preis  verkaufen,  und  erhielte  ich  auch  nur 

zehn  Thuler  dafür!  Die  Ber«^^geister  hatten  ihn  beim  Wort 
genommen:  am  naclistcn  Morgan  war  die  Kuh  spurlos  ver- 
schwunden, doch  lagen  zehn  blanke  Thaler  au^  einem  Steine 


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liitgeÜieilt  vou  U.  Frischbier. 


347 


am  Berge  aufgezählt,  die  der  Bauer  betrübt  als  Kaufpreis  für 

seiue  Kuh  einstrich.*) 

(Nach  AutütiicL Illing' 11  von  H.  Dewitz  aus  Nemmersdorf. 
Vgl.  V.  Tettau  u.  Temme,  Voikssagen  Ostpr.  etc.  S.  169.) 

10.  Dia  Geister  des  Rombinus. 

Kill  Schiffer,  der  in  finstrer,  stürmischer  Nacbt  den  Memel- 
strom  abwärts  fuhr,  sali  uuf  dem  heiligeu  Berge  Rombinus  uu 
der  Stelle  dos  alton  0}>forliPrdP8  ein  reges  Ijoben  im»l  Weben. 
GestaltKii  woi^t.'ii  lün  und  her,  und  or  merkte  bald,  daß  rs 
Geister  waren.  Er  sclilägt  sein  Kreuz,  denn  er  war  ein  neu 
bekehrter  Christ,  doch  die  Gestalten,  welche  ihm  jetzt  deutlich 
als  Kinder  in  weißen  Gewändern  erscheinen,  weichen  nicht. 
Sie  winken  ihm  vielmehr  und  bitten  ihn  in  klagenden  Tönen, 
sie  nach  dem  Hflgel  jenseits  des  Stromes  flbersusetzen,  sie 
wollten  es  ihm  reichlich  mit  Gold  und  Edelsteinen  lohnen. 

Von  Hitleid  bewegt  und  durch  den  verheißenen  Lohn  ge* 
lockt,  legt  er  am  Fußo  des  Beides  au:  die  kleinen  Geister 
springen  mit  ihren  Sch&izen,  die  sie  in  Körben  tragen,  in  den 
Kahn.  Als  der  Morgen  graut,  sc-haut  er  neugierig,  w^as  in  den 
Körben  entbalton:  sie  bergen  nur  Jvohlen.  Dartiber  und  über 
das  Lachen  der  Geister,  welche  hiedurch  seine  Neugier  be- 
strafen, erzürnt,  wirft  er  die  Kohlen  in  den  Strom,  welche 
bolort  %'ersinken. 

Der  Schiffer  erstaunt  darüber  aufs  ftuJierste,  denn  noch 
nie  hat  er  Kohlen  im  Walser  sinken  sehen;  die  Geister  aber 
verlachten  ihn  nur  noch  höhnischer;  da  ergreifili  er  ergrimmt  das 
Buder  und  dringt  auf  sie  ein  doch  nur  gegen  leere  Luft 
geht  er  vor:  die  Kinder  sind  verschwunden. 


*)  Auf  dem  Siulabhangü  dejs  Berges  staml  in  frühem  Zpi'ton  ein 
Steinbild  ntil  tieMigeiu  Kopfe.  l£s  ist  vor  Jaliruu  von  truukbiieu  Bauer* 
burschen  aas  Tamowisohken  in  die  Angorap  gerollt.  Ob  es  ein  Gdtsenbild 
oder  das  DanloDal  des  FürsteasohneB  ist,  von  dem  der  Berg  nach  t.  Tettau 
den  Namen  erhalten,  bleibe  dahinstellt, 


üigiiizea  by  VoüOgle 


348  Ostproofitscbe  Sagen. 

Als  aber  das  helle  MorgeDÜcht  anbricht^'  sieht  er  im  Kahne 
da,  wo  die  Kohlen  standen,  etwas  Gl&nsendes  liegen:  es  ist  ein 
Stück  Gold,  das  ihn  daran  erinnert,  was  er  weggeworfen. 

Er  rauft  sein  Haar  —  vergebens;  nur  das  höhnische  Ge- 
flüster der  Geister  umtöiit  ihu,  aus  dem  er  vernimmt,  daß 
goldnes  Oeräth  in  dem  Rergo  unter  dorn  Opfcrstcino  bewaliret 
liegt  —  frevelnde  Hände  jedoch  vermögen  den  Schatz  nimmer 
zu  heben. 

Und  bis  auf  den  heutigen  Tag  liegt  der  Schatz  ungehoben 
in  der  Tiefe,  obgleich  alle  Bewohner  jener  Gep^end  wissen,  daß 
in  dem  Berge  JEtombinus  unter  der  Stelle  des  allerdings  lAngst 
verschwundenen  Opfersteines  goldenes  Ackergerftth  zu  finden  sei. 

(Nach  einer  metrisch  bearbeiteten  Erzählung  in  den  Pr. 
Pr.-Bl.  XVn,  S.  390  f.  Vergl.  von  v.  Tettau  u.  Temme,  Volks* 
sagen  Ostpr.  etc.  S,  162.) 


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Zu  den  KSnlgsberger  Zwischenspielen  von  1644. 

Von 


Za  den  oben  S.  111—140  zam  Abdrack  gebracliten  Possen- 
flpielen  in  der  Eönigsberger  Mundart  baben  mir  die  Herren 
Plrofessor  Dr.  B.  Eoser  in  Berlin,  Professor  Dr.  B.  Neubaur 

in  Elbing,  Oberlehrer  Dr.  R.  Spreuger  in  Northeim  und 
Dr.  Chr.  "Walther  in  Hamburg  frenndlichst  m< 'liiere  sprachliche 
Erläuterungen  übersandt,  die  das  Verstiindiiis  der  dunklen  Stellen 
erheblich  fördern.  Indem  ich  den  genannten  Herren  auch  an 
dieser  Stelle  meinen  verbindlichsten  Dank  sage,  gebe  ich  ihre 
Bemerkongen,  dnicb  die  Anfsingabncbstaben  des  Verfassers  ge< 
ksmizeichnet,  wieder. 

I.  Der  Gartbpuder  vor  dem  Dorfrichter. 

V.  2$.  Potselementporden,  Entstellimg  an«;  Pasoment-Lonlen;  ersteres 
vom  irz.  passement,  ital.  passamano.  Schiller-Lnbbeu,  Mitteioieder* 

deutsches  Wörterbuch  3,  308.  S. 
V.  27.  Katjas,  vielleiclit      Ketten.  .S'. 

V.  39.  aß  bohl  ewer  en,  alsbald  über  Ende,  d.  h.  in  den  vier  Ecken  S. 

—  Ich  la-ssf  ewer  en  =  ülter  ihnen  auf.  H. 
V.  50.  Schobhernack;  Schabernack  persönlich  gebraucht  finde  ich  bisher 

nicht  belegt.  S. 

V.  ü3.  Der  Sinn  der  Stelle  \vii  l  allcnlin^s  schwer  zu  erklären  sein.  Ist 
tett  vielleicht  =  tu  ett;  /.um  Esütsar*  Eckern  duilte  eher  als 
PJichen  zu  erklären  sein,  denn  als  Eichhörnchen.  Eckeren  hießen 
früher  auch  die  Eicbb&ame,  vgl.  die  SteDe  aus  Seiberte  q«.  1,  126 


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360  ZvL  den  Königsberger  Zwischenspielen  von  1644. 

in  Woeste»  WesefAliflolieitt  Wdrteriiucli  a  65.  Bei  Se1un«r-Labbeii 
1,  6G0  ist  fVoyder  (Futter)  van  eelcemi  ▼eilen'  ans  einem  Braon- 
schwetgor  Testament  von  1469  liüschlich  unter  ekeren,  £iehhoni 
gestellt.  8.  —  Könnte  nicM  ,a  sehau  hier  Eekern'  dem  Kartenqptel 
entnommen  sein?  IV'. 
V.  77.  oppipen.  nnfpfeifen.  aufspielen.  & 

V.  116.  Ambrosch  thun  ist  offenbar  =  fraös.  /VtiVe  ombrage  ä  ^a.,  jeman- 
dem za  nahe  treten.  Ä'. 

V.  1S6.  geberth,  gebührf.  Graven,  Gräben.  Ter tor gern,  Territorien.  Jf. 

Gravon  halt«  ich  für  einen  Druckfehler  statt  Gaven.  Ah- 
gabon.  .Eck  wil  mino  Gäben  upt  Räthüs  hrenf;<?n',  sn^t  norh  bei 
uns  der  Klciiiliürgcr.       —  Vielleicht  stockt  ia  Gravon  vielmehr 

tius  lat.   (i  rtiruDiiiui;  Ik'sclnvtjii!«  II.  Ji. 

V.  187.  Lies  ut  tumorgelu,  auszumergein.    ..Y.  II*. 

II.  Hansemann  und  die  hübsehe  Polin. 

V.  36.  Wer  lewer  dy  Wocky  wacht,  etwa:  es  wire  (mir]  lieber  [oder: 
es  wftre  besser],  daft  du  auf  den  Spinnrocken  achtetest  W. 

y.  89.  lieht,  leuchtete?  doch  wohl:  liegt.  8.  —  S.  meint  wohl:  legte;  iodes 
seheint  mir  die  Bedentang  «leuchtete*  besser  an  piissen.  B. 

y.  63.  Bas  im  Anlaut  iUachlioh  von  der  Polin  hinzugesetste  h  kehrt  aneh 
y.  118  (faarm)  wieder.  S. 

y.  108.  Feckelflesch,  wohl  Eatetelinng  ans  P«ckel-,  Peckelflesoh.  8. 

y.  117.  Caspersteen  met  Zuekerky  ewertagen.  Casperateen  können 
unmöglich  Kirschsteine  sein,  wahrscheinUch  ebenfalls  entstellt. 
Pflastersteine  heiBen  noch  in  Quedlinburg  [aneh  in  Berlin  und 
sonst]  kleine  runde  Kuchm  mit  Zuckerguß  überaogen.  8. 

y.  ISSi.  ygl.  DOrers  Briefe,  hrsg.  von  Thausing  1873  S.  22,  6:  ,0,  wie  wird 
mich  nach  der  Sonnen  frieren!  Hier  bin  ich  ein  Herr,  dnlieim  ein 
Schmarotzer'.  Hans  Sachs  1,  115  —  10,  484,  »  ed.  Keller: 
jNoch  hab  ich  nieniandt,  dem  ich  sol  heut  von  dem  gericht  pro- 
carim.  Mich  will  gleich  nach  der  sonnen  friem'.  B, 

III.  Die  Schulzenprobe. 

y.  24.  ,rein  utwennieh  gelehrt  bet  an  den  Hahn*,  hat  der  Brack, 
womit  nur  der  Hahn  der  Fibel  gemeint  sein  kann.  Ich  glaube, 
dies  ist  richtig.  Der  Beim  wird  hergestellt)  -wenn  wir  B&en  — 
H4en  lesen«  8* 


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Von  Jobannee  Bolte. 


361 


V.  36.  Ötali  ein  de  Baar,  kann  unmii^lirli  heißen:  Bestcho  iliu  der  Bär! 

Es  liodcutpt  wohl:  Tritt  ihm  in  dcu  Weg!  Halt  ihn  auf!  Vgl.  bAr 
lur  Bahu  biii  \Voe«äte  6.  20.  S.  —  Ich  würde  wie  oben  137  eine 
Verteuschuug  von  1  nnd  t  annehmoi  und  Slali  em  de 

Ba»r!  Baar  =  Teafel?  In  Holstein  wird  Boor  ao  gebnuieht.  W. 

y.  64.  geracken  »  mnd.  gerokm,  gerocbeo.  £a  ist  also  zu  Ikbenetaen: 
Der  nusht  mehr  als  drei  oder  vier  Wochen  in  die  Stadt  gerochen 
hat.  Noch  jetat  htoB^  es  allgemein  von  einem,  der  eine  oberflftchliohe 
Kenntnis  von  etwas  erlangt  hat:  Er  hat  kaum  hinein  gerochen.  £L 

V.  82.  90.  102.  IIB.  144.  Stramme  erklärt  der  Herausgeber  durch:  ge- 
strpiiEjer.  Ich  planV'p,  daß  vieliiifdir  als  T^c-tenernnpsformGl.  zn- 
sammeugezogen  aus:  Strat  mi  —  Gott  strale  micli !  zu  ta^SL'n  ist.  S. 
—  Allein  die  jedesmal  darauf  folgenden  Worte  .TLmt  Sclmlt'  und 
V.  126:  jGestrenge  Herscliail  Herr  Srhult'  zeigte  doch  deutlich, 
daß  fStnunme'  ein  ehrendes  Adjektiv  sein  soll.  B. 

T.  86.  Gemen  ist  wohl  mhd.  gamen,  Spiel,  Spaß,  laut  Gemen  machen 
mit  jemand  ^  seinen  Sehen  mit  jemand  treiben.  S.  —  Schwerlich 
richtig.  Ich  erkläre:  dich  so  gern  ein  an  machen;  gemein  =  ver- 
traut Dich  sollte  eigentlich  doppelt  stehen,  es  ist  Objekt  ra  ge- 
lehrt nnd  an  machen.  B. 

V.  122.  ene  heesche  Run.  Heesch  ist  nach  der  Meinung  des  Heraus- 
geber« vielleicht  mit  hcwig  gewichtig  zusammenzuhalten.  Nach 
dem  Zusammcnlianu;»:'  entspricht  es  aVer  unserem  nhd.  heiß  im 
Sinne  von  m  rtnetHic  cupuiua.  I  las  Aii  jektivum  wohl  zu  mnd. 
besehen  (eschen,  eischen)       fordern  üu  »teilen.  S. 

Y.  123.  schmoock,  sehmoek,  nhd.  schmuck?  S. 

Y.  156.  Drom,  unklarer  S^istand*  ,Nn  hin  eck  tA  minem  Dr5me',  sagt  der 
Bauer  in  meiner  Heimat,  wenn  ihm  Uber  etwas,  daa  ihm  vorher 
unklar  war,  Aufschluß  geworden  ist  A  —  Drom  ist  natttrlich 
hd.  Traum.  B. 

V,  162.  ward  en  weinichl  wart  ein  biscbMi!  noch  jetat  gebrftnchlich.  8. 

Zu  den  S.  118  nach^wiosenen  Bearbeitimgen  von  Frisohlins 
HUdegardis  kann  ich  noch  das  gleiobnamigo  Schauspiel  nach- 
tragen, welches  Heinrich  Wilhelm  v.  Logau  in  seinen  poetischen 

Vergnügungen*  Breslau  und  Leipzi^^  1737  (Göttingon.  Greifswald) 

veruilentlichte.  üeber  die  Sa^^i  x^\.  Oesteiiey  s  Anmerkuug  zu 
dea  Gesta  Bomanorum  Gap.  24y  (1872).  B. 


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Kritikei  od  Referate. 


itüU  f^auU    «ein  ^cbcit  lutb  frinc  »ftff.    t>\>i\  i^aiil  ^Vcvilid).  5Bcrnn. 
*?cibiimnn  jd)i'  i^mtilianMuncj.  m  ^ft>n^  XI  u.  G55  3.    10  Wf. 

Der  Verlasser  «lif'.st.s  Hnrho«;,  1><  leits»  bekannt  «lurch  seine  Schrill 
,,Jeau  Tanl  und  seinv  Zeiti^tnoiüscu"  .•-  'wio  nls  Ilerausgeber  tU  r  Werke  Jeau 
Pauls  in  Kürscliiurs  Nationalbibliotliek,  hat  ziuu4<  hst  Alles  gethan,  um  dem 
Leser  einen  Oennß  der  edelsten  Art  sn  bereiten.  Die  Dartfceltnng  in  rein 
sprachlicher  und  stilistischer  Bexiehnng  ist  von  einer  Dnrcbsichtigkdt  nnd 
Leichtigkeit^  die  nichts  su  wünschen  flbrig  lasaenf  nod  die  man  bei  einem 
Hegelianer  am  wenigsten  vermuten  sollte.  Die  große  Oetehraamfceit,  mit 
der  er  seinen  Stoff  beherrscht,  ist  ebon  in  die  reinste  and  allgemein  an- 
f:}>recheadste  Form  nufgognngen  Bei  einer  sehr  genauen  Kenntniß  des 
Lebenfignnges  seines  Helden  war  er  im  Stande,  das  Entscheidende  und  Be- 
doDtsame  liervorznlipbrti  ,  olitie  in  I)nnt>^f=r's("}io  Kli-iniirkeitskriimerei  zu 
verfalleti.  Kr  Ii;it  lomi  r  J.  P.  in  seinen  Heimstätten  selber  anl'gesucht  und 
dadun  i»  scim  r  Ijt^liensbeseJireibuiiLC  j'  no  realistische  Lokalfärbung  gegeben, 
welche  seit  Lewes' Treben  Goeth«  s  allfidings  für  die  Lösung  solcher  Aufgaben 
uncrllÜHich  et^heiut.  Denn  „wer  den  Dichter  will  versteheo,  moS  in 
Diohters  Lande  gehen.**  Ganx  besondere  Anerkennung  verdient  die  aneh 
äußerlich  hervortretende  Einheit  des  Tones  und  Behandlung,  die  dag 
Werk  nicht  in  die  sonst  tkblicbe  nnd  der  künstlerischen  Abmndnng  und 
Gescblossenbeit  Abbruch  thuende  Zweiteilung  in  Veatt  nnd  Anmerkungen 
Hiiseinanderfallen  läßt  So  ist  mir  auch  kaum  noch  in  einem  anderen  Budie 
der  Art  als  so  gelungen  vorgekommen  die  Art,  wie  Nerrlicli,  gleichsam  ab- 
Ri<'htslo8,  den  Menschen  J.  P.  von  dorn  Di<hter  und  Schriftsteller 
eigentlich  garnicht  trentit  >ind  seine  Sri uqitnnirr'n  immer  fremde  an  der  Stelle 
b»"^|>riclit  und  für  ihn  reden  hil.it,  an  w  rlrli-  r  das  t  nl.sprccln  nde  Licht  auf 
4li<;.sell)i'n  aus  seinen  Krlcbnissen  nn«l  u:iau  ntlich  ans  seinen  personlichea 
Ueziehungen  zu  Freunden  und  Zeit gt-nossen  fällt..  In  derThat  wird  dadurch 
einmal  das  Werden  nnd  Entstehen  der  Dichtungen  erktirt,  so  weit  dieses 
überhaupt  möglich  ist,  und  anfierdem  erscheint  in  Folge  dies««  Verfahren» 


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Jean  PaoI.  Sein  Leben  nnd  seine  Werke. 


363 


seihet  dasjenige,  was  in  .T.  P.'s  Sflirifton  voraltot  i'-t  auf  eino  gewiüse  Art 
verj'mgt,  weil  es  als  Teil  uml  Glied  in  dem  Ganzen  seint«  Lebens  und 
Wirkens  erkaimt  und  begrifiVn  wird.  Man  erliillt  nun  aV)er  außerdem  noch 
ein  sehr  deutliches  Bild  von  dem  Geiste  J.  P.'s  durch  die  zaldrei(  hen  Stellen, 
die  aus  seinen  Schriften  eben  ilort  angeführt  werden,  wo  ea  im  Zusaiumeu- 
hange  begründet  ist,  und  da  möchte  ich  wohl  fragen,  ob  ee  unter  den 
Lebendan  Einen  giebt,  der  eine  solche  Belesenheit  in  J.  P»  besitzt,  wie 
Kerrlieh.  Msn  liAt  >n<w*<wiia  aen  Titan  J.  P.'a  einmal  gelesen  und  ist  anAer- 
dem  mit  eins^nsn  ssiner GManken  nnd  sngwnanntsn  aehönen  Stellen  be- 
kiant  geworden;  sonst  f&blt  man  aich  dntch  seine  Fonnlosigkeit  nnd  die  FtÜla 
von  Aaspielnngenr  die  aomTeil  nnverstftndlioh  sind,  wenn  man  nicht  ein  be- 
sonderes Stadium  dannf  ▼erwendet^  abgestolen.  Seit  den  beiden  Mensehen- 
altem  nach  dem  Tode  J.  P.'s  wird  nur  an  oft  das  Urteil,  das  Oeryinns 
and  Julian  Schmidt  Aber  ihn  gelUlt,  naohgeeprochen^  'nnd  das  ist  ja  so 
nQgftnstig,  daft  man  jede  ansdanemde  Beschäftigung  mit  ihm  flbr  Zsitver- 
geqdong  hilt  Dennoch  hat  Nerrlich  gewift  Recht,  wenn  er  an  erweissn  sucht, 
da£  der  von  J.  P.  in  seinen  Dichtungen  praktisdi  nnd  in  seiner  Yorsdinlsaur 
Aesthetik  theoretisch  ▼wtretene  Humor  keines weg:^  von  so  untergeordneter 
Bedeutung  ist,  wie  es  von  den  einseitigen  Bewunderem  Goethes  und 
Schillers  noch  immer  angenommen  wird. 

Das  Werk  Nerrlichs  ist  nun  aber  durchaus  nicht  bloß  eine  Biographie 
imd  ftsthefische  Würdigung  J.  P.'s,  sondern  es  stellt  denselben  dar  als  einen 
Vorkiinipfer  lür  (hv^,  was  dem  Verfasser  die  neue  Wrltanscliannng  und 
Philosop)!!*'  i^t.  imr  (laß  dieser  Vorkumjifcr  zuj;lei<  li  eiti  rtu  kwärts  gewandtes 
Antlitz  zeit;e  und  (le«slialb  mit  den  veralteten  Re.^ten  einer  l>eukflrt.  die  für 
iiltrvvunden  zu  erklaren  sei,  nicht  zu  breclien  verniorht  liabe.  I>er  aufmerk- 
same T^e-ser  wird  sehr  bald  den  rothen  Faden  auffinden  und  festhalten,  der  sich 
durcli  das  ganze  Buch  zieht  als  Fehde  gegen  die  Theologie  und  Pliilo- 
logie.  Hier  wird  nun  selbstverständlich  das  Buch  auf  grußeu  Widerstand 
itofien  „wegen  der  unvermeidlichen  Weite  verschiedener  möglichen  Ansichten". 
Und  aneh  der  Berichterstatter  vermag  sich  hier  nicht  durdians  auf  die 
Seite  dea  Verfassers  au  stellen. 

So  sehr  es  auch  au  achten  iat,  wenn  Jemand  mit  solcher  Entschieden' 
Wt  and  Offenheit,  wie  Nerrlich,  «ich  mit  der  gegebenen  Welt  zn  be- 
Kafllgen  bekennt,  so  sind  doch  in  dieser  gegebenen  Welt  so  viele  unlösbare 
Probleme  mitgegeben,  daft  es  sehr  vielen  immer  noch  miSlich  etscheint, 
■idi  dsmit  au  begnügen.  Unser  erfahrungsmftBigea  Wissen  bleibt  stets 
n  besdiränkt^  als  daS  nicht  immer  bei  Verarbeitung  desselben  gemftft  den 
Forderungen  der  Vernunft  ein  Hißverhftltnift  swischen  eben  diesen  Forde- 
rntigen  und  den  Ergebnissen  jener  Verarbeitung  sich  herausstellen  milSte. 
Xte  Verfasser  i&hrt  auf  Seite  449  das  prachtvolle  Wort  J.  P.'s  an  „vtm  dem 

Alti^.  MonaiMoturUI  Bd.  XXVa  UfL  8  n.  4.  23 

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354 


Kritiken  und  Beferat«. 


letetan  Herxea,  das  dem  ersten  gleicht,  aiclit  aber  so  die  Köpfe**.  Nim, 
wie  kommt  es  demi,  ddt  die  Unvexinderludil^t  des  Henens  mit  der  Ver- 
inderliclüteit  des  Kopfes  nicbt  Schritt  hslten  kann?  Wer  diese  Frage  richtig 
beantwortet,  der  dürfte  clnmit  zticrklrh  erklärt  bahsn,  wsram  kein  philo- 
aophisches  System  dem  individuellen  Beilürfniß  endgiltig  genügen  kann,  es 
müßte  rlf>nn  sein,  daß  es.  wir  das  Kanti^rhe.  die  aLst  t  akte  Vernunft  ihrpr 
Leorhoif  überführt  \ui<l  eben  «laiiiit  dctn  (llauljeii  so  weit  frfi»?n  Spielraum 
läßt,  als  es  sich  mit  den  höchsten  Xonntn  des  Denkens  verträgt. 

Für  diese  Blätter  ist  nun  vor  Allem  die  Frage  wichtig,  inwieweit  die 
eigentümliche  Bedeutung  J.  P.'s  einen  Anteil  hat  an  derjenigen  Bewegung 
des  geistigen  Lehens,  weldbe  in  dem  letsten  Drittel  des  vorigen  Jahrhunderts 
von  OstpreuBen  ansgbg,  und  die  Tonrilglich  an  die  Namen  K»nts,  H«« 
manne,  Hippels  und  Herders  geknilpfl  ist  Nerrlich  stimmt  J.P.  darin 
bei,  daB  das  echte  Kennseichen  des  Qenies  sine  nene  Welt-  und  Lebens - 
anschaunng  sei.  Macht  man  von  diesem  Satse  nun  die  Anwendung  auf 
J.  P.  selber,  so  wird  unzweifelhaft  der  Humor  es  sein,  in  welchem  die 
Einzigkeit  und  Ursprönglichkeit  de«  in  J.  P  erschienenen  Genius  zu  Tage 
tritt.  Man  wird  nun  freilirh  zuvörderst  die  hnmnri'stigebe  Woltanffa<«?änng 
J.  P.'s  auä  seiner  nur  ihm  firr^'uen  Persönlichkeit,  al.sü  etwa  au^  .seiner  welt- 
umspannenden Phantasie,  an^  seinem  h'l'halten  Witz,  aus  seinem  tiefen 
Gefühl,  aus  seinem  Blick  für  daä  Kieme,  lucLt  am  wenigsten  auch,  wie 
Nerrlich  gerade  darin  den  elektrischen  Funken  siebt,  der  die  in  ihm  waltenden 
Wtdetspr&ohe  rar  thatsädilieheci  Einheit  bindet,  ans  dem  in  ihm  mit  be- 
sonderer Stftrke  lebenden  Ich  »Is  dem  rein  subjektiTen,  enpirisohen  erkl&ren, 
man  wird  auch  seine  gedrOekte  Jngend  nnd  immerhin  mangelhafte  Ausbüdnng 
in  mancher  Hinsicht  als  Sohlflssel  ihr  das  Verstftndnifi  der  viel&ch  krausen 
Formen,  in  denen  seine  Weltanschauung  sich  ausspricht,  lierbeiziehen  müssen, 
aber  auf  der  andern  Seite  wird  auch  J.  P,  unter  d<  m  Einfluß  allgemeiner 
Zeitst römnn <]j en  gestanden  haben,  er  wird  sieh  denselben  ebensowenig 
haben  entziehen  können,  wie  andere  Oeistpr.  die  wir  sonst  als  leitende  und 
tonangi  hende  zu  betrai  liteu  liaben,  nnd  erst  so  wird  die  Wirksamkeit  auf 
seine  Zeit  w  ie  auf  alle  Folgezeit,  soweit  sie  reicht,  begriffen  werden  können. 
Und  SO  ist  es  denn  der  in  so  wunderbarer  Weise  das  principinm  <  oinciden- 
tiae  oppoeitomm  in  sieh  darstdlende  Hamann  mit  seinem  Sinn  für  das 
'  Univemelle,  für  das  Eigenartige,  fOr  das  Unmittelbare  nnd  NatOrliche,  für 
das  Ifystisehe,  für  das  BeUgiöse,  nur  im  Gefühl  und  Gkuben,  mit  dem 
ganzen  Menschen,  aber  nicht  mit  dem  Verstände  ra  Erfassende,  ra  dem 
.T.  P  eine  innere  Verwandtschaft  bekundet,  die  sich  denn  auch  abspiegelt 
in  seinen  so  nahen  persönlichen  und  bis  an  dn.s  T,ebensoude  festgehsltenen 
Beziehungen  s?n  Herder  und  Fr.  H.  Jacobi.  Der  Biograph  hat  daher 
mit  beeonderer  Sorgfalt  die  Freundschaft  J.  P.'s  mit  Herder  und  Jacobi 


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Jean  PanL  Sein  Leben  and  seine  Werke. 


855 


mm  Gegenstand  einer  naiiKjttlirli  HorJers  Natur  oft  in  ein  ganz  nones 
Xiicht  rückenden  Darstellung  gemacht.  Wenn  wir  dagegen  im  vorliegeiitien 
Boche  nur  ganz  im  Yorabergehen  (S.  108)  Hippel  erwftlmt  finden,  so  kt 
da»  bezeiolinend  genug  gerade  itlr  J.  P.;  denn  in  Hippels  Schriften  tritt, 
ihnlich  wie  bei  den  Englindern,  das  metaphysiache  Element  als  solches, 
der  anadraokliche  Beang  anf  die  letaten  Fragen  über  Freiheit,  Oott  nnd 
Unsterblichkeit  nicht  hervor,  wenn  sie  uut  Ii  im  TTinteirgmnde  seiner  beiden 
hnmoristischen  Romane  als  gläubige  Zuvereiclit  liegen  mögen.  Bei  J.  P. 
hUpt  zeigt  sich  der  philosophische  Zug  zn  den  allgemeinsten  Ideen  nicht 
nur  in  besonderen  S«'hriften,  die  er  der  rnst/rbli*  hkeitsfrfif^p  gewidmet  hat, 
sondern  auch  darin,  dass  er  eine  feste  btellung  uimint  zu  den  streitenden 
W«.;ltausc]jauungen,  wie  denn  alle  seine  Schriften  von  diirauf  hinweisenden 
Beflexioncn  durchzogen  sind,  und  einige  seiner  vorzUglickstün  Oesta.it4^u  für 
die  verkörperten  Gegens&tee  des  Idealismus  nnd  Bealiamns  mit  ihisn  Ab- 
art«! gelten  können. 

Und  da  ist  es  nnn  von  besonderem  Interesse,  zn  sehen,  wie  die  ge> 
wältige  Revolution,  welche  daa  Kan  tische  System  in  der  geistigen  Welt 
hervorbrachte,  von  J.  P.  miterlebt  nnd  der  EinflnB  derselben  von  ihm  er- 
fahren und  aufgenommen  wurde.  Während  nämlich  eine  gewisse  gihrende 
Unklarheit  allen  den  Bestrebungen  eigen  ist,  welche  von  M&nnem,  wie  Ha- 
mann und  Hordcr,  mit  äcn  Yprtr»^(prn  der  sogenannten  Sturm-  un  d  Drang- 
periode geteilt  wurde,  war  es  der  kritischen  Philoso|iliie  vürbelmlton, 
einerseits  die  Berechtigung,  welche  in  dem  Znrürkui  lifii  uiifdio  Selbständig- 
keit und  Frtiilieil  des  Subjekts  liegt,  und  andererseits  die  unbedingte 
Geltung  der  durdi  sich  selbst  einleuchtenden  Vernunftgesetxe  nachsa- 
weisen,  denra  das  Subjekt  sieh  sn  unterwerfen  hat,  am  nicht  in  sehianken- 
lose  Willkür  sn  verfallen.  Saut  hat  die  Bedentang  der  Sinnenwelt  ebenso- 
wenig wie  er  ihr  auch  nicht  sn  viel  eingeriLumt  hat;  das 
erstere  nicht,  weil  er  die  Erkenntnis  ihrem  Inhalts  nach  in  dis  Sduanken 
jener  einschloß;  das  letztere  nicht,  weil  er  zeigt,  wie  die  ErkenntniO  nur 
aus  einer  übersinnlichen  Quelle  entspringt,  soweit  sie  eine  allgemeine  und 
notwendige  ist.  Das  Subjekt  \vp\S  sich  nh  don  alleinigen  Triiger  dieser 
ErkenntniÜ;  es  luiterscheidot  aich  ewitc  \ou  All.  in,  was  ihm  als  Objekt  ge- 
geben pein  mag;  damit  inf  die  Siiunnwclt  /.n  vimn-  liloßen  Erschüinung 
herut^geäfatzt,  und  wird  liauni  geüehallt  iur  diu>  Stehen  über  den  Dingen, 
f&r  die  freie  Betrachtung  in  ästhetischer  Beziehung  uud  für  die  Bethätigung 
des  sittlich  gerichteten  Willens.  Nicht  ab  ob  in  beiderlei  Bicbtungon  unsere 
ErkenntniA  erweitert  oder  Uber  die  Sinnebwelt  hinausgeftthrt  werde,  aber 
diese  gewinnt  doch  ein  anderes  Ansehen  und  bekommt  eine  andere  Be- 
deutung} sls  SB  der  Fall  war,  so  längs  dieser  Standpunkt  der  Freiheit  noch 
nicht  gefunden  war.  Die  Vennittelung  data  wird  durch  den  Z  w  eckbegrift 

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Kritiken  und  Releraie. 


ToUzogen.  Dieser  aber  steht  und  fUIt  mit  d«r  Yemanft  selbet  Oiebt  es 
nicht  gewisse  bdehste  Nomen  oder  Ideoi,  «n  denen  gemeseen  die  Ersehet- 
MtDgen  erst  ihren  geringeren  oder  höheren  Wert  fISr  uns  bekonunen,  so 
Ipunieht  «bsnsehen,  weram  -wir  wie  nicht  gleichgQtig  Terhelten,  es  msg  in 

der  Abfolge  des  Geschehens  eintreten,  was  da  wolle.  On  nun  aber  nnsere 
moralische  Natur  einen  Unterschied  macht  zwischen  dem  was  sein  soll  nnd 
was  nicht  sein  soU,  so  können  wir  nifht  anders         <iie  gatizo  Er- 
scheinungswelt  .ler  „yroihcit  im  Siinie  der  sif tlirlieii  LiinteriuijL;"  liieiistliar 
denken.    Wie  ist  nun  aber  dieser  liö'diste  Zweck  denkbar  als  unter  Voraus- 
setzung eines  Wesens,  welches  nicht,  wie  dio  bloße  Ivatur,  uubekümmert 
ist  um  die  Erreichung  jenes  Zw^eckes,  und  welches  auch  nicht^  wm  der 
Mens  eh,  nnr  den  guten  Willen  dsjm  beeilst,  sondern  weldies,  diese 
beiden  lotsten  Enden  sneammenknüpfend,  als  Weltnrheber  „die  Katnr  ftr 
die  moralisdie  Freiheit  swedLmUig  eingerichtet  hat**?  Ist  die  Natnr  eine 
dem  sittlichen  Endsweck  schledithin  wideistrebende  nnd  endgQtig  überiegene 
Macht,  so  mögen  wir  nur  immer  den  unnützen  Kampf  mit  diesem  doch  am 
Ende  sum  Siege  gelangenden  Feind  anheben;  es  hat  keinen  Sinn,  einen 
Gegner  im  Einzelnen  zu  besiegen,  den  man  iil)er1ianpt  und  im  Ganzen  doch 
nicht  aus  dem  Felde  schlagen  kann.    Da  nun  al^er  da.s   Sittengesetz  un- 
bedingt gilt  und  über  j<  ile  andere  Gewißheit  erhaben  ist,  so  empfangen  wir 
von  seiner  En  all  ung  aucli  die  Reglaubij^nna:  fther  den  theoretisch  unfaßlichen 
Sinn  des  Weltganzen,  und  wir  gtdangcn  auf  praktischem  Wege  zu  Pus tu- 
laten  v<m  DaseiiMMtenr  die  vns  sonst  völlig  unerweididi  bleiben.  80  gipfelt 
das  Kantische  System  in  der  Idee  einw  moralischen  Weltordnung.  Der  isthe- 
tisehe  Menseh  trifft  aber  darin  mit  don  moralieohen  sosammeo,  daß  er 
die  Dinge  in  freier  Betrachtung  derselben  Idee  einer  hdchsten  Einheit  unter- 
wirlt,  die  er  auch  praktisch  an  seinem  obeisten  Bestimmangagrande  macht. 
Wenn  nun  im  Erhabenen  stets  die  Erscheinnng  hinter  der  Idee  zurück- 
bleibt, ohne  daß  das  erhabene  Subjekt  sich  an  der  Wahrheit  der  Idee  da- 
dnrfh  irre  maehon  läßt,  und  wenn  im  Tragisrhen  die  eine  Seite  der  Idee 
mit  der  anderen  in  einen  unlösbaren  Widei sjiriirli  tritt,  so  erhebt  sich  der 
Humor  aus  dem  Schmerze  dieses  und  jedes  sonstigen  Widerspruchs,  ja,  er 
entniiDUit  gerade  aus  der  IJeberwindung  dieses  Schmerzes  die  Kraft,  noch 
ein  Oberlegeuee  Läclieln  gegenüber  den  tiiatsächlichen  und  nicht  w^zu- 
rftnmenden  Oegenefttien  an  haben,  üm  im  Bilde  an  sprechen,  eo  wird  dem 
tragischen  Helden  die  Wahl  geetellt  awisdien  swei  Bechern,  die  verschiedeoe 
Gifte  enthalten,  und  deren  einen  er  trinken  soll;  der  Humorist  gieftt  beide 
Gifte  ttMwnmea  nnd  bereitet  daraus  einen  Trank,  der  dadurch  seine  tttdtliche 
KnA  Tsrliert  und  zu  einem  Labsal  fUr  ihn  wird,  daß  er  einige  TropUn  der 
ihm  eigenen  Geistesart  hinzuthut.   Diese  Geistesart  ist  nun  aber  ganz  un- 
aerlrennlich  von  dem  Individnam,  welches  der  Humorist  darstellt,  und 


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Jeaa  PauL  Sein  Lebeu  und  seine  Werke. 


367 


et  ist  fSac  J.  P.  höchst  beseichDeiid,  daß  bei  ihm  gerade  darin  der  Huiuoi- 
Min  (IbermütigBteB  und  glänzendstes  Spiel  treibt,  dai  das  empirische  Sab- 
jelEt  und  das  reine  Ich  im  Ficbte^sehai  Sinne  stets  mit  einander  im  Kämpft 
liegen  ond  sich  gegenseitig  den  Bang  streitig  machen.  TTnd  hier  ist  anch 
der  Puiktr  wo  J.  P.  Aber  Goethe  nnd  Schiller  hinaniqssht,  die  in  ihrer  Vor- 
liebe fix  die  Antike  mehr  das  Typische  als  das  Individuelle  ansasaprftgen 
bedacht  waren.  Sehr  feinsinnige  bemerkt  alsoNenrIich:  „Die  schirfere  Ans* 
bOdnng  der  Snbjekthntftt,  der  grelle  Kontrast,  in  welchen  sie  sieh  aar 
Anlenwelt  satat,  hat  ancb  eine  tiefere  Einkehr  ins  Innere  anr  Folge  nnd 
fördert  im  menschlichen  Hersen  Terborgene  Scbfttae  ans  licht»  die  nns  vor 
J.  P.  nnbdcannt  waren."  (S.  209.)  Durchaos  von  Kantisehem  Geiste  dnrch> 
drangen  zeigt  sich  J.  P.  in  seinem  Festhalten  an  den  Ideen  von  Gott,  Frei- 
heit und  Unsterblichkeit,  nnd  es  trftfe  sicherlich  nicht  zu,  wollte  man  von 
Minem  Homor  geltend  machen,  was  Yischer  gesagt  hat:  „Der  Geist  der 
Komik  ist  ganz  Geist  der  Immanenz;  das  Komische  ist  schleclitweg  pan- 
theistisrli."  (S.  Nerrlich  S.  65.)  Ist  forner  der  ..Titan"  für  .T.  P.'s  Hntii.t- 
werk  zu  halten,  und  hat  er  darin  die  Maßlosigkeit  äos  ülx  i  alle  Schranken 
sich  hiuwegsetTtenden  Stürinen?'  nnd  Drängf'n«'  in  seiner  •^i''])  sfl^st  zer- 
störenden Holillieit  und  Hösartigkoir,  besonders  im  l^«.>i]uain'l.  «Ifu  N'errlicli 
den  dramatischsten  seiner  Charaktere  nennt,  darstellen  Wullen,  gehört  es 
überhaupt  zu  seinen  von  Nerrlich  mit  Recht  betonten  Eigentümlichkeiten 
und  gröPten  Verdiensten,  das  vorwiegende  P Ii a ntas ielebon  ebenso  nach 
seiner  unschuldigen  und  beglückenden,  wie  nach  seiner  gofahilichen  und 
TerhängnifivoUen  Seite  geschildert  zu  haben,  so  wird  mau  darin  nicht  den 
Einflnfi  des  Köoigsberger  Weltweisen  zu  yerkennen  vermögen,  von  dem 
SehOI«  sagte,  dal  er  das  Moralg^ts  in  seiner  ganzen  Hdligkeit  vw  dem 
entwürdigten  Jahrhundert  ausstellte.  So  wenig  nun  auch  Kant*)  ip  seiner 
Kritik  der  Urteilskraft  das  Homoristische  genau  behandelt  nnd  so  sehr 
er  anch  nur  anf  das  K<nni8che  einige  Schlaglichter  fallen  lißt,  so  war  er 
doch  bekanntlich  ein  Freund  der  Satire,  der  er  dnichans  vor  den  prahle- 
iweben  und  mit  der  Wahrheit  es  nicht  allaugenau  nehmendon  Leistungen 
der  sehöne  n  Redekunst  den  Yorsng  gab,  nnd  es  mag  hier  wohl  an  passender 
Stelle  daran  erinnert  werden,  daB  er  von  dem  Talent  anm  Komischen  sehr 
günstig  dachte,  wie  folgende  Stelle  aus  der  Kritik  der  Urteilakraft  beweist: 
nVoltaire  sagte,  der  Himmel  habe  nns  nun  Gegengewicht  gegen  die  vielen 


*)  Daft  Kant  nach  dem  Zeugnift  Fr.  H.  Jacobrs  (Brief  an  Dohm  vom 
13.  Deeember  1798),  ffaXlea  h'eset,  was  Jean  Paul  schreibt,  mit  d«r  größten 

Begier  ].  "  icf.  Nerrlich,  Jean  Paul  und  ^:.•ine  Zeitgenossen.  S.  200\  möchten 
^ir  It  zweifeln;  wenigstens  könnten  wir  keinen  Belag  dafür  weder  aas 
Kants  Schriften  noch  seinen  Briefen  anführen.  Anm.  d.  Kud. 


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058 


Kritiken  und  Keferato. 


Möhaelii^eiteii  des  Lebens  swei  Dinge  gegeben:  die  Hoffnung  und  den 
Schlaf.  Er  bfttto  noch  das  Lachen  dazn  rechnen  können,  wenn  die  Mittel, 
es  bei  vernünftigen  Wesen  m  erregen,  nur  so  leicht  bei  der  Hand  wftren, 
und  der  Wits  oder  die  Originalitftt  der  Leone,  die  dasa  erforderlich  sind, 
nicht  ebenso  selten  wären,  als  häufig  das  Talent  ist,  kopfbrcohend,  wie 
mystische  (Grübler,  Iialsbreclieud,  wie  Genies,  oder  herzbrechend,  wie  empfind« 
same  Roman schreiber  (auch  wohl  dergleichen  Moralisten),  zu  di(;]iten/' 

Wir  gehen  nun  noch,  so  weit  es  der  Raum  hier  gestattet,  auf  die 
pädagogische  Bedeutung  J.  P.'s  und  des  NeiTlicli'schen  Buches  mit  Einigem 
ein.  Aehnlirh.  wie  ein  l^onssfan  und  ein  Pestaloy^i  und  ganz  gewiß  auch 
unter  dem  miit*;ll'aroii  KiiitluB  tltM-snlben,  die,  jeder  in  seiner  Weise,  auch 
an  der  Bewältigung  des  Weltwesens  ??^heiterten  und  sich  darin  nirbt  un- 
recht zu  tinden  vermochteu,  mußte  auch  J.  P.  nus  der  Fülle  8<  ines  liebeu- 
den  Herzens  (S.  100)  sich  di«-  Frau;»  vorlegen,  *1)  es  nicht  möglich  und  not- 
wendig sei,  eine  Kuubt  aUüzuüLcjj,  webdie  ant  die  Jugend  derart  bildend 
einwirke,  daß  sie  dadurch  der  Herrschuli  des  Uuveistaudes  oder  blindtn  Zu- 
falls möglichst  entzogen  werde  und  so  vor  jenen  Irrwegen  bewahrt  bliebe, 
die,  wie  ihn  die  eigene  Erfahrung  lehrte,  für  das  ganze  spätere  Leben  naeh^ 
teilig  seien.  Indem  nnn  X  P.  so  auf  die  Grundfragen  aller  Entehang  sn- 
rftckging,  indem  er  stets  die  menschliche  Natur  als  solche  vor  Augen  hatte, 
in  welche  er  als  Dichter  die  tiefsten  Blicke  gethan  hatte,  yerleognen  auch 
seine  pftdagogischen  Ideen  niemals  ihren  Ursprung  aus  dem  Vollen  und 
Gänsen,  aus  dem  sie  geschöpft  sind.  Sie  entbehren  swar  durchaus  der 
Wissenschaftlichen  Systematik,  aber  sie  sind  dennoch  in  dem  Stuie 
philosophisch,  daß  sie  weder  der  Erfahrung  noch  der  Allgemeinhdt  etwas 
schuldig  bleiben.  Die  unschätsbarma  Anregungen,  die  J.  P.  besonders  in  d« 
Levana  gegeben,  sollten  allen  Erziehern  immer  gegenwärtig  sein.  Freilich 
wird  man  doch  manches,  was  J.  P.  aus  eigener  Pnuds  hier  beibringt,  mit 
Yorsicht  auCzunohmcn  haben.  Es  ist  nicht  zu  T^n^essen,  daß  er  selbst  immer 
nur  Privatunterricht  erteilt  und  manche  von  Nerrlich  selbst  als  solche 
anerkannte  Mißgriffe  begangen  hat  (S.  I(i7),  ja,  dass  er  selber  einen  schlechtea 
oder  dncl)  vielfach  unzureichendr-n  ITntf  rricht  sowohl  zu  Hause  wie  auf  dem 
Gymnu!?iiiin  (S.  f>7)  erhalten  hat.  Man  wird  noch  nicht  zum  Vertoidii:«^  der 
Pedanterie,  wenn  man  dem  Humor  in  Gcvopeii  Khissen  iii'  lit  _i:<'radr  di'' 
Vemeudung  geben  zu  dürfen  glaultt,  die  t  im-ui  Pri\ atleln  er  innf^lii  Ii  »yin 
mag  (S.  IGH).  Es  giebt  eine,  besondere  au'  h  von  Hf^^el  betonte  Seite  des 
Unterrichts,  von  der  aus  dcrbtlbe  die  liamligung  uiid  Cutcrvvetfuog  der 
individuellen  Willkür  unter  das  allgemeine  Gesetz  ist.  Erst  in  der  Schule, 
als  dem  Staat  im  Kleinen,  tritt  diese  Seite  hervor.  Wenn  man  haben  will, 
sagt  Schiller,  daß  ein  Geschäft  gut  besorgt  werde,  su  mag  man  aich  j» 
hüten,  es  als  ein  Spiel  ansoküudigeu.  Nichts  desto  weniger  wird  J.  F.  atlS' 


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Jeau  Faul.    Seiu  Lebeu  und  seine  Werke. 


35y 


leit  BedhI  bebaltoi  in  dem,  was  er  ftber  die  Persönlichkeit  des  Lebren 
Mgi  (3.  168).  Sie  ist  von  der  allei^^Bten  Bedeutung.  Was  flberhanpt 
in  and  an  dem  Menseben  iat|  das  kommt  bei  jeder  Gelsgenbeit  Tiel  mehr 
nnd  deotlicher  fftr  den  Mensohenkenner  zum  Vorsebein,  als  was  er  im 
Augenblicke  gerade  beabaicbtigt,  wie  Liclitonbei^  es  in  seiner  witsig-dwben 
Weise  ausspricht:  ^Manche  trinken  heimlich  nnd  sind  öffentlich  besoffen.*' 
So  ist  denn  'auch  die  fiinfüln-ung  in  den  Geist  dee  Alterthoms  an  diese 
Persöaüchkeit  gebunden.  Wenn  J.  P.  meint,  daß  nur  Hftnner  von  Sinn  und 
Kraft,  nur  Sonntagskinder  den  Geist  des  Altertums  gesehen  haben  (S.  50G), 
80  legt  er  freilich  den  höchsten  Maßstab  an,  aber  gewiß  bleibt  es  wahr,  daß 
das  Sludiuni  tler  Alten  an  sich  einen  von  Natur  stumpfen  Geist  und  einen 
unedlen  Charakter  nicht  in  das  Gecrenteil  verwaTKlelu  wird,  sondern  daß 
gtite  Anlagen  und  nnablässiir*'  Arbeit  an  bich  sellist  allein  die  rechte  Frucht 
trsiren  können.  Würde  denn  nun  ahpr  darin  ftwas  geändert  werden  können, 
wfcua  au  die  Stelle  der  Alten  die  deutsclie  Spra'- he  und  die  Philosophie 
in  den  Mittelpunkt  de«  Unterrichts  gerückt  würden?  ritliören  tTir  diese 
Unterrichtsgegenstäudü  weniger  die  Voraussetzungen  einer  edlen  (iesinnunt!: 
nnd  einer  scharfen  Auffassung?  Liegt  nicht  wirklich  zuletzt  mehr  au  dem 
Denken  selbst  als  an  dem  Gedanken?  Wir  müssen  es  nns  an  dieser  Stelle 
versagen,  alle  die  einseinen  Punkte  su  belencbten,  in  denen  Nerrlicb,  wie 
achon  oben  bemerkt^  mit  der  grOftten  Entschiedenheit  das  klassiBche  Alter- 
tnm  sowohl  als  ünterrichtestoff  fiberhsnpt,  wie  besonders  nach  der  Seite  der 
llblichsn  Untenichismelbode  bekftmpllt.  Wir  wttrden  hier  im  GroAen  nnd 
Oanastt  nns  ni«^t  zustimmend  verhaltoi  können,  da  wir  davon  übersengt 
aind,  daft  der  Sinn  fflr  die  Wahrheit,  dessen  größte  Feinde  die  Selbst- 
mekt  und  die  Einbildungikrafk  in  ihren  Anaschweifungen  sind,  in  einer  d«n 
Jug^dalter  angemessenen  Weise  am  besten  durch  das  Stadium  der  Alten 
geweckt  wird.  Der  Verstand  darf  nicht  nnr  in  seiner  Zusammensümmung 
mit  der  Phantasie  gebildet  werden;  er  muss  eben  auch,  wie  Schüler  steh 
auf^'lrückt,  die  Form  von  dem  Stoffe  scheiden  und  als  ein  reines  Vermögen 
iiandelu  lernen,  und  auch  J.  P.  selber  hat  es  ausgesprochen:  r^^^in  Geist- 
tverk  ohne  ein  Handwerk!"^  (3.  510).  Andererseits  wird  allerdings  durch 
die  Xorrlich'schen  sehr  ernst  p^emointen  und  zu  nehmenden  Ausstellungen, 
die  bis  auf  Hamann  (S.  29  ff.)  und  Herder  (S.  33  ff.)  zurüf  k^reifen,  wiederum 
die  Frage  nahe  gelegt,  ob  nicht  in  Fol^e  davon,  dati  wir  zu  viele  Gym- 
nasien haben,  die  höhere  Bildung  zn  verflachen  droht,  und  ob  überall 
der  ünterri'  ht*?toft'  schon  in  ih'v  ausreich'jnden  Weise  gesichtet  ist.  Von 
diesem  Gesi» dit.-^pnnk?  aus  haltüu  wir  die  Anixiifle  Nerrlichs  für  berechtigt, 
tind  wemi  wir  deuaelbeu  ent.{*«'gen treten,  so  verkennen  wir  d<.eh  nicht,  daß 
sie  von  einem  tiefen  Wahrlieitsl-edürtniß  Zeugniü  ablegen.  Die  Lüge  muü 
aus  der  Welt  schwinden,  dafi  so  viele  Menaclien,  wie  heutzutage,  dazu  be- 


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360 


Kritik^  nnd  Bafenite. 


rufen  sein  sollen,  in  ihrer  Vorbildung  bis  auf  Athen  und  Rom  zurücksugeben 
und  doch  sirh  von  da  an«;  in  der  heutigen  Welt  zurechtzufinden. 

Das  Buch  von  Nerrlich  ist  geradf  in  unserfr  von  allem  Idealen  so 
sehr  abgewandten  Zeit  wieder  einmal  eine  lierejta  Mahnung  daran,  daß  alle 
wahre  Verbesserung  nur  von  innen  ausgchüu  kann.  Indem  es  das  Geistes- 
bild J.  P.'s  in  seiner  Allseitigkeit  vor  uns  aufrichtet,  knQpft  es  an  die  Ueber> 
lieferong  einer  SSeit  «o,  die  «war  AnBerlieb  nicht  eo  ^^liusend  dastand,  m 
die  anaerige,  daftlr  aber  innerlich  umso  reich« war.  So  möge  ihm  denn 
eine  gedeihliche  Wirksamkeit  vergönnt  sein  in  dem  Sinne,  daE  es  die  Ver- 
gangenheit mit  der  Oegenwart  ▼wmittle^  am  so  ftr  eine  bessere  Znkanft 
den  krftftigsten  Anstoft  wa  geben  1 

Meserits.  Dr«  Arthar  Jnng. 


Katechtzui  Ledesmy  ir  przekladcio  iv.Mchodnio-liti»>kua  /.  wvdaaia  wüeu- 
skiego  z  r.  1605  wydal  i  gramatyczuyui  wsigpem  i  slownikiem 
opatrzyl  Dr.  Jan  Bystron,  nauczyciel  gimnazyalny  w  Stryju. 

Der  Katechismub  des  Ledesma  in  ostlitauischer  Uebersetzung,  nach 
der  Wilna'er  Ausgabe  von  1605  herausgegeben,  mit  einer  grammatischen 
Einleitung  nnd  einem  Wdrterbnche  versehen  yon  Dr.  Jan  Bystrotf ,  Gymnasial- 
lehrer in  8tryj  (Galiaien).  Krakau,  1890.  4«  1  Bl.  131  pg. 

Vorliegendes  Werkchen  ist  eine  Arbeit  von  hoher  wissenschalUicher 
Bedentang,  nnd  es  ist  somit  sehr  bedanerliefa,  dal  dasselbe  heute  bereite  sa 
den  bibliographischen  Seltenheiten  gehört^  mdem  nur  25  Exemplare  davon 
gedruckt  worden,  die  natürlich  vergriifen  sind.  Zwar  ist  die  Arbeit  vorher 
schon  in  den  Pablicationen  der  Krakauer  Akademie  der  Wissenschaften 

m 

erschienen;  diese  aber  sind  in  nichtpolniechen  (id^emlen  leider  weit  weniger 
verbreitet,  als  sie  es  verdienen.  ~-  Den  Haupttheil  des  Buches  (p.  <9— 87> 
bildet  ein  scrujmlos  genauer  AVidrnek  de.^  Ledesma'schen  Katechismus  im 
ostlitauischen  Dialecfe.  Jakob  Ledesuia  (löÄ">— 1575),  ein  gelehrter  spanischer 
Jesuit,  gab  einen  Kutochiismus  heraus,  der  so  viel  Beilail  iand,  daß  er  bald 
in  verschiedene  andere  Sprachen  übersetzt  wurde,  so  1595  in  den  zemajtischvn 
Dialeet  durch  Daukeaai  der  sich  dabei  auf  eine  schon  vorhandene  polnische 
Uebensetsnng  statste.  Diese  Uebemetsnng  des  Daukssa  ist  1886  durch 
E.  Wolter  in  Petersburg  In  getreuem  Ahdrw^  und  mit  werthv<^en  hiblio* 
graphischen  und  grammatischen  Bemerkungen  nebst  Wörterbuch  der  Ge- 
lehrtenwelt wieder  sug&ni^ieh  gemadht  worden.  —  Da  in  Ostütanen  sahl» 
reiche  Stimmen  laut  wurden,  wrlrlio  dieee  Uebersetsung  des  D.  fllr  an  ver- 
ständlich, weil  im  iemajtiscben  Dialeet  verfiJti,  erklftrten,  so  übernahm 
einige  Jahre  später  ein  Ungenannter  eine  sich  nicht  nur  auf  die  Sprache 
sondern  auch  auf  den  Text  erstreckende  Umarbeitung,  welche  1605  zu  Wilna 


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Katechizm  Ledesmy  w  pnrakladaie  wschodoio-Utewsklm  eio. 


36i 


die  PreMe  TeitM  und  Toa  der  heute  nur  ein  einrigee  £xempl«r  (in  der 
JagielloiiiBdien  Bibliothek  sn  Krekan)  bekannt  isfc»  diesen  ttberans  getreuer 
Abdruck  nunmehr  tot  uns  liegt  und  sich  den  Pubticationen  ihnlieher  Art 
TUtt  Bevmiberger,  Beehtel,  Oarbe  und  Wolter  in  durchaua  würdiger  und 
ebenbflrtigff  Weise  anreiht»  In  der  gnunmatisohen  Einleitung  macht  Byt/broA 
ausführliche  Bemerkungen  bezügliclt  der  Ortographie  (welche  schwankend 
und  iaeoosequent  istX  Fhonologie  (esz  für  asz;  o  für  die  Conjnnctiun  a; 
untams,  unt  für  antaraa,  ant,  n.  s.  w.),  Morphologie,  und  findet  zum  Schlüsse, 
daß  die  Hpra^^he  diosfs  Kat.  außerord«>ntHfhe  AAhnlirhkfit  mit  der  Sprache 
Szyrwid's  hat.  dor  a)**']'  dof^li.  »'inii^or  Uiiters<  hiede  we^T'ii,  der  Uebpr«etz*^r 
nicht  sein  kaiui.  Das  litimiH»  li-jH.lnisiche  Wcrferverzei'  lmiß  am  8t:lilus.'j».'  ist 
sehr  genau  und  ausfülirlicli.  In  den  Aumerkungen  imUr  dem  AbJrucko 
giebt  B.  die  Varianten  bei  Dauk&za  an.  Hier  w&re  eine  Ubersichtlichere 
Anordnung  am  Flalse  gewesen.  Da  s.  B.  an  einer  Dmekseite  dftei«  drei 
Druckseiten  des  slten  Kat.  parUcipiren,  so  hfttten  die  Anmerkungen  nach 
den  Seitensahlen  des  alt  Kat.  (die  auch  oben  schärfer  hsrvorsuheben  ge> 
weeen  w&ren)  gesondert  werden  müssen.  Sembrsycki. 


MmfCf  Stanklewicz,  W  ^prawle  irromadzcnla  materyalow  do  dxlejdw 
PÜintennictwa  Litew^klego.  M.  Stankiewicz,  Betreffs  der  Sammlung 
von  Material  zur  Geschichte  des  litauisdi«!  SchrÜtthums.  3  pg. 
—  Nicht  im  Rnrhhandel. 
Der  diirdi  seine  mit"  du-  ütatiischo  Bibliographie  bezügli^dien  Arbeiten 
bereite  rühmlich  bekaiiute  Verlktispr  stellt  im  vorliegendpn.  für  die  zweite 
Versammlung  polnischer  Historiker  zu  Lemberg  vertalittsn  Referat  über- 
sichtlich zusammen,  was  Deutsche,  Polen  und  Russen  auf  dem  Gebiete  der 
Utauisehen  Bibliographie  bisher  geleistet  haben,  und  mal  den  DeutHChen 
und  Russen  denVoxrang  zugestehen,  wenn  auch  Ejkriowics  und  Stankiewics 
selbst  sich  auf  diesem  Felde  ehrenvoll  hervorgethaa  haben.  Die  Sembnsydti'sche 
Axbeit  libcir  das  MSelcke'sche  Gesangbuch  ist  nicht  erwfthnt.  Zum  Schlosse 
ersucht  St.  sttue  Lsndsteute,  das  bisher  Vereftumte  naehsuholen  und  n&ment> 
lieh  nach  alten  litauischen  Drucken  zu  forschen.   In  letsterer  Besiehung  hat 
St.  bereits  Bedeutendes  geleistet  und  eine  Sfunmlnng  von  Lituanicis  zu* 
ssmmengebracht,  in  der  nch  Unica  befinden.  Sembrzycki. 

Herzog  Albrecht  ron  Treusseu.     Eine  biographische  Skizze.   Von  Karl 
J.ohmpyer.    Festschrilt  zum  17.  Mai  1890,    Danzig.    Verlag  und 
Druck  von  A.  W.  Kafemnnn.    1890.    62  S.  8.  Preis  80  Pf. 
Entsprechend  der  Htideutuiig,  'welche  die  Wiiksamkeit  des  Herzogs 
Albred&t  von  Prsulen  flir  die  geschichtliche  Eutwickeluug  unserer  heimaih- 
lichen  Provina  und  des  gesammten  preuAischen  Staatswesens  hat,  ist  auch 


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362 


XritÜi«n  und  lUfento. 


die  ütteratttr  über  diesen  Forsten  eine  sdemlioh  reiehliidtiga.  Trotodem  ist 
eine  ausführliclie  Lebensbeschreibung  desselben  —  wenigstens  eine  solche, 
die  AttBprncIi  auf  Beacbtung  verdient©  —  seit  den  Tagen  des  alten  Bock, 
der  sein  Werk  „Ivcben  und  Tliaten  des  durchlaiicbtigen  etc.  Albrecht"  ira 
Jnliro  175C)  erscheinen  ließ,  rii^^ht  »^p^^'hnV'ben  worden.  Das  hat  seinen  Grund 
hall]  fsficlilich  in  der  Schwierigk«  it  ii  i  Besdmflujig  des  archivalischen  Ma- 
terials. Es  ist  ja  im  Kgl.  Stafttsar(  )M\  zn  KönitJ^sberg  eine  große  Menge  von 
Correspondenzen  und  sonstigen  die  Kegiwruug  dt:ti  Herzogs  betrefleud.ua  Ur- 
konden  Torhandeu,  allein  sehr  vieles  findet  sich  noch  zerstreut  in  anderen 
denteoben  nnd  aaewärtigen  Archiven  nnd  kt  «itweder  no^  gAtnieht  nie 
Licht  gezogen  oder  doch  nicht  verwerthet.  Albrecht  gehOrte  einer  weit  ver* 
sEweigten,  zahlreichen,  mit  den  meiaten  deutachen  nnd  vielen  anfiwirtigen 
Hdftn  verwandten  Jainilie  an,  nait  der  er  in  naher  Yerbindong  an  bleiben 
wünschen  mnßte,  tun  hier  btt  seiner  eigenthUmlichen  Zwitterstellong  ala 
deutscher  protestatitischer  Fürst  und  als  Vasall  des  katholisrhen  Polens  einen 
Hückhalt  zu  liaben.  Daraus  erklärt  aich  der  große  Umfang  seiner  Corre- 
spondenz,  dadurch  auch  läßt  sich  der  Umstand  erklären,  daß  eine  quellen- 
mäßige Darstellung  der  Lebens-  und  Hegierungsgeschichte  Aibrechte  noch 
immer  auf  sich  warten  läßt. 

Die  so  .schwer  emjit'un  li  iie  T.ii'.ke  iu  unserer  heimischen  Historiogvaphie 
wenigstens  theilweiee  zu  lülleu,  ist  die  „biographische  Skizze"  geeignet, 
welche  Karl  Lohmeyer  anläßlich  der  vierten  Säkularfeier  des  Geburtetages 
Herzog  Albrechts  Aber  diesen  Fürsten  verdffentlicht.  Da  äsatY^rßumear  nieht 
nur  mit  den  Königsberger  Archivalien  gründlich  vertraut  ist,  sondern  andh 
aus  den  Staatsarchiven  zu  Berlin  nnd  Schwerin  zu  schöpfen  Oelegenheit  g^ 
habt  hat,  ao  dürfen  wir  von  ihm  manche  neuen  Gesichtspunkte  zur  Bear- 
theilnng  des  Herzogs  und  seiner  Regierung  erwarten. 

Das  Schriftchen  stellt  aich  als  ein  „erweiterter  und  theilweise  um- 
gearbeiteter Abdruck*^  einer  vom  Verfas.<or  für  die  Allgemeine  Deutsche 
Biographie  im  Jahre  1B75  gelieferten  Abhandlung  dar,  und  wir  haben  allen 
Grund,  das  Er8chein<'n  dit  sfr  ricnen  Anfinge  freudig  zu  begrüßen,  denn  die- 
selbe bif»tf't  vor  (lor  ftiiln.'rijii  naint  iiili'  )i  ilfiti  VorthHl.  daß  sie  durch  ihre 
Bro.scliureniunu  auch  tiueui  gruUer«;u  Publikum  —  und  für  ein  solches  ist 
dieselbe  geschrieben  —  zugänglich  wird.  Danken.swerto  Aenderungen  sind 
ferner  die  als  Auliang  hinzugefügte  „Albrecht-Bibliographie"  und  die  Ein- 
tbeilung  des  bibalie  in  zwölf,  nach  chronologischen  und  nuililiohtti  Ge^hts- 
punkten  geordnete  Capitel,  wobei  es  sich  freilich  zur  bequemem  fienntanng 
empfohlen  haben  wfirde,  den  einzelnen  Capiteln  kurze  Gapitdflberschriften 
voranzustellen. 

Eine  ümarbeitang  und  Erweiterung  gegenüber  der  frtthera  Auflage 
hat  hauptsftchlicb  der  letzte  Theil  erfahreu.    Die  Intriguen  des  Herzogs 


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Herzog  Albreckt  vun  Preuiien.  868 

Johana  Albreoht  von  Mecklenbius,  und  der  Oemahlin  doaeelben,  Anna  Sophie, 
der  Tochter  Albreobte,  sowie  die  Terbindnng  dieses  Fttistenpeares  mit  den 
Ifaebinetionen  des  Skalich  and  seiner  ComplioeQ,  deren  Ziel  die  UmstoBnng 

der  seit  1663  festgestellten  Erbfolge  der  Brandenbnrgis  I  on  Kurlinie  su  Gunsten 
der  Mecklenbixrger  war,  finden  bier  eine  i^'n^^ebemlo  W  ir  li-nnrr. 

Im  Interesse  unserer  vaterl»ii<li8chen  G^chicbtskimde  wUnsrhcn  wir 
dem  Büchlein  eine  möglichst  weite  Verbteitnug.  Fischen 


AlterthDms-*0es6ll8ehaft  Prussia. 

Silxnng  T«m  17.  IUI  18811.  Rechtsanwalt  Kleinschmidt  ans  Inster^ 
bürg  batte  als  Gegenstand  des  Vortrages  gt^wähtt:  „Das  Problem  der  Venns 
von  Milo,  eine  ethnologische  Studie.*^  Der  alte  Streit,  ob  die  Statue  der 
Venns  von  Milo  eine  Venns  oder  Viktoria^  ist  neuerdings  durch  eine  Schrift 
des  Amerikaners  SUUmann  wieder  zur  Erörterung  gestellt.  Derselbe  hält 
die  Statne  Ar  die  nngeflügelte  Siegesgöttin,  welche  in  einem  kleinen 
Tempel  vor  der  AkropollS  von  Alben  gestanden  babe.     Der  Vortragende 
hält  die  Statue  für  Venus  nnd  Viktoria  zngleicb.    .Sie  i.st  die  zur  Göttin 
cHuibcne  weiblicb*-  (M-leit.seele,  welrbo  beide  Funktionen,  der  Liebes-  und 
dr-r  ^5  i  e  p;'«'?' göt  t  i  n ,    in   si'^b  vt'r»'ini;j;T.     Dom   todtni    HpI-^pti    f<'lixr'n  frei- 
willig sein  Weib  un«l  seine  Liebliii^sdieuer,  die  nmn  iJe.sliull»  Gtiieii^L-elea 
nennt.    Sie  werden  erdrosselt,  mitveibranut  oder  mitbeirrftl>f»n,   wübrt-ad  im 
Gegensatz  hiezu  blutige  Menscbenopl'er  zur  Ntibrung  uii«l  Matkuug  der 
Seele  des  Todten  dargebracht  werden.   Die  Wittwe,  welche  dem  Manne 
nicht  folgt,  wird  ins  Wasser  gestoAen  und  maS  darin  verbleiben,  bis  der 
Mann  verbrannt  ist.  Die  Seele  des  Mannes  tährt  in  die  Fran,  plagt  sie  nnd 
madit  sie  sum  Schrecken  der  Lebenden.  Durch  das  Bad  wird  die  Seele 
ausgetrieben.    Der  Fran,  die  sich  mit  dem  Manne  verbrennt,  wird  ein 
Denkmal  gesetst,  und  ihr  besondere  Verehrung  erwiesen.   Venns  heilt  die 
Erwfirgte,  Venus  libitina,  die  sieb  freiwillig  erwürgen  bißt,  oskis'  li  Iii  icntatis 
die  Wollende.   Die  Venus  lil  if  i  '  ■  f  die  LeichenfurNtin.  i  b  nti^.  h  mit  der 
Persepbone  und  mit  der  Littnui»*  htn  Vielona  und  Teljovelja  telo —  Leicbnam. 
l)ie  Frau  wird   sr^daebt  nU  in  der  Flamme  dfs  ScIuMterbaufens  mit  dem 
Helden  zum  iliinnu  l  ctniMirNti  igend.    Desbalb  heiüt  die  weiblicbe  Goleitsoolo 
bei  den  Pbooiciern  Astarie,  diu  b<ii  li  einporgestiet^eno.    In  Kreta  beißt  die 
Venus:  Britomartis.  die  Braut  des  Vorbiaiiutea  und  JJiktynna,  die  Verbrannte. 
Griechisch  Persephone  bedeutet :  die  durch  Feuer  gctodtote.  Aphrody te  (sie  I ! !) 
ist  nicht  die  Wdlenschaumgeborene,  sondern  die  in  den  Wellen  nnterge- 
taochte,  Anadyomene  die  Frau,  welche  nach  erlittenem  Tod  als  Göttin  aus 
den  Wellen  emporsteigt.  Wichtig  fttr  den  Völkergedanken  der  weiblichen 


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304 


Kritiken  und  BefenAeb 


Qeleitieele  wt  EtrnAiadie.  Li  d«r  Luelirift  von  Magliaao  wird  der 
Held  aisera,  der  Emporgefahrene  genannt.  Er  entoprichfc  dem  littameehen 
aitvaraa  (ait-tar).  Die  (^eleitscelen  heißen  Hurises,  die  mit  emporgefahrenen. 
Ihm  n  werden  besondere  Opfergaben   dargtlini' ht.     Die  Venus  heißt  im 

Etrnskischen  Turan,  Alpan.  Achuvitr,  Tmtvcri»'.  Tiiran  i^t  <lic  „Dirne", 
Dienerin,  ent-sj,rofliPn'l  dem  lif.  tamaa,  Diener,  woiür  BczzenlM^rgfr  eine  altö 
Nebenform  tunia«  beibringt.  Alpan  ist  die  Verstorben'-,  zu  ver^'b-i'  Ihmi  mit 
lit,  nl|  lla^  ohnmächtig.  Die  Seelr»  verläßt  den  Kurj^er  bei  der  Ohnmarht 
ztiitwtilig,  beim  Tode  dauernd.  Alpan  htilit  ferner  das  auf  das  Grab  ge- 
setzte Staudbild  des  oder  der  Todten,  später  das  Weihbild  überhaupt.  Auf 
einer  höheren  Kultnratafe  tritt  die  AblÖsnng  ein.  Die  Frau  beateigt  nicht 
mehr  den  Scheiterhaufen.  Dem  Tentorbeoen  Vanne  wird  nnr  noeh  das 
Bild  eines  Weibea  auf  das  Grab  geeetat  Einen  Ahnliehen  Gebrauch  findet 
man  vielfach  bei  anderen  Völkern.  In  Jaftan  werden  dem  Herrn  an  Stdie 
der  Diener  hölzerne  oder  thönenie  I^goren  ins  Grab  gegeben.  In  Bufiland 
findet  iiiaii  iu  Gräborn,  welclie  den  SkyÜien  zugeschrieben  werden,  regelmäßig 
als  Orabbeigabe  das  Steinbild  einer  Frau.  Dieselbe  Bedeutung  haben  die 
im  Musenm  der  physikalisch  -  ökonomisclien  Gesellschaft  befindlichen  ßem- 
steinfipiTf^n  Es  find  f»l>eTifnlls  Franenbüder.  welche  r.vim  Zweck  der  Ab- 
lösun«^  drill  Todten  ins  (iraV)  mitgegeben  wunleii.  Din^  iilpan  erscheint  auf 
etruskischen  Spiegeln  Luid  als  Venus,  baUi  als  IVr^oplidne.  Tnditer  der 
Demeter.  Achuvitr  heißt  die  AsenbewUlkommuuriu  (lit.  vitoti  zutrinken,  be- 
willkommnen) trutvecie  heißt  dasselbe,  lit.  druts  heißt  der  Starke,  der  Held. 
Achuvitr  und  trutvecie  könnte  man  fagUeh  mit  Walküre  übersetaen.  Dia 
xur  Göttin  gewordene  Oeleitfieele  erscheint  als  Liebesgöttin,  als  Geliebte 
des  sterbenden  Helden,  aber  anch  als  Tbdes-  and  Siegesgöttin,  die  den  todt- 
wunden  Helden  in  ihren  Armen  empfingt  und  in  das  JensettSf  in  Walhall 
emporhebt.  Wenn  wir  festhalten,  daB  die  Venne  von  Milo  diesen  Gedanken 
verkörpert,  so  darf  es  uns  nicht  Wunder  nehmen,  daß  der  Künstler,  dem 
Völkergedanken  folgend,  die  Göttin  als  Liebea-  und  Siegesgöttin  sngleich 
gebildet  bat. 

Da  2:f'trpn  die  Ausfühmnc:»  n  dos  Vortragenden  von  oinipen  Si  iteii 
Wider5spru'  1,  Liut  ward,  .so  entspauu  sich  eine  lebhafte  Dahatte  in  Folgo 
dtiü  Vurtrageb.  Herr  Direktor  Dr.  Babucke  führte  aus,  daß  in  dem  Begriff 
der  Liebesgöttin  schon  das  Prinzip  der  Siegreichen  ontlialten  sei,  man  daher 
nicht  nöthig  habe,  eine  Victoria  künstlich  hineinzuk' nstruireu,  ihm  sei  die 
milonische  Venns  nichts  anderea  als  die  Verköq)erung  der  Liebcsgewalt, 
deren  eine  Seite  allerdings  ea  auch  sei,  siegreich  alle  Schwierigkeiten  su 
fkberwmden.  Herr  Obersttieutenant  v.  Grabe  richtete  sich  gegen  die  An- 
nahme des  Vortragenden,  die  Etrusker  wären  baltischen  Ursprungs,  be* 
kanntUch  eine  der  sablreichen  wenig  erwiesenen  Vermuthnogen  betreflbnd 


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Alt«rthaiiui«0«e«U8ohaft  Fraana. 


366 


die  räthselhaf\e  Spriicln-  diestjä  einst  so  mächtigen  llan<li.lsv"lkes.  Mau  hat 
sie  für  ita]i?rli.  ]>elasgiHch,  ja  tarauisch  gehalten,  das  Letztere  nach 
dem  Prinzip  ^Wus  man  suh  nicht  erklären  kann,  das  siebt  man  als  turanisch 
aa**.  ▼.  Orabe  will  dem  Orientalisieii  0«h.  Hofrmth  Dr.  Sticket  folgend 
an  den  semitisclieii  Ursprung  deradbea  ^er  glauben.  Endlich  griff  noch 
Herr  Dr.  Broeow  eine  Antabl  der  von  dem  Vortragenden  angeHUuien 
Etymologien  aa,  namentlich  die  Eiklirongen  yon  eaiiakr.  bhaga,  Ut.  bagotas^ 
ftmer  von  Iii.  waaagaa,  altdeatach  Alnma,  phtotdaeli  dleUcarth  ond 
namentlich  altpreußisch  rapa  Engel,  der  sich  in  den  baltischen  Sprachen 
ganz  alleinstehend  findet  und  wahrscheinlich  im  Elbioger  Vokabular  seine 
Stelle  einer  Verschrei bung  dankt.  „Engel'*  verschrieben  aus  „Engel**  (Kröte), 
ejitsjifcrlifnd  dt-m  litt.iuischen  rupnze.  Ueberliau]it  richtete  sich  der  Letztere 
gegen  die  Besondeilieit  des  Vorfrafjf^ndpn,  Wurzeln  pnnz  eiitlefroner  und 
gar  nicht  verwandter  Sprachen,  so  plioaizische  und  aus  drm  lüilti.schen 
constniirt*^  etrnskische.  zur  Erklärung  indogermnniscli.  r  Worte  herbeizu- 
ziehen. Die  lebhalte  Debatte,  in  der  auch  das  verleklte  Bemülien  Corssens, 
daa  EtmAiaebe  als  italisch  hinsnsteUen,  und  sein  dadurch  angeblich  ver- 
aaUJter  Tod  inr  Sprache  kam,  sengte  von  dem  lebhaften  Lateroifle,  mit  dem 
der  Vortrag  aufgenommen  war. 

Als  zweiter  Vortrag  etand  anf  der  Tageaordnniig  das  Wonderbild  der 
Kirche  an  Or.  BoeinsltOt  Kreis  Johannisbnrg,  von  Professor  Dr.  Bnjack. 
Der  allgemeinen  Beschreibung  der  Lage  der  Kirehe  folgt  diejenige  der 
Kirche  selbst  als  einer  achteckigen  schmucklosen  Holzkirche  aus  Kemliolz, 
allem  historischoa  Anschein  nach  ans  dem  16.  Jahrhundert,  aber  mit  Oe- 
räthen  und  inneren  Einrirbtungen  ans  dem  17.  Julirhundert .  Weil  die  ein- 
farlie.  aber  alte  Ilolzkin  hr  bereits  baufalH^r  i>t  und  bald  einem  ma^^siven 
Gebäudt.'  weirlien  soll,  so  hatte  auf  Veranlassunrj  des  Landraths  des  Kreises 
Jidiannisljurg  im  Juli  1888,  jetzt  Herrn  < 'ber-Regierun^raths  Maubach, 
der  Vortragende  den  interessanten  Piatü  Icsucht.  Die  liochst«  Einfachheit 
nnd  Unregelmäßigkeit  des  Baues  wie  ancli  der  einfache  Altar  sammt  Ge< 
rftthen  nnd  die  Kautel  aammt  dem  Knuiletiehterf  kann  Icein  kflnstleriachea 
Intereese  erregen,  sondern  das  Haaptinteresse  wurde  und  wird  wohl  «och 
im  nenen  Bau  erregt  werden  dnrdi  swei  kleine  &rbige  Olasbilder,  welche 
links  Tcm  dem  Altar  (von  d«n  Beschaner  ans)  in  das  annähernd  quadratische 
Kirehenfentter  eingeeetat  sich  befinden.  Die  anf  dieaslben  an  einem  Oktober- 
tage  des  Jahres  fallenden  Sonnenstrahlen^  ahl  die  Tartarr  n  in  Preußen 
eingebrochen  waren  und  auch  diese  Kirche  zu  verbrennen  gedachten«  ließen 
die  Figur  eines  Pilgers  als  Engel  in  der  Kraft  der  Farben  so  erglfihen,  daß 
(lif  rsiuborische  Eindringlinj?Rs'''lmr»r  von  ihrem  Vorhaben  abstand,  weshallj 
die  Kircbo  seit  fast  anderthalb  Jahrhunderten  ein  l>erühmter  Wallfahrtsort 
geworden  ist.  ~  Zum  Schloß  der  Sitzung  legte  der  Voraitzeude  mehrere 


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366 


Kritiken  und  Reterate. 


ErwerbangMi  vor,  nämlich  drei  BÜbeni«  Deakmfinxea  «nf  die  Orflndong 
Königsbergs,  geschlsgen  im  Jahre  17&5,  auf  die  Feier  der  Stiftung  der 
Universität  Prankfart  a.  0.  im  Jahre  1706  und  ans  dem  18.  Jahrhundert 
auf  die  Vereinigung  abgetrennter  ^eile  Polens  dnreh  K&nig  Vladielafui 

L(q>ie((>k  t  1^^^  unil  37  Kuiifcrmttnaen  ans  tlom  18.  und  19.  Jahrhundert, 
fenior  27  Stück  onnlündische  Frauen-  und  Mädchenmtttsen  und  8  Böden 
solcher  Mützen  mit  theilwcise  interessanten  Stickereien,  ein  Etui  für  Näh- 
p;-f'räthe  nns  dem  18.  JnhrhTindert,  endlich  als  rir^^rhonke  einen  Dolchstock  und 
einen  lioln-n  Rohrstock  mIs  Geschenk  von  Krau  L<:\vrß  nnd  littanische 
Spitzen,  etwas  u>.er  IfX)  Jaiire  alt  und  mit  der  Huad  getlotlit<in,  iiergesteilt 
aus  dem  sogeiiuiaiten  Drälinende  in  drei  Mustern  und  zur  Verzieruni?  von 
Tisch-  und  Leichentücheru  gebraucht,  geschenkt  vom  Apotheker  Herrn 
Joh.  Semhrzycki.  [Ostpr.  Z.  v.  Sl.  Juni  1689.  Beil.  a.  No.  142.]  . 

8itnng  TOM  21.  JmI  188t.  Dem  Vortrag  Aber  die  Hügelgrftber  vor- 
dirietlidier  Zeit  und  über  die  Brandplätae  des  10.  bis  13.  Jahrhonderts  lieft 
Herr  Professor  Hey  deck  den  Bericht  Ober  die  Ergebnisse  folgen,  welche 
unter  seiner  Beobachtung  und  Feststellung  bei  Abbruch  eines  Theila 
des  Sc hloC-Kasernements  in  Königsberg,  welcher  an  das  Grund* 
stflck  des  Herrn  Feskorn,  Mühlcnberg  Nc.  12,  stößt,  gemaclit  sind.  Herr 
Bauinspektor  Bähcker  und  Herr  Baumeister  Harnisch  hatten  die  Freund- 
lirhknit  tjehabt.  durch  Herrn  Maurermeister  Secrk  dpn  Voisfaiiil  d>  r  Altrr- 
thnius<4<-sfllsr[iatt  I'russia  zu  dieser Untersucliuni;  ani/.uli ■r^lern  und  aus  dem- 
selben luitte  Herr  Prulessor  Heydeck  als  grumllii  !i.  r  Kemu-r  dtv  Archi- 
tektur von  OrdensV)auten  und  als  ein  ebenso  orfahreiior  EiU>r»clier  der  heid- 
nischen Wallhergc,  Begräbnisstätten  und  Pfahlbauten  diese  Aufgabe  Uber- 
sommen.  Wenn  beide  letcteten  auch  hier  nicht  in  Rede  kommen,  so  war 
hier  doch  die  sichere  Kenntnift  d«r  freih&ndig  gearbeiteten  Tdpfe  nothwendig, 
um  die  Benutsnog  dMjjenigen  Platzes,  auf  dem  jetat  die  Schloftkaseme  zu 
einem  Theile  steht,  schon  zu  heidnischer  Zeit  festzustellen.  8,4  m  staric 
konnte  der  gewachsene  Boden,  auf  dem  sich  der  eiste  Ordensbau  erhoben 
hatte,  nahe  dem  Pflaster  des  Muldengruudes  festgestellt  werden;  denn  nord- 
(totlich  von  demselben  befand  sich  in  dem  Grundstück  Uühlengrund  No.  12 
ein  gcswölbter  Raum  von  5.3  m  Spannung  mit  einem  runden  Granitpfeiltjr 
in  der  nordwestlichen  Ecke  und  zwischen  diesem  Bau  und  dem  g«  wach'icnen 
Boden  in  B,4  m  Stärke  la^  Schutt  aus  dem  17.  Jahrhundert  zwiHrlu  ii<;*nv<n  leu. 
l>er  gewacitM  iif  IviUen  lag  in  einem  wenig  höh'-ii n  Isiveau  als  der  lux  iisie 
Punkt  des  Gewulbbogens  mit  dem  gnsCen  Granit pleiler.  Daß  dort  schon  vor 
mehr  als  GUO  Jahren  ein  WohuplaU  gewesen  war,  ergab  nun  die  dem  ge- 
wachsenen Boden  aufgelagerte  ftiteste  Kultursehicht  mit  hadnieohen  Topf» 
Scherben,  d.  h.  mit  solchen,  die  nicht  mit  HiUe  der  Töpf«rsQheibe,  sondern 
freihändig  gefertigt  sind.  Ueber  dieser  ältesten  Kultnrschidit  befand  sieh 


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Altertham»^6Bell9ohalt  Pnissia. 


367 


die  "WallHt  rg-  rik'  l.^o  m.  «lies  mit  Kolilt'nspnren  und  mit  Einsclilüssen  von 
J^trobh, -kirnen  in  Lf  Jintl'atzeu,  iiul^^m  dies  em  ProfilbiM  bot,  wie  es  alle  Wall- 
luiil  i>cJi!  Ober^e  lins.  i  .  r  Provinz  nm  die  Wende  dos  12.  und  13.  Jaliiliunderts, 
wenn  auoh  in  veischictkuer  Dicke  bieten.  Hieniber  lagerte  in  2,10m  T>i<  ke 
Ba!;>rlintt  mit  ältesten  Ziegeln  fHl  cm  lang.  15  cm  Lreit  und  {)  cm  dick)  norh 
mit  langlauleiuleu  Fingerspnren  versehen  und  mit  starken  Brandspnren,  in 
welcher  Schiebt  sich  auch  ein  Ofen  aus  dem  18.  bis  14.  Jahrbnndert  befoud. 
lIsD  kuin  einen  solchen  am  besten  mit  einem  Brennofen  für  die  Ziegel- 
bbrikation  vezgleichent  nur  st&tt  der  Ziegel  zum  Brennen  denke  man  sich 
8tebe  sam  Erhitxen  hineingelegt  und  von  dem  Ofen  Behren  durch  Ans- 
S|mniBg  von  Ziegeln  in  die  sn  heizenden  R&ume  gesogen.  Die  untere  grdflere 
Otffaang  mit  einem  dahinter  liegendeUf  im  Vergleich  sum  oberen  bedeutend 
Uetneren  Raum  war  hier  yon  1  m  horizontalem  Burohmesser  am  Boden 
und  0,60  m  Höhe  des  Bogens  zum  H«aeinlegen  der  Holskloben  bestimmt 
irad  noch  mit  sechs  losen  Ziegeln  yersetst,  der  oben  gröters  Raum,  der 
0^  m  Höhe,  1^  m  LSnge  und  1,36  m  Breite  hatte,  war  noch  gans  und 
gar  mit  den  Steinen,  welche  durcli  die  Flamen  vom  unten  erhitzt  und  in 
Glühezu.staod  versetst  i^urden,  gellUllt.  Sie  waren  sämmtlich  so  spröde,  daß 
6»  bei  einem  geringen  Schlage  zersprangen.  Die  Decke  des  Raumes  für  das 
Fecerangsmaterial  war  natürlidi  nicht  durch  ein  geschlossenes  Innengewölbe, 
sondern  rostai  fii;  durch  drei  Bögen  hergestellt,  zwischen  denen  je  vier  lichte 
Räume  von  '20  cm  Bn  ife  znm  Durchziehen  der  Flammen  sirh  bs^fniitlcn. 
Die  Fundistücke  von  der  lipifhiischcn  Zeit  nii  h\s  r.mu  17.  Ja]irlmn<I*  it  sind 
sorgfältig  aurj^eb'jben  werden,  un'l  wenn  sit>  au'-h  ni'-ht  ki>.«tii;ir  sind,  .so  er- 
regen sie  doch  ein  groües  Interesse  lur  tliu  (»u^cliithte  der  Benutzung  dieses 
Platzes.  Daß  hier  am  Mühlenberg  aber  die  älteste  Buigaalage  war,  ist 
<lirch  Herrn  Professur  Htvdecks  Untersuchungen  außer  allen  Zweifel  ge- 
setzt, und  giebt  dazu  Herr  Regiernngsrath  Stein  brecht  in  Maiieiiburg 
seine  volle  Zustimmung,  indem  ihm,  wie  der  Gesellschaft  an  dem  genannten 
fiÜKuugsabend  die  von  Herrn  Professor  Heydeck  farefibnd  entworftnen 
Zodmungen  vorgelegen  hab«i. 

Professor  Heydeck  legte  süne  mit  Herrn  Eckart  gemachten  Funde 
tos  Qeorgsböhe,  Krds  Fischhansen,  im  Besitze  des  llajoratsherm  Br* 
TOtt  Xunheim-Jndilten  und  aus  Ekritten,  ebenfalls  in  dem  Kreise  Fi8di<* 
imiseni  vor.  Yon  den  Hügelgr&bem  vorchristticher  Zeit  des  erstgenannten 
Plataes  hat  ProfiBSSor  Hey  deck  drei  im  Grnndrift  und  im  Durchschnitt  ge- 
ndmet.  Wie  die  Beigaben  in  Hfigelgrttbem  im  Allgemeinen  gering  sind,  so 
bestehen  sie  auch  hier  nur  in  einer  bronzenen  Haaniadel  mit  kleinem  un- 
regdmiüg  abgeschnürten  Kopf  und  in  einem  angeschlossenen  Fingerring 
in  Foim  eines  bronzenen  sdmialen  Bandes.  Erstere  wurde  NO  vom  Mittel- 
paukt  anf  der  innereii  Seite  eixws  SteinkranzeS|  der  von  je  einem  Stein  in 


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368 


Kritiken  und  Eeferate. 


Breite  in  fünf  Schichten  fiber  ebander  gebildet  war,  nnd  6,58  m  Baroli- 
mesaer  hatte,  gefunden  und  swar  mit  swei  Urnen  in  Steinflieeen  eingefletet. 
Der  bronaene  Fingerring  fand  eidi  fn  damaelben  Graba  bei  drei  Unien  SO 

vom  Mittelpunkt,  ebenfalls  nahe  der  innoren  Seite  des  eben  beschriebenen 
Steinkranzes.  In  eben  demadben  war  NW  vom  Mittdpiinkt  noch  eine  Urne 
beigelegt.  Dieser  Steinkranjs  war  wiedernm  von  einem  einfachen  concen- 
trischen  Rinj^e  in  fiiier  Schicht  Steine  umgeben,  der  8,83  m  DurchmeR!>er 
hatte.  In  dem  Mittelpunkt  des  Hfip^els  selber  von  1,4^  m  ITöVie  lr»<j  der 
Westrand  einer  Sti  iiikiaUi,  deren  Budtu  durch  gröüere  Platten  gebildet  wurde, 
und  aut  vveklitr  zwei  Urnen  standen. 

Hier  fand  aich  ein  Thongeräth  in  völlig  horizontaler  Scheibenturm 
mit  gana  adunaiem,  eohrftge  aufgeeetatem  Bande.  Daa  AnfifkUenda  an  dar 
horizontalen  Flftehe  war,  daß  ete  in  der  Uitte  nnd  etwa  noch  an  20  Stellen 
in  regelmifligen  Abetinden  nahe  der  Peripherie  dovchlocht  war,  ao  weit  ea 
nach  den  Scherben  an  erkennen  war.  Daa  Qef&A,  dae  mit  der  brooaenen 
Nadel  gefunden  wurde,  hatte  eine  Stehfliche. 

Daa  aweite  in  Zeichnung  dargeetellte  Grab  von  0,75  m  Höhe  war  um- 
schlössen  von  einem  einfachen  Steintcrana  von  7  m  Durchmesser,  in  welchem 
sich  ein  innerer  ooncentri8<  ]ier  Steinkranz,  nicht  ganz  regelmäßig  atifgesetzt, 
von  5.5  m  Dnrehmesser  befand.  Wie  (lieser  innere  Ratim  von  unregelmäßig 
gesetzten  Seiten  wänden  dnrchzAgeu  war,  so  i)etanden  sich  auch  zwei  kleinere 
Steinkisten  nicht  im  Mittelpunkt,  sondern  etwa  0,80  m  südlirli  und  südwest- 
lich vom  Mittelpunkt.  Dm  in  der  emt  genannten  Kiste  gefundene  GefäH 
hat  aU  liodeu  eine  Kugelfiäche  und  war  gcührt. 

Das  dritte  Hügelgrab  war  ebenso  wie  die  beiden  früheren  damit  zu 
errichten  begonnen,  daB  man  eine  Kohlenediicbt  anf  dem  gewadwenen  Boden 
anabreitete.  Auf  dieser  «rhebt  aich  der  Hftgel  0,60  m  hoch,  die  Steinkrlnae 
waren  nicht  mit  Sorgfalt  ansgeeetat,  wohl  aber  der  Mittelbau,  in  demaellwn 
konnte  Professor  Hey  deck  im  Mittelpunkt  nahe  unter  der  Oberttb^e  in 
einer  Steinkiste  eine  Urne  und  efidlich  von  derselben  awei  kleine  Steinkisteii 
flb«reinand«r  in  zwei  Etagen  nur  dvacb.  eine  Steinplatte  getrennt,  aufdecken. 
Ein  aus  den  gefundenen  Scherben  zusammengesetztes  Gefäß  ergab  als  Boden  des 
Gaules  eine  kleine  Stehflflche  und  an  der  Seifeinvaiidiing  ein  einiges  Oehr. 

Nach  dieser  Betrarlitunp;  der  HftKc]f^riil)er  vorchristlicher  Zeit  lep^t 
Herr  Professor  Hey  deck  Fnnde  aus  Br.iudplatzen  vom  8.  bis  IB.  Jahr- 
hundert der  chnjjtliehen  Zoitrechnnng  vor.  Eine  genaue  AufeäUluxig  dieser 
zahlreichen  und  interuü.santeu  Fuude  wurde  zu  weit  fllhren:  wir  verweilen 
nur  bei  einigen  Stücken.  Es  sind  zuerst  bronzene  Schalenstilcke  von  ab* 
sichtlieh  aerstdrtflo  Gerftthea.  Die  iltere  Schelf  deren  Bodeostüek  ein  vier- 
zipfligea  Blattmuster  antbUt  nnd  deren  sanft  ansteigende  Wandung  je  awei 
oonoentrische  Rtmdbdgen  in  eechamaliger  Wtederholnng  mit  einem  Kreis- 


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Alterthams-G^llschati  ProHsia. 


369 


0(nuun«nt  in  der  Mitte  »etgt»  wurde  mit  vier  eiaemeii  SpeerspitMii  geAmdeni 
die  laimet^nnige  und  längere  Klingen  «k  milen  haben.  Des  Ornament 
der  Sehale  erkiftit  Pn^eieor  Heydeck  ak  ramaniaeh,  wann  nicht  Tietleicht 

ala  byzantinisch.   Die  Beste  der  anderen  bronzenen  Schale  sind  jünger,  nach 
anderen  Funden  schon  dem  13.  Jahrhundert  angehöng.    Bie  Ueberreate 
zeigen  die  lateinischen  Bachstabpn  D.  O.  S.  V.  K.  —  deo  sancto  vero  [?]  ..Dem 
heiligen  wahren  Gott"  und  den  oberen  Theil  eines  menschlichen  Gosiclits. 
Da«  Prnssiamnsenin  )>osif  7t  solrbe  Schaleuul^enesto  mit  denselben  Buchstaben 
aus  Brttü(l|)latzi'ii  bei  \Vi>Kiiuiten,  Kreis  Fis«  hhiiusen,  welche  der  Zeit  um 
1261  zugesi:hriebuu  werden,  aU  diu  Ilausgerutbc  mit  christlichen  Inscbi 
bei  Beginn  des  großen  Auistandes  zerstört  wurden,  und  besitzt  ferner  eine 
voltetliMUg  erhaltene  kapfwoe  Sdiale  mit  dev  ganaen  Pigar  einM  Prieetem 
nnd  einem  l&nimal  eingeechlagenen  Bruettnlde  deeaelben  Stempela  eammt 
der  Ineehrift  von  den  eecha  TodaQnden  in  lateiniadier  S|Hrache  nnd  des 
Wortea  Vera  (die  Wahrheit)  [?]  ana  dem  SchloBbeig  Prdmbocfc,  Kreb  Baaten- 
barg.   Dieee  Art  Filialen  werden  nnr  ab  Hanegerftth  angeeehen,  daa  die 
TinfÜnge  anm  Taufgeschenk  erhielten.   Neben  diesen  Ekritter  Schalenflber- 
reeteo  worden  awei  langgestielte  eiserne  Messer  gofuiiden.  Für  die  Benntanng 
dieser  BrandpiRtze  zur  Wikinger  Zeit  (8.  bis  lü.  Jahrhundert)  spricht  ein 
zerbrochene«  Schwert,  von  dem  nur  der  obere  Theil  der  Klinge,  Parierstange, 
Griff  und  SrhifTchen  (Knaiit'i  »'rlialfoii  ist.  %vie  Iii oir/ciio  Waagebalken  zum 
AlAviegeii  dtsa  ilacksilbers  uud  zerüchuittenen  silbernen  arabischen  Münzen. 
Lst  du  i»olcher  weniger  gut  erhaltener  mit  dem  genannten  Schwert  zusamnien- 
gefunden,  so  ein  wohl  oi'haltener  mit  drei  eisernen  Speerspitzen,  von  denen 
eine  44  cm  lange  eine  ebenso  lange  eteeme  Tfllle  ale  KUnge  hat.  Eine  faat 
ebttUBO  lange  Speei-spita&e,  aoeammengelnnden  mit  einer  andern  Speerspitae 
und  einem  eisemen  Striegel  ist  an  dw  Tfllle  mit  Silber  tonchirt.  Büna  andere 
an  der  Spitze  der  Klinge  damaacinirte  Speevapitae  bildet  mit  einem  eiaemen 
Dietrich  einen  Geaammtfond.  Von  andwn  Waffen  sei  noch  dreier  eisamer 
Streitäxte  Erwähnung  ^ethau,  und  vor  allem  der  größten,  dieeelbSi  in  der 
<ibüren  und  unteren  Haltte  der  Klinge  and  dee  Bahneudes  fast  symmetriaoh 
hat  einen  B4  cm  langen  Durchmesser  von  einem  Ende  der  Scheide  bis  zum 
andern.    Auch  das  Reitzeug  ist  nirlit  einlörmiK  vertreten,  die  Rteip^bügel 
zeigen  sowohl  einen  fast  kreisfnnui^eii  Hiigel  wie  finen  hohen  g<M}iis<^hen 
Bogen,    die  Trensen   haben   kleine   Trensenriiige,   aucli    PterUegluckeu  mit 
oLsemem  Klöppel  siiid  ;iwtäimid  verLrettiU,  die  Spnitni  sind  die  lang  gehalsten 
eisernen  Stachelsporen.   Ein  Stück  verschmokeuer  Kettenpanzer  und  drei 
thSneme  Beigeftfie  weisen  wieder,  «nf  dk  Zeit  des  IS.  Jahihunderte  hin, 
ktsterei  weU  sie  anf  der  Drehscheibe  gearbeitet  sind.  Das  Jahreshefb  der 
Oesellschaft  wird  anch  die  treffUeb  von  Herrn  Professor  Hey  deck  daan 
ansgefllhrtan  Zeiehnnngen  bringen. 

Altpr.  Monatwohrift  B<i.  XXVIL  IlfU  So.«.  24 


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370 


Kritik«!  und  Bef«rftte^ 


Die  Sitznng  war  T<m  dam  Vorsitzenden  Professor  Bnjack  mit  Werten 
dankbarer  Erinnerung  an  den  in  Berlin  verstorbenen  Herrn  Oberpräsidt utpn 
von  Horn  eröflnet.  «ler  nach  seinen  Wnrten.  <lie  unter  seinem  in  dem 
Pruasia-Museum  nutgeliangten  Portrait  i^rltst  ti  werden  können,  ein  Freund 
der  Best  rf),uiiL;»  n  der  Alterthums^-ebellbc^liiilt  Pniübia  gewesen  ist.  l.>ie  Sitzung 
wurde  mit  iler  üeneralvcr&aiiuiilung  zur  Ertheilung  der  Decharge  i'ur  die 
Jahresausgaben  pro  1888  geschlossen  und  die  Decharge  dem  Vorstend  er« 
thefll,  nacbdem  die  Beohanngen  Ton  Herrn  Bendant  Warkeatin  and 
Haaptmann  Ephraim  revidirt  waien. 

Es  folgte  dar  Vortrag  des  Herrn  ObersUieoteaaii  a.  D.  Orabe:  „I>i« 
Boaniaken  and  ihre  ersten  Officiere"*} 

[Oatpr.  Z.     2a  Spt.  ia89|  Ko.  890  (BeiK)] 

Sitztins:  am  20.  September  Den  ersten  Vortrag  hielt  Herr 

etud.  phil.  Goidsteia  ftber  zwei  Ke vol utiona- Almanadie  and  ein  Büchlein 
mit  ^Anekdoten  zur  Charakteristik  Napoleons,  seiner  Dynastie,  Marschälle, 
Generalo  und  Zeitgenossen''  (Loiy>zip;  1811).  Die  beiflcn  erstgenannten  Rfirher 
gewähren  gerade  in  diesen  Tagen,  da  Fraukreicli  das  hundf-rtiiihn};»;'  Jubiliimn 
der  großen  B»^vohifion  feiert,  ein  erhöhtes  Intx^resse,  da  sie  uns  vor  allem 
die  Stellungiiahuie  dar  dauuiligea  Deutscheu  zur  Bewegung  im  Nachbarl  an«  ic 
deutlwh  erkennen  lassen.  Hatte  nämlich  anfangs  Deutschland,  voran  seine 
Geisteslieroen,  der  Bevolntion  als  dem  Beginne  einer  neuen  Preibeifa^Mebe 
aagftjubelt,  so  schlug  di«ae  Begeisterung  angesichte  franaösiacher  Otend« 
thaten,  die  von  ITsg  au  Tag  mafiloser  und  unmenschlicher  wurden,  allmilig 
in  das  Oegentheil  um.  So  erwähnen  schon  diese  1794  und  1795  ersdiienenen 
Almanache  in  Tieloif  von  Temdiiedenen  Autorm  geschriebenen  Artak^  die 
Franaosen  nur  als  ein  absehreckeitdeB  Beispiel,  ihre  Revolution  als  eine 
Warnung  vor  ähnlichen  Ausschreitungen  eines  Volkes  gegenüber  dem 
Gesetz  und  der  Regierung.*'  Man  lebte  eben  noch  mitten  im  Kampf  und 
verstand  daher  nofb  nicht,  Ursa'^lie  im  1  Wirkung,  Gewinn  und  Verlust 
desselben  geit'eht  jil'zuwügen :  ujan  linclite  ihm  wie  einer  Seuche,  einem 
Naturuiigluck,  das  uin  „starkes  uiel  liluii..'ti<K's  \'olk"'  wie  ein  Blitz  getroffen 
hätte,  und  vergaB  im  Hinblick  aul  manche  Tliateu  der  Willkür  die  innere 
Nothwendigkeit  de^  Ganzen.  So  sprach  sich  denn  das  ganze  Urtbeil  der 
damaligen  DeutMh«!  in  dner  Verdammung  der  Franaosen  und  einw 
Warnung  seines  Landsmannes  jenem  aus  im  Uebrigen  hatte  er  nur  ein 
wohlgemeintes  mitleidigee  Achaelaucken.  Bas  wenigstens  iab  die  Grund» 
Stimmung  jener  Almanache,  aus  deren  xeicher  und  interessanter  InbaltsfiÜle 
nur  dniges  hervorgehoben  sei 


*)  Wir  bringen  denselben  (vgL  Oatpr.  Z.  v.  S&Sept.,  Beil.  an  17o.9d4) 
an  besonderer  Stelle.  D.  JEL 


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Alterthums-Oesellächalt  Pritösia. 


871 


In  dem  t^Sehreibfln  eines  reieenden  Dentacheo,  daB  die  Nen^Franken 
noch  die  alten  Franiosen  sind**,  spiricht  em  nnbekannter  VevfiuMer  die  Er- 
wartung aus,  daß  die  Revolation  auf  den  ObMcakter  dee  Volkes  einen  reini- 
genden Einfloß  ansgeübt  liaben  müßte.    Er  vermnthete  wenigstens  an  den 

meisten  Franzosen  die  Würde  eines  freien  BürRer«,  <li.-  Verachtung  allen 
Kleinf^eistes  und  statt  der  Phrasenmaobprei  begeistert*  «  Hiiiideln.  walirc 
(TLirochti^kpitsliebo  und  Dünkpllnsi^kcit  walirznnehmen.  Al)f'r  er  liurl  nichts 
von  .illedem,  er  fand  Gerkfri.  hn)ilk>>|,fige  Deklamatoren,  sah,  daß  Harle- 
kiuaden,  Gassenbauer  und  Baumchen  b<M  <lf  n  „Rettern  der  Mensclienrechte" 
mehr  Werth  hätten,  als  die  Sache  der  Freiheit,  von  der  nur  die  Wenigsten 
einen  ertrftgUchen  Begriff  hAUen.  Er  sah  Ifirabeaus  BUdnifi  im  Jakobinersaal 
von  den  nftaUohea  H&nden  lertrQmmeni»  welche  es  anfgesleUt  hatten,  ward 
Zenge  von  lahUoeen  Terhaftnehmnngen  ohne  Klage  nnd  Verhör,  erkannte 
in  der  Freiheitsraserei  nur  den  Vorwaad,  die  anliegenden  Lftnder  Flrankreich 
einsttTerieibeOt  nnd  kommt  an  dem  Sehlnt,  daß  dieses  Volk  in  der  Nxhe 
munöglioh  auf  solidere  Deatsdie  wirken  könne. 

Wie  sehr  .t1>tn  doch  gerade  der  revolntionftre  Geist  der  Zeit  ansteckend 
wirkte,  beweist  die  Nachricht  von  einem  merkwürdigen  Briefe,  der  im 
Oktober  1792  in  Doutscldiuid  'iiculirtf«  xnv\  als  eine  lirtrhst  sonderbare 
Urknn'lti  ^les  damalij^ou  Schwinik-l-  und  Kebellionsgpistt-.s  aufb  hier  Kr- 
wähnung  verdient.  Er  enthiUt  nichts  fn-nngeres,  als  die  Aultordorung  zur 
Hevolutioii  narh  tVanzosisciiem  Muetfr  nud  war  an  die  verscliiedensten 
Personen  adressirt.  die  alle  zur  Theilnahme  an  dem  hoffnungsvulleu  Unter- 
nehmen eingeladen  wurden.  Am  1.  November  des  Jahres,  Morgens  um 
?  Uhr,  Bollte  der  Versneh  gemacht  werden,  in  allen  Städten  Deutschlands 
„das  Joch  aristokratischer  Unterdrückung  abmsdhtktteln  nnd  die  Gleichheit 
nnd  Freiheit  unter  dem  Scbuta  weiser  Gesetse  etnauAhren**.  Alle  Einael- 
heiten  waren  genau  vorgesehen,  und  falls  der  Vetsnch  gelinge,  sollte  in 
Nömberg  eine  Kationalversammlnng  ausammentreten  nnd  diese  mit  der 
französiechen  oorrespondirBn.  Natürlich  kam  das  Schreiben  auch  in  die 
fiftnde  von  lienten,  die  keinen  Appetit  nach  einer  solchen  Revolution  hatten, 
nnd  so  ging  denn  der  kindische  Plan  sa  Gmnde,  ehe  er  recht  bekannt  ge- 
worden war. 

Melir  von  historis-  hem  Intert  sse  als  ein»'  .'lusführlicbe  Biographie  des 
Thomas  Auello  und  die  Darstellunii;  rlnr  Kevolution  zu  Neapel  nnd  eine 
lauge  Reihe  von  anekdotenhai'teu  Erzalihuigeu  und  Berichten  u.  s.  w.,  ist 
eine  Geschichte  des  Üustinescheu  Einfalls  in  Deutschland  nebst  einem  Ver- 
ssichniß  der  bei  diesem  VorfoU  ersehlenwien  Pamphlete  nnd  Flugschriften 
nnd  der  8kiaae  dniger  Mitg^eder  des  Mainsw  Cünbs;  fomer  eine  hoch- 
iatereswnte  Liste  aller  wihrend  14  Monaten  in  Paris  Qatllotinirten  —  ihre 
Zahl  helftnft  sich  auf  1614w  In  jsdem  einielnen  Falle  ist  das  Datnm  der 

nir|iti7Prl  bv  Go 


a72 


Kritiken  und  Referate. 


Hmricbtiiiig,  dM  Alter,  der  Nenne  und  Staad  des  DeUnqneaten,  eowie  meiet 
eeiii  „Verbtechen**  und  einige  Nechriohtan  über  aein  Leben  gegeben.  6e> 
echmfickt  eind  die  Alnumeobe  mit  einer  Beihe  von  Kopfiam,  die  die  Onillotina^ 
die  Hinricbtong  Lndwig  XTL,  einen  F«iwtk«npf  dee  Vetionel-Conventif 
ein  Aaeigneti  viele  Portnifei  n.  s.  w.  deietellen,  nnd  wa  denen  einige  dw 
Vortregende  der  VereeBunlang  ▼mdegte. 

Das  BücUein  mit  den  Napoleons-Anekdoten  ist,  trotzdem  ee  eidi  an* 
einer  Anaahl  von  kleinen  Geecbiohten,  Wortspielen,  Oalembourga  o.  a.  w. 
zusammensetzt,  im  Grunde  genommen  nichts  weiter  als  eine  einzige 
Schroibachrift  auf  Napoleon,  deren  et  in  der  Zeit  der  Befreiungskriege  nicht 
wenige  gegeben  haben  mag.  Kapoleon  war  ein  Kind  der  Revolution,  und 
es  erging  dem  Furchtbaren  bei  den  /.oitgenössischen  Dentsrhen  Logreiflicher- 
weise  rbonso  wip  seinor  furchtljuron  Mutter :  Anfangs  war  man  für  ihn  be- 
geistert. iiiL'lir  n(jcli:  nmn  liebte  ihn.  Sj)äter,  als  der  geniale  Feldherr  zum 
Kaiser,  der  Sohn  dt-r  Kevolutidn  zu  ihrem  Üan  liL^er,  aber  zuj^leich  zum 
l'nterdrü*  ker  Europas  geworden,  begaiiu  mau  ilin  zu  hassseu,  zu  schmähen 
und  zu  VI  rdumiMen.  War  er  früher  ein  Gott,  so  galt  er  jetzt  als  d«s 
Prinzip  des  Bösen,  und  Bücher,  wie  da.s  genannte,  suchten  diese  Meinung 
stu  verLreitou  und  zu  befestigen.  Hier  ist  er  die  Zielsclieibo  des  S^^ott«? 
und  des  Witzes,  und  aUe  Züge  von  Grausamkeit,  maßlosem  Despotismus, 
von  Eitelkeit  nnd  geistiger  Robbet,  die  man  von  ibm  ere&hlen  and  Iflgen 
börte,  sind  bier  eifrig  geaammelt  die  gequälte  IGtiwelt  bette  ibre  an' 
acboJdige  Frende  and  Unterbaltong  daran,  ond  in  dieaon  Sinne  bleibt  ei 
ftudi  nna  intoreaaaat! 

Ale  aweiter  Vortrag  atand  auf  der  Tageaordnong  eine  biatoriadi* 
beraldiacbe  Arbeit  der  Fran  von  Platen  geb.  von  Boigadorf-St^bienwalde: 
«Die  Oeaobicbte  der  älteren  aftobaiaeben  Linie  der  Beiobafrei* 
berren  Sebenk  zu  Tautenburg.**  Wenn  aacb  daa  aqnatelliite  Original- 
blatt  der  Stammtafel,  iaat  2  Meter  lang  nnd  dementapreebend  boob  nibht 
vorgelegt  werden  konnte,  so  vertrat  deaaen  Stelle  acbon  die  nacb  demselbeo 
für  das  Jaliresfest  der  Gesellschaft  entworfene  Verkleinerung.  Auf  h  hier 
wie  bei  der  Stammtafel  der  Ost})reußi.«chen  Schenken  sind  bildliche  Dar- 
stellungen des  Faniilienbesitzeü  iu  land.S(  baftlicher  Aofnahme  beigei&gt  und 
zwar  der  Burgen  Saaleck,  Tautenburg  und  Prießnitz,  so  wie  von  Jena,  weil 
zu  der  Universitiit  dieser  Stadt  ein  Schenk  besondere  Beziehungen  hatte. 
Werfen  wir  nun  einen  flüchtigen  Jiliek  auf  den  Stammbaum  selber,  so 
iiinsseu  wir  denselben  einen  hoch  inturLssanien  nennen  und  können  die 
li'dii'  und  angesehene  Stellnng  der  siicliBi.schen  Schenken  schon  aus  Jen 
Nameu  ihnr  (iattinuea  und  deren  interasö&uten  Waj)pen  erkennen:  inftn 
findet  Scdniij,  Schönberpc-  Waldenburg,  Reuß  von  Plauen.  Graf  GleidiPn, 
Graf  Mansfeld,  Gral  Dohna,  Graf  Kirchberg,  Graf  Eberstein,  Limburg,  GrtU' 


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AltaKthimuhOeaalkalutfi  Pnuda. 


37d 


Egmont  etc.,  lauter  Namen  des  hohen  Adels,  znin  Theil  jetzt  gefürstct. 
Noch  im  Anfang  dieses  Jahres,  wie  die  Verfasserin  in  der  Einleitung  diT 
trlanternden  Arbeit  sagt,  herrschte  in  der  genealogischen  Roihenfolge.  den 
Namen  nnd  Gemahlinnen  der  Schenken  ein  unentwirrbares  Dunkel;  j:i  son;ar 
'Jas  für  die  ostprenßische  Linie  Wichtif^ste,  der  genaue  Punkt,  vou  welcljem 
sicii  dieselbe  von  der  R&phsi.<?t  ht  ii  Staninireihe  abzweigrt.  war  falsch  ange- 
nommen. Den  plücklichcu  Erfolg  dieser  ülierans  großen  und  den  Lolm  nur 
in  sich  selber  tragenden  Arbeit  schreibt  Trau  vou  l'iateu  der  Hille  des 
Herrn  Piarrer  Stötten  zu  Tautenburg,  Freihemi  von  Beitzenstoin  in  München, 
Herrn  Wolff  von  Tümpling,  Kaiserlichen  Legationsratli  jb  Thalftfein  bei 
Jeoft  WH,  die  der  Vedksserin  ein  reiches  Urkundensistenal  freundlichst  rar 
Terfügnng  gestellt  haben.  Kann  ein  historischer  ÄufeatSf  der  als  Erläuterung 
«mee  Stammbanmes  dient,  auch  viel  interessantes  Detail  f&r  bekannte  Haupt* 
«nignisse  nnd  historische  PersQnlichlceitea  beibringen,  so  mOssen  wir  ans 
dies  in  einem  Referat  versagen  ond  nennen  nor  den  histornohen  Hinter- 
grund fftr  den  Beginn  des  glinsenden  Oeschleohta,  nämlich  die  poetisch* 
romantische  Warthargaeit  nnd  als  Zeit  des  tranrigoi  Ansgangs  des  yon 
Kaiser  Karl  Y.  noch  so  ansgeaeichneten  Oeseblechts  des  dreißigjährigen 
Krieges,  der  lotste  Schenk  in  Thüringen  starb  und  seine  Leiche  wurde 
erst  nach  7  Jahren  in  der  Sc  henliengroffc  an  Frauen-Prießnitz  beigesetat. 
Er  wnrde  überlebt  von  seiner  Tante,  Anna  vom  Schenk,  die  in  bitterster 
Noth  82  .Jahre  alt  zu  Gera  starb. 

Kach  den  beiden  Vorträgen  berichtete  Herr  Professor  Bujack  über 
zwei  unter  seiner  Leituno;  vollzogene  Aust^rabungen,  über  die  eines  zu 
Tnintlack,  Kreis  Oerilanen,  sich  betindendeu  HügelgrabeK  vor^hrist lieber 
Zeit  und  dicjenif^e  eines  Urnenfeldes  des  2.  und  H.  Jahrhundf-rts  ans  di  r 
Römischen  Periode  zu  Wiska,  Kr.  Johannisburg.  Herr  Bar^n  v.  Heykiug 
anf  Truntlark  liatte  zu  der  T'utorsucliung  den  Berichterstatter  trcundlichst 
eir.gtladen  und  ihm  eine  uudurchlochte  Feuersteinaxt  für  das  Pnissia- 
Museum  übergeben,  die  in  dem  genannten  Hügelgrabe  am  Rossen-See  bei 
Abtragung  eines  Theiles  desselben  für  Anlage  eines  Weges  18G9  gefunden 
wurde.  Der  damalige  Besitzer,  Herr  Baron  von  Wernsdorf,  hatte  eine 
weitere  Rührung  des  Hügels  verboten,  aber  doch  nicht  die  Zerstörung  des 
^cbtigsten  TheQes  des  Grabes  verhüten  können.  Es  ergab  eich  bei  dar 
jetzigen  ünteraachung  nach  20jähriger  Fiist  edn  Steinkrana  von  S  ICeter 
DurehmesBer,  der  das  Oiwbhltgd-Terrain  aul  dem  gewachsenen  Boden  um- 
whlol^  welches  Über  demadben  jetat  noch  eine  Hdhe  von  1,10  Meter  hatte, 
Beste  einer  Stetnpflastenmg,  die  von  der  Sudperipherie  nach  dem  Mittd- 
pnnkt  iwAA  nnd  mit  Lehm  vergossen  war  nnd  auf  ond  nahe  diesem  P6aster 
dickwiadiga  Stflcke  von  gröSeren  OefäSen,  dflnne  Bandstfleke  von  Beigefilßen 
uuL  ein  Fenersteinsplitter,  der  als  Messer  gedi«it  hat.  Den  aweiten  Bericht 


874 


Kritik&n  uud  Rui'erato. 


erstottote  dar  Yortragonde  ftber  dM  Unienfold  tn  Wiska»  Kr.  Johanoiaburg, 
im  Beaita  dea  Herrn  Knaohiniera,  der  frenndliebat  die  EtianbniB  erthdlte, 
und  ebenso  wie  Hwr  Oatabesitaer  Look  in  Sdorren  thätig  mit  Hand  an> 

legte.  Schon  1888  hatte  Herr  Kuaohmierz  einige  Oräberfunde  dieser 
Stella  dem  Berichterstatter  aus  dar  nntersucliten  Stelle  ftlr  das  Pmaaiar 
Museum  als  Geschenk  übergeben.  Zu  den  Aruibnistfibulen,  bronzenen 
Armbanileni.  Fr-norfstahl.  eiserner  gerippter  Sprerspif zo,  cisoriion  Mo^ssorn 
sind  als  ]^'igiil)oii  ii'xr  (l<n  Leichenbrand  in  Urn».!)b«>isetzun(;  nK-li  nndfic 
intOTcsi^iinte  Beigabeii  «^ftunhii.  Eine  bronzene  Filiala  in  tin<.r  Fonu. 
welrlie  schon  den  Beginn  dor  Vulkt-rwandeningspfenode  anzeigt,  v.  rscliiedeue 
brunztiuu  l'  iugerringe  in  Spiral  form  mit  breitem  Schild  auf  der  Mittelspirale 
oder  mit  Voluten  an  den  Endigungen.  Wie  dieae  I^ngerringe,  so  weist  die 
Form  der  Sprosaenflbnla  nnd  Armbrastfibula  mit  nmgeachlagenem  Fol 
wieder  auf  die  flogen.  BOmiache  Periode^  Gans  neu  scheint  aber  die  Form 
einer  bronxenen  Fibol*  in  Hufaiaenform  in  so  frülMr  Zeit  Kreisförmig 
arweitom  sieb  die  Endignngen  der  Arme  und  tragen  je  eine  kreisförmige 
Scheibe  von  rothem  Olasfluß.  Unter  den  Oefäßformcn  war  interessant  daa 
AufstOlpan  eirif^r  nnf  die  andere  als  Deckel,  wie  das  Pnissia- Museum 
solche  ans  Waldhaua  (Gözüts),  Thurwangen  und  Färstenao,  Kr.  Basten- 
bnrg,  besitzt. 

An  StfinjG^eräthen  wnidei)  .•;e8'"hciikt  von  Rektor  Herrn  AI  bat  in 
Nordenburg  ein  durchlocJites  großes  Beil  in  Form  ein«»s  Pu5sekels  und  ein 
durchlochter  kleiner  Hammer  mit  knopfartigem  Ba.biiende,  geluudtu  auf 
dem  Kantor-Acker  neben  dem  Nordcubmgor  Schloßbcrge^  vom  Besitzer 
Herrn  Kniachewaki  in  Schalbem,  Kreis  FisehhaiiMii,  ein  groSea  durch< 
loahtea  Bett  in  Form  einea  Pussekali,  daaelbat  gelundan,  und  kann  femer 
als  besonders  werthToUe  AcoesaUm  der  SteingerUhe  die  Naehbüdiuig  einer 
Ueinen  in  Hirschhorn  ge&Etcm  Steinklinge  genannt  werden»  die  in  der 
Oralsehaft  Schlobitten  gefonden  ist  Femer  kamen  als  Geschenke  snr 
Sammlung  von  Steingeräthen  17  Feoerstems|ilitter  als  Abfallstficke  euer 
Werkstätte  auf  der  Kurischen  Nehmog,  geschenkt  von  Musikdirektor  Ernst 
in  Memel.  Für  die  Abtheilung  von  Münzen  aus  provinziellen  Funden 
schenkten  Ritfer^nti^besit'/er  Herr  Baron  von  Heykinj:;  «nf  Trnntlack, 
Kr.  rjprdanen.  «•in*«  rorais<'he  }»ronzone  Kaisermiinzo  f\fv  Kaiserin  Faustina, 
dasrlbst  <;elnndt'n.  Gutsl»esitzer  Herr  Lack  in  Sd^nfu.  Kr.  Joiiantiisburg, 
eine  r(Mnis<  lie  lironzt  iio  Kaiserniünzc  luit  nur  erkeuubarem  Kopf  des  Kaisers 
Mark  Aurel  i  ?),  Bauiuei^ter  Herr  Ballenstadt,  z.  Z.  in  Truntlack,  einen 
römischen  Denar  mit  dem  Kopf  des  Kaisers  Antonius^  gefunden  in  Cujavien, 
swischen  InowraaUw  und  Ifnntwy  aus  einem  Depot  von  80  Denaren  mit 
Leichenbrand.  Die  kleine  Kolleküon  von  bronsenen  Barren  wurde  vermehrt 
durch  einen  solchen,  geAmden  au  Schorren,  Kreis  Johaunisbarg,  und  ge- 


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AltortliaiiiB-0«fleU8cb«lt  Pnusw, 


875 


schenkt  von  Frau  Gutsbesitzer  Lack  daselbst.  An  Ghib^rlumlon  clor 
röwischeu  Periode  schenkte  der  frühere  Gutsbesitisei  in  Lobitten,  Kreit» 
Königsberg,  Herr  Seeck  aus  seiner  vormaligen  Besitzmie;  tsitie  ürue  von 
Mittelgroße,  bronzene  Annbrust-,  Kapj>eulibula,  große  canelirte  bronzene 
Anoriuge,  eine  bronxene  Nftbnadel  und  gegen  100  Glasperlon  versehiedener 
Mnttor,  die  bromoneik  BeachU^eoden  und  21  bronM&e  Beschläge  eines 
GltrtelB»  der  vor  semer  Verwesung  Baeh  Ahnliehen  Funden  ans  Leder  he* 
staaden  hatte,  Frau  Doktor  F ritsch  eine  eiserne  Speerspitze,  geftinden  an 
Baatan,  Kreis  FiBchhaasen,  Herr  Mnsikdirektor  H.  Ernst  in  Memel  ans 
der  Zeit  des  9.  bis  18.  Jahrhunderts  einen  broosenen  Armring,  geAinden  an 
Fedtogen,  Kreis  Memel,  eine  bronaene  hafeisenfDrmige  Nadel,  gefandea  an 
Jaaisehken,  Kreis  Hemel,  imd  einen.halbkreisförmigea  bronaenen  Sehnallen- 
rahaMD,  gefanden  an  Spirken,  Kreis  Memel,  Herr  Baron  von  Heyking  anf 
Itetkok  einen  bronaenen  Fingerring  «na  doselben  Zeit,  gefhnden  ebenda. 
Zo  der  Abiheilung  der  Gegenstände  aus  der  Zeit  des  deutschen  Ordens 
lebenkte  Herr  Rektor  Albat  in  Nordenbnrg  eine  dseme  Onlensspeerspitse, 
gefniKkn  am  Nordenburger  Schloßberge,  für  die  Gegenstände  des  IG.  Jahr- 
hunderts Gymnasiast  Schmidt  ein  Palverhom  aus  Hirschgeweiii  geschnitzt 
mit  der  bildlichen  Darstellung  des  d<^n  Nemcis''hpn  Löwen  bändigenden 
Herkules,  welcher  einen  Knraß  anf  der  Brust  hat  und  einen  lan^xon  S(  hmtrr- 
bart  trägt,  gefunden  lieim  i'undumentlegen  auf  dem  Jahrnmrktsplatz  zu 
Köni«:^berg,  ^^ale^  TTtrpHl  dou  luitrron  Theil  eines  glasirton  tbönemen 
Trinkgefaßos  vom  .Taiu-»>  l.')S  {,  welchu  Zahl  angegeben  ist.  Auf  dem  Gefäß 
die  bildliflie  DiirstcUung  eini-s  Bärentanzcs  mit  einer  Inschrift  in  Ver«en. 
Fflr  die  Zeit  des  großen  Kurliir>?tori  wurde  ein  Autograph  des  genannten 
IIt-TTs<  liers  auf  einer  Urkuinle  den  Liiiidhul'meister  Johann  Ernst  von  Walb  u- 
wdr.  liiiitpv  d<>ni  Altur  der  Domkirche  sein  Epitaph  uubringtu  zu  dürfen 
vom  5.  Novtsniber  1603  erworben,  für  die  Zeit  des  18.  Jahrhunderts  ein  mit 
8ehlaDgenhaut  bezogenes  £tai  mit  kleinstem '  Besteck,  eine  Kanne  von 
BMfiner  Ptwaalkn  mit  einer  figfirlidien  Boae  anf  dem  Deokel,  erworben, 
«ad  eine  mit  honten  Blumen  bemalte  Theekanne  und  ßgürliehen  Blomen- 
aad  BlattventiwDngen  anf  Deokel  und  an  der  Pfeife,  geschenkt  von  Fräulein 
Hoff  mann,  Air  die  Sammlungen  ans  dem  Beginn  unseres  Jahrhunderts 
mbenkte  Heirr  Bittergntsbesitaer  Bohrer  anf  Salabaeb,  Kr.  Rastenbntg, 
eben  Treeoieohein  von  einem  Thaler  nach  dem  Mflnaftift  von  1764  aus  des 
Miaistera  Altenstein  Zeit  und  Herr  Rittergutsbesitaer  Leitner  auf  SohuhseD, 
Knie  Saatenburg,  die  Laadschaftsratbs*  Uniform  seines  Orollvatere,  der 
Provinatal- Landtags 'Abgeordneter  im  Februar  1813  war,  Herr  Oekonom 
Sckopis  durch  Herrn  Profesaor  Lohmeyer  fQn{  Gypsbihler  in  Medaillon« 
form  von  Lehrern  seines  Vaters,  und  zwar  von  dea  Professoren  Vater, 
WoU;  Niemeyer,  Heyne,  Schuls.  Zu  der  kleinen  etbuographiachvn  Sammlung 


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schenkte  Hiuikdiiektor  Ernst  in  Mtmel  ein  etein«nee  Obtgebinge  der 
Atcteken-IndiBner  in  Amerika.        fOetpr.  Z.  ▼.  1&  Oet.  Beil.  s.  No.  M4.) 

SitxuBf  Tom  18«  OktelMr  Die  Sitinng  wurde  von  dem  Vor» 

eitsendcn  Professor  Dr.  Bnjack  mit  einem  Beriebt  über  die  stille  Ein- 
weihun^feier  in  dem  nengebaaten  Pmseia-Museum  am  Vormittag,  als  am 
Geburtstage  des  hochsebVen  Kaisers  Friedrich,  eröffnet.  Mit  der  von 
Herrn  Oberpräsidentfii  von  Sr}i  1  icc  k  jn  an  n  einjxfholtMi  Oonehmignng  hait<? 
der  Vorstand  der  Gesellschnl't  di»-  Spitzen  der  Behörden  der  Provinz  und 
Stadt  nnd  die  Vorstände  sämmtUciu'r  Museen  Königsbergs  zu  einem  ^.ersten 
Besuch  des  Prussia-Museums"  nach  erfolgtem  Umbau  eingeladen.  Es  sollte 
dieee  EinUdong  ein  Ausdruck  des  Dutkes  an  die  Königlidhe  Kugienmg  seiti 
für  die  Erwirkung  der  wfirdigmi  Bftnmlichkeiten  von  des  Kaisers  and  der 
hohen  llinieterien  MnnifieeDs.  77  Einladungen  waren  erfolgt  und  die  HilAe 
der  Eingeladenen  erschienen.  Der  Herr  Oberprftsident  und  die  eingeladenen 
Herren  Generale  wie  der  Oberst  dee  Regiments  König  Priedrich  m.  waren 
auswärts  oder  amtlich  behindert,  hatten  aber  die  Freundlichkeit,  der  über* 
sandten  Einladung  au  gedenken,  dcsi^lt  i«  }i,>u  der  Rektor  der  Universität, 
der  Herr  Oberbürgermeister  und  der  Herr  Polizei -Präsident.  Erschienen 
waren  u.  A.  die  Herren  Kanzlr-r  vnn  Hollebf-n.  Landeshauptmann 
von  Stockhausen,  Genernl-Liinlsrlialts-I  ){rt"ktnr  l^.on,  StaiUv.nrdueten- 
Vorsteher  Kommerzienrath  Weiler  mni  sein  Vertr.Ur  .l\i>tizratli  Hagen, 
vom  Provinzial-AnsPf  hiiß  Gclieiniiatli  Fifiberr  von  II  ullesjtieni,  die  Uni- 
vertiititt  war  durch  zwei  Dekane  und  mehrex-e  Prcdessoren  vertreten,  das 
Konsistoriom  durch  Herrn  Prftsident  von  Dörnberg  und  die  Ehrenmit- 
glieder durch  S^ttumerheim  von  Batoeki  auf  Bledaa. 

Der  VonitBende  ftbemahm  die  Ftthmng  nnd  begann  ein  Hundgsng 
von  den  Zimmern  der  Alterthttmer  der  historischen  Zeit  in  die  der  vor- 
christlichen. In  dem  grolen  Saal,  der  den  AbsefaluA  fttr  die  inrihtstorisdie 
Abtheiinng  bildet,  wurde  der  Prusaia-Yoraitienda  Herr  Professor  Bnjack 
auf  Veranlassung  des  Direktors  der  pliysikalisch-ökonomischen  Gesellschaft» 
Herrn  Professor  Stieda,  aufgefordert,  einen  Rückblick  anf  die  Geschtchfte 
der  G(  s*  llr^eliaft  zu  werfen.  Obwohl  ein  Redeakt  nicht  auf  dem  Programm 
d»  r  anspnirhsliisen  Feier  gestanden  battp,  <rab  Herr  Professor  Bnjack  ein 
kleines  Bild  aus  der  Geschichte  der  GeseiisclKilt.  Mit  dfin  Stifter  und  ci-sten 
Vorsit/enikn  der  Gesellschaft,  Professor  August  Hagen,  welcher  sie  im 
ISuvt-mber  dea  Jahres  der  SOOjäkrigtn  Jubelfeier  der  Albertina  aimo  1844  in 
Erinnerung  an  die  schöne  Festzeit  mit  Dr.  Meckelburg,  Stadtrath  Bar- 
tisins,  jQstiirath  Meier,  Stadtmth  Hensche  gestiftet  hatte,  8«t  1809  in 
näherM  Verbindung  stehend  gedenkt  Professor  Bujack  des  «weiten  Vor* 
sitsenden  der  Alterthums-Oesdlschsft  des  in  Dresdoi  im  vorigen  Jahre  ver- 
storbenen Herrn  D.  Minden,  der  gleichieitig  Sekretftr  der  physiknÜsch- 


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Aliertbanis-O«0eUBobatt  Prassia. 


377 


I  ökonriiiiisclieii  Gfsellsflial't  gewesen  war  und  mit  andren  VorstandsmitglieUöm 
■  der  phvsikalisch-okonomischeii  (Te«<»llf?<  halt  einen  Antrag  auf  Vereinigung 
^  bti'ier  <  lese  II  Schäften  unter  völliger  PreisgeLun«;  des  Namens  „Alterthnms- 
i  gestilschaft  Prusisia**  gestellt  hatte.  Der  Vortragend«  führt  ans,  daß  die  zu 
[      Unsrnnsten  des  Antrages  und  Erhaltung  der  Altert humsgesellschalt  Prussia 

I stimmenden  Mitglieder  sich  nicht  nur  durch  Rücksicht  auf  die  damals  noch 
kleine  Sammlung,  sondern  auch  auf  Hageu's  wirkungsroUd  TbAtigkeit,  alt 
Henosgebers  der  PreoBisdieii  Provimdalbltttter  leiten  lieleii  und  gedenkt 
Bit  Aaetkennung  der  Anleitung,  der  eeit  1869  jüngeren  MitgUeder  dnrdi 
in  Bernd),  welchen  des  hocbeeligen  Kaieere  Friedrich  MajeetAt  als  Krön- 
pRDi  1879  den  Sammlungen  der  Geeellaehalt  im  Schloßtharm  schenkte  mid 
wi«  er  ans  Pegli  die  geränmige  nnd  gQmitige  Lokalität  im  Nordflttgel  des 
KSnigUdien  Schloases  so  erwirken  geruhte  nnd  wie  der  Tofstand  die  heute 
neb  omgeetalteten  und  ▼Mgrftflerten  HAumlichkeiten  als  dne  Gabe  des 
KAn^chen  Gönnen  anerkennte,  indem  sein  Bild  vom  6.  Jwit  1885,  als  er 
tm  «weiten  Male  in  den  Pmaeia-Bäumen  erschien,  heute,  dem  neuen  Er- 
dfanngstage,  DmkrBiat  wäre. 

In  den  Bäumen  der  Alt4>rthümer  der  vorchristlichen  Zeit  hatte  Herr 
Professor  Heydeck  einen  Theil  seiner  Ausejrabnngen  aus  preußischen  Pfalil- 
beuten  erklärt,  wie  er  im  Räume  der  Alterthümer  des  18.  und  19.  Jahr- 
hunderts zu  dem  von  ihm  wieder  hergestellten  Wasianski'schen  Bogenflügel 
^ie  Konstruktion  auseinandergesetzt  hatte.  Um  iVs  Uhr  war  die  stille 
Feier  geschloi^sen. 

Der  Vomitzende  rlieilte  der  Hesellsoliatt  mit.  daß  der  Herr  01ic)  ]irasiilent 
<he  Tlieiiung  der  Einladunff-Ti  in  die  rlieu  genannten  und  in  die  der  Mit- 
glieder der  GesellHchalt  für  «leti  knmnifndeTi  Sonntan^  am  20.  Oktober  für 
geeignet  gehalten  hätte,  weil  die  (niste  mit  um  so  größerer  Bequemlichkeit 
das  Prussia-Museum  hesnrh.  n  k(»nnten. 

Als  erster  Vortrag  stund  auf  der  Tngosoi'^nung  ein  Bericht  di-s  Pro- 
ftsBor  Bujack  über  ein  Hügelgräberlcld  vorchristlicher  Zeit  in  der  Drusker 
Yoist,  SchoAbesirk  Aßlackec,  Jagen  143.  Im  Sommer  1888  liattc  der  Vor- 
hsgoide  acht  diidit  nebeneinander  liegende  Hfigcigräber  untersucht,  von 
teeo  seeha  noch  aiemlich  unbesehftdigt,  zwei  aber  als  Steinkisten  vor  mehr 
ib  swansig  Jahren  wegen  «ner  Forstkultur  aufgedeckt  waren.  Doch  die 
Ortle  and  Schwere  der  Platten  eines  Grabes  hatte  von  einer  weiteren  Auf- 
Hunimg  abgeschreckt  und  nachdem  aus  der  Kammer  der  Inhalt  von  vier 
UiMn  ohne  Beigaben  genommen  war,  hatte  der  Bau  in  SeiteowSnden  und 
Hsster  keine  Verttiidenmg  erhalten.  Erst  die  völlige  Frdlegong  der  Winde 
m  Jtdi  1888  seigte  den  stattlichen  Bau,  der  nun  nach  allen  Dimenstonen 
gmesaen  werden  und  von  dem  sur  Ansicht  des  HOgelgr&berfeldes  ein^ 
gdadsaen  Ehrenmitgliede  der  Gesellschaft,  Prisentor  Andersonin  Popelken, 


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378 


KritLken  und  Befemte. 


Krais  lAlnaii,  in  versohiodemes  Aofiulmieii  gwieiduMt  werden  kiuinte.  Sein 

verstreuter  Gegenstand  wurde  mehr  gefunden,  wolil  aber  am  Kordende  Mtt 
fünfecki^cer  großer  Stt  in  in  künst  licher  Bearbeitung,  tler  noch  einen  anderen 
vi*>llpiclit  Kulturzweck  außer  dem  einer  Stütze  gehabt  haben  muß.  Der  * 
JJurchmesser  dieses  Grabes  von  9  m,  wenn  niRn  den  ronrpntri='"hf'n  Stein- 
kranz, vvflchfr  iLis  Hügelgrab  einschloß,  ins  Angi-  laßt,  war  auch  derjenitre 
des  nördiit  h  liegt  nden  Grobe«?.  w»'lc]u<8  in  der  ^^ittL•  mir  eine  Steinparkuii:^ 
mit  Unienscherbeu.  aber  luchi  in  Kiatfiitura»  iu  hieb  :jciiloß.  Dio  wcrilivolle 
Beigabe  war  ein  schön  gesclilifiener  durchlochter  äteinhainmer  mit  ab- 
geeetstem  Bahnende  ai»  DialiM-Porphyr,  weldier  anf  der  Wamduigeftidie 
an  einer  kleinen  Steinplatte  in  der  Erde  angebacken  lag.  An  die  östliche 
Peripherie  dieses  «weiten  Grabes  sehloJl  sich  daa  dritte»  &st  ebenso  grole 
Httgelgrab,  daa  als  Kistengrab  auch  schon  vor  xwei  Deiennien  geöfiiiet  war. 
Die  Anlrftnmung  dieaer  Stelle  er^b  aber  nodi  anf  der  Osfcperipherie  ein 
Kreissegment  in  Steinen  aufgerichtet,  in  welchem  sich  eine  Urne  mit  Stell*' 
fläche  und  verbrannten  Knochen  ohne  weitere  Beigaben  befand 

Oestlicli  von  der  Peripherie  dtis  ersten  Grabes  mit  der  mächtigen 
Kiste  las;  ein  vi.  rtf  r  Gralihügel  mit  conceutiischen  Steiukreiseu,  in  dem  ein 
Broii/esrlunurk  i;t'tiiii<Kii  wurde,  bestehend  in  einem  geschlossenen  Bronze- 
l  inye  voll  l*j  rill  L)un  hmesser  und  in  einem  eingeschlossenen  bronzenen 
Armring  in  lieiilorm  mit  je  einem  aufgesetzt^jn  kuj^eUörmigen  Ki<[)lflirii 
auf  den  beiden  Eudigungea.  Auch  der  Durohmesser  der  groütcn  Stein- 
aetzong  dieses  Grabea  hatte  9  m.  Anders  stand  es  mit  den  Mi^Terhaliniseen 
des  attdlich  von  diesem  liegenden  fOnflen  Uügols,  sein  Durdimesaer  von  N. 
nach  S.  betrug  6  m  und  derjenige  von  W.  nach  O.  lOydO  m.  Allem  ftnfleran 
Anaohein  nach  bot  der  Steinban  dieses  Grabes  daa  Anaaehen  einor  Sehifb- 
aatinng,  welche  ala  Brandplala  gedient  hat,  da  alle  Steine  anf  dw  unteren 
Fläche  noch  von  Kohlen  geschwftntt  waren.  Der  Vortragende  f&hrt  ans 
Orewingks  Funden  ähnliche  Bauten  an,  die  er  in  den  nuaiadien  Osteee- 
provinzen  aufgenommen  hat. 

Kreisförmig  dagegen  war  wiedenim  das  vor  der  SchiffBsetzuug  liegende 
östliche  Grab  No.  6  von  wiedenim  m.  rt  ni  l')urrhmef««'er.  D.*»s  Grab  in 
concentrischeii  Kreisen  von  Steinen  aufgerichtet,  schien  wiederum  ein  großer 
Aschenpbit'/  t;»  we.^en  zu  sein. 

L>ate  o.stiicli  von  dem  früher  geöffneten  kleineren  Kistengrab,  in  dem 
sich  noch  eine  Urne  fand,  liegende  Hügelgrab  No.  7,  das  um  ein  Drittel 
grSBer  war  als  die  genannUn  6  übrigen  Gräber  entbieli  Urnenbeisetzungen 
nicht  im  Mittdpnnkt,  sondern  nach  der  Peripherie  an  und  Bronaeechmndr, 
helgestellt  aoa  feinem  Bromsedraht,  der  spiralförmig  um  das  Ende  des  Drahts 
in  Form  einer  Seheibe  gewickelt  war  und  den  HalLstädter  T^us  zeigte. 

Der  nördlich  von  diesem  siebenten  Grabe  li(^wde  achte  Uttgd  ent- 


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Alterihaiiis*Gt)»elUjobal'i  FroHsia. 


879 


lull  m  11  ««meentiiscfaen  StemlaeiMn  MiB«r  SclMuben  ein  kkiiiM,  mit 
Kaoebeii  geitUltes  nnd  mit  em«m  Deckel  gesebloBsenes  BeigefM  und  allein 
ein  Iddaes  BmelistfidE:  von  BiMo. 

^eht  noh  jetzt  westlich  von  der  Weetperipherie  der  Orabhflgel  No.  1 
und  Ko.  2  md  in  den  letsten  Deimnien  neu  bergeetellter  Orensgraben  der 
Dnuker  Forst  nfirdlioh  fort,  nicht  nur  bis  zum  Grenibfigel  TSo.  66,  sondern 
Boeh  water  in  dieser  Biehtnng}  so  war  vor  mehr  als  40  Jsbren  die  Dnuker 
Font  an  der  Stelle  dieses  Westrandes  grdfier  und  ist  ein  großes  westlich 
TOD  dem  Orensgraben  liegende  Gebiet  der  Dorfscbafb  Knckers  snr  Abfindung 
der  Wsid^^recbtigkeit  abgetreten  worden.  Alte  Bänme  sind  atif  diesen^ 
Terrain  gefallen  und  die  betriebsamen  Besitzer  haben  das  Waldland  unter 
den  Pflog  gebracht,  wenn  auch  noch  nicht  auf  dem  ganzen  rJebiete.  Auch 
hier  bat  der  Vortrsgendo  in  den  Herbstferien  183B  an  vier  serstdrten  Grab- 
hügelstÄtten  noch  eine  Nachlese  halten  können,  von  «denen  eine  ein  Kistcn- 
grab  gewese  n  sein  soll.  Di>sf>  Grabhügel  lagen  zerstreut  auf  cinctn  Tf»rraiti, 
das  sirh  etwas  niulir  als  l(X)m  westlich  vom  Orenzhügel  No.  55  der  Dniskor 
Ffifst.  Scliußbezirk  Aßl:iok»  ii.  .Ta^on  No.  143,  ausdehnt.  Zw*»i  dieser  Gräber 
•/r-t-b'/n  inf crppsantf'  Fiiii<Ntu''!x<\  Kn^  kr^^;  No  2  >  Drusken  No.  10)  einen 
Iroüzeaeu  roli  gegossenen  Güi  telhakon,  oiuer  Lyrn  ähnlich,  nn<\  einen  kleinen 
Spiral  bronzenen  Spiralring  v  n  l.GO  cm  lichtem  Durch me&üt  r  in  einzelnen 
Stücken,  beides  auf  verbrannten  Knochen  und  Kurkcr.*  No.  3  (Drusken  No.  11) 
ein  eisernes  Gci-äth  zum  Stechen  mit  doppeltt  iu  riugfurnngciu  Bronzibnlag 
im  untereu  Tbeil  des  Griffeudes.  Das  Ehrenmitglied  der  Gesellschaft  Herr 
Theodor  Blell  in  Or.  Liehlerfelde  hat  dies  Stechiostrament  nicht  nur 
resfarorirt,  sondern  es  nach  analogen  Fanden  in  der  Ober^Pfalx  and  nach 
Gifatten  ans  Diodor  fi&r  einen  kleinen  Bratspieß  erklirt. 

Das  letzte  grofie  Hügelgrab,  welches  ca.  1000  Schritte  westlich  vom 
geoumten  Grenshügei  der  Kdniglich^  Forst  aaf  der  Anhöhe  einer  von  der 
Font  allrefthlig  ansteigenden  Flftche  seinen  Fiats  hat  nnd  dem  Besitser 
Bank  Ontseit  gehörig,  weit  sichtbar  war,  enthielt  nnr  einen  groOen  Breon- 
pltte,  der  anf  einem  Pflaster  bergestellt  war.  Hieranf  wurde  erst  eine  Kiste 
Iber  nicht  gleidimftssig  aas  Platten  oder  Sandsteinen,  sondern  nnsymmetriscb 
MS  Platten  nnd  Kopfsteinen  errichtet.  Nur  Umenscberben  lagen  am  Ein- 
ganfr  der  Kiste,  sonst  war  die  Kiste  am  Boden  ganz  mit  vielerarten  Knochen 
ohne  Umenscberben  and  darüber  tnit  vom  Brande  gesehwftrsten  Steinen  ge- 
tiÜlt.  Decksteine  waren  deshalb  nicht  auf  den  Kistenraum  gelegt*  Der 
Bis  xeigte  9  Schiebten  Kopfsteine  in  der  vertikalen  Linie. 

Daß  hier  noch  andere  Kistengrüber  sich  in  der  Nähe  befunden  haben, 
nf^ah  noch  da.s  Vurliatidensein  eines  solchen,  welches.  nVrwohl  von  einer 
Seite  vfT  40  Jahren  geöfTnct,  nicht  zusammengestiu/.t  war,  sondern  fest 
zufiüiumenbielt.    Wenn  auch  ganz  bcätimmle  Kej|^clu  »ich  aus  der  Oeifnun^ 


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880 


KritiktiU  uud  H^icmt«. 


von  saUieidbQii  Gitbmi  sieht  immer  «bleiteii  kaaen,  «o  ist  doeh  der  Bau 
in  Besng  auf  Pflasterang  ond  Auflegung  der  Steine  denelbei  dw  Wedtael 
von  Kiatengr&bem  mit  Gräbern  in  concentrieol&en  Xreieen  und  Steinpaclcoiig 

auf  den  einzelnen  Orftberfeldem  immer  wiederkehrend.  Einen  beeonderen 
Dank  sprach  der  Vorlngeode  nocli  im  Namen  des  Vereins  dem  Herm  Ober- 
förster "Waldtner  in  Drasken,  äcm  Herrn  Förster  Edrlmnnn  in  Forst- 
liaue  Aßlacken  uud  ilcn  Herren  Besitzt-ru  Grigat  und  Gut  zeit  iu  Kiickfrs  aus. 

Nach  dem  zweiten  iiut  der  Tagesordnung  Ptelieivl»  ii  Vaiirag  deä  Herrn 
Ol  »erst -Lieutenant  z.  D.  ( !  l  al  i  e*)  legte  der  Vorsitxeude  folgon-le  eingegangenen 
Geßcheaku  und  Erwerbungen  vor.  Zur  Sammlung  vuu  Steingeräthen 
schenkten  ein  durchlochtes  Querbeil,  das  als  Erdhacke  gebraucht  wurde, 
^  geftmden  in  Gkmolauken,  Kroe  Lyck,  Rittcrgutsbeeitser  Wex  auf Oomlatdien; 
ein  durehloclitee  Beil  mit  kreiaförmig  abecbneidendem  Bahnende^  gefaaden 
in  Posinieken,  Kreis  Königsberg,  Bittergatebesitser  Lorek  auf  Popelken; 
einen  doidUoehten  ßteinhammer  mit  abgeschlagenem  Bahnende^  gefunden 
EU  Kuxtem,  Kreie  Wehkm,  Rittergutabeeitser  Stein  furt  in  Knxtem;  ein 
durchlochtes  Beil  mit  abgerundetem  Bahnende,  gefunden  im  Annchenthai, 
Kreis  Fischhausen,  Rittergutsbesitzer  Schefller  auf  Auncbenthal. 

Zur  Abtheilung  von  Gräberfunden  wurden  erworben  solche  aus  der 
sogenannten  Römischen  Periodo  ('\en  or«tpn  Jahrhunderten  n.  Chr)  aus 
Michelau,  Ivreis  Fisrhliaiisoii.  und  Skorn  bei  Prökuls,  Kreis  Memel,  und  von 
ebenda  auch  solche  aus  der  Wikinger  Zeit  (das  8.  bis  10.  Jahrhundert):  für 
die  Abtheilnng  von  Gfsr^^nständen  des  18.  und  19.  Jalirlumd»  i  ts  schenkte 
der  Auti4uar  aus  IIuUhiuI,  Herr  Frankel  ein  großes  weiUes  Pukalglas  mit 
vier  blanen  Glasbaekeln  und  Insehrift  am  dem  Jahre  1778:  ,}Gott  eey  uns 
ferner  gnädig"";  der  PartikuUer  Herr  Friedrich  Gentske  iu  Pr.  Hollaad 
einra  Pfmfenkopf  ans  PorseUan,  auf  welchem  das  Brustbild  Kflnig  Friedrich 
Wilheihns  HI.  en  relief  und  ein  silberner  Deckel  mit  dm  Portraits  der  drei 
Henecher  der  AlUirten  aus  den  Jahren  1818—15,  wUtrend  BIflchets  Kopf 
am  Rande  des  Deckels  angebracht,  snr  Befestigung  des  Deckels  dienU 

[Oetpr.     V.  S9.  u.  28.  Not.  Beil.  s.  No.  974  n.  279.] 

*)  Dieser  unter  dem  Titel:  ..Die  Glanzzeit  der  B'isniakon  und 
dereu  viulruhmlicher  Chef"  in  Mo.  2)S0  (Büil.)  der  Ostpr.  Ztg.  mitge- 
theilte  Vortrag  kommt  mit  dem  oben  erwähnten  susammen  sum  Abdruck. 

D.  R. 


Digiti^cü  by 


Mittlieiluiigcii  und  Anhang. 


ünlTersitlts-ChMiiik  1890. 

8.  April.  Med.  I.-D.  v.  Alfred  t.  Decker  pract.  Arzt  (aus  Sfcrassbarg  i.  Wpr.): 
Zwei  Fälle  Ton  Xethmos  Aortae  perswtena.  Königsberg;.  Inrack  von 

M,  Liedtke.  (39  S.  8.) 

26.  ApriL  Phil.  L-D.  v.  Eduard  Loch  Memelensis:  De  titulis  Graecis  sepal- 
crdütms.  Begim.  ez  ofBe.  Lenpoldiana.  (9  Bl.  64  S.  8.) 

IS.  Mai.  Phil.  I.-D.  v.  Hirsch  Goiteln  (ans  Högy^sz  in  Ungarn):  Das 
Problem  der  Theodicee  in  iL  r  alteron  jüdischen  Religtonsphilosopbie* 
Teil  I.  Berlin.  Mayer  &  MuUer.  lÖÖO.  (2  RI  ,  m  S.  8.) 

17.  Mai.  Med.  L-D.  v.  Engen  Feyerabend  prart.  Ary.t:  lieber  das  Vorkommen 
der  Rachitis  bei  Neugeborenen  nach  Jit  tra«  litimgen  in  der  kgl.  gyna©- 
kologisehen  Klinik  sa  Königsberg.  Königsb.  Druck  von  M.  iMdÜce. 

1890.  (32  S.  8.^ 

-  —  Med.  I.  D.  V.  Waldemar  Peter  prakt.  Arzt  (aus  Koiiigsb.) ;  Zur  Aetio« 
logie  und  Statistik  der  Mastitis  puMrperalis.  Kbg.  Hutongache  Bchdr. 

(2G  S.  S.l 

 Med.  I.-D.  V.  Eugen  Segall  prakt.  Arzt  (aus  Tauroggen):  Ein  Fall 

Von  angeborener  Harnröbrenvereugeruug.  Königsb.  Bch.-  u.  Steindr. 
B.  Erlatas.  (88  S.  m.  2  T^f.  a) 

»Acad.  Alb.  TJeglm.  1890.  11.'^  ^fos*  hopuli  in  B.itraolir.myomarhiam  rom- 
meutarii  Pars  I  qp»  orationes  ad  celebraudam  diebus  XI  m.  Martii 
XXI  et  XXin  m.  Mali  XXIII  m.  Janii  memor.  vir.  itl.  GaeiL  de 
Kowalewski  Jac.  Frid.  de  Rhod  Frid.  de  Groeben  Ab.  Frdr.  de  Groeben 
Joa.  Diet.  de  Tettau  in  audit.  inax.  dieb.  XIV  et  XXI  m,  Junii  pnbl. 
habendas  indicit  Arth.  Ladnich  P.  P.  0.  Hegimontü  ex  offic.  Ilar- 
tungiaiia.  1890.  (7  S.  gr.  4.) 

3lr.  122.  9(mt(.  ^hm;,.  bc^  ^crfonolv  u.  bcv  Stubivciibcii  .  .  .  fih  bao  3oiiiiiti'ti 
Semeftcr  lb9U,  iittb.  ,33  3.  8.)  (99  Xoc.  (10  Ü)col,  G  jur.,  26  nicö..  52  pt)il., 
5  B}?XQdy  IL  (Siccciticnmeiitcr)  u.  803  (184  t^eol.,  169  jur.,  259  mcb.,  174 
PW:  17  m.  fpcc  Odaubn.  b.  dieltor«)  @tub.) 
Mai.  Phil.  I.  D.  v.  Benno  Gehrmann  (aus  Mciuell:  Domosthenis  Tl:racis 
{lattßokiav  Oivoaiiui  firagmenta.  Dias,  inaug.  philol.  .  .  *  Eegimouti 
itp»d  E.  ErUtis  (46  S.  &) 

R  Jnnl  Phil.  I.-D.  v.  Hern.  Goldsteln  Zahnarzt  in  Lyck  (aus  Weissen- 
berg,  Kr.  Stuhm):  Beiträiro  zur  Konntnis  des  Fizahns  bei  den  Reptilien. 
I>nick  V.  Werner  &  Winter,  Frkt:  a,  M.  (2  BL,  19  S.  a  m.  1  Taf.) 


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362 


Mitthoiltingw  and  Anhang. 


Altpreussisehe  BiUtogniphle  1889. 

(Naclitrag  und  Fortsetsnng) 

ÜllbCffM  (^viifcntov  in  ^PDclfcm:  c.  vi  ivic  für  bic  2'ru\»fcr  Jyorü  in  c.  3cttion  von 
'^}(\vomt\  \C,r,l  'Bt\qcbcv.  b.  MUlt-^iid.  iJiuj|io.  44. 'i^crcineii.  S.  121  m.  laf.  VJ 

SBälDuljn  ;!icutiii  ,  lilv  b.  WcfäHc  ntit  bnvd)lod)tcm  aiaube.  [ISbb.  3.  137— S8.i 

9(di|rrrn  'IVojor  a.  7.^  ülv  bic  Tanifcr,  in>>ticf.  üb.  b.  be»  Ctbendl^auf.  SdaH^b^ 
tvt.b.  3.  88-86  m.  Tnf.  XVII-XXT.' 

»ujttd.  i.Lial.  Dr.,  3  ^>iu]cUiutlHi  TiHhu,  .Ui".  ?(miaburfl.  '(Sbb.  13— 16.|  ^ur 
»croaffmv  n.  .Unci{c.fiil)r}V  b.  iHitt.  b.  bt.  Cib.  i.  i^r.  77-109  nt.  Jaf.  L} 
c.  :Kic)cnfiLiuI(i  auf'^2i,H'v\eiti'n,  Mr.  .^vnberiiuv  | HO— 111  m.  Jiv.  II.  c.  Irm^. 
4^ruftfctlc  m.  ^»obtlu  u.  c.  bu>u^.  4.'!^ibc)rfjniurf  bei  imu,  'Iniicbc  am  \U^L 
^CDbcfnuv  111—12  m.  laf.  JI.|  b.  Wräbcilelb  in  b.  !?nt<5fcr  itovft.  1 113— 120 
m.  Inf.  III.  IV.|  b.  Wuil'cmib  v  ^Hcflclmcn.  six.  ;s!ü1ifmiifc!i.  '3.  121-126. 
m.  la].  VI.  3d)iuitl)in}i\:«  i.M'cii  wx  b.  3a)lad)t  b.  llijlau.  1Ö6— ♦>7.| 
auA  3ol)anni<?lnmi<^  alt.  Jciten.  !1H4— !)1.1 

Hon,  E..  0.  DestiiiHtifi;.  des  Ohiii:  im  Auszuge  d.  Kf;l.  Acad.  d.  W.  K.Berlin 
vorgclegtl  lAiuuiien  der  Pli\sik  n.  rhemi-  N.  F.  Bd.  S.  22-72  m. 
Taf.  I.  Fig.  7-13.  S.  398-1  MM 

iOorow],  .Arnim  an  W.  Dorow  in  Kbg.  d.  d.  Kfil.  14.  März  IHK».  Miti;et]t. 
V.  Ei  it  h  Scliiiiitit-Berlin.  I  Viertel  jahrschr.  i.  Littgesch.  2.  B<].S.  475  —  77.] 

Diyvalski)  Erirh  V.,  Das  Antlitz  der  Erde  v.  Ed.  Süss  [61<jbus  .')«;  Bd. 
No.  10,]  i'ih.  Bfwrtriinf^en  der  Kontinente  zur  Ehyjnf  n.  ihren  Zahang. 
m.  d.  "Warm*  sr  hu  aiikgn,  in  d,  Erdrinde  [Verhdlgu.  «1.  H.  «Ir.  Geographen- 
tages zu  Ti.  rliii.    S.  102—180.] 

Pnlky  Dr.  Alb.,  Heise-Erinnerungen  ans  Egypten  n.  Arabia  Petrea.  2.  A. 
Leipz.  Thiele.    (93  S.  8.)  1.  - 

EhMy  Alb.  (Wonneberg  Kr.  Rdasel),  Gkisnistik  Mltmer  Lipome.  I.*D.  Greifii- 
wald.  (2G  S.  8.) 

Eichborst,  Prot".  Dr.  Herrn.,  Lt  hrb.  d.  physikal.  UntsurbgsmetbcKl.  inn.  Krank- 
heiten, Band  I.  IJntsachg.  d.  Haut  u.  Temperatur,  des  Pulses  u.  d. 
Respirationsorgane.  3.  AuH.  Mit  149  Abbildgn.  in  Holzschn.  Rorlin. 
Verl.  V.  Frdr.  Wreden.  (IX,  4H0  S.  gr.  8.)  .  .  .  Bd,  II.  üutsnchg.  d. 
Curkulationsapparates,  der  Abdominalorgane  n.  d.  NenrrasvBti.  8.  Aufl. 
Mit  118  Al»l.ill-i'.  (VIII.  lit;.)  20.      -eh.  21.80. 

—  —  Haudb.  d.  spec.  Patliol.  u.  Tiieiapie  1.  praki.  Aerzte  u.  Studinmda. 

I.Bd.  Krankneiton  desCircnlat.-u.  Respirat-Apparatos.   Mit  106  Hok- 

srhn.  4.  umgr  at  h.  n.  verm.  Aufl.  Wien  u.  Leipzig.  Urban  n.  Sohwaraen" 

berg.  1890         ^ViU,  052  S.  gr.  8.)  12. 
 ttb.  die  exantliemat.  Krankheiten.  [Dt.  medie.  Woelimaehr.  No.  40.| 

live.  (DLZ.  7.  17.  24.  33.  .35.  4n.| 
Ilabemann,  a-,  (Ha^bA.  i.  ^i.)  äiec.  i^itidjv.  f.  b.  m.  m^^u  a6.  m.  di.  «y.  21. 

©.  686-41.] 

^>nr.  '?(nsv,  II.  vciO.  'ülufl.  Tic  '^Ta^dü  b.  SiiTcnidjaft  bcr  Urquell  aüci  Ta^ 
eii.  u.  baeuqt  biird^  bic  'Juitiuacjc^c . .  .  t^ictu  3elb|tuei'l.  (14  3.  1. 
Bscherti  Osk.,  120  Kolixiraphien  ans  d.  synftkolog.  Unir.-Klim'k  sa  Königs- 
berg i.  Pr.  1881   S!t.  I,-D.  Kgsbg.  (W.  Korb.)  (48  S.  gr.  8.)  baar  n.  -80. 
Ewald«  Ree.  [«Jjklö  l)iit.  ;itid)i.  20.  «b.  3.  518-521.] 

geftt,  »ctb.u.,  Mnfif».  j^mnen.  4>oiiäI(|.  1890  (80^  ^»liiftoTff.  (885  6.ffr.8.>ii.  P.— 

Fellclionfeld,  Dr.  W,  (Danzig),  stallst.  Beitrai;  /.  Krnnfniß  d.  Kf^frartion.s- 
vündgn.  bei  jugendl.  u.  erwachs.  Personen.  [Üraeie's  Arch.  f.  Ophthalm. 
86.  Bd.  1.  Abth.  8.  118-186.] 

Fatly  W.  .\  ,  Frans  Xaver  GaV>els]Kmt'r.  Erinn.  riuiLcshlatt  zu  SU.  lOOjAhr. 
Geburtstage  ....  Königsberg  i.  Pr.  ErlHtis.  (24  S.  8^.) 

—  —  3>ic  Sptac^siclncdjcu  un).  3duiUr  Sti\<^bi\.  !öd)br.  p.  9^. £ett)wfb.  (28 S. 

gr.  8.)  —80. 


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Altpwo^Ue  Bibaograpliie  1889.  383 

fiif4(l|  iccx^Oi}  irmft  o.  fioburq  (iottüi  iii^  (Sbuai^  ^üätci  (t  1868 • 

:\U}.  v.  15.  Tv^ii.  «r.  13. 
Fischer,  Dr.  Rieh..  Constantiu  Ferber  d,  Aoltere,  Bürgermeister  von  Dan^ig. 

[Ztoch.  d.  Westpr.  OescbTer.  Heft.  20.  Danzig.  S.  49-83.  gr.  a] 
Fisdier,  RcV.  'j,        Arzt  aus  Stallnpi.iun|  Einondzwaung  FüUe  vodGIau- 

comA  sizupicx.   I.-D.   Berliu.  '&2  S.  ö.i 
lifitr.  9fr.,  ^nSrnltn  an  1888.   T'Tft  ^nbiqtm  ou^  tru6.  ,*^t.  Wol}ntn${<n.  ^fkfe 

in  (iomni.  '19  3.  S.   Ininr.  n.  n. 
Flacby  Job«.,  eio  detitscher  Doktor  im  türk.  Verbrecherkerker.  [DasMagaxin 

f.  d.  Lit  d.  In-  Q.  Avsl.  56.  Jg.  Xo.  Ib.]         ftombity^er  (^mm  u. 

Tlubin'tricauoncUuniv  [Ucbcv  i.^^lt^  u.  l^ctr.  02.        '?}r.  45.j 
^lanft.  äi.  0.,  e.  $ja^   u.  .ipiK^rärl.  $)$a^iu>leibi).  v.  ^aiyre  1602.  Ice{>.*Al>Aua 

au«  b.  B^Hc^T.  b.  ^Oor.  herein«  f.  b.  tttrii.  ^tv  V2arie»iocfb<r  M  28.  €.23 

bi^  3J    11  3.  8.'  ,>ncbnd)->lu'ib,  c.  cticmnl.  .vcilonffiilt.  {S.t.  wariemoertWf.^ 

(3cv.''äbAug  aue  cbi>.i  \yt\t  24.  (22  3-  m.  ^t)()tlbg.j 
^IrifdjmMii,  9lr.  ^rof.  Dr.       Tie  Strrfamfeit  bfr  Seifm^^SKoIferei  $u.  StIcliiiH>f' 

lapirtu  in  CfU'r.  uvibrcnb  b.  ;icit  p.  1.  Cft.  1887  bt^  JK).  Spl.  1888  .  .  ,  . 

S^an^ig.  ttajcmajui.  ^Vil,  92  3.  gr.     m.  lab.)  1.<K>. 
FSnrteaai»,  E.  (Dresden  (  Wörterbficber  und  BiblioÜielcen.   [Centnilbt.  t 

BDM.üu'V-^v^-ea.  VI.  Jg.  S.  -1-18— 152.J 
FoM,  Curt,  Beitrag  s.  Casaistik  der  Spina  bifida.   I.-D.  Kgsbg.  (W.  Koch.) 

8.  gr.  8.  m.  2  Taf.)  baar  n.  1.— 
Fng^toln,  V.,  Reg.-Baum.  (in  Schwedt  a.  O.i  Die  Enwässerung  der  Lin- 

kuhuen>SeckenbQrg»r  Kiedemng,  mit  Zeichnungen  auf  Bl.  16—18  im 

Atias.   (Zteehr.  f^Binw.  Jg.  Ä  Hft.  I-IH.  8p.  118-136.  Hft.IVm. 

Sp  269-282.] 

Francky  Oonr..  üb.  d.  zeitl.  Vh.^ltnis.se  d.  reflertnr.  u.  willkürl.  Lidsckiusaes. 
I.-D.   Kgsbg.  (Gräfe  *  Unzer.  ^  {M  S.  gr.  S.t  u.  n.  1.— 

FnuikeB|  Oberl.  A.,  Rnmänische  Volks^lichtungen  (Beil.  zum  Progr.  d.  Real- 

Oyntm.  zu  St.  Petri  u.  Pauli  in  Danzig.  Danzig.  Kafemann.  (41 S.  4.^ 

—  --  rumftn.  Volkslieder  u.  Balladen  im  Versmaße  der  Orig.-Dichtgn.  ttbs. 
u.  erläut,  Dauzig.  Kafemann.  \^V1I,  160  S.  8.)  2.—  geb.  n.  n.  3.— 

FnUiiy  Priyatdo«.  Dr.  J.,  Aaffbrdg.  sn  Meridtanbeobachtgn.  des  Mondkraters 

Mösting  A.  [AstronnTTi.  NaoLr.  No.  2917.]  KriniL:sIif'rfi;tM"  TTph'rimet'  r- 
Beobaclitungeu  von  Kometen.  [Kbd.  No.  2984.]  L  eb.  d.  ai^troiiom.  Beo- 
bachtgn.  d.  Mondes.  Yortr.  [Sonutagsbl.  d.  Kgsbg.  Hartg.  Ztg.  Nr,  43.] 

Fnklters  J.  F.,  Familientafeln  d.  euglisch.  Vollblnte.  iGeneral  Stud  Book. 

vol.  I  XlV.l  Familienweise  Zusammcnstellimg  dn*  Stuten  m.  lebender 
weibl.  NarhzucLt  sowie  der  aus  ihnen  geborenen  llLiigste  mit  weibL 
zur  Zucht  benntzten  Nachkommen  unt.  Angabe  ihrer  imd  ihrer  Mfltter 

Bennlei.stungen  u.  Rpp;tstp'r  d.  Hrnpste  u    ihrer  üTi  hiiff  gpmachten 
Töchter.    Hrsg.  v.  Lauduiitbchall.  ('cutial-Verein  1.  Littaiinj  u. 
suren  in  lusterbg.    Bearb.  v.  Eberh.  v.  Bonin.    Berl.  Verl.  v.  Paul 

Pn-^y,  fuur'h   Ullt .  Kn.-l.  Tit  1  (Engl.  U.  Dtscll  i    XXVIII,  StiT  S.   o;r.  Fol/' 

%?i(biätiber,  ^roj.  Vubiu.,  ^aiftcU^n.  aus»  b.  3itUnge{(^.  ^omo  tu  bcv;icit  u.  ^Uu)uit 
h\*  %nm  ^u4i\anc[  b.  9Intoniite.  6.  ntubearb.  u.  Mnn.  f(uf(.  9.  T^f.  Sctp,^iii 
r  !.  XJII,  652  3.)  12.— 

drtid)bicr,  oftpreuH.  ^^olfv^mcinungcn,  Xob  u.  ^AVäbiun  bcticnciib.  I^tin  llrbc^^ 
9ninntn.  OTtttMiv'  t  ?vro»nbe  twffdt^flmf.  roiiiciiid)nftl.  ftunbe.  SBb.  6.  7. 

10  3.  1  "2  1 56.1  Volk.sglauben.  Aus  Ostpreußen.  Haus  un<niinii. 
[Am  Ur-(^ueU.  Monat^schr.  f.  Volkskde.  Bd.  X  der  neu.  Folge.  IbUU. 
No.  3.  (1889)  S.  46-48J  Volksglauben.  I  (»md  u.  Unaliicf.  [Ebd.  Nr.  4 
S.  64-66.)  Ostpreuß.  Yolksglaabe.  Braui,  Brautedbaft  a.  Hocbss^t 
fEbd.  1890.  No.  1.] 

Fritoche,  H.,  Ree.  [Ztschr.  f.  franz.  öpr.  u.  Litt.  Bd.  XI.  S,  214-218.J 


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B84  Hittbeilaiigen  und  Anhang. 

Frtellcll»  Dr.  ö..  Das  Bistum  Kulm  u.  d.  Dtsdic.  Orden;  e.  B»  itr.  z.  Ver- 
fas9nnfrsojp-»<'h.  d.  Dtsrb.  Ordfnsistaatp.s.  Scji.-Alitlr.  aus  d.  Zeitschr.  il. 
Westpr.  Geöcliii  htsvureins.    Danssig.    Kafemsuiu,    iVII,  99  S.  gr. 
I.  Tl.  als  Herl.  I.-D.  (H  Bl.,  47  S.  8.1  i 

Frommer^  Dr.  Otto,  Uebeinstnig.  u.  Unterechiede  zwisch.  d.  Kommandiijj;es., 
IL  d.  stillen  Oemllseli.  nach  d.  dtsch.  Hdlsgefttibacli.   Kgsbg.  Hattg. 

iIV,  107  S.  -r.  8.)  2.- 
Ftthrmann,  öbtil,  Prof.  Wüh.,  Der  Bro(Ard8cbe  Winkel  ....  (Pr<^.  d. 
kgl.  Kealgj'mn.  auf  d,  Burg.)  Kgsbg.  i.  Pr.  Härtung.  (28  8.  i.  m.  lT»f) 

GftSdtfy  Dr.  R.,  d.  latein.  Sclmlgrammatiken  von  Ellendt-Seyffert  (30.  Aufl.) 

TV  V.  Steguiann  (3.  AuH.)  Ein  Vergleich.  iGymn.-Progr.  B«iL>  Dansig^. 

A.  Müller  vorm.  Wedeische  Ilofbchdr.  (18  S.  4.} 
Garbe.    Samkhya-pravacana-bl^lshya,  VijnAna-Cliikahu's  (  ommentar  in  den 

SAmkhyasiitma.    Aus  dem  J^anskrit  ültcrs.  u.  m.  Anmerkgn.  vers.  t. 

Bich.  Garbe  [Abhdlgn.  f.  d.  Kde.  d.  Morgenl.  IX,  3.  I^eipzig.  Brook- 

hau«.]   (VIII,  378  8.  gr.  8.)  n.  n.  10.— 
 CM<b>  iH  yKeifeitiuot.  «erlin.  Scvl.  0.  Qkbcttbcr  $aeU(.  (VU,  254  8.  ftt.  a^l 

ü.—  gel).  8.—  I 
 ÄflITuit«,  «.  9?ciiciti,viie.  r2)a«  9ftt«Iattb.  88.  3g.  Wt.  85—87.)  e.  9leHt  wn ! 

S^ombai)  bmrf)  b.  inbifd).  '^Jrad)ti"läbU  Scitcimann«?  illuftr.  btjdjc  SDionatebcftc. 

33.        ^it.  38Ö.  ma.   ,\mii  3d)ulw  e.  inbiid).  Sdjrifti'tcllcv*.  [^t^  9(bi4 

15.  i^t».  «0.  3.  228-252.  302-?05.|  3icc.  |DLZ.  l.| 

•ttfci«,  %*r.  Dr.  (Inii,  b.  alldem.  bt)d)  ^iblv^flcjcnb.    ;2.         5.  S?d)  :  *oni  3f«- 

l)anbe(  ....  iiJoiblinnen.  ^cct.  dV,  275  3.  10.)  cnrt.  3.—  (cplt.:  6.-) 
—  —  d.  pHtentamtl.  u    gerichil.   Entscheulgii.  in   raL^jntsachen ,  nach  A. 

Reinenfolge  der  Btstimmungen  d.  Patentgesetzes  svstem.  zsgstJt  q.  . 

hrsg.   G.  Bd.   Barl.   C.  Heymann's  Verl  <X,  480  S.  12<0  geb.  d.-  : 

a-ü:  28.-)  ! 
 «Deutfi^e  9)et(^«aefe^e  in  dtnsel^tfbbtiuren.  92r.  62—105.  8«  (4  c<l  1  909.) . 

Wicfjcn,  9lot!i.  A  20. 
 JHcirt)<:^ilcii^c.  bcutjdje,  in  (^;i«iel  3lbbrüdcu  m.  ^iil>altv^^^cr,v  u.  au-ffüljrl.  Sat^rcj. 

Ijrü-sj.  D.  ^vof.  Dr.  C.  ®arri*.  8.  Sb.  8.  (387  6.)  (^icfjen.  ;KPtl).  3.— 
CteWftnka^  Oberl.  Dr.  C,  De  summo  bono  quao  fuerit  Stoiconuii  sententia. 

PrnRrr.-Abh.1lp;.  d.  stüdt.  R<>nl^;ym.  Osteroflc  '11  S.  4 4  2  Sp.) 
fS(bfn{biatt  an  ^soljmuuv  awii.}.  '^]a\xi\:  n\  Cbcncaiebcn  i^aycm).  Ügif^ft-  ! 

CfHir.  ;itne.  u.  ^Hcil.  Tr.  (2(J  3'.  8.1  | 
9c0r0itte  ...  57.  3lV  C^nitcfbi].  ("»hunbiinun.  3ter^cü  baar  n.  5.— 
Gerber,  Dr.  Paul  (Kgsbg.).  Beitr.  z.  Cnu^uistik  der  Impftuberculose  beim 

Men.schen.  [Dt.  med.  Wochenschr.  No.  16.] 
•(t|,  VI,  S\\H\\ta  0  äi^iilH'itnic  I.  cefaiju  nkmicctim  i  holu  imtffhn  .  .  .  i^.  fin> 

Imcü,  ^rtiuig.  (72  3.  8.) 
 Jfflfenborj;  ^roTcwffo^^rufH  etoanq.  tttt  t»f  1890,  .^qv^bq.  J^jortung. 

;  •  r  I   w,.^ra  .  .  .  ijöiu«,!  1889. 

«e»erbcblütt  i.  b.  i^row.  Cü^  u.  ^|t<)r.  .  .  .  Sg.  1889.  12  ^ftc  i4  lV|-2  i) 

«bg.  v^lod).)  baar  4.— 


4^ 


Ihmek  v«tt  S.  L«npold  la  KAnig«lMi9  tai  Vr. 

! 

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Im  Vorlage  von  Jnl.  tiaebePs  Buchhandlung  in  Qrandenc  erschien: 

Historiseh-geographisehe  Karte 


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während  der  Uerrsehaft  des  deEtechen  Kitterordens 

gezeichnet  von 

J.  N.  Pawlowski. 

.Mii  einer  Ueberaicht  der  aüuiiililichen  Vergrößerung  u.  der  Hauptbegebenheiten 
des  preufi,  Staates  bia  auf  uDsato  Zeit^ 

Mafistab  1 :  806000.  —  4.  verberaorte  Auflag«. 
Preis  1,60  Mark. 

In  unewnii  yorliqg«  ist  enebkiMn: 

Lose  Blatter      |  Jugendgedichte 

aua  '> 

von 

KantsNaehlass.  christiau  Wernigke. 

Mitgetheilt  von  \ 
Rudolf  Reick ^  HwansKegc'ben  von 

L  Hett.  (302  s.  gr.  ö.)         i     JDr,  Tj.  iSTeubauT. 
Preis  6  Marlu  i  Fnia  1,20  Mark. 

Königsbery  in  Pr.  Ferd.  Beyer*»  Buchhandlung. 


Verlag  von  Hanert  A  Roceo  in  Leipiif  • 


(iiord  Brano's  Lehre  vom  Kleinsten 

als  die  Quelle 

der 

Praestabilirten  Hariiionie  des  Leibnitz. 

Von 

Dr.  Hermaim  Brunnhofep- 

Preis  1,20  Mark. 


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Soeben  erschien: 

Immanuel  Kant 

und  die  Grundlagen  der  christlichen  Religion, 

Von 

Lic.  theol.  Dr.  Wilb.  Koppelmaniiy 

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Xn,  113  S.  gr.  8.  -  Preis  l,m  Mk. 

C.  BertelJtiuann  in  GDtergloh. 

{]      VerlagsbuchhandiuoD  von  A.  W.  Kaferoann  in  Oanzig. 


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5  Soeben  «raeliien: 

a  Herzog  AlbreehtvonPreussen. 

|{  Eine  bi«giap1dB6lie  Skiise  {§  : 

von 

Karl  Lohmeyer« 

Festschrift  jfl 
znr  400.  Wiederkehr  des  Gebnrtsteges  [3 
leg  ersten  Herzogs  Albreeht,  des  Ghründers  der  Albertina. 

AtuffAte  A.  auf  Kapferdrack. .  K) 

Preis  1,20  Mk. 
Ausgabe  B.  anf  holsfret  Druck. 
Preis  80  Pfennig. 


nj  Zu  beziehen  durch  alle  BuchhamUungen.  in 

Soeben  Pihit'lt  ich  dit»  in  Nu.  ni  des  Militär-Wochenblatt  es  angezeigte, 
von  der  kartographischen  Abtheiiung  der  Königl.  Preußischen  Landesauf- 
nähme  Tollstindig  rnngverbeltete 

Karte  der  Umgegend  von  Königsberg, 

1  :  mmo. 

Preis  2  Mk.   Aufgezogen  atil  Leinwand  iu  Carton  3  Mk« 

Königsberg  In  Pr.,  Juni  1890. 

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Nlederlag*  d«r  Kartrmwt-rki^  >\<'s  Kgh  Prenss.  CtaneMÜataliea 

fui  ili.'  Piiivini'.  <  )st]>rr'ti'i-^on. 

Heft  ö  u.  6  eischeiiieii  als  Doppelheft  Ende  September. 

Die  Heraoegeber. 


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Altpreussische 

Monatsschrift 

neue  Folire. 
Der 

ITiBMi  PraiBiiMhm  Pftti&iial-Bl&ttw 

vierte  Folce. 
Herausgegeben 

VW 

Rudolf  Reicke  und  Ernst  Wiehert. 


Der  Honfttosebrlft  XXVU.  Batid.  Der  ProTiniialblftiier  LXXXXUl.  Band. 


Fünftes  und  seclistes  Heft. 
Juli  —  September  1890. 


Hit  einer  Flanakiaie. 


\     ftVnigsherg  in  Pr. 

4  ^ 

Verlag  tob  Ferd.  Be  yer's  Bachhiuidlimg. 


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Inhalt. 


Omt^hkhtf  ^PT  Befeetignng«>n  Königabeigib  Y<m  C  Beck- 

h^'rrn.    'Mit  einer  Planskizze^   385 — 475 

Georg  Greilinger.   Eine  Kachleee  von  Dr.  I«.  Keabaor  ,   .  476— dOS 


II.  WHtMimmgtm  mmü 

Uaivöriiiuu-Chronik  1889.  1890    5C4— 606 

Lyceum  Hosianum  in  Braunsberg   505 

AliprenBJachtt  Bibliograp}iie  1889    60G— 512 


Alle  Beeilte  bleiben  ▼orbehalten,  -mi 

Herautgeber  und  Mitarbeiter. 


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Gesehiehte  der  Befestigungen  Königsbergs, 

Toe 

C*  Beck  Ii  er  rm. 

Qiit  einor  Planskizze.) 

Yorb«m«rknag.  Bia  in  diosor  Arbeit  oft  citirtcn  Qaollonwork»  PwlbMh'» 
•inil :  Pr'»ns*i!^rshe  ReBesten  in  d«r  AltprouKBiscbon  MoniitsMclirilt  Bd,  XT  Tind  XII,  be- 
■eiohnst  mit  i'r.  Reg.,  RegeNten  der  Stwdt  Kuuii^xborg  ebondu»<«Il>8t  Bil.  XVIII,  be> 
Mlöhnet  mit  K.  Reg.,  and  QneUenbeiträg«  snr  QMobicbte  KBoi^borgn,  beiei«1u)«t  mit 
Quellbtr.  Die  dor  DHrstollun^r  -'iii»eflochteM'^n  kur/prcf fiw«tti*n,  zu  Königsberg  in  Re- 
■iehaag  irt«hondon  Abscluütti»  au»  dor  Ivriogegoschicbte  sind  liMuptsftcblioli  den  Scbrülon 
Voigt*»,  Iiolimqrair'af  HSpfner*«,  den  Soriptor.  rarnm  PruMteanim  nod  den  OhrRniken 
des  J"?v  !-'reiberg  and  Bnltba».  Oans  iTitnoTnmf»n,  wolcho  nls  hinrnit-bond  bekannt  nur 
oitirt  wurJeo,  wvna  besondere  VoranlaMftung  dmixx  vorlitgt.  Xur  Urientiruog,  bettonders 
ttber  die  BMtionkrbefeeligiuift  empficbU  sloli  der  grone  Plim  von  Königeberg  von 
Valrrian  Miüler  von  o.l.  r  der  Idel&e  Plan  VO&  1800^  welflher  der  Sehrötteriolien 
Kftrte  von  PreUMon  beigegebun  ist. 


Kachdem  der  Deutsche  Orden  vom  Galmerlande  oob,  dem 
WAaserwege  folgend,  die  nördlicher  gelegenen  Landschaften 
Preußens,  Pomesanien,  Pogesanien,  Warmieni  NatangennndBarten 
erobert  hatte,  richtete  er  sein  Augenmerk  zunächst  auf  Samland. 

Einer  erasten  Unteraehmung  gegen  diese  von  einem  zahlreichen 
und  streitbaren  A^jlke  bewohnte  Landschal't  liei]  er  orst  ver- 
schiedene ßecoguosciiuugen  vorausgehen.^;    Ein©  solche  unter- 

i)  Als  solche  können  diese  Ünternehmuogen  ihrem  E£focte  nach  mar 

g'-lt  eti.  obwohl  sie^  wenigstens  die  des  Lsndmeisters  vonLivland,  der  Orden 
als  Erubcrang  angesehen  hat.    Dieses  p;plit  finor  Urkunde  von  12.56 

horvur  (K.  lieg.  No.  1),  worin  von  iUiL\ui  l  !•  rn  dio  Rede  ist,  welche  die 
Samen  nach  der  ersten  und  nach  der  zweiten,  nämlich  der  uutur  König 
Ottokar  wirklieh  erfolgton  Erobemng  am  zahlen  hatten.  Damit  stimmt 
flberein,  daB  schon  1254  ein  Komtor  —  gewissermaflen  in  parUbus  —  von 
Samland  erscheint  (Pr.  Reg.  No.  4.49)  und  daß  in  demselben  Jahre  oine 
Veisrbreibnnp;  für  einen  Sinnen  misc^ostpllt  ist  (a.  a.  O.  No.  483).  Wie  es 
abr-r  ruit  jener  vermeiutiicheu  Eroberung  staudi  zeigt  deutlich  genug  der 
Erobernngszug  Ottokar's, 

Altpr.  MonatssobrUt  Bd.  XXYIL  Uft  5  n.  a  25 


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386 


Geschieht«  der  Befestigung«!!  Königsbergs. 


nahm  clor  Iiaii«lni^^ister  Heinrich  von  Wida  zwischen  1242  niifi 
1246  wahrscheinlich  von  Balga  aus  über  <las  gefrorene  frisciie 
Ha£f  durch  Witlan'h  s  oi  t  gegen  den  südwestlichen  Küstenstrich 
Samiands.^)  In  demselben  Zeiträume  erfolgte  eine  Expedition, 
bei  der  sich  tfuoh  Lübecker  Bürger  betheiligten,  vabrscheinlick 
von  der  Inmschen  Kebmng  her  nnter  dem  Landmeister  you 
Liyland,  Dietrich*  von  Grflningen')  nnd  endlich  im  Winter  von 
1253  aut  1254  eine  driti»^  vom  Komtur  zu  Christburg,  Heinrich 
Stande,  wohl  nnf  dem  zuerst  erwähnten  "Wege  in  die  (t.'itp^vI 
von  German  geliih'rte/)  Kine  auf  Eroberung  abzidonde  Unter- 
nehmung konnte  erst  erfolgen,  als  am  Anfange  dos  Jahres  12Ö5 
ein  starkes  Heer  von  Krenziahrem  bei  Elbing  eingetroÖen  war, 
zu  dem  suletst  noch  der  König  Ottokar  von  Böhmen  mit  einer 
Schaar  von  Bittem  stieiS.  Unter  dem  Oberbefehle  des  Königs 
marschirte  das  ganse  Heer  nach  Balga  nnd  drang  von  hier 
wahrscheinlich  aut  dem  schon  mehrtuch  eingeschlageneu  Wege 


2)  Honnenhorger,  lOtklftruDg  der  Landtafei  8.  413. 

3)  Pr.  Kt'},'.  N<'.  -Ji!!». 

4^  Dusbiirg  Jll,  08.   —    Trotz  dos   Krie,^szlI^f  and*  s.   ^vt•l(•ller  schon 
damals  zwischen  dorn  Ordeu  uiul  den  Samhiiulem  bestand,  muß  es  der 
mächtigen,  nnternehmungslaBtigen  und  Tom  Orden  nnteratützten  Haodels- 
stadt  Lübeck  nach  den  Andeutungen  verschiedenw  Urkunden  gelungen  aein, 
wenn  aueb  nur  auf  knne  Zeit,  im  Samlande  fssten  Fufi  su  £u8«n  nnd  an 
Avv  damals  noch  weiter  \M  stlich  gelegenen  Pregelmündiing  eine  Handels* 
koluuic  zu  gründen,    i  Vergl.  Bt'ckherrn,  Die  westliclie  Grenze  Natangens. 
Excm-s.    Alt|>r.  ^fonntssrlir.  XXIII,  079  fT.^    Es  ist  nir-ht  zu  leugnen,  daß 
das  zwischen  dtiui  l  >rd»  u  unU  ilm  Saii).  n  l'i-stehendo  Verhältniß  hinsichtlich 
der  Gnuulung  einer  Kolonie  dnrcli  diu  Lübecker  Bedenken  eiregt.  Dieses 
wird  aber  gehoben,  wenn  man  erwägt,  dal  die  Lübecker,  nadidem  die  an* 
flüiglicb  beabsiehtigte  Besitanahme  eines  gröfteren  Landstridies  im  Samlande 
bini^lig  geworden  war,  von  den  Bewohnern  nicht  mehr  als  -  Eroberer  an- 
gesehen wurden,  sondern  als  friedliche  Ansiedler,  und  daß  den  Ton  den 
Clironisten  als  hau  l'  Itrcibend  geschilderten  Samen  ans  der  Anloi^nn;?  eines 
Ha!idp!sp].Tt7Ps  in  iluem  Lande  nnr  Vortheile  crwn'^bsen  konnten.    Sie  wartjii 
für  die.Süf*  L  liteinehmen  wahr.^t  iieinlich  ant  h  dadurch  noch  gunstig  gestimmt 
worden,  daß  die  beim  Einfalle  in  Samland  unter  Dietrich  von  Groningen 
gemachten  Oefangenen  in  Lübeck  eine  gute  Behandlung  erfahren  hatten 
und  unter  Zusicherung  ihrea  früheren  Besitsstandes  bald  wiedv  m  die 
Heimat  entLaasen  worden  waren.  (Pr.  B^.  No.  269.) 


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Von  G.  BeckbeiTn. 


887 


über  Witlandesort  in.  Samland  ein,  woselbst  es  znnäehst  die 
Gebieto  von  Medenau  und  Badan  verheerte.  Nach  Eroberung 
einer  in  letzterem  Gebiete  gelegenen  Borg  unterwarfen  sioh  die 
Bewohner  des  westlichen  Theiles  der  Landschaft.^)  Die  im  öst- 
lichen Theile  wurden  dazu  durch  einen  Yerheonmgszug  dnrch 
die  Gebiete  von  Qiiedenau,  Waldau,  Kaymen  und  Tapiau  ge- 
zwungen. Es  ^alt  nnn.  dieso  Erobeninf^  sofort  durch  Errich- 
tung einer  Zwingburg  sielicr  zu  stellen.  Der  Ort  für  dieselbe 
wnrde  von  den  umsichtigen  Heerführern  des  Ordens  so  ählt, 
daB  sie  in  militärisoher  Hinsicht  den  an  sie  zu  stellenden  An- 
forderungen nach  Möglichkeit  entsprechen  konnte.  Daß  König 
Ottokar  die  Stelle  bezeichnet  haben  soll,  ist  eine  Fabel;  der 
Orden  besaS  in  Folge  der  vorhergegangenen  Recognoseimngen 
eine  viel  genauere  Keiiulmß  des  Landes,  als  der  König  sie 
babon  koiiute  mid  bedurfte  aiu  ii  keines  Ilatlies  von  fremder 
Seite,  weil  sich  unter  seinen  Mitgliedern  stets  MärnuT  mit  guten 
militäriscben  Kenntnissen  ^iv.d  Fähigkeiten  befanden.  Auiäerdem 
hat  der  König  znm  Aufsuchen  einer  zum  Burgenbau  geeigneten 
Stelle  keine  Zeit  gehabt,  denn  er  muB  gleich  nach  Beendigung 
des  Zuges  durch  Samland  wieder  abgereist  sein,  weil  er  am 
6.  Februar  schon  wieder  in  Troppau  eingetroffen  war. 

Gerade  auf  der  Mitte  der  südlichen  Grenze  des  Sanilaudes  ^'"^Jj^^*' 
mündete   ein  in  seinem  unteren  Laufe   in  euit  in  schmalen  von  nudtao^ 
Norden  nach  Südeu  gerichteten  Thale  dahinfließender  Bach,  die  ^^***' 
Labe  genannt)  in  den  Pregel.*^)    Ungefähr  660  Schritte  den 
Pregel  weiter  abwftrts,  wo  dieser  eine  Biegung  nach  Süden 
macht,  schnitt  eine  kurze  thalartige  Mulde  in  nordnordöstlicher 


6)  Diese  Burg  ist  wohl  das  1274  orkimdlich  erwähnte  antiquatn 
oesttnii  Nogympten  (Pr.  Beg.  No.  804.  Voigt  m,  82  n.  481),  deren  üeber^ 
Teste  veminthlich  in  dem  sQdwestlich  Rudaa  bei  Ekxitteii  g^genen  Bing^ 

walle,  der  Hünenberg  genannt,  erhriltt  n  sind. 

6)  Faber,  die  Haupt-  und  Re.sid. nzstadt  Könf^isl».  S.  00.  —  Viell«  J.  Lt 
ist  der  mehrfach  in  Ost-  und  Westpreuteu  vorkoirmu  n  l«'  FluL'namen  Liebe 
eine  andere  Form  diese«  Namens.  Anstatt  des  zn  dem  Flutnameii  Lübe  in 
Bedehnng  stehenden  Stadtnamens  Löbenicbt  kommt  auch  diu  Form  Leybe- 
meht  Tor* 


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088 


Geschichte  der  Befeetigungen  Königsbergs. 


Eichtung  in  don  nördlichen,  hier  nur  200  Schritte  vom  ¥\mm 
entfernten  Abhang  des  Pregelthales  ein.  Sio  setzte  sich  di  lt 
östlich  der  jetzigen  Prinzessiustrasse  noch  einu  btrecko  bis  ul -r 
die  Jankerstrasse  hinaus  ravinartig  fort;  ihr  westlicher  Abhao^ 
war  sanft,  der  (östliche  steil  gebösoht.^)  Aach  der  yon  diesen 
beiden  Einschnitten  des  Gelftndes  begrenzte  Uber  den  Pla£  sieh 
40  bis  60  Fufi  erhebende  Abhang  des  Pregelthales  und  der 
westliohe  des  Löbethales  hatten  steile  Bosohungen.  Der  swtschen 
den  beiden  Einschnitten  gelegene  nnd  von  den  Preußen  Tuwangste 
genannte  Gelandeabsclmitt  war  also  nur  von  Norden  her  bequem 
zugänglich,  daher  zur  Anlegung  einer  ausgedehnten  Befestigung 
in  speciell  fortificatorischer  Beziehung  wohl  geeignet,  zumal 
dnrch  die  Nähe  des  schiffbaren  Pregels  eine  bequeme  Verbin- 
dang  über  das  Haff  nnd  die  See  mit  den  südwestlichen  Lsnd- 
schaften  und  deren  festen  Plätzen,  sowie  auch  weiterhin  mit 
Deutschland  gegeben  war,  worauf  der  Orden  stets  groBen  Werth 
legte.  Aber  auch  lür  die  Bestimmung  als  Zwingburg  des  Sam- 
landos  fand  eine  hier  erricLtcte  Burg  die  passendste  Stelle,  weil 
sie  hier,  wie  schon  gesagt,  auf  der  Mitte  der  Südgreuze  der 
Landschai't  lag  und  so  den  größesten  Theil  derselben  beherrsdlLte. 
Die  Machtsphare  einer  Zwingburg  erstreckte  sich  in  der  errten 
Zeit  nach  Eroberung  eines  Landstriches  nur  so  weit,  als  es  den 
Beiterabtheilungen ,  welche  von  ihr  zur  Unterdrückung  Ycm 
Unbotmftßigkeiten  ausgesendet  wurden,  möglich  war,  in  einem 
halben  Tage  zu  gelangen,  da  ein  Uebernacbten  derselben,  welche 
doch  nur  in  geringer  Starke  ausrücken  konnten,  in  dem  noch 
unsichem  Lande  zu  ge&hrlich  war,  die  andere  HiLlite  des  Tagies 

7)  Pr.  Reg.  No.  542.  In  der  Origin^copio  heißt  es:  Es  soll  gemessen 
werden  nach  Derne  zu  (im  Westen)  n  medietate  vallis,  rjne  est  jiix'a 
aream,  quam  fratres  edifirare  prupoimiit.  --  Das  Helände  vor  der  \\\'stiii  :it 
des  Schlosses  hat  bei  Anlugting  der  Alauerbelestigung  der  Altstadt,  beÄt^udc« 
durch  den  tiefen  Einschnitt  des  Grabens  quer  über  den  Thalabhaog,  ferner 
bei  Anlegung  des  Postgartene,  des  Gesecosplatiee  nnd  der  Kantstnle  so 
eingreifende  Yerilndernngen  erlitten,  daft  nur  ein  geübtes  Auge  an  wenige 
ttnd  unscheinbaren  Merkmalen  seine  uxsprfln^ehe  Besabafirenheit  im  AUgs* 
meinen  noch  erkennen  kann. 


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Von  C.  Beckherm. 


889 


also  ziim  Rückmärsche  benutzt  werden  musste.  Das  Zwing- 
gebiot  erstreckte  sich  daher  auf  einen  üi^ikT  ois  von  höchstens 
vier  Meilen  Radios  um  die  betreffende  Burg.")  Daraus  ist  er- 
sichtUch,  dafi  eine  auf  der  besprochenen  Stelle  errichtete  Burg 
nicht  das  ganze  Samlaad  beherrschte,  es  blieb  vielmehr  sowohl 
im  Westen  als  auch  im  Osten  ein  schmaler,  nach  Norden  hin 
sich  bedeutend  verbreiternder  Landstrich  jeder  Eimvirlaing  ent- 
zogen. Daran  war  vorläufig  nichts  zu  {Indern,  später  al)er  wni  rle 
auch  die  Beherrscliung  dieser  entieg^  iioii  Landstriche  durch 
eini"'-  zum  Theil  allerdings  hauptsächlich  zu  anderen  Zwecken 
auf  aamländischem  Gebiete  erbaute  Burgen  ermöglicht.^)  Die 
im  Saden  an  Samland  grenzenden  Theile  von  Natangen  und 
Warmien  wurden  von  den  Burgen  Kreuzburg  (um  1253  erbaut) 
imd  Lemptenburg  (Lenzenburg,  schon  1246  erwähnt)  beherrscht. 

Der  oben  besr  hriobene  Geländeabschnitt  wur<ie  donn  also 
iür  den  Bau  einer  Zwingburg  ausorseheu  und  dieser  sofort,  also 
noch  im  Jahre  1255  ausgefahrt.  Da  zu  einem  grolSen  Steinbau 
zeitraubende  Yorbereitnngen  gehörten,  mufite  man  sich  einst- 
weilen darauf  beschränken,  ein  provisorisches  Werk  von  Holz 
und  Erde  von  mäßigem  Umfange  anzulegen,  zu  dem  die  Mate- 
rialien an  Ort  und  Stelle  vorhanden  waren,  denn  der  gewählte 
Platz  war  fast  ganz  von  Wald  bedeckt.  Zu  einer  derartigen 
klüiüeü  Befestigung  waren  die  beiden  Ecken  des  gedachten 
Gelikadeabschnittes  geeignet;  man  gab  der  etwa»  in  das  Thal 
hervorspringenden  sttdöstlichen,  obgleich  sie  in  Folge  der  Nei^ 
gong  der  Hochfläche  nach  dieser  Richtung  hin  etwas  niedriger 
lag  als  die  südwestliche,  den  Vorzug,  weü  hier  durch  den  am 


8)  V.  Bönig;k,  da-s  Troffon  von  Poliotlien.   Altpr.  M<.n:itssi^hr.  XVI,  HnH. 

9)  Es  sind  »lieses  die  Burt^en  Lochstedt,  um  1270  auf  d<  r  J^iuidzunii;»! 
Witlandsort,  Tapiau  1265.  Laliiaa  um  1277  und  Neuliaus  ca.  als  (Ireii/^- 
wehrea  gegen  Nadraucn,  Schalauen  und  die  Litauer  erbaut.  Von  den  zahl- 
iwdm  ÄbHgen  Befestigungen,  sowohl  in  Stein  anfgefährien  als  anchWall- 
butgen,  welche  im  Samlfiade  entstanden^  diäten  diejeDigen,  welche  im 
Verktife  dieser  Barstellinig  nicht  besonders  genannt  werden,  hauptsächlich 
BOT  Terwaliungsswecken  oder  waren  auch  FUehbargen. 


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390  Goschichto  der  Befestiguugen  Königsbergs. 

F11886  des  östlieheii  Abhanges  vorflberfliessenden  Löbebach  die 

Bedingung  zu  einem  Hauj^terfordemiß  einer  Burganlage,  einer 
im  Schutze  derselben  gelegenen  Mühle,  gegeben  war.  Es  ist 
der  ßttum,  welcher  gegenwärtig  von  der  Kaserne  dus  Jblürassier- 
regiments  eingenommen  wird.^^)  Der  Bau  wurde  mit  Hilfe  der 
unterworfenen  Landeseinwobner  und  onter  dem  Schutse  des 
Ereuzfahrerheeres  anfgefübrt  und  stand  im  Jahre  1256  vollendet 
da.^^)  Man  gab  dieser  Borg  den  Namen  Königsberg,  sei  es, 
um  den  König  Ottokar  dadurch  zu  ehren,  sei  es  als  Reminifloenz 
an  eine  gloichnami«^e  Burg  des  deutschen  Orden.-,  na  HeiHgen 
Lamlo.^-)  Die  ungf^fälire  Form  des  Grundrisses  und  die  Aus- 
dehnung dieser  Belestii^iing  ergiebt  sich  aus  der  Form  der  Berg- 
nase, auf  der  sie  errichtet  und  der  sie  angepaßt  war.  lieber 
die  sonstige  Banart  werden  wir  durch  Lucas  David  belehrt,^') 
welcher  berichtet,  daß  die  gedachte  Bergnase  von  der  Hochflftche 


10)  Daß  dieser  Ort  die  Stelle  der  ersten  Barganlage  war,  geht  ms 
iolgenden  Urkunden  hervor. 

K.  Reg.  No.  2.  1257  erhalt  der  Bischof  die  zuerst  erbaute 
Barg.  Es  soll  eine  Messung  iu  östlicher  Richtung  ausgeführt  wertten  vom 
Graben  [d.  i.  das  MtihlenflieB,  der  Katxl>ach]  swiscfaen  Burg  und  Mühle 
[die  epitere  MAlzmühle  unten  im  Mählengronde]. 

K.  Reg.  No.  7.  1263  tritt  der  Bischof  seine  neben  der  Ordeni- 
burg  [das  lientige  Schloß]  gelef^ene  Burg  wieder  an  den  Orden  ab. 

Qnellbtr.  No.  3.  1801  pHanbt  der  Lnridmeistcr  doii  Bnri^i'rn  der  Alt- 
stadt, anf  dem  Räume  unttjr  Uera  SchloUburgö  Gebaudr  y.u  cni'hten. 
Den  Abhang  des  Schloßberges  sollen  sie  durch  eine  Mauer  »tutzen, 
welche  sich  Tom  Hanse  des  Münsers  [auf  der  SteOe  der  Hkoser  neben 
der  Wobanng  des  Kommandeurs  des  Kürassierregimentsj^  der  Krflmmaog 
des  Abhanges  folgend,  bis  zu  den  Planken  [Umwebnmg  der  Alt- 
stadt] gegenüber  der  Mühle  erstreclicn  soll.  [Die  theilweise  noch  6P* 
hultene  Mnner,  worauf  der  südliche  und  südöetliche  Theil  der  Kürasiiflr- 
kaserne  ruht] 

K.  No.  43.    lüüö  beurkundet  der  oberste  Marscliali,  daß  die 

Mauer  au  döiu  alten  Ordenshause  den  Bürgern  der  Altstadt  gehört, 
der  Rath  dem  Orden  aber  gestattet  habe,  eine  Scheune  darauf  an  bauen. 

11)  E.  Reg.  No.  1. 

12)  Prutz,  Die  Änflüage  des  Dentschen  Ordens  in  PrenOeo.  Ältpr. 
Monatsschr.  XV,  11. 

13)  Lucas  David,  Preuß.  Chronik  IV,  11. 


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Von  0.  BecJcberrn. 


391 


durch  einen  von  Abhang  zu  Äljhaiig  wulirscheinlich  im  aiis- 
springenden  Bog^n  geführten  (Iraben  abgoschnitttMi  worden  aei» 
einen  dahinter  aufgeworlenon  Wall  erwähnt  er  zwar  nicht,  ein 
solcher  muß  aber  vcransgosetzt  werden,  weil  der  anliegende 
Theil  der  Hochfl&ohe  den  Burgplatz  dominirte.  Außerdem  wurde 
die  XTinwehTung  durch  einen  starken,  dem  Bande  der  AbbAnge 
und  der  Wallkrone  folgenden  Zaun  gebildet,  dessen  Herstellung 
wir  uns  naoH  den  Andentungen  des  Beliebtes  folgendermassen 
zu  dunken  haben:  In  gewissen  Abständen  von  einander  wurden 
auf  der  bezidchnefen  Linie  stark«^  Baiimstänune  s»-ukre(dit  in 
den  Boden  eingegraben  und  diese  durch  einige  Querhölzer  mit 
einander  verbunden.  Au  die  äußere  Seite  derselben  nagelte 
man  in  senkrecbter  Stellung  starke  Planken  dicht  neben  ein- 
ander an.  Diese  Planken  wurden  durch  Zerspalten,  nicht  durch 
Zersftgen  der  Baumst&mme  hergestellt,^*}  denn  bei  dem  Mangel 
einer  Schneidemflhle  wftre  letztere  Herstellnngsweise  durch  Hand- 
arbeit zu  zeitrauliend  ij;o\\  est^ii.  Ob  dieser  Zaun  nur  Brustwehr- 
höhe  erhalten  hal)e.  oder  ol)  er  huher  aufgeiührt  und  in  diesem 
Falle  mit  einem  ürdbanket  oder  einem  hölzernen  Gerüste  als 
Wehrgang  versehen  worden  sei,  muß  dahingestellt  bleiben.  Die 
Borggebände  waren  Blockhäuser.^^)  Von  gleichartigen  Burg- 
aolagen  findet  man  im  alten  Ordenslande  noch  gegenwärtig 
Ueberreete,  z.  B.  die  Burgwälle  Lenzenberg,  Stokenfeld, 
Gr,  Maraunen  bei  Wartenburg,  Karschau  bei  Frauenburg,  Pott- 
litten, Sporthenen  und  einige  bei  Mewe  gelegene.  Andere  sind 
sehr  ähnlich  und  unterscheiden  sich  von  jenen  nur  dadurch,  daß 
die  Abschneidung  ihrer  Burgplätze  von  der  anliegenden  TTooh- 
ß&che  nicht  durch  Wall  und  Graben,  sondern  nur  durch  eins 
von  beiden  bewirkt  und  der  Wallabschluß  zuweilen  ein  zwei- 
ftoher  ist.  Von  der  ehemaligen  Existenz  der  dem  Bande  des 
Abhanges  resp.  der  Wallkrone  folgenden  Umwehrun g  mittelst 
Plankenzaun  oder  Tallisaden  legen  dio  bei  diesen  Burgwällen 

U)  Vergl.  Beekbemi,  ein  ans  Holz  oonstmirtes  altes  Bauwerk  in 
lUatenborg.   Sitzun-sLcr.  d.  Pnissia  1882  a3  S.  161. 

15)  Der  Holsbau  der  Borg  wird  auch  beseogt  durch  K.  Beg.  No.  4. 


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392 


Güsclüchte  der  BefesUgungea  Königsbargs. 


zuweilen  auf  der  angegebenen  Linie  aufgefundenen  verkoWten 
Ucberreste  der  Uiinvohruni?  Zeurrniß  al).  Maivclie  riiirjB^wälle  der 
hier  bezeichneten  Art  sind  vielleicht  auch  heidnischen  Urspnmgs. 
Eine  solche  Befestigungswoiso  gewährt  durch  den  Fortfall  des 
gröfiesten  Tkeiles  der  Umwallung  den  Vortheil  großer  Zeit> 
erspamifi,  sie  ist  daher  auch  bei  dem  Bau  der  Borg  Königsberg, 
bei  dem  Eile  uöthig  war,  angewendet  worden. 

Der  Grabenseite  der  oben  beschriebenen  Haupt hnrg  wurde 
die  jodem  Ordenshause  nothweudige  Vorburg  angeschlossen."! 
Ihre  räumliche  Ausdehnuiiii;  durfte  in  Rücksicht  auf  die  Be- 
dürfnisse eines  Komtursitzes  nicht  zu  gering  bemessen  sein, 
man  wird  für  sie  daher  außer  dem  Flatze,  welcher  jetzt  zwischen 
der  Kaserne  der  Kürassiere  und  dem  Schlosse  liegt,  auch  noch 
einen  Theü  dieses  letzteren  in  Anspruch  nehmen  müssen  und 
darf  aus  fortificatorischen  Gründen  schließen,  daß  sie  sich  in 
nordöstlicher  Bichtung  bis  an  den  jetzigen  Schloßteich  ausge- 
dehnt habe.  Als  BefcvStigung  ist,  vielleicht  mit  Ausnahiii^  dieser 
letzteren  Seite,  wo  dwr  Plaukenzaun  gomigte,  außerdem  auch 
noch  Graben  und  "Wall  vorauszusetzen,  die  Seite  an  der  Huupt- 
burg  blieb  natürlich  offen.  Per  Burgweg  (jetzt  die  Straße  des 
Mühlenberges),  auf  dem  eine  Thoranlage  selbstverständlich  ist) 
führte  aus  der  Verbürg  schrftge  am  Ostlichen  Thalhange  hin- 
unter an  der  Burgmühle  (späteren  Malzmühle)  vorüber.  Diese 
war  schon  1267  vorhanden,  ebenso  der  Damm  (jetzt  Französische 
Straße),  durch  welchen  das  Wasser  des  Löbelmches  aufgestaut 
und  deij.seu  Thal  oberhalb  des  Dammes  in  einen  ^veit  hinauf- 
reichenden Mühlentoicli  (jetzt  S(  Idoßteich)  umgewandelt  war.*') 
Am  westlichen  Ende  erhielt  der  Damm  neben  dem  Mühlen- 
gerinne eine  Freischleuse ;  später,  nachdem  diese  im  Jahre  16^ 


16)  K.  Reg.  No.  3. 

17)  K.  Reg.  No.  2  u.  8.  —  Die  weiter  oben  am  Eingänge  der  jetzigen 
franEadschen  Strafie  stehende  MQlile  ist  wahrselieinlich  ebenfalls  vom  Orden 
aogelegti  aber  in  iqpAterer  Zeit^  denn  nur  aof  die  unten  im  Hübleagrande 
stehende  Mühle  IsHSen  sich  die  Bestimmungen  der  obigoi  Urkunde  No.  9 
über  die  ansznführenden  Mesenngen  anwenden. 


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Von  G.  Beckherra. 


393 


durch  das  HoeliwaflSdr  zerstört  worden  war,  wurde  die  entstan- 

Jene  Lücko  durch  Verlanp^erung  des  Dammes  ausgefüllt.*'*) 

Im  Lande  gab  es  iinnier  nocli  Unruhestifter  und  AVidor- 
spanstige,  uuscni  Bnr^  wird  dalif^r  oft  genu(^  Voranlassuug  ge- 
habt haben,  berittene  Tnipps  zur  Strafvollziehung  zu  entsenden. 
Sogar  erfolglosen  Angriffen  ist  sie  ausgesetzt  gewesen,  wahr- 
scheinlich wohl  durch  die  in  die  Landschaft  eingefallenen  Scha- 
laaer,  Nadraner  und  Sudaner,  denn  in  einer  Urkunde  von  1256 
ist  die  Bede  von  Ausgaben,  welche  der  Orden  nicht  nur  beim 
Bau  sondern  auch  bei  der  Yertheidigung  der  Burg  gemacht 
hat.^*}  Sie  hat  also  ihrer  Bestimmung  genügt  und  ist  keines- 
wegs der  Christenheit  bisher  wenig  ntltelioh  gewesen**,  wie  ihr 
naebh.  riger  Besitzer,  der  Biachof  von  Samland,  sicli  ausläßt.^*') 
Diese  Aeußerung  ist  nur  der  Ausdruck  des  Unwillens,  welcher 
den  Bischof  weo;en  der  für  ihn  weuip:  orfrculifhen  damaligen. 
VerhältDisse  im  Samlande  und  dem  Ordeu  gegenüber  erfidlt(\ 

Zu  dem  schon  von  vornherein  beabsichtigten  Aufbau  eines  z»«it* 
steinernen  Ordenshauses  in  der  einem  Komtursitae  angemessenen 
Einrichtung  und  Ausdehnung  wurde  der  westliche,  auf  zwei 
Seiten  von  den  steilen  Abhängen  des  Fregelthales  und  der 
daraus  nach  Nord-Nordosten  sich  hinaufziehenden  Thalmulde 
begrenzte  Theil  des  Abschnittes  der  Hochfläche  ausersehen.*^) 
Mit  dem  Bau  ist  siciierlich  bereits  im  Jahre  1257  begonnen 
worden,  denn  schon  im  Ajiril  dieses  Jahres  la£^on  auf  dem  IMatzo, 
der  jetzt  dm  innoren  Schloßhof  bildet,  die  zu  dcu  (Irabeu- 
mauem,  Fiuidamenten  und  unteren  Theilen  der  Burggebäude 
bestimmten  Steine  zur  Verwendung  bereit,^")  vortreffliches  Bau- 
holz befand  sich  ganz  in  der  Nähe  und  Ziegel  und  sonstiges 


18)  Freiberg,  Königsb.  Chrooik.  N.  Pr.  Prov.-Bl.  V,  453. 

19)  K.  Beg.  No.  1. 
aO)  K  Bog.  No.  7. 

21)  Dusburg  (III,  78)  sebreibt,  die  Verlegnng  der  Burg  habe  stattge- 
fanden  al  ouni  locum,  ubi  nunc  est  Bitom  in  eodem  monte  d.  h.  anf  dem- 
Belben  Abschnitte  der  Hochfläche. 

22)  K.  Beg.  No.  2. 


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3y4 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


Material  konnte  leicht  auf  dem  Wasserwege  horangeschafft 
werden.-^)  Diese  neue  Burg  muß  scbon  1260  oder  si»;ite8tens 
12f51  in  vertheidiguiigsfähigem  Zustande  gewesen  und  vom  Orden, 
nachdem  er  die  alte  Burg  an  den  Bischof  von  Samland  abge- 
treten, bezogen  worden  sein,^^)  weil  sie  in  dem  za  dieser  Zeit 
ausbrechenden  Aufetande  der  Preußen  deren  Angriffen  hart- 
nfiokigen  Widerstand  leisten  konnte;  ihr  vollständiger  innerBr 
Ansban  kann  aber  erst  nach  der  Niederwerfung  des  Anfstandes 
im  Jahre  127 1  otlor  fiuhestüUis  nach  Aufhebung  der  lilockade 
durch  die  Preußen  1265  erfolgt  sein.  lieber  Ausdelmniig  imd 
Einrichtung  dieser  Burg,  welche  später  vielfache  und  bedeutende 
Umgestaltungen  erfahren,  läßt  sieh  nur  wenig  ermitteln.  Die 
Aosdehnnng  betreffend  kann  mit  Sicherheit  angenommen  werden, 
daB  die  Haiiptburg  die  des  heutigen  Schlosses  nicht  erreicht, 
vielmehr  nur  dessen  westliche  Hälfte  eingenommen  hat.  Die 
Östliche  Hftlfte  ist  der  Vorburg  znssnreohnen,  zu  welcher,  nach- 
dem der  Biscliot  1263  dem  Orden  die  alte  Burg  wieder  zurück- 
gegeben hatte, ~')  auch  diese  nelist  ihrer  Vorburg  hinzugezogen 
wurde,  wodurch  der  GrundriÜ  der  vergrößerten  Yorburg  eine 
ganz  unregelmäßige  Form  erhalten  Imben  muß.  Die  Gebäude 
der  alten  Burg  waren  zum  Theil  schon  bei  der  Uebergabe  an 
den  Bischof  vom  Orden  fortgeschafft  worden,  der  Best  wird 
später  beseitigt  sein  und  ist  dann  durch  Ställe  und  Bonstigs 
Wirthschaftsgebäude  ersetzt."^)  Von  dieser  Vorburg  des  neuea 
Ordensliauses,  deren  Lage  und  Ausdehnimg  soeben  oberflächlich 
angedeutet  wurde,  ist  wabrächeiulick  noch  ein  Ueberrest  in  dm 


2S)  Steinbrecht  (Prenßen  sar  Zeit  der  Landmaster)  ist  der  Ansiclit, 
daß  in  den  meisten  Fällen  die  Ziegel  der  ältesten  Ordeiish&osflr  in  dm 
östlichen  und  nördlichen  Lainlsi  haften  nidit  an  Ort  und  St«Hp.  sondern  in 
den  srhon  in  lär»£^prctn  Besitz;  belitullidieii  siidwesthVlien  I.andsi  hati'^n. 
namentlich  im  Ciiln'i  rl.aide,  erzeugt  worden  seien.  Hier  konnte  in  Kuhe 
und  mit  Sorgfalt  von  geschulten  Arbeitern  dieses  wichtige  Material  in  »einer 
vortreiFliehen  Beschaffenheit  hergestellt  werden. 

34}  E.  Beg.  No.  4  n.  7. 

25)  K.  Bes.  No.  7. 

26)  K.  Beg.  No.  4  u.  48. 


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Vou  C.  Beckherrn. 


395 


augenscbeinlicli  sehr  alten  achteckigen  ThTirme,  ehemals  der 

Haberthmiii  genannt,  erhalten,  welcher  an  der  nordöstlichen 
Ecke  des  jetzigen  Schlosses  steht.  Als  ein  Theü  ihrer  ehe- 
maligen Uinwehning  diirtie  dio  Aiißenmauer  des  jetzigen  süd- 
licht.'n  Flügels  von  der  Ptorte  ab  anzasehen  sein. 

Die  Haaptborg  hat  nur  aus  drei  ziemlich  rechtwinklig  zu- 
eamiiiori^toflenden  Flügeln  bestanden.  Solcher  dreiflägeliger 
Qrdenahänaer  gab  e«  mehrere,  auch  unter  den  grOBeren,  welche 
Sitse  von  Komturen  waren,  ss.  B.  das  HoohschloB  Marienbnrg 
m  seiner  ersten  Anlage.'^  Der  westliche  Flflgel  der  Hanpt- 
boi^  des  Hanses  Königsberg  hat  da  gestanden,  wo  sich  jetzt 
die  Schlofikirche  befindet.  Das  ist  schon  ans  der  tJrknnde  von 
1257  über  die  Theilung  des  Schloßberges  zu  entnehmen,  außer- 
dem aber  haben  neuere  Untersuchungen  erwie>?en,  daß  in  dem 
von  der  Kirche  eingeiiuimncnon  'I'lieile  des  Sdilossos  sehr  wesent- 
liche Bautheile  des  ehemaligen  Urdenshauses  stecken.^**)  Dieser 
Flügel  wurde  noch  bei  dem  Umbau  durch  Markgraf  Georg 
Friedrich  der  Stock  genannt,**)  welche  B'-ncnnung  sich  auch 
bei  einigen  andern  Ordenshftosem  für  gewisse  Theile  derselben 
vorfindet.  Das  Wort  Stock  hat  in  diesem  Falle  ohne  Zweifel 
die  Bedentnng  von  Stamm  als  das  Stehende,  das  Feste,  die 
Qmndmasse  (vergl.  Sanders,  WOrfcerbnch  der  deutschen  Sprache), 
woraus  hervorgehen  dttrfte,  daB  dieser  Flügel  der  zuerst  erbaute 
und  während  der  Einschließung  der  Burg  durch  die  Preußen 
walnenti  des  grossen  Anfstnndos  allein  bestehende  Theil  der 
iüuereii  Burggebändo  L:;.'\vi'sou  ist,  nn  den  die  andern  erst  spater, 
nach  Aufhebung  der  Kinschließung,  angebaut  werden  konnten. 
Der  Nordfittgel  des  jetzigen  SchloBes  läBt  in  der  westlichen 

27)  Steiiibrecht  n.  a.  0.  —  Zwt.<i  (^i/iiauilffln^xd  enthielten  mir  die 
OrdensbÄwaer  zweiten  Ranges,  welch«  Sitze  von  Pflogt^rn  oder  Vugten  waren, 
B.  B.  Keidenbnrg,  Allenstein.  Rdssel.  Hit  einem  Flügel  begnügten  akk  die 
nnr  nüHtftrischen  Zwecken  dienenden  WUdhftnser  s.  B.  Baetenbui^  in  anner 

«Bten  Anlage  und  Bäslack, 

28)  Knttif^.  Pas  SrlJoP  /n  K-migsberg.   Altpr.  Monatasckr.  2ULf,  181 

bis  183.   Sitzungsbcr.  d.  Pnissia  iKsi/82  S.  83  ff. 

29)  Liedert,  Das  jubiürende  Königsberg.  S.  2<i  u.  BQ, 


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896 


Geioliiclite  der  Befestigungen  Königsbergs. 


HAlfto  nocli  die  Abtlieilong  des  ursprüglichen  Banes  in  Edler, 
Erdgeschoß,  Haupt-  und  Wehrgangsgeschoß  dentiicb  erkennen« 
worin  ebenfalls  viele  Bantheile  noch  dem  alten  Hanse  ange- 
hören, wie  aus  dem  angeführten  AiifNut/e  Kuttig's  (S.  177  zu 
ersehen  ist.'^)  Wenn  dieser  aber  antiinimt,  daß  die  intrdlicho 
Außenmauor  dieses  (iebsiudetheiles  zuerst  die  Parchammauer  des 
alten  Hauses  gewesen  sei  und  dessen  nördlicher  Flügel  ursprüng- 
lich mehr  nach  dem  Innern  des  Schloßhofes  zu  gestanden  habe, 
weil  die  gedachte  Aullenmaner  bis  weit  ins  Hanpt^^schoß  hin- 
auf aus  rohen  Findlingssteinen  bestehe  und  solches  Maaerweik 
Slter  sei  als  das  aus  Ziegeln  aufgeftthrte,  so  ist  dem  entgegen* 
suhslteni  daB  der  Unterbau  an  den  OebAuden  der  Ordensburgen 
sehr  hAufig  bis  sn  bedeutender  Hohe  aus  rohen  Steinen,  vor 
weilen  sogar  der  ganze  Bau  ans  diesem  Material  hergestellt  ist. 
z.  B.  bei  dem  Hause  Papau,  dessen  Ausbau  in  Stein  zwiscLt-n 
1280  und  1*290  erfolsft  ist.  Beilauüg  sei  hier  nofh  bemerkt,  daii 
man  iin  Mittelalter  beim  Baue  der  Burgen  und  Stadtbefestigungen 
tüx  den  unteren  Theil  der  Mauern  dem  Stein  vor  den  Ziegeln 
den  Vorzug  gab.  weil  ersteror  den  Stößen  des  Widders  oder 
Tümmlers,  des  damaligen  Werkzeuges  zur  Herstellung  von 
Breschen,  längeren  Widerstand  leistete.  An  der  in  Bede  stehen- 
den nördlichen  AuJSemnauer  sind  neuerdings  durch  Abbruch 
eines  modernen  Anbaues  Merkmale  ans  Licht  getreten,  welche 
diesen  Gebftndetheil  unzweifelhaft  als  die  ftuBere  Hauer  des 
Nordflügels  des  alten  Ordenshauses  erkennen  lassen.  Unter  dem 
Dache  zieht  sieh  liier  oine  Koihe  flachbogiger  Luken  hin,  welche 
dem  ehemaligen  ^\'ehrgang^i  angehr)rten.  Der  darunierliegeude 
Theil  der  Mauer  ist  durch  spitzbogigo  Blendnischen  verziert, 

30)  Entschoidend  für  dio  Entstellung  dieses  Theiles  des  Schlosses  zur 
Ordonszcit,  und  zwar  in  seiner  Ausdehnung  bis  zu  dem  jftngeron  Bau  des 
OberlRodesgenohts,  ist  eine  bei  dem  im  vorigen  Jalire  dort  stikitgeAindenfla 
Umban  anfgedeolcte  alte,  schon  sehr  verwischte  Wandmalerei  in  der  grofien 

Halle  vor  der  Kreiakasse,  wrl.  !m'  l-  f/i  ro  an  das  Oberlandefgerlcht  stößt. 
Diese  Maleri-i  ist  von  versrhied'  in  m  keinen  Sinn  prirfVt  ii.lr-ii  Schriftproben 
in  Charakt^^ron  (Vs  ir>.  Jahrhunderts  i  cderkt.  Dia  ehemalige  Halle  ist  j^xt 
sur  Benutzung  lur  da»  Siaatsarchiv  eingerichtet. 


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y<m  C.  Beckherrn. 


397 


deren  Spitzen  bis  ewiaohen  die  Wehigangslaken  ]iinaiifi«iclieii; 

IUI  uuteren  Theilo  sind  sie  jetzt  vermauert,  dieser  hat  sich  aber 
gewiß  so  weit  nach  nnton  erstreckt,  als  das  Ziegehnauerwcrk 
reichte.  Eine  ähnliche  Verzierun^sweiso  zeigen  noch  andere 
Ordenshäuser,  z,  B.  das  Uochschloß  Marienburg,  das  Haus  Hasten- 
bürg  und  in  spftrlioher  Anwendung  das  Wild  haus  Bäslack.  Diese 
Nischenverzierung  und  der  Wehlgang  erstrecken  sich  an  der 
Außenseite  nach  Osten  hin  gerade  so  weit  wie  diejenigen  Innen- 
rftnme,  welche  nooh  alte  Baatheüe  enthalten,  also  bis  an  das  in 
anderer  Bauart  und  in  größerer  Breite  aofgeftlhrte  Gebäudei 
welches  jetat  das  Oberlande sgerioht  enthält.  Bis  zu  diesem 
Punkte  hat  sich  der  alte  Ordensbau  erstreckt,  darflber  hinaus 
nicht,  es  hätte  denn  ein  Theil  seines  nördlichen  Flügels  abge- 
brochen worden  sein  müssen,  wofür  durchaus  kein  Grund  vor- 
fieleiren  haben  kann.  Räthselliatt  hinsichtlich  seines  Zwt^ckes 
und  seiner  Entstehungszeit  ist  der  über  die  i?lucht  dieses  alten 
Theiles  des  Nordfittgels  weit  vortretende  Vorbau;  der  Uehfrrest 
eines  ehemaligen  viereckigen  Eckthurmes  kann  er  seiner  Stellung 
nach  nicht  sein,  wahrscheinlich  ist  er  ein  Anbau  aus  der  späteren 
Ordens-  oder  gar  der  herzoglichen  Zeit.  Ba  wo  die  beiden  so 
yersohiedenen  H&lften  des  jetzigen  nördlichen  SchloMflgels  au- 
sammenstoßen  muß  der  spurlos  verschwundene  ehemalige  Ost- 
flllgel  des  Ordenshauses  angesetzt  haben.  Dieser  hat  jedenfalls 
das  Thor  enthalten.  Die  Südseite  des  Vierecks  war  nur  durch 
eine  Mauer  geschlossen.  Dieses  geht  hen'or  aus  der  bildlichen 
Darstelhmg  Königsbergs  in  dem  von  Georg  Braun  1572  her- 
ausgegebenen Werk©  Theatrum  urbium  praecipuarum  mundi, 
sp&ter,  1Ö93  bis  IG  17,  auch  unter  dem  Titel  Civitates  Orbis  terra- 
mm  erschienen.  Der  darin  befindliche  Prospect  von  Königs- 
berg ist  die  älteste  bis  jetzt  bekannte  Ansicht  dieser  Stadt  und 
zwischen  1632  und  1661  aufgenommen  worden,  denn  es  ist 
darauf  das  Schloß  nooh  nicht  mit  dem  von  Herzog  Albrecht  im 
Jahre  1661  erbauten  Sfldflttgel,  wohl  aber  schon  mit  verlÄn- 
geitem  Nord-  und  neuerbautem  Ostflttgel  dargestellt,  welcher  im 
Jahre  1532  vollendet  worden  ist.    Für  die  üichtigkeit  der  Dar- 


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388 


Qeschiclite  der  Betestigougen  Königsbergs. 


Stellung  im  Allgemeinen  spricht  der  Umstand,  daü  der  West- 
üügol,  weicher  zwischen  1584  und  1594  umgebaut  wurde,  auf 
dem  Prospect  bei  Braun  noch  ein  andereg  Aussehen  zeigt  als 
auf  dem  im  Jahre  1613  erschienenen  Plane  von  Königaberg  von 
Joachim  Bering.  Auf  dem  Brannschen  Prospeot  nehmen  vir 
nnn  wahr,  daB  das  Viereck  des  Schlosses  anf  der  Sadseite  nicht 
durch  einen  Gebftadeflügel,  sondern  dnrch  eine  Maner  geschlossen 
ist.  Es  ist  dieselbe,  welche  jetzt  die  äußere  Mauer  des  Süd- 
flügfils  bildet.  Sie  hat  gewiß  auch  ursprünglich  als  AbschlnU 
des  Hofes  der  Hauptburg  invl  als  südliche  Umwehrung  der 
Vorburg  gedient.  Dafür  spnciit  auch  der  Umstand,  daß  diese 
Maner  nicht  die  gerade  Linie  einiiält^  sondern  sweimai  unter 
einem  allerdings  kaum  bemerkbaren  sehr  stumpfen  Winkel  ge- 
brochen ist^'^)  ein  Anzeichen  der  großen  Eile  bei  ihrer  Erbauung, 
welche,  wie  überhaupt  bei  dem  ganzen  ersten  Aufbau  des  Ordeus- 
hauses,  geboten  war.  In  diese  Mauer  waren  westlich  von  der 
darin  b»'iiutUichen  IM^orte  zwei  balbc  Kuudthürnie  eiiigt^baüi 
welche  noch  gegenwärtig  vorhanden  sind.  Die  ebtmtalls  noch 
bestehende,  ehemals  nahe  dem  Ostflügel  gelegene  Pforte  war, 
wie  noch  zu  sehen,  durch  eine  Peohnase  in  Form  eines  halben 
Bundthttrmches  gesichert.^) 

Der  im  Vorstehenden  angedeutete  Um&og  der  Hanptbmrg 
des  Ordenshanses  ist,  wie  ausdrücklich  bemerkt  werden  mufi, 
derjenige,  welchen  sie  in  der  Mitte  des  14.  Jaln  liiuulerts  hatte, 
in  ihrer  ersten  Anlage  scheint  sie  einen  noch  geraigereu  Raum 
eingenommen  zu  haben.  Es  ist  dieses  daraus  zu  äcklieiien,  daB 
die  westliche,  aus  der  Ordenszeit  stammende  Hälfte  des  Nord- 
flügels des  Schlosses  nicht  nach  einem  einheitlichen  Plane  e^ 
baut  worden  ist,  was  sich  am  deutliohsten  an  der  nördlichen 


öl)  Vergl.  die  Grundrisse  des  Schlossea  im  Staatsarchiv.  —  Dieselbe, 
grofie  Eile  beim  Bauen  venathende  Abweiehang  von  der  geraden  Unie 
ehemals  «ach  aa  der  ftnJIeren  Parchammauer  der  Westfront  bemerUbar. 

82)  üeber  die  Bedeatong  der  Pechoasen  s.  Anmerk  78.  Die  Pforte 
ist  nicht  erst  mit  dem  Sadflttgel  eitstanden,  sondern  befand  sieh  schon 
vorher  in  der  Hauer.  Freibeig,  N.  Pr.  Prov.-BL  V,  188. 


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Von  C.  Beckherrn. 


d99 


Anßenmatier  zeigt.  Der  westlich  von  dem  oben  erwähnton  Vor- 
bau gelegene  Theil  derselben  ist  nämlich  zw  ur  auch  wie  der 
östlich  davon  golee^ene  und  vorhin  beschriebene  durch  spitz- 
bogige  lileiidnischen  verziert  gewesen,  von  deiien  noch  einige 
erhalten  sind,  diese  zeigen  aber  eine  andere  Anordnung,  und 
außerdem  liegen  beide  Theile  nicht  in  einer  i'lucht,  sondern 
stoßen  unter  einem  sehr  stumpfen  Winkel  zusammen;  sie  dOrfben 
daher  aus  verschiedenen  Zeiten  stammen,  und  man  ist  wohl 
berechtigt  anzunehmen,  daß  der  Nordflttgel  der  Hanptburg  in 
ihrer  ersten  Anlage  sich  nur  bis  zu  dem  gedachten  Vorbau  er^ 
streckt  und  hier  der  Ostflügel  angesetzt  habe.  Eine  Veran- 
lassung zur  Erweiterung  bis  zu  den  zuerst  angedeuteten  Grenzen 
würden  wir  nur  darin  suchen  dürfen,  daß  im  Jahre  ioi2  <l<is 
HauH  K<»nigsberg  der  Sitz  des  oberston  MarschRlIs  wurde,  keines- 
wegs aber  in  <ler  Yorlegunp;  der  Residenz  des  Hoclinieisters  von 
Marienburg  nach  Königsberg  im  Jahre  1^7,  denn  die  zu  dieser 
Zeit  Tdliig  erschöpften  Mittel  des  Ordens,  welcher  viele  seiner 
Häuser  nicht  einmal  in  vertheidigungsilUiigem  Zustande  erhalten 
konnte,  erlaubten  kostspielige  Luxusbauten  nicht,  welche  bei 
der  bescheidenen  Hofhaltung  der  damaligen  Hochmeister  andi 
nicht  nothwendig  waren. 

Ueber  die  AuBenwerke  des  neuen  Hauses  bringt  Dusburg 
(in,  72)  die  Nachricht,  daß  dasselbe  mit  doppelten  Mauern  und 
neun  Thürmen  befestigt  worden  sei,  wozu  Lucas  David  i  lV,  11) 
noch  ringsherum  laufende  Gräbon  hinzu  fü;L;t,  w^jboi  wir  froilicU 
in  Ungewißheit  bleiben,  ob  diese  Xachrichteu  sich  nur  allein 
auf  die  Hanptburg  oder  auch  mit  auf  die  Vorburg  beziehen. 
Aul'  der  Nordseite  ist  die  ehemalige  Existenz  eines  dopi>elten, 
gestaffelten  Parehams  durch  Koste  der  Mauern  erwiesen,  welche 
bei  Anlegung  der  Schloßstraße  aufgefunden  wurden.  Die  Par- 
ehamanlage  der  Westseite  bestand,  wenigstens  in  ihrer  südlichen 
Hälfte,  aus  zwei  Kauern,  zwischen  denen  von  Süden  her  ein 
durch  zwei  hintereinanderliegende  Pforten  gesicherter,  wahr- 
scheinlich erst  nach  Enstehung  der  Altstadt  angelegter  Neben- 
aufgang schräge  am  x^bhange   zum   oberen  Parcham  hinauf- 


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400 


G«»ducbte  dar  B^bstagongeii  K5ii^;tbexg^. 


fAbrte.^}  Die  äußere  dieser  Mauern  atand  am  Fuße  dos  Ab- 
hanges and  senkte  sich  mit  ihrem  Fuße,  der  Neigung  der  Sohle 
der  dortigen  Thahnnlde  folgend,  ins  Progelthal  hinab.  Hier 
schloß  sich  bei  der  nnteren  der  erwähnten  Pforten  die  Anflen 
Parchammaner  der  Sftdseite  an,  welche  eben&Ils  dem  Fuße  des 
Abhanges  entlanglief.  Die  obere  oder  innere  Parchammaner 
dieser  Seite,  welche  nach  dem  Zeugnisse  Dusburgs  existirt  hat, 
muß  die  schmale  Terrasse  borrrenzt  haben,  welch©  noch  jetzt 
zwischen  dem  SüJflügel  des  Schlosses  und  dem  Abhänge  be- 
merkbar ist.  Am  Rande  dieser  Terrasse  hat  noch  in  neuerer 
Zeit,  wie  Kuttig  (a.  a.  0.  S.  178)  mittheilt,  ein  Pfeiler  Irei  vor 
der  Schloßmaner  gestanden,  welcher  den  Ansatz  eines  Bogene 
aeigte.  Dieser  den  Pfeiler  mit  der  Schloßmaner  ehemals  ver- 
bindende Bogen  hat  unaweifelhaft  einen  Gkmg  getragen,  welcher 
ans  dem  Wehrgange  der  ehemaligen  südlichen  Abschlnßmaner 
des  Burghofes  in  den  Webrgaug  der  oberen  Parohammaner 
fahrte.  Eine  solche  Verbindung  war  nothwendig,  weil,  wie 
vorausgesetzt  werden  muß ,  diese  innere  Parchammauer  der 
Tliürme  ermangeh«.  illucIi  welchö  der  Autgang  zu  ihrem  "Wehr- 
gange hätte  statttindf-n  können.  \on  «h-m  Parcham  der  ( jstseite 
konnten  wir  aus  Dusburg's  Nachricht  schheßen,  daß  er  ebentalls 
ein  doppelter  gewesen  sei,  wenn  nicht  der  für  die  Breite  des 
Grabens  erforderliche  Raum  in  Anbetrachtung  der  Lage  der 
Haasmühle  dadurch  za  sehr  beschr&nkt  worden  w&re. 

Wenn  die  in  derselben  Qaelle  erwAhnten  neun  Thflrme 

nicht  allein  der  äußeren  Umwehrung,  sondern  auch  dem  eigent^ 
liehen  Hauso  angehört  haben,  so  sind  Torhin  schon  zwei  und, 
wenn  die  Yorburg  mit  in  Betrachtung  kommt,  ein  dritter,  der 
lIal)orthnrni.  aufgeführt;  von  den  übrigen  muß  der  Standort  des 
einen  ganz  unbestimmt  bleibeU|  vier  würden  vielleicht  auf  den 
Ecken  des  äußeren  Parcliams  passende  Stellen  finden  und  der 
neunte  würde  dann  der  Hauptthurm,  jetet  Schloßthurm  genannt^ 


88)  S.  die  weiteren  Aiteli&lunuigeti  in  meinem  Anftatse:  üeber  die 
Danzker  etc.  Altpr.  IConataechr.  XXV,  S49. 


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Von  0.  BeckherriL 


40i 


nm.  Er  flollto  bei  der  Yertiieidigung  dieselbe  BoUe  spielen, 

welche  (Jen  Bergfrieden  der  Burgen  Deutsi  iiUiids  zugewiesen 
war,  nämlich  die  eines  letzten  Zufluchtsortes  der  Besatzung, 
wenn  der  Angreifer  sich  bereits  der  übrigen  Theile  der  Burg 
bemächtigt  hatte.  Bei  den  Burgen  des  deutschen  Ordens  sind 
imsicbtUoh  der  Stellung  des  Haaptthormes  zu  den  andern  Burg^ 
gsbftnden  Venchiedenbeiten  wahmebmbar.  Entweder  stand 
dieser  Thurm  ganz  außerhalb  der  Burggebftnde  im  Percham, 
wie  z.  B.  bei  dem  Hause  Gollub,  oder  er  war  zwischen  zwei 
Burgflügel  eingebaut  wie  bei  Mtnve,  oder  endlich  stand  er  zwar 
innerhalb  der  Burggebäude,  meistens  in  einer  von  diesen  frei- 
gelassenen Ecke,  war  aber  dann  durch  schmale  Zwischenräume 
von  ihnen  getrennt  und  von  einer  die  Burgflügel  verbindenden 
Wehrmauer,  von  einem  sogenannten  Mantel,  nach  außen  hin 
gesohfltzt  wie  bei  Bheden.  In  allen  Fällen  hatte  der  Thurm  in 
den  unteren  Geschossen  keinen  Eingang,  dieser  befand  sich 
vielmehr  iing'.'fahr  in  der  Mitte  seiner  Höhe  und  war  mittelst 
einer  kleinen  Fallbrücke  mit  einem  der  nahestehenden  Gebäude 
verbunden,  welches  dem  Eingange  zum  Thurme  gegenüber  eben- 
£ftUs  mit  einer  kleinen  von  der  Fallbrücke  zu  betretenden  Pforte 
versehen  war.^  Da  wo  der  Thurm  zwischen  die  Burgfiügel  ein- 
gebaut war,  wie  bei  Mewe,  lag  der  Zugang  zur  Fallbrücke  des 
Thurmes  im  Dache  eines  der  Fltlgel.'*)  Der  Hauptthuxm  des 
Hauses  Königsberg,  welcher  in  seinem  Haupttheile  in  dem 
jetzigen  ,,8chloßtliurmo"  noch  erhalten  ist,  scheint  eine  «uiiiliclie 
Stellung  gehabt  zu  haben  wie  der  von  Rheden  und  also  von 
dem  westlichen  Flügel  der  Burg  durch  einen  schmalen  Zwischen- 
lanm  getrennt  gewesen  zu  sein.  Wie  jetzt  noch  deutlich  zu 
erkennen  ist^  hat  sich  die  Abschlußmauer  des  Burghofes,  näm-* 
lieh  die  Außenmauer  des  jetzigen  Sfldfltkgels  sehr  nahe  an  der 
Südseite  des  Thnrmes  vorübergezogen,  gewiß  auch  noch  seine 
Westseite  mitxmifaßt  und  so,  wie  bei  liheden,  den  Mantel  ge- 


3i)  Yergl.  Steinbrecht,  Preufiea  zur  Zeit  der  Laodmeister. 
Altir.  Mamtiwhrifl  Bd.  XZVIL  Hit  5  tt.  &  26 

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402 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


bildet.'*'')  Dieser  Tliui-m  kaiiii  aber  aueli  an  den  Westflügel 
angebaut  '^eiwosen  sein;  in  diesem  Falle  würde  seine  Fallbrücke 
zum  Dache  des  anliegenden  i^'iügels  hiuübergefOhrt  haben. 

Der  Graben  vor  der  Nor<lfix>nt  ist  zum  Theü  noch  deutlich 
erkennbar;  seine  Erstrecktmg  über  die  Hnaptbnrg  binans  ent- 
lang der  Verbürg  muß  mit  Bflcksicht  auf  die  weiter  unten  sa 

besprechende  Miihleiiaulage  als  feststehend  vorausgesetzt  werden. 
Er  war  anf  dem  einen  Endo  gegen  den  MiÜilenteich,  auf  dem 
andern  gegen  den  tiefer  liegenden  Graben  vor  der  Westfront 
durch  Stauwehre  abgeschlossen.  Vor  den  andern  Fronten  machte 
die  Lage  der  äußeren  Parcbammaaem  and  die  Gtestaltong  des 
davor  befindlichen  Gel&ndes  ebenfalls  Grftben  erforderlich;  ihre 
ehemalige  Existenz  wird  außerdem  durch  Lucas  David  bezengt. 
Die  der  Süd-,  Ost-  und  Nordfront  haben,  wie  bei  letzterem  noch 
zu  erkennen,  unmittelbar  vor  der  Parehauin.auer  gelegen,  welche 
mit  ihrem  untern  TUeile  zugleich  die  Grabenbekleiduug  bildete. 
Das  war  die  Kegel  bei  den  Ordenshäusern.  Eine  durch  die 
dortige  Beschafieuheit  des  Geländes  bedingte  Ausnahme  hiervon 
machte  der  Graben  vor  der  Westfront:  er  war  anf  der  Sohle 
der  mehr&ch  gedachten  Thalmulde  eingeschnitten  und  zog  sich 
daher  in  einiger  Entfernung  von  der  Parchammaaer  die  Holde 
hinunter. 

Dom  größeren  Bedürtniß  der  stärkeren  Besatzung  da«? 
neuen  Ordenshauses  entspmch  die  überdies  ziemlich  exponirte 
Mühle  am  Fuße  der  alten  Burg  nicht  mehr;  man  errichtete  da- 
her in  der  Vorburg  am  nördlichen  Graben  die  neue  Hausmflhle 
(die  bei  Anlegung  der  Schloßstrafie  abgebrochene  Obermühle). 
Für  ihr  Bestehen  wird  zwar  erst  im  Jahre  1299  ein  indirectar 
Beweis  geliefert,^'^)  die  Wichtigkeit  dieser  Anlage  ftr  das  nene 
Ordenshaus  weist  jedoch  mit  Bestiramtlieit  auf  ihr  ziemlich 
gleichsseitiges  Entstehen  mit  diesem  selbst  bin.  Eine  Urkunde 
von  1257  bezeugt  auch|  daß  damals  schon  an  die  Schüttung  des 


35)  Yergl.  die  GrundrisBe  dea  Schlosses  im  Staatsarchiv. 
86)  QaeUbtr.  No.  1.  Vergl.  auch  Anmerk.  17. 


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Von  0.  Bookbemif 


403 


sof!^leich  7A\  erwähnenden  Fischteichdarames  gedacht  wurde,"'')  eine 
weitere  Stiitzo  für  die  Annahme  der  sehr  frühzeitigen  Errich- 
tung der  Hausmühle.  Bei  der  hohen  Lage  derselben  konnte  für 
sie  dfts  Wasser  des  Müblenteiohea  nicht  nntzhar  gemacht  werden, 
man  schüttete  daher  quer  darch  das  Thal  des  Lobebaches  dicht 
oberhalb  des  Mtlhienteiohes  einen  weiten  Damm,  welcher  das 
Wasser  der  Lobe  bedeutend  höher  aufstaute  als  es  im  Mühlen- 
teiche der  Fall  war.  Für  den  so  entstandenen  neuen  Teich, 
damals  Fischteich,  jetzt  Oberteich  genannnt,  beschaffte  man  oine 
größere  AVassorraasse  durch  zwei  Wasserleitungen,  den  Land- 
nnd  den  Wirr^rabt  ii ,  welche  ihm  da«  Wasser  mehrerer  im 
Innern  des  T.iindea  geleccener  pfroßer  Teiche  zufülirten.  Durch 
einen  dritten  Kanal,  das  sogenannte  Fließ,  wurde  aus  dem  Fisch- 
teiche das  Wasser  aai  die  Mühle  geleitet  und  zugleich  zar 
Speisung  des  nördlichen  und  östlichen  Buiggrabens  benutst. 
Am  Ostende  des  nördlichen  Grabens  nahm  es  seinen  AbfluB, 
worauf  es  sich  sogleich  in  den  aus  dem  Mühlenteiche  hervor- 
kommenden Bach  der  alten  Bargmühle  ergoB. 

Das  neue  Haus  Königsberg  besaO  auch  einen  Dansker, 
dessen  Thurm  in  dem  Graben  vor  der  Westfront  stand.  Zur 
Erzielung  der  nothwendigen  Spülung  dieses  Grabens  wurde 
von  dem  eben  erwuliuten  nua  dem  Finehteiche  abgeleiteten  Kanal 
in  der  f^egend,  wo  jetzt  die  drei  Fließstrallen  7U:^ammentretfen, 
ein  Arm  abgezweigt,  welcher  unmittelbar  neben  dem  westlichen 
Ende  des  nördlichen  Burggrabens  in  den  Graben  der  Westfront 
mündete,  welch  letzterer  behuf»  Al)führang  des  Wassers*  eine 
zwischen  der  jetzigen  Kantstrafie  und  der  Koggenstraße  bis  zum 
Pregel  hinlaufende  Verlängerung  erfuhr.'^) 

Im  Mai  des  Jahres  1268  wird  urkundlich  ein  Pfarrer  von  SSI- 
Königsberg  erwfthnt,  es  hat  also  damals  schon  eine  Ortschafb  wäi^ 
dieses  Namens  nebst  Kirche  bestanden,   welche  12G3  bereits  b«fe«t. 


87)  K.  Reg.  No.  3.    Der  Fischteich  selbst  Wird  wirklich  erwähnt  im 
Jahre  1299.    VergL  Quellbtr.  No.  1  und  zur  genaueren  Bestimmnnrx  ^' • 

88>  Beckherm,  Ueber  die  Danzker  etc.  Altpr.  Moiuttaschr.  XXV,  24Ö  ff. 

26* 


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404  Gesduclite       Befestigiuigen  Königsbergs. 

Stadt  genannt  wircl.^   Nach  der  allgomeinen  Annahme  soll 

diese  Stadt  die  Gegend  des  Steindamms  an  der  jetzigen  Polnischen 
oder  Steindammt^r  Kirclie  eingenommen  haben.  Diese  durch 
nichts  begründete  Annahme  lässt  sich  aber  nicht  aufrecht  er- 
halten, denn  die  dort  gelegene  Stadt  wäre  voUkommeu  von  der 
Borg,  zu  der  sie  gehörte,  losgelöst  gewesen,  hätte  dee  Schatzes 
derselben  entbehrt  und  wäre  inmitten  eines  Geländes,  welches 
nirgende  ein  Ann&hemngshmdemiA  darbot  von  allen  Seiten  an- 
greifbar  gewesen.  Auf  bo  sorgloee  Weiae  legte  der  Orden  aeine 
Stfidte  aber  nicht  an,  znm  wenigsten  lieB  er  ihnen  den  nnmittel- 
baren  Söhnte  seiner  Burgen  sntheil  werden;  wodnieh  er  sie  so- 
gleich andi  besser  in  seiner  Gewalt  hielt.  Nor  in  einzelnen 
Fällen,  wie  z.  B.  bei  GoUub,  wo  die  Yerhftltnisse  des  Geländes 
es  bedingten  oder  erlaubten,  war  die  Stadt  von  der  Burg  ge- 
tr<>nnt.  Die  brate  Stadt  Königsberg  hat  dalier  unmittelbar  vor 
den  Außenwerken  der  nördlichen  Front  der  Burg  gelegen  und 
ihre  Befestigung  an  diese  angeschlossen.  Dadurch  war  ihre 
Südseite  gedeckt,  und  sio  frspnrte  hier  die  Befestigung,  während 
die  der  Oatseite  durch  den  Mühlenteich,  an  den  sie  sich  anlehnte, 
verstärkt  wnrde.  Wenn  die  jetaige  Steindammer  Kirche  auf 
demselben  Platze  steht,  den  vor  ihr  die  alte,  bei  der  Zerstörung 
der  Stadt  durch  die  Preußen  untergegangene  Stadtkirohe  einnahm, 
was  besonders  des  bei  dieser  angelegten  BegräbniiSplatses  halber 
sehr  wahrscheinlich  ist,  so  werden  wir  nicht  fehlgehen,  indem 
wir  diesen  Tunkt  als  dio  uurdwestliche  Ecke  der  Stadt  annphmen. 
wo  ihre  beiden  andern  Reiten  /usanimenstießen.  Die  Kirche 
stand  dann  hier  in  der  Nahe  der  Stadtbefeatigung,  wie  es  bei 
den  Ordensstädten  die  Begel  war.  Die  Befestigimgslinie  der 
Stadt  dürfen  wir  hiemach  ziehen  vom  jetzigen  Münapiatse  l&ngs 
des  Sohloßteiches  hinauf  bis  aar  Schloßteiohstraße,  vor  der  ehe* 
mals  eine  Bucht  des  Mfihlenteichea  in  dessen  Ufer  bis  Bur  Burn^ 
strafie  einschnitt^  dann  westwärts  zur  Steindammer  Eirohe  und 
von  da  längs  des  Steindamms  Uber  den  Poethof  bis  zur  noid- 


Uü;  K.  lieg,  No.  ti  u.  7. 


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Von  0.  BoflUianii. 


405 


westlioben  Ecke  der  Anfienwerke  des  OrdenahaneeB.  Der  ao  be- 
grenste  Baum  liat  einen  nur  wenig  gröfleren  FliohemnluJt  ala 

derjenige,  welcher  den  Bürgern  spflter  swiaeben  Bnr^  nnd  Pregel 
EU  einer  neueu  Ansiedelung  überwiesen  wurde.  Die  angegebene 
Lage  entspricht  auch  vollkommen  der  Angabe  Dusbiirg's  (ITT, 
ICMi),  welcher  sagt,  die  Stadt  sei  gegründet  worden  circa  eccle- 
siam  parochialem  sancti  Nicolai  in  monte  [Steindammer  Kirche] 
joxta  castrom  Kunigsbergk,  also  neben  der  Steindammer  Kirohe 
^  denn  eiroa  steht  hier  nicht  in  der  Bedeutung  von  ringsherum 
sondern  von  neben  —  und  neben  der  Borg.  Daa  leicht  ädach 
sa  verstehende  „in  monte**  aoU  nicht  anseigen,  daß  die  Krrohe 
auf  einem  in  der  NAhe  der  Bnrg  sich  erhebenden  HOgel  ge* 
standen  habe,  Dnsburg  will  damit  nnr  diese  Kirche  von  der 
jüngeren  gleichnamigen  nnd  tiefer  gelegenen  in  der  Altstadt 
unterscheiden.  Daß  die  Stadt  befestigt  war,  versteht  sich  von 
selbst,  überdies  berichtet  es  Dusburg,  indem  er  dabei  bemerkt, 
daß  sie  eine  „nicht  gute"  gewesen  sei.  Er  will  dadurch  an- 
deuten, daß  sie  von  Holz  und  Erde  errichtet  gewesen  sei  und 
aus  Graben,  Wall  und  Plankenzann  von  schwächerem  Profil  und 
weniger  solider  Constraotion  wie  an  den  Werken  der  alten 
Burg  bestanden  habe. 

Die  Wichtigkeit  des  festen  nnd  ger&nmigen  nenerbanten 
Ordenshanses  sollte  sich  sogleich  bei  dem  allgemeinen  Aufstände 
der  Pretifien  vom  Jahre  1260  bis  1274  erweisen,  nicht  nur  als 
Zwingburg  des  Sarolandes  sondern  auch  als  einer  der  Haupt- 
stützungspunkte  zur  Wiedorunterwerfung  und  Eroberung  eines 
großen  Theiles  von  Preußen.  Dio  ersten  Versuche,  welche  von 
Königsberg  aus  im  Anfange  des  Jahres  1261  zur  Unterdrückung 
des  Aufstandes  durch  dort  eingetroÖene  Kreuzfahrer  unternommen 
wurden,  mißlangen,  denn  sowohl  die  eine,  vom  Grafen  von  Barby 
ins  Innere  Samlands  hineingeführte  Abtheüung  sowie  auch  eine 
andere,  unter  einem  Herrn  von  Beyder  in  Warmien  eingedrungene 
erlitten  fast  gleichseitig  Niederlagen,  letztere  bei  Pokarwen. 
Dadurch  ermuthigt,  wagten  es  -die  Samen,  mit  Hilfe  anderer 
PreuBen  Königsberg  einzuschlieflen,  wobei  sie  als  Stfttspunkte 


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406 


Qeschichte  der  Beleetigutigcn  Königsbergs. 


hinter  der  Einschließmigslmie  drei  versohatuste  Blockliftuser  oder 

hOkeme  Thürme  (])ropngnacnla  firma  et  vallata  bei  Diurbm^) 
errii  lirofen.  Im  tolgemleii  Jaliro  wurden  d\^-  Preußen  gezwungen, 
auf  kur/.o  Zoit  die  Einschließung  aulkuhtbeii.  als  es  im  Anfangs 
dieses  Jahres  einem  von  den  Grafen  von  Jülich  und  von  der 
Mark  gofülirten  Heere  gelungen  war,  nach  Krmigsberg  zu  ge- 
langen, indem  es  entweder  auf  dem  nocli  nicht  gefrorenen  Pregel 
das  Ordenshaus  2U  Schiffe  erreichte  oder  sonst  die  EinschlieBimg 
durchbrach.  Bereits  am  Tage  nach  dem  Eintreffen,  am  22.  Ja> 
nuar  1262,  gin;;  dieses  aus  Reiterei  und  FuBvolk  bestehende  Heer 
go<ren  die  südlich  dos  Progels  befindlichen  Verschanzungeii  zum 
Angriliu  vor,  fand  bie  ahw  vom  Feinde  verlassen.  Nachdm 
man  durch  Patrouillen  erfahren,  daß  dieser  weiter  südwestlich 
in  der  Kichtung  nach  dem  Dorfe  Kaigen  hin  stände,  wurde  der- 
selbe in  seiner  Stellung  angegriffen  und  auf  das  genannte  Dorf 
zurückgeworfen,  woselbst  er  sich  festsetzte  und  so  hartnfiddg 
vertheidiglo,  dafi  das  Dorf  erst  mit  Hilfe  von  Königsberg  hei^ 
boigerutener  Verstärkung  genommen  und  die  Preußen  in  die 
Flu'  lit  geschlagen  werden  konnten.  Dieser  Sieg  veranlaßt«  auch 
dio  nörtllieh  vom  Pregel  stehenden  Preußen,  sich  von  Königsberg 
zurückzuziehen,  welchen  Umstand  die  dortige  Besatzung  sogleich 
benutzte,  um  eine  Strafexecution  in  Quedenau  auszuführen.  Bald 
aber  nachdem  die  Grafen  wieder  heimgezogen  waren,  wurde 
Königsbelg  wieder  eingeschlossen  und  dabei  diesem  Platze  so- 
gleich der  Wasserweg  gesperrt,  denn  die  Samen  hatten  ihre 
Schiffe  auf  dem  Pregel  zusamineugezogen.  mittels  welcher  sie 
nun  all'  h  liier  den  Zuzug  von  VerstärkuugAn  und  die  Zuftilir 
von  Lebensmitteln  u.  s,  w.  verhinderten.  Auf  einige  Zeit  wimle 
die  Verbindung  mit  dem  Ilaff  zwar  wieder  frei,  als  es  einem 
im  Dienste  des  Ordens  stehenden  geschickten  Taucher  gelungen 
war,  die  feindlichen  Schiffe  durch  Anbohren,  wie  angegeben 
wird,  zu  versenken,  aber  schon  im  Jahre  1264  wurde  die  Ein- 
schließung wieder  eine  vollkommene,  denn  die  Samen  hatten 
ein  nnderes  Mittel  o-efunden,  den  Wasserweg  auf  dem  Pregel 
zu  üperreu.    biu  sclilugen  nämlich  unterhalb  des  Punktes,  an 


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Von  C.  fieckherro. 


407 


welchem  sich  die  beiden  den  jetzigen  Kneiphof  umfließenden 
Alme  des  genannten  Flusses  wieder  vereinigen,  eine  Brücke, 
deren  beide  Endpunkte  sie  mit  hölzernen  Thürmen  (in  quolibot 
fine  pontis  unum  propugnacuium  tirmum  ad  modmn  turris  bei  , 
Piisburg)  befestigten  und  diese  stark  besetzten.    Aui  diese 
Weise  war  alle  Zufuhr  wieder  verbindert,  und  die  Koth  stieg 
in  Burg  und  Stadt  bald  auf  eine  unerlarflgliohe  Höhe,  Die 
SBtsung  wagte  daher  einen  kühnen  Angriff  auf  diese  neue 
SpeiTe,  welcher  auch  voji  Erfolg  gekrcnt  war.    Er  wurde  mit 
Benutzung  des  günstig  wehenden  "Wiutles  zu  Schiffe  ausgeführt, 
die  Brücke  erstiegen,  die  Thürme  erobert  und  beides  darauf 
zerstört.     Xnn  vrr^uf  hte  auch  der  berühmte  Heerführer  der 
Natanger,  Heinrich  Monte,  seinen  Muth  und  sein  Geschick  an 
Königsberg,  aber  ohne  Erfolg,  denn  er  mußte,  weil  er  bei  einem 
Ans&Ue  der  Besatzung  verwundet  worden  war,  bald  wieder 
abziehen.   Dennoch  gehiug  es  den  Samen,  die  Stadt,  wie  es 
sclieiut  durch  üeberrurapehuig,  einzunehmen,  wobei  viele  Ein- 
wolmer  gctödtet  und  gefangen  genoinnion,   die  Stailt  aber  zer- 
stört wurde.     Auch  dem  noch  immer  allen  ihren  AngriÖen 
hartnäckig  trotzenden  Ordenshause  suchten  sie  von  neuem  durch 
dessen  Abechneidnng  vom  HafF  und  der  See  beizukommen.  Zu 
diesem  Zwecke  hatten  sie  wieder  Schiffe  aufgetrieben,  mit  denen 
sie  den  Fregel  unsicher  machten;  diese  wurden  aber  von  den 
Begleitschiffen  eines  für  Königsberg  bestimmten  Lebensmittel- 
transports, den  sie  angriffen,  vernichtet.    Im  Jahre  •  1265  finden 
wir  Königsberg   endlich   von   seinen  Bedrängern  befreit,  auf 
welche  Weise  ist  nicht  Überliefort;  Y^^rscheinliclt  nber  geschah,  es 
durch  ein  in  diesem  Jahre  durch  den  Herzog  Albert  von  Braun- 
schweig  nach  Preußen  geführtes  Heer.^°)  So  hatte  also  Königs- 
berg allen  Anstrengungen  der  Preußen  erfolgreich  widerstanden 
ala  eine  der  wenigen  Burgen,  welche  nicht  In  Feindes  Hand 
gefallen  waren.    Es  verdankte  das  hauptsächlich  seiner  Ver- 


40)  Köhler,  Die  Entwiokdong  des  Xriegswaseos  und  der  Kriegföhraog 
in  der  Bilteiseit  etc.  H,  e2. 


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406 


bindnng  mit  dem  Haff  und  der  See,  welche  sich  immer  wieder 
m  eröffiien  seiner  tapfem  Besatsnng  gelongen  wer. 

(Bi^okbaai        Die  wfthrend  der  geschilderten  Eftmpfe  besonders  hervor- 
erbrai]  tretende  Wichtigkeit  dieser  Wasserstraße  für  Königsberg  nnd 
das  ganze  Samlund  veranlaßte  nun  den  Orden,  zur  besseren 

Sic'lioniHg  derselben  an  der  Verbin<limg  des  Haffes  mit  der  See, 
der  sugeiiannten  Bali^^e.  auf  der  Spitze  der  Landzunge  AVitlandsort 
ein  befestigtes  Blockhaus  (munitio)  zu  eiriehten.  Diese  Land- 
zunge erstreckte  sich  von  der  Südwestecke  Samlands  iu  ununter- 
brochenem Zusammenhange  bis  gegen  das  jetzige  Gehöft  Älttief, 
woselbst  damals  die  Nehrung  von  der  Balge  dorchschnitten 
wurde.*') 

Die  Besatzung  Königsbergs  konnte  nun  wieder  die  ftblichen 
Expeditionen  sur  Bestrafung  der  Abgefallenen  und  ern*  ünto^ 

drückung  des  Aufstaudos  im  Samlande  untemelimen;  solche 
wurden  kurz  nach  einander  in  die  Gegenden  von  Wargen. 
Quedenan,  Waldau  und  Schaaken  ausgeführt.  J'  tzt  wurde  auch 
von  Königsberg  aus,  wahrscheinlich  unter  dem  Schutze  des  ge- 
pieBorgan  dachten  Heeres  Albert's  von  Braunschweig,  die  Burg  Tapiau  an 
Iaum  «r-  dem  Trennungs[)unkte  des  Pregels  und  der  Deime  erbaut.  Diese 
sollte  im  Verein  mit  der  spftter  zu  gründenden  Burg  Labiau  am 
entgegengesetzten  Ende  der  Deime  (um  1277  erbaut)  eine  feste 
Grenzwehr  gegen  die  das  Samland  durch  häufige  Ein&Ue  ver- 
wüstenden Stämme  der  Schalauer^  Nadrauer,  Sudauer  und  der 
Litauer  bilden  und  die  Operationsbasis  fOr  die  Unternehmungen 
behufs  LTnterwerfung  der  genannten  Stumme.*^)  Auch  im  Süd- 
westen erhielt  Königsberg  im  folgenden  Jahre  Unterstützung 
und  Deckung  durch  die  Erbauung  der  auch  als  Etappenpuukt 


■iV  Panzer.  Die  Verbindnng  des  Haffes  mit  der  Ostsee.  AltpreaS. 

Monatsschr.  XXVI,  266  ff. 

42)  Die  in  Nadrauen  iiulif  <\fr  Wf:'st;;imzo  SumhiiKls  am  nördlichen 
Pregelufer  gelegene  Burg  Weiau,  weiche  schon  12öö  von  deo  drei  ersten 
dieser  Yolksst&mtne  angelegt,  vom  Ordw  aber  im  folgenden  Jahte  erobert 
und  SQr  Ordensbmg  «ingericktet  worden  war,  lag  niebt  mehr  iu  Befehl»- 
bereiche  des  Komture  yon  Samland. 


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Von  0.  Beckherm. 


409 


wichtigen  Burg  Brandenburg  am  Auaflnsse  des  Friscliuigs  ins 

frische  Haflf.*')  Markgraf  Otto  von  Brandenburg  He§  sie  erbauen 
und,  nachdem  sie  12G7  von  den  Wai  nat-rn  unter  Glappo  zerstört 
worden,  noch  in  demselben  Jahre  wieder  herstellen.  Ilugeftlhr 
gleichzeitig  ent*!tand  noch  eine  andere  zu  Köniprsberg  in  gewissen 
Beziehungen  stehende  Burg,  und  zwar  im  Samlande  selbst,  näm- 
lich Schönewiek  fPischhauson),  erbaut  vom  Bischof  von  Samland 
im  weetlichen  Theile  der  Landschaft  am  Ufer  des  Haffes.^^)  Der 
gröBeste  Theil  Samlanda  war  nnn  wieder  snrBotmftßigkeitgebraobti 
nnr  der  nordwestliche  Theil,  das  Gebiet  Bethen,  der  'ap&tere  söge* 
nannte  Sodaaer  Winkel,  trotzte  noch  dem  Orden.  Dorthin  erfolgte 
im  Jahre  1268  yon  der  Königsberger  Besatzung  mitUnterstfltcuug 
einer  aus  Livland  nach  Verabredung  herbeieilenden  Truppen- 
abtheilnng  eine  Expedition,  welche  nach  Besiegung  der  bei 
Dramen(Av  (Drebnau)  sicli  standhaft  zur  Welir  setzenden  Bethener 
mit  der  gänzlichen  VeWnlung  des  Gebietes  endete.*^)  Hiermit 
war  die  Wiedenmterwerfung  Samlands  vollendet,  wenn  auch 
hin  nnd  wieder  noch  einzelne  Euhestörungen  vorkamen,  von 
denen  uns  zwei  bekannt  geworden  sind*  Die  eine  fand  statt 
im  Gebiete  Ton  fiinow,  dessen  Bewohner  im  Jahre  1269  einen 
miBglflckten  Angriff  auf  die  bischöfliohe  Burg  Sohönewiek 
machten,  welchem  von  KOnigsbeig  aus  die  Strafe  auf  dem  Fuße 
nachfolgte.  Die  andere  wurde  1273  durch  den  Heerfahrer  der 
Warmier  Glap])0  verursacht,  welcher  einen  ebenfalls  mii31ungenen 
Angriil  auf  eine  dem  Namen  nach  nnliekannte  Ordensburg,  am 
Ufer  des  frischen  HafTes.  etwa  bei  Zimmerbude  gelegen,  \mter- 
nommen  hatte,  und  dann  in  einen  Hinterhalt  gerieth,  der  ihm 


48)  Die  in  äet  Nfthe  gelegene  Leuptenbnrg  (Lenzeuburg)  war  kniz 
vor  dem  Ausbrach  des  Aofstandes  sentört  worden. 

44)  Pr.  Beg.  No.  m 

45)  Ueber  die  Lage  dieses  Gebiets  beslehoi  MemnngsmsdbiedenheiteD. 

Toppen  (Script,  rer.  Pruss.  I,  108)  und  Köhler  (a.  a.  0.  S.  71)  verlegen  es 
in  <lie  um  Cranz  gelegene  Gegend,  Voi;j;t  in  den  nordwestli«  lipu  Theil  Sam- 
lamls.  Nach  den  AusfElhrungen  v.  Bönigks  {<\n^  TreiTen  von  Pobethen, 
Altpr.  Monateschr.  XVI,  836  S.)  dürfte  Yoigt's  Ansicht  vorzuziehen  sein. 


410  Gtosolilolite  4«r  Bdbvtigaagwi  Königsbergs. 

vom  Ebmtur  Ton  Königsberg  gelegt  worden  war.  Er  soll  seinen 
kühnen  Versnoh  an  einem  vor  den  Manem  des  Hanses  Königsberg 
auf  dem  oberen  Kollberge  errichteten  Galgen  gebüßt  haben.  In- 

^'wtaSS]*^  zwisclieu  hatte  der  Orden  im  Jahre  1270  auch  das  Haus  Loch- 
atedt  am  Ufer  des  frischen  Haües  auf  der  Landzunge  Witland«- 
ort  erbaut,  wodurch  er  in  die  Lage  versetzt  war,  die  Bewolmer 
des  westlichen  Theiles  Samknds  besser  im  Zaume  halten  ni 
können.  Von  ihren  südlichen  Nachbarn,  den  Nataogeni)  sollte 
die  Besatzung  Königsbergs  nnn  auch  nicht  mehr  bennrohigt 
werden,  denn  1272  drang  von  Balga  aus  der  Markgraf  Dietrich 
von  Meißen  in  (leren  Landseliuft  ein  inid  unterwarf  sie  vollkommen. 

Die  Verhältnisse  im  Samlande  waren  nun  schon  so  günstig 
geworden,  daß  Theile  der  Besatzung  Königsbergs  auch  an  weitar 
ausgedehnten  £xpeditionen  außerhalb  der  Landschaft  herangezogea 
werden  konnten.  Zwei  solche  wurden  unter  dem  Befehle  des  in 
Königsberg  residirenden  Vogts  von  Samland  im  Jahre  1274  nach 
Nadranen  unternommen.  Bei  der  einen  erreichte  man  den 
Kesausee  und  eroberte  in  der  dortigen  Gegend  zwei  Burgen, 
bei  der  andern,  welche  auf  dem  Pregel  von  Seliiileu  begleitet 
wurde,  dranf;  man  bis  in  das  Gebiet  Catthow  vor  und  Mrstörte 
dort  ebenfalls  zwei  Burgen  und  vielleicht  auch  Romowe.  Auch 
bei  der  darauf  folgenden  Eroberung  der  Burg  Baganite,  des  naoh- 
*  herigen  Bagnit,  in  Schalauen  durch  den  Vogt  von  Samland  wird 
die  Besatzung  Königsbergs  betheiligt  gewesen  sein. 

Altstadt  Unter  den  obwaltenden  friedliehereu  Verbältui.s:jeu  im  Laude 

WiUl-  u. 

PiAnken-  selbst  konnte  der  Komtur  zu  Königsberg  an  die  Neugründung 
der  untergegangenen  Stadt  Königsberg  denken;  diese  ging  aber 
nicht  auf  dem  früheren  Platze  vor  sich,  sondern  auf  dem  zwischen 
dem  Ordenshause  und  dem  Pregel  befindlichen,  durch  Zuschfit* 
tung  des  südlichen  Burggrabens  etwas  vergrößerten  Baume,  wo 
die  Stadt  gesicherter  und  auch  in  anderen  Beziehungen  vortheil- 
hafter  lag.  Am  28.  Februar  1286  erhielt  sie  vom  Landmeister 
Conrad  von  Thierberg  ihr  ILmitt j»rivileguiiii.  Ihre  Befestigung 
bestand  wie  bei  der  alten  P»urg  ans  Graben,  "Wall  und  PlaTik»^n- 
zaun.    Im  Z^orden,  wo  die  »Stadt  durch  das  U^denshaus  neb4 


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Von  C.  Beckherm. 


411 


Vbrfmrg  völlig  gedeckt  war,  fiel  die  Befiwtigting  fort.  'Im  Westen 

wurde  der  "Wall  mit  Anschluß  au  die  Außenwerke  der  Borg 
lÄüga  des  Grabens  gesdiiittt^t.  welcher,  wie  wbitor  obcu  schon 
ausgeführt,  als  Fortsetzung  des  liurggraben.s  zwischen  der  heutigen 
Eantstrafie  und  Koggengasse  zum  Pregel  hinunterlief  und  das 
Wasser  des  westlichen  Fließarmes  abführte.^*)  Im  Baden  ersetzte 
der  Pregel  den  Stadtgraben,  nnd  im  Osten  wnrde  der  grOBere 
Theü  desselben  dnreh  das  Müblenfliefi,  den  Eatsbach,  gebildet 
Das  Bett  dieses  Fließes  ist  nur  in  seinem  mittleren  Theile  bei 
der  alten  Burgmüljle  no(  ii  das  des  Löbebachs,  welcher  vor  der 
Aulstauung  des  Mühlen teiciis  hier  floß,  oberhalb  der  Mühle  nach 
Norden  hinauf  hatte  das  Bett  der  Löbe  eine  mehr  östliche,  mit 
dem  dortigen  Theile  des  Fließes  divergirende  Bichtung.  Dieser 
mit  seinem  starken  GeftUe  ist  eine  künstliche  Anlage.  Unter- 
halb der  Borgmflhle  macht  das  MühlenflieB  zweimal  ein  recht- 
winkeliges Knie,  zuerst  nach  Westen  und  dann  nach  wenigen 
Schritten  nach  Süden  hin.  Dieser  Lnul"  des  "Wassers  ist  eben- 
falls kein  natürlicher,  sondern  ein  künstlich  bewirkter.  Es  darf 
daher  angenommen  werden,  daß  auch  hier  vom  östlichen  Knie 
ab  die  Löbe  ihren  Lauf  zum  Pregel  *  twas  weiter  östlich  als  das 
Mfihlenfliefi  genommen  hat,  wahrscheinlich  in  seichtem,  breitem 
Bette  nnd  zwischen  niedrigen  üfern.*^)  In  diesem  Zustande 
war  sie  als  AnnäherungshindemiB  für  eine  daran  anzulehnende 
Befestigung  nicht  geeignet.  Man  hob  daher  zu  diesem  Zwecke 
etwas  westlich  von  der  Löbe  einen  tiefen,  vom  Pregel  bis  nalio 
an  lie  ]\tühle  sich  erstreckenden  Graben  aus,  welchen  man  an 
seinem  nördlichen  Ende  durch  einen  kurzen,  rechtwinkelig  ge- 
führten Quergraben  mit  der  Löbe  an  der  MOhle  verband  und 
dorob  diesen  das  Wasser  in  das  neugeschaffene  Bett  leitete,  in- 
dem man  das  alte  an  dem  östlichen  Kniee  abdämmte,  nachdem 

46)  Beokhemi,  über  die  Dausker  a.  a.  0.  S.  254  £ 

47)  In  einer  Urkande  von  189&  werden  9  Morgen  Wiese,  in  der 
kramiarn  Onibe  (^Tünclieahofgasse  und  Münchenhofplats)  gelegen,  erwähnt. 
Diese  Wiese  war  das  im  Laufe  der  Zeit  ensgefüllto  ursprüngliche  Bett  der 
Löbe  mit  ihren  niediigen  von  Wieean  eingeiaAten  Ufern.  K.  Beg.  Ho.  60. 


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412 


Geschichte  der,  Befestigangen  Königsbergs. 


man  jenes  der  starken  StrOnrang  halber  wahrsoheinlich  mit  Spund- 
wänden bekleidet  hatte.  Weiter  nach  Norden  hinauf  wunie 
dieser  Graben,  jedoch  als  trockonur,  neben  der  westlichen  Seite 
des  Burgweges  (MiUüeuberg)  bis  zum  Fuße  der  alten  Bmg 
fortgefiahrt. 

Diesen  Gfraben  entlang  bis  sam  Pregel  binab  lief  der  Wall 
der  Ostseite;  anf  der  SOdseite  folgte  er  dem  Pregeln^,  wo  er 
sieb  etwas  unterhalb  der  Kramerbrüeke  an  den  schon  erwähnten 
Wall  der  Westseitt^  ans(  bloß.  In  seiner  ganzen  Ans  lelimmg 
trug  er  auf  der  äußeren  Kante  seiner  Krone  einen  Piankenzaun, 
wohl  von  derselben  Construction,  welebe  bei  der  alten  Burg 
beschrieben  worde.^)   Um  die  schnelle  Besetzung  des  Walles 


48)  DMse  Befeetignogsweiae  and  zum  ^eÜ  anch  die  Lage  der  Werks 
gehen  hervor  atia  folgend«!  Urkaadea:  K.  Beg.  Ka  15  n.  36  nnd  QuaUbtr. 

Ko.  0,  worin  nur  ilie  Planken,  aber  nicht  der  Wall  erwähnt  werden,  sein 
Vorhandensein  ist  jedoch  BidbetverstÄndlich,  weil  ein  auf  ebenem  Boden 
stehender  Piankenzaun  keinen  genn;::endon  Schutz  gewiUirte.  Anslrüokllrh 
erwähnt  wird  aber  drr  Wall  in  Qm  llbtr.  No.  2  u.  B.  Duroli  die  crf-t'-r..' 
dieser  Urkunden  wird  im  Jahre  130.3  vom  Landmeister  dem  Domkapitel  eiü 
in  der  Neohbaiecbafl  von  dessen  Curieu  stehendes  Haus  verschrieben,  dasn 
ein  aaderee»  dem  MttUer  gehörig,  femer  der  Baum  «wischen  diesen  Blweni 
und  den  Planken  gegen  das  Mflhlenfliefi  hin  auf  der  einen  Seite  und  raf 
der  andern  nach  dem  Pregel  hin.  Es  handelt  sich  hier  um  den  südöstlichen, 
zwischen  Langgasse  und  Pregel  gelegenen  Theil  der  Stadt .  Das  D.  m- 
Ikapitel  darf  hier  ITrlnser  von  Hoiss  oder  Stein  banon.  nnd  zwar  auf  dem 
Walle,  wo  damals  <li*!  Plankon  ßtandon  (in  valk«  uVii  uuuc  plance  site 
sunt);  wenn  es  aber  über  die  auf  dem  alten  Walle  stehenden  Planken 
(antiqnmn  valbom  ahi  nunc  plance  stant)  hinaus  hauen  will,  soll  es  dssn 
die  Genehmigung  des  Komturs  einholen.  Das  „valle**  der  ersten  Klamner 
ist  jedenfalls  Schreib*  oder  Lesefehl«*,  dem  Sinne  naeh  kann  nur  vallo 
gelesen  werden.  Dassdbe  gilt  von  dem  ganz  unerklärbaren  „valbom"  der 
zweiten  Klammer,  es  kann  hier  nur  vallum  heißen.  Beide  Stellen  be- 
ziehen sich  auf  die  Befestiguugswrrke  des  g^edachten  Stadtviertels  Die 
andere  Urkunde  betrifft  dasselbe  Stadtviertol,  und  zwar  dessen  südÖRtlidist'jn 
Theil.  Der  Laudmeister  verschreibt  darin  im  Jahre  liJü4  dem  DomkapiwI 
xwei  Hdfe  swischen  dem  diesem  sugehörigen  Hospital  und  der  Onsse  (jeisngn 
Langgasse)  mit  dem  Baume  swischen  dem  Hospital  und  den  Planken. 
Das  Domkapitel  darf  hier  auf  dem  Walle  der  Stadt  (saper  Tallnm  civitatis) 
hölzerne  oder  steinerne  Häuser  errichten,  und  zwar  so  weit  jetzt  die 
Planken  stehen  (prout  nunc  stant  plance),  will  es  aber  die  Qebinde  bis 


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Von  G.  Beckherm. 


413 


mit  Maimnehaft  und  Kriegsmasohuieii  niohi  wo.  hindera,  soUton 
ümerhalb  desselben  keine  Hänser  an  seinen  Fnß  gebant  werden, 

vielmehr  längs  desselben  ein  Weg  freibleiben.  Diese  Anordnung 
geschah  auch  der  Feuersgefahr  halber  mit  Bückslcht  auf  die  aus 
Holz  errichteten  T heile  der  Befestigung.'*'^)  Von  der  etwaigen 
Existenz  hölzemor  Thürme  oder  £ankirender  Bollwerke,  welche 
bei  alten  WallbefeatigiuigeiL  unter  dem  Namen  Streiokwehreni 
Beigiriede,  propugnaonla,  iortalicia  snweilen  vorkommen,  er- 
fahren wir  niokta,  sie  m<igen  aber  wohl  an  den  geeigneten  Stellen 
vorhanden  geweaen  aein.  Nor  ans  einer  Urkunde  von  1802  er- 
sehen wir»  daß  es  nahe  bei  der  sUdOstUohen  Eoke  des  Stadt- 
wallea ein  Bauwerk  gab,  welches  nöthigenfalls  dem  eben  be- 
rührten Zwecke  dienen  konnte.  Das  Domkapitel  des  in  dieser 
Gegend  im  Jahre  13<)1  gegründeten  Domes  erhielt  immiieh  die 
Erlaubniß,  außerhalb  der  Planken  resp.  der  Stadtmauer  im 
Pregel  eine  Latrine  (Danzker)  7.11  errichten,  und  zwar  derartig, 
daß  zwischen  ihr  und  den  Planken  resp.  der  Mauer  ein  G^ang 
freibleiben  und  auch  die  Communication  auf  dem  Wall-  oder 
Wehrgange  nicht  versperrt  werden  soUte.^^  Diese  Latrine  haben 
wir  uns  also  als  ein  im  Pregel  stehendes  thurmartiges  Qebftnde 
vonraatellen,  von  dem  ans  über  den  Wall  hinweg  ein  schwebender 
Qang  nach  irgend  einem  Gebftnde  der  Domherren,  vielleicht 
dem  Hoepital,  führte. 

Eine  Bolle  bei  der  Vertheidigung  der  Wallbefestigung  zu 
Spieleu,  ist  unzweifelhaft  die  ehemalige  St.  Nicolaikirche,  nach- 

aa  den  Faft  des  Walles  (ultra  loonm  irtanoamiii  ad  önem  Talli)  vor* 
schieben,  soll  dazu  die  Geaehmigung  des  Komturs  eingeholt  werden. 
Ans  dieser  Stelle  ist  nnn  aucli  ersichtlich,  dafi  die  Planken  aof  der  Krone 

doe  Wallea  an  deren  äußerer  Kante  gestanden  haben. 
4a)  K.  Reg.  No.  25  u.  32  und  Quellbtr.  No.  9. 

50)  K.  Beg.  Ko.  15.  —  Die  Latrine  existirte  noch  im  Jahre  1351,  als 
der  Attutadt  Tom  Domkapitel  die  Hofetatt  „im  Pregel  und  auf  dem  Lande", 

wo  der  alte  Dom  and  die  Schale  stand,  abgetreten  wurde.  K.  Beg.  No.  83, 

Die  vorstehende  Mittheilung  liefert  ein  weiteres  Beispiel  für  das  Vorkommen 

Von  Danzkeranlagen  bei  Stadtbefpstip^nngen,  von  denen  einige  in  dem  Auf- 
sätze:  üeher  die  Danzker  etc.  (Altpr.  Monatsschr.  237)  angeführt 
Worden  sind. 


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414 


Oeschichte  der  Befestigungen  Kuai^bergs. 


her  die  altstadtisolie  genannt,  bertinunt  geweseii.  Sie  sfcmd 
sohoii  gegen  Ende  dea  18.  Jalirhiiiiderts  anf  dem  noch  gegen- 
wärtig nach  ihr  benannten  Platze,  uuü  zwar  mit  ihn-m  mit 
vielen  Schall-  und  Wehriuken  versehenen  Thunne  unmittelbar 
am  Walle. 

Von  Stadtthoren  existirten  damals  nur  drei.  Davon  stand 
eins  in  dem  Walle  der  Ostseite  am  Ausgange  der  Langgasse 
und  vermittelte  auf  dem  alten  Borg:Tvegc  die  Verbindung  mit 
dem  Oidenshause.  Durch  ein  sweites  Tkor  am  sttdliohen  Ana- 
gange  der  heutigen  Kantstrafie  fOhrte  Uber  die  Yogtsinsel 
(Eneiphof)  die  alte  EtappenstraBe  Iftngs  des  Haffes  nach  den 
Ordenshänsem  Brandenburg,  Balga  u.  s.  v.  Die  Wichtigkeit 
dieser  Strafle  und  der  starke  Verkehr  anf  ihr  Iftfit  das  damalige 
Bestehen  der  beiden  Pregelbrückeii,  der  Grünen  und  der  Krämer- 
briicke,  voraussetzen,  da  Fähron  hier  wolil  nicht  geniigt.  haben 
dürften.  Im  Privili';jjiuin  di-r  Altstadt  von  1286  gesi-luMht  über- 
dies einer  bei  der  Stadt  gelegenen  PregelbrÜcke  Erwähnung, 
welches  nur  die  Krämerbrücke  sein  kann.  Das  dritte  Thor 
stand  in  dem  Walle  der  Westseite,  da  vro  jetzt  die  Langgasse 
und  die  Kantstraße  sich  schneiden,  und  diente  dem  Verkehr  anf 
der  alten  Landstraße  (jetzt  obere  Koggengasse  und  Steindanun) 
mit  dem  westUohen  Samlande.  Es  ftihrte  den  Namen  „das 
Steinthor.*^^^)    Eine  anffallende  Erscheinung  ist  es,  da0  ver* 

51)  K.  Rtg.  N<>.  2S.    Nrifh  die^^er  Urkunde  von  soll  die  Stadt 

hinsichtlich  der  Zugeburigkeil  zu  den  beiden  Schulen  iu  j^wei  Tbeile  zerlegt 
werden,  tmd  «war  durch  eine  vomThore,  das  snmLdbenicht  führt, 
sttm  Steinthor  sn  siebende  Linie.  Diese  Linie  von  Thor  «i  Thor 
kann  nur  die  Laaggasee  entlar  ^  ^<  laufen  sein»  welche  die  Stadt  in  zwei 
fast  gloiVli  rr^oßo  Thpüe  schied.  PerU)ach  ver^tolit  unter  äom  Steinthor 
das  i\n\  niirdli'lien  Anstränge  der  Knr::c:f'ngasse  in  den  Öttinilanim  s^plfrjftie 
Steiudamraer  Thor.  Nach  dieser  Anuabme  würde  die  Theiluugalinie  auf 
Ildehat  nnpraktisdie  Weise  gezogen  worden  sein,  indem  sie  in  diesem  SUle 
die  Straßen,  die  Hftnservierecke  mid  sogar  snm  Tbeil  die  Hftoser  selbel 
schräge  dnrohsrlniitlen  hätte,  was  ganz  nndenkbur  ist.  Uebetdies  existirt« 
das  Steindammer  Thor  damals  (lrl39)  noch  gar  niolit.  da  der  von  der  jofzii^'en 
Kantstraße  westlich  gelegene  Theil  der  Altstadt,  worin  das  Stoindaiuiner 
Thor  befindlich,  der  StatU  erst  nach  13ö9  verliehen  wurde.  Ausfuhrücheres 
daiüber  weiter  nnten. 


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Von  C.  Beckhorrn. 


415 


flobiedend  Stftdte  Norddentschlands,  deren  Befestigungen  nicht 
aua  der  römischen  Mauorboi'ostigung  hervorgegangen  waren,  da- 
her zuerst  ans  Wall  und  Planken  bestanden,  ein  so  benanntes 
Tiior  besaßen  z.  B.  Beckum,  Herford,  Burgsteinfurt,  Hannover, 
Braunschweig,  Hamburg,  Rostock,  Anclam,  Pr.  Holland  und 
gewiß  auch  noch  andere.  Das  deutet  darauf  hin,  dafl  diese 
Thore  schon  ans  Stein  anfgefllhrt  waren,  während  die  andern 
in  den  alten  WaUbefestigongen  noch  ans  Hok  bestanden.  AnBer 
diesen  Thoren  kennen  wir  noch  swei  Pforten  von  4  FnB  Breite 
und  8  Fuß  Hohe,  welche  beide  mm  Domviertel  gehörten  tmd 
sich  neben  der  Badergasse  und  an  der  jetzigen  Hokgasse  be* 
fgoiden.'^ 

Neben  dieser  Stadt,  an  ihrer  (istlichon  Seite  und  an  dem  Löbeniciit. 
Wege,  welcher  sich  von  dem  Burf^wego  das  Pregelthal  liinauf  ^^^«o- 
abzweigte,  gründete  der  Orden  bald  eine  andere,  welche  am 
27.  Mai  1300  vom  Komtnr  von  Königsberg  ihr  Privilegium  er- 
hielt und  anfänglich  Neustadt,  späterhin  aber  LöV)enicht  genannt 
wurde.^  Obwohl  die  Quellen  darüber  fast  gänzlich  schweigen, 
ist  es  jedoch  selbstverstftndlich,  daB  sie  befestigt  worden  ist, 
und  zwar  nach  Art  und  Weise  der  vor  ihr  gegrdndeten  Stadt, 
welche  nunmehr  die  Altstadt  genannt  wurde.  Die  Befostigungs- 
linie  begann  am  Burgwege  bei  dem  doppelten  Knie  des  Vtlhlen* 
grabens,  zog  sich  neben  der  Pfühle  über  den  Ausgang;  der  Tuch- 
macherstraße, hinter  den  jetzt  an  der  Südseite  des  Bergplats^es 
stehenden  Ffän.sern  hinanf  und  der  Südseite  des  FriedrichscollpD:'? 
entlaug  zur  Uollegiengasse,  dann  diese,  den  vorderen  und  mitt- 
leren Anger  und  zwischen  Hospital  und  Tränkgasse  hinunter 
zum  Pregel.  Das  Ufer  dieses  Flusses  giebt  die  weitere  Bichtung 


62)  ^uellbtr.  No.  2  u.  3. 

68)  QaeUbtr.  No.  1  und  K.  Beg.  No.  13.  —  Sollte  der  Name  Ldbenioht 
vielleicht  nnprOn^ieh  LObeniok  gelautet  haben?  Bei  «ItpteuBiachen  Orte- 

ntuneu  bezeichnet  nach  Nesselmann  die  Endnng  nick  oder  nickou  Prrsnnfn, 
Welche  zu  doui  durch  den  Staimn  des  Wortos  nnsgedrückteii  Begriff  in 
irgend  einer  Beziehung  udor  Verbindung  stehen.  Danach  würde  also 
Löbenick  bedeuten:  Löbeanwohner. 


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416 


Oflsdiiohto  dor  Bdiwtigangaii  Königsbergs. 


bis  som  MaUenflieOe,  dem  Stadtgraben  der  Altstadt  aiL  Aui 
der  an  die  Altstadt  gFenjsenden  Seite  war  die  Neustadt  nidit 
befestigt.  Es  ist  dieses  darans  m  schlieBen,  dafi  diese  Seite 
anoh  bei  der  nachhengen  Befestigang  durch  Mauern  offen  ge- 
blieben war.'^*) 

Von  den  erforderlichen  Stadtthoren  werden  nur  zwei  aii- 
gegtiben,  das  Kohlthor  und  das  lioßthor.*^)  ErJiteres  stan'l  walir- 
scheinlich  am  Ausgange  der  Langgasse  zum  Anger,  in  welcher 
Gegend  die  Bürger  ihre  Gemüsegärten  hatten,  letzteres  in  der 
heutigen  Krönchengasse,  wo  die  CoUegiengasse  sich  abzweigt; 
yon  hier  gelangte  man  am  nächsten  au  den  an  den  Teichen 
gelegenen  Bofigftrten.  Ein  drittes  Thor  muB  auf  dem  Bnxg- 
wege  hinter  dem  Knie  des  Mühlengrabens  gestanden  haben. 

Fflr  die  Altstadt  wurde  die  Entstehung  der  Neustadt  in 
fortificatoriscber  Hinsicht  in  sofern  von  Einfla6,  dafi  man  dort 
selir  bald  auf  die  dem  Löbenicht  zugekelirte  Befestigung  nicLt 
mtshr  80  großen  Worth  legte  und  dem  Domkapitel,  welche«  hier 
um  den  Dom  hernni  (inmdstncke  erhalten  hatte,  gestattete, 
wegen  des  hier  sehr  beschränkten  Raumes  auf  dem  "Walle  selbst, 
welcher  also  von  beträchtlicher  Breite  gewesen  sein  muß,  Häuser 
zu  errichten,  sowohl  von  Stein  als  auch  von  Hok*  Die  ftufieren 
Wftnde  derselben  sollten  dann  den  Plankenaaun  ersetaen.  Be- 
sondere G^ehmigung  war  aber  ftlr  den  Fall  vorbehalten,  dafl 
die  Gebftude  bis  an  den  ftnlieren  FuB  des  Walles  vorg^sohoben 
werden  sollten,  dieser  also  su  dem  Zwecke  abgetragen  werden 
mußte.^^)  Für  diesen  Theil  des  Walles,  so  weit  er  das  Dom* 


54^  Im  Jalire  1414  tlraiitj;f!i  Altstadler  in  den  Löbenicht  und 
rissen  eiuigu  in  dieser  Stadt  atu  Mulileuüieße  stehende  Gebäude  nieder  unter 
dem  YoYgeben,  cIaB  sie  an  nabe  an  ihrer,  d«r  Altotldter,  Stadimaaer  atftndea. 
Faber,  die  Haupt-  und  Bestdenntadt  KönigAarg  S.  192.  Die  Basaitigong 
der  Gebäude  geeobah,  tun  vor  der  Befestigung  der  Altstadt  ein  freiM 
SclinPtoId  zu  «irhafTen,  wäre  alpo  zworklns  gewesen,  wenn  der  Löbenicht 
hier  eine  Beiestigung  gehabt  hätte  und  diese  nicht  ebenjGftlls  aiedergeleigt 
worden  wäre. 

55)  QueUblr.  Vo.  L 

56)  QneUbtr.  Ne.  2  n.  8.  TergL  Aam.  4a 


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Von  C.  Beckberrn. 


417 


viertel  nmfaßte,  lag  die  Sor«;e  für  den  Wach-  und  Wehrdienst 
dem  Domkapitel  ob;  erst  nach  Erbauung  der  Stadtmauer  über- 
nahmen ihn  auch  hier  wieder  die  Bürger. 

Bei  der  Gründung  der  Altstadt  hatte  sich  der  Ürdon  den  ü»dous- 

"  bans,  Vor- 

unter  der  alten  Burg  gelegenen   und   gegenwärtig  von  den 

StraBen  Mühlenberg,  Bergstraße  and  Schloßberg  begrenzten 
Kaum  vorbehalten,  denn  hier  standen  einige  steinerne  H&nseri 
welche  von  Beamten  und  Dienern  des  Ordens  benntet  wurden, 
E.  B.  von  dem  Komtur,  dem  Yogt  von  Samland  und  dem  Mflnzer, 
Sdion  der  Landmeister  Mainhardt  von  Qaerfhrt  (ca.  1387^1800) 
hatte  den  Bürgern  die  Erlaubniß  ertheilt,  anf  diesem  Banme 
Gebäude  von  Holz  und  Lehm,  nicht  von  Stein,  zu  errichten, 
in  weicheil  wuiloi  iilcuschen  wohnen  noch  Feuer  broniien  sollte. 
Diese  Bestimmung  bezweckte  die  leichtere  Horst^llunfi;  oiueö 
freien  Schußfeldes  vor  der  alten  Burg  im  Falle  einer  Belage- 
rung und  die  Sicherung  der  Um  wehrung  und  der  Gebäude  der- 
selben gegen  Feuersgefahr ;  diese  sind  ohne  Zweifel  also  noch 
Holzbauten  gewesen.  Im  Jahre  1304  bestätigte  der  Landmeister 
Conrad  Sack  diese  Erlaubnis.  Weil  aber  die  Bflrger  einige 
Gebftude  dicht  an  den  Abhang  des  Burgberges  gebaut  und  da- 
bei denselben  untergraben  hatten,  so  daß  ein  Nachstürzen  des 
oberen  Theiles  zu  befürchten  war,  wurden  die  Büi^er  ver- 
pflichtet, als  Stütze  des  Bergabhanges  eine  5  Fuß  dicke  und  bis 
zur  oberen  Fläche  des  Berges  hinaufreichende  Mauer  aufzu- 
führen, welclje  sich  vom  Hause  des  Komturs  auf  der  einen 
Seite,  der  Krümmung  des  Abhanges  folgend,  bis  zu  den  Planken 
gegenüber  der  Mühle,  auf  der  andern  in  gerader  Ilichtung  bis 
zu  dem  Hause  des  Münzers  (auf  der  Stelle  eines  der  Häuser 
neben  der  Wohnung  des  Commandeurs  des  Kürassier-Begiments) 
erstrecken  soUte.*^^)  Biese  Mauer  ist  dieselbe,  auf  welcher  gegen- 
wärtig der  südliche  und  östliche  Theil  der  Kürassierkaseme 
roht;  sie  ist  gxOBtentheils  erneuert,  an  einigen  Stollen  aber  noch 


67)  QneUbtr.  No.  & 

Altpr.  VoxuitMoiurii^  Bd.  XX?IL  Hffc.  5  o.  0.  27 


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4 


418  Goacliichte  der  Bdfestiguugea  Königsbergs. 

die  ftlie.*^  Die  StUtsong  de«  Abhanges  unter  der  alten  Borg 
dtiroh  diese  eeitene  der  Altstadt  erbante  Mauer  hat  wahrschem- 

licL  deu  Orden  veranlaßt,  zugleich  auch  den  iibrigen  TLuii  des 
Abhanges  am  oberen  Endo  des  Burgweges  ebenfalls  durch  eine 
Mauer  zu.  stützen,  sifwie  überhaupt  diesen  ganzen  Theil  der 
Vorburg,  die  ehemuli  ;e  alte  Hauptburg,  in  Stein  auszubaueii* 
Aus  dieser  Zeit  stammten  vermuthlich  auch  die  Ueberreste  eines 
Bauwerkes,  welche  vor  einigen  Monaten  bei  dem  Abbruch  des 
Hanaes  No.  19  am  Mühlenberge  an  Tage  getiteten  waien.^")  Sie 
]ie6en  das  ErdgesohoB  eines  Gebendes  erkennen,  welohes  in  den 
Manem  nngefSuhr  4  Faß  stark  und  mit  einem  Kreui^ewölbe 
überdeckt  gewesen  war,  von  dem  sich  noch  Spuren  der  Schild- 
bögen,  einige  Anfänger  und  einer  der  Dienste  ▼erfanden.  Letzterer 
stand  in  einer  Ecke  dos  überwölbt  gewesenen  Baumes  und  be- 
stand aus  einer  starken,  aber  niedrigen  runden  steinernen  Säule. 
Das  Gebäude,  dem  ilie.so  Ueberreste  anij;Luui  ten.  hat  immittelbar 
am  Burgwege  in  dem  schmalen  Itaume  zwischen  diesem  und 
der  Statzmaner  der  alten  Burg  gestanden,  und  zwar  da,  wo  die 
eben  besprochene  von  den  Altstädtem  erbaute  Mauer  endete 
und  deren  vom  Orden  herrührende  Fortsetzung  begann.  Bei 
der  sp&teren  Befestigung  der  Altstaldt  durch  Mauer  und  Ghraben 
ftnden  beide  hier  ihren  AnschluB  an  die  Yorburg  des  Ordena- 
hanses.  Es  liegt  sehr  nahe,  das  in  Bede  stehende  (Jebftnde  als 


68)  Faber  a.  a.  0.  S.  4L  iäüt  die  Urkunde  vom  6.  August  1375 
(Qaellbir.  No.  9)  sidi  auf  den  oben  erwähnten  Baum  iMsiefaeiif  wttbtend  sie 
dflo  Baum  Tor  der  alten  WaUbefestigoog  der  Westseite,  iwis^Mi  d&t' 
jetzigen  Kaatstralte  und  der  Palvergasse  betriflEt,  worüber  weiter  unten  noch 
gehandelt  werden  soll.  Die  Verg1ei(  Imn^  dieser  Urkunde  mit  der  oben 
citirten  (Quellbtr.  No.  8)  läßt  sofort  den  irithum  erkeniipn. 

69)  In  Folge  des  Abbruchs  dieses  Hauscä  inuüte  auch  der  daran- 
stoßende Theil  der  Kttrassierkaseme  niedeigelugt  und  der  Boden  daselbet 
tief  aufgegraben  werden.  Bei  dieser  Oelegenbeü  bat  Professor  Heiydeck 
Bugwallspnren  von  der  ersten  Bnrganlage  aufgofundeni  ferner  Theile  von 
der  späteren  Umwebrnngsmauer  und  eine  Heixaulago  von  gleichartiger 
Construr-tion  wie  die  in  der  Marienburg  ehemals  vorharuk-n  gewesenen  und 
Von  Voigt  in  den  X.  Pr.  Prov.-Bl.  VIII,  21<j  beschriebenen.  Genauerer 
Bericht  soll  in  dem  uackäteu  Hefte  der  Sitzungäberichte  dt;r  Prussia  eriolgen. 


^  j  .  -Li  by  Google 


Von  C.  Beokberm. 


419 


die  Wachsttibe  oder  "Wärterwohmin^^  eines  daneben  auf  dem 
I]nrg\s»«ge  atolK^uden  Tlioros  der  Vorbur^  anzusehen,  und  zwar 
des  Vorthores  einer  coinpUcirteren  Tlioraulage,  zu  weicher  außer- 
dem ein  weiter  oben  auf  dem  Burgwege  in  der  Umwelirung  der 
Vorburg  stehendes  inneres  oder  Hauptthor  gehörte  nebst  zwei 
die  beiden  verbindenden  und  den  daswischen  liegenden  Theil 
des  Btugweges  einiMsenden  Maneni)  deren  eine  in  dem  vor- 
liegenden Falle  doroh  die  Statemaner  der  alten  Borg  gebildet 
worde.*^  Ein  Ahnliches  Thorwerk,  nftmlioh  das  Lastadienthor 
der  Altstadt)  wird  weiter  anten  genauer  beschrieben  werden. 

GO)  FOr  die  «bemalige  RxiBton«  d«B  tmterem  dieeer  Thore  beim  Hanse 
No.  12  am  ICfihlenberge,  nnd  swar  noch  sa  Henog  Albreeht»  Zeit,  scheinai 
einige  leider  sehr  nnbeiitimmt  gehaltene  Andeiitungeu  in  den  VerhandliiDgen 

dps  Landtages  von  V)f<C>  7.n  Rprorhpn.  Am  T».  September  verlangt  nämliVh 
der  Herzog  von  den  Städten  KuaigsWrg,  nie  sollten  ..die  Kc^tten  vor  dem 
Thore  des  Aufganges«  zum  Schlosse**  abschaÜen,  was  zu  tliuu  die  Städte 
eich  weigerten,  weil  die  Ketten  sam  Schutse  gegen  die  vom  Hensogc  ge- 
worbenen Beiter  gesogen  wftren.  Am  10.  OctoW  lä£t  dann  der  Hensog 
den  Städten  Folgendes  sagen:  ,,Waa  es  mit  den  beyden  Thoren  nach 
dorn  Schlosse  für  oiae  Bewandtriiß  habe,  wolle  er  in  der  Cantzeley  auf- 
snchen  lassen,  indessen  möchten  sie  das  unterste  Thor  zuschließen".  Die 
Städte  bezogen  sich  dann  noch  auf  ihre  Privilegien,  aus  welchen  sie  be- 
weisen könnten,  dafi  die  ganse  Maner  bis  an  das  oberste  Thor  ihnen 
angehöre,  und  baten,  man  möchte  sie  dabei  schützen.  Act«  Boroae.  m, 
840-~41  und  493.  Die  in  diesen  Verhandiongen  erwähnten  beiden  Thore 
können  auf  dem  neuen  vom  Herzoge  Albrecht  ca.  1540  angelegten  Auf- 
gange ?5nni  Srhlosse  in  der  Verlängerung;  dor  Sohmiedcsrnißo  nicht  gosurht 
werden.  Hier  bestanden  damals  nur  die  beiden  oheien  Thore,  das  dritte 
unten  an  der  BergstraBo  wurde  erst  später  vom  Markgtaien  Georg  Frietiiich 
erbaut.  (Vergl.  unten  den  Abschnitt:  Erweiterung  des  Schlosses).  Die 
Uansr,  welche  sich  bis  an  das  oberate  Thor,  also  das  an  der  Schloftbrttcke 
stehende,  erstreckt  haben  soUte,  und  an  welcher  die  Städte  durcli  Documente 
Eigenthumsrechto  nachweisen  wollten,  müßte  filso  eine  der  die  lifMdon  Thnro 
verbindenden  Manrm,  zwischen  denen  der  Weg  zur  Alt.stadt  liinuntortuhrte, 
gewesen  sein.  Das  ist  aber  ganz  unmöglich,  weil  diese  Mauora  vom  Herzoge 
selbst  auf  unbestreitbarem  Schlofignmde  errichtet  worden  waren  und  von 
ennem  Eigenthum  der  Stftdte  hier  keine  Bede  sein  konnte.  Nimmt  man 
dagegen  auf  dem  Hauptaufgauge  zum  Scdilosse  über  den  Mühlenberg  das 
Mühlenthor  des  Loboiiicht,  wdches  auch  Schloßthor  genannt  wurde, 
als  das  „unterste^  der  beiden  Thore  an,  welche  der  Herzog  im  Sinne  hat, 
und  welches  zu  schließen  er  den  Städten  erlaubt,  so  würde  sich  diesem 

87* 

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420  Oeecbichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 

Der  Krieg  hatte  tmterdeflsen  fortgeclaaert  tmd  hielt  andi 

die  Besatzung  und  die  Bürgerschaft  Königsbergs  noch  immer 
auf  der  Hut  und  in  Tiiuiigkeit,  denn  beide  wurden  zur  Be- 
kämpfung der  Sudauer  und  bald  au«  Ii  der  Litauer  mitheran- 
gezogen. Die  ersteren  drangen  um  1260  bis  ins  Samland  vor, 
das  sie  zehn  Tage  lang  verheerten.  Ihnen  folgten  1283  die 
Litauer,  welche  über  die  karische  Nehrung  einbrachen.  Um 
JMgtaitm  dieses  filr  die  Zukunft  xa  verhindern,  wurde  sogleich  in  der 

heutigen  Gutes  Bledan  am  Eingange  zur  Nehrung  die 
Burg  Neuhaus  erbaut  und  einige  Jahre  darauf  auf  der  Nehrung 
selbst  Bossitten,  zugleich  als  Etappe  auf  der  Strafie  ssur  Hemel- 
bürg,  welche  letztere  die  Yerbindung  mit  livland  Termittelte. 
Im  Jahre  1295  wurde  Königsberg  sogar  ganz  aus  der  Nähe 
bedroht,  und  zwar  dnrrh  die  Natangor,  welche  sich  wiedenim 
empfirt.  und  uncli  fiuen  Tlieil  der  Snmlnnder  dazu  aufgereizt 
hatten.  Der  natangisclie  Hauptmann  Missiue  erschien  sogar  mit 
seiner  Schaar  vor  Königsberg  und  raubte  die  Pferde  des  Con- 
yents.  Der  sdileunigst  von  (nnem  Zuge  gegen  Masovien  zurück- 
gerufene Komtur  von  Königsberg  stellte  sehr  bald  die  Buhe 
wieder  her.  Im  Jahre  1284  begannen  die  häufigen  Ktiegszäge 
oder  „Beisen*'  des  Ordens  nach  Litauen,  welche  stets  durch 
Einfiüle  der  Litauer  in  Preu£en  erwidert  wurden.  Auch  Sam- 
land wurde  in  den  Jahien  1309  und  1311  von  solchen  wieder 

betroffen . 

»ij^hof.  Alle  diese  Kriegsunruhen  hinderteu  den  Orden  nicht,  die 
^b^«if£'  ^^i^'oi^^^t^ol^S       schon  besteheudon  Städte  zu  befördern 


Thore  liier  als  „oberstofs"  Tlior  das  vennuthlich  am  Hanse  Mflblenberg 
No.  12  liofitidliphe  äußere  Tlior  der  ehemaligen  Torburs:  p:ecrfiiübor- 
ßlellon.  bis  zu  wclrliftn  die  im  Jiil»re  1  04  von  den  Ahstädtcrn  erbaute  uud 
ihnen  zugthorige  Stützmauer  der  alten  Burgsich  erstreckte,  wie  solches 
in  der  Thal  nrknndlich  festgestellt  werden  konnte.  (Yergl.  Anmerk.  10.) 
Falier  a.  a.  O.  8.  d8  f^hrt  unter  den  Thoren  der  Burgfreiheit  ein  HQhlenthor 
aaf,  welches  1809  abgeltiorlien  worden  sein  soll  and  auf  dt>r  eben  be- 
sprochenen Stelle  gestanden  haben  müßfe.  Da  nun  Bering  hier  kein  Tb-  r 
gezeichnet  hat,  so  muß  bei  dem  Fition  oder  bei  dem  Anderen  ein  Venehen 
vorliegen,  welches  bei  Bering  nicht  das  einzige  wäre. 


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Von  0.  Beokhetm. 


und  «ich  mit  Her  Gründung  neuer  zu  beschäftigen.  Zn  einem 
soicheu  Unternehmen  schien  die  sü<llieh  von  der  Altstadt  Königs- 
berg durch  den  Pregel  gebildete  Insel,  der  Yogtswerder  genannt^ 
sehr  geeignet  su  sein.  Diese,  schon  früh  Ton  Fischern  bewohnt^ 
war  dem  Yogt  von  Samland  sur 'Benutenng  tibergeben  worden 
und  bald  durch  Zazng  neuer  Ansiedler  so  stark  bey(>lkert,  daß 
der  Hochmeister  Werner  von  Orseln  durch  t3rkunde  vom 
6.  April  1327  diese  neue  Ansiedelung  zur  Stadt  erheben  konnte. 
Diese  nahm  nur  die  westliche  Hallte  der  Insel  ein,  weil  die 
andere  seit  1322  schon  der  Bischof  besaß.  Sie  führte  anfangs 
im  Yolksmnnde  den  Namen  Knipabe,  erhielt  jedoch  1333  amüich 
den  Namen  Pregormunde  (Pregelmünde),*')  weldier  aber  bald 
wieder  dem  ursprünglichen  in  der  Form  Eneiphof  weichen  maßte, 
lieber  die  erste  Befestigung  dieser  Stadt  geben  die  vorliegenden 
Urkunden  nur  sehr  spärlichen  und  unsicheren  Aufsclihiss;  sie 
wird  jedenfalls  eine  sehwa«  lu'  ;xewosen  sein,  da  ja  die  Lage  der 
Stadt  eine  verhältnißmäßig  gesicherte  wai*. 

In  der  Kämmereireclmung  des  Kneiphofs  von  1377  wird 
ein  beim  alten  £öttelhofe  gelegenes  Bergfried  erwähnt.**')  Die 
Stelle  des  alten  Kottel-  oder  Schlachthofes  ist  nicht  mehr  be- 
kannt, aber  gewiß  ist  es,  daß  ein  solcher  zn  den  ersten  Bedüif-* 
niesen  einer  neugegründoten  Stadt  wie  z.  B.  auch  das  Kanfhans, 
die  Badcstul)«',  das  Brauluius  u.  s.  w.  <;''h()rto.  Die  Einrichtung 
eines  Kötteihofea  muß  daher  bald  nachdem  der  Kneiphof  das 
Stadtrecht  erhalten  hatte  (1327)  erfolgt  sein,  und  zwar  am  Ufer 
des  Pregela  auf  der  westlichen  Hälfte  der  Insel,  auf  welche  sich 
mit  Ausnahme  der  zwischen  dem  Haberberge,  dem  Pregel  nnd 
dem  östlichen  Theüe  des  Zuggrabens  gelegenen  Wiese,  wo  gegen« 

61)  E.  Reg.  No.  18  u.  25.  —  Die  HerleitODg  des  Nninens  Enipabe 
ist  noch  sehr  unsicher.  Bei  der  eine  Meile  betragenden  Entfernung  dieser 
Stadt  von  (1er  Mündung  dos  Pregels  ist  der  Name  Prpe;^»lniflnde  auffallend. 
Vielleicht  ist  er  dadurdi  zu  erkiärrti,  daß  der  Hauptaiin  dos  Flusses  (der 
südliche)  und  seine  Fortsetzung  unterhalb  der  Stadt  damals  noch  den  alten 
Namen  Lipza  führte,  während  nur  der  in  diesen  bei  der  Stadt  einmOndende 
Bdiwiehere  Arm  (der  nördliche)  Pregel  genannt  wurde. 

6^  Qoeilbtr.  8eite  184»  Änmerk.  1. 


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422 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


wftiiig  das  SalBmagaEm  stehi^  der  damalige  GrandbeflitB  der 
Stadt  beschränkte.^)    An  letzterem  so  entlegenem  Orte  wird 

man  schwerlich  den  Köttelhof  errichtet  haben.  Erst  1339  wnrdo 
den  KnoipLOi'ern  in  der  j<'<  ziehen  vorderen  Vorstadt  am  l^rcg.-I- 
ufer  ein  Raum  verliehen,"^)  wo  sie  neben  der  „neuen  Briicko" 
(Kr»tt.>ll)rürko)  ca.  1377  den  neuen  Köttelhof  bauton.  Der  alte 
Kötttiihoi  ist  daher  nur  in  der  Stadt  selbst  zu  suchen,  und  für 
das  dabei  gelegene  Bergfried,  worunter  wir  einen  hölzernen 
Thurm  zu  verstehen  haben,  ist  als  die  geeigneteste  Stelle  die 
südwestliche  Ecke  der  Insel  aiuBoseheni  welche  auch  bei  der 
späteren  Manerbefestigong  mit  einem  starken  steinernen  Thurm 
besetzt  wurde.  Von  dem  hier  stehenden  Bergfried  konnte  nicht 
nur  die  damals  schon  vorhandene  Grflne  Brflcke  wirksam  be- 
strichen, sondern  auch  einem  Angriffe  7a\  Schiffe,  welcher  auf 
dieser  Seite  am  ehesten  zu  befürchten  war,  mit  Erfolg  entgegen« 
getreten  \verJen. 

Die  Anzahl  und  die  Standorte  der  für  die  Umwehrung  »  r- 
fordorlichen  Thore  sind  durch  die  die  Stadt  durchschneidende 
alte  Etappenstraße  mit  ihren  Bmckon,  nämlich  die  Langgasse, 
bestimmt^  also  eins  am  südlichen  Ende  dieser  Straße,  das  nach- 
herige Grüne  Thor,  und  ein  sweites  am  nördlichen  Ende,  das 
spätere  £rftmerthor. 
Aitftadt.         Die  beiden  andern  Städte  waren  nnn  bereits  in  der  Lage, 
ImST  mit  der  Ersetzung  ihrer  slten^  nur  ungenügenden  Schuts  ge- 
währenden und  häufige  Reparaturen  erfordernden  "Wallbefestigung 
durch  Mauorn,  steinerne  Thore  und  Tluirme  vorgehen  zu  können. 
Die  Altstadt  begann   ilon  Bau  derselben   zwischen    1333  und 
1351"^)  und  vollendete  ihn  frühestens  in  der  Zeit,  während  wel- 
cher Hennig  Schindekopf  das  Marschallamt  bekleidete,  also 
zwischen  1369  und  ISTO.*'")    Bei  der  neuen  Befestigung  der 
Westseite,  welche  zuletzt  erfolgte,  wurde  die  Stadtmauer  über 

63)  K.  Ro'^.  No.  18. 

64)  Faber  a.  a.  O.  ö.  139. 
G5)  K.  Reg.  No.  25  u.  32. 
m)  QueUbtr.  No.  9. 


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Von  C.  Böckherni. 


m 


äetn.  alten  Wall  weiter  naoh  auBen  bin  Torgeeohoben,  so  daß  sie 
flieh  Vom  Pregel  ab  qner  dnrob  den  nntersten  Theü  der  jetzigen 

Koggongasse,  an  der  westlichen  Seite  der  Piüvergasse  und  der 
nördlichen  der  ehomaligon  Paiij^erliausfrasse  ontlanp  5;og*^  und 
öich  bei  dem  Danzker  des  Ordeu^liauses  au  de.s.seu  AuJieuwerke 
anschloß.  Der  Thurm  des  Danzkers  wurde  dabei  nach  Zu- 
schüttnng  des  südlichen  Theilee  des  dortigen  SohloBgrabens  mit 
in  die  Stadtmauer  aufgenommen  und  diente  nun  als  Mauer- 
tbnnn.^)  Zur  weiteren  Beschreibung  der  Manerbefestignng 
niöht  nur  der  Altstadt  sondern  auch  der  beiden  andern  Stftdte 
kann  bei  den  spftrlichen  Andeutungen  der  Alteren  Quellen  haupt- 
sftchlioh  nur  der  1618  erschienene  Plan  Ton  Königsberg  yon 
Joachim  Bering  herangezogen  werden.**)  Bas  kann  auch  unbe- 
denklich geschehen,  weil  große  oder  sonst  wichtige  Verände- 
rungen, von  denen  wir  nicht  auf  anderem  Wege  Kenntniß  er- 
halten, schwerlich  anzunehmen  sind.  Yon  den  Thürmon  und 
Thoren  erscheinen  die  meisten  bei  Bering  zwar  nicht  mehr  ganz 
in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt,  besonders  hinsichtlich  der  Be- 
daohungen,  Qiebel  und  Scharten,  das  ist  hier  jedoch  nur  von 
untergeordneter  Bedeutung.  Mit  Ausnahme  des  oben  erwAhnten 
Theiles  auf  der  Westseite  stand  die  Mauer  der  Altstadt  sonst 
flberall  auf  der  Stelle  des  ehemaligen  Walles.  Sie  war  unten 
10  Fuß  hoch  Yon  Feldsteinen  aufgefidhrt,  darüber  von  Ziegehi 
und  war  5  Fuß  dick  und  23  Fuß  hoch.  Auf  ihrer  Krone  trag 
sie  einen  zwischen  zwei  schwilcherou  Mauern  hinlaufenden  mit 
Wehrluken  yersehenen  und  mit  einem  deutschen  Dache  gedeckten 


67)  Diese,  rlcron  kloinerer  wfptlicher  Tljeü  noch  li86tehl|  sog  sich  der 
südlichen  Seite  des  jetzigen  Gesecusplatzes  enilan«:^. 

68)  Vergl.  Beckherrn,  über  die  Danzker  a.  a.  O.  S.  266  fL 

69)  Eigentiiolier  Ahria  ondt  Contmfiketur  der  waltbemluiilen  CSmr- 
flfarstliolieii  Sehotadi  Königsberg  in  PreoSenf  wm  dieselbe  Anno  1618  mit 
•Uen  Vorstedten  erbawet  gewaien.  Joch>  Bering  inven.  et  ex.  —  Dartitera 
Prospect  bei  Braun  i.st  .sehr  klr-in  nnd  stellt  auch  die  Thoro,  Thürme  n.  S.  w. 
nicht  immer  in  ihrer  riclitigL-n  Fdrm  dar.  Die  beiden  im  Rathause  be- 
findlichen in  Oel  gemalten  Ansichten  von  Königsberg  sind  für  Forschusgs» 
zwecke  in  dieser  Bichtiing  werthloa. 


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424 


GeschichiQ  der  Befestigungen  Königsberga. 


Wehrgang. Nimmt  man  als  HdHe  des  Wehrganges  6--7  F116 
an,  so  hat  die  Höhe  der  Mauer  im  Ganssen  ohne  Dach  etwa 

30  i'uß  lietriigcn.  Die  Breit-e  des  Wehrganges  würde  auf  höch- 
stens H  Fuß  zu  vransoh lagen  sein,  wenn  in;in  sich  seine  ln'iden 
Mauern  massiv  aufgfi'uhrt  tlii<  ]ito,  er  fiol  aber  wolil  breiter  aus, 
weil  die  innere  der  Mauern  in  Fachwerk  errichlet  gewesen  zu 
sein  scheint,  worauf  die  Bestimmung  über  Freilassung  der  Mauer 
von  Gebäuden  der  Feuersgefahr  halber  in  einer  Urkunde  von 
1375  bindeutet.^^)  Der  ZngaDg  zu  dem  Webrgange  befand  sich 
in  den  Manertliüimen,  die  za  diesem  Zwecke  in  der  entspre- 
chenden Höhe  mit  kleinen  Pforten  versehen  waren.  Die  Be- 
deckung des  Wehrganges  durch  ein  Dach,  welche  bei  den  alten 
StadtbefestiL;iiugea  h&nfig  vorkommt,  sollte  weniger  die  darin 
stehende  Mannschaft  als  die  Mauer  selbst  gegen  die  nachthei- 
ligen Witterungseinflüsse  schützen  und  war  der  Vertheidigimg 
nicht  rrünstig  Denn  war  es  dem  Angroiti  i-  gt*hiMgeii,  die  Mauer 
zu  ersteigen  und  den  Wehrgang  zu  betreten,  so  stand  er  iiier 
gedeckt  und  konnte  an  der  Krbrechung  der  Pf-  rten  der  Thürme, 
um  auch  in  diese  einzudringen,  nicht  gehindert  werden.  Bei 
offenem,  nur  mit  Zinnen  versehenem  Wehrgange  wurde  dag^en 
der  denselben  betretende  Angreifer  von  der  Besatsung  der 
Thürme,  welche  durch  die  dahin  zurflckgedrftngte  des  Wehr- 
ganges noch  verstärkt  war,  mit  Pfeilen  und  Wurfgeschossen 
überschüttet,  so  dafi  ihm  das  weitere  Yordringeu  sehr  erschwert 
wurde. 

Beginnen  wir  mit  der  Aufzählung  dieser  Mauerthürme  im 
Nordwesten,  so  finden  wir  hit-r  zunäclist  dem  Ordensliause  an 
der  ehemaligen  Pauperhausgasse  den  JDanzkerthurm,  welcher 

70)  Hensclje,  der  alte  Thurm  an  der  Steindammer  Brücke  etc.  Aitpr. 
Monatsschr.  IX,  253—256.  Die  iu  «.lea  liier  angeführten  beiden  Berichten 
angegebenen  Ma0e  sbd  nicht  überall  saverUbmg^  weil  sie  von  einander  ab- 
weichen. Die  ICefle  dnd  daher  nach  der  geoanen  Zekslurang  LadeekeV  la 

dem  AafKatze:  üeber  die  Gründung  und  alte  Befestigong  des  SdbloaSBB  und 

der  Altstadt  Königsberg  (ebenda  VlU,  GOn^  thril weise  corrigirt, 

71  Qurll!  tr.  No.  9.  —  Die  Auwendung  von  Fachwerk  und  Breiter- 
WiUKlen  war  uiclits  Uuguwuhuliches. 


Ton  G.  Beoklkfirm. 


425 


lum  in  die  Stadtmauer  liineingesogen  war  und  nicht  mehr  als 
Latrine  diente.  In  geringem  Ahetande  von  diesem  nach  Westen 
hin  stand  ein  viereckiger  Thurm  yon  vier  Geschossen,  wovon 

die  beiden  untersten  gewölbt  waren  ;'^)  das  oberste,  walirschoin- 
iicL  aus  Fachwerk  bestebeud,  trat  iiber  die  unteren  Geschosse 
vor  und  wurde  durch  schräge  hril/  rne  Streben  gestützt.  Diese 
Jiauart  läßt  das  Vorhandensein  vun  CTießüflnungen  in  dem 
vortretenden  Theile  seines  Bodens  vorauaseizeu,  durch  welche 
der  an  den  Fuß  dos  Thurmes  vorgedrungene  Angreifer  von  ohen 
her  wirksam  mit  Wurfgeschossen,  Steinen  und  siedendem  Wasser 
flberschüttet  werden  konnte.^)  Diesem  Thurm  folgte  ebenfalls 
in  geringer  Entfernung  —  64  Fuß  —  der  noch  erhaltene  soge- 
nannte Oelbe  Thurm.  Er  ist  unten  von  quadratischem  Orand- 
rü3,  geht  aber  mit  dem  vierten  Geschosse  durch  Auskragung 
vom  und  auf  beiden  Seiten  in  die  Halbkreiaform  über.  Das 
oberste,  sechste  Geschoss  tritt  wieder  über  dio  duniiitor  befind- 
lichen etwas  vor,  indom  seine  ^fauer  sich  auf  oineu  Kranz 
kleiner  auskragender  Kundbogen  stützt,  lieber  diesem  Geschosse 
trat  ursprünglich  40  Fuß  über  dem  Erdboden  mittels  eines  Ge- 
simses eine  mit  Zinnen  besetzte  Brnst Wehrmauer  abermals  vor, 
awischen  welcher  und  dem  kegelförmigen  Dache  ein  Wehlgang 
ringshemmlief.  In  das  allein  gewölbte  Erdgeschoß  führte  auf 
jeder  der  beiden  Seiten  neben  der  Stadtmauer  eine  enge  Pforte 
und  swei  eben  solche  aus  dem  vierten  Geschosse  auf  den  Wehr- 
gang der  Mauer.  Die  oberen  Geschosse  waren  nur  mittels 
hölzerner,  enger  und  steiler  Treppen  erreichbar,  so  daß  das 
HinaufschafFen  von  Kriegsmaschinen,  Geschützen  und  sonstigem 

72)  Hensche  a.  a.  0.  S.  253. 

73)  Diess  Einrichtang,  bald  von  Ifanerwerk,  bald  von  Hols  hArgestellt, 
fitnd  unter  dem  Kamen  üoehiconlie  in  der  mittelalterliehen  Portificati<m 
häafige  Anwendung,  sowolil  an  <leii  iiußoren  Urawehrangen  der  Städte  and 

Burgen  als  auch  an  den  inneren  Gilniiuleu  der  letzteren.  Man  nannte  sie 
auch  Hürden,  wenn  sie  sich  iiLs  zvmanumenhiin^enfle  (rnllcrio  liings  der 
Mattem  weit  hinzog,  während  die  kleinen  balkon-  oder  erkerartigen  Vor- 
banten,  welche  meistens  über  Thoren  und  Pforten  angebracht  waren,  mit 
dem  AnadrodEe  Peefanaae  beeeicbnei  worden. 


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^6  Geadiidite  der  BelbttigoagMi  Königabetgs. 

Material  sehr  beschwerlich  oder  gar  tmmögUcb  gewesen  wii«| 
wenn  nicht  jedes  der  vier  mittleren  Geebhosee  in  der  Mauer  der 
Bttckseite  eine  8  Fnfi  breite  und  vom  Fußboden  bis  ftai  mr 
Decke  reichende  Oeffnung  gehabt  hfttte^  durch  welche  die  ge- 
nannten Vertheidigungsmittel  hinanfgozogen  werden  konnten. 
Im  viert«Mi  Goschoss  befand  sich  in  der  Mitta  der  Vorderseire 
eine  in  der  Hitlie  des  FuÜbodens  sich  ÖÖnende  3  Fuß  breite 
und  5  Fuß  hohe  Scharte,  welche  wahrscheinlich  zur  Aufstellung 
einer  Standarmbrust  (Bttstung,  Balliste)  oder  eines  GeschütiM 
bestimmt  wer.  Das  darüber  gelegene  GeschoB  enthielt  in  der 
Front  in  Brusthohe  zwei  8  Fufi  breite  und  eben  so  hohe  Scharten 
für  Handarmbrüste  oder  Handfeuerwaffen  und  auf  jeder  Seite 
eine  übor  dem  Fußboden  sich  •»ffnende  fiir  Sttmdarmbrüste  zur 
Fiankiriing  der  Stadtmauer.  Das  secliste  Geschoss  war  nur  mit 
zwei  Scharten  für  Handfeuerwaffen  verseilen,  deren  eine  nach 
der  Front,  die  andere  nach  dw  rechten  Flanke  gerichtet  war.'*) 
Die  dichte  Besetzung  der  Stadtmauer  mit  Thürmen  war  durch 
das  hier  yor  derselben  stark  ansteigende  und  den  Angriff  be- 
günstigende Gelftnde  bedingt,  und  es  muB  auffallen,  daß  nicht 
auch  die  nordwestliche  Ecke,  welche  am  moisten  durch  den  hier 
sehr  nahe  herantretenden  liolien  oberen  Kollberi^  gefährdet  wurde, 
durch  einen  Thurm  verstärkt  war,  zumal  das  dort  beündiiche 
Thor  nacli  Be  ring  nur  aus  einem  nicht  hohen  Thorhause  bestand. 
Auf  der  Westfront  befindet  sich  auf  dem  Prospect  bei  Btsim 
zwischen  dem  Nicolai-  und  dem  Bothenthore  am  Gemeingarten 
ein  runder  Mauerthurm,  den  Bering  nicht  gezeichnet  hat.  Die 
dargestellte  Form  ist  vielleicht  nicht  die  richtige,  aber  an  der 
ehemaligen  Existenz  dieses  Thurmes  überhaupt  wird  nicht  zn 
zweifeln  sein,  denn  Liedort  (das  jubilirende  Königsberg  S.  47i 
erwähnt  einen  am  Gemeingarten  stehenden  Thurm,  welcher 
1752  abgebrochen  worden,  und  bei  Bering  muB  also  hier  ein 
Versehen  vorliegen.   Ein  fünfter  Thurm  stand  vor  der  sttdwest- 

74)  Die  genauere  Besrlireibuug  dieses  Tlinrmes  nebst  Zoiclnuniir' n 
beiludet  sich  in  den  angi  liUirten  Aufsätzen  von  Lüdecke  vmd  Hensche, 
Bd.  Vm  u.  IX  der  Aitpr.  Mouatsschr. 


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Von  0.  BeoUiemi. 


427 


liehen  Ecke  der  Stadtmauer  auf  dem  Grandstfloke  PnWeiigaflse 
No.  7  im  dort  vorhandenen  Stadtparcbam.  Er  war  viereckig, 
von  betrftcHtUclier  Höhe  und  trug  ein  hohes,  spitzes  Dach, 
welches  durch  Brechung  und  Abflachung  der  Kanten  ins  Acht- 
eck tiberging.  Seiu  erst  kürzlicli  abgebrochener  Ueberresfc  war 
unter  dem  Namen  ,,der  neue  Thurm"  bekannt;  dieser  Name 
deutet  vielleicht  an,  daß  er  erst  später  entstaiulen  als  die  übrigen.^'') 
Die  Süd-  und  Ostseito  der  Stadt  hatten  keine  Mauerthürme, 
weil  sie  weniger  dem  Angriffe  ausgesetst  waren.  An  der  Süd* 
ostecke  der  Stadtmauer  wurde  der  Thurm  einigermaßen  ersetzt 
durch  das  feste,  in  den  Mauern  4  FuB  starke  Gebftude  der 
Kirche  des  Hospitals  zum  heiligen  Geist,  welches  hier  schon  vor 
1851  stand.^ 

Die  Anzahl  der  Stadtthore  hatte  sich  gegen  früher  ver- 
größert. Im  Nordwesten  stand  in  der  Koggongasse  etwas  vor- 
wärts des  Elreuzuiigspunklcs  mit  der  Pulvur-  und  Pauperhaus- 
gasse  das  St.  Nicolai thnr,  später  Steindamraer  Thor  genannt,") 
ein  Thorhaus  mit  der  Straße  zugewendeten  Stufengiebeln.  Der 
Beringsche  Plan  zeigt  nur  dieses  noch  allein,  das  Yorthor  jen- 
seits der  Brücke  ist  schon  beseitigt  und  die  Seitenmauem  der 
Steinemen  Brücke  sind  mit  Buden  besetzt.  Aus  dem  vorhin 
hei  Au&ählung  der  Mauerthürme  angef%lhrten  Grunde  liegt  die 
Yermuthung  nahe,  daß  dieses  Thorhaus  ursprüglich  ein  hoher 
Thorthurm  gewesen  sei.  Vielleicht  auch  ist  ein  von  Bering  am 
Ende  der  westlichen  Brüokenmauer  gezeichnetes  thurmartiges 
Haus  der  Ueberrest  oinos  Tlninnes  des  Vorthores.  Auf  der 
Westseite  am  Ausgange  der  Lauggasse  finden  wir  das  bei  der 
Erweiterung  der  Stadtenceinte  weiter  vorgerückte  Steinthor,  nun- 


75)  In  betrftehtUcher  Entfeniung  von  der  Stadtenoaintei  da  wo  die 
jetzige  Yogelgasse  sich  mit  der  Strafte  am  neoen  Graben  kraust,  findet  sich 
auf  Bei-ing's  Plan  ein  kleiner  Thurm  gezeichnet,  welcher  nicht  zur  Stadt- 
befestigung  gehört  haben  kann;  vielleieht  ein  in  ^terer  Zeit  entstandenes 

Pulvermagazin. 

76>  K.  Heg.  No.  m. 
77)  Qaellbtr.  No.  19. 

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428 


GeMliidite  der  Beftstigiiiigen  EAnigrimgB. 


mehr  Bothenthor,  dann  Sohwanenthor  und  endlich  Laakenkhor 
genannt.  Es  stellt  sich  ebenfalls  als  Thorhans  mit  vendertom 
der  StraBe  zngekehrtem  Giebel  dar;  die  vorliegende  Brftcke  iak 
yon  Holz  und  das  Yorthor  ein  einfecher  Maaerbogen.   Es  folgt 

iiu  Siidon  am  Ausgange  der  Koggengiisse  das  La.stndiHiulior, 
welfdies  allein  uiitor  all<Mi  anderen,  vielleicht  mit  Ausnahme  des 
Nicolaithores,  in  seiner  Anlage  und  Bauart  den  au  solche  Werke 
des  Mittelalters  in  fortificatorischer  Beziehung  zn  machenden 
Anforderungen  ganz  genügte.  Es  bestand  ans  einem  hohen 
yiereokigen  Thorthnrm  mit  ins  Achteck  übergehender  Spitae» 
Davor  befand  sich  anstatt  einer  Brücke  ein  Damm,  welcher  den 
Stadtgraben  von  dem  Pregel  schied.  Beide  Seiten  des  DaratneB 
warun  von  vom  Thnniie  ausgeh(^nd»>n  Mauern  eingefaßt,  an  \v»  lrhe 
auf  dem  außeron  Grabonraude  «ich  ein  Vortlior  anschloß.  Ihest  S 
bestand  aus  einer  Mauer  mit  Thorbogen,  worüber  ein  Wehrgang 
angebracht  war,  und  hatte  auf  beiden  Seiten  je  einen  den  Thor- 
weg flankirenden  Thurm.  Der  eine,  klein  und  rund  mit  kegel- 
förmiger Spitze,  stand  unmittelbar  an  der  westlichen  Seite  des 

,  Thorweges,  der  andere  von  ähnlicher  Form,  aber  bedeatend 
stärker,  war  ^\■eitor  ^'()r<;es^lloben  und  durch  Verlängenmg  der 
ustlii'heu  Seilenmauer  des  l)ammes  mit  dem  Vorthore  verbuiuleu. 
Diese  vorgeschobene  Stellung  hatte  eine  bessere  Bestreichung 

*  des  Eunftchstgelegenen  Theiles  der  südlichen  Stadtmauer,  der 
Krftmerbrüoke  und  des  Pregels  sum  Zweck.  Derartige  Thcr- 
werke,  wie  das  hier  beschriebene,  dienten  zuweilen  als  Falle  iflr 
den  zu  dreist  vorgehenden  Angreifer.  Denn  war  dieser  bis  an 
das  innere  Thor  vorgedrungen,  nm  deroen  Thorflügol  aufim- 
brechen,  so  wurde  in  seinein  Kücken  das  im  Vortliore  l)etindliche 
Fallgatter  niedergölassen  und  der  dann  vollständig  eingeschlossene 
Angreifer  entweder  gefangen  genommen  oder  durch  die  Geschosse 
der  Vertheidiger  vernichtet,  welche  aus  den  Wehrluken  beider 
Thors  und  oft  auch  noch  aus  denen  der  Seitenmauem  auf  ihn 
herabregneten.  Solche  Thorwerke  finden  wir  daher  unter  dem 
Namen  Homeide  oder  Barbacan  bei  mittelalterlichen  Stftdten  tmd 
Burgen  sein  häufig.    Bei  ersteren,  welchen  oft  der  Parcham 


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Von  0.  Beckherrn. 


fehlte,  erstreckten  sie  sich  meistens  bis  über  den  Graben  Linaus 
und  schlössen  die  Brücke  in  sicli  ein,  bei  letzteren,  namentlich 
bei  den  preußischen  Ordensburgen,  gingen  sie  selten  über  den 
Parcham  hinaus  und  ließen  die  Brück©  vor  sich  liegen.  Das 
Vorthor  bestand  entweder  aus  einem  den  Thorweg  enthaltenden 
Thurm  oder  aus  einer  mit  einem  Wehrgange  gekrönten,  vom 
Thorwege  dnrehbroohenen  Mauer  oder  auch  ans  swei  durch  eine 
Maaer  Terbandenen  Thünneiii  welche  den  in  der  Haner  befind- 
lichen Thorweg  flankirten.  Zuweilen  mußte  diesem  Zweck  auch 
ein  Thurm  genügen.  Die  alten  Städte  waren  oft  7on  swei 
Gräben  umschlossen  und  in  diesem  Falle  war  dem  Yorthore  am 
Ausgange  der  äuijeren  Brücke  noch  ein  zweites  vorgelegt.''*) 
Das  nächstfolgende  Thor  am  Ausgange  der  ehemaligon  Sehuh- 
gasse  Ijetzt  Kantstraße),  wo  sich  schon  im  alten  Walle  ein  solches 
befand,  wurde  das  St.  Georgsthor  genannt, ^^)  weil  man  daraus 
m  dem  vor  der  heutigen  vorderen  Vorstadt  gelegenen  St.  Georgs- 


78)  Eine  anschauliche  Schildening  eines  Kampfes  am  ein  solche*  Thor 

liefert  die  Geschichte  der  Stadt  D  orsten  in  Westfalen.  Gegen  diese  führte 
im  Jahre  1588  der  Graf  von  Oberstein,  ein  phc^mnliger  Landsknerhtoboret 
d»jä  Erzbischofs  Gebhard  II.  von  Köln,  einen  ITainlstreiVh  ans.  In  dunkler 
Nacht  griff  er  die  Stadt  am  Essener  Thore  übuiruäcLeud  au  und  drang 
durch  das  erst«  und  sweite  Vorlhor  bis  zum  Hauptthore  vor.  WAbiend 
dis  Landsknechte  eich  abmAheten,  mittels  Petarde  (tormento  bellico)  tind 
saderer  Werkieuge  die  Thorflügel  desselben  zu  sprengen,  liefi  die  Be» 
Satzung  des  zweiten  Vortlioifs  du«;  Fallijcaf tcr  nir>flf*r.  Auf  die  cinf^e- 
schlossenen  Angreifer  regnete  nun  von  alleii  Seiton  ein  Hagel  von  Steinen 
und  Woi fgeschossen  aller  Art  hernieder,  m  o/u  ^iich  noch  Ströme  heißen 
Wassers  geseUten,  welches  die  Weiber  der  Bürger  ans  dem  Brattbause  iMma 
trogen  und  dnreb  die  Webrluken  in  den  Vorhof  binabschfltteten.  Der  ttbel 
nigerichtete  Angreilbr  lieft  sofort  von  seinen  Bemühungen,  das  Hauptfhor 
zn  crLrorlien.  ab  nnd  •u'ondfte  alle  Kraft  dazu  an,  die  Stäljc  des  Fall^^att^rs 
zu  durchhauen,  was  auch  gelang.  Die  mm  unter  Zunicklassung  von  T>)dfen 
und  Verwundeten  beginnende  Fluctit  wurde  noch  dadurch  erjichwert,  daß 
ee  der  Beeatzong  dee  ersten  Vorthores  unterdessen  gelungen  war,  einen  in 
der  Nftbe  stehenden  Diingerwagen  vor  dieses  Thor  zu  schieben.  Osoni 
Lnsitani  concionum  epitome.  Pars  hiemalis.  Opera  ac  studio  Jac.  Theod. 
Sartorii,  pastoris  Durstensis.  Colon.  1602.  Angeführt  in:  Evolt,  Gesch.  d. 
Stadt  Dorsten.  Zeitachr.  f.  Oesch.  n.  Alterthonuk.  WestlAlens  8.  F.  VI,  76  ff. 

79)  K.  Beg.  No.  2a 


430 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


hospiial  gelangte;  später  (am  1400)  liieS  ee  Eoggentlior.*^  Es 
bestand  nur  aus  einem  Thorhause  mit  gothischeii,  der  Straße 
zugewendeten  Giebeln;  die  davorgelegene  Brücke  über  den  Pregel. 
Koggenbrücke,  später  Krämerbrücke  genannt,  war  von  Holz 
erbaut.  Weiter  aufwärts  am  Pregel  am  Ausgange  der  Bader- 
gasse stand  das  beute  zum  Tbeil  noch  erhaltene,  bald  nach  IdSB 
erbaute  Dombrflokenthor,  ein  mit  spitzboglgen  Blendniscben  Ter- 
vierter  viereckiger  Thurm  mit  spitzem,  ins  Achteck  fibergehendea 
Dache.  Vor  demselben  erbaute  gleichsseitig  der  Bischof  eine 
hölzerne  Brücke,  die  Dombrücke  geniinnt,  welche  eine  bequemere 
Verbindung  des  im  Bau  begriffenen  neuen  Domes  aut  dem  Yogts- 
werder  mit  dem  alten  Dome  in  der  Altstadt  und  den  bei  diesem 
hinter  der  östlichen  Häuserreihe  der  Badergasse  gelegenen  Curien 
der  Domherren  herstellen  sollte.^^)  Für  den  Wagenverkehr 
scheint  diese  Brücke  nicht  bestimmt  gewesen  zu  sein,  weil  der 
Thorweg  des  Thorthurmes  enge  und  sehr  nißdrig  ist.  Zu  diesen 
ältesten  Thoren  der  Mauerbefestigung  gehörte  noch  das  Löbe- 
nichtdche  Thor  in  der  Ostlichen  Stadtmauer  am  Ausgange  der 


80)  QneUbetr.  Ko.  19. 

81)  K.  Beg.  No.  17,  26  u.  28.   Die  ante  dieeer  ürkonden  btttgt, 
daß  dem  Bischof  erlanU  werde,  vom  Ende  der  Häaserreihe  (oder 

Gasse),  welche  an  den  Wohnungen  der  Domherren  liegt  (a  fina 
vici  ipsorum  habitacioni  contigui).  eine  Brücke  nacli  der  Mitt«  des  Vogts- 
werders zu  sclilngen.  In  dem  lirlion  Theüe  der  Sudt.  zwischen  lang- 
gasse  und  Pregoi,  befanden  sich  aalier  dem  alten  Dom  mit  seiju  in  Ivirchhofe 
und  den  Corien  der  Domhenrem  auch  noch  die  Glöckuerwohnoug,  die  Donh 
achtüe,  das  Hospital  sam  heUigea  Geist  mit  seiDer  Kirehe  imd  viele  notli- 
wendige  Wirtheehaftegebaiide.  Wenn  man  erwttgt,  wdch*  einen  groSen 
Baum  alle  diese  Gebäude  mit  ihren  Höfen  eingenommen  haben  mfilMB, 
darf  man  ohne  Bedenken  dem  ganzen  Complex  die  östliche  Häuserreibe 
der  Badergassc  als  w^^tlifhe  Grenze  geben.  Der  bezeichnete  Raum  ist  nnr 
etwa  halb  so  groL^  nls  derjenige,  welchen  der  neue  Dom  mit  seinem  Zubeliur 
nachher  auf  dem  Vogtswerder  einnahm.  Die  Badt^rgaase  mu£  ako  dia 
Gasse  seb,  welche  an  den  Conen  der  Domherren  lag  und  in  deren  Ver> 
Itogcrung  die  Dombrücke  geschlagen  und  sa  deren  AbschlnB  des  Dom- 
brttckenthor  erbaut  wnrdO}  dessen  nnterer  Theol  dort  gegenwirtig  noch  stdit 
Perlbach  hat  in  dem  citirtea  Regest  No.  17  das  Wort  vicna  mit  «Dorf* 
ttbersetst,  wodnroh  es  gans  unTeistftndUch  wird. 


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Von  C.  Beckherm. 


431 


Lauggasse,  auf  dessen  Stelle  schon  im  Walle  ein  solches  ge- 
stand*^n  liatte.  Es  war  ein  einfaches,  niedriges,  mit  einigen 
Blendnischen  verziertes  und  mit  einem  Walmdache  gedocktes 
Thorhaus,  welches  der  Straße  seine  breite  Seite  zukehrte.  Wie 
die  £rttoke  davor  bescha£ß«a  gevesen,  kann  nicht  mehr  fest- 
gestellt werden.  Bei  Benng  hat  keins  der  cnleiat  genannten 
Thove  ein  Yorthor;  ob  das  frtther  anoh  so  gewesen,  bleibt  dahin- 
gestellt. Auf  der  Pregelseite  sind  noch  einige  Pforten  sm  er- 
wähnen; sie  standen  in  der  Wasser-  und  Ilökerprasse,  gegen- 
über der  Hofgüsse,  dem  Markte,  der  polnisolieu  und  der  Holz- 
gasse  und  waren  sämmtlich  nur  einfache  Mauerpforten.  Den 
kleinen  Verkehr  des  Ordenshanses  mit  der  Stadt  vermittelte 
schon  von  je  her  die  bereits  erwähnte  Pforte  an  der  Sfldwest- 
eeke  der  finfieren  Parehammaner  des  Ordenshansea.  Die  in  der 
sftdlichen  Hofmaner  desselben  befindliche  Pforte  mit  der  Peoh- 
nase  hatte  m^sprünglich  wohl  nur  die  Bestimmung  gehabt,  das 
Betreten  des  Parchams  zu  erleichtern,  später  hat  man  durch  sie 
eine  Verbindung  mit  der  Stadt  hergestellt,  indem  man  hier  die 
Parchammanem  ebenfalls  mit  Pforten  versah,  deren  untere  sich 
neben  dem  späteren  Pack-  oderPosthaose  (jetzt  Conditorei)  oben 
m  altstädtisohen  Harkte  befand,  nnd  awar  auf  der  westlichen 
Treppe,  welche  schon  vor  1623  ezistirte.*') 

Der  Stadtgraben  auf  der  Osteeite  war  noch  der  der  fraheren 
"Wallbefestigung,  hatte  jetzt  aber  im  ol>eren  Theile,  wo  er  trocken 
war,  auf  beiden  Seiten  Bekleidungsmauern  erhalten;  wahrscheiu- 
hch  war  dies  auch  im  unteren,  vom  Mühlenfließe  durchströmten 
Theile  der  Fall.  Der  alte  Wallgraben  an  der  Westseite  war  zu* 
geachfittet.  Der  neue  Graben  Yor  der  Stadtmauer  war  im  Norden 
von  dem  Graben  der  Westfront  des  Ordenshansee  abgeeweigt, 
dnrdh  den  er  sein  Wasser  ans  dem  westlichen  Arme  des  ans 
<iem  Fischteiche  abgeleiteten  Fließes  erhielt.  Dieser  Graben 
endete  im  Südwesten  vor  dem  Lastadienthoro,  seine  Escarpen 
waren  mit  Mauern  bekleidet,  deren  innere  zugleich  die  Mauer 


83)  Faber  a.  b.  0.  S.  901. 


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432 


Geschichte  der  Befestagungen  Königsbergs. 


des  ParcliaxDB  trug,  welcher  sich  yom  Kioolai-  bis  mm  Lssiadi«!!- 

thore  vor  der  Stadtmauer  hinzog,  deren  ftnßere  aber  merkwürdiger- 
weise ebenfalls  nicht  Tinhetrachtlieh  über  don  Grabenrand  empor- 
ragte und  80  einem  bis  hierher  vorgedrungenen  Angreifer  will* 
kommene  Deckung  gewährte.  Dieser  emporragende  Theil  der 
Mauer  ist  daher  wohl  einer  spftteren  Zeit  zosnachreibeik  An 
der  Brticke  des  Nicolaiiliores  muB  wegen  des  bedeutenden  Falks 
der  Sohle  ein  Stanwehr  vorhanden  gewesen  sein.  Aach  sdieink 
der  Theil  des  Grabens  zwischen  diesem  Thor  nnd  dem  Ordens- 
hause  durch  eiueii  Parcham.  von  der  Stadtmauer  geschiedeu  ge- 
wesen zu  sein. 

Dieser  Beschreibung  des  ursprünglichen  Zustandes  der 
Mauerbefestigung  sind  noch  einige  in  spfttererZeit  erfolgte  ¥6^ 
ftnderongen  binauzufBigen.  Im  Jahre  1379  wurde  von  der  Alt- 
stadt und  dem  Ejieiphof  die  Schmiedebrü«^,  zuerst  die  neos 
Brflcke  genannt,  erbaut.^  Diese  neue  Anlage  machte  auch  ein 
neues  Thor  erforderlich,  nämlich  das  Schiniedethor,  ein  eiufaclies 
Thorliaus  mit  der  Straße  zugewendeten  Giebeln.  ZwiscLcu  1379 
und  1400  wurde  die  Dombrücke  abgebrochen  und  datür  von  dem 
Ausgange  der  Holzgasse  eine  neue  nach  dem  gro^n  Werder 
hinüber  geschlagen,*^^)  welche  man  die  Holzbrücke  nannte,  weil 
sie  zu  den  Holzplätzen  der  Stadt  führte.  Anstatt  der  voihsr 
hier  befindlichen  Pforte  wurde  zugleich  das  Holzthor  neu  er> 
baut.*^'')  Eine  besondere  Wichtigkeit  erlangte  diese  Communi- 
cation  für  die  Altstadt  nachdem  im  Jahre  1508  die  Hohe  Brücke 
über  den  südlichen  Arm  des  Pregels  am  östlichen  Ende  des 
Haberberges  geschlagen  worden  war.  Den  zu  ihr  führenden 
Damm  über  den  sumpfigen  Theil  des  großen  Werders  hatte  man 
schon  während  des  Bundeskrieges  geschüttet.  Im  Jahre  1618 
beschwerten  sich  die  Bürger  des  Kneiphofes  darüber,  daß  die 
Altstädter  vor  zwei  Jahren  am  Lastadienthore  einen  Thurm  er- 
baut hätteUj  Juh.  i  iciberg  berichtet  dagegen,  daii  dui  L  mii  Taurm 

85)  Qaellbtr.  No.  la 

84)  Lucas  David  enviilmt  ihrfr  zum  Jahre  140i. 

86)  Qnellbtr.  No.  19  und  K.  Beg.  Mo,  51. 


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Von  C.  B«okherrn. 


433 


nur  höher  aufgeführt  worden  sei,  was  wohl  das  E-ichtigere  ist. 
Es  ist  die.sos  d*-i  vorgeschobene  Thurm  vor  dem  genanTiten  Thore, 
der  Pfeifenthurm,  welchen  Bering  in  seiner  neuen  Gestalt  als 
ein  nuidea^  starkes  und  hohes  Bauwerk  darstellt^  dessen  Mauer 
oben  mit  einem  Hundbogengesimse  abschliefit,  worüber  sich  das 
kegelibrmige  Dach  erhebt.^*) 

Wohl  gleichseitig  mit  der  Altstadt  ist  auch  der  Löbeniobt 
mit  dem  Bau  der  Stadtmauer  vorgegangen,  welche  in  ihrem 
Zage  ttberall  dem  alten  Walle  folgte,  also  janeh  wie  dieser  die 
an  die  Altstadt  grensende  Seite  offen  lieB.  Sie  wird  ebenso  be- 
schaffen gewesen  sein  wie  die  altstädtische  und  auch  einen 
Wehrgaug  getragen  haben, 

Tliürinü  bcheineu  gar  keine  in  der  Mauer  eiTichtet  worden 
an  sein,  (ienn  weder  Braun  noch  Bering  kennen  solche. 

Von  den  vorhandenen  Thoren  kennen  wir  dem  Namen  nach 
bereits  das  in  der  Ostseite  gelegene  Eohlthor,  sp&ter  Sackheimer 
Thor  genannt.  £s  war  ein  mit  Blendnischen  versiertes  Thor- 
hans  imd  hatte  der  Bichtang  der  StraBe  angewendete  Stnfen- 
giebel ;  die  Brücke  war  gemauert.  Ferner  kennen  wir  von  der 
alten  Befestigong  her  das  Boßthor,  das  spfttere  Krönchenthor 
m  der  Krdnohengasse  am  Erenanngspunkte  mit  der  Collegien- 
gasse.  Dieses  war  ein  mit  Blendnischen  verziertes  Thorhana 
mit  über  der  Straße  stehenden  gothischen  Giebeln.  Davor  lag 
eine  hölzerne  Brücke.  Ein  drittes  einfaches  Thorhaus  stand  mit 
dem  Giebel  über  der  StraJ2ü  am  Ausgange  der  Tuchinacher- 
gasse  zu  dem  Theile  der  Burgfreiheit,  welcher  jetzt  Bergplatz 
heißt,  und  wnrde  das  Narrenthor  genannt.  Wie  seine  Brücke 
beschaffen  gewesen,  ist  nicht  zu  ermitteln.  Das  letzte  Thor 
stand  anf  dem  alten  Bargwege  hinter  dem  koraen,  von 
swei  rechtwinkeligen  Enien  begrenaten  Theile  des  Mühlen- 
fließes am  Nordende  der  kmmmen  Grobe  (Münchenho%as8e) 
ond  hieB  das  Mühlenthor  oder  auch  Schloßthor.  Es  war 
ein  thnrmartiges  viereckiges  Gebäude  von  drei  Geschossen, 


8ü)  Queübtr.  No.  110  und  Freiberg,  N.  Pr.  Prov.-Bl.  I,  67. 
Altyr.  MonabmbriA  Bd.  XXVU,  H«A  6  n.  &  SR 


434 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsberg^. 


deren  oberstes  auskragend  vortrat  imd  ein  Pynmidendacii  trng; 

die  Brücke  dürfte  von  Stein  pjewesen  sein.  Bei  allen  Tlioren 
wird  die  ehemalige  Existenz  von  Vorthoren  clnrch  ni-  hts  auge- 
deutet. J'forten  in  tl*<r  Stadtmauer  sind  zwar  muht  bekannt,  sie 
werden  nl)er  auf  der  Pregelseite  nicht  gefehlt  haben. 

Der  Stadtgraben  war  trocken  und  scbeint  flberall  mit  Maneom 
bekleidet  gewesen  za  sein. 

Eine  fortificatoiisohe  Bedentnng  hatte  sicherlich  die  bald 
nach  1333  rem  Orden  erbaute  St  Barbarakirdie.*')  Sie  stand, 
die  Stelle  der  jetzigen  £irche  einnehmend,  nahe  an  der  Stadt- 
maner,  diese  weit  überragend,  hatte  einen  hohen  nnd  starken 
Thurm  mit  zaUreicben  Laken  nnd  auf  dem  Langhanse  einen 
güzi unten  "Wehrf^ang.  WLir  daher  vortrefflich  geeignet,  durch  ihie 
Besatzung  in  die  VertLoidigung  einzugreifen  tind  eintretenden 
Falls  als  Keduit  zu  dien^'U,  Auch  das  im  Jahre  1349  vom  Orden 
gegründete,  also  gewiß  testgebaute  Kloster''^)  in  d<  r  südöstlichen 
Ecke  der  Stadt  verdient,  wenn  zu  dem  gndnrht.ui  Zwecke  aaoh 
nicht  von  yornherein  bestimmt,  in  dieser  Hinsicdit  Beachtang. 
Kniii  hof.  Von  dem  Vogtswerder  war  im  Jahre  1822  die  datliche 
b£«i  Hälfte,  und  swar  der  Theil  von  dem  heutigen  kleinen  Domplats 
ab,  dieser  mit  einbegriffen,  vom  Orden  an  den  Bischof  abge- 
treten worden.  Diesem  wurde  1333  erlaubt,  hier  eine  Kirche 
mit  Chor  und  ein  Kloster  zu  erbauen,  aber  keine  Barg.  Dieser 
Theil  der  Insel  sollte  auch  nicht  besonders  befestigt  werden, 
sondern  nur  gemeinschattlich  mit  der  Stadt  Kru}  il)e.  Es  war 
erlaubt,  die  zur  Kirche  gehörenden  Gebäude  am  Wasser  drei 
Stockwerke  hoch  aufzumauera,  au  der  nach  der  Stndt  zu  ge- 
legenen Seite  sollten  die  Äußeren  Wände  d<  r  Gebäude  nur  aus 
Fach  werk  bestehen.  Eine  Abschließung  des  Oomviertels  gegen 
die  Stadt  durch  Mauer  und  Graben  war  nicht  gestattet^  sondern 
nur  durch  Planken  und  Zäune.^*)  Nach  diesen  Bestimmungen 
wurde  der  Bau  noch  in  demselben  Jahre  vom  Bisohof  von  Sam- 

87)  K.  Reg.  No.  25. 
88^  K.  Hol;.  No.  31. 
8U;  K.  Heg.  Ko.  17,  22  u.  24. 


^  j  .  -Li  by  Google 


Von  C.  Beokhemu 


435 


land  Johann  I.  mit  T.o^uii^  doi-  Fundamt  iite  der  Kirche,  des 
neuen  Domes,  begonnen.  Für  das  Kirehengebaude  selbst  waren 
die  obigen  Bestimmangen  nicht  durchaus  maßgebend,  denn  weil  es 
nahe  der  Umwehrangsmaaer  stand,  erhielt  ea  einen  unter  dem 
Dache  des  Chores  hemmlaofenden  Wehrgang,  der  es  znr  Yer- 
theidigong  des  nordöstlichen  Winkels  der  Domanlage  geeignet 
machte.  Fttr  den  Wach-  nnd  Wehrdienst  im  Domviertel  hatte 
das  Domkapitel  Sorge  zu.  tragen.  Im  Jahre  1378  gestatteten 
die  Bürger  des  Kneiphofs  dem  Bisoboi,  auf  dem  an  die  Stadt 
grenzenden  Theile  seines  Gruivl«»a,  dem  jetzigen  kleinen  Dom- 
platz, Häuser  zu  bauen,  deren  Kin«;än^?e  und  Fenster  der  Stadt 
zufj;ekohrt  sein  sollten  und  deren  Ilinterscite  durch  eine  Mauer 
gebildet  wurde,  welche,  den  früheren  Zaun  ersetzend,  sich  quer 
über  die  Insel  erstreckte  nnd  auf  beiden  Enden  an  die  am  Pregel 
stehende  Befestigungsmauer  anschloß.  Diese  Quermaner  durfte 
nnr  Oefihungen  die  Fenster  der  Hänser  enthalten  und  anfier- 
dem  sswei  Pforten  und  ein  Thor.  Letcteres,*  wohl  aoch  nnr  eine 
weite  M anerpforte,  wird  am  Ende  der  bedeutendsten  Neben- 
straße der  Stadt,  der  BrodbAnkengasse,  gestanden  haben,  von 
den  Pforten  die  eine  am  Ende  der  Fleischbftnkengasse,  die 
andere  da,  wo  die  Magistergasse  den  kleinen  D<jni])latz  triffl. 

Die  Umschließung  beider  Theile  der  Insel  durch  eine 
gemeinsame  Mauer  scheint  zuerst  h;im  Damviertel  zur  Aus- 
führung gekommen  zu  sein;  in  dem  andern  Theii  war  sie  1378 
noch  nicht  zu  Ende  gediehen,  denn  die  Bürger  war<=*n  in  diN^sem 
Jahre  noch  immer  zur  Befestigung  ihrer  Stadt  mit  der  Au> 
fertignng  von  Ziegeln  beschäftigt,  za  welchem  Zwecke  der 
Ordensmarsohall  ihnen  gestattete,  auf  dem  Anger  zwischen  FiBch- 
imd  Mfihlenteich  Lehm  zn  graben  und  daselbst  Ziegelschennen 
nnd  «Oefen  anznlegen.*^  Die  Maner  folgte  ttberall  dem  Fregel- 
nfer,  einen  Streifen  desselben  als  Kai  freilassend.  Sie  war 
8  Fuss  dick  und  sonst  von  derselben  Beschaffenheit  wie  die  der 
Altstadt,  auch  mit  einem  gedeckten  Welirgange  versehen. 


90)  QaeUbtr.  ^o.  11. 


436 


Qeschiohie  dex  Befetatignogctt  KönigiilbeigB. 


Mauerthürmo  waren  nur  anf  der  dem  Angriffe  am  meisten 
ansgesotzten  Südseite  vorhandezu  Ein  solcher  stand  an  der 
YereiniguDg  der  beiden  Pregelame  auf  der  sCLdwestlichen  Ecke, 
-welche  vordem  sclion  durch  ein  Beigftied  gesichert  war.  Er 
hatte  eine  aohteokige  Form  tind  ein  spitzes  Bach,  unter  welchem 
das  anf  einem  Kranze  von  auskragenden  kleinen  Bondbogen 
über  den  Fuß  des  Thurmes  etwas  vortrotende  oberste  Geschoß 
mit  Webrluken  verf^ehen  war.  Ein  ähnlicber,  nur  etwits  stärkerer, 
höherer  und  im  untersten  Theile  quadratischer  Thurm  stand  da, 
wo  die  eigentliche  Stadt  an  das  Domviertel  stiess^  am  kleinen 
Domplatze.  Er  hieB  der  Blaue  Thurm.  Die  Sfidostecke  der 
Insel  war  durch  einen  viereckigen  Thurm  mit  spitzem  ins  Achteck 
übergehenden  Dache  bewehrt,  von  dem  der  untere  Theil  der 
Mauurn  gegenwärtig  noch  vorhanden  ist.  Dieser  wurde  eben- 
falls der  Blaue  Thurm  <;enannt.  nachdem  der  eigentliche  Träger 
dieses  Namens  abgebrochen  worden  war.  Zu  erwähnen  ist  noch 
ein  kleines  ThOrmchen,  welches  der  Stadtmauer  der  Westseite 
nicht  weit  von  dem  dortigen  Eckthurm  aufgesetzt  war. 

Thore  befanden  sich  nur  auf  der  Nord-  und  Südseite.  Ten 
den  ersteren  gehörte  eins  zum  Domviertel  und  sicherte  hier  den 
Zugang  von  der  Dombrücke  her.  Seine  Erbauung  wird  zu- 
sammen mit  der  Errichtung  der  genannten  Brücke  durch  Urkunde 
vom  18.  September  1333  festgesetzt,  worm  es  das  Domthor 
geuanut  wird.*^j  Es  hat  hinter  dem  Hause  in  der  Fleichbänken- 
gasse,  welches  dem  Bankgebäude  gegenüberliegt,  gestanden.^) 

m  K.  Reg.  No.  25. 

Ü2;  ii.  lieg.  No.  03.  Aus  dieser  Urkunde  geht  deutlich  hervor,  daß 
die  alte  Domschtde  nach  ihrer  Verlegung  in  den  oeaen  Dom  mcht,  wie  im 
erllntwtea  PreoJIeii  (lY,  786)  angegeben  wird,  an  der  noiddsliliclMii  Beb» 
der  Inselt  wo  jetzt  die  Stadtbibliothek,  gestanden,  sondern  weetUcb  ü&von 

in  ilor  Nähe  des  kleineu  Domplatzes,  welcher  ehemala  mit  dem  großen 
1)*  in  platze  einen  Haum  biMete  und  Poterspliitz  genannt  wurde  (Berincr^ 
Femer  besagt  K.  Reg.  No.  25,  daß  neben  der  Schule  die  Dombrucke  ge- 
legen, folglich  hier  auch  das  D  nntlior  gegenüber  dem  Dorabrückenthor  der 
AUätadt.  Wo  in  No.  83  vom  Dom  die  Rede,  iat  darunter  nicht  das  Kirchen- 
gebftttde  sondern  die  ganae  Domanlage  au  vefstehen  imd  unter  dem  doit 
erwähnten  Steindamm  das  Pflaster  der  Fleiachbftnkengaese  oder  des  Zugang* 


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Von  C.  Beckberm. 


437 


Dieses  Haus  enthält  einon  auch  vuii  Bering  gezeichneten  Durch- 
gang zum  Pregel,  welcher  den  Zugang  zu  dem  ehemaligen 
Thore  anzeigt.  Als  im  Jahro  1B79  die  Schmiedebrücke  errichtet 
wurde,  erfolgte  an  dieser  auch  der  Bau  eines  Thores,  des 
Scbmiedethores  am  nördlichen  Auagange  der  Schnhgasse  (jetzt 
SchOnbergexstrafie).  "Dieaiea  war  ein  mit  der  breiten  Seite  über 
der  Strasse  stehendes  Thorhans,  dessen  oberes  Geschoß  anfeinem 
Kranze  von  auskragenden  Bogen  ruhte  und  ein  "Walmdach  trug. 
Den  Zugang  von  der  Krämerbrücke  her  sicherte  am  nürdlichon 
Ansgange  der  Langgasse,  wo  schon  in  der  alten  Befest  igung 
ein  Thor  gestanden,  das  Krämerthori  ein  einfaches  Thorhaus. 
Am  südlichen  Ende  der  Langgasse  an  der  Grünen  Brücke  stand, 
ebenfalls  eine  Altere  Thoranlage  ersetzend,  das  Langgassen-  oder 
Grflne  Thor,  ein  Thorhans  von  zwei  Geschossen,  dessen  obere« 
einen  gezinnten  Webrgang  getragen  haben  soll.  Das  Dach  war 
ein  Pyiamidendach.  Ks  iblgt  nun  aul  der  Südseite  noch  das 
Kött^lthor  am  AuBgangn  der  Kött'dgasso  auf  die  gleichnamige 
Brücke,  ein  einfaches  mit  den  Giebeln  über  die  Strasse  gestelltes 
Thorhaus.  Von  allen  diesen  Thoren  ist  nicht  bekannt,  ob  sie 
Vortbore  gehabt  haben.  Außer  diesen  Hauptthoren  gab  es  noch 
Horten,  welche  meistens  in  ihrem  Aufbau  so  ansehnlich  waren, 
d&S  man  sie  auch  als  Nebenthore  gelten  lassen  darf.  Ein  solches 
mit  den  Giebeln  über  die  Strasse  gestelltes  Thorhaua  schloß  die 
ßeibnitzer  Gasse  am  nördlichen  Ende  ab.  Bei  Bering  ist  es 
mit  Benaiösancegiebelii  verziert,  also  später  erneuert  worden. 
Ein  einfaches  mit  der  langen  Seite  über  die  Strasse  gestelltes 
Thorhaus  mit  deutschem  Dache  stand  am  nördlichen  Ausgange 
der  Neustadt,  und  zwei  diesem  ähnliche  befanden  sich  der 
Fleisohbftnhen-  und  Brodbinkengasse  gegenüber  in  der  Kauer 
der  Westseite  der  Stadt.  Das  Domviertel  hatte  eine  ein&che 


von  der  Dombrücke  bor,  welclies  sicli  bis  zum  Eingange  der  Kirche  fort- 
setzte. Das  Wort  Schotefex  bedeutet  einen  Seiler,  welcher  seine  Bahn  in 
der  Httie  des  Domthores  batte.  Schoten  sind  in  der  Scbiffersprache  die 
Ikne,  welche  die  unteren  Bcken  des  gespannten  Segele  festhalteoi  fex 
kommt  her  von  ÜMSre. 


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40« 


GescUicUtü  dar  Befestigungeu  Königsbetgä. 


Manerpforte  an  der  ersten  Domquergasse  nnd  walirselieinUeli 

eine  pjleiche  neben  (hnn  eigentlichen  Blauen  Thui  iu.  Der  zweiten 
DooKiuergasse  gogeniiber  stand  ein  Xebenthur  in  Gestalt  »niu^^^ 
viereckigen  Thnrmes  von  drei  Geschossenf  deren  oberstes  auä 
Fachwerk  bestand,  mittelst  schräger  Stützen  über  die  unteren 
vortrat  und  daher  gewiß  mit  Machiconlis  versehen  war.  Es 
hatte  ein  Walmdach. 

Es  ist  nun  noch  einer  hinsichtlich  ihres  Zweckes  und 
Ursprunges  räthselhaftsn  fortificatori sehen  Anlage  zu  gedenken, 
welche  in  einer  Urkunde  von  1378  erwähnt  wird.®^)  luimlich 
eines  Bergl'rieds.  Nach  den  Andeutungen  der  Urkunde  befand 
sich  dieses  Werk  an  der  alten  Etappenstrasse  vor  dem  Branden- 
burger Thore  der  nachherigen  hastionftren  Befestigung,  etwas 
östlich  von  dem  heutigen  Viadukt  der  Chanssee  über  die  Eisen- 
bahn. Nachdem  das  Gelftnde  hier  durch  den  breiten  Einschnitt 
der  Bahn  und  beim  Bau  der  neuesten  Festungswerke  bedeutende 
Veränderungen  erlitten,  läüt  sich  die  Anlage  eines  kleineu  forti- 
liratoriscben  Werkes  auf  dem  bezei(  hueten  Punkte  schwer  er- 
klären, die  damaligen  Verhältnisse  müssen  jedoch  dazu  aufgeforden 
haben,  denn  auch  im  Jahre  1807,  als  die  Franzosen  die  Stadt 
auf  dieser  Seite  mit  einem  Angriffe  bedrohten,  wurde  hier  eben- 
falls eine  Schanse  angelegt  Ob  nun  das  Betgfried  vieUeicfat 
der  Üeberrest  einer  alten  heidnischen  Befestigung  oder  ein 
vom  Orden  oder  der  Stadt  Kneiphof  als  weit  vorgeschobener 
Boobachtnngs])osten  erbauter  hölzerner  und  befestigter  Tlnirm 
gewesen,  bleibt  unaufgeklärt.  (Ueber  Bergfriede  dieser  Art  i>t 
zu  vergl,  v.  Bönigk,  über  ostpreussische  Burgwälle  S.  23  und 
Beckherrn,  Bemerkungen  über  Balga  etc.  (Schneckenberg)  Aitpr. 
Monatsschr.  XXn,  845.) 

Wfthrend  die  Stftdte  Königsberg  sich  nach  den  Segeln  der 
damaligen  Befestigungskunst  gegen  den  feindlichen  Angriff 
sicherten,  hatte  der  Ivritg  gegen  die  Litauer  in  derselben  Weise 
wie  früher  seinen  Fortgang  genommen;  den  fast  jährlich  unter- 


98)  QueUbtr.  No.  12. 


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Yqu  C.  Beekherm. 


d39 


nommenen  Beisen  in  das  Litauerland,  welche  nunmelur  niolit 
allein  die  Yerwüsiiing  desselben,  sondern  oft  auch  die  Erbaunng 

von  Burgen  an  der  Memel  zum  Zwecke  hatten,  fi)lgteii  ebenso 
häufige  Einfälle  der  Litauer  in  das  Ordensland.  Einige  erütreckten 
sich  wieder  hin  ins  Samland  hinein,  so  daß  selbst  KönigsjV-Tpf 
bedroht  war.  Ein  solcher  Einfall  geschah  um  'das  Jahr  V64li 
und  ein  anderer,  bei  welchem  ans  der  Gegend  Ton  Labiau  her 
das  Land  um  Powunden,  Schaaken  und  Eaymen  verheerfc  wurde 
im  Jahre  1362.  Schliesslich  war  sogar  die  Eroberung  Königs- 
bergs das  Ziel  eines  von  den  Grossfürsten  Olgerd  und  Kynstut 
1370  unternommenen  Kriegszuges.  Der  Hoelmu  ister,  welcher 
schon  frühzeitig  von  diesem  Unternehmen  KenntniÜ  erlangt  und 
in  Folge  dessen  ein  Heer  bei  Königsberg  versammelt  hatte,  zog 
von  hier  am  17.  Februar  dem  Feinde  en^gen,  welchen  er  bei 
Bndau  antraf,  ging  sofort  zam  Angriffe  Uber  und  brachte  dem 
Feinde  eine  yoUstftndige  Niederlage  bei. 

Ftlr  die  sahireichen  Beisen  des  Ordens  nach  Litauen, 
welche  jetzt  oft  durch  chis  Eintreti'en  frt'iiuler  Fiirsteii  und  iiitter 
mir  größcrem  oder  kleiuerom  Gcfolgo  veranlaßt  wurden,  war  seit 
Erbauung  der  bedeutenden  Burg  Itagnit  an  der  Momel  Königs- 
berg mit  seinen  in  gewissem  Sinne  als  detaohirte  Forts  zu  be- 
tnushienden  Buigen  Labiau  und  Tapiau  zwar  nicht  mehr  der 
eigentliche  Ausgangspunkt;  da  aber  an  diesen  Beisen  oft  Theile ' 
der  Besatzung  des  Ordenshauses  und  im  Landesaufgebot  Bürger 
der  Städte  Königsberg  theilnahmen,  auch  die  fremden  Kriegs- 
gäste hier  oft  längere  Zeit  rasteten,  um  sich  za  ver|)roviantiren 
und  ihre  Ausrüstung  zu  vervollständigen,  wird  svenigstens  einiger 
bedeuteren  Unternehmungen  Erwähnung  geschehen  müssen. 
Am  20.  Januar  1329  traf  der  König  Johann  yon  Böhmen  mit 
800  Beisigen  in  Eönigsbeig  ein,  hielt  sich  bis  zum  21,  Februar 
hier  auf  und  sog  dann  in  Begleitung  des  Landesau^ebotes  nach 
Idiauen.  Graf  Wilhelm  lY.  von  Holland  rastete  mit  40  Bittem 
auf  säciuem  Zuge  vom  17.  Januar  bis  zum  8.  März  1344  in 
Königsberg.    Bei   der  im  Jahm  unter  dem  Hoehmeister 

ausgeführten  Belagerung  und  Kroborung  der  litauischen  Burg 


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440  Geschichte  der  Befestigungea  Kdnigsbeiigs. 

Kauen  waron  nicht  nur  der  ( )r<lnnsmaröcball  nnd  der  Bischof 
von  Sainliind  anwesend,  sondern  an<:-h  KönigsLer^er  Barver  uni-r 
dem  Vogt  von  Samland  betheiligt.  Dieser  mit  dem  Komtur 
von  Bagnit  maclite  1365  eine  Keise  nach  Litaaeo,  bei  welcher 
wieder  Kriegsgäste  anwesend  waren;  eine  solche  erfolgte  ferner 
1374  mit  200  Mann  des  Anfgebots  at»  dem  Samlande  tmter 
FOhning  des  samländisohen  Vogte.  Die  groBartigste  Untet^ 
nehmang  war  die  vom  Jahre  1877,  als  der  Hersog  Albrecht  HL 
yon  Oesterreich  mit  62  Bittem  und  2000  Beisigen  in  Königs- 
berg eingetroffen  war  nnd  sich  dem  Heere  des  Hochmeisters 
von  angeblich  30000  Mann  angeschlossen  hatte.  Der  bei  solclicu 
( Telegenheiten  üldiehe  Ehrentisch  wurde  damals  in  Königsberg 
gehalten.  Am  16.  August  1300  kam  der  Graf  Heinrich  von  Derby 
von  Dauzig  zu  Wasser  in  Königsberg  an  mit  einem  Gefolge 
von  1000  Köpfer.  Nach  einem  Aufenthalt  von  einer  Woche 
brach  er  wieder  auf,  om  an  der  Belagerung  von  Wilna  th«^il- 
zunehmen  nnd  kehrte,  nachdem  diese  hatte  aufgehoben  werden 
müssen,  am  20.  Octoher  wieder  nach  Kfinigsberg  aurtlck.  Der 
Aufenthalt  hier  muß  ihm  wohl  behaglich  oder  interessant  ge- 
wesen sein,  denn  er  hat  seine  Weiterreise  über  Dauzig  erst  am 
9.  Februar  1391  angetreten.  Das  Bechnungsbnch  über  diese 
Reise  liefert  mancherlei  lur  die  Kulturgesehichte  Preussens 
interessante  Einzelheiten."*) 

In  ihrer  Eigenschaft  als  Mitglieder  der  Hansa  wurden  die 
Städte  Königsberg  im  Jahre  1307  au(  Ii  in  die  Kriegshändel 
dieses  Bundes  mit  Dänemark  verwickelt  und  hatten  einen  Theil 
der  mit  600  Mann  zu  besetzenden  5  Koggen  m  stellen,  welche 
auf  die  preußischen  Städte  der  Hansa  ausgeschrieben  waren, 
desgleich^  Ifannschaften  zn  der  im  Jahre  1396  erfolgenden 
Besetzung  Stockholms.  An  der  1898  vom  Orden  bewerkstelligten 
Säubenmg  der  Ostsee  von  den  Yitalienbrttdem  und  an  der 
Eroberung  Wisbys  waren  die  StAdte  Königsberg  mit  1  Hanpt- 
iiicuiu  ilud  35  Mann  betheiligt. 


94)  N.  Pr,  Prov.-BL  a.  P.  Xü,  886, 


Von  C.  fiecklierm. 


441 


"Waren  die  Besatzung  des  Ordensliauses  und  die  Bürger 
der  St  t  lie  Königsberg  anch  sehr  oft  durch  alle  diese  Kriogs- 
unterneliinnn^tin  in  Ans))nich  genommen  worden,  so  wart-n  die- 
selben dazu  doch  immer  nur  in  einer  verhaltnißmäßig  geringen 
Stärke  ausgerückt.  Anders  gestaltete  sich  die  Sache  aber,  als 
im  Jahre  1410  der  HoohmeiBter,  am  den  von  Polen  her  drohenden 
Angriff  abzuwehren,  die  ganze  KmSi  des  Landes  aufbot  Das 
Ordenahans  wurde  bis  auf  die  invaliden  Ordensbrfider  und  die 
Kranken  von  allen  Vertheidigem  und  Geschtlteen  entbloBt,  und 
die  StAdte  muBien  s&mmtliobe  DienB(pfl*chtige  stellen,  wenigstens 
die  berittenen,  welche  Köhler  auf  etwa  200  Mann  schätzt.®*) 
Zur  Bestiniiiiung  der  Anzaiil  des  Fußvulk.Sj  vom  dem  ein  Theil 
nothwendig  als  Besatzung  zurückbleiben  mußte,  fehlt  j'Mler 
Anluilt.  Führer  waren  der  Hauskomtur  und  die  Bürgermeister. 
Von  der  ansge^andten  Schaar  sah  Königsberg  wenig  wieder, 
denn  auf  dem  Felde  von  Tannenberg  erlitt  am  15.  Juli  1410 
das  Ordensheer  eine  vollständige  Niederlage.  Diese  veraisaehte 
eine  solohe  BestOrzung,  da6  sich  &st  das  ganze  Land  ohne 
Gegenwehr  dem  Könige  von  Polen  unterwarf.  Auch  die  St&dte 
Königsberg  schlössen  sich  diesem  allgemeinen  Abfalle  an,  wurden 
aber  bald  durch  den  schnell  herbeieilenden  Meister  von  Livland 
unter  die  Botmäßigkeit  des  Ordens  zurOckgeftthrt. 

Der  im  folgenden  Jahre  gesclilosseue  Frieden  währte  nur 
kurze  Zeit,  denn  schon  1414  brach  der  Krieg  mit  Polen  wieder 
aus,  und  der  Feind  erschien  in  so  bedrohlicher  Nähe  von 
Königs!) erg,  daß  man  hier  Maßregeln  zur  Vertheidignng  traf 
und  füa  Proviantirung  sorgte.*")  Da  die  Yertheidigungsanstalten 
des  Löbeniohts  wenig  Vertrauen  einflößen  mochten,  drangen 
800  Altstfidter  in  den  Löbenicht  ein  und  rissen  die  am  Mllhlen- 
fließe  stehenden  Gebäude  dieser  Stadt  nieder,  weil  sie  der  Mauer 
der  Altstadt  so  nahe  standen,  daB  die  Vertheidignng  dadurch 
behindert  wurde.      Im  Jahre  1421  hatten  die  Altstadt  und  der 

95)  Köhler,  die  EDtwickelaiig  des  Erieigsweeeos  etc.  n,  673, 

96)  QueUbtr  Nn  22. 

97)  VergL  Ajuuerk.  öi. 


442 


Q«8o]uchto  der  Befortignngro  KdnigBborgB. 


Kneiphoi  zur  Abwehr  eines  von  Beiten,  der  Hossiten  dem  Ordens- 
lande  drohenden  Einfalles  10  SpieMe,  jeder  sa  4  Pferden,  m 
stellen. 

Die  nach  Beendigung  dieser  KriegsbAndel  f&r  Iftngeie  Zeit 
eintretende  Bolie  wurde  erst  wieder  durch  den  dreizebnjihiigen 
Krieg  unterbrochen.  Die  siim  preoBischen  Bande  gehörenden 
St&dte  Königsberg,  welche  sich  schon  seit  Anfang'  des  Jahres 
1464  zum  Kriege  gertlstet  und  provisorische  Werke  vor  den 
Tiiorcu  und  andere  Verstärkung;» 'ti  der  Befestigung  hergestellt 
hatten^'),  hemächtii^en  sich,  nachdem  am  4.  Februar  die  Kriegs- 
erklärimg  des  Bundes  an  den  Orden  erfolgt  war,  des  Ordens- 
haoses  und  entließen  die  Ordensherren  nach  Loehstedt.  Daraot 
rissen  die  Altstädter  die  Parchammauem  der  Haaptburg,  welche 
diese  Yon  der  Stadt  schieden,  nebst  vier  Thttrmen  des  Ordens- 
hauses  nieder.**)  In  diesem  residirte  nun  anstatt  eines  Orden»- 
gebietigers  der  polnische  Woiwode  Stibor  von  Baysen,  da  die 
Stftdte  dem  Könige  von  Polen  gehnldigt  hatten.  Auch  anfier- 
halb  ihrer  Mauern  betheiligten  diese  sich  an  dem  Kriege  gegen 
den  Orden,  indem  sie  im  Mai  zusammen  mit  samländischem 
Volke  Truppen  zur  Belagerung  Mari<'nburgs  entsendeten.  Die 
hohen  Steuern  aber,  welche  vom  Bünde  dem  Tiande  aulerlegt 
wurden*'*"),  erregten  bald  in  hohem  Grado  die  Unzufriedenheit 
der  altstädtischen  Bürger;  es  kam  snun  Aufstande,  man  vertrieb 
einen  Theil  der  Rathsmitglieder  und  orldärte  sich  wieder  für 
den  Orden.  Nachdem  auch  der  Löbenicht  sich  der  Altstadt 
angeschlossen  hatte,  rief  man  die  Freien  im  Samlande  nm  Unter- 
stützung an,  von  denen  auch  dreihundert  in  die  beiden  Stidte 
einsogen.  Der  Kneiphof  dagegen  bielt  fest  am  Bunde.  Gkgen 
diesen  zog  nun  der  tapfere  und  thätige  OrdensspitiJer  Heinrich 
KeiiÜ  Vüu  Plauen  heran  und  detachirto  von  Brandenburg  aus 

98!  QueUbtr.  No.  68. 

99)  Henneuberger,  Erklärung  der  Landtafel  S.  171. 

100)  Die  Contribntion  im  Jnfare  1464  betrag  für  die  Altstadt  4000  Mark, 
für  den  Kneiphof  8000  Mark,  für  den  Löbenicht  400  Mark  72000,  54000 
und  7200  Mark  nach  dem  heatigen  Werthe).  Schttta  S.  906. 


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Von  G.  Beckherrn. 


443 


einige  Sdldnerhanfen  unter  dem  Pfleger  von  Loehstedt  Graf  Hans 
vou  Gleichen,  welche  über  das  Ilatl  nach  Lochstedt  und  Fir^ch- 
hausi'n  ül)ers€'tzten  und  niioh  Zurürklassunp^  von  Jiesatzuugon  iu 
diesen  Orten  sich  gegen  Königsberg  wandten.    Der  Spittler 
selbst  mit  seinen  Haufen  sohlug  am  18.  April  1455  auf  dem 
Haberbergo  ein  Lacher  auf.    Gegen  dieses  machien  die  Kueiphöfer 
mit  600  bis  600  Mann  einen  Anefall  nnd  zwangen  die  Ordens* 
trappen,  sich  bis  nach  Nenendorf  mrachzuziehen,  worauf  jene 
die  im  Entstehen  begriffene  Vorstadt  am  südlichen  üfer  des 
Pregels  nnd  das  mehr  nach  dem  Haberberge  gelegene  St.  Georgs- 
hospital niederbrannten,  uro  vor  der  Sfidfront  des  Kneiphofs  ein 
freies   Schußfeld  herzustell -  ii.    Nachdem  das  Seitendetachement 
Königsberg  erreicht  und  die  Besät ;;nTif:^en  der  Altstadt  und  des 
Lübenicht  verstärkt   liatte.   Hiokto  auch  der  Spittler  wicdor  Iiis 
zum  Haberberge  vor  und  stellte  durch  zwei  unterhalb  des  ivueip- 
hoh  über  den  Pregel  geschlagene  Brücken  die  Verbindung  mit 
flon  beiden  von  seinen  Truppen  besetzten  Städten  her.  An 
diesen  Brücken  scheiterte  auch  der  Versuch  der  Banziger,  welche 
schon  frflher  anf  dem  Haff  den  Altst&dtem  ftlnf  beladene  Fahr- 
zeuge genommen,  anch  das  Dorf  £amstigall  verbrannt  hatten, 
dem  Eneiphof  mittels  ihrer  Schiffe  Verst&rkungen,  Proviant  nnd 
andere  KriegsbedOrfnisse  znznfQhren.   Zwar  wurde  von  ihnen 
die  erste  Brücke  genommen,  die  zweite  al>er  hielt  stand,  und 
die  St'hitt'e  der  Danziger  mußten  nnverrichteter  Sacljc  abziehen. 
Inzwischen  war  aucli  rlcr  Sr)ldn«'rliau|»tmann  d''S  (  h'dens  Herzon; 
Balthasar  von  Sagau  mit  Truppen  iierangekommen,  und  nun 
ging  mnn  energischer  zum  Angriffe  vor,  zu  welchem  Zwecke 
man  groÜe  flufifahrzeuge  mit  starken  Brustwehren  nnd  Kastellen 
versah,  von  welchen  der  Kneiphof  so  enge  eingeschlossen  und 
dessen  Mauern  so  wirksam  beschossen  wurden,  dass  diese  Stadt, 
nachdem  ihr  anch  die  Munition  ausgegangen  war,  sich  nach 
tapferer  Gegenwehr  am  13.  Juli  den  Ordenstmppen  ergeben 
mußte.   Im  weiteren  Verlaufe  des  Krieges  wurde  Königsberg 
noch  wiederholt  von  den  Danzigern  beunruhigt  und  geschädigt, 
indem  diese  besonder?  da^  iöaiolaud,  aui  dessen  Hilfä<^uelleu  und 


444 


Geschichte  der  Befestigangen  Königsbergs. 


Unterstützung  die  Städte  und  das  Ordenshaus  angewiesen  waren, 
zum  Ziel«  ihrer  Raub-  und  Verwüstungszüge  machten.  Auch 
die  Verbindung  mit  der  8ee  versuchten  sie  dadurch  zu  unter- 
brechen, ^eilich  ohne  dauernden  Erfolg,  dase  sie  in  rlem  damali- 
gen Tief  bei  Alttief  fünf  mit  Steinen  angefflUte  alte  Schifie 
verMnkten.  Das  Hans  Lockstedt  nnd  die  Stadt  Fisohhanaen 
entgingen  der  Zerstömng  nur  dadnxch,  dafi  es  ihnen  noch  sn 
rechter  Zeit  gelang,  von  Köni^nberg  Hilfe  m  erhalten.  Dw 
Verheerungen  der  Küste  SaiiilaU(is  durch  die  .Üauzigor,  denen 
sich  auch  Elbing  und  andere  Städte  zu  diesem  Zwecke  ange- 
schlossen hatten,  dauerten  bis  zum  Endo  des  Krieges  fort 
Unterdessen  hatte  der  Hochmeister,  nachdem  dem  Orden  im 
Jahre  1457  die  Marienbnrg  verloren  gegangen  war,  seinen  Sits 
nach  Königsberg  verlegt,  nnd  von  Hier  ans  gingen  nunmehr  die 
meisten  Eriegsnntemelimangen  ans,  von  denen  hier  nur  des 
mißlungenen  Versuchs  zum  Entsätze  der  von  den  Polen  be- 
lagerten Stadt  Marienburg  im  Jahre  1458  erwähnt  werden  soU. 
femer  die  Eroberung  der  bfindischon  Stadt  Welau  und  die  erfolg- 
lose Belagerung  Frauenburgs.  Der  Friedensschluß  zu  Thom  am 
19.  Ootober  1466  machte  endlich  diesem  Kriege  ein  Ende.  Daß 
Prenßen  dabei  ein  Lehen  der  Krone  Polen  wurde,  soUte  in 
£[>rtificatoriacher  Beziehung  für  Königsberg  erst  nach  160  Jahron 
von  Bedeutung  werden. 

In  der  nun  für  iünfzig  Jabro  eintretenden  Kiüiuzüit  gewann 
der  durch  den  Krieg  völlig  erschöpfte  Orden  wieder  Mittel  und 
MuJie  zur  Erweiterung  der  Befestigung  seines  nunmehrigen 
Haupthauses  Königsberg.  Auf  der  zu  diesem  gehörigen  Barg- 
freiheit waren  nach  imd  nach  verschiedene  ftlr  die  Bedürfhisse 
des  Hauses  nothwendige  Gebäude  entstanden  2.  B.  die  Firmarie 
oder  das  Lazareth  und  die  Mün2se,  femer  zwei  Klöster,  eine 
Kapelle  und  mehrere  Wohnhäuser.  Um  diese  ftr  die  Zulnuift 
gegen  die  Anfalle  feindlicher  Streifparteien  zu  sichern,  \^'urde 
um  die  Burgfreihoit  gegen  außen  eine  Mauer  gezno-on,  per 
westliche  Theil  derselben  muß  schon  trilhe  wieder  beseitigt 
worden  sein,  wahrscheinlich  bei  Anlegung  der  herBOglioben 


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Von  G.  Beckherm. 


Gftrton,  denn  Bering  kannte  ihn  nicht  mehr;  sie  dfirfte  sich  aber 

von  der  Nordwestecke  des  nördlichen  Scliloßgrabons  hinter  der 
jeteigen  Prinzessinstraße  liber  die  .Tunkeratraße  hinwoggezogen 
hahen,  so  daß  sie  liier  den  westlichen  Fließarm  vor  sieh  hatte, 
uid  dann  im  Bogen  den  Schloßteich  etwa  in  der  Mitte  zwischen 
dem  südliehen  Ende  und  der  jetzigen  Brücke  erreicht  haben.^"^) 
Dar  Ostliche  Theü  war  zn  Berings  Zeit  nooh  vorhanden.  Er 
begann  am  ü&r  des  Sohlofiteichee,  wo  die  kleine  SohloBteichs* 
gasse  auf  den  Bnrg^urehenplatz  mündet  und  sog  aioh  von  hier 
neben  der  Bossgirter  Hiniergaaae  hin  bis  snr  Ecke  der  lobenioht- 
sehen  Stadtbefestignng  beim  Friedrickscolleg  an  der  Collegien- 
gasse.    Diese  Maner  hatte  einen  oÖenen,  gezinnten  Wehrgang. 

Von  den  beiden  Thoren  stand  das  eine  am  Ausgange  des 
jetzicren  Bergplatzes  zum  Rossgtirter  Markte.  Es  war  ein  be- 
scLt'idenes,  mit  der  langen  Seite  über  die  SiraBe  gestelltes  Thor- 
haus und  hieß  das  Kreuzthor  nach  der  daneben  in  der  Maaw 
stehenden  und  mit  einem  Theile  über  diese  vorgeschobenen 
Kapelle  Eom  Heiligen  Kreuz,  welche  einigermafien  als  flankiren* 
der  Thorthlirm  dienen  konnte.-  Sie  wurde  1688  in  ein  GieBbans 
verwandelt.  Das  andere,  das  Jnnkergassenthor  genannt,^*^  hat 
ab  alleiniger  Ueberrest  des  westlichen  TheÜes  der  Befestigung, 
wie  sein  Name  anzeigt,  in  der  Jankergasse  gestanden,  wahr- 
scheinlich etwas  südöstlich  ron  der  Eeko  der  Prinzessinstiuße 
hinter  dem  die  ©rstere  doit  durchsekneidenden  w^estlichen  Fließ- 
arme. Es  ist  erst  7.n  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  abgebrochen 
worden,  auf  Benngs  Plan  aber  nicht  zu  finden,  weil  hier  das 
Schloß  diesen  Theü  der  Junkergasse  verdeckt. 

Von  den  etwa  vorhanden  gewesenen  Maaerthürmen  ist  nur 
einer  bekannt.  Er  war  viereckig,  niedrig,  hatte  «in  Pyramiden* 


101)  Vielleicht  hat  diese  Hauer  den  SehloBteich  auch  erst  am  nördlichen 
Ende  der  HiliuntraBe  erreicht  und  hier  ein  Thor  gehabt,  denn  hier  worden 
bei  Lep;ung  der  Leitang  des  ElectridtitswwkeB  ausgedehnte  alte  Fandamente 
aufgedeckt ;  sie  irgend  einem  aademn  Bauwerke  snsusehxeibeo  leihlt  es  an 
jedem  Anhalt. 

102)  Faber  a.  a.  0.  S.  9a 


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446 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


dach  und  stand  da,  wo  der  östliche  Theil  der  Mauor  den  SchloS- 
teich  bf^riilirtc.  Er  wird  schon  1517  erwähnt,*^)  diente  spater 
als  Pulvermagazin  und  flog  16HB,  vom  Blitze  getroÜien,  mit 
2CX)  Centnern  Pulver  in  die  Luft.^^'') 

Bald  nachdem  Markgraf  Aibreoht  von  Brandeabiirg  mm 
Hochmeister  erwftUt  worden  war,  ftlhrte  die  Weigerung  denelben, 
den  Lehnaeid  za  leisten,  im  Jahre  1619  wieder  zam  Kriege  mit 
Polen.  Dieser  machte  sich  zuerst  dadurch  in  K(Vnig8berg  f(lU- 
bar,  daß  der  Iloclimeister  einen  Theil  der  dorti^j;eii  Bürger  als 
Besatzung  nach  Braunsberg  schickte,  weh.-her  Stadt  er  sich  am 
ersten  Tage  des  Jahres  1520  durch  Ueberfall  bemächtigt  hatte. 
Femer  machten  im  März  dieDanziger  dasTiei  bei  Alttief  dorch 
Yersenkong  von  drei  Schiffen  nnfahrbar  und  erschienen  Anfangs 
April  mit  ihren  Schiffen  ssn  demselben  Zwecke  anoh  Yor  dem 
noch  nicht  sehr  lange  bestehenden  nenen  Tiefe  beim  Dorfe  Att^ 
piUan,  wurden  aber  an  der  Ausführung  durch  den  Hochmeister 
verhindert,  welcher  mit  Gesehiitz  und  100  Mann  Fussvolk,  von 
den  Städten  gestellt,  schleunigst  dorthin  geeilt  war.  Mittle^ 
weile  hatte  der  Sturm  am  h  die  Sperre  des  andern  Tiefs  wieder 
beseitigt.  Mehr  Glück  hatten  die  Banziger  bei  einer  anders 
Gelegenheit,  indem  sie  nAmüch  anf  der  See  siebzehn  mit  Pko- 
viant  und  Eriegsvolk  beladene  Schiffe,  welche  der  König  rm 
Dftnemark  nach  Königsberg  entsandt  hatte^  bis  auf  eins  abfingen. 
Bald  erscliien  nun  aucli  das  aus  7000  R/ntern  und  lÜOOO  Mann 
i'ussvolk  bestehend«  |)ohiische  Heer,  nachthnn  es  Heiligenbeil 
und  Brandenbung  eingenommen,  vor  Königsberg.  Bei  Haie- 
strom, wo  damals  ein  Arm  dos  Pregels  ins  Haff  mündete, 
schlugen  die  Polen  ein  Lager  anf  und  entsandten  von  hier  am 
26.  Mai  ein  Detachement  von  1000  Pferden  nach  dem  Haber 
berge,  theils  zur  Becognoscirung,  theils  um  die  Besatzung  Ednigr 
bergs  herauszulocken.  Dieses  Detachement  wurde  durch  Gesothüte- 

106)  Fieiberg,  N.  Pr.  Pn>v.-Bl.  I,  62.  »  Bei  Bnan,  welcher  ab«  in 
Betreff  dnr  Form  der  Bauwerke  nicht  immer  sttTerlisng  ist,  hat  der  Thum 
nodi  kein  Dach  sondern  eine  mit  Bmatwehr  vetsehene  Phtttfona. 

104)  Faber  a.  a.  0.  a  99. 


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Ton  G.  Beckherrn.  4i7 

teuer  zuriickgotriebeu,  und  von  da  ab   beschränkten  sich  die 
üntemehinungeii  der  Polen  auf  dieser  Seite  nur  auf  kleinere 
Beoogaoscinmgen.    Sie  versuchten  nun  aber,  den  Städten  von 
der  andern  Seite  des  Pregels  her  beizukommen»  indem  sie 
mittels  herbeigesohafiUr  Fahrsenge  Aber  das  Haff  setzten;  es 
gelang  ihnen  aber  niehi,  an  der  saml&ndischen  Kfiste  zn  landen, 
denn  sie  wurden  von  den  hier  in  schnell  aufgeworfenen  Ver- 
sclianzungen  stehenden  Ordf^is-  und  städtischen  Truppen  zurück- 
gewiesen.   Unterdessen  liatten  die  Altstädter  die  Hohe  Brücke 
serstört,  nm  dem  Feinde  den  Uebergang  zum  großen  Werder 
m  erschweren,  und  die  Kneiphöfer  hatten  am  28.  Mai  die  in 
der  jetzigen  hinteren  Vorstadt  befindlichen  Hftoser  und  Scbennen 
abgebrannt  nnd  das  St.  Georgshospital  bis  auf  den  Orond  nieder- 
geriBen,  um  dem  Feinde  beim  Angriffe  auf  die  vordere  Vorstadt 
alle  Deckung  zu  entziehen.    Diese  letztere  hatte  sich  mit  der 
Zeit  auf  dem  Kaum«  südlich  totu  Kneiphof  gebildet,  welcher 
seit  I33Ü  nach  und  nach  in  den  Besitz  dieser  Stadt  gelangt 
war.   Er  wurde  beim  Anrücken  der  Polen  schleunigst  provisorisch 
befestigt,  indem  man  l&ngs  seiner  Südseite  einen  Graben  aushob,  ^^^^/^^ 
den  man  im  Osten  an  den  schon  aus  alter  Zeit  stammenden 
Qraben  der  Wiese  am  Salzmagazin  anschloß  und  im  Westen  an 
den  wohl  ebenfalls  schon  vorhandenen  Kielgraben,  wodurch  auf 
beiden  Enden  die  Verbindung  mit  dem  Pregel  hergestellt  war. 
Längs  dieses  Grabens  errichtete  man  einen  mit  Plankenbrust- 
wehr und  hölzernen  flankirenden  Bollwerken  versehenen  Wall, 
welcher  am  südlichen  Ende  der  Hauptstraße  ein  Thor  mit  Brücke 
ober  den  Graben,  die  nachherige  Zugbrücke,  erhieli^^)  Dieses 
Thor  wurde  in  spttterer  Zeit  in  Gestalt  einer  weiten  Mauer- 
pforte in  Stein  aufgeführt,  mit  einem  giebelartigen  Aufsatze  im 
Renaissancestil   verziert  und   durch  Mauern  auf  beiden  Seiton 
aii  die  Häuser  der  Straüe  angeschlossen.    Es  sollte  nun  polizei- 
lichen, keineswegs  aber  fortiäcatorischen  Zwecken  dienen.  Den 
(Lbrigen  Theü  der  provisorischen  Befestigung  ließ  man  eingehen, 


105)  Balthas.  Oans,  N.  Pr.  Fkov.-BL  8,  F.  SX,  189. 


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448 


Geschichte  der  BefesUguiigeQ  Königsbergs. 


und  Bering's  I'Liii   zeigt  außer  dem  umgestalteten  Tliore  und 
dem  Graben  keine  Spur  melir  von  derselben, 
proviso-  Gleichzeitig  mit  dieser  Anlage  fand  auch  eiue  Verstärkung 

riHche  Ver-  ^ 

der  Befestigung  der  Stadt  Kneiphof  mit  Unterstützung  des 
Bischöfe  und  des  Domkapitels  statt.  Ueber  diese  laatot  d«r 
Bericht  des  Ohronisten  wie  folgt:  ,£s  ward  auch  ein  starker 
Igelzaun,  der  inwendig  6  Schuh  dick  mit  Erden  vorfallt,  gemacht, 
yon  dem  Ort  nach  der  Altstadt  an  bis  vor  das  Thor  hinter  G^eorg 
Kramer  umb  die  Stadt  mit  schwerer  Muhe  und  Arbeit  in 
6  Wochen  fertig  gemacht."^"*)  Es  ist  sehwer.  sich  nach  diesem 
Berichte  eine  Vorstellung  von  der  Beschalienheit  dieser  Anlage 
zu  machen,  man  wird  aber  wohl  nicht  fehlgehen,  wenn  man 
sich  dieselbe  in  folgender  Art  beigestellt  denkt.  Auf  der  am 
meisten  bedrohten  West-  und  Südseite  der  Stadt  wurde  auf  dem 
vor  der  Mauer  befindlichen  Kai  unmittelbar  am  üfer  ein  niedriger 
6  Fuß  starker  Erdwali  geschüttet,  dessen  innere  Seite  durch 
Pallisaden  oder  Planken,  welche  zugleich  eine  Brustwehr  bildeten, 
gestützt  wurde,  während  in  den  Fuß  der  äusijöreu  Böschung 
eine  Keihe  zugespitzter  Pf^le  mit  kleinen  Zwischenräumen  und 
mit  den  Spitzen  schrflge  nach  au^en  geneigt  eingesetst  war. 
Diese  haben  unter  der  Benennung  „Stormpfshle^  auch  in  der 
neueren  Fortification  noch  Anwendung  gefonden.^^^  Anstatt 
der  Stnrmpiiihle  am  Fuße  der  Böschung  können  aber  auch  die 
so<^.  Casarpfälilch-'^u  auf  der  Büscliuiig  selbst  zur  Anwendung 
gekonuuen  sein.  Dieses  sind  bedeutend  kleinere  zugespitzte 
Pfähle,  welche  in  ungleicher  Hohe  —  1  bis  IV2  Fuß  —  ao 
dicht  gesetzt  werden,  daß  der  Fuß  dazwischen  keinen  Baum 


10(5)  Balthas.  Gans  a.  a.  0. 

107]  Der  Gebraucl»  der  Sturinpfilhle  als  Hindemißmittel  war  schon 
viel  früher  belcnnnt,  wir-  ans  der  narhstclicnrlen  Nachricht  vona  Jahre  1451 
tibür  iliu  Ik'lo.sti;^iiiit^  <ler  Hur^  Wt  'Mcrilen  bei  Dülmen  in  "Wesftfalen  herr^r- 
geht:  „Wante  se  nemen  staken  [Piahlej  und  scherpoden  üe  uuder  und  bowen 
und  Mttoi  de  tor  Bchoer  [euia  SoHatz].  Wan  man  tu  de  boi;g  leip,  <Ut 
konde  men  doen,  xner  men  konde  dar  so  haslygA  nycht  wader  np  konca, 
so  atoodan  «n  de  scharpen  ataken  atiiegen.'*  Wilnuuia,  WeatflU.  Urkante* 
buch  HI,  906. 


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Von  C.  Beoklifimi. 


449 


findet,  und  in  solcher  Breite,  daß  das  Hindernis  nicht  über- 
sprangen werden  kann.  Die  mühnani  hergestellte  Verstärkttng 
war  kanm  vollendet,  als  am  2.  Juli  die  Polen  von  Königsberg 
abzogen.   Fllr  diesen  Krieg  hatte  das  Schloß  zu  Königsberg 

übrigens  nicht  in  vollem  Maße  die  Bedeutung,  welche  ihm  als 
dem  Hauptbause  des  Ordens  eigentlich  hätte  zukommen  müssen, 
denn  der  Hochmeister  hatte  schon  vorher  die  von  ihm  in  großer 
Anzahl  beschallen  Geschütze,  andere  Waffen  und  sonstiges 
Kriegsmaterial  in  dem  nenbeiestigten  Hanse  Balga  untergebracht 
nnd  dieses  dadnich  snm  Hauptkriegsdepot  gemacht.  Um  so 
mehr  trat  die  Bedentang  der  drei  Städte  Königsberg  als  Haupt- 
stfltsEpnnkt  der  Kriegsführung  hervor^  welche  sich  vor  allem 
darin  äußerte,  daß  sie  das  für  den  Orden  so  wichtige  Sanihiud, 
welches  zughneli  der  Zufluchtsort  der  Bewohner  NatangtMis  mit 
ihrem  geretteten  Vieh  und  ihrer  sonstigen  Habe  war,  gegen 
ernstere  Unternehmungen  des  Feindes  sicherten.  Dann  aber 
rüsteten  sie  auch  bewaffnete  Schiffe  aus,  lieferten  Proviant, 
stellten  häufig  Mannschaft  sn  den  Expeditionen  ins  Ermland 
imd  au  den  Angriffen  auf  die  Yon  den  Polen  besetzten  Städte 
imd  gaben  fast  ihr  sllmmtliches  Geschütz  zur  Armimng  von 
Braunsbeii!;  hin,  so  daß  eine  Zeit  lang  in  Königsburg  sich  nur 
zwei  Stücke  belanden,  wie  Froiberg,  w<ilil  iil)crtroil(end,  berichtot. 
Nachdem  dann  die  Städte  diesen  Abgang  durch  neugegossene 
Geschütze  wieder  einigermaßen  ersetzt  hatten,  wurden  auch 
diese  wieder  vom  Hochmeister  zur  Armimng  Brandenburgs 
verwendet. 

Nach  der  im  Jahre  1625  durch  den  Frieden  zu  Krakau 

erfwlgt  n  Umwandeltmg  des  Ordensstaates  in  ein  Herzogthum  Soffi«»» 
genügten  die  Räume  des  Ordenshauses  den  Bedürfnissen  des 
neuen  herzoglichen  Hofes  nirlit  mehr,  und  dt-r  lIerzo<^  bi-rrann 
nun  bald,  die  alte  Hauptburg  auf  Kosten  der  V'orburg  zu  er- 
weitern, indem  er  den  östlichen  Flügel  der  orsteren  abbrechen 
haß,  den  nördlichen  bis  zu  dem  der  Verbürg  angehörenden 
Haberthurm  verlftngerte,  daran  einen  neuen  Ostflügel  anschloß 
imd  an  diesen  unter  Benutzung  der  alten  Abschlußmauer  den 

Alipr.  MonaUttolixii't  Bd.  XXVIL  llii.  5  o,  OL  2U 


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450 


Q«Mliidite  der  Befeeiigungen  Königsbergs. 


SfldfltIgeL  Hau  darf  annahmen,  daO  snarat  der  KocdflBgal  -ror- 
lAngert  worden  iat,  und  Kwar  achrittweise,  denn  nach  d«m 
Beringschen  Plane  bestand  hier  die  Yerlftngeruug  ans  drei  Ter- 

schiedenen  Gebäuden.  Das  deutet  darauf  hin,  daß  dieee  Ge- 
bäude uach  und  nach  in  der  ersten  Friedenszeit  entstaudon  sind, 
als  die  Kasso  des  Herzogs  noch  so  erschöpft  war,  daß  an  einen 
größeren  aiü'  einmal  auszuführenden  Bau  nicht  zu  denken  war. 
Der  Ostriügel  ist  nach  der  luschnll  über  dem  Thore  im  Jahre 
1632  wabrscheiuiich  vollendet  worden  und  1551  der  Südflügel 
nach  der  über  der  dortigen  Pforte  zu  leaenden  Jahreaaahl.  Aoch 
der  Westflügel  wurde  nach  dem  Berichte  Hennenbergera  unter 
Anftigong  der  beiden  mnden  Bokthtbrme  einem  grflndlidhen 
ümbau  miterworfen,  ab«  erst  swiaohen  1684  and  1694  donah 
MarkRiraf  Georg  Friedrich. 

Der  weiter  oben  gegebenen  Beschreibung  des  alten  Ordens- 
hauses ist  nun  noch  Folgendes  hinzuzufügen,  um  die  Haupte 
unirisso  des  Bildes  von  dem  herzoglichen  Schlosse,  wie  Bering 
es  darstellt,  zu  zeichnen.  An  dem  Östlichen  Tlieiie  der  Außen- 
mauer des  SüdÜügeLs,  welcher  sich  hier  durch  das  höhere  Dach 
als  eine  besondere  Abtheilung  des  ganzen  Flügels  kennzeichnet^ 
tritt  ein  halber  Bundthurm  hervor,  ähnlich  den  beiden  andern, 
welche  wir  an  dem  Theile  dieser  Mauer  westlich  der  Pforte 
kennen  gelernt  haben.  Sa  IftSt  sich  nicht  bestimmen,  ob  er 
eine  neue  Zuthat  ist  oder  sor  alten  Befestigung  gehört»^*^  An 

106)  Difi  PMhnAae,  welche  gegenwirtag  noch  Aber  der  Pforte  in 
Form  einee  kleinen  halben  Ruudthürmcheiw  heryonagt,  hat  Bering  über* 
sehen,  denn  sie  fehlt  in  seiner  Zeichnung.  Vom  westlichen  Ende  dee 
Südflügels  ans  Heß  nm  das  Jahr  15(X)  der  Herzog  eine  hölzerne  Oallerie 
erbauen,  welche  in  die  altstädtische  Kirche  führte  und  wolil  auf  Stendern 
geruht  haben  muü,  weil  sie  die  Kirchenstraße  (jetzt  Beigt»traßo)  überschritt. 
8ie  eollte  dem  hochbetagten  Flinten  den  Beench  dieeer  Kirche  erleichtera; 
die  AltBt&dter  glaubten  aber,  daß  durch  diese  Oallerie  ihre  Sieherhett  ge- 
fUhrdet  sei,  weil  der  Henog  mittelst  derselben  leicht  tausend  Mann  Truppen 
unbemerkt  in  die  Kirche  belönlem  nnä  von  hier  aus  die  Stadt  überfallen 
lassen  küuiitc.  Sio  hüten  ilaher  uiif  dem  Landtage  von  ir>«5ü  um  Be^H^iti^n'^ff 
der  Gallerie,  wurden  aber  abbchlagig  beschiedeu.  Act.  Boru^s.  III,  ■^iii.  Zu 
Benag'e  Zeit  ezittirte  sie  nicht  mehr.  Eine  tthnliche  OeUeri^  welche  vom 


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Von  C.  Beckherm. 


451 


diesen  Flügel  scliließt  sich  die  Giobplseit.e  des  Ostfliigols  an, 
welcher  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  ein  gleichfoniiiges  Dach 
trigt  An  der  Südoeteoke  dieses  Fltlgels  steht  ein  starker  Thurm, 
▼dcher  in  seiner  unteren  Hftlite  qnadratisoh  isfe,  dann  aber,  wie 
6B  fldieint,  ins  Sechmehneek  übeigeht  ond  auf  seinem  niedrigen 
Dache  einen  latemenartigen  Anfiaia  trägt.  Li  dem  Winkel, 
den  dieser  Thurm  mit  der  langen  AnBenseite  des  Ostflflgels 
bildet,  lehnt  sich  oin  mit  letzterem  gleich  holies  und  parallel 
f:estc]ltes  Gebäude  unmittelbar  an  beide  an.  Zwiselien  dem 
nordlichen  Ende  des  Oattiügels  und  dem  neuen  Theiie  des  Nord- 
iügels  befindet  sich  das  weit  vortretende  Tbor,  welohes  beinahe 
in  derselben  Gestalt  erscheint,  die  es  noch  gegenwärtig  hat;  es 
srigt  jedoch  statt  des  abgewalmten  Daches  einen  Giebel,  und 
die  beiden  Erkerthflrmchen  haben  Pyramidendftcher.  Ans  dem- 
selben führten  Pforten  in  den  Paroham.  In  dem  Winkel 
zwischen  Thor  und  OstÜügol  betindet  sich  ein  kleiner  runder 
Treppenthurm.  Der  an  der  Nordostecke  in  der  Nähe  des  Thores 
stehende  alte  achteckige  Haberthurm  trägt  auf  seinem  niedrigen 
Dache  einen  ähnlichen  Aufsatz  wie  der  oben  erwähnte  Eck- 
tfanrm.  üeber  den  nenen  Theü  des  Nordflügels  ist  weiter  nichts 
sn  sagen  als  vorhin  bereits  geschehen.  Der  umgebaute  West- 
flägel  ist  auf  beiden  Langseiten  dnrch  einige  giebelarti^^o  Auf- 
sätze im  R -liaissancestil  ver/iort;  denselben  Stil  zeigen  auch  die 
Giebel  der  Sclimalseiten.  Die  beiden  neu'^n  nmden  Eckthürme 
gehen  über  dem  niedrigen  Dache  ins  Achteck  über  und  tragen 
auf  diesem  Theiie  ein  spitzes  Dach.  Bei  dem  Umbau  des  West- 
flflgels  erhielt  dieser  auch  die  Durchfahrt  unter  der  Schloßkirche, 
durch  welche  man  den  Gang  erreichte,  der  2ur  Altstadt  hinab- 
fOhrte.  Von  den  beiden  Piorten  desselben  wurde  die  untere 
beseitigt,  die  obere  verlegt.  Diesen  Gang  hatte  man  schon  im 
Jahre  1529  in  einen  i  abrweg  verwaudein  wollen,  diese  Absicht 

östlichen  Endo  des  Nordflügels  über  den  Graben  und  die  Juukergasse  hin- 
weg in  die  königlichen  O&rten  und  sa  dem  am  jetzigen  Münzplatze  stehenden 
BtUhattse  fiUute»  wurde  ent  am  Anfimge  des  18.  Jahrhunderts  abgebrochen. 
Eriint  Ptenßen  I,  906u 

20» 

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Geschieht«  der  Befesligungeu  KüDigshergs. 


aber  wegen  dee  Wideniamdee  des  altetädtieohen  Baihes  auf- 
geben mflssen;  sie  Iram  erst  im  «weiten  Deoenninm  Ttnsers 

liunderts  zur  Austuliriiiig.  (Vergl.  Bockherrn,  über  die  Daiizker. 
Altpr.  Msclir.  XXV,  249 — 253).  Ein  anderer  Fahrweg  urade 
hier  dagegen  schon  im  Jahre  ITCHJ  angelegt,  indem  man  die 
westliche  Parchammauer  nahe  bei  ihrem  nordlichen  Ende  durch- 
brach, hier  eine  hölzerne  Brücke,  die  Bunte  Brücke  genannt, 
über  den  Schlo^graben  schlug  nnd  80  eine  Verbindung  mit  dem 
Prinaessinplatge  sobnf,  woselbst  sp&ter  die  gleichnamige  Strafe 
entstand.  Die  genannte  Brflcke  wurde  gegen  Ende  des  vorigen 
Jabrhtmderts  durch  einen  Damm  mit  gewölbtem  Dorcblaß  ersetat, 
worin  sich  eine  öfifontliohe  Latrine  befimd.'"*)  üeber  dieser 
Torher  allerdings  in  angemessener  Weise  nmgeflnderten  Localitftt 
erhob  sich  später  das  Standbild  Xant's!  Der  Unterbau  des 
Hauptthurmes  war  bei  dem  von  Georg  Friedrich  auBgefiilirten 
ümban  in  der  Hanpisache  unverändert  geblieben,  er  erhielt  aber 
eine  dem  Stil  des  Westflügels  einigermaßen  angepaßte  Spitze, 
ähnlich  derjenigen,  welche  1864  der  jetzigen  weichen  muBte, 
ihr  fehlte  aber  die  Laterne.  Außer  dem  jetzt  noch  vorhandenen 
Treppenthnrm  im  Schlofihofe  stand  ein  eweiter  in  dem  Winkel 
Ewischen  Hanptthurm  und  Westfltigel. 

Von  den  AuBenwerken  dse  Schlosses  auf  der  Sodaeite 
findet  sich  anf  Berings  Plan  keine  Spar  mehr  vor,  nnr  die  Stelle 
der  ehemaligen  Pforte  in  der  ftoßeren  Parohammaner,  wo  der 
von  der  Pforte  unter  der  Pechnase  herabfiifirendo  Steg  aua- 
mündete, wird  durch  ein  an  der  schon  erwähnten  Schloßireppe 
stt  licndes  Haus  bezeichnet,  welches  eaieu  Durchgang  enthält. 
l)a  wo  ehemals  die  äußere  Parchammauer  stan<l,  zieht  yich  nun- 
mehr die  nördliche  Häuserreihe  der  altstädtischen  Kirchenstraße 
(jetzt  Bergstraße)  hin.  Vor  dem  nenerbanten  Ostflügel  des 
Schlosses  war  wieder  ein  Parcham  angelegt,  dessen  mit  Scharten 
versehene  Hauer  sich  von  der  Ecke  des  weit  vorspringenden 
Theres  bis  za  dem  Gbb&nde  erstreckte,  welches  vor  dem  Flügel 


1C9)  Erlaut.  Preußen  V,  207.  Plan  im  Staatsarchiv. 


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Vuu  C.  Beckherru. 


453 


in  dem  roa  diesem  mit  dem  sddfisÜiolieii  EckÜmrme  gebildeten 
Winkel  stand.   An  der  ftnBeren  Maner  des  Ostflürrols,  so  weit 

ilir  der  Parcham  vorlag,  schienen  die  beiden  oberen  Goseliossö 
mittelstt  einer  Reihe  auskragender  Rundbogen  über  das  Erd- 
geschoJi  etwas  vorgebaut  gewesen  m  sein;  wenn  die  etwaa  un- 
deutliche Zeichnung  Berings  richtig  aufgefaßt  wäre,  würde  mau 
diese  Anordnung  des  Mauerwerks  aU  Machicoulis  anzusehen 
haben.  Der  untere  Theil  der  Pardbammaner  bildete  zugleich 
die  innere  Bekleidung  des  nassen  Grabens,  welcher  sich  beim 
Haberthnnn  an  den  alten  Graben  der  Nordfront  anschloß.  Da 
wo  im  Sftden  der  Boden  sich  st&rker  sa  senken  begann,  war 
der  Graben  durch  eine  als  Stauwehr  dienende  starke  Maner 
abgeschlossen,  welche  mit  einem  gedeckten  Wehrgange  versehen 
war,  der  aus  dem  mehrfach  gedachlon  Gebäude  zwisclien  Schloß- 
flügel und  Kcktliurm  seinen  Zi!L':aug  hatte.  Ueber  den  Graben, 
d»?s.sen  ( 'ontrescarj^e  ebenfalls  «gemauert  war,  führte  vom  Thore 
aus  eine  hölzerne  Brücko,  die  als  Zugbrücke  eingericlitet  war.^**^ 
£in  eigentliches  Vorth or  war  nicht  vorhanden  und  der  Zugang 
sor  Bracke  vom  Müblenl>errre  und  Schloiiteichdamm  her  ganz 
offen;  es  stand  aber  ein  Thor  südlich  von  dem  Ausgange  der 
Brücke,  unmittelbar  daneben  und  mit  seinem  Durchgange  recht- 
winklig EU  derselben  gestellt.  Dieses,  ein  kleines  Thorhaus  mit 
Walmdach  und  Durchgang  in  den  Langseiten,  schloB  den 
^tnalen  Raum  zwischen  dem  Graben  und  der  nördlichen  Ecke 
des  Ueberrestes  der  Vorburg  ab.  Durch  dasselbe  führte  nun  ein 
näherer  Weg  als  der  alte  auf  dem  Mühlenberge  zur  Altstadt 
hinab.  Er  war  von  zwei  Mauern  (ungefaßt,  auf  der  einen  Seite 
von  der  hoch  über  den  Grabenrand  hinaus  auigeführten  äui^eren 
fiekleidungsmauer  des  Schloßgrabens,  auf  der  andern  von  der 
Mauer,  welche  den  Hof  der  Verbürg  abschlofi.  An  seinem  süd- 
lichen Ende,  awischen  dem  Stauwehr  und  dem  gegenttberliegenden 
Theile  der  Vorhnrg  war  er  abermals  durch  ein  größeres  Thor- 
haus  mit  Durchgang  in  den  Giehelseiten  abgeschlossen.   In  der 


HO)  Mira«,  Lobspruch  d.  Stadt  Königsb.  N.  Pr.  Prov.-Bl.  a.  F.  VUI,  217. 


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454 


Geschichte  der  BelesUguugea  Köuigsberga. 


Verlängerung  dieses  Weges,  da  wo  er  in  die  Berg;^triiße  ein- 
mündet, finden  wir  auf  Bering's  Plan  der  Sclimiedestnilie  gegen- 
über ein  drittes  Thorliaus.  Dieses  ist  erst  vom  Markgraten 
(xeorg  Friedrich  erbaut  worden,  denn  auf  dem  Landtage  von  1594 
klagen  die  Bürger  der  Altstadt^  „daß  die  Begienug  1693  eine 
ungewöhnliche  Maner  auf  der  Stadt  Grund  und  Boden  erbauet^ 
nachdem  sie  einige  Jahre  irfiher  ebenso  ein  Thor  erbaut 
Dieses  kann  nur  das  in  Eede  stehende  Thorhans  sein,  welches 
auf  eintun  Grunde  stand,  von  dem  mit  KücksicLt  aut'  die  Eut- 
ötehungs weise  des  dortigen  Stadttheiles  (vergl.  dtju  Abschnitt: 
Ordensbaus,  Yorborg  Steinbau)  anzunehmen  ist,  dass  man  zur 
Zeit  der  £rbannng  des  Thores  über  die  Zugehörigkeit  dieses 
Grundes  nicht  mehr  im  Klaren  war.  Die  den  Weg  zwischoi 
diesem  und  dem  mittleren  Thore  ehemals  einfassenden  Mauern, 
Ton  denen  in  der  Klage  ehenfidls  die  Itede  ist,  sind,  wie  ans 
Bering's  Plan  hervorgeht,  sehr  bald  durcli  Häuser  ersetzt  worden. 
Dieses  unterste  Thor  wurde  das  Sehloßthor  oder  Mordij^rubenthor 
genannt.  Der  letztere,  zum  Eintritt  in  die  Altstadt  nicht  sehr 
einladende  Namen  wird  wohl  auf  ein  an  den  altstädtiscben  Rath 
gerichtetes  Schreiben  des  wegen  hartnftokiger  Opposition  und 
yerschiedener  üebergriffe  der  Stadt  erzflmten  Markgrafen  Georg 
Friedrich  znrttckznftohren  sein,  worin  er  die  Altstadt  mit  einer 
Mördergrube  vergleicht.  Die  eben  beschriebene  neue  Verbindiuig 
mit  der  Altstadt  kann  ihrer  Steilheit  halber  mit  Wagen  nicht 
befahren  worden  sein;  dieses  ist  erst  möglich  geworden,  nachdem 
die  Schmiedestraße  an  ihrem  oberen  Ende  nebst  den  daran- 
stossenden  Theilen  der  Bergstraße  und  des  Schloßberges  anf 
mehr  als  Manneshöhe  aufgeschüttet  worden  waren,  und  swar 
mit  dem  Schutte  der  oben  erwähnten  Mauern  und  Thore.  Die 
ganze  AuBere  Befestigung  swisohen  der  Torburg  und  dem  Ost- 
flügel des  Schlosses  wurde  nämlich  von  1700  bis  1705  durch 
Zuwerfen  des  Grabens  und  Abbrechung  der  Mauern  und  der 

111)  Big'ack,  der  prenB.  Landtag  i.  J.  IbdL  Siftinngeber.  d.  PniMtt 
1688/84.  S.46. 

112)  Bnjack  a.  a.  0.  S.  47. 


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Von  0.  Beckberrn. 


455 


drei  Thore  beseitigfc,  wegen  eines  Ton  König  Friedrich  I.  ge- 
planten vollständigen  Ümbanes  des  ganzen  östlichen  Schloß- 
flüjrels;  dieser  kam  aber  in  den  Jahren  1705  bis  1712  nur  in 
Seiner  «üdiiclieü  Hälfto  zur  Ausführung.  Auch  der  jüngere 
Thdü  des  Nordflügek  hat  1810  einen  Umbau  erfahren.  . 

Hier  mag  aaoli  noch  einiger  minder  wichtigen  Yerftnde-  Aitcudt 
rongen  an  den  Feetangswerken  der  St&dte  gedacht  werden.  In 
der  Altstadt  wurde  anter  dem  Markgrafen  G^rg  Friedrich  das 
Holsthor  nmgebant  und  zeigte  in  seiner  nenen  Gestalt  tiber  drei 
Geschossen  Kenaissancegiebel  mit  einer  auf  den  Bau  bezüglichen 
Inschrift  und  den  ])renssischen  Adler. *^*) 

Im  Löbenicht  scheinen  in  dieser  Periode  in  Ibrtificatorischer  ^^öbenicht. 
Beziehnng  keine  Yerändernno^en  yorgekomme»  zu  sein. 

Die  Stadt  Kneiphof  erhielt  im  Jahre  1642  vom  Hensoge  J^»^ 
die  Erlanbnifi  znr  Erbauung  einer  neuen  Brücke  über  den  die 
Ostseite  der  Insel  umströmenden  Pregelarm  unter  der  Bedingung, 
dass  sie  durch  ein  Thor  gesichert  würde."*)  Diese  Brücke  ist 
die  heutige  Honighrücke,  und  das  neuerbaute  Thorhaus  hieB, 
wie  das  alte  eiieuials  mittels  der  Dombrüeke  7Air  Altstadt  hin- 
überführende, das  Domthor,  spater  Honigthor.  Dem  Grünen 
Thor  setzte  man  im  Jahre  1592  einen  Thurm  auf,  welcher  im 
oateren  Theile  aus  einem  Cnbus  mit  heramlaufender  Ghtllerie 
bestand.  Auf  diesem  erhob  sich  ein  Achteck  mit  einer  soge- 
nannten welschen  8pitee.  Der  ganze  Thurm  war  in  Fachwerk 
erbaut. 

"Während  der  langen  Priedensdauer  nach  dem  letzten  pol- 
nischen Kriege  fing  man  in  den  drei  Städten  bald  au,  wenig 
Qewicht  auf  die  Befestigung  zu  legen  und  Hess  die  Werke  all- 
tn&hlich  verfallen,  so  da£  sogar  Herzog  Albrecht  sich  venmlaBt 
&iid,  der  Altstadt  im  Jahre  1566  einen  Theil  der  fiscalischen 

U9)  Pkber  a.  a.  O.  S.  23,  90  u.  82.  SitBongslwr.  d.  Prossia  1686/87 
8. 90  Q.  100. 

114)  S.  Bering  u.  N.  Pr.  Prov.-Bl.  a.  F.  X,  2ia 

115)  Freiberg,  N.  Pr.  Prov.-BI.  V,  418. 

116)  N.  Pr.  Proy.-BL  8.  F.  IX,  6U. 


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466 


6«fidiiclite  der  BefWgangaii  Königsbergs. 


Einnabmeii  zur  Aasbessenmg  der  Manem»  Tbore  und  Thttrme 
ZQ  verschreiben.  Eine  Verstärkimg  der  veralteten  Haner- 
befestiguDg  dorch  davor  anzulegende  Erdwerke,  wozu  der  Herzog 
im  Jahre  1565  die  Anregung  gab,*'^}  kam  entweder  ans  ICangel 
au  Mitteln  oder  an  Energie  nicht  zur  Ausführung,  die  Ver- 
na-Ii  lässigimg  der  Befestigimg  nahm  viehnehr  ihren  Fr>rtf,'ang. 
und  so  finden  wir  denn  um  das  Jahr  1613  im  Löbeuieht  von 
der  Stadtmauer  und  etwaigen  Thürmen  keine  Spur  mehr  vor, 
in  der  Altstadt  und  mehr  noch  im  Kneiphof  sehen  wir  sie  aul 
einigen  Strecken  noch  frei  und  unversehrt  dastehen,  der  größeste 
Theil  der  Mauern  ist  abor  achon  entweder  ganz  beseitig^  oder 
es  sind  Häuser  daran  und  darauf  gebaut.  Nur  die  Thürme  sind 
hier  erhalten  und  überall  auch  die  Thore,  diese  aber  auch  theil- 
weise  nur  noch  in  vertheidigungsf&higem  Zustande.'^')  Denn 
sie  galten  den  Städten  kaum  noch  als  Festungswerke,  sond^ 
waren  bei  <1.  la  zwischen.  iLnuu  nud  auch  gegen  den  Lundesherm 
horr:5cli''!iilen  Mißtrauen  und  Ixn  der  gegenseitigen  Mißgunst 
hauptsaclilich  nur  willkommene  Mittel,  sich  gegen  einander  ab- 
zuschließen und  durch  Erschwerung  des  Verkehrs  eine  der 


117)  Altpr.  Ifonataaehr.  XXV,  95. 

118)  Liedert,  das  jubil,  Königab.  S.  B-4. 

nn)  Von  den  Thoren  der  Altstadt  wurden  abgebrochen:  Das  Schloß- 
thor iTn'.  flas  T.öhenirhtsrho  17O0,  das  Lastadien-  nnd  flas  Laakenthor  1734, 
das  bteiadauiuier  und  das  Ivoggeuthor  1752,  das  Schmiedelhor  17b7,  das 
Holzthor  1790.  Im  Löbenicht:  Das  Sackbeimer  1752,  das  Narreuthor  1753, 
aas  HäUenthor  1809  (?),  das  Erttochenthor  1814.  Im  Kneiphof:  Bas 
Scbmiedethor  1786,  das  Srftmerthor  1768,  das  Honigtikor  l'ffi?,  daa  GrOne 
Thor  1864,  das  Küttelthor  ca.  18C7.  Auf  der  Burgfreiheit:  Das  Junker- 
gassentbor  im  Anfange  df»s  19,.  .Talirlmii  l..  das  Kreuzthor  1705,  (das  Mühion« 
thor  18()?)V).  Von  den  Mauert  hunnen  ist  nur  bekannt,  daß  im  Knei|>hv>f  ler 
eigentliclio  Blaue  Thurm  1735  und  in  der  Altstadt  der  Pfeifenthurm  lioT, 
der  Thnnn  am  Qemcingavieii  1763,  der  Uel>ertest  des  Danskers  1690^  der 
danebenstehende  Thurm  1800  nnd  der  Nene  Thurm  1888  abgebrochen  worden 
sind.  Von  der  alten  MauerlK  f  stigoog  existiren  nur  iwch  in  der  Altstadt 
das  Dombrückenthor  an  der  Badergasse  und  der  Gelbe  Thurm  am  Gesecus- 
phitz  und  im  Knoipbof  der  jetzt  voH^fündig  umgebaute  spätere  Biaue  Thurm. 
An  die  tbomalige  neuere  Wallbelebiiguug  erinnert  nur  allein  noch  der 
IlUgel,  auf  welchem  die  Sternwarte  steht;  er  ist  der  Ueberrest  eines  Bastions. 


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Voa  C.  Beckhorru. 


457 


andern  Naohtbeile  nurafitgen.  Außerdem  aber  hatte  die  Be- 
festigimg im  Ganzen  ihre  ßedeutnng  dadurch  verloren,  daB  die 

Vürstü'lto  sich  so  nahe  und  in  s(»lchor  Ausdohauug  au  die  Werke 
herangedrängt  hatten,  daß  die  Ik.seitigung  jener  im  Falle  ßines 
feindlichen  Angrifls  schwierig  und  aus  mancherlei  GrumiHn 
bedenklich,  ohne  diese  Maßregel  aber  an  eine  Vertheidigung  der 
StAdte  nicht  zu  denken  war. 

In  f'olge  dieser  Übeln  Yer&ssang  ihrer  passiven  nnd,  bei-  ^'l^'^T' 
lAnfig  bemerkt,  auch  activen  Tertheidigongsmittel  geriethen  die  ^  bä-*ä^ 
Stftdte  Königsberg  wAhrend  des  sohwedisoh-polnisohen  Krieges 
in  eine  ftnJSarst  kritische  Lage.  Seit  dem  Anfange  des  16.  Jahr* 
hnnderts  hatte  sich  südlieli  von  dem  Dorfe  Altpillau  auf  der 
Nelunng  ein  neues  Tief  gebildet,  während  die  früheren  nach 
und  nach  verj^andet  waren.  An  dieser  neuen  Fahrstraße  hatte 
die  Regierung  auf  der  saudigen  Landzunge  unter  dem  genannten 
Dorfe  eine  kleine  Schanze  angelegt,  welche,  als  im  Jahre  1626  Sn*"!:"" 
die  Kriegsverhältnisse  sich  für  Preusson  bedrohlicher  gestalteten,  ^Ju^lnj 
schon  ver&llen  war.  Sie  wnrde  daher  im  An£uige  des  Jahres 
durch  eine  neue,  jedoch  sehr  mangelhaft  erbaute  ersetet,  und 
diese  erhielt  eine  Besatanng  von  286  Mann.  AnSerdem  .waren 
vor  dem  Tief  8  mit  Geschützen  armirte  imd  mit  104  Mann 
besetzte  Schiffe  stationirt,  um  dadurch  einer  Forderung  des 
Königs  von  roleu  zu  geuiigeii.  Am  5.  Juli  erschien  nun  der 
König  Gustav  Adolf  von  Schweden  mit  einer  P^lotto  vor  di^n 
Tief,  nahm  die  preuiJischen  Schiffe  und  l)(Ksotzte  die  Schanze, 
deren  Besataung  sich  ohne  Schwertstreich^  nach  Altpillau 
sarückgezogon  hatte.  Die  Schanze  liefi  der  König  einebnen 
und  dafür  eine  solidere  und  zweckmäßigere  erbauen,  auch  die 
gegenüberliegende  Spitze  der  Nehnmg  befestigen.  Nach  einigen 
Tagen  segelte  er  über  das  Haff  nach  Braunsberg,  um  sich  von 
dort  aus  des  Ermlandes  zu  bemftchtigen  und  dann  weiter  in  das 
polnische  Preußen  vorzudringen.  Schon  gleich  nach  seiner 
Laiuluug  bei  Altpillau  hatte  er  sowohl  von  den  pnMißischon 
Oberrathen  als  besonders  auch  von  den  Städten  Königsberg  die 
Keutralität  verlaugt.  Diese  wollte  er,  ihre  militärische  Bedeutung 


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458 


Q«0eliielite  dar  BefiBsiigtuigen  Königsbergs. 


Qbenchftteend,  nicht  in  seinem  Bflcken  lasaeni  ohne  sie  dnrdi 
einen  Vertrag  gebunden  En  haben.  Den  Oberräthen  gelang  es 
dnrch  Berufbng  auf  ihre  Stellung  dem  Könige  von  Polen,  dem 
abwesendeii  Kurfilrsten  und  df^n  Stand-^n  gegenüber,  Anfechub 
für  ihre  Entsrh..i,lung  zu  erlialr.»Mi ;  von  den  Städten  aber  ver- 
langte der  K<ini<j^  trotz  aller  VorateUungen  die  Neutmlitat  so 
bestimmt  und  untor  so  energischen  Drohungen,  daß  diese,  in 
jeder  Beziehung  wehrlos,  sieh  zur  Unterzeichnung  des  Neutralitäts- 
yertrages  am  22.  Juli  verstehen  maßten,  wodurch  sie  dem  Knr- 
flirsten  und  mehr  noch  dem  Könige  Yon  Polen  gegenüber  in 
eine  sehr  nuBlidie  Stellung  versetzt  wurden. 

Dnrch  diese  ftble  Erfahrung  wirksam  belehrt,  gingen  die 
Städte  noch  in  demselben  Jahre  daran,  sich  durch  Herstellung 
einer  zeitgemäßen  und  gemeinsamen  Befestigung  in  bessern 
Veitlieidiguii^znstand  zu  st't/.t-n.'--'*  Diese  sollte  zugleicli  siimmt- 
liche  Vorstädte  nebst  dem  Dorfe  Haberberg,  in  dessen  Besitz 
der  Kneiphof  1522  gelangt  war,  mitnmffiss'^n.  Der  Professor 
der  Mathematik  an  der  Universität  Königsberg  M.  Job.  StraoB 
'  wurde  zu  dem  Ende  mit  dem  Entwürfe  einer  den  damaligen 
Begeln  der  Fortification  entsprechenden  Befestigung  betraut 
Ben  Bau  leitete  zuerst  der  Oberst  Abraham  t.  Dohna'^  mit 
Hilfe  des  Feldmessers  Conrad  Bark  und  seit  1684,  nachdem  er 
in  der  Hauptsache  bereits  vollendet  war,  der  Ingenieur  Christian 
Rose.**')  Er  wurde  auf  Kosten  imd  mit  Schanverksdiensten 
der  Bärgerschaft  an^Jgeführt;  nur  zu  dem  Theile,  welcher  die 
kurfürstlichen  Freiheiten  berührte,  wurden  die  Kosten  aus  der 
kurfürstlichen  Kasse  hergegeben.  Der  Wall  dieser  neuen  Be- 
festigung folgte  im  Allgemeinen  derselben  Linie,  welche  der 
Hanptwall  der  gegenwärtigen  Festung  einhftlt,  in  der  Qegend 
des  Fiiedlftnder  Thores  und  auf  der  Nordwestseite  lag  er  jedodi 
theilweise  beträchtlich  weiter  raokwftrts.    Biese  Befestigung 

190)  Bock,  Ehdeitang  in  den  Staat  Prenlon  a  lOBL 

121)  Pisanski,  Lit.  riirgf    1  !  htr.  X.  Pr.  Prov.-BL  a.  F.  HI,  125,  25M. 

122)  L'vAo.n  a.  a.  O,  S.  55.    EiJaut.  PreoA.  I,  206. 

123)  Piaanski  a.  a.  0.  S.  126,  127. 


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Yoa  C.  Beckherrn. 


469 


besaij  an  Außenwerken  nur  dou  gedockten  Weg  mit  dem  Glacis 
und  bestand  aus  einem  Hauptwalle  ohne  jedes  Mauerwerk  mit 
davorliegendem  Graben.  Der  "Wall  war  mit  einem  Wallen nge, 
Stnfenbanket  und  schwacher  Brustwehr  versehen,  um  seinen 
ftosseren  Fuß  zog  sich  eine  aus  breitem  Wallgange,  Stnfenbanket 
lud  Brustwehr  bestehende  attachirto  Faussebraie  herum. 
Die  beiden  Eaoarpen  des  breiten,  cum  kleineren  Theile  aus  dem 
Fregel,  som  grOBeren  ans  dem  Oberteiohe  mit  Wasser  gespeisten 
und  mit  den  erforderlichen  Stauwehren  versehenen  Grabens  waren 
nicht  bekleidet,  der  gedeckte  Weg  war  schmal,  das  Glacis  niedrig. 
Das  Profil  war  also  das  der  älteren  uiedcilündist  heu  Manier, 
Dio  Bastion©  standen  noch  mit  ihren  Flanken  senkrecht  auf  der 
Courtine.  Diese  Eneeinte  wurde  durch  den  Pregel  mit  seinen 
beiden  in  der  Stadt  sich  vereinigenden  Armen  und  den  Oberteioh 
in  vier  Abschnitte  zerlegt.  Der  attdliche  erstreckte  sich  vom 
sogenannten  alten  oder  natangiachen  Pregel  in  weitem  Bogen 
vom  Friedländer  Thore  bis  zum  Pregel  unterhalb  der  Stadt  am 
Holunder  Baume,  woselbst  die  Feste  Friedrichsburg  noch  nicht 
ezistirto.  Er  zfthlte  9  ganze  und  3  halbe  Bastione;  diese  letzteren 
bildeten  hier  wie  auch  bei  den  anderen  Abschnitten  den  An- 
schluß an  die  den  Wall  durchschneidenden  Ginvässer.  Der 
nordwestliche  vom  Holländer  Baume  bis  zum  Oberteiche  sich 
erstreckende  Absclmitt  hatte  Ö  ganze  und  2  halbe  Bastione,  der 
nordöstliche  vom  Oberteich  zum  sogenannten  neuen  Pregel  am 
Litauer  Baume  reichende  die  gleiche  Anzahl  und  der  sadöstliche, 
die  Lücke  zwischen  den  beiden  Pregelannen  schließende  8  ganze 
und  8  halbe  Bastione.  Dieser  Abschnitt  zeigt  auf  dem  Plane 
bei  Pttfendorf  eine  regelmäßige  Trace,  aus  der  Beschreibung  der 
Festungswerke  Königsljeigs  von  Job.  Gottfr.  Kalan  in  dessen 
geographischer  Reise  von  1723  geht  dagegen  hervor,  dalj  der 
Gnindriß  der  Werke  dieses  Abschuitta  ein  ganz  unregelmäßip:er 
gewesen  ist.   Die  Beschreibung  ist  leider  in  Folge  der  mangel- 


12i)  Die  ans  dem  Paroham  oder  Zwinger  der  alten  mnerbelestigiing 
bervorgegaiigene  Fanseebraie  diente  mt  aiedom  Beetreiflhwig  des  Qrabens. 


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4ßO 


Q«0c]uohto  der  B«l'eatiguugeu  Köuigöbi»'g8. 


haften  militärischen  Kenntnisse  des  son.st  sehr  zuverlässigen  luia 
gut  unterrichteten  Verfasserg  so  unklar,  daß  sie  hier  nicht  wieder- 
gegeben wi  r  In  kann.  Auf  dorn  Müllerschen  Plane  ist  Yim 
diesem  AbBchnitt  keine  Spur  mehr  walirnehmbar. 

Von  ftuüeren  Werken  wird  nur  eins  erwähnt,  nämlich  die 
aogenannte  Jungfemsohanze,'^)  welohe  in  den  der  Altstadt  so- 
gehörigen  PlregelwieBen  gelegen  hat,  wahnoheinlich  in  denen 
unterhalb  der  Stadt.  Hier  könnte  sie  den  Zweck  gehabt  haben, 
die  Annäherung  feindlicher  Schiffe  auf  dem  Pregel  m  ▼erhindem. 

Die  damals  vorhandenen  Thore  waren  das  gegen  das  jetsdge 
etwas  zui uckgelegeue  Friedlaiider,  das  iirandenburger,  welchui» 
etwas  weiter  östlich  stand  als  flogen  wärt  ig,  (las  mehr  rückwärts 
stehende  Stein  dammer,  das  Tragheimer,  dan  Rossgärter  und  das 
Backheimer  Thor;  das  Königsthor,  zuerst  Gumbiuuer  Tlior  ge- 
nannt, ist  erst  uach  1765  entstanden.  Nur  militärischen  Zwecken 
diente  das  Aas£aUthor,  im  nordwesüiohen  Abschnitt  neben  der 
rechten  Planke  des  aweiten  Bastions  vom  Pregel  gelegen,  mid 
wahrscheinlich  auch  ein  im  nordostlichen  Abschnitt  neben  der 
rechten  Flanke  des  sechsten  Bastions  vom  Pregel  befindliches, 
das  nacherige  Neuesorgenthor  am  ehemaligen  Wege  nach  Kalt- 
hof. Eine  ähnliche,  von  der  Mitte  der  Courtinu  fortgerückte 
Stellung  im  Walle  wie  diese  beiden  hatten  auch  das  Tragheimer 
und  das  Brandenburger  Thor.'-*')  Sammtliche  Thore  waren  nur 
niedrige  und  schwache  Thorhäuser,  was  aus  der  Beschaöenheit 
der  beiden  bis  in  die  neuere  Zeit  erhaltenen,  nämlich  des 
Brandenburger  und  des  Steindammer  Thores  an  sohUefien  ist 
Letateres,  im  Jahre  1886  abgebrochen,  war  ein  ein&ches  Thor- 
hans  von  80  nnd  85  Pnß  Seitenlange  nnd  ca.  25  Fu6  Höhe  bis 
au  dem  Walmdache.  Durch  die  schmalen  Seiten  war  die  Bnrch« 
fahrt  g  1  aus  welcher  eine  Treppe  in  der  Mauer  zu  einem 
oberen  Geschosse  führte.    Dieses  war  mit  je  zwei  Fenstern  aul 

125)  Conrad,  Raths-  und  Gerichtsvttx^MS.  von  Xönigsb.  AltprooB^ 
MonataBohr.  XXIV,  85  and  Kimmenietat,  ebenda  XZV,  U  n.  90. 

126)  Pufandorf,  Thatm  Karl  Gustavs^  Königs  von  Sdiweden,  Taf.  2B. 
Yaleriaa  Mtdlert  Plan  von  Königsberg. 


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VoA  G.  Beckherm. 


461 


den  beiden  Schmalseiten  vorselion  und  als  Thorwärterwohnimg 
eingerichtet.^^')  Das  Brandenburger  Thor,  welches  erat  beim 
Ban  der  jetsigeii  Festong  beseitigt  wurde,  war  diesem  sehr 
4hnliob« 

Das  GelAade  vor  dem  sadliohen  Abtolmitte  des  Walles 
besUmd  zum  gröBten  Theile  aus  Wiesen,  welche  von  vielen 
nassen  Gräben  dnrchschnitten  waren;  dasselbe  gilt  yon  dem 

südlichen  Theile  dea  nordwestliclien  Abselinitts.  Vor  dem  mitt- 
leren Theile  desselben  zog  .sich  iimerlmlb  Gewehrschuß  weite 
ein  Bavin  hin,  welches  vom  Walle  aus  nicht  überall  genügend 
eingesehen  werden  konnte,  für  die  Yertheidignng  daher  nach- 
iheilig  war;  der  weiter  Ostlieh  gelegene  Theil  &nd  dagegen  in 
dem  Oberteiche  mit  den  anliegenden  snmpfigen  Wiesen  einen 
vortrefflichen  Sehnte.  Anch  vor  dem  südlichen  Theile  des  öst- 
lichen Abschnittes  bildeten  die  beiden  Kupferteiche,  welche  die 
zum  Sacbheimer  Thore  fülirende  Straße  eine  kleine  Strecke  zum 
Detile  machten,  ein  gutes  Annäherungshinderniss.  Die  große 
Insel  zwischen  den  beiden  Pregelarmen  bestand  aus  sehr  weit 
hinauf  sich  erstreckenden  tiefliegenden  and  von  vielen  Wasser- 
grtben  durchschnittenen  Wiesen. 

Das  die  Festung  umgebende  Gelftnde  war  also  fast  über- 
all fthr  die  Yertheidigung  von  günstiger  Beschafienheit;  dennoch 
war  diese  neue  Anlage  eine  ihren  Zweck  verfehlende  zu  nennen, 
weil  die  activen  Vertheidigungsmitt'^1.  über  welebo  die  Stiidte 
Königsberg  geboten,  im  Verhältniß  zu  dem  Umfange  der  Festung, 
deren  Wall  eine  Länge  von  ca.  2  Meilen  erreichte  (20260  Schritte 
Fenerlinie),  viel  zu  mibedentend  waren.  Die  gesanunte  Streit- 
macht der  drei  Städte  bestand  nimlich  um  jene  Zeit,  wie  ans 
einem  Berichte  über  die  im  Jahre  16d6  stattgefimdene  Musterung 
hervorgeht,  *^**)  nur  ans  ungefähr  5750  Mann  zu  Fuß  und 
320  Reitern.  Davon  waren  ca,  450  Mann  zu  Fui3  und  2-}()  Heiter 
geworbene  Trappen  und  5300  Mann  zu  Fuß  und  bO  Kelter 


IST)  Onmd-  und  Aafkift  im  Sta«tearohiv. 
13^  N.  Pt.  Prav.-BL  a.  F.  Tm,  86  ff. 


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462 


Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


Bürgerwohr.  Dieser  letasteren  ist  wegen  üirer  geringen  Kriegs- 
erfahrung und  Ausbildung  und  Ii  s mdcrs  wogen  des  Maugeb 
an  Dibciplin  nur  ein  geringer  Werth  beizumessen,  welcher  noch 
durch  «lie  zwischen  den  verschiedenen  Coutingenten  herrsohemie 
Eifersacht  verringert  wurde.  Die  Verwendang  dieser  Trappen 
sa  einer  erfdgreiohen  Vertheidigung  der  Feetong  wurde  flbar- 
dies  durch  die  oompUoirten  und  schwierigen  Sommandoverbtlfe- 
nisse  fast  snr  Unmöglichkeit  gemacht.  Denn  die  miBtrainselien 
und  auf  ihr  Ansehen  und  ihre  Selbständigkeit  nicht  nur  uuicr 
sich,  sondern  auch  dem  Landesherrn  gegenüber  eifersüchtigen 
Städte  hatten  es  nicht  nur  abzulehnen  versucht,  kurfürsthche 
Truppen  in  die  Festung  aufzunehmen,  sondern  setzten  es  auch 
durch,  dafi  der  vom  Könige  von  Polen  als  Kommandant  der 
Festang  vorgesohlagene  und  angenommene  polnische  Offizier  — 
1636  Oberst  Otto  Wilhehn  v.  Pudewels  —  auch  den  BMlien 
der  drei  Städte  den  Eid  leisten  muBte.  Die  Selbständigkeit 
dieses  so  vielen  Herren  dienenden  Kommandanten  wurde  nun 
dadurch  aufs  äußerste  beschrankt,  daß  unmitte]l)ar  unter  seinem 
Befehle  nur  die  geworbenen  Truppen  standen,  während  er  über 
die  Bürgerwehr  nur  durch  Vermittelung  der  von  den  Städten 
und  dem  KurfiQrsten  gemeinschaftlich  ernannten  Eriegsoom- 
missarien  der  Städte  verfflgen  durfte.  Die  zur  Arminmg  der 
Werke  erforderlichen  GesohQtze  waren  in  genügender  AnisU 
niclit  vorlianden,  so  daß  der  Kurfttrst  gebeten  werden  mußte, 
damit  auszuhelfen.        Einem  umsichtigen  und  energischen  An- 


129)  Im  karfUrBtUchen  Zeoglunise  sa  Königsberg  waren  im  Jtlue 
168&  ycvliandeii:  3  scharfe  Hetasen,  von  denen  jede  95  Pitind  Eieen  wM» 
3  ganze  Karthaunen,  8  halbe  Kartliaunen,  4  ganze,  2  halbe  Feldschlangen. 

3  Falkonetten,  2  6pfüud.,  2  4iiftlnd.  Regimen*  s^^nrke,  2  4pfiind.  Lsngstücke, 
2  ()]ifün*l.  Starke,  oint«^e  Kiuntiierstücko,  b  Urgelpfeifen.  1  Serpentinlein. 
150  Doppellmkön,  35"  Haii^l^ranateu,  20  Granaten  für  Morsser.  859  Centuer 
Pulver,  162  Ceutner  Blei.  v.  Mülverstedt,  die  brandenburgische  Kriegs- 
macht unter  dem  Gr.  Kurfürsten  8.  648.  —  Ueber  die  BewiuBliaiig  der 
Soldtruppen  oder  der  Bürger  ist  noch  zu  bemerken,  daß  diese  in  Besag  auf 
die  Constraction  der  Handfeuerwaffen  schon  weit  vorgeschrtttea  war,  dmii 
auf  dem  Beringschen  Plane  von  Köni^berg  von  1618  gewahrt  m»  mitsr 


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Von  C.  Beckhem. 


463 


greifer  konnte  es  unter  diesen  Umständen  nicht  allzu  schwer 
werden,  an  irgend  einem  Ponkte  in  die  Umwallung  einzudringen, 
aelWt  wenn  er  nur  über  yerhältuißmäßig  geringe  £r&fte  und 
A]ifri£binitiel  yerAlgte.  Der  nachstelieiid  kurz  aagedeatete 
Yarknf  des  ersten  und  sweiten  echwedxsck-polnisohen  Krieges 
IM  erkennen,  dass  die  nene  Festung  lEfönigsberg  anck  ab 
Landesfestung  nur  einen  zweifelhaften  Werth  besaB,  weil  sogar 
die  zu  ihrer  Vertheid ijoaing  mit  horangozogonen  kurfürstlichen 
Truppen  nicht  hinreichten,  ihre  zu  weit  ausgedehnten  Werke 
in  genügender  Stärke  zu  besetzen. 

Im  Jahre  1627  kam  der  Kurfüzst  Georg  Wilkelm  selbst 
naek  Königsberg  und  brachte  4000  Mann  Fnssvalk  und  600  Keiter 
mit,  von  denen  ein  Tkeil  sogleich  snr  Yerstftrkung  der  Be- 
satcongen  von  Fisehhansen  und  Lochstedt  abrttckte.  Darauf 
landete  auch  der  König  vuu  Schweden  um  18.  Mai  wieder  niiL 
frischen  Truppen  in  Pillau  und  forderte  abermals  von  der 
preußischen  Regierung  die  Neutralität.  Diese  suchte  die  Sache 
wieder  durch  Unterhandlungen  hinzuziehen,  zu  welchem  Zwecke 
die  Oberräthe  sich  nach  Lockstedt  begaben.  Der  ungeduldig 
werdende  König  schloss  nun  aber  am  18.  Juni  Lockstedt  mit 
ftberlegener  Macht  ein  und  swang  die  saudemden  Oberr&thef 
sich  seinem  Verlangen  zu  fügen,  indem  diese  nun  eben^kUs 
einen  Xeutmlitäts vertrag  abschlössen,  dem  aber  der  Kurfürst 
erst  am  6.  August  beitrat.  Diesem  Vertrage  gemäß  blieb  Pillau 
in  den  Händen  der  Schweden,  welche  in  der  dortigen  BeiestiguDg, 
▼eiche  sie  noch  verstärkten,  eine  sehr  starke  Besatzung  hielten, 
cleren  gewaltsame  Bequisitionen  sich  oft  weit  in  das  Samland 
binein  erstreckten.  Als  Gustav  Adolf  am  31.  Mai  1629  wieder 
in  PiUan  eingetroffen  war,  Hess  er,  weil  er  dem  Kurfbrsten 
immer  noch  nicht  traute,  auch  Ijochstedt  und  Fischhausen  be- 


dea  die  Straßeu  der  Stadt  belebenden  Personen  auch  iolche,  welche  im  Arm 
oder  aut  der  Scliultcr  Feuergewehre  tragen,  deren  Läufe  bereits  das  mit 
Tülle  und  Hals  veiseheao  Bajouuett  zeigen.  Diese  Einrichtung  war 
Kwar  sefaon  im  16.  Jahrhundert  bekannt»  fand  aber  erst  unter  Louis  XIY* 
•Uciinsinere  Anwendong.  YerglL  BoBimin,  die  Kriegawaffon  S.  86. 


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464  OoBchiokte  der  BefeetiguDgea  KönigBbeigs. 

setzen,  und  in  dem  am  29.  September  zu  Altmark  auf  sechs 
Jalire  ab^oschlossenen  Wttllenstill^tandt?  musste  auiierdem  der 
Kurfürst  darin  willigen,  daß  nicht  nur  liochstedfc  und  Fisoh- 
liansen  mit  ihrem  gansen  Gebiete,  sondern  auch  ein  Theil  des 
Amtes  Schaaken  unter  schwedische  Verwaltung  gestellt  wurden. 
Diese  hörte  erst  auf,  nachdem  ein  neaer  Waffenstillstand  za 
Stahmsdorf  am  16.  September  1636,  durch  den  auch  PUIan 
wieder  snrdckgegeben  wurde,  abgeschlossen  worden  war.  Für 
die  von  den  Schweden  angelegten  Pestungswerke  PUlatis  hatte 
der  ivuilurst  lOOCKj  Tiialur  zu  zahlen.    Sein  Nachfolger  Friedrirb 

^Mtuag  Wilhelm  ließ  sie  abtragen  und  auf  ihrer  Stelle  ein  größeres  und 
baat]    solideres   Werk   erbauen,   bestehend   aus   einein  regelmäßigen 
hastionirten  Fünfeck  mit  revetirter  Fausaebraie,  liaveünen  and 
gedecktem  Wege.*'**) 

Im  Jahre  1665  brach  der  schwedisch^pobusche  Krieg  aber* 
mals  ans.  Der  Große  Knrftlrst  ordnete  daher  fiüstnngen  an 
nnd  marschirte  selbst  mit  brandenburgischen  Truppen  nach 
Königsberg,  wfthxend  der  König  von  Schweden  Karl  X.  Gustav 
begann,  von  Süden  her  die  Grenzen  des  Hersogthmns  ra  Uber- 
schnnten.  um  den  Kurfürsten  zum  Abschlüsse  eines  Bündnisses 
zu  zwingen.  Dieser,  weleher  viel  zu  schwach  war,  um  Königs- 
berg vertheidigen  zu  kuuuen,  ging  auf  dtia  Verlangen  d'^  ]\  '  nigj» 
ein,  als  die  Schweden  schon  bis  in  die  Nähe  der  Festung  vor- 
gerückt waren,  und  so  kam  ef?  zum  A'erfrag©  von  Schippenbeil, 
welcher  die  polnische  Lehnshoheit  in  die  schwedische  verwandelte. 
Durch  den  Vertrag  von  Labiau  am  80.  Ootober  1666  erlangte 
dann  der  Kurfürst  von  schwedischer  Seite  und  durch  den  von 
Wehlau  am  19.  September  1667  von  polnischer  Seite  die  Sou- 
verän etftt  in  PreuBen,  welche  bei  dem  Friedensschlüsse  von 
Oliva  am  1.  Mai  hM)0  anerkannt  wurde. 

citadeUe  Die  vom  Großen  Kurfürsten  von  jeher  erstrebte  und  nun 

'"buip'^*  glücklich  erreichte  Souveränetüt  wollten  die  preußischen  Stände, 


180)  Hoboxg,  Kaohriohten  fSbec  die  Featnng  Pillaa.  N.  Pr.  Fftiv.-BL 
&  F.  n,  285. 


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Von  C.  Beckherro. 


465 


insbesoudcro  die  Städte  Königsberg  abor  niclit  anerkeriiieu, 
iiuieLten  vielmehr  gegen  die  aus  derselben  lierv^orgehenden 
Regierimgsinaßn ahmen  Opposition.  Der  Kuriurst  hatte  bei  der 
altgewohnten  und  notorisoheu  Aulsässigkeit  der  Städte  hart- 
näckigen Widerstand  lange  voranHgesehen  und  daher  schon  im 
Jahre  1657  am  südlichen  Ufer  des  Pregels  beim  Holländer  Baam 
nach  Einebniuig  des  dortigen  Stadiwalles  eine  Cidatelle,  Feste 
Friedriofasbm^  genannt,  erbauen  lassen,  nm  für  die  gegen  die 
widerspftnstigen  Städte  etwa  notbwendig  werdenden  ZwangsmaO- 
regeln,  welohe  ancli  wirklich  nachher  .in  yerschiedener  Weise 
und  mit  Erfolg  zur  Anwendung  kamen,  einon  feste  n  und  günstig 
gelegenen  Stützpunkt  /.u  luiljon.  Die  Pläne  zu  der  Citadelle 
waren  von  dem  HofmuLiiematicus  Christian  Otter  entworfen, 
und  den  Bau  hatte  der  Ingenieur  Georg  Neumann  geleitet.^^*) 
Als  Arbeiter  waren  dazu  zahlreiche  Bewohner  der  von  den 
Tartaren  verwüsteten  Grenzämter  herangesogen  worden. 

Biese  kleine  Citadelle  lag  inmitten  weit  an^gedehnter  von 
vielen  Wassergräben  dnrohschnittener  Wiesen  unmittelbar  am 

Pregel  unterhalb  der  Städte,  war  also  vortrefflich  geeignet, 
nöthigenfalls  die  Schitiahrt  zu  unterbrechen  und  somit  den 
Handel,  die  llaujjterwerbst^uellü  der  aufnäBsigen  ( t roöbürger, 
empfindlich  zu  stören.  Sie  bestand  aus  einem  bastionirten 
Viereck  von  67  Ruthen  Frontlänge.  Der  Hauptwaii  entbehrte 
gänzlich  der  Mauerbekleidong,  das  naoh^den  Städten  gerichtete 
Bastion  war  mit  einem  Kavalier  versehen,  die  Flanken  der 
Bastione  standen  nicht  mehr  senkrecht  auf  der  Gourtine  und 
der  breite  nasse  Ghraben  stand  mit  dem  Pregel  in  Verbindung. 
Die  Westfront  lag  in  der  Verlängerung  der  Stadtbefestigung, 
die  Ostfront  enthielt  das  Thor,  welches  durch  ein  Ravelin,  das 
einzige  Außenwerk  der  Citadelle,  gedeckt  war.  Krster  Komman- 
dant war  Oberst  von  Brüning,  in  dessen  Stelle  aber  bald  der 
Oberat  von  Beüicum  trat.    Die  Besatzung  bestand  aus  einer 


181)  Pisanski  a.  a.  0.  S.  114  ti.  127. 
Altyr.  ItomtMdirift  Bd.  XXVU.  Bft.  6  «.  a  90 

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466 


GtewIaolLte  dar  BeüMgangwi  KAmg/Angß, 


Gompagnie  von  oa.  160  Mann.  Als  G^sohützbediennng  werden 
spfttar  noch  1  Corporal  und  8  Coa«tabel  aufgeführt.^ 

Im  Januar  des  Jahres  1679  wurde  Königeberg  zwar  von 
den  bie  Inetorburg  Ton  Korden  her  vorgedrungenen  Schweden 
bedroht,  doch  wurden  die  Städte  durch  diesen  neuen  Ein&Il 
Min  insofern  in  Mitleidenschaft  gezogen,  daß  die  Bürger  bei 
strenger  Kälte  einen  verschärften  Wachdienst  versehen  uiid  zu 
dem  kurzen  Feldzuge  des  Karfürsten  300  zweispännige  Schlitten 
stellen  muülten.  Bereits  in  der  Mitte  des  Februar  kehrte  der 
Kurftirst  mit  seiner  siegreiohen  Armee  naoh  Königsberg  sorOck. 

Im  Laufe  der  nun  eintretenden  FriedensEeit  machte  doh 
auch  bald  wieder  die  altgewohnte  Sorglosigkeit  der  Behörden 
Uli;  l  der  Bürgerschaft  hinsichtlich  der  Instandhaltung  der  Festungs- 
werk' i^eltend;  zwar  bestanden  bei  den  Magistraten  besondere 
Aemter,  welche,  bald  Wailamt,  bald  Kriegdcommissariat  genannt, 
für  die  Beau&ichtigung  und  Ausbe^rong  der  Werke  und  In- 
standhaltung der  Geschütze  und  sonstigen  Waffen  su  soKgen 
hatten/^  aber  der  Mangel  an  Interesse  fOr  diese  im  Augen- 
blicke nicht  dringend  erscheinenden  Angelegenheiten  ließ  bei 
diesen  Aemtem  eine  solche  Nachlftssigkeit  eintreten,  dsB  die 
Festnnf;s\verke  allmählich  wied*»r  gänzlich  m  A  oriall  geriethen. 
Einen  Beweis  iür  das  geringe  Interesse,  welches  man  fiir  die 
Festungswerke  bethätigte,  liefert  z.  B.  der  Umstand,  daB  im 
Löbenioht  zu  dem  Unt*  rhaltungsfonds  nur  von  jedem  GrpßbfiigBr 
bei  seiner  Aufnahme  in  die  Zunft  der  geringe  Beitrag  von  einem 
Thaler  gezahlt  wurde^  wovon  noch  ein  Theil  sur  ünterhaltang 
des  Qeschtttzes  bestimmt  war.**^)  Dieser  letsteren  Sorge  scheinen 
die  Städte  übrigens  bald  enthoben  worden  zu  sein,  denn  der 
Große  Kurfürst  zog  von  verschiedenen  Städten  die  diesen  zu- 
gehörigen Geschütze  für  d'  ii  Staat  ein,  z.  B.  von  Eastenburg 
7  broncene  Kanonen,  welche  in  das  kurfürstliche  Zeughaas 

132)  V.  Mülvorstodt  n.  a.  O.  S.  518  u,  623. 

133)  Conrad,  üatlis-  u.  Gerichtsverfass.  v.  Königsb.  Altpr.  Honatsschr. 
XXIV,  26. 

184)  Conrad  a.  a.  0. 


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Ton  C.  fiackhemi.  4$7 

Königsberg  abgeführt  und  Ton  König  Friedrich  I.  der  Stadt  im 
Jahre  1705  mit  648  Thlr.,  29  Gr.,  10  Pf.  vergütet  wurden."^) 
Wenn  Königsberg  toxi  dieser  Maßregel  damals  noch  nicht  be~ 
imßsR  worden  sein  sollte,  so  geschah  das  dooh  im  Jahre  1718, 
ab  Friedrich  Wilhelm  I.  sich  von  den  Städten  Königsberg 
^  Geschütze  abUefem  ließ.  Es  waren  wahrseheinliob  ebenfiills 
nur  bronzene,  denn  bei  der  1758  erfolgenden  Besetzung  durch  die 
Rossen  wurden  dienen  noch  80  stadtische  eiserne,  zum  Theil 
uubraachbare  Geschütze  übergeben.  Die  üble  Vorfassung,  in 
welcher  sich  die  Festungswerke  Königsbergs  befanden,  blieb 
auch  bestehen,  nachdem  der  König  Friedrich  Wilhelm  L  die 
gesammton  Wehniniichtongen  Prenssens  von  Grund  aus  um- 
gestaltet hatte  und  die  Sorge  ftr  die  Befestigung  der  1724  aus 
der  Vereinigung  von  Altstadt,  Löbenicht  und  Kneiphof  hervor- 
gegaugem-n  Stadt  Königsberg  nun  niclit  mehr  dieser,  sondern 
dem  Staate  oblag;  denn  man  eah  dauuds  in  Oesterreich  den 
gefährlichsten  Nachbarn  Preußens  und  verwendete  die  knappen 
GeUhnittel  zur  Sicherung  der  südlichen  Grenzen  des  Staates. 

Als  daher  w&hrend  des  siebenjikhrigen  Krieges  im  Jahre 
1757  eine  starke  russische  Armee  längs  des  Pregels  gegen 
Königsberg  vordrang,  stand  die  Stadt  abermals  wehrlos  da,  denn 
such  die  Garnison  war  au.  l  iU  kt,  um  dem  Feinde  im  Felde 
entgegenzutreten.  In  der  Stadt  waren  nur  zwei  Ijataillone  des 
Gamisonn-giineTits  v.  Puttkamer  zurückgel)liul)tm,  den  iihrigen 
Theü  der  Besatzung  sollte  die  wieder  ins  Leben  gerufene  Stadt- 
miliz  ansmachen.^^^)  Diese  bestand  aus  zwei  Aulgeboten,  wovon 
das  erste,  in  10  Compaguien  eingetheilt,  aus  3000  Mann  zu  Fuß 
ond  einer  Schwadron  von  160  Pferden  bestand.  Die  Oom- 
pagnien  waren  mit  Musketen  bewaffnet,  welche  das  Militär- 

135)  Schreiben  des  Magistnts  bu  Rastenboi-g  an  den  Kurfürsten  t. 

J.  1692  im  Staatsarchiv. 

Infy)  Die  Biir<;erwehren  battf^  Ki^ni:^  Friedrirli  I.  unt<;r  dein  Namen 
Stadtniiliz  reorgaaisirt  und  dadurch  zur  Aushilfe  für  die  Vertheidigucg  der 
Stidte  eine  einigermafien  branchbar«  Truppe  geschaffen,*  unter  Friedrieh 
Wilhehn  li^  weldier  wenig  Werth  auf  dieselben  legte,  war  diese  Wehrein- 
riehtong  nach  und  nadi  wieder  eiogaguigeii, 

30» 

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468 


OMchichte  der  Befestigungen  Königsbergs. 


commando  geiielert  hatte;  für  die  Munitiou  inuÜteii  die  Bürger 
selber  sorgen.  Dia  Bewaffnung  der  Kelterei  bestand  aus  Säbeln 
und  Pistolen.  Das  zweite  Aufgebot  wurde  von  Handwerkern 
und  Gesellen  gebildet,  mit  Degen,  Sensen  und  Heugabeln  be- 
waffnet nnd  sollte  als  Beserve  dienen.  Erster  Kommandant  war 
Oberst  v.  Puttkamer,  eweiter  Oberstlieutenant  v.  Schafistedt, 
Kommandant  der  Citadelle  Major  v.  Heyden.  Unter  so  bewandten 
Umständen  konnte  an  eine  Vertheidigung  gojren  einen  förm- 
lichen AngriÜ'  nicht  gedacht,  vielmehr  nur  Maliregeln  zur  Sicbe- 
ning  gegen  einen  von  feindlichen  Detacbemeiits  zu  erwartenden 
Ansbess«.  Handstreicb  getroffen  werden.   Za  diesem  Zwecke  nntemahm 


des  Walles,  soweit  er  nicht  vollständig  demoUrt  war,  wie  s.  B. 
zwischen  dem  Brandenburger  Thore  nnd  der  Citadelle,  woselbst 

schon  1723  der  Wall  durch  eine  in  gerader  Linie  errichtete 
Pallisadirung  ersetzt  war,**')  ferner  die  TlersiteUung  von  S("liarien 
mittelst  Schauzkörbon  und  die  Vertieiung  des  durch  Verfall  der 
Stauwehre  gröBtentheils  des  Wassers  beraubten  Grabens  nebst 
Ausbesserung  seiner  Böschungen,  deren  innere  am  FnBe  eine 
Pallisadirung  erhielt,  wtthrend  die  Berme  mit  spanisoben  Beitern 
besetzt  wurde.  Diese  Arbeiten  wurden  von  etwas  mehr  als  400 
Bauern  mit  einem  Kostenaufwande  von  5000  Thaler  ausgeftüui, 
können  sich  also  nur  auf  den  zunächst  iHHlroliton  Theil  der 
Werke  erstreckt  haben.  Auch  die  schon  früher  vor  dem  Fried- 
länder Thoio  angelegten  Magazine  wurden  durch  mit  Geschütceu 
armirte  Schanzen  gedeckt.  Die  beiden  Bataillone  wurden  in 
die  Vorstadt  verlegt  und  besetzten  die  dortigen  TborwaobeD, 
die  Wachen  auf  der  Lastadie,  dem  Schlosse,  den  erwihnten 
Magazinen  und  mit  80  Mann  die  Citadelle.  Die  übrigen  Thon 
wurden  von  der  Miliz  mit  je  1  Oifizier  nnd  40  Mann  besetzt, 
den  Dienst  der  Reuden  versahen  ]\Iagistratsbeamte.  Das  Miüt^' 
hatte  AllaiTüplätze  auf  dem  Schlosse,  in  der  Citadelle  und  an 
den  Thoren,  die  Miliz  auf  den  Bastionen  und  deren  Beserve 


IS7)  KaUm,  geographische 


8.  7. 


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Von  C.  Beckherm. 


469 


auf  ▼erachiedenen  PlAteen  im  Brnem  der  Stadt.   Bei  drohendem 

feindlichem  Aiigritfe  sollte  jedes  Bastion  der  bedrohten  Frontim 
voii  der  Miliz  mit  2  Offizieren  und  KX)  ^lanu  nebst  200  Manu 
als  Soutieu  besetzt  M'erden.  Kinige  Inmdert  Mann  der  Miliz 
waren  ferner  bestimmt,  sich  auf  einigen  am  Yielunarkt  bereit- 
gehaltenen  Wittinnen  nach  den  Magazinen  vor  dem  Friedländer 
Thore  einsnschifien.  Die  eine  Hlüfte  der  berittenen  Miliz  ver^ 
sah  den  Yotpostendienst  vor  den  nach  der  Biohtnng  des  feind- 
lichen Anmarsches  gelegenen  Thoren.^")  Alle  diese  Vorberei- 
tODgen  snr  Abvehr  waren  jedoch  nmaonst  getroffen  worden, 
demi  nach  der  Schlacht  bei  Gr.  Jägemdorf  am  30.  August  1767 
zogen  sich  die  Russen  zurück  und  räumten  mit  Ausnahme  von 
Memel  das  preußische  (rel)iet.  Als  diese  aber  im  i'olgimden  Jahre 
wieder  vom'lekten,  sollten  die  in  Königsberg  getroÜ'enen  Ver- 
theidignngsmaliregeln  ebenfalls  nicht  zur  Geltung  kommen,  denn 
als  die  russische  Armee  sich  der  Stadt  genähert  hatte,  scldossen 
die  dort  zurückgebliebenen  Mitglieder  der  Begierung  mit  dem 
russischen  General  Fermor  in  Kaymen  eine  Kapitulation  ab,  in 
Folge  deren  der  Feind  die  Stadt,  aus  welcher  inzwischen  die 
beiden  Bataillone  abmarschirt  waren,  am  22.  Januar  1758  be- 
setzte. Dasselbe  geschah  hst  gleichzeitig  mit  Fillau,  welches 
die  preussische  Garnison  scheu  vorher  gerilumt  hatte.  In  Königs- 
berg nahmen  die  Russen  einige  Venin<lerungen  an  den  Festungs- 
werken, besonrlers  an  der  Citadelle  vor  und  erbauten  vor  dem 
Friedländer  und  Brandenburger  Thore  Batterien.*''^)  Nach  dem 
Friedensch ksse  mit  Rußland  verliefen  die  ruBsis(^0n  Truppen 
im  September  1762  die  Stadt 

Noch  einmal  wurde  den  verfallenen  Festungswerken  Königs- 
bexgs  zngemuthet,  einen  feindlichen  Angriff  auszuhalten,  als  im 
Jahre  1807  die  franzOsisohe  Armee  gegen  die  Stadt  im  An- 
maraohe  war.   Schon  im  Februar,  als  nach  der  Schlacht  bei 

18S)  Hasenlcamp,  Ostpretiflen  unter  dem  Doppetaar.  N.  Fr.  Fror.* 
BI.  3.  P.  TT,  112-U7. 

130)  Die  Occupation  Königsbergs  durch  die  Bussen,  N.  Fr.  Prcv.-BL 
3.  F.  I,  210-214. 


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470 


GeächicUtti  der  Bdfostiguuguu  Konigbburgs, 


Pr.  Eilan  die  rasBuehe  Armee  sich  aaf  Ktoigsberg  znrftckgeaoggn 

Tind  am  10.  desselben  Monats  am  linken  Pregelufer  eine  Stellung 

Vi!r«tar-  nroiiomiuen  hatte,  waren  von  ihr  Vf-rsi  han/.nngen  bei  Jerusalem. 

kun(;  d.  Be-  . 

ie*t  durch  .«^rhr.iitlioß,  Karsclüin.  am  BrandoTibiir<rer  uru!  am  Friedläii'lor 

äussere 

Werke.  Thoro  bei  den  holländischen  Wimlmiiblen  angelegt  worden.  Das 
preußische  Gouvernement  setzte  diese  Befestigniigsarbeiten  fort, 
sie  waren  jedoch  noch  nicht  beendigt,  als  der  Feind  vor  der 
Stadt  erschien.  Nor  ein  Betranchement  mit  davorliegendem 
nassen  Grraben  vor  dem  Friedl&nder  Thore  war  fertiggestellt^ 
welches  den  schmalen  Streifen  festen  Bodens  zwischen  den  vor 
der  Sfldfront  der  Festung  sich  hinziehenden  sumpfigen  Wiesen 
und  dem  Pregol  durchschnitt,  mithin  ungefähr  am  Fuße  des 
Glacis  der  heutigen  Festung  lag.  Noch  ein  anderes  Werk  war 
fertig  pfownrdnn,  liüiiilich  oino  Schanze  in  Form  einer  Fl-'i  he 
250  — BUU  Scliritte  vor  dem  <i;inuiligen  Brandenburger  Thor, 
welche  die  beiden  Straßen  bestrich,  die  längs  des  Nassen  Oartens 
zum  genannten  Thore  führten.**^)  Die  Besatzung  der  Stadt 
bestand  an  Infanterie  ans  7  Bataillonen  und  dem  Krokowschen 
Freicoips,  an  Kavallerie  aus  200  Pferden  der  Freicoips  v.  Bayen 
und  Ledebur  und  aus  einer  swölfpfilndigen  Batterie.  Gknivemenr 
war  der  General  y.  Büchel.  Als  nach  der  Schlacht  bei  Heils- 
berg das  preußische  Corps  uuter  L*Estocq  genöthigt  worden 
wrn-j  aber  Zinten,  Mulms f cid  und  Gollau  sieh  aut  Königsberg 
zurückzuziehen,  beabsiclitigto  der  genannte  General,  nachdem 
seine  Keservedivision  unter  dem  mssischen  General  Kamenskoi 
bei  Gollau  zu  ihm  gesto^n,  am  14.  Juni  bei  Karschau  eine 
Aufstellung  zu  nehmen;  die  Truppen  hatten  ihre  Stellungen 
aber  noch  nicht  eingenommen,  als  bereits  das  finmaOeiBche 
4.  Aimeeoorps  unter  Soult  von  Ereozbuig  her  im  Anmanolie 
war.  Da  nim  auch  zugleich  die  Meldung  von  dem  Ersohmiien 
des  8.  Armeeoorps  unter  Davoust  auf  der  Eilauer  Straße  ein- 
ging,  entschloß  sich  L*Estocq,  hinter  die  "Wälle  iv(»iiigsbergs 
zurückzugehen.     Nachdem   zur  Deckung   des  Bückzuges  die 

140;  Zur  Geselchte  Köuigsberg»,  ü.  Pr.  Prov.-Bl.  a.  F.  VIU,  186. 


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Von  0.  Beokherrn« 


m 


Kavallerie  des  Corps  bei  Karschau  in  zwei  Treffen  Aufstellung 
genommen  hatte  und  der  Niederkrag  (Schouhusoh),  Ponarth, 
das  ßetrauchemeut  vor  dem  i^'riedländer  und  die  Schanze  vor 
dem  Brandenburger  Thor  von  zwei  ruasischen  Regimentern  be- 
aetst  worden  waren,  erfolgte  der  Bttokzog  des  Gros  des  Oorpsi 
um  nunmehr  den  südlichen  Abschnitt  der  Festungswerke  za 
besetBea.  Der  Feind  drängte  die  Nachhut  80,  daß  diese  nicht 
hnstande  war^  die  Brücke  über  den  Beekflufi  abenbrechen;  diese 
wurde  Jäher  vom  Feinde  besetzt,  denn  man  hatte  es  unbe- 
greiflicherweise verabsäumt,  die  Defileen  in  den  sumi)ligeu 
Wiesen  vor  der  Öüdfront  durch  Erbauung  von  Feidwerken  zu 
decken.  General  von  Büchel,  welcher  nun  das  Kommando  über 
simmtliche  Truppen  übernommen  hatte,  lieB  sofort  den  Nassen 
Qarten  stark  besetze!»  und  be&hl  die  Wiedererobemng  der  Beek* 
brücke,  welche  aber  nicht  gelang;  der  Feind  wurde  dadurch 
yielmehr  veranlai^t,  über  dieselbe  vorzudringen  und  die  Truppen 
aus  dem  Nassen  Garten  hinter  den  Wall  zmückzudrängen.  Diese 
setzten  den  der  Stadt  zunächstgelegenen  Theil  des  Nassen 
Gartens  in  Brand  und  bewerkstelligten  ihren  Kückzug,  bei  dem 
sie  zwei  Oompagnien  als  G^iangene  in  den  Händen  des  Feindes 
sorfloklassen  moBten,  zmn  Theil  Über  eine,  wie  es  scheint,  erst 
während  des  Gefechtes  Über  den  Festungsgraben  etwa  dem 
Alten  Garten  gegenüber^  woselbst  der  Wall  schon  vollständig 
demolirt  war,  gesclilageue  Briieke,  zum  Theil  durch  das  Branden- 
burger Thor.  Die  Franzosen  fuhren  nun  bei  dem  Nassen  Garten 
eine  Batterie  aut,  welche  den  Wall  und  die  Stadt  bis  zum 
Abend  beschoß.  Vor  dem  Friedläuder  Thor  war  der  Feind  erst 
später  ersohienen  nnd  hatte  dann  auch  hier  aus  einer  bei  Zi^gel- 
hof  (Bosenan)  etablirten  Batterie  das'von  den  Bassen  besetzte 
Betranchement  beschossen.  Um  der  französichen  ]bifanterie  die 
Deckung  zu  entziehen,  hatte  General  Kamenskoi  die  vor  dem 
Hetraiichement  stehenden  Windmühleu  niederbrennen  lassen. 
Ein  von  Davoust  unternommener  Versuch,  auch  den  nördlich 
vom  Pregel  gelegenen  Theil  der  Stadt  durch  ein  Infanterie- 
regiment anzugreifen,  mi%lückte,  denn  kaum  waren  einige 


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472 


Qeschichte  der  BtiitMitiguugeii  Königsbergs. 


handert  Mann  Aber  den  sfldlichen  PregeUrm  nngefthr  eine 

halbe  Meile  oberhalb  der  Stadt  bei  Müchbnde  flbergesetEt,  als 

diese  von  einem  bei  dem  gegenüberliegenden  Moosbude  stehenden 
mit  Artilleri«  vt  rsrlieiK  u  ])renßischen  Detachement  an^^ogriffen 
und  wieder  über  deu  Pregel  zurückgeworfen  wurden.  Außer 
der  \(^m  General  v.  Küchel  sohon  trüber  angeordneten  Besetzung 
des  nördlichen  Randes  des  Pregeltl  :  !'  -  zu  beiden  Seiten  der 
Stadt  ^^^)  lieiS  derselbe  nan  auch  noch  die  altstftdtiaohen  Hols- 
wiesen  auf  der  großen  Insel  zviachen  beiden  Pregelarmen  be- 
setzen und  daselbst  am  Flnsse  eine  kleine  Schanxe  anfverfen, 
um  einem  abermaligen  Versuche  des  Feindes  noch  besser  ent- 
gegentreten zu  k/Snnen.  Eine  nm  swei  Ühr  nachmittags  dnr&h 
einen  französischen  Parlamentär  überbrachte  Aufforderung  zur 
üebergabe  wi>'s  der  liouverueur  zurück.  Die  von  diesem  be- 
fohlene Erbauung  einer  Kedoute  zur  Bestreichung  des  Ponarther 
Damraes  und  die  Ersetzung  der  fehlenden  Pallisaden  kam  wegen 
Erschö])fung  der  Mannschaft  und  Mangel  an  Fuhrwerk  nicht 
zar  Ausfübrong.  Am  1&.  Juni  befand  sich  vor  Königsberg  nnr 
noch  das  4.  französische  Armeecorps  nebst  einer  Kavallerie- 
division  in  einer  etwas  zurückgezogenen  Stellung  bei  Earschaa 
mit  Vorposten  bei  Spandienen,  Sohönbnsoh,  Ponarth  und  Baths- 
hoff  (y),  denn  die  andern  bei  dem  vorhergegangenen  Gefechte 
betheiligt  gewesenen  Truppen  waren  während  der  Xacht  auf 
Nii|)o]eous  Befohl  naeh  Friedlnnd  iihniarschirfc.  Trotz  dieser 
Verringerung  der  feindlichen  Streitkräfte  mulite  denselben  ;iia 
16.  Juni  die  Stadt  überlassen  werden,  denn  die  preußischen  und 
russischen  Truppen  waren  in  Folge  dos  Sieges  Napoleon's  bei 
Friedland  gezwungen  worden,  die  Stadt  am  Abend  des  14.  Juni 
zu  rtamen,  um  sich  mit  dem  auf  dem  Bückzuge  befindlichen 
Heere  Bennigsens  zu  vereinigen. 

Von  den  die  Stadt  am  16.  Juni  besetzenden  französischen 
Truppen  rückte  sogleich  eine  Division  gegen  PiUau  ab,  um  sich 

141)  Bei  (lieRcr  Gelogenheit  ist  vcrmntlilicli  auch  die  Schanze  bei  der 
Neuen  Bleirlie  auf  dem  Voilclieiiberi^e  aiifgeworfoii  ^vnrden,  deren  Uebeil'OBtS 
dort  m  den  viersiger  Jahren  noch  vorhanden  waren. 


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Yon  C.  Beckherm. 


(lieser  Festung  zu  bemächtigen;  dem  tapferu  und  energischen 
Kommandanten  Oberst  v.  Herrmann  gelang  es  aber,  den  Platz 
mit  seiner  kleinen  Garnison  bis  zum  Abschlüsse  des  Friedens 
m  Tilsit  zu  halten."^) 

Die  abennalige  BeBetnmg  Königsbeigs  und  aueh  Pillaufl 
dmdi  die  Fraasoflen  im  Jahre  1812  hatte  in  fortifioatorisoher 
Besiehung  für  diese  StAdte  keine  Folgen. 

Die  vorhin  dargestellte  Beschießung  der  neueren  Wall- 
befestigung Königsbergs  durch  die  Franzosen  war  das  erste  und 
auch  letzte  Xriegsereigniß,  in  welchem  dieselbe  wirklich  eine, 
wenn  auch  sehr  bescheidene  Rolle  gespielt  hatte;  bald  nach  dem 
Frieden  sollte  sie  nur  noch  Medlichen  Zwecken  dienen,  denn 
«chon  auf  dem  Plane  Müllers  von  1816  finden  wir  einen  Theil 
des  immer  mehr  ver&llenden  Walles  in  Promenaden  verwandelt» 
Diese  ümwandelung  nahm  seit  18S0  durch  den  von  Dr.  Kessel 
gestifteten  Verschönerungsverein  eine  immer  größere  Ausdt'lmung 
an,  bis  endlich  diese  für  die  Bewohner  K(>niu;sber«;s  so  angt- 
nehmeu  und  bequem  gelegenen  Aulagen  dem  Bau  der  jetzigen 
Festangswerke  Platz  machen  mußten. 

Seit  den  dreifiifier  Jahren  unsers  Jahrhunderts  machte  sich 

d.  nouf'ü 

aUmfthlich  eine  andere  Anschauung  als  man  sie  bisher  gehabt  ^^^^ 
hatte  über  die  Bedeutung  der  Festungen  geltend.  Man  hatte 
früher  eine  Menge  kleiner  und  mittelgroßer  Festungen  ge1)aut, 
welche  entweder  stark  besetzt  werden  mußten,  um  dem  Feinde 
Widerstand  leisten  zu  ktinnen,  und  dann  der  im  Felde  openren- 
den  Armee  viele  Kräfte  entzogen,  welche  dabei  zugleich  sehr 
zersplittert  wurden,  oder,  wollte  man  das  vermeiden,  nur  unzu- 
reichende Besatanngen  erhielten,  dann  aber  dem  Feinde  leicht 
in  die  Hftnde  fielen  und  für  diesen  werthvoUe  Stützpxmkte 
wurden.  Vor  der  Befestigung  groBer  St&dte  scheute  man  sich. 
Von  dieser  Scheu  kam  man  zuerst  in  Frankreich  zuriiok,  wo 
schon  1830  Lyon  und  zehn  Jahre  später  Paris  in  großartiger 
Weise  befestigt  wurden.   Seitdem  brach  sich  immer  mehr  die 

142)  AoslUtfliohes  dmrflber  bei  Hobuxg  «.  a.  0.  S.  266. 


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474 


Geschichte  der  BdTestigangen  Köoigsbeqpi. 


TTebeiiseugung  Bahn,  daß  nnr  die  Befesti^mg  weniger  großer 
8t<idte  mit  ihren  reichen  Vorräthen  und  Hilfsmitteln  von  Nutzen 
Hei.  Daneben  sollten  dann  nur  noch  kleine  Festungen  oder 
i'  oits  als  Brückenköpfe  oder  zur  Sperrung  von  Engpässen, 
£i8enbahnen  iL  8.  w.,  wo  die  localen  Verhältnisse  es  eriorderten, 
eixichtot  werden.  Die  «iBerordentlicheii  Forisobntto,  welche  in 
neuerer  Zeit  im  Oeschütswesen  und  in  der  Ansbildnng  der 
Beiageraagsartillerie  gemsrclit  wurden,  f^lhrten  dasm,  die  großen 
Festungen  auf  Schußweite  vom  Hauptwallo  mit  ein  lu  ll.iigd 
von  detacliirten  Forts  zu  umgehen,  um  dem  Angreiter  die  B^- 
sohießung  und  den  directen  Angriff  auf  den  Hauptwall  unmöglich 
zu  machen.  So  entstanden  die  großen  strategischen  oder 
Kanövrirfestungen,  welche  oft  im  Stande  sind,  ganze  Armeeooips 
in  ihrem  sohatsenden  Binge  zu  bergen.  Sie  haben  daher  einen 
weiten  Wirkungskreis  und  können  durch  Enteendung  starker 
Detaohemente  die  Verbindungen  des  Feindes  unterbrechen  und 
ihm  sonstigen  erlieljlichen  Schaden  zufügen,  wenn  er  sie  nicht 
dnrcli  ganze  Armeen  einschließt,  wodurch  dann  seine  für  den 
Feldkrieg  bestimmten  Kräfte  geschwächt  werden.  Auch  für  die 
Sammlung  und  Bildung  der  Armee  bei  einem  plötzlichen  Ein- 
ialle  des  Feindes  und  zur  Beoiganisimng  derselben  nach  einer 
veilorenen  Schlacht  sind  diese  Festungen  mit  ihren  groBen 
Lagerräumen,  Militflrdepots  und  reichen  Hil&mittebi  TOn  gvofier 
Bedeutung. 

Die  ftlr  die  Anlegung  der  neuesten  Befestigungen  geltendeu 
Grundsätze  und  Kücksichten  sind  auch  bei  der  jetzigen  Be- 
festigung Königsbergs,  welches  inzwischen  zur  großen  Stadt 
herangewachsen  war,  mallgebend  und  bestimmend  geweeen.  Der 
Bau  begann  im  Jahre  184S  nach  den  Entworfen  des  Generals 
y*  Breee  nach  dem  Polygonalsystem,  oder  richtiger  nach  der 
neuen  preußischen  Manier,  welche  nach  Umständen  auch  die 
Anwendung  des  alten  bastionären  Systems  zuläßt.  Die  kenn- 
zeichnenden Merkmale  der  Polygonal  befestigung  bestehen  in 
der  Hauptsache  darin,  daß  die  lange  Linie  fiir  eine  dominirende 
Qesohfttzaufstellung  zur  Geltung  kommt,  und  dafi  die  Seiten* 


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Yon  C.  B«ckherm. 


475 


bestroichung  nicht  wie  bei  der  Bastionärbefestigung  durch  hoch- 
ftufragendo  Bastione  von  deu  beiden  Enden  der  Fronten  sondern 
von  der  Mitte  derselben  aus  durch  tiefliegende  und  gedeckte 
Kapellieren  bewirkt  wird,  welche  sogleicli  als  Iteduits  dienexL 
Außerdem  wird  dahin  geetrebt,  das  Mauerwerk  mdglichst  dem 
femdlichen  Ghschütsfener  za  entssiehen.  Der  Bau  der  detachirten 
Fort»  erfolgte  bald  nach  dem  französischen  Kriege;  er  wird 
ge|o:*»nwärtig  noch  fortgesetzt;  iiiJi'ia  sowohl  neue  Werke  angelegt 
als  auch  die  schon  vorhandenen  verstärkt  werden.  LetzLeres 
gilt  auch  für  die  /u  Königsberg  in  gewissen  Beziehungen  stehen- 
den Festangen  Pillau  und  Boyen  bei  Lötzen,  Diese  wenigen 
nur  Allgemeines  betreffenden  Bemerkungen  müssen  hier  genügen, 
weil  ein  näheres  Eingehen  auf  die  jetzige  Beiestignng  Sönigs- 
bttgs  ans  naheliegenden  Ghrflnden  nicht  statthaft  ist. 


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Georg  GreOinger 


Eiae  Nachleöe 
von 

Dr.  Ii.  ]tfo«lba«r* 


Geoig  Greflinger,  der  miier  den  Dichtern  des  17.  Jahr- 
hunderte  dnroh  seine  Lyrik  nicht  die  letzte  Stelle  einnimmt,  ab 
Terfasser  des  Epos  Über  den  dreißigjährigen  Krieg  die  Schrecken 

desselben  aus  eigener  Anschauung  schiUlciu  konnte,  als  Ueber- 
setzer  die  Verinittler-Eolle  zwiscJieii  dein  Auslande  und  Douts^h- 
land  übernahm  und  viel  benutzte  historische  Compeudien  schrieb, 
hat)  nachdem  schon  Männer,  wie  Gervinus,  ihn  würdigten,  in 
den  letzten  Jahren  wiederholt  die  Auimerksamkeit  der  Idterar» 
historiker  auf  sich  gezogen.  Auch  mit  der  schönen  Jtfonographie 
Y.  Dettingens  (1882)  war  die  Forschung  nicht  abgeschlosseD. 
Sehr  wertvolle  Nachträge  lieferten  Walther  und  Bolte.  Ersterer  hat 
u.a.  in  der  Zeitschrift  für  Deutsches  Altertum,  Anzeiger, 
X.  1884,  S.  80  ff.  die  in  Hamburg  entstandenen  Crelegenhoits- 
gedichte  Greflingers,  Bolte  an  demselben  Orte  XIH,  Ibbi, 
S.  103  ff.  verschiedene  in  Danzig  entweder  geschriebene,  oder 
durch  Danziger  Familienereignisse  herroigemfene  GelegeoheitS' 
poesien  desselben  verzeichnet  und  teilweise  ihrem  Inhalt  nach 
besprochen.  Letzteres  Verzeichnis  l&0t  sich  noch  um  einige 
Nummern  vermehren  und  bei  sieben  bereits  von  Bolte  erwähnten 
»Stücken,  die  von  mir  mit  einem  *  vorsehen  sind,  auf  Gruad 
anderer,  zu  demselben  Zwecke  geschriebener  Sachen,  eine  ge- 
nauere Angabe  aber  das  Datum  der  Entstehung  machen.  In 


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VoQ  I>r.  L.  NenlNUir. 


477 


der  hier  folgenden  Anfisählung  bezeichnet  nach  Walthers  Vor- 
gan <x  G  das  Grattdationsgedicht,  H  das  Hochzeit8-|  L  das  Leichen- 
carmen.^) 

1.  L.  1642.  Gamuxia,  qoibiu  . . .  Oualtlieri  Rosenbccgg,  Seiuitoris  et  Scho- 
larchae  .  .  .  memoriam  [f  21.  Mai  1642J  venerantar  .  .  Lifterati. 
Oedani  .  .  Anno  MDCXLI  (sie).   8  Bl.  40    Auf  BI.  B»  ein  Sonett 

von  Greflinger.    Danzig,  St.-Bibl.  XV.  q.  77  (22). 

a.  Ii.  1642.  27.  Decbr.  f  u.  30.  Dec.  beerdigt  Niclas  Finok»  Kanfmaim. 
1  Bl.  'V\   Von  mehreren.   Danag  XV.  q.  77  (27  a). 

«a  L.  164&  2.  Jan.  f  o.  beenUgt  a  Jan.  Carl  SohwaitawaUL 

4.  L.  lG4n.  n.  Jan.  f  Elisabeth  ITeblmaiiii  geb.  Prenfeiii.  9  Bl.  49,  Deadg 
XY.  q.  77  (39). 

6.  H.  X6iB.  19.  Jan.  Johann  Borckmann,  Bathsrerwandter  n.  Enphrosina 
Pieni.  3  BL  4«.  Danag  XV.  q.  76  (71). 

6.  L.  1644.  24.  Juni  f  n.  S7.  Jnni  beerdigt  Bam  Keetaer,  geb.  Jundcer. 
9  BL  4».  JHtmg  XT.  q.  77  (47). 
Ii.  1644.  14.  Octbr.  f  Johann  Borckmann. 

a  H.  1644.  1.  Novbr.  Daniel  Scheveke  und  Anna  Boeenberg.  4  BL  4^. 
Von  mehreran.  Daaaig  XY.  q.  76  (107). 

9.  H.  1644.  Novbr.  od.  Decbr.  Nieolana  Gambier  n.  Anna  Bttdiger.  9  BL 
4».  Dansig  XY.  q.  76  (III). 

10.  O.  1644.  Anf  den  Ligeniear  Adam  Wybe.   1      gr.  4*.,  ohne  üeber- 

Schrift;  mit  Bandeinfassong,  in  9  Spalten  anf  einer  Seite  gedrackth 
Dansig  L  E.  q.  186. 

11.  H.  1646.  a  Ittn  Johann  Bebesehke  n.  Cathexin»  Bvanger.  9  BL  4<^ 

Dansig  XY.  q.  76  (115). 

•la  L.  164B.    la  Hai  f  Qeoig  Schräder.   9  BL  4«    Dansig  XY.  q.  76b 
(69)  n.  XY.  q.  77  (64). 

la  H.  1646.  4.  Jnfi  Heinrich  Schräder  n.  Elisabeth  Niclas.  9  BL  4».  Nor 
das  leiste  Gedicht  v.  Grea  Dansig  XY.  q.  76  (117). 
•14.  Ii.  1646.  1.  Septbr.  f  Miohael  Wieder,  Bathsverwandter. 

15.  L.  1645.  17.  Octbr.  f  iL  20.  Octbr.  beerd.  Sara  Brömmer,  geb.  Kringel, 
Wittwe  des  Yorstehers  der  Cathamenkirche  an  Dansig*  6  Bl.  4^ 
Das  eiste  Gedieht  von  O    Dansig  XY.  q.  77  (62). 


1)  Die  anf  der  Stadtbibliothek  sa  Dansig  befindlichen  Gedichte  konnte 
ich  durah  die  Gate  des  Bibliothekass,  des  Herrn  Oberlehmr  Hoffiaenn,  be- 


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478  O«oig  Grefliagar. 

16.  H»  1645.  Simon  "^^  r wiener,  Rathsverwandter  in  Thom  u.  Regina  Bontag. 
Gedrackt  zu  Thora  bei  Michael  Carnall.  2BL40.  UmT6X«itittfr-BibL 
BU  Breslau:  Gen.  u.  Bio.  II.  Qu.  in  398. 

•17.  I«.  1646.  t  Johann  Bebeschke  d.  J.  Daniig  XT.  q.  76b  n.  XY.  q.  n(  68). 

•1&  L.  1646.  SM.  Febr.  beerdigt  2  Söhnlein  des  Beojamm  EnggUm.  Dwasig 
XY.  q.  76b  (78)  o.  XY.  q.  77  (71). 

Id.  L.  1646.  mzs  t  Gatharina  Simt,  Frau  das  Dr.  mad.  Oeoig  SebwalML 

2  Bl.  40    Danzig  XV.  q.  77  (76). 
•20.  L.  16 1G  !  1.  Mai  f  Julius  Wigand.  Dansig  XY.  q.  76b  (82)  o.  XY.  q. 

77  (70). 

21.  H,  1646.  4.  n^t»>r.  Secretär  Heinrich  Bermann  in  Daillig  11.  Catharina 

Wygand.    2  Bl.  4<».    Danzig  XV.  q.  76  (124). 

22.  H.  1648.  30.  Juni  Rathsliorr  Nikolaus  v.  Bodeck  in  Danzig  n.  Constantia 

Giese.   10  Bl.  4^.    Von  veiaohiedenen  YerlaBaam,  daronter  GieH. 

Danzig  XV.  q.  76  (144b). 
23a.  G.  1651.  Dor  Bestäntlige  Liebhaber  Herren  Reinholt  vr>n  Amstem 

Vbersandt  von  Georg  Greflinger  Kayserlichem  Notario  auii  Hamburg;. 

0.  0.  n.  J.  Danzig  XV.  q.  7öb  (57.  2;  u.  Elbinger  Stadtb.  (Hoch- 

aeitsgedichte  L.  7.  No.  67). 
28b.  E,  1661.  16l  Septbr.  Sflinhold  v.  Amatera  o.  Dorothea  Eweits  geb. 

Badlaw.  8  bedr.  Bl.  n.  «an  leeres  Bl.  4<>.  Danzig  a.  a.  0 .  n.  Ellnng 

a.  a.  O.  (No.  68). 

24  WolmwiendeB  Oetioht  /  ]]  Auf  das  ^"f^'^w«»«^  BoobaattfiBst  /  ||  Des . . . 
II  Herrn  JOHAN  ||  von  Bobare  /  ||  Wollbestaltem  Capitaan  in  dar 
Yestang  Wey- 1|  selmOnde  vor  der  hoohlöbliehen  Stadt  ||  Dantngk  /  r 
Herrn  Bräntigama  /  (j  Und  ||  Der  .  .  .  ||  Elisabeth  Yphogin  /  j]  Dce 

...  II  Hsmi  Beinhold  Yphogin  /  nach-  ||  geUunenen  Eheleiblichen 
Jongfraw  Tochter  /  j  Jungfrawen  Braut  /  n  Gehalten  in  Dantzig 
den  81.  Augusti  Anno  1654.  ||  Geschrieben  und  flbersandt  aoß  Harn- 1 

bürg  den  25.  Julij  |  von  "  Georgio  Greflinger  Kayserl.  Poeten  ' 
und  Notario  |  0.  O.  u.  J.  4  Bl.  40.  Gymnasialbibl.  zu  Thom:  K. 
40  62**.    UniversitÄts-BibL  zu  Breslau. 

26.  H.  0.  J.  Bemdt  Müller  u.  Luoretia  Xnunbhosen  [KnunhansenJ.  2  Bl.  4^. 

Banzig  XV.  q.  76  (160). 

26.  Ii.  o.  J.  Vincenz  Fabricius,  Söhnlein  des  Dansiger  Sj^dioos  Yinceni  F. 
1  BL  foL  Danzig  XY.  foL  88  (88.) 

Unter  diesen  Gelegenheitsgedicliten  ist  No.  24  Air  di« 
Kenntnis  der  persönlichen  Verhältnisse  des  Dichters  von  he- 
sonderer  Bedentuug.  Es  beginnt  folgendermaBen; 


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Von  Dr.  L.  NeubAur. 


479 


„"BBea  da  ksh  meinen  Laothen 

Denen  ich  von  Ruh  und  Streiten 

Zuberichten  i»flichtig  bin  / 
Mein©  Feder  wolto  schärfen 
Und  £urup£enä  Staudt  eutwerüen 
Kam  was  anders  in  den  Sin. 

„ES  war  an  dem  /  daß  ich  meinen  Correspoudcnteu  auf- 

sezte  was  seyt  deu  3.  Julij,  da  die  unvergleichliche  Christina, 

die  nordische  Diana  unser  Hamburg  betreten,*)  biß  ietzo  sich 

begeben :  wie  viel  tapfere  Fürsten  und  Fürstinneii  /  Grafen  und 

Qrftfinnen  /  diese  Weltberfimhte  Salomonift  za  sehen  vor  ihr 

erscbienem  /  wie  yiel  und  viel  höhere  auch  annoch  im  Aaiog 

vor  sie  za  kommen:  waa  ihr  aa  Ehren  geschehen  /  und  was  sie 

seibaten  mit  ihren  Msyestätiachen  Augen  beatrahlet  hat.  Yber 

allea  dieses  sesete  ich  etliche  Versehe  /  die  an  den  Pforten  ihres 

Pallastes  gefunden,  welche  also  lauteten: 

Heroinn  inoomparahilL 
SAlye  Begnantam  Sydns,  Contemnere  BegDOxn 
Nec  eerrare  aihi  maior  quam  Bog»  Mens  est 

Obstapcut  nuandoB  Te  sceptra  tenente;  stopesoit 

IGxaturq;  magis  posito  Diademate  Divam 
Nescia  plebs  ßemm  A  temere  vestigat  eantem: 
At  nos  Imperio  dignam  maiore  fatemur, 
Qaoq;  Tao  par  nt  Begnum  nesoimos  honori. 

SEy  willkommen  srbönt'  Venns  unter  den  Rej^enten  Sterneti, 
Deren  Loh  und  Tu^tMid  Miinge  niemand  grösser  kan  enfornen 
Ali^  es  ächüu  gesciiüheu  int  

(Im  gansen  10  YecMi)  ycm. 
  Seladon 

2'  (Iret'Iinger:  Kiirtze  Anzeii;ung*Mi  der  vomebmstea  Kriegeg-Händel 
1657:  „Im  Junio.  [1654]  Ubergab  »lio  Konigin  Ohristina  in  Schweden  Krohn 
und  Zepter  and  reise  te  nach  Deutschland,  hielt  sich  auch  so  Hamburg  eüiebe 
Tage  anff»  woselbst  sie  viel  Flinten  besnohten."  Sie  kam  am  10.  Juni  1964 
in  Hamburg  an  und  stieg  in  dem  ihr  gehörenden  Hause  bei  ihrem  Agentenj 
dem  roiclian  Juden  Teoceiza  ab.  cf.  Arokenholz:  Königin  Chriitina.  Deataoh. 
Leipoig  1761.  I,  m. 


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480 


Georg  Greilinger. 


„Kattm  daB  icK  dieses  auBgefertiget  hatte  /  kamen  mir 

andere  Briefe  /  wie  der  unverschämte  Menschonwürger  .  .  .  den 
Römisclum  König  Ferdinand  den  Vierdten  (nach  dem  viel  böse 
und  ungewöhnliche  Zeichen  vorher  gesehen  und  gehöret  worden  / 
aI8  den  Abflug  eines  alten  und  langcuthaltenen  Adelers  /  ein 
tmgewdnliclier  Stern /ein  erschreklichea  £rdbeben/ein  trawrigea 
Gelente  der  Klecken  in  der  Kayserlichen  Capellen  /  nnd  mehr) 
dieses  seitlichen  Lebens  /  durch  die  Eänderpooken  /  lejder!  be- 
raubet /  nnd  den  Eayserl.  Hof  schmertElich  betrübet  habe  .  .  . 
Alles  dieses  uebenst  der  gewissen  Zeitung  \  u  Aukunfit  vieler 
Schwedischen  V/dcker  /  von  großem  Vnterstande  für  die  Stadt 
Brelimen  /  harten  Belagerung  der  Vestung  Arras  /  neulichem 
Troöen  bey  den  Dardanellis  der  Venetianer  nnd  Turcken  /  und 
mehr  geringeren  Dingen  /  hatte  ich  znsamen  gesamlet  /  meinen 
Leuten  davon  su  schreiben.'' 

Diese  Angaben  Greflingers  beziehen  sich  ohne  Zweilel  auf 
Beiträge  für  seinen  „Nordischen  Mercur"*,  der  also  damals  schon 
von  ihm  herausgegeben  sein  muB,  und  nicht  erst  „um  das  Ende 
der  fltLn&iger  Jahre^  gegründet  sein  wird,  wie  v.  Oettingen, 
Greflinger  S.  12  meint.  Damit  wQrde  sich  auch  MoUers  NotiSf 
daß  er  diese. Zeitung  „per  tria  quattuorve  lustra**  redigirt  habe 
(v.  Oettingen  a.  a.  O.),  vereinigen  lassen* 

Bei  dieser  Gelegenheit  möchte  ich  einen  Irrtum  berichtigen, 
welcher  noch  von  Oettingen  und  Walther  geteilt  wird  und  an 
einer  gelegentlichen  AeuBemng  Greflingers  eine  Stütze  zu  haben 
scheint,  daß  nflmlich  der  „Nordische  Mercur*'  vom  Juni  1664  b» 
zum  Ende  des  Jahres  1665  überhaupt  nicht  -  erschienen  sei 
(cf.  Walther  u.  a.  0.  Ö.  K  T).  IfXil  Vollständig  unterdrtickt  war  die 
Zeitschrift  nicht;  nur  durtr«i  sie  nicht  in  dem  frülieren  Umfange 
erscheinen.  Die  Ständische  Landosbibliothck  zu  Kassel  besitzt 
folgende  Schrift,  die  ich  durch  die  Güte  der  Bibliothekfl*Ve^ 
waltung  benutzen  konnte  (Hist.  univ.  8".  63): 

Kordischer  |  MKKCURIÜS.  |j  Welcher  kürtzlich  erzählet  /  was  von  ||  Monatill 
Monat  in  Eniopa  denck-  |j  wttcdig  geeohebea  aej.  |i  16jS5. ))  o.  0. 


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Vom  Br.  L.  Nenbaor. 


481 


Unter  der  .Tahrcszalil  bofmdet  sic  li,  wie  bei  jedem  Monat 
das  Bild  des  Mercur  in  Hol/.sclinitt ;  er  luilt  in  der  rechten  Hand 
eiu  Uanü  iuil  der  Inschrift;  Siiio  luora,  in  dor  linkcu  deu  llurulds- 
stab.  287  Seiton  kl.  8^.  Sign.  A— Bbij.  Daran  schließen  sich  die 
am  Scbldl  versprochenen')  Register,  dia  in  dem  mir  vorliegenden 
Exemplar  nur  bandwhrifüich  vorlianden  aind:  ,}Änzeigcir  der  denk- 
wflrdigiatBn  Sachen  in  dieaem  Mereurio"  8  Bl.  Hierauf  iolgt: 
pDes  EngUsohen  Cantalect  /  OBATION  /  An  beyda  Häuser  dea  / 
Parlam«ita»**  1 12  nngez.  BlAtter,  in  demselben  Fonnat^  anf  gleichem 
Papier  und  denselben  Typen  gedmckt,  wie  der  Mercor,  also  wol  ein 
Supplement  tu  ihm;  die  Bede  enthält  den  Bericht  über  den  letstoi 
englisch'niederländisehen  Krieg.  Am  SchlnA  derselben:  n^^lt*!^ 
au  Oxfotdt  den  10.  Ooobris  (sie)  IM*  f  £ND£."  |  Je^  Monat  des 
^ercttr",  mit  Ausnahme  des  Juni  (2Vs)  und  Juli  (8  Bogen)  umfaBt 
1^  3  Bogen. 

Der  Januar  beginnt  anf  S.  1  in  folgender  Weise:  „NAch 
dem  der  Nordische  Mercorins  im  abgewichenen  Jahre  seine 
Gtönner  und  Abnehmer  geliabt  /  auch  von  vielen  annoch  die 

f^te  Vertröstung  liat  /  daU  seine  Coutinuirung  in  hnrfczen  An- 
niarckiinixen  der  denkwürdigsten  Sachen  und  Monatlicher  Publi- 
liruug  derselben  beliebt  verbleiben  werde  /  so  hat  er  hiermit 
iortfahren  wollen. 

QOtt  /  der  Anfang»  nnd  das  Ende  / 

Halt  und  wPTide  / 
Was  uns  Christen  iniuditig  draut  / 

Krieg  und  Streit! 
Und  gcsegen'  uns  hingegen 

Allerwegen 
So  wird  dieses  Buch  hierob 

Lauter  Lob. 

„Es  hat  auch  nochmals  /  wie  jüngst  beliebt  /  der  Christlichen 
Beiche  nnd  Lftnder  Zustand  dieses  angehenden  Jahres  mit 
kortzen  Versen  sn  entwerffen  /  nnd  also  wie  in  einem  kleinen 

Spiegel  fürzustellen.  1  (S.  2:)  Das  Heil.  Eömische  Eeich  /  j  und  [ 
Ungarn.  || 

3)  S.  287:  ,,Mit  nächsten  soll  diesen  zwölfi'  Monaten  ein  kurt/.er  An- 
zeiger aller  Denckwürdigsten  Sachen  /  so  darinnen  zu  befinden  sind  /  ange« 
ftget  werden.  Daft  man  also  die  viele  Veränderungen  der  Weltlichen  Händel 
mit  wemgen  lesen  und  fiMsen  möge." 

Altpr.  MonatMdbvUt  Bd.  ZZVlt  Hft.  5  n.  &  81 

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482 


Georg  Greflinger. 


Wefl  dw  IfMht  der  ICMhmfltufcen 
Ihren  Lanff  Terliindttt  aiaht 
XJad  dämm  m  rfldce  mht  / 

Also  stehen  aiicli  die  Cbristen 
In  «lern  Heich  und  Ungarland 
In  der  Ruh.   Gott  gib  Bestand 

Oder  liilff   (laß  nnsro  Waffen 
Deinem  Nahmen  Ehre  schaffen." 

In  gleicher  Weise  wird  dann  der  Zustand  von  Polen, 
Spanien,  Frankreich,  Groß-Biitannien,  den  nordischen  König- 
reichen, Porfcngal  und  den  Niederlanden  skimrt  Anf  S.  6  beigiimt 
dann  die  DarstellTing  in  Prosa  mit  den  Ereignissen  Dentsehlands 

und  Ungarns,  zunächst  die  Mitteilung  von  einem  im  3  Dezember 
des  verfloätjünen   Jahres   erschienenen    Kometen,    woran  sich 
Ifiiif^ere  Betrachtungen  iiber  die  Folg<'n  desselben  knüpfen;  daniut 
iolgt  der  Bericht  über  Gefahren,  die  Deutschland   von  Seiten 
der  Türken  drohen  etc.    Am  Schluß  des  Martins  S.  66  steht: 
i^Hiebei  wird  außgegeben.  ]  1.  Was  von  Anno  1663-  biß  jetzo 
Denokwürdig  geschehen  ist.   [Diese  Schrift  scheint  nicht  mehr 
erhalten  zu  sein.]  |  2.  Der  Französische  Ofirtner.  |  8.  .  .  .  Con* 
fitirer.  |  4.  .  .  .  Becker  nnd  |  5.  .  .  .  Koch  wie  anch  |  6.  Cela- 
donische  Musa,  als  100  Oden  nnd  et-  |  liehe  100  Epigrammata.  | 
Zu  Hamburg  gegen  der  Börsche  |  über  zu  finden  bey  derer! 
Verfassern  ]  G.  G.  C.  N.  P.  | "    Am  Schluß  des  Aprilis  iS.  SO. 
87)  ergeht  an   dif^  T.eser  fo)gondo  Bitte:     „NB.  Weilen  einige 
Nachdrucker  meine  kleine  Büchlein  als  den  Gärtner  /  Koch  und 
andere  zu  ihrem  Vortheil  mit  weniger  Müh  in  die  Bach-Läden 
gebracht  /  und  solche  daselbst  zu  meinem  Schaden  verkanfii 
werden  /  so  bitte  ich  die  Liebhabers  selbige  als  einen  schlechten 
Nach-Dmck  vorbey  zn  gehen  /  und  mir  ftr  meine  Mflh  md 
Kosten  das  wenige  dafür  zu  gönnen,  um  mich  damit  anzn- 
fnsohen  /  dergleichen  Dinge  mehr  an  den  Tag  zu  bringen.^  Am 
Schluß  des  Julius  wird  das  Erscheinen  der  lateinischen  Zeit- 
schrift augekündigt  (S.  177):    „Es  geliebe  den  Liebhabern  der 
Lateiiiisclien  Sprache  zu  wissen  /  daß  hinführe  die  Novellen  auch 
liftteimsch  /  von  einem  berühmten  Latinisten  zu  Colin  verfertiget  / 


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Von  Dr.  L.  Neabatur. 


483 


an  diesem  Orte  können  mitgetheilefc  werden  /  es  wird  jeder  des 
sohönt  ii  st3'li  halber  hierau  grosse  Vergnügung  befinden."  Diese 
Mitteilung  wird  am  SchluiJ  des  Novf»mber  (S.  265)  in  folgender 
Weise  ergänzt:  „Die  Lateinische  Couranten  /  als  Copien  von 
den  Cöllnischen  /  eines  anmathigen  Styli  der  studirenden  Jugend 
selir  dienstlioh  /  nioht  allein  gat  Latein  /  sondern  anoli  jeteige 
Welt-Hlkndel  daraoB  aa  ersahen  /  werden  nun  WöchentUoh  ein- 
mahl  anfigegeben  /  biB  der  Abnehmer  so  "viel  seyn  /  daß  die  Un- 
kosten mOgen  besahlet  werden  /  selbige  Wöchentlich  aweymal 
drucken  sra  lassen.  Es  wird  hierinnen  mehr  der  Ju^^  ud /als  des 
Nachdrückens  Nutzen  gesuchet  /  daher  solcher  Nachdruck  von 
niemand  /  verhoffentlicL  /  kan  geunbillicliet  wertleu."*  Nack 
dieser  Mitteilung  ist  die  lateinische  Ausgabe  der  in  Hamburg 
veranstaltete  Nachdruck  einer  in  Köln  gedruckten  selbständigen 
Zeitschrift  gewesen,  keineswegs  eine  Uebersetzung  des  „Nordi- 
schen Merkur",  dem  sie  nur  als  Supplement  beigelegt  wurde, 
besonders  in  der  Zeit,  als  der  Mercor  in  beschrftnktem  Umfange 
erscheinen  dnrfte.  Bas  bestätigten  auch  die  in  dem  genannten 
Bande  der  Gasseier  Bibliothek  davon  erhaltenen  Bogen  L  E. 
M.,  die  je  4  Blätter  in  kl.  8°.  umfassend  die  Ereignisse  ans  dem 
Oktober  un<l  November  darstellen.    Der  Titel  lautet: 

IIELATIUNES  1  EXTEAOßDINARLE  1  ANNI  1665.  |  o.  O. 
Um  die  äußere  Zusammengehörigkeit  der  beiden  Zeitschriften 
SDEudeuten,  wurde  die  Figur  des  Meroor  auch  in  dem  lateini- 
schen Nachdraok  angebracht;  sie  steht  jedoch  nicht,  wie  bei  der 
deutschen  Zeitung,  auf  einem  besonderen  Blatt,  sondern  auf  der 
linken  Seite  des  Textes.  Bei  der  in  einaelnen  Säteen  suweilen 
vorhandenen  wörtlichen  Uebereinstimmtmg  beider  Ausgaben  ge- 
bührt die  Priorität  dem  lateiniseheu  Bericht.*) 

4)  Zum  Vergleich  gebe  ich  den  Bericht  über  '\n»  I^'t;r;U)nis  Philipps  IV. 
von  S^iauien  (f  17.  Septbr.  1666)  nach  der  devxtach«nj  und  lateinischen  Aus- 
übe. Ersterer  lautet  (Octob«r  S.  231  unter  Spanien):  „Bio  Königliche 
I^ieh«  /  nachdem  Sie  etliche  Tage  in  eiiiein  gromen  Palatio  jedennäimiglich 
tu  sehen  war  sngelaaMn  worden  /  wurde  endlich  an  eiiiem  Sonnabend  in 
Beglotang  der  Groasen  des  Beichea  /  100  Beligiosen  /  wie  anoh  der  Hoff- 

81* 

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Georg  Grefiinger. 


Nach  diüscm  Exkurse  wenden  wir  OBS  wieder  WH  dem  be- 
sprochenen Godiclit  Xn.  24. 

Die  "Worte  des  Dichters,  daß  er  „etliche  Versehe"  bei  An- 
kunft der  Königin  Christine  gesetzt  habe,  werden  wohl  nur  von 
der  UeberBetznngy  nicht  von  dem  mangelhaften  lateinischen 
Text  zu  verstehen  sein,  und  es  dürfte  Waitherp  Urteil  (a.  a.  0. 
113),  daB  „man  ihm  die  Fähigkeit,  in  lateinischer  Spraoha  m 
dichten,  absprechen  muß^,  ea  Recht  bestehen. 

6refHn!^^<  r  lalnt  fort  :  j,Ks  kam  mir  aber  durch  ein  ander 
Schreiben  am  anders  in  den  Sinn  /  daß  ich  auch  auf  diese 
"Worte  kam: 

Hett  ich  auch  schon  zweimal  zwantsig 
Zu  versorgen  /  wurde  DANZIG 
Dennoch  stets  mein  ERSTES  seyu. 
Dis  Bescheydenheit  des  Ortes 
Ist  die  lirsach  dieses  "Wortes, 
„Ich  wolte  mehr  gerodet  haben  /  diesen  angenehmen  /  nnd 
mir  gutthütigen  Ort  zu  beriihmen  /  wurde  aber  entboten  wiedemmb 

Ottit'ittnttn  und  Königl.  Leib- Wacht  nach  dem  Escurial  gebracht  nnd  da- 
selbst beygesctzet."  Der  lateinische  Bericht,  der  erste  und  gieicluseitig 
einzige  ftoa  dem  September  Im  unserm  Exemplar  hat  folgenden  WertUat: 
Madtitto,  23.  Septembris.  PRttterlapsft  prozime  Sabbathi  fbiras  Begm 
jam  aliquandin  propalam  homintim  ocolis  in  gnmdiori  Palaüo  eipoailaiiii» 
drca  nonam  vc.s|iertinam  in  Escurialem  est  transportattim,  dedncentibus 
ilhid  }?egni  Magnatibtis,  <fc  anlac  Administris,  nianibus  pru^ferentibus  ardentes 
face«.  Defunoti  Ke<ri^?  f^adnvor.  aiiro  intertexto  pannn  ohtortü.  «sarropbago 
simili  obducto  fuit  impositiini,  phoretro  planiori  instrato,  in  ejuadem  quatuor 
anguhs,  quatuor  cerei  coUucebant,  more  modoque  pyramidis:  doportabatur 
per  quatuor  miilos  elatiim  i^ue,  ex  urbe  nonniilli  grandiorea  Primoiw 
sunt  subsecQti,  leliqai  in  tirbem  etmt  regressi,  Beligiosi  Ordinom  mendi- 
cantium  100  facile  exequias  Begis  ad  tomalum  dozere,  on&que  Begü  oorpodi 
cnatodia  hastata.  Vom  „Nonlischen  Mercur"  belinden  sich,  wie  ich  erfahren, 
noch  folgende  Bände  auf  öffentlichen  Bibliotheken:  Die  Jahrgängf  lOO-i— 71 
anf  »ler  Köni'^l.  Bibl.  zu  Kopenhntxcii,  nach  der  Mitteilung  des  Herm 
DiivkluiJä  liruun.  1G83,  34— l(>bl,  1  IS  auf  der  BibUothek  des  Marien- 
Btiltä'Gymnasioms  zu  Stettin  (cf.  L.  Streit:  Uebersicht  der  Bestände  an 
Zeitachriften  in  den  Hanptbücheraammlnngen  der  hohen  Schulen  in  PomiiwRi» 
Programm  von  Colberg  1887  p.  20);  von  1686  ab  Anaahl  Jahigioge" 
auf  der  Stadtl^ibliothek  SU  Stralsond,  nach  lÜtteüang  des  Henn  BiUiothdan 
Dr.  Eudolf  Baier. 


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Von  Dr.  L.  Keabftur. 


486 


andere  Sachen  znverriclit^n  /  daß  ioh  also  nur  Zeit  hatte  /  den 
vornemsten  Zweck  zu  erroicben. 

Vnd  dieß  anders  ilriß  m\f^h  triebe 
Daü  viel  audern  oiiturbliebo 

War  Herr  Bobart  /  dessen  Fest  / 
Deesen  Ehre  /  Lieb  und  Leben 
Zu  goHcgnon  /  za  erhebtti 
Mein  Oemfitb  nicht  imterlässt. 

„ünd  In  Wahrheit  ich  habe  diesem  Stamme  viel  zu  danoken  / 
lind  giites  zu  wünschen  /  dau  eben  dieser  war  in  der  woitbo- 
rühiuten  Vestung  AVeyxt'huüuilc  iat;iu  Hafen  oder  Port  /  in 
\ve]<  }iem  ich  /  nuß  dem  grausamen  Meer  dor  Douicsclion  Kriege  / 
derer  Fahnen  ich  lange  Zeit  (doch  sonder  Glücke)  ge folget  / 
und  auß  Noth  belieb'  t  habe  /  endlich  durch  wunderlichen  Sturm 
getrieben  /  glücklich  eingekommen  bin:  der  Pilot  hierzu  war 
der  in  seiner  Grafft  berühmte  Bedner  Herr  Johann  Mochinger. 
Mein  Anfiiehmer  der  mir  nievergesaene  Tapfere  Capitain  Herr 
TOnnies  /  dieses  Herren  Brentigams  liebgewesener  Herr  Schwager. 
Ich  war  Vnterweiser  der  Kinder  /  aber  nichts  wenigers  selbst 
als  ein  Sohn  im  Hauso  beliebt.  Wegen  dessen  sag  ich  /  so 
auch  selbst  wegen  seiner  /  Wol- Edler  Herr  Breutigam  /  mir 
offt  erzeigttu-  ( Junst  /  bin  ich  freylich  verpHii  htet  alle«  anders 
hindan  gosezet  /  sein  hochzeitliches  Fest  nach  Möglichkeit  zu 
ehren  /  doch  so  wie  es  die  Poeten  machen  /  mit  einem  Hertz- 
geneigten Wunsche  /  mich  weil  versichernd  /  daß  seine  mir  lang 
hekante  Discretion  solches  von  mir  so  lieb  aufnehme  /  alß  von 
anderen,  die  güldene  Gaben.  Erhebe  dich  demnach  meine 
singende  Clio  /  Einem  tapferen  /  und  von  sehr  vornehmen  Blute 
erzeigten  Danzger  und  Capitain  /  dessen  Discursen  von  Kunst  und 
Kriegen  dich  so  manchmalen  belustiget  /  dessen  Freundschafft 
deinem  damals  selir  schwachen  Vermögen  zu  Kräflten  verlioiien 
haben  /  ein  Liodlein  zu  singen  /  nicht  zweiti"«hid  /  der  Wille  werde 
vor  die  That  angenommen  werden.  Ach  sie  ist  bereit  /  aber 
wegen  vieler  Sorgen  /  nicht  wie  sie  will  /  sondern  wie  sie  kan." 

£s  folgt  dann  die  aus  16  sechszeiligen  Strophen  bestehende 
„Ode",  die  in  fließenden  Versen  den  Bräutigam  beglückwünscht, 

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486 


Q«Ofg  Oc«f1iiiger. 


daß  er  sich  entBÖblossen  habe,  nooh  emmal  za  heiraiea  —  er 
hatte,  wie  aas  andern  durch  dasselbe  Fest  hervorgerufenen  Ge- 
dichten ersichflieh  ist,  bereits  zwei  Frauen  gehabt  — ,  wobei  nicht 

unterlassen  wird,  weiblicher  Verdienste   rühmend  zu  gedenken: 
Waii  ich  /  was  Frauen  sind  /  euch  alles  solt^  erzählen 
So  flolt'  es  mir  gewiß  an  Zeit  und  Worten  fthlen  / 

Der  Natoen  ist  saviel 

Pin  sie  den  Männern  bringen  / 

Ifh  habe  wan  ich  wil  / 

Ein  Jühr  diirob  zu  8inp:en. 

Bobart  wurde  als  Major  und  Kommandant  von  Weichsel- 
münde  1671  emeritiert.*^)  Michael  Tönniges  [Tön^ies,  Tönnies] 
war  1684  in  Danzig  geboren;  seit  1303  machte  er  Beisen  durch 
Holland,  Frankreich,  Portugal,  Spanien,  trat  1606  in  hoUftndische 
Dienste  und  wurde  1611  nach  Ostindien  geschickt,  wo  er  mit 
grofiem  Erfolge  gegen  die  Spanier  kämpfte.  Im  Jahre  1620  kehrte 
er  nach  Holland  znrflck,  ging  dann  nach  Dansig,  erhielt  1621  eine 
Kompagnie  in  der  Stadt,  darauf  in  Weichselmüude,  wo  er  als 
Hauptmann  der  Festung  1650  starb.^)  Ueber  die  von  Greflin^r 
unterrichteten  Kinder  vermag  ich  nichts  genaueres  anzugebenJ^J 

5)  G.  Löschin:  Die  BUrgermeiater,  Rathsherrn  u.  Schoppen  des  Dau- 
dger  Freistastes.  Dansig  1868.  8.  86.  Er  ist  jedenfklla  Ideutjaeh  mit  dem 
Major  Bobarth,  der  in  der  Sohlacht  bei  Dirsdiaa  ▼erwnndet  wurde  ef. 

Gedenk-Zedel  /|'  Auff  das  harte  Treffen  vor  Derschau  |,  Zwischen  der  |!  Stadt 
Dantzig-  !|  Vnd  den  Schwed-  und  Brand-  denburgisclien  Völckem.  |;  G^chehen 
den  2.  Septembr.  ||  Anno  lfi57.  0.  O.  n.  J.  B  bedrnrkto  Blätter  n.  ein  leeres 
Bl:itt.  40.  [Dan/j^.  Staat  1,.  I  E.«i.  136  (32)].  Die  Schrüt  enthalt  4U  vieizeilig© 
iLpigrauime.    ^o.  11  lautet: 

An  H.  M«J.  Job.  Ton  Bdbarth. 
Die  Fanst  so  von  GescUecbt  und  TapflFem  Theten  pranget  / 
Die  Deutsch-  und  Hollandt  ehrt,  hat  dieses  mahl  erlanget 
Ein  roth  bos-jireiif^ton  Krantz!    Nim  tenres  Vnter-Land 
Des  tapffern  Sohnes  Blut  zu  seiner  Treue  Pfand. 

6)  Ehren-Gedächtnuß  aulY  den  seeligen  Abschied  Herrn  Michael  Ton« 
niges.  Danzig  (1651)  4  Bl  4P,  (Danziger  Stadtbibh  XY.  q.  78(3).) 

7a)  Seine  Tochter  Hedwig  yerheiratote  sich  1648  an  einen  gewissen  E«in- 
hold  Friedlich,  Schwager  von  Bobart.  cf.  das  HochseitBgedicht  Ton  Bfilthnnmr 
Saiirstall:  Danzig,  St.-B.  XV,  q.  75«  (48).  —  Ob  Ehler  Tönigee,  der  ein  Trauer -o- 
dirht  nuf  den  Tod  dor  Gattin  des  Danziger  Rectors  J.  Zetzkius,  Anna  ff  9.  Aj.rfl 
1650;  fertigte  (Danzig  ÜU-B.  a.  a.  0.  Ko.  194),  sein  Sohn  war,  woil^  ich  nicht. 


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Yon  Br.  L.  N«iib«iir. 


487 


Der  hier  erwAlmto  Moohinger  imt  nadi  dor  Sohüdenmg  der 
Zeitgenossen  ein  sehr  gebijideter  und  hnmandenkender  Mann. 
Als  er  nach  mehrjfllirigem  Aufenthalt  auf  den  üniversitftten 

Wittenberg  und  Leiden,  einer  Reise  durch  Kh^Iaud  und  Frank- 
reich uiiii  zweijährigem  Studium  zu  Straßburg  in  seine  Vater- 
stadt  Daiizig  10^^  znrfickzukelirHii  im  B<'f;rifTo  war,  trug  Ber- 
negger  ihm  Gruße  fxn  die  berühmtesten  Gelehrten  Deutschlands, 
u.  a.  Kepler  auf,  um  seinen  Schüler  dadurch  zu  empfehlen,  ob- 
wohl er  erklärte,  daß  der  Name  Mochinger  allein  schon  eine  ge- 
nflgende  Empfehlung  sein  wOrde.^'^)  Dieser  konnte  seinem  Gönner 
von  Danzig  aus  melden,  dafi  er  überall  die  freundlichste  Auf- 
nahme gefunden  hätte.')  Er  wirkte  dann  in  Dansig  als  Prediger 
an  der  Gatharinenkirche  und  gleichzeitig  als  Professor  am 
akademischen  Gymnasium.®)  Zu  seinen  Schülern  gehört  Hofinan 
V.  Hofmanswaldau.  der  sioli  von  1630 — 38  in  Danzig  aufhielt 
und  auch  später  noch  mit  seinen  Lehrern  in  brieflichem  Verkehr 
stand.  Der  feingebildete  französische  Legations  -  Sekretär 
Charles  Ogier  lernte  1635  in  Danzig  auch  Mochinger  kennen  und 
schAtzen.^^)   Greilinger  hoffise,  als  er  1644  nach  Danzig  za- 


7  b)  BeiÜvseheid :  Quellen  rar  Oesehicliie  des  geistigen  Lebens  in 
Benteohland  I  (1688)  No.  969  ef.  271. 

8)  23.  Febr.  1629,  bei  Reifferscheid  A,  ft,  O.  X...  2^0. 

9)  E.  Prnetrriiis:  Athenae  Gedanenses.    Lipsiae  1713  S.  71  fF. 

10)  K.  Friebe:  Ucber  C.  Hofman  von  TTofinanswaldaTi  etc.  Digsertation 
vun  GieifsvvalJ.  l  -  8*>.  S.  3  ff.  —  S.  12  (Glückwunschschreiben  Mochingers  zu 
Hofxnans  Yorlobung.  30.  Januar  1643). 

11)  Caroli  Ogerii  iter  Polonienm  sito  Borusucam  [ans  den  Epheme- 
rides. Lntetiae Parisiorom  1666]  in:  Historiarum  Poloniae  et IfagniDacatos 
lithoaniae  scriptorum  collect io  magna,  editlit  Laur.  Mizlerus  de  Kolof. 
TomnB  T.  Yarsaviae  17G1  fol.  755:  Ego  ab  alio  Pastorc  Lutberano  domnm 
invitatu«  snm.  qni  quideni,  quia  in  Anglia  atqne  TfRllia  hnmanitatem  aliquam 
didicerat,  paululum  abstersit  indiguitatom,  (^uain  iu  illuin  hesternum  subiü- 
enm  concepwun.  [Er  war  bei  einer  im  Oymnasinm  Teranstaltoten  Dispu< 
tetioQ  zwiadien  Proteetanten  und  Dominilianern  sngegen  gewesenj  bei  welcher 
lieftige  Ansftlle  gegen  da.s  Papstnm  z.  B.  Papam  nihil  aliud  quam,  monstram 
esae,  gemacht  wurden.]  Dedit  iste  mihi  orationem  Latinam,  quam  corara 
Bolgii  Lep^atis  pnnris  ante  diebus  habuerat.  Vocatur  .Toaunea  Mochinger. 
lina  cum  illo  in  pomoeriis  civitatis  deambulavi  .  .  .   Die  hier  erwälmte 


488 


0eoiiK  Gveflingar. 


rückkelirte^  auf  weitere  Forderung  daroh  seinen  firOheopen, 
Gönner  reohnen  zu  können,  den  er  „das  Licht  der  Weixel, 

den  Mann,  der  so  viel  Sprachen  Iran**,  nennt.**)  Als  Mochinger 

im  50.  Lebensjahr  1052  starb,  kounte  sein  Sohn,  üottfriecl  wohl 
mit  Recht  in  der  Grabschrifl  von  ihm  rühmen:  Triste  bonis 
Omnibus,  qiü  eum  iioverunt,  sui  desidehum  reliquit.^^) 

Oreflinger  war  nach  seiner  Frankfurter  Beiae,")  wie  äch. 


fiede  ist,  wie  »eh  ans  der  am  Schlnfi  befindlicken  Dedikation  eigiebt,  fol- 
gende; Snpplicatio  nrbis  Gedaneuris  in  honorm  Det  optimi  et  memoriam 

TIadislai  IV  .  .  .  pro  conservata  Ronissia  et  pace  reititQta  .  .  c«ratii.ne  ex- 

pUcata  .  .  .  lUo  XXVII.  Sept.  n  .7  . Ii.  Mochingero  .  .  Anno  MÜCXXXV. 
Dantisci  s.  a.  10  Bl.  fol.  —  Ogier  a,  a.  O.  foK  703:  A  praodio  Mocbm£;eni«, 
vir  nokvykbnTo-;,  illnstrissiinum  Legatum  invisit, 

12)  In  Rists  Neuem  deutschen  Parnaß.  Lüneburg  1652,  citirt  von 
Waltber  a.  a.  0.  p.  100. 

18)  IL  Coricke;  Der  Stadt  Dant zig  Historische  Beschreitung.  Amster« 
dam  nnd  Pamigk  fol.  828.  —  Ein  dankbarer  Schüler,  der  sich  damala 
in  Strafibnrg  befand,  hielt  ihm  daselbst  eine  OedKebtniarede:  Qneroli  gemi- 
tos  Argentina  Gedanum  ini^si,  quibus  .  .  Johannis  Mochingeri  .  .  .  Dommi 

Praeceptoris,  Hfv^piti.'<,  l'atroni  &  Fautoris  sui  mapni  funus  .  .  Gedani  jam 
celebratnm  .  .  Argeutinae  etiam  proseipii  voluit  tlebuit  (]io  XI.  NovembrLs 
Gabriul  Schumannus  Junior,  (Tedaneusis.  Argeutorati,  Typis  Johannis  Petri 
ab  Heyden.  H.  DG.  LII.  4  BL  foL  (Elbinger  Stadtbibl  B,.  Mise.  1.) 

14)  In  die  Zeit  seines  Frankfurter  Aufenthaltes  fallt  ohne  Zweifel  auch 
die  Ton  Dettingen  a.  a.  0.  S.  38.  34  nach  Elatalogen  erwähnte,  aber  nicht 
gesehene  Schrift,  deren  Titel  folgendermaßen  lautet: 

DAVID  VIBTVOSVS,  ||  Das  ist:  |]  Dei  Frommen  B  Tnd  T^pfibren 
Königs  vnd  |t  Propheten  Davids  Anknnfit  /  Leben  /  vnd  Ende  /  in 
schönen  Kupferstichen  abge- |f  bildet  /  von  Joli.  Thcnloro  de  Brj-, 
p.  ni.  viifl  mit  zi'^rü'^lif'Ti  Ver«on  erkläret  durch  üeort^  ('n  b-  [j 
hnger  /  aliu:»  iScladon  genant.  \^  Gedruckt  2U  Hanaw  |j  In  Verlegung  .j 
Job.  Ammon.  1G44.  || 

88  Seiten,  letzte  leer,  quer  8°.  [Ii-rtümliche  Paginierung  betindet  sich 
auf  Seite  15,  wo  die  Zabl  51,  auf  Sdte  49,  woselbst  35,  und  Seite  71,  wo- 
selbst 59  steht]  Sign.  A2— Qüij'  (Stftndische  Landesbibliothek  an  Kassel: 
BibL  in  Fignris  9,  5.) 

Der  Titel  ist  von  bildlichen  in  Knpferstieh  aosgel&hrten  DazsteUungeu 
eingeschlossen:  aar  rechten  und  linken  Seite  auf  einem  Postament  stehend 

zwei  r!csf alten,  von  den^n  dio  FiiiTir  rerhtj*  t-inen  Kriesror  in  voIIpt  Aos- 
rüstung  ;sejgt.  der  jcdcniulls  auch  David  sein  soll;  links  steht  David  in  küuig* 


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Von  Dr.  Ii.  Neubaur. 


aus  unsem  Gedichten  ergiebt,  im  Juni  1644  wieder  in  Danzig 
und  hielt  sich  daselbst  bis  zum  Anfantr  Oktober  1646  auf.  Zu 
Minen  sonstigen  freunden,  zu  denen,  die  Danziger  Frauen  im 


KclMr  Traeht;  Beine  linke  trilgt  eine  Harfe,  üeber  dem  Text  befinden  rieb 
nrai  Enget,  die  eine  Krone  lulten;  nnter  dem  Text  Bevid  ale  Hirte,  die 
Schafe  bütend. 

Wie  die  Barstellung  beschaffen  ist,  ergiebt  sich  ans  der  ni^ht  unter- 
leicbneten  Vorrede:  y,Geneigtor  Leser.  Hier  geben  wir  dir  deß  Frommen 
vnnd  Tnpffem  Königs  vnd  Propheten  Davids  /  .^kunfft  /  Leben  '  vnd  Ende/ 
in  schönen  Kupfforsiiclicn  vorgebiidi  t  /  vnd  bey  jedem  besondere  zierliche 
Teutsche  /  w  ie  auch  Lateinische  Versus  vnd  Suniniarien.  Gebrauche  sie  nach 
deinem  Belieben  /  vnd  bldbe  geneigt,  Geben  FianekAirt  am  Hayn  aar  Zeit 
dar  Ost«^UeB  /  im  TAwendi  eeebsbnndert  vnd  vier  vnd  viertxigeten  Jabre.** 

Bie  Scbrift  «itbslt  40  Ku^^furstiche,  Seenen  ans  dem  Leben  Davide 
vovftbrend,  denen  ebenso  viele  Seiten  mit  Erklanmgen  gegenflberstehen. 
Yeiee  ivxe  Bilder  sind  nur  von  geringem  Wi  ;  Zum  Beweise  lasse  ich  den 
criäntcmden  Text  des  ersten  und  letzten  Blatts  folgen.  Das  erste  Blatt 
stellt  die  1.  Sam.  16,  1^13  geschilderte  Scene  dar.  Die  Erkl&rong  lautet: 

David  wird  von  den  Scbafra  vor  de  Samael  geführt   1.  Sam.  16. 

Ynd  ob  ich  schon  der  Jüngste  war  von  deA  Isai  Söhnen  / 

Darzu  ein  Hüter  seiner  Herd  /  ob  ich  schon  war  verlacht 

So  war  doch  aller  Onttor  Gott  srlir  wohl  aufF  mirh  bedacht/ 

Er  schickte  mir  den  .Sauiurl  luirh  Hirdtrn  zu  bekrönen  / 

Ich  mußte  /  war  ich  noch  so  ötlile<      von  meiner  Heerde  goha  / 

Vnd  /  andere  hindangesetzt  /  in  einer  Grone  stehn. 

Bona  indoles  rectö  culta. 

David  &  puero  parentibus  reverenter  obc  liLiido,  partes  oeoonomicarum 
operamm  sibi  mandatas  fideliter  exequendo,  &  Deo  invocationi  arden- 
ter  vacaudo,  omnia  boni  adoleacentis  munera  implet 

Jefsiada  landee  pnero  meditante  pateninm, 

Et  pecos  &  volncree  A  stnpnere  ferflSi 
Ipse  Pater  snperom  dixit,  mens  hie,  meoa  eeto: 

Hic  pascat  nostroe,  ineütnatque  gregse. 

Bas  ktste  Blatt: 

Ale  Bavid  seinen  Sobn  Salomon  anff  eeinem  Stnbl  sähe  / 
sptich  er:  /  Beg.  I  vnd  2  [anf  dem  Kapfersticb  ist  noch  hinangefügt:  |  ParaL  29]. 

Knn  will  icb  mit  Frewden  sterben  / 

Weil  ich  meinen  lieben  Erben  / 
Seh  anff  meinem  St.ule  sitzen  / 


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490 


Georg  Greiiiuger. 


allgememen  nieht  gehörten,*^)  haben  wir  dm  hollAtidlsolieE  Li> 

genieur  Adam  Wybe  zu  reolmen,  dessen  Arbeit  er  das  Gedicht 
Nr.  10  widmet,  welches  zwiir  keine  Aiigabe  über  Dru</kort.  und 
Jahr  onthält,  aber  ohne  Zweifel  1()14  in  Danzig  erschienen  ist. 
Von  Wybes  Thätigkeit  daseibat  berichtet  Curioke:  Der  Stadt 
Dantzig  histor.  Beschroibcmg  foL  848  folgendes:  |,Anno  1641. 
Hat  ein  HollAndischer  Ingeniewi  Nahmene  Adam  Wybe  von 
Harlingen  gebürtig  /  dnrch  eine  sonderUcbe  Invention,  die  Ktda 
von  diesem  Bischoffsberge  über  den  Stadt  Graben  auf  die  Pastey  / 
so  gl.'ich  über  lieget  /  und  noch  heute  zu  Tage  "Wybeu-Hundell 
genannt  wird  /  goführet  /  wie  solches  anß  hiebey  gednickteni 
Kupier  zu  ersehen  ist."  Auf  demselben  ündet  sich  die  Dar- 
Btellong  einer  yom  Biachof  sberge  aar  Bastei  über  den  Stadt- 
graben führenden  Kette  ohne  Ende  mit  aahlreiohen  daran 
hangenden  kleinen  Eimern  [„Aemmem*'  im  Gedicht],  die  von 
verschiedenen  Personen  angestaunt  wird.    Der  Eingang  bei 


Der  wird  auch  dem  Lttiiil  liützeu  / 
Vnd  dem  Mächtigste  m.  eliren  / 
Seine  Stimme  lassen  hören. 
Folget  meinem  jungen  Erben/ 
loh  will  nun  mit  Frewden  sterben. 


Pietatis  defunctio. 

David  decorso  vitw  spatio,  regio  magistratu  ita  gesto,  ut  &  poUtlciB  OWB- 
modis  popalo  prospectum  esset,  ver6  ut  pura  floreret  religio,  Salomo- 
nem  filinm  ad  eadem  studia  hortatns,  plaeidÄ  pieqne  mcntar. 

Mauere  susceptam  bene  rem  gessisse  beatum  est. 

Landandaiii  ^-  suporis  a'dificasso  domum. 
Sed  numeros  impiet  cunctos,  cui  contigit  heres 
-  Et  stndii  compos  patrii  A  ofQcij. 
FD7IS. 

Der  lateixiisehe  Teort,  der  jedenfldis  nicht  von  0refling«r  ist,  hatte 
möglicherweise  dea  Zweck,  die  Verbreitimg  des  Baches  im  AnsUade  so 
erleichteni. 

15)  Nr.  38b: 

Und  weil  ich  ohne  das  viel  Dantsger  Jungfern  kenne 
Die  nur  gehUtig  sind,  die  ich  mit  nechstem  nenne  / 


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Von  Dr.  L.  Neolwir.  491 

Greflinger  enthält  zunächst  ein  Lob  Danzigs,  des  „schOnen 
Platzes^ 

Wo  die  Oerochtip;keit  md  Friedo  wohnhafll  scvn  / 
Wo  Gottes  theures  Wort  wird  imverfäkcht  vnd  rein 
Dem  Volcke  vorgebraflit    wo  viel  belol)te  Sitten. 

Poesie  nnd  Kunst  hätten  hier  eine  Pflegestätte;  was  aber 

besonderes  Lob  verdiene,  sei  die  wunderbare  Art  und  Weise, 

wie  die  Befestigung  der  Stadt  unter  der  Leitang  eines  genialen 

ICannes  fortocbreite: 

Ein  tag  vor  einer  Stadt  ist  kein  geringer  Feind  / 

Hier  setzt  sich  Bevg  anff  Barg  /  das  fast  nicht  glänblich  scKeint 

Ftilt  eine  Frage  vor  /  wer  solches  kdnne  niMhen  / 
80  sage  fiwy  herans:  Wyb  Adam      der  Mann 
Ein  Mann  von  Harlingen  /  der  solche  Küuste  kann  / 
Nieht  dieses  nnr  allein  /  er  hat  noch  mehr  erfanden 
Das  wundems  würdig  ist  vnd  billig  wird  gebunden 

Lis  Bach  der  Ewigkeit.   Schrey  nun  du  Si)üttor  Mun: 
Was  rmei  Wybe  was  /  ist  sein  Vorstand  geaüud? 
Was  sagf^t  Wybe  dranff?  Geh  Schreiber  y.n  der  Fedor  ' 
Der  Schneider  zu  der  Scheer  /  der  Schnstor  zu  dem  Ledor 

Der  Gerher  in  die  Loh  !  der  Bierscheuck  zu  dem  Yaß  / 
Die  Vettel  zu  dem  Had  /  die  Junge  kniple  was. 

Mess  seine  Klugheit  nich  nneli  seinen  sehleeliten  Kleidern  / 
Sein  Ruhm  steigt  ülier  Jim  /.u  tiutze  seiaeu  Neidern. 

Es  maugelt  aui  Papier.    Genug  von  Wybens  Kunst. 
Zu  letzte  wündsch'  ich  diß  /  0  Dantzi^:  daß  die  Gunst 
Des  WiinnMrfa  fiber  dier  sich  als  ein  Strom  ergOsse  / 
Ich  weis  nicht  /  wie  ich  baE  /  als  so  me&a  tiohten  soblösae. 
Nimstn  anch  schlechten  danck  /  so  bleibe  dieses  bist 
Mein  Dank  vor  deine  Onnst  /  dn  Welt»  berOhmte  Sadt.  (sie) 

Georg  Greblinger. 
Später  &nd  der  Dichter  noch  einmal  Yeranlassung,  diese 
Arbeit  Wybes  zu  rühmen,  imtl  /war  in  dem  handseliriftlicli  er- 
haltenen Gedicht:  „Das  blühende  Danzip;  1846."  Von  demsel1)eu 
ist.  was  Gruppe:  Leben  imd  Werke  deutscher  Dichter  I,  742 
und  V.  Dettingen  a.  a.  O.  S.  17—18  unbekannt  war,  di  ■  !n  öß*^re 
Haute  [im  Druck  274  Verse]  sohon  publiziert  unter  dem  Titel: 


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493 


G«org  Grei'iii^r. 


j^iirtze  Poetische  dennocli  unbesclimeioholte  Beschreibung  des 
Blühoiiden  Bantzipfs,  1646  in  Mscto'',  in  der  Zeitschrift:  Das 
Gelahrte  Preulien,  oder  Monatlicher  Anßzug  Aus  Neuen 
und  Alten  . . .  Preußischen  Schriften.  Dritter  Theil,  Zweytes 
Stück.  Thora  [1723]  S\  S.  79—99.  In  diesem  diirch  den  Eektor  des 
Elbinger  Gymnasiums  George  Daniel  Seyler^*)  besorgten  Abdniok 
sind  nur  die  Gründnngssageu  der  Stadt  ausgelassen.  Doch  hat 
der  Herausgeber  iiiclit  allein  die  Orthographie  gt^ändert,  sondern 
auch  hin  nnd  wieder  den  Text,  Veryo  zusammeugezogen,  sowie 
das  eine  und  andere  übergangen.  Die  auf  Wvbo  bezügliche 
Stelle  lautet  (nach  der  Handsohrifb,  foL  74,  im  Druck  mehreres 
überarbeitet): 

fichaa  an  dsn  hohen  Wall  wie  schön  er  auBgepnst 
Wie  voll  Metalles  er  die  hohen  Berge  trast 
Die  Ihm  entgegen  stehn.   Schau  an  was  Wib'  erfanden 
Der  wunderbahre  Mann,  dem  ich  viel  gnter  Stunden 
Zu  allen  Zeiton  wünsch'  als  meinem  lieben  Freund 
Und  kunstgeübtem  Geist'.    Auf  daß  des  Walles  feind 
Umb  etwas  nidriger  an  seiner  Hoffart  werde 
So  nirat  er  sfnncm  TTanpt  in  Ir-irhtor  ^lüli  die  Erde 
Xliid  t'ülirt  sie  in  der  LuÜt  zwey  Wasser  uberhinn 
Auf  unsern  AVall  iiinauf.    Fahr  fort  du  kluger  Sinn 
Und  acbtf  iii'  lit  darauff,  was  di  ine  SPotter  sagen, 
Sie  müsseu  endtlich  selbst  dein  hohes  Lüh  außtrageu, 
Der  Allfang  ist  gemacht,  viel  haben  es  gcthan 
Es  folget  noch  mancher  nach. 
Von  Interesse  wogen  der  literarischen  Andeutung  ist  der 
£ingang  von  dem  (^t  dicht  No.  23b: 

INdein  i«di  einbsij^  war  den  Krieg  von  Irr-  und  Srln-tten 
Mit  ilirur  AVidLTj>art.  -vvie  ich  den  Krie.^  dei-  Gotten 
Mit  unserni  IVrdinand  beschrieb  /  in  lieylim  und  Band 
Zu  biingen.    Siehe  da  kam  mier  von  lieber  Hand 
Ein  Liebes  Brieflein  ein  etc. 
"Wahren«!   im    (irsteai  Verse   vielleicht   an   den  Inhalt  des 
1G52  erschienenen  Diarium  JBritannicum  gedacht  ist,  obwohl 

IC)  Oeb.  1686f  seit  1720  Konrektor  und  Prof.  eloquentiae,  spät^  Bektor 
in  Elhing  f  1745*  fßn  der  Oescbichie  des  Vaterlandes  war  er  ein  rechter 
8trabo.''  Tolck«imt:  Elbingscher  Lehrer  Oed&chtnis.  Danag  1758,  S.  289. 


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Von  Dr.  L.  Neobaor. 


493 


dieses  nach  Greflingers  Anfleutimc^  kein  Epos  zu  sein  scheint, 
(v.  Oettiugon  S.  28.  29),  hat  man  unter  dem  ..Krieg  der  Gotten 
Mit  unserm  J^'erdinand^'  ohne  Zweifel  die  Quartausgabe  des 
dreiiJigj  ährigen  Krieges:  ,.T)ie  gransam -blutige  TragödiE  vom 
DeatschiaBde,  Ist  eine  Eneblong  deS  deatachen  Krieges,  Von 
1618  biß  1648"'  (Waliher  a.  a.  O.  S.  124—127)  m  Tentehn,  die 
also  im  Sepiember  1651  schon  fertig  vorlag. 

Die  Beziehungen  GrefUngera  m  l>ttiizig  haben  sich  nach 
dem  Ausbruch  des  schwedisch-polnischen  Krieges  wahisLheinlieh 
für  immer  gel<»sl.  Diese  Stadt  hatte,  vielleicht  weniger  aus 
Pietät,  als  aus  handelspolitischen  Eücksicbtau  an  dem  Bündnis 
mit  Polen  festgehalten,^^)  und  sich  hierin  anoh  nicht  durch  das 

17)  R.  DminiiB:  Der  erste  nordische  Krieg  bis  aar  Schlacht  bd  Waraehait. 
&  IOl  II.  84.  25.  43  (Zeitschrift  des  Westprenftisdieii  G«schidit8Terem8, 
Heft  XII.,  Danzig  1884).  —  Eine  kurze  poetische  Schilderung  der  damaligst 

Lai:*'  I^^nzigs  findet  sich  in  folgeudom  Gedidit :  DÄMONS  !  Abschied  ]  Von 
I  PHILLIS  ]  Vnd  deroselben  ||  Gegen-VALET.  [  0.  O.  u.  J.  4  Bl.  4.  (Stadtl>Ibl. 
zu  Danzig.  I  E  ®  Bf  [Xn.  nfp.)  Damnn  ist  ,  wie  eine  handschriftliche 
Bemerkung  sagt,  <]t  r  schwedisclie  Generalmajor  Dankwart,  welcher  1650  die 
Ilaaptschanze  am  Weicbselhaupt  aufgeben  mußte,  während  mit  dem  Namen 
Phill»,  wie  es  in  der  Ueberschrift  heiAt,  Dansig  beaeichnet  wird.  Eine 
Bandbemerknng  von  alter  Hand  htntet:  ,,I>ieseaLied  ist  SGt.  34.  Febr.  1660 
Mmflscirefe  und  bey  50  thl.  Straffe  zu  vcrkauflfen  verbothen  worden."  In 
dem  „Gegen- Valet  Der  Hochberühmten  PhiUis  an  den  abreisenden  Dämon" 
heißt  es  nun  u.  a.  r 

ä.  Man  fing  es  erätlich  glimpflich  au 

Mit  Zuckersüssen  worten  / 
7nd  List  /  die  man  bcdencken  kan 
Mein  Herta  nnd  atarcke  Pforten  / 
Ohn  acbaam  and  schew 
Wid'r  Eyd  und  trow 
Von  Pohlen  abzuwenden 
Vnd  sich  zu  verplllnden. 

4.  Wie  muste  ilocli  die  Religon  / 
Kill  ficlif'iii  der  Sachen  geben? 
Da«  man  der  Pohlen  Edler-Grohn 
Zu  wider  möchte  leben; 
Man  aneht  aufib  best 
Ton  Ost  nnd  Weet 
Basjehne  her  zn  hdlcn 
Was  diante  widor  Pohlen* 


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5.  Der  tewer  Kruiig  Casimir 
War  schon  bey  euch  begraben  / 

Vnd  meintet  daiS  Ihr  filr  und  für 
Non  Pohlen  wflrdet  haben  / 
Yad  Phülia  sich 
Demütliiglich 
Als  dan  mit  tieifen  bücken 
Wo  würde  müssen  schicken. 

6.  Dochhai  des  hörhstenstarckeHandt 
Die  (iurbon  aufi'gerichtet  / 

Vnd  wiederumb  das  gute  Landt 
Ifit  trewo  vest  verpflichtet  / 
O  König  dir 
Jan  Ctoaimir  / 
Mit  Sämbt'i-  bi  -'i  ,  rfrewen  / 

Zu  trots  dem  Nordsohen  L5wen  ete. 


G^rg  Qreflinger. 


siegreiche  Vordringen  der  Schweden  irre  machen  lassen.  In 
protestantischen  Kreisen  liat  man  ihr  dieses  ohne  Zweifel  sehr 
verdacht.^^)  Dem  Unwillen  darüber  glaubte  vielleicht  Gretiinger, 
welcher  schon  in  dem  Epos  über  den  dreiBigjfthngen  Krieg 
„seine  Sympathieen  £ar  die  Evangelischen  keineswegs  yerhehlte" 
(v.  Oettingen  a.  a.  O.  S.  71),  in  «iner  nicht  nAher  bekannten 
Schrift  Öffentlich  Ausdruck  geben  sa  mtlssen,  wodurch  er  freitieh 
in  Danzig  großen  Anstofi  erregt  zn  haben  scheint.  Der  unge- 
nannte Verfasser  des  gleicli  zu  erwähnenden  Gedichts  wirft  ilm 
8ehii)ä]ili(^hen  Uiidiiiik  un«l  absiclitliche  Entstellung  der  That- 
Bcichcn  vor.  Die  höhnischen  Bemerkungen  über  Eibing  uud 
Stettin  beziehen  sich  wo!  nnr  auf  die  schweden&enndliche 
Haltung  derselben.      Das  Gedicht  lautet  iolgendermafien: 

Gegen-Satz  |i  Aus  den  ;[  Sack  der  Warlicit  /  [  Gegen  den  |1 
Newlicher  Zeit  /  außgegangenen  und  zum  ||  Druck  ver- 
fertigten I  Lügen-Sack  /  j,  Durch  U  G.  O.  alias  Sdadon  ge- 
naat  /  |  Anno  M.DCL.7L  | 

1. 

WEr  bistu  Spötter  Seladon 

Der  du  der  Pohlen  Nation 

So  liederlich  daiAt  sprechen  Hon  / 

0  Sdiandfleck  in  dem  Helikon 

Ein  Stroh-Kiants  ist  der  rechte  Lohn 

Tor  deinen  PaBgnülanten-Tlion. 

Wilsta  der  Feiode  ihre  Tücken 
Mit  aohtodlichen  Paftquillen  schmlb&en 
Wilst  da  auch  die  mit  Sdunehen  swieken 
Die  Vnrecht  /  List  und  Falecbheit  drOoken. 

S(  hiiieh  immerhin  des  Himmels  Blicken 
Wird  dennoch  ihm  Erqoicknng  schicken. 

3. 

Wie  treibet  dich  ein  LappenrGeist  / 
Daß  du  ,  was  du  vorhin  gepreist 
Ja  was  du  selber  löblich  heist  / 


18)  cf.  Strophe  4  in  Anmerk.  17. 

19)  Droysen:  Qesoh.  d.  PrenAischen  Politik.  S.  AnB.  m,  2  &  166.  IH. 


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Von  Dr.  L.  NeabAor. 


495 


Was  du^  goUflidat  and  gespetst 
So  liederlich  ietsnnd  beeohnielBt  / 
Ynd  wie  der  faleehe  Kokook  eehrejit 

4. 

'Wibtn,  da  Fttrsfc  der  fredien  Beben 
Li  deinen  Seek  mehr  Lfigen  haben 
So  kenetn  hin  nech  Elbing  tmben 
Ynd  in  Stettin  die  Ohren  laben 
Ja  ench^  nur  deine  eigne  Gaben 
So  wirsta  voUanf  Lügen  haben. 

5. 

0  Simei  /  Pasquin  Lucan 
Kim  selber  an  die  Lägen-Fahn 
Die  dir  dein  loser  Hcuchehvahn 

Srhrsn  lange  Zeit  geh^tcn  an 

\ii<[  iialt  den  Mund  Pußiiuillen-Kröhmer 

lJu  un\  erschiiintor  Lügen-nähmer. 

(1  BL  4.  O.  O.  u.  J.  Stadtbibl.  zu  Danzig  L  £•  89  [49J.) 

Auf  der  Stadtbibliothek  (4  sowie  der  üniversitfttiB- 

Bibliothek  zu  Breslau findet  sich  nachstebeud  angeführtes 
Gedicht : 

Qnorela  I|  GERMANLE.  ^|  Dom  Durchlatichtif^cü  j  Ho.  lin;ohonien 
Fürsten  vnd  Herrn  Hf^rrn  Georg  RudolfFen  /  Ht  i t/j'L^fii  iu  Schle-  || 
sien  zur  Lieguit^  viul  Brieg  Meinem  gnft-  |  digeu  Fürsten  vnd 
Herren  /  S  vbergibts  demüttigat  i  GEOBGIUS  GREBLIJ^ÜEK.  J 
O.  0.  u.  J.  4.  BL  1".  üi  Verse. 

Es  beginnt  folgendermaßen: 

Wie  lange  eollen  dann  die  Straffen  anff  Hir  bleiben  / 
Wie  lange  sol  Ich  dann  mein  Klagen  nodi  wol  treiben 

Ich  armea  Dentechea  Landt?  Idi  weie  fttr  Herteenleidt 
Kaum  an  gedenckea  mehr  wie  lange  lange  zeit 


20)  Erstere  besitzt  von  Gretiinger  noch  das  Complimontir-  und 
Tranchir- Büchlein.  Ameterdam  1692.  12°;  letztere:  Der  franz.  Baum-  u. 
Kflcheng&rtner  168&;  Der  swölff  gekröhnten  Häupter  Ton  dem  ^nee  Stuart 
nngiaidDMlige  Henrachafb  1652,  4<>.;  Zincgref:  Emblematom  .  •  eenturia  mit 
schönen  "Reimen  geziert  durch  Georg  Gret'Hnger.  Heidelberg  1081.  4^.  Gütige 
briefliche  Mitteilong  des  Herrn  Prof.  Markgraf  nnd  des  Herrn  X>r.  Dorsch. 


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496 


Georg  Greflinger. 


Die  grinuge  Bellon  mich  DonteeUuidt  Mhoo  gesohUge 
Mit  Jfarem  grimen  Schw«rt.  Ibr  wollet  mir  docli  tagen 

Ihr  Sdhne  bey  der  ElV.  Ihr  Söhne  bey  dem  Mayn 
IKe  Tub  den  Donawstrandt  die  Oder  yn  den  Beya 

Ob  ewre  Flüsse  uicht  schon  offfcerauJa  geroanea  / 

Gemischt  mit  Menschenblut?  .  .  .  « 


Nicht  manchen  Imt  das  Fcldt  / 
Viel  tftusent  liegen  da  worimter  mautiher  Heidt 

Begraben  liegt  vnd  niciit  /  nicht  vieler  zu  gedenken. 

Der  tapifer  TylU  fiel  /  der  bülich  zu.  beschcncken 

Mit  Lob  der  kom«ideQ.  Auch  lieget  in  dem  emidi 
Der  echlawe  Pappenheimh  der  eller  Welt  bekandt 

Durch  seine  Tbate  war.  OostaT  Adolph  au£  Schwede 

Blieb  nicht  im  Feld  der  Held«  Es  würde  viel  au  reden 
Von  allen  Helden  sein  /  so  Elbe  Meyn  vnd  Heyn 
Der  Oder-  Donawstrand  in  sich  geschlucket  ein. 

Trots  der  Ungeheuern  Verluste,  die  Deuischknd  erHtten 
hat,  ist  das  Elend  noch  nicht  gehohen: 

Es  siehet  bald  alß  gieng  ein  newes  Fewer  auff 
Auch  von  Bisaata  httraa  /  was  ich  von  meinmi  Zindem 
Verschonet  worden  /  wil  der  Christen  Bluthondt  mindern 
Vnd  mich  verschlucken  genta.  Habt  ewtts  spieles  sasfe 
Daß  Deutschlandt  seine  Krafft  für  jhu  beysammen  hat 

Bann  werden  die  eineehien  deutschen  Lftnder  anfgeeShIt, 

die  durch  d*<n  Kriefi;  gelitten  haben  und  im  Kamen  der  Mutter 
die  Kinder  zur  Kintraclit  crmalint;  joder  habe  sein  Erbej  keiner 
möge  auf  Ko.steu  der  (Tcsamilieit  reich  werden  wollen. 
Das  kleine  Niederlandt  wird  ztuc^nns  künnon  <;ebea 
Wie  Einigkeit  ein  Lanrlt    so  kl»  in  .  >  kaii  eiheben. 

Durch  teutsclitj  Z\v\  triu;lit  aind.  die  teutschen  Seyten  schwach 
Vnd  giebet  jede  last  auch  jedem  Windloiu  nach. 
Die  Sch&tae  sind  hinweg.  Wo  Outt  vnd  Gelt  verlohren 
Wird  eher  dreymal  Ftireht  alft  einmal  Mntli  p;ebohren. 

Einst  war  Deutschland  von  der  ganzen  Welt  geffirchtet 
und  stand  an  der  Spitze  der  Nationen;  jetzt  hat  es  sich,  sölbst 
dieses  Buhmes  beraubt.    Der  Dichter  schließt: 

Fort  an  Bisantz  hinzu  wann  jemehr  Inst  zn  streiten 
Das  deutsche  Hertze  hat  alß  noch  den  ihedens  Zeiten 


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Von  Dr.  L.  ifenbamr. 


497 


Da  habt  jhr  mehrors  Ehr  /  wann  Ihr  mir  widerbringt 
Ww  leh  Terlohreo  hab  roA  mehr  darza  bezwingt 
AJe  wann  ein  Brader  flerbt  daa  andre  wü  absohlaoliten 
Wil  sein  selbe  Mörder  sein.  Daa  gib  Ich  m  betrachten. 
Diese  Arbeit  Greflingers  gehört  wegen  der  historischen 
Voraussetetingen  entweder  dem  Jahre  1640  oder  1641  an;  im 
erstereu   Falle  wihtlo  sie   die   erste    selbständige  Schrift  des 
Poeten,  von  der  wir  Kenntnis  haben,  und  vor  seiner  Ankunft  in 
Danzig  geschrieben  sein;  andenitalls  dürtte  sie  demsoiben  Zwecke 
gedient  haben,   wie  die  in  dem  genannt»Mi  Bande  der  Breslauer 
Stadtbibliotkek  beündliche  Schrift  dos  damals  noch  auf  dem 
Elisabethgymnasiom  befindlichen  Scultetus,**)  welche  eine  Ge- 
bnrtatagsgabe  ftkr  den  Herzog  G^rg  Budolf  von  Liegnits  war, 
den  einflußreichen  Gönner  des  Opite  und  anderer  Dichter  jener 
Zeit.**)   Vorbild  för  die  Darstellung  war  jedenfalls  für  beide*') 
die  Abhandlung  des  Paris  [oder  vielmehr  Diederich]  von  dem 
Werder,'^)  welche  großes  Aufsehen  erregt  hatte.    Er  hatte  an 

21)  Friedens  Lob-  ||  Vnd  ||  Krieges  ||  Leid-Gesang.  |  ANDREJ  SOUL- 
TBTI I  BOLESL.  1  (Vignette)  i  An.  HDOXLI.  \  O.  0.  10  Bl.  4«. 

22)  Strehlke:  Martin  Opitz  S.  32.  38.  Scaltetae  nennt  ihn  in  dem 
lateinisch  ge8chrii  V'en''n  p-^otisflioi  Vorwort:  Aganippeao  ri '  Vilis  Altor  nqna«. 
Der  Herzog  war  geb.  am  22.  Januar  1595.  Beilüulig  sei  erwähnt,  'l:iß  die 
wichtigen  Mitteiluugeu  von  Dziatzko:  Der  Ucbcrtritt  des  Diclitors  Au'lreos 
Sonltrtos  von  Bnnslan  nun  Katholicismus  im  Jahre  1644  (.Zeitschrift  dos 
Vereins  für  Geschichte  n.  Altertbom  Schlesiens  XII  (1874)  S.  439—468) 
weder  vonGoedt  ki^  Oruudriß'III,  53),  noch  von  Martin  (Oesch.  d.  d.  Literatur 
V.  Wackernagel  II,  234)  benutzt  worden  sind. 

23)  In  der  Arbeit  des  Scultetn«i  stphpn  auf  dem  letzten  Blatt  einige 
Verse  von  B.  V.  A.  S.  „Ueber  dises  Krieg-  und  Friedens-Lied,"  worin  es  heißt; 

Dieit  singesta  mein  Schnits  /  dieß  hasin  hier  beklagt 
Was  ebenfalß  snvor  vnE  Werder  hat  gesagt  / 

Da  Friede  sich  gobrauclit  deß  Edlen  Knaben  Zungen. 
LeiTit  doch  jbr  SterMirlien    neml>t  ourh  drß  FriadenA  an  / 
Der  was  jhr  wünschet  nur  aüeine  >;<'1lii  k:in 
Wie  Werder  hat  gesagt  /  wie  dieser  hat  gtäuiigen. 

24)  i'riedens-Rede . .  durch  Paris  von  dem  Werder.  Gedruckt  zu  Friod- 
Jand . . .  HDC.XL.  üeW  diese  Rede  cf,  Georg  Witkowski:  Diederich  von  dem 
Werder.  Leipaig  1887.  8.  41  xl  126—184.  Er  ist  mit  Recht  der  Ansicht,  daft 
^  Vater  die  Rede  geschrieben  und  der  Sohn  sie  nur  yorgetxagen  habe. 

Al^.  MoMtoedarlft  Bd.  ZXm  HA.  6  v.  flk  88 


498 


Georg  Greflisger. 


die  Fürsten  die  Malmtmg  gerichtet  (Bl.  Oiij^),  sich  auf  ären 

Besitz  zu  bescliränken  und  ihn  durch  oiu  weises  Regiment  zu 
behaupten:  wenn  der  Krieg  unvermeidlich  sei,  bo  mügo  t»r  sieh 
gegen  die  Türkon  richten  .  .  .  j,gogon  den  wendet  ewre  Waffen 
gegen  den  kehret  euch  hin  mit  zusammen  gesetzter  Macht  / 
gegen  den  ^nd  nicht  gegen  euch  selbet  laaeet  eweie  Kräfte/ 
eweren  Math  nud  groBse  Stärcke  spüren  /  AJlda  habt  jhr  em 
Warthes  nnd  planwürdiges  Feld  /  ewere  berümbte  hohe  Dapffer- 
keit  sehen  zu  lassen  /  ynd  zn  yersnchen  den  wahren  Gottesdienst 
in  seinen  alten  sitz  gun  Conatantinop»^  und  ins  Morgenland 
wieder  zu  pHautzon".  So  hatte  aui  li  Svnlt','tus  gesunr^^en.  Ueber 
Grellingers  Beziehungen  zu  dem  Herzog  ist  freilich  nichts  weiter 
bekannt.  Der  Andeutung  des  letzteren  über  die  von  den  Türken 
her  drohende  neue  Gefahr  liegen  jedenfalls  die  seit  der  Thron- 
besteigung  Ibrahims  I.  [Febniar  1640]  nicht  nur  auf  deatscher 
Seite  laut  gewordenen  Befürchtungen  über  das  Unheil  zu  gründe, 
welches  von  Constantinopel  heranzuziehen  schien.  So  hatte  der 
Verfasser  einer  zuinst  zu  Paris  gednu^kton  Flup^schrift''')  be- 
hauplet,  daß  bei  der  geistigen  Erschlatfung  des  neuen  Suh-ans 
^rerum  summa  penes  Beglerbey,  id  est  militiae  Duces,  residet^ 
quibns  nil  altius  oordi  est,  quam  parato  jamdudum  numerosissimo 
exercitu  tentare  fortunam  belU*^,  imd  ein  ungenannter  deatscher 
Verfasser  klagt:  „Dura  et  infanda  passi  aumus,  sed  atrociora  (si 
futura  cogitatione  praecipere  licet,)  imminent  a  Turoorum  tyran- 
nide.  Dudum  jam  opportunitates  temporis,  quae  rebus  nostris 
attritis  affnl<j:ent  aucupantur,  nec  vires,  nec  animus  illis  deest. 
quin  nostris  intercursare  insidiis  .  .  veliat  <&  possint hoc  facto, 
quae  ratio,  quae  nos  opes  humanae  servare  posse  videnturi''^^) 


25)  Peristromata  turcica,  eive  dissertatio  emblematica,  praescntem 
Enropae  statnm . .  repraesentane.  Juxta  ezemplar  ParisieiiBe  (1641)  BL  BS. 
Auf  Bl.  steht:  Lutetiae  Pansionim  primum  Apud  Toussaint  da  Br»j, 
in  platea  S.  Jacobi  ad  insigne  Spicae.  (Elbinger  StadtbibL:  D«»  Mise.  3.) 

26)  OermaDia  deplorata,  sivo  relatio,  qua  pragraatica  raomenta  belli 
pacisque  exi^on.luntur.  O.  O.  KMl.  4«  p.  21.  22.  rf.  p.  25.  (Elbinger  StadtbibL: 
Kj.  Mise.  1.)  Auch  ala  Anhang  za  den  Penstromata  tnrctca  gedruckte 


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Von  Dr.  Ij.  Nenbaur. 


499 


Solche  Besorgnisse  schienen  gerechtfertigt  durch  die  Nach- 
richten über  große  Rüstungen  der  Türken  und  ihren  Einfall  in 
Polen,  um  clasell  st  eine  uDgebiich  ausstehende  Jilte  Kontribution 
einzutreiben:  „Hiera uif  kamen  nun  (in  der  ersten  Hälfte  des 
Jahres  1640]  auß  Preußen  die  Nachricht  /  der  Türck  aey  durch 
Podolien  /  wol  bis  au£f  60.  Meylen  eingefallen  /  habe  geranbet  / 
gebronnet  und  sehr  viel  Chiiston  allbereit  hinweg  gefflhxet  •  •  . 
wurde  auch  beriohtet  /  der  Groß*Tflrok  hätte  der  Cron  nnd  König 
SU  Polen  einen  so  lanhen  Absag-Brieff  /  von  Androhung 
Sohwerdes  /  Feners  /  Yerfolgang  und  allerley  erdenklichem  üebel 
nnd  Plagen  zugeschicket  /  daß  dergleichen  noch  niemids  erhöret 
und  gelesen  worden  wäre:  ilaü  auch  die  Taitaren  in  Polen 
abermal  oingefallen  /  und  die  Türcken  mit  grosHer  Macht  über  die 
Donau  gangen  seyen*^  .  .  .  „auch  wurde  /  daß  der  Türck  mit 
einer  mächtigen  Armee  aus  Podolien  zugehe  /  von  der  Donau 
her  /  und  allbereit  mit  Alten  und  Junge  übe  die  massen  übel 
ver&hre  /  im  Aogusto  oonfirmirt'^.  In  Polen  wurden  schleunige 
Werbungen  voigenommen:  „dannenhero  gantz  Polen  mit  keiner 
geringen  Gefahr  diß  Jahr  stunde".'^) 

Die  Königliche  Bibliothek  zu  Kopenhagen  besitzt  von 
Greflinger  außer  andern  Schriften^*')  folgende  bisher  nicht  be- 
kannt gewesenen  historischen  Darstellungen: 


27)  Theatnira  Europaeum  IV,  154,  166. 

28)  Der  zwölft'  gekröhnten  Häupter  von  rl.  Hause  Stuart  unglücksei. 
Herrscliaft  l(lö2.  —  Poetische  Rosen  u.  Dömer  llatiili.  1G55.  —  Caesarii  Eipao 
Zweihundert  Außbildungen  von  Tugenden  ete.  Hamb,  1G59.  —  Unpartejische 
Anweiaer  etc.  1659.  —  Papieren  Peyer-Work  1G60.  Kopeah.  —  Celadonische 
Hnaa  1668.  —  Etbiea  oomptimenioria.  Kopenhagen  1674.  Bssselbe  dKnisdi. 
Kopenhagen  o.  J.  [Über  andere  Ausgaben  der  Ethica  complementoria  u.  über 
die  Leben  einie,  cf.  L.  H.  Fischer  in  seiner  Ausgabo  von  Frischs  Schulspiel  etc. 
Berlin  189(J  S.  56-59  (Schriften  des  Vt  rt  iiis  für  die  Gesch.  Berlins  Heft  XXVI)j. 
Aaßtrdom  den  Nordischen  Mercnv  cl".  Aiimork  4.  Ich  verdanke  die  Mit- 
teilung über  das  VorhaJideui»eiu  dieser  Öchriftt-ii  und  die  Möglichkeit,  die 
im  Text  genannten  selbtt  ansehen  zu  können,  dt  r  gt  ußen  Ofite  des  DireIctOMi 
der  Bibliothek,  cles  Hemi  Jastisrat  Bronn.  Werke  von  Oref  lingsr  beaäaea 
itAchg&tiger  Mitteilung  der  betreffenden  Vorstände  norb  folgende  Bibliotheken, 
die  ich  wn  Anaknnft  gebeten  hatte:  Ferrandot  Dorinde.  ITiankfart  a.  M. 

82* 

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500 


Georg  Qreiliiiger. 


Nordische  |  Kriegea-Händel.  j  o.  O.  n.  J.  24  Bl.  8.  Sign.  A  —  Ciüj.  (Signatur 

der  Bibliothek:  35-306.) 
Mit  einem  Titelkupier,  darstellend  die  Furie  auf  einem  un- 
ge/.iiuniten  Pt'i'rde,  in  der  Ivechten  das  Scliwf»rt,  in  der  Linken 
eine  naoli  uuteii  gekehrte  Brandtackel  haltend,  die  über  em 
auf  dem  Boden  liegendes  Weib  hinwegsetzt.  Auf  der  Tafel, 
.w.elche  ein  im  Vordergrund  sitzender  Mann  hftlt,  steht:  Nordische 
II  Krieges-  |  Händel,  |  aufgeceiobnet  |  von  ||  Q.  G.  |  Es  ist  dies 
derselbe  Kupferstich,  wie  in  Greflingers  dreißigjährigem  Kriege 
1657.  Nur  fehlen  die  dort  auf  dem  Boden  liegenden  Prunk- 
gefaije.  Die  Darstellung  umfaßt  die  Jahre  1057—59.  Die  beiden 


1644.  —  St'la(1oTis  beatändtige  Liebe,  Franckfurt  a.  M,  1644:  T'iilv.-B.  zn 
Jona  u.  btraUburg.  Die  gleichfalls  in  HtmObTirg  befindliche  Schrift:  Der 
Politische  Fieyersmann  jn  AlUriiand  selzamen  Liebes-  und  Heyraths- 
Geschichtcn  auch  andern  nachdoucklichen  Curiösen  Begebenheiten  .  .  .  von 
^Seladone  Oynaecophilo.  Oedrnckt  in  Etiropa.  Anno  MDCLXXXVl.  12^. 
gehört  nicht  Gref  linger  an.  DSr  Verfasser  sagt  in  der  Vorrede  BL  z,  das 
Buch  sei  „anter  vielen  Verrichtungen  eiligst,  and  nur  bej  wenig  müßigen 
Kobenstunden,  geschrieben  und  zusammen  getragen  worden".  Ein  anderer, 
„der  mehr  Bücher  geschrieben",  wiinlr-  die  Snrho  vielleicht  bc«»«er  jr^macbt 
haben,  als  er.  Es  enthalt  eine  Keihe  von  Erziiiilun^en  f  rutiächeu  luUalts. 
Auf  S.  17—41  die  Geschichte  von  Romeo  und  Julia,  auf  S.  256—261  die 
Erzählung  vom  Grafen  Ludwig  v.  Gleichen  und  seinen  beiden  Frauen. 
Kurtze  Poetische  Beschreibung  das  Einzugs  in  Dantsigk  Vladialai  IV.  1GI6: 
tJ.-B.  an  Tübingen;  Wahre  Abbildung  der  tfirkischen  Kaiser.  Francklnit 
1648:  U.-B.  zu  Rostock  und  Jena;  Zwölf  gekrönt ni  Haupter  aus  dem 
Hause  Stuart  1652:  Stadlbibl.  zu  Frankfurt  a.  M.,  Jena,  Großherzogl.  Bibl. 
7.n  OMenb' rc^,  U.-B.  zu  München,  Wallnnrodtsche  Bibl.  zu  Köin'L'sberg; 
I'i>ctis(  lic  l\'>sfii  und  Dörrifr.  Haiulmr^j;  ]i'>7)7,:  SfmUbibl.  Leipzif^;:  Dreißig- 
jähriger Krieg  it'57:  U.-B.  zu  Kiel;  Kurtüc  Anzeigungen  der  vornehmsten 
Kriegs-Händel.  Oedruckt  im  Jahr  X658:  Jena;  Der  Fiantasösiaehe  Becker 
0.  0.  1665,  auf  S.  2&:  Der  fransdeische  Koch.  Der  Garten-  und  andere 
Feld>Gewächse :  Jena;  Der  Fnuntzösische  Efleheng&rtner.  O.  0*  1$66:  Jea»; 
Der  Frantzösische  n^-  und  Stauden-Gärtner.  0.  0.  1665:  Jena;  Der  Ter* 
ptän  lii^e  Gärtner.  Hauibui^'  1660:  Stadtlüil.  zu  Königsberg;  Ch\.  Ham- 
burg liiTO:  Stnfltbibl.  /u  Bremen.  —  In  Bibliothecae  Salthenianae  tomus 
sücundus.  licgiuuiuitli  vl752).  S*^.  p.  1218  ist  unter  Nr.  18  2.3'J  aulgeiuhrt: 
Der  Fnuitzüsischo  Becker,  Koch  und  Gärtner.  Minden  1677.  12*'.  imd  «ban- 
daselbst  Nr.  18283:  Le  Goisinier  Francois.  A  la  Haye  1666.  12»,  jedenfrlh 
das  Original  fttr  Greilingers  Uebersetsang.  Vergl.  auch  Anmerk.  SO  dieser 
Abhandlung. 


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Von  Dr.  I«.  JHeahwt, 


601 


ersten  Jahre  sind  aus  dem  „Unparteyischen  Anweiser"  1659 

abgedruckt;  dooh  wurden  ein  paar  Zeilen  und  der  eine  Kupfer* 

stich,  Prospekt  der  Festung  Cronenburg,  weggelasBon.  Dieser 

Bmok  ging  wdrtlioh  in  folgende  Schrift  über»  von  der  es  zwei 

Ausgaben  giebt: 

a.  Anceigw  |  Der  denckwttTdigBteii  Krieges- 1  nnd  anderer  |  Hftndel  ] 
sn  nDMm  Zeiten  ||  Im  RömischMi  Reiche  |  und  dessen  an- 
grtntcendeD  |  Lindem  /  |  von  1618  bifl  Septemb.  [|  16ea  |  Im 
Königreiche  Pohlen  |  auch  dessen  angrentceaden  H  L&ndem  ||  von 
1666  biß  Septembr.  j|  1660  |I  und  ]  Im  Königreiche  Bennemarck  l 
▼on  1667  biß  Aug.  i|  1660  ||  beschehen  ||  Unpartheyiach  i|  anft- 
gegeben  ||  von  ||  Q.  Q.  C.  N.  |1 

Titel  mit  Bandeinfassnng.  88  Bl.  B\  Sign.  A  —  Cii^ 
+  A  —  Eij  4-  A  ^  Di|j.    Hinter  Abteilnng  1  u.  3  eins 

Vignette.   (Kopenhagen.   35  -306.) 

b)  Anzeiger  |[  Der  (loitckwürdigsten  Krieges- 1|  and  anderer  ^  Händel  | 

...  H  Im  Römischen  Reiche  ||  und  dessen  angrentzenden 
Ländern  /  ||  .  .  ■  ||  "nd  "  Ira  Königroirhf»  Defifinark  von  1657 
biß  August  II  1660  jj  beschehen  ||  Unpartheyisch  ausgegeben  | 
von  i,  Ct.  G.  C.  N.  II 

Titf-1  mit  Rnnl  iiifassuno;.  Bl.  B^.  Sign,  Aij  —  Liij. 

Nach  Abt.  1  auch  eine  ViL;iiet(c,  doch  anderer  Art  wie 
bei  a.   (Kopenhagen.    35— 3U6.) 

Nur  ein  Satz  wurde  o;eänderfc.  In  den  ..Nordischen  Krieges- 
Händein"  heißt  es  auf  BL  Ciiij  zum  4.  Novbr.  KiöO:  ,,Kam  der 
Herr  Beichs-Admiral  Wrangel  mitSacours  in  Stettin**;  wfthrend 
es  im  Anzeiger'^  Bl.  K.  v.  (der  Ausgabe  b)  heißt:  ,,Kam  der 
Herr  Beichs-Admiral  Wrangel  mit  Kriegee-List  /  und  unver- 
hindert  in  Stettin'\  Die  beiden  Ausgaben  des  letzteren  Werkes 
stimmen  im  Text  wörtlich  tiberein;  nur  an  sehr  wenigen  Stellen 
sind  unbedeutend»'  orthogrii]ihisehe  Verschiedenheiten  vorhanden. 
Diese  Schrift,  welche  auch  die  Ereignisse  von  1659  und  60  be- 
handelt, hat  den  „Unparteyischen  Anzeiger"  in  sich  aufge- 
nommen, jedoch  an  etwa  6  Stellen  unwesentliche  Angaben  weg- 
gelassen, einmal  den  Ausdruck  geändert  und  zwei  kleine  Zusätze 
gemacht.  Sie  hat  auBerdem  hinter  dem  Titelblatt^  in  der  zweiten 
Ausgabe  auf  der  Büokseite  desselben,  folgende  poetische  Dedikation: 


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602 


G«org  Greflinger» 


WEm  wird  dieses  sageschrieben? 
Meinen  Gönnern  /  meinen  Lieben  / 
Nehmen  Sie  es  gttnstipj  nn  / 
So  ist  Daocks  genug  gethan. 


Hochgeehrte  Gönnern 
und  der  Kflrtie  Befliflsene. 

Hier  ist  viel  mit  wenig  Worten 
Aus  den  fem  und  nahen  Orten. 
Man  Terwnndre  sieh  darob  / 
Daft  bey  nnsemi  h5t<-  und  sehen 
Solche  Dinge  sind  geschehen. 
Dieses  BUcblein  sncht  kein  Lob  / 
Sondern  Euch  nnr  ansndsttten 
Wie  und  WO  /  und  in  was  Zeiten 
Diß  und  das  geschehen  sey  / 
Wiest  ihr  mehr  /  seist  es  darbey. 

Am  Schluß  des  Ganzen  steliu  38  Vöise,  von  döuen  die 
vier  letzten  lauten: 

Sol  lihev  je  der  Mars  die  Lantze  länger  schwingen  / 
So  lafi  ihn  seinen  Stoß  an  Mahmets  Völcker  bringen  / 
Daß  unsro  Friedens  Sonn  ibm  seinen  Monden-Schein 
Yerdonckel  und  sein  Belch  mög  nnsre  Beate  eqm. 

Ebenfalls  in  Kopenhagen  (163,  192)  befindet  sich  ein  neuer 
Separatabdruck  des  in  den  , .Weltlichen  Liedern"  Frankfurt  a.  M. 
1651.    Anhang.  S.  66  stehenden  Türken-Liedes: 

3Des  kaisedidk  gekrönten  Poeten  ||  <3eo>g  CMlingers  ||  sohöD« 

lied  II  von  der  herrliche  Victoria  der  Christa  ||  über  die  Türken 

I  den  12.  Mai  1049  ||  zu  Ehr  und  Preis  |I  des  namhaften  See- 
helden  [|  Jaoul»  Gevers  ]|  aus  Hamburg.  ||  Aufs  Neue  gedruckt. 

II  Hamburg.  ||  Decembcr  1SG8.  ||  (Am  Schlaft:)  Drodcerei  des 
Baohen  Hauses.  8  Seiten  8^^.  Ohne  Signatoren. 

Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes  ist  die  Quelle  angegeben, 
ans  der  es  abgedruckt  wurde. 

ScblieSUoh  sei  noek  das  Urteil  eines  Zeitgenossen  Aber 
nnsem  Dichter  erwfthnt.    Martin  Kempe  bespricht  in  seinem 


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Yoa  I>r.  L.  Neubaur. 


603 


literatnrgeschichtlichen  Abriß,-"')  dor  in  neuerer  Zeit  unbcachtüt 
f^oblieben  ist,  obwohl  schon  Ebei  t  auf  ihu  hingewiesen 
hatte,  unter  den  43  von  ihm  uambafb  gemachten  Dichtern 
des  17.  Jahrhunderts  an  ]  Greflinger:  ,,(Er)  hat  zwar  sich 
niclit  lange  auff  eiueu  Vers  bedacht  /  sie  sind  aber  nach  ge* 
meinem  Schrott  und  Korn  /  nnd  ist  keine  sonderbahre  Poetische 
Elocutio  darinn  za  finden  /  Einen  lustigen  Scherte  zn  schreiben  / 
ist  ihm  keine  Mühe  gewesen  /  doch  hat  er  auch  etsdicfae  ehr- 
bahre Lebens-Regulen  in  kurtze  deutsche  Verse  gebracht  /  das 
vomemste  unter  seinen  Poetisohon  Dingen  ist  die  Uebersetzung 
des  carmiiiis,  welches  Jacob  Cats  in  Holliuidischer  Spra'-he  / 
unter  dem  Titul  des  Traurings  /  von  dur  Ehelichen  Liebe  hat 
heraus  gegeben."  (S.  62.  63.)  Wie  man  sieht,  hat  der  Königs* 
borii^or  Kritiker,  der  von  sich  selbst  sagt,  „daB  er  eine  gute 
Poetische  venam  habe  /  die  Verse  sind  nicht  zusammen  ge- 
zwungen /  lauffen  wol  /  nnd  hat  feine  Einfälle'*  etc.  (S.  57), 
von  unserm  Autor  weniger  günstig  geurteilt,  als  man  heutzutage 
thut,  wenigstens  Über  den  Lyriker,  den  Lemcke^^)  „eine  wahre 
Erqnickung  unter  seinen  vielen  lyrischen  Zeitgenossen**  nennt. 

Elbing  1890. 


29)  M.  K.  C.  V.  C.  =  ünvorgreiffliHu's  I|  Bedcncken  /  Ii  Uber  die 
Schrifl>en  ilerrr  "  Im  kuimf  i  ^-t  i  a  l'in  lon  hoclideutscher  Sprachf»:  "  zusammen 
getragen  ']}  Und  zum  erstenmahl  Anuo  1G81.  go-  '  driirlit  in  Königsberg  l)ey 
denen  Reuß-  [|  nerischon  Erben,  \[  Anitzo  zum  andern  mahl  gedruckt  |1  in 
Hambturg  ;  {[  Buy  Georg  Rebeiilein.  ||  0.  X  65  ges.  u.  3  ungez.  Seiten,  das 
Dnickfeblerverzeichiiis  enthaltend;  letzte  Seite  leer.  18^.  (Königl.  BiU.  za 
Berlin:  Je.  5722.   K.  öffentl.  Bibl.  zu  Dresden:  Hist.  Ht»  r.  1711/. 

30)  Goedeke,  Grundriß,  2.  Aufl.  IIT,  23  nennt  allerdings  den  Titel, 
ohnp  die  Schrift  selbst  geaehii  zu  hnben;  vorp;1.  nnrh  Pisanski's  Preofl. 
Lit^rar^i'schichte,  her.  v.  K.  Philippi.    IvuiiigHberg  i86b  S.  422. 

31)  Überlieferungen  zur  Geschichte,  Litei-atui*  und  Kunst  der  Vor- 
nnd  Uitwelt.  Herausgegeben  von  Fr.  Adolf  Ebert.  Ersten  Bandes  erstes 
Stflek.  Dresden  1886  S.  201  f.  cf.  Zweites  Stack  S.  212. 

82)  Von  Opits  bis  Klopstoek.  Neue  Ausgabe.   Leipeig  1882  S.  246. 


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Nittheilmgen  oid  Mavg. 


ünlYersItSts-Chronlk  1889. 

(VMhtrar.) 

1»  Nov.  .  .  .  LeotioMM  cnraorias  quas  venia  et  consensu  ord.  philos.  •  .  • 
Ifoiiricus  Zimmern  pbü.  Dr.  Die  As-syriolopo  als  Hnlf?wi«i9f>nsr}iitft 
lür  (las  Studium  df'S  alten  TestAinents  uud  des  klassischen  Ahertmus 
ad  docendi  facultatt  in  rit<.'  impetrandam  die  1.  mensis  Novembris  .  •  . 
habebit  indicit  Adalbertus  Bozzenbt>rc;or  phil.  Dr.  P.  P.  0.  ord.  phüOfi. 
L.  t.  Dec.  ßegira.  Bor.  Ex  officina  Haitungiaua.  (2  El.  4.) 

Universitäts-Chronik  1890. 

(Wachtrair  n.  Fortvetiunr*) 

15.  Mai.  Q.  ü.  B.  V.  Sub  auspicatissimo  regimine  .  .  .  Guilelmi  Imper.  Ree. 
Eectore  Acad.  Alb.  magnifico  Adalb.  Bezzenberger  P.  D.  A.  A.  L.  t. 
M.  P.  P.  0.  in  numerum  civium  academicorura  receptus  est  Gnilelans 
lieres  iniperii  et  regni.  Regiin.  ex.  offic.  TTnrtungiana.  (l  Bl.  fol.) 

3.  Juli.  Med.  I.-D.  von  Alex.  Heinicke)  prakt.  Arzt  (aus  Berlind  üeber  e. 
Fall  von  Hvdroce])halus  internus  congenitus  mit  Spaltbildungen  d<B 
Opsirliff:.  Kbg.  i         A.  Kiewning's  Bchdr.  (28  S.  ^.  m.  2  Tat.t 

—  <—  Med,  I.-D.  V.  A.  l.iiiKnau,  approb.  Arat  ^aus  Heilsbergj:  Lieb.  d.  Be 

deutung  der  Muskclkomerchcn  fiir  die  H^^eration  naea  YorletximgCSi. 
Kb-.  Di  ur  k  V.  M   T  ;.  iltke.  ^27  S.  8.) 

—  —  Med.  i.  D.  V.  raul  Kausduiin^,  prakt.  Ar/.t  (auö  Guuibinnen):  üeb. 

ccing«Mntalt!  Vei-Muclisung  der  kleinen  Labien  nebst  Darstellung  drei» 
dicsbe/üglicher  F&lle.  Kbg.  Bch.-  u.  Steindr.  £.  £rUtifl.  (80  S.  8.  m. 
Tat.  I-IV.) 

^Acad.  Alb.  Begim.  1800.  III.«  Index  loct  i :  .  hiom. m  a.  MDCCGLXXXX/ 

LXXXXI  a  die  XV.  m.  Octobr.  habendarum.  ij;im.  Ex  nffi-  .  Har- 
tuugiana.  (1  Bl.,  <j8  S.  4°.)  Inest  H^'mnua  Homericus  in  Mercurium 
ab  Arth*  Lndwlch  editus  adiectia  aounadv«rsionibQ8  criticis  in  Plil«> 
poiitis  nracula  Sibyllina.  (S.  1 — 52.) 

Verzeichniss  der  .  .  .  im  Winter-IIalbj.  v.  15.  Oct.  IHiR)  an  zu  haltenden 
Yorlesnngen  u.  der  öffentl.  akadem.  Anstalten.  Ebd.  (10  S.  4.) 

Chronik  der  Kgl.  Albertns-TIniversitat . . .  f.  d.  Stadien-  XL.  Etatsjalir  1689,^ 
Kbg.  Hartungsche  Bchdr.  (ßO  S.  4.) 

9.  Jqü  ...  ex  decreto  ordin.  philos.  .  .  .  Gar*  LadoT*  Eiiard«  VelMi 
ReKinioiitaiio  pliil.  Dr.  qui  non  mndn  vnria  rci  publ.  munera  sibi 
commiüsa  per  sex  lustra  insigui  cum  gravitate  coustautia  comitat« 
«qplovit  sed  etiam  per  idem  fere  temporis  spatimn  annao  r^^i  Borna- 
sonim  nli  1  f, imponondo  porntilem  o])erani 'navare  si  lifnsi  .•^ti-nxium 

ac  sollertem  legum  jurisque  scientiao  adiutorem  se  praebuit  suiumoi 
in  philoB.  honores  ante  nos  «(uinc^uaginta  annos  die  IX  mensis  JdIb 
in  <  uiii  collatos  gratulabundus  renovavit  Guntherua  Thiele  Dr.  phiL 
i\  r.  U.  Ii.  t.  Dec.  Uegim.  Pr.  ex  oitio.  Hartangiana.  (Diplom  Ibt) 


Umversiiäts-Chrouik 


505 


14.  JuH.    Phil.  r-D.     ■•rite  Klote  (ans  Minsk  in  Rolland):  Der  tiOma- 

("lisoli*^  Trarfaf  Eli<*l  rali1>ufhi  oder  S'mn''li"tli  in\r]\  TIaiiiI^r1ii-if>en  u. 
Par»UelsteUdn  beorb.,  übersetzt  a.  m.  erläuternd.  Anmorkgn.  verselieu. 
Berlin.  Drock  von  H.  Itzkowski.  (2  Bl.,  90  S.  a) 
38L  Juli.  PMl.  I,-D.  V.  Paul  Cohn  (aus  Kgsb-,  •.  Uob.  Ka<-liwjrkungKändo- 
rungen  dm  Wideratandea  hartgeaogvuer  Drahte.  Leipzig,  Joh.  Ambr. 
Bailh.  (81  8.  a  m.  Taf.  I.  tl.) 

—  —  Phil.  I.-D.  V.  Cnrt  Gagel  (aus  IleiligenlM  i!  i :  Die  Brachio^oden  der 

cambrisrhen  u.  silunsrhen  Gesclüebe  im  Diluvium  der  Provinzen  Ost- 
u.  Westpi.  K^sbg.  Uchdr.  v.  R.  Lenpold.  (82  S.  4.) 

80.  Juli.  Phil.  I.-D.  V.  Jf ax  Bnsolt  (aus  Kepunen,  Kr.  Insterburg):  Behand- 
lung der  conformen  Abbildung  der  OberÜächen  zweiter  Ordnung. 
Kgsbß.  Hartungsrhe  Bchdr.  (9H  S.  8.) 

 Phil.  l.>D.  V.  Reinh^M  Jacobson  aus  Fucrst^  nan  (Kr.  Elbing):  Bei- 

träge  zur  Kenntnis  amidartiger  Derivate  des  Uydroxjiamina.  Kgsbg. 
Bchdr.  V.  R.  Lenpold.  (2  Bl..  3G  S.  8.) 

—  —  Phil.  I.-D.  V.  Esriel  Münk  (aus  Altona i:  Dis  Samaritaners  Mart|ah 

ErzäliUiiiu'  über  den  Tod  Moses*.  Berlin.  Dmck  y,  H.  Itzkowaki. 
(2  Bl.,  tii  S.  8.) 

1.  Ang.  Med.  I.-D.  v.  M.  Aikanazy  prart.  Arzt  (ans  Stallopönen):  Zur 
Regeneration  der  ciuorgesireiilten  Maskelfasem.    Kbg.    Druck  von 

M.  T.iedtke.  (36  S.  8.) 

—  —  Pili).  l.-D.  V.  Frldcricag  MowMtf  Schlawensis:  !>•  I'.  Papinii  Statii 

Thebaide  quaestiones  criticne.  grammatica6)  metricae.  Hegim.  ex  offic 

Hartungiana.  (2  Bl.,  80  i>.  8.i 
6.  Aug.   Phil.  I.-D.  V.  Max  Kobbort  ans  Elbing:  Ueber  einige  8ul>9tituirte 

Aiiiiiliiie  u.  ihr  Verlialten  sur  salpetrigen  Säure.  Kbg.  Hartun|»die 

Bclulr.  (2  Bl,  37  S.  8.) 
~  —  Phil.  I.-D.  V.  Max  Nenbert  aus  Elbing:  Ueber  das  m.  NitrobenzenvI- 

ainidin  u.  die  Einwirkung  salpetrige  Säure  auf  dasselbe.  Ebd.  (2  Bl., 

42  s.  a) 

-»  ^  Phil.  L-D.  J«  F.  Pompeekl  (ans  Gr.  Coelln  in  Ostpr.):  Die  Trilo- 
hiten-Fauna  der  0«t-  u!.  1  stpreulischen  Dilavialgescbiebe.  Kbg. 
Bchdr.  V.  B.  Leupold.  (iOO  8.  -i.) 

90.  Aug.   Phil  I.-D.  V.  Arlimr  LIetk«  (a.  Fillau):  Ueber  die  FlRchsn,  für 

weUlic  flue  Kirniirnungsfentrulllii'^lio  ein  K<'f;el  zweiten  Cirades  ist» 
Kbg.  Hailuugsche  Bucbdr.  (2  Bl.,      S.,  1  Bl.  ö.  m.  2  Tat.) 

 PhU.  I.-p.       Prtte  Braem  (a.  Prilacken  Kr.  Fischhansen):  Zur 

Systematik  un  l  Kufwickelungsgesehielite  der  Süßvvjisser- Brvozoen. 
Mit  1  Tafel.  [Abdr.  a.  e.  unt.  d.  Tit.  nUntersuchuugeu  über  die  Brvo/ocn 
des  sflBen  Wassers**  im  Vf.  Bande  d.  Bibliothoca  Zoologica  ed. 
Lenrkarf -Chtm  demnäclist  t  i  acheinenden  Arb^t.!  (Druck  Gebr. 
Gottbelft  in  OaaseL)  (34  Ö.  4.  u.  Taf.  VI.) 


Lyceum  Hosiauum  in  llrauiisbei^. 

Index  lectionum  .  .  .  j^er  Iiiemern  a  dio  XY.  Oc  t  a.  MDCCCLXXXX  usque 
ad  diem  XV.  Maitii  a.  MDCCCLXXXXi  instituendurum  [h.  t.  Rector 
Dr.  Wllh.  Killing,  P.  P.  O.].  Brunsl.ergae  Tvpis  Heyneanis  (R.  Silt- 
mann).  (13  8.  t'V^  (Praeredit  Prot.  Dr.  Josephi  Bender  eoiriTnf  ntati  > : 
de  jure  et  ratione  domiiiationis  Pontiiicun»  Romauorum  in  ternuu 
genkemque  veterum  Prutenornm.  S.  8—11.] 


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606  Uitthdlaogeo  imd  Anhang. 

Altpreussische  Bibliographie  1889. 

BrVstke«  Cust.  Assit«t.  Dr.  (  Tust.f  Cnrsus  der  normalen  Anatomie  d.  meDscU. 
Küi  )»      Mit  38  (eingedr.)  PIolzscliii.  ßerliii.  Fisdier^fl  medic  Bcbbdlg. 

CXU.  (jOC)  S.  {,'r.  8.)  14.-  geb.  n.  n.  15.r)0. 

IJiirkliiui.  Oskar  (aus  Kcrsb.  i.  0.stj)r.\   üb,  den  Nabt>lkrebs.  l.-L).  Berlai. 
•Vi  S.  8.) 

Cl«diu.<sy  Johs.  Carl  (aus  Kbein  Ostpr.),  üb.  d.  Belidlg.  der  PseodarthroseD. 

1.  -D.  Berlin.  (G5  S.  8.) 

Flscbery  Jnl.,  prakt.  Arst  ans  Johannisburg  (Ostpr.),  vor  Wirkg.  der  Golo- 

nnitiMieii.  I  -T>.  B-rlin.  (82  S.  8.) 
GlUy  Job.  (aus  Dt.  OrüUQ  i.  Waütpr.)^  üb.  d.  WärmewirkungeQ  d.  eiektr. 
Stromeü  an  d.  Grenze  von  MetaUen  u.  Flüssigkeiten.  I.-D.  Greifswald. 

m  S.  8.  m.  3  Taf.i 
Glaw,  Gyinn  -Lchr.  Job.  Nie,  d.  Elemente  d.  alt.  Chorals  (Jahresber.  d.  k. 
Gviaii.)  AUenstein.  Haricb.  (S.  I— XXII.  -1.) 

Ologa«,  Prof,  Dr.  Gast.,  Ree.   fD.  L.-Z.  No.  15.  20,  2S.  85.  48.   Stftftr,  f. 

^;il)ilüi.  n      tini  nriiif.  !>5.  3.^b.  3.  14-1-148.96.  m  3.277^282.  282-291,; 

ÖOldf-climiilf ,  Geh.  Jnstizr.  Prof.  Dr.  L.,  System  d.  TTrll«r.- lif s  m.  Einschl. 
d.  Wechsel-,  See-  u.  Versicberungsrechts  im  Grundni».  2te,  ergänzte 
Q.  durch  Einselansfühnmgen  rerm.  Aufl.  Stuttgart.  Enke.  (248  8. 

gr.  8.1  G.- 

 ;iciti(t}r.  |.  b.  flejmle.  ^bls-rcc^t.  ^löß-  . . .  öi».  35.  86.         20,  21.  .ki^H. 

flt.  S)  k  12.- 

—  --  Inhaber-,  Order-  und  executor.  I  rl miden  im  rlass.  Alterth.  [Zfs-l;r. 

.1   Savijruv-Stit'tg.  f.  Rocht.sgt-' h.   X.  H<1,  fS.  Hft.  Romanist.  Abtii. 

2.  im.  8."352  -  •:3i>a]  WcLUfl  5kMda  u.  kib.  ^^mH>c.  ein  ^Jactiruf.  ;U-it'"dir.  f. 
b.  flci.  ^^MiM.  iiti.  "i&b.  2.  1—').!  Tic  .((rcntioiii^thcoric  u.  b.  lintwurf  c.  biiraeii 
WcjclUv  f.  b.  btniif,  ))icid).  [^bb.  3.  124-14<-.|  -^ur  ?llU)blg.  iv  ISarÜn, 
^ijd^v.  3G.  3.  G  n.  lebb.  3.  5aG-597.j  9Uc.  [tSüb.  lÖb.  35.  3.  oÖÖ-ÖOi 
»B.  S.  808—322.) 

Aordaek^  Walt  .  Ausiubrl.  Weg^weiser  durch  Kömgsberi^  L  Pr.  q.  ümgegend 
unt.  Bpericll.  lierück.s.  seiner  physiknl.,  kommerziellen  n.  cultnrellen 
Verhältnisse  nebst  e.  Rundrei.setour  am  8amlan<liscben  Ostseestraudc. 
Mit  e.  Plan.  e.  Karte  u.  4  Ansichten.  Königsbg.  i.  Pr.  Verl.  T.  Bntos 
*  Wf!.."i-.  m  S.  12.)  11.  1.2-3. 

—  —  ^Jluj^dtjmmi  u.  ^ÜtcitumcMejtcu  u.  |)rül)iiti)v.  3Hei1^ei<!4cn  ia  SiiMiig^ba.  l 

fett(t4»ber.'b.  9(rttunt^qef.  "^nt^iü,  44.  Seremdj.  8.  7—12.]  Tic  ^cifmwai) 
uou  »"santificitlv.nu.  jCSLib.  3.  12— 1S,J 

IQottsched)  Bailly,  E.,  Quid  ad  renovandas  npnd  normntios  litteras  criticÄC 
Gottscheüii  cum  Helvetiis  disputationes  momenti  habueriot.  Tli^ 
de  la  fac  des  lettres  de  l'Acad.  de  Lyon.  Lille.  1888.  (99  S.  a) 

Heine»  Carl»  d.  Schauspiel  d.  deutsch.  WanderbOhne  vor  Gottoched.  Halle. 

yiem'>ver.  (VII.  ?>2  8.  crr.  H)  2.— 

>Yiuterj  Tritz  (Hamburg),  Carl  Friedrich  Reibehand  u.  Gottsched.  [Yiertd* 
jahrsehr.  f.  Ltgeech.  hreg.  y.  Bemh.  SeofTert.  IL  Bd.  S.  284—271.] 

%hU,  OöetWiciit.  V  Äfl^bg.  i.  fr.  u»«l)renb  u.  mäi  b.  3rt)lad)t  \>.  "^r.  tiil.iu 
iTov  ciicvnc  .^hi'uv  L^ciitvtil  Cvivui  f.  b.  bti'di.  imutiucii  CfiLvcrc  bcr  Vani"» 
oimcc  u.  b.  ,">loUe.  ijvüufj.  q.  8.  o'V  -^'i-  29— ül.j  «djaaüjorfi  in  i«i 
e(^la(^t  0.  fr.  (£D(au.  (3tbg»6er.  b.  9l(tt^qc).  f ntlfto.  44.  Serdndi.  €.  17< 
bid  184.  m.  Taf.  XXIII  u.  XXIV.] 

•taefrr.  simt  (fr.  ^oaanb),  porlomcntar.  ^rbciUteUutia.  {2)ie  ^retiibotcn.  4a3a|t8. 


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Altptanliaehe  BiUiogxapliid  1889.  507 

•fiter,  ^lof.  ?r.,  Cimnn.  ?lnbatfitcn  nuf  alle  Taflc  b.  2d)iili.  u.  bic  ficfonb. 

^(tUäije  be^f  8ct)ullcbcn!^.  1.  ^{t.  XH\it  bd  St^ubeit  &  Seibd.  :^ciaeiid.) 
(80  @.  flr.  8.)  1.— 

imt.  Sibclmcvt  t.  bic  (^cinciitbc.  o^n  SJcrbbi].  in,  incl)r.  cimitiv  Tfnofoicn  hx-<}(\.  0. 
^rof.  Dr,  JKub.  grbr.  i^irou.  9?.  I."  1.  iifg.  2.  burtOael.  ^luil.  Jüiclerelb. 
«clbncicn  &  Sllofinfl.  (VIII,  ICO  2.  qr.  8.)  1.20. 

—  —  Jhir,^c  9(uÖlequnq  b.  .^xnM'icbctoj  ob.  S?QtenmfciA   |Tcr  SBciuoiö  b.  i^Hauben«?. 

in.  5^b.  (2.  121  — 12H.   ;liu  if  col.  TarficUa.  b.  WlaubciiA  nl«?  b.  dni>i[. 
Gcfot^ig.  [Gbb.  241— 61.J  «um  rfunil.  eiJiaubc«.  llSbb.  441— Gö.j  Jic  jicbcn 

fngototitu^.  Aovb.,  Oicfd).  b.  3;nbt  mom  im  ^Kitfclnltcv.  ^^om  V.  bl«  juitt  XVI. 

?oörl).  4.  \HufI.  2.  iBb.  «rtiut.iart.  L^altn.  (IX,  m  3.8.1  O.ön, 
 Sonberia^rc  in  ^tß!'^"-      ^f.  ^'aiciniidjc  ^^omtnci.  5,  "31.  Vcim.  '4.niidl)au£J. 

<.%7  3.  8.)  6.  «b.  «Mniliff^  SanbfdKiftCR.  8.  9(.  (IK,  295  8.)  4  5.50.  aeb. 

d  6.50. 

 (Mc{d).  b.  Stobt  "^Itfjcn  im  SRiuclalui.    iBüii  ba  ^^cit  ^ufrinittuC'  bli?  i.  tüvl. 

(frobcninq.  1.  »b.  atnttqflrt.  ^kvl.  h.  %  m.  tSotta'irf}.  «cf)t)blfl.  «Rorfjf.  (XXII, 

490  S.  qr.  8.)  2.  ^-i^b.  iX,  477  3.)  '2^-  Qctv  21-  2  clanio. 
 Bindi,  Vinc  Monumenti  storici  ed  artistici  degli  Abruzzi:  btudi  con 

prefanoue  di  Ferdinando  Gregorovius.  Napoli.  Tnrin.  Ldscher. 

(XXXII,  966  S.  gr.  4.)  L.  40.  (Mit  MUxh  von  225  Taf.  L.  200.1 
 (ri>uuid)er  ^^iirqeri  (*!Küncf)cn,  5.  ^uni  1885»  1    j^ur  (^Jiovbano  ^Bruitu-^cicv  in 

aiom.  i'Jlu^  b.  ^tal.  übcrf.)  [3Jfüucl)cnet  «tUg.  M\-  '^^v.  158.J 

globinanb  (VJvcqoroöiuv^  b.  (^efcfttc^tfc^reib.  b.  mittefaUeH.  SRom«  u.  %tfftnS.  Wt. 

mbn.    [(Vinrtenlaiibc  9?i-.  41.] 

Grone,  Emil,  Zur  ErklürR.  v.  Sohillors  rrfrllnhten  „Djis  Meal  n.  d  r.el.t  ii" 
uud  „Würde  derFrauou".  tBoil.  /.  U vmn.-Progr.)  Kirsbi;.  i.  Pr.  llartunK. 
(28  S.  4«.) 

 ^a\']cv  WlhcimA  I.  wiaiibcniibelenHtmÄ  bei  bet  fton|innatton  ^B^^^O* 

Äod).  1.24  «.  gc.  8.)  —50. 
flnibt,  Oscar,  approb.  Arat  ans  Kg.^ibL;.,  üb.  Bursitis  trochanterica.  I.-D. 

Kiol.  (18  S.  8.) 

Önwahagen,  Prof.  (Kgsbg.)  Phvsiologio  I.  II.  [Jaliresber.  üb.  d.  Loistgn.  11. 
ForUehr.  i.  d.  gesint.  Modic.  23.  Jahrg.  I.  Bd.  1.  Abth.  S.  16G— 203.] 

—  u.  Krohn,  fib.  Pettresorption  im  Darme.  [Arch.  f.  d.  gesmte.  PbysioL 
des  Menschen  u.  d.  Thier©,  hrsg.  v.  Pflüger.  44.  Bd.  10.  u.  11.  Hit.] 

Ctlatlier,  T?«  kt  P'  .  English  letters.  CoUected  Ibr  the  use  of  scbools.  Dans* 

Kaieiiifiijii.   III,  46  S.  gr.  8.)  1.— 

•lietbod,  5|?rot.  i.ftönigdbq.  i.  «ßr.)  flJcc.  I.Vitjc^r.  f.  b.  gef.  J&btöcct^t.  35.  <8b.  5. 
5f<4-6$9.J 

tiiittotadt;  A.   Klinisches  Jahrbuch.  Hrsg.  ....  1.  Bd.  Berlin.  Springer. 

gr.  8.  15.— 

if  Dr.  Erich,  Privatdoc.  i.  Kgsbg.,  d.  Abdominalanhänge  der  Insekten 
mit  Berücks.  der  Myriopoden.  IMorphol.  Jahrb.  XY.  Bd.  S.  831—^. 
m.  Taf.  XIV  u.  XV.] 

■9  Dr.  H.  A.,  (Cambridge,  Maas.)  Spaltung  e.  Flflgels  um  das  doppelte 
Ademetis  zn  seigen.  (Uiensn  e.  Taf.)  [Zoolog.  Aua.  12.  Jg.  Ko.  812. 
a  877— 378J 

Prof.  Dr.  F.,  d.  leuchtend.  Wolken  im  Sommer  1887  rx.  1888  beobaeht. 

in  Königsberg.  [Meteorol.  Ztschr.  Wien.  6.  Jg.  8.  186-I8^i.]  Nord- 
lichtbeobachtungen  in  Königsberg  i.  Pr.  ange.stellt  in  d.  Jahren  188G, 
87,  88.  [Ebd.  6.  Jg.  Hft.  6.  S.  229— 231.J  Eoc.  I  Verhandig.  d.  ÜeseUsch. 
f.  Erdkunde  sn  Berlin.  Bd.  XVI.  S.  241—242.] 
HUMgld  (Ztschr.  in  hebr.  Spr.^  Knl  :  D.  Gordon.  93.  Jahrg.  Lyck.  (Wiehe.) 
(wöcheutl.  ca.  2  Bog.  loh)  boar  12.^ 


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508  MittheUaugen  und  Anhang.  * 

HAnMerstelD)  TTern).  (ans  Osterode  i.  OgtorA  e.  Fall  yon  Sypliiltt  oonsaiiU 

tar  la.  I  D.  Berlin.  (32  8.  8.)  jm- 
Hartmaun,  Gu^^t.,  üb.  e.  Fall  von  Spond^'iitis  deformans  m.  intenrnttierendem 
Hydrops  der  Gelenke  nnt.  BerOcks.  d.  KaUcanssolieidane  durch  d.  Harn. 

I.-D.  Kgsbg.  (W.  Koch.)  (20  S.  gr.  8.  ra.  1  Taf.)  haar  -6(). 

^a#(ad|,         ^H'cf.  f.  W??ct<qebfl..  i^iualtfl.  u.  ?itoir*imrtfct).  im  bticfi.  JReicft. 

13.  ^si\.  3.  231-33.1  trithuuiuv  {übb.  3.  245—246.1  JRcc.  ifiiilor.  fitiifir. 
27.  m  3.  352.1 

HAWe^  ord.  Lehr.  Ernst,  üb.  d.  Dual  bei  Xenophon  n.  Thncjdides.  Beil.  t. 

Gymn.-Progr.  Bartenstein.  (21  S.  4°.) 
Hmiby  Öberl.  Ed.,  üb.  d.  Auf  lögong  von  Diffiarentialgleichgn.,  w.  sich  durch 
e.  bestimmt»)  Substitution  aus  p.  linparpn  DlfTfientialgleicbg.  mit  kon- 
stanten Koeffizienten  ergeben.  G yimi.-Prugr.  liössel.  (XJI  ö.  A^.} 

^au^'Aalfitbrr,  (SrmlänbiiAci-,  f.  1890.  |3t.  9lboIbcrtc...^oicnber.j  34.  ^g.  t. 

^ül  fohl,  «raunsbcrg.  $nl|C  (128  @.  a  mit  ^Uuftt.)  —BÖ. 
Heekt,  B.  (in  KriniL;-^!).'^  üb.  <\.  Bt-stiinnuinp;  ä.  »»ptisch,  Verhältnis.'.r  .'ptisch 

zweiaxiger  Kn'stallplatten.    [Neues  Jahrb.  f.  Miueralou.,  Geol.  u. 

Palaeontol  VI.'  Beil.-Bd.  2.  Hft.  S.  241—257.]  ab.  <L  Anwend^.  d. 

ChauhieR'F>rbon  Motlio'!«- ^ur  Bestimmg.  d. optiscn.  Ybttltaiase.  e. optiach- 

?:w.  iaxigen  Krystalles.  [Edb.  S.  2?S8— 278.] 

i^cder,  ild)x.  9t.,  b.  cüancid.  9icIiciton^(cöüici.  Gin  \>xah.  .*öilf<sbud)  f.  bö^.  Uti^u 
onftaU.,  ....  t^luVqabe  in  2  Xliu]  1.  H.  Taii,va.  .^lafeninnn.  (XX.  93  S. 
qr.  8.  m.  9tbbUb$).  u.  «arten.)  cort.  n.  n.  —90.  2.  Xi.  (XII,  108  6.  m.  t 
iitclbilb.)  1.— 

 b.  Wein«  Meliflioiie|d)üler.  G.  einbcitl.  5RcItflipn^büd)lctn  [.  b.  Untflon.  böber. 

Scbrnnftnltcn,  luie  f.  b.  llntcv  u.  SSittcIüufc  ctn=  u.  mcbritufifl.  ci>fll.  3(^ukii. 
'ilii  !t$orftu[e  au  b.  aröHi'cen  JpUtebud)c;  epaiigd.  dteiigieni^tdiülitt''  K. 
ebb.  (Vn,  64  ®.  gr.  8.)  cart.  n.  —60. 

Hcnalgy  Dr.  med.  Arth,  (prakt.  Arzt  in  Kgsbg.),  «    :i  ue  Bohdlgsmetkodi 

flor  epidem.  DipTitli*'riti«5.  [Berl.  klin.  Wochenschr.  No.  7.  8.1 

lierbarrgy  Job.  Frdr.,  sämmtliche  Werke,  brsg.  v.  G.  Hartenstein.  2.  Abdr. 
7.  Bd.  Schriften  «.  Psycho!.  S.  Tbl.  kleinere  Abhdlgn.  z.  PsvchoL  Hit 

•2  Sfeindr.-Taf.  Hamburg.  Voss.  (X,  fiaS  S.)  ...  8.  BJ.  Ebd.' 1890  (89> 

5  linn.'M  z.  j.rakt.  Phil.»«.  1.  Thl.  (XVI,  405  S.  gr.  8.i  ä  4.50. 

Barchudariaii,  Dr.  Jobs.,  iuwieforn  ist  Leibniz  i.  d.  Psychologie  e.  Vo^ 
gftngcr  Herbnrts?  e.  Beitr.  z.  Gesch.  d.  Psychologie.  1.-D.  (68  8.8.) 

Jona.  i  Polik-.   (51  S.  -r.  8  )  baar  n.  1.20. 
Donidcjy  G.,  HttbiiiJs»  Wihaitnis  z.  englisch.  Associationspsvchol.  Di» 
HaHe,  (48  S.  8.) 

•Icidimann,  'ii.,  üb.  .{xvbnrt'c  l'c^re  D.  b.  fotmalen  Stufen.  Saii^enfa^A.  |»enii.Sk9(t 

6  3lU)nc.  (43  3.  8.J  —50. 

Otnther,  Dr.  Herrn..  Betrachtgn.  üb.  d.  ersten  Sätze  d.  Herbarteeh.  Psycho- 
logie. Leipzig.  Tb.  Gri.  L.-n's  Verl.  dV.  Hl  S.  pr.  8.)  2.- 

Unjne  „ilated)iömu$^not"  unb  ^icjorutuoiic^Utgc  bev  ^üngcc  ^erbaitd. 
[(Soongd.  (»mbbl.  97r.  Ii.  16.  16.  mttn.'.  L.1 

Itnabr,  0).  ^'ic  .i>cvb(trt  ;^illcndifn  finiiia;cit  rtuün  ^.  lliUfnicf)!--  nat^  iör. 
ptt)(^olo«i.  ^c^rünbj).,  it^v.  ^ej.  u.  i^r.  pcattijc^.  VUuucnbbaifcit.  älänbcii.  ^uf«^ 
lonb.  (67  S.  flr.  8.)  1.— 

Il03lr,  Ts-  (^"lob.,  b.  pöbn^iHV  3d)ule  ^xvbart«  n.  ibrc  £cbre  fa|(i4lb  bttlflefL  B. 
beurtl).  (»üicvöio^  Söcmleinomt.  vVlI,  27G  3.  8.)  .3.20. 

Schreiber,  F.,  Herbarte»  Untscbeidi^.  d.  Begriffe  Regierung  n.  Zndit.  Da». 
Tlallo.  s. 

Htont,  G.  F.,  11  erbart  comparcd  with  Engliab  psvcholügista  aud  wiü» 
Beneke.  IMind.  Vol.  AlIL  n.  1—26.1  Tbe  psychological  vtwka  of 
HerbartVdisciples.  IVol.  XIV  p.  868-86&J 


AltpreoAische  Bibliographie  1889.  609 


CBa0ttec,  Dr.  I£mft,  .ü>erbart  ?Ubum.  l'i({)tftra^leu  u.  ''^cvlcn  am  .^crbart^  {ämt(. 

Herfen  il6fid)tl.  ncorbn.  ii.  \)xi([.  ^a\\(\(n^al\a.  3<4ufbcf|bb((V  (IX,  ^  (S.  16.)  —40. 
—  ^onftfiiibtflc  Tarftclliv  b.  i.'oluc  .^cilHut«?.  "•^Snid)ol.,  'l?tf)if  u.  iMibn.!.' 

fämtt.  'Herfen  u.  nt.  eigenen  ^ortcu  b.  aroB.  i^cnfcr«  iibeqicbtl.  u.  imtcniat. 

oeoiht  tt.  Afgeftvat  9Rit  b.  eifbiriffe  Aerbovt«.  4.  VuR.  (VlU,  896  3.  8.) 

[Tic  aiaf^fci  b.  ^MiNiiiLniif  .  .  .  ^rfifl.  tt.  Dr.  <9uf».  1*  fittnfleiu 

folAO.  i5d)»üb<^^.  4,—  geb.  4.70. 
^CfWH  6fimmt({d|€  fiktk.  fft^.  D.  9em^.  @u^^an.  29.  Sb.  Verffai.  Qelbmann'fi^e 

S^cf)f)bfn.  (XLIV,  766  @.  gr.  8.'!  9.—  nuf  3d)rcibpai\  l  t.—  81.  ©b.  (XV, 

796  3.)  9.—  14-—  80.  ©b.  (XXXIV,  630  o.)  6.-  9.- 
 au«netoAf)(te  fBerfe  in  6  9bn.  Qtit  t.  biof^.sfitterarfiHI.  (Sinkitg.  u.  ^o^.  fiautCRv 

l  .idur.  2    r;.  ^>^b.  28<);  23.-, ;  252  ii.  2m  3.  8.)  fGolttt'fdK  Sibliot^.  b. 

^öclUiit.  ibb.  IbO.  182.  1H7— 189.  «hittgart.  öotto.J  k  l.— 
 AfdiKce  ^rofof(^rifteii.  9Iu«'flctwit)(t  u.  m.  Ginffttg.  u.  fdimerf^.  vetfe^eit  öon 

Dr.  R  ;vvan;.    VI,   151  3.  12.)  "isdtia.^on  *  M!aiiiui'>>  3amiuliv  bljdicr. 

^(^ulau^ijabcn,  t)i\^g.  u.  €becL  Dr.  ^.  ^ifid^gcam.  ^ielefelb.^d^agen 

&  filafing.l  cort.  —60. 
 »erfc.  3.  *b.  1.  Wbtlii.  iLII,  881  3.  8°.)  fTtirf).  ilJat.  ^.'Itt.  ^ift.  frit.  STiiüig. 

br^fl.  i).  C^of.  Äüri(^nct.  ijffl.  544.  548.  550.  5(52.  |  8tullg.  Spcmann.  A  —  50. 

—  —  ber  Gib.  '')lad)  ^pav.  Slonianj^en.  9Kit  au^fü^rl.  (iriäutrgn.  f.  b.  (3cl)ulgcbiauc^ 

lt.  b.  iUiuatftub.  i).  ^Hcalfli)tiin.sfie^t.  Dr.iß.  @diioor^  ^aberborn.  ^.Sdjbning^ 

an,  1H2  3.  s,i  i.2<». 

 IJenfnuil  Ulxiö^i^  i>.  imttcn.  'Jiad)  beiu  1.  l'iurfe  im  „Icuiid)cu  ^icifiti  doiu 

^.  1770"  fic«fl.  0.  ^.  @ (Gimmel bufd).  tieiiaiutd».  ed)mtt^(«.  (VJO,  37  @. 

nr.  B.'  1.- 

—  —  Ühicic  an  ^sot).  (^novii  ."öainnim.  ^siii  Ciii]tnaltcit  brcjv  i'.  Ctto  .Ooflmoiwi. 

ä^crlin.  9i.  (^iacvtncv?  'iscilaivjbdjtibltj.  .^crm.  .ViM)fclbcr.\VI,  284  S.  gr.  8.)  6.— 
^Htngartcn,  Ctio,  .'^crbcv^^  3teaung  i.  Stationalidmud.  |!Z)tf(^.«ti)aitg.  ©Idftet. 

1-1.  Csaljisv  3.  649 -OW.] 
^^•fhnann.  Ctto,  'Mtc.  üb.  ^K.  .*öai)m,  ^erber  no(^  fm.  Seb.  u.  {n.  $}crfcn  bargeft 

I.  U.  ikrlin.  Lettner.  1680.  1886.  IS^be»  ^iftoc.  Qi^x,  92.      26.  »b. 

@.  335-339.) 

Knbs,  H.,  An  additional  romance  of  Herder'B  nCid**  and  ttt  Spanish 

Original.  [The  Acaderny.  No.  »*5.  p.  272.  [ 
ftt^neitbtrg,  ^lurit^,  ^cibec'^  ^ijitjiloiop^ic  nad)  il^c.  ^ntiuirflgt^gang  u.  i^r.  ^i\tov. 
eteOung.  ^eibclberg.  Sint«.  (XI,  118  6.  gr.  8.)  8.60. 

Muck^ry  Franz  (Münclien),   Ilt-rders  Briefwechsel  mit  Kennedy.  [Viertel- 
jahi-schr.  f.  Littf>r;ittiro;,  srh.  Insi'.  v.  Benili.  SeuftV-rt.  II.  Bd.  S.  139—146.] 

Sod^  Ed.,  La  ^euuesse  de  Goethe.  Goetlie  et  llerder  k  Straasbourg.  [Bibiio- 

th&qne  tmiyerselle  et  Revu«  ankse.  Aoüt.] 
Ciegfrtcb.  Marl,  Cxrbcr  ii.  b.  t^wfog.  ^«(VftAt  m  Setto.  [froteftaitt.  ftln^eiqta. 

m.  12.  «.  27b-2Öl.l 
Sapbui,  Bemh.  (Weimai^,  Herder  an  Gerstenberg  üb.  Shakespeare.  [Viertel- 

jahrschr.  f.  Litteraturgesch.  II.  Bd.  S.  446-  465.] 

HnnanD;  Prof.  Dr.  L.  (Kcsbg.),  e.  Versuch  z.  Pliv.siol.  des  Darmcanals. 
fArch.  f.  d.  ges.  Physiol.  d.  Menschen  n.  d.  Tiiiere.  40.  Bd.  3.  Hft.] 
Physiologie  d.  Bewegung,  der  Wärmebildung  u.  der  Sinne.  [Jahresber. 
üb  ^  d.  Fortschr.  d.  Anat.  u.  Phyaiol.  XVll.  Bd.  Lit  188&  2.  Abth. 
S.  6-93.J 

^CfUrt»  9.  (HcubotL  f.  ^rau  S^ettc  Soetoi,  ftgdbg.),  bcclamator.  Potpourri ;  c.  iSammIg. 

Weiterer  ii.  crnft.  SortcSgc  »erHii.  ©tetnit).  1887.  (VIII,  247  S.  &.) 

2.50.  acb.  3.75. 

^ttjlMt,  $ror,  bic  $fa$(6antett  Im  Sjonfltag«  u.  Xuleioo  8ce.  [Si^ibtt.  b.  WttumSgcf. 

%xu\m.  44.  5?crcinoi.  S.  127-137  m.  Tof.  VII    XVI.  | 
4c|l<ti#  j^cbr.  D.,  bai  ^ort  ber  $rau;  e.  geflgabc.  i^civ^ig.  god.  (.148  «3.  gr.  16.) 
geb.  m.  dtofbfd^n.  L— 


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510  Miitheilungen  und  Anhang. 

Hilbert,  Dav.  (Königsbg.  i.  zur  Tluorie  d.  algebraisch.  Gebilde.  (Zweite  Nota.) 

i  Vf?!.  inas  Ü.  450  ft".)  Vom.  l.-t  V.  Felix  Kl.  in.  [Nachrichten  v.  d.  kgl. 
Ges.  d.  Wis«.  u.  d.  Gcü.-Aug.-Univ.  zu  Göttingeu.  No.  2.J  i^Dritte  Note.) 
[Ebd.  No.  16.1 

Hilbert,  TJii  l]  ,  Tulobom  des  U\ r.ilf rnrtns  u.  d.  Retiua  neben  markhalHprpn 
Ncrvcniaäcm  in  der  Netzhaut.  [Klin.  MonatabL  f.  Aagenheilkonde, 
hrsR.  V.  W.  Zehender.  27.  Jg.  Aj)ril.] 

Hippel,  Dr.  A.  V.,  üb.  d.  Einfliil^  hvipcmscber  Maßro<;eln  aof  dieSc^oImjopie. 
Glessen,  .7.  Ricker'schc  B «  hhdlg.  (70  S.  4.)  3.— 

—  —  Dr.  Julius  Jacobson  f.  [Dtsche.  medic  Wochensohr.  96.  Jg.  No.  41.] 

(Leipsig.  Thieme.  7  8.  gr.  4) 
Hirsch,  Prof.  Dr.  Au?  .  ü)n  die  hist.  Entwic  klg.  d  öffentl.  GeenndheUflpfiegk 
Bede.  Berlin,  liirschwald.  (52  S.  gr.  8.)  1.2Ü. 

—  Jahrefiber,  db.  d.  Leistgn.  n.  Fortoclur.  in  d.  ges.  Medidn.  23.  Jg. 
Ber.  f.  d.  J.  1888.  Berlin.  Hirschwald. 

—  —  Jahresber.  üb.  d.  Leintgn.  u.  Fortschr.  in  d.  Anatom,  u.  Physiol. . . .  Unt. 

Spccial-Red.  V.Aug.  Hirsch.  Ber.  i\  d.  J.  1888.  Ebd.  (VI,  203  S.  8.)  D.oO. 

—  —  Vierteljahrsschrift,  deutsche,  für  öffentl.  Gesundheitspflege.  21.  fid. 

Brauimcbweig.  Vieweg  &  Sohn.  4  Hfte.  (XVI,  751  8.  8.)  19.— 
 llcbcv  ;^niUicn,\n.  |Tic  ^iiotion.  7.  ^rt^rg.  Ülir.  12.J 

Ulrseh,  Prof.  Dr.  Ferd.  Mittheilungen  ans  d.  hisfc.  Litt.,  hrsg.  d.  bist 
Gesellsch.  in  Berlin  u.  in  derou  Auftr.  red.  v.  Dr.  f^rd.  Hiiw^ 
XVII.  Jj:.  4  IIlV'.  gr.  8.  (VI.  8'.)8  8.)  Boriin.  Gärtner.  6.— 

—  —  Bvzaiaiii.  Go.-:'"h.  18.S()  7.  |  Jahresberichte  d.  Geschichtswissensch.  X.  Jg. 

ISST.  Btrl.  isv;».  II.  18:1  190.1 

—  —  Zur  Gesch.  d.  po]n  Königswfthl  von  1669.  Danziger  Gesandtschalls- 

böriehte  aus  d.  J.  liiOS  u.  lüj'J  hrag.  (3  Bl.  151  S.  gr.  8.)  3.—  [Ztschr. 
d.  Westpr.  Geachichtsvereins.  Hft.  XXV.1  Ree.  [Mitthlgn.  a.  d.  bist 
Litt.  XVII.  Jg.  S  7  141-42.  143.  215  2.».  240-42.  242-43. 
.Sil -21.  32Ü— 27.  Wochenschrift  f,  klass,  Philol.  6.  Jg.  Ko.  28.32^33. 
■tMItoi.  ;icitfd>r.  27.  «b.  S.  371-78.  378-75.] 

^ivfll»  ^raiQ,  IWcmK^en  v».  ^lunou.  Üin  IMcb  aiiij  alter  ^eit.  3nIon  '?lu(>ä.  ^üm. 

©eo.  sinon:  i.'ciiv,i(v  9*ci|net.  (VII,  139  6,  £c«.Ä  m.  8  ßU4tbr.*Jaf.) 
aeb.  m.  WoiDtdjn.  ü.— 
 tßaciantenfann  u.  @<bn)ert«Tf(ann.  Skber  otid  beutfd^er  Soi^t  <Sbb.  (Yt  tSB 

(E.  12.»  (\ib.  m.  Wolbicfin.  4. 
 Sdnncv'-f  Aamiliciiblnli.  (iinc  illuftr.  iK'iMdjv.  9icb.:  Dr.  Jyfj.  ^ix)dn.  10.  iJö. 

;'Mit)i,v  ls.^A  'i^ixl'ui.  Bd}oxev.  S.Mertflinbrl.  2.  -  in  18  .t-^ftn.  k  n.  —80. 
 Wcjcl)u1iii'       bnittit).  WcmüUu-?.  1  — lo.  1 3(l)orcv'\^  »'yamilicnbl.  9.  li^b.  ^Vr.  3. 

4.  7.  10.  l.'i.  K;   17  2_>  2-.  2»i.  2!>.  MX  37.       40.  47. 49,  öl.J  ^tt  Xi^ttl 

t>u  l'iaif.  l»iit  rvi'iuiiitt;\.^  i>UMüiY  Hibö.  10.  iBb.  Ta.  52.J 

Himh,  Ramnel  fatis  Oollub  Westpr.|,  Ub.  snbstemale  Kröpfe.  I.*D.  WOr* 

bürg.  r28  S.  8.) 

Uirsch,  T!iL  (1.,  (Josrliiclitstabelku  zum  Answeiidiglemen  entworf.  v.  Dr. 
Theod.  Uiisch,  weil.  Prof  d.  Gesell,  a.  der  Univ.  Greifswald.  10.  veA 
Aufl.  Danzig.  Scheincrt.  Saunierte  Bchhlg.  (88  S.  gr.  8.)  — 80.  cart  — S6. 

Hlrsehberg,  C>so:u-  [S<  hwetz,  We.^tpr.],  Beitrag  sl  Kenntnil  dar  Tricospidil» 

sleiio.-'e.  I.-D.  Berl.  {Ii  S.  8.1 
Hirscbfeld,  G.,  Zu  den  Inschriften  von  Naukratis.  IKhein.  Mus.  1.  Philol. 
N.  P.  44.  Bd.  8.  461-467  f  ^reuften  u.  We  «nttfe.  («orb  u.  gilb.  n.  48. 

2.  2;>7-:>21.|  R.  e.  [(Jott.  gel.  Anzgu.  No.  19.  ^Kimbtd|.  15.      11.  Cvt.J 

Hirscbfeld,  Gust.  (aus  Tudiel  in  Westpr.),  Beitrag  sor  Therapie  der  Speicbel* 

tisffhi.  l.-D.  Berlin.  i.'JO  S.  8.) 
Hbrsehfelil,  ^lax  [luis  Kuukehmen  in  Ostur.],  Untaudbgn.  tm  LoktwiW. 

I.-D.  Berlin.  (3  BL,  U  S.  a) 


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Altprenßische  Bibliographio  1889.  511 

IDndifeldy  Prof.  (Hto,  Corpus  Inscriptionum  latinarnm,  consUio  et  anctoritate 
Acad.  liftpr.  reg.  borusa.  editum  Vol.  III.  supplementura.  Fase.  1. 
Inscript.  lUyrici  latin.  supplem.  Berl.  G.  Reimer.  (S.  1199-1372  fol.) 

 KU  Tömisch.  Schnft>5Mlern.  [Hermes.  24.  B<1.  S.  101—107.]  Di-j  Ab- 

ffis<5tinfrszeit  d.  Afi.y</>ßii(.  [Ebd.  S.  156— l€n.]  Die  ritterl.  Provinzial- 
etatthalter.  [Sitzgsber.  d.  kgl.  pr.  AkacL  d.  Wiss.  z.  Berlin.  XXYI. 
XXVn.  8.  417-429.]  Beit  rage  z.  Geeeh.  d.  Narbonensiselien  Provinz. 
[Westdtscbe  Zeitschr.  f.  Gesch.  u.  Kunst.  Jg.  VIII.  Ilft.  II.  S.  119-140.J 

iMftmann,  Dr.  iK^sliix.),  angebomea  Fohlen  beider  Bein»-.  (Ilier/ii  Taf. 
IX,  Fig.  7,  8  u.  1  Il-.izschn.)  [Arch.  f.  klin.  Chirursno.  B9.  Bd.  S.  U50-6o2.1 

^•jfwann'*,  CS.  5.  (ii.^nbluuqcu.  ^Um'tr.  u.  ^.  .Siouüvaiib.  (^ii  20—25  iffqu.) 
1.-8.  £M\v  iiku.  ^anb\).  (I-        2-  1-336.  flr.  8.)  k  -30. 

—  —  Ttto  Jvviiiilcin  t».  3cubcri.  tSv,\äl]l(i.  o.  b.  Scitolter  iJubioia  XIV.  '70  3.  8.) 

hiMl)liott)c(  b.  Wcfonit-iiitt.  bcöi  ^n-  u.  ^liKJlanbe«.  'dh.  293.  $iaüe.  «Vcnbel.J  —25. 

 Meister  Martin,  der  Kiifner  u.  seine  Gesellen;  e.  iärsahlg.  (63  aatogr. 

S,  8.)  (Netif  TTaus-Bibli  ithck  f.  Stolzo'sehe  Stenogra]>lien.  Hrsg.  v. 
Dr.  G.  ächroedsr  u.  S.  Alge.  1.  Bd.  Basel.  (Leipzg.  RoboLsky.)J  baar 
n.  1.— 

—  —  Sviiü  Äionr.  Jvrbr.  Sd}Hl,^o  ii.  (frnft  Xl)br.  Ji'iff).    '^Imabeu^*)  J[->of  im  o it  n. 

(480  3.  8.  ni.  1  Xa\.}  [i^cutjc^e  ^Jjaticmai  IMtt.  ,^->t)t.  trit.  %U6^,  .  .  .  ^c^.  u. 

55of.  .^lürfrfjner.  Sffl.  532-86.  889.1  3tutti^.  Spcmnnn. 
 .ttinbaiiiaii1)en.  Ihm  (£.  X.      $)offiiiniiii,  ii.  3*3.  CSontcffa  u.  t^xhx.  '33aroii 

bc  In  liÜMtc  Acunnr^  u.  a.  3.  ^lufl.  ^etl.  1890^89)  ^la^n.  (807  @.  gt.  8.  m. 

5  33ilb.  in  <>avLl^;n^v.,'  cavt  3,60. 
 ,<ila)M)cf)e  "DiVu'cIlcu  ikmi  ^.  tt.  Äkift.  Cf.  X.  9(.  .(>pf f mann,  2^.  ^anff, 

3-  5rl)ni.  D.  Ciidjenborff.  -Cirvq.  in.  Crinlcitiv»-       ^rhiutrqn.  i».  JKcal  Wi)inn.: 

CbcrI.  Dr.  0.  .^X'tlimiOaiK^  '  lUütiüci-  1890(89)   ^»tidicnbinfi.    iVUI,  136; 

Vni,  86;  VII.  1!9:  IV,  124;  VUI,  IIG  S.  16.)  1.20.  geb.  1.80, 
H^fftaiann,  F.dr.,  hvdroxvlnminhaltige  Platinbasen.  I.-D.  Egsbg.  (Koch.) 

(39  Ö.  gr,  8.)  baar  li  —80. 
If flkiftiiny  Dr.  Otto  (Kgsbg.),  d.  Praesens  d.  indofi^ermsn.  Grundsprache  in  s. 

Flexion  u.  Stammbildnng  .  .  .  Göttingen,  Vandenhoeck  &  Kaprecht*s 

Verl.  (IV,  146  S.  gr.  8.)  3.60. 
 Hoc.  [Gött.  gel.  Auz.  No.  22.  8.  873-904] 

HoftMtotor«  Vf.  (Insterburg),  d.  Gellulose  nnd  ihre  Formen.  II.  Beferat. . . . 

[Landwirthsclmftl.  Jahrlb.  XVITI  T!.l.      7f;7  -7^1.1 
Holfkr-Kgger^  Osw.  Scriptores  rer.  germouic.  in  usum  scnolarum  ex  mona- 
mentüi  German.  hisCor.  reensi.  üarmen  de  hello  saxonico.  Ex  recensicme 
n>\\ .  Holder-E^er.  Acced.  Conqnestio  Heinrici  IV.  imperat.  Hannover. 

Hahn.  (XIV.  24  S.  p:  8.)  ^00. 

—  —  Itiilienische  Prophet ieeu  d.  13.  Jhdts.  I.  [N.  Arch.  d.  Ges.  f.  alt.  dtscho. 

Geschichtskde.  XV.  Bd.  8.  141— 178.J  Nachrichten  [ebd.]  Ree.  [P.  L.-Z. 

10.  2<\.  .36.1 

^ora,  «iipcriut.  in  'iJJoiuuubeu,  bic  goKicii  b.  3üubciiiall<j.  II*,  ^eiuctv*  b.  OUaubcjid. 
«.  Vf.  9b.  10.  S.  81-93.  128-42.1 

^fiK  (3nftcr(>itr<i,  »icd)tvantii.i  ,^uc  (»eft^.  Sablau».  |3^^6er.  b.  ^Kttögef.  ^niffm. 
44.  Söctcinöj.  v3.  16-38.J 

Bitlwleli,  Ger.-Refer.  Ed.,  iränluseh.  Wahl-  n.  Erhkönigth.  zar  Merowinger 
Zeit.  l.-D.  Kgshg.  Koch.  (60      gr.  8.)  baar  n.  l.— 

HanritZ)  Prof.  A.,  üb.  e.  besoud.  Art  der  Kettenbruch -Eiitwicklg.  reeller 
Größen.  .  .  [AcU  mathematica.  12:3  &  4.  S.  367-40:..]  üb.  d.  DifTe- 
Xentiat^leich|^  dritt.  Ordng..  welchen  d.  Formen  m.  linear.  Trans- 
formationen m  sich  genügen.  (Mathemat.  Annnlm.  23.  Bd.  S.  3}.')— 352.] 
Sur  le  develnp]irment  des  fouctiona  saiisluisaut  u  une  öouatiou  difie- 
rentielie  a1^>  i  1 1  ,  .  [Annales  scientifiques  de  l'öcole  normale  supi^rie&re. 
d.  s4rie.  Tome  VL  p.  327-332.J 


512  MittbeiluDgen  und  Anhang. 


^t$ll      '^xanji  (tftom),  b.  neue  (Siamtt  3amHienBi6e(.  [IDtfii^^c».  IMatt.  14  3^ 

2.  117—122.! 

ZatObi^,  ^rof.  6.,  b.  CiDiiiicutl).  ii.  b.  filtl.  l'dn-nöqütcr.  H^bb.  S.  289-306.1 

[Jmcohf,  Joh.J  Brasrh,  Dr.  Mc^r.,  Philos.  u.  Politik.  Studien  üb.  Finl. 
Lus'Jalle  u.  .Toll.  Jncoby.  Loij>z.  [o.  J.|  Friodrioli.  (IV,  153  S.  gr.  8.)  3.  - 

Jaczjrnski,  Adalbert  (pract.  Arzt  aus  'Sfobnoj  Westpr.J,  üb.  Korektopia  con- 
genita. I.-D.  Greifsw.  (28  S.  8.  m.  1  Tn£.) 

Jaster,  Mnrt.  [app.  Arzt  aus  Zippnow  (Westpr.)]}  Ob.  primftres  LebercannDom. 
.  I.-D.  Würzburg.  (26  S.  8.) 

Jeepy  L.  (Kbg.),  Beraerkgn.  bu  d.  lattto.  Onunmatakem.  [Rhein.  Idtteam. 
-14.  Bd.  S.  2.'3-51.] 

JerosclTy  Gust.,  experiment.  Untsuohgn.  üb.  d.  desinücirenden  Wirkgo.  von 
Höllensteinlösnngen.  I.-D.  Kbg.  Orftfe  A  Vna»,  (23&8L)  huu  n.  n.  l.~ 

3M4{ni,  '^ifr.  (^iift.,  uon  Bethanien  nadi  O^olnntba.  7  ^affumibcttaf^lfiil.  ttMiffli^ 
(iJröfc  &  linder.  (24  3.  flr.  8.)  n.  n.  —20. 

9$tUn,  mif.,  ^li  ^ora.  rvrff.  <L  Vt,  et(6fh>eTr.  (Xm,  181  6.  8.)  8.—  geS.  4.- 

 .^^oincr'v^  Cbiifiec,  übcrf.  u.  edSttt.  2.  V.  4—6.  Xmtfcitb.  (f6b.  (ZL^  696  €. 

ax.  8.»  4.—  geb.  5.— 

 (Sbbn.  3)«ut^(ft.  (56b.  u.  fifU))i.  f^.  «o(<fmor.  (IV,  684  @.  8.)  geb.  6.— 

r/".  Iitc.  in  (l.  Grenzhntni  -fS.         .Yo.  21. 
 *>D{ciiic  cvftc  9M)ap)obic.  |ltcb.  ^'anb  unb  'JJiccr.  61.  ^b.  9jr.  19.J  (£tit  9)ta^ 

II.  SdjulMoovt.  fWünd).  ^lüfl.  -^ti).  ^^cif.  ,v  9?t.  107.] 
»ienf  mnntt,  'i^x.,  J^cftgabc»  vi      3inban  <?  70.  Okburtötnflc.  [Slütt.  f.  llt.  titttb»  10.] 
Ubevf»,  (>Kt>.,  '^Ulb.  Oiorban.  (iin  '^Mirf  auf  beit  Tid)ter'  u.  S^Mobeit  an  fm.  70. 

(«cbiirt^tane.  IWünd).  m%.  ^tcj.  ikU.  89.J 
CMMlfnct,  .Vhnl,  '^iWlh.  rM>cb<in.  <£ln  Okbenfblatt  au  b.  3)i((tcc«  TOl  OebuctMoge. 

fllitf.  ;',cit.  2.  .{MI. 

—  ih>iü).  ;^sinbau.  IKu  .i  inlbitinc»  b.  3^id)tca^  q.  b.  3.  1848,  1868  u.  188^ 
joiuic  c.  :s:itcl,^cid)nung  .  .  .  4Mte4  Xaufenb.  9c(f.  o.  Vt.  Ofitcniet^  ^T, 

3.  av.  H.  i  3.  - 

ÜUc.  xHlcji;.,  ^iiiilli.      c.  (^uMM.  •,.  b.  Ttdit.  70.  (S^cb.  iWavtcnlaubc.  5.) 
JMeph,  Max,  npprob.  Arzt.  c.  Fall  v.  Mori  as  niaculosns  Werlhofii  kompli- 

'/it'rt  mit  Hneniotliurax.  Erlanger  I.-D.  Könitz.  (17  S.  8.) 
Josepli.sohn,  Caes.  (a.  J.untf  iiburj;  i.  Wpr.),  die  Saj^en  üb.  d.  Kämpfe  d. 

Mukkabüer  geg.  d.  Syrt-r  na<  h  grierh.  u.  jtid.-agadisch.  Quellen  in  ihr. 

V«  rliltniss  z.  lifglanbigt.  Gesch.  J^i'ipzitC'^r  I.  D.  Breslau.  (42  S.  8.) 
Josnpeity  Überl.  (3tto,  L«'ttres  ]>prsane8  par  Montest^uien;  im  Auszuge  m. 

Anm.  z.  Scliulgebr.  hrsg.  Mll,  119  S.  12.)  [Prosateon  fnn^au.  Lfg. 

77.)  Bielefeld.  Velliagen  &  Kiasing.  cart.  -  75. 
3ttn0,  Cbcrl.  Dr.  '^Irt^.,  bic  päbagog.  '-bcbeutg.  b.  3d)opc)it)auerfc^.  ^iUeuöle^ 

©ortr.  .  .  «etl.  1890  (89)  ©Jaertncr.  (80  @.  gr,  8.)  —80. 
Itttew|>f,  JHirf)..  bic  fünffl.  il^icncnii>alH',  bcvcn  (^k'braiK^  u.  Scfbftnnfcrttgung.  Mit 

6  ^\i\x\\x.  Aibfl.  Wräfc  &  Uitücr  in  (Somm.  (23  S.  gr.  8.)  boav  n.  n.  —60. 
Kafeaiana,  Dr.  med.  R.,  Qb.  electrolytisehe  Operationen  in  d.  oberen  Lirft- 

wegen.  V  irtr.  .  .  .  "NViesbad.  Bergmann.  (HJ  S.  gr.  — 
—  —  zur  Chirurg.  Bebdlg.  d.  Larjuxphthise.  [Dt.  med.  Wuchenschr.  18.1  Üb. 

d.  gg wärt.  Therapie  d.  chronisch.  Rachenkrebsee.  fEbd.  40.]  üb.  moderne 

Opcrationsnief  hode  der  hypertropli.  Oiiumeniuandeln.  |Dt.  Medicinal-Ztg. 

23.J  aöic  jdiiiiu  m.  fic^  geg.  b.  Sd)>üiiib)ud)t  ?  13)oni.  ^tg.  *Sonnt.*!öcil.  au 

9?r.  17  888.1  Xipl)tbcrie  w.  Group  im  .Ugv.  ^reufj.  in  b.  3.  1876—83.  ((£bb. 

"Iii.  i7!u;v 

Kaiser.  Ernst  (aus  Fischhäuten).  Trauma  als  ätiolog.  Momcmt  der  multiplen 
Sklerose.         Berlin.  (32  S.  8.) 


Sroidk  Ton  &  Iieapold  ia  KttaigsbeiiK  in  Vt, 


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Im  Verlage  yon  Otto  Wigand  in  Leipcif  ist  soeben  enchienen: 

Predigten 

▼Olk 

Julius  Rupp. 

Aus  den  letzten  Jahren  seines  Lebens. 

Herausgegeben 

XUMlh 

stenooraphlschen  Aufieeichnungen. 

Or.  Octa^.  41  Bogen.  —  FmIs  •  MMtMm 

Anfcebörige  un'1  Frf^mide  dM  verstorbenen  Predigers  Dr.  Julius  Ropp  haben  »ich 
Tereinigt,  am  eine  g^osHtire  AmaM  seüier  Predigten  durch  den  Dmok  zu  veröffentlichen. 
Die««  Predigton  b«tiandeln  Torxugi«\rei8e  die  Fragen  nach  dem  YcrUÜtiiin  von  Natur 
und  Oeist  su  tiimriiier  und  nach  Ui»m  Willen  und  der  Selbstbeotiiiumilf  dM  Meneehan. 
Sie  lassen  für  indtsu  Laien  eirkanneB,  das*  sie  an  Zuhörer  gerichtat  waran,  welche  niehi 
kamen,  um  sich  rlibren  sa  !■■■<«,  eoBÜeni  vm  Anregung  sa  tieferem  Naehdenken  ttber 
iittUelk*religiöi«  Fragen  n  empfMcen  und  «ioli  ma  moMk  an  ainar  IUUmmtmi  und  igtSmem 
Beckm  dar  Oadanken  nnd  Oefttlite  an  «riUboi.  IM««  Predigl«  liabM  tMA  «iiwa 
apamMlacih  »fralxeligldNii*  Anstrich,  sondern  sie  sind  reIigifie>ptalloaophladi«r  Natnr  und 
an  innerem  Wertae  den  Predigten  Sahleiermaoher^  snm  mindeeten  an  die  Seite  la 
«teilen.  Die  Predigten  Bnpp's  gehen  Ton  der  Voraussetzung  ans,  dass  di«  religiös* 
philosophische  £rkunntnissnrb«it,  deren  Fortbildunp^  sie  im  Auge  haben,  nicht  nur  die 
Sache  des  O«  !-  hrt>  nstandeR,  soi.dMrii  oirn-  Rll(r(.in..iii  monMchlicLü  AnK<'legi'iih«"it  hbL  — 
Der  Lc'serkroiK,  an  dtm  sio  nich  wnuilun,  i^it  alxo  ein  t^roHsur,  unii  auch  «lio  Art,  wi«  sie 
die  >;estellti'n  Probleme  b^hamleln,  wird  die  ZuNtimminit;  aller  Derer  limlen,  die  an  einem 
»rnston  un<l  crundlichen  Nachilenken  Gefalhui  lin  i-ju.  Dan  r<'ligii)8e  (Jefithl  wird  dabei 
nicht  vt  riiiifhlässigt;  violiiudir  zeichnen  sich  dinse  I*ri"i i^^tcn  ebenso  f<ehr  durch  die 
Warme  der  Empilndunj^  and  die  Widlie  «inor  tied  n  religiösen  Gesinnung  aus,  wie  durch 
diu  Sohtirle  und  Klarheit  des  VerntandcM,  di«  Tiefe  und  Wsito  dm  AnfftamV  ÜÖd  Sin* 
tlös  erhabeiiKn  Gegenstandes  stets  wurili^;«  Sprachf. 

Aua  allen  dieto  n  (i runden  i^laubi-n  <laher  Diejuiiigen,  <lie  äUtl  wnx  Horausgabu 
dieser  Predigten  vereinigt  haben,  mit  denselben  unserem  Volke  etwas  m  bieten,  was 
•einer  höchsten  R<'achtung  werth  ist  mid  dam  LaMT  die  visisafttgiilan  und  wloht^alw 

geistigen  Anregan(;en  gewahrt. 

Düs  Werk  i^t  für  dm  bOligem  Prek  ▼«!  8  Ifark,  sei  gabandm  9  Mark  Awh 
alle  Bnobbandlnngen  su  beziehen. 

Binnen  Knnem  enMsbdnen  in  Dledr.  Solten't  Veriag  in  Hertas 

Ursprung,  Entwiekelung  und  Sehieksale 

der 

altevangele  Taufgesinnten  oder  Mennoniten. 

In  kuizen  Zügen  übersichtlich  daigestellt 

von 

Aa  Bronsa 

-fC3  Zweite  Auflage.  E>- 
Preis:  4  Mk.  ord.,  ele^.  i^eb.  in  Halbfranzband  6  Mk.  ord. 

Der  „Tkeeleglsrlie  Jshrrsbrrieht**  Fohrieb  fiber  dieses  Buch  bei  seinem  ersten  Er> 
•eheinen:  , Dieses  Werk  ist  nicht  Mos  mit  grosser  I.ii  he  zutn  Gegenstand,  sondern  auch 
mit  so  grosser  Belosenheit  in  zum  Theil  seltenen  t^ui  Ib  nHclu  itten  gearbeitet,  dans  nicht 
bloHR  die  Mitglieder  der  Gemeindeti,  Hunilern  anch  <lie  K iri  beiihistoriker  sie  mit  Dank  tür 
mancharlei  Belehrung,  besendors  über  die  sputoro  Gobchiohtc  der  Bewegung,  lesen  werden." 


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m        Jn  der  Hartungschen  Veriags-Druckerei  in  Königsberg  i.  Pr.  erschien i  ß 

I  Bujack,  I 

g  Zur  Bewaffnung  u.  Kriegsfülining  der  Ritter  g 
S         des  deutsehen  Ordens  in  Preussen.  S 

Sl  Gr.  8«.  (8S  Seiten  mit  1  färb.  TuieL)  Gj 

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Soeben  erschien: 

Kant's  Lehre  von  Baum  und  Zeit 

kritisch  beleuchtet 

Tom  Standpnkt  des  gemeinen  Henschenventandes  ans. 

Ton 

Hubertus  C;i«irvtafl* 

80.  Preis  0,80  Mk. 
Uelwing'scJie  Yerlagsbnchhandlang  in  Hannover. 


Verlee  von  B.  S.  Mittler  A  Soln  in  Berlin. 

V.  Foerster 
Gesehiehte  des  Königl.  preussisehen  Ulanen-Regiments 
„Graf  zu  Dohna  ^  (Östpreuss.)  No.8  von  1815—1890. 

Zur  Feier  de«  75jähr.  Bestehens  des  Regiments  dargesteiit 

Gr.  4«.  (IX,  686  n.  283  Seiten.) 
Mit  Karlan^  UnHom»-  u.  GefechtsbÜdem  u.  ce.  230  BIdniiseii. 
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Soeben  erschien  im  Verlage  von  Oebr.  Paetel  in  Berlin: 

Der  eiserne  Rittmeister. 

Koiuan 

von  Hans  Uoffmann. 

Drei  Bttnde.  Octav-Format.  44  Bogen.  Geheftet  Hk.  12»—  ord. 

Elegant  in  drei  Bände  gebunden  Mk.  Itt,—  ord, 

l>«r  eraifl  grösser«  üoinau  Ilan.  Uoffbiknii's,  dor  sofort  in  Bachaasgabe  orsobeint, 
OlUM  dmu  «r  Torhor  in  «hier  Z«itochrift  verötfentlicht  wurde,  dürfte  dos  weiteste  Inter« 
CW0  mree^xi,  da  man  den  t;«>ff^it<ri6n  NovoUiateu  von  dieser  literarischen  Saite  noobniolit 
ItMlIli.  Auf  ernstorn  Hintuigrunda  — '  den  Sehnuplatz  bildet  ein«  ostpreoMlaolie  Statft 
iriUirend  de»  Napolooni«ohuQ  Paldxagos  sogen  Rasnland  —  entrollt  er  eine  spaiuiQQf«- 
raildie  Bandlnng  mit  tiefen  ■•elUcDtm  Conflicten,  aber  aaoh  mit  vielon  liomordtiroJl» 
w«hteD  ^isoden,  waldw  dem  feaMlndan  Them»  einen  eigeaeo  Beis  verleihen. 

Heft  7  IL  8  encheinen  als  Doppelheft  Ihide  fieoenoiber. 

Die  Herausgeber. 


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Monatsschrift 

neue  Folire. 

Der 

Neuen  Preussischen  Provinzial- Blatter 

Ylerte  Folye. 

Herausgegeben 
Toa 

Rudolf  Reicke  und  Ernst  Wiehert. 


Der  Monatsschrift  XXVU.  Band.  Der  ProTinzialblätter  LXXXXIII.  Band. 


Siebentes  nn<l  achtes  Heft. 
October  —  December  1890. 

Mit  einer  Planskizze. 


KöniKsberg  in  Pr. 
Verlag  von  Ferd.  Beyer's  Buchhandlung. 


1890. 


Inhalt 


Die  Reise  dos  Veri^erius  nafli  Polen  155(J— 1557,  sein  Frenmlos- 
kreis  und  seine  Xönigsl>erger  FlugscbriÄen  aus  dieser 
Zeit.  Ein  Bettrag  zur  pokuifchen  und  ostpreassiacben 
Reformations-  und  lätenturgeachicJite  you  Jahannea 
Sembrzycki  513-Ö6i 

Erklärungen  und  Emendationea  zu  den  Drei  Königsberger 
Zwischenspieleii  aus  d«n  Jahre  1644.  Von  Robert 
Buchhol«   585-öÖfei 

Ortsnamen  in  AltpreuJJeii.    Von  Hn^oBonk  5W-6S8 

Nachtrag  zu  dem  Aufsatee  „GMchiehte  der  Bel'estigungen 
Königsberg«."  Von  C.  Beckherrn.  (Mit  einer  Plan- 
Skizze)  

Handwerks-Anapracben.  Ton  A.  Treichet  

II«  Kritlicea  m«  R«fter«te. 

Hanserecesse.  Dritte  Abtheilung.   1477—1530.  Bearheitet  von 

Dietrich  Schäfer.  Bd.  IV.  Leipzig  1890.  Von  M.  Perll.arh  601-662 

Haii.serecesse.  Zweite  Abtheilung.  1431  — 147<J.  Bearbeitet  von 
Goswin  Freiherr  von  der  Ropp.  VI.  Bd.  Leipng  I8B0. 
Von  M.  P  662-«?^ 

Liv-,  Est-  und  Curlandiache.«  Urkundenbn»  Ii.     Bd.  IX.  14.% 

bis  144S.    Riga.  Moskau,  I^ipzig  im\    Von  M.  P.    .    .  664-666 

Emil  Knaake,  ^fax  \'.  S'^lienkeinloif.  der  deutsche  Kaiser- 
berold.  Sein  Leben  und  seine  Bedeutung.  Tilsit  1890. 
Von  Sehn   .  6ß5-etf 

O.  Witt.  OoArhichten  aus  der  Oeschichte.  Königsberg  1890. 

Von  Fischer  GÖO-W^ 

Max  Heeht,  Worin  besteht  die  Hauptgefabr  f&r  das  bnma- 
nistisrlu'  C?yiTiiia.«inm.  und  wie  lüflf:  sirl>  densellien  wirk- 
sam begegnen?    Gumbinueu  IHOO.    Von  Hademacber   G()8— bll 

Wilh.  üle,  me  Tiefenverhältnisse  der  Masurieeben  Seen. 

Berlin  ISOO.    Von  Jen  t /scli   CTl-ßW 

O.  L  e  j  e  u  n  0  -  D  i  r  i  c  h  1  e  t ,  Paul  OiUtf  uldt  und  das  humanistische 

Oymnasinm.  Königsberg  IS90.   Von  E   673 

III.  Hitthelliiiis^eii  und  Anhanc 

TJrknndenfnnd  nnd  Urknndlicbes  von  Jobannes  Saadowski , 

Probst  und  Dekan  in  Köiu'gsbers;   ...    673— 67<» 

Die  Kirche  zu  Gr.  R4>»iusko.    —   eine  Berichtigung  von 

J.  Sombrzycki   .    .    .  676-««« 

Ueber  die  Fi^urcti  auf  dem  Burgkirchenplat/thor  in  Königs* 

berg.    Mitgetheilt  von  Georg  Conrad   677— 

Die  Kant-Bibliogiaphie  des  Jahres  1880  zusammengestellt  von 

Rudolf  Reicke  G7S-  ''^l 

Fniversitäts-Chronik  m^)  H91-(jy2 

Altpreußische  Bibliographie  188«»  

Benobtigung  m  Seite  227    701 


Alle  Reciite  bleiben  vorbehalten.  tpS 

Herausgeber  und  Mitarbeiter. 


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Die  Reise  des  Vergerius  nach  Polen  1556—1557,  sein 
Freundeskreis  und  seine  Königsberger  Flugsehriften 

aus  dieser  Zeil. 

Ein  Beitrag  zur  polnischen  und  ostpreussischen  Reformations« 

und  Literaturgesehiohte 

von 

JokABMes  Sembrzyckl. 


Eine  aUen  berechtigten  Anforderungen  entsprechende  Ge- 
schichte der  pohiisohen  Befbrmation  besitsen  wir  bis  heute  weder 
in  polnischer  noch  in  dentscher  Sprache.    Die  neueste  und 

uintautrreichste  Veröffentliclnmg  imi  diosem  Gebieto  von  dem 
PrciliMt  Dr.  Julian  liukuwski  in  Krakau  f-Dzieje  refonnai-vi  w 
Pohste  Oll  wejsciii  jej  do  Polski  az  do  jej  iiiuulku'',  Krakau, 
Tom  1  1883,  712  pg.,  Tom  II  1S80,  591)  pg.)  ist  zwar  gewisson- 
liaft  gearbeitet,  zeigt  aber,  daß  der  Verfasser  dem  Gegenstände 
nicht  gewachsen  ist  und  es  auch  Öfters  an  der  einem  für  die 
gesammte  gebildete  Welt  schreibenden  Historiker  so  unum- 
gftnglich  nöthigen  Unparteilichkeit  fehlen  l&fit.  —  Es  ist  nicht 
selten,  daß  man  bei  einer  Vertiefung  in  die  Geschichte  jener 
Zeit  auf  Episoden  trifft,  die  sehr  interessant,  aber  noch  in 
keinem  Werke  genügend  beleuchtet  sind;  zu  ilmen  gehört  die 
Reise  des  Vergerius  nach  Preußen,  Litauen  und  Polen  in  den 
Jahren  1556  und  1557.  8io  wird  selbst  in  Bu(  hern,  wo  man 
eine  eingehendere  Erwähnung  derselben  erwarten  sollte  mit 
zwei,  drei  Zeilen,  wol  gar  noch  unter  Begehung  eines  Irrtiiums, 
abgethan.  so  bei  Josef  Lukaszewicz  „Dzieje  kosciolow  wyznania 
helweckiego  w  Litwie*^  (Posen  1842),  der  die  Heise  in  das 

Altfit,  11  OMteMhriA  Bd.  ZXTU.  Hft  7  «.  a  38 


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614 


Die  Reiäe  des  Vergerius  nach  Polen  1556—1557  etn. 


Jahr  1&56  setzte  ^)  was  ihm  Bnkowski  nachspricht,  der  übrigens 

doch  auch  einzelne  beachtenswert  he  Notizen  bringt;  sehr  anf- 
fallend  aber  ist  es,  daß  sogar  der  evang.  Pfarrer  Christian 
Heinrich  Sixt,  der  Biograph  des  Vf^rgerius  (^Petrus  Paulus 
Vergerius,  päpstlicher  Nuntius,  katholischer  Bischof  und  Vor- 
kämpfer des  Evangelioms.  £iiie  reformationsgeschichtliohe  Mono- 
graphie. Braunschweig,  1855;  601  S.)  dieselbe  sehr  wenig  ein- 
gehend behandelt.  Von  dem  längeren  Aufenthalt  des  Vergerius 
in  Königsberg  scheint  er  so  wenig  Kenntniß  gehabt  ssa  haben, 
daB  er  es  nicht  ittr  nOthig  hielt,  ebenso  wie  die  Bibliotheken 
zu  Erlangen,  Tübingen,  Nürnberg  nnd  Wolfenbüttel  (Vorrede 
pg.  X),  auch  die  zu  Königsberg  zu  durchforschen,  in  Folge  wovon 
ihm  vier  iii  itten  des  Vergerius  ans  deu  Jahren  lo5t)  und  1557 
und  drei  aus  der  späteren  Zeit  p^anz  unbekannt  geblieben  sind. 
Er  ließ  sich  eben  au  dem  .c:emiij;eii,  was  ihm  Voigt  aus  dem 
Königsberger  Archive  mittheilte,  nutzte  aber  auch  dieses  Material 
nicht  eingehend  genug  aus.  Ich  will  die  vollständigen  Titel  der 
Sixt  nicht  bekannt  gewordenen,  in  der  Königsberger  königlichen 
Bibliothek  zum  Theil  sogar  in  mehreren  Exemplaren  vorhandenen 
Bücher  hier  gleich  anführen;  es  sind: 

1.  GATALOGVS  KfiRETIOOBVM.  Äeditus  Venetijs  de  oommissione  tanbn* 
nelis  sanotiaeimae  Inquieitionis.  Aptid  Oabrielem  lulitma  &  fiatr» 
da  Ferrarifl.  Cum  annotationibne  Athanaa^.  Act.  18.  Itsqo» 
Eeclesiae  eonfirmabantur  fide,  &  abnndabani  nnmero  oottidw. 
Anno'.  M.D.LVI. 

m  T?l.  In  kl.  8«   ohne  Bl.-   n.    Szhl.,  mit  Cust.  n.  Sign. 
A— U.  Am  Ende  das  Daubmannacbe  Bachdruckeraaiohea  (in  emem 


1)  Ein  Druckfehler  kann  diese  Zahl  darum  niclit  sein,  weil  Lukaszewics 
sie  zwei  Mal  kurz  nach  einander  so  hat.  —  Eij^enthUmlich  ist  <>i.  <laP 
Arf^hivar  PhiÜppi.  der  Herausgeber  der  Ausgabe  des  Pisnnski  von  18«iÖ,  in 
diesem  Werke  die  Zahl  1555  i  statt  1550)  nicht  verbessert,  ijundern  bestätigt 
(pg.  IGO).  Nach  Sixt,  pg.  218—220  uu-i  v.  Kausler  xxnd  Schott  „Bri«f- 
wedisel  swiachan  Chrietophf  Heraog  Ton  WQittemberg  und  Petras  Paulas 
Yergeriu«,"  Tabings  1876  (Bibliothek  des  Literariachen  Yeraina  in  Stnttr 
gart.  OXXIV.)  pg.  88-116  (Brief  18-.%)  lebte  Vergerius  im  Jahre  15BB 
bis  zum  Häxs  in  Göppingen»  aodann  io  Stattgart,  endlioh  seit  November  in 
fieuÜiDgea. 


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Von  Jobftuues  Sdmbrzjcki. 


516 


Kmoa»  «ine  Sdilango,  aaf  deren  Haupte  eine  Tanbe  mit  eioem 
Oebweig),  daraoter:  In  Regio  Moot«  BoniMiae  imprimebat  loannee 
DftnVnanniM.  Anno  M.D.L.VL*) 

2.  FORMVLA  FIDEI  TRADITA  IN  SYNODO  PBOninciali  qoae  Lotutg 

in  Polfmia  oelebrat»  eet  Anno  M.D.LVL  XI.  Septomb.  £T  OON- 
FESSIO  ILLVSTRISSIMI  PBINCIPIS  AO  Domini.  D.  Ghristophori 
Dncia  Vaiitenbergenas  Ac  Goncilio  Tridentmo  oblatn.  M.DXII. 
PRO  ANTIDOTO.  M.DXVI. 

Kl.  8».  12.  Bl.  o.  BI.-  u.  SshL  mit  Sign,  ,i.  und  80  foliirte 
BL  A.— K.  Diese  let/t m  umfasspn  (Ii»-  Oonfe^sio  fidei  «It-s  Herzogs 
von  Württemberg,  welclie  duii  Sondortitel  hat:  CüNFF^SIO 
riDEl  ILLVSTRISSIMI  PRIN(?IPIS  ET  DOMINI,  DOMINI 
CHRISTOy.liori  Ducis  Wii-tenbprgf»n«is.  <^c.  exhibita  Oonfilio 
l'i  i'lentino,  21.  .fHimftrij,  .Anno  1552.  Ki-i^ininnnti  lioiussiae  ex(  n']i'l)at. 
lounnes  Daubinannus.  M.D.LVL  —  (Wiszniewski,  Hist.  iit.  polsk. 
IX,  pg.  17ßj. 

3.  lOANNIS  BRENTII  LIBELLVS  AVREVS,  in  -luo  agitiir.  iH«  oJlicio 

Principum  Secularium  in  Ecciesia  FiUj  Dei.  De  autoi  iutr  S:u  me 
Scriptur&e.  De  Traditionibus.  De  Catholioa  Ecclesia.  MATTH.  III. 
Snmrifl  ad  radicem  posita  est.  M.B.LYIL  —  80.  (Das  Explr.  Cd  31 
der  Kdnigsberger  Bibliothek  iat  am  Ende  defbet)  Von  Vergerida 
besorgte  nnd  mit  Widmung  versehene  Ansgabe.  Bnkowski 
(II,  pg.  483)  nennt  ne  „ein  ungemein  aeltenea  und  beute  in  Polen 
beinahe  nnbekanntee  Buch.** 

4.  ACnONES  DVM  SEGBGTABn  PONTIFICIL  QVARVM  ALTERA 

dispntat  an  Paulus  Papa  IHL  debeat  cogitare  de  instaurando  Gon- 
cilio Tridentino.  ALTERA  YEBO,  AN  ui  et  armis  possit  deinde 

imperare  Protestnntibua  ipeius  Concilij  Decreta.  Habos  hioLector 
(|uid  in  proximis  Comitijs  Augustanis  in  causa  relii^ü'iiis  stntutnm 
fnerit.  M.D.LVU.  172  Bl.  8«.  Am  Ende:  REGIOMONTI  ßORVSSI  kE, 
Exoudebat  loannes  Daubmannus.  An.  1&57.  und  das  Daabmannsclie 

Si^et. 

Sixi  kennt  dies  Buch  nur  aus  den  um  eine  Actio  ver- 
mehrten Abdrücken  von  1559  (Pforzheim)  und  1563  Tübingen); 
ol.  seinen  Index  Na  53. 


6.  HISTOBIA  FRANCISGI  SPIERAS,  QVI  QVOD  SVSCEPTAH  SEMEL 
EVANGELIC^  veritatis  profesaionem  abnegassct  damnaeaetque, 

2)  cf.  Pisanaki  pg.  169. 

SB* 

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516 


Die  Heise  des  Vergerius  nach  Polen  1556— löö7  etc. 


in  horrandam  inciclit  dwperationem.  Qaod  «Kemplum,  &  granifld- 
mam  J)ei  inoiiition«iii  prodMt  edebnure,  A  Btsfiva  ragerer^ 
TVBINO^  AtmO  M.DJLym.  8«  Mit  Widmung  and  NMhwort 
des  Yerg^ritia  (BL  84  „Vei^^Mins  pio  Laetori**),  sowie  Ton  Bl.  67: 
^In  Frandsci  Spierae  eamm,  Petri  Pauli  Yergerü  Eplfloopi  Joatino- 
poliiani  Apologia"  eto. 

Sixt  citirt  pag.  125  eine  andere  Ausgabe  ohne  Ort  nnd 
Jahr  tind  mit  gans  anderem  Titel. 

Ü.  DE  REVEREKDISSIMO  D.  STANISLAO  IloSIO  VARmiensi  Episi^oiK), 
Apüstolico  niincio  pei*  (Junuiutiam  destiuato.  I.  Apucalipsis.  Et 
aucUui  pust  me  uuceui  magnam  tanqaam  tubae  dicentis,  Quud  oides 
acribe  in  libro  A  mitte  Ecdesga. 

Ohne  Ort|  Jahr  nnd  Drnoker,  aber  wol  1G60  bei  Joh.  Daab- 
mann.*)  8  Bl  SP,  ohne  Bl.-  n.  Ssbl.,  mit  Cnst.  u.  Sign.  (1)— 5  n. 
8  Bl.  Das  Exemplar  Ca.  228.  8<>.  der  Egl.  Bibliothek  ist  otit 
einer  eigenhändigen  Widmung  dea  Yerlaasena  an  Fnnck  Temabea 
(ef.  fiber  Fnnek  weiter  unten). 

7.  OB8E0BO  VIDE  LECTOR  QVAM  FVTIIibua  argnmeatia  A  quam 
inaeptia  iabulia  Oregorina  Papa  huins  nominis  primua  eognomento 
magnuB  suum  pnrgatotium  stabilire  oonatus  faerit.  Kam  nerbom 
nerbo  extnlirons  tjimeounqae  ille  libro  dialogorum  quarto  de  pur^ 
gatorio  acripsit.  Num  ro  uera  stabiliorit  iudicent  hi  quibus  splendor 
Papfttus,  &  infulelita«  ooulos  non  perstrinxit.  Ad  Tes.  2.  cap.  2. 
Kt  mmr  reuelabitur  illo  i"nt«|nu8  &c.  (  uiu?«  adirentiis  serimrfiTr. 
Operationen!  satanae  in  utuui  nirttitf>,  &.  prodigiis  meudacibus,  &  in 
omni  sedurtione  iniquitatis  in  Iiis  «jui  pereunt, 

12  SI.  8".  ohne  Bl.-  u.  S/.hl,  ju.  Cust.  u.  Sign.  Ä-C  ^zu 
4  Bl.)   Ohne  Ort,  und  .Tabr  (Kgsbg.  Daubinann). 

Der  „Index  libromm  a  Vorgerio  editoriim'*  bei  8ixt,  pg.  595 
bis  601,  l&ßt  überhaupt  an  Genauigkeit  mancliea  zu  wünschen 
übrig;  so  ist  der  Titel  der  deatschen  Uebersetanng  von  „Duae 
Epistolae" : 

Zw«ft  Sttidbrieff,  Einer  vom  Btotechen  Bibstlichoi  Legatoa  iao 
Polen  Aloyaio  LIpomano  Bischoff  an  Verona,  an  den  Bardi- 
It'uclitigen  Fürsten  vnd  Herrn,  Herrn  Nioolatim  fiadaiwillen  Vilni- 
sehen  Woy  wodm.  Der  ander  dea  selben  FQrsten,  Henm  Badaiwüleo, 


B)  Von  Mitte  December  1669  bia  April  1660  befand  sich  Veigenw 
wieder  in  Königsberg  und  Litauen. 


Von  Johannes  bembrzycki. 


517 


an  ifomelteii  Bischoff  7iiiid  Legaten  gesehriebea  ....  Gedrackt 
an  Königsperg  inn  PreoBSen  dttrch  Jobann  Da&bman.  1657. 
(72  Bl.  4») 

nicht  angotttbit  und  die  Ende  1666  eracliienene  sweite,  zia 
Königsberg  gedruckte,  Auflage  des  Büchleins  „Lac  spirituale" 
nicht  erwähnt,  deren  YoUständiger  Titel  lautet: 

Lac  Spiritnale,  pro  alendis  ac  aducandis  Cbtistianoram  pueris  ad 
gloriam  Bei.  Munoscnlam  Vergerii.  lUnstrissamo  Domino  Nioolao, 
Blnstrissimi  Principis  D.  Nicolai  Badivili  Duoia  Olicae  ac  Neanuist, 
Falatini  YflnansiB,  Ac  Primogenito.  Acyeeta  sunt.  Prima  Chri«tianae 
religionia  elementa}  Latinis,  Gvaecis,  Oannamcia  at  Polonieia  car> 
minibne  redditai  per  Andream  Tricesiura  eqnitem  Poloiium,  & 
Mathiam  Stoium  Begiomontanamf  Philosophiae  &  MiHÜcinae 
Doctorem.  Item  Hymni  quotidiani.  II.  Timotli.  III.  Pereistito  in 
his  quae  diclicisti,  &  quae  tibi  roncredita  sunt,  sciens  k  quo  didi- 
cer\9.  f]Uod  a  puero  sarras  Ittrras  noueri§,  quao  te  poasant 
eriulituin  ri-ililcrc,  nd  saluLcni  (piae  est  in  Christo  Jesu. 

Aul"  dui-  Uünkscito  des  Titelblatt«:  Ad  illustrissinnuu  putiitui 

Nicolaimi.  Nicolai  Radivili  Uucis  tiliolum  Andreae  Tricesii 

Üodecastichon.  Am  Ende  (b^):  Ameu  £x  Italico  uenas  est 
etiam  Oermanice  &  Polonice.  Excadebai  Joannes  Daubmannas 
Regiomonti  Bonieaiae  (12  Bl.  8'.  Sign.  A*~b(4),  die  drei  letaten 
Seiten  leer). 

Was  Sixt  Uber  die  Beise  des  Vergerius  Thatsttohliohes  ge- 
bracht hat,  soll  hier  des  TTeberblicks  halber  »usammengestellt 
werden.  ^Die  im  Anhanpje  alij^iednickte  Corre9])oinle!iz  beginnt 
mit  dem  (>(  tober  lü5(.t,  setzt  aber  «chun  eine  tVühoro  Verbindung 
voraus.  Vielleicht  war  Verger  in  demselben  Jahre  aut  seiner 
Durchreise  nach  Polen,  2um  ersten  Male  mit  dem  Herzog  in 
persönliche  Berühmng  gekommen"  (pg.  384—385).  „Daß  Ver- 
gerius such  in  persönliche  Bertthmng  mit  H.  Albrecht  gekommen 
isi^  haben  wir  bereits  bemerkt  Es  geschah  dies,  wenn  er  nach 
Polen  ging;  Königsberg  bildete  dann  einen  wohlthätigen  Buhe- 
punot  für  ihn"  (i)g.  390—391).  ^Kurz  vor  Eröffnung  des 
Boiohstags  war  nun  auch  Vergerius  zum  eraten  Male  nach 
Tf'len  frekuiuiiiru"  309).  ^am  29.  October  finden  wir  ihn 
in  Wilna.  iMMüHlt't  liatte  er  sich  zu  dieser  Reise,  wie  zu  einem 
£i'oberung8i&uge.   Begleitet  von  seinem  .Netten  Ludwig  und  zwei 


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518 


Die  Bdse  dee  Vergerius  nach  Polen  1566—1567  «to. 


Dienern,  welchen  sich  in  PreiiJIen  nooh  ein  Füluer  beigeselltei 
sah  er  sich  zuerst  in Litbftiien  am,  dann  ging  er  naoh  Gross • 

und  Kleinpolen,  um  Land  und  Leute  kennen  zu  lernen  und 
im  Siniiü  der  evangelisch-lutherischen  K;i  .  ho  aller  Orten  da^ 
Evang<dinm  iuiszubreiten",  —  „Unter  den  Büchern,  w^lr^he  er 
mit  sich  führte,  verdienen  besonders  zwei,  welche  »  r  vorzugs- 
weise für  den  Beiohstag  zu  Warschau  wieder  hatte  drucken 
lassen,  erwiümt  zu  werden,  nämlich  Luthers  Schrift  vou  dor 
Vereohwöning  der  Papisten  nnd  die  mehrerwfthnte  Apologie 
der  wttrtemb.  Confession^'  (pg.  400).  „Desgleichen  vemadi- 
lässigte  er  aber  auch  die  Heisepredigt  nicht;  denn  kaum  war 
er  in  Wüna  angekommen,  so  sammelten  sich  alle  Bekenner  des 
Kvangeliums,  namentlich  die  gebomen  Italiener,  um  ihn,  und 
bald  darauf  konnte  er  dem  Herzog  Albrech^  melden:  ,Einmal 
habe  ich  ihnen  scLou  gepredigt,  und  es  wird  noch  zwei-  od  r 
dreimal  geschehen*.  Ueberhaupt  fand  er  Gelegenheit,  mit  aiieu 
Schicliten  der  Bevölkerung  in  Berührung  zu  kommen  mid 
sich  durch  eignen  Augenschein  über  die  Zustände  des  Landes 
zu  unterrichten.  Er  kam  an  den  Hof;  wenigstens  spricht  er 
von  einer  bevorstehenden  Audienz  bei  der  Königin,  nnd  was 
den  Woiwoden  von  Wilna,  ,diesen  bewandemswürdigen  Fflrsten', 
betrifE^,  so  kann  er  nicht  sagen,  mit  welcher  Auszeichnimg  er 
von  ihm  em}>fan<^en  worden  sei.  Auch  den  ,um  seiner  per- 
sönlichen Kirrens*  hatten  wie  um  seiner  Kriegsthaten  willen  aus- 
gezeicbiLcten  Grafen  Tarnow'  lernte  er  kennen  und  knüpfte 
ein  näheres  Verhältniß  mit  ihm  an.  Diese  und  andere 
hervorragende  Männer  der  evangel.  Bichtung  nahmen 
ihn  nun  sofort  mit  nach  Warschau,  und  dort  war  es,  wo 
er  mit  dem  Nuntins  Lipomani  zusammentraft*  (pg.  401). 
(Vergerius)  ,,überreichte"  (Brenz's  Apologie)  j,mit  der 
vorgedruckten  Dedioationsepistel  Sr.  Hajestftt  und  er- 
bot sich  zugleich  zu  einer  Disputation  mit  dem  Nuntius; 
der  König  selbst  sollte  Schiedsrichter  sein.  Das  hatte  natürlidi 
keine  Folge;  denn  weder  Lipomani  noch  irgend  ein  Anderer 
bezeigte  Lust  dazu,  mit  ihm  anzubinden''  ^)g.  410).    ,,Ehe  der 


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You  Job&unes  Sembrzycki. 


519 


Beiohstag  zu  Eii<le  ü-iiiu:,  ^^.a•<'U  soiiic  SuLolioii  zu  den  zwei 
Briefen  Pauls  IV.   I»ereits   terii^''  411).    „Uui^efähr  um 

dieselbe  Zeit,  wo  Verger  «lioso  Scholien  zu  Papier  ge- 
bracht hatte,  endigte  auch  der  Keiclistag.^^  —  „Auoh 
Vergerins  schickte  sich  nanmehr  sur  Heimkehr  an;  denn  der 
Zweck  seiner  Reise  war  erreicht.  In  Soldaa  verarsachie 
ihm  zwar  die  Arglist  nnd  ÜUEUverlAssigkeit  Christophs,  des 
Führers  .  .  noch  einigen  Vordruss  .  .  .  aber  im  Ganzen  kam  er, 
—  wahrscheinlich  nuuh  vor  Kudo  Januar  1567,  —  wohl- 
behalten und  fröhlich  wieder  in  Tübingen  an"  (pg.  119).  —  Die 
doroh  den  Druck  hervorgehobenen  Stellen  kennzeichnen  Irr- 
difliner  Sixt's.  —  Bei  y.  Kausler  nnd  3chott  findet  man  in 
dem,  dem  Briefwechsel  yorangesohickten  „Leben  Yergers**  einige 
auf  die  Briefe  No.  42—48  sich  stQtzende  nähere  Nachrichten 
fther  diese  Heise  Yergerins,  doch  bieten  dieselben  in  ihrer  ge^ 
drängten  Kürze  wenig  mehr  als  die  Daten,  bei  deren  Anführung 
im  Folgenden  stets  auf  die  Quelle  verwiesen  ist, 

Gestützt  auf  die  in  den  Beilagen  bei  iSixt  enthaltenen, 
diesem  dnrch  Voigt  zugänglich  gemachten  Briefe  an  und  von 
Yergerins,  auf  in  den  oben  citirten  nnd  anderen  auch  von  Sixt 
trwAhnten.  Werken  des  Yergerins  enthaltene  Notizen  nnd  auf 
neuere  im  Yerlaufe  der  Arbeit  namhaft  gemachte  wichtige 
Quellenwerke,  will  ich  im  Folgenden  versuchen,  ein  eingehenderes 
und  treueres  Bild  dieser  Heise  des  Vergerius  zu  lieleru,  —  etwas, 
das  zu  thun  bereits  Juuocki  sich  vorgenommen.  d«^r  f. .Nachricht 
von  raren  polnischen  Büchern  ',  I  fDresden  1747J  pg.  63)  schreibt: 
„An  seinen  (Vergerius')  An  feiithalt  zu  Königsberg  hat  man  noch 
nicht  einmal  gedachte  Vielleicht  giebt  mir  ein  anderer  Ort  Ge- 
legenheit, diesen  merkwürdigen  und  vor  die  evangelische  Kirche 
nicht  unntttalichen  Punkt  seines  Lebens  wo  nicht  vollständig, 
doch  wenigstens  hinlänglich  zu  erläutern." 

Die  ausgiebi<;6  Benutzung  des  Lcrößten  Thcües  der  in  vor- 
liegender Arbeit  citirten  ( ^Miellen werke  ist  mir  durch  die  zuvor- 
kommende Güte  des  Herrn  Bibliothekar  Dr.  Keicke  ermöglicht 
worden,  der  mir  auch  die  vorkommenden  bibliographischen 


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520  Die  Reise  des  Vergerius  nach  Polen  1556—1557  etc 

Notizen  mitgotheilt  hat,  für  welches  alles  ihm  aaoh  an  dieser 
Stelle  meinen  ergebensten  Dank  ausspreche. 


"Wie  bekannt,  hatte  der  Protestantismus  bereits  früh  in 
Polen  Boden  gewonnen  und  fand  allmälilich  immer  mehr  An- 
hänger, obwolil  das  Lesen  lutherii^c  lu-r  Bücher  und  das  Verbreiten 
der  neuen  Lehre  bei  Strafe  des  £zils,  in  Masovien  sogar  des 
Todes,  verboten,  auf  den  Besuch  der  üniversitfti  Wittenbei^g 
(ebenso  Königsberg;  Janozki  1.  c.  II,  16)  Verlost  der  Anwart- 
schaft auf  Kirchen«  und  Staatsftmter  gesetzt,  eine  jährliche  Doroh- 
snchung  sttmintlicher  Buchhandlungen  nach  verbotenen  Schriften 
anr,feordnet  und  gegen  jede  öflfentliche  Regtin^-  dar  IVotestant^n 
von  Seiten  das  Könijrs  Sigismund  kruftitr  oinfxoschrittoii  wurd'"^ 
(Dr.  Ant.  Kichliorn,  her  prmländische  Bischof  und  Canlinal 
Stanislaus  Hosius,  Mainz  1854 — 1865;  1  pg.  58 — 69).  Dieser 
großen  Ausbreitung  des  Protestantismus  kam  die  Hinneigung 
vieler  Großen  und  eines  Theiles  des  polnischen  Episcopats  zor 
neuen  Lehre  —  bei  den  ersteren  offen  und  entschieden«  bei  den 
letzteren  mehr  passiv  —  sehr  zu  Statten.  Was  den  polnischen 
Episcopat  betritt,  so  darf  nicht  vergessen  werden,  daß  man  damals 
in  Polen  zu  einem  Bisthnme  nicht  durch  theologische,  sondern 
durch  liiimanistische,  juristische  Studien  und  durch  practische 
politisclu;  Thätigkeit  in  der  kuniglicheii  Kanzlei  «j;« 'lauerte; 
die  eitrigeren  Bischöfe  lirgaimen,  wenn  sie  dies  geworden  war-  n, 
sich  mit  der  Thoologio  zu  be^rliäft^igon.  oin  Fabian  v.  Lossaiuen 
aber  z.  B.,  Bischof  von  Enuland  1512— 1623,  hielt  nach  Em- 
pfang der  Weihe  seine  Primiz  und  verrichtete  dann  in  seinem 
ganzen  Leben  keine  geistlichen  Functionen  mehr  (cf.  Eichhom  I, 
pg.  67).  So  kam  es,  das  schliesslich  nur  eine  Ideine  für  die 
Erhaltung  des  Katholicismus  kämpfende  Partei  um  den  hoch- 
bejahrten Kdnig  gesohaart  blieb,  mit  welches  letzteren  Tode 
1548  die  katholische  Kirche  in  Poleu  ihre  kräftigste  Stütze  ver- 
lor. Soin  Soliii  und  N.i«  litolofor  Sigisniuiul  Anfrnst.  mit  der 
Stärke  der  protestiintischon  Partei  und  dem  Ansehen,  welches 


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Von  Johannes  SembrzyckL 


521 


sie  im  ganzen  J^aiide  besaß.  LiuliinglirL  bekannt  und  aiißor(le]ii 
von  Natur  gutmüthif^  und  etwas  ii])utliisc*h,  befolgte  eine  Politik,  die 
er  wol  als  die  in  dieser  Zeit  für  sich  pa^isendste  ansah:  er  brach 
nicht  mit  den  Katholiken  und  behandelte  doch  auch  die  Pro- 
testanten 90f  dafi  die«o  die  größten  Uoffiiungen  auf  ihn  setzen 
za  dflrfen  glaubten  und  ihn  schon  halb  en  den  Ihrigen  zählten. 
Wie  es  den  Anschein  hat,  wfirde  in  der  That  der  üebertritt 
zur  neuen  Lehre  dem  Könige  keine  allzugroßen  Scrupel  gemacht 
haben,  wenn  der  polnische  Protestantismus  eine  einheitliche 
Maeht  gewesen  wäre,  auf  die  er  sich  hätte  stüizeu  können;  so 
aber  konnte  die  Spaltung  in  drei  Bekenntnisse:  das  lutherische, 
das  böhmische  und  das  helvetische,  und  der  fortwährende  er- 
bitterte Streit  derselben  unter  sich  und  den  Arianem,  selbst- 
yerstftndlich  nicht  ermuthigend  auf  ihn  einwirken.  Er  ftlhrte 
alffo  seine  abwartende  Politik  von  Fall  zu  Pall,  von  Tag  zu 
Tage  fort  und  ließ  sich  zu  irgendwelchen  gewaltsamen  Schritten 
cregen  die  eine  oder  die  andere  Partei  nicht  bewegen,  scIkmi  aus 
Besorgniß  vor  den  inneren  Stürmen  und  Gefahren,  die  dadurch 
für  seine  Macht  und  für  das  ganze  Boich  heraufbeschworen 
hätten  werden  können. 

Unter  Sigismund  August  also  gelangte  der  polnische  Pro- 
testantismus zur  vollen  Blüthe  und  Entfaltung  und  zu  politischer 
Bedeutung,  die  er  sogleich  auf  den  Beichstagen  geltend  zu 
uiaclien  lM'<;ann  Auf  demjenigen  zu  Petrikau  (Piotrkow)  1552, 
welcher  überwiegend  um  Protestanten  und  diesen  güustiij:  rre- 
sinnten  Männern  zusammengesetzt  war,  wurde  die  orderung 
anlgestellt,  den  Bischöfen  die  Jurisdiction  über  die  Dissidenten 
EU  nehmen,  da  dieselbe  dem  Könige  gebühre,  der  sie  durch  den 
Senat  auszufahren  hätte.  Nach  den  damals  in  Polen  geltenden 
Gesetzen  wurde  nämlich  Häresie  ebenso  wie  Majestätsverbrechen 
bestraft  und  zog  Verlust  des  Lebens,  der  Güter  und  auf  die 
Kinder  sop:ar  sich  erstreckende  Ehrloserkläniuf;  nach  si(.^h  (ef.  Ver- 
gerius  „Schoiia  in  binas  Pauli  Papa«  kujus  nominis  iV.  litteras", 
D  G  ff.).  Daher  fürchtete  man  natiUdich  die  Anwendung  dieser 
Gesetze  durch  die  geistlichen  Gerichte,  hoü'te  wol  auch,  der 


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522 


Die  Bdae  des  Vergerins  mok  Polen  1566—1667  ete. 


milde  König  würde  sie  abändern.  Sigismund  Anguat  entschied 
zwar,  die  Jurisdiction  gebühre  den  Geistlichen,  doch  wnrde 

schließlich  die  Sache  auf  ein  Jahr  verschoben  und  bestimmt, 
es  solle  uuturdesaen  Niemand,  weder  aus  dem  A<lel  iiüch  von 
dessen  Untertliauen,  Haeresie  liall>er  zur  Verüntwortniif^  gezogen 
werden.  Auf  dem  nächstjährigen  Koichstage  zu  Petrikau  (Pio- 
trköw)  1553  regte  aber  Niemand  die  Sache  an,  und  so  blieb 
die  geistliche  Jurisdiction  suspendirt.  Nicht  anders  war  es  auf 
dem  kurzen  Beichstage  zu  Labiin  1654.  Unterdessen  hatte  der 
Protestantismns  in  Polen  so  sehr  an  Verbreitung  gewonnen,  dafi 
die  wenigen  Bischöfe,  die  noch  offen  für  den  Eatholieismus  ein- 
traten: der  Primas  Erzbischof  von  Gnesen  Nioolans  Dzierzgowski, 
der  Bisohof  von  Kra^n  Zebrzydowski ,  derjenige  von  Plock 
Xoskowski  und  vor  allem  Stanislaus  Hosius.  Bischof  von  Erm- 
land,  der  entschiedenste  von  iliiieii.  auf  der  Synudo  zu  Pt»tnkaa 
Anfangs  November  1554  den  Eutschluii  iaÜten  und  ausfiilirton, 
den  Pabst  von  der  Lage  in  Polen  officieil  in  Kenntniß  zu  setzen 
und  um  die  Entsendung  einos  Nuntius  zu  bitten,  als  weidien 
sie  selbst  den  Bisohof  von  Verona,  Aloysius  Lipomanns,  voi^ 
schlugen.  Derselbe  wurde  denn  auch  als  solcher  von  Pabst 
Julius  III.  bereits  im  Januar  1655  designirt»  an  der  Abreise 
aber  durdi  den  im  MArz  erfolgten  Tod  des  Pabstes  und  die 
Kürze  der  schon  nach  StS  Tagen  Pontificat  ebenfalls  mit  dem 
Tode  endigenden  Ke^^nciungszeit  seines  Nachfolgers  Mai'celi  11. 
vorlaiifii:  verhindert.  AN'ahrenddessen  begann  am  28.  April  ein 
neuer  poiniacher  Reichstag  zu  Petrikau  ^Piotrk«'»\vX  auf  dorn  die 
Keligionsstreitigkeiteii  diesmal  über  drei  Wochen  dauerten.  I>ie 
Protestanten  verlangten  volle  Gleichberechtigung  mit  den  Katho- 
liken, Gewährung  des  Abendmahls  in  beiderlei  Gestalt  und  der 
I'reiheit,  beliebig  Geistliche  anzustellen,  Aufhebung  der  geistp 
liehen  Jurisdiction  und  des  Coelibats.  Nach  vielen  Verhand- 
lungen, wobei  von  den  Protestanten  die  Berufung  eines  National« 
concils  unter  dem  Vorsitze  des  Königs,  der  daselbst  als  Richter 
das  Urtheil  fällen  sollte,  gefordert  -wurde,  kam  man  endlioh  da- 
hin überein,  daÜ  der  König  ^nicht  der  Epiaoopatj  eine  aiigememe 


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Vou  JoLaones  Sembi-zycki. 


523 


Landeii-Synode  berufen  solle;  bis  dahin  sei  der  Friede  swischen 
beiden  Parteien  zn  wahren  und  bleibe  die  geistliche  Jnrisrliction 
suspendirt.  Diese  Besclilüsse  pflinlieu  hnll>  und  halb  einem  Siege 
der  Protestanten,  woöliall>  di<^  J^isrlir»iu  dagegen  protestirten  und 
dem   Pal»st<i  durch  einen  eigenen  Boton  einen  vom  21.  Mai 
datirten  Briet  sandton,  worin  sie  ihm  ihre  Sache  nochmals  ans 
Hm  legten,  und  da  auch  Hoeius  in  einem  Briefe  vom.  12.  Juli 
dringend  um  die  Entsendung  des  Nuntius  Lipomanus  bat,  so 
ordnete  der  auf  ICaioell  II.  gefolgte  Pabst  Paul  IV .  Carapha 
denselben  schleunigst  ab.   Zu  Anfange  des  Ootober  1665  traf 
Lipomanus,  von  den  Polen  anfftnglich  irrthümlicb  bald  „Poll- 
damus^f  bald  „Polimannus"  genannt  (so  in  Briefen  an  Hosins; 
Ada  liistorica  res  gestas  Poloniae  illustrantia.    Tomus  IX.  Sta- 
nislai  Hosii  Epistohu-.    Toiiuis  II.  1551 — 1558.  Crrtcoviae  IK*^*).  — 
pg.  Gull,  r><)7,  nr.  M'.M.  14'd5  ,  in  Begleitung  des  gelehrten  Jesuiten 
Alphonfl  Öalmeron  (ibidem,  pg.  597,  nr.  1479)  in  Warschau  ein, 
um  sieh  seiner  Mission  zu  entledigen.    Kr  fand  in  Polen  zwei 
einander  unversöhnlieh  gegenüberstehende  Parteien.  Der  Katho- 
lioismus  hatte  nur  ewei  ganz  entschiedene,  eifrige  Vertreter: 
Bsiersgowaki  und  vor  Allem  Hosius,  der  durch  seine  Gelehr- 
samkeit, Klugheit,  Gewandtheit,  Energie  und  unermüdliche  Arbeits- 
kraft Alle  überragte  und  ein  so  eifriger  und  ergebener  Vor- 
kämpfer für  die  Kirch»'  war,  flaJJ  Kii  hhorn  Recht  hut,  wenn  er 
(I,  57)  sagt,  (laLl  ilira  „nicht  bhtß        Diöcese  Ermland,  sondern 
ftuch   das  Königreich  Polen  den  Katholicismus  verdankt."  In 
den  Keihen  der  iirotestantisclien  Partei  dagegen  befand  sich  eine 
große  Anzahl  fUr  ihre  Sache  begeisterter,  gewandter  und  ein- 
fluBieicher  Männer;  vorzugsweise  verdienen  erwähnt  su  werden: 
Jakob  Ostrorog,  der  Patron  der  böhmischen  Brüder,  und 
Andreas  Gorka,  beide  von  ungemeiuem  Einfluß  in  Großpolen, 
die  beiden  Brüder  Justus  Ludwig  und  Ludwig  Decius, 
Johann  Bonar^  Kastellan  von  Chehn,  später  von  Biecz,  Nicolaus 
Ole.snicki,  Nicolaus  Brudzewski,   Wojewode  von  Lcczyca, 
Stanislaus  Lasocki,   Kannnprlierr  von  Lgczyca,  Stanislaus 
Tijczyiiski,  Wojewode  von  Lubim,  Martin  Zborowski,  Wuje- 


Die  Rfliso  des  Targeriiu  iweli  Polen  1666—1657  etc. 


wode  von  Kalisz,  Kaphael  Legzczy  liski,  Starost  von  Baddejöw, 
Stanislaus  und  Nicolans  Lntomiraki,  Nicolans  Hysa- 
kowski,  Nicolans  Siennioki,  Stanislaus  Stadnicki,  Hiero- 
nymas  Filipowski.    Niolit  so  entschieden,  aber  doch  immer 

in  d*^n  Protestanton  günstiger  Weise  trat  Johann  Tarnowski, 
Kastellan  von  Krakau  und  Krongroßhetmnnn.  auf.  ..Tarn'inius"- 
sagt  Vt')-grrius  in  s<-int  u  „Scholia  in  binas  Pciuli  l'apae  litt^rat»" 
auf  Blatt  (J  4  l),  „dixit  Lipomano  commodam  rationem  componen- 
darum  controuorsiamm  sibi  uideri,  si  Papa  uellot  asseutiri,  ut 
ministri  Eoolesiarum  in  Polonia  uzores  dncerent»  Encharistiae 
Sacramentum  ezhibeirent  sub  nti^aqne  specie,  item  ut  uemaciila 
lingua  in  templis  nterentnr:  postromo  ut  nemo  sub  poena  dam- 
nationis  aetemae  cogeretur  ceiüs  diebns  abstinere  a  qnibusdam 
oibis  &  ieiunare/'  Ftlr  das  heutige  Westpreufien  sind  Achatins 
von  Zehmen  (Czoina),  Wqjewode  von  Marienburg,  und  Dzia- 
lynski,  Starost  von  Stia.sburg,  zu  nennen,  tür  Litauen  genügt 
der  Name  tl"'s  Fürsten  Nikolaus  Radziwil  Czarny,  Woje- 
woden  von  Wilna,  dt  r  nicht  nur  in  diesem  Laude  sozusagen 
allmiirlitig  war,  sundern  auch  auf  Sigismund  August  grofieii 
£iuflui3  hatte,^)  dessen  zweite  (1551  verstorbene)  Frau  Barbara 
eine  Cousine  des  Nicolans  Badziwil  gewesen  war,  nnd  der  filr 
Wilna  eine  so  grosse  Yorliebe  besaß,  daß  er  dort  am  liebsten 
und  80  oft  nnd  lange  es  nur  immer  mdglich  war,  residirte 
(ff.  „Starozyfcna  Polska",  Ausgabe  1886,  IV  pg.  184).  Endlich 
ist  nicht  zu  vergessen,  daß  die  polnischen  Protestanten  au 
Herzog  Aibrecht  oiueii  festen  Bückhalt  hatten,  über  dessen 

4)  lu  der  Beurtheiluog  dieses  Einflosses  waren  Froimde  nnd  Feinde 
einig.  Lipoman  schreibt  von  Rndziwil,  er  sei  „Allee  beim  Könige»  Benther, 

KHn/!»'r.  Marsfliall,  vertrauter  Freund,  mit  dem  der  Köniir  sj>eisf.  sirh  ver- 
gnüge und  tiinzü'^'  (Buk.  II,  'M'2\  xwi\  V(?rgerais  «^agt  iu  dm  EiiiK  itnisi:  /u 
„Duae  Epistolaü'* ;  „in  4ucm  Deus,  uaiuia  et  ytudia  i«luriuitt  et  niajciiaa  urua- 
menta  et  plarimfts  foelicitatee  congeBserant,  tanta  in  uoireieo  ülo  regne 
autoritate,  quanta  (audeo  tUcere)  nemo  est  hae  aetate  apad  nUum  ex  regibus 
et  Monnrchis."'  -  Wie  ich  hier  gleich  bemerken  wül.  ?*chreibe  ich  Radsiwtl 
und  niclit  lia-lziwill,  weil  der  Name  in  dieser  Weise  sowohl  unter  dem 
Briel'e  df  s  Fürsteu  an  Li|i<-»inaii'i'^  nteht,  als  ancli  in  «ilei'*}(zeitigen  jvtlniaohen 
Schritten,  z.  B.  Trepka'»  Ueberätitzuug  des  „Lac  Bpiritualu^^,  sich  tindet. 


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Von  JohaanM  Sembizyeki. 


526 


ThAtigkeit  fELr  die  Eeformaiion  in  Polen  die  Einleitung  zu 
meinem  Anisatse  in  Bd.  XXV.  der  „Altpr.  Maohr/*  (pg.  629 
bis  661)  über  „Die  Lycker  Erzpriester  Johannea  und  Hieronymus 
Maletina*'  zu  vergleichen  ist. 

Es  begann  nun  ein  Zusammenwirken  des  Lipomanus  und 
HoäiuH,  die  in  lebhaften  trt'nu'lschaftliclieii  Verkehr  traten.  Am 
2.  November  1555  schreibt  Lipomanus  aus  Wilna  an  Hosius: 
„a  Summe  Pontifilce  mandatum  est  (sc.  mihi),  ut  te  unum  ex 
Omnibus  düigam,  amem  efc  observem",  und  unter  dem  15.  Novbr. 
wflnscht  er  dringend,  Hosius  möge  nach  Wilna  kommen  (£p. 
Hosii  U,  pg.  629,  nr.  1609;  pg.  632,  nr.  1614).  Beide  theilten 
sieh  gewissermaßen  in  die  Arbeit;  Lipomanus  liefi  sich  haupt^ 
sachlich  die  Knnuntenmg  der  Bischöfe,  Hosius  dagegen  die  des 
Hofes  angelt\i;en  sein  ( Eitlihoin  T,  2^1).  tind  wenn  es  beiden 
auch  nicht  immer  nach  Wunsch  ging,  so  begann  ihre  Thätig- 
keit  doch  sehr  baM  d-  n  Protestanten  als  eine  gefuhrlidio  und 
darum  energisch  su  bekämpfende  zu  erscheinen.  Hosius'  Wirk- 
samkeit trat,  da  er  sich  hauptsAchlich  auf  briefliche  Ermahnungen 
und  Anfeuerungen  beschränkte  —  in  dieser  Weise  wirkte  er 
auf  die  gut  katholische  Königin  Catharina  (dritte  G-emahlin 
Sigiismund  August's)  ein  und  bat  i^ie,  den  König  im  Glauben  zu 
befestigen,  ebenso  ersuchte  er  soiiu  n  Freund,  den  küniglicheu 
Secretär  Martin  Kromer,  seinen  luiüluß  bei  Ilof.«  geltend  zu 
macheu  —  augenblicklich  ni<  ht  so  hervor,  und  es  lenkte  sich 
daher  die  ganze  Aufmerksamkeit  der  Protestanten  auf  den 
Nuntius,^)  der,  nachdem  er  vom  28.  October  1666  bis  in  den 


5)  Der  Sixt'sche  B«:-ii<  iif  nlior  die  "WirkfjtTukoit  des  Lipomanus  in 
Polen  ist  seiner  Verworn  alieit  und  seiner  In  ihitnier  wegen  wonig  zu 
bmadien.  So  sagt  er  pg.  393:  „Die  Polen,  welcbe  noch  nie  einen 
pftbstlichen  Gesch&ftstrüger  zu  Gesicht  bekommen  hatten, 
Terwttnderten  sich  sehr  fiber  die  neue  und  ungewohnte  Erscheinung.**  Aber 
nur  erst  1548  war  der  apostolische  Kuntius  Ablie  Martinengi  in  Pillen  ge- 
wesen, ebenso  1522  Johann  Magnus  Gotlms  (P^ichhom,  pg.  78  u.  TiH)!  Die 
Absendung  des  Li])omRnu8  läßt  er  eine  Foli^e  d^r  Erscheinung  des  Boten 
Sigismund  Augusts  beim  Pabste  sein,  w  alucnd  der.-^tlbo  doch  erst  nach  des 
lipomanus  Eiiitrefileu  in  Polen  ubgt^ordnet  woi'de;  den  Kanonikus  und 


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526 


Die  Heise  des  Vergerius  nach  Polen  1556—1557  eto. 


Janttar  1666  in  Wilna  bei  dem  Kdni^  geweilt  und  mch  dann 

mit  diesem  iiacli  Warschan  begeben,  durch  oine  unter  dem 
21.  Februar  (Jiakovvski  fr\(>ht  als  Datum  irrig  dfii  20.  Februar 
an,  n.,  34ß;  wahrscheinlich  erhi«>!r  Radziwil  den  Brief  an  diesem 
Tage)  an  Kadziwil  gerichtete  briefliche  Vorstellung  diesen  (bei 
dem  der  König  sich  mittlerweile  bereits  wieder  aulliielt)  zur 
Itiickkehr  zum  Katholicismua  zu  bewegen  versuchte  und  dann 
im  April  nnd  Mai  bei  dem  Primae  weilte  um\  die  Kirchen  bq 
Gnesen,  Posen,  Wloolaweki  Plook  revidirte. 

Die  Thfttigkeit  des  Nnntins  begann,  wie  gesagt,  sehr  bald 
den  polnischen  Proteetanten  außergewöhnliche  Mittel  zu  seiner 
Bekämpfung  für  nöthig  erscheinen  zu  lassen,  und  so  entstand 
unter  ihnen  der  Wunsch  nach  Mainurn,  die  durch  anßerordeut- 
liche  Beredsamkeit,  Gewaudtli'  it  inul  Hflehrsamkeit  besonders 
geeignet  wären,  Lipomanus  entgegeuzu triften,  —  ein  Gedanke, 
dessen  Verwirklichung  von  verschiedenen  Seiten  angestrebt  wurde. 
Am  sobnellsten  erfaBte  die  Idee  der  polnischen  Protestanten 
Herzog  Albrecht,  machte  sie  zu  der  seinigen  und  setzte  die 
Berofong  des  Vergerius  ins  Werk,  dem  er  sodann  duzoh  seine 
Empfehlungen  an  BadziwÜ  und  andere  evangelische  Große  den 
weiteren  Weg  ebnete.  Daß  außer  Albrecht  auch  Badeiwü  an 

Probst  Stanialaas  Lutomirski  läfit  er  vor  die  von  Lipomanus  1666  nach  Lowick 

berufene  Synode  gefordert  werden,  während  Lutomirski  16ö6  vom  Primas 
Dzierz^owskl  vorgeladen  wurde;  die  8ochaczewer  Juden  wurden  narh  ihm 
dnrrli  die  eben  genannte  Syno<le  vernrthtMh.  wiUirend,  nls  diese  im  September 
zusHUiinentrat.  die  Juden  langst  liingeneiitet  waren;  „das  waren'*  »a^t  er, 
„die  ersten  (I)  Thateu  des  Isuntiu-s."  ,^Mnu  muß  unter  diesen  Um- 
ständen tack  nnr  darüber  verwundern,  daß  er  noch  den  Muth  batte, 
einen  Hann,  wie  Füntt  Radaiwill  war,  wieder  in  den  Scbofi  der  rOnuacheo 
Kirche  aurttf'kführen  zu  wollen.  Als  wäre  nichts  vorgefallen,  >tel]te 
er  ihm  am  21.  Februar  Ibitii  bn'i^t  lt'  h  v  r"  ptr.  'Maii  liudoiike,  daß  ^.  ralf 
dieser  Briet"  zu  d»'n  ersfen  Thattn  ili  >  >iuntins  i;i  liord  .  al>  ubtrliaiipt  noch 
„nicht«  vorgefallen'"  war,  uud  daL»  die  Verurtheilung  der  Juden  und  die 
Synode  in  eine  verhältnißmäAig  bedeutend  spätere  Zeit  fallen!  Es  ist  eben 
die  alte  Geschiebte,  die  sich  ateia  ereignet,  wenn  Jemand  es  untemirnrntt 
Obw  polnische  Verhältnisse  za  schreiben  and  zu  urtheilen,  ohne  die  polnisehe 
Littei-atur  zu  Hflife  SU  sieben  und  Kenntnift  der  polnischen  Sprache  la 
besitzen! 


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Von  Johumeft  SeiiilwiyQki. 


537 


der  Berufung  dieses  Mannes  betheiligt  gewesen  sei,  ist  nicht 
glaublioh,  da  der  Fürst,  bekanntlich  der  helvetischen  Confession 
zugetikaii,  8ioh  eifrig  bemühte,  Laski  üär  die  Bückkehr  ins  Vater* 
knd  zu  gewinneii,  der  ihm  aus  vielen  Gründen  sympathiacher 
sein  mnBte  als  sonst  ein  protestantischer  Führei^  —  Wie  Herzog 
Albrecht  gerade  auf  Yergerius  so  schnell  seine  Blicke  gelenkt, 
erklftrt  sich  ans  dem  Umstände,  daß  w  in  enger  Verbindung 
mit  Brentius,  dem  ilauj)te  der  württeinliergischen  Theologen  — 
zu  welchen  Vergf^riiis  gehört n  —  stand  und  einen  dauernden 
Briefwechsel  mit  ihm  (so  auch  in  den  Monaten  Mai  und  Juni  löö6) 
oaterhielt;  schon  1548  hatte  er  mit  ihm  Verhandlungen  ange- 
knüpft^ um  ihn  nach  PrenBen  zu  ziehen,  ja  sogar  1660  nach 
dem  Tode  Georges  von  Polenz  ihm  die  Präsidentttr  des  Bistbums 
Samland  angetragen,,  ftlr  die  ihn  zu  gewinnen  er  bis  ins  Jahr 
1658  bestarebt  war.  Diese  Hochschätzung,  welche  Brentins  beim 
HerzfHj  genoß,  bonilito  großentheils  wol  darauf,  daß  er  Osianders 
Freund  war  imd  der  Confession  desselben  Beifall  zollte,  Ein 

6)  In  seinem  Gutachten  über  Osiander's  Bekenntniß  meint  Brontius 
zwar,  jeder  Theil  (also  sowohl  Osiander  als  dessen  Gegnen  sollte  etwas 
nachgeben,  allein  dieser  Bathachlag  ist  nur  scheinbar  unparteiisch  uuil  ent- 
aeheid«t  im  Oninde  sa  Oslanders  Onnsten.  Hätten  beide  Parteien  an  Macht 
und  EbfluB  euuuader  gleich  nnd  beiden  der  Hersog  nnparteiieoh  gegenflber 
gestanden f  dann  wol  hätte  obiger  Vorschlag  eine  Berechtigong  gehabt, 
't^j^leirli  :uif  eine  Befolgung  «lessr  Iben  auch  dann  nicht  zu  rechnen  gewesen 
wäre;  so  aber  bedeutetp  ftU*  <)^ianders  Gegner  Nachgeben  sn  viel  a1«^  be- 
diagiugslose  Untt»rwerlung.  Osiander,  Viceprasident  de»  Sttmlaudijschen 
■Bitthnina,  der  „Liebling  und  Günstling'''  des  Herzogs,  von  letzterem  als 
„boehthenrer  Mann",  als  „troner  Lehrer  göttlioher  Wahrheit**  beaeidinet, 
und  dnreh  Moien  EinflnJl  auf  den  Heraog  albnftehtig,  hatte  niemals  wirklich 
nachgpp;eben.  Er  muß  einen  cigeuthflmlioben  Zauber  auf  den  Herzog  ans- 
g:eübt  haben,  da  dieser  ihm  bis  zu  seinein  (Osianders)  Tode  unbedingt  er- 
p-t.cn  blieb,  alle  Wurnnne^pn  nnd  ^fahntingren  der  bertthmtesten  unzweifel- 
haft reehtgliiubig  lutlieriseJieu  The<)l  >L;en,  sn  d*  s  liugenhagen,  des  Kaspar 
Aquila,  des  Joachim  Camerarius,  unbeachtet  lieÜ,  und  Osianders  Anliäuger 
nmlaehiedan  begünstigte",  gegen  die  Oegner  dewelben  dagegen  mit  „gewagton 
OvvMttechritten**  vorging,  wie  selbst  Johannes  Voigt  in  seinem  „Briefwechsel 
der  berühmtesten  Gelehrten  des  Zeitaltets  der  Reformation  mit  Heraog 
Alhroclit  von  Preußen"  (Könip;sberp:.  li-^tl)  auf  pag.  126  zngiebt,  obwohl  er 
Boufit  in  diesem  Werlte  Geneigtheit  zeigt,  den  Gegnern  Osianders  die  gröfite 


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528  Keise  des  Vergerius  nach  Polen  löüti— loö7  etc. 

von  Brentiiis  empfohleneir  Mann  konnte  guter  An&ahme  beim 

Herzoge  sicher  sein,  und  ihm  hat  wahrscheinlich  Vergerius  seine 
Beruiuiig  nach  KöniG:sberg  zu  verdaukeii. 

Man  muß  ge:?tt'heii.  daß  der  Herzog  eine  gute  Wahl 
getroffen;  denn  zur  Bekämpfung  des  Nuntius  konnte  kaum 
Jemand  geeigneter  sein,  als  Vergerius,  der  vor  seinem  lieber' 
tritt  znm  Evangelium  selbst  Bischof  und  päpstlicher  Nuntius 
gewesen  war,  die  Verhältnisse  der  kathoHschen  Kirche  genau 
kannte,  im  Verkehr  mit  Fürsten  und  Großen  eine  bedeutende 
Erfahrung  besaß  und  an  geistiger  Begabung  und  Eohnheit  des 
Anfbretens  seines  Gleichen  suchte.  Die  mangelnde  Eenntniß 
der  Landessprache  kam  nicht  sehr  in  Betracht,  da  bei  dem 
claiiuüs  g«MUik'/-u  glHiiZfiid  zu  iieiJiieii<len  Bilduiigs/.ustande  Polens 
joder  gebildete  Mann  lateinisch  nicht  nur  verstand  sondern  auch 
fließend  sprach  (Wiszniewski,  Hist.  liter.  polsk.  VI  pg.  123 — 124} 
nnd  außerdem  auch  die  Kenutniß  des  Italienischen  nicht  selten 
war;  sehr  viele  Polen  studirten  ja  in  Italien.  —  Die  Hülfe  eines 
Mannes  wie  Vergerius  mußte  den  polnischen  Protestanten  um 


8<'}mlil  Kl  iziini<^*!*!f*n.  Dali  Brentius  im  Ganzt>n  auf  Seiten  OsianUers  stand, 
b«>weist  seine  Luiorisluizviug  der  Üsiaudristen  durcli  seine  15ü4  nach  Körngs- 
berg  gesandten  Anhinger  Dürr  und  fieuriein,  beweisen  seine  diesen  mit- 
gegebenen Schreiben  (of.  D.  Dan.  Heinr.  Amoldt»  knrsgefiiAte  Kircben- 
geschichti  'L  s  Köui^reifli«  Preußen,  Königsberg  17GD,  pag.  420,  -VM,  436;, 
zeigt  eudiicli  klar  der  in  dem  eben  erwähnten  Bücke  Voigt'a  aaf  pg.  5ä  &. 
mitgetheilto  Brief  an  den  Hpr/og  vom  Juni  155t». 

Nach  dem  Tode  Osianders  (17.  Uf  tol>or  iö5'ij  nahm  der  Herzog,  wie 
es  scheint,  allmählich  einen  nülderen  Standpunkt  ein  und  kam  tob  der 
extremen  Verehrung  des  Osiandrismus  ab,  blieb  aber  immer  noch  dm 
Osiandristen  geneigt,  so  dafi  er  die  selbst  von  Brentins  (Voigt  pg.  55)  vor* 
geschlagen©  Entfernung  Funks  nicht  zur  Auslühruug  brachte.  Daß  er 
jerlnrli.  wie  gesagt,  die  Kxt-r»^mon  di-r  Partei  nicht  melir  bodingnng^lo?  v^r- 
tbeidigto  und  lür  die  über  den  Usiimiii  isiuus  ander»  Dtiikeiidt.'ii  /u'^angliciier 
geworden  war.  beweist  der  Umstand,  ilaß  der  llerzog  Joliann  Albrecht  L 
von  Mecklenburg  die  Abhaltung  der  Synode  zu  Rteeenburg  (welcher  Anri> 
faber  präsidirte,  auch  ein  Osiandrist,  aber  auf  einem  geni&Bigfc««a  Stendr 
punkt  stehend  I  und  auf  derselben  den  t  tstMi  Widerruf  des  Hofpretligers 
Funk  durchsetz,  n  konnte  icf.  darüber  Dr.  Xschackert  in  der  Al^.  Monats- 
schrilt  XXill,  pag.  2b4). 


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Von  Johannes  Sembnycki 


629 


so  erwimscliter  koiiuiit  ti.  als  sie  mit"  d(!in  iiilrlisten  Reiclista<^o 
ihren  schon  halb  errungooen  Öieg  zu,  einem  vollständigen  zu 
xnachexL  gedachten,  in  welcher  Siegesgewißheit  der  Umstand  sie 
beeitarkie,  daB  Sigismund  Angast  die  sogleich  nach  dem  Eeiobs- 
tage  von  1665  beschlossene  Absendnng  eines  besonderen  Boten 
an  den  Papst  naeh  der  Ankunft  des  Nuntins,  dessen  Ansichten 
nnd  Instmetionen  er  vorher  hatte  kennen  lernen  wollen,  wirklich 
ausführte.  Stuni.slaiis  Afaciejowski,  Kastell. in  von  Sandoiiiir  und 
Hofmarscliftll,  der  königliche  Bevollmächtigt©,  langtö  im  März 
o<ler  Ajnil  1556  in  Rom  an  und  erklärte  dem  Papste,  König 
und  Volk  wünschten:  die  Mossc  in  der  Landessprache,  Bewilligung 
des  Abendmahls  unter  beiderlei  Gestalt,  Aufhebung  des  Cölibats 
und  Veranstaltung  eines  Nationalooncils.  —  Ein  solches  werde, 
so  hofite  man  damals  in  Polen,  auf  dem  nächsten  Beichstage 
stattfinden,  dessen  Termin  ganz  zuerst  auf  Ende  August  fest- 
gesetzt gewesen  zu  sein  scheint;  denn  Vergerius  schreibt  an 
Herzog  Christo})li  von  Württemberg  (Briefwechsel  p£r.  134): 
„dictus  est  dies  ad  Bartholomaei  (d.  i.  24.  Augusi)  proj)ter 
comitia  celebranda,  qnae  cum  nationalis  concilii  vim  sint 
habitnra,  spero  me  interfuturum"  etc. 

Die  Verhandlungen  mit  Vergerius  nnd  doch  wol  auch  dem 
Herzoge  Ghristo|»h,  dessen  Bath  er  war  und  auf  dessen  Kosten 
er  lebte,  so  da£  dessen  Einwilligung  zu  einer  Beise  in  das  Aus- 
land eingeholt  werden  mußte,  —  scheinen  bereits  gegen  Ende 
des  Jahres  1555  begonnen  zu  haben  —  in  dem  Briefwechsel 
Vergeriu.s'  mit  iieizog  Christoph  ist  eine  grolie  Lücke  von  Endo 
November  dieses  Jahres  bis  20.  Mai  1556;  in  dem  Briefe  von 
diesem  Tage  aber  (nr.  42)  redet  Vergerius  von  seinem  „discessus** 
wie  Ton  einer  längst  bekannten  Sache  —  da  Vergerius  um  diese 
Zeit  die  ersten  Schritte  that,  um  in  Polen  Boden  zu  gewinnen 
und  sich  eine  günstige  Aufnahme  bei  Hofe  zu  sichern.  Er 
dedicirte  nämlich  von  Tübingen,  wo  er  sich  augenscheinlich 
damals  aufhielt,  aus  am  Neujaki^tage  1550  dem  Könige  von 
Polen  seine  eben  vollendet©  italiouisehe  TTebersetzung  der 
Apologie  der  württembergischeu  Contessiou  („Precedeutie  alla 
AUim  lEoB«lwoliiin  Bd.  XXVH  Hfl  7  11.  &  84 

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530 


Die  Beise  des  Vergenns  nach  Polen  1666—1667  ete. 


Apologia  ddlla  Gonfessione  dello  Bl'*'^-  Sig.  Duca  di  Wirtemberga, 
del  Brentio*'  eto.,  Tübingen  1666,  4^),  erw&hnte  darin  seine 
„natflrliclie  Zoneigimg  und  Ebrerbietnng"  gegen  den  König  und 
dessen  ganzes  Reich  und  den  Umstand,  daß  er  einst  dessen 

gegenw  ai  tio^e  Gemahlin  Katharina  aus  der  Taufe  gehoben  habe,') 
nnd  lügto  liiiizu,  es  sei  Pflicht  der  Taufoltorn,  ,,diö  Personen, 
liir  welche  sie  sich  verbürgt  haben,  in  den  Wegen  des  Heils  zu 
unterweisen  und  za  bestärken:  diese  Pflicht  muß  und  will  auch 
ich  erfüllen,  wo  nicht  mündlich,  doch  wenigstens  schriftlich,  so 
weit  der  Herr  mir  diese  Gnade  verleihen  wird^*  (Sizt,  pg.  400). 
Eine  Antwort  hierauf  scheint  Vergerins  nicht  erhalten  zu  haben; 
er  bfttte  sonst  gewiss  nicht  ermangelt,  derselben  bei  jeder  Ge- 
legenheit zu  gedenken.  Anch  während  seiner  Anwesenheit  in 
Litauen  und  Polen  deutet  er  nirgends  auch  nur  mit  einem  Worte 
au,  dnl.v  er  Audiouz  bei  dem  Könige  ;4<"liabt  liabe;  es  muss  also 
durchaus  bezweifelt  werden,  daß  von  Seiten  Sigi>aiuud  August's 
irgend  eine  Einladung  an  Vergerins  ergangen  sei,  was  Sixt  pg.  400 
unentschieden  läßt  und  v.  Kausler  pg.  26  als  ,,sehr  wahrschein- 
licli"  iM'zel.linet.  Jedenfalls  mochte  Sigismund  August  deti  Papst 
nicht  durch  einen  officiellen  Empfang  des  Yeigerias  beleidige. 

Die  Abreise  des  Yergerius  aus  Württembezg  Yensögerte 
sich  bis  zum  8.  Juni,  da  er  einestheils  warten  muBte,  bis  der 
von  Herzog  Albreoht  gesandte  Seoretär  Timothens  seine  Ge- 
schäfte in  Augsburg  beendet  hatte  (Briefw.  No.  42  pg.  127), 
anderentbeils  ubcj"  das  RoÜgionsfrc.'^präch.  welches  in  Stuttgart 
vom  22.  bis  25.  Mai  zwisi  lKMi  .Juhaun  Laski  in  Lasco)  und 
Brentius  statt! antl,  ihn  zurückhielt.  Laski  stammte  aus  vor- 
nehmem polnischen  Geschlechte  und  war  Kanonikus  und  koiiig- 
licrlu  r  Recrotär,  trat  aber  zum  Protestantismus  über  und  begab 
sich  1540  ins  Ausland,  wo  er  eich  zu  Löwen  verheirathete  und  an 
verschiedenen  Orten  eine  unermüdliche  Thätigkeit  ftlr  die  evan* 

7)  Wülirend  seiner  Anwesenlu  it  als  päbstliclier  Nuntius  in  Deutschland 

wurde  «-r  von  PfTflnimi«!  vou  Oostorn  iVli  Hoben  dem  MarkgralVm  Georg 

von  Branden burfj;  und  (iem  KrzhiHcliof  .loliannes  von  Lnnd  sum  TautpÄthtJU 
der  ueugeburencu  Priuzesjiiu  gewaldt  (Sixt  pg.  21). 


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Von  Johannes  Sembrzycki. 


531 


geliscbe  Lehre  entwickelte.   Er  genoß  in  Polen  hohes  Ansehen, 

und  von  seinen  (i  laubensgenosson  wurde,  wie  bereits  erwähnt, 
seine  Rückkunft  nach  Polen,  die  auch  er  ersehnte,  dringend 
gewünscht.  Da  er  aber  seiner  Hinneigung  zum  Calvinismus 
wegen  vielfach  als  Cryptocaiviuist  verdäclitigt  und  vertblgt 
wurde,  obwohl  er,  wie  Hermann  Dalton  („Johannes  a  Lasoo. 
Beitrag  zur  fiefonnationsgesohichte  Polens,  Deutschlands  und 
Englands^',  Gk»tha  1881;  pg.  477)  sagt,  zu  der  Aug^burgisohen 
Konfession  „klar  und  offen  sich  bekannte,  dem  der  Verfasser 
der  Konfession,  Melanohthon,  das  Zeugniß  der  Zustimmung  a"ns- 
stellte,  der  nur  nicht  frewillt  war,  die  Lehmitze  ebenfalls  mit 
in  den  Kauf  zu  nclimen,  <lit^  außerhalb  jenes  Bekenntnisses  nun 
erst  in  der  letzten  Zeit  und  nach  dem  Abscheiden  des  deutschen 
Beiormators  als  die  allein  gültigen  Wahrzeichen  eines  Protestanten 
angestellt  worden  waren",  so  erklärten  seine  Freunde  in  Polen 
(s.  B.  Myszkowski,  der  Hedwig  T^zyAska,  eine  Schwestertochter 
Laski's,  zur  Frau  hatte')  und  des  Königs  Vertrauen  besaS), 
einen  vorherigen  Nachweis  seiner  Zugehörigkeit  zu  den  Augs- 
Inir^rer  Konte.ssious-Vorwandten  besonders  dem  Küuigo,  der 
keine  neuen  Soctirer  im  Larule  (hüden  wolle,  gcgenü})er  für 
unumgänglich  nothwendiii;.  Diesen  gedachte  Laski,  der  sich 
damals  in  Frankfurt  am  Main  aufhielt,  am  besten  dnr«  Ii  ein 
Beligionsgesprftoh  zu  erreichen.  Ende  April  eilte  er  nach  Speier, 
um  den  Fürsten  Ottheinrich  von  der  Pfalz  för  seinen  Plan  zu 
erw&rmen,  was  ihm  nicht  nur  bei  diesem,  sondern  auch  bei  dem 
gerade  ebenda  anwesenden  Herzog  Christoph  von  Wiirttemberg 
gelang,  welcher  letzter*'  ihn  sogar  aufforderte,  mit  nach  Stuttgart 
zu  komiiien.  um  mit  Brentius  zu  verhandeln  i  Dallon  p«?.  478). 
Auch  Vergorius,  der  sieli  mit  dem  Herzoge  in  Spuier  befand, 
versprach  ihm  (nach  Dalton)  von  einer  Unterredung  mit  Brentius 
den  besten  £rfolg,  und  so  sehen  wir  am  18.  Mai  Laski  in  Stutt- 
g^,  auf  Verständigung'  und  Einigung  mit  den  lutherischen 
Theologen  hoffend.   Allein  hierin  täuschte  er  sich;  das  Beligions- 

H)  Ihr  Vater  war  Wdjewmlo  von  Lublin;  die  eine  ihrer  Schwestern 
war  die  üenuihliu  Bonar's,  die  andere  dio  das  Stanislaus  Ostroropj. 

34* 


532  Bie  Reise  des  Vergerina  niusb  Polen  1656—1657  ete. 


gespräch  blieb  erfolglos,  und  Brentius  berichtete  dem  Hersogey 
Laski  weiche  im  Artikel  vom  Abendmahl  vollstftndig  von  der 
Lehre  der  Ausbarger  Confession  ab  tmd  verharre  in  seiner 

verkehrten  ^Vreiiiiing.  Ivrank  und  verbittert  kehrto  Lasiki  nach' 
Frankiuri  a.  M.  zurück. 

Bald  flaraiif,  am  8.  Juni,  reiste  endliili  Ver^^erius  von 
Stuttgart  ab,  nachdem  er  noch  in  der  letzten  Zeit  Schriften 
ausgearbeitet,  die  ihm  für  seine  Zwecke  in  Polen  ersprießlich 
sein  sollten  (Briefw.  nr.  42,  pg.  127)  —  vielleicht  brachte  er 
die  Hanuscripte  einzelner  in  Königsberg  erschienenen  Werke, 
£.  B.  des  Buches  „De  Qregorio  Papa'',  bereits  mit  nach  Preußen 
—  und  seine  erste  Station  war  —  in  EVankfort  bei  LaskL 
Unwillkürlich  forscht  man  nach  den  Beweggründen  dieses  auf- 
fallenden Besuches,  und  man  kann  hier  nicht  umhiuj  Vergerius 
der  Falschheit  Laaki  gcgeniilH  r  zu  bezichtigen.  Trotzdem  Ver- 
gerius ])reniius'  Character  und  Denkwei'^t"  wohl  bekannt  sem 
muÜten,  ermuthigte  er  Laski  in  Speit -r  zu  der  Unterredung  — 
weil  er  sah,  daß  Herzog  Christoph  ebenfalls  sehr  dafür  war  — 
und  abemahm  damit  gewissermaßen  die  Ehrenpflicht,  in  Stuttr 
gart  fttr  Laski  £u  wirken,  that  dies  jedoch  gar  nicht,  hielt  sich 
vielmehr  vorsichtig  zurttok,  um  es  mit  dem  allmächtigen  Brentins 
nicht  zu  verderben,  und  befand  sich  während  des  Beligiona* 
gesprftehes  überhaupt  nicht  in  Stuttgart;  noch  am  20.  Hai 
schreibt  er  aus  Reutlingen  an  den  Herzt»g,  erwähnt  aber  des 
bereits  iu  iStuttgart  anwesenden  Laski  mit  keiner  Sylbe,  sondern 
bittet  um  zwei  Pt"t  r«le  und  um  Verwendung  des  Herzogs  tur 
seinen  in  Venedig  geiangenen  Neffen  Aurelius.  Er  war  also 
kein  Freund  Laski's,**)  vielmehr  eifriger  Brentiauer  —  von  beidem 
werden  wir  uns  in  der  Folgezeit  noch  mehr  überzeugen  — ;  was 
wollte  er  dann  aber  in  Frankfurt  bei  Laski?  Vermitteln?  Das 
hätte  er  vor  dem  Beligionsgespräch  thun  sollen  1  —  Laski  Über 

0)  Calvin  warnte  Laski  ansdrucldich  vor  Tergcrius:  „mhil  t:\nv  n  mihi 
magis  di-splicxiit  (juain  te  eousih'a  cum  Yergerio  miscere,  cujus  hominis 
vaiiitntem  tibi  uon  citius  corrnitum  fuLsse  miror  (mihi  certe  qnidqntd  üie 
aggieJitur  iiiu»|>ectum  e«t}".   Dultuu,  pg.  522. 


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Von  Jubannes  Sembrzyi'ki. 


533 


seine  Pltiiie  liiiisit-litlicli  fler  poluisLlieii  lu  rornMiion  niitfiriclitony 
Davor  wird  er  «ich  gehütet  haben,  da  Gruiul  vorliegt,  auzu- 
nehmen,  daß  er  Laski  als  lästigen  Nebenbuhler  betrachtet  habe. 
Was  also  beabsichtigte  erV  Kinfach,  I^aski,  dessen  rege 
Verbindnngeii  mit  Polen  er  wol  durch  diesen  selbst  kannte, 
auBzohorchen  und  die  so  erhaltenen  Winke  sich  selber  za  Nutze 
sa  machen,  ünd  Nachrichten  ans  Polen  fand  er  in  der  That 
bei  Laski,  dessen  nach  Polen  gesandter  Bote  eben  mit  wichtigen 
Briefen  KurOckgekehrt  war,  in  Pttlle;  die  wichtigsten  theilt  er 
Herzog  Christoph  in  einem  unter  dem  12.  Juni  aus  Frankfurt 
an  ihn  gerichteten  Briefe  mit.  In  It  insellM  n  liudou  sich  die 
Worte  ,,imo  regina  eliam  frigidiur  est,  «[uani  aliqui  nuntia- 
bant^^  Bukowski  hat  dieaeu  Nachsatz  nicht  beachtet  und  faßt 
(TT,  pg.  421)  die  Sache  so  auf,  als  habe  die  Königin  Vergerins 
in  Folge  seines  fiimooen  Taniyaterbriefes  höflich  geantwortet, 
worauf  dieser  Ho£fhangen  gebaut  habe,  sei  dann  aber  ktlhler 
gegen  ihn  geworden. 

Von  Frankfiirt  begab  sich  Vergerius  nach  Wittenberg,  wo 
er  viel  mit  Melanchthon  conferirte  (Briefw.  nr.  45  pg.  130).  und 
dun-hreiste  «laiiu  GroßpoTen,  um  mit  den  dortigen  polniisi  lien 
ProtestantPTi  Verbinduugou  anzuknüpfen,  diesellion  aber  auch 
zugleich  gegen  Laski  einzunehmen,  um  *]<'?^«?en  etwaigem  ?2intiuß 
auf  seine  Landsleuto  vorzubeugen,  wozu  er  sowohl  von  Breutius 
geheime  Auftriinfo  hatte  als  auch  die  Abneigung  gegen  den  ver- 
meintlichen Nebenbuhler  ihn  trieb  (cf.  Baiton,  pg.  522 — 523). 
Nach  Tieronddieiliigtägiger  Beise,  also  wol  am  11.  Juli,  traf 
Vergerius  endlich  in  Königsberg  ein  (cf.  den  Brief  vom  20.  Juli, 
Briefw.  nr.  46,  pag.  180)  und  fand  bei  Herzog  Albrecht  eine 
sehr  ehrenvolle  und  gn&dige  Aufnahme;  wie  Vergerius  berichtet, 
sprach  derselbe  sogar  den  Wunsch  aus,  ihn  dauernd  bei  sich 
zu  bell  alten. 

Vergerius'  größtes  Bestreben  war  in  den  eröteu  Wochen, 
in  Königsberg  geeignete  Bekanntschaften  zu  maclu^u  und  vor 
Allem  tlber  die  Zustände  und  Verhältnisse  in  Polen  und  Litauen 
sich  genau  seu  unterrichten.   Hierbei  traf  es  sich  für  ihn  nun 


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534 


Die  üeiso  des  Vergüriuä  nach  Poleu  1556—1557  &tc. 


sehr  ^nstig,  daß  in  dieser  Zeit  gerade  Sabinus  auf  seiiier  Rück- 
reise aus  "Wilna,  wo  er  beim  Könige  im  Aiittrage  des  Churfürstf'U 
Joachim  I^Iitltelolmuii^^   des   elmrliraiHlouburgischen  Hauses 

auf  Preußen  beantragt  hatte  uud  von  iiadziwil  sehr  ehrenvoll 
aufgenommen  war,  nach  Königsberg  kam  und  sich  daselbst  etwa 
bis  zum  25.  Jali  aufhielt.^*')  Vergerius  eriulir  von  ihm  wichtige 
NachriohteB)  und  wahrschomlich  war  es  aach  Sabinus,  welcher 
Abschriften  yom  Briefe  des  Lipomanus  an  Badziwil  und  der 
yon  diesem  entworfenen  Antwort  nach  Königsberg  brachte; 
denn  in  einer  Nachschrift  vom  2L  Jnli  zn  einem  am  20.  Juli 
an  Herzog  Christoph  gerichteten  Briefe  (dem  ersten  aus  Königs- 
berg) ihoilt  Yergerius  beide  Thatwhen:  seine  Kennt nilhiahrao 
der  Briel'e,  uud  die  Ankunft  iles  Saliinus,  in  oiTiom  Atlieni  mit 
(Briefw.  nr.  45,  4G).  Uobrigens  hat  Wrgerius  dem  Sabinus  lilr 
seine  Freundlichkeit  keinen  Dank  bewiesen,  sieb  demselben 
vielmehr,  wie  wir  unten  sehen  werden,  wenig  geneigt  gezeigt 
(Toeppen,  Die  Gründung  der  Universität  Königsberg  nnd  das 
Leben  ihres  ersten  Bectors  Georg  Sabinus,  Königsberg  1844, 
pg.  286—288),  hauptsächlich  wol,  weil  Sabinus  ein  Gegner  der 
Osiandristen  war,  dann  vielleicht  auch,^  weil  derselbe  nach  der 
Abreise  von  Königsb-  i  ^  auch  Hosins,  mit  dem  er  b«  tV'  undet 
war,  iu  Uüilsberg  besuchte.  Er  nahm  auch  einen  Brief  vou 
Hosius  an  Dr.  Stefan  Micunus  iu  Posuu  mit,  welcher  von 
letzterem  am  '61.  August  boautwortet  wurde  (Ep.  Hoäii  II, 
pg.  749,  nr.  1658). 

Auch  seine  literarische  Thütigkeit  nahm  Yergerius  sogleich 
wieder  auf;  denn  am  1.  August  bereits  dedicirt  er  unter  ssinem 
Pseudonym  „Athanasius  exul  Jesu  Christi'*  dem  Fürsten  Badsiwil 
seinen  „Oatalogus  Haereticorum**,  von  dem  Johann  Daniel  Janozki 
in  seiner  „Kachrlcht  von  denen  in  der  Hochgräflich-Zaluskischen 
Bililiothek  sieh  befiud<aiden  raren  jioluischen  Büchern",  Tlieil  II, 
Breslau  174D,  pg.  72  sagt:  „keine  in  dieiser  Materie  ausgefertigte 


10)  Sabiuns  w.u-  «lainals  nU  ht  mehr  Rector  (der  Univ.)  «u  Kdnig^berg, 
wie  Briefw.  pg.  1.%,  Anm.  1.  irrig  gesagt  ist 


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Von  Johaim«8  SembnyckL 


636 


Schriit  kann  mehr  angenehmeSi  unerwartetes  nnd  ganz  gohoimeSf 
aber  aach  sogleich  tmyersofaftintes,  ärgerliches  und  höchst  ehren- 
rflhriges  in  sich  fassen,  als  die  gegenwärtige/*  —  „In  dem  .  . 
EetBervenEeichnisse  werden  zwar  nnr  die  bloBen  Namen  der- 
jenigen Schriftsteller,  die  in  der  rOmisch-katholisohen  Kirche  zu 
lesen  verboten  worden.  aiif;ez*>if;et.  In  (len  uachgoschiekten 
Anmerkungen  und  Frliiiitt'rniigen  werden  aber  die  ^vornehmsten 
derselben  mit  großer  Lebhaftigkeit,  und  fast  ungewöhnlichem 
Feuer  vertheidiget,  und  alle  Vergehungen  und  Ausschweifungen, 
80  man  der  Bömischen  Geistlichkeit,  theils  mit,  theUs  ohne 
Grand,  vorzuwerfen  pfleget,  auf  die  allerherbeste  und  bitterste 
Art  entdecket." 

DaB  die  Veranlassung  zu  der  Keuausgabe  dieses  Büchleins 
eben  die  Briefe  des  Nuntius  und  ßadziwils  seien,  sagt  Vergerius 
selbst  in  der  Widiaunc;:  .JTt  Catalogum  a  nie  paucis  ante 
inenziibuB  in  Germania  aodituui  (••in  Ext  in]>l;ir  dieser  Tübinger 
Ausgabe  besitzt  die  Stadtbibliothok  zu  Schaü'hausen ;  Serapeum 
1866  No.  20,  pg.  314— 31Ö)  aederem  nunc  in  Prussia  quoque, 
impudentissima  illa  Epistola  ad  tnam  lUustrissimam  Dignitatem 
ab  Ulo  praedaro  Aloysio  Lipomano  .  .  .  scripta,  .  .  .  me  e3cci- 
tavit.  —  Vestra  Celsitndo  ita  Uli  gravissimo  et  divino  Scripte 
respondit,  ita  pro  i-nitate  excepit  hominem,  ut  nihil  sit  opus 
a  me  aut  ab  alio  iiuicjuani  addi"  A  iiij).  In  Folge  dieser 
Widmung,  wulil  aiieh  eniptohlonder  Briefe  Herzog  Albrechts, 
scheint  Eadziwil  Vergerius  näher  getreten  zu  sein,  und  die 
Vennuthung,  welche  Öixt  und  Bukowski  ganz  unabhÄngig  von 
einander  aussprechen  (Buk.  hat  das  Werk  des  ersteren  nicht 
gekannt),  daß  nämlich  die  Antwort  JEtadziwils  auf  den  Brief  des 
Lipomanus  in  ihrer  letzten  Hedaction  (dies  ist  zu  beachten; 
denn  Bonaventura  Thomas,  Kaplan  der  Königin,  theilt  Hosius 
am  30.  September  1556  mit,  ]\aspar  Lncki,  ein  Höfling  des 
Kriiiigs,  sei  der  eigeutlioho  Vortusst_'r  de»  Kadziwilschen  Briefes; 
E[>.  llosü  H,  pg.  74H,  nr.  H»57)  Vieles  von  Vergerius  einhalte, 
liat  sehr  viel  für  sich.  „Ich  zwoiflo  keinen  Augenblick",  sagt 
äixt  pg.  399,  „daß  das  feurige  Sehreiben  des  letztern  (Kadziwü's) 


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536 


Die  Rebe  d««  Vergerius  nach  Polen  1666—1557  etc. 


seinem  Hauptinhalt  nach  von  Yeigerins  herrOhrfc.  Der  Eingang 
ist  sehr  mild;  dann  folgt  ein  Absatz,  und  von  0  4^  an  beginnt 

ein  ganz  anderer,  uns  wohlbekannter  Ton".  Und  Bukowski 
schreibt,  II  pg.  380:  ..Daß  an  der  Abfassung  dieser  Autwort 
nicht  nur  liatlzivvjl  allein  Antlieil  hat,  sondern  auch  andere 
Haeretiker  und  nanieuthch  Vergeriua,  scheint  keinem  Zweifel 
zu  unterliegen."  Daß  Vergerius  als  gewandter  Hotmann  dem 
Fürsten  gegenüber  (in  obiger  Widmung)  den  von  diesem  nach 
Königsberg  gesandten  Entwarf  als  einen  ganz  vorzüglichen,  dem 
nichts  hinzuzufügen  w&re,  bezeichnet,  ist  aelbsiveratftndlieb; 
doch  wird  er  Eigttnzungen  zu  demselben  etwa  in  Form  von 
Scholien  oder  in  einen  Brief  verwebt,  vielleicht  bereits  gleich- 
zeitig  mit  dorn  Dedicationsexemplar  des  ,,Catalogus  Haeroti- 
corum"  nach  Wilna  gesandt  und  ßudziwil,  der  ja  auch  den 
Entwurf  nicht  solbststiindig  verf^rtif^t  hatte,  das  Eingt^«^an'iLe 
gerne  verwerthet  haben.  Persönlich  hat  der  Fürst  mit  Vergerius 
über  die  Abfassung  der  Antwort  nicht  verhandelt,  da  dieselbe 
bereits  am  1.  September  abgesandt  wurde  (am  4.  Septbr.  ging 
sie  dem  Nuntius  zu;  Buk.  II,  388),  während  Vergerius  sich 
zwar  in  den  letzten  Tagen  des  August  bereits  im  Besitze  einer 
besonderen  Einladung  des  Fftrsten  befand,  der  mit  ihm  über 
kirchliche  Angelegenheiten  zu  berathen  wünschte  (Briefw.  nr.  47 
]<g.  137),  aber  am  1.  September  unter  keinen  rrnständen  schon 
in  Wilna  sein  konnte,  da  er  sich  am  24.  Aufrust  noch  in  Köni;:^- 
Ix^ifi;  butiind  un<i  von  einer  unmittelbar  1  <  \  "i -Leheuden  Abreise 
in  seinem  an  diesem  Tage  an  Herzog  (Jiuistoph  gerichteten 
Briefe  (Briefw,  nr.  47)  nichts  erwähnt,  zu  jener  Zeit  aber  Jemand, 
der,  wie  der  damals  bereits  6dj&hrige  Vergerius,  bequem  reiste, 
acht  Tage  brauchte,  um  von  dort  nach  Wilna  zu  gelangen.") 


Ii)  So  giebt  üä  Vergerius  selbst  in  einem  aus  seiner  zweiton  lleise 
nach  Polen  1560  stemmenden  Briefe  an  (Sixt  pg.  542,  Nu.  XII),  der  aas 
Kowno  vom  8.  Febmar  detirt  ist  end  worin  er  sagt  „Ghannam  (d.  i.Kowno) 
veai  sux  dioruin  itinuro"  und  daß  er  „die  sabbato,  decimo  ScUicet 
inonsi.s''  in  Wilna  sein  werde.  In  einem  anderen  Briefe  (Sixt  pg.  546, 
No.  XVI>  giebt  er  die  Staiioueu  in  Preotien  an,  wo  er  übernachten  werde: 


Von  Johanoes  Sembrzyoki. 


5ö7 


Jedoeli  imil.^  s.  iii««  Ankunft  in  Wiliia  bereits  im  ersten  Drittel 
des  Septeml)or  erfolgt  sein.  Da  er  nämlich  am  1.  October  zu 
Königsberg  d'w  beiden  Werke  „Buae  Epiatolae"  und  „De  Gre- 
gorio  Papa^*  vollständig  fertig  gestellt  hat,  so  miiB  er  sich  doch 
wenigstens  bereits  einige  Tage  vorher  wieder  daselbst  aufgehalten 
iiaben;  rechnet  man  nun  von  dem  Beste  des  Monats  je  acht 
Tage  auf  die  Hin-  und  Rückreise,  m  bleiben  nur  etwa  knapp 
acht  Tap^e  für  seinen  Aiifeiithult  in  Wihia  übrig,  lieber  diesen 
wissen  wiv  nichts  weiter,  als  was  ^'^'l"f^eri^s  selbst  uns  in  seinem 
eben  erwähnten  Briefe  an  Herzog  Christoph  und  in  seinen 
„Duae  Epistolae"  mittheilt.  Im  ersten  sn^rf  er  (Briefw.  pg.  137), 
er  habe  von  Badziwil  auch  im  Namen  des  Königs  freies  Geleit 
sogesichert  erhalten  und  er  hoffe,  durch  den  Fürsten  den  König 
und  die  Königin  zu  sehen  (eine  Hofihung,  die  sich  nicht  er- 
foUte),  im  Ewdten  schreibt  er  (C  ij) :  „nam  ut  soias  rem  omnem, 
Christiane  lector,  atque  ol)iter  tibi  incipiam  rerhlcrc  rationem 
pflregrinationis  meae,  pervabi  o  Borussia  seu  Prussiti  in  Lituaninm 
usque,  duntaxat  iit  talem  Principem  viderem,  at(|ue  ailoquerer, 
audivi,  sum  allociitus,  aftirmo  eum  .  .  .  omnia  haec  quao  modo 
dixi,  mihi  Ecclesiarum  Christi  nomine,  quasi  stipulanti  promi- 
sisse,  et  propterea  etiam  conaensisse,  nt  ejus  Epistolam  aederem 
ac  verterem  in  Italic  um"  (dafi  dies  in  der  That  geschehen  ist, 
davon  weiter  unten;  ob  sich  irgendwo  ein  Exemplar  befindet?). 
In  die  Zeit  dieses  Aufenthalts,  in  den  September,  ist  auch  dor 
bei  Sixt  in  den  Beilagen,  No.  IV  pg.  535.  mitgetheike  Brief 
des  Herzogs  AJbrecht  an  Vergerius  zu  setzen,  und  nicht  — 
wie  das,  wahrscheinlich  durch  Voigt,  geschehen  ist  —  in  den 
December;  in  diesem  Monate  läBt  sich  eine  selbst  bei  nur  drei- 
tägigem Aufenthalte  in  Wilna  immer  19—20  Tage  um&ssende 
Beise  dorthin  und  surOck  schlechterdings  nicht  unterbringen. 
Herzog  Albrecht  schreibt  in  besagtem  Briefe:  Quod  saepius 
honorifica  nostri  istic  ab  Illustri  Dom**^  in  (^lika  Duce  fratro 
nobis  percharo  £at  mentio  gaudemus.    Nos  quot^ue  memoriam 

Ranne tom  (Ragnit)  —  Coprisohie  (Eranpischken)  —  Insterburg 
Tapift  (Tapiau)  ^  Begiomona. 


538  Heise  des  Vwgeriiu  nach  Polen  1556— 15&7  etc. 

ejus  III'*  siiepissinie  lue  rf»folimns.  Kam  \\t  Rev'^'*  Dorn.  V. 
aiijaiit'T  Tio^'trf)  nojuino  salntof,  ac  fraterna  «'i  ol'iieia  uoslra 
det't'rat,  nostjue  do  lüeliori  nota  commendet  petimus.  Nova,  qua^j 
ad  nos  misit  Rev''*  Dom.  V.  gratissima  nobis  sunt,  ac  vellemus 
quidem  ejusmodi  vicissim  aliqiiid  Rev*'*®  Dom"*  V**  remittere. 
Sed  quia  intaUeximus  propediem  Bev*"*"  Dom"'*"  V**"  ad  Boe 
roditnram,  reservabimns  ea  in  adventam  uaqae  illias"  etc.  Diaser 
Wortlaut  maoht  es  immOgliob,  den  Brief  etwa  in  das  Ende  des 
ssweiten  Aufenthalts  des  Tergeriod  in  Wilna,  im  October  nnd 
November,  zu  setzen,  da  er  oine  Antwort  auf  den  letzten  Briet 
des  Vürgf  rin>s  aus  Wilna  vom  'Id.  October  (Sixt  pg.  533,  No.  l) 
unter  kfiiiou  Umstiindpii  sein  kann. 

Kude  September   1556  also   stellte  Vergerius  die  er«t4?n 
beiden  Werke  druckfertig,  welche  ihn  außer  dem  „Cataloj^is 
Uaereticomm"  bei  seiner  Arbeit  für  das  Evangelium  in  Polen 
unterstützen  sollten.   Daß  dies  sein  Zweck  sei,  spricht  er  in 
dem  einen  geradeau  ans,  dessen  vollständiger  Titel  lautet:  „De 
Gregorio  Papa  ejus  nominis  primo,  quem  coguomento  Magnum 
appellant  et  inter  praecipuos  Eccietdae  Bomanae  Doctores  an- 
numerant.    luvenies  hic  candide  lector  primum  miracula  circiter 
«luiu^uaginLa  vt^rhum  verbo  ex  dialoijris,  quos  ille  in   i}>öO  adeo 
Pontificutu  srri]isif,  exc*»rptH.    Deiude  nonnuUos  veluti  Hosculos 
ex  ejus  e}»isiulis.     Postremo  vitam  ejus  a  Jacobo  ä  Voragine 
Kpiscopo  Januensium  descTiptam.    Matth.  7,  Ab  operibus  eonira 
agnoscetis  eos.    Rcgiomonti  Borussiae  exeudebat  Joannes  Daab> 
mannus.   Anno  M.D.LVI.  Mense  Octob/*   (61  Bl.  4%  Unter 
den  darin  mitgetheilten  „miracula*'  finden  sich  aufgeflQhrt:  „De 
monacho  ab  angelo  oastrato'*  —  „De  monacho  qui  orando  impe- 
travit  ut  lam]ia8  quao  erat  fracta  sanaretur*'  —  „De  matrona  a 
maliguiB  s]>iritib«8  obsessa,  quia  in  quadam  vigilia  matriraonio 
usa  fucrat"  —  ,,De  niortuo  susciimto  ut  ]ier  sf'ptem  tlies  poeui- 
tcntiam  ap;er<'t'*  —  ,.De  opisctipi.s  «|üibu!s  liui;uatj  radicitu->  irant 
cvulsao,  et  tarnen  verba  foniiaro  et  loqm  poterant*'.    Am  Knde 
dos  Buche»  stehen  zu  beiden  Seiten  eines  Holzschnittes  die 
Worte:  „O  saoclum  insipieus  et  iufacetiun.'^    Der  kleine  und 


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Von  Johannes  Sembrzycki. 


539 


uniltüitlicho  llol/.schiiitt  stellt,  ao  weit  ich  erkennen  konnte, 
einen  das  Meßupter  darbringenden  Priester  vor;  die  dabei 
stehenden  Worte  sind  der  ScLlußvers  des  XLIXI.  Gedichtes 
des  Catullus:  in  amicam  Formi&ni.  —  Dieses  Buch  nun 
widmete  Yergerins  ,}IlliistTi  et  magnifico  domino  Stanislao 
Comiti  in  Tenzin  Palatino  Gracoviensi  Lublinensi,  et  Belzensi 
Capitaneo,  eto/',  also  dem  oben  bereits  unter  den  Hänptem  der 
Protestanten  erwähnten  Stanislaus  Tqczynski,  von  dem  er 
(A  iiij)  sagt:  „ijuanfa  sit  tua  autoritas  ati[ue  existimatio.  qitanta 
in  florentisf^imam  Polonorum  Rfunpiihlicain  mcrit  a,  cum  a  ])lorisipie 
tuae  gentibusy  quibus  com  familiariter  versor  hominibus,  tum  ac 
niustrissimo  Duce  Prussiao  Alberto  Brandebm^oo,  summa  sa- 
*  pientia  atqne  admirabili  virtnte,  tuaeque  virtutis  studiosissimo 
Principe,  saepe  audiyi.  Nam  magna  cum  Yoluptate  tuam  insig- 
nem  familiae  nobilitatem,  tuam  in  rebus  gerendis  foelicitatem 
et  prudentiam,  tuam  liberalitatem,  tuam  eloquentiam^  tuam  deni- 
quo  (quod  est  oinnium  lauduiu  caput)  sinceram  piotateiii.  iiiuin- 
<jUH  in  proraovenda  renascontis  Evanr^elii  flof^tnna  .studium 
praedicaro  solct,  imo  diserte  mihi  autor  fuit,  ut  mo  cum 
meo  libro  dederim  nunc  in  tuam  clientelam.^  Was  er 
durch  das  Buch  beabsichtige,  spricht  er,  wie  schon  erwähnt, 
ebenfalls  in  dieser  Widmung  aus,  indem  er  sagt:  „Quum  vero 
statuissem  hunc  librum  in  Poloniam,  ubi  audio  passim  pullulare, 
seque  exerere  Evangelium,  mittere  (potest  enim  hoc  (jin  ^uo 
s«_Ti})tiun  torsaii  ali(|iio.s  excitare  ut  (Hiatita  sil,  lur)»itudo  Papatus 
ap;no.scant)  consultuiii  ])utavi,  si  tui  clarissiini  iLinninis  umbra 
atque  praesidio  munerotur/  In  der  auf  die  Widniuii;^^  fnl^ondeu 
Ansprache  an  den  Leser  finden  wir  die  interessante  Notiz,  das 
Buch  sei  zug&nglich  gemacht  „tarn  Italis  quam  Germanis,  Gallis 
etiam  atque  adeo  Polonis,  ao  Sclavis  ipsis.  Nam  Italice  F.  niger 
(d.  i.  Francesco  Negro  von  Bassano),  Germanice  Jacobus  Andreas 
Fabri,  Gallioe  F.  Hotomanus,  Polonice  Dominus  Eustachius 
Trepka,  Sclavieae  vero  Primus  Trubt^rus  vertit,  singulari  pietate 
atque  enulitione  viri."  Unter  den  „Selavis"'  v«'rstelit  Vergcrius 
die  slovenischen  Bewohner  der  Hei-zogthümer  bteiermark,  Kmia 


540 


Die  Reihe  de«  Vcrgerius  nacli  Polcu  1556    1557  etc. 


und  Kärnten,  für  die  auf  Anregung  Vorgerios'  und  Hauptsftcb' 
lieh  anf  Kosten  des  Freiherm  zu  Sonneg,  Hans  Ungnad  (dem 
V.  1558  sciiiou  „Widerruff  Petri  P.inli  Yergerii"  widmete),  Pri- 
mus Tniljer,  vor  aeiut  ni  Utdx  rtritt  zum  Evangelium  Hoinherr 
zu  Laibacli,  seit  155.3  Pfarrer  zu  Keinpton  (gest.  i5öü  als  Pfr. 
za  DoroTidiTigen),  das  Neue  Testament,  Luthers  Catechismus,  die 
Aagsl).  (Jonfession,  eine  Postille,  geistliche  Lieder,  die  württem- 
bergische  Kirchenordnung  n.  s.  w.  übersetsie  und  drocken  IteA, 
—  die  aberhanpt  ersten  Bücher  der  Slovenen,  fbr  die  aluo 
sogar  erat  ein  passendes  Alphabet  entworfen  und  ein  ABOdarium 
verftsst  werden  mnfite!  (Sixt,  pg.  369—381).  Jacobns  Andreas 
Fabri  ist  ohne  Zweifel  der  bei  Sixt  oft  erwähnte  Jakob  Andreae; 
über  Trepka  weitf  r  miten. 

Ein  noch  weit  größeres  Interesse  als  das  eben  erwähnte 
beansprucht  das  zweite  Werk:  ,.Duae  Epistolae  altera  Aloysii 
Lipomani  Veneti,  Episcopi  Veronae,  Rom.  Pontificis  in  Polonia 
Legati,  ad  lUustrisaimum  Principem  D.  Nioolaom  Eadivilom 
Falatinnm  VuihienBem,  etc.  Altera  vero  ejusdem  lUnstrissiini 
D.  Badivili  ad  Episoopom,  et  Legatnm  illum.  Lectn  digniasi- 
mae,  si  nllae  fbenint  nostra  aetate.  2.  ad  TessaL  Beyelabitiir 
ille  iniquus,  quem  Dominns  Jesns  interficiet  apirita  oris  sui,  et 
dostruet  illustratione  adventus  sui.  Kegiomonti  Borussiae  excu- 
debat  .Joannes  Daubmannus.  M.D.  LVl.  i  1";  oB  Bl.  A — O  und 
IG  Bl.  a — d,  am  Sohluss  das  bekannte  Daiibniannsclie  Sicmet). 

Das  Werk  enthält  zuerst  eine  Anrede  an  den  Leser  mit  der 
einfachen  Ueberschrift  „Vergerius",  worin  er  auf  das  Papstthom 
(nicht  auf  Lipomanus,  wie  Bukowski  II,  391  irrig  angiebt)  die 
Worte  aus  6.  Buch  Mosis,  Cap.  28,  28,  auwendet:  „Percutiafc 
te  Dominus  amentia  et  ooecitate  et  furore  mentis''.  Bukowski 
ist  der  Lapsus  pasairt,  diese  Worte,  trotadem  beiVergerius  aos- 
drücklich  steht  „Deute :  capite.  28'*  (also  Deuteronomion),  dennoch 
in  die  Apostelgeschichte  zu  versetzen  („z  Dziejöw  Apost."). — 
Der  Umiang  dieser  Vorrede  bBträfi:t  zwei  Blätter,  wahrend  Kii  li- 
bom  (I,  201)  angiebt,  sie  boäti  h.>  aiifi  14  Bogen!  —  Alsdann 
folgt  der  von  Vergerius  mit  JI:Caudgiosäen  versehene  Brief  des 


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Von  Johaones  Sembrzycki. 


541 


LipomaDiis  (5  Bl.))  eine  neue  Ansprache  des  Vergdrins  an  den 
Leser,  ebenfalls  nur  überschrieben  „Vergerius."  (IV2  Rl.)  und 
hierauf  die  Autwort  Radziwils  an  Lipomaiiusi,  der  mit  „Amice 
charissiiiie  ac  lioiioraiide"  angeredet  wird,  während  er  dann  eine 
ganz  schroöe  Abweisung  erhält.  Ueberhaupt  muss  man  Janozki 
Recht  geben,  wenn  er  (1.  c.  I  yg.  62;  von  diesen 'Briefen  sagt: 
„kns  beyden  erlernet  man  die  Knnst,  wie  man  bittere  Wahr- 
heiten in  sOOe  Worte  einkleiden  mflsse.'*  Den  SohluB  machen 

        ■ 

„Enstathins  Theophilns  (d.  i.  Eustachius  Trepka)  oandido  et 
chritfttano  lectori  s.",  weiter  eine  in  die  Form  eines  vom  1.  Octbr. 

datirten  Briefes  an  Vergerius  gekleidete  l.(tl)S(  lirift  dos  Su]ier- 
iutendenten  Johannes  Aurifaber  zu  Xonigberg,  und  endlich  ein 
Drackfehlerverzeichniß  mit  sehr  interr  ssaiit  en  Xotizon ,  worin 
gesagt  wird,  bald  solle  eine  mit  größerer  Auiinerksamkeit  be- 
sorgte Ausgabe  des  Badsiwilsohen  Briefes,  mit  der  Confessio  fidei 
des  Herzogs  Christoph  von  Württemberg  zu  einem  Buche  ver- 
banden, erscheinen,  und  so  vereinigt  sollten  dann  beide  den 
Weg  durch  Europa  machen  ;  „nam  ut  scias,  Christiane  leotor 
atque  gratuleris,  Jam  utra^uo  est  versa  ftalice,  utraquo 
Geiiiianice,  an  paulo  post  etiam  Polonice  ac  (Talliue 
vertetur'*.  Hier  wird  also  die  bereits  oben  erwähnte  üeber- 
setzung  in  das  Italienische  als  eine  vollendete  Thatsache  belian- 
deltf  ebenso  wie  die  Uebersetzung  iu's  Deutsche.  Die  letztere 
ist  bald  darauf  gedmokt  worden  („Zwen  Sendbrieff*');  daß  das- 
selbe mit  der  italienischen  geschehen  sei,  läßt  sich  kaum  be- 
zweifeln, doch  ist  es  mir  bisher  nicht  gelungen,  eine  Notiz 
darüber  aufzufinden.  Die  polnische  erschien  zu  Brzes<^  (cf.  Ep. 
Hosii  n,  pg.  671,  9ub  uro.  1564,  Amn.  1.).  Die  Notiz  iu  Betreff 
der  zweiten  Ausgabe  eutsprach  eiuem  Wunsche  Radziwils,  von 
dem  Vergerius  am  14.  Ootober  an  Herzog  Christoph  schreibt: 
„Cupit  etiam  escudi  facere  hic  B.egimonti  confessionr^m  Yo<^trae 
Cekdtodinis  et  suam  addere  in  eodem  libro  ac  per  Lituaniam  et 
Poloniam  spargere"  (Brieiw.  nr.  48  pg.  138).  Beiläufig  gesagt,  er- 
wähnt Yergerius in  diesem  Briefe  auch  des  Königs  und  derKOnigiu, 
aber  nicht,  dafl  er  eine  Audienz  hei  denselben  gehabt  habe! 


642 


Die  B«iM  dea  Yergeriiu  nmdh  Polen  1666—1657  etc. 


An  ijiesan  eben  besprochenen  ersten,  ich  möchte  sagen^ 
officiellen  Theil  des  Bnches  schlieBt  sich  ein  nicht  minder  inter» 
essanter  zweiter,  der  zwar  nör  15  Bl&tter  umfaßt  (das  16te  ist 
leer),  auf  denen  aber  der  Haß  und  der  Hohn  der  Protestanten 
gegen  das  Papstthum  und  Li])ouiaiiu.s  in  der  schärfsten,  concen- 
trirtesten  Foi*m  in  Gestalt  von  Kpigicuuinen  und  langeicu  Ge- 
dichten 7.nm  Ausdruck  kommen.  Es  enthält  der  Keüie  nach 
1)  In  Aloyaium  Lipomanum,  Pauli  IUI.  JEtomani  Pontiticis  in 
Polonia  iTegatum.  Christ  ianl  Tiberii  Veracis  Lnoeoriensis,  Car- 
men. 2)  De  eodem  Aloysio  Lippomano  legato  pontificio  qnod 
Judaeos  Soohaconiae  ob  niolatam  panem  Eachariatiae  ezmi 
iusserit  Pmdentii  Cachinnii  Epigramma.  —  Alind.  —  Alind 
Ironienm.  —  Aliud  Itidem  Ironioom.  3)  Omen  Mathiae  Stoii 
Regiomontani^  Phüosophiae  &  Medicinae  Doctoris.  4)  De  Sacro- 
sancti  Evangolii,  in  ditione  Rogi^  Puloniao.  post  revelatuiu  Anti- 
christiun,  Oiifrine.  progressu,  et  incremento.  Yirilii  Mnsaei 
Hyi)oreadis  Eiegia.  6)  In  Aloysium  Lipomanum  Venetum, 
Episcopum  Verononaem,  Pauli  IUI.  liomaui  Pontificis  per  Polo- 
niam  Legatum.  Erhard!  Kisi  Tlinringi,  in  Borussia  Verbi  Dei 
ministri,  Elegia.  —  Ben.  Haupttheü  des  Gänsen  bildet  die 
87«  Blätter  um&ssende  „Elegia'*  No.  4. 

Man  ist  Aber  diesen  zweiten  Theii  bisher  yersohiedener 
Ansicht  gewesen.  Die  Einen  hielten  ihn  ftlr  znsammengehOng 
mit  den  „Duae  Epistolae",  da  er  sich  bei  den  am  besten  erhalte- 
nen Exenii<liU»  ii  tl.  s  I  Ruches  (z.  B.  in  Königsberg  in  der  Köiiii,!. 
nnd  in  der  Suidt-iiibliotht  kl  immer  mit  denselben  zusainiiu  ii 
lindet,  und  femor  die  genaue  Uebereiii-^t imnnini?  'les  Papiers, 
die  Art  der  Paginiruug  und  der  Umstand,  daß  das  Daubmaim-* 
sehe  Signet  sich  nicht  am  Endo  der  „Duae  Epistolae^',  sondern 
erst  am  Schlüsse  des  zweiten  Theils  befindet|  darauf  sohliefien 
lassen  (auch  Janozki  1.  c.  I,  pg.  62 — 63  bezeichnet  ihn  als  einen 
zu  den  Duae  Epistolae  gehörigen  Anhang);  Andere  waren  der 
Ansicht,  er  sei  als  besonderes  Büchlein  erschienen.  —  Meiner 
Ansicht  nach  haben  beide  Tiioilo  Recht.  Der  zweite  Theil  ge- 
hört zu  den  ,,Duae  Epistolae'*,  da  er,  wie  diese,  seine  Spiue 


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Von  Joluome«  Sembrzycki. 


543 


gegen  Lipomanus  richtet  nnd  die  Wirkaamkeii  des  eraten  Theils 
SU  imterstfltBeii  geeignet  war;  er  wurde  aber  absicMlich  so  ge- 
druckt, daß  er  auch  als  besonderes  Büchlein  und,  was  die  Haupt- 
sache ist,  die  „Duae  Epistohie''  unoh  ohne  ilm  verbreitet  werden 
konnten.  Dies  geschah  aus  IlücksicLt  aul  rersoneu,  denen  mau, 
wie  z.  B.  dem  Könige  Sigismund  August,  wol  die  „Duae 
Spistolae",  nicht  aber  ein  Pasquiili  welohee  der  zweite  Tlieil  ja 
im  Grunde  ist,  zn  tiberreichen  w*agen  konnte.  Aus  ahnlichen 
Gründen  und  nm,  falls  die  Sache  eine  ungünstige  Wendung 
nahm,  sich  leichter  aus  der  Afiaire  ziehen  zu  können,  verbargen 
die  meisten  Verfasser  sich  unter  Pseudonymen,  und  nur  die 
Königsberger,  die  keine  Rücksichten  zu  nehmen  brauchten, 
nannten  ihre  Namen  (Stoius,  Nisus).  In  g^leicher  "Weise  übrigens, 
wie  die  „Duae  Epistolae'',  wurde  auch  das  Huch  „Formula  Fidei 
Tradita  ■  etc.  gedruckt;  die  den  zweiten  Theil  dess.  llum  bildende 
Konfession  des  Tlcizo^rs  Ohri^^top})  von  Württemberg  hat  sogar 
einen  Sondertitcl  mit  Druckort  und  Druckjahr  und  ist  paginirt, 
während  der  erste  Theil  12  unpaginirte  Blätter  umfasst.  Auch 
sie  ist  deshalb  mitunter  als  ein  besonderes  Werk  angesehen 
worden. 

Was  den  Inhalt  des  zweiten  Theilea  der  „Duae  Epistolae" 
betriffliy  so  verdienen  nur  die  Nummern  2.  und  4.  eine  ein- 
gehendere Erwllhnnng.   Bte  erste  bringt  uns  den  Nuntius  Lipo- 

manus  wieder  iu  Ennuening,  den  wir  zuletzt  im  Mai  die  groJj- 
polnischon  Kirchen  visitiren  sahen.  7ai  vheix  di<'«er  Zeit  nümli(di 
hatte  sich  iu  der  Gegend  von  L"\vii  /,  das  Cierticiii  verl)reifot, 
die  Dionstmagd  Dorothea  Lazijcka  in  Sochaczewo,  einem  drei 
Meilen  von  dem  erstgenannten  Orte  enttemten  Städtchen,  habe 
beim  heiligen  Abendmahle  die  Oblate  unterschlagen  und  ihrem 
Brodherm,  einem  Juden,  abgeliefert,  woftlr  sie  von  ihm  drei 
Thaler,  ein  lothes  Tuch  und  ein  Kleid  erhalten  habe;  der  Jude 
habe  dann  im  Verein  mit  drei  anderen  Glaubansgenosseu  die 
Hostie  durchstochen,  worauf  aus  den  OefiFnungen  Blut  geflossen 
sei,  und  zwar  so  reicldieh,  daß  die  .Juden  damit  eine  ganze 
Flasche  auiullen  konnten.    Dieses  Blut  sei  <l;iuu  von  tltju  Juden 


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644 


Dia  Beiae  dm  Vergerioi  nioli  Polm  1666—1667  ete. 


zu  abergl&nbischen  G«brftiichen  benutet  worden.  BaE  dergleieben 
damals  geglaubt  wurde,  darf  nicht  so  sehr  Wtinder  nehmen; 

noch  ein  Jahrhnnderfc  später  fanden  ja,  auch  in  protesiantisdi^ 
Gegenden,  dio  al).s(dieulichsten  Hexenvcrfolgnngen  statt,  auch  bei 
uns  in  Ostproußen,  wo  z.  B.  in  Preuss.  llülland  von  1G30  bis  l<i."iS 
fünfzehn  Weiber  und  zwei  Eh^^paare  wegen  Zauberei  verbrannt 
wurden  (cf.  Prenß.  Prov.-Bl.  XTXT,  1886,  pg.  r>83).  und  llkSG 
zu  Gr.  Lauth  bei  .Se}ironil)elmen  eine  „Hexe"  auf  dieselbe  Art 
vom  Leben  zum  Tode  gebracht  wurde  (of.  über  diese  Abschea- 
lichkeit  den  Artikel  im  „Sonntagsblatt"  nr.  1  der  »»Harhmg. 
Ztg."  pro  1880).  Etwas  Wahres  mag  vielleicht  an  der  Sache 
anch  gewesen  sein.  Die  unglücklichen  polnischen  Juden  stecken 
noch  heute  in  einem  Wust  von  Aberglauben,  von  dem  ihr 
deutscher  Glaubensgenosse  kaum  eine  Ahnung  hat,  und  dalJ  mit 
den  Hostien  noch  beute  allerlei  Unfug  getrieben  wird,  ist  be- 
kannt (cf.  C.  G.  Hiiitz,  Die  alte  gute  Sitte  in  Altpreußen. 
Königsberg  1862,  pg.  81  j  H.  JFrischbier.  Hexenspruoh  und  Zauber- 
bann, Berlin  1S7U,  pg.  1,  147—148,  168;  Evangel.  Ge- 
meindeblatt, Königsberg  1886,  pg.  145).  Auf  Grund  nun  des 
oben  erwähnten  G^erüdhtes  und  der  darauf  basirten  Anklage 
wurden  die  als  betheiligt  bezeichneten  Personen  gefangen  ge- 
nommen und  dem  gerichtlichen  Ver^thren  unterworfen,  in 
Folge  der  Tortur  bekannten  dieselben  sich  schuldig  und  wurden 
demgemäß  nucli  den  damals  geltenden  Gesetzen  verbrannt,  zu- 
erst die  Dienstmagd  imd  ihr  Herr,  dann  am  1.  Juni  noch  drei 
andere  Juden.  —  Nun  müssen  wir  alles  nach  den  Verhältnissen 
der  Zeit  beurtheiien,  in  der  es  geschieht.  Zu  jener  Zeit,  und 
noch  lange  nachher  (siehe  oben),  glaubte  man  allgemein  an  Ver- 
brechen, wie  das,  dessen  hier  die  Juden  beschuldigt  wurden; 
man  glaubte  allgemein,  durch  die  Tortur  den  Missethftter  som 
vollen,  wahrheitsgem&ßen  Bekenntnifi  seiner  Sohuld  an  be- 
wegen, —  dttrfen  wir  uns  wundem,  daß  man  in  diesem  Fslle, 
nachdem  man  eben  durch  die  Tortur  das  Schuldbekenntniß  er- 
langt hatte,  that,  was  nuin  für  Rechtens  liiült?  Mußte  nicht  auch 
der  Nuntius  Lipomanus,  doch  auch  ein  Kind  seiner  Zeit,  die 


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Ton  Jofaaimes  Sembnycki 


645 


Ucberzcuguiig  von  der  Schuld  der  .Inden  haben?  Er  muÜte  es, 
und  wundern  würde  man  sich  mit  vollem  Rechte  dürfen,  wenn 
er  auf  eine  an  ihn  etwa  gestellte  Anfrage,  trotz  des  dnroh  die 
Tortur  erlangten  Bekenntnisse»,  die  Juden  für  unschnldig  er- 
klärt hfttte.  Wir  dürfen  eben  Vorkomniiiisse  der  damaligen  Zeit 
nicht  mit  unserem  heutigen  Maßstäbe  messen,  nicht  nach  unsem 
heutigen  Begriffen  benrtheilen,  sondern  wir  müssen  uns  voll- 
stftudig  in  jene  Zeit  zorflokTersetsen.  Wie  also  aosgeffihrt, 
mußte  der  Nuntius  die  Juden  für  schuldig  halten.  Die  Art 
der  Bestrafung  wurde  nicht  durch  den  Nuntius,  auch  nicht 
durch  das  gtiistliche  Gericht  Ixistimmt;  dies  that  das  weltliche 
Gericht  nach  den  geltenden  Landesgosotzeu.  Auch  den  polnischen 
weltlichen  Gerickten  aber  ist  in  dieser  Sache  keine  Schuld  auf- 
zubürden; ebenso  wie  sie  verfuhren  auch  die  deutschen  Gerichte. 
Worden  doch  1510  zu  Berlin  35  Juden  wegen  mit  Hostien  ge- 
triebenen Unfugs  und  —  Schlachtens  von  Christenkindem  ver- 
brannt und  1453  zu  Breslau  14  Juden  ebenfalls  wegen  Hostien- 
schftndnng  grausam  bingriichtet,  sowie  eine  Anzahl  anderer 
ganz  uuscliuldiger  Juden  verbrannt,  weil  sie  sich  nicht  taufen 
lassen  wollten.  "Wie  zu  P>rci»hiu  vorfahren  wurde,  darul^er  lesen 
wir  im  vierten  Bunde  der  Monunicuta  Pdlouiae  Historita  (Tjem- 
berg  1Ö84)|  pg.  1—5  in  der  von  Kf'trzyüski  mitgetheilton  Sciirift 
„De  persecutione  Judacorum  Vratislaviensium":  ,,fecit  expoliare 
illofl  et  nudo  corpore  faeie  supina  thabule  alligare,  ferociter 
quemlibet  eorom  seorsum;  deinde  preoepit  quatuor  tortoribus  de 
illis  camem  evellere  attrociter  aculeis  ferreis  et  mittere  in  sarta- 
gines  ad  conbuirendom  et  ita  caro  de  illis  tracta  est  usque  ad 
apparicionem  ossium  omnium.  Post  hoo  consnles  excoriatos  de 
carno  totaliter  iusserunt  in  (juatuor  dividere  partes  solito  moro 
et  biviis  partes  divisas  .suspondere."  —  Genug,  alsbald  nach  der 
Hinrichtung  der  SocLacztswer  Juden  galt  der  Nuntius  als  Urheber 
derselben,  und  daß  die  Protestanten  diesen  Umstand  nach  allen 
Seiten  hin  ausnutzton,  um  Lipomanus,  wenn  nur  irgend  angänglich, 
f&r  Polen  unmöglich  zu  machen,  ist  selbstverst&ndlich.  —  Wie 
die  ganze  Sache  dabei  daigestellt  wurde,  ersehen  wir  aus  dem 

Allpr.  XoMtmohtlft  Bd.  ZXTII.  Eft.  7  n.  a  3ö 

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646  1^  StdM  des  Tergerios  nach  Polen  1556—1567  etc. 

Berichte  des  Lobieniecki  (,,Hi8toria  Beformationls  Polonicae,** 
Freistadii  1685,  pg.  76—78),  welcher,  nachdem  er  Ton  Uponuains 
gesagt,  er  sei  gewesen  „pervieax  et  onidelis"  und  „dicebator 

enim  eum  incerte  patro  fnisso  natum",  von  demselben  schreibt". 
,,vi(lens  eniiii  dogma  eoniin  do  Sanctissimo,  ut  voeant,  Saerament<o 
in  magno  versari  discrimine,  coacto  Loviciam  Pontiticum  oiiiiu:^ 
genoris  conventu  (dies  ist  oin  Irrthum;  die  Synode  Iknd  erirt 
weit  später  statt),  e  re  sua  judicaront  exemplam  severitatis  vel 
potios  feritatis,  ad  moatieudum  popolo  sibi  parenti  metum,  et 
dissentientiboB  hoirorem  in  aliquo  ex  infima  vnlgi  fece  ideoqne 
impunins  statoL   dun  antem  scirent  peconiae  obedire  onmia 

 BoTcnm  Praefectnm  SoehatKOviae  .  .  .  ]argitione 

oomipnenmt  et  in  soas  partes  pertraxemnt.  Hinc  impeta  in 
Jndaeos  .  .  .  faoto,  tres  e  grege  eomm  et  faeminam  qnandam 
Dorotheam  Laziciam  in  vincula  conjecerunt.  Capita  accu- 
sationis  haec  luerunt:"  (nun  folgt  die  bereits  oben  erzaklie 
Geschichte). 

Pie  ErbitterUD^j,  g^gen  Lipomanus  en*eichte  allmäklieh 
einen  so  hohen  Grad,  daß  derselbe  in  einem  Briefe  nach 
Kom  vom  22.  Septemhor  von  Lebensgefahr  spricht^  in  der  er 
schwebe  (Buk.  II,  pg.  387—388).  Ein  AusfloB  dieser  Empörung 
sind  nun  die  vier  Epigramme  im  swetten  Theüe  der  „Doae 
Epistolae." 

Ein  noch  bei  weitem  gröBeres  Intereeae,  als  diese  Epi« 
gramme,  hat  die  mit  den  Worten  „Bnat  mnndns,  fioreat  jnstitia'' 

schlieBende  „Elegia*':  „De  Saerosancti  Evangelii"  etc.,  welche 
auch  f'iir  den  Historiker  von  Wichtigkeit  isi,  indem  sie  die 
hervoiragtud.sten  damaligen  Anhänger  des  Evangeliums  in  Polen 
(circa  19(^)  namentlir-h  und  mit  kurzen,  ihren  Character.  ihr 
AVirkeu  tür  das  Evangelium,  ilire  Verdienste  sohildemden  Be- 
merkungen aufführt,  wobei  aber  nicht  verschwiegen  werden 
darf,  daß  bereits  .Tanoski  (1.  e.  pg.  64)  schreibt,  der  Verfasser 
derselben  habe  „anoh  verschiedene  Katholiken  vor  evangeÜBche 
ausgegeben**' 

"Wohl  auf  der  Notis  bei  Andreas  Wengierski  „^ystema 


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Von  Johannes  Sembrzycki.  547 

Hifltorico-Chronol.  Ecolesiarum  Slavonicarum",  81,  liißend, 
auf  die  auch  bei  Jaiiozki  (1.  c.  pg.  CA)  liiugewiesen  wird,  theilt 
Wiszniew^ki  (Hist.  liter.  polsk.  VI,  pg.  269)  mit,  daü  bei 
WierzbiQta  in  Krakau  ein  Souderabdruck  dieser  Elegie  erschienen 
sei,  wobei  er  sicli  auf  die  Worte  doB  Jan  Wlodawita,  Bücher- 
censors  der  Krakauer  Diöcefie,  stützt:  ,|Tria  nisi  exemplaria 
WienEbi^ta  diaboli  asseola  edidit,  nam  caetera  (absit  gloriari) 
cnra  mea  suppressa.'*  Könnte  aber  nicht  Wiersbi^ta  vielleiobt 
nur  eine  Anzahl  Exemplare  der  Königsberger  Ausgabe,  möglicher- 
weise des  zweiten  Theiles  lüleiu,  zuni  Vertrieb  erlialten  und 
diese  der  f'ensctr  bei  einer  der,  wie  zw  Anfange  dieser  Arbeit 
erwähnt,  angeordneten  Revisionen  der  Buchhandlungen  und 
Druckereien  entdeckt  und  confiscirt  haljen? 

Von  der  Wichtigkeit,  die  dieser  Elegie  fortdauernd  beige- 
messen vurddy  zeugt  die  Au&ahme  derselben  durch  Daniel 
Gerdesius  in  sein  „Scrimtun  Antiquarinm»  aiye  Miscellanea 
Qioningana"  (Tom.  III,  pg.  866—376),  über  die  Janozki  in 
seinen  „Janociana  sive  claromm  atqne  illustrium  Poloniae  auc- 
Tonini  matuji  uiLiumque  memoriae  miscellae",  "Warschau  und 
Leipzig,  1770,  pg.  280  Mittheihmg  macht,  wobei  er  die  Elegie 
ab  „compositissima^  aplendida  autem  mendaoüs  atque  maledioa" 
bezeichnet. 

Man  müßte  es  bei  der  vorhin  betonten  Bedeutung  und  bei 
der  grossen  Seltenheit  der  Elegie  dem  bereits  oft  erwfthnten 
Bokowski  Dank  wissen,  daB  er  von  dem  in  der  Gzartoiyski'schen 
Bibliothek  in  Krakau  befindliehen  Exemplar^')  einen  Abdruck 

veranstaltet  und  dem  ersten  Bande  seiner  Geschichte  der  Refor- 
mation in  Polen  beigefügt  hat  —  wenn  derselbe  nicht  sehr 
fehlerhaft  wäre.  Oder  sollte  das  Krakauer  Exemplar  wirklich 
80  viele  Abweichungen  von  dem  in  Königsberg  befindlichen 
aufweisen?  Damit  hierin  Klarheit  geschaht  werden  könne 
seien  die  hauptsächlichsten  Abweichungen  hier  auigef^rt. 


12)  Von  dem  er  ausdrücklich  sagt,  es  sei  bei  Daubmanu  in  Kiinigs- 
lierg  gtidruckt. 

35* 


Die  K^BO  des  Vergerius 

Bukowskl. 

689:  nos  aJmiratur  venire 

Solymas  Dominus 
690:  Vitenberga 
«    Eeligio,  veterom  tem- 
ponun 

691:  E  pagis  et  oppidnlis 
*    Pldna  arbs  est  Craci, 
plena  est  Posnania 

nostra 

Fratribus  

Quis  esset  loDgas 
>    Jam  belia  atque  toga 
692:  Litnanornm 
s    Tu  quoque  qai  con- 
silÜB  qui 
698:  Senensclns 
s     DziuliiML,  fas  es 
s     Goicani  belli  imini- 
tibus 

694,  Zoile  10  V.  o.  (öic)  sie 
Malacbovius 
Fallentinus 
605:  Litnane 

Script  ii.|ue  Christ» 
cum  .  .  . 
s     Lutomirius   non  se- 

(|uior  ibtiä 
«     Fülix  Cruciger 
696:  sie  at  Polejus  ille 
«  Nemoiovios 
«  Zawojscua 
'    Vor  dem  dritten  Verse 
von  unten  ist  fülficn- 
ih  r  au{iyi.'lüiiSfH: 


ßh  Poleu  1556-1557  etc. 

Das  Exemplar  in  KÖnigsberi^. 

nos  admiratur  credere 
Dominns  Solymas 
Vit^berga 

Beligio,  veterom  tempore 

E  pagis  ao  oppiduUs 
Plena  urbs  est  Craci,  plena  est 
PosnaniEi  nostris 

Fratribus  

Quas  esset  iongas 
Jam  belio  atque  toga 
Litauorom 

Tu  quoque  consiliis  qni 

Senenscns 

Dzialiiiii,  fas  est 
(jiurcuui  bellis  immitibus 

sie 

MalochoviuB 

Fallentius 

Lituanae 

Scriptaque  ClirtBttaßum  . . . 

Lutomirius  uou  segnior  istis 

Foelix  Cruciger 
sie  et  Poleius  ille 
Nematovius 
Zamoisons 

i 

Quique  Palatino  gaudet  patw 
Starechovinusi 


._^  kj  ;i^  -o  Google 


Von  Johannes  Scmbrzycki. 


649 


Bakowski. 

pg.  69G:  Der  dritte   Vers  von 

Unf'U  hlKfrf: 

Quiijue  Palatinngaudet 
patre  Chodecius 

*  *  Czariiovii 

*  697:  Nie  et  Zarembae 
«      «et  dao  Badsinii 

»   698:  Tricesiiqne  pene  omnifl 

*  699:  8   


Das  Exemplar  in  Kfinigsberg^. 

Et    yiniili    gaudet    qiii  patrc 

CLüflöoiiw 
Czarncovii 
Sic  et  Zarembae 
et  dao  Bidzinii 

Trioeniqne  domua  pene  omnis 
stültissime  (begieht  sich  auf  den 
Nuntius), 


Die  BeantwoHnng;  der  Frage  naob  den  Verfaseem  der  in 

deu  beiden  Theilen  des  Buches  nicht  von  Vergeriiis  herrührenden 
Stücke  —  die  beiden  Briete  selbstverständlich  bei  Seite  gelassen 
-   fiilirt  uns  den  gesammten  Freundeskreia  des  Vergeriua  in 
Königsberg  vor  Augen. 

Johannes  Aurifaber,  geb.  1517  zu  Breslau,  Dr.  theol« 
und  Professor  zu  Wittenberg  und  Kostock,  war  1554  zum 
Präsidenten  des  Bisthnrns  Samland  („Eodesiarom  Pmtenicarum 
in  Sambia  Superattendens*'  nennt  er  sich  selbst  in  seiner 
Epistola  an  Vergeriua)  ernannt  tmd  von  dem  gerade  anwesenden 
Sendboten  des  Brentins,  Benrlin,  in  der  Domkirohe  geweibt 
worden.  Er  war  Nachfolger  Oslanders  nnd  selbst  Osiandrist, 
Wenn  auch  Aruoldt  (Kirchengesoh.  pg.  44G)  meint,  er  sei  dies 
nicht,  «ondorn  nur  Philippist  gewesen.  Allerdings  ^[^ehörte  er 
nicht  zu  den  extremen  Hitzköpfen  der  Partei,  sondern  nahm 
denselben  Standpunkt  ein.  wi».-  Tierzog  AUtn^cht:  dalier  prä^idirto 
er  aach  im  Februar  15Ö6  der  Biesenburger  Synode,  wo  der 
extrcnio  Funk  widorrafen  und  versprechen  mußte.  d-T  Angs- 
bnrgischen  Gonfession  gemäß  zu  loliren.  Sein  Bruder,  Andreas 
Anri&ber,  Leibarst  des  Herzogs  Albrechtf  war  ein  ganz  ent- 
schiedener Anhänger  Osianders,  dessen  zweite  Tochter  Agnes 
er  in  zweiter  Ehe  zur  Frau  hatte,  und  besaß  großen  Einfluß 
auf  den  Herzog,  dessen  vertrauter  Bath  er  war  und  der  ihn 


650 


Die  Beisü  dos  Vergerius  nach  Polen  1556—1557  etc. 


mehrmals  als  Sendboten  nach  Deatachland  benotete  (Toeppen, 
Gründung  der  Univ.,  pg.  190);  er  starb  1559.  Johannes  Auri- 
faber  verlieü  s^mter  Königsborg  und  starb  1568  zu  Breslau. 

Allem  Anschein  nach",  sagfe  Arnoldt,  Kirchengesch.  pg.  337, 
,,sahe  Auril'aber  das  Gewitter,  «las  bald  (gegen  Fniik  010."»  mf- 
steigen  würde,  und  woUte  sich,  so  viel  als  möglich,  von  Königs- 
berg entfernen/* 

Erhard  Xisus  oder  Sperber  (er  übersetzte  seinen  Xamen 
nach  damaliger  Bitte  ins  Lateinische)  war  1529  in  dem  Pfiur- 
dorfe  Seebnrg  in  der  Nahe  von  Eisleben  geboren,  ireshalb  er 
sich  „Thnringus"  nannte  (die  Angabe  „Segeberg**  bei  Arnoldt, 
Presbyterologie  II,  46,  ist  irrig;  eine  Stadt  dieses  Namens  liegt 
in  Schleswig- Holstein),  wurde  (nach  Amoldt*8  und  Khesa's 
Presbytorologieen)  zuerst  Cantor,  dann  Pfarrer  in  Bartenstein, 
hierauf  HeerjneJiger  in  Königsberg  und  1554  zugleich  Pfarrer 
in  dem  nalie;^'elegenf^n  Dorfe  C^ueduau,  Ostern  15öb  aber  Diaronus 
im  Löbeniciit  zu  Königsberg.  Dieses  Amtes  l.")61  entsetzt, 
"ging  er  nach  Danzig  und  hielt  dort  zum  Danke  für  die  ihm 
bewillig;! 0  lieic  Station  Mittags-  und  Freitagspredigten,  gerieth 
aber  mit  seinen  Amtsgenossen  in  Streitigkeiten  and  maßte  die 
Stadt  verlassen.  1563  finden  wir  ihn  als  den  ersten  latiierischen 
Frediger  in  Qraadens,  von  wo  er  1671  „vieler  anrobigen  Be- 
wegungen wegen**  als  Pfarrer  nach  Weblau  ging.  Hier  wurde 
er  1574  Erzpriester  und  starb  am  29.  Mfins  1606.  Man  hat  von 
ihm:  „Eine  Christliche  Predigt  Vber  der  Introduction  vnd  Ein- 
woisimg,  ilerru  (  ieorgij  UascliiJ,  in  das  Ertzpriestorthumb  viicl 
Pfarrampt  zur  Instorbui  i;  /  etc.  Aus  dem  13.  Capittel  der  Epistel 
an  die  Ebreer  /  daselbst  gehalten,  den  17.  Nouembris,  Anno  1594. 
Gedruckt  zu  Königsperg  in  PreuUen  /  bey  Georgen  Osterbeigern, 
Anno  1595"  (18  Bll,  4<>.). 

Matthias  Stojus  war  (nach  Arnoldt,  Hist.  d.  üniv.  II, 
pg.  299  und  807)  1526  za  Königsberg  geboren  und  Dr.  med. 
und  phüos.  Im  Jahre  1560,  nach  Andr.  Anrifeibers  Tode,  wuide 
er  Leibanst  des  Herzogs,  was  daiiir  za  sprechen  scheint,  dal) 
er  ebenfalls  den  Osiandristen  nahe  gestanden.   Nach  Pisanski 


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Von  Joluumes  Sembrzycki. 


&51 


(1886,  pg.  204)  gehörte  er  zu  den  Gelehrten,  ,,die  damals  den 
Rui  netter  lateinischer  Dichter  behaupteten."  Er  starb  1Ö83 
den  15.  Januar  ak  Prof.  med.  primarius. 

fiastaohiua  Trepka,  dem  wir  in  den  „Duae  Epistolae^' 
unter  dem  Pseudonym  y^nstatius  Theophüus**  begegnen,  stammte 
aas  der  in  der  Wojewodsohafb  Sieradz  (diese  Stadt  liegt  nicht 
weit  Yon  Ealisch  und  von  Ostrowo  in  Posen)  verbreiteten  Familie 
Topor  und  kam  Mb  nach  Posen,  wo  ihn  Andreas  G6rka  zum 
Lehrer  soiner  Söhne  wählte,  mit  denen  er  ins  Ausland,  auch 
nach  AVittenberg.  reiste.  154(5  nahm  ihn  Herzog  Albredit  auf 
Gorka's  Empfehlunc:  mit  nach  Königsberg  und  gewährte  ihm 
ein  Jahrgeld  Ton  100  Mark  mit  der  Bedingung,  protestantische 
Werke  in  polnischer  Sprache  zu  schreiben  oder  in  diese  letztere 
zu  übersetflsen.  Ausserdem  gebrauchte  ihn  der  Herzog  zu  politi- 
schen Sendungen  nach  Groflpolen,  wie  seine  im  Eönlgsberger 
Archive  bewahrten,  bis  1568  reichenden  Briefe  an  den  Herzog 
beweisen  (cf.  Wiszniewski,  bist.  Ht.  polsk.  IX,  pg.  23S).  Trepka 
war  einer  der  eifrigsten  A^^rkämpler  der  ])olnisLhou  Reformation. 
Im  Jahre  1557  bel'anJ  er  sich  ''cf,  die  Bemerkungen  beim 
Schlüsse  dieser  Arbeit)  bei  den  Görka's  in  Posen,  und  im 
folgenden  Jahre  mit  dem  Königsberger  Drucker  Augezdecki 
zusammen  in  Samter  (Szamotuly),  einem  den  Görka's  gehörigen 
Stftdtohen.  Augezdecki  ging  nämlich  nicht  von  Königsberg 
nach  Sambor  (wie  Pisanski,  pg.  143,  hat),  sondern  nach  Szamo- 
tnly  (cf.  Bandtkie,  Historya  Brakard  w  Krolestwie  Polskiem  i 
Wielkiem  Xiqstwie  Litewskiem  etc.  Krakau  1826,  IL  pg.  145}; 
der  Trrthum  erklärt  sich  wol  durch  einen  lapsus  caiami  Pisanski's, 
indem  der  Stadtname  „Samter"  im  vorigen  Jahrhundert  „Sambter" 
geschrieben  wurde,  woraus  bei  undeutlicher  Handschrift  leicht 
„Sambor"  werden  konnte.  Ob  Augezdecki  etwa  derjenige  Drucker 
gewesen,  der  Ewiatkowski's  Uebersetzung  der  Confessio  Augu- 
stanae  fidei  zu  drucken  unternommen  hatte  und  deshalb  außer 
Inhibirung  des  Druckes  noch  zur  Strafe  gezogen  worden  war 
(cf.  meine  Besprechung  von  Celichowski's  Przyczynek  do 
zyciorysu  Marcina  Kwiatkowskiego"  in  der  „Altpr.  Mschr.  *  ib'öO) 


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662 


Die  Reise  des  Vergerios  nedi  Polen  1666—1657  efcc 


ttnd  ob  diese  ünannelimlichkeit  bei  seinem  aacb  sonst  niebt 
gioBen  geschäftlicben  £rfolge  in  Königsberg  ihn  bewogen  habe, 
diesen  Ort  zu  verlassen,  ist  eine  Hypothese,  die  ich  hier  anf' 
stelle.  —  Trepka  scheint  gleichzeitig  mit  seiner  Anloinft  in 

Samter  dem  Ariauismus  sich  zugewandt  zu  liabeu,  weuigstentä 
druckte  er  und  wiflmete  er  dort  unter  dem  auch  in  Königs- 
berg von  ihm  schon  gebrauchleu  Namou  Ostafiej  ■  kl^iurussisch 
—  Eustachius)  Trepka  dorn  Fürsten  Nicolaus  Jiadziwii  oiu  Werk 
des  Bernhard  Ochinus;  ebenso  erschien  1560  in  Pinczöw  das 
von  ihm  an-  <V  vii  Italienischen  übei  -Jt  tzte  und  gleichfalls  Radziwil 
gewidmete  Werk  des  Ochinos  „Traiedya  o  Mszey."  Ueber  seine 
letzten  Lebensjahre  ist  bis  jetst  nichts  bekannt  geworden. 
La  Königsberg  gab  er  heraus: 

1.  Eine  polnisdie  üebersetasung  des  Brentius'schen  Catechi»* 
mu8,  bei  Danbmann  1666  in  4".;  dieselbe  war  bereits  im  Mai 
dieses  Jahres  fen  g  gestellt  (Voigt,  1.  cit.  |  j6). 

2.  Die  PosTÜle  des  Gren;or  Ar.sacius  (Orsacius,  Orüzacki; 
war  Rektor  der  Schulo  mi  Pim  züw  und  geliörte  zu  den  Ueber- 
setzern  der  lludziwii'seheu  Bibel)  unter  Beihille  des  Sebastiis 
Wolinicc  (cf.  Olofif's  ^'■or^ede  zur  Dambrowski'schen  PoetiUe, 
Leipzig  1728),  bei  Baubmaan  1656  in  Folio;  einen  Zusatz  zu 
derselben  1667. 

3.  Eine  polnische  Uebersetznng  des  Büchleins  ,,Lao  spiri- 
tuale^.  Dieselbe  hat  einen  zweifachen  Titel.  Der  erste,  ge- 
wissermaßen eine  Widmung,  lautet:  M^ominet  ftocti  ^gerinö 
^afitcmtt  paim  /  fO{ifo(ato)ui.  Odkoteconego  ''^ana:  SRifblaia  Stdbiitpifo, 
fijiit\M:cin  tt)  Dücc  ^  SBmcdn)ic,yi  SBoidnolrtj  SBtfenfficflO  ic  <Si|no»t 
pian'ifcinii  poflnl.  II.  Timo.  III"  i' Andenken,  welches  Yerixerius 
dem  IkjIh  ii  ir'Trn  Nicolaus,  dum  ersten  Sohne  des  i.)urrh- 
lauohtigon  Herrn  Nicolaus  Radziwil,  Filrsten  von  Otyka  und 
Nie^wiez,  W'^jf^woden  von  Wilna  etc.,  gfsandfc  hat\  Auf  d^r 
anderen  Seite  folgt  der  eigentliche  Titel:  „iWlicfo  ^udjDiunc.  Ka 
farmiciiia  i)  ii>i)d)inuama  (S()r,)ecHHöiifhjc^  3>jiatc!  /  fu  t^twalc  ÜBiMtici" 
(Geistliche  Hilch.  Zur  Ernährung  und  Erziehung  chnstlicfaer 
Eindlein  zum  Lobe  Gottes).   Das  Bttchlein  umfaßt  nur  24  m- 


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Vba  Jobaunes  Sembrzycki. 


m 


paginirte  Blätter  in  klein  Ootsv;  auf  dem  dritt-  nnd  vorletsten 
befindet  sich  ein  Nachwort  Trepka's:  „^o  tego  fto  D\;b,vc  c^cbL 
Cftap^ij  ^rcpfn,"  worin  derselbe  sagt:  „So  reiche  und  kostbare 
göttliche  Speisen  besorgt  dir  Vergor  ins.  der  Mann  Gottes  imd 
Diener  Christi  (nm  dessen  willen  er  Vermögen  und  "Würdon 
verlassen  hat  und  Heiner  mit  Mosea  arm  tnul  niedri<:r  iu  der 
Kirche  des  Herrn  sein  wollte,  dt  nn  in  gottlosen  Palästen  wohnen, 
und  an  allen  Sachen  Ueberfluß  haben)  mit  großem  Bemühen 
nnd  FleiB.  Daher  gebührt  und  ziemt  es  dir,  ihm  alle  Dankbar- 
keit 20  erweisen  nnd  alle  seine  gottesf&rohtigen  nnd  ohristlicben 
Unternehmungen  Gott  mit  innigen  Bitten  ku  empfehlen."  Anf 
dem  loteten  Blatte  stehen  die  Worte:  „S^ctfntil  /  9[(<sanber  Huge^« 
be(f^  / 10  ^oletooi  ^nidlljm.  SQofu  ^andlicgo.  1666."  (Exemplar  der 
Königsbg.  Bibl.  Ce  1071.  8".). 

Dies  Büchlein  bat  iu  neuester  Zeit  zwei  Mal  einen 
wortgetreuen  Abdruck  eH'ahren:  zuerst  bei  Eduard  Böhmer 
„Tnstrnccion  cristiana  j)ara  los  nihos  pnr  Juan  do  Valdes.  En 
ocbo  leuguas.  Christliche  Kinderlehre  von  Juan  de  Vahles. 
Die  Uebersetzungen  des  sechszehnten  Jahrhunderts  ins  Italienisohe, 
Lateinische,  Polnische,  und  neue  aus  dem  Italienischen  ins 
Deutsche,  Englische,  Französische,  Engadinische,  nebst  Back- 
übersetzung  ins  Spanische**  (Bonn  nnd  London,  1883),  und 
sodann  durch  Dr.  J.  Karlowicz  in  den  „Prace  filologiczne" 
(Bd.  I,  pg.  404—438;  Warschan  1886).  Dieser  letztere  Abdruck 
ist  besser  als  der  Böhmersche,  welcher,  wie  Karlowicz  pg.  422 
nachweist,  etwa  20  Irrthümer  enthält;  auch  sind  ihm  biblio- 
graphiscliü  Notizen  über  das  Büchlein  und  gründliche  philo- 
logische Bemerkungen  ül)or  .Sprache  und  I'ebersetzunc;  hinzu- 
gefügt. Nur  der  Angabe,  das  Büchlein  habe  Duodez-Format, 
kann  ich  nicht  beipflichten.  —  Wae  die  Bölimersche  Schriit 
betrifft,  80  ist  die  daselbst  gegebene  üebersetzung  einzelner 
polnischer  Abschnitte  nicht  durchaus  genau,  woran  Ed.  Bdbmer 
natürlich  keine  Schuld  trfigt,  welcher  (pg.  XYIII)  sagt:  „Die 
Üebersetzung  ist  von  einem  Deutschen  gemacht,  und  von  einem 
Polen  durchgesehen."   Es  heißt  z.  B.  „w  leöiech  podesalym" 


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664  IHe  BeiM  dm  Tergerins  nach  Pokn  lESC^-lBB?  etc. 

nicht  ffhinftUigen  Greisen"  sondern  „an  Jahren  hochbetagton" 
(die  dämm  noch  nicht  hinfällig  zu  sein  brauchen)  —  „kn  tasoe 
Ewangeliej*'  nicht  „aur  Liebe*'  sondern  „enr  Gnade*'  des  Evan- 
geliums —  „omyölawa"  nicht  „hat  besorgt"  —  „wolal"  nicht 

„hat  gewählt"  —  „zalecac"  nicht  „uut^irstützeii'';  ßadziwil 
endlich  war  nicht  Herzog  sondern  Fürst. 

4.  „Ksiaika  o  tem,  zkad  wzi(»lo  poozntok  slowo  Bo7.e  a  kt^'tra 
jest  jego  powaznosc."  Von  diesem  1Ö57  zu  Königsberg  ge- 
druckten Werkchen,  von  dem  nur  noch  zwei  Exemplare  vor- 
handen sein  sollen,  sandte  Trepka  einen  Abdruck  an  Hosins 
(£p.  Hosii      nr.  1785,  pg.  844). 

Gleichseitig  mit  Trepka  und  in  gleicher  Weise  war  in 
Eönigsbeig  noch  ein  anderer  Hann  für  die  polnische  Beibrmatiou 
thätig,  der  durch  seine  Schriften  ungleich  mehr  und  Bedeutenderes 
gewirkt  hat,  nftmlich  Sedutian.  Man  sollte  nun  meinen,  diese 
beiden  Verfechter  einer  und  derselben  Sache  seien  Hand  in  Hand 
gegangen;  indeß,  weit  gefohlt:  Trepka  trat  Seclutian  auf  jede 
Weise  entgegen.  Als  der  letztere  im  October  1551  den  ersten 
Theil  seiner  Uebersetzung  des  Neuen  Testamentes  herausgegeben, 
machte  sich  Trepka  alsbald  an  die  Besorgung  einer  anderen  und 
schrieb  am  27.  Mai  1552  an  Herzog  Albrecht:  „(Jollegi  errata 
in  Commentario  Joannis  Seclutiaui,  id  quod  mihi  illustrisiima 
ClementiA  Tua  mandaverat.  Oollegi  inquam,  ex  multis  nonnulla 
et  ea  quidem,  quae  majora  et  fidei  et  doctrinae  contraria 
christianae,  et  quae  hereses  sapere  et  spargere  et  in  corda 
fidelium  eodesiae  polonioae  inspirare  videbantur.  Atque  id  feci 
oandide  absque  omni  calurania,  non  ut  illius  sive  hicro  ave 
gloriu  iuvideam.  sed  ne  errores  taiu  toedi  et 'hereses  tarn  perni- 
(;iose  in  ecclesiam  pulouicam  spurganLiir,  et  no  ]äa  corda  ejusdem 
inüciantnr"  (Wiszuiewski,  hist.  Vit.  polsk.  VI,  pg.  557).  Zum 
Schluijse  heißt  os:  „Praeterea  ollero  lllustr.  Ciementiae  Tuae  hoc 
specimen  futurae  editionis  novi  testamenti  vel  ad  minus  Mathei, 
nondum  ut  deoet  emendatum,  plurimuni  suppHcaus  ut  lllustr. 
Olementia  Tua  vel  saltim  in  editionem  Mathei  consentiat" 
'CTeber  diesen  su  Lyck  in  der  Maletius'sohen  Druckerei  er^ 


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Von  Johumes  SembrzyckL 


555 


schienenen  Yemtcb  einer  üebeneteung  des  Neuen  Testementes 

vergleiche  umii  moiue  Arbeit  ,.XachträgUche  Bemerkungen  zu 
dem  Aufsatze:  Die  Lycker  Erzpriester  Johannes  und  Hioiouymns 
MaleriuH''  in  der  Altpr.  Mschr.  XXVI,  1889,  pg.  m\.  —  In  doni 
kleinen  Büchlein  „Mleko  duchowne"  finden  wir  Spuren,  daß 
Tre])kii  eine  üebersetzung  der  ganzen  Bibel  mindestens  vorge- 
habt habe;  der  Vers  auf  dem  Titelbiattei  2.  Timoth.  3,  14—15, 
ist  ai^betstftiLdig  überaetet,  ebenso  der  auf  Blatt  B  4  citirte 
Sprach  ans  den  Venen  7  nnd  8  dee  96.  (damals  94.)  Psalms. 
Hieranf  weist  auch  Eartowies  (pg.  427)  mit  dem  Bemerken  hin, 
dafi  der  FlonTaiisohe  tmd  der  Pnlawer  Psalter  anders  lautende 
UebersetBungen  hätten. 

Als  Sedutian  1556  eine  polnische  Postille  herausgab,  war 
Trepka  sogleich  mit  einer  andern  (siehe  oben)  bei  der  Hand,  und 
seinen  Bemühungen  ist  es  höohstwalirscheiidicli  zuzuschreiben, 
daß  Seclutian  an  dem  Abdruck  seiner  Auslegung  der  Apostelbriefe 
(1552)  verhindert  wurde.  Woher  nun  diese  Abneigung  gegen 
den  Mann?  Derselbe  war  kein  Freund  der  Osiandristen,  wie 
in  den  ,|Prea8siachen  Zehenden"  m,  pg.  608 — 605  und  621  bis 
693  nsiohgewieflen  wird,  nnd  diese  hatten  damals  noch  die  Macht 
in  Bünden  nnd  bedienten  sich  derselben  In  rdcksichtslo&ester 
Weise.  Es  erUftrt  sieh  nun,  warum  wir  voa  einem  Verkehre 
zwisohen  Vergerius  und  Seolutian,  der  ihm  dooh  wol  bei  seinen 
auf  Polen  gerichteten  Bestrebung  n  in  mancher  Beziehung  hätte 
nützen  können,  kciuo  Spur  linden.  Vergerius  hielt  sich  cbun 
(eigentlich  konnte  er  auch  wol  nicht  anders)  an  die  Partei, 
welche  Einfluß  auf  den  Herzog  und  das  Heft  in  Händen  hatte, 
wenn  er  auch  am  24.  August  1556  an  Herzog  Uhriatoph  von 
Württemberg  schrieb  (Brief'w.  nr.  47,  pg.  137);  „manibus  pedi- 
busque  laboravi  pro  concordia  hu  jus  eeolesiae  cum  nostris  ecclesiis 
.  Qermaniae;  ante  omnia  liberrime  looutus  cum  illustrissimo  hoc 
principe  ao  dixi,  debere  suam  celsitndinem  abjicere  illud  dogma 
Osiandricum,  quod  tantam  vastationem  peperit  in  hao  eoolesia 
atque  schola,  quae  omnino  desolata  est."  So  schreibt  er  auch 
(Briefw:  nr.  45,  pg.  134)  über  den  Hoi^rediger  Funk:  „Yideretur 


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556 


Di«  BaiM  des  VorgerioB  nadi  Po1«b  1666—1667  eto. 


onmino  19  Fimctius  utpote  tnrbnlentna  homo  allegandns/'  wshemt 
aber  doch  mit  demselben  frenndaobafUioh  Terkehii  eu  haben; 
denn  eines  der  in  der  Königsberger  Bibliothek  befindlichen 
Exemplare  seines  Buches  „De  reverendissimo  D.  Stanislao  Hosio" 
trägt  die  eigeuliaudige  Detlicatioii  des  Vergerius:  „Beverendo  at<|^ 
eruditiss.  D.  Functio''  (so  schriöb  Vorgt-rius  stets  Fnnk's  Xamou). 

Andrzej  Trzycieski  f^Tr^icieski,  Trzeciecki.  Tricesiua). 
Daß  dieser  polnische  Dichter  unter  dem  Pseudonym  „Virilius 
Musaeus  Hyporeas*'  verborgen  nm\  somit  der  Verfasser  der 
„£legia  de  sacrosancti  £vangelii"  etc.  sei,  bezeugt  Janoski 
(„Nachricht"  etc.  I,  pg.  64),  welcher  anch  („Naehiioht*'  eto*  H, 
pg.  61|  62;  ,^anociana"  1776,  pg.  273^278)  ansfbhrliohe  Nach- 
richten Aber  das  Leben  nnd  die  Schriften  desselben  giebt,  die 
bei  Wisssniewski  (VI,  465  f.)  wiederholt  werden,  wfihrend 
Bnkowski  (I,  308—11;  II,  309,  372)  einiges  Neue  hinznfügt. 
Danaeli  hatte  <m-.  nachdem  er  von  seinem  Vater,  eiuom  Schüler 
des  Erasmus  vou  li'otterdnm,  Besitzer  einer  vorzüglichen  Biblio- 
thek, den  ersten  Unterricht  erhalten,  in  Krakau  studirt  und 
sodann  eine  Ucise  durch  den  größten  Theil  Europas  gemacht. 
Ka<  h  seiner  Heimkehr  hielt  er  sicli  mit  dem  Dnicker  Wojewodka 
in  Braei$ö  auf,  welche  von  liadziwil,  ihrem  Starosten,  in  jeder 
Hinsicht  begflnstigte  Stadt  damals  als  Hanptort  der  reformatori* 
sehen  Lehre  in  Litauen  gelten  konnte.  Badziwü  hatte  daselbst 
eine  evangelische  Gemeinde  gegründet,  zu  deren  ersten  Geist* 
liehen  der  gelehrte  Simon  Zacius  von  Proszowice  gehörte;  auch 
errichtete  er  dort  eine  Schule,  und  ans  der  von  Wojewodka 
angelegton  Dnickerei  ging  die  l)onilimle  liadziwirsche  Brze.scier 
lUb'  l Übersetzung  hervor.     An  den    Aufentlialt   Trzycieski's  iu 

BrzcaC  erinnert,  aueh  der  Ani'ang  seiner  Elegie: 

Tu  ue  etiara  sacrae  tiiuios  o  BRESTA  SarepUi«, 

Et  decii»  BeteniR  posteritate  feres? 
Cujus  qoando  videt  Papista  superbos  et  ameoB, 

Exigiias,  v«.'re  rustica  tecta,  tlomos 
Solvitur  in  risiis,  Clinstiimque  veniro  sub  UttftB 

Nos  admiratnr  oredero  possA  rn<5as, 
Att^uc  luiniiles  ejus  se<Hari  mailu  luinistros 

Sacri  Evacgelii  qui  ruda  dogma  doooit. 


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Von  Johanneg  Sembrzycki. 


657 


Ueber  Wojewodka  schreibt  Simon  Maricins  ain  25.  Jiuiuar 
1554  an  Hosius  (Ep.  Hosii  II,  pg.  402,  nr.  1182):  „Bemardus 
Voievotbka,  civis  Craooviensis,  diatractis  rebus  suis  Brestiam, 
qaae  in  Lithuania  est,  commignivity  ubi  aactoritate  Palatini 
Vilnensis  Badiviü  yertit  Luteranos  Hbros  in  lingoam  Polonicam 
80  in  vnlgom  edit.   Emisit  iam,  nt  audio,  Brenoii  catechismnm, 
Luteri  item.    Cetera  meditatnr  non   segniter."     Jedoch  bald 
hemmte   der   Tod   Wojewodka    in    sciuüiii   Wirken;   denn  am 
1.  Aiif^^iist  1554  berichten  Lucas  Aquilinus  und  Dr.  Sabinus  aus 
Wilua  au  Hosius  (Ep.  Hosü  II,  pg.  456—57,  nr.  1263—64), 
da6  er  beim  Baden  ertrunken  sei.    „Impressor  ille  Brestensis 
ante  nnam  Hebdomadam  in  flnvio  Brestenai  est  submersus,^' 
schreibt  Dr.  Sabinas.    Ntin  verlief  auch  Trssycieski,  vie  es 
scheint,  bald  die  Stadt;  wenigstens  nahm  er,  wie  wir  wissen,  an 
den  Synoden  zn  Ko^minek  (24.  August  bis  2.  September  185B) 
und  Secymiu  \2l.  Januar  1556j  als  einer  der  Deputirten  drs 
kleinpolnischen  protestantischen  Adels  Theil.    Zwistigkeiten  mit 
seinen  Genossen  auf  diesen  Synoden,  von  denen  er  in  Folge 
davon  unedler  "Weise  und  wol  mit  Unrecht  —  denn  in  der  Art 
niederer  Seelen  liegt  es,  einem  lebenslustigen,  geistig  über  ihnen 
stehenden  Manne,  dem  sie  sonst  nichts  anhaben  können,  wenigstens 
in  moxaliscber  Beziehung  etwas  ansuhftngen,  —  als  Trunken- 
bold, der  in  ihren  Ang<>legenheiten  Verwirrung  angerichtet  habe, 
bezeichnet  wurde,  scheinen  ihm  den  Aufenthalt  in  seiner  engeren 
Heimath  Kloinpoleu  verleidet  zu  halfen.    Dali  er  sich  1556  in 
Leipzig  habe  immatriculiren  lassen,  berichtet  St.  Tomkowicz  in 
seiner  Arbeit  ,,Polacy    na  uniwersytecio   lipskim"  („Przogli\d 
polski^^,  1881,  pg.  443);  jedoch,  kann  sein  Aufenthalt  daselbst 
nur  Ton  kurzer  Dauer  gewesen  sein;  denn  bald  sehen  wir  ihn 
in  Königsberg.  Für  einen  längeren  Aufentbalt  an  diesem  Orte 
spreoken  Trzycieski's  literarische  Arbeiten:  die  Aufnahme  seiner 
Elegie  in  den  zweiten  Theil  der  „Duae  Epistolae'*  —  die  ver- 
sprochene, aber  auf  ein  Dodecastichon  beschränkt  gebliebene 
Ikütarbeiterschalt  an  der  lateinischen  Ausgabe  des  ,,Lae  si)iriiua!<  '' 
—  eine  gi^ßere  Anzahl  von  ihm  gedichteter  geistlicher,  im 


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608 


Die  Bfliie  des  Teiigiariiu  nAoh  Pete  1666—1667  etc. 


Sedlntianiflohen  G^esangbiich  befindlicher  Lieder.  Auch  sa  dem 
Entstehen  der  innigen  Freundflohait  swieohen  Veigeriiu  und  ihm 
gehört  ein  längeres  nnd  vertranteres  Znsammenleben^  als  diee 

bei  den  kurzen  Besuchen  des  Vergerius  in  Wilna  möglich  ge- 
wesen wäie.  Vergerius  widmete  ilirn  sein  Jinchlcin  .,De  reveren- 
dissimo  JJ.  Stanislao  Hosio"  mit  folf^endeii  AVorten:  .,Doctis?imo 
Viro  D.  Andreae  Tric  esio  Equiti  Polono",  und  ,.Vale  mi  frater, 
pridie  caleudis  Martij.  M.D.LX.  Tuns  Athauasitia",  so  lautet  die 
Unterschrift  am  En<lp 

Im  Jahre  1557  betand  sich  Trsycieski  bereita  in  Biensten 
des  Königs  Sigismond  Angnat  und  nnter  dessen  Gefolge  in 
Litauen,  lebte  später  von  einer  ihm  von  dem  Könige  Stefan 
Batory  ansgesetaten  Pension  nnd  starb  1683.  Er  stand  in 
freundschaftlichen  Besiehnngen  an  den  bedeutendsten  Männern 
Polens  und  war  seiner  dichterischen  Arbeiten  wegen  geschätet. 
Von  seiuen  zaLlreicheii  "Werkeu  «uien  iiiu  noch  füllende  hier 
angeführt:  eiiio  Biorrraphie  Heines  Freundes  Rfj  von  Naglowice, 
„Joannis  a  Lasno  viri  clarisaimi  Epicedion,"  und  endlich 

„De  Liporaani  ingresau  ot  progressu  in  Polonia. 
Carmen  ad  studiosoa  verit^itis.  Quem  sancta  lingua  dicit:  Gibbor 
Soheloscliasch  (Gibbor  hebräisch  s.  v.  a.  Andreas,  Scheloschasch 
8.  V.  a.  der  dhtte  [poln.  trzeoi],  abo:  Andnej  Trzecieoki).  Wisa- 
niewshi,  nach  dem  hier  oitirt  wird,  nennt  dies  Werk  ,^nfiar- 
ordentlioh  selten^'  (VI,  270),  sagt  aber  weder  über  Druck-Ort 
und  «Jahr  etwas,  noch  wo  es  sich  befinde  oder  woher  er  seine 
Notiz  habe.   Dies  ist  sehr  zu  bedauern. 

In  Betreif  der  Pseudonyme  „Christianus  Liberius  Verax 
Luceoriensis  '  und  „Prudentius  Cai  hinnius"  habe  ich  nur  Ver- 
inutliung<'n.  Luceoria  ist  der  latoinisch»^  Xame  der  Haupt^>tadt 
der  Wojewodschaft  Wolynien,  Luck  i„Starozytna  Polska"  18S6, 
III,  pg.  vielleiclit  steckt  also  nuter  dem  ersten  Pseudonym 
jener  Sebastus  WoHniec  (Wolynieo  der  Wcrfynier,  Be- 
wohner Wolyniens),  welcher,  wie  der  genaue  Kenner  der  evan- 
gelisch-polnischen Literatur,  der  Thomer  luther.  Pastor  Ephimim 
Olofi,  in  seiner  Vorrede  su  der  Leiaiger  Ausgabe  der  Dambrowski- 


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Von  Johannes  Sembrzjcki. 


559 


nohen  Pfwiille  von  1728  berichtet,  ziisammon  mit  Trepka  den 

Druck  und  die  Correctur  der  Orsaciua'schon  Postillo  vuu  155(5 
bewirkte. 

Was  Oaohinnins  (von  cachinnaro,  lant  und  ausgelassen 
lachen]  angeht,  so  besitzt  dio  Königsberger  Bibliothek  im  Sammel- 
bande Ca^  19  8ub  nr.  10  ein  14  Bl.  4°.  starkes  Schriftchen 
„Paolos  Gachinnins  Yratislaviensis,  Petro  Bisinio  Graooviensi 
pio  Joanne  Hesso,  Parocho  sao"  mit  dem  DrookTermerk  am 
Schlosse  „Yratislayiad  apndCasparem  Lybisch.  AnnoM.D.XXI]II.*' 
Anf  der  ycxrletaten  Seite  befinden  sich  Epigramme  „Laohinnios 
(eicO  Bisinnio  sao"  ond  „Michael  Panaceas  pro  Hotteno,  quem 
Bisinnius  Stratiotioom  appelavit."  Nach  Estrejoher  (B.  P.  d. 
16.  n.  16.  Jahrb.)  ist  Risinnius  =  Ricinius  =  Rysirtski,  einem 
Schriftsteller  in  Krakau;  Erkundigungen  in  Breslau  uiich 
Cachinnius  mn\  Pauaoeas  idurt-li  den  verstorbenen  Dr.  Altermann) 
blieben  fruchtlos.  Sind,  wie  wol  an  zunehmen,  Paulus  Cachinnius 
und  Prudentiua  (Jacbinnius  identi.ssch,  so  war  diese  Persönlichkeit 
1556  schon  ein  Siterer  Mann  und  ein  Breslauer,  vielleicht  durch 
die  Osiandristen  nach  Königsberg  gezogen«  Johann  Hess,  Prediger 
m.  Breslau,  var  ein  Freond  Osianders  ond  staib  etwa  1647. 

Hit  den  anf  den  letzten  Blättern  besprochenen  and  viel- 
leicht noch  andern  Schriften  (denn  möglicherweise  filllt  auch 
das  ^Carmen**  des  Trsyoieski  „De  Lipomani  ingressu  et  pro> 
gressn  in  Polonia^  in  diese  Zeit)  ausgerüstet  und  voll  froher 
Hoffnung .  („res  certe  multo  felicius  succedunt,  quam  initio 
speravi"  —  „de  rege  et  refjiiia  habco  etiam  multo  meliora  nova 
et  certiora,  <[uam  iniiiu  habuerim"  —  schreibt  V.  am  14.  Oktober 
au  Herzog  C'hristoph)  machte  sich  Vergerius  in  der  zweiten 
Hälflc  des  Ootober  zom  zweiten  Male  auf  den  Weg  zu  Radziwil 
nach  Wilna,  von  wo  er  am  29.  October  an  Herzog  Albrecht 
berichtet,  er  habe  eine  sehr  ehrenvolle  Aufnahme  gefimden, 
alle  Protestanten,  insbesondere  diejenigen  italiemsoher  Abkunft, 
hfttten  sich  am  ihn  geschaart  und  er  ihnen  bereits  einmal  ge- 
predigt, was  er  noch  ein  paar  Mal  m  thun  gedenke,  femer 
werde  er  am  folgenden  Tage  eine  Audienz  bei  der  Königin 


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660 


Die  Eei«e  des  Vergerius  nach  Polen  1666—1667  etc. 


I 


haben  (^craii  salutabo  Ser™^  Begmam**),  endlich,  der  (00  sehnlich 
erwartete!)  Beiohstag  aei  nunmehr  auf  den  Andreastag  (SO.Kovbr.) 

festgesetzt  worden.  —  In  seiner  in  dem  Briefe  ebenfiüls  «aa- 
gesproclit'ueii  Aiiiialime  einer  baldigen  Rückkehr  irrte  sich 
Vergerius.  denn  noch  bis  etwa  zum  IL  November  blieb  er  in 
Wilutt,  dui'ch  Kede,  Corrcsponden?.  und  8(;hrifrvert!)eilung  ifir 
den  Protestantismus  wirkend  und  mit  hervorragenden  Katholiken 
disjnitirend,  so  mit  Augustinas  liotundus  (Juris  ü.  Dr.,  Secr. 
Begios),  wie  dieser  selbst  an  Hosios  beriohiet  (£p.  Hosii  II, 
pg.  806,  nr.  1789).  Was  Sizt  pg.  401  scmst  noch  erzählt,  beruht 
auf  Irrthum.  Den  „Qrafen  Tamow^  (Tamowski)  lernte  er  nicht 
kennen,  sondern  sendete  ihm  nur  einen  Brief  (cf.  weiter  unten); 
er  wurde  nicht  „sofort  mit  nach  Warschau'^  genommen  (nicht 
einmal  zur  Hin-  und  Bfickreise  an  und  fttr  sich,  den  etwaigen 
doch  miudesiüus  mohrüigigen  Autt'ntLult  in  Warschau  gar  nicht 
eingerechnet,  hätten  die  Tage  vom  29.  Octbr.  bis  11.  Novbr, 
hingereicht^  er  traf  also  dort  auch  iiiclit  mit  Liporaanus  zu- 
sammen u.  8.  w.  Kr  kam  endlich  auch  in  Wiina  nicht  „mit 
allen  Schichten  der  Bevölkenmg'^  in  Berührung,  aus  dem 
einfachen  Grande,  weil  er  der  Sprache  des  gemeinen  Mannes 
nicht  kundig  war. 

Auf  der  Eftckreise  langte  Vergerius  in  der  Nacht  vom 
15.  zum  16.  November  in  Taplacken  vor  Wehlau  an  (Sixt 
pg.  634,  Brief  II)  und  war  am  18.  „incolumis  ae  laetns,  ob  res 
foeliciiter  güstas"  (ibidem)  wieder  in  Königsberg.  Hier  hatte  er 
sogleich  eine  Unt<  rredung  mit  dem  kurz  vorher  eingetroffenen 
Famulus  Stanislaus  des  mit  ihm  bereits  seit  Anfang  de&  Jalu-es 
in  V^^rhindunp^  stehenden  Franciscus  Linnianin,  welcher  letztere 
anfangs  dem  Franziskanerortien  angehoi-t  hatte  und  Beichtvater 
und  italienischer  Hofprediger  der  Königin  Bona  gewesen  war, 
alsdann  aber  zur  helvetisclieu  Confession  übertrat  und  in  Glaubens' 
angelegenheiten  eine  Beise  durch  Italien,  die  Schweiz  und  einen 
Theil  Deutschlands  unternahm.  Auf  demBüekwege  berührte  er 
im  Januar  oder  Februar  1556  auch  Stuttgart,  wo  ihn  Hersog 
Christoph  auf  des  Vergerius  warme  Empfehlung  hin  sehr  gnädig 


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Von  Johanne*  Sembrzycki. 


561 


anfiiahm  und  wo  er  auch  mit  Brentins  in  gutes  Einvernehmen 
trat  (Fontes  Rerum  Austriacarum,  2***  Abth.,  XIX,  pg.  221  und 
234).  Nach  seiner  Anfang  März  erfolgten  Heimkehr  hielt  Lis- 
manin  aich  bei  Krakau  auf  und  entwickolto  iu  Kleinpolen  eine 
lobluifte  Thätigkeit  für  das  Evangelium.  Seine  Gegner  wnöton 
ihn  aus  diesem  Grunde  bei  dem  Könige  als  einen  Sacramentirer, 
d.  h.  als  einen  selbst  mit  den  Lehrsätzen  der  Protestanten  nicht 
übereinstimmenden  sectirerischeu  Neaerer,  anzuschwärzen,  und 
erwirkten  es,  dafi  er  proscribirt  wurde,  weshalb  er  sich  ge- 
nöthigt  sah,  seit  liitte  1666  einige  Zeit  hindurch  sich  verborgen 
za  halten. 

Auf  das  Eiligste  machte  sich  Vergerius  alsdann  an  die 
Ausarbeitung  eines  neuen  "Werkes,  welches,  wie  er  in  der  Vor- 
rede selbst  angiebt,  besonders  fiir  den  bevorstehenden  Reiclistag 
berechnet  war  und  die  ])äpstlichorsoits  auf  Reichstagsniitglieder 
geltend  gt-inai-litfn  Einflüsse  paralysiren  sollte.  Pa]ist  Paul  IV. 
hatte  nämlich,  bemüht,  den  üblen  Resultaten,  die  er  von  dem 
in  naher  Aussicht  stehenden  Rei(?hstage  für  den  Katholioismus 
in  Polen  besorgte,  nach  Möglichkeit  vorzubeugen,  am  1.  August 
gleichzeitig  an  den  König,  an  den  Unterkanzler  Frzer^bski,  an 
den  Kastellan  von  Krakau  und  Kron-Oro(3hetmann  Tamowski 
und  endlich  an  die  weltlichen  Senatoren  des  Königreichs  Polen 
Briefe  gerichtet,  in  denen  er  die  Empfänger,  und  zwar  jedesmal 
in  anderer  den  Verhältnissen  angepaßter  Weise,  ermahnte,  dem 
Glauben  der  Väter  treu  zu  bleiben,  die  Rechte  der  Kirche  zu 
schützen  und  energisch  gegen  die  Neuerer  aufzutreten.  Dem 
Nuntius,  ilem  er  wol  die  Aushändigung  dieser  Schreiben  über- 
trug, gab  er  die  W  eisung,  sofort  nach  Beendigung  des  Reichs- 
tages nach  Born  zurückzukehren,  wo  seine  Anwesenheit  sehr 
nOthig  sei.  Lipomamis  hat  die  Abgabe  der  Schreiben,  da  der 
zuerst  auf  den  Bartholomäustag  (24.  August),  dann  aui  den  Tag 
der  Kreuzeserhöhung  (14.  September)  festgesetzte  Beichstags^ 
termin  immer  weiter  hinausgeschoben  wurde,  jedenfalls  ver- 
zögert, damit  der  Eindruck  der  päbsilichen  Worte  im  Laufe  der 
Zeit  nicht  zu  sehr  verwischt  werde;  denn  erst  am  1.  Oktober 

Altpr.  MoD»tMolirifk  Bd.  XXVn,  H«a  7  a  a  m 

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562         l>ie  It«iae  des  Vergerios  naofa  Polen  1686—1667  etc. 


gelangten  sie  in  die  Hände  der  Adressaten  (laat  Vermerk  auf 
dem  Briefe  an  Tamowski,  in  der  Yergerius'solien  Ausgabe). 

Die  Briefe  an  die  Senatoren  nnd  an  Tamowski  wnrden,  jeden- 
falls duii  Ii  letzteren  selbst,  der  durch  IxadzlwiTs  Frau  zu  diesem 
in  verwaudsL-hati licliea  Ikizieluiugeu  »tand.   alsltald  abscliriftlioh 
naoh.  Wilua  gesandt,  wo  sie  Vergerius  vortand,  der  sogleich 
Tamowski  mittbeilte,  er  werde  Sfliolien  zu  denselben  verfassen 
(„Scripsi'^,  sagt  er  in  seiner  vom  1.  December  datirten  Vorrede 
fisn  den  „Scholia  in  binas  Pauli  Papae  litteras",  ,,oQm  ante  XX. 
dies  adhuo  essem  Vilnae,  missumm  me  propediem  scbolia  in 
Papae  literas,  eas  soilicet,  «inas  non  ita  pridem  ad  IHnstrem 
Dign.  V.  atque   ad  Magnos   Poloniae   senatores  do  lit.  Mitl-^ 
itiique.")  nnd  auch  Herzog  Albreobt  bereits  am  20.  Oetober  von 
dieser  seiuer  Absicht  unterriciitete  („Papa  ol)  eam  causam  serip^^it 
duas  littei^as  quarum  exemplum  mitto,  contra  quas  necesse  est 
me  aliquid  scribere  ubi  rediero";  Sixt  pg.  533,  Brief  I).  Innei> 
halb  zwölf  Tagen  (vom  18.  bis  90.  November)  stellte  Vergerins 
denn  auch  seine  „Soholia  in  binas  Panli  Papae  hnjns  nominis  ml. 
litteras"  fertig,  auf  deren  Titelblatt  er  die  Worte  2.  Corinther  11, 
V.  14—15,  setzte:  „Sathan  transfigurat  se  in  Angelum  Inck 
Non  est  ergo  maguum.    si  minister  ejus  transfifiruretur  velat 
Miuiäier  justiciae.  "    Druekort   nnd  Dmckor  sind  nirlir  geiiaiiüi, 
jedoch  unzweiielhafl  Königsberg  und  Daubmann.    In  der  an 
Tamowski  gerichteten,  zwei  Blätter  um&ssenden  Vorrede  des 
(84  anpag.  Blätter  in  klein  8^  starken)  Bnehes,  nntenseiohnet 
„Vergerius  servas  Jesu  Christi",  bittet  er  Tamowski,  f)lr  'Weite^ 
Verbreitung  des  Buches  Sorge  tragen  zu  wollen,  welches  er  gsm 
ausführlicher  gestaltet  hätte;  „sed  non  erat  ooinm,  quo  potniswm 
Imigius  expaciari.    Si  duntaxaL  iu  usmn   istius   (Muiventus.  Ifoc 
quicquid  luit  laboris  surnebam:   id  erat  in  primis  praestan'ltim. 
ut  in  tempore  mitterem."  —  Den  SchluJj  der  Scholia  mödit« 
ich  hier  wörtlich  anführen;  er  lautet: 

„Sed  iam  fiuem  faoio  Polonia,  oro,  itaqoe  on> 
aetemum  patrem  D.  N.  Jesa  Christi,  ut  tibi  Semper 
adsit,  actionesque  omnes  tnas  dirigat  spiritn  soo  sanc^ 


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Von  Johannet  Sembrzyrki. 


663 


praesertim  eas  qusfe  inhoo  conventa  tibi  sUBcipientnr, 
qtiae  prorsiis  maximi  momenti  futurae  sunt. 

niud  testatnm  simnl  uelim,  me  cum  baec  Scbolia 
scripaerim,  non  babuiaae  in  animo  porstringere  tnoa 
D.  Episcopos,   (jnibus  orania  foelicia  precor,  nc  prae- 
sertira  liicem  ex  alto,  his  scilieet  (jni  adhuc  ambulant 
in  umbra  mortis.    Quutiescninjnn   iiiitom  de  membris 
et  creatiiris  Paparnin.  aiit       Pupi«tis  mfiitionem  ft^ri, 
me  intellexisse,  de  mmistris  illis,  quorum  opera  in 
impediendo  cursu  Euaugelii  ntitur  Papa.   Nam  cum 
hoo  et  cum  illis  ftiturtim  est  mihi  sempiternum  bellam 
qiialis  cnnque  sim/' 
Als  Anbang,  „ne  vacaient  bae  postremae  pagellae",  folgt 
dann  nocb  „fortins  ez  tribus  Jniametitis,  quibns  Episcopi  Papis 
86  obatringQnt*'.   Die  letetea  drei  Seiten  sind  aber  doob  nocb 
leer  geblieben. 

Die  literariscbe  Tbfttigkeit  des  Vergerins  in  der  Zeit  vom 
18.  November  bis  zum  Beginne  des  Reiclistages  beschränkt  sicli 
aber  nicht  auf  die  Scholia  allein;  sie  ist  vielmehr  eine  fast 
fieberliaft  7.n  neniionile.  Er  bearlx-iiete  nämlich  ini*l  gab  heraus 
die  Sciiriften:  Lac  spirituale  (ursprünglich  verfaüt  von  dem 
1541  verstorbenen  Juan  de  Vakles,  nach  Ed.  Böhmer  „dem 
hervorragendsten  evangelisch  -  reformatoriscben  Schriftsteller 
Spaniens**;  ins  Lateinische  ttbersetet  und  bearbeitet  von  Ver- 
gerinsi  der  aber  in  der  ersten  lateinischen  Ausgabe  gar  nicht 
sagte,  daB  es  üebersetssnng  sei,  und  daher  lange  Zeit  &kt  den 
Verfasser  galt;  cf.  Böhmer)  —  Formnla  fidei  —  Joanms  Brentii 
libellus  aureus  (Prolegomen a).  Außerdem  erw&bnt  Wiszniewski 
(VI,  33öj  noch  von  iliin:  „Ad  Senatores  Poloniae  omnesque  Pro- 
ceres R-egni,  Carmen  Paraeueticum  1550.  In  dieser  sehr  selreimn 
Schi'ift  beschreibt  er  den  Nuntius  Lipomanns  aln  WcrkzrnL;  dor 
Tyrannei  und  eines  großen  Verbrechers.  Die  Ausdrücke  be- 
leidigend, die  Poesie  schlecht."  Da  jedoch  Wisziiiowski  weder 
seine  Quelle  noch  den  Ort,  wo  diese  Schrift  sich  befinde,  niit- 
getheilt  hat^  ist  es  mir  nicht  möglich,  die  Bichtigkeit  seiner 

86» 

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664 


Die  Aeise  des  yerg^Brins  tMth  Poten  1666^1667  etc. 


Angabe  zu  prOfen.  Es  möge  Hier  gleich  erw&hnt  sein,  daß 
Wiizniewslu  unter  den  wenigen  Solmften  von  VergeriiUf  welche 

er  als  ffXr  die  polnische  Liieratiirgeschichte  wichtig  nennt-,  auch 
j.AtliaiKi.sii  Scbolia  ad  iieginaldi  Poll  oratioiicm'^  (aus  dem 
Jahre  1554;  8ixt,  Index  41)  aufftihrt.  Er  hat  nämlirh  ,.uii  K^sr. 
Pol.  orationem'*  und  mui]  geglaubt  haben,  die  abgekürzten  Worte 
lauteton  „Kegis  Polouiae"!  Solche  Vorkommnisse  geben  das 
Keoht,  Wis2mew8ki*8  Glaubwürdigkeit  auch  an  anderen  Orten 
anzosweifeln.  Da0  die  Abfassangszeit  des  ohne  Drackjahr  er- 
schienenen „Lac  spiritnale"  gerade  in  diese  nnd  weder  in  eine 
frühere  noch  in  eine  sp&tere  Zeit  m  setzen  sei,  daf&r  liefert  die 
bereite  früher  besprochene  Trepka'sch«!  Ueborsetzuiig  die  Beweise. 
Der  erste  Titel  bezeichnet  das  Bücldein  nämlich  als  ein  An- 
denken, welches  Vergerius  dem  jungen  Radziwil  gesandt  hal  t^ 
(poslal).  Dieses  Wort  in  Verbindung  mit  dem  am  Schlosse  der 
lateinischen  Ausgabe  befindlichen  Vermerk  „Ex,  Italico  versus 
est  etiam  Gennanice  et  Polonice''  sagt  uns,  daß  beide  Ausgaben 
gleichzeitig  erschienen  sind,  zu  welcher  Annahme  auch  Böhmer 
und  Karlowicz  hinneigen.  Wfire  etwa  die  polnische  TTeb«^ 
Setzung  früher  herausgegeben  worden,  als  die  lateinische  Be- 
arbeitung, so  luitte  Trepka  von  der  Uebersendung  der  letztem 
nicht  wie  von  einer  vollendeten  Thatfäiehe  sprechen  und  nicht 
sagen  können  ,,posta}''.  Der  Annahme  eines  späteren  Erscheineoa 
aber  steht  der  Schi ul3 vermerk  in  der  lateinischen  Ausgabe  ent- 
gegen; „versus  est'^  hat  hier  offenbar  die  Bedeutung  „ist  übe^ 
setzt  und  gedruckt**,  da  der  Ausdruck  auch  in  Bezug  auf  die 
deutsche,  bereits  1555  zu  Tübingen  (nach  der  ersten  1564  eben- 
daselbst erschienenen  lateinischen  Auagabe)  gedruckte  Ueber- 
solzun^  gebraucht  ist.  Beide  Ausgaben  sind  also  ghnchzeitig 
erscliienen  und  zwar  1556,  welche  Zahl  die  polnische  Uebe^ 
Setzung  hat.  Nach  seinem  ersten  Aufenthalte  in  Wilna  nim 
kann  Vergerius  das  Buch  nicht  lieraasgegeben  haben,  da  er 
dasselbe  sonst  dem  jungen  Badziwil  nicht  gesandt,  sondern  b« 
Gelegenheit  seines  zweiten  Aufenthalts  selbst  übeneicht  hatte, 
um  den  Dank  dafür  persönlich  einzuernten.   Es  bleibt  also  ftr 


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Vom  JohaaiMB  ScoonbrqrckL 


665 


das  Erscheinen  nur  die  Zeit  nach  der  zweiten  itückkehr  aus 
Wilna  bis  zur  Abreise  von  Königsberg  übrig.    Vor  der  letzteren 
war  Yergenus  sichtlich  bestrebt,  alle  seine  Angelegenheiten  zu 
ordnen,  da  er  beschlossen  hatte,  ans  Soldan,  wohin  er  zunttohst 
ging,  nicht  mehr  nach  Königsberg  snrQckznkehren,  sondern 
seine  Heimreise  anzntreten,  nnd  außerdem  in  der  Hoffnnng, 
auf  dem  polnischen  Reichstag  eine  Rolle  zu  spiel oii,  bewegten 
Wochen  entgegensah,  in  denen  literarisch  thätig  zn  sein  ihm 
vK'lleicht  nicht  möglich   sein  würde.    Daher  die  Eile,  mit  der 
er,  weil  seine  Abreise  des  Reichstags  wegen  unaufschieblioh 
war,  manches  fertigstellen  muBte,  nnd  welche  ihn  offenbar  zwang, 
die  anf  dem  Titelblatte  des  Lac  spiritnale  verheiBenen  Gedichte 
des  Tr^oieshi  nnd  des  Stojus,  welche  vielleicht  dnich  S&nmnifi 
der  Yer^Mser  noch  nicht  eingegangen  waren,  wegssnlassen,  so 
daß  das  Bnch  am  Schlüsse  drei  leere  Seiten  hat  (Exemplar  der 
Königsberger  Bibliothek  C  a  228.).    Das  Fehlen  des  poetischen 
Anhanges   in  sämmtlichen  bekanutt>n  Exemplaren  (außer  dem 
erwähnten  in  der  Bibliothek  des  Grafen  Tamowski  xu  Dziköw 
in  Gblizien  und  in  der  Wolfienbütteler)  ist  bereits  Böhmer  und 
Eaiiowicz  aufgefallen,  doch  blieb  die  Ursache  dieser  seltsamen 
Erscheinung  bisher  nnerkl&rt.   Karlowicz  wirft  die  Frage  anf, 
ob  die  hier  ungedmckt  gebliebenen  Gedichte  Trzyoieski's  viel- 
leicht in  seinen  spftteren  Werken  sich  finden  mögen:  es  ver* 
lohnte  sich  wol,  dem  weiter  nachzuforschen. 

Schließlich  sei  bemerkt,  daß  die  Königs! »oriror  Ausgabe  des 
Lac  spiritnale  nicht  etwa  ein  bloßer  Neudruck  der  Tübinger 
von  1554  ist,  sondern  zahlreiche  Aendemngen  und  Verbessemngcn 
enthält,  deren  wichtigste  Karlowicz  an  der  Hand  von  Trepka's 
Uebersetanng  nachweist  (Prace  filologiczne  I,  pg.  418—419). 

Etwas  später  als  die  eben  besprochenen  Werke  erschienen: 
die  Fonnula  fidei  nnd  die  Prolegomena,  deren  Vorreden  das 
Datum  „Regiomonti,  Idibus  Decembris"  tragen.  Dali  Vergerius 
am  13.  December,  volb^  ueht  Tage  nach  dem  F.oginne  des 
Reichstages,  noch  in  König.sberg  verweilt  habe,  ist  nicht  recht 
glaublich.    £r,  dessen  ganzes  Denken  und  Streben  auf  den 


566 


Dm  Beil»  d«s  VorgerioB  nach  Polen  1556— 1Ö&7  etc* 


ßeicbstag  sich  richtet  (?,  uaro  am  liebsten  geradezu  nach 
Warschau  gegangen;  da  dies  aber  vorerst  nioht  thttnlich  ers»  Iii-"  , 
weil  er  keine  direkte  Einladung  dasa  erhalten  hatte  und  weil 
ihm  in  Warschau,  wo  er  keine  Beschützer  von  solcher  Macht 
wie  Badziwil)  besaß,  Gefahren  drohten,  so  wollte  und  mnBte  er 
im  Interesse  der  protestantischen  Sache  Warschan  wenigstens 
HO  nalie  sein,  imi  bei  einer  dies  für  passend  oder  nöthig  er- 
selioinen  laiJseinlüii  Wendung  der  VeihantUun^en  -gleich  per- 
sünlich  mit  Energie  oingreiten  zu  können.  Dies  war  aber  nicht 
möglich,  so  lange  er  in  Königsberg  blieb,  aus  dem  ein£»cheu 
Grunde,  weil  die  Entfernung  dieser  Stadt  von  Warschau  m 
groß  war.  Ehe  der  Euf  der  Protestanten  auf  dem  Beichstage: 
komm'  uns  zu  Hilfe!  —  ihn  erreicht  h&tte  und  ehe  er,  ihm 
Folge  leistend,  trotz  größter  Eile  dort  angelangt  wäre,  hlltieder 
günstige  Augenblick  längst  vorbei  sein  können.  Es  ist  also 
anzunelimen.  »laß  Vergerius  gleich  nach  dem  6.  December  sich 
luu  Ii  Soldau,  der  südliclifisten,  von  Warschau  in  gerader  Linie 
nur  ca.  15  Meilen  entfernten  Stadt  des  Ilerzogtbums  begeben 
und  die  beiden  noch  in  Königsberg  verfaßten  Vorreden  ein 
paar  Tage  vorausdatirt  hat.  Daß  er  letateres  überhaupt  that^ 
erklärt  sich  daraus,  daß  er  die  Termine  „Galendis**  und  „Idihns" 
bei  der  Datirung  seiner  Schriften  mit  großer  Vorliebe  —  andere 
Daten  nur  ausnahmsweise^*)  —  in  Anwendtmg  brachte.  Nnn 
waren  die  C'alcu  lae  des  December  schon  vorbei,  und  so  setzt«? 
er  denn  die  Idua  als  Datum  unt'^r  die  Vorred<'ii  der  beiden 
Scki'ülen,  von  denen  er  eine  wenigstens,  nämlich  die  Prologo- 
mena  nebst  dem  ihnen  als  Vorrede  beigegebenen  Briefe  ?n 
König  Sigismuud  August,  gleich  mit  sich  nahm.  Dieseibea 
müssen  nämlich  gleich  nach  dem  1.  December  gedruckt  sein, 
da  Vergerius  in  den  Scholia  (Blatt  a  6)  sagt:  „ablego  te  Lector 
ad  libnim  clarissimi  uiri,  D.  Brentii,  quem  duntaxat  propter 
istmn  conventiun  curavi  recudendum.    Ibi  euim  quid  Ecclesii 


13)  „Die  12.  Sep.  155'J^'  (Postromus  Catalogus)  -  ^pridie  CäI.  Marl/ 
(Do  Uoaio)  —  „Meuse  Sept."*  (Ad  Sereuisstmum  Slguunundnm  Aiignstiun^ 


L.iyui<.LU  Oy  VjOOQle 


Von  Johannes  SembnsyckL 


567 


«jiitli'tli'  ii  sit,  &  «jniun  inique  Fa}»a  dicat  eam  «hso  ])onas  so,  ciiiu 
proi'öus  apud  uu8  sit,  iiitollirrp;«."  lülJt  sich  somit  dio  Jahres- 
zahl M.D.LVII.  auf  dem  Titelblatto  nur  so  erklären,  daß  mau 
annimmt,  es  sei,  nachdem  die  im  December  gedruckten  Exem})lare 
des  Briefes  an  den  König,  dessen  Blatt  A8  und  das  Titelblatt 
ssusammenhingen,  und  der,  worOber  unten  ein  Mebreres,  be- 
sonders verbreitet  wurde,  schnell  vergriffen  waren,  im  Jahre  1567 
ein  Neudmok  wenigstens  dieses  ersten  Theiles  des  Buches  ver- 
anstaltet worden,  dem  man  dann  auch  die  entsprechende  Jahres- 
zahl gab. 

Ueber  den  Aufenthalt  des  Vergerius  in  der  or.steu  iiaitte 
des  December  seheinen,  wie  hier  im  Anschlüsse  an  das  oben 
Cxesagte  orwäliut  worden  mag,  die  widors]»ro«'hiMiilsron  (icraeliio 
im  Umlauf  gewesen  zu  sein.  Am  12.  December  schreibt 
Dr.  Stephan  Micanus  aus  Posen  an  Hoaius  (Ep.  Hosii  II,  pg.  777, 
nr.  1699):  „Veif^nrium  cras  habebimus  hie,  de  quo  si  venorit, 
statim  B.  Dnem.  Y.  faoiam  certiorem,"  und  Hosins  selbst  schreibt 
sp&ter  an  Eamkowski  (Buk.  U,  pg.  421—22),  Yergerios  sei  aus 
Krakau  nach  Warschau  gekommen  („Cracovia  adventans").  Daß 
beides  nicht  möglich  gewesen  ist,  ergiebt  sich  von  selbst,  wes- 
halb auch  der  von  Micanus  versprochene  Brief  ausbleiben  mußte. 
Es  darf  eben  nicht  vergessen  werden,  daß  die  brieflichen  Nach- 
richicu  jener  Zeit,  welche  die  Stelle  d<  r  heutigen  Zeitungen 
vertraten,  ebejiso  wie  diese  mit  unter  au<li  Irrthitmer  und  grund- 
lose Gerüchte  mitilit  ilcn,  wovon  die  weiter  unten  sich  findende 
Notiz  über  ,^die  iiriider  Vergerius"  ein  schlagendes  Beispiel 
bildet.  Nicht  alles,  was  in  den  £p.  Hosii  steht«  kann  ohne 
Weiteres  als  wahr  und  richtig  angenommen  werden. 

üm  nun  zu  den  Schriften  des  Yeigerius  zurfiokzukehren, 
so  macht  uns  die  Formula  fidei,  deren  schon  früher  einmal 
Erwfthnung  geschehen  ist,  mit  den  Schritten  bekannt,  welche 
Lipomanus  seit  dem  Juni  des  Jahres  zum  Wohle  der  katholischen 
Kirche  in  Polen  zu  thun  für  nöthig  befunden  hatte,  üm  ein 
gemeinsames,  cinlititliches  \\'irkeu  des  ganzen  ])olnischen  E])is- 
copatä  zu  erzielen,  wovon  (ien  Protestanten  gegenüber  [sviq  auch 


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668 


Die  Reiso  des  Vergerius  nach  Polen  1556—1557  etc. 


Eichhorn  I,  267  bemerkt)  »Ilein  noch  Erfolge  zn  erhoffen  wareiii 
betrieb  er  das  Znstandekommen  einer  —  von  der  kathoHsohen 

Partei  sehnlichst  gewünschten  —  Provinzialsynode  noch  vor 
dem  Reichstage,  der,  wie  es  damals,  nachdem  er  am  24.  August 
nicht  eröliuet  worden  war.  liit  fj.  am  Tage  der  Kreuzes.M-liohtmct 
(14.  September)  statthaben  soilto.  Dieselbe  trat  denn  auch  am 
G*^"  September  zu  Lowicz  zusammen  und  endigte  am  11.  Sep- 
tember. Der  Irrthom  einiger  Schriftsteller  (so  Eichhornes)  die 
sie  am  letztgenannten  Tage  erst  beginnen  lassen,  rührt  daher, 
daß  die  auf  ihr  gelten  Beschlüsse  am  letzten  Tage  —  eben 
dem  11.  September  —  pnblicirt  mirden  (verg^.  die  TTebersohrift 
des  Vergerins'schen  wörtlichen  Abdmcka  des  Actenstflcks  „For* 
mnla  fidei  tradita  in  synodo  provinoiali  Lovioü  oeiebrata.  Anno 
Domini  1556.  Die  11.  Septembris**.^  Zu  den  Beweisen,  die 
Bukuw.ski  IT.  406)  für  don  SolilulJ  aui  11.  September  aiiiuljrt, 
laßt  sich  iiocli  ih-v  liiuznfügen,  tlalJ  dos  auf  den  14**"  erwarteten 
Iteichstugsbeginus  wegen  die  Bischute  unmöglich  langer  hatten 
beisammeubleiben  können.  Erschienen  waren  auf  die  an  alle 
Bischöfe  und  Capitel  ?( »Icus,  Preußens  und  Litauens  erpi^angenen 
Einladungen  des  Ersbischofs  Primas  Dzierzgowski:  Hosios,  der 
vom  Nuntius  noch  besonders  wiederholt  dazu  eingeladen  war, 
und  die  Bischöfe  von  Krakau,  Kujawien,  Posen,  Piock,  PrEernysl, 
Chelm  und  Eamieniec;  andere  hatten,  ebenso  wie  die  Capitel, 
Vertreter  gesandt.  Das  Hauptresultat  der  Verhandlungen  war 
ein  aus  37  Paragraphen  bestehendes  GlaubensbekenntniB,  welches 
deii  Iviitholikeii  <lrn  vorschiedciitu  }trotüstantis(  lieu  Confessionen 
gegenüber  als  lki<  lifsehnur  dienen  sollte,  und  an  dessen  Ent- 
wciruiig  Hosius,  d'T  Iti  ivits  1551  auf  der  Synode  zu  P«»trikau 
(Piotrkow)  eine  d*  r.utigc  ..Profeusio  fidoi"  abgefaßt  hatt-e  (Eich- 
horn I,  123),  g.'wiß  groüen,  wenn  nicht  den  größten,  Antheil 
hat.  —  Diese  Lowiczer  „Formula  fidei*'  nun  gab  jetat  Vergerius, 
zusammen  mit  der  ihr  „pro  autidoto'^  gegenübergestellten  Gon- 
fession  des  Herzogs  Christoph  von  Württemberg  vom  Jahre  1552, 
heraus,  damit,  wie  er  in  der  Vorrede  sagt,  erkannt  werden 
könne,  ob  die  Irrthttmer,  deren  Beseitigung  die  Protestanten  so 


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Von  Johannes  Sembrzycki. 


569 


dringend  wünschten,  auf  der  Lowiczer  Synode  bestätigt  worden 
seien  oder  nicht.  Ferner  sagt  er  dort,  der  Papst  habe  in  seinem 
Briefe  an  die  Senatoren  erklärt,  er  wolle  baldigst  ein  Gcneral- 
concil  berufen,  es  soi  aber  nichts  sicherer,  als  daß  er  die  Miß- 
biänche  und  Lrrthümer  uioht  nur  nicht  abstellen,  sondern  noch 
vermehren  werde;  daher  „inepte  ac  perperam  omnino  focerit 
Polonia»  si  rap^nederit  et  reformationem  amplius  distulerit." 
Er  bittet  also  Jan  Bonar  (dem  die  Yonrede  gewidmet  ist),  dies 
Bfidilein,  welohes  er  ihm,  trotsdem  er  ihn  nicht  kenne  (»»Mag- 
nifioe  Bonare  te  adhno  de  &oie  non  novi"),  übersende,  da  ihm 
sein  Eifer  fda  das  Evangelium  und  sein  groBer  EinfluB  im 
Keichstage  bekannt  sei,  sowohl  selbst  su  lesen,  als  auch  andern 
zu  lesen  zu  geben,  damit  dadurch  auch  die  bisher  noch 
Öchlunnnernden  erweckt  würden. 

Sonst  ist  in  Botreff  dieses  Büchleins  noch  zu  bemerken, 
daß  durch  dasselbe  das  in  den  „Duae  Epistolae*^  gemachte  Ver- 
brechen eines  Neudrucks  der  Confession  des  Herzogs  Christoph 
erföUt  ist,  allerdings  nur  theiiweise,  da  an  die  Stelle  des 
Badsiwilschen  Briefes  die  Lowiozer  Formula  getreten  ist^ 

Ben  Prolegomena  des  Brentius  (,,Joannis  Brentii  Libellus 
Aureus*^  hat  Yeigerius  als  Vorrede  einen  offenen  Brief  an 
König  Sigismund  August  voigesetat,  in  dem  er  mit  großer 
Beredsamkeit  den  König  ^^egen  den  Papst  nnd  seinen  Nuntius 
einzunehmen  und  für  dio  Sache  des  Evangtdiiuns  zu  gewinnen 
sucht.  Es  gebe,  sagt  er,  kein  schwerwiegenderes  Ges(^häft,  als 
das,  womit  der  König  augenbli*  klich  zu  thnn  habe.  Es  handele 
sich  um  den  Kuhm  Gottes  und  Jesu  Christi,  um  das  ewige 
Heil  des  Königs  selbst  und  des  ganzen  polnischen  Beiches,  um 
die  Wiederherstellung  der  in  diesem  Beiche  gestörten  öf¥ent- 
liehen  Buhe  und  Eintracht.  Er  zweifle  daher  nicht,  daß  der 
König,  der  in  seiner  Weisheit  auch  bei  weniger  wichtigen  An- 
gelegenheiten die  Meinungen  anderer  gnädig  «tnzuhöreu  pflege, 
in  dieser  mehr  als  alles  Andere  wichtigen  Sache  einem  Diener 
Jesu  Christi  (,, servil  Jesu  Christi*',  so  nannte  Vergerius  sich 
gern)  sein  Ohr  loihon  werde.    Wer  dieser  sei,  was  der  Italiener 


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570 


Die  Ii<ii8u  dos  Vergeriua  uacii  A*oitJU  lödti— 1557  etc. 


liier  im  Norden  thne,  werde  der  Kftnig  gewiß  bereits  erfahren 
haben;  er  wolle  daher  sogleich  zur  Saclte  übergehen.  Der  Pai*.>t 
verlange  dun  h  seinen  Nuntius  und  brief  lieh,  daß  die  aut  don 
Iniheren  Reich8tag(?n  suspendirto  Jurisdiction  der  BiscLute 
wiederhergestellt  werde,  damit  die  letzteren  über  diejenigen 
aburtheilen  könnten,  die  sie  selbst  für  Ketzer  hielten;  die  Vor* 
nehmen  des  Beiohes  hingegen,  nach  Abstelltuig  der  in  der 
Kirche  eingerissenen  Mi£brttaohe  nnd  Irrthtliner  starebend, 
leugneten,  daß  dies  den  Bischöfen  msospreohen  sei.  Denn  da 
diese  selbst  unter  der  Anklage  stünden,  die  großen  Mißbr&nofae 
und  Irrthttmer  in  der  ICirohe  eingeführt  haben,  sie  zu  ver- 
theidigen  und  zn  befestigen,  so  könnten  sie  in  der  Sache  keine 
Richter  sein.  Da  es  miu  Jon  Königen  und  Fürsten  gebühre, 
Schützer  nnd  Beratlier  der  Kirche  zu  sein,  so  flehten  die  Vor- 
nelimeu  den  König  an,  ein  polni'jches  Nationalcoiicil  abzu- 
halten, auf  dem  die  Angelegenheit  untersucht  werde.  Es  sei 
nun  die  Frage,  ob  die  Könige  in  der  That  von  Gottes  Gnaden 
das  Becht  hätten,  solche  Concile  anzuordnen,  oder  ob  dies  den 
Päpsten  und  Bischöfen  zustehe.  Konnten  letztere  aus  dem 
Worte  Gottes,  nicht  aus  Ton  Menschen  gemachten  Verordnungen, 
ihr  Recht  beweisen,  dann  hfttte  man  sich  zu  fttgen;  könnten  sie 
dies  nicht,  bewiese  im  Gegeutheil  die  andere  Partei  aus  dem 
Worte  Gottes  die  Dichtigkeit  ihrer  Ansicht,  so  hätten  die 
Bischöfe  ihren  WidersUind  aufzugeben.  Er  habe  nun  ein  Buch 
zu  finden  gesucht,  wekdies  die  beste  Auslegung  der  Streitfrage 
entlialre,  mid  es  lialie  ihm  keines  vortreH"lirlifr  c:;eschieneu,  als 
das  von  dem  durch  Gelehrsamkeit  und  Frömmigkeit  hochbe- 
rühmten Brentius  in  diesem  Jahre  („hoo  ipso  anno")  heraus- 
gegebene. Das  habe  er  also  neudrucken  lassen  und  sende  es 
dem  Könige  mit  der  Bitte,  es  gnädig  anzunehmen  und  zu  lesen. 
Werde  der  Nuntius  etwa  das  Buch  verwerfen  und  behaupten, 
Brentius  habe  unrecht  geschrieben,  falsche  oder  thörichte  Beweis- 
gründe angefahrt,  so  untt^mehme  er,  Yergerius,  der  geringste 
unter  denen,  die  der  himmlisclie  Vater  zur  Vertheidigung  seines 
wiederorsteheudün  Kvaugclii  berufen  habe,  es,  zu  beweisen,  daß 


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Von  Johanne«  Sembrzjcki. 


571 


Breiitius  recht  und  katholisch  („recte  et  Catholice ')  f^rsi  liriebeii, 
wahre  ntid  imwidorlforliclio  I3eweise  g(*)>niucUL  lialju,  niid  daß 
den  Für^jt*^!  die  Autsicht  über  dio  lirli^<>nsangole<i;pnlici(<'U 
gebühre,  nicht  den  Feindon  der  Wahrheit  und  ihren  Creaturcn, 
den  Päpsten  and  Bischöfen.  Womit  also  werde  der  Nuntius  ch 
begründen  können,  wenn  derselbe  die  Dispatation,  zu  \vel<  her 
er»  Vergerins,  ihn  einlade  nnd  auffordere,  surflokweiBe?  Das 
werde  ihm  doch  nicht  Siemen,  da  er  ja  ein  gelehrter  and  in 
solchen  Bingen  vielerfahrener  Mann  sei.  Doch  er  hoffe,  der 
Kontins  werde  auf  die  Disputation  eingehen,  um  was  er  ihn 
dringend  ersuche.  Da  Brentius  in  seinem  Buche  noch  drei 
andere  Punkte  von  groJicr  WicLtigkeit  behandele,  so  werde  er 
auch  diese  zu  einem  Gegenstande  der  Disputation  machen.  Der 
erste  sei,  ob  die  heilige  Schrift  alles  zum  Heile  Nuthigo  enthalte, 
oder  ob  dio  Römische  Kirche  in  dieser  Schrift  nicht  begründete 
Dogmen  einführen  dürfe:  der  zweite,  ob  die  Lehre  von  der 
Tradition  berechtigt  sei;  der  dritte,  ob  dio  katholische  Kirche 
nur  zu  Bom  heim  Papste  za  finden  sei.  —  £r  sage  nochmals, 
LipomanuB  könne  die  Disputation  Ober  diese  Artikel  nicht 
zurftckweisen;  fidls  er  dies  also  nicht  thue,  so  wolle  er,  Yer- 
gerius,  gern  kommen  und  vor  dem  ganzen  Beichstage  mit  ihm 
verhandeln.  —  Alsdann  spricht  Vergerins  seine  Entrüstung 
darüber  aus,  daß  Lipomauus  und  seine  Genossen  es  wagen 
könnten,  die  Untorthanen  des  Königs  zu  beunruhigen  und  auf- 
zuliegen, und  wendet  sich  direct  gegen  den  Nuntius:  „Quid  tibi 
vis  Lipomane?  (juid  tandem  agis  tanta  soUicitudine  tautai^ue 
rabie?  An  non  potes  pati  ut  Domini  Poloni  animanim  snarurn 
coiam  habeant?"  Er  führt  Lipomanus  antwortend  ein  und 
spinnt  den  Dialog  fünf  Seiten  lang  fort.  Zum  Schlüsse  fragt 
er,  ob  der  König  es  dulden  wolle,  daB  seine  ünterthanen  den 
Bömem  zum  Gespött  dienten  und  von  Bäubem  ihres  ewigen 
Heils  beraubt  würden,  und  fleht  zu  Gott,  er  möge  den  Geist 
des  Königs  lieweg.  n  und  erleuchten,  daß  ©r  das  unwürdige 
Joch  und  die  Tyrannei  des  Papsilhunis  nicht  langer  tragen 
wolle  noch  könne. 


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672 


Die  Reise  des  Vergerios  nach  Poleu  1556-1557  etc. 


Auf  diese  24  Seiten  nmiBsseDde  Vorrede  folgen  swei  Blfttter, 
deren  jedeR  nttr  anf  einer  Seite  einen  Bibelsprach  trä^,  das 
erste  Ev.  Luc.  12,  v.  B;  „Quae  in  tenebris  dixistis  in  luiriine 
audientur,  et  qiiorl  in  anrem  locnti  estis  in  conclavibus,  praedi- 
cato  super  tectum"  —  das  zweite.  Psalm  74  (sonst  73.  bei  Ver- 
gerios wohl  Druckfekler  75)  v.  22:  „Exnrge  Domine  judica 
causam  tuam  Vindica  sanguinem  servomm  tnomm  qui  effusns 
est"  (Lnther's  Uebersetzung  hat:  ,,Mache  dich  auf,  Gott,  nnd 
fahre  aus  deine  Sache;  gedenke  an  die  Schmach,  die  dir 
tftgliüh  yon  den  Thoren  wiederffthret'O'  Dann  folgt  ein 
leeres  Blatt  und  nnn  erst  y^nPOAErOMENA.  De  Officio 
Principnm*^.  Dies  alles  bestätigt  nur  die  oben  anfgestellte  Be- 
hau] ituns;,  daß  Yergerins  diesen  offenen  Brief  an  den  KOnig 
bescmders  verLreitd  habe,  wofür  ferner  auch  die  Angabe  bei 
Eichhorn  (I,  pg.  2Sjl;  Releg-Oitivte  in  der  Anrnf^rkung'  spricht. 
Hosius  habe  auf  dem  IJoiidistago  nur  die  Vorrede  zu  den  Prole- 
gomena  zu  (Besicht  bekommen,  die  letzteren  selbst  aber  erst 
nach  seiner  Heimkehr  erhalten.  Aach  Bakowskii  II,  pg.  422, 
weifi  von  einem  Briefe  des  Vergerios  an  den  König  zu  erzählen, 
der  w&hrend  des  Beiehstages  anter  dem  Adel  cirooUrt  habe, 
meint  aber,  dies  wftre  wol  der  (1668  gedruckte)  „Ad  Serenissimnm 
Sigismnndom  Augustnm*'  gewesen.  —  Was  nnn  die  Prdegomena 
selbst  betrififc,  so  haben  dieselben  folürte  Blfttter  (die  im  Königs- 
berger defecten  Exemplar  bis  112  gehen);  die  ersten  16  Seiten 
haben  die  Ueberschrift  JlPiL/linmEX.i^  die  nächsten  49 
(bis  PUut  3:3  erste  Seit«')  ,.PU( )LEGOMENA",  der  Rest  die 
Ueberschriiten  der  betretieudeu  Abschnitte,  bis  pg.  47  erste 
Seite:  „De  Officio  Principum  in  Ecclesia" 

Der  Eindruck,  den  die  von  Yergerins  heraasgegebenen 
Schriften,  —  welche  aber,  wie  der  Wahrheit  gem&fi  gesagt 
werden  muB,  nicht  so  sehr  Begeisterung  fOr  die  roformatoriscbe 
Lehre,  als  einen  unversöhnlichen  Hass  gegen  das  Papstthnm 
athmen,  —  und  zwar  besonders  die  Prolegomena  nebst  dem 
Briefe  an  den  König  hervorriefen,  war  bei  Freund  nnd  Feind 
ein  sehr  großer,  und  daB  sie  überallhin  drangen,  dafür  war 


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Ton  JohanneB  Sembnrjrcld. 


673 


durch  dio  Gestattung  des  öffentlichen  Verkaufs  derselben  wäliroml 
des  Reichstages  in  Warschau  gesorgt.    „Sic  volentibus  K.  Dni- 
buB  V.  publice  in  Comitiis  Varsaviensibus  una  cnm  aliis  haereti- 
conun  libris  vendebantor^',  schreibt  Hosius  am  10.  Mai  1557  an 
den  ErzbiBchof  und  die  auf  der  Petrikauer  Synode  venMimmelten 
Bischöfe  (Ep.  Hosii  II,  pg.  822—23,  nr.  1766)  und  sagt  dann 
Aber  das  „libeUns  atirens",  welches  er  „pestifero  veneno  plennm" 
nennt:   „cum  libellus  hic  in  manus  meas  incidisset,  non  potui 
me  teuere,  quin  alitjuid  contra  scriberem,    Quod  hactenus  a  me 
scriptum  est,  mitto  11.  Dnibus.  V."    Ganz  fertiggestellt  wurde 
diese  „Confutatio  Prolegomenön  Brentii,  quae  primnm  scripait 
adversus  venerabilem  virum  f  etrom  a  Soto,  deinde  vero  Petrus 
Paulns  Vergerios  apud  Polonos  temere  deiendenda  siisoepit*^ 
erst  im  Herbste  1667,  wie  die  Dedicationsepistel  an  den  König 
vom  16.  October  beweist.  Nicht  VergefLus*  Sobald  ist  es,  wenn 
es  aoBer  diesem  mächtigen  Eindrucke  zu  nichts  Weiterem  kam ; 
man  muß    ihm    das  Zeugniß  geben,    daß  or,    was  in  seinen 
Kräften  stand,   redlich   ^ethan   hat.    Aber  Lipomanus  reagirte 
nicht  auf  seine  Heraasibrderuiig  zur  Disputation,  und  der  Konig 
ließ  sich  durch  seinen  Brief  nicht  beeinHussen,  stiebte  vielmehr 
der  Besprechung  von  Beligionsangelegenheiten  auf  dem  Eeichs- 
tage  nach  Mö^chkeit  aaszaweichen,  da  die  katholische  Partei 
diesmal  sehr  entschieden  and  energisch  anftrat,  so  daß  er  es 
für  angezeigt  fand,  sie  in  Anbetracht  der  äuBem  Verh&Itnisse 
des  Reichs  nielit  vor  dtn  Kü]>f'  zu  stoüeu.     Dio  Triebfeder  des 
Ganzen  war  hauptsaehlich  wol  der  rührige,  unermüdliche  Hosius, 
welcher,  vom  Nuntius  auf  das  Dringendste  eingeladen,  zum 
Beicbstage  nach  Warschau  gohommen  war.    Hier  wurde  von 
den  zu  einer  Berathnng  über  das  im  Interesse  des  katholischen 
Glaubens  einzasohlagende  Verfahren  versammelten  Bischöfen 
nnd  Geistlichen  Anfangs  beschlossen,  Hosius  solle  öffentlich  im 
Senate  zum  Könige  sprechen;  dann  aber  fand  man  es  fOx  ange- 
messener, um  eine  Privataudienz  beim  Könige  nachzusuchen, 
die   denn  auch   gewalut  wurde  und   ant   welcher   drv  Biscliot 
Zebrzydowski  von  Krakau  als  Sprecher  der  erschieneucu  BischOle 


674 


Die  Beiae  des  Yergerius  nach  Polen  1666—1657  etc. 


dem  Könige  ernste  Voratellungen  machte  (Eichhorn  I,  273). 
Als  nmi  der  lieichstag  begann,  erklärte  Sigismund  Ängtist.  der 
ungünstigen   Zeit  Verhältnisse    wt-gon   dürften    die  BeraTlmiiij;»  n 
nur  der  livJandischen  Aiit^clegenheit  und  den  in  Betreö  der- 
selben zu  ergreifenden  Maßregeln  gelten.    Der  Ordensmeister 
des  livlttadisohen  Sdiwerfcntterordeiis  hatte  nftmlich  vor  IftngBrar 
Zeit  den  bisher  ganz  tmabhftxigigen  Ensbischof  von  Biga,  Wilhelm 
Markgraf  von  Brandenburg,  den  Bruder  Hereog  Albrechts,  ge- 
zwnugen,  sich  mit  ihm  in  die  Kegiercmg  Biga's  en  theilen,  xaA 
ihm  Jas  Vorsprechen  aligenommeu,  keinen  C'oadjutor  aus  fürst- 
iicheni  Hause  zu  ernennen.    Als  dwr  Erzliisehof  trotzdem,  das 
abgezwungene  Versprechen  für  nicht  bindend  erachtend,  durch 
das  rigaische  Capitel  Christoph,  Herzog  von  Mecklenburg,  m 
seinem  Coadjutor  wählen  lieQf  überfiel  der  Ordensmeister,  der 
dnrch  aufgefangene  Briefe  KenntniB  von  der  Sache  erhalten 
hatte,  den  Eizbischof  und  setzte  ihn  nebst  dem  znkflnftigeii 
Goadjator  auf  einer  Bnrg  gefangen.    Sigismund  August,  welcher 
als  König  von  Polen  die  Protection  über  das  Erzbisthiim  Riga 
hatte,  schickte  an  den  Ordensmeister  Füratenberg  einen  Ge- 
sandten, der  den   Str«dt   schlichten  sollte  (eben  jenen  Kasj)ar 
L^cki,  von  dem  weiter  oben  als  muthmaßlichem  Mitverfasser 
der  Itadziwil 'sehen  Antwort  auf  den  Brief  des  Lipomanns  die 
Bede  gewesen  ist),  aber  auf  Befehl  Fürstenberga  von  den  Sehwerfe- 
rittem  nebst  allen  seinen  Begleitern  und  Dienern  niedeigemadtt 
wurde.  Jetzt  sandte  der  König  einen  Bischof  als  Yermittler,  der 
zwar  angehört  wurde,  aber  nicht  das  Geringste  ausrichten  konnte.**) 
Eine  solche  Verletzung  des  Vulkerreclits  und  Mißa(ditunir  f?einer 
Autorität  konnte  der  Köuig  natürlich  ni(dit  ungestrait  hingehen 
lassen,  und  es  wurde  also  auf  dem  Eeichstage  der  Krieg  gegen 
Livland  beschlossen  und  die  zur  Deckung  der  Kosten  nöthige 
Steuer  bewilligt   Der  weitere  Verlauf  der  Sache  gehört  nicht 
in  den  Bahmen  dieser  Arbeit;  nur  so  viel  sei  erwfthnt,  daB  der 
livländtsche  Orden  durch  Polen  gedemüthigt  wurde. 

14)  vt\  don  Briüi  des  Vergerius  au  Herzog  Cliri.st(«ph  von  Württemli^rg 
vom  20.  Juli  1550;  v.  Kausler,  Briei'w.  No.  -40,  pg.  IJJi— 


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Von  Johannes  Sembnycki 


676 


Dem  AVilh'ii  iles  Kr»iiif^s  g^mäß  wnrde  anf  dem  Reichstage 
die  livläutlische  Frage  in  den  Vordergiuml  godtellt,  uebeiibdi 
aber  brachten  die  Protestanten  doch  auoh  ihre  Glaabensangelegen- 
heiten  zur  Sprache,  wozu  besonders  der  von  den  weatprenßischen 
Stftdten  diiroh  ihre  Abgeordneten  gestellte  Antrag,  es  möge 
ihnen  völlige  Beligions&eiheit  gewährt  werden,  AnlaB  gab. 
Derselbe  wurde  von  der  protestantischen  Partei  auf  das  energischste 
linterstützt,  während  die  Bischöfe,  durch  Hosius  angefeuert,  ihre 
Stirn nieii  mit  aller  Macht  dagegen  crhoben^^)  und  die  Cuinpetenz 
des  lieichstages  in  RoligionsaugHlegciiheiten  bestritten,  welelie 
letzteren  vielmehr  vor  das  Forum  der  kirchlichen  Behörden 
gehörten.  Auch  der  König  erklärte,  der  Reichstag  sei  berufen, 
tun  über  die  Vertheidignng  des  Vaterlandes,  nicht  aber  über 
Glanbenssachen,  zn  berathen;  diese  gehörten  auf  die  Sjmode, 
nnd  er,  der  König,  habe  an  den  weltlichen  Angelegenheiten 
schon  gan«  genug  (Beleg-Citate  aus  Hosius*  Werken  bei  Eich- 
horn I,  273,  Anra.  3).  Xun  kam  die  Frage  wegen  der  Juris- 
diction iler  Bischöfe  an  die  Reihe  und  führte  zu  hei/Jen  Debatten. 
Schon  war  im  Verlaufe  derselben  der  Beschluß  gefalit,  die 
Bischöfe  sollten  keine  .Jurisdiction  über  die  Protestanten  haben, 
diese  wiederum  aber  die  Bischöfe  in  Buhe  lassen,  als  Hosius  im 
Senate  in  einer  feurigen  Bede  auf  das  Entschiedenste  gegen  diesen 
Beachhifi  auftrat  und  im  Qegentheil  zu  energischem  Einschreiten 
gegen  die  religiösen  Neuerer  rieth.  Nun  lieB  man  die  Frage 
der  Jurisdiction  g  iuz  tallon,  d.  h.  die  letztere  blieb  nacli  wie 
v«»r  suspendirt,  ab'-r  man  erklärte,  wer  irgendwelche  religiöse 
Neuerungen  einführe,  solle  für  einen  Rtucihafeind  erklärt  und 
als  Friedensstörer  bestraft  werden.    In  diesem  Sinne  erlieB 


15)  Wie  erregt  übrigens  die  Stimmung  während  der  Reichstags- 
verhandliixigen  auf  beiden  Seiten  war,  mag  der  Umstand  beweisen,  daß,  als 
Lripomaauis  den  VerbandlangBranm  in  der  Absieht,  als  Zubörer  gegenwärtig 
KU  sein,  betrat,  der  protestantische  Theil  der  Al>geordnetcn  ihm  dio  Worte 
,,Ecce,  progenies  viperarum"  entgegonschleuderto,  w&hrend  bei  anderer 
Gelegenheit  ein  protestautisclits  JieichstagsmitgUed  von  der  Gegenpartei 
pKirchenräuber"  titulirt  wurde. 


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576 


Die  Keiae  dea  Yergerius  nach  Poloa  1656—1557  etc. 


wirklich  der  König  uiitor  (lein  9.  Januar  1557  ein  Edict,  worin 
er  auf  daa  Unheil,  welches  die  religiösen  Zerwürfnisse  ühor  <\is 
Land  gebracht  hättea,  hinweist  und  erklärt,  da  er  zum  Kriege 
mit  den  Livländern  geadtbigt  sei,  könne  er  in  der  Sache  keine 
endgiltige  Entscheidung  trefibn,  mflsse  diese  yielmehr  bis  siim 
künftigen  Eeichstage  anfsohieben;  unterdessen  aber  befehle  er,  dsfi 
Niemand  über  Gk>tt,  die  Messe  und  die  heil.  Sacramente  sieb 
Iftoherlioh  ftnfiem,  Niemand  heimHohe  Conventikel  veranstalten, 
Niemand  neue  Ceremonieu  oinführeu,  Geistliche  vertreiben  oler 
einsetzen,  im  AUgenieineu  über  katholische  Kirchen  irgendwelche 
Macht  sich  aumaaÜen  solle,  widrigenfalls  derselbe  als  Beleidiger 
des  Königs  und  der  königlichen  Autorität  und  als  Störer  da 
öffentlichen  Buhe  angesehen  und  bestraft  werden  soUe. 

Im  ersten  Augenblicke  erschzaken  die  Protestanten  und 
wollten  protestiren,  fanden  aber  bald,  daß  die  Sache  nicht  so 
schlimm  filr  sie  sei,  als  es  den  Anschein  hatte.  Das  eben  e^ 
wähnto  Edict  bestand  eben  nur  auf  dem  Pajnere:  „es  wurdo 
\vodfc»r  publieirt  noch  executirt"  (Eichhorn  I.  '274).  Und  so 
hatte  die  katholische  Partei  zwar  auf  dem  lieichstage  gesiegt 
und  das  schöne  Edict  erwirkt,  die  Protestanten  aber  konnten 
darum  im  Großen  und  Ganzen  doch  thun,  was  sie  wollten,  wie 
es  bisher  gewesen.  Gleich  darauf  reiste  der  König  nach  litaneii 
ab,  gewiß  froh,  der  ganzen  Sache  fllr  diesmal  entledigt  sn  sein. 
Am  15.  Januar  wurde  der  Beichstag  geschlossen,^^  und  sogleidi 
verließ  der  Nuntius  Polen  mit  dem  niederdrückenden  Bewnflt- 
sein,  zwar  in  vieler  Hinsicht  anregend  und  ermunternd  gewirkt 
zu  haben,  aber  doch  die  religiösen  Verbältnisse  dieses  Tjandes 
in  demselben  Zustande  au  hinterlassen,  wie  er  sie  vorgefunden, 
mithin  eigentlich  wenig  ausgerichtet  zu  haben.    Aber  auch 


16)  Was  von  Sixt's  confusem  Bericht  über  diesen  fieiebstag  u.  s..«. 
za  halten  ist,  dOrfte  wol  klar  sein.  Leider  ist  ihm  Dalton  pg.  618-519 
gßfo\^  weshalb  dch  hier  auch  bei  ihm  eine  merkwardige  Verwirrnni;  ^<  igt. 
So  spricht  er  von  einem  Besfhhiß  das  Reichstaiees  von  1556,  der  jedem 
Addison  auf  s«  inuit  (rüroni  die  Anstellung  protestantiecher  Frediger  ge- 
stattete, und  dergleiclicu  mehr. 


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Von  Johannes  Sembreycki. 


577 


seinem  Gegner  Vergeriup.  fler  in  Soldau  den  VerhaiK Illingen  des 
Reichstages  mit  s^espanntester  Aiitnifiksamkeit  iol^t*',  mußte  es 
bald  klar  geworden  sein,  daß  auch  tür  ihn  und  seine  Partei 
diesmal  kein  Sieg,  keine  neue  Errangenschaft  zu  hoffen  sei, 
und  so  sind  die  WocbeHi  die  er  in  dem  kleinen  Städtchen 
zuKubringen  gezwungen  war,  gewisci  für  ihn  nicht  die  ange- 
nehmfften  gewesen.    So  griff  er  denn  in  seiner  eintönigen 
Einsamkeit  wieder  zur  Feder,  um  wenigstens  mit  dieser  thätig 
zn  sein.   Er  besorgte  einen  Nendrack  eines  aus  Luther's  Feder 
(Sixt  pg.  280)  nnd  bereits  1537  zu  Wittenberg  erschienenen 
Buches  unter  dfiu  Titel  ..Cur  et  quomodo  christianum  concilium 
debeat   esse  liberum.     Kt.   De  eüujuratiüue  papistarum.  ('um 
Praetktione  Patdi  Vergerii.  Luc.  XII  (derselbe  $]irueh   wie  am 
Schlüsse  des  Briefes  an  den  König  [siehe  oben],  nur  mit  der 
Variante    „praedicabitur   in   tectis").     Impressum  Yitebergae 
primum,  Anno  1Ö37.     Ac   dcnuo  ßegiomonti,   per  Joannem 
Daubmannum  Anno  1567."  Am  Ende  des  36  £1.  in  8^  starken 
Btlchleins  steht  der  zweite  Schlußspruch  im  Briefe  an  den  £önig, 
aus  Psalm  74;  dann  folgt  auf  der  ersten  Seite  des  Torleteten 
Blattes:  „Regiomonti  Borussiae  excudebat  Joannes  Daubmannus" 
und  auf  der  zweiten  dessen  bekanntes  Zeichen ;  das  letzte  Blatt 
ist  leer.    Der  27  Seiten  umfassenden  Vorrede  Lat  Vergerius  die 
Form  eines  Briefes  an  Johaiuiea  Aurilaber  gogeben;  besonderer 
Aufmerksamkeit  werth  ist  der  Anfang  derselben,  welclier  lautet: 
„Als  du  mich  eitrig  nachforschen  sähest,  welche  Büchlein  etwa 
zu  dieser  Zeit  neuzudracken  wären,  die  auf  dem  Reichstage  zu 
Warschau  die  Sache  unseres  Herrn  Jesu  Christi  wider  seine 
wüthendsten  Feinde  einigermaBen  fördern  könnten,  hast  du  mir 
dieses  geschickt,  welches  den  Titel  ftihrt:  De  Conjuratione 
Papistarum,  und  hast  auf  einem  beigelegten  Zettel  dich  erkundigti 
ob  ich  das  Bflchlein  vorher  gesehen  habe  oder  nicht.  Nimm 
ein  Geschichtchen  als  Antwort,  und  du  wirst  erkennen,  ob  ich 
es  gesehen  habe."    Nun  eizuhlL  er,   wie   die  Schrill  ge<;en  ihn 
selbst,  der  damals  als  Legat  des  Papstes  in  Deutsclilaml  sich 
befand,  gerichtet  gew. .^^en  sei.  wie  sie  ihm  hinderlich  geworden 

Alipr.  MonatMohrm  Bd.  XXVII.  Uft.  ?  a.  b.  ^7 

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578 


Die  BeiM  des  Yergerins  nach  Polen  l^ßß^lbbl  etc. 


und  wie  er  daher  alle  Examplare  derselben,  deren  man  nnr 
habhaft  werden  konnte,  habe  verbrennen  lassen,  wfthrend  er 
viel  lieber  noch  mit  dem  Verfasser  ebenso  vordren  wäre,  wenn 

er  gokonnt  hätte.  An  einer  späteren  Stelle  sagt  er  dann,  er 
fiihlf  bii  li  V''rj)Hi(-htet,  da  er  viele  Kxemplare  der  Schrift  ver- 
brannt nnrl  auf  «liese  Weise  viele  fromme  Menschen  der  Leetüre 
derselben  beraul)t  hahf*,  jetzt  ehensoviele  wieder  drucken  zn 
lassen  und  den  Kirelien  zurückzugeben.  —  Interessant  ist  femer 
eine  Notiz  auf  Blatt  A  8,  worin  er  sagt,  er  denke  an  einen 
vermehrten  Neudruok  des  vor  drei  Jahren  von  ihm  zusammen- 
gestellten und  zaerst  zu  Bern  in  der  Schweis,  alsdann  in 
Tübingen  gedruckten  Buches  „Goncilinm  Tridentinnm  et  omne 
Fapisticum  iugiendum  esse  omnibus  piis'*  (cf.  die  Nrn.  26  und 
37  des  Schriften-Index  bei  8izt,  wo  kein  Dmokort  genannt  ist), 
besonders  um  der  Polen  wiUen  („quoram  theatro  nunc  libentissune 
inservio'',  setzt  er  in  Klammern  hinzu).  —  Am  Schlüsse  des 
pSoldaviae  ('aleiidis  Jaiuiuni.  Anno  M  D.LVTT.'^  datiHeu  Briefes 
sagt  Ver«^<^riu.s;  „Honi  consnle  Aurilalx'r,  quod  liaec  tocmn  con- 
t'oro,  imo  quod  litigare  uidoor,  perinde  ac  si  Vareouiao  essem 
cum  Lipomano.  Quid  euim  facerem?  Non  possum  non  ubique 
his  de  rebus,  quas  dies  noctesque  in  animo  uerso,  loqui.  Hanc 
enim  meam  esse  uocationem  sentio." 

Zu  gleicher  Zeit  mit  dem  eben  besprochenen  Schriftchen 
erschienen  die  „Actiones  Duae  Seoretarii  Pontificii^^  deren  Titel 
bereits  zu  Anlange  dieser  Arbeit  wOrtlich  wiedergegeben  ist; 
Uire  19  Seiten  lange  Vorrede  hat  das  Datum  „Hegiomonti 
Kalendis  Januarii.  Anno  1657".  Auffallend  ist  es,  daß  trotz 
des  gleiclicn  Datums  hier  K<»niii;5'berg,  dort  Soldau  als  Ab- 
lassungsori  genannt  ist;  tlies  erklart  sieh  aber  daraus,  daß 
Vergerius  seine  Gegner  wol  über  seinen  AntV'ntlialtsort  im 
Dunkeln  latweu  wollte.  Er  setzte  daher  unter  die  Vorrede  der 
Aetiones,  di«»  vielleiolit  zuerst  erscheinen  sollten,  als  Ort  „Regio- 
monti'*,  wahrend  er  bei  demBriel'an  AurÜaber  natürlich  nicht  ebenso 
verfahren  konnte,  es  zu  thun  auch  wol  nicht  fllr  nOthig  fand. 
Gewidmet  ist  die  Torrede  dem  Jan  Lutomirski,  „OaateUano 


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\'on  Johannes  Sembrzycki. 


579 


Rattensi,  Serenissimi  Polcmiae  Begis  enriae  Thesaimtrio,  Lanci- 

ciensi,  &  Radomensi  &c.  Capitaneo",  und  Ver^erins  sagt  in 
derselbe]!,  er  sende  ihm  dies  Buch,  damit  er  es  ani  .iem  Reich««- 
Lii;L;e  verbreite,  und  sei  fest  i'ihei-zeugt,  daß  er  dies  thun  werde, 
da    er  seine  Begeisterung  für  den  Glauben  bei  der  neulich  in 
Wiina  zwischen   ihnen  geschlossenen  Freundschaft  (die  ihm 
theurer  sei  als  alles  Gkdd)  kennen  gelernt  habe.    Von  dief^em 
Manne  allein  also  wissen  wir  mit  Bestimmtheit,  da£  Verjgerins 
ihn  in  Wihia  kennen  gelernt  hat.   Veimathen  kOnnen  wir  das- 
selbe noch  von  Hieronymus  Füipowski  nnd  Stanislaus  lAsooki, 
deren  persönliche  Bekanntschaft  gemacht  zu  haben  Yergerins  in 
dem  gleich  nnten  näher  besprochenen  Briefe   an  Stanislaus 
Ostrorog  (pg.  217)  erwfthnt;  doch  läßt  sich  hier  nichts  Be- 
.stimmtes  nachweisen. 

Eine  für  ihn  wichtige  Bekanntschaft  machte  jerlo«  h  Vergerius 
in   dem  einsamen  SoMau;   di»»   der  böhmischen  Brüder,  welche 
gerade  in  diesem  Tjieilo  des  Herzogtliums  in  den  SUldten  Hohen- 
stein, Gilgenbuig,  Neidenburg  und  Soldan  sich  zahlreich  nieder- 
gelassen hatten  und  ein  stilles,  frommes  Leben  führten.  Ihr 
Prediger  in  Soldau  hieß  Matthias  Orel  oder  Aqnila  (Amoldt, 
Eirchengeschichte,  pg.  895—402),  der  in  Neidenbnrg  Johann 
Qirck,  welcher  1562  starb  nnd,  da  er  sich  gleichzeitig  auch  zur 
Augsbnrgischen  Oonfession  mitbekannte,  zugleich  das  Pfarramt 
bei  der  dortigen  deutschen  Gemeinde  verwaltete  (Amoldt,  Nach- 
richten von  etc.  Predigern).    Daß  Vergerius  auch  die  böhmischen 
Prediger  Rokita  und  Israel  in  Soldau  kennen  gelernt  habe,  wie 
in  V,  Kausier  u.  »Schott,  lüiclw.   pg.  27.   raitgetheilt  wird,  ist 
ein  Irrthum;  denn  iu  dem  bald  zu  erwähnenden  Briefe  an 
Stanislaus  Ostrorog  sagt  er  (pg.  224)  von  ihnen  ..agunt  ambo 
pastores  ecclosiarum,  quae  sunt  in   ditione  Jakobi  Ostrorogi, 
tratris  tui".   Im  Verkehr  mit  den  böhmischen  Brüdern  in  8oldan, 
deren  Gemeinde  er  „egregiam  sane*'  nennt,  fand  Yergerios  hin- 
reichend Gelegenheit,  ihr  Glanbensbekenntniß  eingehend  zu 
prQfen,  zu  welchem  Zwecke  er  auch  das  Abendmahl  mit  ihnen 
nahm  (ibi  primum  coepi  eoa  cognoscere,  qnare  cum  eis  sumpsi 

37* 

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580 


Die  Reise  den  Vergerins  nach  Polen  1666^1567  etc. 


ooonam  Doiuiiii,  quod  palam  prnfitcor",  1.  c.  pg.  'iliii.  Er  hatte 
von  ihrer  Confession  bisher  nur  unklare  Vorstellungen  gehabt, 
win  der  Brief  nr.  5G  bei  v.  Kausler  (pg.  1B6)  beweist,  wo  «r 
die  Brüder  „quosdam  Fichardos,  qui  fere  altemm  monaokatiim 
com  juramento  etiam  instituernnt"  nennt,  nun  aber  gewann  er 
von  derselben  einen  so  guten  Eindruck,  daß  er,  sobald  sich  die 
Muße  dazu  fand,  daran  ging,  eine  neue  Ausgabe  ihrer  1535 
König  Ferdinand  ülicrreichten  Confession  (in  lateinischer  Ueber- 
setzung  gedruckt  lo^-S)  zu  veran>!taltt'n.  deren  5,Vergerius  Lectori'" 
überschriebenn  Vorrede  das  Datum  trägt  „Tubingae  Kai.  Augusti 
M.D.LVII.,  die  aber  erst  im  ersten  Drittel  des  Jahres  1558  im 
Druck  erschien  (Fontes  Berum  Austriaoamm,  2te  Abth.  XIX, 
pg.  214)  und  zwar  wol  bei  Daubmann  in  Königsberg,  wenn 
auch  Drucker  und  Dmckort  nicht  genannt  sind.  Am  3.  Desem* 
ber  1557  schrieb  Vergerius  außerdem  (v.  Kausler^  Brie^. 
nr.  50.  pg.  154)  an  Herzog  Christoph:  ,,Interea  \ni\U)  t'oliuni  m 
PoJoniam  ut  videaut,  me  non  damnasse  (ut  Lasclius  sj)ar>it  i  eun- 
fessionem  Valdensium,  imo  magn<»]>ere  laudasse,  ut  ttiam  videant, 
quae  testimonia  ea  confessio  habeat  ot  sint  constantes."  Hiermit 
im  Zusammenhange  steht  wo!  auch  Vergerins'  langer,  26  eng- 
gedruckte  Seiten  Octav  um^sender,  Brief  an  Stanislaus  Ostrorog 
vom  1.  Januar  1558  (mitgetheilt  von  Gindely  in  Fontes  Bemm 
Austriac,  2te  Abth.  XIX,  j^g.  216 — ^240),  worin  er,  zugleich 
sein  Auftreten  gegen  Laski  entschuldigend,  die  bömischen  Bruder 
und  ihre  Confession  in  jeder  Weise  lobt  und  vertheidigt. 

Sciüießlich  wurde  nocli  Vergerius  durch  sein«',  liei  v.  Kausler 
(Briefw.  pg.  17 — 19)  geschilderte,  Habsucht  in  Soldau  in  eine 
unangenehme  Geschichte  verwickelt.  Hersog  Albreoht  hatte 
ihm  nämlich  von  Anbeginn  auf  allen  seinen  Fahrten  einen 
Führer,  Namens  Christoph,  beigegeben,  der  die  Aufgabe  hatte, 
ihn  sicher  und  bequem  von  Ort  zu  Ort  zu  bringen.  Dieser 
Führer  nun  hatte  vom  Herzoge  den  Aufbog  erhalten,  sich  ton 
dem  Anitshauptmann  zu  Soldau  hundert  Mark  auszahlen  zn 
lassen  und  \  ergerius  zu  f\bergeben.  Da  er  nun  aber  Vt>rc;»^rins' 
C^haracter  keimen  zu  lernen  wol  schon  Gelegenheit  gehabt  hatte 


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Vuu  JoIiaim«8  Sembrzycki. 


681 


und  wiLÜtt',  daU  er  von  ihm  keine  Vergütigun<j:  für  diu  ilim 
auf  seinen  Reisen  erwiesenen  Dienste  zn  erwarten  habe,  so 
knüpfte  er  von  vornherein  an  die  Auszahlung  des  Geldes  die 
Bedingung,  daß  er  zehn  Procent  davon  erhalte.  Darauf  ging 
Vergerius  nicht  ein  und  maßte  sich  nun  von  Christoph  Grobheiten 
sagen  lassen,  der  ihm  die  hundert  Mark  jetst  ftberhaupt  auszu- 
händigen sich  weigerte.  Darob  beschwerte  sich  Yergerias  beim 
Herzoge  in  einem  Briefe  vom  7.  Januar,  worin  er  ihm  die  gamse 
Sache  haarklein  mittheilt  und  zum  Schluße  sagt:  „Sathan  per 
tales,  cum  aliud  non  posait,  turbarf  nititur  quietem  eorum  qui 
laborant  in  Evangelio  tilii  Doi,  nieam  certe  perturbavit,  non 
quidem  propter  pecuniam,  absit,  eam  non  curo  com  Deum 
habeam  in  Patrem  sed  propter  indignos  modos  quibus  mecum 
usus  est:  ignoscat  Uli  Deus/^  (Sixt,  Brief  V  pg.  636).  Yergerius 
mnB  sich  also  nicht  wenig  geftrgert  haben,  und  seine  "Worte 
„pecuniam  non  curo^'  erinnern  -unwillkürlich  an  die  sauem 
Trauben.  Welches  Ende  die  Sache  gefunden  habe,  läßt  rieh 
leider  nicht  feststellein;  aufialleiid  ist  os  jedocli,  daß  seitdem, 
bis  zum  AugUüt  1559,  wo  N'ergerius'  zweite  Reis»!  nacli  Preußen 
und  Polen  vorbereitet  wurde,  jeder  Brietwechsel  zwischen  Herzog 
Albrecht  nnd  Vergeriu«  aulhört.  Der  Hersog  hatte  letzteren  zu 
einem  solchen  in  einem  am  26.  December  an  ihn  nach  Soldau 
gerichteten  Briefe  (Sizt,  Brief  III,  pg,  6M),  worin  er  ihm  auch 
schreibt,  er  sende  ihm  die  in  Königsberg  zurückgelassenen 
Exemplare  seiner  Flugschriften  nach,  ausdrücklich  aufgefordert; 
., dementer  petentes'',  h'-ißt  dori.  ,.ii(jv Dom.  V.  uobis  de 
statu  roruni  suamm  et  quomodo  valeat  per  occasionem  scribere 
non  gravetur.  Hoc  nobis  gratissimum  accidet".  Allein  daß  Ver- 
gerius  der  Aufforderung  nicht  nachgekommen  ist,  ersehen  wir 
daraus,  daß  Herzog  Albrecht  sich  bei  Br^ntiue  1558  danach  er- 
kundigt, ob  das  Gerücht  von  der  Ge&ngennahme  des  Vergerius' 
auf  seiner  Bückreise  aus  Polen  wahr  sei,  worauf  Brentius  ihm 
im  September  und  October  MittheUungen  über  das  Ergehen  des 
Vergerius*  macht  (Voigt,  Briefw.  pg.  65 — 66). 

Nach   dem  Schlusö»^    düs  lieichstages    verließ  Vergeriu« 


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582 


Die  Beiae  des  Vergerius  nach  Polen  1566—1667  et«. 


Soldau  und  begab  sich,  nioht  ohne  unterwegs  Gefeiiren  von 
Seiten  seiner  Gegner  ausgesetzt  m  sein,  Aber  Warschau  nach 
Krakan^^,  wo  er  mit  dem  seit  dem  6.  December  1666  nach 
Polen  znrückgekehrten.  anf  der  Bnrg  Rabsztyn  und  bei  Bouar 
in  Baiice  unweit  Krakau  sich  aufhaltenden  Laski  und  des;sen 
Genosneu  Ub'iihove,  sowie  mit  Lismanin  zusammentrat.  ilüsin> 
bchrieb  Mitt»>  März  1557  von  Heilsliorr^^  au.s  an  Lipomanu* 
(Ep.  Hosii  Ii,  pg.  799j  nr.  1724):  „venit  manipulus  haereticorum 
Cracoviam:  duo  Vergerii  tratres,  Joannes  a  Lasco'*  etc. 
,,Ac  Yeigenus  quidem  alter  an  uterque,  certe  nescio,  Vitteni- 
bergam  se  itemm  reditums  contulisse  dicitor/'  Das  haben  nun 
Eichhorn  (I,  276),  Bnkowski  (H,  449)  und  die  Herausgeber  der 
Epistolae  Hosii  frischweg  als  wahr  angenommen,  und  letstere 
sagen  in  der  erklilrenden  Anmerkung:  „do.  Petrus  Paulus  .  .  •  . 
et  frater  ejus  Joannes  Baptista  quondam  Eppus. 
Polensia".  Vergerius'  beide  Brüder  waren  aber  längst  ver- 
storben, der  eine  1532  ^vSixt  pg.  20/,  der  andere  vor  der  Flucht 
unseres  Vergerius  aus  Ttali<^n  iSixt  p^.  187).  Wen  Vergerius 
auf  seiner  Keise  mit  sich  hatte,  das  war  einer  seiner  drei  Neffen, 
Namens  Ludwig,  der  von  Herzog  Albrecht  zum  Rath  ernannt  wurde 
(Sixt  pg.  und  der  die  1559  ohne  Ort  und  Drucker  (aber 

wol  in  Königsberg  bei  Daubmann)  erschienene  Schrift  verfaßt 
hat  „De  natura  et  usn  saciamentonun".  Jeder  von  beiden  hatte 
seinen  Diener  mit  sich. 

In  Krakau  begann  nun  Vergerius  wieder  sein  sweideuüges 
Spiel  gegenüber  Laski,  so  daß  dieser  am  19.  Februar  1657  an 

17)  Aus  einer  Stelle  im  nnlMnsst  erwähnten  Briefe  des  Versrerin«  sn 
Ostrorog  (pp:.  522'*:  ..Nnn  ninltiun  }M>sr  npc^batnr  romitinm  Vaisoviae**  und 
vier  Zeilen  weiter  nach  oinem  Absalzts  ,^Eram  lune  ego  illie  et  Lippomanns 
Yeronae  episcopus.  Papae  legatus  posset  testari  fomm  ne  illte  an  non, 
certe  oiedo,  eum  xnaluiaset  me  non  aÜfiiisse'*  kdnste  man  folgern,  Vergerius 
sei  auf  dem  BeiehBtagc  anwesend  geweeen.  Dem  ist  aber  naoli  den  Aus* 
fühnuigen  dieser  Arbeit  nicht  so,  mid  Verf:;erius  meint  mit  den  Worten 
„Kram  tunc  ego  illir'"  nur  seine  Aiiweptulicit  in  Polpn  überhaupt.  I^h 
glaube  aber,  daß  er  diese  Ötelle  in  dem  Briete  aljsicbtiicli  so  tluuk.  l  gelabt 
hat,  am  so  den  Anschein  sa  erwecken,  als  habe  er  dem  Beichstugc  uirktich 
beigewohnt. 


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Vou  Johannes  i?euibi-zycki. 


683 


Calvin  sohrieb:  „Hier  greifen  uns  Feinde  an,  dort  falsche' Brüder, 
Jaß  wir  zu  keiner  Ruhe  kommen*'.  (Dalton  pg.  517).  Eine  ab- 
fällige briefliche  Aoußerung  des  ^'el•l;e^iusl  über  J^aski  ist  oben 
bei  Erwähnung  der  böhmischen  Brüder  aus  dem  Brietf  an 
Herzog  Christoph  mitgetheilt;  aber  Vf^rgerius  erklärte  überall 
and  bei  jeder  Gelegenheit  hinter  Laski's  Bücken,  Laaki  lasse 
aich  von  feinem  Eifer  zu  sehr  hinreißen  („qui  cum  magno 
(Xuodam  zelo  feratar**  —  „bonos  ille  Laschus  nimie  magno  zelo 
veluti  raptus"),  die  von  ihm  beabsichtigte  Aenderung  der  böh- 
iiiisclieu  Oonfessioii  kuiiiit;  „valJe  impedire  et  retanlare  c\angolii 
«  ursiim"",  II.  s.  w.,  wie  or  in  seinem  iangiiu  Eiitscliuldigungs- 
schreibou  an  Üstrorog  auf  pg.  223,  224  und  227  selbst  zuge- 
stehen mußf  und  wodurch  er  vi^lo  polnische  Große,  worunter 
eben  diesen  Stanislaus  Ostrorog  und  Jiaphael  Leszczyiiski  (Ver- 
gerius  nennt  ihn  in  dem  Briefe  pg.  227  „Lenzoinius"),  ^  unge- 
halten auf  sich  machte,  dafi  sie  ihn  nach  seiner  Heimkehr 
brieflioh  zur  Bede  stellten. 

Von  Krakau  ging  Vergerius  nach  Posen,  wo  er  bei  den 
Gürka'^<  verweilte  und  Eustachius  Tropka  wiedertraf,  der  also 
vielleicht  zu  dieser  Zeit  schon  K*»nigsberg  endgültig  verlassen 
hatte  (Brief  an  Ostrornnr,  pg,  236),  und  begab  sich  dann  Ende 
Februar  oder  Anfang  März  nach  Frankfiurt  a/0.,  wo  Sabinus 
Professor  der  Universität  war.  Diesem  konnte  es  nicht  ange- 
nehm sein,  wenn  an  seinem  jetzigen  Aufenthaltsorte  manche 
Einzelheiten  aus  seinem  Eönigsberger  Leben  bekannt  wurden; 
Vt  rgerius  aber  brachte  sie  doch  zur  Sprache  ,,und  vielleicht 
sogar  in  \  eiieumderischer  Absicht'*  (Toeppeu,  (iründung  der 
Univ.,  p^.  2881  „Jedi'iitalls  taud  8abinus  für  gut,  zur  Ver- 
theidigung  seines  guten  Namens  auf  der  Universität  und  bei 
H' >t>  sich  in  den  Besitz  der  nöthigen  Documenta  zu  setzen'* 
(ibidem).  —  Der  nächste  Ort  an  dem  Vergerius  Halt  machte, 
war  Wittenberg,  wo  er  zehn  Tage  lang  bei  Melanchton  ver- 
weilte (Brief  an  Ostrorog  pg.  227,  in  den  Fontes  Berum  Austriac.)* 
Ueber  den  Zeitpunkt  seiner  Bückkehr  nach  Württemberg  wissen 
wir   iiiclilö.    In  seinem  am  17.  Juni  aus  Tubingen  an  Herzog 


584  Beise  dos  Vergerius  nach  Polen  1566—1657  eio. 

Chiistoph  gerichteten  Briefe  aber  Eansler,  Briefw.  nr.  49, 
pg.  142)  tlieilt  Vergerius  demselbeiL  mit:  „Impendi  circiter 
qmnqtiaginta  taleros  in  boc,  quod  niino  in  Bhaetiam  confeci, 
itinere".  Anstatt  also,  wie  man  meinen  sollte,  sich  von  den 
Strapazen  der  laugen  prenfitsch-Htamsch-polnischen  Heise  sm 
erholen,  war  der  ruhelose  Mann  bereits  wieder  iu  der  Schweiz 
gewesen,  auch  iu  (ieuf,  wie  er  iu  dein  Briefe  au  Ostrorog 
(pg.  227)  mibtheilt. 

BIbliOfirraplÜSeher  NaolltTag«  Als  m  mir  niefat  mehr  möglich 
war,  in  obiger  Arbeit  VerftnderangenTommehmen,  konnte  ich  K.  Es  trei  eh  er*s 

„Bibliografia  Polska",  VITT  (Bibliograpliie  ilee  XIT.  a.XVI.  Jahrh.)  eineehen 
ttnd  finde  mich  veraolaßt,  uachatehende  Bemerkungtfi  so.  d«!Mlben  sn  macheo : 

1554. 

Uuter  diesem  Jahre  führt  Estr.  auf:  „Vergerius  P.  Atlianasii  scholia 
ad  Regia  Polen,  orationem.^'  Ich  habe  oben  uacLgewieBeu,  daft  der  Titel 
Reginaldi  PoH  orationem*'  bratet.  Eetr.  trifft  hier  natfirlich  keine 
Schuld,  da  er  lediglich  WLszniewski  gefolgt  ;  man  sieht  aber  au8  diesem 
Beispiele,  was  nnpaseende  und  uiizeitige  Abbreviaturen  anrichten  können. 

1555. 

Estr.  imi:  ,,Ti'zy cieski  A.  Lac  spirituale.  Hegioniouti,  Daubmauu, 
b.  w.  r.  (1555).    Geliört  in  das  folgende  Jahr. 

Eatr.  (sab  „üptHnanna**):  ,,Copia  d'nna  lettera  ingeniosissima.** 
Dies  ist  jeden&Us  die  itaUenische  üebersetzung  der  „Dnae  Epistolae^,  nach 
welcher  ich  vergebens  gesnclit,  wt»  ist  sie  gedruckt? 

Tsnl»  ..Von^erius"):  ,,(>  siu  ljaczowski  in  w yni  v'czonyni  na  Zydzie 
Bogu.  Kegiom.,  J.  Daubmann.*'  (Vom  Öocliaczower  aus  einem  Juden  heraus- 
gemarterten Gotteu)  Da  Vetgerins  nicht  Polniadi  verstand,  ist  diese  Schrift 
Trepka  oder  Tnyaeski  (oder  einttn  anderen  evaogel.  Polen)  sosuachreiben. 

Endlich  führt  Estr.  an:  ..Wirtenherg  Christ.  Confessio  fidei.  R<?giora.. 
Daubm.''  Dies  ist  die  der  ,.Cünfcssio  fidei  tradita"  beigeJnickte  ..r.mf.  <si<' 
fidei  .  .  .  Christophori  Du'  i-?  Wirtonh^^rgensis "  Die  sep;uut<'  Krwuluning 
bei  Etitr.  bestätigt  meine  Annahme,  daß  letzteres  Werkchen  auch  besonders 
verbreitet  worden  sei. 

Auch  uuter  diesem  Jahre  fttlirt  Estr.  ebenso  wie  155G  einen  ,,Cathal. 
Haereticorum  Re^inm."  %'nn  Vortcerins  an,  und  nicht  minder  nnf  pg.  117 
uuter  den  ohne  Jalir  ersciiicutuK'u  und  den  bislier  nicht  gefundenen  Werken; 
bei  letzterem  fügt  er  hinzu:  „dem  Oslrorog  dedicirt**.  Der  Oatal.  Haeret. 
ist  aber  Badaiwü  dedicirt. 

Die  Schriften  „Obsecro  vide  lector**  und  „De  reverendiastmo  Hosio'* 
f^len  bei  Estr. 


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£rklSruug;eu  und  £iueudatloiieii 

zn  dea 

Drei  Königsberger  Zwisehenspielen  aus  dem  Jabre  1644. 

Iii 

Robert  BbcIüioIb* 


Diü  drei  ol)f'ii  S.  III  —  14U  von  Bolte  mitgeteilten  Königs - 
beider  Zwischenspiele  aus  dem  Jahre  1644  bieten,  wenn  ich  sie 
auch  nicht  durchweg  mit  Sembrzycki  als  reizend  bezeichnen 
möchte,  doch  als  eigenartige  Sprachdenkmäler  und  besonders 
lebensvolle  Kultnrbilder  nicht  nur  dem  Sohne  der  altprenßisohen 
Heimat,  suudern  aucii  jedem  Altortumsfrounde  so  viel  Inter- 
essantes, daß  das  Verlangen,  dieselben  sprachlich  iind  Haclilich 
vollkommen  erklärt  zu  sehen,  sehr  natürlich  ist,  daher  auch 
nicht  verschwendet  di«  Miilie  des  Eindringens  und  die  Arbeit 
der  sftnbemden  Hand,  die  sich  pietätvoll  einem  Texte  zuwendet, 
der  nicht  aUen  zünftigen  Philologen  vornehm  genug  scheinen 
möchte.  Doch  stellt  derselbe  dem  Witze  des  Erklärers,  wenn 
dieser  gewissenhaft  methodisch  verfahren  will,  nicht  unwürdige 
Aiii'gaben.  Der  Hei*ausgeber  bezeichnet  (S.  115) ,, mehrere  Stellen" 
als  solche,  die  ihm  „nicht  völlig  klar"  ijeworden;  und  indem 
er  so  der  Annahme  Kaum  gibt,  daß  alles  nicht  ausdrücklich  als 
unverständlich  oder  zweifelhaft  Notierte  für  ihn  keine  Schwierig- 
keit enthalte,  ruft  er  in  dem  Leser  den  Wunsch  hervor,  daß  er  an  den 
zahlreichen  dunkelen  Stellen  von  seinem  Lichte  gespendet  hätte. 
Bolies  Erwartung  befriedigender  Erklärungen  zu  jenen  Stellen  von 
Kennern  der  preußischen  Mundart  hat  sich  weniger  ausreichend  als 
schnell  erfüllt  in  den  Bemerkungen  von  Sembrzycki  (S.  321 — 325) 


58Ü       JCrklui  uiigeji  mid  EmeuUatioueu  isu  deii  Drei  Koiügsberger  cu-. 

and  in  d«n  Erläutonmgen  von  vier  anderen  Forschem,  ttber  welche 
der  Herausgeber  der  Zwischenspiele  selbst  (S.  349—351)  unter  Hiu- 
zufugung  eigener  Bemerkungen  beriebtet.  Ein  Zufall  brachte 
die  Zwischenspiele  erst  länf>;»«ro  Zeit  nach  ihrem  Erfcheinen  in 
meine  Hand,  und  die  ErkJäruiignn,  welche  auch  ich  beiti*rtgen 
wollte,  waren  eben  niedergeschrieben,  als  ioh  von  den  oben 
genannten  Bemerkungen  und  Erläuterungen,  auch  erst  längere 
Zeifc  nach  ihrem  Ersoheinen,  Kenntnis  erhielt.  So  befinde  ich 
mich  in  der  günstigen  Lage,  die  dankenswerten  Anregangen 
derselben  ftlr  meinen  Versuch  henüteen  zu  können.  Dieser 
mnB  um  so  anspruchsloser  hervortreten,  als  ich^  an  meinem  ab- 
gelegenen Wohnorte  von  den  hieher  gehörigen  wissensohaftUchen 
Hilfsmitteln  so  ^^nt  wie  ganz  verlassen,  fttr  die  ])reQBisohe  Mundart 
lediglich  aus  meiner  Sprachkenntnis,  so  weit  sie  eigener  Beob- 
achtung entstammt,  schöpfen  konnte.  Dieser  Umstand  batt^ 
auch  die  Notwendigkeit  zur  Folge,  zuweilen  eine  Behauptung 
autzusteilen,  ohne  daß  dieselbe  auf  einen  vollen  Beweis  gestützt 
werden  konnte;  doch  ist  das  nur  da  geschehen,  wo  ich  bei  zu- 
gänglicher Literatur  den  Beweis  erbringen  zu  können,  vertrauen 
durfte.  —  Die  Zwischenspiele  sind  der  Keihe  nach  mit  I,  II,  III 
bezeichnet,  die  Erklftrer,  entsprechend  dem  Ver&hren  Boltea 
(S.  349 — 361),  mit  den  Anfangsbuchstaben  ihrer  Namen;  Smbr. 
»  Sembnsyoki. 

V.  10.  Die  ZaUbesdmmnng  en  oder  derticb  ist  sehr  sonderbar 

und  nicht  obne  weiteres  deutlich.  Einen  leidlicbeii  Sinn  erhält  man,  wenn 
oder  ptftgQaut  im  Sinne  von  oder  meinpt wegen  auch,  begleitet  von 
der  zugehörigen  Armbewegnng  des  Darstellers,  und  dertich  als  runde, 
beliebig  hohe  Zahl  aufgefaßt  wird.  Als«»:  niid  hätten  einen,  oder  meinet- 
wegen auch  dreißig,  eof  die  Seele  (—  unser  Uewiseen)  geuommeo  d.  h.  tot- 
geschlagen. 

V.  27.  Srhar ff 8  emt  Lyw  sind  nicht  Degen  (B.).  souUem 
Schärpen  um  den  Leib.  —  Aas  der  Wurzel  Skrabh  (graben^  einkratzen} 
des  A^i'  scharf  ist  im  Deatschen  nnr  das  abstrakte  Subst.  Sch&rfe  eut- 
sprossen,  konkrete  Sahst,  freilich  in  anderen  Sprachen,  doeh  nirgend  in  der 


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Vou  Robert  BuciiJiok. 


Ö87 


Bedeutung  dw  Waffe:  lat.  scrofa  die  Sau  ^  Schürferin,  Oräberin,  scriba 
Riteer,  ital.  akarpa  spiCser  Schuh,  afni.  eecaipin  Socke»  lett.  skroluitüiBch 
Bohleuen,  rues.  skretKSkii  Schabeisen.  Diese«  ^racUiche  Hindernie  ver- 
stärkt der  SSusammenhaiig.  Es  handelt  sich  hier  um  einen  besonderen 
AafBug  der  OiBsiere  su  einem  feierlichen  Akte  mit  stoben  Tressen.  FeJcr- 
hut,  goldenen  Verzierungen,  also  um  den  Puradeanzug  (en  aller  Herrligkeit 
V.  26),  während  der  Degon  der  stete  Beglfitor  des  Soldaten  ist  und  als 
t^ololifr  niflit  leHon.lers  uui'lallen  konnte.  Schärft"  <genue?)  als  Bezeiehnung 
der  Watlc  kennt  auch  der  Sprache:»»l»rnTjrh  nirlit.  wohl  aber  nennen  noch 
heut«  die  ]»lntt  rodenden  Soldaten  die  (>lliüitr-.>^rli;irj>e  de  Schärtf  oder 
iu  strengerer  Mundart  Schärft".  -  ewerguldeii  Katjns  wohl  nicht 
=sa  Ketten  (S.),  sondern  verschrieben  für  Ket  kes  oder  Kctkens  —  Kettcheu 
(yergl.  das  Deminnt.  Bestokeu  V.  07),  was  das  Volk  Bommelaschen  nennt. 
Also:  mit  ihren  Sohiirpen  um  den  Leib  und  vergoldeten  Bommelaschen. 

V,  85.  rechte  dicht  gewott  —  recht  tüchtig  gawetat.  Das  Adv. 
heiBt  heute  ddg  (zu  ad.  dugan,  ahd.  tugan)  oder  unrein,  unter  offenbarer 
Einwirkung  der  hd.  Form,  dicht  ig. 

Y.  89.  ewer  en  ist  nicht  =  Ühw  Ende  d,  h.  in  den  vier  Ecken  (S.). 
Zun&chst  heißt  Ende  nd.  nicht  En,  sondern  Eng,  a.  B.  dat  dicke  Eng 
kömmt  nah;  ferner  ist  der  Zahlbegriff  „vier"  willktlrlich  in  die  Worte  hinein- 
gelr;^'t.  ohne  Zweifel  aus  der  Wendun-;  ...ni  n'len  vier  Ecken  anstecken", 
welche  jedoch  nur  von  Ortschaften,  nicht  von  einzelnen  Häusern  gebraucht 
wird  —  natürlich!  T>rnn  wozti  ein  Gebäiifl<\  zumal  wie  hier,  eirie  Käthe 
an  allen  vier  Ecken  anzünden';'  Der  Bran<l!*uiter  hat  dazu  selten  Zeit,  wii 
auch  hier  Klapkann  dervan  leb  ^V.  (Oi.  ^  En  -  ihnen  (vgl.  wy  bekeiuneu 
en  de  Bnrktesch  V.  36;  van  euiitii  V.  4G  ist  die  langen-  Form;  em  V.  12 
ist  für  eil  veii.chrieben).  Also  über  ihnen  (wie  auch  B.)  steckt  Klapkoun 
die  Käthe  an,  ewer  dem  Kup,  wie  derselbe  (V.  23)  mit  diessr  sprich- 
wörtlichen Wendung  von  sieh  rflhmt  Bei  Brandstiftung  von  außerhalb 
war  es  ja  das  einfachste,  das  Strohdach  der  niederen  Käthe  mit  der  Hand 
an  einer  Stelle  anlauzenren  und  den  Brand  da  hinein  au  werfen;  von  inner» 
lialb  war  der  Brandstifter,  wenn  er  auf  d^  nlfVcht**  arbeitete,  am  wenigsten 
der  Entdeckung  ausgesetzt.  —  Weshall>  sich  die  Offiziere  durch  das  Kap- 
fenster retten  (V.  42)  und  nicht  lieber  durch  die  Zimmerfenster  springen, 
ist  nicht  einzusehen.  Die  letzteren  waren  wohl  nach  alter  Sitte  vernagelt, 
und  Kl.  brauchte  das  gegen  Naber  Strunck  nicht  besondere  zu  erwähnen. 

Y.  10.  So  cd  kann  nach  dorn  Zusammenhange  nur  ^  sehet  seiu, 
eine  aulYrdleud  schicclitc  Srhreibung. 

V.  lt.  iür  Wurdet  ist  zn  ««rhreiben  wörd  et,  ebenso  he  üb  et 
(V.  45}  und  schvver  et  (V.  47j  nach  Analogie  vuu  ea  et  (V.  23)  und  styng 
et  =  stünde  es  \y.  125). 


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5bb      Krkläruugcu  uikI  Emeadatioueii  m  deu  drei  Küuigsbtirger  etc. 


y.  60.  An  Scbobbernftck  schemt  S.  Aiutoll  wxl  nehmen,  weil  er 
den  peradnlichen  Gebrauch  des  Wortes  biaher  oicbi  belegt  findet.  Er  wird 
eben  durch  diese  klasgiKclie  Stelle  prouügeud  belegt.  Gewiß  liegt  in  dem 
AUS  Schabernack  verdrehten  Worte  eiuo  witzige  Anspielung  auf  das 
ächobben  der  verlausten  (V.  B9)  Landsknechte,  wie  ähnlich  einer  der  sich 
hubbert,  d.  h.  vor  Kältr  ndor  Nässp  schauert  und  mit  eingezogenem 
Nacken  kauert,  Hubbcriuick  {moii)  genannt  wird.  Ueber  die 'Ver%\-enduDg 
von  Subst,  abstr.  zur  scheltenden  Bezeichnnnct  von  Personen  ^iml  Bedenken 
unbegründet.  Bei  den  Griechen  ist  dieee  Aiisdrucksweise  geradezu  Stil 
Kreon  betiehlt  bei  Sophokles  (Aiit.  7flO)  den  Wächtern,  die  Frevlenn  vorm- 
ftthrent  mit  den  Worten:  ayttt  to  /tiaost  vod  Odyssens  wird  (Ai.  974  Shyui 
(doa  Heminstreteben)  genannt,  gana  so  wie  die  preoSiaobe  Kutter  ihren 
müAig  heramlnngernden  Jnngen,  wenn  ihn  der  Hnnger  endlich  nach  Haoee 
treibt,  mit  der  Anrede  begrüAt:  na  du  Omdreft  sUmbertroiber,  w&hrend 
das  Wort  seiner  Form  nach  ein  Abstr.  ist  oder  doch  höchstens  nach  Ana- 
logie von  Droft,  Oeft,  einen  Gegenstand,  nicht  eine  Pttrson  beaeichaen 
könnte.  VgL  die  er^^tuU  detrimenta  bei  Gart.  V.  la 

V.  68.    Welk  ahm  tett.    Auch  hier  versucht  8.  eine  durchaas 

spracliwidrige  Erklärung:  ,,tett  —  to  ett,  zum  Essen ?^  Das  letztere  heilt 
iu  preuOischer  Mundart  to  eten.  so  daU  bei  der  vermuteten  Krasis  die  Prä» 
Position  ihren  langen  Aushiut  eingebüßt  liaben  würde,  eine  Erscheinung, 
lür  die,  wif>  für  difse  '^r\iizf*  Art  der  Verschm'^l/iinj):.  ifli  koin  BeiRpiVI  und 
keine  Analogie  habe  (denn  in  nihd.  /.er.  '/einem  u.  dgl.  ist  zuo  zuuacbül  iu 
ze  geschwächt),  ebensowenig;  für  den  daUi  jmssiprten  Verlust  der  Int.- 
Endnng.  Die.ser  wäre  in  unserem  Falle  niciit  nur  granuuatisch,  sondern 
auch  psychologisch  unmöglich.  Das  Aten  oder  (durch  ver>  ▼etsttikt)  fMten 
beaeichnet  eine  so  wichtige  und  so  robuste  Terriehtung  des  ToUraa,  daS  der 
vermutete  Schwund  des  sprachlichen  Ausdruckes  Air  diese  nachdrdeklidi 
geübte  Thfttigkeit  (ett  aus  öten)  nicht  an  denken  ist.  Femer  wanscht  man 
«um  Essen  nicht  witlkomm,  sondern  guten  Appetit.  —  Vielmehr  ist  mit 
genauer  Vokalbexeichnung  wüllkAm  Ti-tt!  zu  lesen  Wülkomraen,  Zitse! 
In  dem  noch  heute  lebenden  Ausdrucke,  wie  ihn  auch  8mbr.  kennt,  wird 
nicht  der  Umlaat  des  a  gesprochen  —  man  muß  da  sehr  genau  hiu- 
liöron  —  sondeni  vH  ist  c.  Brn-hnn»;  aus  i  vl:1.  nid  tittn.  wie  auch  bei  uns 
zuwejien  die  Mütter  k'»send  sag' n.  au,s.  titi  ,  titte,  tete,  engl  tit.  tet), 

imd  ist  nach  Form  und  A^isspraehe  liicliiö  anderes  als  in  IL  1:  eck  hebb 
lang  ^onoe}»  by  der  Modtr  Tett  gesagen.  Häufiger  als  wcllkouiiu  Tett 
Imbe  ich  in  meiner  Vaterstadt  Brauusberg  gode  niorge  Tett  geliort,  was 
mit  dem  ersteren  fast  völlig  gleichbedeutend  ist,  nur  noch  die  unwesentliche 
Beaeichnung  der  Tagessett  enthält.  Der  Ausdruck  bedeutet  eine  iromsche 
BegrttBung  eines  unwillkommenen  Ereignisses  oder  einer  xmangenehmeo 


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Von  Robert  Bnchholz. 


689 


Person  entweder  in  Besiehuug  auf  diMe  seibat      „der  kommt  mir  gerade 
reeht!  der  kommt  mir  geachHcheii!*'  (Smbr.),  oder  auch,  wie  hinzugefügt 
werden  mnft,  in  Benehnng  auf  den  Spreehenden;  „Da  kann  ich  mir  gratn» 
liefen!  da  wird  es  waa  abselaen!"  Die  rfttselhafte  Wendong  enthält  ent> 
weder  eine  Drohung  gegen  einen  ankommanden  Feind  (vgl.  Smbr.)  oder  ein 
mit  laimiger  Resignation  siVh  äußerndes  Angstgefülil  gogenüher  einem 
drohen»1en  T^nlieil.    Wciiii  die  Lehrjungen  in  der  Werkstnbe  Allotria  treiben 
nnd  einer  <len  Meij^ter  kommen  sieht,  so  ruft  jener  wohl:   .Tnngens.  de 
Mpflt^>vl    Nil  Wöllkam  T«'tt  I  d.  h,:  Na  nun  können  wir  uns  «rrittiliVron !  Nun 
kann   uns  was  pnsf«irrf»n !  —  Die  Schwieri^kHir   der  jjsyrhologisrlifii  Er- 
klärung des  Ausdrucki  s  tVirdert  heraus  oder  entachuldigt    jt-dtsfalLs  einen 
Versnch,    Die  BegruUuiig  einer  angenehmen  Aussicht  findet  nirgends  eine 
einfachere,  dabei  innigere  und  darum  ausdrucksvollere  Aeußernng  als  in  dem 
Behagen  in  Stimme  nnd  Oebirden,  womit  der  Säugling  der  dargebotenen 
Mntterbmat  anstrebt;  hfttte  er  Sprache»  so  wflrde  er  jnbeln:  w^llkAm  THÜ 
Das  MitfUhlen  dieser  vom  Mntter-  und  Vaterange  so  allgemein  und  ao  viel- 
&eli  beobachteten  freudigen  Erwartung  mag  xnnicbat  an  der  aprichwdrtUeheu 
BsgrAftnng  freudiger  Aussichten  oder  VorflUle  mit  diesem  Ausdrucke  gefllhrt 
haben,  welcher  dann,  zufolge  des  dem  Yolksgeiste  eigentümlichen  Zuges 
zur  Ironie,  auch  unangenehmen  Ereignissen  und  Personen  gleichsam  euphe- 
mistisch  entgegengerufen  wurde  und  in  dieser  pointierten  Gebrauchsweise 
sich  fe«:tsetKte.  Dir-  T?edewendung  scheint  mir  vnn  der  Art  derer  -m  sein,  in 
welchen  «las  Wort  nur  noch  „Substrat  ein»«»  Geailils'*  ist.  die  ^^ofl  nur  zum 
Ausdruck  der  Stinmnui^  dipnen.   einen  Orad  der  Empfindung  bezeichnen, 
während  sie  scheinbar  diucbiius  anschaulich  und  sinnlich  sind"  (Jiruclimann. 
Psychol.  Studien  sur  Spracligeschicht«,  S.  B  nnd  7).  —  Der  Aasdruck  konnte 
auch  einen  roheren  Ursprung  in  den  handgreiflichen  Neckenara  des  jungou 
Volkse  haben,  welche  Jnngfer  Sophyke  (II,  40)  mit  großartiger  TonirteilB- 
loaigkeit  „oor  kleen  beftke  Eettely'*  nennt.  Doch  wird  dieeer  auch  an  sich 
unwahrscheinliche  ErklftmngsTersuch  weniger  ansprechen. 

A  schau  hier  Eckern.  —  DaB  W.  in  dem  Jahisehnt  der  Skat- 
kongreese  die  Frage  aufwirlt,  ob  der  Ausdruck  nicht  dem  Kartenspiel  ent- 
nommen sein  könnte,  ist  swar  nicht  befremdlich,  aber  auch  nicht  geitide 
förderlich.  Die  Worte  können  nicht  richtig  fibertiefert  sein.    Eckern  ist 

Adj.,  gewöhnlich,  wie  V.  iW.  in  der  Form  ecken,  Und  plural. Sahst.  ^  Ei  lidn. 
nicht  Eiclibäume  (wie  an.schein»  n  l  früher  im  Westfälischen  nach  8.1,  weiche 
Ecke,  Sing,  de  Eck.  heißen.  Das  Adj.  kann  es  hier  nicht  sein,  da  es  kein 
Snbst.  liat.  Das  Subst.  nb»>r  cjibt  m  eigentlicher  Bedentnnc:  keinen  Sinn;  in 
übertragener  Bedentni;^^  komuit  es  vor  in  der  Wen'luiig:  en  Kerl  wia  rn 
(Eckern-)  Dnß.  und  sonst  noch  in  Vergleichen,  um  etwas  (Tjattes,  RundJii  hcs, 
Sauberes  auszudrucken,  z.  B.  Schucke  fort«  wie  de  Eckerken«  ~  Kartoileln 


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590       Erklärungeu  und  En^endationen  zu  den  drei  Köni^berger  etc. 


ganz  wid  EichelGhan.  Anch  liier  ergiebt  aieh  kein  Anbalt  znm  VerstindnU 
unserer  Stell«.  -  Vielleicht  hat  der  Schreiber  die  miftventaadene  Ahkflmnig 
Ew.  Qu.  fUr  Eu«r  Onaden  in  Eckern  kormmjnwt.  Diese  tinterwflifigB 
Anrede  eines  Landsknechtes  mag  wohl  im  Monde  der  Banera  gelinfig  ge* 
wesen  sein  (vgl.  V.  32)  and  «s  stimmt  YortreiFlich  daaa,  ds£  Thraso  ein 
Attentat  auf  nnser  Grandese  (¥.88)  fHrchtet  nnd  die  Baurplager  doch 
wohl  wegen  ihrer  Großthaerei  Gk-aven  der  Ddrper  (V.  196),  wie  iek  ver- 
mnte,  genannt  werden, 

Hiernaeli  würde  der  Zusammenhang  unserer  Stelle  folgender  sein.  Kaeh- 
dem  die  Bauern  Klaiikann  und  Strnnck  den  Entsrhiuß  gefaßt  haben,  nunmehr 
<Ier  Gier  der  SnMnton  Gewalt  entgegenzusetzen,  bietet  sirh  ilmeii  sofort  eine 
G«*lpf;f»nheit  Zill-  Tliat  Eh  (»rfrlipinf  al«*  Inpns  in  fabnln  rin  aut  (irnn-l  »-ir.''' 
"Restzettels  irartiiitlcr  Soldat,  lii  r  dit*  seine  Absichten  aus  .stMiicni  ^f^ll(>l^>£r  Im  r>'ii.- 
kt  unenden  tnler  ilm  h  <  rratenden  Bauern  anredet:  „Glück  /ai,  Ihr  Herren!" 
Nun  spricht  Khipkann  zunächst  ..bei  Seite"*  zu  Strnnck:  „Naber  Strunrk! 
Der  kommt  uns  gerade  gesolili«  lien !  Der  kann  sich  gratulieren  Dann 
wendet  er  sich  ironisch  an  den  Soldaten:  „Ah  sieh  da,  Euer  Gnaden!  Wss 
ist  des  Herrn  Begehr?'^  nlfein  Begehr  ist  eine  gute  Briteradirnng.**  Die 
Worte  T.  65  sind  nnn  wieder  Seite"  an  Stnmck  gerichtet»  da  von 
Thraso  in  der  dritten  Person  (den,  nicht  in)  geredet  wird.  Daher  ist  die 
Vermutung  einer  Bedentnng  Brei  für  Pregel  (B.)  nnnötig;  es  ist  PrBgd 
im  Sinne  der  res  effect»,  wie  Y.  126  der  res  elttcieos.  Tri*^pir**i»»  sprieht 
ironisch  seine  Verwunderung  nnd  fVeude  darüber  ans,  dafi  gerade  ihnen  (ost 
ewen)  die  Ehre  wiederfiLhrt.  dttn  eine  Tracht  Prügel  an  verehren.  An  des 
Aufhängen  denkt  er  hier  noch  nicht. 

V.  (i8.  ])oni  Verb,  klempint  wird  klemmen  wss  bedrängen  au  gnmde 
liegen ;  der  zweite  Teil  ist  vielleicht  pin  =  Pein,  poena, 

V.  72.  Die  Erklärung  von  Pelz-Dywel  als  „armer  Schhicker" 
(Smbr.)  i.'^t  nicht  p;ln' kli'  li :  'sie  übersieht  den  bestimmten  Artikel  den  P.-L>. 
Die  Frage,  ob  der  (inithnnl^^i  niif  dem  Teuffei  (V.  T'^i  vielleicht  den  armen 
ru'hluckcr  nieinf.  hatte  keineu  Siim.  Vielmehr  ina(  ht  .1er  Hauer  ♦  iti'^  im 
Zufjaminniliäni:»'  ««ehr  .<inijebracliiü  hämische  iJ-  iiicrkuiii;  aut  die  Verlnrupt- 
heit  iUis  Laii'l^knt .  litt  s  V.       rnit   iiitiner  Bemerkung).    Die  Lau^. 

.sonst  mit  dum  uiul«  lu  Ungezieler  diis  liciligt:  Tier  des  Teufels  (Mephistophele*: 
Der  Gott  der  Ratten  und  der  Mäuse,  Der  Fliegen,  Fi-ü&che,  Waazen. 
Läuse)  wird  hier  selbst  als  der  im  Pelze  hausende  Teufel  bezeichnet. 

V.  80.  Die  verseil iedene  Schreibiuig  der  Zahl  5  mag  auf  bewußter 
Absicht  beruhen,  so  unzuverlässig  der  Schreiber  auch  sonst  erscheint.  ^vgL 
hierüber  zu  1.  4U,  III.  122,  die  Präpos.  ut  zu  I.  186,  ebendaselbst  fSim 
Geberth,  zu  I.  44  u.  s.  w.).  Um  dem  Klapkann  das  firwde  Vivers  (T.  79) 
sa  erklären^  greit^  Sirunck,  der  sich  auf  sein  FransSsisch  viel  einbOdeC 


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I 


Von  Bobert  Bachholz.  591 

\Y.  14,  83)  und  auch  V.  87  eine  groteske  liiteipretation  von  Scharse  gibt,  zu 
einer  au  das  frana.  Wort  möglichst  anklingenden  Ausspra«  he,  welche  die 
Sehraibang  viff  ansdrOcken  aolL  Klapk«im  63)  aiwicht  das  Wort  schon 
mit  dem  langen  Yolcal  y,  doch  meh  noch  etwas  parodierend  aus,  was  die 
Schrdhnng  —  ff  andentet.  Aach  die  radebreehende  Polin  sagt  fyff  (IL  64). 
In  seinor  wirklich«!  Gestalt  erscheint  das  Wort  in  fyf  (I  154). 

Y.  88.  henob  keKmen,  an  lesen  benab,  nimlidi  nnter  Deine 
Eontribation. 

V.  Bb,  Sollte  affcavalliren  yon  der  Thfttig^eit  des  Schinde»  (R) 
zn  verstehen  sein,  so  ließe  sich  in  dem  Parmesan-Keeß  die  volkstümliche 
Verdrebnng  der  Benennung  eines  Folter-  oder  Hinriclitungswerkzeuges  ver- 
muten. Der  Büttel  thut  (V.  174)  die  Frage,  ob  der  anne  Süuder.  ehe  er 
geköpft  werde,  nocli  auf  die  Tortur  gelogt  werden  solle.  Aehnlich  dürfte 
den  Pulterpaß  met  ju  spclen  (V.  182t  aus  ContrahaP  mit  Anklang  au 
pultern  —  lärmen  mit  Ue/.u^  anf  das  Strampeln  und  Schreien  des  (ie- 
xüchtigttäu  (vgl.  die  Hunipclmcttf  :  veiilrelit  sein. 

V.  eut.  B.  =  kniiiiial.    \\i'l<ei    an  das  alul.  un>\   nihd.  ^eiil.  Adv. 

oines  gedacht  ist,  welcheü  die  preußisclie  Mundart  und  vvahrsi  heiuliidi  der 
ganze  nd.  Zweig  nicht  kennt.  Die  Erklärung  Smbr.  tritft  zu.  Vgl.  noch: 
wy  fragen  noch  ent  (V*.  173). 

V.  93.  dörfften  ist  Fotentialis  sb  sie  dfirften  sieh  nicht  sdiämen, 
scheinen  sieh  nicht  zu  genieren. 

V.  97.  Ontydige  ist  gegen  oneydige  des  Druckes,  welches  Smbr 
vorziehen  möchte,  mit  B.  in  Schutz  zu  nehmen,  da  der  Dmck  dieses  Wort« 
sonst  nicht  kennt,  dagegen  an  drei  anderen  SteÜMi  in  derselben  Bedeutung 
ontydig  aulweist:  ontydigen  Affeceren  (1. 114),  ontidigen  Tongendreschem 
(III.  100)  und  ontydigen  Bestzeddel  (1. 156).  Ontydig  =  eur  Unzeit  gekommen, 
flberlttatig,  unbequem,  importunus,  gibt  an  allen  Stellen  einen  guten  Sinn, 
wogegen  oneydige  matt  ist.  —  Ontydig  heiflt  auch  in  verengerter  Be- 
deutung au  früh  geboren  und  wird  als  Scheltwort  von  unreif  aussehend»! 
Mftnnem  gebraucht. 

V.  99.  perforsch  —  wahrlich  (B.)  ist  mir  nicht  bekannt.  Ich 
kenne  mir  in  der  PPin^r  H»  rknnt't  ent.spr*'fdifndoti  Bedeutung  tnit  npwalt, 
per  Schub,  par  t'orc  \  i(>!lt'i<  dt  'mf  /ii  lesen:  Ho  soll  porforsch  up  den 
K&rcer  (wie  auch  B.  vermutet i  reu  .s patze ren. 

V.  102.  Kahlgesrbnrner  -  Kaldixesrln.nier  mit  humoristischer 
ZuHick wcisuii;^  auf  V.  8.  worin  Strunck  sich  als  vllip;  f'X<'U8.sus  bekennt. 

V.  112.  Pauer  recke  In.  Die  Erklärung  Smbr.  ist  natürlich,  wogegen 
B.  unnötiger  Weise  eine  Schwierigkeit  sieht. 

,  Y.  118.  wyAnessige,  eigentlicli  wysnesige  ^  weisnasigc,  das 
heiftt  naseweue,  wie  in  volkatttmlicher  Verdrehung  vielfach  fttr  wohlweise 
(wolwysege  V.  14Ö)  gesagt  wird.  • 


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592      £rkllLrtuigeii  and  Emendationeu  zu  den  Drei  König«berg^r  etc. 


V.  119.  Hebternez  — »  St  oft  zeigt  in  seiner  Endnng  einen  Anklang 
an  Stomexel  —  (Genick-)  StoO.  Der  Name  des  Buttels  Hebern  ex  vid- 
leiclit  BS  Haben icbts,  oder      Habbernnck  (vgl.  zu  Y.  SO)? 

V.  138.  Ordinantxen  Habe  ich  in  der  Kaserne  of%  geliSrt;  ahnlicli 
Garbinade,  woraus  dann  das  gewöhnliche  Cartnenad. 

y,  129.  de  Dehn  er  und  V.  181  deenersche  nicht  im  allgemeinen 
Sinne,  sondern  =  Poliseidiener*  In  mancher  Stadt  heiBt  dieeer  xtn  iSoxV'  ^ 
Dehner,  a.  B.:  eck  war  dem  Dehner  hale     ich  werde  die  Polisei  herbeiholen. 

Y.  13G.  Bs  ist  Sil  schreiben  geberth  (wie  V.  163)  oder  beaaer 
<;ebehrt  (wie  V.  KXt)  --  gebflhrt.  —  Graveu  faßt  Snibr.  Grauen. 
Schrecken.  Dius  Wort  müßte  wegen  des  Attrib.  alle  Plural  sein  und  würde 
so  viel  heißen  müssni  als  omnes  l'ormidines  in  der  Bedeutung  omnes 
tonnidulosos  i„Uuiuplager.  V.  I  M''  Siubr.)  milites,  eine  metonj-miscbe 
Kühnheit,  die  iin  Oiarakter  der  alten  J>prwhen  liegt  und  von  man^^bf-Ti. 
hosonders  von  Livius,  künstliih  gepflegt  wird,  der  derb  realen  ö^racLt 
unserer  Zwischenspiele  aber  sehr  lern  ist.  Solche  abstr.  Plurale  wie  alle 
Oraven  —  alle  Grauen  kennt  die  nd.  Spradie  wohl  überhaupt  nicht 
Wie  kommt  femer  das  echt  hd.  Granen  in  den  Mnnd  dee  ostpreofiisehen 
Banera,  der  gerade  hier  sehr  nachdrücklich  seine  geliebte  Mattenprache 
redet?  Dem  bd.  grA,  fl.  grAwer,  entspricht  nd.  grü  imd  gii  (engl,  gmj, 
gre^f):  seck  grüen,  grürig,  gria.  Die  Polin  Sophie  hat  richtig  sprechen  ge- 
hört, wenn,  sie  Grauen  durch  Grai  ill.  IIS)  nicht  Graoi.  nu^ilräekt  nnd  auch 
gnü  -  -  grauen  (U.  02)  braucht.  Dem  Hanseraan  grttsselt  de  Huut  (II. 
Also  damit  ist  es  nicht?.  —  N.  hält  Graven  fiir  Gräben,  wertlos  für  den 
Zusammenhang  und  vr  «U^^nj  sprachlich  unm'>tr?irh  fVir  da«?  erbte  Graves 
---  fossae.  —  S.  halt  Graven  tnr  einen  I>ni'^kfrlilor  aus  (lav.  n  .  Abgaben.  Ha« 
Wort  ist  hier  zu  Lando  in  dieser  Budout  uhl;  kaum  ;_M  lir;iuchiich ;  auch  be- 
zeichnen die  Bauern  ihre  uiiiVeiwilli^eu  Abgaben  au  die  Soldateska  mit 
Vorelirung  t^V.  bö),  Vectalgtn  (V.  12)  und  CoQterbution  (Y.  94),  Bezeiclintingoo, 
diu  gewiB  wahrend  des  lange  n  Kriegen»  technische  geworden  waren  und  von 
denen  die  beiden  letateren  als  pompöse  Fremdwörter  von  dem  es  tribonali 
das  Erkenntnis  publizierenden  Dorfschulxen  mit  Yorliebe  angewendet  worden 
wären,  zumal  da  metrische  Bücksichten  in  keiner  Weise  den  Ausdruck  be- 
schranken. —  B.  vermutet  in  Oraven  das  Ist.  gravamina,  ohne  dieser 
Vermutung  die  dringend  notwendige  Stütze  der  Analogie  sn  verleihen;  ein 
Verfahren,  das  aller  Willkür  Thür  und  Thor  öÖnet  —  tertorgom  wird 
von  K.  und  Smbr,  für  Territorien  genommen.  Es  müßte  erwiesen 
werden,  ob  i1it"=srs  |M5bHzisti.sclio  Wort  dem  g(*tneinf>n  Manne  zu  jcuiT  Zeit 
oder  überliaiii  t  Kukaunt  war  und  i.st,  woran  ich  zweille.  Aber  «ucli  iliescs 
/utregebeii.  »<>  kann  doch  nicht  der  Schnl/.e,  der  Elteste  eu  onserm  Derp 
.  1*>V  es  als  .-»eine  Pllirlit  bezeirhnen  alle  Grauen  oder  allü  Gabeu  oder 


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Von  Bobert  BudUiols. 


593 


alle  Orftbeo  oder  wm  mxui  »llea  der  DSrfer  and  Territorien  alwa- 
flchafliMi:  «ine  eolche  Xompetenserweitening  dee  Elteeten  em  Derp  (Y.  101) 
hat  olme  irgend  eine  erkennbare  dichterieehe  AMolit  keinen  Sinn.  —  Diese 
verzweifelte  Stelle  vrird  der  Eoiqektnr  bedürfen;  ja  die  an  eich  eo  eoheinbere 
Deutung  tertorgen  ~  Territorien  bemht  aoch  bereite  auf  Emeodation  aw 
tfrtorgem.  Es  ist  vielleicht  za  lesen:  ou  HertogeB  (as.  heritogo,  ags. 
heretoga).  Graven  der  Dörper  sind  die  sich  wie  große  berechtigte 
Grundherren  in  don  Dörforn  aufspiflpnden  Laiulskiifrhtp  (vgl.  V.  :l<)  rt'.,  Ol. 
73  n.  a.):  dem  Orimm  lU'S  Ranern  jj;i>nügt  diese  hämis<'he  Be:'«^'V Imunt;  Tiooh 
nicht,  er  steigert  sie  durrli  den  Zusatz  on  Hcrtoiren  —  ja  Heraögen.  — 
Die  Bedeutung  des  att'toscbatfen,  wie  zu  sclirt-iben  ist,  geht  hervor  ans 
V.  IG7:  dat  he  uth  unsem  Dorffschaft  sal  geliet/.t  waideii  mit  alleu  Buur- 
hangen  und  V.  2:  ewer  HalB  on  Kop  tom  Doip  hennth  kmpen.  Y.  187 
ist  nttom orgeln  zn  lesen,  wie  anoh  N^W.  and  Smbr.  gesehen  haben  and 
richtig  erklären:  Die  Präposition  erscheint  in  der  Schreibwdse  nt  in 
utwennidi  (PL  94)  neben  atb  in  nthgepatst  (TO.  86).  Mergeln,  morcheln 
beiltt  rollen  and  drücken,  nnd  wird  besonders  von  der  ans  übergroSer 
SQbrtliohkeit  entspringenden  Tierqo&lerei  der  Kinder  gebraucht.  So  ruft  die 
Mutter  wehrend:  Jungens,  iu  wart  dat  Kattke  noch  dot  morchele!  —  V.  134 
istSafft  parodierend  sm Krafit  gesetzt,  welches  —  kraft  mit  dem  Genitiv  ist. 

Klapkann  sagt  also:  Sintemal  wir  auf  Grund  unser  obrigkeitlichen 

Stellung  .  .  kraft  unseres  Amtes  .  .  Urteil  nnd  Recht  zu  sprechen  erkoren 
(  =  anf'fstellt  I  sind,  uns  aber  p^fbüht-t  (—  die  Pflicht  oblieirtV  von  Amts 
w»'i;t'n  all»'  ( iraf'cn  der  Dort'er  und  Hrrtzogun  {—  die  übermütigen,  herrischen 
Soldaten)  zu  vertreiben  ,ac.  soweit  sie  uns  in  die  Hände  lallen),  und  wir 
dich  Bauernplager  mit  der  Absicht,  krall  Deines  Brandzetteis  uns  Bauers- 
leute im  Dorlo  auszuquetschen,  angetroffen  haben,  so  .  .  . 

Y.  153.  An  dem  Kechtsspruche  dee  weisen  Klapkann  sind  die  Er- 
Ulrer  aiiiliscliwdgend  vorbei  gi^angen ;  und  doch  bedarf  er  der  Erklftrong 
sehr,  wie  er  andrerseits  kein  Abrakadabra  ist.  Der  Sproeh  eetet  sieh  an- 
enminen  ans  einem  sehr  kräftigen  sprichwörtlichen  Protest  (Y.  163)  gegen 
die  eben  ansgesprochene  Entsoholdigpuag  Thrasos,  dem  Tteior  des  ürtheOs 
and  einer  Flnt  barberischer  lateinisch  gefärbter  Warter,  wodurch  dem  Ohre 
dos  Citat  .ms  dem  „Gorpen  juris"  (Y.  150),  worauf  sich  das  Urteil  stützt, 
parodistisch  vorgetäuscht  werden  soll.  Als  Kommentar  müssen  die  be- 
treffenden Schauspielergesten  lebhaft  hinzugedacht  werden.  Einzoluc  Atis- 
drücke  sind  durrh  Assonanz  oder  Alliteration  verbunden.  Dtws  Urteil,  schon 
oben  V.  ISU  ausgesproelien  (Halsschling i ,  wird  uochmaL*  in  allor  Form 
lateinisch  verkündet:  Schlingendus  habetur  =  er  wird  für  einen  in  die 
Schlinge  zu  steckenden  erachtet,  und  für  die  der  lat.  Sprache  nicht  kundigen 
sofort  übersetzt,  wobei  pro  =  d.  h.  sein  wird.  Also:  Sohlingendns 
▲Itpr.  MonatsMhrilt  Bd.  XXVii.  Hit.  7  a.  S.  38 


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594      ErUinmgen  und  Emendationen  m  äen  Drei  KQnigtlMrger  «tc 


habetur!  Pro:  Schling  dem  to  dtn  Halß  (wie  für  to  dem  zu  lesen 
ist.  !  Nun  (las  Formel  werk  eines  unr^tHndltrhon  Oitates.  Artheoles  (besser 
reimend  auf  partecles  nh  Arthirles.  woraus  Arthiedos  korrumpiert  ist) 
partecles  fyf  =  Artikel  Partiktd  V.  Nun  die  Lex:  Liguum  ex 
podice  Holz-  (nämlich  Stock-)  Prügel  auf  den  podex  (mit  Anspielung 
auf  Codext;  pargravers  =  Paragraph,  wohl  unter  gleichzeitiger  Anspielung 
auf  pergravi«  =■  recht  schwere  Stockprügel.  M .  —  T.  —  C.  »  irarca» 
TulliitB  Cicero,  welche  Namen  die  Unterschriften  der  Richter  andeuten  soUen; 
Tipeicken  =  ans  Tnllius  nit  An^ielnng  auf  titulos,  Titel;  C.  wird  n 
streichen  sein,  da  Cicero  daneben  aasgeschrieben  ist  Der  Name  CSoero 
scheint  den  Bechtaepmch  zn  schliefien,  um  in  ]aanign>  Weise  die  Echtheit 
des  J.  t  ii^s  fest  EU  Terbürgen.  —  V.  154:  Brfl  en  BraA  ist  von  8mbr.  an* 
sprscheuU  erklärt  worden. 

V.  156.  dem  T?er]iton  .sei waten  nah  kann,  da  es  seiner  Stelluug 
wegen  adverbial  zu  aifmusen  zu  ziehen  ist,  nicht  nach  dem  Rechte 
heißen,  sondern  nah  =^  zn  nahe,  feindlich,  angreiferisch.  V^.  et 
geit  em  nah  —  es  geht  ihm  nali  d.  h.  zu  nah,  es  krankt  ihn. 

IL 

Paad  H.  =>  Pathe,  eine  zugleich  gemüthliche  und  ehrende  6e- 
seichnung,  wie  Vadder  —  Gevatter,  also  siemlich  —  Herr  H. 

V.  13.  Wetbroot,  welches  Smbr.  ÜBr  unrichtig  hftlt,  ist  ein  neben 
Wittbrot  noch  heute  yorkommendes  Wort,  welchee  das  Oebiok  nach  seinem 
Stoffe  beseichnet  (as.  hwdti,  ags.  hvoBte  Weisen)  und  daher  wohl  die  iltere 
Form  ist 

V.  15.  Was  heißt  (de  Steen  to  geredt)?  Eine  Mühle  ist  in  der 
Nähe  an  denken;  so  könnton  die  Steine  herumliegende  Mühlsteine  sein, 
denen  ITansemann  sein  Liebeflrid  klagen  will  —  wenn  nur  die  Verbalforro. 
da?5  Prtcp.  Prt..  diese  DeutuiiLi  /iiHeUe.  Und  wozu  dann  dip  Woiie  ein- 
klaiDiiicrn?  Auf  mich  nia^'licn  dif  l  iiiu'i  klaminertem  Worte  den  Eindruck 
ciiirr  Abweisung  für  den  DHröteller;  (de  St  eu  to  geredt!)  d.  h.  (der  Syene 
gesprochen,  in  die  Szeue  gesprochen),  welche  der  Schreiber  mißversiAtul 
and  unter  dem  Eindrucke  des  in  der  nähe  wohnendai  Ifellersch  in  Steen 
komimperte.  Mit  den  Worten  „Ich  bin  hier  allein**  wendet  sich  H.  sn  der 
hinter  den  Kolissen  stehenden  Mühle,  mit  V.  16  wieder  den  Zosehanera  in. 
Auf  dem  Einwarf,  daß  solche  Anweisungen  sonst  in  diesen  Stttcken  nicht 
gegeben  sind,  IftEt  steh  erwidnrn,  daB  sie  auch  an  keiner  Stelle  erforderticb 
sind.  In  L  68  und  65  liegt  die  Anweisaug  deutlich  in.  den  Worten  selbst. 

Y.  32.  Patermongem  mit  einem  Stich  ins  Obsaöne,  wie  in  Ahnlidier 
Weise  von  Path engeschenk  gesprochen  wird. 


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Von  Bobert  Bnchbolz. 


595 


V.  36.    Wolt  vol  Dywcl       Wala  voll  Teufel,  eine  heitere  Auf- 
fassung der  Polin  des  SuLst.  Woltdywt  l:  die  Frau  schreit  wie  ein  Wald- 
teufel. —  Bezüglich  der  sehr  schwierigen  Worte:  wer  lewer  dy  Wocky 
waebt  haben  W.  und  Smbr.  richtig  vermutet,  daB  darin  der  Magd  eine 
aiigelegentiichere  Pflege  ibres  Spinnrockens  empfohlen  wird,  und  meine  Yer* 
matting  trifft  mit  der  dieeer  Erklärer  im  allgemeinen  flberein,  doch  nicht 
in  der  AnffiMSong  dee  eineehien.  Wer  lewer  kann  nicht  heifien  ee  wäre 
besser,  sondern  nur  es  wäre  lieber,  wozu  W.  |mtr]  ergänst  und  weiter 
erklärt:  daB  Dn  auf  Deinen  Spinnrocken  achtetest  Diese  Ericlämng  setst 
ein  transit.  Verb,  wachten  Zorans,  das  ich  nur  in  der  Verbindung  Kinger 
wachten  kenne,  und  von  dem  wacht  die  2.  Sg.  Prt.  Coiy.  sein  müBte, 
also  eit)    [  !  xionslosigkeit  zeigen  wüi'de,  mit  welcher  die  rsdebrechende 
Polin  nui  h  dem  lebendigeren  Verständnis  des  Zuschauers,  besonders  bei 
dem  Fehlen  der  Konjunktion  daß.  ein  unlösbares  Rätsel  anfgric*'^  *^')  hätte. 
Sembr. :  ,,viellf'irhf       gib  lieber  auf  Deinrn  Wc  krn  arlit"  sdieint  (M'iien 
Ausdruck  wacht  weren  =  custodiam  custodire  vorunszusttzfii     Doch  ist 
di<^  wa<  ht  lid.  (ahd.  warlita  st.  F.):  das  nd.  Wort  heilU  ile  warb.  —  Auä 
Icwtr  uiul  <ly  wock  v  veruiuteii  wir.  daß  der  Rat  der  Hausfrau  sich  auf 
tieiliigere  Bt's,clmftiguii!4  mit  dem  Wocki  ii  lu  zieht;  in  wer  liegt  also  not- 
wendig ein  transit.  Impeiat.,  den  auch  Suibr.  erkannt  hat,  des  Inhaltes: 
warte  ab,  hüte,  besorge I    Es  ist  also  wer  eigentlich  war      wahre,  wobei 
die  doch  wohl  masnriBche  Magd  ihrem  Idiom  gemäß  das  a  mehr  nach  ä 
bin  spricht;  davon  hängt  das  Objekt  dy  wocky  ab.  Vor  waebt  ist  eine 
Interpunktion  zu  setzen:  es  ist  der  stets  eine  solche  Büge  einleitende  nnd 
abscblieftende  Ansmf  (na)  wacht!  =  (na)  warte!  hier  also  =^  quam  ego! 
Die  Worte  sind  also  beisustellen:  A  dn  polscben  Rackerbooren!  Wer 
lewer  dy  Wocky!  Wacht!  O  Du  polnische  R!  Besorge  lieber  Deinen 
Wochen!  Warte!  —  Vielleicht  bat  fftr  das  immerbin  schwierige  wer 
orsprOngUeb  scbmer  gestsnden:  Schmiere  liebw  Deinen  Wochen! 

V.  87.  Hoorty  wohl  ohne  Bedeutung,  nur  ein  Anklang  an  Bäcker- 
beeren,  scbnoorty  ebenfalls,  endreimend  auf  das  vorhergehende  nnd  an- 
reimend an  das  folgende  Wort,  schelly  klingt  an  schellen  ^  schelten 
an,  ist  also  aynonym  mit  bubantz:  das  Ganze  ein  onomatopöiscbes  Gemälde 
der  schimpfenden  Hausfrau. 

V.  41.   Ach  leffst  Vadercki  ^  Ach  lewstet  Gottken  (III  9M). 

V,  BO.  Wahrscheiniicii,  wie  B.  vermutet,  weil  mir  ist  dienen  —  weil 
ich  dienen  muß. 

V.  B2.  Was  hoiPt  Serj^kc  yiuy'f  Hmbr.  meint,  der  Verfasser  habe 
offenbar  gar  riiclit  Pnlnisch  verstanden:  ilann  würde  B.  iiirlit  poln.  muiü 
serco  zu  Hilfe  rufen  köuuen.    Die  Behauptung  Smbr.  ist  emzuschräuken: 


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596      firidirangen  und  EmendatioDMi  xn  den  Drei  KSiiigvbenser  ete. 

er  braucht  nicht  Polnisch  veratuideii  zu  iiaboD  bis  auf  manohe  Vokabeln. 
Sup  bleibt  jedenfalls  unerklärt. 

V.  59,  aP  an  Ploocb  wer?  Die  Ursrliritt  lintte  wolil  aü  (h"^oß  aii 
Plooch  =  wie  ein  Ochs  am  Pfluge.  Der  uarlilüssifi^e  Sriireiber  i  vgl.  zu  L  80) 
hielt  das  für  Pine  Dittograplne,  uiul  so  vers<  hkiiii;  ilaü  aß  deu  oß. 

V.  64.  upstecküu  iu  der  Frage  Uautiemauä  (V.  63)  versteht  Sophie 
falsch  uud  üftfit  ee  als  op stake  =  anfstaken,  mit  der  8takfork  aufladen; 
daher  die  fyff  Feder  He og.  En  gantxe  Weeki  =>  in  einer  ganian 
Woche  iftt  nidit  reebt  TerttindUch. 

y.  68.  duasent.  Es  wird  wohl  gegen  Smbr.  bei  der  anch  gsu 
ansprechenden  firklftmng  B.*s  bleiben  mHwen,  da  Oyllen  niefat  nach 
Dutzenden  genfthlt  werden,  also  ein  MiEverstftndnis  der  Polin  in  diesn- 
Hinsicht  kaum  stattfinden  kann. 

V.  90.    Nach  ihm  geht  H.  ab,  wie  V.  126  zeigt. 

V.  '^2.  iraiiseman  ^hi  ab  mit  (1er  sprichwörtlichen  Rerlen<:art,  or 
hoffe  <1nr«  })  dit'se  Heirat  seine  Ödinfe  auf  das  Trnrkene  j^ebmeht  zu  haUen, 
welche  tiopliie  iiirht  recht  verstellt.  Aber  die  W'ort^-  myue  Schaap  bringen 
die  Braut  am'  ein  vtu-gtäMjueij  ilauptstück  ihres  V.  75  ff.  raitgeteilti>n 
trousst^au.  und  sie  ruft,  wie  ich  vermute,  dem  abgebenden  Bräutigam  nach: 

I  bring  my  hartai  grooti  Pelts,  wat  edk  bohl  hade  Tergeüii.  Ich 
bringe  meinem  Heraehen  (meinem  Sdiata)  einen  groBen  Fels  an,  was  ich 
bald  ▼ergessen  hftttew  Es  kann  anch  haften,  sie  bringe  dem  Biftnt%am  fte 
dessen  Oarderobe  den  Pela.  Hinter  vergethi  ist  ein  Ponkt  so  setsen.  Mit 
dem  folgenden  Verse  wendet  sie  sieh  an  die  Znschaaer. 

V.  1(X».  affgerert  met  Pfafferki  braucht  nicht  Pfeffer  (B.)  za 
sein,  sondern  ist  eher  Kochpfefierkochen,  mit  welchem  eine  Sance  abgerfihrt 
oder  angerührt  wird. 

V.  102.  D.1S  Komma  ist,  der  richtigen  Erklärung  Smbr. 's  gemäfi, 
hinter  GanHensch w.  zu  setzen  und  hint<*r  Senff  zn  tilgpn. 

V.  11".  Zu  der  sehr  dankenswerten  Erklärung  Sembr.'s  die  Be* 
juerktuig,  dali>  l^iusel  auä  dem  hd.  FiUläel  muiulgerecht  gemacht  iät. 

V.  Iii.  Was  bedeutet  bet  op  dat  tw&lffte  Hart?  =  bis  auf  das 
KWÖlfte  Herz?  Die  Stelle  scheint  kormpt,  ebenso  V.  112:  my  spjsy  wart 

V.  113.  met  Schyssen.  B.  vermutet  Schascha  —  Mehltiadeu. 
Doch  wOrde  dieses  StOck  das  einsige  der  umfangreichen  Speieenkaite  sein, 
dessen  Benennung  nicht  volkstfimlkili  wftre.  Vielleicht  sind  es  Zisken, 
eine  Würstchenart,  welche  m  Oesellschaft  der  vonnfgesählten  Würste  sehr 
soliasig  wftre,  von  der  Polin  verdreht  ansgeeprochen,  doch  gans  im  Sinne 
ihrer  BoUe,  welche  der  Dichter  mit  ein«n  starken  Zuge  pikanter  Haivetit 
im  Sinne  des  Zeitgeecbmaokes  ausgestattet  hat  (vgl.  Portzknaki  V.  98.  met 
Pertsi  ge&rtsi  V.  100,  1^  geecheti  105,  Nonnen&rtaky  V.  IIS.)  Kaffe 


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Von  Robert  Buchhols. 


597 


äff  klahren  =  Kaffee  durch  vorsichtiges  Abgießen,  so  daß  der  Satz  tiiiion 
bleibt^  abklären.  Es  scheinen  hier  Ziaken  in  UÜeh  gelegt  zu  sein ;  doch 
bleibt  der  Ansdrnck  dankel. 

V.  117.  Wie  Caepereteea  Kixaehsteine  (B.)  sein  sollen,  kann  ich 
mit  8.  nicht  yeretelien.  Ob  aber  Kochen  wie  die  Berliner  Pflastersteine 
aaeh  schon  damals  Pflastersteine  hieAen,  wftre  erst  noch  sä  erweisen. 

Y.  119.  Die  Hochseitsmnaik  soll  von  drei  Musikanten  mit  Strich- 
instnunenten  besorgt  werden:  Fedelmaan.  Die  Instromentei  deren  teehntsohe 
Benennong  die  Polin  nicht  kennt,  beseiehnet  sie  sehr  sauber  mit  groten 
Fobfah  =a  Contrabaß  B.^,  medel  Fydelky  =  mittlere  Fidel,  also  Cello 
(oder  «weite  Violine?)  nnd  kleine  Fydelky  =  Geige.  Die  drei  kurzen 
Verse,  welche  je  einer  auf  die  Nennung  der  einzelnen  Instrumente  folgen, 
sind  sehr  interessant.  Es  sei  gleich  hier  bemerkt,  daß  die  Darstellerin  mit 
Stimme  und  Gebärden  di*'  knr7en  Wort<*  «ijewandf  interptinren  muß,  um  ihnen 
zn  ibr«*r  Wirkunf^  v.w  vcrlicltpii.  <lio  riann  nbcr  a.\\c-\\  oin<^  höcbst  anmutige 
sein  winl.  .Teder  dieser  Wrsw  ulniit  iVinuoil  in  Rhythmus  und  Vokalen  die 
mnfsikiilisclie  Eigenart  des  bf»tr.  Tnstnimente.9  nach:  V.  121  mit  seiner 
charakteristischen  Wiuderholung  und  ilf»n  tiefen  Vokalen  a  und  o  die 
schwerfallia^e.  eiiiti)rmige  Be\vea:img  des  Biusses  in  den  Grnndt-önen,  V.  122 
die  sclion  freirrc,  aber  doch  auch  gebundene  Guijgari  des  Cello  mit  den 
dumplen  u-Lauten,  V.  134  mit  seinen  hellen  Klängen  und  seiner  losen 
Bewegung  die  heiteren  Sprünge  der  CMge.  (Vielkidit  ut  V.  191  schony 
reimend  auf  Sonny  sn  lesen.)  Etwas  fthnliches  flndet  statt  in  dem  Kanon 
Wir  sind  die  Musikanten.  —  Anch  inhaltlidi  gehörm  die  drei  Yerse  enge 
sosanmen,  und  die  an  uch  sehr  bestechende  Annahme  von  Anfängen  be- 
kannter Lieder  in  denselben  (B.)  kann  ich  mir  nicht  ane^en.  In  den 
Hocbseitsjabel  mischt  sich  der  melancholische  Gedanke»  wie  stets  die  lieb 
mit  leide  le  jongist  enden  mnofi,  wenn  die  Ehe  ohne  die  erforderlichen 
Mittel  leichtfertig,  wie  hier,  geschlossen  wird ;  ein  Oedanke,  den  die  Volks* 
lieder  bei  Uhland  No.  277  und  278  behandeln  und  dem  hier  die  leichtlebige 
polnische  Braut  einen  hnmoristi schon  Ausdruck  giebt:  Drei  Tage  gute  Zeit 
(Hochzeit),  Dann  Hunt^er  und  Kummer.  Hei  wie  wird  uns  frieren  nach 
dem  Sonnenschein!  —  Diese  letzte  Wendung  scheint  nach  den  von  B.  bei» 
gebrachten  Zetignisson  ein  sprichwörtlicher  Ausdnuk  der  Erfahrung  zu 
aein,  daft  schlimme  Umstände  nach  glücklichen  Tagen  um  so  härter  drüokMi. 

III. 

V.  24  ist  von  Smbr.  gegen  B.  gewiß  richtig  erklärt. 

V.  8(1.  StahemdeBaar.  B.  vermutet  in  den  rätselhaften  Worten 
eine  Verwünschung,  ebenso  W. :  S,  oino  Bf  droh'tng.  Zu  beidem  liegt  in 
diee^  friedlichen  Verhältnissen,  gegenüber  einem  sich  harmlos,  nur  aui'« 


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598      Erklftrungen  und  Emendationen  zu  den  Di«  Königsberger  etc. 


fallend,  iiiihcmden  Geleenlen  (V.  35)  keine  Veranlii^suiii;  vor  nnä  hatte  eher 
an  der  Stt  tle  1.  63  gepaßt.  Außerdem  i»t  mir  Bnar  TenlV-I  nnl-fkannt; 
üU«äu8<>  ^\  i  iiig  iat  hier  zu  Lan*ie  bar  —  Bahn.  —  TM»  W  u  t.'  sin.l  (loci*  wohl 
verderbu  Kryseltascli  ist  opgoschrolt  (V.  öl;.  ul*io  laug  und  ma^r, 
und  kommt  mit  gospreitzteu  Scliritteo,  dem  Gelehrten  kopierend,  her- 
geatast  Da  k&imten  die  beiden  letiten  Silben  der  flberliafertein  Worte 
auf  Adebaar  ftthroOf  so  daft  Berembroth  seiner  Yerwandernng  einen  reeht 
angemeeaenen  Ansdrook  geben  würde»  wenn  er  sagte:  A6  en  Adebar 
»  wie  ein  St4»oh. 

y.  82.  Stramme  ist  von  B.  genügend  erUftrt  Die  Heinong  S/s 
beruht  auf  der  nnberecbtigten  Annahme  eines  niclit  vodbandeneb  Sprach- 
gebrancbesi  nnd 

V.  «^5  gemen,  ebpTi<'o  aus  demselben  Grunde  Kein  Kenner  unserer 
Sprache  wird  S.'s  Erklaniiii;  inv  denkbar  lialtcn.  Das  mhd.  gemen  ^  Spei 
ist  uns  auch  fremd.    Auch  hier  hat  B.  olme  ZweitVl  rocht. 

V.  122.  J»a(J  heesch  im  Zusammenhange  unserem  nhd.  heiß  im 
Sinne  von  rei  veueriat^  cupidub  entsprechen  sollte  (S.),  ist  nicht  cmzusehea. 
Denn  der  Umstand,  daft  die  San  immer  auf  einen  Wurf  8— d  Ferkel  hatte, 
welcher  die  Berechtigung  des  Attribukee  heesch  für  dieselbe  darthnn  sdl, 
hat  mit  dem  impetns,  qua  rnebat  m  venerem,  nichts  an  achafien;  dieser 
bedingt  swar  die  Hftufigkeit,  nicht  aber  den  Ümfang  ihrer  Würfe;  auBerdeoi 
werden  sich  in  seiner  Heftigkmt  die  fadividuen  der  hier  in  Bede  stellenden 
Tierklasso  kaum  merklich  unterscheiden.  "Vielmehr  wird  dnrch  di^KS 
Sachverhältnis  für  das  fragliche  Attribut  die  Bedeutung  wacker,  krättig 
erfordert.  Ferner  i«t  die  v  r,'  hlagt  u*  Eiklilrung  sprachlich  unzulässig, 
ilu  das  hd.  regelrecht  laut  verschobene  heiß  auf  ud.  Sprachstuie  nur  het, 
niemals  lieesch,  lauten  kann,  wie  es  denn  auch  a«.  het.  nnld.  heet,  cn^\. 
hot,  dän.  hed  lautet.  Heesch  ist  heiser,  wird  aucli  vuu  sulelieij  ge- 
braufht.  die  stark  gelaut'eu  sind  und  /.unaclist  hastij^  und  schuaulend  sprechen. 
—    Km    ist   zu.    It^n;   eue    Imleiche   suu.     Uelsch  höllisch  be- 

aeiohnet  ungewöhnliche  Qröfte  und  Stärke  aunlchst  des  Leibes,  s.  B,  en 
belsoher  Kerl,  heische  Ossen  (vgl.  elemeotsohe  Steth  1. 48).  Die  Schreibung 
heische  für  strenges  hellsehe  erregt  keinen  Anstoft  ba  einem  Schreiber, 
der  anch  welkahm  für  wellkahm  (1.  88)  und  gesohnert  (L  81)  für 
geadmörrt  («  sassmmen  gescbnont)  schrieb. 


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Ortsnamen  in  Altpreustiieu.'') 

Von 

Hugo  lioiik. 
I.  McMautende  Namen  in  und  ainser  Preomn. 

Kmleitmig:  GnimlsHtze  iur  <lie  Eiklümng  der  Homonyuia.  -  Ver- 
gleichende Onomatologie.  —  Krausen.  —  Kud.  —  Braunsbeig.  —  Wangus 

Zur  Erklaruui;;  von  Ortsnanion  iiborliaiipt  und  miserer  alt> 
preulMHchon  lui  Be80uJöien  können  wir  auf  verschiedenen  Wegen 
gelangen:  auf  dem  historisch-geographischen,  dem  sprachlich- 
etymologischen  und  durch  die  Beobaobtnnn^  von  Land  und 
Leuten.  Will  man  aber  zu  einer  sicheren  £rkl&mng  gelangen, 
Bo  muß  man  alle  diese  Methoden  vereinigen.  Vor  allem  ist 
dabei  natttrlioh  zu  beachten,  daß  die  Sprachforschung  erst  dann 
einsetsen  darf,  nachdem  ihr  die  Geschichtsforschung  das  Material 
präparirt,  d.  h.  die  urspiiingliohen  Namensformen  gegeben  hat. 
Die  KenutniÜ  \on  Land  und  Leuten  ist  von  großer  Wichtigkeit 
für  die  Xaiueiiorklürnng,  reicht  aber  in  den  meisten  Fällen 
ollein  nicht  aus.  Die  ^^i-uH(llir-hs(en  Erldilrnngon  in  dieser  Be- 
ziehung hat  nach  meiner  Ansicht  von  den  preußischen  Ortsnamen 
Gymnasiallehrer  Hoppr»  in  Gumhinnen  in  verschiedenen  Jahr- 
gängen der  Altpreußischen  Monatsschrift  seit  1875  und  in  einer 

*)  Der  gutigen  Vermittelung  des  Herrn  Dr.  Reicke  vertlanko  ich 
eine  BeOie  sehr  schiltsenswertiier  NotJaen  und  Berichtigungen  f&r  die  vor» 
liegende  Arbeit  von  dem  den  Leeera  der  A.  M.  bekannten  Merm 

<T.  Sombrzyoki  in  Königsberg;  dieselben  betreffen  namentlicli  den  Ab- 
schnitt über  ..Kud.**  Indem  i>  b  Herrn  S.  raeinen  Dank  dafür  aussprocLc, 
bemerke  ich.  dtiU  ich  die  Uetreileutien  Stellen  der  vorliegeudeu  Arbeit  dorch 
Sembr.  und  S.  gekennzeichnet  habe. 


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600 


Qrtanamen  in  Altpreufieu. 


Programm-AblianGlluiig  über  Ortonamen  des  B.-6.  Otimbiniien 

(deutsche,  polnische,  littauische),  Gumbinnen  1877,  gegeben. 
Diese  Erkläningeii  können  vermöge  ihrer  Gründlichkeit  in  den 
meisten  Fällen  Anspnirh  aul  ahsolute  Hiclitigkeit  erheben,  wäs 
bei  Erkiäningea  von  Ortsnamen  \'ml  sagen  will. 

'Einer  der  sohlimnutten  Fehler  gerade  auf  dieeem  0«biet 
ist  eine  Forsohimg  com  ira  ao  studio,  welche  leteteren  beeonders 
bemerkbar  werden,  seit  Professor  Nesselmann^)  in  Königsberg 
(1811 — 81)  durch  seine  bahnbrechenden  Forschungen  seit  den 
letzten  viersnger  Jahren  auf  das  AltpreuBische  als  da^^jonige 
Elemeut  hingewiesen  hat,  aus  dem  unsere  Namen  erklärt  werden 
müssen.  Dadurch  wunien  mit  einem  Schlage  ti"ütz  der  mangel- 
hatlen  Kenntniß  des  Altpreußischen  hunderte  von  Nameu,  deren 
Bedeutung  in  undurchdringliches  Dunkel  gehüllt  schien,  klar. 
Aber  —  wie  es  bei  derartigen  Epoche  machenden  Arbeiten 
zu  gehen  pflegt  —  es  folgte  eine  Periode  der  gröJBten  ein- 
seitigeu  üebertreibung,  indem  man  möglichst  viele  Namen 
aus  dem  AltpreuBischen  ableiten  wollte.')   Wenn  Nesselnuum 


1)  Eine  kurze  Uebersicht  über  NessalniBiiiiB  Leben  und  Schriften  ^ebt 

der  Nekrolog  in  der  A.  M.  XVUI,  im  ff. 

2)  Eins  der  drastischsten   Beispiele  dafür  ist  die  Erklärnn^  von 
Krise hwinkel  =  Kurcbowiukel   imd    Kurdep;ar  =  KnrcbowaKl  vi>n 
Gottschalk  (N.  P.  P.  Bl.  FV,  162  ff\  —  Auch  Pfarrer  Rogge  dürth-  .  twa^ 
ÄU  weit  gehen,  wenn  er  A.  M.  XIV,  583  ff.  behauptet,  Percunos  und 
G-oroho  amen  nrsprünglich  nldits  als  eine  Beseichnong  ftr  den  Eber, 
dessen  Bild  nach  Tecitos  bei  den  AestTem  gdttliebe  Ehre  genoes  fOerm.  46). 
Der  ernte  dieser  Namen  sei  zurürkzafUhten  anf  seine  slavische  Warzel 
pr      kr  »  litt,  »zr  (szemas,  Eber),  der  zweite  auf  eine  nordisclie  br  =  fr 
=  gr,  pr,  jr,  wr.    Die  Urform  sei  vr  (in  Yaraba,   .,«0  }üfV-  Wii;rhni5  in 
der  Eber-AwatAre^'  und  dem  lateiniseben  verrea).  Aul  preuiuschem  Gebiet 
sei  die  slavische  Wurzel  angedeutoi  iu  den  Stämmen  Per,  Cur,  Scur.  die 
nordiadie  in  den  Stämmen  Bar,  Ber,  Qar,  Ger,  Gor,  Jor,  Jur,  War,  Wer, 
Wer,  Wnr.    Also:  Wermten  »  Wormditt     Ebereits;  Jarft  »  Eberflnl; 
Jflrkendof  =  Eberdorf  (S.  666);  Wannia  ^  Ebezland  (589);  Bregdea 
Pobreyden,  Bobreyden,  Pobreyeu  =  am  Ebereits;  Wenowald  =  Eberwald 
(500).    Eherlaiiil  sei     =  Herrenland,  so  erkläre  sieb  \nelleicht   &nrh  das 
rnasisclie  Czar  (.S.  5'jl).  aber  dies  letztere  Wort  wird  doch,  wie  Gerß  gtaeigt 
bat,  richtig  Zar  geschrieben!   fc>.  592  heißt  es  in  der  Anmerkung:  „Gtr 


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Von  Hugo  Bonk. 


601 


meint/)  bei  der  Erkliining  ])reußis(;lier  Ortsnamen  müsse  man 
zunächst  das  preußiische  Lexicon  uutschlagen,  so  kann  dieser 
Grundsatz  doch  nnr  sehr  bedingt«*  (  leltung  haben  mit  Bezug 
auf  ein  Land,  das  gothischen,  skandinavisolien,  dann  wieder 
deutschen  nnd  soUieBlioh  anch  slavischen  Einflössen  ausgesetzt 
war,  und  in  dem  seit  Jahrhunderten  das  deutsche  Element  den 
Sieg  behauptet.  Dieses  letztere  ist  meiner  Ansicht  nach  von 
unsern  Prussiologen  viel  zu  wenip:  beachtet,  oder  sogar,  wie 
zalilreiche  Beis])iele  von  Ablnilnnpen  beweisen,  oft  getiisseutlich 
in  den  Hintergrund  gedrängt  worden,  so  daß  eine  Iteaction  auf 
diesem  Gebiet  —  natürlich  sine  ira  ac  studio  —  welche  einer 
▼on  den  Zwecken  der  Torliegenden  Abhandlung  ist,  nicht  unan- 
gemessen erscheinen  dtlrB». 

Als  Ausgangspunkt  möchte  ich  den  wie  mir  scheint  bisher 
zu  wenig  beachteten  Umstand  nehmen,  daß  eine  Beihe  von 
Ortsnamen,  die  man  für  spezifiseli  altpreußisch  erklärt  liat,  in 
derselben  Form  in  anlierpreiiUischen  (logenden  vorkommen. 
Beispiele  datilr  werden  wir  im  Folgenden  in  Menge  bekommen; 
hier  handelt  es  sich  zunächst  darum,  wie  dieses  Zusammen- 
treffen im  Allgemeinen  zu  erklären  sei. 

Es  ist  Thatsache,  daB  die  Deutschen  bei  der  Colomsirang 
Preußens  hAuflg  die  bereits  vorhandenen  altpreuBischen  Namen 
beibehielten.  Denn  ganz  abgesehen  davon,  dafi  dieses  in  vielen 
Fällen  urkundlich  beglaubigt  ist.  sprechen  schon  die  zahlrciclion 
Ortsnamen  dafür,  welclie  noch  lieute  ihre  Hltjjreuliisehe  F<»rm 
bewahrt  haben.")  Andererseits  aber  ist  nicht  zu  leugnen,  daü 
bei  vielen  Ortsbenennungen  der  vorhandene  Name  nur  als  Aus - 

heifit  jedenfalls  (!)  Speer  erst  in  abgeleiteter  Bedeutnni;.  Der  Ui-siiun  des 
Worts  war  erst  Eber,  dann  Blitz.''  —  Diese  Ant'steiluugpn  des  Herrn 
Pfarrers  ohne  Beweise  sind  denn  doch  ein  zu  starker  Appell  uu  das  „nicht 
sehen  and  doch  glauben!'^ 

1)  N.  P.  P.  Bl.  184B  (Bd.  Y)  S.  949. 

2)  üeber  diese  GrOndmigea  vergl.  die  Torfcrefflichen  AuMtse  von 

Prof.  Bender  in  der  Zeitschrift  f.  d.  Qe8ch4  u.  Alterthumskumlo  des 
Ernüanils  Y,  269  ff.;  von  Hermann  Hoffmann  ia  der  Altpreofi.  Monats- 
Schrift  XIY,  öl- 100«  Id3-2o0  u.  a. 


602 


Ortsoameii  m  Altpreuüeu. 


gangspunkt  für  die  deataclie  Benemnmg  gedient  bat.  Dnioh 
das  Bestreben  der  Beutsolieii,  sich  den  fremden  Namen  mund- 

gerecht  zu  machen,  sin^l  Ortsnamen  entstanden,  die  einen  völHjcr 
deutschen  Klan«;  ß-ewaiuu  ri  und  Formen  annahmen,  die  sirh 
auch  in  rein  (leutscli<  n  (iegonden  finden.  Trotzdem  kann  ich 
in  diesem  Zusammentrofien  keinen  Zufall  sehen.  Wenn  der 
Deutache  sicli  einen  altpreuBischen  Namen  mundgerecht  machen 
wollte  und  dabei  anf  einen  Namen  vertie],  den  er  ans  seiner 
Heimath  kannte,  dann  hdrt  der  Znfidl  auf,  ebenso  wie  der 
etymologische  Zusammenhang  des  altprenBisohen  und  dentschen 
Namens  auf  hört^  und  man  kann  nicht  mehr  von  einer  organischen 
Bildung,  sondern  muB  von  einer  CTmnennnng,  von  einer 
Adoption  eines  dentschen  Namens  sprechen.') 

So  interessant  es  für  den  Historiker  und  (üeographen  ist, 
den  iirs}(rünglichen  altpreußischen  Namen  zu  ermitteln,  so  wenig 
darf  >'Y.  und  noch  weniijfr  der  Rpra«  Ii  forscher,  sirli  der  That- 
saclie  verschließen,  daß  der  neue  Name  nicht  mehr  altpreuBisch, 
sondern  deutsch,  daß  er  nicht  aus  dem  Altpreußischen  organisch 
nach  den  Lautgesetzen  der  Sprache  gebildet,  sondern  durch  die 
Vermittelung  einer  Art  von  Ideenassoaiation,  die  ich  Klang- 
assoziation nennen  will,  aus  deutschen  Gegenden  adoptirt  ist. 

Das  Zusammentreffen  kann  aber  auch  dadurch  entstehen, 
daß  die  beiden  Sprachen,  um  die  es  sich  handelt,  gemeinsame 
Wortstamme  haben.  Diese  Gemeinsamkeit  der  Stftmme  kann, 
da  das  Altproiiln<ilio  als  Zweig  de.^  Indogennaiiischeu  dem 
Slavischen  nud  ( i emmnischen  courdinirt  ist.  auf  do])i>eltem  Wege 
entMtaii'k'u  sein;  entweder  ist  der  gemeiiisamo  Stamm  indo- 
germanisch —  und  dann  wird  er  sich  auch  in  andern  indo-* 

1)  Zn  derartigeii  Umnemrangen,  die  nicht  etymologisch  sra  eridlnn 
sind,  gehört  vielleicht  aaeh  der  von  Bender  Ztecbr.  f.  d.     n.  A.  d.  Enal.  T. 

'272  crwähoto  Köslin  (Bravneb«r{^,  entstanden  aus  KaseUn  oder  Koselio. 

Das  pommem.'lie  Kopslin  knT»iiTit  zuorst  12M  als  Dori'  nnti-r  »h  in  Nanif-u 
('o>«pali7  vor  (Dreger,  Co<i.  Pom.  dipl.  I,  81)  im  Jahre  Uli;  heiÜt 
es  Uu» salin  und  wirtl  Stadt  mit  lUbischera  Recht  (ib.  S.  1389  findet 

aich  die  Form  Koesselyn  Scr.  Fr.  m,  615« 


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Von  Hugo  Book. 


603 


gerraanischeu  Sprachen  finden  —  oder  es  findet  nur  eine 
zufällige  Klangäliulichkeit  statt  —  und  diese  Fälle  werden 
natm^mäß  in  sonst  so  verschiedenen  Sprachen  selten  sein. 

Aus  diesen  allgemeinen  Er^irterungen  lassen  sich  fflr  die 
Erklärung  der  f^leic  hlautendeu  Namen  in  und  außer  Altpreußeu 
folgende  üegeln  ableiten: 

1.  Sieh*  bei  jedem  zu  erkl&renden  Namen  zunächst  zn,  ob 
derselbe  sich  nicht  auch  in  andern,  außerpreuBischen  Gegenden 
findet. 

2.  Wenn  das  der  Fall  ist,  ho  untersuche  zunächst,  worin 
dies  Zusammentreffen  seinen  Grund  hat.  Dies  geschieht  durch 
die  Erforschung  der  nrsprünglichen  Form  des  Namens  —  sowohl 
des  altprenBischen  sowie  des  aufierpreuBischen  —  und  zwar  ist 
diese  nzsprüngliche  Form,  so  weit  es  geht,  von  sftmmtlichen 
gleichlautenden  Namen  festzustellen. 

3.  Bleiben  die  Namen  unch  dann  noch  gleich,  so  muß  die 
Feststellung  des  Verbreitungsgebietes  hüben  und  drüben 
und  die  Erforschung  eijies  gemeinsamen  Einflusses  das  Uebrige 
thnn.  1) 

4.  Deutsch  klingende  Namen,  die  sich  auch  in 

Ueutstliland  linden,  sind  deutsch  —  gleichviel  ob  sie  auf 
einen  klangähulichen  altpreußischeu  Namen  zui'ücktuhrbar  sind 
oder  nicht. 

Nach  diesen  Gbrundsätzen,  die  von  den  bisher  befolgten 
zum  Theil  abweichen,  will  ich  es  versuchen,  eine  Beihe  von 

Ortsnamen  zu  erklären,  wobei  icli  denjenigen,  die  sich  auch 
auBorlialb  ProuUens  finden,  den  Vorzug  gebe,  im  Uebrigeu 
aber  mich  an  keine  systematische  iieihenfolge  bmdeu  will. 


1)  Die  vergleichende  Onomatologie  ist  für  «Ue  Namenforschung 
ebenso  wichtig,  wie  die  ve^leicliende  Grammatik  für  die  Sprachforschung. 
Der  bisher  vorherrschenden  eprachlichen  NamensunteFsttobuDg  gegenüber 
erscheint  es  angebracht,  die  zu  sehr  vernacLiläääigte  vergleichende 
bietorisch-geographische  Methode  asu  betonen. 


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I 


()04  OrtraftniMi  in  Altpnwten. 

I.  KnuMen. 

Die  diesen  BesUndtheil  enthaltenden  Namen  sind  von  den 
Pruaaiologeu  aas  dem  altpreaßischen  crausy  (Hokwft8eher> 
=  Birne  erklärt  worden.  So  A.  M.  XVIII,  42:  Ness^-lmanu 
(Tlies.  Img.  Pniss.)  80  zieht  indessen  nur  die  Kamou  Krauseu 
und  Krausaoii  hierher. 

Es  handelt  sich  um  folgende  Namen: 

J.  Krausen  (4  mal):  lO  Abbau  von  Willkamm  bei  Moltainen 
(Kr.  Gerdauen),  b)  Dorf  bei  Seeburg  (Kr.  Bösael)  und  Gut 
bei  Bi8oho£abnrg  (Kr.  Bössei),  c)  Abbau  von  Sonntagkebmen 
(Kr.  Stallapönen).    B,  Krausmäorfj   Dorf  bei  Bastenbni^. 

3,  Krainenhofj  Oberförsterei  Kleinkrug  (Kr.  Marienwerder). 

4,  KrauaenHein,  Dorf  im  Kr.  Bossel.  6,  Kratuenwäldey^)  Gut 
im  Kr.  Gumbinnen.  6.  Orattssen,  Dorf  bei  Nenendorf,  Landkr. 
Königsberg.  CraU88€5nhof  ebendaselbst,  findet  sich  in  Gold- 
becks To])n(Tr;i])hio  noch  nicht  und  ist  somit  erst  in  diesem 
Jahrhundert  abp:e?:woigt  (Semb.V 

Davon  kommen  außerhalb  Preußens  %^or: 

^.  Krausendorf,  a)  li.-B.  Liegnitz,  b)  im  R.-B.  Oppeln, 
Kraussendorf  R.-B.  Breslau,  Krusendorf  Landdr.  Lüne- 
burg. 3,  Krausenhof,  a)  B.-B.  Gdslin,  b)  im  Jaxtkreis, 
Krusenhof,  B.-B.  Dflsseldorf.  4,  Krausensteinhofj  B.-B. 
Dflsseldorf. 

Historisoh  nachweisbar  sind:  Krusendorf ,  1379:  Mon.  bist 
Warm.  V,  60;  1374:  II,  bOO-  1389:  V,  202.  Cntscmöfe  (bei  Gut- 
Stadt):    nm  1260  M.  h.  W.  m,  49  (vgl.  Krausemühle  in 

Bohmuu  und  im  li.-B.  Magdehurg.  Kr.  Jerichow.) 

Wenn  wir  diesf^s  Material  liotrachten,  so  werden  wir  nicht 
umhin  IvinK-n.  di»>  sänimtlichon  Namen  —  Krausen  und  KrausseQ 
vorlaufig  ausgenommen  —  für  deutsch  zu  erklären: 

1.  weil  ilure  Grundform  Kruse  lautet.  An  ein  Mundgereoht- 
machen  des  altpr.  crausy  ist  dabei  nicht  zu  denken,  dann  wäre 
zwar  ebeu&lls  kmse  herausgekommeni  aber 


1)  Bei  Goldbttok  Kraiiseiihöfdien  oder  Kliein  Orihnimn  (Semb.). 


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"Von  Hugo  Bonk. 


605 


2.  der  9.  Theil  (Dorf,  Hof,  Stein,  Wald,  Muhle)  ist  ja 
ebenfalls  deutsch.  Ich  glaube,  daß  man  in  solchen  Fällen,  wo 
rler  eino  Theil  deutscli  ist,  der  andere  deutsch  sein  kann,  eine 
deutscht'  Herkunft  aimehmen  muß,  wenn  sich 

3.  die  Namen  auch  in  rein  deutschen  Gegenden  finden. 
Wenn  aber  K  r  ans  endo  rf  atui  diesen  Gründen  deutsch 

ist,  so  ist  es  auch  Krausen,  da  dieses,  wie  urkundlich  be- 
glaubigt ist,')  aus  Krusendorf  entstanden  ist. 

Was  die  Bedeutung  dieser  Namen  anlangt,  so  liegt  es 
wohl  am  nftohsten,  an  den  Personennamen  Krause^  (alt:  Cruse, 
Tgl.  B.  B.  Scr.  rer.  Pruss.  II,  603:  T<»ppen,  Qesch.  Mas,  112) 
zu  denken. 

2.  Rud. 

I.  Hoppe')  führt  die  hierher  gehörigen  Namen  auf  das 
litt,  rudasi  roth,  braunioth  (von  der  Beschaffenheit  des  Bodens 
zurück);  denn  öfter  ständen  den  mit  ru.d-  componirten  Namen 
andere  mit  jud-  in  der  Nachbarschaft  gegenüber:  Budupp, 
Baudohnen  und  Jodupp;  Bndupönen  und  Judtsohen  (mit 
schwarzem  Acker),  Rudionen  (Heydekrug)  und  ßuddiu  seien 
von  rudynas,  Sumpl,  abzuleiten,  das  wahrscheiulich  eine  Ab- 
leitung von  rudas  sei  und  vielleicht  die  lothgelbe  Farbun^r  des 
Wassf^rs  anzeige.  Kudlaucken  und  Rudlacken  seien  eben- 
taiis  auf  die  BesohaÖenheit  d«^  -  Bodens  zurückzuführen;  dem 
Rudlauken  entspreche  im  Kirchspiel  Aulowölmen  Laukgallen, 
„Feldende'^,  es  stoße  nämlich  die  Forst  daran.  Budbardssen 
sei  gleich  Bothbart  u.  s.  w. 

Diese  AnsftUirungen  von  Hoppe  sind  so  gründlich  und 
überzeugend,  daB  darüber  weiter  kein  Wort  su  verlieren  ist. 
Damit  ist  aber  keineswegs  gesagt,  daß  alle  Namen  mit  rud- 


1)  M.  h.  W.  II  No.  5<»  Anm.  1:  vi^l.  V  No.  311.  m. 

2)  Dieser  Name  hängt  uacli  Qhmm's  Wörterbuch  V,  2069  mit  kraus 
zusammen. 

^  A.  M.  Xm,  688. 


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606 


Oiisimmen  in  AltpcenBen. 


littaniBch  sind.  Vielmehr  bleiben  naob  Absng  der  von  Hoppe 
behandelten  Gruppe  noch  die  folgenden  flbrig: 

U.  Gtoldbeok  führt  in  seiner  Topographie  des  Königreichs 
Preußen,  Theil  I  (1785)  „folgende  Orte  Namens  Bada^)  (Bndda) 
in  OstprenBen  auf: 

/.  i?.,  Vorstadt  von  Willonberj?.  2.  R.,  ein  anderer 
Name  für  Malga.  .V.  Hammernidua  im  Kreise  Ort-  lsburg. 
Dieser  Xame  ist  halb  dentJ^r^h,  halb  polnisch,  wie  unten  g^Z'-iLi. 
werden  wird.  4.  Ii.  =  Hanimergehsen,  Kr.  Joliannisbnrg. 
R.      (ieschkoweHi  i.  e.  Jaschkowen,  Kr.  Johanniaburg. 

Fragen  wir  nun  was  dieses  y,Kada^  bedeutet,  so  ist  die 
Antwort  darauf:  suerst  Eisenerz,  sodann  Übertragen  Eisen- 
8  c  hm  eise,  Bisenhammer.  Es  ist  nftmlich  der  Sttden  nnserer 
Provinz  reich  an  Eisenerz,  wortlber  man  bei  Bock,  „Wirth- 
schaltHche  Katuigeschichte"  etc.  Bd.  II,  ])g.  606 — 518  aosfCQirliche 
Nachrichten  findet.  Für  Polen  Tgl.  Holsche,  Statistik  von 
Neu-Ostpreußen,  pg.  404  in  Band  T.  Die  Orte  im  sfldlichen 
ngt]neuüen  wurden  von  den  umwulnionden  Polen  ruda  genai.u;. 
weil  dort  Eisenhammer  liosi aiuleu.  Beweis  für  Malga:  l'ook 
pg.  514  1.  ('.;  für  .laschkowtm  ibid.  ]»g.  512;-)  liei  Hammer- 
gehsen  und  Hammer-Euda  liegt  der  Beweis  schon  im  Namen 
selbst. 

6*.  7,  Das  heutige  Dorf  EuJukn  —  Rndn  im  Kr.  Johaimia- 
burg  hieß  dagegen  frtther  Kisiny  (Kischein)  und  wurde  erst 
im  16.  Jahrhundert  von  dem  damals  dort  wohnenden  Bad nik') 
so  genannt,^)  and  das  Dorf  Ruhden  »  Bada  im  Kreise  Lotzen 
hat  seinen  Namen  wahrscheinlich  von  einem  Badz  ki,  der  1630 
dort  wohnte,  oder  dessen  Vorfiihren.^)   8,  ßitdowken  im  Kreise 


1)  Schon  1422  in  dieser  Form  Srr.  rer.  Pr.  IV,  883.    Anm.  d.  Verf. 

2i  Vgl.  ftuch  Goldbeok,  Topogr.  I,  2,  8.  41. 

'V)  Entweder  £ig«iuutmti  uder  zu  überb«Uen  mit  ,,£i»enschmelzer' 
iSenibr.) 

4)  K^trsTtisM,  O  lodn.  polsk.  pg.  436.  (S.X 

6)  ibid.  pg.  496  (S.)     Daß        daneben   auoh   einen  zweifell<'-< 
deutschen  Natnen  Rnden  gi«b(i,  werden  wir  weiter  untoi  sehen.  Der  Verl. 


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Yoa  Hugo  Book. 


607 


Sdtisburg  hat  seinen  Namen  aller  Wahisoheinlichkeit  naoh  von 
einem  lit^i  linder  BndowBki. 

In  Westpreußen  giebt  es  uacli  Goldbeck  Theil  IL  1789 
und  (lern  Posthandbucb  für  Ofst-  und  Westpreul^u  (Berlin  1887) 
folgende  Orte  Ruda  (liudda,  Kuhden): 

1.  E.,  Kr.  Kulm,  heute  Adlioh-R.  und  Ob  r-R.  i*.  It., 
Kr,  Stargard.  3.  B.,  per  Gorzno.  4,  R.,  per  Radomno.  Ä., 
per  Bumiany.  6*  M,j  heute  Bndamühle  und  Bndabrück. 
7»  E,,  Kr.  Marienwerder,  ebenda  Bnhdensche  Mühle. 
8.  Pdn.  B.f  Kr.  Flatow"  (Sembrzycki). 

Anflerhalb  Preußens  kommen  vor  —  ich  setze  die  ent- 
sprechenden ])reußischeu  (hie  voran  —  Ixudmnühh'  aucli  im 
R.-B.  Oppeln,  f<  rner:  Ru/hm  (2),  Kr.  Marieiiweider  u\\<\  Flatow, 
6  mal  in  Böhmen.  Kärnthen,  Krain,  Salzburg,  K.-B.  Stralsund 
und  Posen.  Ruhden  (2),  Kr.  Johannisbnrg  und  Liitzen,  3  mal 
B^-B.  Frankfdrt,  Posen,  Bromberg,  femer  als  Insel  bei  Usedom. 
Buämrweiäe^  Kr.  Stnhm,  Budner  Jftgerhaus  in  Böhmen. 
Rudmk  (2),  Kr.  Schloohau  und  Graudens,  8  mal  in  Mähren, 
Schlesien,  Krain,  Steyermark,  O-alissien.  Rudno,  Kr.  SchwetZi 
Rndno  und  Ivudnopolje ,  12  mal  in  Steyermark,  Krain, 
«  Taiizieu,  Ungarn  und  R.-B.  Oppeln.  Ruäou  ken  (4:),  Kr.  Sons- 
burg,  Rudowko,  R.-B.  Oppeln. 

Bas  zuerst  genannte  Buda  tindet  ^ich  3  mal  in  Böhmen, 
und  in  Znsammensetzungen  mit  anderen  slavisohen  Bestand- 
theilen  (Budaszczutkowsken,  Budabrodzka  u.  a.);  26  mal  in 
Galizien,  femer  in  Dalmatien,  Siebenbürgen,  Oesterreich-Ungarn, 
Posen  (6)  und  Schlesien  (4). 

Aus  dieser  Zusammenstellung  erpebt  sich,  daß  die.se  zweite 
U nippe  der  den  Bestandtheil  rud  enthaltenden  Namen  sich  nur 
in  sla vischen  und  solclien  (legendeu  iiudel,  die  unter  ölavi- 
schem  Einfluß  stehen  oder  gestanden  haben.  Das  (Tebiet  der- 
selben bildet  einen  Gürtel,  der  sich  über  das  südliche  Ostpreußen, 
Weetprenfien,  Posen,  Oberschlesien,^)  Böhmen,  Mfthren,  Qalisien, 

1)  Der  R.  B.  Liegnits  ist  ansgesclilosseu.  Dasselbe  wird  uns  auch 
bei  den  slavisohen  Fomen  des  Namens  Damerau  begegnen. 


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606 


Ortonamen  in  Altpreufteii. 


das  weflfcliohd  Ungarn  (mit  einzelnen  Aiulftnfem  bis  Siebenbfirgett 
hinein),  Stoyermark,  Eftmfclien,  Eyrain,  Kroatien,  Dalmatieia  er- 
streckt.^) Wir  haben  also  hier  ein  Gebiet,  welches  scharf  abge- 
grenzt  erscheint  im  Osten  von  OstpreuBen^  Bofiland  nnd  der 

Türkei,  im  Süden  vom  Adriatischen  Meer,  im  Westen  von 
Itiilion,  Tirol,  Oestorreich,  Bayern,  Sachsen,  lii.mdenbnrg,  im 
Norde n  PoinniHru  uii*l  dem  norillicheu  Weit pfnußen. 

TIT.  Aulieni>nu  iindet  sich  h'tiddti  im  Kr.  Fischhausoii.  aber 
auch  in  Oesterreich  ob  d.  E.  und  Rudow  2  mal  in  Branden- 
burg,") also  außerhalb  des  oben  bezeichneten  slavischen  Ge- 
biets, während  es  sich  innerhalb  desselben  nicht  findet.  Das 
preußische  Bndan  findet  sich  schon  1264  (Bndovia)  Scr.  rer. 
Pr.  1 91,  seitdem  öfter  als  Bndawe,  Bndow,  Badowe,  Baden  etc.*} 
Die  beiden  brandenburgischen  Bndow  finden  sich,  wie  wir 
sahen,  1375;  über  das  österreichische  habe  ich  nichts  finden 
können.  —  Das  Vorkommen  in  Brandenburg  schließt  eine  Ab- 
leitung von  rudas  aus  (vgl.  ob.  S.  (>03,  4i;  andererseits  macht  die 
Lage  außerhalb  des  obigen  slavischen  (4(>biots  eine  slavische 
Abkunft  unwahrscheinlich.  Somit  sind  wir  auf  das  Detitsclie 
auge^v^esen.  Denn  auch  hier  giebt  es  einen  Bestandtheil  Rud 
in  Ortsnamen;  Rudenberg  (Baden),  Rudenhaus  (Bheinprovina), 
Rudenweiler  (WOrttemberg)  u.  a.;  noch  hAufiger  in  der  Form 
-rod,  -rode,  -roden,  vgl.  ahd*  riutjan,  reuten.^)  Scr.  rer. 
Pr.  I,  686  findet  sich  unser  Name  auch  in  der  Form  Buido* 
viensis.  Nehmen  wir  das  alles  susammen,  so  ist  es  wahr* 
scheinlich,  daß  Budau  deutsch  ist  und  Bodeland  bedeutete 

Das  deutsche  Buden  scheint  vielfftoh  durch  Verstttmmelnng 
entstanden  zu  sein.  Scr.  rer.  Pruss.  findet  es  sich  für  Rudow, 
im  Braunschweigischen  kommt  es  neben  Riudiun  für  das 


1)  Polen,  »las  natürlich  auch  dazu  gehört,  habe  ich  ans  Mangel  an 
genaueren  (^uHlpn  ausp;p.<*clilA8!?en.  Auch  in  Serbien  nnrl  Bosnien 
kommen  die  iSameu  vor:  Kudgluwa  (Öerbien),  Kudo  ^Bosnien)  u.  a.  w. 

2]  1376.  Brandenburg.  Landb.  21  f.  2G. 

8)  Scr.  r.  P.  in,  12.  48;  8»-9I;  474.  479.  480  u.  a.  w. 

4)  Fdratemann,  Altdeotsehea  Namenbacb  n,  1199—1209. 


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Von  fingo  Bonk. 


609 


heutige  Rueden  vor;M  im  Westphäl ischen  heißt  ein  Dorf  im 
Kr.  Lippatadt  1168  und  1184  Rudino,  .1446  Rüden,  heute 
Ruethen.  Demnach  dürfte  Rüden  auch  deutsch  sein  —  Rudan, 
fiaeden,  Bnethen  —  fiodeland,  und  wir  haben  es  hier  mit  einem 
zuüUIigen  Zusammentreten  der  dentsehen  mit  der  slavischen 
Wurzel  sn  thun.  (VgL  ob.  S.  602  f.) 

Das  Itesnltat  dieser  üntersnchang  ist  also  folgendes:  Die 
in  Pituüen  vorkommenden  Namen  mit  dem  Bestandtheil  Rud- 
zert'allen  in  drei  Klassen: 

L  littauisck-altpreuBische,  im  nordöstlichen  Theii  Oat- 
prenBens ; 

2.  slavische,  ansschlieBlioh  in  WestpreuBen  und  dem 
sadliohen  Theil  von  Ostpreußen; 

3.  deutsch:  Badau. 

3.  Braontberg. 

In  der  Friedensnrkunde  von  1249*)  kommt  der  Name 
Brusebergxr  vor.  Dieser  wurde  im  Jahre  1827  von  Voigt 
(Gesch.  Pr.  II,  630)  mit  Braunsberg  indentifizirt,  allerdings  ohne 
jeden  Omnd;  er  sagt  nur:  „Brneebergue  ist  Braunsberg"  und 
setzt  diese  Identität  II,  406  Anm.  1  als  selbstyerstftndlich  vo»- 
ans.  Aus  der  XJrkimde  ist  aber  nichts  zu  sohliefien:  hier  steht 
nur,  welche  Kirchen  die  Warmier  zu  bauen  yerspraohen,  und  als 
sechste  ist  die  in  Brn^bergiie  genannt.  Mülverstedt  opponirte 
gegen  die  Identität;  „Was  ?Ierr  Geh.  liatli  Voigt  a.  a.  O. 
II,  4f)8  Anm.  1  über  die  Gründung  der  Stadt  und  Burg  Brauns- 
berg angiebt,  scheint  entschieden  die  Möglichkeit  auszuschliei^eu, 
dafl  den  PreuBen  noch  im  Jahre  1249  aufgegeben  werden 
konnte,  dort  eine  Kirche  zu  erbauen,  und  deshalb  kann  unter 
dem  Brusebeigne  der  Friedensurkunde  nicht  Brannsberg  ver- 


1)  Prad.  Corb.  Wig.  No.  351. 

2)  MhW.  I  No.  19;  Dreger,  Cod.  Pom.  dipl.  I  No.  191  steht  aber 
Bransberga,  was  natürlich  nur  durch  spätere  Coiyoctur  oder  Copistea» 
gelehrsamkeit  entstanden  sein  kann. 

Altpr.  M oaatMoluiA  Bd.  XXVII.  Httft  7  n.  &  39 


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610 


Ortaaamcn  in  Ali|iren8eD. 


standen  sein."^)  Dagegen  hielt  Töppen  an  Brusebergue  fest 
(Comp.  Gdogr.  17  und  Scr.  rer.  Fr.  119,  Anm.  2),  aber  ohne 
Beweis,  und  Nesaelmaim  (Thea.  1.  P.  23)  aohlo£  aiidi  TOppen  an. 
Eine  Erklftrung  yon  Brasebergae  Tennochte  Niemand  en  gehen: 
Töppen  a.  a.  O.  vermnthet  „Preufienburg",  Nesselmann 
denkt  an  birge.  wahncheinHch  Viehlager  (litt,  brigia). 

Zunächst  ist  der  Znsammenhanpf  mit  Bnisebergne  noch 
keineswegs  nachgewiesen,  vielmehr  von  Proi.  Bender  in  der 
Zeitachrilt  für  die  (irescbiclit«»  und  Altei-thumskuiKle  des  Erm- 
landes  Y.  274  zurückgewiesen  und  ebenda  538  mit  scklagendeu 
(iruudeu  widerlegt.^) 

Nun  hat  man  bei  der  Erklärung  des  Namens  an  Brano 
von  Olmüts  gedacht,^)  der  aber  gar  nicht  in  Betracht  kommen 
kann,  weil  er  erst  1254  nach  PrenBen  kam,  Brannsbei^  aber 
aohon  1241  gegründet  ist  und  1261  schon  Bmnesberch  oder 
Bronsbergk  heiBt.^)  Pertz  wollte  den  Namen  mit  Bruno  von 
Merseburg  in  Yerbindung  bringen,^)  was  indeß  Bender  a.  a.  O. 
273  zurückgewiesen  hat,  da  von  der  fniohtiosen  Thfttigkeit  jenes 
Biuno  keiue  Spuren  zu  finden  seien  —  keine  Kirelie.  keine 
Kapolle,  kein  Altar.  Daß  man  circa  250  Jalno  s])iit«  r  aiit  ihn 
zuniekgegriüen ,  um  eine  Stadt  nach  ilun  5^n  bent  uneu,  ?^ti 
daher  undenkbar.  Bender  nimmt  an,  die  Stadt  habe  ihren 
Namen  von  dem  „einst  angesehenen,  in  den  Khein-  und  Lahn- 
gegenden  weit  ausgebreiteten  Geschle<  lit  der  Brunen  en  von 
B.raunsberg  (alt  Brunsberg),  einer  Linie  der  Grafen  von 
Isenburg-Wied,  von  welchem  Geschleohte  in  der  Zeit  von 
1182 — 1278  namentlich  Bruno  L  IL  HE  von  Braun sberg 
häufig  vorkommen."   Der  erste  Bruno  habe  die  rheinische  Burg 

1)  N.  F.  F.  Bl.  n  Folge  XI,  181  Anm.  4;  vgL  Bender  in  der  Zeit- 
schr.  f.  Erml.  AlteHh.  V,  271. 

2  Dio  falschen  Seitenzahlen  an  dieser  Stelle  sind  aas  dem  Register 

8U  bcri''litii^en. 

3)  ilenneberger,  Erclerimg  dur  IVeüaeischeu  gt'öseeni  Landtaiiei, 
Königsberg  1d95,  S.  36. 

4)  Ser.  ter.  Fr.  1,  66;  IC.  H.  W.  I,  No.  36.  27. 
6)  M.  H.  G.  Sor.  lY,  660. 


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Von  Bngo  Bonk. 


611 


Braunsbeig  erbaut   Bender  weist  dann  nahe  Beziehtmgen  dieser 
Bninonen  zum  dentschen  Orden  nach  (a.  a.  O.  274). 

Fragen  ivir  einmal  snr  Entseheidtmg  der  Frage  zunächst 

die  deutsche  Geschichte  an.  Da  üudeu  wir  unsern  Nameu  iiir 
deutsche  Orte: 

Brnnshcr;/  Uei  Höxter  i^Westph.)  als  Brnnesberg:  Ann. 
liauriss.  U.  H.  G.  Sur.  I,  154;  Einh.  ib.  I,  155;  Enh.  ib.  349; 
JJrunesberg,  Ann.  Quedlinb.  M.  H.  U.  Scr.  III,  37,  19  (Schlacht 
77Ö),  ferner  als  Brunesboirli.  Bruinesberch,  Bninsbarch.  FrunS" 
berg,  um  1195  im  Cod.  trad.  Formbac.  Ürk.-Buch  ob  d.  Ena  1, 694  f. 

Daraus  folgt,  daß  der  Name  zur  Zeit  der  Gründung  unseres 
Brannsberg  in  Deutschland  schon  längst  gel&ofig  war.  In 
Preußen  hat  er  ganz  Ähnliche  Stadien  durchgemacht,  wie 
dort:  Brunesberch,  Brunsbergk  (Cod.  dipl.  Warm.  I,  26.  27); 
Brunsberg,  Bmnesberg,  Brounesburgh,  Bronesburg,  auch  schon 
früh  Brauusbergk  (1273:  Auii,  tcrr.  Pruss.  701,  17). 

Heute  findet  sich  noch  ein  Ort  Brunsberg  in  Hannover, 
l^U  Meilen  nördlich  von  TTohtt^  iiiid  Bnumshog  in  Mecklnnburg- 
8chM'eriii,  Pommern,  Brandenburg,  Mähren,  Oesterreich  (3), 
Bayern  (4),  Bheinprovinz  (3)  —  im  Ganzen  14  mal.  In  Ost- 
prenflen  kommt  der  Name  au^er  als  Stadtname  noch  vor  bei 
Fauenbnrg  (Weideabfindung)  und  Meilen  südlich  von 
Goldap  (Abbau). 

Ans  diesem  Material  ergeben  sich  folgende  Möglichkeiten: 

1.  Entweder  hieß  der  Ort  nrsprüng^oh  Brnsebergue  und 
wurde  in  Anlehnung  an  diese  Form  bei  der  Nengrttndnng 
Brunsberg  genannt. 

2.  Oder  der  Xame  hat  mir  Brnsebergue  nichts  zn  tlmn. 
sondern  hängt  mit  Bruno  zusammen,  dem  Xanun  eines  zur 
Gründung  in  irgend  welcher  Beziehnuf^  stehomlen  Mannes, 

3.  Oder  der  Name  ist  ohne  Anlehnung  an  Brnsebergue, 
und  ohne  Anlehnung  an  einen  bestimmten  Bruno  aus  Deutsch- 
land importirt. 

Wenn  der  Name  ursprünglich  Brnsebergue  lautete  — 
was  seit  Benders  Widerlegung  kaum  noch  annehmbar  ist  — 

89* 

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612 


Ortsnamen  in  Aitpreußeu. 


so  konnte  er  zn  der  Form  Brunsberg  unter  keinen  ümstÄndeTi 
auf  dem  sprachlich -etymolofi:isehen  Wege  koininen  sonilern  nur 
auf  dem  Wege  der  Umiionnung,  veranlaßt  durch  Klani^- 
assoziation  (vgl.  ob.  S.  602\  T>pr  Beweis  liir  diese  Behauptung 
liegt  eben  darin,  daß  dem  Ordou  zur  Zeit  der  Gründung  der 
Stadt  der  Name  Braunsberf^  oder  Brunsberg  völlig  geläufig  war, 
wie  Bender  a.  a.  0.  S.  274  nachgewiesen  hat. 

Also  ist  auch  in  dem  Fall  1  der  Name  rein  deutscb, 
was  im  2.  und  3.  FaU  selbsWerstfindlich  ist. 

Daraus  ergiebt  sieh  Folgendes: 

1.  Es  ist  far  die  Erklärung  des  Namens  vollkommen  gleicli- 

giltig,  ob  der  Ort  ursprünglich  Brusebergne  Meß  oder  nicht. 

2.  Das  AVort  kann  nur  deutsch  sein  und  muß  auf 
Bruno  zurückgeführt  werden, 

Braunsberg  bedeut«'t  also  Brunosberf^,  gleiclivicl  ob  Bru»e- 
berguo  Viehstall  oder  Preußenburg  oder  nach  Rt^gf^e 's  Methode 
vielleicht  gar  „Eberburg*'  (Stamm  br),  oder  etwas  anderes  be- 
'l''!itet.  Da  aber  fla??  Terrain  von  Braunsberg  keineswegs  bergig 
ist,^)  so  scheint  mir  der  ad  3  angenommene  Fall  der  wahr- 
soheinlicbste,  daB  der  Name  ohne  Anlehnung  an  Brnse- 
bergue  und  ohne  Anlehnung  an  einen  besthnmteii  Brnno 
ans  Deutschland  importirt  ist. 

4.  Wangus  and  Oanwrin. 

a)  Wangus. 

Die  Frage  nach  der  B*  deutung  dos  in  25  Eigennamen  in 
der  Provinz  vorkommenden  Bestandtheils  Wangen-  oder  *wangen 
hat  zuerst  Nesselmann  angeregt.*) 

„Wanga  oder  Banga  bedeutete  im  Preußischen  wahr- 
scheinlich soviel  als  Welle,  Woge;  wenigstens  finden  wir  das 
Wort  in  dieser  Bedeutung  im  Littauischen,  Lettischen  und 
Sanskrit,  und  der  Uebersetzer  des  Katechismus  giebt  vermöge 


1)  Bendf^r  n.  a.  0.  274. 

2)  N.  r.  P.  Bl.  1848  (V),  11  f. 


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Von  Hugu  Bouk. 


613 


eines  merkwürdigen  Uu  Verstandes  das  deutsche  Participium  be- 
wogen flurch  pobanginons  wieder,  indem  er  es  allom  Anschein 
nach  diieet  von  Wogo  ablüitete.  Auch  dieses  ELjui^nt  finden 
wir  in  vielen  preußischen  Namen  wieder.  Demnach  wäre 
Powangen  synonym  mit  PowandeUf  ein  Ort»  der  an  den 
Wogen,  am  Wawer,  liegt,  Uderwangen  wfire  zu  ttbersetsen 
durch  Ott  er  wo  gen  (vom  litt,  ndra  Fischotter,  vgl.  XJderballen, 
Otterbrach),  Kaiwangen  vielleicht  Hflgelwogen  (Ealwwangen 
vom  Litt.  Ealwa  Hügel  ,  AVangnicken  und  Wangeninken 
(bei'le  Namen  koninien  oft  vor)  bintl  Leute  die  an  den  Wogen 
wohnen.  Anßerdom  gehören  hierher  «lie  Namen  Wange.  Wangen, 
Wangittt,  Wangotten,  Wangritteu,  die  Oomposita  Abschwangen, 
Alexwangen,  Derwangen,  Kinw  u^^'en,  Poswangen,  Porwangen, 
Thurwangen  und  die  halbdeutschen  Wangenhosen  und  Wangen- 
kmg.  Ich  moB  gestehen,  daß  die  Deutung  dieses  Elements, 
Wanga,  als  Woge  unsicher  ist;  es  kommt,  wie  ich  bereits  an- 
deutete, direct  weder  im  Eatechismns,  noch  bei  Grünau  vor; 
dagegen  findet  sich  im  Katechismus  wangan  {iwc.j  das  Eudu, 
w  angint  endigen. *  i  Vielleicht  also,  daß  in  der  eben  angeführten 
Namensreihe  beide  ähnlich  lautenden  Elemente  nebeneinander 
herlaufen." 

Noch  in  demselben  Jahr  behandelte  der  Stadtrath  Keu- 
mann  in  Elbing  unabhängig  von  Nesselmann  dasselbe  Thema,'} 
Neamann  hatte  inzwischen  das  deutsch-preuBisohe  Vocabularium 
von  Holzwäscher  (aus  dem  16.  Jahrhundert)  aulgefunden,  von 
dem  bisher  Niemand  etwas  gewußt  hatte,  und  das  Neumann 
sorgfaltig  geheim  hitdt.  Hier  fand  er  nun  als  preußische  Ueber- 
öetzung  von  Dam*-VRn.  da.s  er  sein»  i ^eits  als  Heide,  Wald 
erklärte,  das  Wort  wangus,  und  benutzte  diesen  Fund  in  der 
vorliegenden  Abhandlung,  aber  ohne  seine  Quelle  zu  nennen. 
Er  rechnete  auch  Twangste,  den  Wald,  an  dessen  Stelle 
Königsberg  gegründet  ist,  hierher  und  meint,  daß  damit  über- 

1)  Daran  hat  vor  Nesselmanu  schon  Graff  gedacht  (Ahd.  Sprach- 
schätz  I  B94;  imS). 

2)  N.  P.  P.  Bl  l&lb  (V.)  245  ff. 


614 


Ortsnameu  in  Aitpreußen. 


einstimmend  „noch  heute  ein  Dorf  in  der  Kfthe  von  Seeburg 
den  Namen  Wang  st"  fthr©.*) 

Neumann  bringt  nun  mit  wangus  in  Verbin-iiiug  das 
ags.  vanp;,  altnord.  vaii^jp",  alul.  wang,  ;uigar.  die  alle  Feld  be- 
dt'uton.  Durch  diese  UeltMreiustiininuug  werde  in;in  nach  dem 
Skandinavischen  Norden,  als  der  Heimath  des  Worts  verwiesen, 
Daza  stimme  genau  der  Umstand,  daß  die  in  Frage  kommenden 
Ortsnamen  auf  Samland,  Natangen  und  einen  Theil  von  Barten 
beschrankt  seien  und  darflber  hinaus  sich  in  Altpreu£en  keine 
Spur  von  ihnen  finde.  Gerade  in  diesen  Gauen  seien  aber  die 
D&nen  gewesen  und  hätten  sich  darin  ein  Jahrhundert  hin- 
durch behauptet.  Katürlich  hfttten  sie  auch  auf  die  Sprache 
der  Besiegten  einen  groBen  Einfluß  ausgeübt,  und  „za  den 
Wörtern  germanischer  Abkunft,  welche  diesem  Einfluß  wahr- 
scheinlich Eingang  in  dio  preußische  Sprache  verdankten**,  habe 
auch  das  Wort  waugus  gehört.-) 

Dioses  Resultat  von  Neumanns  Foiischung  bewog  dann 
Nesselmann,  in  einer  Nachschrift  zu  Neumanns  Arbeit  die 
Erklärung  Heide,  Wald,  anzunehmen  unter  der  Bedingung,  daB 
die  ihm  unbekannte  Quelle,  aus  der  Neumann  sein  wangus  habe^ 
suverlAssig  sei.  Letzteren  ersucht  er  dann,  diese  Quelle  sobald 
als  möglich  heraussugeben.')   Dann  bemerkt  Nesselmann  noch: 


1)  Diese  Ansicht  hat  auch  Hoppe  angeuommuu:  „Küiiigäberg  iat  aal' 
einem  bewaldeten  Hügel,  Twangsie,  gegründet  worden;  denselben  NasMn 
Mögt  Wsngst,  ein  Dorf  bei  Bdseel»  in  dessen  NAbe  Porwangen  liegt; 

also  Wangus  =  twangns?«  Vgl  übrigena  M.  h.  W.  6,  No.  146;  H, 
Seite  469,  488;  V,  S.  91,  50. 

2)  T)iS  der  Einfluß  der  Skaiiilina\  ier  im  Anscliluß  an  Lucas  Davifl. 
der  hier  auf  äimou  Grünau  und  dessen  bcruchtigtcu  Bischof  Christian 
baairt,  damals  bedentend  übertrieben  wurde,  haben  TCppena  Forec^nngen 
ergeben.  Vgl,  anoh  Lohmeyer,  Oeaeh.  y.  Ost-  n.  Weetpr.  15—17. 

3)  Xenmann  bewachte  seinen  Codex  mit  Argusaugen;  Neesehnaan 
mußte  jtMlosinal,  wenn  er  denselben  einsehen  wollte,  nach  Elbing  fahren. 
Alles  Drangtu  war  lange  umsonst  (vgl.  die  rührende  Keujahrsepistel 
JS.  P.  P.  Bl.  1&52  (1)  1  f.),  bis  es  Neumann  sclüießUch  doch  zuviel  wurde 
und  er  den  Codex,  deaaen  Herauagabe  ihm  ao  achwer  wnrde,  1868 
unter  der  Bedingong  der  Elbinger  Stadtbibliothek  übergab,  daft  er  nicht 


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Von  Hugo  Buuk.  (jX5 

* 

^So  gut  wie  das  Wort  im  Gennanisolien  existiit,  so  gat  wie  es, 
wenn  ancb  in  etwas  weicherer  Form  (vana,  WaM)  im  Sanskrit 

vorhanden  ist,  ©benso  gut  kann  os  aiidi  «»rganiscli  i^d.  L.  nicht 
blos  als  mechanisclies  Einschiebsel  von  auÜeu  her)  in  der  prenßi- 
Bchen  Sprache  f;ewinzelt  haben." 

Dieses  letztere  nachzuweisen  machte  sich  Dr.  Kolberg, 
Subregens  in  Braousberg  zur  Aufgabe,  welcher  23  Jahre  später 
(1871)  die  Frage  aufs  Neue  behandelt  eJ) 

Naohdem  Kolberg  Neumanns  Uebersetenng  Eiohenheide 
fftr  Bamerau  zurückgewiesen  und  dafür  Bergthal,  Schlucht, 
gesetat  hat,  kommt  er  xa  dem  Besultat,  daß  Damerau  und 
Wangus  preußische  Synonyma  seien.  Die  sonst  sehr  ver- 
dienstvolle und  gründliche  Arbeit,  welche  Nesselmann  leider 
igiiorirt  hat,-)  muß  nicht  nach  den  Etymologien  benrtheilt 
werden,  die  ebenso  geistreich  wie  haarsträubend  sind, ')  sich  gerad(< 
in  dem  Absclniitt  über  Wangus  unangenehm  bemerkbar  maclitiu 
und  den  Zweck  voriol  :  u.  wangus  und  Damerau  auf  z"wei  Ailer- 
weltssitännne  ang  und  dub  =  hohl,  enge  zurückzutuliron.  Da 
nun  das  litt*  wangus  leider  nicht  die  Bedeutung  ,,hokl'^  jener 


veracliickt  werden  dfirfSa.  Nock  in  demsdben  Jahr  wurde  er  dann  yon 
Neaseknaim  herausgegeben:  A.  M.  V,  465—520,  auch  separat:  „Ein  Deatack» 

preußisches  Vocabulurium  aus  dem  Anfang  des  15.  JalnlumdertS.  Na<^ 
einer  Elbinger  Handschrift  herausgegeben.    Königsberg  1ÖU8." 
1)  Zeitsclir  f.  G.  u.  A.  d.  Eml.  V,  234  ff. 

S)  Das  ist  am  80  bedaueroawerUier,  aUi  Kolberg  in  seiner  sehr  gründ- 
lichen Unterenchung  Uber  Damerau  Neumann'a  Ansidit,  die  Nessehnami 
annahm,  in  vielen  Punkten  schlagend  widerlegt  hat. 

3)  Einen  Begriff  davon  gieht  nns  folgende  Leistung:  ,,Nach  dem 
Holzwäsrhprschen  Vocabularium  hieß  im  Altpr.  a;\\e  die  Eichel, 
demselben  entsprechen  das  litt,  gile,  das  lett,  sihle  und  da«  polnische 
zols^di.  Der  Consonant  g  mit  folgendem  Yooal  erweicht  sich  nicht  selten 
an  einem  dem  französischen  g  ähnlichen  Laote:  das  prenß.  ansonis  die 
Eiche,  litt,  aniolae  oder  azolas.  lettisch  osohla  sind  offenbar  des- 
selben Stammes  wie  gile.  die  Eichel  u.  s.  w.,  nur  ist  die  erste  Silbe 
gi  durcli  einen  Zisrhlaut  erweicht,  wie  schon  im  polu.  iol^di,  die  EiHiel, 
Denn  das*  Aulangs-a  oder  o  ist  nur  ein  eme  sj'nonyme  Wortbedeiitung 
hervorbringender  bloßer  Vorschlag,  der  nicht  selten  auch  fortfällt,  z.  13. 
preoüisch  awilkis  der  Fad^,  litt,  wtlke  der  Strick**  n.  s.  w. 


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Ortsnaineii  In  Altprenfimi. 


Stämme  hat,  sondern  Yerbal-Acyeotivam  (yon  wengin)  ist  und 
i^y er d rossen"  bedeutet,  so  preBt  er  diese  letastere  Bedeutong 
so  lange,  bis  „Soblucht"  herauskommt.   Sohon  Nesselmann  hatte 

an  wa  11^^171,  Ende  und  wangint,  endigen,  erinnert,  und  Gerß 
an  (lorsellten  Stelle  gpsr-hwankt,  ol>  i-v  dies  Wort  nicht  dem 
-wan^(*n  zu  (irunde  legen  sollte.  ^)  Koiberg  rindet  hier  dm 
aliereintachsten  Ausweg,  der  sich  denken  läßt:  „Auch  die  im 
preußischen  Katechismus  aufbewalirten  Worte  wangen.  das  Ende, 
wangint  enden,  vollenden  und  wingnskan  die  List,  lassen  sich 
auf  den  Stamm  agh,  ang  imd  dessen  Bedeutung  von  Enge, 
Windung  zurückführen.  Die  Begriffe  List  (wingnskan!)  nnd 
Windung  gehören  offenbar  zusammen,  indem  der  Listige  auf 
krummen  Wegen  wandelt,  um  andere  zu  Überlisten,  ebento 
Ende  (platt  Eng  gesprochen)  und  Enge,  da  diu  gänzluhe 
Einengung  eines  Gegenstandrs  audi  dessen  Ende  bildet,  wi- 
z.  B.  im  Lateinischen  tinire  niüht  blos  beendigen,  vollendeü, 
sondern  auch  beengen,  einschließen,  beschränken  bedeutet,  Euis 
das  Ende  und  die  Grenze,  die  Schranken/^  Damit  b&nge  denn 
auch  das  litt  wangus  begreiflich  zusammen,  das  ursprftnglicb 
nicht  verdrossen  bedeute,  sondern  „WinkelzOge  machend",  eine 
Bedeutung,  die  dem  Stamm  ang  ebenfalls  xnne  wohne  (angulus 
der  Winkel).  Daran  soblieBe  sich  offenbar  erst  die  abstracte 
Bedeutung  von  träge,  verdrossen.*)  —  Mit  solchen  .,Wiukel- 
zügen"  kann  man  schließlich  jedem  Worte  jede  beliebige  Be- 
deutung abgewinnen. 

Nesselmann  hat  in  seinen  „Forschungen"  und  im 
„Thesaurus"  Keumanns  üebersetzung  von  Domeiau  und  wangus 


1)  Dagegen  vgl.  Isuumaun  a.  a.  O.  245  Anra.  3. 

2)  S.  250,  €/\  Auch  in  Elwangeu,  Feuclit  wa  u  gou  .  Wangen. 
Wauguuheim  diu  Bedeutung  Thal,  Grund  stecken:  Khvaugeu  (el.  al 
=  Wasser,  Flüsaigkeiii  s=s  Elbin g  v^^hving)  (Hjelledoiupno,  Potsdam  (pi, 
po  in  der  Bedeutung  von  Wasser,  FloB,  nora/iof  I)  —  Vgl.  dagegen  Förste- 
mann,  deatache  Ortsnamen,  wonacb  El  wangen  im  8.  Jahrhnndeii 
Elehenwang  hieß  (von  ahd.  «lab  ^  Eloh,  Elann,  vgl.  Elichpaeh,  heole 
Elbach). 


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Vuu  Hugo  Boak. 


617 


mit  „schlecht  bestandener  Eiohwald^  angenommen,  h&It 
Aber  an  der  preußischen  Herknnft  von  wangns  fest. 

Zur  Entscheidung  der  Frage  scheint  es  mir  von  Wichtig- 
keit, ziiiidclist  -Ibs  Verbreitungsgebiet  der  hierher  gehörigen 
Namen  in  uud  autJer  Preußen  festzustellen,  dann  jeden  unserer 
Namen  einzeln  zu  untersuchen  und  schließlieh  di«  möglichen 
Gründe  des  Zusammentreffens  derselben  mit  den  deutschen  2su 
erOrteni  und  dann  Sohlüsse  auf  Abetammung  nnd  Bedeutung 
dea  Wortes  wangns  zu  sieben. 

ZnnAchst  moB  bemerkt  werden,  daB  Lesgwangm innen 
mit  wangns  nichts  zu  thun  bat,  sondern  seinen  Namen  von  dem 
alten  Oeecbleobt  der  von  Lesgewang  bat.*) 

Im  Uebrigen  finde  ich  folgende  Kamen: 

1.  Abschwangen  {'2  Jvr.  Pr.  E\  lau  (2),  2  Meilen  NON  von 
Pr.  Eylau.  i^.  Alexti  un;ii  n,  Kr.  Fischliausen,  BV*  M.  KXO  von 
Fisehhausen.  3.  Derwanyan,  Kr.  Rössel,  iVs  M.  S  von  Kossol. 
4,  Kaltuangen^  Kr.  Eastenburg,  SVa  M.  NWW  von  Kasten- 
burg. Ö.  Kintvangen  (2),  Kr.  Friedlaud,  1  M.  SOS  von 
Schippenbeil;  Kr.  Bastenburg.  6'.  F&rwangen,  Kr.  Rössel, 
2V4  M.  W8W  von  Bössei.  7,  Fosewangen,  Kr.  Bastenburg, 
J  V«  M.  von  Bastenbnrg.  8»  Powangen^  Kr,  Labiau,  V/t  M. 
SOO  Ton  Labiau.  9,  JRudwangenf  Er.  Sensburg,  iVs  M.  N  von 
Sensburg.  20.  Thurwangen  (2),  Kr.  Bastenburg  (2),  V«  n*  IV«  ^* 
von  Rastenburg.  11.  Udertvemgeny  Kr.  Pr.  Eylau,  2V2  M. 
NNO  von  Pr.  E  \  lau.  i^.  Wangen  (2),  Kr.  Königsberg,  IV^  M. 
NNO  von  Königsborg;  Kr.  Labiau,  2\/ti  M.  SWW  von  Labiau. 

13.  Wangenkrug,   Kr.  Fischhausen,    V"»  M.   von  Neukuhren. 

14.  Wangerau  (2),  Kr.  Graudenz  (2;,  V»  M.  08U  von  Graudeuz; 
l'A  M.  OSO  von  öraudenz.  15,  Wangerin.  Kr.  Thom,  IV/«  M. 
ONO  von  Oulmsee.  10.  Wati;fln(>'pn,  Kr.  Labiau,  2V4  M.  SWW 
von  Labiau.  17.  WangiU,  Kr.  Königsberg,  2  M.  SW  von 
Königsberg.    18,  Wangej  Kr.  Fiscfahausen,  BV4  M.  NNO  von 


i)  Vgl.  Mülverstedt,  N.  P.  P,  Bl.  lööl  (XI)  S.  176;  Hoppe, 
Ortsnamea  S.  6;  Siebmecher,  Wappetnkaiide  TI,  4,  41. 


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618 


OrtsiiBmeii  in  Altpreoten. 


Fischhausen.  19.  Wuntfnick  (8),  Kr.  Friedla&d,  2  M.  SW  von 
Friedland;  Kr.  Pr.  Ejlau,  V«  ^<  SWW  von  Eylan;  Kr. 
Bastenbnrg,  8  M.  NNW  von  Bastenbttrg.   20.  Wanffnideen  (5), 

Kr.  Kölligsberg  (2),  V/s  M.  ONO  von  Königsberg;  Kr.  Heiligen- 
beil, 7«  M.  NO  von  Heiligenbeil;  Kr.  Fischliauseu,  '2"/4  M. 
NW  von  FischauiSüu;  Kr.  Pr.  Eylaii,  '/»  M.  NWW  von 
Kreuz  bürg.  ^1.  Wangeni nk>  n .  Kr.  \\  nlilau,  27«  M.  NOO  vuii 
Weh  lau.  Wangnu-skeim,  Kr.  Heüigeubeil,   IV»  M.  NNO 

von  Heiligeubeil.  Wanyotten,  Kr.  Rastenburg,  1  M.  SW 
von  Rastenburg.  :^4.  Wangrittcn^  Kr.  Friedland.  4'/s  M.  SW 
von  Friodland.  ^ö.  Wangat,  Kr.  Bössei,  27«  M.  WSW  von 
Bössei. 

Das  Verbreitungsgebiet  des  deutschen  -wangen  hat 
FörstemannO  bestimmt.  Es  ist  anf  Sttddentsohland  be- 
schränkt und  hat  seine  beiden  Gentraipunkte  südlich  von  der 
Donau.  —  Cranz  ähnlich  verhält  es  sich  mit  den  Wangen-. 
Diesen  stehen  eben  so  vitd«'  Wengen-  gegenüber,  die  von 
demselben  Gnmdstamm  gebiltlet  sind.^)    So  entsprechen  sich: 

Wnu;/:  Bayom  7,  OesteiTeich  3,  Salzburg  1.  Kirt  lieWang 
bei  Hirsch berg."*)  Weng:  Bayern  9,  (Oesterreich  4,  Salzburg  3, 
Tirol  2,  Wangg:  Tirol  1.  Wengg:  Tirol  1.  Wangen:  Bayern  4, 
Baden  5,  Württemberg  5,  Tirol  1 ,  Sachsen  2.  W&ngm:  Bayern  13» 
Württembeig  4,  Tirol  1.  Wanghausen:  Oesterreich.  Wengen- 
hausen: Bayern  2.  Wmghf^:  Oesterreich.  Wenghof:  BayaniT 
Salsbnrg  (2).  Wange:  Ostpreußen  (bei  Pobetheu).  Wenge: 
B.-B.  Künster.   Wengi,  Kanton  Bern. 

Gams  ebenso  entsprechen  sich  Wanger  und  Wenger. 
Synonym  und  vielleicht  auch  stammverwandt  damit  ist  Anger 
(ahd.  Angai',  ^)  pratum). 

1)  Deatoche  Ortsnamen  280. 

2)  FdTBtemaon  A.  N.  II,  1477;  vgl.  bei  tutt  Wengoten.  1869 

Wangoicn. 

3)  itvl4  von  Friedricli  Wilhelm  IV.  ans  Valders  in  Norwegen  thäil- 
weiäti  hiurber  übertrafen.   VgL  Bädeker,  Nordost-Deutschland  S.  904. 

4)  FSTStemaan  A.  N.  71;  ZeaB,  die  Deatachen  und  die  Nachbar- 
Stämme,  106;  N.  P.  P.  BL  1848  (V)  346. 


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Ton  Hugo  Book. 


619 


Wang^r:  Oesierreioh  ob  d.  E.  Wenger:  Oberbayern.  Anger: 

Bayern  i27\  ÖHsteiTeich  ob  d.  E.  (7),  Salzburg,  Steyermark  (4), 
Tirol,  Bölimcu.  Württemberg,  Rheinproviiiz,  Provinz  Sachsen. 
Wanfjem:  Meckleubnr^-Scbweriu  und  R.-B,  Breslau.  Wentjern: 
Westpreußen  (bei  Stuhm),  R.-B.  Oppeln,  E.-B.  Arnsberg  (2). 
Angern:  Bayern  (2).  OesteiTeich  (7),  Kiimthen  (2),  Salzburg, 
Tirol,  BObmen,  Magdebnig,  It.-B.  Düsseldori  Wangerin: 

Kr,  Thorn  (WexigorzylL),  B.-B.  Stettin  (3).  Wengerin:  Er. 
Insierbnrg.  Wangering :  lilidderbajeinL  Wengering:  Ohevimd 
Niederbayom.  WangerMusk:  Baden*  Angershäuechen:  B.*B. 
Dttsseldorf.  Wangerau:  Kr.  Grand enz  (2).  Ängeran  bei  Bar- 
ke hm  en.  Außerdom  finden  sich  diese  Namen  rnassonliaiL  in 
allen  german.  Ländern;  7..  B.  Vang  und  Vangen  öfter  in 
Norwegen;  Wanga-Bazar  Ceugl.)  im  brit.  Ostindien  in  der 
Gegend  von  Heyderabad;  Wangen  öfter  in  der  Schweiz; 
Wangenies  in  Belgien  (Hennegan);  Wangford  in  England 
(Ghn&ohBit  Snffolk)  n.  s.  w. 

Ana  diesen  4  Znsanunenstellnngen  geht  Folgendes  hervor: 

1.  Wir  haben  in  Dentschland  zwei  abgeschlossene  Wangen- 
Gebiete,  eins  in  Süddentsohland,  das  andere  in  PrenBen. 

2.  Beide  Gebiete  werden  verbunden  durch  die  Wang  er- 
Namen, die  den  Zwischenraum  gleichsiini  id)ei'brücken.  Diese 
Brücke  f^eht  tiber  Westpreu  ßo  ii  (Wangerau,  Wangerin», 
Pommern  (Wangerin  (3),  Wangeritz),  Mecklenburg  (Wangem), 
Kannover  (Wangersen),  Oldenburg  (W^angerlang,  Wangerog), 
Westphalen  (WeDgermüble),  Hessen  (Wangershausen),  nach 
Baden  (Wangershftnsle,  Wangersthai),  Bayern  (Wangering), 
Oesterreich  (Wanger),  Salzburg  (Wengerberg),  Tirol 
(Wengerhof). 

8.  Die  historische  Entwickelung  der  einzelnen  Namen  zeigt, 
daß  Wangen  und  AVengen.  Waiij^er  und  Wenger  gleich  worthig 
sind,  weil  die  ^.ainen  bei  einem  und  Hemselhen  Ort  viellach  in 
einander  übergegangen  sind.  Dazu  stimmt  der  Umstand,  daij 
sich  noch  heute  beide  Formen  in  denselben  Gegenden  gegen- 
überstehen. 


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620 


OrtsoMDeii  in  Altpreußen. 


4.  Aber  auch  die  Formen  "Wanger  und  Wang  gehen  viel- 
&ch  in  einander  über  CWangerland  aus  Wangia,')  wie  ebenftdls 
die  hisiorieohe  Entwiokelnng  zeigt  Da  beide  Formen  von 
demselben  Stamm  vorkommen,  so  mtlssen  wir  sie  för  gleich- 
werthig  ansehen ;  so  daß  also  die  Formen  "Wang,  Wanger,  Weng, 
Wengur  gleichwertliig  sind, 

5.  Außerbalb  Deutschlands  finden  sich  die  Namen  in  ailen 
germanischen  Ländern. 

üm  diese  Thatsachen  für  uns^^re  Zwecke  verwerthen 
können,  wird  es  nöthig  sein,  sunüchst  unsere  Namen  einaebi 
SU  befaraohten. 

Da  maB  es  aunftchst  au£fallen^  d&fi  mit  swei  Ausnahmen 
die  26  Wangen  auf  Samland,  Nataogen  und  einen  Thei]  von 
Barten  beschränkt  sind,  worauf  schon  Neumann  aufmerksam 
gemacht  hat.    Die  beiden  Ausnahmen   sind  Wangerau  und 

Waugerin;  denn  daß  Wengorzyn  nur  eine  Polonisirung  ist,  da 
ja  der  Ort  in  Westpreußen  liegt,  bedarf  keines  Btnveises.  Es 
ist  nun  die  Frage,  ob  dieselben  überhaupt  hierher  gehör*»Ti: 
Neumann,  Nesselmann,  Kelberg  und  Schade, Jüiihen  .sie 
nicht  hierher,  wenigstens  haben  sie  dieselben  völlig  unerwähnt 
gelassen.  Die  Frage  ist  meiner  Ansicht  nach  daraui  znritck- 
zuftthren,  ob  unser  einheimisches  wangus  nicht  ebenfaJls 
Bildungen  mit  einem  stammhaften  r  hervorgebracht  hat. 

Zunflohst  ist  zu  constatiren,  daß  dem  Waugerin  ein 
Wenger  in  bei  Insterburg,  also  auf  altpreufiischem  Gebiet^ 
entspricht.  Doch  ist  dieses  erst  spät  entetanden  und  daher 
littanischen  Ursprungs  (wengras  der  Ungar);  für  seine  spätere 
Entsteiiuug  spricht  der  deutsche  Xanie  „Ritter- Neusäss".  (S.). 
Ferner  läßt  schon  Herr  Geheiiuratk  »Schade  a.  a.  0.,  olmo  es 
ausdrücklich  hervorznbeben,  durchblicken,  daß  unsere  Namen, 
sich  im  Samland  häufen  (9  Urte).  Wir  haben  hier  eine  Art 
von  Wangerland,  das  durch  die  Wangerspitze  gewissennafien 

1)  787,  Chron.  Hoisuac.  H.  H.  G.  Scr.  IV,  298,  1;  Auch  Wauga, 
788  If.  H.  G.  Vn,  989,  24 

S)  Sehad«,  A.  W.  II,  109a 


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Von  Hugo  Bonk. 


621 


abgeschlosaen  wird.    Wenn  aber  in  letzterem  Wort  das  alt* 

preußische  Wangns  steckt,  so  haben  wir  hier  schon  eine  Weiter- 
bildunc:  desselben  zu  Wanger,  die  ganz  auf  einer  Stufe  steht 
mit  der  deutschen  Wt'itei])ildung  von  Waugia  zu  Wangerland. 
Auch  in  Wangritten  Kr.  Friedland,  das  einem  Wangifct 
Kr,  Königsberg  gegenübersteht,  scheint  ein  Wanger  zu  stecken, 
und  schlieBlich  kann  iok  nicht  umliin,  auch  Wangrappe^)  hierher 
zn  rechnen.  Die  älteste  Überlieferte  Form  für  nnaere  Angerapp 
ist  Wangrapia')  (1262).  Die  Ableitung  vom  altpreuBisohen 
angurgis,  Aal,  (Voc.  666)  will  mir  trotz  Nesselmanns  Conjectur 
angurys  und  trotz  des  litt,  trngnrd  und  tingurupe  nicht  ein- 
leuchten. Es  kommt  zwar  vor,  daß  ein  W  am  Anfang  ausfallt, 
ivie  ja  das  Beispiel  Wangrappe— Angera])])  selbst  zeigt.,  aber 
dab  es  zugesetzt  wird,  müsste  doch  erst  bewiesen  werdeii.  Der 
litt,  l^ame  des  Flusses  kann  aber  erst  dann  ins  Gewicht  lallen, 
wenn  nachgewieson  wird,  da£  derselbe  alter  ist,  als  der 
nun  einmal  als  Wangrapia  überlieferte  altprenßisohe. 
So  lange  dieser  Nachweis  nicht  geführt  wird,  sind  wir  genothigt, 
an  dem  letzteren  Namen  festzuhalten,  da  wir  keinen  älteren 
kennen. 

Da  wir  demnach  innerhalb  des  altprenßischen  Gebiets  die 
Xameu  Wanger  spitze,  Waugritten  und  Wangrappo  haben, 
so  ist  die  Möglichkeit  gegeben,  den  Namen  Wangerin  nnsern 
Wang-Namen  anzuschließen,  doch  bleibt  die  Sache  wegen  der 
Lage  der  Orte  immerhin  zweifelhaft. 

Mit  Wangerau  liegt  die  Sache  anders.  „Der  Ort  hieB  im 
16.  Jahrhundert  Weygir,  Weyger,  Weger  (Froelich,  Gesch.  d. 
Kr.  Graudenz  L  pg.  364)»  was  wohl  eine  Germanisimng  aus 
Wogrow  ist.**  (S.) 

ünserm  Wangst^}  =  Wangeste,  Wangsten*)  entsprechen 


1)  Henneberi^er  IT,  25. 

2)  Peter  von  Dusburg,  Scr.  r,  Pr.  1.  110. 

8)  H.  H.  W.  I»  No.  146;  II,  Seite  408  (1866);  469.  483  (als  Fenoneii' 
naine:  1872.  73;  ebenso  V,  60;  1879). 

4)  Voigt  erw&bnt  in  der  Gesch.  Pr.    99  ein  Ton  den  skandischen 


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62S 


Orlaiuuiiea  in  Altpraokii. 


die  beiden  Wangsien  im  Kreise  Liegnits,  WangB  in  Sanct 
Gallen. 

Thnrwangen  lieBe  sich  beirefib  des  ersten  Bestandtheils 

vielleicht  mit  Thür,  Thurhof  (Oest  ob  d.  E.),  Thnrland  (Anhalt). 

Tburmülile  (R,-B.  Bromberg),  den  6  Thurow  in  Mecklenburg 
und  Pommern*)  u.  a.  zusammenstellen.  Förstemann  (A.  N.  II, 
446)  nimmt  ciiieii  keltischen  Stamm  an.  irisch  dur  —  arx; 
danach  wäre  also  Thurwangen  —  Burgwange. 

Kinwangen,  dessen  erster  Theil  aus  dem  Aitprenßischen 
nicht  zn  erklären  ist^  läBt  sich  vielleicht  mit  den  deutschen 
fthnlioh  gebildeten  Namen  Kinheim  (1120  Chinheim^  Kinbnrg 
(Steyerm.,  1265  Chinbnrg)  n.  a.  enflammenstellen.  Förstemann 
(A.  N.  n,  876)  yermnthet  einen  Stamm  Kin,  identisch  mit 
Kien,  Fichte;*)  Grimm  (Gesch.  586),  denkt  an  die  Oanine- 
fates,  die  Nachbarn  der  Batavi.') 

Derwangen^  ebenfalls  altpreußisch  nicht  zu  erklftren^ 
könnte  vielleicht  aus  dem  Shiviseheii  abgeleitet  werden:  ..k.slav. 
drönti,  caespes,  russ.  dem,  polu.  darii,  Jbtasen,  Torf,"  vgl.  Derne, 
Derueu  bei  J\i  »nigHbnr£2-. 

Mit  mehr  oder  nimder  Sicherheit  lassen  sich  folgende 
ZusammensetKungen  aus  dem  AltpreuUischen  resp.  Littanischen 
erkiftren: 


Gothen  gegründete«  Wangast,  „welcher  Name  anf  die  Beuennimg  des 
Bttges  TwangBte  hindeatan  aoU,  auf  welelwn  in  spiteran  JahrlnmdeiteD 
Königsbelg  gegründet  sein  soll.*'  Die  Nachricht  stützt  sich  auf  Laeae 
T>avi<l  I,  15;  IV,  2  (wo  Nangast  steht,  was  viclkirlit  dn  Versehen  sein 
kann)  und  Lon,  2  nnrl  geht  auf  <\on  Bisohof  Christ  in  n  stnrtick.  «les^i^c 
ExiBt«uz  Xuppeu  bezweifelt  (N.  P.  P.  Bl.  1847  (IV),  362  Ii.).  Wenn  die 
Skandtnavier  hier  wirklich  eine  Bnrg  Wangaet  gagrOndet  hätten,  waa 
Toppen  a.  a.  0.  beatreitet,  dann  wäte  nicht  nur  der  Name  Waogrttti  end- 
gütig erklärt,  sondern  auch  der  ZiieainmenbaD|f  der  altprentieehea  "Wang- 
Namen  mit  den  germanischen  bewiesen. 

1   inr»2  Tiirowe.  Betmar,  Chron.  Graat.  L  859. 
A.  N.  il,  874. 

8)  Föratemann,  A.  N.  H,  SS2. 

4)  Neaaelmann,  Thea»  29;  Yf^  Scr.  ler.  Pr.  I,  389  (1267)  »  C.  P.  d. 
No.  289;  Scr.  rer.  Pr.  U,  188  (1260). 


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Von  Hugo  Bonk. 


Abschwangen  (Espen  wangen) ,  Alexwangen  (Erlen- 
wange)/) RudwRiigeii  itothwaiige  ,  Kaltwangen  (Bergwange), 
Po\v:\ngen,  Porwangen,  Poaowangen^)  (an  der  Wange), 
Uderwangen  <Utterwange\  "Wangnickon  ("Wangenleute), 
Wangnieskeim  (Wangendorlj,  Wangitt,  Wangritt,  Wan- 
gott en.  Dazu  kämen  dann  noch  einige  unnoher  zu  erklären- 
den: Kinwangen  (Fiohtenwange),  Derwangen  (Torfwange), 
Thnrwangen  (Burgwange). 

Ordnen  wir  die  Namen  anf  Seite  617.  618  nach  Kreisen 
(wobei  wir  zunächst  von  den  mit  Wanger  zosammengesetsten 
absehen),  so  ergiebt  sieh  folgendes  Verzeichniß: 

Kast^nburg  «>,  Eylau  5^  K<»nig.sberg  4,  Fischhausen  4, 
Labiau  4,  Ix'oss»  !  3,  Friedland  '6,  Heiligenbeil  2,  Wehlau  1, 
Öeiisbarg  1,  zusammen  33. 

Die  6  Kreise  Rastenburg,  E3'lau,  Kr)nigsberg,  Fischhausen, 
Labiän  bilden  den  Kern  des  Gebiets  mit  23  (zwei  Drittel)  von 
33  Orten;  10  davon  liegen  auf  der  samländischen  Halbinsel, 
17,  also  die  Hfilffee,  weniger  als  10  Meilen  von  der  Küste.  Das 
dritte  Drittel  mit  10  Orten  ist  auf  die  andern  5  Kreise:  Wehlau, 
Friedland,  Bössei,  Sensburg,  Heiligenbeil  vertheilt,  und  ein 
Blick  auf  die  Karte  zeigt,  daß  diese  so  spärlich  besetzten  Kreise 
sämmtlich  an  der  Grenze  des  Gebiets  liegen. 

Mit  Hilfe  dieses  Materials  wären  nun  die  beiden  schwierigsten 
Fragen  zu  erledigen: 

1.  Aus  welcher  Sprache  stammt  das  Wort);'  2.  Welches 
ist  seine  Bedeutung? 

1.  Die  erste  Frage  ist  durch  die  Auffindung  des  Wortes 
wangns  im  AltpteuBischen  Vocabularium  noch  nicht  erledigt. 
Es  muß  nämlich  auffallen,  dafi  im  Litt,  sich  kein  entsprechendes 
Wort  findet.*)  Dazu  stimmt  auch  der  Umstand,  daß  im  Litt, 
die  Wangutf-Namen  gänzlicii  fehiuu.    Ks  liegt  also  der  Gedanke 

1)  Hoppe,  A.  M.  XV,  401. 

1t)  po,  pod,  unter,  b«,  vg^.  Hoppe,  A.  H.  XVm,  865;  Nessel- 
mann  Tb.  188. 

8)  Nenmann  a.  o.  O.  247. 


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624 


Ortonamen  in  Altpreußen. 


nahe,  ein  Eindringen  von  aoBen  -her  anzunehmen.   Diese  Yer- 

inuthung,  die  schon  Nenmann  a.  a.  O.  247  an^esteUt,  Nesselmann 

ebeiid.  2.50  bestritten  hat.  wird  durch  Folgendes  gestützt: 

a)  Es  ist  unl-'ugbar,  daß  die  Gothen  als  Vorgänger  der 
alten  PrenI3en  im  '2.  und  H.  Jahrliundeit  hier  seßhaft  gewesen 
und  sicher  von  den  Preußen  nicht  bis  auf  den  letzten  Mann 
verdrftngt  o<ler  getödtet,  sondern  zum  grofien  Theil  unter- 
worfen sind.^) 

h)  Ebenso  imleugbar  sind  die  Einfiele  der  Skandinayier 
in  Freufien  an  der  Samlftndisohen  Küste.  Nun  hatten  aber  die 
Gothen  ein  Wort  wang,  wanga,  die  Skandinavier  vaogr,  as. 
wangf  altengl.  wang,  wong,  alle  in  der  Bedeutung  An,  dftn. 
nooh  heute  vang  —  Au  und  schwedisch  vang,  Plural  vangar 
=  eingefriedigtes  Grasfeld  am  Hause.  Daß  die  Skandinavier  auf 
ihren  Einfftllen  hier  Burgen  gegründet  haben,  i^t  sehr  wahr- 
scheiulich.  möglich  auch,  daß  die  Ueberlieleruug  über  die 
Gründung  von  Wangast  richtig  ist.  Jedenfalls  scheint  ea  mir 
kein  Zufall  zu  Rein,  daß  die  äußerste  Spitze  des  Samlands 
die  Wanger-Sp itzo  heißt,  vielmehr  wird"  man  dadurch  um 
so  mehr  auf  überseeische  Einflüsse  hingewiesen,  ab  die  Namen 
in  Skandinavien  massenhaft  auftreten. 

c)  Wenn  unter  diesen  Umstftnden  die  Wang^Namen  sich 
auBer  in  Aitj^  i  euBen  zwar  im  ganzen  Deutschland  und  in  allen 
germanischen  Lftndern,  die  doch  von  dem  preuBischen  gaus 
stamm  fremden  Völkern  bewohnt  wurden,  in  dem  stammver- 
wandten Littauen  al>or  nicht  finden  und  wenn  wir  nooh  das 
unter  a)  und  b"*  Gesagte  berücksichtigen  und  dazu  die  Tabolieu 
auf  S.  618.  619  vergleichen:  dann  erhält  die  germanisclie 
Herkunft  des  Wort»,  den  für  eine  Hypothese  höchsten  Grad 
von  Wahrscheinlichkeit. 

2.  Was  bedeutet  das  Wort?  —  Die  Gothen  brachten 
ihr  wang  in  der  Bedeutung  ^Feld*^  mit.  Das  mnB  also  die 
Grundbedeutung  des  Worts  im  AltpreufiiBehen  gewesen  sein. 


1)  Lohineyer,  Gesch.  vchi  Ost»  und  Wesfcpr.  8.  7.  B. 


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Von  Hugo  Book. 


625 


Dem  Fremdwort  ei-<j:in^  es  abor.  wiß  »>s  allfTi  Fi-fMi^lwrirtcm 
ergeht,  die  sich  in  oiTier  Sprache  einbürgern:  Die  Bedeutaug 
wurde  im  Laufe  der  Zeit  modifizirt,  dal]  lank«?  and  wangas 
nicht  mehr  gleichbedeatend  waren.  Aehnliehe  Vorgänge  weisen 
alle  Sprachen  in  grofier  Menge  auf,  sie  sind  der  Grund,  weshalb 
wir  die  „leidigen"  FremdwOrtor  nicht  entbehren  können.  Mit 
diesem  wangus,  das  eine  bestimmte  Art  von  Feld  xor*  f^oxi]y 
bedeutete,  bildeten  nnn  die  PrenBen  ihre  Namen:  Espenwango, 
Erlenwange,  Rothwauge,  Borgwange,  an  der  Wanste,  Otterwange, 
Wangenlente,  "Wangetidorf.  l)aß  wir  es  liior  nicht  mehr  mit 
einem  Feld  im  allgemeinen  Sinn  zu  thun  haben,  ist  klar.  Was 
sollte  denn  da  z.  B.  ,,am  Felde''  bedeuten  als  Name  für  eine 
Niederlassung,  oder  „Felddorf*',  da  doch  alle  Dörfer  aus  Feldern 
bestanden?  Worin  bestand  also  der  Unterschied  swischen 
wangus  mid  lauhs?  Das  gemeinsame  Merkmal  jener  Wangen 
igt  meiner  Ansicht  nach  lediglich  das  TJnbebantsein,  wobei 
es  im  ITebrigen  gleichgiltig  ist,  ob  das  Feld  eine  Heide, 
einen  Sumpf,  Berg,  Wald  u.  s.  w.  bezeichnete.  Dazu  würden 
auch  die  hypothetischen  Urkliiruiigen  Fichtenwange,  Torl'wange, 
Burgwange  (Thurwangen  unweit  Rastei^hiii^i  stimmen. 

Somit  dürfte  wangus  unbebautes  Feld,  terra  inculta  oder 
—  cnm  grano  salis  —  WildnisB  bedeuten. 

b)  Damerau. 

Die  Untersuchung  dieses  Wortes  ist  von  der  des  Wortes 
wangus  untrennbar,  seit  Neumann  das  letztere  im  Vocab.  als 
prenfiische  Uebersetzung  von  damerow  gefunden  hat. 

Neumann  geht  in  seiner  Untersuchung  dos  Worts  (a.  a.  0.) 
davon  aus,  daß  der  Name  identisch  sei  mit  dem  polnischen 
dabrowa  (Eichwald,  von  dab,  Eiche),  welches  als  Ortsname 
theils  unverändert,  theils  in  den  Diminutivformen  Dombrowka, 
Dombxowken  u.  s.  w*  in  der  Provinz  etwa  ebenso  hän%  ver- 
breitet ist,  als  der  Name  Damer  au  imd  zwar  in  der  Weise, 
daB  es  in  den  Kreisen,  wo  es  sich  vorfindet,  letzteren  fftst  voll- 

Altpr.  IbuAtNOhriA  Bd.  XXVIL  HfL  7  n.  8.  40 

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626 


Oitsiuunen  tn  Altprenfien, 


standig  aussdiließt.^)  Das  polnische  dt|browa  sei  also  von  der 
deutschen  oder  preußischen  Sprache  herübergenommen.  Da  aher 
beide  schon  AusdrOoke  fftr  Eichwald  gehabt  haben  müßten,  so 

habe  das  Wort  ursprünglich  nothwendig  eine  etwas  andere 
Bedeutung  gehallt.  Diese  ergebe  sieh  aus  den  Statuten  von 
"Wislicn  in  dem  11^47  von  Kasimir  III.  prumulgirton  iiltt'.stei? 
l)oiniscliHn  Landrecht.  Hier  werde  nach  Art. .133  eine  dreifache 
Art  des  Holzdiebstalds  unterschieden,  je  nachdem  derselbe  in 
einem  gajum  (Hain,  Gehege),  oiuor  sy Iva  (Hochwald  von  Lanb- 
holz  überhaupt)  oder  eine  merica  begangen  ist.  In  den  beiden 
ersten  F&Uen  bel&uft  sieh  die  Strafe  für  das  Aushauen  aufge- 
wachsener Stämme  auf  6  Mark  und  auBerdem  för  jedem  Stamm 
6  Scot  Schadenersatz,  für  das  Abhauen  junger  Aeste  auf  4  Seot 
Entschädigung.  Dann  heißt  es  weiter:  .,de  quercnbus  verc 
mericarum,  vulgariter  dabrowB,  duos  scottos,  quilibet  i])sam 
incidens,  persolvat*'  etc.:  ..Betreffend  aher  die  Eichen  in  einer 
merica,  insgemein  d^browa  genannt,  so  soll  Jeder,  der  solche 
abhaut.  2  Scot  zahlen."  Sowohl  aus  dieser  V'crtiigung  al:*  auch 
aus  der  Bedeutung,  die  merica  liabe,  gehe  nuu  herv  or,  „datt 
d^browa  den  Begriff  einer  wüsten,  unbebauten,  mit  wenig 
nutsborem  Holz,  mindestens  dem  größereu  Theil  nach  mit 
unausgewaohsenen  Eichen  schwach  bestandenen  Heide- 
fläche" habe.  „So  ging  denn  das  in  dem  umgebenden  Nach- 
barlande gebrftuohliche,  sicher  auch  in  angienBende  Landestheile 
Preußens  eingedrungene  slavische  di|browa  in  die  Sprache  der 
Deutschen,  welche  von  dort  aus  in  das  Land  einsogen  und 
erlangte  liier  iu  der  germanisirten  Form  „die  Damerau'*  früh- 
zeitig als  Hnttungsname  Bürgerrecht."-) 

Nun  heiße  es  in  d^m  Privilegium  Meinhards  von  Quer- 
furt  an  die  Stadt  Meve  1297;  ,,Ceterum  quid  de  sylva  aut 
inculta  terra,  (piae  damrow  dicitur"  etc.  In  der  Flcoa 
quasimodogenita  erwähne  Helwing  p.  42  einen  Angerbuzgischen 


1)  N.  P.  P,  Bl.  184«  (V )  245, 
3)  A.     O.  248  f. 


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Von  Hugo  Bonk. 


627 


Eichwald  (quercetum)  „Damerau".  „Aehnliche  iüi  oder  wider 
(die  "Wesentlifhkeifc  einer  Eichenhol/un^)  beweisende  Angaben, 
in  topographischer  oder  sprachlicher  Hiusicht  nicht  uninteressant, 
würden  sich  sicher  auch  jetzt  noch  zahlreich  sammeln  lassen." 
In  einer  Anmerknng  auf  S.  244  bemerkt  Neumann  dann  noch: 
„Möglich  auch,  daß  die  Deutschen  diesen  Anmiruck  aohon  anBer^ 
halb  Preußens  sich  angeeignet  hatten  nnd  ihn  schon  hierher 
mitbrachten,  denn  auch  in  andern  benachbarten  Provinsen 
kommt  derselbe  vor.  So  giebt  es  z.  B.  in  Brandenburg  im 
Soldiner  Kreise  ein  Dorf  Damerau  und  in  Schlesien  ist  der 
Name  nicht  selten.  Zum  Theil  findet  er  sich  hier  in  der  Form 
Dammer.  wie  ihn  u.  a.  zwei  Dörfer  unweit  Dels  tiihren.'* 

Kolberg  macht  zunächst  daiaut  aufmerksam,  daB  Damerau 
nicht  nur  Ortsname  ist  (im  engem  Sinne  des  Worts),  sondern 
auch  W&lder,  Wiesen,  Pl&tae  u.  s.  w.  beseichnet.  Da  Hola- 
wfiaoher  Damerau  mit  wangus  übersetze,  so  könne  man  sehen, 
dafi  „das  Wort  Damerau  im  16.  Jahrhundert  su  Holzwftsoher« 
Zeiten  bei  der  deutsch  sprechenden  Bevölkerung  gang  und  gebe 
war,  eben  weil  er  dasselbe  fOr  ein  deutsches  Wort  anaah  und 
darum  unter  die  deutschen  Vocabeln  rangirte." 

Im  Weiteren  weist  dann  Kolberg  die  Uebersetzung 
Kicheuheide  zurück.  Die  teile  im  polnischen  Landrecht,  wo 
d%browa  mit  merica  übersetzt  wird,  beweise  nichts.  Vielmehr 
gehe  aus  derselben  hervor,  daß,  da  ja  auch  Eiohb&ume  und 
deren  Aeste  erwilhnt  werden,  nicht  blos  an  unau^ewaobsene 
Eichen  zu  denken  ist,  und  das  niedrige  Strafmaß  för  die  in 
einer  d%browa  begangenen  Eiohendiebstfthle  kann  seinen  Ghrund 
audi  in  etwas  anderem,  als  in  dem  unausgewachsenen  Zustande 
der  Eichen  haben,  nämlich  darin,  dai.^  der  Diebstahl  eben  in 
einer  Heide,  in  einem  uÜenen,  ungehegten  Terrain,  das  hin  und 
wieder  Eichen  aufwies,  begangen  wurde,  während  die  beiden 
anderen  Arten  von  Diebstählen  besonders  gehegte  (gajum)  oder 
wenigstens  geschlossene  Wähler  (silva)  betrafen  und  darum  ein 
höheres  StrafmaiS  bedingten.''  Für  den  Begriff  einer  „Eichen- 
heide" in  Keumanns  Sinn  habe  weder  die  deutsche  noch  die 

40» 

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628 


Ortsnamen  in  Altpreulbu. 


polnische  Sprache  ein  Wert,  weil  es  ttberhanpt  keine 
Eichen heide  gebe,  sondern  nur  Eiohw&lder  und  iimge 
Eichungen,  die  binuen  einiger  Zeit  aber  dock  zu.  Kichw  nldern 
iieranwachsen. 

Aber  auch  in  der  Bedeutung  Eichwald  könne  das  Wort 
nicht  gut  aus  Poleu  importirt  sein,  da  doch  nicht  anzunehmen 
sei,  daß  die  Deutschen  oder  Preußen  einen  so  einfachen  Begriff 
wie  Eiohwald  aus  dem  Polnischen  entlehnt  haben  sollten,  zumal 
da  von  einem  Cultoreinflaß  Polens  auf  Prenüen  vor  dem 
16.  Jahrhundert  keine  Bede  sein  könne.  Somit  bleibe  nichts 
übrig,  als  das  Wort  für  einheimisch  pren0isch  mit  einer  eigenen 
Bedeutung  anzusehen.  Nun  hfttten  die  slten  Preußen  aber 
eigene  Bezeichnungen  fttr  Eiche,  Eicbwald  gehabt,  nftmlioh 
ausonis,  die  Eiche,  das,  wie  wir  oben  sahrn.  nach  Kolberg 
denselben  btu mm  Imt,  wie  gile,  die  Eichel.  Zudem  bezeichneten 
Tiaoh  (\f*n  Urkiiiuli  u  Damerauen  nicht  nur  Eichwälder,  sourlern 
Wälder  überhaupt,  es  gebe  auch  Tannen -Damerauen;  nach 
einigen  dieser  Urkunden  stände  Dameiau  in  Verbindung  mit 
Heide,  nach  andern  wtoden  die  Damerauen  selbst  Heiden  ge- 
nannt.') Das  stimme  auch  zu  der  Identification  Ton  Damenni 
mit  merica  und  terra  inonlta. 

In  der  Verscbreibung  £üt  BirkmannshOfen  von  1390  werde 
die  große  dortige  Bamerau  des  Bisthums  bezeichnet  als  bona 
ipeius  Ecdesiae  Damerowa  vulgariter  nuncupata.  Yulgariter 
bedeute  aber  meistens  preußisch,  seltener  deutsch,  niemals 
poliiisrh.  Da  nun  Daiuer;m  offenbar  ein  deutsches  Wort  nicht 
sei,  .»^i)  müßte  es  danach  altpreuliitich  sein. 

Demiunh  sci<*n  Damerau  und  wangus  prenliisehe  .Syno- 
nyma m  der  Bedeutung  des  lateinischen  salius,  waldiges  oder 
nicht  bewaldetes  Gebirge,  Schluchten,  Berggründe  n.  s.  w.  Die 
folgende  ^rachliche  Untersuchung  und  die  Zurtlckfillirttng  auf 
einen  Stamm  dub,  dob,  aushöhlen,  der  sich  in  einer  ganzen 
Beihe  von  Sprachen  nachweisen  lasse  (Kolberg  bringt  auch 


1)  S.  2i7  Anm. 


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Von  Hugo  Bonk.  629 

unser  Damm  imd  das  Thal  Ttu7r^  {—  Aue,  Waldwiese)  damit 
in  V<  il)iii(lLing\  mag  man  bei  Kolberg  selbst  luiclilesen. 

So  schlieUe  sicli  also*  Daml>rowa  oder  Damerau  in  PrtJiilJeu 
an  das  l*'xicalisch  erhaltene  preußische  Wort  dambo  an  und 
bedeutet  Thal,  Sehlucht,  Grund,  wie  das  slavische  Dam- 
browa,  aber  nicht  zugleich,  wie  dieses  letziiere,  Aichwald.  Der 
Beweis  dafiftr  sei  die  üeberaetziing  wangtts.  Auch  hier  liege 
ein  indogermanischer  Stamm  agh,  naaalirt  ang,  eng  su  Gbrunde* 
Die  weitere  Aosfflhrung  habe  ich  oben  bei  wangas  angedeutet. 

In  demselben  Jahr  schloß  sieh  Kesselmann  der  Ansicht 
Neu  ma uns  aii,V)  hielt  es  alter  für  unwahrscheinlich,  ilaß  das 
Wort  erst  sollte  von  den  Deurschon  eingeführt  sein,  zumal  es 
für  diese  ja  doch  ©in  Fremdwort  war.  Kolberg's  Gegengründe 
werden  weder  hier  noch  in  dem  beinahe  unveränderten  Abdruck 
im  Thesaurus  (1873)  erwähnt. 

Auch  Frisch  hier  hat  sich  in  seinem  „Wörterbuch 
preuBischer  Provinzialismen"  die  üebersetsung  |,8ohlecht- 
bestandener  Eichwald''  angeeignet,  obgleich  er  gleich  dahinter 
Henneberger  8  citirt:  „Damerawen  sind  Wftlder,  so  alleiiey 
Holtz  durcheinander  haben.'"") 

Schon  dieses  Citat  steht  im  Widerspruch  zu  der  Ueber- 
setzuijg  mit  schlecht  bestandener  Eichwald".  Noch  mehr  thut 
dies  die  von  Kolberg  urkundlich  bewiesene  Thaisache,  daß 
die  Damerauen  schon  in  frühen  Zeiten,  als  das  Wort  noch 
Appellativum  war  neben  Heiden  auch  £ich-  und  Tannen- 
wälder, Wiesen,  Plätze,  Steinklippen  (1436:  Steindamerau 
am  Mauersee}"}  bezeichnet.  Das  wäre  unmöglich,  wenn  das 
noch  in  der  Sprache  lebende  Appellativum  einen  „schlecht  be- 
standenen Eichwald''  bedeutet  hätte.    Also  schon  aus  diesem 


I  i  A.  M.  Vm,  676;  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  preußischen 
Sprache  TTI. 

2i  Da-.  Citut  ist  nbriVi  iis  hilsch;  bei  lleniiuherger  al^iit:  ....  „das 
a^m  Waide,  äo  alkiicy  huitz  durch  eiunuder  liabuu,  wülcU&r  otzliche 
anch  damerawen  genennet  werden.** 

8)  TOppen,  Geseh,  Haenrene,  Dansig  1870.  S.  III. 


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G30 


Ortsnameu  ia  Altpreußea. 


Grande  —  wir  werden  deren  noch  mehr  finden  —  mfissen  wir 

uns  nach  einer  andern  üebersotznng  umsehen. 

Stollen  wir  zuerst  das  Verbreitungsgebiet  der  ver- 
schiedenen Formen  des  Namens  fe.nt. 

Da  muß  ich  zunächst  dagegen  protestiren,  daß  Dammer- 
mit  Dameran  identisch  sei,  wie  Neumann  a.a.O.  S.  244  Anm. 
meint.  Denn  abgesehen  davon,  daß  Neumann  dies  durch  nichts 
bewiefien  hai,  mu£  man  sich  vor  dieser  Identification  dorch 
einige  urkundlich  feststellbare  Ableitungen  warnen  lassen.  So 
ist  %»  B.  Dammersbach  in  Hessen  ans  Dagamaresbach  (9.  Jahr- 
hundert), Dammerk irch  im  Elsaß  ans  Domarkücfaen  (1310), 
Dammersfelden  am  Hais  ans  Thanomarsfelden  (970),  Dammers- 
hausou  iu  Hannover  aus  Daemareahusüii  euistandeu.  Die  Namen 
sind  entweder  aus  Personennamen  gebildet,  oder  sie  gehören 
znm  Stamm  dag,  der  viellei.  lu  niiserm  Tag  entspn(?hr  oder 
nach  Förstemann  vielleicht  Helle,  Grlanz,  Schönheit,  bedeutet. 

Formen  wie  Dambiteen,  Damber,  Dambor,  Dombrowits  o.  a. 
lasse  ich  hier  weg,  sie  mögen  mit  d§b  znsammenhingen  oder 
nicht;  denn  es  handelt  sich  hier  nicht  um  alle  von  d§b  ge- 
bildeten Formen,  sondern  lediglich  um  die  deatsohen  und 
slavisohen  Formen  des  Namens  Damer  au,  und  diese  hoffe  ich, 
soweit  sie  innerhalb  Deutschlands  und  Oesterreichs  mit  Ein- 
scliluü  der  abhängigen  polnischen  Länder  vorkommen,  ziemlich 
vollständig  zu  geben.  Daß  der  Name  sieh  auch  über  das 
russische  Polen  hinein  verbreitet,  ist  seibatverstandüch  —  ich 
erwähne  nur  Dombrova  im  Gouv.  Grodno. 

/.  IJamerau.  L  Kr.  Goldapp,  37«  Meilen  NNO  von  Gol- 
dapp.  2.  Kr.  Stallupönen,  2  M*  8  von  Stallupönen.  3.  Kr. 
Insterburg,  37s  M.  WSW  von  Insterburg.  4,  Kr.  Qerdanen, 
17«  U.  ONO  von  Gerdauen.  ö.  Kr.  Qerdauen,  7«  ^*  NNO  von 
Gerdauen.  6,  Kr.  Bastenbuig,  7a  M.  von  Barten.  7.  Kr.  Bdssel. 
2  M.  WSW  von  BdsseL  8.  Kr.  Friedland,  Vs  M.  N  von  Barten- 
stein.  9,  Kr.  Wehlau,  IV»  M.  NNO  von  Wehlau.  10.  Kr. 
Wehlau,  '^OS  von  Wohlau.     11.  Kr.  Wehlau,   IV4  M. 

W8W  von  Wehlau.     lä,  Trimmausche  D.,   Kr,  Wehlau, 


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You  Hugo  Bonk.  631 

iVs  U,  WSW  von  Wehlau.  13.  Eiser wageusoh  D.,  Kr. 
WeUau,  l'A  M.  S  ▼on  WeblaQ.  14,  Kr«  W^ehlatiy  Va  M.  S  von 
Wehlaa.   lo.  Kr.  Labiao,  1  M.  SWS  von  Labian.   16,  Kr. 

Fischhausen,  IV4  M.  N  von  Fiscliliauseu  ifraffkeu).  17.  Kr. 
Fiäclihauseu,  IV*  M.  NOO  von  Fischhausen  iForkenl  18.  Kr. 
Königsberf^,  2^4  M.  NO  von  Köniö^sberg.  19.  Kr.  Heiligenbeil, 
1  M.  S  von  H<iiiigenbei].  :^u.  Schön-D.,  Kr.  l^leiligenbeii, 
IV*  M.  S  von  Heiligenbeil.  21.  Neu-Damerau,  Kr,  Heiligen- 
])ei],  l\'s  M.  S  von  Heiligenbeü.  2^,  Kr.  Bratmsberg,  1  M. 
NAVW  von  WormdiU.  SS,  Sohdn- Damer  au,  Kr.  Braunsberg, 
iVs  M.  SOS  von  Braunsberg.  24,  Kr.  AUenstein,  1*/*  M.  NON 
von  Allenatoin  (Dombrowka).  25.  Klein-Damerau,  Kr. 
Alienstein,  iVs  M.  NOO  von  Alienstein.  26,  Kr.  Ortelsburg, 
l*/8  M.  NNW  von  Orteisburg  (Wolka).  27,  Kr.  Oitelsbuig, 
1*/«  M.  NNW  von  Orteisburg.  28.  Finsterdamerau,  Kr. 
Onelsbiirg,  l'/ü  M.  S  von  Orteisburg.  'JiK  Von! i-r- Dauierau, 
Kr.  <  )rtelsbiirg.  %  M.  XW  von  Ortolsbnrg.  Vt/.  Schön- 
D^Tiierau,  Kr.  ÜrtoL^burg,  M.  N  von  OrteLsluirfr.  31.  Kr. 
Klbiug,  7*  M.  ONN  von  Elbing.  32.  Kr.  Marienburg,  1%  M. 
NW  von  Marienburg  (Niederung).  33.  Deutsoh-Damerau 
( Dorabrowken),  Kr.  Stuhm,  IV4  M.  NNO  von  Stuhm. 
34.  Krug-Dameran,  Kr.  Stuhm,  Vi  M.  NWW  von  Ohrist- 
burg. 36,  PreuBisch-Damerau,  Kr.  Stuhm,  Pfr.  fiadau. 
36.  Kr.  Bosenberg,  IV«  M.  ONO  von  Deutsch-Eylau.  BT,  Kr. 
Gulm,  2Vs  M.  O  von  Gulm  (Dombrowken).  38,  Kr.  Flatow, 
iVs  M.  NO  von  Gammin.    39.  Kr.  Sohloohau  (Dommerau). 

40.  Kr.  Schloohan,  2^4  M.  NWW  von  Schloohau  (Dombrowa). 

41.  Kr.  Schlociiau.  V'2  M.  NWW  von  Schlochau.  42.  Kr. 
Schloohau  bei  SeLlocliau  (Lobianka).  43.  Kr.  Stargard,  2'/*  M. 
NNO  von  Stargard  \,Höhe). 

II,  Danmow  in  Mecklenburg  [b),  Brandenburg  (6), 
Pommern  (16),  Ostpreoilen  (Haus,  V*  NW  von  Anger- 
burg), HL  Domhroua,  Kr.  Oletzko,  Osterode,  Conitz;  B.-B. 
Breslau,  Oppeln  (6),  Brombeig  (2),  Posen  (7);  Dambrowa^ 
B.'R  Breslau.     IV,  DmbrowkOf  Kr.  Oonits,  Guhn;  B.-B. 


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632 


OrtBoamen  in  Altpreafieo. 


Oppeln  (9),  Bromberg  (4),  Posen  (12).  F.  Domhrowkeny  Kr. 
Angerbnrgi  Darkehmen,  Johannisbarg,  Ortelsboig,  Osterode, 
StraOburg,  Culm,  Oraudenzi  Stuhm,  Marienwerder,  Pr.  Stargaid. 

VI.  Dombrowsken,  Kr.  Darkehmen,  Oletzko,  Lyck,  Johannisburg. 

VII.  Dombruwo,  R.-B.  Duiizig  {0},  Maiieiiwerder  (2),  Biulq- 
berg  (8).  Posen  (10)  —  alle  westlich   vuii   der  Weichsel. 

VIII.  Dcnthroti  ko  (3),  Kr.  Schweiz  und  ii.-B.  Posen.  IX.  iJmn- 
bromka,  K-B.  Oppeln.  X.  Domhrow,  B.-B.  Cösiin,  3V2  M.  SSW 
von  Schlawe  etwa  4  M.  von  der  westpr.  Grenze.  A2,  Dom- 
hromy  IL-B.  Breslau  (2),  £r.  Stolp  (4),  2 — 4  M.  von  der  westpr. 
Grenze.  XU,  Dambrau^  B.-B.  Oppeln. 

Ans  diesen  Znsammenstellnngen  eigeben  sich  folgende 
Namensgebiete : 

I.  a)  Gebiet  von  Damerau  (43):  Ostseogürtel  vom  Pregel 
bis  zur  pommerschen  Grenze,  im  Süden  begrenzt  von  Masuren, 
Polen  und  Posen, 

h)  Gebi'^t  von  Daiiitn-ow  (27):  Fortfsoty.uii«;  dea  Ostjäee- 
gürtels  in  derselben  Breite  bis  zur  Elbe  durch  Pommern,  Nord- 
Brandenburg  (Kr.  Soldin,  Prenzlau,  Havelberg)  und  Me<^klenburg. 

n.  a)  Gebiet  von  Dombrowa«Dombro wka  (42):  Gttrtel 
Iftngs  der  polnischen  Grenze  von  Oesterr.-Sohlesien  bis  zur  Netze 
nnd  Weiohsel,  durch  Obersohlesien,  Prov.  Posen,  mit  6  Ana- 
Iftnfem  nach  PreoBen  (Sr.  Conitz  (2),  Gtüm,  Osterode,  Oletzko, 
—  sftmmüich  an  der  polnischen  Grenze.) 

b)  Gebiet  von  Dombrowken-Dombrowsken  (15V 
Fortsetzung  des  polnischen  Gürtels,  von  der  Netze  und  AVeicUsol 
hin  zum  Pregel,  den  ßeat  Preußens  nach  Abzug  von  la  ent- 
haltend. 

c)  Gebiet  von  Dombrowo  (25J):  Posen  und  Pommerelien. 
Zu  diesen  Gebieten  gehören  auch  die  weniger  häufigen  Namen: 
Dombrowko  (8)  zu  Dombrowo;  Dombrowska  zu  Dombrowka; 
Dombrow  zn  Dombrowo;  Dombrowe  (6)  zu  Dombrowa;  Dam- 
brau  zu  Dombrowa. 

I.  (70)  umfaßt  alle  deutschen  Ortsnamen  unseres  Namens: 
Ostseegürfcel  vom  Pregel  bis  zur  Elbe  von  ca.  16—20  Hoflen  Breite. 


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Vüu  Hugo  Buuk. 


II.  (87  12  =  98)  enthält  die  polnischen  Nameu  inner- 
halb des  deutschen  Reichs  und  umfaßt: 

a)  ein  Centralg»'l)iet,  in  dem  sich  die  Gebiete  IIa  und 
IIc  durchdringen:  Posen  und  Oberschlesion.)^ 

b)  einen  Ausläufer  nach  Masuren(IIb)  bis  zum  Pregel. 

c)  einen  Ansl&ufer  nach  Pommerellen  (Kest  von  IIo) 
bis  ZOT  Ostsee. 

Die  Damerauen  auf  diesem  Gebiet  haben  &st  sammtlich 
polnische  Doppelnamen:  Dombrowa,  Dombrowken,  Dommeran, 
Lobianka.  Als  Begel  kann  gelten,  daB  die  deutschen  und 
polnischen  Gebiete  einander  attssohließen. 

Es  bleiben  iiuu  ikk  Ii  die  beiden  Cardmuüragen  zu  erledigen: 
1.  Was  bedeutet  Damerau?   2.  Aus  welcher  Sprache  stammt 
das  "Wort? 

Daran  könnte  sich  noch  eine  dritte  sehr  interessante  f'rage 
schließen : 

B.  Wie  erkl&rt  sich  das  massenhafte  Vorkommen  der 
Namen  Damerau  und  Wang-  -wang  auf  preußischem  Gebiet? 

1.  Was  bedeutet  Damerau?  Für  die  Beantwortung 
dieser  Frage  wäre  eine  genaue  topographische  Kenntnifl 
sämmtlicber  Damerauen  nützlich,  aber  sie  könnte  nicht  viel 
mehr  orgeben,  als  wir  schon  wissen,  nämlich  daß  die  Damerauen 
Dtiifer.  Wälilf;r,  Heiden,  Plätze.  Wiesen  bezeichnen.  Viel 
wichtiger  als  eiuo  Heise  in  das  jtitzige  Land  (Preußen, 
i*ommern,  Brandenburg,  Mecklenburg)  ist  eine  solche  in  dtis 
alte  —  ein  Blick  auf  die  historische  Ueberlieferung;  nicht  was 
der  heutige  Eigenname  bezeichnet,  sondern  was  das 
Apellativum  nach  den  Urkunden  bedeutet  hat,  das  ist 
hier  die  Frage.  Folglich  liegt  die  Entscheidung  der  letateren 
in  erstw  Linie  nicht  dem  vergleichenden  Sprachforscher, 
sondern  dem  vergleichenden  Historiker  ob.  Dabei  wird  aber 


1}  Der  B.-B.  Liegnits  ist  von  dem  slav.  Gebiet  des  Nameu»  ganz 
ausgeschlossen.  Dasselbe  wurde  auch  oben  betreff»  des  alavischeu  Bad- 
Gebiets  conetatirt  (s.  ob.  S.  607  Aum.  I). 


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634 


OrUaameu  iu  Aiijireuiüeu. 


die  leider  zu  wenig  beachtete  Arbeit  von  Kolberg  su  einer 

wichtigen  Untersuchung. 

Der  Name  Dameruw  findet  sieh  —  soweit  ich  sehen 
kann  —  zuerst  im  Jahre  1262  in  Poinmeru  im  Cod.  Pom. 
dipl.  I  339  in  dt  r  Forin  JJumerowe.  seitdem  öfter  a.  a.  O. 
I  314.  420.  529.  538.  555  u.  8.  w.  (einmal,  1268  Co.],  pom.  dipl. 
1  529  in  der  Form  diimbrowe),  auch  in  Braudeuburg  sohon 
1337;>)  in  Preaüen  1297. 

Als  Appellativnm  lernen  wir  das  Wort  znerst  auf  preußi- 
sohem  Q^biet  kennen.  ELier  bezeichnet  es  Eichwfllder  (1306, 
Dipl.  Warm.  1,  256);  Tannenwälder  (Dipl.  Warm.  I,  62;  vgL 
Kolberg  a.  a.  O.  247  Anm.  1);^)  offenes  Terrain,  im  (}ege&- 
«atz  zum  Wald  (Str.  rer.  Pr.  II,  litt.  Wegeb.  No.  26):  „wen 
man  us  dem  walde  kumpt,  .so  liat  mau  I  myle  wegis  gute 
damerow  bis  in  das  lant."')  Die  Dameraneii  Averden  von 
Heiden  unterschieden  (merica  et  damerowj  andrerseits  aber  auoii 
Heiden  genannt  (Kolberg  247  nebst  Anm.  4).  Selbst  eine 
Steindamerau^)  kommt  vor  im  Jahre  1436. 

Mit  dem  Begriff  Dameran  beeeichnete  man  also  in  froherer 
Zeit,  aU  das  Wort  noch  Appellativnm  war  —  das  war  es 
noch  zu  den  Zeiten  Holzw&schers  und  Hennebergers,  wie 
ihre  TTebersetzungen  zeigen  —  Wald,  Feld,  Heide  und  „Stein* 
klippen'*  (Kolberg).  Das  ist  doch  nnr  dann  möglich,  wenn 
Dameruw  Ga ttun gsbegritT,  die  andern  Bezeiebuungen  ArL- 
begriffe  sind.  Dann  ist  es  aber  falsch,  eine  einzelne  jen*:'r 
Beseiohnuugeu  tur  die  Arten  herauszugreifen  und  dieselbe  mit 


1)  Neumtirk.  J^ndb.  17;  Brandeab.  Laadb.  14B  (1S76). 

2)  Nuch  Heiiuebergcr  8  „Wälder,  so  allerley  Holt«  durcheinander 
haben.*^ 

8)  Hier  ist  also  damerow  dem  ..lant^'  entgegengesetzt.   Durch  die 
unten  zu  gebende  UebereetsUDg  des  Worte  hoffe  ich  diese  Stelle  aufzukläroi. 
4)  „Eine  Yenchreibung  über  Steindamerau  (etwa  Camiouken  zwischen 

Deyguhnen  und  Mnuer-Sei  ?)  höll  im  Jahre  IA'X>  von  dem  Pfleger  zu  Rapteti- 
burg  ausgest.  Ut  sein. "  v^V'eruer,  Poleographia  patriae,  Lyck  8;  Toppen, 
Gesell.  Masuruuä  Iii,  Kulberg  247  f.) 


Vun  Hugo  Bouk. 


63Ö 


dem  Ghittongsbegriff  zu  identtfiBÜren*    DieMii  Fehler  eoheint 

mir  aber  Neamann^)  und  mit  ihm  Nesselmami  gemacht  zu 
haben.  Die  von  Xeurnaiiu  heran gezoo^eiie  SivWc  von  dorn  Eichen- 
diebstabl  in  einer  morica,  vnlgariter  »iabrowa  Ijoweist  nicht.  <laB 
zu  einer  Damerau  Eichenstamme  not h wendig  gehören,  souderu 
nur,  daB  es  Dameraueu  mit  Eichen  giebt:  daneben  aber 
giebt  es,  wie  wir  sahen,  auch  Bameraoen  ohue  Eichen. 
Daraus  folgt,  daß  die  Eiohoi  kein  wesentliches,  sondern  nur 
ein  snfUliges  Moment  der  Damerau  sind,  die  UeberaetaEiing 
,,£iohenheide''  also  falsch  ist.  Ans  demselben  Gmnde  ist  aber 
aach  die  Ueberseteung  Heide  ausgeschlossen. 

Was  muß  also  der  Gattungsbegril t'  Damorau  bedeuten? 
Ich  glaube,  für  du.-  Umgriffe  Wald,  otfones  Terrain.  Ileido,  Stein- 
klippe giebt  es  nur  ein  gemeinsames  Merkmal,  dasselbe,  welches 
wir  bei  den  Wangen  fanden:  das  Unbebautsein.  Von  einer 
bebauten  Damerau  —  als  Appellativbegriff  gefaßt  —  ist  nirgends 
die  Bede.  Nun  wird  uns  auch  die  obige  Stelle  im  litt.  Wege- 
beiicht  26  klar  (S.  684):  der  Wald  ist  durch  gutes  unangebautes 
'Feld  von  dem  eigentlichen,  d.  h.  dem  angebauten  Lande 
getrennt. 

Daß  dem  Begriff  Damerau  in  d*»r  That  die  Beziohuup;  auf 
die  Anliaufähigkf^it  innegewohnt  haben  muß,  beweist  der  an  der 
oitirton  Stelle  und  auch  sonst  öfter  vorkommende  Ausdruck 
„gute  damerow.'* 

Eine  zweite  Stütze  dieser  Uebersetzung  ist  jene  Stelle  aus 
dem  Privilegium  der  Stadt  Mewe  von  1297,  die  schon  Neu- 
mann oitirt  hat:  „inculta  terra,  quae  damrow  dioitur**, 

eine  Stelle,  die  Neumann,  wie  mir  scheint,  zu  einseitig  nur  auf 
Eichenheideu  gedeutet  hat 


1)  Neumann  hat  tsine  Uebeieetstmg  „mit  Qnau8gewach«6nen  Eichen 

schlecht  bestandene  Heidefläche gftnz  Und  gar  ans  jener  einen  Stelle  im 

polnischen  Lamlrecht  aTtstrahii't  —  ans  der  sie  gar  nicht  mit  Noth- 
wendigkeit  folgt,  wie  wir  seliun  werden  —  die  von  Kulberp;  lierau 
gezogeneu  Stellen  aber  nicht  beachtet 


636 


Ortonameu  in  Altprefoflen. 


Demnach  dürfte  auch  DameraOf  wie  wangoB,  als  Appell»- 
tivnm  unprüngUoh  unbebaates  Land  oder  —  wieder  cmn  grano 
salis  —  „Wlldnlfls'*  bedeuten* 

2)  Aus  welcher  Sprache  atammt  das  Wort?  Znnfichst 

iät  die  deutsche  auBgeschlosseu : 

a)  'lnrcb  das  Verbreitungsgebiet  rlos  Nauieiis  über  weire 
slavisrlie  Länderst rocken,  wäbreud  er  ^ich  auf  deutscliem  Gebiet 
anssclilielilich  in  dem  Ostseegürte]  findet  und  in  der  slavieoken 
Form  nur  in  den  slaviifchen  Tlieilon  dns  Keicha; 

b)  durch  d^^n  T'^^mstand,  daß  sich  das  "Wort  im  Deutecken 
bis  in  die  gothiscbe  Zeit  hinauf  nicht  nachweiaen  Iftßt*^) 

Aber  auch  daa  AltpreuBieche  ist  auageaehloaeen  durch 
das  Verbreitungsgebiet  des  Namens  einerseits  und  durch  das 
gleichzeitige  Vorkommen  desselben  in  Pommern  andreraeits: 
Die  Ausfähmng  Kolbergs  über  den  Allerweltsstamm  Dnb  beweist 
im  besten  Fall  nur,  daß  dieser  .Stamm  auch  im  AltpreuiJischen 
hätte  vurgükoiinneii  sein  kömien,  aber  nicht,  daß  dixs  Wort 
Damerau  altprouüisich  ist.  Außer« lom  ist  es  Horb  undenkbar, 
daß  in  zwei  geographisch  und  sprachlich  so  getrennten  Gegenden 
wie  das  alte  Preußen  und  daa  alte  Pommern,  Brandenbarg  und 
Mecklenburg,  selbst  wenn  wir  ver8<  liifdene  Stämme  zugaben, 
diese  Stftmme  die  buchstäblich  übereinstimmende  Form  damerow 
entwickeln  konnten. 

Eine  polnische  Ableitung  ist  deswegen  unmöglich,  weil 
sich  im  13.  Jahrhundert  der  polnische  Einfluß  weder  über 
Pommern,  noch  ttber  Ostpreußen,  am  wenigsten  aber  Ober 
Brandenburg  und  Mecklenburg  erstreckt  hat.  Vielmehr  ist  der- 
selbe in  dem  Verbreitungsgebiet  der  Fcim  Damerow 
niemals  herrschend  gewesen,  wie  auüer  der  Geschichte  der 

1)  TfiUig  ans  der  Luft  gegriffen  ist  die  ErUämng  von  Bogge, 
A.  M.  XIV,  250  ans  dem  „gotliischen"  damor  als  einer  „Waldbezeichnung". 
Ein  Holohes  Wort  ist  al)<>r  nii  lit  nacbweisliar,  mul  Roixcje  weiß  seine  Be- 
hauptiini;  nur  durch  den  Hinweis  nut  (»ine  Stfllc  aus  (^eijers  Gesch. 
Scliweilens  1,  Ü7  zu  atuLzeu;  dort  »k'iiL  aber  weiter  uicht«,  al»  daß  mor  iu 

d«r  nalten  Sprache**  Wald  bedeute.  Daft  danit  damor  im  Qoth.  nkht 
nadigewieeen  ist,  bedarf  keines  Beweises* 


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Von  Hugo  Bonk. 


637 


Umstand  lehrt,  daß  sich  in  diesem  Gebiet  keine  polnischen 
Namen  finden.  Schließlich  läßt  sich  noch  geltend  machen,  daß 
für  Daraerau  die  Gnm<ll)odeutU2ig  Eichwald  des  poluischeu 
djtbrowa  ausgeschlossen  ist. 

Wo  haben  wir  also  die  Heiiuath  des  Worts  zu  suchen?  — 
Die  fast  buchstäbliche  Uebereinstimmnng  der  Formen  Dombrowa, 
Dambrove  und  Damerow  bei  sprachlich  so  ▼erschiedenen  Völkern 
wie  den  alten  Bewohnern  von  Polen,  Pommern,  Brandenburg, 
Meoklenbnrg  und  Altpreufien  weist  mit  Nothwendigkeit  auf 
einen  gemeinsamen  Einflufi  hin.  Dieser  ist  der  slayische. 
Benselben  fOr  Pommern  und  Brandenburg  nachweisen  ku  wollen, 
hieiJt»  Eulen  nach  Athen  tragen:  im  Cod.  Pom.  di})!.  zeigt  sich 
der  wendisf'lio  EinfiuC  auf  jeder  Seite.  So  ist  das  slavische 
Wort  iu  der  Hedeiuung  „Wildniü"  i  terra  inculta)  von  den 
Wenden  dunh  die  Deutschen  übernommen,  so  daß  es  im 
13.  Jahrhundert  als  Appellati vum  in  dem  wendischen  Nord- 
deutachland allgemein  gel&ufig  war.  Von  hier  —  nicht  von 
Polen  aus  —  kam  es  dann  mit  der  deutschen  Sprache  nach 
AltpreuBen. 

Auf  diese  Weise  beantwortet  sich  die  dritte  Frage  beinahe 
von  selbst: 

3.  Wie  erklärt  sich  das  massenhafte  Vorkommen 
der  Damerauoii  nml  Wangen  in  Altpreußou?  —  Als  die 
alten  Preußen  di'^  (Jotlien  unterwarfen,  fanden  sie  da«  Land 
noch  wenig  angebaut.  Sie  brauchten  also  oino  gemeinsame  Be- 
zeichnung alles  unangebauten  Landes  im  Gegensatz  zu  dem 
angebauten.  Diese  bildeten  sie  aus  dem  Gothischen  wang,  Feld, 
ftir  ihre  Sprache  heraus.  Als  dann  1000  Jahre  später  die 
Deutschen  in  das  Land  kamen,  und  dasselbe  von  Neuem 
cultivirten  —  sie  hatten  es  durch  den  68jfthrigen  Baubkrieg  zu 
einer  Wüste  gemacht  —  da  brauchten  auch  sie  ein  Wort  für 
terra  inculta,  und  da  sie  nicht  Sprachforscher  genug  waren  um 
das  iu  der  Sprache  längst  vei*schollene  Wang^)  in  dem  alt- 

1)  Kam  ."^chon  im  ahd.  nur  noch  in  holawanga  und  in  Eigennamen 
vor.   Vgl.  Sclxade  A.  W. 


638 


Ortsnamen  in  Altprenßen. 


prenlUsöhen  wangus  -wiedenofinden,^)  so  nahmen  sie  daftr  die 
ihnen  gelflnüge  slavisohe  Beseichnung  Damerati  —  wahrsoheinlieh 

mit  äbnliclier  Modificatiou  der  Bedeutung,  wio  wir  es  bei  wangus 
fanden.  Da  nun  iet?:t  sowohl,  als  vor  iüOO  Jahren,  sehr  viele 
Dörfer  in  der  Wüduiß  angelegt  werden  muBten,  so  ist  das 
massenhafte  Vorkommen  der  beiden  Namen  leicht  zu  erklärdiL^y 


1)  Damit  wi^lerlegt  sich  KolbergB  Einwand  gegtn  die  EinfUitiDig 
dea  Wort«  dorch  die  BautaoheBi. 

2)  Zwei  Fragen  wäre  ri  zur  lUnsfcmtioo  imd,  wie  ich  ^abe,  tarn 
weiteren  Beweis  dif^ser  Ausführungen  noch  von  Intorossc: 

1.  KnintiK'ii  die  polnisch* n  Formen  als  Eigennamen  ebenikllä  zur 
Bezeichnung  von  Wäldern,  Wiet*ön  Plätzen  u.  s.  w.  vor? 

2.  In  welcher  Weise  sind  die  Wang-Namen  über  die  außerdeatacb«n 
germaiiiMhen  Länder  verbreitet? 

Die  Beentwortnng  dieser  interessante  Fragen  moft  ich  mit  fitr 
tpitere  Zeit  vorbehaltMi. 


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* 


Nachtrag  zu  dem  Aufsatze 

GeiKshiclite  der  Befestigunseii  KSnigsbergs^^ 

(Altpranflisehe  Honatssohrift  XXVII,  886.) 

Von 

C  Becl&liemi. 

(Mit  einer  Planskine») 


Der  Absohnitt  der  Bastionärbefestigtmg  auf  der  großen 
Insel  zwisclien  den  beiden  Pregelarznen  (vergl.  S.  459,  im  Sep,- 
Abdmck  S.  76)  konnte  wegen  su  anklarer  Darstellung  in  der 
zaverUaaigsten  Quelle,  der  ^geograplusohen  Beise  von  Job. 
Gottfr.  Kalau**  v.  J.  1723,  nicht  besobrieben  werden;  dieses  noch 
nachträglicli  zu  thun,  ist  der  Verfasser  in  die  Lage  versetzt 
durch  einen  ihm  vorliogeuden  seltenen  Plan  von  Kouigsberg 
im  Maßstäbe  von  1  :  800().*)  Er  n^eluh  t  zu  der.  mit  Benntzun^^ 
einer  von  dem  jüngeren  Suchodoletz  1732  gezeichneten,  von  der 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  i.  J.  1763  heraus- 
gogebenen  Kaito  unter  dorn  Titel  REG X CM  BOKÜSSL^E, 
EPISGOPATUä  WABMIENSIS,  PALATINATUS  MABIAE- 
BTXBGEKSIS  ET  CÜLMENSIS  CÜM  TEBBITOBIO  DAN« 
TISOANO  ET  ICHNOGRAPHIA  UBBI8  BEGI0M0NTI8 


*)  Durch  fierm  Direetor  Dr.  Babacke  mir  gtttaget  anr  Benntaiing 

fiberlasscn. 

Aut  diesem  Plane  ist  die  figeutüclie  Stadt,  welche  viel  Ungfiiaues 
und  manches  Unrichtige  aufweist,  offenbar  von  einem  älteren  Plane  ahge- 
seiclmet  worden,  nnd  vom  Autor  eind  nur  die  Festungswerke  nadi  neueren 
Quellen  oder  eigenen  An&ahmen  hinaugefiigt.  Diese  sind  ganz  richtig  ge- 
zeichnet, denn  sie  atinamen  mit  Kalan's  Beiclireibnng  und  dem  vortrefflichen 
Miiller'schen  Plane  überein.  Eine  Ausnahme  maclit  die  Citailelle.  welche 
auf  ilem  in  Rede  stehenden  Plane  reicher  mit  Werken  ausgestattet  ist  als 
auf  dem  von  Müder.    Auch  im  Gegensätze  zu  den  anderen  Tlieilen  der 


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640   Nachtrag  z.  d.  Auisatze  „Geschichte  der  Befestigungen  Königsbergs'^. 

Auf  diesem  Plane  ist  der  gedachte  BefeBtiguDgs&beclmitt 
gesseiclmet,  ttnd  zwar  richtig,  denn  er  stimmt  mit  des  gut  nnteP' 

richteten  Kalau's  Beschreibung,  welche  durch  ihn  auch  ver- 
ständlich wird,  üliert'in.  Es  lap:  nahe,  anzunehmen,  daJJ  dieser 
Abschnitt  oinc  flirecte  Verl:»iiuhmg  der  lioiden  an  den  nordlich-^u 
luid  den  südlichen  Pregelarm  anschließenden  Werke  der  Euge- 
liörigen  Bofestigungsabschnitte  auf  dem  kürzesten  Wege  gebildet 
haben  müßte,  wie  eine  solclie  auch  auf  dem  Plane  bei  Pofen- 
dorf  dargestellt  ist;  das  ist  jedooh  nicht  der  Fall  gewesen,  denn 
die  Werke  dieses  in  eigenthümlicher  Weise  traoirten  Abschnittes 
bildeten  einen  einspringenden  rechten  Winkel,  dessen  nngefthr 
gleich  lange  Schenkel  einerseits  160  Buthen  unterhalb  des 
Anschlußbastions  des  nordöstiiiohen  Abschnittes,  andererseits 
60  Ruthen  unterhalb  des  Anschlußbastions  des  südlichen  Ab- 
schnittes sich  an  die  betreffenden  Progclnrme  anschlössen  und 
engo  an  die  altstadtisclK.'n  Ilolzgärton.  die  Plantage,  die  Lomse 
und  den  Weidendamm  anschmiegten.  Der  Abschnitt  bestand 
ans  drei  gesonderten  l'heilen,  dessen  nördlicher  am  Pregel  an 
dem  angegebenen  Punkte  mit  einer  langen  in  westsüdwestlicher 
Bichtang  laufenden  Oonrtine  begann,  an  welche  sich  bei  den 
ftüBersten  Hftnsem  der  jetzigen  Plantage,  diese  mniaaaend,  ein 
Bastion  anschloß.  Dann  setzte  sich  die  Oonrtine  bis  zum  süd- 
lichen Ausgange  der  Vorderen  Lomse  fort,  nachdem  sie  durch 
Brechung  der  geraden  Linie  in  ihrer  Mitte  eine  Flanke  gebildet 
hatte.  Der  weiter  bis  zum  Pregel  fortgeführte  Graben  schied 
diesen  Theil  von  dem  zw 'iien.  Dieser  sieb  nugefähr  im  recliten 
Winkel  an  den  erwähnten  Graben  ansetzend,  war  einem.  Hom- 
werke  ähnlich.    Bein  nördliches  Halbbastion,  dem  der  linke 

Bf'ff.sligtirii;  ist  rliV-  fitadelle  in  der  Darstellung  Ijcvorzugt,  namentHch  ist 
der  gtjdeokte  Weg  mit  dorn  Glacis  hier  ausgeführt,  während  er  sonst  überall 
fortgelassen  ist  Die  Citadelle  war  ee  hauptsächlich,  welcher  die  Russen 
während  d«r  Occapation  von  1766  bis  17G2  ihre  Sorg&It  snwendeten,  indem 
sie  den  Haaptwall  Teistftrkten  und  nene  Aoßenwerke  anlegten.  Dieser 
Umstand  leg^  die  Vermuthung  nahe,  daß  die  Fertuogswarke  dieses  Plaues 
rifich  einem  se^r  puP'  ii,  von  den  Rnsst-n  nufi^enonunenen  gezeichnet  worden 
seien,  welchen  (Uese  bei  ihrem  Abzage  dem  Magistrat  schenkten. 


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Von  C.  Beckhenm. 


641 


Flflgel  fehlte,  hatte  einen  sehr  stumpfen  ausspringenden  Winkel 
Der  dem  rechten  Flügel  entlang  geführte  Graben,  welcher  wohl 

ebenfalls  den  Pregel  erreicht  liat,  trennte  diesen  Theil  wieder 
von  flem  dritten.  Dieser  bestand  zunächst  aus  einem  kurzen 
den  eben  rredachten  (iral)en  begleitenden  und  die  Spitze  des 
gegenüberliegenden  Halbbastious  des  Horuwerkes  nicht  erreichen- 
den "Wallstücke,  an  das  sich  im  reeliten  Winkel  eine  Gourtine 
anschloü.  Biese  ging  in  ein  Halbbastion  über,  welche«  mit 
seiner  Spitze  nngefthr  16  Rathen  Östlich  der  hohen  Brücke  den 
Pregel  berührte.  Der  Lauf  des  Grabens  dieser  schon  vor  1809 
eingegangenen  Befestigung  lä0t  sich  noch  ziemlich  genan  an 
einigen  schmalen  Grftben  verfolgen,  welche  noch  jetzt  als  einziger 
Ueberrest  der  ehemaligen  Werk»'  liint^r  den  Gebäuden  des 
Weidendamnies  und  der  Plantage  vuniberzielien. 

Die  Citadello  betrettend  ist  noch  anzulühren,  daß  auf  dem 
besprochenen  Plane  nicht  nur  das  nordöstliche  sondern  auch 
das  südwestliche  Bastion  mit  einem  Kavalier  versehen  und  nicht 
allein  das  Thor  durch  ein  Bavelin  gedeckt  ist,  sondern  solche 
AnOenwerke  sich  auch  vor  der  Süd-  und  Ostfront  befinden.*) 
Auch  der  gedeckte  Weg,  ziemlich  breit  und  mit  Waffenplfttsen 
ausgestattet,  den  Kalan  nicht  erwähnt,  ist  hier  gesseichnet,  femer 
eine  Poterne  in  der  am  Pregel  gelegeneu  Court  ine,  welche  nach 
Kalau's  confuser  Beschreibung  nur  vermuthet  werden  konnte. 


*)  Daß  letztere  beide  Baveline  von  rlen  "Russen  angele-;!  worden, 
deiit*^*-  nnrh  Job.  Geo.  Bock,  Wer  Vertasser  einen  wftlirend  der  russischen 
Occnpation  getuhrten  Tagebuches  an.    (Vrgl.  N.  Pr.  Prov.  Bl.  3.  F.  I,  212.) 


Altpr.  MoutaMlitilt  Bd.  XXVII.  Ha  7  n.  & 


41 


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Handwerks  -  Ansprachen. 

Von 

A«  Trelcli«!. 


Dnrcli  ümfroge  bei  den  auf  dein  Lande  am  meisten  tct' 
kommenden  Beprftsentanten  der  verscbiedenen  Handwerke  aber 
ihr  Wesen  und  Gebaliren  während  ihrer  Wandenseit  habe  ich 

eine  gröi3ere  Anzahl  ihrer  Gebräuche  bei  den  sogenannten 
Aiisju arlieii  mir  auigeschrieben  und  gebe  ich  dieselben  in  loser 
I{i'ili»'ii1ol<T;..  nachstehend  wieder,  da  mir  deren  Fixiruiig  im 
Interesse  des  Volkloro  von  Wichtigkeit  erscheint.  Ich  ^reiß 
nicht,  ob  in  dieser  Hinsicht  schon  anderweitig  gleiche  Satnraliing^en 
bestehen,  und  vermag  in  Folge  dessen  anch  diirch  verhinderte 
Einsicht  darin  nicht  zu  unterscheiden,  welcherlei,  besondere 
Eigenthümlichkeiten  gerade  für  die  Provinz  Preaßen  gütig 
sein  möchten. 

Müller.  Beim  Einwandern  (Mühle,  Stube)  sagt  der  Geselle: 

(Guten  Tag!)  GHück  an!  —  Der  Meister  (zum  Theil  unter  Hand- 
reichung): Willkomm,  Gesellschaft!  —  Der  Geselle:  Xäolist^n  Gruß 
von  Meister  und  ♦^seilen!  —  Der  Meister:  Wo  zulet;^t  <^i';irb.  itet ? 
Was  für  Landsmann?  Wohin  des  Willens?  Daun  die  gewöhn- 
liche l'nterhaltung. 

Der  Geselle  crRclioint  in  der  Mühle  mit  zugeknöpftem 
Bocke,  den  Stock  in  der  Hand  (oder  zum  Kttnzel),  legt  sein 
Bftnzel  unter  die  Treppe  und  bleibt  dabei  stehen,  bis  er  begrüBt 
und  ihm  Weiteres  erlaubt  wird. 

Ein  Geselle  in  der  Mühle  begrüßt  den  Fremden  mit: 
Willkomm,  Bruder!  Der  Geselle  antwortet:  Nächsten  Gruß  von 
Meister  und  Gesellen!  —  In  der  Herborge  nimmt  der  Vater  sein 
lüiuzel  in  Verwahrung.  —  Die  Müller  haben  Gesellen-  (5  Pf.)  un»i 


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Ton  A.  TreichoL 


643 


Meister-  (10  Pf.)  Geschenk.    Es  wird  gegeben  nach  Schhiß  der 
Unterhaltnnpf.  da  dor  Geselle  sagt:  Mit  Gunst  und  Erlauhniß! 

ri.'.sell  n  auf  der  Wandersr-lmft  erkcnueu  sich  ge<]:;ens<Mt  ig 
und  begrülien  sieh  durch:  "Willkomm,  Gesellschaft!  Zum  Ab- 
schiede sagen  sie:  Ade,  Meister!  Ade,  Brüder!  —  In  der  Mühle 
wird  der  Geselle  mit  Du  angeredet. 

Ihr  Wappen  sind  ein  Paar  LOwen,  die  ein  Kammrad  halten, 
worin  ein  Winkeleisen  und  ein  Zirkel  (wegen  der  Holzarbeiten, 
die  sie  verstehen  müssen)* 

Verwandt  sind  sie  mit  den  Bftckem,  mit  denen  sie  sich 
auch  f^egenseitig  Sohwap:©r  nennen. 

Im  8i  herze  wurde  luir  aiit  meine  Frage  na*jh  der  Ver- 
w^andtsehafr  n;osagt:  Am  meisten  mit  den  Spitzbuben! 

Nach  einer  anderen  Aussaf^e  lioißt  es  fthnlich:  Der  Müller 
geht,  wenn  er  das  Handwerk  anspricht,  mit  zugeknöpftem  Bocke 
(er  darf  nicht  mit  offenem  Rocke  wandern  und  erkennt  sich 
daran!)  auf  die  Mühle  los,  steckt  seinen  Wanderstock  durch  die 
Stnfen  der  Treppe,  stellt  sich  vier  Schritte  davon  auf,  legt  die 
linke  Hand  an  den  Hnt,  während  die  ßechte  anm  Geben  der 
Hand  oder  zum  Nehmen  der  Gabe  bereit  gehalten  wird  und 
bietet:  Guten  Tug!  Der  erste  Anspruch  eines  solchen  Beisenden 
wird  für  glückbringend  angesehen.  Kommt  der  Meister  hervor, 
so  sagt  er:  Willkomiut  n,  raeine  ( iescllschaft !  Beim  Müller  hat 
der  Meister  das  KuchL,  den  Gesollün  mit  Du  anzuieden.  Dw 
reisende  Geselle  antwortet:  Danke!  Schönen  Gruß  vom  nächsten 
Meister  und  Gesellen!  Die  Müller  haben  ein  Geschenk  nach 
ihren  Statuten.  Dies  erfolgt  jetzt  und  beträgt  meist  10  Pf. 
oder  je  nach  der  Kleidung  („Kluft")  bei  einem  Laps  die  H&lfte, 
bei  guter  Kluft,  sowie  zumeist  beim  Wassermüller,  der  sich  im 
Allgemeinen  für  besser  hält,  aber  26  Pf. 

Kommt  aber  der  Geselle  heraus,  so  erwidert  er:  Will' 
kommen,  Bruder!  und  giebt  das  Gesellengesehonk.  In  ganz 
rrroße  Mühlen  wird  kein  reisender  Geselle  hineingelassen.  Aut 
der  Wanderschaft,  wenn  der  JJoi  k  nicht  <^Mn/.  zugeknöpft  ist, 
vei'gewisaert  mau  sich  beim  gegeuseitigeu  Treffen   mit  der 

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644 


Handwerks- Ansprachen. 


Frage:  Hnischfltz?  und  der  betreffenden  Antwort:  MüUerachfitB! 
(wenn  Windmüller)  oder  Elapperschütz!  (wenn  WassermüDer). 

In  der  Kheinprovinz  soll  auch  beim  Müller  ein  längerer 
Spruch  in  Gehrandi  sein. 

MüUerssulin  kann  lieini  Gewi-rke  trei<^esproch©n  werden. 

Maurer  und  ^lullor  haben  ihr  Gewerk  zusammen,  wunder- 
barer Weise,  da  ihre  Handtierung  so  überaus  grundversobiedeo. 

Bäoker.  Ancb  der  Bäcker  wandert,  indem  er  seinfiB 
Bock  entweder  ganz  öder  nur  drei  EnOpfe  davon  zugeknöpft 
bält.  Bei  sflnfkiger  Einwanderung  legt  der  G^eeelle  sein  Pack 
neben  dem  Enüppel  bin>  Beim  Eintritt  in  die  Werkstnbe  bietet 
er  die  Tageszeit:  Guten  Tag,  ein  fremder  Bäcker  spricht  dem 
Meister  zu!    Sonst  ist's  fast  ähnlich,  wie  beim  Müller. 

In  der  giuÜeron  Stadt  geht  dor  reisende  Geselle  zum  Aii- 
meister.  läßt  seine  Pajiierr«  dort  und  empfangt,  dafür  einen 
eisernen  Kringel,  mit  welehem  or  bei  den  anderen  Meistern 
zum  Empfange  dos  Geaohenkes  umhergeht  und  den  er  beim 
Verlassen  der  Sta  lt  gegen  seine  Papiere  wiederum  beim  Alt- 
meister tauschweise  abgiebt.  Selbstverstftndüoh  muß  dieser  von 
solchen  Beglaubigungszeichen  mehrere  bei  der  Hand  haben. 
Der  Gruß  ist  also:  A.  HuiBohfltB?  B.  LOwenschfitc.  Diese 
Antwort  bezieht  sich  auf  ihr  Wappen,  worin  ein  Paar  Löwen. 

Zimmerleute.  Kommt  der  QeseUe  auf  einen  Bau  und 
spricht  or  da^  Handwerk  au.  so  darf  er  keinen  Stock  mit  sieb 
führen.  Er  tritt  zu  dein  ältesten  (^esclb'u  mit  den  Worten: 
„Mit  (iuust  und  Erlaubniß,  ein  fremder  Zimmermann!'^  "Wie 
er  will,  bokommt  er  Geschenk  oder  Arbeit.  Ist  keine  Arbeit 
da,  so  schickt  er  ihn  zum  Meister,  wenn  der  Fremde  nicht 
sogleich  zu  diesem  ging.  In  StAdten  muß  er  zum  Meister  gehen, 
um  das  Meiiitergesohenk  (60  Pf.)  zu  bekommen.  Wo  richtige 
Zunft  ist  (Holstein,  Mecklenburg),  geht  er  zum  Altmeister,  der 
die  Auslagen  aufschreibt  und  in  der  Heistersprache  vertheilt. 
Wo  keine  Zunft  ist,  geht  er  zu  jedem  Meister,  kommt  also 
brssor  Nv«\g.  Nach  dem  Spruche  beschenkt  Um  der  Meister  oder 
giebi  ihm  Arbeit.    Des  Abends  wiedenim  schenken  ihn  die 


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Vou  A.  Treich<3l. 


Gesellen  anf  der  HerKerge  aus.    In  Städten,  wo  Verband  isit, 

midJ  der  Altgeselle  deshalb  zwei  Male  wöelieiitlicli  auf  die 
Herbr-iw-  koinineii.  Er  Unit  es  oliuehiu  öfters.  Niiliui  der 
¥reu]de  hier  aber  ein  Geschenk,  so  tlarf  er  dann  nicht  auf 
den  Bau  kommen. 

Treffen  sieh  zwei  Zimmergesellen  auf  der  Wanderschaft, 
so  begrüfien  sie  sich  mit  Guten  Morgen.  Sie  kennen  sich  ein- 
ander an  der  Tracht.  In  die  Herberge  kann  er  mit  dem  Stocke 
kommen.  Aber  er  muß  sonst  richtig  einwandern,  d.  h.  er 
maß  den  Berliner  (Beisebündel)  auf  der  linken  Schulter  tragen, 
aber  lose  und  nicht  mit  durchgestecktem  Arme.  So  ist's  in 
Stiitlteu  mit  Zunft  (ganz  Holstein,  Haiiibuii,^  ]jremen,  Lübeck, 
Cüstrin).  Sonst  klopft  er  dri'i  Mal«--  au  die  Tliüre  uud  kommt 
rein  mit  den  "Worten:  Mit  Guu&t,  ein  fremder  Zimmermann! 
Er  muß  die  obersten  drei  Knöpfe  zugeknöpft  haben  und  darf 
keine  Pfeife  oder  Gigarre  rauchen.  £r  setzt  sich  an  den  Tisch, 
wo  die  Krone  des  Gewerks  hängt,  angethan  mit  den  hängenden 
BOndem  der  freigesprochenen  Junggesellen.  Dort  muB  er  sitzen, 
wenn  die  Gesellen  von  der  Arbeit  kommen.  Nach  dem  Sprache 
folgen  die  Fragtai,  wo  er  zuletzt  gearbeitet  und  ob  er  einen 
Schein  hat?  d.  h.  eine  Karte,  von  vei^schiedener  Farbe,  welche 
bestätigt,  da/j  er.  wo  er  zuletzt  in  Arbeit  stand,  in's  Gewtuk- 
buch  eingeschnebeu  ist,  auch  richtig  seine  Verbindlichkeiten 
erfüllt,  namentlich  aber  die  Krankonkiisse  bezaldt  hat.  Diese 
Karte  gilt  nur  für  6  Monate  und  ist  für  die  Winterszeit  berechnet. 
Nach  6  Monaten  aber  soll  man  schon  wieder  arbeiten.  Hat  er 
solche  Karte,  so  bringen  ihn  beim  Auswandern  sämmtliche  Mit- 
gesellen bis  vor's  Thor.  Dann  schenken  ihn  die  Gesellen  auch 
aus.  Solch  Institut  besteht  aber  nicht  überall,  z.  B.  nicht  in 
Preuß.  Stargard.  Wo  aber  nicht,  muß  jetzt  dennoch  zur  Kraukeu- 
kasse  entrichtet  werden. 

Autlage  ist  all''  vier  Woclien  (jeden  Sonntag  nach  dem 
Ersten),  wo  das  Krankengeld  ('in2:«zogen  wird.  Verbandka:5aeu 
giebt  es  überall.  Doch  ist  das  Gework  mit  niemanden  verwandt. 
Es  ist  also  ein  Gewerk  mit  Geschenk. 


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Handwerks-Asupracben. 


Die  Krono  in  der  Herberge  ist  bei  jedem  Gewerk  das 
Wappen.  Nur  die  Weber  baben  eine  wiridiohe  Krone  im 
Wappen.    Das  Wappen  der  Zimmerlente  ist  eine  Ziebsftjce 

ganz  unten,  oiu  lireitbeil  und  eine  Axt  kreuzweise  darüber, 
wüz wischen  ein  Winkeleisen  steckt.  Aolinlich  hängt  es  auch 
vor  der  H**rherge  am  Arme. 

Die  Zimmorleute  binden  durch  Vorhalten  der  Schnor  nebst 
Spruch. 

Die  Maurer  banden  früher  dnroh  Vorhalten  des  Lothes, 
jetzt  aber  der  Waaserwage.  Uire  Bindesprttche  vergl.  Treichd 
in  dieser  Monatesohr.  Bd.  XXVI.  S.  332  n.  S.  608. 

Nioht  ttberall  bekannt  ist  das  Mitnehmen  der  Bftnder  der 
Biohtkrone  auf  die  Wanderschaft  durch  die  Zimmergesellen, 
indem  sie  davon  Glück  erlioffen. 

Auch  nach  Fi  ischbier  Pr.  W.  P>.  T.  271.  haben  die  wandernden 
Gesellen  eines  gescli«nkten  Haiidwürks  (Mtillor.  Schmied, 
Fleischer)  das  Recht,  von  den  Meistern  ihres  Gewerbes  ein  be- 
stimmtes Keisegold,  zur  Zeit  einer  Mahlzeit  diese  selbst  und 
Abends  noch  ein  Nachtlager  zu  fordern.  Frischbier  führt  in 
Spr.  W.  nnd  B.  A.  I.  1.  für  die  Gegend  um  Zinten  die  Bedens- 
art  an:  das  Hntm  ach erges  oben  k  kriegen,  d.  h.  Prägel  be- 
kommen, wobei  der  Hut  eingetrieben  wird.  Es  muß  fin^ch 
erscheinen,  was  darunter  gedacht  wird,  ob  die  Hutmacher  sich 
in  der  That  so  begrüßen  oder  ob  das  Eintreiben  des  Hutes  an 
und  für  sich  als  ein  Gescheuk  t  ur  den  llutmacher  zu  denken  sei. 

Sattler.  Bei  ihnen  ist  G  «'.•schenk:  es  muß  also  dem 
reisenden  Gesellen,  selbst  vuni  (lest  llen.  wenigstens  10  Ft.,  ge- 
geben werden.  Der  Geselle  kommt  und  spricht:  Gruß  wegen's 
Handwerk!  Der  Moisfor:  Sind  Sie  Sattler?  Geselle:  Ja,  ich 
visir'  mich!  und  zeigt  das  Arbeitsbuch. 

In  der  Herberge  setzt  er  sich  unter  sein  Wappen  (Sattel) 
oder  an  den  Tisch,  wo  dieses  hängt,  wenn  mehrere  Gewerke 
im  selben  Zimmer. 

Vom  Schuhmacher  ist  nicht  viel  zu  vermelden.  Da  nur 
die  Gewerke  mit  Geschenk  ihre  Sprüche  und  Formalitäten  haben. 


Vou  A.  Treichel. 


647 


Der  Scbnhmacher  neimt  sich  also  nur  den  ^Collegen  mit".  Sein 
Gewcrk  hat  er  meist  rait  d^-m  Sattler  zusiumncu. 

"Während  die  AViilirzeicheu  meist  nur  in  dem  Zeichen  be- 
stehen, welche  das  betrelieude  Handwerk  hauptsächlich  in  An- 
wendung hat,  ist  es  bei  wenigen  Gewerken  anders.  Schon  beim 
Bäcker  sahen  wir  den  Löwen.  Der  Sohoster  hat  einen  doppelten 
Adler,  der  allerdings  schon  ans  ftltorer  Zeit  her  entstammen 
umBj  als  ans  der  des  Alten  Fritz,  wie  mein  Beferent  meinte, 
der  ibn  flberdieß  mit  Kapoleon  gleichzeitig  machte.  Die  Schnster 
sollen  durch  ihr  Hervorthnn  Krieg  oder  (besser)  Sohlaoht  ge- 
wonnen gemacht  haben. 

Auch  der  Scliueider  ist  ohne  Geschenk. 

Üeim  Fleischer  heißt's:  Ein  fremder  Schlachter  spricht 
den  Meister  an.  Das  Schwein  hat  Finnen,  es  muß  begossen 
werden I  sagt  der  Rchliichter,  wenn  er  geschlachtet  hat. 

Tischler,  Böttcher  und  Itademacher  haben  ihr  Gtowerk 
zusammen,  wie  natflriicb,  da*  sie  „anf  Holz  arbeiten'*. 

Bei  den  Böttchern  klopft  der  Geselle  drei  Male  von 
anBen  an  die  Thüre,  nimmt  den  Hat  ab  nnd  tritt  ein,  den  Bock 
bis  zum  obersten  Knopfe  zugeknöpft,  das  Känzel  auf  der  linken 
Schulter,  stellt  sich  zur  linken  Seite  der  Thüre  und  spricht: 
,,Gott  grüße  das  Haudwerk,  ^feister  und  (TPs^Uen!"  Nach  em- 
pfangener Begrüßung  kann  er  sich  wieder  bedecken,  auf  Ein- 
ladung auch  niedersetzen  und  bekommt  eine  Flasche  Bier  und 
ein  Geldgeschenk,  letzteres  aber  nicht,  wenn  er  um  Arbeit  an- 
spricht. 

Der  Tischler,  wenn  Geselle,  begrüßt  sich  auf  der  Her- 
berge, indem  er  mit  dem  Ellenbogen  der  rechten  Hand  hervor- 
fthrt  nnd  mit  Gelenk  nnd  Faust  auf  den  Tisch  schlägt. 

Bei  den  Töpfern  tritt  der  Geselle  nach  Anklopfen  zum 
Meister  in  die  Stube.  Sein  Gruß  ist:  „Ich  soll  grüßen  von 
Meister  und  Gesellen  aus  x."  lledet  ihn  der  Meister  mit  Du 
an,  so  hat  der  Geselle  dasselbe  Kecht.  Die  Anrede  unter  sich 
heißt  „Vetter".  Das  Geschenk  von  3Ioister  oder  Gesellen  ist 
10  Pf.   Selten  haben  sie  eigene  Herberge,  aber  stets  eigenen 


648 


llaudwerkä-Auspraclieu. 


Tiflch  in  der  Herberge.  Ihr  Wappen,  das  anoh  darüber  hftngt, 
ist  die  Drehscheibe.   Er  nimmt  dort  den  Hat  in  die  linke  Hand 

imd  klopft  einmal  auf  den  Tisch.  Aut  die  Frage:  Frein  Ur 
Töpfer?  komiiit  alsdann  die  i\ut\vort:  Fremder  Töpfer.  Suust 
fulirt  er  tür  sich  auch  die  stolze  Hezeichnung:  Kunst-  und  Ele- 
monten-DrechsIer.    Donnoch  ist  er  mit  diesem  nicht  verwandt. 

Beim  Meister.  Geselle:  Schonen  Gruß  von  Meister  und 
Gesellen.  Meister:  Sollst  bedankt  sein;  sete'  dich.  Geselle: 
Dankt  für  das  GeBokenk.  Meister:  Hast  nicht  za  danken,  moBt 
mit  'ner  Wenigkeit  vorlieb  nehmen. 

In  der  Werk  st  übe.  Geselle:  Schdnen  GmB  von  Meister 
und  Gesellen!  Meister  und  Gesellen:  Sollst  bedankt  sein  wegen 
des  Handwerks. 

Xu  der  Herberge.  Der  Geselle  setzt  sich  unter'n  Schild, 
steht  nnf.  wenn  ein  Arbeitsgeselle!  herein  oder  ein  schon  da- 
sitzendi  r  Geselle  auf  ihn  zukommt,  drei  Male  nnf  den  Tisch 
kloptt  und  fragt:  Fremder  Töpfer?  und  antwortet;  Hui  Töpferi 
S  Mi  lien  Gruß  von  Meister  und  Gesellen!  Der  Ansprechende  er- 
widert: Sollst  bedankt  seinl  Setz'  dir,  Vetter!  nnd  spendirt 
eine  Flasche  Bier  nnd  ein  halbes  Quartier  Schnaps. 

Wenn  Auflage  ist,  muß  der  fremde  Geselle  nochmals 
„zugereist**  kommen,  d.  h.  hinausgehen,  anklopfen,  um  Einlafl 
bitten,  knrz,  so  thun,  als  wenn  er  soeben  angekommen  ist.  Das 
Ergebnib  isL  die  erneute  Hergäbe  von  Bier  u.  s.  w.  Tn  ^Ani  ürds- 
bruniien"  VL  7.,  S.  24  ist  erwähnt,  wie  ••hedt^ni  ,im  SoUinger 
Waide)  ein  Töpferlehrling  zum  Gesellen  goinacht  wurde. 

Schornsteinfei^er.  Wahraeichen  der  Herberge:  Leine  in 
Ringform,  Besen  durchgezogen,  Kratzeisen  darüber  gelegt. 
(Danzig  aufm  SchOsseldamm.)  Ebenso  der  Schild  in  Mitten 
der  Herberge. 

Der  zugereiste  Geselle  mufi  sieb  auf  den  Stuhl  unter  den 
Schild  setzen;  kommt  nun  der  Arbeits-Geselle  hinein  und  siekt 
ihn,  so  fragt  er  sogleich:  Ein  Pfund  (Quartder  Schnaps)  oder  ein 

groß  Glas  Bier  (Weißbier)? 

Der  Schornsteinfegor-Gesülle  muÜ  iuimer  den  Hut  aut  haben 


VüU  A.  Treichel. 


649 


und  auch  aufbehalten,  wenn  er  das  Handwerk  anspricht,  was 
im  Zunttwesen  nur  bei  richtigen  Papieren  riskiit  werden  kann. 
Auch  muß  er  mit  drei  Fingoru  an  den  Hut  gel«3gt  gerade  stehen 
vor  angesprochenem  Meister  oder  Mitgesellen. 

Ansprache  beim  Meistor,  nachdem  er  angeklopft  hat  und 
hineingetzeten  i«t: 

Geselle:  Verseh's  mir,  bin  ich  hier  recht  heim  Schorn- 
steinfegeimeister? 

Meister:  Verseh's  mir. 

Geselle:  Ein  Fremder. 

Meister:  Was  Landsmann?  Geselle:  So  und  so. 
MeiBter:  Wo  zuletzt  gearl)ei<,ety 

Geselle:  Da  und  da.  Ich  sollte  grüßen  von  Meister  und  Gesellen. 
Meistor:  In  der  Zunft,  wenn  Du  umkehrst,  dann  erwidere 
dasselbe. 

Geselle:  Ob's  nicht  gestattet  ist,  sbu  den  Gesellen  runter 
za  gehen? 

Meistor:  Ja  wohl! 

Worauf  (!er  Meister  das  Übliche  Geschenk  (50  Pf.)  über- 

giebt.  Ist'8  iii  einer  großen  Stadt,  so  wird  der  Geselle  noc  h 
,  zum  Obermeister  geschit  kt,  wo's  Marken  giebt,  das  11  au p t- 
geschenk,  wofür  man  zum  Meister  gehen  kann  oder  bei  der 
Zunft  auf  die  HerbergCf  wo's  Nachtquartier  giebt  und  auf  zwei 
Tage  freies  £ssen. 

Ansprache  beim  Mitgesellen,  den  man  triiit: 
Geselle:  Hui,  Schornsteinfeger? 

Meister,  Geselle:  Hui,  Schornsteinfeger.  Meister  oder  Geselle? 
Geselle:  Geselle,  ein  Fremder. 

Weiter  geht's  ähnlich,  wie  oben. 

Aberglauben:  Wenn  dem  reisenden  Gesellen  vor  der  Stadt 
der  Stock  aus  der  Pfand  fällt,  so  flieht's  Arbeit.  Aelmlich  heißi's 
vom  Juden,  er  darf  nicht  weiter  essen,  wenn  ihm  bei  Tische 
Gabel  oder  Messer  aus  der  Hand  tUllt.  Aehnlich  ferner  beim 
ländlichen  Arbeiter,  er  habe  das  Mittag  (Abendbrod)  verspielt, 
wenn  ihm  die  Forke  oder  Harke  aus  der  Hand  f^t. 


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650 


Haad  werkb-A  lieipracheu. 


Den  in  Form  und  Inhalt  ziemlich  fthnlichen  Loh-  und 
Bothgerber-Gesellensprnch  (ans  der  Zeit  des  Zanfitzwangeä) 

iii  PreiLÜen  hat  Gust..  Liek  mitgotheilt  in  Altjir.  M.-ScLr. 
Bd.  XVII.  S.  479 — 80.  in  welchem  selben  Bande  auch  Eiiiig-'s 
(S.  74  ff.)  von  den  Zünften  der  König.sbt;r|^^Lr  Junker  und 
Bürger  im  Kneiphof,  besonders  ihr  Lebt  n  in  Hof  und  Garten 
und  ihre  Morgenspraclie,  nach  den  Protokollen  der  letzteren 
durch  H.  f  lischbier  bearbeitet  ist.  Ueberoll  gilt  als  VorstoB: 
„Ich  sage  mit  Qnnst:  Bruder.  ,  Die  Thflre  muB  zu  und  die 
Lade  geöffiiet  sein.  A.  Die  Lade  ist  geöfihet  (geschlossen). 
B.  Wir  haben  es  gesehen.  Unter  den  markanteren  Fragen 
kommen  vor:  Was  bist  Du  fiAr  ein  Landsmann?  Bist  Du  Meisten 
Bohn  oder  ein  Gelernter?  Wie  lange  lernt  bei  Dir  ein  Bruder? 
Wird  da  Hiioli  nach  Handwerksgebrauch  gehandelt?  Wieviel 
haben  Dich  zum  Gesell  gemacht?  Wie  heißen  die  (drei)?  (Alt- 
gesell, Compan  und  Junggesell).  Was  haben  Dir  Meister  (Alt- 
gesell) auf  den  Weg  mitgegeben?  (Meister  ]äüt  grüßen. 
Der  Altgesell:  Einen  Hut  auf  meinen  Kopf  und  einen  Stock  in 
meine  linke  Hand,  Daß  ioh  kann  reisen  zu  Wasser  und  zu 
Land,  Und  kommt  ein  Bruder,  Der  hat  einen  Bart  Tom  £opf 
bis  auf  den  Sohuh,  So  heißt  es  immer  Bruder  Du  und  Da). 
Was  hat  der  Altgesell  für  einen  Mantel  gehabt?  Womit  war 
die  Stube  ausgeputzt?  (Mit  lauter  rechtschaffenen  Loh-  und  Both* 
gerborgesolleiil  Mit  was  war  dio  Stube  ausgestreut?  (Mit  Saud 
und  Tabacksascli'.)  Wieviel  Lichter  branutcu  auf  dem  Tisch? 
(Soviel  wie  iirithifj:  war  znm  Tabackanstecken.)  Womit  war  der 
Tisch  gedeckt?  (Mit  Bier  und  Öcbuaps).  Wozu  steht  die  Kanne 
auf  dem  Tisch?  (Daß  man  sehen  kann,  daß  eine  zünftige  Brüder- 
schaft ist.)  Wozu  hängt  das  Schild  über  dem  Tisch?  (Den 
Meistern  zu  Ehren  und  den  Gesellen  zum  VeignOgen.)  Wozu 
trftgst  Du  die  gelbe  Schtkrze?  Worauf  hast  Du  gelernt?  (Auf 
Leder  und  Holz.)  Wieviel  Todtenköpfe  standen  auf  dem  Tisch? 
(Es  hat  Seinem  sein  Leben  gekost)  Hast  Du  auch  Stahl  und 
Eisen  zum  Yertheidii^en  bei  Dir  gehabt?  (Einen  rechtschaffenen, 
eiirlicLüii  Namen.)  Ich  iiago  vom  AelLesLeu  bis  zum  Jungäteu  und 


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Vou  A.  TraioheL 


661 


vom  Jüngstcu  \ns  zum  Aeltesteii:  ist  Kiueiii  oder  ilem  Aiukrii 
Etwas  bewußt,  ilal.!  d'w  Lade  niclit  kann  güscliloüsen  werden, 
so  sproche  er  jf  tzt  und  «uliweige  uaehhor?  (Mir  ist  nichts  bewußt.) 
Ist  es  Euer  Wille,  ...  so  wollen  wir  die  Lade  schlieÜen.  (Mein 
Wille  ist  dabei.) 

Schmied  und  ätellmacher  sind  Verwandte  im  Geschäfte 
und  nennen  sich  Schwager.  Das  Wahrzeichen  der  Schmiede 
ist  Hammer  nnd  Zange,  krenzweise  über  ein  Hufeisen  gelegt. 
Bei  ihnen  ist  Geschenk.  Kommt  ein  fremder  Geselle  zagereist, 
so  geht  er,  wenn  er  wo  „auf  Feuei^'  tritffc,  in  die  Schmiede  hin- 
ein, stellt  sich  stramm  hin,  liehält  den  Hut  auf  dem  Kopfe,  legt 
die  rechte  Hand  daran,  geht  an  den  rechten  Ambos  und  sagt 
als  Sjirucli;  Mit  rtunst.  daß  ich  hureiutretc  nach  Handwerks- 
gebrauch; gegrüßt  Kunst,  Handwerk,  Meister  und  Gesellen! 
Der  Meister  bietet:  AVillkommen,  Schmied!  Nach  dem  Danke 
schön!  des  Gesellen  fragt  der  Meister  nach  der  Landsmannschaft 
nnd  vielem  Persönlichen,  sowie  ob  der  Geselle  arbeiten  wolle? 
"Wenn  der  Geselle  nicht  will  oder  der  Meister  nicht  Arbeit  fttr 
ihn  hat,  so  bekommt  er  sein  Geschenk  (meist  10  Pf.)  Darnach 
hebt  er  die  Hand  in  die  Hohe:  Dank  ftlr's  Geschenk,  nach  Hand- 
WOTksgehranch!  Beim  Bansgehen:  Glück  auf?  Meister:  Glück  üu! 

In  der  Herborge  läßt  der  Geselle  seiu  Gepäck  \ovn  in  der 
Schankstulic  und  geht  in  die  Gesellenstube.  Ist's  eine  Schmiede- 
herberge (nach  den  Wahrzeielieri),  so  ist  sein  Recht  dazu  weiter 
durch  einen  Leuchter  mit  Krone  darüber  angedeutet.  Der  Ge^ 
seile  muB  zum  Tische  hingehen,  mit  der  Hand  aufklopfen  und 
fragen,  ob  fremde  Schmiede  da  sind.  Wenn  sich  jemand  meldet, 
80  muß  er  ihm  die  Hand  reichen  und  irgend  etwas  zu  trinken 
geben.  Alles  Gesprochene  wird  mit  den  Worten:  Mit  Gunst! 
eingeleitet*  £s  existirt  auch  Auflage  und  Blaumontag.  Es 
giebt  eine  Gesellen-  und  eine  Meisterlade. 

Schmied  nach  anderer  Version.  Geschieht  das  Einwandern 
bei  der  Schmiede  in  einem  Dorie,  so  muiJ  der  Geselle  den  Känzel 
und  Stock  vor  der  Thüre  lassen,  rechts  vor  den  Ambos  treten, 
die  üaud  an  die  Mütze  legen  und  in  den  Bart  brummend  sagen: 


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052 


UandwerkB-Auspracbeu. 


Meister  und  Geselle.  Darauf  spricht  der  Meister:  Sei  wülkommen. 

Darauf  dankt  der  Gesell  und  dann  kann  er  auch  sprechen.  In  der 
Stadt  aber  lüäsi  man  den  ßäuzel  (Berliuei)  auf  der  Herberge 
liegen. 

Nach  einer  dritten  Version  stellt  sich  der  Geselle  zur 
Hechten  am  Ambos  hin  und  fragt:  Hab*  ich  die  Ehre,  deu 
Moi^tf^r  211  sprechen?  Meister*  Jawohl!  Dann  nimmt  der  Gre- 
selle  einen  Hammer  und  tbut  damit  drei  Söhlige  auf  den  Ambos. 
So  war  es  frtther. 

In  Fritz  Benter^s  Hanne  Nüte  (Volka-Ansgabe  1878)  ist  von 
den  Gebrftucben  der  Schmiede  in  Meklenbnrg  Manches  sa 
finden,  das  ich  noch  hersetssen  möchte.  So  s.  B.  (S.  38.  29\ 
wie  der  Gesell  zur  Schiniedo  eintritt,  den  Hut  auf  dem  Kojil»': 

„Mit  Gunst,  daß  ich  rein  schreiten  mög'?  Gott  ehr"  das 
Handwerk,  Meister  und  rreselL" 

Kommt  der  Geselle  zur  Herberge  (S.  54  ff.),  so  stellt  er  sich 
mit  dem  Hute  auf  dem  Kopfe  zureoht  und  fragt: 

f,Mit  Gunst,  ist  Sohmiede-Herberg*'  hier?  Mit  Gunst,  ist  der 
Herr  Vater  nicht  su  Hanse?  Mit  Gunst,  ist  die  Frau  Mutter 
nicht  zn  Hanse?  Mit  Gunst,  ist  der  Herr  Bruder  nicht  za  Hause? 
Mit  Gunst,  iit  Jungfer  Schwester  nicht  zu  Hause?" 

Und  wenn  ihm  Keiner  Antwort  giebt,  so  weiter: 

„Mit  Gunst,  dann  sprech  ich  Tisch  und  Bänke  an,  Daß  sie 
mir  selbst  heut  Abend  neben  Dem  Bündel  hier  die  Herberg' 
mögen  geben,  I)alj  ich  mit  Gott  und  Ehren  weiter  kommen  kann.'* 
Dabei  schmeiüt  er  sein  Bündel  unter  die  Ikxnk  mit  einem  Wurle 
und  doch  so  geschickt,  daß  kein  Tragriemen  und  kein  Gehänge 
EUÜLlliff  hcrausguckt.    Dann  fragt  der  Geselle  weiter: 

„Mit  Gunst,  sind  fremde  Schmiede  hier?"  Findet  sich  ein 
solcher,  so  geht  das  Fragen  los,  wo  man  herkomme,  wo  er  in 
Arbeit  stand,  wann  er  von  Hause  ging,  was  er  f&r'n  T<and«manTi 
ist,  überall  in  der  Frage  und  in  der  Antwort  unter  Einsohiebung 
des:  Mit  Gunst! 

Kommt  es  zu  Hieben  zwischen  Zweien,  so  schließt  sich  um 
die  Kämpfenden  ein  Kreis,  aus  welchem  die  Mahnung  töne: 


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Von  A.  TreiclieU 


663 


„Mit  Gunst,  ihr  Schmiede,  regulär!"  Nach  beendeter 
Schlacht  heißt  es: 

,.Mit  Gunst,  mein  Schmied,  liegt  dir  daran,  Mit  mir  dich 
wieder  zu  vertragen?" 

„Mit  Qnnst,  mein  Schmied,  ....  wenn  Alles  zugeht  regulär!'^ 

„Mit  Gnnst^  Hur,  meine  lieben  Brflder,  Baß  ich  mag  Jeden 
darnach  fragen,  Hat  einer  hier  etwas  dawider,  Wenn  ich  mich 
wieder  will  vertragen?'* 

„Kein,  Keiner  hat  etwas  dawider,  Vertrag  muß  sein!" 

„Mit  Gnnst,  mein  Bmder,  treffen  wir  einander  Heut'  oder 
morgen  auf  'ner  andern  Stellen,  Daß  wir  uns  keine  Vorwürf 
machen!" 

„Mit  Gunsten,  nein!    Ein  Hundsfott  thut  es! 

„Mit  Gunst,  hast  du  nocli  etwas  gegen  mich?" 

„Mit  Gunsten,  nichts  als  Lieb'  und  Gut^s." 

Av£  Seite  184  ft.  wird  nns  die  Abhaltung  eines  blauen  Montags 
und  einer  Auflage  nach  Handwerksbrauch  (aber  wie  es  scheint,  im 
Bheinlande)  geschildert.  Da  sitzen  zwei  Meister,  vier  Gesellen 
und  der  Altgesell  an  einer  eigenen  Tafel  mitten  auf  ihrem  großen 
iierbergssaal.  Als  die  Brüderschaft  zur  Stelle,  klopft  der  Alt- 
geselle dreimal  mit  seinem  Hammer  auf  den  Tisch  und  sagt: 

,,Mit  Gunst,  ihr  Gesellt  n,  soid  sfill!  Es  sind  hmite  vier 
Wochen,  daß  wir  zuletzt  Autlage  gehalten  haben.  Mag  es  länger 
oder  kürzer  sein,  so  ist  hier  Handwerksgebrauoh,  daß  wir  nach 
Tier  Wochen  auf  der  Herberge  zusammen  kommen,  um  Auflage 
und  Umfrage  zu  halten.  Der  Knappmeister  wird  die  Lade  auf- 
tragen nach  Handwerksgebrauch  und  Gewohnheit." 

Dieser  Enappmeister  stellt  die  Lade  auf  den  Tisch  hin 
und  redet  zu  Meister  und  Gesellen: 

,.Mit  Gunst,  daß  ich  mag  von  meinem  Sitze  abschreiten, 
fortsclireiten,  über  des  Herrn  VatfM  s  und  der  Frau  Mutter  Stube 
gehn  und  vor  günstiger  Meister  und  Gesellen  Tisch  treten." 

Der  Altgeselle  antwortet  ihm:  ,^Das  sei  Dir  wohl  vergönnt!" 

Der  Junggeselle  läBt  nun  die  Lade  los  und  sagt: 

„Hit  Gunst,  dafi  ich  mag  die  Gesellenlade  anf  günstiger 


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654 


Haud  Werks- Ansprachen. 


Meister  und  Q-eeellen  Tisch  eetcen.  Hit  Gunst  hab'  ieli  ange- 
faBt,  niit  Gunst  laß  ich  ab." 

Dor  Altgeselle  erwidert  iLm:  ..Dn  hast  Deinen  Abtritt!"', 
schließt  den  Deckel  auf,  holt  die  zur  Autlage  nöthigen  Papiere 
hermis  und  schreibt  mit  Kreide  zwf^i  Kreise,  deren  äußersten 
er  aber  an  einer  Stelle  offen  läßt.  Au  dieser  Steile  fiberspannt 
er  den  Baum  mit  Baumen  imd  Mittelfinger,  zum  Zeichen,  daß 
seine  Hand  soU  als  Vorband  über  alle  anderen  gelten  nnd  daß 
ihm  ein  jeder  folgen  soU.   Dann  spricht  er: 

..Mit  Giiiiüt,  so  liiibe  ich  den  Oesellenkreis  ge7:oiolmet,  er 
bei  groß  oder  klein,  ich  überspanne  ihn  und  schreibe  die 
Gesollen  hinein,  die  hier  in  Arbr-it  stehen.    Schreib  ich  zu  viel 

« 

oder  zu  wenig,  so  kommt  wohl  ein  reicher  Kaufmann  und  zahlt 
Strafe  und  Buße  für  mich.'*  Nach  dreimaligem  Klopfen  auf 
den  Tisch  spricht  er  weiter: 

„Mit  Gunst,  so  habe  ich  Macht  und  Kraft  und  ziehe  den 
Gesellenkreis  zu."   Damit  schreibt  er  auf  den  Tisch  und  zieht 

den  Kreis  mit  der  Kreide  zusammen,  sprechend: 

,,Mit  Gunst,  ihr  Gesellen  seid  still!  Ich  habe  Euch  einge- 
zeichnet; ist  Einer  oder  der  Andere  vergessen  worden,  der 
melde  sich.  Macht  Euch  bereit  zum  Auflegen!"  Und  die 
Gesellen  treten  hinter  einander  mit  ihrer  Beisteuer  an  den  Tisch 
heran  und  legen  das  Geld  darauf.  Als  sich  keiner  weiter  meldet, 
kommen  die  Fremden  an  die  Reihe.  Zu  ihnen  spricht  der  Alt- 
gesell, es  sei  nicht  bloB  günstiger  Meister  und  Gtesellen  Begehr, 
sondern  alter  Handwerksbrauch,  daß,  wenn  ein  Schmied  in  dieser 
Stadt  vierzehn  Ta^jo  lang  gearbeitet  habe,  er  aieli  dann  auch 
einschreiben  lassen  müsse.  Fritz  Reuter  läßt  einen  fremden  Ge- 
sellen sich  melden  uud  folgendes  Zwiegespräch  zu  Staude  kommen. 

Altgeselle. 
Ist  das  Dein  Wille,  so  gelobe  an, 

Und  tliu'  hier  diesen  Haniiiier  fassen! 

(Es  geschieht.) 

Grüii  Dich  Gott,  mein  Schmied! 


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Von  A.  Treichel. 


655 


J*T0IIICI6r. 

Dank  Dir  Gott,  mein  Schmied! 

Altgeselle. 
Mein  Hchmied,  wo  streichst  Du  her, 
Daü  Deine  Schuhe  ao  staubig, 
Dein  Haar  so  krausig, 

Da0  Dein  Bart  gleich  einem  Schlachtsohwert 
Auf  beiden  Seiten  lieraiissKlxi? 
Hast  einen  feinen  meisterlichen  Bart 
Und  eine  feine  meisterliche  Art. 
Mein  Schmied,  bist  Da  schon  Meister  gewesen 
Oder  gedenkst  Du's  noch  zu  werden? 

Fremder. 

Mein  Sclimi»  fl,  ich  streich  über's  Land, 

Wie  der  Ivrebs  über'n  Sand, 

Wie  der  Fisch  über's  Meer, 

Daß  ich  mich  ehrlich  emAhr'; 

Bin  noch  nicht  Meister  geweflen« 

Gedenk'  es  aber  noch  zu  werden, 

Ist's  nicht  hier,  ist's  anderswo. 

Eine  Meile  vom  Hinge, 

Wo  die  Hunde  über  die  Zäune  springe. 

Da  iüt  gut  Meister  pein. 

Altgesell. 

Mein  Schmied,  wie  ist  der  Naine  Dein, 
Wenn  Du  zur  Herberg  trittst  hinein, 
Wenn  die  Gesellenlade  geöffnet  ist, 
Und  Du  Meister  und  Oesellen,  jung  und 

alt,  darum  sitzen  siehst? 
Fremder. 
Silbemagel,  das  edle  Blut, 
Dem  Essen  und  Trinken  wohl  thnt. 
Essen  und  Trinkfn  hat  mich  eriiiilirh 
Worüber  ich  manchen  Pfennig  verzehrt. 
Ich  habe  verzehrt  meineij  Vaters  Gut 


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656 


HaadwerloKAnspraclieiL 


Bis  ftiif  einen  alton  Hut, 

Der  liegt»  anter  dee  Herrn  Viiief»  Daohd| 

Wenn  ich  daran  denke,  mnB  loh  laohei 

Sei  er  gut  oder  böse, 

Fern  sei,  daU  ich  ihn  lose. 
Willst  Du  ihn  lösen,  sollst  Du  drei  Heller 

Beisteuer  haben. 

Altgesell. 

Mein  Schmied,  ich  danke  für  Deinen  alten  Hat, 
Aber  Silbemagel  ist  ein  Name  gai» 
Den  volPn  wir  in  Ehren  hier  behalten. 
Mein  Schmied,  wo  hast  du  ihn  errang0n? 
Hast  da  ihn  errangen  oder  ersprangen? 

Fremder. 

Mein  Schmied,  ich  konnte  wohl  singen, 
Ich  konnte  wolil  ^4])ringen, 
Ks  wollte  mir  aber  nicht  ^[elingen. 
luh  mußte  rennen  und  lauten, 
Um  für's  Wochenlohn  ihn  zu  erkaufen. 
Das  Wochenlolui  wollte  auch  nicht  recken, 
Ich  mofit'  das  Trinkgeld  noch  dran  stecken. 

AltgeselL 

In  welchem- Lande,  in  welcher  Stadt 
Ist  Dir  widerfahren  diese  Wohlthat? 

Fremder. 

Zu  lirttinborg  (Brandt 'ubni-gl,  wo  iimn  mehr 

Gerste  zn  liier  mälzt, 
Als  man  hier  Gold  nnd  Silber  schmelzt. 

AltgeselL 

Mein  Schmied,  kannst  Du  mir  nicht  drei 

Qlaubwflrdige  nennen, 
Damit  ich  Deinen  Namen  kann  recht  erkennen? 

Fremder. 

Ich  will  sie  Dir  nennen,  wenn  Dn  sie  Dir 

willst  merken: 


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Von  A.  Treichol. 


657 


Peter  triff'«  Eisen. 

Fix  von  dem  SiMck, 

Kasch  mit  dem  Balg. 

Hast  nicht  genug  an  den  dreien  Du, 

Bin  icb,  Conrad  Silbernagel,  der  yierte  dazu! 
Man  sieht,  daß  auch  poetischer  Witz  in  den  Antworten 
vorhanden  sein  kann,  wogegen  die  Verse  mehr  Knüppeb^ime 
sind.  —  Der  Altgeselle  fragt  noch  dies  and  das,  worauf  stracks 
die  Antwort  in  Ähnlicher  Manier  erfolgen  mag.  Der  Fremde 
giebt  seine  Beisteuer  ebenfalls  und  wird  in  das  Buch  eingetragen 
luid  somit  in  die  BrüderscLart  ein£^*»Rchri<  beü. 

Schließlich  kommt  die  Um  trage.  Es  wird  Gericht  ge- 
lialten,  ob  Streitigkeiten  vorgefallen  sind,  oh  jemand  wegen 
Handwerkssachen  und  gegen  Handwerksbrauch  etwas  verbrochen 
hat*    Dazu  ladet  hier  der  Altgeselle  also  ein: 

„Mit  Gunst,  still,  Ihr  Gesellen!  Es  sind  heut  gewesen 
vier  Wochen,  daß  wir  nicht  beisammen  gewesen.  Hat  sich 
während  dem  etwas  zugetragen,  was  Einem  oder  dem  Andern 
niclii  zu  leiden  stellt,  so  wolle  er  aufstehen  vor  Meister  und 
Gesellen  und  thun  eine  Umfrage, 

Es  soll  ihm  wohl  vergönnet  sein 

Und  sobütte  Jeder  s^ine  Sache  aus; 

Weil  wir  sind  in  des  Vaters  Hans, 

So  hat  man  Macht  zu  sprechen  drans, 

Daß  man's  nicht  spare  bei  Bier  und  Wein, 

Wo  gute  Gesellen  beisammen  sein. 

Anf  freien  Straßen  und  Gassen 

Soll  Einer  den  Andern  zuirieden  lassen. 

Zu  Wasser  und  zu  Landon 

Wird  Keinem  t4was  zugestanden. 

Eiede  Keiner  viel  von  Hiindwerksges'diichten, 

Was  Meister  und  Gesellen  auf  der  Herberge 

verrichten; 

Schweige  Einer  jetzt,  so  schweig  er  aach  hernach. 
Was  aber  Einer  mit  Wahrheit  bezeugen  kann, 

▲Itfr.  MoMteMhrlft  Bd.  ZXVn.  Bit.  7  u.  8l  42 


658 


Handwerlu-Aiwpitelieii. 


Das  stallt  mir  und  merneii  Gesellen  wohl  an. 
Bas  sei  gesagt  zum  ersten  Male, 
Das  sei  ^esaj^  znm  andern  Male^ 

Das  sei  pef^a'^r  zum  dritten  Male 

Bei  der  P.nli.\  mit  rJunst!" 
Gewiß  A\i  iili'u  jetzr  all-  rlfi  Klagen  kommen,  «  riifitf»  und 
spaliige,  gerade  un<l  höhnische,  um  so  mehr,  als  die  Strafe,  wie 
es  scheint,  stets  eino  Beisteuer  zum  Bi*  re,  eine  Auflage,  also 
eine  Vergröüerang  dea  Stoffes,  somit  der  Lust,  y.n  der  man  sich 
versammelte,  sein  wird.  In  dem  Beuterschen  Falle  wird  zum 
Beispiel  gefragt,  ob  Holzhauen  und  Wassertragen  auch  za  den 
handwerksgebräuchlichen  Arbeiten  zu  rechnen  sei,  sowie  ob  das 
ein  richtiger  Schmied  sei,  der,  anstatt  in  lustiger  Gesellschaft 
sein  Lied  zu  singen,  bei  alten  Judenweibem  sitze.  Natdrlicb 
eut^scheidot  das  Gericlit  also: 

^Mit  Gunst,  das  .steht  nicht  zu  leiilon; 

Zeifr'  es  uns  nn,  wer  dies  gethan ; 

Er  soll  ein  doppelt  Strafmaß  iian.'* 
Ks  heiüt,  trotz  aller  Einprache  und  bei  neuen,  auch  in  guter 
Laune  gemeinten  Beschwerden,  immer  nur  bezahlen  und  gute 
Miene  zum  bösen  Spiele  machen.   Ist  alles  beendet,  sn  steht 
der  Altgeselle  auf: 

„Mit  Gunsten, 

Wenn  niemand  mehr  etwas  weiB,  so  welfi  ich  was : 
Wir  wollen  Geld  z&hlen  und  Bier  za]>pen, 
Wo  srliöno  Msidelien  mit  den  Krügen  klappen." 
T"^nd  er  zählt  das  iiteld  und  schließt  die  Lade  mit  den 

Schlußworten : 

„Sowie  ich  unserer  Gesellenlade  Schloß  schließe,  soll  ein 
jeder  seinen  Mund  schließen.  Älit  Gunst,  aus  Kraft  und  Macht 
schließe  ich  zu.  Mit  Gunst  stecke  ich  mein  Schwert  in  die 
Scheide.  Mit  Gunst,  dafi  ich  mein  Haupt  bedecke.  Mit  Gunst» 
Ihr  Bursche,  bedeckt  Euch  !^  Damit  ist  die.Auf läge  geschlossen. 
Ein  Jeder  kriegt  sein  Glas  zu  fassen  und  ein  lustiges  Leben 
geht  nun  an. 


^  j  .  -Li  by  Google 


Von  A.  Treichel. 


Der  l'irklurer  zn  Router's  plattdeutschen  Worten  iukI  für 
tlie  sarhlirli'Mi  Frftgf^ütiiilu  ii  emiUint  {9>.  29.  Anm.  n^i  uli.  r  dio 
Art  des  Reiseus,  daß  jeder  zünftige  Schmiedeg<'seil  in  Dentsfh- 
land  entweder  „auf  Hufschinidtsrh"  oder  „anf  Cumpansch^ 
odor  „auf  Seehahnsch*^  reiyt.  In  diesen  drei  Art«n  Bind 
Modtficaiionen  der  fdr  fUle  sQnftigen  Schmiede  geltenden  Formen. 
Die  Preußen  reisen  meietens  alle  auf  Hufsohmidtsch,  die  Mecklen- 
bnrger  anf  Cumpansch  und  die  SchmiedegeseUen  aus  den  Hanse- 
städten auf  Seehahnsch. 

Ein  Tausch  wird  eines  Meisters  Sohn  genannt.  Es  ist 
die  Annahme,  »lall  ihm  maiu  h-'^inal  an  der  Lelirzeif  geschenkt 
wird.  —  Feierhnrsche  ist  der,  welelier  feiert,  also  ki  ino  Arheit 
hat.  —  Geseilachaft  heillt  der  Mitwaudernde,  wcnn'a  auch 
nur  einer  ist. 

Nach  II.  Frischbier:  Prenß.  Volksr.  und  Yolksspiele 
(S.  83)  sind  bei  Neck  und  Schimpf  unter  Beschäftigungen  die 
Grüße  des  Leinwebers  und  des  Hutmachers  su  bemerken.  Dann 
steht  natürlich  nicht  fest,  ob  sie  mehr  Keck  und  Schimpf  sind 
oder  aber  in  Wirklichkeit  vorkommen. 

(339.)  Wie  der  Leinweber  das  Handwerk  grüßt. 

Geselle. 

Eck  greet  jü,  Spoohnd  o  Schlechfcfatt ! 
ISIeister. 

D'  Hund  schett  jü  wat, 
Wo'  gefällt  jü  ihr' 

Geselle. 

Eck  bedank  mi  fa  de  Schenkoorsch, 
Leckt  mi  tiemal  em  Moorsoh. 

(.Terrent<»wita.) 

(340.)  Der  Hutmacher  frn^t  d«^n  anreisenden  Gesellen: 

Hni,  Hntmneher, 

Wo  kommst  Du  her  im  staubigt'n  Wetter? 
Auch  mögAYi  die  woitoi  fMi  Neckreime  von  dort  (322  !)is  344), 
in<t>l'crn  sie  sich  auf  BH.selinttigungon  (Miiller,  Nadler,  Schneider, 
Schuster,  Seiler,  Kesseltlicker,  Scliomsteinfeger,  Sehifl'er)  beziehen, 

42» 

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liaiiilwerkii'Aospracheu. 


zar  weiteren  Illustration  vom  Begebrenden  eingesehen  werden. 

Ebonso  map:  fiii'  «He  ejnscliläpjigeu  Handwerke  bezüglich  der 
vrni  iluit  11  (j  l-  r  über  sie  gebrauchlichen  Redensarten  und  Sprüch- 
W(»rLor  in  Preußen  (»bentalls  auf  H.  Frisächbier:  Preuü.  Sprüch- 
wörter und  üedensarten  hingewiesen  sein. 

Uebrigeus  gehört  dann  scliließlich  hierher  ein<^  Zusammen' 
Bteilung  dessen,  wie  sich  die  Handwerksgesellen  nennen. 

Töpfer:  Kunst-  und  Element^ndrechsler. 

Seiler:  Galgen-Posamentöri  weil  sie  die  Stricke  machen. 

Böttcher:  Rumtreiber,  weil  sie  die  Reifen  auf  oder  nm 
die  Danben  treiben.  Aehnlich  im  Rftthsel:  er  hat  jedes  seiner 
l'iililiciitMi  Werke  reiflich  ül>crlejs;t. 

Bäcker:  Löweiwchütz.  weil  sie  auf  der  Fahne  oder  ^»nst 
im  Walirzeiclien  uobeu  Semmel  oilor  Kuchen  stet»  ein  Paar 
Löwen  haben. 

Klempner:  Bleohrath. 

Barbier:  Verschönerungsrath. 

Sattler:  Kobbelschnster,  weil  er  die  Sielen  für  die  Pferde 
(Eobbel  »  Stute)  macht. 

Schmied:  Flammer  (Ekelnamen). 

Vom  >riiuicr  Ii*- ißt's:  Das  grobe  Maurervieh  und  <?ie 
Herren  Tlainllane^er!  Das  soll  von  einem  Mädchen  herstammen, 
zu  welchem  nur  die  letzteren  sehr  artig  waren. 


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krilikeu  und  Referate. 


HaaMreceoHe.  Drifte  Abtheilnng.  Herausgegeben  vom  Verein  iVir  liaiisische 
Geschinlite.  Bmul  IV.  n.  d.  T}  TT nnserecesse  vor»  1477—1530, 
bearbeitet  von  Dietrich  öchäler.  Band  IV.  Leipzig.  Verlag  von 
Dancker  *  Humblot,  IWO.  XIV,  686  in  4t_o.  Mk.  2*2,50. 
Der  vorliegende  Band  <1<  r  ]raT)f»ereee.«;se  nmtaßt  den  Zeitraum  von  14^7 
(Juni  24)  bis  1504  (April  20).  al>o  nur  sieben  Jalae,  iu  490  Nummern,  od<,r 
die  Verhandlungen  von  35  Städtetagen  (^darunter  sind  nur  zwei  west- 
preoBische  Ton  1497  nnd  1503),  tod  denen  nur  einer  ein  allgemeiner  Hanse- 
tag war,  1498  Ifai  28,  8.  66-166,  nr.  64— 1S5.  Nach  vier  Seiten  hin  war 
der  Bnnd  der  norddentechen  Städte  in  diesen  Jahren  in  Streitigkeiten  ver- 
wickelt: mit  Rnftland,  in  Folge  der  Schliefinng  des  Hofes  zu  Nowgorod  U494), 
in  denen  aber  die  Kansisehe  Politik,  aus  Besorgnis,  den  russischen  Handel 
Über  Finnland  oder  Ifittoldeutsohland  (WaTschan-Breslaa-Leipasig^Fninkfnrt- 
Venedig,  nr.  89)  absnlenken,  zu  entHcheidenden  Srlivitton  sich  nicht  ent- 
schließen konnte:  was  erreicht  \v\irde,  verdankten  die  Stildte  allein  dem 
nmeichtigcn  Verfahren  -1'^  livliindischen  Landnieist<'rs  \Valt*?r  von  Pletten- 
berg. Im  Westen  wurde  dtxrch  die  Thätigkeit  des  Hamburger  Domherrn 
AlTjfrt  Krantz  endlidi  der  alte  Strfit  mif  <\on  Florentiner  Kauf!outf»n 
Portnii.iri  horgnlp^jt,  inilern  TirÖLr^i-  die  Knts  1iü;ung  derselben  übeniahm, 
datur  über  die  Wiederaufrirhtuiig  des  Stapels  von  I4S7  zntirestanden  erhielt, 
freilich  widersetzten  sich  die  Holländer  nnd  Friesen  der  Durchführung 
desselben  mit  Erfolg.  „An  den  beiden  Endpunkten  der  Hauptlinie  alt- 
„hsLOsiachen  Verkehrs,  in  Brügge  und  Nowgorod,  hatten  die  IKoge  einge- 
„lenkt  in  nene  Bahnen.  —  Hansische  Handelspolitik  war  eben  keineswegs 
„allein  die  starre  flQterin  dee  Alten,  als  die  man  sie  so  häufig  geschildert 
„hat.  Sie  vertheidigte  zwar  hartnäckig  Überkommene  Rechte,  gab  die 
„Formen,  in  denen  sie  emporgewachsen  war,  nicht  leichthin  preis.  Aber 
„sie  wttflte  sich  auch  neuen  Lagen  anzubequemen  nnd  rannte  mit  nichten 
„den  Kopf  gegen  die  Wand.  Auch  (dme  Nowgoroder  Hof  und  Brflgger 
„Kontor  ist  die  Hanse  zuniifhst  H«'rrin  des  norde  iropai.sclicu  und  xumal 
..des  Ostsoehandels  geblieben.''  'S.  IX.)  Das  dritte  (j»;bit  t.  ouf  deiu  sich 
die  Verhandlungen  der  Hanse  in  dieser  Zeit  bewegen,  sind  die  Beziehungen 


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G62 


Kiitikeu  uud  Rcleratt;. 


za  England«  in  W(;leh«n  eine  wusenlliclie  Aanderanjc  nicht  «iutrat.  „Die 
„Stellong  des  Hansiflclien  Kanfioanna  in  England  blieb  eine  b6d»>hte^  doch 
^stand  sie  durchaus  noch  auf  (hm  nlton  rechtliolien  Gnindlageii  nnd  eine 
,,thatsächliche  Schmälemnf;  des  liansisrlien  V«  rkehrs  iat  in  nennenswerthrat 

..Umiange  niclit  rinp  tr -r«  ti'*  S.  X).  Verwickelungen  mit  DänetHtirk  wuidtm 
dtirch  den  Aulstand  der  S. uwedüii  gej^t^n  den  Uuionsköai^  Johann  iin 
Sommer  lieihoiget'ühri;    Lülork    \vp(frert<>  sich,   auf  W-rhoigen  des 

DanPnk'MHL;^  dt-n  Verkehr  mit  Srhwedtui  abzuhrerhen,  es  kam  anf  hei'lfn 
Sriicu  zu  ruindsoH^keiten  in  der  ^»stsee.  die  erst  Ostern  1503  dnrrl»  dir 
Verniittelung  d<fl  phpfttliclieu  Legaten  Kardinals  Baimuud  Peraudi,  Bischols 
von  Gurk,  beigelegt  wurden. 

Von  den  490  Nnnunem,  die  der  gegenwärtige  Band  entbftU,  stammen 
allein  191  aua  dem  Stadtardiiv  an  Danaig,  die  anderen  preuAiBclien  Aincfaire 
haben  dagegen  nur  geringe  Beiträge  geliefert,  Tbom  1,  Königsberg  2  Kuinmeni. 
Dem  entapreehend  iat  Danxig  mit  128^  Thom  mit  4,  Königaberg  mit  1  Nnmmer 
Yortreten,  w&brend  sich  fünf  auf  Pren&en  im  Oanaen  bexiehen,  darunter  die 
durch  ihren  Aussteller  auffallende  Nr.  Hi,  in  weloher  während  der  Er- 
ledigung des  Hochnieisteramts  nach  dem  Tode  Johanns  von  Tiefen,  Tor 
der  Wahl  Friedrichs  von  Sarlisen,  der  Hochmeister  ein  Srlireiben  an  den 
Landmei»t«r  in  Livland  richtet  ;  es  handelt  sich  \ur  di»  !fibis.'5:p  Gesanät- 
Hchaft  nach  Rußland  im  Januar  1198  Voigt,  (teschichte  Preußens  IX,  2^2. 
213  erwähnt  aus  derselben  Quelle,  Kegistrant  T  im  Königsherger  Staats- 
archiv toi.  5<i7— :")<;8  u.  571,  drei  Schreiben  des  Statthalters  Wilhelm  von 
Ei^uberg  iu  der  nämlichen  Angelegenheit  uud  autt  der  gleiclien  Zeit  {am 
Antoni  1496),  daher  dttrfte  auch  hier,  S.  48,  Statthalter  atalt  Hochmeister 
IU  lesen  sein,  was  wohl  auch  mit  der  Berichtigung  Schafen  S.  6B4  Z.  7 
gemeint  iat. 

Halle  a.  S.  M.  Perlbacb. 

HaaMreoease*  Zweite  Abthulnng.  Heraw^geben  vom  Verein  fiir  hansiadie 
Gesclnohte.    VL  Band.  la.  «,  d.  T.)   llanserecesse  von  14:31  1476 
bearbeitet  von  Goswin  Frhr.  von  derKoi)|>.  VI.  Band.  Leipzig. 
Verlag  von  Duncker  &  llumblot  ib\K).  4«.   Xill,  ti34  S.  Mk.  22.o0. 
Der  sechste  Band  der  zweiten  AKfheilung  der  in  diesen  Blättern  sclion 
öiters  besprochenen  Sammlung  der  Ifaubt  ix-cepse  reicht  vom  15.  Februar  I4(i7 
}ns  zum  ^•.  Ajnil  147)^  und  bringt  für  diesen  kurzen  Zeitraum  von  wenig 
über  sechs  Jahren  die  Acten  v«.n  52  Ilansetagen  innrer  denen  sich  jedocli 
kein  preiilsisfher  beündetj  uud  10  auL^crhalb  der  Tage  gelührte  Verhandlungiäu 
in  6(j4  (eigentilich  710;  Nummern,  von  denen  4<$9  (515)  im  Regeat,  329  ia 
vollem  Wortlaut  mitgetheilt  worden.  Von  preufiiflchen  Städten  iat  in  her* 
voiragender  Weiae,  wie  schon  lange,  nur  Danaig  (mit  tl4  Nununern)  be- 
theiligt, neben  ihm  tritt-  der  Antheil  der  Übrigen  prenfiiachen  Hanaeatfidte 


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Huuserecosse. 


663 


(die  S.  X64  in  ihrer  alten  Zahl,  Bechs^  aufg^tthrt  werden)  fast  gaua  aurUck, 
wenn  auch  Elbing,  Thom  und  Königsberg  noch  mitonter  an  den  Verband« 
liukgen  tbetlnehmen.  Demgemftfi  hat  von  prenUaehen  Archiven  anch  nur 
das  Dnnziger  wesentliche  Bettrftge  geliefert:  ihm  eatstammen  25  Kf^cesse 
und  181  Urkunden,  wogegen  aus  Thorn  nur  4,  aus  Elbing  und  dem  Königs- 
ber<rer  Staatsarchive  nur  jo  zwei  Nummern  entnommen  sind.  Dem  Abdruck 
der  Actenstiicke  geht,  wie  in  den  übrigen  Bänden,  eine  kurze  Einleitung 
vr>nui.  die  über  den  lalialt  des  Bandes  nrientirt.  Ts'arh  zwei  Ric)itnn(;en  hin 
howegtcii  sich  in  joii>-ii  Jahren  die  Verhandlungen  rles  hansisfhen  Bundee  : 
das  Veriiiiltiiiß  zu  Knglanl.  welnlies  durcli  diPi  Thronstreitigkeiten  zwischen 
Eduard  IV,  uuU  Heinrich  VI.  iimiur  von  Neuem  nnsiclier  wurde,  blieb  ein 
schwankendes,  zumal  es  den  Souderbostrebungeti  der  Stadt  Köln  gelang,  in 
dar  Gunst  der  englischen  Machthaber  den  übrigen  hansischen  Genossen  den 
Bang  abaulanfen.  Aach  in  dem  Streite  awischen  Köln  und  dem  Contor  des 
deutschen  Kaufmanns  an  Brügge  vor  dem  Gericht  des  Herzogs  von  Burgund 
erhiidt  Köln  ein  obsiegendes  Urtheil,  wurde  aber  von  den  ftbrigen  Stttdten 
•eines  Drittels^  welche  einen  innerhannsdien  Rechtsstreit  (es  handelte  sieh 
wax  die  Erhebung  des  Schosses  außerhalb  Flanderns)  nidit  vor  ein  fremdes 
J'omm  sieben  wollten,  im  Stich  gelassen.  Wie  Köln  im  Wasten,  so  sthlug 
im  Osten  vielfach  Dansig  selbständige  Wege  ein,  es  hatte  ein  größeres  Inter« 
esse  an  einem  energischen  Auftreten  gegen  England,  an  dem  zeitweiligen 
Verliote  der  englischen  Tuche,  als  der  Hauptort  der  Hanse.  Lübeck.  Dte 
Bei-irhte  der  Danziger  Sendeboten  «.^ehnreii  zu  den  interessa?ito«!tcn  Partien 
dieses  Bandes,  zumal  die  dreiPii?  Sclireiben  de»  iJerndt  Pawi^t  vom  (»rfoht-r 
1471  bis  August  147'2  aus  LullHiidischcu  Häfen,  von  denen  einifre  sclioii  1^)3 
von  Th.  Hirsch  in  der  Beilage  zu  Caspar  Weiureichs  JJaujtigor  Clamak 
abgedruckt  siud.  Für  PreuBen  ist  noch  von  Interesse  der  Streit  awischen 
Königsberg  und  Dansig  auf  den  Tagen  vom  28.  April  1469  nnd  24.  August 
1470  an  Lübeck  um  den  Sita  der  Königsberger  Abgeordneten  neben  denen 
der  übrigen  prenfiischen  Städte:  da  Königsberg  jetat  einen  anderen  Herrn 
habe,  als  Danaig  und  Thom,  sollten  seine  Sendeboten  auch  nicht  mehr  unter 
jenen  sitzen.  Vorlftufig  wurden  die  Königsbergwr  neben  die  Lübecker  an 
die  Stelle  von  Nymwegen  und  Deventer  gesetzt:  eine  Sitzordnung  war  be- 
reits in  der  Vei'sanunlung  vom  2;{.  April  1469  (S.  104)  festgestellt  worden, 
in  welclier  67  Htiidte  anfgeföhrt  sind,  von  denen  natürlicli  niemals  alle  auf 
den  Tagen  vertreten  waren.  Bern  vorliegenden  Bande  dürfte  noch  ein 
siebenter  (1478  — 147*! >  f'>lu:eii,  mit  dem  der  H*  ransgeber,  Frofees  »r  v<;n  der 
Kopp,  jet^ft  in  Breslau,  eiiif  zwei  funien  liiln  inle  Arbeit  be»fhUel^'^ii  wird. 
Wie  viel  Dank  ihm  die  jireut^ische  lit.-^t  iiicni.siorst  iiung  schuldet,  \Naa  ciöt 
ein  einijehenderes  Studium  des  reichen,  in  seinen  Btiuden  niedergelegten 
(^ueiieuiuatenals  ergeben.  }d.  V. 


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Kritiken  und  Referate. 


Lir«,  Est«  nnd  Cnrl&ndiMhee  Urkondeiibvch.  BegrOndet  von  F.  O.  t.  Bnng^, 

im  Auftrage  der  Vnltisehen  Ritterschaften  niul  Städto  fortgo^^tzt 
▼Ott  Hermann  Hildebraml.     Band  9,     1436-1443.     18811.  Rig», 
Moskau    Verlag  von  J.  Uenbaer.    Leipsig.    £.  F.  St^nacker. 
XXV.  1>2.    |0.    Mk.  -2<i 
M?t    dorn  (iL-luhU-   dt'v  Wehmutii   iiiiiiml  liri-   mit  den  l>alti«»'})en  Zu- 
stüniicu   uuU  Peiaoueu  vetlraute  Leser  den  iiu  v  iigen  Jaiiiv  i-rsrhiericuen 
dritten  Band  der  neuen  Reilie  der  großen  livlan  li^'^hen  Us  kiuidi  nsanimhjiig 
iu  die  Hand,  deuu  derjenige,  deui  die  Wissenscliai t  und  seine  Heiniath  di»^ 
wertlLYolle  Gabe  verdanken,  -  weilt  nicht  mehr  unter  den  Lebenden.  Am 
17.  Januar  1890  machte  ein  pldtalicher  Tod  dem  arbeitsameD  und  frucht- 
baren Leben  Hermann  Bildebrands  ein  Ende:  nur  drei  Bändet  dee  auf 
brdteeter  Grundlage  angelegten  Urkundenbuehee  warrai  ihm  su  ▼ollendni 
vergönnt,  in  dessen  Dienst  er  seit  awei  Jahnehnten  sein  ganaes  wisseu- 
schaftliclies  Streben  gestellt  hatte.   Frenndeshand')  hat  soeben  in  der  hiato* 
risohen  Zeitschrift  seiner  Heimatli,  in  den  Mittlieiinngen  aus  der  livlSodisrben 
Gesrhichle,  ein  UbensvoUes  Bild  des  Entscldafenen  geaeichnet:  an  dieser 
Stelle  möge  wenigstens  der  Hinweis  auf  den  schweren,  unter  den  jetzigen 
Zeitvorhaltnissen  Jüinni  or<«<'t/h«rpn  Verlust,  den  die  Ofttseeprovinaeo  durch 
dou  Tod  ilildebrands  erlitten  imlen.  einen  Platz  finden. 

Der  neue  Band  nuiütül  nur  eition  Zeitraum  von  aiebeit  Jalueu  iu 
1()28  Nummern,  von  denen  512  uuvi  rkurzt,  ölt»  iui  Regöst  zum  Abdruck 
gelangten:  bekannt  waren  davon  bisher  nur  244,  noch  ungedruckt  784.  Fast 
drei  Fünftel  des  gesanunten  Materials  (598)  entstammen  dem  Bathsarcbir 
au  Beval,  ihm  folgt  als  aweite  Fundstätte  das  Staatsarchiv  an  Königsberg 
mit  194:  sehr  erfreulich  lautet'  früheren  Klagen  gegenüber  die  Bemerkuag 
des  Herausgebers,  daß,  „während  früher"  dort  manches  l&ngat  bekannte  Stück 
nidit  mehr  auffindbar,  Anderes  mit  wenig  triftigen  Gründen  verweigert 
worden,  Gewißheit  über  den  Umfang  ilei-  König.sherger  Livonioa  überhaupt 
nicht  zu  ( riangcn  gewesen,  sich  die  dortigen  Verhältnisse  inswiacben  in  «o 
erfreulicher  Weise  umgestaltet  haben,  daß  alle  Klagen  verstummen  müCen. 
Die  übrigen  23tJ  Nummern  fanden  .sich  in  '37  baltischen  und  außerbalti.schea 
SanimlniJL'en.  dnvnri  54  in  Danzig  und  4  iti  Thnrti.  Detn  Abrlr  ck  (Itr 
Ürkuudeii  geht,  uit»  in  den  frülH^ren  Biintleu  ein»;  au.sfüliriiche,  h  iiler  'liuoh 
den  Tod  de.s  Herausgebers  unvollendet  gebliebene  Einleitung  voraji,  iu 
welcher  die  Fragen,  um  die  es  sich  wahrend  des  betroffenden  Zeitraumes 
gehandelt  hat,  erörtert  werden.  Das  Verh&ltuiß  zu  Litauen  und  die  Aus- 
lösung der  Gelangenen  aus  der  Schlacht  an  der  Swienta,  die  Steliung  des 


1)  Vgl.  Allprenflische  Monatsschrift  19  (1882)  6. 180  n.  22  (1865)  S.  64a 

2)  Karl  Koppmann  in  Rostock. 


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lAvt  Est-  vnd  Kurliadisches  Urkandenbadi. 


665 


livländiecbeu  Heisters  xnm  Entbischof  and  zum  Baseler  Gancil,  die  aach  füx 
Preußen  hochwichtige  An^olegenheit  iler  angeblichen  Statuten  Wernors 
von  Orseln,  die  auch  der  Hemiwigeb^r  für  untcrgtischolitii  hält,  den  Streit 
der  Rheinländer  und  Westphalen  und  endlich  das  Bündniß  dos  livländischen 
Mei8t<>rs  mit  (lf  m  Dcnts«  hmeister.  Die  Jahif  1430  —  40  sind  bekanntlicli  die 
der  inneren  Zwietrai^lit  im  Orden,  in  denen  der  Dentsolimeiiter  Rherhard 
von  fcauusLeiiu  Jen  Frieden  von  Brzesc  mit  Polen  iiiclit  iinerkennon  wollte 
und  gestützt  auf  die  erst  von  ihm  an  rlris  Tag<isliclii  gezogenen  Statuten 
von  1329  mit  dem  Landmeister  von  J.ivianil  zusammen  ein  Oberauiisiclits- 
recht  über  den  Hochmeister  beanspruchte.  Für  diesen  Streit  enthält  der 
vorliegende  Band  nicheSt  bisher  nor  xnm  Theil  ans  Voigts  Geschiolite 
Frenttens,  Band  TII,  be^caantes  MatoriaL  Ffir  die  innere  Gesehiehta  das 
Ordens  sind  einige  noeb  ODgedniokte  livlftndisehe  Statoteo  von  Interesse, 
M,  B,  nr.  275  (von  IddO),  716  (lül),  eine  Tiatationsordnong  794,  und  Yisi- 
tationen  £01,  811,  883,  884,  886,  von  1441,  die  der  Befbrmafcion  Conrads 
von  Erliehshansen  vorangingen. 

Dia  Onmdsfttze  der  Ausgabe  und  die  Anordnung  der  Register  sind 
dieselben  geblieben  wie  in  -Bd.  7  und  8.  Die  Fortführung  des  großen  Unter« 
nehmens  ist  nach  einer  am  Scliluü  der  Vorrede  befindliclien  F.rklärung  des 
Directoriums  der  Cresellschaft  für  Geschichte  und  Alterthumskunde  der  Ost- 
seeprovinzen dieser  Gesensrbaft  übertragen.  Möge  ea  ihr  creliiigpn.  eine 
ähnli'  he  Kraft,  wie  sie  der  Verstorbene  war,  für  das  Urkundenbuch  zu 
gewiuxieu.  M.  P. 

Maf  Ip.  €4<itl(iib«vf«  htx  bcut|d)e  ftaifer^erolb.  3etn  CeOen  unb  feine  Sebcutint^ 
8on  ümll  ftnaotc.  Itlfit  1890.  «Ketifdiiber  A  (49  B.  8.)  -65. 

Aus  der  Feder  des  Tilaiter  (Hierishrers  E.  Knaske  liegt  die  Sebrift 
vor:  „MtOL  von  Sebenkmdorf,  der  deiits<Ae  Kaaaerherold.  Sein  Leben  nnd 
seine  Bedentang.^  Es  ist  die  Festsehrift  för  die  Enthflllung  des  Schenken» 
dorf^Denkmals,  die  am  21.  September  d.  J.  in  Tilsit,  der  Oebnrtastadt  dee 
Dichters,  vor  sieh  ging.  In  der  Eigenschaft  als  Sehdftfahrer  des  Aus- 
schusses sur  Erriehtang  eines  Denkmals  Air  Max  von  Sohenkendorf  hatte 
diese«  außerordentlich  rührige  Mitglied,  dem  ohne  Zweifel  das  Hauptrer« 
dienst  nnd  die  Hauptarbeit  am  Zustandekommen  des  schönen  Werkes  ge- 
hiihrf.  —  Gelegenheit  mancherlei  schwerzngängliehe  Quellen,  wie  Grimd- 
Ihk  liarten  u.  Ä.  einzusehen,  die  neues  Licht  über  das  Leben  des  Dichters  und 
über  seine  Familie  verhreiten.  I*er  Verfasser  i'Jt  ja  atirh  der  Altpr  Monatsschr. 
nirht  unbekannt,  denn  in  Bd.  'Jti  ö.  3-10  if.  liat  er  s*  }ic»n  Forschungen  zum 
J^''ben  des  M.  v.  8rh.  veröffentlicht.  Dan  kl«>inf  Werk  (48  Seiten)  briiif^l 
manehorlei  Neue»,  einmal  in  B^zug  auf  die  Zeit  verhalt  uisso  und  trägt  somit 
zum  besseren  Verständnis  ujancher  Gedichte  wesentlich  Lei,  dann  aber  auch 


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GG6 


£ritiken  tmd  Beferate. 


iubeireff  «ler  Eltern  Maxens.  Gerade  in  diesem  Punkte  brachte  Ilagen  in 
dem  flößen  Werke  ii)>er  M.  v.  Seh.  vielfach  irrtümliche  Nachrichlen. 
Ganz  Verkeljrtes  berichtet  darüber  aber  E.  Heinrich  in  f?einer  Schrift 
,.M.  V.  Sfh.^.  der  Hagen  teil«  falsch  ausschreibt  (so  spricht  er  z.  B.  immfr 
von  Nesselrode  statt  Neaselliei  k  teils  fnls^^h  verstrlit.  Hagens  Bf  ri- bt 
über  die  Zwietraclit  der  Eltern  Mummis  ist  durch  niohu»  erwiei>en.  tleun 
daß  sie  getrennt  lebten  (er  in  Lenkunischken,  sie  in  Nesselbeck)  lag  in  den 
wirtschaftlichen  Vorhalfuisseu  jener  traurigen  Zeit  nn  i  an  der  Gebrechlicli- 
der  betagten  Mutter  der  Frau  von  Schenkendorf  (\  gl.  Knaake  S.  12  nnten). 
Es  wild  diea  andi  YoUattodig  durch  daa  von  Knaake  aafjgafnndene  ond  in 
den  Mitteilungen  der  litaniach-literäriachen  GesellachafI  Heft  18  abgadmekte 
Testament  der  Kriegsritin  widerlegt^  das  innige  Liebe  aam  Gatten  attaet 
Aua  Knaakes  Schrift  erfahren  wir  aooh,  daß  dar  Kriegsrat  nicht  sn  Lenko- 
nischken  starb  (Hagen  S.  20),  aondem  in  Kteigsborg  und  iwar  in  seiner 
Wohnnng  auf  dem  Sackheim.  So  erklärt  sich  Sehenkendorfs  GMicht:  ^Bn 
seines  Vaters  Tode"  auch  anders  ala  es  Hagen  deutet>e.  Etwas  zu  vorsichtig 
drückt  »ich  wohl  Knaake  S,  2(>  aus,  wo  er  schreibt,  „daß  Sch.  dem  Königs- 
berirrr  Tnprendbunde  nicht  fern  ^pstnnrlen  habe".  Hagen  weist  dies  fS.  Hö) 
zwiir  sciiroff  zurück;  dem  steht  aber  ent<;ewn,  daß  Boj'en  ausdrücklich 
eiu«a  iächenkendorf  ans  Nesselbeck  al«  Teilnehmer  nennt  (den  im  Heer? 
stehenden  jüngeren  Biudur  kunute  B.  doch  nicht  so  bezeichnen!},  dium 
unterhält  M.  v.  Sch.  nahe  Beziehungen  zu  Bardeleben  und  Baczko,  die  beide 
dne  ftUirende  RoUe  im  Bunde  nrimi  Boyen  einnahmen;  anleid«n  beweist 
es  deutlich  das  auf  dem  Umschlage  von  Knaake  S.  49  ganz  veraffhnUichts 
Gedicht  an  seinen  Freund  Zobel  von  Zabelttts  (Str.  1.  tJmsohHngen  uns 
nicht  heiige  Bande?  Str.  4.  Da  hast  den  heOgen  Bond  beschworen!  und 
besonders  die  ganae  Strophe  5).  Man  kann  also  wohl  dreiat  Sehenkendorf 
zu  dem  Tngendbunde  rechnen.  Auch  über  Sch  's  Bedeutung  als  Freimaurer 
bringt  Kn.  Neues  (S.  4.^).  Sehr  wichtig  über  die  Bedeutung  und  das  An- 
sehen, dessen  M.  v.  Sch.  sich  in  Königsberg  erfreute,  erscheint  auch  ilie 
Erinneninsr,  «iie  iinger  nltf^r  Kaiser  Wilhelm  I.  ans  seiner  iündheit  aicb 
über  ihn  bewahrt  hatte  (.Ku.  S.  21i. 

Wir  konimen  also  nach  dem  Angelührten  zu  dorn  Ergebnis,  daß  Kn. 
mit  sniiiLM  Schritt  einen  sehr  erfreulichen  Beitrag  zur  Schenkendorf'For&cbong 
geliefert  hat.  Sehn. 

bcio  i>«  iBU^.  Stoäi  18!K>.  {l&b  S.  flr.  8).  Karton.  2.— 
0.  Witts  Name  hat  in  der  pXdagi^iBchen  Welt  einen  guten  Klang; 
seine  „Griechischen  Gdtter^  und  Heldengaoohiehten*',  „dsr  Trojanische  Krieg 
und  die  Heimkehr  des  Odysseus**  und  „die  tapferen  Zehntauaend**  nehmen 


GescbtcLteu  aus  der  Geschichte. 


607 


unter  den  Jug^ndachtifteu  eine  bervomgmde  Stelle  ein,  darum  werden 
wir  nn  sein  jängetes  Werk,  die  „Oesehi<diten  aas  div  Oeschiebte**  berecbtigter- 

maßen  mit  dem  günstigsten  Vorurteil  hemngeben 

Was  an  W/a  frühereu  Schritten  gerühmt  wird,  sein  meisterlinftes 
Ersäblertalent,  seine  Hingabe  an  den  Stoff  und  die  besonnene  Ati9wn>il  rles- 
selben,  finden  wir  auch  liier  wieder.  Er  hat  auch  dies  ^Hncldein  der  Jugend 
gewidmet,  nach  seiner  Angalic  zwar  nur  der  inännliflieri.  <\nch  \nn  ich  über- 
zeugt, daß  auch  dii'  wi  ihlichc  Jugend  mit  dem  gleichen  Eiler  und  Interesse 
seinen  Erzfthhmgeu  iolj^pn  wird. 

Es  ist  kein  Lehr-,  sonJurn  ein  Lesebuch,  welches  hier  geboten  wird; 
so  ist  der  Verfasser  in  der  glücklicheu  Lage,  sich  durcli  kein  lieglenient, 
durch  keinen  ZaUenkaimn  in  der  Wehl  und  fiebandlung  seines  Toffee 
beschrankt  su  sehen,  er  wählt  aus  und  erzählt  je  nach  dem  Orade  setnes 
eigene  Interesses,  zuweilen  bei  verhältnismäßig  geriugfügigen  Ereignissen 
mit  behaglicher  Breite  verweilend  —  ich  denke  hier  besonders  an  die  viel- 
leicht SU  ausflihrHche  Schilderang  von  der  Belagemng  GasQinums  8.  61  — 
bald  aber  wichtige  Staatsaktionen  rasch  hinwegeil^Ad. 

Das  Ältertnm  föUt  81  Seiten.  Beginnend  mit  der  Schilderung  Aegyptens 
und  setner  Bewohner  geht  der  Verfasser  su  den  Medern  und  Pei-Keru  Uber, 
aus  deren  Geschichte  die  Zeit  des  Kyros  ausgewählt  ist.  In  das  Leben  der 
Hellenen  werden  wir  ein^'^'^^iihrt  durch  Bilder  von  den  Kampfspielen  und 
der  spartanischen  Erziehung,  dnnn  folgen  eine  Sohildornnp;  Ath*ni<?  unter 
den  TvTannen,  die  wirhtifrften  Ereignisse  au«  d«-M  IN.Tserkrie^t'ii  und  der 
Alexanderzug.  iVus  dt^ni  roniischpu  Altcituni  wi-rden  die  scliduät^u  Sagen 
der  Kunit^szeit.  vcn  Curiolan  liiid  \  um  (lalliert-intull  i  rzuljlt.  die  Geschichte 
ibt  vcrtiutcu  durcii  den  Krieg  luit  Pvi  ihus,  die  puuiäciitu  ivrioge,  die  beiden 
Bürgerkriege.  Nach  dner  Schilderang  von  Leben  und  Sitten  der  Germanen 
und  der  Eraählung  der  Tentobnrgw  Schlacht  fährt  uns  der  Verfasser  ins 
Mittelalter,  dessen  Hauptepochen  durch  die  Lebensbeschreibungen  von 
Karl  dem  Grotten,  Heinrich  IV.  und  Friedrich  Barbarossa  anschaulich 
gemacht  werden.  Ein  Bild  von  den  Sitten  der  alten  Preufien  und  dem 
deutschen  Bitterorden  beschließt  diesen  Teil,  aufweichen  im  gansen  97  Seiten 
ent&Uen.  —  Die  Erzählungen  aus  der  Neuzeit  (72  Seiten)  sind  im  wesent- 
lichen dein  rioMete  der  preußi.schen  Geschichte  entnommen;  von  Golumbus, 
Luther  und  Andreas  Hofer  abgesehen,  sind  es  lauter  Gestalten  aus  der 
Vaterländiscljen  Geschichte,  die  uns  vor  Augen  geführt  werden:  der  Große 
Kurfürst,  Friedri'  h  I..  FricdnV  h  dpv  Große,  Friedrich  Wilhelm  IIL  und  die 
Königin  Luise.  Blut  iici  und  Wilhelm  I. 

Was  dius  Ijiuli  vor  anderen  ukiilichcn  auszei<-buet.  ist  der  iudividutjllo 
Zug,  \\>n  dvui  OS  durchweg  getragen  ist,  das  itiubuiii  alles  Schabloncii- 
halteu  und  Schematischen.    Hier  spricht  der  Mann  der  Praxis,  der  den 


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GÖ8 


Kritflcen  nnd  Beferate. 


Odst  des  Kindes  versteht  und  von  ihm  verstonde«!  wird*  Durdi  anschsnlicbe 
Bilder  nnd  Yec|(1eiche  sowie  durch  gelegentlich  eingesteeote  Fabeb  und 
Anekdoten  weift  er  das  Interne  stets  rcj;«^  y.u  rrlmlt^n  and  dnrch  ein, 
wenn  ich  so  sagen  darf,  vaterländisches  Kolorit  seines  Vortotges  die  Liebe 
rar  Heimat  und  Begeistciung  für  die  Vorfahren  zu  wecken.  Die  Geschichte 
unserer  Pro\nnz  wird  mit  Vorliebe  herangezogen  und  aus  derseH»<'n  'lie- 
jenigen  Momente  hervorgehoben,  welche  t^lr  das  Gedeihen  nn.I  Ent- 
w'ickoliing  nn-^eres  Staates  und  unseri  r  Dyna^stie  von  besonderer  Bciloutiuig 
sind,  so  die  Kicbentng  Preußens  durch  den  Orden,  die  Krönung  Friedrichs  L 
und  der  Aulenthalt  der  Königin  Luise  in  Königeberg. 

Möge  dem  Buche,  welches  flbrigens  auch  infterlidi  in  Drack,  Einband 
und  Preis  durchaus  angemessen  ist»  von  Seiten  der  Fsdigenossen  die  ge- 
bährende  Beachtung  geschenkt  ufid  dadurch  der  Weg  in  Schul-  und  Haas* 
hibliotheken  ihm  ge9£het  werden! 

Kdnigaherg  in  Pr.  Fischer. 

Worin  b^^iteht  die  Haoptgefahr  für  das  liumanlstisclie  <<}mnasiam.  wud 

wie  lülit  sich  derselben  uiiksani  bf^cgncn?  Von  Dr.  Max  llrcht, 
(iytiinasiallobrer.  Guiubiuneu.  8terzers  üuchbdig.  1890.  ^VII, 
50  Ö.  gr.  8.) 

T)ie  Augen  der  gebildeten  W^lt  richten  sieh  gegenwärtig  inif  SpHiinnii:; 
auf  die  Enquete-Commission,  die  du.'^  preußische  Unt<>rri<]it<iintiisteriu-.a  im 
Herbst  dieses  Jahres  zur  Beratung  über  die  Reformbewegung  des  Gymnasial- 
und  Kealschulwesens  berui:*en  wird.  Es  giebt  bekanntlich  zwei  große  Ström- 
nngen.  mit  denen  sich  diese  Oommission  ra  besdiiftigen  hat,  diejenige  der 
Unitarier  zu  günsten  der  Realschule  und  die  der  Altphilologen  zn  gnnsten 
des  Oymnssiums*  Nach  den  Traditionen  der  prenftisohen  Verwaltung  kann 
wohl  kein  Zweifel  darüber  herrschen,  daft  die  Frage  im  humantstisebea 
Sinne  entschieden  wird,  da  man  d«n  historischsn  Weg  der  dentscheo  Oeistes- 
entwiekelnng  nicht  sprungweise  yerlassen  wird.  Aber  es  ist  doch  wichtig, 
einerseits  auf  die  Gefahr  hinzuweisen,  welche  im  Lager  der  Philologen 
selbst  der  Sache  bereitet  wird,  und  andererseits  auf  die  un  abweislichen 
F ord eiun L;en  der  Zeit,  denen  die  Staataverwaltnnp  Kedmnng  tragen 
muti  Wir  dürfen  von  der foTOn-sission  keinen  fertigen  Leb rp I a ii  erwarten, 
nach  vvelclioni  in  Znkunlt  uiiterri«  btot  werden  soll,  doch  wohl  eine  Ein iptiing 
über  die  (irundlinien  für  die  leriitri' <Jvmna«ialentwirk('hing.  Die  Haupt- 
bestrebungen der  Uni  tarier  zeig^^n  deutlich,  dal\  die  küiittigen  Generationen 
ähnlich  den  romanischen  Völkern  realistisch  erzogen  werden  sollen.  Wir 
sind  aber  davon  überseugt,  daß  dem  deutschen  Geist  dor  idealistische  Zag 
des  Humanismus  benser  tauge. 

In  dieeem  Sinne  spricht  sich  der  Verfasser  vorliegender  Schrift 


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Wohn  besteht  die  Hauptgetabr  für  das  hnmanistische  Gymnasium  etc.  669 

jugendlicher  Fnncbe  und  Begeisterung,  mit  Y^istftndDie  nnd Toleranz  gegen- 
äber  den  gegneriaehen  Bestrebangen  aus. 

•  £r  stellt  die  Hwiptgefahr  in  der  Stellung  des  Griechischen,  in  dem 
er  mit  Weifienfels  das  oharsoter^tische  Iferkmal  des  Qymnaaiams  erblickt. 
Die  Bedeutung  desselben  weist  Verfasser  an  den  in  der  Prima  gelesenen 
Sehriftstellexn  nach:  Homers  Epen,  das  Urbild  aller  Poesie,  sind  ihrer 
dramatischen  Lebendigk<nt.  Ii  in  reißenden  Kraft  und  unvergleichlichen  Klar- 
heit der  Darstellung,  in  ilirer  verendeten  Treue  und  Naturwahrheit,  in  der 
Feinheit  psychologischer  Motivimng  und  plastischer  Charakteristik  noch  von 
keinem  Genius  fib^rtroffen.  Sop  ho  kies  steht  ihm  nls  Tragiker  durch  seinen 
hohen  Seclenarlcl,  sein  tiei'religiöses  Gemüt  x\n<\  die  leine  '.'liaraktei  istik  elien- 
bürtig  zur  Seit«-:  weichu  lULlö  vou  tratllicheii  CharakWrtiii  iu  Oudipus,  Aii- 
tigone,  Ajax,  Pliiloktetf  Der  Philosoph  Pinto  beherrsrlit  mit  seinen  Idoeu 
dns  Geistesleben  der  ganzen  gtibildutHU  Welt  durc  ganze  \litteialter.  Das 
rhetorische  Element  wird  dcreh  Demos thenes  in  hervorra4,endor  Woiso 
vertreten,  einen  Hann  von  politischem  Sebarfblidr,  idealem  Sinn»  gltthmdem 
Patriotismus  und  Begeisterang  för  Treiheit  und  Wahrheit  Nicht  minder 
wertvoll  ist  der  Dienst,  den  der  Geschichtsschreiber  Thucydides  dem 
Yaterlande  geleistet  hat,  denn  seine  gediegene,  sittliche  Natur  verbindet  mit 
hellem,  durchdringenden  Yerstsnde  und  feinster  Beobaohtung^be  eine  un- 
bedingte Wshrheitsliebe  und  Objektivität,  somit  die  besten  Eigenschaften 
ttines  Historikers. 

Diesen  Griechen  stehen  folgende  Kömer  gegenüber,  deren  Bedeutung 
Verfasser  nicht  unterschätzt.  Es  iht  Ciceros  großartiges  Form-  und 
Sprachtalent,  der  Ernst  und  die  (kdit^enlu  it  eines  Tacitus  und  der  liebens- 
würdige Sänger  und  bedeutende  Satiriker  Horaz.  Tim  wie  viel  hOher 
aber  stehen  jene  Griechen  an  rrspnin>j;lirhkeit,  Tiefe  und  Groiie! 

Müssen  diese  Eigensi  hutten  nicht  auch  in  sittliclitjr,  geistiajor  tmd 
ästhetisrlier  Beziehung  fruchtbarer  wirken  und  geeignetere  Bildungsfaktoreu 
für  die  Jugend  suin! 

Wohl  hält  Tacitus  dem  Thucydides  die  Wage,  doch  welch*  ein  Kon- 
trast swisehen  Cicero  und  Plate  oder  Demostbenee,  swischen  Horas  und 
Hom«r  oder  Sophokles!  Darf  ein  Cicero  mit  seiner  maBlosen  Eitel- 
keit, seinem  Mangel  an  Selbstbeherrschung,  seiner  leeren  Phra- 
seologie Mittelpunkt  der  deutsch-humanistischen  Bildung  seini 
Dem  deutschen  YolksbewuBtsein  bleibe  sein  Wesen  fremd. 

Damm  erheben  sich  heute  ftlr  die  Prftvalens  des  Griediiscfaen  immer 
gewichtigere  Stimmen. 

Die  lateinische  Sprache  hat  sich  im  Mittelalt.  r  geschichtlich  zur 
Weltsprache  entwickelt  und  wurde  mit  Recht  Träger  der  Kultur.  Heate 
aber  schreibt  jeder  Gelehrte  in  sein«  Muttersprache,  beute  verlangt  man 


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670 


Kritiken  nnd  Referate. 


nicht  mehr  lateiniimhe  DitMrtatioiien,  nnä  txuih  die  Tage  des  aUerwehw«ehen 
Uteiniscfaen  AufsRtzes  sind  gesftblt.  Von  16  wöchentlichen  Standen,  die 
noch  Lesaing  in  MeiBen  hatte,  sind  wir  in  der  Prima  bis  aaf  8  Stunden 

snrQckgT'gA  n^pn. 

Das  Griechische  aber,  das  im  Mittelftltor  garkcin  Ausehen  genoß 
vitiil  erwt  dnrrh  Reuohlin  nud  Mola  n^'lit  Imn  aufkommt,  st<^ht  hf^nto  mit, 
(i  Stumit'n  !tut'  il^m  T-flirpIf^n  nml  t^rwann  ani  ii  im  Jalirt»  lSci'2  trotz  der 
Vorlegung  dos  Ant'ani^sunterrichtes  \  "ii  (^narfa  ijacli  Tortia  ilnrch  die  Bevor- 
zugung der  l^ektiiif,  in  deren  Dienst  die  Grammatik  tritt.  Öomit  befindet 
sich  das  Griechische  in  aufsteigender  Bewegung,  ein  Wink  der  Zeit, 
auf  den  man  um  so  mehr  aditen  maft|  als  die  Ueberaemgung  sieb  immer 
weiter  verbreitet,  daft  das  Helienentnm  dem  Oermanentam  dnreb- 
ans  verwandt  nnd  sympathisch  ist.  Davon  sengen  nlphigsnie, 
Hermann  und  Dorothea,  Brant  von  Messina,  Sobillers  Gedieht«**,  ebenso 
Lessing  nnd  Winckelmann. 

Wenn  Rethwisch  nach  seinem  Lehrplane  fftr  die  Kinhmtssohnle  dse 
Griechische  aus  Uebersetzungen  lehren  will,  so  streitet  das  gogen  den 
Grundxug  der  humanistisclien  Bildung,  die  deraaf  ausgeht,  durch  Eindringen 
in  den  Vnlk'jrlinnikter  der  Alten  das  eigen*»  Sprarhcreftthl  XU  vertiefen,  die 
Denkkrait  zu  Hfärken  nnd  (Inn  Gf>«jf*hmnck  /n  niui;:<'n. 

Dazu  tritt  der  Ihubtand,  dal»  durcli  ilt.-n  Hinweis  aut  die  griechi5*''h« 
Naiiuiichkeit,  Wahrheit  und  schlichte  tiniL».-  «las  (iemüt  des  deutsciieu 
Ji'inglingH  beständig  erbaut  und  veredelt  wird,  und  kein  Volk  steht 
dem  deutsclieu  Natonialgcfiihl  uud  dem  Christentum  so  nahe  als  das 
griechische. 

Aber  das  Grieohisohe  soll  nnr  im  altklassiscben  Untaniebt 
die  erste  Stelle  einnehmen,  das  Hauptfach  soll  fortan  das  Dentsehe 
sein.  Das  Alterinm  soll  Lehrmeister  der  neuen  Zeit  bleibeo,  doch  nnr, 
nm  es  in  nnsere  Knltnr  anfsunebmen  und  sa  vMiirbeaten:  man  vergesse 
nicht,  daft  dem  Altertum  die  volle  Einsicht  in  Gottes  Wesen  nnd  des 
Menschen  sündige  Natur  fehlt.  L'm  soviel  höher  ilas  Christentum  als  das 
Heidentum  steht,  um  soviel  höher  steht  das  Menschenideal  unserer  Dichter 
und  Donker.  Die  Gestalten  pinrs  tJ  lotlie  und  Schiller  strhrn  dem  Rrsten, 
WdH  Hfnnnr  uud  Sojdioklc«;  liietcn.  uiinilcMlcns  i^K'icli  und  iib»'rtretT<'u  ps. 
Kein  (trieclu»  vermag  tidtz  aller  Vorzüge  so  unmittelbar  auf  das  Gemüt  der 
deutäclien  Jugend  zu  wirken  als  unsere  deutschen  Meistor. 

Um  diese  Reform  des  Unterrichts  darckzufUUren,  entwirft  Verfi&sser 
schließlich  eine  Stundentafel,  nach  welcher  Latein  in  Prima  S  Studeii 
verliert,  Griechisch  and  Deutsch  je  eine  Stunde  gewinnen  j  auch  soll  in  Sexta 
mit  Fransösisch  statt  Latein  begonnen  werden.  Somit  bereitet  das 
Fransösisebe  dem  Lateinischen  den  Weg,  und  dies  übergiebt. 


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Worin  besteht  die  Hauptgefehr  fllr  <Iu  fi«man^iie1ie  Oynmaeinm  etc.  071 


naohdem  ee  die  grammatische  und  logisehe  S^ohalang  des 
Geistes  in  der  Hauptsache  vollfflhrt  hat,  dem  Oriechisehen  das 
Scepter  zur  Vorherrschaft  in  den  oberen  Klassen,  wo  dieses  mit 
dem  Deutschen  vereint  zum  Tr&ger  des  hamanistischeu  Bil- 
dang^prinzips  sirli  t  iliol  f. 

Möge  die  (Ulli-  Tx»  Seiten  ulnt'.^s<t»llf1o^  Sclnitt  des  \'c'rf"a«;^r'rs  wohl 
beachtet  werden  uini  dazu  beitrau;t>n.  den  bcrechiigteu  Wuiist-htf«  und 
Forderungen  der  Ztit  auch  in  den  leitenden  Kreisen  Raum  zu  schaffen. 

Gumbinncn.  Dr.  Rademacher. 

Ulf«  Dr.  Willi.,  Die  TiefeaverUÜtniese  der  Masnrischen  Seen.  HabilitationB» 
Schrift  der  philos.  Factdt.  d.  Univecsit.  Halle.  (Jahrboeh  d.  kgl. 
preoA.  geolog.  Landesanstalt  f.  1889.)  Berlin  1890.  (54  S.  gr.  8., 
m.  5  Tafeln.) 

Noch  wenige  Monde  vor  seinem  Tode  empfahl  Oskar  Peschel  dem 
Referenten  die  Frage  der  roasarischen  Seen  zum  Studium;  denn  Schumann» 
Hypothese  sei  gar  niclit  annehmbar.  Seitdem  ist  ein  Iialiies  Menschenalter 
vorgangen;  aber  noch  bis  heute  liat  keine  der  zalilreich  aufgestellten  neuen 
Hvpothp«r'n  sich  allp^Pin«M'ii<'  Anerkennunp^  zu  erringen  vermoolit  Die  so 
wi'  l.ti^t^  Fra<_-r»  bietet  eben  Schwierigkeiten  ganz  ungewöhnlicher  Art.  Um 
so  ijötliit^pr  ist  die  Feststellung  aller  einsrhlna;igon  Thataachen.  lieber  die 
Tiefen  waren  bi.sher  nur  einige  Wessungtu  das  Fischereivereins  (darunter 
hervorzuheben  die  Tiel'enkart«  des  Lycker  Seo's),  sowie  wenige  ältere  An- 
gaben veröffentlicht,  Ule  bringt  nun,  nach  Bescbreibung  der  Beobacbtongs- 
methode,  ein  reiches  eigenes  Material,  über  35  Seen,  veranschaulicht  durch 
farbige  Tiefenkarten  in  1 : 100000  mit  Tiefenstnfen  von  10  su  10  m  und  mit 
Hühenstnfen  des  angrenaenden  Landes  von  9,4  an  94  m.  Die  Karten  am- 
fassen  —  nebet  kleineren  benachbarten  Ssen  —  den  Manersee,  Löwentlnsee, 
den  Rheinischen  tmd  Baidahnsee  mit  dem  Taltergewässer  und  den  Spirding^eo. 
Eine  Profiltafel  ergänzt  die  Kartenbilder.  Verlasser  i'an<l  als  größte  Tiefe 
51  m  im  Taltergewässor.  Indem  derselbe  das  VerliiiltniP  «1  r  Tiefe  zum 
Areal  bereebix  t,  findet  or  nis  Krffibrmig^^siitzp.  dnP  nm  tiefsten  die  schmalen 
fl'ißartis;<»n  Sron  soii-ü.  >i,\\  u'  die  hoch  un«l  in  Btarkwelligem  Gelünde  ge- 
legenen, uni1  «Ii«'  vdii  Mrion  ii  nmsrebenen  Seen. 

Die  Obertlächengestait  unttjrliall)  iles  Seespiegels  entspreche  vollsstuudig 
derjenigen  oberhalb  desselben.  Zur  Erklärung  werden  mehrere  der  von 
verschiedenen  Seiten  bisher  aofgestellten  Hypothesen  vereinigt:  Die  großen 
orographischen  ZOge  des  Landes  seien  wahrscheinlich  durch  die  jüngst 
seitlichen  tektonischen  Vorgänge  in  der  Erdkruste  hervorgebracht;  nnab> 
hangig  davon  haben  dann  die  von  N.  vordrftngenden  Gletscher  dareh  Änf- 
schattnng  nnd  AnsrAnmung  die  großen  Bodensenken  geschaffen,  erweitert 


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072 


Kritiken  und  Heferate. 


and  vertieft;  vorwi^nd  aber  habe  die  erodirende  Kraft  der  Sehmelswiaeer. 
-welche  in  yerhältnifimilftig  geringen  Haesen,  doch  wfthrmd  langer  Zeit  in 
hiofig  weehselnden  Strombetten  zur  Wirkung  kamen,  dent  Boden  die  jetiige 

Gestalt  gegeben,  wobei  die  liegeugebliebenen  Eisschollen  und  das  walir- 
ftcbeinlirh  noch  in  dem  Ciletscher  eingegrabene  0e.stein8material  zur  Verviel- 
fältigung der  Oberflächen  formen  ^ritniiz,  und  auP«^rdem  iwrh  einige  dur«"h 
gröliei-e  Neigung  des  Rodens  entstehende  Waasertallo  in  dio  sonst  ebene 
Thaluag  tiefere  Löcher  eiugrubim.  Jentzsch. 

^anl  MlfclM  kk^  U$  |ii«i«itl|tif4ir  •^«müiimi.    SSeti  Dr.  Q>.  £ei<une 
^irirfifet,  erb.  Se^ttr  am  jtttfipl^Sf.  (Stabtntimnafhnn     fionijt^bcig  f.  f  r. 

tbg.  fim.  üod».  im  (38  6.)  -sa 

(legen  dn^  Ofißfeldt'schc  Rucli  ..Die  Ersiehnng  der  deutschen  Jngend^ 
ist  seit  seinem  Hi  srheinen  sclum  soviel  geschrieben  worden,  daß  sich  na*"li- 
gerade  niemand  mehr,  der  auch  nur  einigermaßen  An.spruch  auf  Sochkeuntuifi 
in  diest'ji  J>ingen  erhebt  —  wie  viele  frpüich  dürfen  dies?  ~  tur  .«»eine 
Refortnvorsoldat^f»  wird  lM'^t-ist»'i  n  koniKM».  hat*  uit»er  hnmani«ti=5rb#»s  Gym- 
nasium norli  in  vieieni  sehr  hcsstiruugbbedurüio;  ist,  wor  wollte  das 
leugnen?  rJ;iU  !iK<  r  die  Mittel,  din  I'aul  Giißfeldt  zur  Erreichung  dieses  Ziels 
vorschlagt,  nirht  nur  unntUz  und  unverstaudig  sind,  sondern  geradezu  ver- 
derblich sein  können,  davon  kann  eieh  jeder,  d«r  da«  angezeigte  Werkchea 
durchliest,  überaengen.  Man  merkt  es  demsdbea  an,  hier  aprieht  ein  Hann 
der  Prazia  mit  offeottn  Sinn  und  Yerstftndnift  für  die  einaehligigen  Fragen, 
der  daa  Wahre  vom  Falschen  wohl  an  scheiden  weiß  nnd  sich  von  schönen 
Bildern  and  Schlagwörtern  nicht  blenden  UM.  Daft  D.  in  setner  Polemik 
gegen  Ottftfeldt  im  Tone  vielleicht  etwas  zu  hart  und  sarimstisdii  wird,  thnt 
der  streng  begründeten  Sachlichkeit  seiner  Ein  Wendlingen  keinen  Kintrag. 
Und  davon  abf^sehen,  enthält  das  Büchelcltun  das  meiste,  was  sich  in 
wenigen,  aber  prä(  Isen  Worten  für  die  Vertheidigiing  der  alt-klas.sischen 
Bildung  p^olfi-nd  machen  läßt.  Denn  viflor  Worte  bedarf  es  fürwahr  nicht, 
um  ftwas  t rctri'ndfp  zu  siif^cii.  f^aher  vfi  fs  j^i'r;uie  nicht  luiuder  weg**!» 
dieisfH  si  iiies  /«'itgtsmaJ^eu^  aiaegeudeu  luhaiis,  als  wegen  seiner  klaitu, 
treffendea  Ik  lat  hoilung  des  üüßfeldt'scdien  Werkes  allen  Freuudpii  uni.eres 
alten  Gymnasiums  sowie  denen  einer  gesunden,  unbefangenen  Kritik  bestens 
empfohlen.  £. 


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Mittlieiluiigen  und  Anhang. 

Urkundenflind  und  Urkundliches 

▼on 

S^Muamm  SMMl^walLl, 

Propst  nnd  Dekan  in  Königsberg. 

Dnreh  die  Gnade  Seiner  Majestät  des  Kaisers  Wilhelm  IL  und  die 
Oüto  der  Hohen  Kttniglicben  Regierong  wird  in  diesem  Jahre  die  katholiscbe 
Kirche  su  Königsberg,  welche  Königlichen  Patronats  ist  und  als  Hof  kirche 
j^ilt,  restaarirt.  Bei  dieser  Gelegenheit  wnrde  aach  der  Thumücnopf  geöffnet 
durch  Klempnenneister  Wilhelm  Kopp  im  Beisdn  des  Königlichen  Re- 
giernngsbanmeister  Ernst  Lettner  nnd  Kaplan  Theodor  Bnsan,  nachdem  der 
Kirchenvorstand  vorstehende  Persoiie»  laut  Verliandlung  vom  18.  Sep- 
tember c.  hierzu  autorisirt  hattü.  Es  hat  sicli  dabei  gezeigt,  daß  die  Kugel 
von  2  Millimeter  starkem  Kupfer  gelortigt  ist,  1,95  Meter  Durchmesser  in 
vertikaler  und  1.18  Meter  in  horizontnlrr  Rirlitunp:.  stark  vergoldet  In 
dickes  Papier  eiiif^Lnvirkelt,  mit  Schnüreu  verbuijili.n  und  vci*r*ti'>;<:'lt,  was 
aber  alles  gaiulich  vcr^vittert  war,  fanden  sich  in  der  Kugel  drei  Kupter- 
platten  vor: 

1.  Eine  Kupferplatte  vom  8.  Mai  1G17,  Größe  12  cm  im  Quadrat. 
Sauber  eingravirt  ist  darauf  sa  lesen:  „Haec  turricohh  Anno  reparatae 
salntis  1617  die  8  Maji  regente  hunc  dacatam  Pmaiiae  illustrisstmo  principe 
Johanne  Sigtsmnndo  Marchione  et  Electore  Bandenburgico  etc. 

et  constliarüs  sapremls  electorali  nomine  regentibus  Friderieo  Libero 
Barone  a  Dohna  Praefeeto  provinciali.  Johanne  Truchsess  a  Wetahausen 
Bnrggrabio  sopremo.  Ghristophoro  Rappe  Cancellario  supremo. 

Johanne  Alberto  a  Borek  Marschallo  snpremo  est  extructa  per  Nioolaum 
Ranibas  arrlu'tecturae  praefoctum  aidicum. 

■J.  Die  zweite  Kupierplatte  19  cm  hoch,  Ii»  cm  breit  mit  folgender 
Inst  liriti :  ..Ilaec  turricula  |  Anno  reparatae  salutis  MLU'Xr"  |  die  (,steht 
kein  Tag  angegeben)  |  sub  auspicio  .«on'iiissimi  nc  potentissimi  principis  | 
Friderici  tertii  MarchionLs  Brandenburgi<-i  dncis  Prnssiae.  |   Sub  Regimine 

Alt|ir.  MonatMohrift  Bd.  ZXYIL  HfL  7  v.  &  4'1 


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674 


Mitth«iliiDgen  and  Anhang. 


r  ^nsiliariornm  supreincium  |  Joaniiia  Eroesti  a  Wallenrodt  1  Mugistri  Pn>- 
vincialis.  |  Goorgii  Chiistophori  Finken  |  Saprami  Burggrabii.  |  Georo^i 
Friderici  a  Kreyzen  1  Cancellarii  et  praesidis  supremi  |  Tribimalis  1  Cliristo- 
phori  n  Scliliebeu  8ni>romi  !  Maresr>nlli  i  Denuo  est  extraota  per  Johaonem 
Meikstock  1  nrrlntr-*  tm  ae  priielectum." 

3.  Difc  tirittc  TatVI.  %  cm  hoch,  25  cm  breit,  in  den  Ecken  schön  ver- 
ziert im  Stile  der  Kir<  he  mit  lolgüitder  Inschrift :  „Annu  duuiini  MDCCLXXI 
südento  in  throno  Apostolico  demente  XIV  Pontif.  Max.  ]  Caropanile  hoc 
aedificatnin  est  |  feliciter  regente  j  Sereniasimo  et  potenlissimo  Bonusonun 
rege  Fridrico  II  conatittitis  ad  regimen  BorosBiae  conaüiairiis 

statoB  et  belli  miniatris  exoeUeatiasimiB  Domimsj  |  Jacobo  Friderioo  a  Bobd 
finrggrabio  |  Friderieo  Alezaodro  a  Korff  cancdlario  |  Friderico  Oodefiido 
a  Oroeben  Harescballo  |  et  Leopolde  Comite  a  Schlieben  nec  non  |  Jobanne 
Friderico  a  Dombardt  Camevae  regjae  prae»idente. 

Praeside  hujns  ecclesiae  celsiaaimo  principe  Ignatio  de  Krassjm  Kra- 
stcki  Episoopo  Warmiensi  et  Sambiensi  loci  Ordinario. 

Paroclio  autetu  loci  Francisco  Zahn  una  cum  provieoribiu  eoelenae 
dominis  Friderico  SaturETiia  consiliario  regio  a  commercüp 

et  A(\'>\i\t  Saturgiis  fratribus  germatiis  fiira  et  inspectione  Doinint 
Johannis  .Samuelis  Lilienthal  consiliarii  et  architccti  .regii. 

Darunter  in  kleiner  Scbrifb: 
Tabiilae  dnae  minores  adjacentes  inventae  sunt  in  globnlo  tarrieolae 
paryae,  quae  in  medio  tecti  ecclesiae  extracta  faerat  et  campanam  parvnlam 
yalgo  aignataram  pendalam  conUnebat  poatquam  baec  tnrricala  post  totalem 
incinerationem  ecclesiae  anno  MDGGLXIV  factam  dilapaa  faerat. 
Martin.  CernlU  ac. 
Regiomonti. 

Die  Schrift  iet  auf  allen  drei  Tafeln  in  aanberan  lateiniscben  Ma« 

joskeln  gefertigt, 

4.  Zu  diesen  ist  neu  hinzugekommen  eine  vierte  Knpfertafe),  90  cm 
hoch,  17  cm  breit,  •vvplrlic  in  eben  solcher  Schrift  Nach^iteluMuli  s  /u  les»  ii  giebt. 

Ecclesia  s'ili  tituio  Sfi  Joannis  Bapt.  a  iniiilainonf is  ail  liiiiu-  £;lol'iilnra 
cnace  coronauim  denuo  est  restaiirata  impuuft'is  Inditi  K<»>^iinini!<  ('»uileluii  II. 
Imp.  Germauiae  Bor.  Ktgia  |  anno  1890.  |  Kt  tres  tabulae  inventae  ex 
anno  1617,  1690  et  1771  iteram  bic  incltiaae  ona  cum  dooumento  ex  anno  1890 
in  Charta  pcrgameua.  i  Joannes  Nep.  SEadowski,  pracpoaitns.  |  Emestna 
Lottner,  arcbitectume  magister  r^us. 

6.  In  einem  luftdicht  verecblossenen  und  veraiegelten  Glase  sind  die 
jetat  gangbaren  Münaen  yom  Zwansigmarlutück  ab  bis  mm  EinpHannigsttck 
hineingelegt  worden;  femer  die  hiesigen  Zdtnngen:  Ostprenüsche  Zeitang, 


Urkandenfand  imd  Urkundliches  von  Johaniifis  Szadowaki. 


675 


Könlf^sbergtr  Ihuiungsche  Zeitung.  Künigsberger  Allgemeine  Zeitung.  (Die 
fiedaktionen  waren  so  feundlich,  die  Kümmern  vom  1.  Octobcr  zu  diesem 
ZwedE  auf  Schreibpapier  «a  diueken).  Aladaim  das  Pastoralblatt  für  die 
Diözese  Ermlaad,  die  Ermlftndische  Zeitnng  und  Germania,  und  dann  eine 
Uricunde  auf  Pergament,  welehe  folgenden  Inhalt  hat: 

In  Nomine  |  Sancttssimae  et  Individoae  Trinitatis  |  Patris  et  Filii  et 
Spiritus  Sancti!  |  Eccleeia  sub  titalo  Sti  Joannis  Bapt.  anno  1616  aedificata, 
anno  1764  incendio  fnnditns  deleta,  Hberalitate  vero  Borussorum  Prindpum 
et  iidelis  populi  indnstria  anno  1770  reaedificata,  anno  1822  renovata,  quam 
iraportanitate  tempomin  per  tredccim  annos  ab  anno  1876  nd  annum  1889 
seetae  cnidam  „▼eterocatholicorum'^  nomine  qui  contra  infallibile  ma- 
gisterium  Romain  Pontificis  furabant,  esset  addicta  et  per  id  tempus  prorsiis 
npglpcta  flprentis  flomus  Dpi  nspertnm  amplins  non  praeberet.  r?to  7ma  Aprilis 
anDO  ls8!>  r;itli(iliris,  papalem  agiii.si  UMt  tj  lViUiliilitalem  al<  Iiif  lito  Hegi- 
mine  Suac'  Rt,»giae  Muje.siatis  restituta,  e  tutidameatis  ud  suuimuia  fastigiura 
in  pristinnm  statum  est  restanrata  jnssu  et  impensis  Incliti  Regirainis  Suae 
Regiae  Alajestatis  |  anno  MDCCCXC  I  sub  auspicüs  Serenissimi  et  Poten- 
tissimi  Imperatoris  Oermaniae  ot  Borussorum  1  Regi&  Guilelmi  II.  |  sedente 
in  aede  Apostolica  Romae  ;  Leone  XIII  Summo  Pontifice,  |  quam  Provinciae 
Borussiae  orientalis  praeesset  1  Praefectue  Albrecht  a  Schlieckmann,  |  et 
Dioecesi  Warmiensi  cni  Sambiensis  est  unita  |  Ordinarius  Andreas  Thiel 
88.  iheoL  doctor,  |  Praesidente  Inclito  Regio  Regimini  Regiomonti  Onilelmo 
a  Heydebrandt  et  de  Lasa,  Ifagistratui  vero  Regiomontano  Carolo  Selke, 
fabricam  moderantibns  Carolo  Hinekeldeyn  Consiliario  bicliti  Begiminis  et 
Eduardo  Ihiu-  r>  tisiliario  Regio  a  re  arcbitectonica  per  magistnim  archi- 
tecttirae  regtum  Emestom  Lottner. 

Curam  aniraarum  Regiomonti  eo  tempore  habebant  Joannes  Nepomur 
eentis  Szadowski  praepositus  et  decanus. 

Theodonis  Mattbef,  Theodonis  Bn5!nn.  Joannes  Koiberg  capellani,  in 
regio  exercitu  Henriens  ^'ollInar.    Numerus  comninnicantinm  B757. 

Pro  instruenda  juventnte  in  schola  catholica  ei*ant  trea  ludimagistri 
et  tres  luilimagistrae. 

Vitrici  erant  Josephus  Grünau,  Ludovicus  Müther,  GustavusFlakowski, 
Joannes  Semraa,  Carolas  Tidick,  Franciscus  Bomahn. 

Pro  «xtmenda  fabrica  adhibiti  sunt:  Theodoms  Gntseit  et  Onilelmus 
Seherres  fabri  mnrarii  per  opifioem  caementarinm  Otiilelmum  Kiehle,  Emestos 
Weift  faber  tignarius  per  opificem  tignarium  Hermannnm  Qandeck,  Onilelmus 
Kopp  braetearins,  Eduardns  Demos  pictor. 

Liter  pluvias  m«3se  Augusto  opus  eoeptam  est,  inter  plavlas 
et  tempestutes  menae  Octobri  finitum. 

43» 

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676 


MittheilungeD  und  Anhang. 


Dens 
OptimuB  MaximoB, 
qui  gnberiMt  omnia, 
diri^t  Ecdeaiam,  oonaarvet  tmh  pablicam, 
dflt  nobis  omnibns 
suam  paeem  et  benedictioneiiL 


Die  Kirche  zn  Or.  Bosinske,  —  eine  Berichtigung. 

In  dem  tiiniiicii  ersrhieueuen  Jalnf.<lielte  der  Alteriiiiunsgeisellischaft 
„Prussia'*  pru  löö8/89  (45,  Vereinsjahr'  l  eiimlen  .«»ich  in  den  Aufsätzen  über 
die  Kirche  zu  Gr.  Rosinsko  uiul  den  Tatarem  iiilall  (pg.  94  — 102i  einige  Irr- 
thtlmer,  die  ich  im  Interesse  der  historischen  Wahrheit  zu  berichtigen  mir 
erlaube. 

Die  Kircbe  au  BobümIio  ynx  keine  Kirobe  im  Walde;  das  Dorf  wiude 
bereits  1475  auf  60  Hofen  angelegt.  Die  Orflndong  der  Kirche  ist  nicht 
etwa  erst  1690,  sondern  jedenfoUs  noch  in  katholischer  SSeit  erfolgt,  wie 
aneh  im  „Lycker  Unterhaltongsblatt**  (1847»  nr.  83)  von  dnem  aagenachein" 
lieh  glanbwfirdigen  Oorrespondenten  berichtet  wird.  Hfttle  sie  erst  so  spit 
stattgefuDden,  so  heaAEen  wir  darttber  w<d  dokumentarische  Nachrichten. 
Der  Irrthum  scheint  daraus  entstanden  so  sein,  daß  die  Amoldt'sche  Presby- 
terologie  den  ersten  Pfarrer  zu  R.,  „Paul  Rosnitzki",  im  genannten  Jahre 

crwähni;    die  AriKldt'schen   Nachrichten    sind    aber  lezüjiUch  des 
IG.  Jnhrh.  sehr  lückcnliuit  und  ungenau.    Einen  nmimstößlirlion  Beweis  da- 
für, d;iU  diV  Kirclie  in  katholischor  Z'^'t  vom  lürmlanilo  aus  gegründet  sei, 
JiesitztMi  wir  in  dem  (1.  c.  pg.  OG^  be>i  In  iebenen  Fenster  mit  Glasmalerei 
Diesf'lbc  sftllt  nämlich  nach  der  Beschreibung  einen  alten  burtigen  Mauu 
mii  i'ilgerhut,  Pilgorstab  im  l  eiuem  Buche  in  der  rechten  Hand  dar.  Ant' 
diese  Weise  wird  der  Heibgu  Rochus  dargestellt,  der  im  Ermlaade  emer 
sehr  großen  Verehrung  von  Alters  her  genießt,  so  daß  mau  dort  sein  BOd 
fast  in  jeder  Kirche  findet,  z.  B.  in  den  Bochnskapellen  m  Brannsherg  und 
beebarg  ond  in  den  Kirchen  an  Klaukendorf,  Bamsan,  Jonkendorf,  wo  ihm 
SU  Ehren  besondere  Feste  gefeiert  werden.  Die  Beseichnung  „WnnderbUd** 
ist  also  irrig;  denn  es  war  gerade  kein  Wunder,  wenn  die  Feinde  die  Kirche 
wegen  dieses  Heiligenbildes  fiftr  eine  katholische  hielten  und  verschonten. 
Auch  die  Wallfahrten  am  6.  August  finden  niclit  sum  Andenken  an  diese 
Begebenlieit  statt  und  nicht)  weil,  wie  der  Verfasser  sagt,  Rosinsko  „ein 
lieiliger  Ort"  geworden  sei;  diese  Feier  des  6.  August  (Christi  Verklärung^ 
ist  nämlich  in  p^anz  Masuren  üblich  (cf.  Toeppcn,  Aberglauben  an?  Mn« , 
pg.  10;  Hiutz,  Die  gute  alte  Sitte  in  Altpreufien,  pg.  56—67),  und  zwar 


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4 


Die  Kirche  an  Gr.  Bosuisko^  —  eine  Bericlitigang.  G77 

gerade  bei  den  protestantischen  llfeeui^n,  die  denn  anch  nach  R.  in  großer 
Anzahl  wallfaLvten,  niclit  aher,  wie  der  Verf.  behauptet,  die  Katholiken,  die 
gerade  in  jener  Gegend  sehr  gering  an  Zahl  ^\nt\.  —  Ueber  dem  Haupte 
des  Kochns  befindet  siel»  nicht,  wie  Verf.  vermiithet.  ein  „Sonnenschirm"; 
das  ist  vielmehr  der  Hfiliq^onsrhoin.  —  Was  den  Arfikf  l  über  den  Tataren- 
eiulall  betriflr,  so  ist  Tuieiiindlic  h.  weshalb  der  Titol  «los  Pisanski'sclion 
Werkchenss,  das  dorli  nirlit  so  gar  helten.  vielmehr  in  jetler  groi^eren  Biblio- 
thek gefunden  wird,  liior  in  der  Weise  reproducirt  ist,  als  handele  es  sich 
um  eine  wer  weil»  wie  große  Rarität  —  dabei  aber  nicht,  wie  das  Original, 
mit  deutschen,  sondern  mit  lateinischen  Lettern;  femer,  was  die  nicht  ein« 
inal  wort|;etFea  copirten  Citata  ans  Pisandd  sollen  (von  §  JO  die  8Vi  ersten 
Zeilen,  von  §  11  die  erste  Zeile,  §  17  ganz).  Statt  des  Abdrucks  dieser  aus 
Fopelken  eingesandten  Citate  wftre  die  nmsichtige  Benotsong  eines  der  in  den 
hiesigen  Kdni^berger  BibliotHeken  Torhandenen  Exmplare  des  Sehriftohens 
wol  ersprieltlicher  gewesen.  —  Der  Abschnitt  „Ans  der  Kirohen<Chronik  von 
Gr.  Koeinsko'*  ist  schon  lingst  wörtlidi  gedruckt  im  „Evangel.  Gemeande* 
V>latt''  1B58,  nr.  37,  wo  sich  überhaupt  sehr  inter^sante  Nachrichten  Uber 
den  Tatai'encinfall  aus  Kirchenchroniken  finden.  Die  Excerpte  aus  Adler- 
hold's  Höchstgepriesenem  Preußen  und  Goldbeck's  Topographie  haben  mit 
dem  Tatareneinfall  nichts  zu  .«i  Ijaffon.  —  Der  Titel  des  letztern  Werkes 
lantet  nicht  „Topo<!;raphie  des  Littliauischen  Cammer- Dcpnrtemr'nfs",  srindorn 
,,Voljitaiidige  Topograi'hie  des  Königreichs  Pretißen.  Erster  Theil  w«'lolier 
die  Tupogrnjjliie  von  Ostpreußen  enthält'*  —  Erschienen  ist  dieser  Theil 
ni^^ht  1788,  son.lom  iltib  (Pisanski,  Literärgesi  !i.  isöli,  pg.  G76).  —  Das  Dorf 
bei  Drygallea  lieißt  nicht  „Wargulen''',  sondern  „Worgullen".  —  Die  polnisch 
sein  sollenden  Citate  in  beiden  Auisätzen  sind  thcilweisu  uuentratltselbar; 
was  heifit  s.  B.  „owiste  mi<^«ce"       95)?  J.  Sembriyeki. 


Ueber  die  Figuren  auf  dem  Burgkirchenplatzthor 

In  Königsberg  (Ostpr.)« 

Mitfiieteilt  von 

Oeoi'ii  Conrad. 

Wer  in  Königsberg  vom  R^Pt^ärter  Markt  aus  das  Burgkircliouj.latz- 
thor  betrachtet,  bemerkt  über  dem  Huuptoiugange  dessellion  lin  i  Figuren, 
die  Gerechtigkeit,  umgeben  von  der  Barmhers',i;^keit  imd  dt-r  JJebe. 
Der  Stifter  dieser  Figuren  ist  der  KgL  Preußische  Kuiumerziuiirat  Charles 
(Jabrit  iu  Königsberg,  welcher  in  seiueiu.  beim  obei'burggräf  liehen  Amte 


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678 


MittheiluDgen  und  Anhang. 


zu  Künigsberg  am  G.  Febnmr  1727  pr&seiitiei-ten  und  am  15.  Mirs  1727 
publizierten  Testamente*)  folgendes  verordnete: 

T,*^.  Sollen  meine  Erben  df\<^  pm^  Th'tr  des  refArmirten  Dftutsohen 
Kirclion-Platzes  Tuicli  dem  C: cut/.-Tlii  i  liiu,  au tV  ihre  Kosten  ik  u  anfertü^n 
laßen,  und  zwar  unten  mit.  Sttiiu,  daruutf  mit  Ziegele  genaeur^t.  tin  l  Jas 
Thor  und  die  zwey  kleine  Thüren,  von  Holte  gutt  gearbeitet  und  mit  guten 
ScIUößerru  versehen;  obon  aufl  dem  Thor  ansehnliche  Zierathen  und  drey 
groAe  Statuen  von  Bild<Fan«r«Arbetty  als  die  Oeraohtigkeit  in  der  nittoiT 
die  Bamhertsigkeit  an  der  einen,  und  die  Liebe  an  der  andern  Setten* 
alles  wohl  gearbeitet  und  nachgehendt  gemift  König!.  Verordnung  gelb  und 
weiß  abgeputset,  daft  es  ein  gatee  Ansehen  habe.** 

Schon  dem  alten  Paber**)  ist  es  aufgefidlen,  daft  die  Fignr  der 
Gerechtigkeit  aus  Versehen  des  Steinmetzen  dns  Schwert  in  der  linken  und 
die  Wngsohftle  in  der  n  hlon  Hand  hält.  Dieselbe  Eigentümlichkeit  zeigte 
die  aus  Stein  gehauene  Oerorhti'-kc't  über  dem  Eingänge  der  17f>4  mit  dem 
Lübenichtschen  Rath;inso  abgel  um  unten  Markt  wage,***)  sie  ist  also  nach 
dem  Vorstehenden  ein  ..Duplikat  von  irleicher  Verkehrtheit*',  und  niclit 
etwa  mit  der  zuvnr  Icachriebenen  Figur  identisch,  wie  Faber  vermutet. 
Auch  auf  der  Eini.iliit  zum  Geftlngnishole  hinter  dem  untteu  aul  dem 
Alarkt  stehenden  Kailiauso  iu  Sold  au  habeu  wir  eine  ebenso  verkehrt  dar- 
gestellte Jastitia  bemerkt. 


Die  Kant-Blbllographle  des  Jahres  1889 

susammengestellt  von 
Rndoir  Rcicke. 

Kuur»,  Immanuel.  Kritik  der  rein<  u  VernuiiU.   Mii  Einleitung  u.  Anmerkgu. 

hrsg.  V.  Dr.  Eridi  .\  dickes.     Berlin.    Mayer  Ä  Müller.  (XXVII. 

7'j;{  S.  gr.  H.)  Ani/i-z.  u.  trc.  —  yi.  —    Bell.  z.  Milmh,  AUg.  Ziij. 

LSS'.'.  2m,  Mind.  Xo.  07.  Vol.  i.3  iJ.  U^-ldo.  —  ji.  HicM  1/LZ  ISißO. 

4.  —  Sdbstanz.  Vierteijsehr,  f,  wiw.  Fkü.  14,  Jg,  S, 
 Critique  of  practica!  reason,  and  other  works  on  the  theory  of  ethics; 

translat.  by  T.  K.  Abbott.  4tb  ed.,  revieed.  London  Longmana.  8^. 

12  sh.  6  4, 

*)  No.  Oiki.  [lÖe>*J  beim  Konigl.  Uberlandesgericht  Königsberg  aul- 
bewahrt.| 

**}  Faber:  Die  Haupt*  nnd  Beatdenzstadt  Königsberg  in  Prenfien. 
Königsberg,  1810.  8.  94. 

***)  Erleut.  PreuOen  IV,  21. 


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Die  Kant-Bibliographie  des  Jahres  188D. 


Ktkhif  Immaniiel,  Zwei  Brief«  Kaots  aus  d.  NacM.  Borowskis  mitgeih.  v. 
B.  Erdm  ann  in  Breslau.  [Atch.  t  GeaclL  d.  Philo«.  IL  Bd.  S.  349—266.] 

—  —  Die  Bostocker  Kanthandschriften.    Herrn  Prof.  Schirrmaoher  sags« 

eignet.  I.  Acht  Briefe  Kants  an  Jacob  Sigism.  Beck.  [Ebd.  S.  or>2— G.50.] 

—  —  Aus  den  Rostocker  Kanthandschrift^n.   IL   Ein  ungedruckter  Aufsatz 

Kants  üb.  Abhandlungen  Kästners.    [Ebd.  III.  Bd.  l.  Hft.  8.  79—90; 
hericht'igrnäf  Exjänzunfi  «.  2.  Hft.  (1890)  S.  ? 75  -  .'?/,( 
Abendroth,  I)r  Hub  .  il.is  Problem  der  Materie;  e.  I^eitrajj;  z.  Kikenutnisskritik 
n.  Naturfiliilosophie.  (In  2  Bdii.    I.  Bd.  Leipzig.  Engelmann.  (XVI, 
S.  gr.  8.)  14.—  cf.  Grenzboten  1890.  5. 
Abhandlangen  der  Moskauer  psychoIog.  Gesellsch.  (üb.  Kuut,  Schopeuliaaer 
n.  die  Freiheit  des  meuschl.  AVi Ileus). 

Unier  den  zur  Ree.  neu  eingegangenen  Schriften  em&mt  in:  FfiUos. 
MmatOufie  2$.  Bd,  8.  245. 
««elif,  Iii.,  ßüx  »efom      (St^it  fUnfcre  3(it  ^d^vd.  1888.  II.  6.  394-409.] 
AdftiRSOa>  Prof.  R.}  Hiebl  on  pphilosophical  Criticism**  [Mind.  No.  63.  Vol.  18. 
p.  66-^96.] 

A|»ostlcigin.  (Mit  Bez.  auf:  Agnostictsm>Frazer  Prize  Essays.   By  Yeritas 

Tli.cit  and  Beta.  8«.)  [The  Westminster-Review.  Vul.  132.  p.  148-166.] 
AleXMider^  S.,  Fellow  of  Lincoln  College,  Oxford,  Moral  Order  and  Progress: 

an  Analysis  of  Ethical  Conceptions.   London.   Tiül»tii'r  &  Co.  (XXVI, 

113  S.  H.)  rec.  r.  Andr.  Srfh  in:  ^frnfl  'ß.  Vol  1f       ->.'i  f --  'Hi. 
Arnoldt,  Emil,  Zur  Benrtheilung  von  Kant  s  Krit.  d.  r.  \it.  ii.  Kant's  Pro- 

legomena.    [Altpr.  Mon.  Bd.  25.  1888.  Hft.  1/2.    8  1-02.    Hft.  :V4. 

S.  lO.S-226.  Bd.  26.  1889.  Hft.  1/2.  S.  59—147.  Hft.  ö'G.  S.  385  -4tiO.] 
Bain,  Prof.  A.,  the  empiiici«t  position  (read  bciore  the  Axistoteliaa  Society 

21.  Jan.  1889).  (Mind.  55.  Vol.  14.  p.  369  -392.J 
Barlne^  Arvede,  im  juif  polonais  (Salomon  Maimon)  [Revae  des  detix  mondes. 

69.  ann.  T.  96.  p.  771—802.] 
Bellernaniiy  Dr.  Onst,  Beweis  ans  der  neueren  Bantntheorie  für  die  BeaUt&t 

von  Zeit  n.  Baom  u.  für  d.  Das.  Gottes.  Uit  1  Pigurentafel.  Berlin. 

Gaertner.  (Beil.  s.  Progr.  d.  Königstftdt  Bealgymn.)  (SO  S.  gr.  4.)  1.— 
BeiVSOBy  Henri,  Essai  sur  les  donn^  tmm^diatss  de  la  consdencs.  Paris, 

Alcan.  (VIII,  182  S.  8)    rec.  in:  JRctme  philos.  T.  29.  p,  519-538. 
Beyrlchy  Rob.,  Vergleichende  Darstellg.  u.  Beurteilg.  d.  sitfcL  Prinüpien  bei 

Plato  u.  Kant.    Leipz.  I.-D.  Görlitz.  (54  S.  8.) 
Binso,  la  lilosofia  della  causa.    Cat.tni.u  Bnrbni^alli. 

Blencke^  Fritz,  die  Trennung  dus  Schonen  vom  Augenehmpii  in  Jvants  Krit. 
d.  äBihet.  Urteilskraft ;  zup::kMr^b  c.  Verteidigung  Kants  geg.  d.  Vorwurf, 
daß  er  Icdigl.  Forra-Atsili-  tik»  r  im  heutig.  Sinne  sei.  Straasb.  L-D. 
J^euwied.  (Leipzig.  Fück.i  t.2  BL,  58  S.  gr.  8.;  1.2U. 


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Mittheüuiigtu  und  AuLaug. 


BobtsoheWy  NikolAf  di«  GefÜhlalehre  in  ihren  faftuptsMchlicliat.  OMUltgn  voo 

Kant  bis  auf  uns.  Zeit  X.-D.  Leipzig  Osw.  Mutse.  (90  8.  8.) 
Mffil,  9tub.,  3ur  iKaumefieDiie  |icnn.  £p^«.         CI»i«if#tDa(b.  (2  OL.  62  a  &» 
Boen»  W.  M.  H.,  het  rationalistisch  idealiame.   Delft.  J.  Waltmaon  jun. 
8».  -  1  fl.  25  c. 

BoMAleUiy  F.,  Un  nouveau  livre  de  oo^aphysiqae.  Vorlesungen  üb.  Meta- 
physik m.  besoiul.  Beziehg.  auf  Kant,  ilo  G.  Bpr^irmim  [RivisU  ita- 
liana  di  filosofia.  Settembre.]  ef.  Revue  philo».  T,  kB,  p.  442— U. 

BorbeiOy  Joannes,  flb.  d.  Wert  des  monotheist.  u.  pantheist  6ottesbegrif<» 
fttr  d.  sittl.-religiöse  Bewuastsein.  Diss.  inaug.  Hai.  Saxon.  (87  a) 

%WIL»  Dr.  ^f).,  tlebev  bk  ^te^otum  u.  e.  iiabnenb.  (Siitfi^iftKtg.  bed  @o^6  nmt  Sibct^ 
fpruc^e.  Shi  9citr.    ^ritif  b.  nicnf^f.  Grlenntni^vcrmdgeiiö.  S«|)tis* 

(2  5^1.  91       n».  8.)  2.- 
SlKcntdtto,  r'Vrou^,  '^>pm  Uripviiiu^  fitUUtjer  (^cfetintiiiB.   ^'etfi.v    'Wunder  &  (tumlMot. 

(XU,  122  3.  jU-  8.)  2.8().    nc.  r.  D(örlng)  in:  Lit,  CmtraibL  1890.  3. 

Cr.  Bfhf-  Herne  philos   T.  H".  /».  42s-:i^. 
Brix,  Wall(  T-.  ilio  orkpnntnistlieoret.  u    logisclie  Bedeurg.  dos  inathmal. 

Zaldbtfgrilis.    l.-D.     Leipzig.    [Stsp.-Abdr.  aus  Wundt'Ä  phil.  Stud. 

VI.  Htr.  1,2.1  (120  S.  8.) 
Sur(|er,  Stiwoa,  UcL>.  b.  (^UK^clUi^l]  ^ll  '^juDiuu'i^'!  .sjaiiu«.   ^>tn.  Cluiiidjliv;  i. 

i)ticö.  Ccftcvv.  3elbitucil.)  (feit  Cct.  1890  im  »diöbL  u.  b.  I.;  juitcmat.  mit^^ 

bcr  ^^ä^a()ü^vf  kam  vu  trhit  b.  bi«^.  t>ci1u(^t.  Qllicberg.  ben'clb.  (ItR  9citr. 
Qkfc^.  b.  $äbagogif.   Scipjifl  1890.  >^iKf  (40  @.  gc.  8.)  baar  1.— 

Calrd,  Edward,  The  Critic&l  Philosoph;  of  Immanuel  Kant.  By  Edward 
Caird,  LL.  D.,  Prof.  of  Moral  Pbilosophy  in  tbe  üniversity  ot'  Glafigow  Aa 
2  Vols.  Glasgow:  I.  Uaclehose  A  Sons.  (XXIV,  664;  XTX,  «60  a 
gr.  8.)  32  sb. 

cf*  Jtftnd.  Vol.  IS.  p.  130.  —  nc.  v.  Wm.  Wallaet  in:  fkeAvi' 
demy  No.  934.   Andr.  Seth,  in:  Mind.  58.  VoL  15.  p.  2^6^279. 

Cbrns,  Panl,  Fnndamenfal  Problems.  The  Metbod  of  Pbiloeophy  as  a  sjtte- 
matic  arraogement  of  Knowledge.  Chicago.  (267  S.  12.) 

Era^ien  xuent  in  mdweren  Ariihdn  in:  Ute  Cpen  Comi.  —  Bte.  r. 
Lueim  Arriat  in:  Sevue  philo».    2\  28.  p.  551—52. 
CM9f  Thomas,  On  the  philosophic  term,  pbenomencm.  (Uind.  bL  Vol.  14 
p.  8o;»-3io.l 

Catechisulf  lni(]iic  ou  los  grandes  indactions  de  la  morale.  Unters.:  \'o\  iii 
deeerto.    [T>a  Critique  philosophique  Kout.  sör.    V«  ann.    Ho.  U. 

p.  821-333.] 

CescR,  prof,  Cinv..  La  religione  della  filosofia  scientifica.  Padova.  Drucier 
e  ^euigaglia  edit.  (43  S.  8.)  L.  1.5U. 


♦ 

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Die  X«iit>Bibliograp]ue  des  Jabres  1889. 


68X 


ColMB»  Prof.  Henn.t  Kanta  Begrandnog  der  Aesthetik.  Berlin.  Dammler. 
(Xnr488  S.  gr.  8.)  9.- 

rec  V,  (A>)  D(öring)  in:  Li  f.  Centralhl.  4fh    W.  Preobragenaki/  in: 
Yoproft/  fifosofii  i  psichologuii.    Moacau  1.  Jahrg.  No.  l.    (cf.  Hcmf 
philo ft.    T.  29  p.  331.)    Curd  Laßwitz,  Mtur,   SitUichk.  u.  Kunst 
in:  Die  Nution  7.  Jg.  No.  4'h 
Critiqne;  La,  philosophique  (Nc-iivelle  st  rioi  jiulil.  son«?  la  dirertion  de  M.  Re- 
nouvier.    V.  ann^e.  I.    Paris.    (48:5  S.  s^r.  8.)    IL         S  ) 
Erscheint  nicht  weiter,    cf.  Jienoticier. 
Dauriac,  Lionel,  Croyance  et  realittj.    Paris.    Alcan.    12"'.    3  fr.  50  c. 

rec.  V.  Benouvier  in:  La  Cntique  phHos.  V.  ann.   No.  9.  IL  p.  196 
big  816,  —  Viet.  Brodiarä  m:  Sev.  pAU.    T.  g9.  p.  200—JS12, 
IleoMm,  Paul,  Anhang  zum  Bericht  ttb.  Hegel  o.  Schopenhan«:  (beepr.  e. 
EinwendoDg  Foaeber  de  Careirs  gg.  Kant*e  u.  Schopeobavers  Lehre. 
[ArehiT  f.  Geecb.  d.  Pbüoa.  Bd.  IIL  S.  164- 16a] 
IMIttej»  Wüh.y  Archive  der  Litteratnr  in  ihrer  Bedeatnng  für  d.  Stadiom 
der  Oeech.  d.  Pbitoe.  [Archiv  f.  Geecb.  d.  Philoe.  II.  Bd.  S,  848  bis 
867,  enth.  S.  3r,6-61  interessante  mithig».  üb»  d.  Nadttaai  KatU»  tn 
Kimigsb.,  Dorpat,  Üostock,  Hamhirg  ete\ 
—  —  Jahresber,  von  der  1887,  1888  erst  liienenen  Litt.  üb.  d  dtsche.  Philos. 

s*>;t  Kant.    [Ebd.  B.l.  TfL  S.  1B4-1401 
Ooruer,  Dr.  A..  üb.  il.  Verhaltni.sa  d.  PrHj;m;ifik  u  Ethik  in  d.  Theologie. 

fJnhrbüfher  f.  piotest.  Tbpnl,  15.  ,S.  LSI— 552.] 
DreWHy  Arth.,  die  Ltihr»'  von  Rnuni  u.  Ztnt  iu  iIit  nachkantiscli.  Pliilos  :  l-. 
Beitr.  7,.  Geach.  d.  Erkenntnistheorie  u.  Apologetik  der  Metaphysik. 
L-D.  Halle.  (76  S.  8.) 
3«u6o(,  Dr.  ^uiibctt  Z^¥^  C^citflctf*  ««i  Xeiil)djlaiib.  öicirf).  u.  .Üritit.  i*cip<i. 
Sliganb.  (Vm,  824  6.  8.)  5.—  SL  8-~97:  Die  metaphys.  Feriode  da 
Zritgtkfea, 

Ebrenbeiver,  Dr.  A.,  Bec  üb.:  A.  Dorn  er,  d.  menechl.  Eritenn^.  Gmnd- 
linien  d.  Erkenntnistheorie  n.  Metaphysik.  Berl.  1887.  [Ztschr.  f. 
exakte  Phflos.  Bd.  17.  8.  71-81.] 

•Ifeti|sii9«  Wiftt  Dr.  2^.,  bat»  Sefcit  bc«  @(^0nen;  c.  9eTtro0.  @tuttft.  1888. 

«tetler'ö  Soit.    (3Ö  3.  8.)  baor  -60. 
Baglert  geh.  Hofr.,  ord.  Prof.  Dr.  C,  Der  Stein  der  Weisen.  Festrtxle.  An- 
hang: Bemerkungen  zu  Kant's  Ansichten  üb.  die  Chemie  als  Wissen- 

scliflft.    Karlsruhe.   Braun.   (26  S,  gr.  8.)  1.— 
Enocli,  l>i:  Willi..  Der  Bes^iff  <^pr  Wahrnehmung;  e.  Studie  z.  Psychol.  u, 
Erkenntni^Mieoi  i.'.    1  lamburg  18W  (89).    H.  Carly.    (1(>*2  S.  «^t.  H.)  2. - 
cf.  Mind.  Jr.  Vul.  hj.  p.  145—40.  —  rec.  v.  Henri  MuUcr  in:  JUcvite 
phUos.  T.  29.  p.  431-36. 


I  i 


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G82 


Mittheiluiigcn  nnd  Anbang. 


ErduUUiB»  Beono,  Ber.  üb.  d.  neaera  Philo«,  bis  auf  Kant  für  1887.  lÄicliiv 
f.  Gesch.  <].  PliUos.   Bd.  II.   Eft.  9.  S.  800-380.   Bd.  UI.  Hit  1. 

S.  113-133.] 

mW'  (^iiK-  ntiK.    (Titbx.  ^aulfcn'«  @t»ftcin.  b.  ^tl^it.)    \m  aken$b0t(ii  13. 

1,  r,f»7-ooi.j 

Evellin»       la  pensee  et  le  reel.  [Hevne  philos.  XIV.  anu.  T.  27.  p.  225— 50.J 

Falkenhottii,  Hugo,  die  Entstehnni;  il.  linntis'li.  Aesfhffik.    ITeidelb.  L-D. 

Berlin  1890  (89).  Speyer  &  Peiers.    (3  Bl.,  «i4  S.  gr.  b.)  2.— 
Favre;  Cliarles,  Essai  sur  la  m**tn])liy?ifjnc  et  la  morale  d*«  Maine  de  Birtn. 

Thräo  do  l'univerH.  de  Leipzig.  Aiitibes.  (96  S.  gr.  S  t 
Fink,  Eliab,  Kaut  als  Matltematiker.    Erlauger  L-D.  Frankl.  a.  M.  (Leipx. 

Fock  ^  (51  S.  gr.  8.1  baar  L— 
^iff^er,  Muno.  3'"'"fl"ucl  Mant  u.  i'ciiic  i?ct)ie.  3.  neu  btaxb.  ?(ufl.  1.  Itjl.  <inrücl)iv 

U.  Q^rblc^uitg.  b.  Mt.         ^cibdb.  (1882.)  fBtnttr.  (XX,  576  @.  gr.  a) 

2.  X^L  ^nd  Sentunftfvftem  auf  b.  Q^runbrogc  hn  Smiutfrfdrir.  (XyHI, 
616  3.)  94.—  b.  neuem  $^t(of.  5ffeue  ®efainmtau<)g.       m.  IV.1 

^if^cv,  ^ubltt.,  Olrunbrift  b.  @l)ftemft  ber  i^^iloiD^l^ie  M  Oefthnmuiifl^Mci)rc.  iSKit 
m^fiQ.  a)tttfitcir0R.)  SSie^bab.  1890  (89).  9crf|mann.  <123  @.  ftr.  a)  aOO. 

 3m  bem  ».  €eDbc(f<bcit  «uf)a(j:  „.«ont^  iDiit^ctijc^c  UttlKile  a  priori  .  .  ' 

[3tf(^r.  f.  $^t(of.  u.  ))^ili>f.  tfriHf.  95.  8b.   6.  42-66.   (gmibeniiig  ». 

9tub.  eel^bef.  S.  66— 57.J 
Fiflgely  0.,  Bec  flb.  K.  Kromann,  aoswe  Naturerkenntnia.  Prejsabhrifl. 

Kopenhag.  1888.  [Ztocbr.  f.  exakte  Philo«.  Bd.  17.  S.  202—913.] 

FoailMe^  Allr ,  L*avenir  de  la  ll^taphysiqne  fbnd4e  aar  rezp^rience.  Paris. 

Ancienne  librairie  Qermer  BailU^  et  C<«  F41ix  Aleaa,  iditeor.  (XYI, 

804  S.  gr.  a)  6  Ir.  [BiUiotb^que  de  philoa.  oentMnpor.] 
rec.  V.  Jam.  Seth  in:  Mind.  59,  F<rf.  15.  p.  401  404. 
—  —  Snr  la  primante  de  la  raison  pratiqne  aelon  Kant.  [Bevae  phflos.  14. 

anu.  T.  27.  p.  374-384.] 
Fraiichi,  A..  »ine  critique  du  critioisme  [Annale«  de  philos.  chretieime.  Sept.] 
Frank,  D.  Gust.,  Kant  u.  die  Dogmatik.    Decanatsrede,  geh.  an  d.  k.  k. 

evang.-theol.  Facalt.  in  Wien.   [Ztachr.  f.  wiasensch.  Thecd.  32.  Jg. 

S.  257  -280  ] 

üneifiic,  Oberl.  Dr.  Karl,  Untersuchungen  zu  Schiiier»  Aufsätzen  „Ueber  den 
Grund  des  VergnügeuH  an  tragisch.  Gegenständen."  „üeiier  die  trag, 
Kunst"  und  „Vom  Erhabenen"  („lieber  das  Patlietische"  .  Ein  Beifnii: 
aar  Kenntnis  von  SchiUecs  3%eorie  dw  Tkagddie.  (Progi. -Beilage) 
Weissenbnrg  i.  E.  (Vni,  37  a  4.) 

Oottiefctck,  J.,  Bec.  ttb.  Paulsen  Sjstein  der  Ethik  .  .  .  Barl.  1889  (88)  in: 
Theol.  Lit-Ztg.  15.  Jg.  No.  8.  8p.  207-217. 


^  j  .    by  Google 


Die  KaQt-BtbliugrapIxie  des  Jhhxw  1889«  1^83 

Groeaeiregeiii  H.  Y.,  Pauli»  van  Hemert  als  godgeleei'de  en  als  wijsgeer. 
Disa.  Leiden.  (Vm,  220  S.  8.) 

GniB4ltfc0y  Otto.  Kant's  Entwickelung  vom  Realismus  rus  nach  dem  subje- 
ctiven  Idealisra.  [haupts&ohl.  nach  d.  erst.  Aafl.  d.  Krit  d.  r.  V.]  I.-D. 
nreslaii.  Koebner.  (G2  S.  8  )  bnnr  1.— 
UAllicr,  Ernst,  KiilturgeHchicbtp  d.  i'J.  Jolirli.  in  ihr.  Beziehpn.  zu  d.  Entwifklg. 
der  Naturwissenschaften  geschildert.  Mit  18(3  in  d.  'IV-xt  }4»'»lr.  AblnMi^n. 
Stuttjr.  Enke.  (VIII.  847  S.  gr.  8.)  21.—  //.  Buch:  Imm.  Kant  u.  seine 
^yeltansch(^um^^J.  8.  74  —  90. 
Haruitiy  weil.  Prof.  Dr.  Frdr.,  Ethik.  Aus  d.  hdsclir.  Nacldasse  d.  Verf.  hrsg. 
Dr.  Heinr.  Wiese.  Lups.  Grieben.  ^XI,  283  S.  gr.  8.)  G.-- 
ree.  v.  Eug.  Ekrkarit  m;  TheoL  L.'Z.  1890.  5. 
'  —  Begriff,  Formen  xl  Orandlegnng  der  Beehtephilos.  Ans  d.  hds.  Naebl. 
.  .  .  hrsg.  V.  Dr.  H.  Wiese.  Ebd.  (Yin,  161  S.  gr.  8.)  8^— 
fte.  V.  dm*.  eM. 

HartniMn,  Ed.  v.«  Das  Grandproblem  der  Erkenntnistheorie.   Eine  phttno* 

monologische  Durchwanderung  der  möglichen  erkennt  nißtlieoret,  Stand"  ' 
punkte.  Leipoig.  Wilb.  Friedrich.  (VIIL  12?  S.  gr.  8.)  [Ed.  v.  Hart- 
mann's  aasgow.  Werke.  2.  woldf.  Attög  Bd.  I.  2.  Abtlj.J  1.— 

cf.  Mhul  57.    Vol.  15.  p.  146.  —  rec.  v.  Melrer  (B'mni  in:  Bhilos. 

Monatshfte.  2'k  /?ff.   s*.  r,üO—^H.  M.  Ctn-riere,  zur  Erkenntniß- 

fhftwie  in:  Miinch.  Alig.  Ztg.  r.  24.  Ort.  I^S't.  Jini       Nr.  ^95.  D. 

in:  Lit.  Ctralbl.  1890.  ^'i.  Jiwl  Lrh„i<iun  in:  J>LZ.  46. 

—  —  Kritische  Wanderungen  durch  die  Philos.  der  Gegenwart.  Ebd.  1890  (^89). 

(Vlll,  yil  S.  gr.  8.)  G.— 

re<:  r.  —  ,ss  —  in:  Lit.  Ctralbl.  1890.  L*8.  tlie  Speaker  TL 

ileilieiuann,  Iimn.  Kants  pitdagog.  ördanschftuuni;*>n  u.  VorscUlage  zur 
moralisch.  Ei/i»jhg.  [Rheinische  Blätter  f.  Eiziflniii;;.    IKs;».  Hft.  l.J 

Heusel,  Privatdoe.  Dr.  Paul.  Elhifsrlie^  Wissuii  u.  et  Iiis«  hes  Handeln.  Ein  Beitr. 
zur  Methodenlehre  der  Ethik,  i'i  t  ib.  i.  B.  Mohr.  (III,  48  S.  gr.  8.)  1.50. 
rec.  I».  G.  V.  Gizi/cki  iv  Vjahrschr.  f.  iv.  Philos.  13.  Jg.  S.  J,^(il~06.  — 
Mind.  57.  Vol.  in.  p.  147.  Lit  Ctralbl.  1890.  14. 

Heuiislei'y  Prüf.  Dr.  JIhus,  litc.  üb.  Gins.  Tarantino,  Saggio  sul  criticismo  e 
sull*  assooiaziouisroo  di  Davide  Humo.  NapoÜ  1887.  Morano  (75  S.  8.) 
[Philo«.  Mooatshfte.  S5.  Bd.  8.  4S0-91.] 

HejmanSj  G.  beiden),  Einige  Bemerkgn.  üb.  d.  sogen,  empiristische  Periode 
Kant's.  [Archiv  f.  Gesch.  d.  Philoa.  Bd.  IL  S.  572-691.] 

—  —  92ocf|  cinmd:  WMhjtijd),  iyiitljcttid).  lUi^l.  meinen  VlrtiM  :  „?(nrtU)tijd),  jijntljctijcl)*' 

8ierte(if(^r.  f.  iv.        1886.)  I3t)d}i.  j.  %\)\\.  u.  pt^il.  «rtt.  96.  8b.  €.  161 
bfö  173.  Gnlgcgminfl  t).  Sck^bd.  €.  173->78.J 


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684 


Mittheflungen  und  Anhang. 


Hoppe,  Ree.  üb.:  Ferd.  Aug.  Malier,  d.  Problem  der  C^onUnuität  in  Mattem. 
XL  Mechanik.  Marbuig  1886.  [Archiv  d.  Mathem.  n.  Phjnk.  8.  Reihe. 
Vn.  Teil.  Litt.  Ber.  S.  27-29.J 
^ilKbeii,  ord.  Lohr.  Gust.,  die  menschl.  Freiheit  u.  ihre  Beziehg.  a.  chriaU. 

Olanbcn.  (Progr.  d.  k.  Fricdr.-Oynin.^  Cassel.  U)2  S.  1.) 
Intorno  all'  ongine  della  nozioue  di  spazio.  [Eivista  di  filosotia  scientific«. 

Bd.  VIII.  Hft.  6/7.1 
Judl,  Pror.  Dr.  Frdr.,  Gesch.  d.  Ethik  in  d.  neueren  Philosphie.  (L  Bd.  Bis 
aum  Ei\de  d.  18.  Jahrb.  Stuttg.  1882.  Cotta.  (XL  446  S.  gr.  8.)  &— 
n.  Bd.  Kant  il  die  Ethik  im  19.  Jahrh.  1889.  (XUI,  806  S.)  10.- 
Bd.  //.  fte.  V.  Th€ob.  Ziegler  tn:  MünOu  Aüg.  Ztg.  BeO.  m 
Nr.  140.  -  (hwald  KUtpeUt:  Bmt  f.  tit  ünOt.  23,  TT.  B.  Sorley 
in:  Jftfid.        Vol.  14,  p.  584-89,  —  IM.  CtrdOiL  1890.  12,^ 
Wilh.  BoUn  in:  Gegenwart.  37,  Bd,  Nr,  11. 
ftillt  im  ITomt^fe  tpiber  W  Minn  £6cr^^enf1tr««e^ötbe.  [Wtf«^«  Miitifi^  ^ 

Kaat*H  Portr.  (nach  d.  Bilde  in  d.  Todtenkopf  löge  zn  Kgsbg.).  [Allgm.  histor. 

Portraitwerk.  Nach  Auswahl  v.  Woldemar  r.  Seidlitz.  Mit  biogr.  Daten 

V,  H.  k.  Lier.  4.  Abth.  München.  Verlagaanstalt  t.  Kunst  n.  Wissonsch.] 
KaUcr,  Dr.,  Past.  primär,  zu  Löhau  i.  S.,  Kants  Lehre  von  der  Kircite. 

(Foits.>  II.  2.  (Jahrbuch,  t.  protest.  Tlieol  15.  Jg.  2.  Hft.  S.  195  -225.] 

11,  3.  Ebd.  3.  II  lt.  S.  3% -429.1  II,  4.  [Ebd.  4.  Hft.  S.  553— 577.J 
Kerry,  B.,  Ueb.  Anschauung  u.  ihre  psychische  Verarbeitung.    6.  ArtikeL 

[Viertljechr.  £  w.  Phttoa.  XIU.  Jg.  1.  Hft.  &  71-124.]  6.  Axt.  (Ebd. 

4.  Hft.  S.  892-419.] 
KttAver^  Dr.  Onst,  Reo.  flh.  A.  Dorner»  d.  menschl.  Erkennen.  Grdliniea 

der  Erkenntniatheorie  n.  Metaphysik.  Berl.  1887.  [Phil.  Monatabfte. 

2&.  Bd.  S.  685-97.] 
KSitlln,  Prof.  D.  Karl,  Ein  Hymnna  auf  Imm.  Kant.  [Areh.  f.  Geaeh.  d. 

Philos.  Bd.  II.  S.  246-248.1 
9tUM\t.  %<i\\i''\  Dr.  (i.  ^l.,  iliortrnfl  im  uatunuifi-  herein  ^it  Ciiunbuiiii,  Sieiuig  u. 

9,  3oii.  1H89  üb.  bic  in  b.  nad)rtclrt?i,  ,(?nnt^I»?fltuMciiviie  entl)ült.  3i)ftcmatif 

bei  'Jtaturfväfte.  —  Ti^cujfion  bnriibci  i>.  Dr.  Ümil  'iiiolUioiU  u.  Xti.  Dr.  ^.^ollcr. 

'.^lombuiflcv  Ufiidiriditcii  "Ta.  14  u.  16.  ^an.  9lbcnt»  ^^iu^fl.  (?(uonU)rI.  ^^^cfcvat.)l 
ftraufc,      "i^-  ^  .  tii^  ihiiU  .^)cibai1jd)c  ^tl)il.  iliuijd)c  ^tubic.  ÖJot^.  Itjiencmoiuu 

(IV,  159  ^.  rtv.  8.)  1.80. 

ree.  v.  Th.  Ziegler  in:  Phü.  Monatshfte,  26.  Bd.  &  109-111. 
KraiMy  Karl.  Chm.  Frdr.,  Zur  Geschichte  der  neneren  phües.  Systeme.  Ana 

d.  hdschr.  Nachlasse  d.  Verf.'s  hrsg.     Dr.  Fanl  Hoblfeld  n.  Dr.  Aog. 

Wttnscbe.  Leips.  0.  Schulae.  (VIII,  8i3  S.  gr.  a)  8.— 
ree.  lAi.  Ctram,  1890,  Nr,  16. 


^  j  .  -Li  by  Googl 


Bte  Sai&t'fiibliog;raphie  des  Jahra^  1889.  685 

Ärottfiibrrft,  Dr.  ■ilioviu,  .{untn'-?  ']^i]\\oi.  luirti       CSntiuidclung^öaug  u.  it^r.  Ijijtin-. 
^tcUi^.  .v>cibclb.  äiUniei.  »XI,  116  3.  fli.  8.)  3,60. 

rec.     iTonr.  Hermann  in:  BläH.  f.  Hier.  UmÜL  SM,  &  SSnger  ttt: 
afm,nt.-B»Lg.yom»A.  Ztg.  35,  —  im  IM.  CtnOU*  43.  —  S.  Foldben- 
hrrg  in:  Zteekr.  f.  Fhil.  u.  phU.  ErUik.  97.  Bd.  8.  303-306.  - 
L.  Serr  m:  Betme  criüque  1890.  25. 
"KthmtwoMf  Eugen,  Die  Komposition  des  „WallAnstein"  in  iluem  Zosauimenh. 
mit  d.  Ximtisclie»  Studien  SchiUers.  Mfincb.  I.-D.  Marburg.  ^  S.  &) 
Ist  d.  Anfang  des  2.  Theile  einet  3  theil.  Schrift  u.  d.  T. 
—  —  Die  Kantisehen  Studit  n  Schillois  uinl  die  Komposition  des  „Wallen' 
stein^.  Marburg.  Ehrhardt,  [l.  Die  Gedankenbildung  Schillers  unt.  d. 
Einflüsse  Kanta.  (82  S.  gr.  8.)  II.  Entstelig.  u.  Komposition  des  nWallen- 
stcin'*  fÄS  S.)  III.  Die  Persönlichkeit  Srhillors  (M  S  )]  5 — 
Lnnge,  Dir.  Dr.  Kurl,  über  Apperceptiou.  Eine  psychol.-p;i<Ia^.  Monographie. 
3.,  voll,  umgearb.  u.  verm.  Aufl.  Plauen.   Neupert's  Voori.  (IV,  223  S. 
gr.  8.)  2.80. 

rec.  V.  O.Flügel  in:  '/Aachr.  f  exahte  Fhilos.  Bd.  17.  S.  189-301.  ^ 
Ä'.  Bruchmann  in:  /Mehr.  f.  Völkerpsychol.  19.  Bd.  S.  318—23.  — 
Th.  Zkghr  vni  Fhilos.  Monat shftc.  26.  Bd.  8.  111—13. 
Lnsson,  A.,  Vorbemerkungen  snr  Erkenntnißtheotie.    [PMloe.  Monatshfte. 

26,  Bd.  S.  518—666.] 
(Itaarle»  S.  S.)  Metaphysica  Nova  et  Vetnata:  a  Betnm  to  Doalism.  By 
Scotos  Koviuitacas.  2  ed.,  revised  and  extended.  I«ond<»i  A  Edinburgh. 
Williams  &  Norgate.  8.  6  sb. 

reo.*  V.  A.  Debon  in:  Reeue  phUoa.  T.  29.  p.  219—21. 
Lelunanu,  Emst,  Die  versdiiedenartigen  Elemente  der  Schopeuhaaer^schen 
Willenslelne.  I.-D.  Stras<l..irg.  Triibner.  (IX,  140  S.  gr.  8.)  3.- 

rec.  V.  DCönuq)  in:  Lit.  Chdlh!.  48.  Rudolf  Lehmann  in:  DLZ.  50. 
Sicbcciiit,  Dr.  e  ,  ?rt)illci-J  ^In-rhiütiuK  ;,u  .fliint<j  ctljijffKt  'i^cltonfid)!.    (3ü  S.  8.) 
;  Sammlung  ctcmciituftM.  uniuunt).  ÜHnUäj^c.  .  .  tir^v  o.  8i.  ^it(t|otD.  9i. 
70.  .t^ff.  .C^oiiilMtrtvi  ^riibjcr.  ^;m.  -50.  Crin.^clpv.  -80. 
LIpsIuSj  K.  A..   iMe  Hauptpunkte  d.  christl.  Glaubenslehre  im  Umrisse  dar- 
gestellt. [.Tahrlüclier  t.  protest.  Theol.  Ul.  Jg.  S.  1-41.] 

„Die  Doratellung  ruht  auf  d.  KanVaeh.  Mt'kenntnisstheorie  in 
dem  Sinne^  wie  dies  in  „Fhiloee^ie  u.  Bdhfim''  (1885)  ausgeführt  ist.** 
Literatvre,  Becent  philosopbical  (Kantus critical  phili  .suphy  for  Englisb  readers 
by  Jobn  P.  Mahafi^.  Vol.  I.)  [The  Saturday  Beview.  Td.  68.  p.  28-24.] 
Lvdwteh«  Arth.,  Znr  Kantfeier  der  Albertina.  Oratinncala  die  XXIII.  m. 
Aprilis  .  .  .  habita.  Begimontü  ex  offidna  Hartnngiana.  (9  S.  4) 
Entk  S.  5-0:  Bnhnken'e  Brief  an  Kant  d.  d.  Letfden  10.  Märt  1771 
in  dettfteh.  Vehereefjtting. 


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686 


Mittheiluogen  und  Anhang. 


MtCwhf  Jani.,  First  and  fundamental  Tnitbs:  bdng  a  treattse  on  Ifeta^ 
physica  by  Jamea  HcCosh,  DD.,  LLD.,  Litt  D.  £x>PrBaidcnt  of  Prin- 
ceton  College^  author  of  „method  of  dtvine  goverament**,  «tLftwa  o£ 
discnraive  thooght*',  „Paycholopy  of  the  cognitive  powers'*,  „Psycho- 
logy  of  the  motive  powere"  „Rt>ali!<tic  philoaopby".  New  York  Charles 
Scribner'a  sons.  (X,  8G0  &  8.)  Doli  2. 

rf.  MinJ.  54.  Vol.  14.  p.  315-^10,  ree,  v,  Carve^  Baad  in:  Mind.  57. 
VoL  15,  p.  100-103, 

MüMtJf  John  P.,  DD.,  Fellow  an«!  Tutor  of  Trinity  Collog*  .  Dnl  l.n.  «fec 
and  John  Bernnrd,  B.  D.,  Fellow  of  Trinity  College,  Dublin,  *c., 
Kant's  Critical  Philoaophy  for  English  Readei-s.  A  new  and  completed 
edition.  Vol.  I.  —  The  Kritik  of  the  pure  reasun  explained  and  de- 
fended.  London.  Marmilinn  *  Co.  (XIX.  380  S.  s.)  7  sh.  G  .j.  Vol.  IL 
—  The  Prolegomena  Iranslated,  with  uotes  and  appendices.  (XI,  239  S. 
8.)  6  sh. 

c/V  Mind.  .'}6.  Vol.  Ii.  p.  5!)4.  rec.  v.  J.  S.  Mann  in :  the  Acadtmtf 
No.  908.  p.  206—207. 

^alnjer,  Dr.  3-.  liiii'ii>criinfl  auf  Dr.  .3.  ^i.Macc  'JUtifvl'.  „bic  umulunc 

^IpVrcljcniiott  bei  ftant".  («b.  M.  Jpjt.  2.)  M^x.  f.  "i^^il.  u.  pljiloi.  MritlL 
95.  «b.  6.  279-283.1 

Maldidier^  Julea  (prof.  de  phüos.  au  lycie  de  Beims),  du  libre  arbitre.  Une 
noavelle  preave  rat  une  aneienne  d^finitiott.  [La  Gritiqne  philoao' 
phiqne.  V.  ann.  No,  4.  p.  371—288.] 

m<x\)<t.  Dr.  QiUxiK  i.  9)(C.  üb.  ^bf.  )Bi)^ linder,  ^onf»  eifernitmM^orrtifd). 
3bealt»nm».  ^eib.  i.  9,  1888.  fStft^r.  f.  i^tiil.  it.  p^i(.  tril.  98.  ttb.  a 
261-2n.] 

Hirart,  St  George,  The  Origin  of  human  Reeeon  being  an  ezanunatioii  o< 
recent  hypotheaea  conceroing  it.  London.  Kegpn  Paul,  Trmch  Co. 
(4  Bl.,  827  8.  gr.  8.)  10  sh.  6  4. 

—   —   On  Tratht  a  systematic  Inquiry.  Ebd.  16  ah. 

WtWtt»  Dr.  ;^u[.,  ^MiuHinuicI  .UaiU.  3oin  l'cbcii  u.  SSirfeii.  bargeftellt  für  bod  Solf, 
2Uitfi(^tt  jiu  .MönirtC'licrfl'f  iöiivi]ci1d)iiit  bei  Welegen^dt  bet  (Sintoci^ung  be« 
JÜant^^^cntmal».  [Ijnr.  VI  »Her,  $o)>uläTe  9}pTtril0c  u.  «ufffi^  ^bucg 
1890  (89)  €.  l-28.j 

 Unfcr  9ovtfd)vitt  \\m  civtgcit  j^rieben.   {Rebe,  gel),  in  b.  f^ant«Qefcttid^  }tt 

ftantg«6.  am  22.  flpr.  I87L  ((£bb.  @.  382-29«.] 
Moeltsner,  Aug.,  Salomen  Maimons  «rkenniniafcheoret.  VerheeserangSTermdie 

der  Eantisehen  Philosophie.  I.-D.  Greilbwald.  (62  S.  8.) 
Montgoiiier},  Dr.  Edm.,  mental  activity.  [Mind.  66.  Vol.  14.  p.  488—610.] 


^  j  .  -Li  by  Googl 


Die  Eant-BibliograpLie  des  Jalires  ISiÜK  QQJ 
MlBsterkerf,  Hugo,  der  Ursprung  4er  SiUlichlioit  Frelb.  i.  B.  Hohr.  (III, 

lao  a  gr.  a)  a- 

ef.  Mind.  94.  Fol.  14,  p.  !m,  rtc,  v.  B.  in:  Jtente  philo$,  T,  S8. 
p,  107-108,  Tkeob.  Ziegler  in:  DLZ.  33,  FtHgd  in:  Ztschr,  f, 
exdkit  PkU,  Bd,  17.  8, 376-399,  F.  Standingar  in:  FhU,  Mwtattkfte. 

Se.        S.  7.7';    ///,  n.  Lipps  in:  Göff.,i,f.  An:.  .V.r  //.  }'13-Hl. 

MakftShfma,  Rikizo,  A.  B.  (West  lieft.  Coli.),  B.  D,  (Tale  Univ.»  Kant'« 
Doctrine  of  tho  „Thing- In- itself".  Thesis  presentod  to  tlio  pliiln- 
sophirnl  Fa-'nUy  nf  Ynlr-  l'niv('i  >it  \  in  connt'xinn  witli  his  application 
Ibr  the  dtigree  ot  Doct^jr  ot  Philosophy.  New  Häven,  Ooun.:  Priiice, 
Lee  *  Adkins  Co.  ^104  S.) 

cf.  MinJ.  56.   Vol.  11.  p.  rt!*6. 

Nic;o1al}  Wüh.,  Ist  der  Begriff  des  Srliönon  bei  Kant  consequont  tntwickolt? 
L-D.  Kid.  (Lipsiue     Fiaeher.)  (VI,  102  S.  gr.  8.)  baar  3.— 

HoMf  Lndw.,  t  26.  Mftn  1889. 

Obitnary.  {The  Aeademy.  No.  884  p. 

^omftccflcr,  ^tnr.,  (^foiti^).  Sut  Stiimeri).  an  S6to.  9{oM.  [Sie  9?fttton. 

6.  3g.  iRr.  30.  6.  456-69.J 
9 Ober,  I>r.  3.,  SJhd.  ^oirö.  [mnä^.  9(0q.  Bt^.  o.  1  ^uli  1889.  füeU. 

9?r.  183.1 

Norolins,  Gust.,  Om  Kants  sedelRra  med  eärekild  httoeyn  tili  dess  reforma» 
toriska  betydelse.  Akad.  afhandling  .  . .  fönrinnande  af  tilos.  doktora- 

grad-  T'|isalu.  (95  S.  .s.) 
NoTanticu.H,  .scotus.  Ps*  udon.  i.  Pi\>i.  S,  Laurie. 

Obse^  Jak.,  Untersu-  Imtif^en  über  den  Substanzbegrifi  bei  Leibniz.  I.-D. 

Dorpat  1888.  (Kaiuw.,  (70  S.  gr.  4.)  2.— 
Origlo^  the,  of  Intellect.  (Art.  Hl    —  1.  Mental  Evolution  in  Man.  By 

G.  J.  Romases.  Lond.  ISSa  —  2.  On  Truth:  a  aystematic  Inijuiry. 

By  Si.  Oeo.  Mivart  Lond.  1889.)  [The  Edinburgh  Beview  No.  84a 

Yol.  17a  p.  869-S88.] 
%wnUfm,  ®el|.  ffriegdrat^  a.  3).  fK„  bie  @d)iMifuii0  ii.  ba4  Okiftiflc  ht  bctfelbcn. 

(tinc  nalunoiffcnf^  Stubic.  JTgS^  i^mn^  (VIII,  142  S.  jjr.  8.)  a  - 

8,  8^12:  Die  Laplaeetthe  Supoikete  u,  die  Kan  fache  Theorie  S.  12  jf. 

Neiie  Entirickeluntj  auf  Cnin'J  der  Kantsdun  Hypotheae. 
Pllelderrr;,  Otto,  Die  RitschlVhe  Theologie  nach  ihrer  erkcnntniß-tlieoret. 

Grundlage  kritisch  beleachtet.  [JahrbOcher  f.  proteetant  Theoi.  15.  Jg. 

Pillen,  F.,  la  chose  en  dans  la  pliilosophie  alleinainl«.  (Mit  Bez.  anf 
Louis  Durros.  Si  hupfculiaiu"!',  los  origines  de  .sa  lut-taph.  ou  tnins- 
fbrmations  do  la  chose  en  soi  de  Kant  k  Schoponhaucr.  Paris  1883.) 
[La  Critique  philosophiquc  V.  ann.  No.  7.  II,  p.  ö-j  — 71.J 


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088  Mittboilongen  und  Anbaog. 

R.,  A.,  3ur  Vl)iIpjopf)i|d).  l'ilcialuv  (bctv.  «.  3)ürinfl,  p^iloj.  ©ütcrfc^ic.  »cri.  1888.) 
\mnäi.        ^tci.  «elf.  s.  9Ir.  99.] 

Reicke^  Rudolf,  Lose  Blätter  aus  Kants  NachlaB.  1.  Hft.  Königsb.  Beyer's 
Bchh.  (III,  302  S.  gr.  8.)  baar  6.— 

r»r.  JItml  S4,  Yd,  14.  299— SOO.  Komf.  Btmmm  m:  Blatt,  f. 
liier,  Unih.  22.  LaßwiU  tu;  DLZ,  22  «.  m:  IßkuA.  Neueste 
NadurieJtte»  284,  H,  SMteds  {Giesten)  in:  05it  gel.  Änx,  13.  8.  533 
bie  SM.  —  Kmr,  Sdmiät^  Kwut  ah  Kora/|iftt<oK9iA,  m;  iSofwit.* 
Beil.  22  mr  Voemteh.  Zig.  D,  tn:  lAt  arüM  30.  H.  roOM^er, 
-  MitMlgn,  am  d,  JTaitlMeA.  NaditoMe^  m:  ZUehr.  f.  IhU.  «.  pkU, 
Krit.  96.  Bd.  S,  1-37.  Wallace  in:  fhe  Acntlemy  Jib.  911.  S.  256. 
Scrm.  Cohen,  zur  Orientirumf  in  d.  los.  BUitt.  an»  Kants  Xachl.  i«; 
Philos.  Monatuhfte.  20.  Bd.  S.  2S7—.323.  Bityistn  di  filoHofia  scimH- 
fica  VI  IL  Bd.  S.  Hft.  11'.  Preobiagentky  in:  Vofroty  filo»<^  i  p$i- 
chologuii  Moskau  1.  Jahrg.  No.  1. 

—  —  Drei  Briefe  Schopenbauers  au  Karl  Rosenkranz  betr.  d.  0(«?amnit- 

a"s<;!Uj.'  V..I)  Knills  Werken.  '.Altpr.  Mon.  Bd.  26.  S  HlO-Bol.,' 
 Die  Kaut-Bibliograpbie  d,  J.  imi.  [Aus  „Altpr.  Mon."  Bd.  2G.  Htl,  7/B.j 

(12  S.  gr.  8.) 

Äeifdjic,  Lic.  theol.  %\\>\.  SWojr,  bic  IVioijc  mid)  bem  äi^cicu  bei  :)kltgtcn.  Ciniitb^ 
legung  .^u  c.  SJJct^abologie  6er  Sieligiou^fptjilPiP^Jbic.  Svcib.  i.  39.  "äKo^r.  (III, 
124  @.  gr.  8.)  8.— 

ree.  v.  Lmim  Htrr  in:  Bernte  eriHque  50.  3f.  in:  lÄt.  Ctnübt,  49. 

R«MHTler  Pott  prendre  cong^  de  no6  lecteuis.  \l*  Critique  phtlot,  iMKir. 
sir.  V.  annte  No.  12.  p.  401'-40a] 

ef.  Buloe.  BHonatehfte.  26.  Bd.  8.  384.  —  „F.  PiUon  pr^pare  penr 
1890  la  publieaH&n  d^une  AnuSe  phUoBopMque  (crite  dam  he 
prineipee  du  criücieme.'" 
Rlekl  (Freib.  i.  B.]  Ree.  ül>. :  A  d  i  c  k  e  s ,  Kanta  Systomalik  als  ^tembildender 
Factor.  Berl.  1887.  (DLZ.  No.  8.] 

BolMffiy,  £.  de,  rinooonauaable  sa  metapbysique  —  aa  payohologia.  Paris. 
Alcan.  (192  S.  8.)  2  fr.  50  c. 

ree.  v,  Ahx,  Wemieke  (Brvumchw.)  im  DLZ.  5L 

Roslnakt,  Dr.  Adolf,  das  Urteil  u.  die  Lehre  vom  ejnitbetischen  Obaiakter 
desselben.    Eine  krit.4ogi8che  Untersuclmng.  Leips.  Fook.  (YUI, 

m  S.  gr.  8.)  2.— 

Bahlmann,  Hob.,  stud.  theoLt  Pbiiusopbiscbe  Arbeit  Ueber  die  Zahl.  I.-D. 

Kiel.  [40  S.  8.) 

ei^mibt,  '^ifiuici  Dr.  7<\i  Uiciuiiicii.  iJcipi.  4)inn(<|v\  (VI,  37«  5.  ßv.  8.)  7.20. 
6.  30r~316:  Kant. 


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Die  Kant-Bibliographie  des  Jahres  1889. 


689 


Hcltopeiihaner»  A.,  Critiqui*  de  la  philos.  Kantienne;  tradnite  en  frau^ais  par 

J.  A.  Caniacns^e.  (Bnoarest.)  Perrin.  8.  4  fr. 
Hclittppey  Wilh.,  Ree.  Ab.:  Riehl,  der  philos.  Kritidsmns  n.  seine  Bedeatg. 
fOr  die  poBitav«  Wissenecb.  II.  Bd.  Tbeü  1.  3.  1879.  1887.  [Pbflos. 
Mooatshfte.  SS.  Bd.  a  a07-840.j 
Ztm,  Dr.  «Tt^.,  3ur  OMdiit^te  be«  Ch^aben^U^bcgriffe«  fdt  SianU  Seip}. 
(^cbridi.  <XI,  168  S.  gr.  8.)  8  - 

rec.  V.  Thtob,  Zieijler  in  DDL.  41.  StcintJMl  in:  Ztschr.  f.  Völker- 
p»ychol.  19.   lid.  S.  41S~5.H.    Portig  in:  Blätf.  f.  Iii.  Unth.  51. 
Torote  in:  Gegmuart  41.   Grfn:hr>ten  4S.    Die  Gcftelhrhaft   S.  737. 
Hnvnnrk  in:  B:  Jnhrfh.  Bd.  H4.  S.  7:^7.  D.in:  Lit.  Ctrlhl.  1890.  1. 
Seth,  Prot.  Andrew,  »Hf^ul  and  bis  receut  critios^  [Miud.  58.  VoL  14. 
]..  llfi-llO.] 

Seih,  Flui.  James,  the  evolution  of  morality.  [Mind.  6ß.  VoL  11.  p.  27—^.] 
2e))bcl,  Siubolf,  ber  Schlund  ^um  obieriiDcn  erftiiucn.  ^Jtit^t.  f.  ^^jHol  u.  p^U.JWt. 
96.  9b.  6.  1-41.1 

 $er  6^&^ef  jutn  objeltii».  (frtciuien.  OHegcii  Stant  u.  ^.  %  Sange.  [Kud 

«Seitfdrr.  f.        u.  p^il.  fttitit."!  ^Dc  $fcffet.  (Vn,  116  @.  (jr.  &)  2.26. 

MlhoMtteH,  eines  rigaachen  Fatriciergesohlechts.  HL  Ans  der  Hamann-  n. 
Herder-Periode.  4,  Johann  Cliriatoph  Berens,  Raths-  n.  Oberwetthorr, 
*'  geb.  7.  Oct.  1729,  jgest.  10.  Nov.  1792.  (Baltisehe  Monafiechr.  86.  Bd. 

1888.  S.  1-1!).) 

Cpencrr.  .t>cit>cii,  Siiwn'^  iiwül  übanM  \\  iivof.  SJ.  bettet  in  Jiredben.  li]H\^x,  f. 

*l}fii[.  !t,  iMiif  Mrit.  95.        5.  n7-S?2.' 
Staehlin,  Leonh..  Kant,  Lot/»»  ;md  Kitsehl;  ii  riiti<;il  t  xamination,  Ti-aiis- 

latod  by  D.  W.  Simon    Clark  (Edinburgh).   Hamilton.  (XXXII, 

.^27  S.  8.)  !>  8h. 

cf.  Minil  .'>7.  VoJ:  ir,.  jK  m. 
8taBdinger,  F.  (Woi-m»  a.  R.),  Llentiiät  nnd  Apriori.  Eine  logiscb-erkenntnift- 

kritische  Untersnchnng.  [Vierteljahrsschr.  f.  wies.  PhiL  18.  Jg.  1.  Hfb. 

S.  51-70.  2.  Hft.  8,  221-260.] 
 Der  Widerapracli  in  theorefe.  n.  praktisch.  Bedeatg.  1.  II.  [Philos. 

Monatshite.  25.  Bd.  8.  257-288.  385-408.1 
TMnmrjf  Paul,  Philosophie  math^matiqne  et  psychophjrsiqae.  (Hiohaelis, 

tlb.  Kants  ZahlbegriflT.  Berl.  1884.  u.  Stoart  Mills  Zahlbegr.  Eb.  1888. 

—  L.  Ar:  la  Rive  SUr  Ja  compositü)n  des  sen.sations  et  la  formation 

do  la  notion  d'espace.   Gen^ve  1888.  —  Arwid  Grotenfelt,  das 

Webersclie  Gesetz  n.  die  psycliische  Relativität.  Helsingfors  ISäd.) 

fRp%nio  philoj4,  T.  27.  p.  73~82.J 
Theory,  „The  psyr  liologieal.  of  «»xtonsion"  I.  By  Prof,  William  James.  Ii.  By 

James  Ward.  [Mind.  53.  Vol.  13.  p.  107-115.] 

Allpr.  MenataMlirm  Bd.  XX.YXL  EA.  7  o.  8.  44 


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Mittbeütmgen  and  Anluuii^ 


ThilOt  1^0.  üb.  Otto  Cnspary,  drei  Essays  uh.  Grund-  n.  Lebensfragen  ler 
pliilos.  Wisscnschaa.  Heibelb.  1886.  (Zteohr.  f.  exakte  Philo«.  B<L  17. 

S.  103—108.] 

— >  —  Rqc.  üb.  Nikol.  Hadakowit  scii,  zur  Erkenntnia  d.  Idee  d^  Menacheu. 

(M.tting.  1887.  [Ebd.  S.  mo  lU.] 
TliOiiiaü)  Jiile«,  Priiicipti.>  de  plulosophie  raorale.  Paris.  Al<  an.  lUii  8.  8.) 

rec.  «.  F.  Pillon  in:  La  Critique  philo».  Y.anH.  No.  U.  11^439— 
O.  Hamelin  in:  Hei^ue  philöi.  T.  29.  p.  425—29. 

Cpbnes,  PrivaMoo.  Goswin  K..  lieber  die  ErinnernnK.  Untersuchungen  mr 
empirisch.  Psj'chologie.  Leipz.  Duncker  &  Humblot.  (XU,  100  S. 
gr.  a)  9.00. 

fto.  «.  Tkmat  WMHaker  in:  Mini.  89,  Sek»,  Spitta  in:  BLZ, 
1890.  24. 

••I|iii«(f,  ^,  IKilt^liiii.  au«  b.  INtiHfd».  9Io(^fa{fe  [Btfdyr.  f.  it.  ))^(.  «dKf. 
96.  Ob.  @.  1—97.] 

BatllMllcv.  T^cob.  0..  ^iberleflung  bev  jlritif  bcr  reinen  Vernunft.  ^lag.  tticn. 
Xempsh}.  Ceipv  ;>rei)faa  18W  iftf>\  (VITT,  819  S.  gr.  a)  10.Ö0. 

rec.  V.  Ddiring)  in:  Ut.  Ctralbl.  /S.W.  34. 
Velteh,  John,  T-L.  D.,  Prof.  nf  Locric  nnd  Hlitforir  in  the  üniv«^r<«ifv  of 
Glasgow,    Kno\vin;j:  and  Being.    Edinburgh  &  Lmd.  Wm.  Block- 
wood  &  Sons.  (Vlil,  323  8.  8  i 

rec.  f.  J).  fi.  mtehie  in:  M.nä.  .'lO.   Vnf.  U.  r,?4—fi7U. 
iS>9\Uii,  ^i>i)ami^,  IkLk'ijdjaiuuui  u.  Utikijc^ä^inii)  von  t^tfieu  11.  ^iffctifdjait  I.  II. 
ymaOi.  «flfl.  Jtjv  SBcil.  i.        ß.  8.| 

 Ree.  ab.  Q.  Thiel«,  die  Phileeophie  Imm.  Kante  1.  Bd.  1.  n.%  Abth. 

(PhOos.  MoMtohefke.  XXV.  Bd.  B. 

Torlinder^  K.,  die  Kanttsche  Begründung  des  IforalpriiK^ips.  (Progr.  d. 
Realg.)  Solingen. 

rte.  V.  Thenb.  Ziegler  in:  Fkih».  MenaUkefte.  2$.  Bä,  8.  617-^618. 

WMUt,  fftic.  ü5.  3.  »etgmann,  fib.  ba»  S^t.  Verl.  1887.  [Stfifir.  f.  fbil 
u.        iTrit.  96.  Sb.  e.  296-806.] 

Weidbif  eB>  A.  van,  Essai  d'introdttction  i  V^ade  de  la  philosophie  eritiqne. 
Lee  bneee  de  l'objeetivitö  de  la  oonnaissance  dans  le  donudne  de  la 
spontan^it^  et  de  la  rÖflexion.  Bmxellee.  Bayer.  (IV,  879  a  8.)  7  fr.  60  e. 
ree.  v.  G.  F'ontegrive  in:  Semte  pinto».  T.      p.  S43—5S0, 

Wenieke»  Alex.,  Bec.  Ob.:  Arth.  Frhr.  Veyder-Malberg,  üb.  die  Ein- 
heit aUer  Kraft.  Wien  1884.  [Phüoe.  MonateUte.  9K.  Bd.  S.  480-481.] 

Witte,  Prof.  J.  H.,  Sinnen  and  Denken.  Gesammelte  Ahbandlnngea  a.  Vor- 
trüge ans  den  Gebieten  der  Litt,  Pbilos.  n.  Pidag .  aowie  ihrer  Oe- 
achiehte.  Halle.  Pfeffer.  (VII,  259  S.  gr.  a)  6.— 


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Die  Kant-Bibliographie  des  Jaliros  1889. 


691 


Wltl6y  Prof.  J.       Rae.  üb.  H.  Romundl,  die  drei  Fragen  Kaut's.  Berl. 

1867.  fPlulos.  Monatehfte.  96.  Bd.  S.  889-971.] 
—  —  Bac  fib,  A.  Spir,  BaqxuBMB  de  pbiloa.  eritiqne.  Pftr.  1887«  [Ebd. 

S.  014-61^.^ 

WolflT,  Prof.  Dr.  Jub.,  Bas  BewosstsetB  n.  sein  Object  fieiiin.  Ifajer  A 
Malier.  (XI,  620  S.  gr.  8.)  12.- 
rf.  Mind.  5').  Vff.  II.  p.  f.l?. 
Wandty  Wilh.,  System  tlerPiiilosophio.  Leipzig. Kngelnianii.  (X,G09S.  gr.)^.)  1*2.— 
cf.  Oatcafd  Külpe,  ]VilJi.  Wnndt  «.  ä.  Sif^t.  d.  Pfnim.:  Sonnt.- Beii. 
z.  Voss.  Ztg.  4S.  47.  nr.  v.  Theob.  ZUijUr  in  :  (lütt.  tjel.  Anz.  1890. 
No.  11.  S.  441-  471.  ~  Henri  Lachelier,  Ut  meta^hysique  de  M.  Wundt. 
m;  Jlevue  phikt.  7.  29.  p.  449—470. 
Ziefler,  Theobald,  Bec  flb.  A.  Dorne»,  d«  mensclil.  Erkennen.  Berl.  1887. 
[Oött  gel  Ana.  No.  8.  a  909-329.] 

 Beo.  ab.  Wilb.  Elamann,  Ob.  d.  Begriff  d.  hdobet.  Gntae  bei  Kant 

n.  Schleiermaeher.  Leip.  1867.  {PIuIob.  IConatabüe.  85.  Bd.  S.  866-866.] 
j(l««et«aiiii,  (HuftQO,  SecM  ^mt  6c(|iU«rf<^ii  Icfl^eHf.  ®toMe.  Sei))}.  Xettimr. 

(inC,  2.  qr.  8.)  2.- 

SUndlery  Konr..  Beiträge  zur  Theorie  fler  raatheraat  Erkenntniß.  [Sitzungs- 
berichte d.  philos.-hist.  Ol.  d.  ks.  Akad.  d.  W.  U8.  Bd.  IX.  Abhdig. 
98  S.  gr.  8.)  Wien.  Temp^kv  in  Comm.  1.00. 

ZltflCber,  Dr.  Ferd.,  Der  JSu))stimzbpp;ritV.  Ein  Beitrag  zur  üesch,  u.  Kritik 
d.  philos.  GruodvoT^tf'lliini;en.  Zum  Gedächtnis  der  Boj^mml^. 

d.  Erketmtuiätheorie  durch  Jo)m  Locke  i.  J.  1689.  (Progr.)  Forst  i.  L. 
iS.  1—22.  40  i\  2  Spalt.)  Forts,  u.  d.  T. 

 Der  Sttbstansbegriff.  Ein  Beiteag  ...  1.  Hft.  Der  Snbstanabegriff  bei 

Locke.  Leipa.  Fock.  (71  S.  gr.  8.)  1.— 

cf.  B.  Mrdnumn  in:  Afthw  f,  d,  Oeteh.  d,  Fhü.  Bd.  17.  S. 


Uiiiversitäts-Chronik  1890. 

1.  Cct.  ^^il.  3.-2».  ».  Älfrcb  JOcIjJff  (au«?  itriiiobittcn  in  Cftpi.):  '^u  Taitnf)Ou{a\> 
2mtn  II.  3H(fttei».  tJrwd  ».  W.  (5.  öniid)  in  9Rof)vunncn  Cirpv.  (2  ^l.,  75  S.  8.) 

21.  Oct.  Phil.  T -D.  V.  Alb.  Looirentnal  (aus  Posenj:  T)ominiri;s  (Jundisalvi 
u.  sein  ji^ychologiaches  Compendium.  Ein  Beitrag  zur  Gesch.  d.  pbüos. 
Litt,  bei  Arabern,  Jnden  n.  Christen.  Teil  I.  Berlin.  Dmck  r.  H.  It«- 
kowski.  (1  ni.       S.  s 

—  —  Phil.  I.-D.  V.  Fanlus  Uhode  (ans  Köuigsb.):  Thynnoroca  raptura  quanti 
fnerit  apud  roteres  momenti.  Lipsiae  trpi»  B.  0.  Tenbneri.  (44  S.  8.^ 

32.  Ocf  Li  '  tiones  cui-sorias  (juas  venia  et  consensu  onl.  phil.  .  .  .  Emil 

Wiechert  phil.  Dr.  Anwendung  der  Spectralanalyse  zur  Erforschung 
der  Gonetitntion  der  Körper  ad  dooendi  facult.  rite  impotrandam  .  .  . 
habebit  indicit  Guntherus  Thiele  phil.  Dr.  P.  P.  O.  ord.  phiL  h.  t.  De- 
canus.  Begiin.  Bor.  ex  offic.  Hartungiana.  (2  fi).  4.) 


092 


Mittheilungen  und  Ankaug. 


m.  Ort.  Thool.  I.-D  V.  Mftxtmilimnas  Loehr  Dr.  phil.  (aus  Stettin):  Intro- 

(liK'tionis  ad  coinrnentariara  de  threnU  Jeromiae  CApiUt  nonntitUu  lUg^m. 

ex  offic.  Ilartungiana.  (32  S.  8.) 

1.  Kov.  .  .  .  I.ectioues  cursori»*  qnas  venia  et  consensti  ord.  tbeo]c>g.  .  .  . 

Mn\!ni.  Loehr  Dr.  et  Lic.  s.  ».  tlieol.  dir  Th^odi^f^  der  Psalmen  87. 
4y  u.  73  ad  dofendi  lacult.  rite  impetr.  .  .  .  Iialu'l'it  in  ii«  ir  Riid.  Frid. 
Grau  tlieol.  et  pliil.  Dr..  theol.  Prof.  P.  0.  fid.  tlie<  ].  Ii  t.  decaniia. 
8.  Nov.  Mrd.  T.-D.  von  Max  Lauer  pm^'t.  An-.t,  in  S.  li  -riie  •k-\V.'st[.r.  Eiu 
Beitrag  zur  Operation  der  Tricliiasis  bei  dem  Eutiupium  tr.irli  imato- 
8um.  Kgsb.  in  Pr.  Druck  v.  M.  I.iedtke.  {Sii  S.  8.) 
9Jro.  123.  Stmtl.  ^l\^cicl)nin.  *l?ciional-j  u.  3tubiici!bcit  .  .  f.  ^.  is?iiit.  rem. 
189(»  91.  .Uflob.  ."önrtumvdic  "^dibv.  (!}2  3.  8.)  ;»9  (12  uml.  H  juv..  26  md>., 
50  locciii.,  5  3inndi    u.  (ircvciticnmciftci :  682  3^ll^.  (178  XffieL, 

135  3iir..  28.'>  iDkr> ,  i:m  1' u  "l  u.  32  \um  syöwn  ^ol  tvoil.  bcvcd)t.| 

2.  Dec.  Med.  I.-D.  v.  Hugo  VV  ilko  prak.  Arzt  (aus  Willnau  Kr.  Mohrungen} ; 

Ueber  o.  Fall  von  Nabelschnurhernie.  Kgab.  Behdr.  B.  Schenk  ^ 
Srhadlofflky.  ^20  S.  s.       1  Taf.  In  4.^ 
23,  Dec.  Phil.  I.-D.  v.  Georg  .Stern  i^aus  Kgsbg):  Ueber  mikrophoui'^che  Tüq- 
Bt&rkemessang.  Leipasig.  Joh.  Ambro«.  Barth.  (32  S.  8 ) 


Altpr6U8Siseli6  Bibliographie  IbbU. 

Bnndstatter,  Fritz  (Kög»ten  Kr.  Goldap):  Thnoinacbo«.  Werke  n.  Ztalt. 

I.-D.  Leipz.  o.  J.  (dl  ö.  8.) 
MUlKVr  (S.  Q^..  :]\n  d^arattenfür  b.  f(uffaf7<^^wrni»neite  Ut  ffibdfrif.  @R(|e6ocn. 

.Ttfdic.  Moloniül,^tn.  1.  ort-  "^^'i-  1^.]  Ta:  ^t?^{l^.  ci>.  .^of|>itAf  in  @fiteiiinito» 

jel>b.  20. 1      i>(jd)e.  cu.  <^oipita(  in  6anfibai.  [ebb.  4ö.J 
Gohn,  Jac.  (Könitz  i.  Wpr.),  üb.  Dennoideysten  an  d.  groB.  Fontanelle.  I.-D. 

Erlang.  i25  S.  8  ) 
(SIcrictt«,  ^'Mu.,  bic  (yauiilo^ic  im  Öürflcrtl).  («oaui.  5icit.  ^.  ^ojj.  4.  ll.J 
GoHilirDcli,  Maxim.  (Elbm^):  de  Hepbaestioneis  qu  circamferontnr  atpi 

.inti'iitKTo^  Cfiinini'iilaniH.  DLss.  inaug.  Wratisl.  Koebner.  (50  S.  8.) 
Holz,  Max  (Dom  Fruueuburg  Ostpr.l:  experiment.  Untsuchgn.  üb.  d.  Nach- 

tvei«  der  Typhtubaeillen.  Erlang  I.-D.  Berl.  (69  S.  8.) 
^atoM,  A  {TUniti,  b.  3ri)irfialc  bcr  äVinicnlMiiiv  [Tic  diicn,^boteii  41.) 
Kalckfiteln,  Dr.  v.,  Verein.  Staat,  u.  Bht.  N.-Amer.  I88G— 87.  [ Jahresberiolite 

d.  Genchichtsw.  X.  Jg.  III.  297—822.]  "R^r.  fMitthlgn.  a.  d.  bist.  Litt. 

IT  ,1-.  S.  307.  387  -  .^.1 
Äalcnbcr.  Oft  II.  luciipi.,  auf  b.      i^^^-  ^JiV^l^  .Vavtuiuv  ^24  11.  «8  S.  12.)  -25. 
Kalma,  Max,  zu  den  quellen  n.  dem  bdscliriften-verhältniss  des  Onrsor 

Mundi.  [Englische  Studien,  12.  bd.  e.  451—58.]  zur  texterklärung  des 

^omaunt  of  tlie  rose",  [ebd.  IB.  bd.  6,  52B— 5'«^.j  Hec.  [ebd.  12.  bd.  8. 

432-39.  13.  bd.  s.  482-93.] 
fiainmer,  '^^rof.  Dr.  (SD.,  m^mn.  Tn:  in  l'ud,  ein  ättOctijdi.  liommeniar  j|U  0oin«f« 

^Iiav\  iJabcibim».  iSc^öltiiial).  tVlI,  844  e.  flr.  8.J  4.— 
Kant.  Immanuel.'^) 

Kanteog,  G.-L.  Dr.  Job.,  d.  Stelig.  d.  altgerman.  Götterglaubens  im  Unter- 
richt n.  die  Verwertnnt:  der  Edda.  (Progr.)  Memel.  f8.  3—28.  4.) 

Aau^,  iKti).  ^lifcfi.  Dr.  jur.  Wco.  i^^QH^ig),  b.  pvcuft.  3m't.  b.  birch.  3tcuc«t.  ^cil 
i^eDmonn'd  SerL  (IT,  68  6.  ffc.  8.)  1.20. 


Die  Iva Qt  betieüeude  Litt,  in  besonderer  ZaMmmenstellang  obfnl 


AUpreofliBche  Bibliographie  1889.  693 

ilrferftciii,  3eui.-£beil.  Dr.       paDai^UiV  cUidicn.   Ici  „pubai].  3ticit;iüae",  eiUt). 

II.  0.  „ibeAtv  dl«  "  P  109—268.  2.  (Tit.  )«ii*Ä.  «ed.  (1870)  t'iirf« 

imrM.  Vn,  -m  2.  <\r^  H.)  l.- 
K<;lrxjrn8ki;  W.,  Biskujjstwa  i  klasztoiT  w  Polsce  w  X  i  XV  w.  (dok.) 

[Przegltul  iK>wszec]iny.  pod  redakcy^  ks.  M.  Ifomwtldego.  Str.  15— S7.] 

0  przvwilrju  kardvnala  LUiego  X <r.  1105.  (dok.)  [Praewodiiik  natikowy 

1  literacki.  »tr.  400-  419.] 

Eenslen,  Ferd.,  Herbart  n.  A.  Diesterweg;  o.  Vgleich  ihr.  Erziehgs.-  v. 

Untrichtsgrdstze  lu.  Rücks.  auf.  »l.  Voran sst-t/.gn.  au.s  Psychol  u.  Ethik. 

Kgsb^r.  I.-D.  Gumbinnen.  (Kgal*.  Koch  Antii(.)  '54  S.  8.)  Laar  n.  1. — 
Killiiig,  WjUi,  ^ Braunsberg  1,  die  Zusammstzg.  der  stetig,  ondlioli.  Trans« 

Im  nmtionsgruppen.  |.Mathem.  Arinaloii  Bd.  .31.  S.  252— IX).  Bd.  33. 

8.  1--48.  Bd.  M.  S.  57-1-22.  Bd.  :^<i.  S,  IGl -80.]  Krweiterg.  d.  Begrifies 

der  Invarianten  von  Transt'ormatiousgmppeu.  [Ebd.  35.  Bd.  S.  423  — 32.J 
Kiraehstefii,  Oberl.  II.,  Katalog  der  Lehrer- Btbliotbek.  (Gymm-Progr.) 

Marienburg.  (126  S.  8.) 
All),  5Bicl.,  iiin  i)k(ib.  ^\\(\{)\mu\.  Un)cie  Jcit.  -Vft. 

KlelM»  Prof.  Dr.  Edw.,  die  allg.  Pathol.  od.  d.  Lt-^hro  von  den  l>8acben  u. 

dem  Wt'Sen  der  Krankheit«proze''S!>:  e.  Hdbch  f.  Stndirt^nde  u.  Aerzte 

(:}  Tlilf.l  II.  TId.  Störungen  d.  Hiuh  >  u.  der  ZusHUUutriijetzg,  (^allgem. 

patholojr.  Morph. .logie  t  jlir  7'.'  larb.  Abbildg.  im  Text  u.  47  Farbentaf. 

Tena.  Fisch*  r.    XX.  «Hfi  S.  L('X.-8.^  80  -   ll  u.  Tl.:  11 
klel)8^  £Uiniar.  Da.s  Consulatsjabr  des  Geschiriitsclireibers  Tacitus.  [Bhein. 

Husenin.  N  F.  Bd.  44.  8.  273  -7f*.]  Zxur  Composition  ▼on  Petronias* 

Satirae.  (Phiiob>t,ni^  N.  F.  1.  Bd.  S.  r,-2r^    85.]  Tnc  buiinft.  (Clement  in 

Weid)id)tj<ircib9.  t.  xm\.  Siv^äl.  [3J)bclx^  Ijijt.  3t)tljv.     Tv.  25.  ii^b.  8.213-45.] 
Vlebs,  (Geoi^%  xur  Phvsiolugiu  der  Fortpflaoiiung.  [Biuh^g.  Oentralblatt. 

'■\  Bd.  No.  20.  Nachtrag  No  24.| 
KlobSf  Dr  HricUard,  Auüstelluug  u.  Katalog  des  Berustein-Museum»  v.  Stautiuu 

A  Becker.  Kgeb.  i.  Pr.  Nebst  e.  kons.  Gesch.  d.  Bemetana.  Kbg. 

TTartiniL:.  (1<)3  S.  gr.  8.) 
Klelii>  Louiä  (aus  StaUaponen  L  Oatur.),  ub.  ^  Brombuttersauro  auä  Crgtou- 

Bänre  tt.  ÜMcrotornftnre.  I.-D.  Leipz.  (19  S.  8.) 
KllXy  Ant.,  Zur  Casuistik  u.  Aetiologie  d(>r  Spontanai  i|  ii  itionen.  I.-D.  Kgeb. 

(\V.  Koch.)  1,50  S.  gr.  8.  m.  1  Tsä.)  baar  n.  l.Jt». 
KlSpper,  Prof.  Alb.,  der  2.  Brief  an  die  Theasalonicher  erläut.  n.  krit. 

untsucht.  [Theo!.  Stud.  u  Skizzen  aus  <^)atpr.  II.  Bd.  Kgeb.  Härtung. 

S.  73-140.1  auch  scp.  (08  S.  gr.  8.)  1.8<). 
Klopstock,  Martin   [aus  l*r.  Stargard],   üb.  Albuminurie  bei  incarcerirten 

Hernien.  I.-D.  Wiu-zbg.  40  S.  8.) 
««aafr.  CIhtI.  ^imii.  Wefrii  ^.  f:il,  ^Kcnlqinnu.  .yi  lih'it  V.  lÖ3a— 1889.  gtfifdjvift 

50].  ^ubi'Ift'icv      ^Jliuinli.  lü\ü.  ill2  3.  i\x.  8.i 
Kniep,  Walt,  (aus  KrvHzuUen),  üb.  Trennungsniethodon  des  Barinme,  Stron» 

tinnis  u.  Calcium«.  Jenenser  I.-D.  Berlin.  (32  S.  8.) 
Kobiliuüki,  G.  v.,  Eec.  [Ztschr.  f.  Gymn.-Wes.  43.  Jg.  S.  444—50.) 

Köhler,  <ien.-Maj.  z.  D.  G.,  d.  Entwickig.  d.  Kriegawes.  u.  d.  Kriegfiihrg.  in 
d.  RittiTzcit  .  .  .  3.  Bd.  3.  Abth.  l)ie  Entwickig.  d.  Kriegfiihrg.  in  d. 
Kitterzt.  Broslan.  K'H-bmn-.  (X.  560  S   t^r  «  !  14.      (1— III.  3.:  Sl.  — ) 

Kvehliey  Dr.  jur-  Carl  aus  Üanzig),  die  GeschleeiitHverbiiulgn.  der  Unfreien 
im  frtok.  Keclit.  Breslau  1888.  Koebnei.  (VI,  3G  S.  gr.  8.)  1.90.  [ünter- 
sucbgTi  7.  dtsch.  Staats-  u  Rechtsgrs' Ii.  XXII  '  d.  Ursprung  d.  Stadt- 
verfasög.  in  Worms,  Speier  u.  Mainz.  Berliner  I.-D.  [Aus:  Uutsuchgn. 
2.  dtach.  Staate-  u  Kechtegeach.  Hft.  31.]  Ebd.  (2  Bl.,  84  8.  gr.  8.) 

Mni0,  >Koi>.,  btidu.  Vittiicid).  .  .  20  91.  Stcirfdb.  $rl()a<tcit  J^fafini).  (VIII, 
HtS  3.  ilo»-.  8.)  M.-  i^ib.  18.- 

 XiUjcim  .  .  .  2ü.  CvsJ-  ...  52  ^»tiii.       j— 3      ijv.  4.;  ijcipj.  t-mkli  2.— 


Digitizcü  by  ^(j^j-j.l'^ 


Hitthoüuugen  und  Auh&ng. 


ISW.  ll,\'I)vuiuii-n.  rKmiteMbciiv  (72  ii.  3(1  S.  12.  -3<V 
KosslMua,  Gast.,  Kec  [Konreepondensbl.  d.  westdtsch.  Ztach.  f.  Gaacb.  u. 

Kunst.  Jff.  a  No.  11.1 
Kraffert,  Ree.  [N.  philol.  Ruinls.  Lau  12.) 

Krab,  E.,  Ree.  jP&dag.  Archiv.  Ul.  Jg.  1.  8.  10.  üme  jiUirbb.  i.  philol,  a. 

pädag.  140.  bd.  12.  hü.] 
ftMMfe,  Cbal.  Dr.  Winil.,  ra^v  ii.  (Htidiidjtcu.  (Wrbvin  f.  b.  W<id)uiUr.  b.  @«|ta  U. 

Cuintrt        i.'cl)vanffült.  iÖicvMaii.  .^itt.  (VI,  68  S.  «v.  8.^  —80. 
Ärelifeifl'*.  J^v.,  S<in(.  üb.  Wi>cJl)cc  >Vnin't.  2.     neu  hiejv  i».  ^v,v  .^Icni.  'öcd.  1890(89) 

•?acülaifd)i'  ^Öcii.'«d)l).  (271  S.  8.)  4.- 
 ("»^cfrf!.  b.  fvai^öf.  !i)?ationaIIitt.  ...  (5.  um.  "^l.  tu  2  iöbii.  iv^I.  uuun-^irl'  v. 

Dr.  ^l.  Mieftner  u.  %voi  Dr.  >i.  ^ann.vu.  1.  ^b.  (ibb.'  (VIIJ,  221  3- 

flf.  8.)  2.  5»b.  (VIII,  402  S.)  12.— 
Jtll6g)  Reg.-Rath  Prof.  Heiur.,  Currespoinlenzbl.  d.  k.  stcnogr.  Instit.  ?n 

Dresden  .  .  .  36.  Jg.  12  Nrn.  in  Lst  Lit.-Bl.  »i  Nrn.  4.  Dresd.  Dietze. 

haar  4. — 

 Echo.  Uebungsblatt  .  .  .  J^.  1B89.  12  Nrn.  gi-.  8.  Khd.  Laar  2.— 

—  —  Lesebibliothek  -  .  .  Jg.  lbH9.  12  Nm.  gr.  8.  Ebd.  baar  2.— 

 Lehrb.  d.  stenogr.  KorrMp.-  u.  DebattcoMtirift  ...  18.  A.  Ebd.  (VIU, 

80  S.  IG.)  1.50. 

Arofta,  Sibtjdiulv.  Dr.       .i-»iüobud)  f.  b.  Umcvv.  m  b.  l!)ci(t).  au  t)o\).  Xodjtcrjc^ul. 

2.  7(.  b.  SRittelalt.  7.  ?(.  jg»dbcib.  'i^ä^.  (IV,  64  €.  8.  m.  2  l»ifh  Jhirt.)  —8a 
Krifer»  Oberl.  Aug ,  üb.  b.  j(fiiuncl)c  ^nuilfcii;.  ciuij).  #eocttbcit  9I«Tbblfd^[.  tt.  beten 

lUiac^ii.  (^üiogL^^cU.)  ijtdUau.  (öl  S.  8.) 
Krlgor,  Fror,  (pract.  Arat  aus  Amoldsdorf  Wpr.)  d.  Behdlg.  d.  Martdarm- 

krebses  im  Kiiiseriii-.Aup;nsta-TT'.s|>it.  I.-D.  'Berlifi   o2  S.  8.) 
KraubholU)  Rob.  (Ötettiii),  äamait^n  u.  d.  Deutsche  Ord.  bis  sum  Fried,  am 

Melno-See.  Beriin.  L-D.  Kgsbg.  iäO  S.  8  m.  1  Karte.) 
(AMr.  d.  Ätalei///.,  die  vollst.  AHteit  in  d.  Altjo-.  .U»h.) 

Km.sie,  Carl  (Dauzig)  Ree.  [Ztschr.  f.  d.  Gynina-.ial\vesen  43.  Jg.  A|uil-Octob.i 

HÜ^ttC,  ü.,  .*i>bbud).  b.  (^rbbtejituö.  bvr  '.(Jcdu.  CfHu-  ^uf  (^rb.  v.  anttt.  u.  cuib.  ;iui:il(i^ 

Ükblog,  mit.  ftbg.  «o^.  (IV,  169  ©.  flr.  8.)  6.-  fl<6.  7.— 
 . . .  bet  froo.  »cftpr  tSbb.  .-öaaicnitcm  *  Ü<ofllcv,  '»(.  OK  (III,  172  2.)  4.— 

Jli»|l»cr,  ^fr.,  ^l-'vebii^t  Ab.  ^hm.  t>,  27-:w  b.  iriöffuiv  b.  (Sonflr.  f.  tmi.  tRift.  .  , 

Äbil.  (^lafc  A  llu;,ev.  (18  3.  (\\:  8.)  bnrti  u.  n.  —30. 

KiuuiUt  Paul  (aus  Dauzig)  Zur  Auat.  einig.  Keimblatt.;  e.  Boitr.  z.  vgL  Anat 

dieser  Organa.  I.-D.  Braal.  (40  S.  gr.  a) 
Knamer^  E  ,  (Hafenbauiusp.  in  Neulalu  w  iis.sor  ,  rulsonieterardage  aur  Förderg. 

V.  Baggererde  aus  Prähmen  bei  Erbauung  e.  Bohlwerks  am  linktoi 

Weicbselufer.  [Ztsobr.  f.  Banwes.  Rft  IV/VL  8p.  961—268  m.  Zeaehngn. 

auf  Bl.  .84  im  Atlas*.] 
 Voliendg.  der  Westmole  im  Halen  v.  Neuiahrwaaaer.  [Central bl.  d. 

Baaverwaltg.  22.  j 

IltttfVa*  Dr.  -t).  ("?((lonbevrt),  ^Muiljvopolivjiii'  u.        udioiitm.    .{Mimbiilbi.  s. 

S.  800—304.1  üb.  b.  plun'iüloiv  u.  5Öci>culuurt  bei  (SaiiölicuicUcn  *w 

(SeutvalucviH'untitcniiJ.  |cbb.  3.  416—419.] 
Ktttaaer,  Rieh.  (Thoru),  zur  Casnistik  u.  Hiatogttiase  d.  LympboBSrkome. 

I.-D.  Greif'^w.  .34  8.  8.) 
Vatfnet,  <ia\i,  ^t>\v]d)\M(l)\:c.  iaus>  Üiubidcu,  Mi.  ^uficvburä,»,  XiuiteUg.  b.  luirtljfd). 

u.  fodal.  !D|>fiUniife  e.  i)ft))r.  Sanbf)enicbibc  ^tn.  3.-3).  QinfteTbUTA  (8e$.at 

9i|rir  Cbeii.  i.'.,  Öci1»a^  ^.  fimn>v  ?KcliiVDn«uutev.  .  .  .  t)R9fott.  ^It  1.26. 

—  —  SlWmt  Sitteu:  uni)  (^hiubcu^iletivc  .  .  .         — f?0. 

liaiiipe.  Ernst,  Beitrage  z.  Gesch.  Heinr.  v.  riauen,  1411—1413.  [Zeit«clir.  d. 
i¥estpr.  GeschichtSTsreins.  Heft  26.  Oaiusig.  8.  1—47.] 


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Altpreufiische  Bibliographie  1880. 


695 


Lange,  Jal.  (Nemnark  i  Weetpr.)  zn  Plantiu.  fNeue  jahrbb.  f.  pliil.  ti. 

pädag.  1S9,  bd.  s.  17;J— 175. [    Caosars  zweiffr  Zxig  nach  Biitiuii).  M.. 

Gall.  V.  8—19.]  Ebd.  s.  187— 1U2.|  ^  Heinrich  des  Oleissners  Reinliart 

TL  d.  Roman  de  BenaTi  in  ihr.  BMaebj^.  sq  einand.  (2.  Teil.)  (Prog.- 

Beil  I  Neumark.  (H2  S.  4.) 
Langendorff,  O.  (K^i-^Li?).  Beitr.  ss.  Kenntii.  d.  Schilddrüse.  (,Aiis  d.  phvsiolog. 

Institut  in  Kj^sb^.)  Hieran  Tftf.  V.  fArch.  f.  Anat.  n.  Plij-siol.  Abtli. 

Suupl.  Bd.  S.  -J  19-242.1 
iMst,  Wilh.,  svntnkt.  Stud.  Üb.  Balzac  L-D.  Kgsbg.  (Gräfe  &  Unzer.) 

(99  S.  gr.  8.)  n.  n.  2  — 
Lthnanb's,  C.  Verkelirskai-te  d.  Provinaeu  Ost-  n.  Westpr.,  Pomm.  u.  Posen. 

Nach  aintl.  Quell,  bis  ;»nf  d.  Crrr^v.  horicht.  1  :  1  DOOOm.  Litli.  ti.  rolor. 

«ür.  Fol,   Nebst  f.  Verzeiclm.,  tutli.  ijainintl.  Postortc  .  . .  Berlin.  Lith. 

Inst  it.   '_M  S.  gr.  8.;  2.r*0. 
T.Phnerdf,  M..  Ree.  j  Woohenschr.  i\  klass.  Philol.  VI.  Jg.  X...  S.      Ml  ] 

tftl)rcc>^(imn0  i.  £\t  u.  ^Jcftpr.  nb.  .  .  u.  ^.  iMidcl.  20.       52  Üixn.  (^.i  jji.  4. 

$ffl*b.  (Hrfife  Ä  Un,^er  i«  Goiinn.  3Jiertd}.  door  n.  n.  1.60. 
LeHke,  Frl.  K..  üb.  prähist.  Bogräbnißplätze  in  Kerpen,  Oablanken  n.  kl. 

Karnitten,  Oatpr.  IVerbdlgn.  d.  Berl.  Ges.  f.  Anthrop,.  Ethuol.  u. 

Urgesch.  Stzg.  v.  16.  Febr.  S.  110—112.  ni.  Zinkogr.]  Burgberg  von 

Qr.  Gardinen.  Ostpr.  [Ebd.  8.  112—113  m.  Ziiikr.;,a-.J  Pfenlekopft  u. 

and.  Giebelveraierungen  in  Rußld.   [Ebd.  S.  HB.]  üb.  Knochen-  u. 

Horn-Geräthe  in  Ostpr.  [Ebd.  Stzg.  v,  19.  Oct.  S.  601-6)2  m.  5  Zinkogr. 

Querena  Bomoveana  n.  (Sonforten.  [$a9  9litU,  G2.  ^g.  9h'.  22.] 

LCTJ»  llt'inr.,  üb.  d.  VerhalttMi  riiiiL;.  Tliioj»hcn<leriviifö.  insbes.  der  /^-Thiophen- 
säure,  im  thierisch.  Stoffwecbsel.  I.-D.  Kgsbg.  (W.  Koch.)  (22  S.  gr.8.) 
baar  n.  —80. 

ÜcMAlb,  jN-fluni),  ISinc  ISndiciiunuv    .Oink'vlnfi.  (^vviljliv  K^avtciil.  "i^ir.  49—52.; 

^ccrolosK  u.  ^mbvtfiiuo'.  jltcb.  i^anb  u.  Weer.  62.  ^b.  'ilt.  47.  (^otticbaU. 
mt  'l^ortroit.  9Iinrb  u.  eüb.  ^b.  fiO.  €.  81—45.  jrar|>ele«.  l^ie  Qkgeiu 
loavt.  '.Uj  >^b  ^1,1.  a->.|  (Jt  atitnbfd}.  15.  Sn.  12.        Saiowon.  OICuftr. 

98.        i)ir.  2407.) 

^ewalb,  Dr.  Wciidjteaij.  i.  (ilbiusv  5i>ürid)läac  ^.  c.  Sicfüim  bco  SJcrinl)i.  im 
fd)dffengffri(||t(.  StraffatNn.  f^tfi^.  f.    Qcf.  (Stvafre(^t«io.  10. 166.  6. 84—110.) 

IfCyilen«  Geh.  Mfd.-R,  Dir.  Prof.  Dr.  E.,  Arbeiten  ans  d.  ersten  medir.  Klinik 
2U  Berlin.  Hrsg.  .  .1.  Oct.  1888  bis  Oct.  1889.  Berlin  189U  (89). 
Hirochwald.  <Vf  273  S.  gr.  8.)  baar  n.  8.- 

—  —  Verhandliiii.  «1.  ^.  Coii^irssts   für  iim.  ^Mt-iltr.  geb.  z.  Wiesbaden  v. 

15.-~18.  Apr.  .  .  .  Wiesbaden.  Bergmann.  i^XXXVII,  481  8.  m.  Ab- 
bildnngen.)  10. — 

 Zeitacliv   1   kHn   Medicin  ....  Bd.  XV.  XVI  (A  6  Hefte  gr.  8.) 

Berlin.  Uii-schwaUl.  ä  16. — 

—  —  lieber  den  Morbus  Brightii  bei  Schwangeren  u.  Gebftrenden.  [Charit^- 

Annalen  red.  v.  Mehlhansen.  14.  Jg.  S.  129—150.]  e.  Fall  von  ange- 
borener Enge  des  Anrtensystem.s.  fEbd.  S.  151  —  157.]  üb.  e.  Fall  von 
retroperitonealem  Abscess  nebst  Bemerk gn.  z.  Therapie  d.  Pleura- 
empyeme. I  Berl.  klin.  Woehenschr.  No.  29.]  ttb.  e.  Fall  v.  Perityphlitis 
durch  Perforation  des  Processus  vermiformis.  Operation;  Heilung. 
(Ebd.  Nr.  ;U.]  Beitr.  z.  Lehre  der  Fremdkörper  i.  d.  Luftwegen. 
(Vortr.)  [Dt.  medic.  Wochenachr.  .W.  Jg.  No.  5.  S.  81-82.]  üb.  d. 
Prognose  der  Herzkrankheiten,  [ebd.  Nr.  15.  20.  21.  auch  ak  Sep.-Abdr.J 
Leipz.  Thieme.  (50  S.  gr  8.)  1 
Llebreidlf  Prof.  Dr.  Oscar,  Electuarium  e  Senna  inspissatum.  [Therapeut. 
Monat.shefte.  Hft.  5  |  Weitere  Untsufhgn.  üb.  d.  todten  Ranm  1  ei 
chemisch.  Reactioiten.  [Sitzgsber.  d.  k.  pr.  Akad.  d.  W.  z.  Berlin. 
XIV.  XV.  8.  169-197.) 


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696 


Miitheiliuigeii  and  Anhang. 


XtlpBCliitZy  K.,  S':r  nn  tln'<ni  nie  nrithtiü'ti  jne.  [Comptcs  reu<lu8  hcbtloiuadaires 
des  seances»  de  i'acad.  des  sciences.  T.  CVIIJ.  p.  489—492.)  Uateuclii^. 
d.  Eigensoliafben  e.  Gattung  v.  nnendl.  B«ihen.  [Joorn.  f.  d.  reine  n. 
angew.  Math.  Bd.  105.  S.  127-150  ] 

Orb.  .  .  .  \Stii^lh\.  C»art.  Stfl.  V.  4.  ^oit  «r.  4.  »eUj 
Loewensteln,  .Tul..  die-  InipituVtcrritlose  d.  PMepntinins.  L-D.  S^gsb.  (W.  Kocb.) 

v22  Ö.  gr.  B.)  baar  n.  80. 
LoblB«]rer,  Prof.  Xh-.  Karl,  GrundriB  zu  Vorleeangen  db.  latein.  Palaeo^pbie 

II.  ürkuntl<  nl»  lii  e  von  «i.ii'e  Paoli.  I.  Lateinische  Palaeog:rapLio.  '2.  stark 
erweit.  u.  umgearb.  AuE.  Aas  d.  Ital.  übersetzt.  luoäbr.  Waguer. 
(X,  04  S.  gr.  8.)  2.- 

—  —  Probe  au>  Kaspars  v.  Noßlitz  Haushaltungabnch  d.  Färvtenth.  Preofien. 

[AUpr.  }don.  20.  Bd.  8.  571— 5S2J^ 
 ^teton.  «Ott).  mu\.  M\d]c.  ^Öiüflv.        fl9.  @.  811-12.]  ^öuI  t).  9iiiütorf. 

icbb.  ab.  30.  IV,  1.  3.  11-13.1 

 i'cvfdiicb.  Vhtifd  in:  Tcutjdic  Cinciiflolvibie  .  .  .        27  u.  36.1 

 •icit)d)riftcnjd)au  (b.  i^uu».  Cft  u.  "isJcfipr  x.  betr.)  ISoifdiiuiqcn  ,jnr  ^wuibenb. 

u.  <|>icii?5ifd).  Wcid).  n.  ^^b.  1.  .vvilttc.  8.  273-70.  284.j 
 ^Hcc.  |C£bb.  2.  292-205.  i'it.  CScntialbl.  8.  35.  39.  42.  47.  48.  cfjbd  o  hn'L 

;Jtjd)r.  "n.     «b.  25.  @.  B26-80.  532-3(^.  iöb.  27.  ^.  854-59.  MittheiJ«n. 

d.  Litau.  htt.Ge8.  14.Hft.  S.  180—184.  .vartumiid)c -^ti^.  Sonnt.-»!.  «r.«).| 

Lossen,  W. .   Formein  zur  Berechnung  der  MuIi  <  ularMihimina  organisch. 

Vbindn.  lLiebig'.s  Annal.  d.  Chemie.  254.  Bd.  8.  42-83.1 
Ssffsts,  füopfa  V.,  .t>ptm.,  (Hefd).  b.  (Mrenobier^djciVincnti»  mm  ^riebridi  I.  (4.  Gftpr.> 

ra.  5.  I.        ^erl.  l'Jilllev  u.  Sofjn,  (XVI,  234  ».  55  S.  nv.  H.)  8- 
Lowiimkl,  Prot.  A..  Zur  Kritik  der  Horazisch«>in  Satiren,  (^fl^ivcöbct.  üb.  b.  Ä. 
fot^.  IHgmn.  N.  F.  No.  XXXIV.)  3;cuti(^  Aivonc.  (S.  3-18.  i«) 

Iiiiwldi)  Prof.  Arth.,  Homeri  Oarmuia  reesnsoit  et  seleota  leetionis  varietste 

instruxit.  Pnrs  nlteta:  Odvssea.  Volumen  prios.  Lipsiae  in  aedibos 
B.  Ö.  TeubnerL  ^XXVIII,  "315  S.  gr.  8.)  8.- 

—  —  Zur  Kantfeier  d.  Albertina.  Oraiiuncnla  die  XXIIL  m.  Aprilis  h.  a. 

liabita.  RLUiiniontii  ex  offirina  Hartungri"!'-*^-   0  S. 

—  ~  Scholia  iu  Homeri  Odysseae     <i4— 153,  auctiora  et  emeudatium  edita. 

Königsb.  iAkad.  Behh.  v.  Schabert  A  Seidel.)  (84  S.  gr.  4.)  baar  n.  —fß. 

 scholia  in  TToinr-ri  0(U  sscae  ^  154—337  aoctiora  et  emendation  edita. 

Ebd.  (23  S.  gr.  4.)  baar  n.  -20. 

 Zn  den  TliasBchoUen  [Neue  jahrbb.  f.  phil.  u.  paedag.  139.  bd.  8.  129 

bis  l?)2.]  Oi'leus  xmd  Ileus,  [ebd.  s.  2r>2— 25 1.]  Zimi  Homerischen  Hennetf- 
hymuos.  [Ebd.  s.  413— 416.J  Zur  Eiresione.  (ebd.  s.  ii40.]  Wie  ver- 
standen die  alten  das  Homerische  r^f^outfoiTn:  ?  [ebd.  s.  657—667.1  Zn 
ApoUonios  Sopliistes.  (s.  81.  18  Bk.)  I<  bd.  s.  865.]  Joliamus  von  Gaza. 
iKhein.  Mus.  L  Pbüol.  N.  F.  44  Bd.  8.  li)4-206.i  Zum  Homenscltea 
HeTOes*H7ninoe.  febd.  S.  466—469.  u.  Berl.  phüol.  Wochensohr.  9.  J^. 
K.  5.  (J.  8.  0.  10.1  ThessaliecHe  Ephebeninschrift  [ebd.  44.]  die  Lyn 
des  Hannes,  [ebd.  52.] 

Lldfke,  Franz,  arm  Conit:;,  Beiträge  x.  Kenntniß  der  Alenxonkörper.  Erl. 
I.-D.  Berlin.  (Sep.  Abdr.  aus  Pringheim's  Jahrbb.  f.  winenscheiH. 
Botanik.  Bd.  XXI,  Jlft   \.)  (07  S.  S^.  m.  3  Tat".) 

Luerssen,  Prof.  Dr.  Christ.  \KKi'''g  )  I^'ß  FarnpHanzen  od.  (Jefäßbündelknp- 
to-amen  (Pteridophvla).  Mit  226  Abbildgn.  I^ipzig.  (XII.  000  S.  gr.  8.) 
53.60.  IRabeiihorst's  Krvptogumcn-Flora  von  Dtechld.,  Oesterr.  o.  d. 
Schweiz.  III.  Bd.  Lfg.  1^14.  18Hi-1889.] 

 Bibliothe<  a  1   lanica.    Abhdlgn.  aus  d.  (Jesammtgebiete  d.  Botanik. 

Hrsg.  V.         F.  H.  Ilaenlein  u.  Prof.  Dr.  Loerssen.  Hil.  1&.  Iii. 
Cuaöcl.    Fischer  gr.  4.  ü,  10. 


AltpreußiscLti  Bibliugi-Hphie  18dlK  097 

Laeiwu,  l'iuL  Dr.  Chr.  kKbg.)  Ree.  (i»it.  UciilvnllU.  17.  20.  -31.  U-s-lö.  47-  V.K] 
I««now,  Alax,  Beitrag  z.  Diagnose  u.  Therapie  d.  Äctinomykose.  Kgsbg. 

(Koch)  (29  S.  gr.  8.)  haar  n,  -5<). 
MftflTIlMy  Rieh.,  üb.  tl.  anat.  Verlialt.  1.  .X-  l  -  nuuHuii,  lei  Thyreoidea  u.  Thymus 

II.  (l.  Sviii]athicua  hei  Hemioepbaian.    1.>D.    Ebd.    {97  8.  gr.  ä,  mit 

8  Taf./b«ar  n.  1.20. 
Maunlkowsk}',  k.  Reg  -Baum,  v.,   Neubau  d.  evang.  Kirclie  in  Pr.  Friedlaod. 

* 'i  iit  1  allil.  <\.  niUivcrwaUtini;  Nr.  20  ni.  TIolz.s<  Im 
^autcgaisa,  iUoj.  'ijaul,  Die  ipiiaicuc  bei  ücteiioaliti.   Müniav^Ocva  üitvv.  "SWoli. 

(124  S.  8)  1.-. 

Wtattt,  iJvof.  Dr.  W  ,  lli'tv  w\a'..  Tiinacnn'rth  ^or  t'fii'"l^ti"il''  Hill  bcHMibcvcr  'Vilui- 
(ic^ttia^iuc  auf  ltjouiaö)(^la(fc,  .Uuod)ciimc^l.  '4-'C>'UiU>^^it>'^  <>•  Mopio(itl)cnuict)l. 
(4«rr.  ^temdf».        SB  for6.  STurnntof.  u.  2  (it^oflr.  9(bbtlbfin.  Treiben. 

—  —  Mitthoilgu.  aua  d.  laudwirthsch.-ph^'sioi.  LabonitoriuiQ  u.  landwirthsch.- 

botan.  Garten  des  landwirth.  Instituts  d.  ünivers.  Königsberg.  2.  Hft. 
Kgsbg.  Bey,  rs  Brhhdlg.  in  Comm.  (VI, 222 8.  gr.  8.)  6.-  (l  u  2  n,:,n) 

MftrtenHf  Dr.  Willi.,  Hegens  a.  D.  in  Oliva  l>t.i  Dfin/ig.    Die  falsche  (ieueral- 
Konzession  Koustantius  d.  Gr.  München.  Stahl  seu,  ,  VI,  130S.gr. 8.) 3.20. 
 Ben.  [DLZ.  Sa  4i.1 

Martini,  KnMi  '%\  ii«:iil<m    (W<  st])r.)]:  Untench.  ttb.d.PaIswelleuge0chwindigk. 

1.  -D.   Beiliu.   (32  JS.  gr.  8.) 

Hartiti,  Prof.  T.      die  Vertri^»  d.  Kgr.  Württemberg  ttb.  internationale 

Rechtshilf,    ^\us:  „FestgÄe  d.  Univ.  Töb.  «.  85.  Jani  1880."]  Tftbing. 
Laapp.  (30  S.  gr.  4.)  2,—. 
HafBAt,  Dir.  Heinr..  Römiscbe  Zeitrechntin«  für  d.  Jahre  219  bis  1  v.  Chr. 

Berlin.    Weilniann'sclie  Bchh.    iVIlH  oOO  S.  gr.  -i.)  IG.—. 

—  —  ^'ie  UcbcifiiUuiu^  b.  qclcl)vt.  t^d)ci:  u.  b.  odjiih'cjürmtcaci«  )öciiiii. 

f&bh.    (VIII.  80  S.  in.  8.1  1,20. 
 der  römische  Kalender  von  l^f  '  Ms  108  v.  Chr.  [Hermes  24.  Bd.  S.  670 

bis  579.]  Ree.  [Gött.  gel.  Auz.  lÜ.  2i.  25.  ÜLZ.  13.  37.] 
Hajen»  Georg,  (Dtsch.  Krone)  De  partiool^  ^nod  atiia  quoniam  ^uomodo 

i]t  pro  Acc.  cum  Infinitivo  yost  verba  sentiendi  et.aedarandi  poeitis. 

Diss.  inaug.  Kiliae.  (64  S.  H''.) 
SIeirr,  Cberveiv      I()cob.,  Tic  iioli.-^ciiU'ictie  n.  3Jorbiuvi.  b.  ^Hciv  'iV-v  .«oniqoba.v 

2.  Vlufl."  .^Ki>?biv  >■  i'i-  (XII,  7HS  3.  (IV.  8.'  12.- 

Mendthal,  Mart..  Üntsuchgii.  üb.  die  Mollusken  u.  Anneliden  d.  frischen 
Haffs.  L-D.  Kgsb  1888  (Koch.i  (1(J  S.  gr.  4.  m.  1  Taf.)  haar  n.  l.rMj. 

HergMt,  H.,  Lenkon  xn  den  Schriften  Gieero?«  .  .  .  S.  Tl.  Lex.  s.  d.  pliilos. 
Schriften.  (In  ca.  GO  Lfgn.i  Hit.  4   G    (Lfg,  13—84.]  Jena.  Fischer. 

^S.  481-938.)  23.--  (1-6=^1.  Bd.)  47.— 

Heuer,  CMb$<)eri(fit4r.  in  SRaricmv.,  Urb.  b.  Unjufäfüflf.  b.  9eirfäunnri^iu{fd)emiirtM(« 
c^C}!  c  itn  3duiMtvfcrinino  ,\u>rtv  ovid)cincnbcn  nb.  nidit  id)uiincnbon  Sdiuuiv 
|)fUd)tiiicn.  (SöciU.  iSiläutenmg  b.  btjd).  3{ed}l<^.  L  3.  S.  553— 562.  i 
Ueb.  d.  Berflckaiefati^.  der  Angrifib»  n.  Vertbeidigungsmittel  d.  eäumig. 
BerufnngsbrUngten  im  Fall«  .•.  Antragt«  auf  "VosauniiiiLMirtln  jl.  [Zeit- 
schrift f.  deutsch.  CivilprozeU.  XIII.  Bd.  S.  251— 257 .J  Die  Kosten  der 
Bemfung  zu     92  C.-P.-O.  [Ebd.  S,  331—887.] 

MejrerowitK,  Louis  (au^  Kgsbg.  i.  Pr.).  üeb.  einige  ;t-KetoaIde1iyde.  I.-D. 
München.    (42  8.  8.j. 

MicfeelsoVj  Priyatdoc  Dr.  P.  Ist  Liehen  syphiliticus  das  Prodnct  einer 
Misch  in  fection  zwischen  Syphilis  und  Tnberciilose?  (Virchow's  \i.  !i. 
t\  path.  Auat  u.  Pbysiol.  Bd.  118.  S.  ööti— 5t>9]  üb.  Trichofulliculitiü 
bactertca.  fDt.  med.  Wochensohr.  Nr. 

HlkvlicZ)  Prof.  Dr.  J.  Mi  di'  inah  at  i,  Kgsbg.  Zur  operat.  Uchdlg.  des  Pro- 
lapsus  recti  et  colli  invagiuati.   [Arch.  f.  kiin.  Chir.  38.  Bd.  i.  Hlt.J. 


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G08  Mitfcheüaiig«!  tmd  Anhang. 


Weitere  ErlWlir^^ii    iili.  d.  operat.  Behdlg.  der  Pei-toratioMperitonitis. 

(Vortr.)    [Ebd.        Bd.  8.  756-784.1   Ertahrgn.  nb.  d.  Danfirverbaud 

u.  d.  Wundheilung  ohne  Drainage.    [Klin.  Jabrb.  hrsg.  v.  A.  Guttatadt. 

I.  Bd.    Berlin.    8.  167-174.] 
MUtatt.  Dr.  Ter  nm'.f  ^rntib  bei  3toM  .«önii]<fbcv<^  nm  11.  »3ioü.  1764  U.  vmi 

Jutftii.    [Sünntaj^H'l.  'Ju.  45  b.  Airt^bg.  4>ailunn.  ^tg-  "Mr.  264.] 
Hlltlmlar,  ^TqIm  üb.  d.  Vertadlielüt.  d.  apadf.  Wftrme  d.  Qoeclcmlb.  m.  d. 

Temjieratur.    [Annahm  d.  Phyaik  tt.  Chemie.  X.  F.      Bd.  S.  897—91  l.J 
Xirbachy  Graf  v.,  (Sorijuitten).  der  russische  Wahl.  Die  Jagd  auf  Federwild 

in  rn.ssiftrhen  Wäldern.    [Der  Weidmann.  20.  Bd.  Nr.  25]    Die  G«- 

weihbildg.  der  Rothhirsr-he  in  Ostpr.  [ebd.  Nr.  32.]  die  moiieriiö  Wald- 

wirthschaft  (iti8lii  .%.  in  den  Staatsforüteu)  mit  Besnag;  auf  d.  Erhaltoqg 

dw  Wildes  [obd.  21.  Bd.  Nr.  10?). 
MiMbiMiwr«  Dr.  E.,  Beohachtgn.  d.  Station  z.  Messung  ].  Temperatur  d.  Erde 

in  vei-sch.  Tiefen  im  botan.  Gart,  zu  Kgsbg.  i.  Pr.  Jan.  1885  b.  Dez.  1886. 

[Aus  „.Schriften  d.  phys.-Ökou.  Ges.  zu  K<»nis»sberg."J    Kgsbg.  Koch. 

i2»j  S.  gr.  4.)  baar  n.  — .90. 
Xltlowitxer,  Emil,  (aus  Zippnow  i.  Westpr.i,  üb.  d.  Perforattonea  dea  ICagen- 

carcinoms  nach  außen.   L-B.   Berlin.   (32  S.  8.) 
Mtttllelliuifan  der  lit.  littet.  OeMllicli.  14.  Hft.  (IIT,  3.)  Heid«lberg.  Winter. 

(S.  101-  200)  2.80. 

Möllery  Haus,  (aus  Blumen  in  Ostpr.)  Die  Hypertrophie  der  Zuugenbaig- 
drUaen,  ihre  klin.  Bedentg.  u.  Therapie."  I.-D.  Oraifswald.  $1  fil  £) 

iiiict.  :^u(.  i^opulfire  ^ortiäni*  u.  ^iifjä^r.  IVit  bm  SMIbittft  bcd  'tieif.  ^mbitnt 

^iUrtoanit.  (uoriti.      ?f.  JHid)tcv)  181)0  (8l)i.  (VIII.  295  S.  nv.  8.)  4.- 
Möllmann^  Oberl.  Dr.  Emst,  Herodots  Darstellung  der  Gesch.  v.  C\Tene. 

(Gvmn.-Progr.)  Kgsbg.  Hartg.  iS.  3-  24.  4«) 
Monatsschrift,  altprenß.  20  Bd   Der  pr.  Prov.-Bl.  91.  Bd.]  Kgsbg.  Beyer. 

(  IV,  700  S.  gr.  8.)  baar  n.  10.— 
■•■atsschrlft  ftir  Elektro- Homöopathie  red.  von  Dr.  med.  Fewsoii.  .     .  8.  J|i^ 

12  Nrn.  0\  1-1"^.  B.  ur.  8.)  Dnnzip:  Thend.  Bertling,  bftnr  .t. 

Mai^enstern,  Georg  (aus  Daozi^.  Cyprian,  Bischof  von  Corthago,  als  Philo- 

§oph.  I.-D.  Jena.  Herrn.  Pohle.  (60  S.  8.) 
Mllller)  Prof.  Dr.  An^^.  orientAlische  Bü  1 1  _:r<iphie  unt.  Mitwirkg.  v.  Prof. 

Dr.  Bezsenberger  hrsg.  3.  Bd.  [f.  1809^  8  Hfte.  (1.  Hft.  32  S.  gr.  8.) 

Bttlin.  Beather.  Subecr.-Pr.  baar  n.  8.—,  Ladenpraw  10.— 

—  —  Heinrich  Leberecht  Fleischer  (Nekrolog.)  [Beiträge  zurkvmde  d.  indogeira. 

sprarhen  15.  bd.  s.  319^:^7.1  On  the  Werks  of  t-l-Qifti.  [Trübner's 

Kecord,  3.  Ser.  VoL  I.  No.  247,  S.  147.]  Ree.  [Gotting,  gel.  Anzeigen. 

No.  19.  DLZ.  9.  Trabners  Beooid,  VoL  L  No.  246  p.  88—91.] 
■mHat^  Onst..  zur  Behandig.  d.  (pieren  Kniescheibanbrftdie  mittelB  Naht. 

T.-D.  Kgsbg.  iKocli.)  (64  8.  gr.  8.)  baar  n.  1.— 
SNülHetftrM,  t^i.  ?l.  i».,  Inffcntcl&  ii.  icinc  ^iQdjfomnicn.  f22.  ^^«i>«r.  b.  ^dtntatt. 

'i^.  f.  i»tvl.  Olei'di.  .  .  .  ^iu  cii^iucbcl.  ."oft.  2.  S.  1—73.)  Aiis  d.  Leb.  e. 

Sachs.  Edelmanns  im  Wj.  Kriege  [Neue  Mitthlgn.  aus  d.  Gebiet  hist  • 

.«intiqu.  Forschgn.  B<1.  17.  S.  514-  .%.]  ,'>uv  (^•jflb.      C£t)iiMiol.  einiger  oli. 

Jbüdnnc  i'.  i^omcinn.  ii.  0"ulm  ncbft  c.  ^WadUcjc  bicfiib  betr.  \hft>.  \^^. 

tiiit.  ti.  f   b  ^fu;  ^>?t^.  "iiiüricnu'.  23.  iMt.  5.  ^-76. |  e,  fcU.  9Mmc  Ä. 

3tabt  iuoui  .tii.ll.  itial(i)  V.  3-  l(iH2.  ebb.  3.  76—80.. 
mtlrtch,  Prot*.  Dr.  A..  .Jahresbc'r.  iib.  d.  Beobachtnime-Ergebaisse  d.  .  .  . 

foi-gtl.-met*''  rnl.  Sfatimipn.  14  Tp.  Berlin.  Springer.  (III,  ll8     S."  2  — 

—  —  fib.  phänologische  Beobachten.  (Ana  d.  Ztachr.  £.  Forst-  u.  Jagdwe?'. 

a.  Hf>.  18R8^  (Gaea.  26.  Jahrg.  8.  93— 107J^1Sb.  phlnoloft  BeobMrhtgn., 
ihre  Vwertg.  u.  <l  Art  thi  .  \n.M:«lIg.  (Hamboldt.  &  Jahrg.  4  Hit 
Ö.  129—132.  5.  Hft.  S.  173-178.j 


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Altpreufiifiche  Bibliographie  1Ö89.  099 

SI«d!MMif«1l|  b.  Stiftn"-  II-  i'cqntc  b.  3tabt(ti-uiciiibc  ßüiU(V?berA  \,  i^r.  (iii  Uiucvv.^, 
J28  ^,  gl-.  8.) 

lt««(t|Mii#fl|  In  3ttfler6itrg.  IRec.  i^fiba^tofl.  «tifiiv.  81.  ^f^.  fit.  1.] 

VmuTB»  IXr.  Prof.  Dr.  B..  kimer  Leitf.  t\  d.  Piuiktion  der  Pleum-  u.  Peri- 

tonpalerpjü^sp.  Straßbnr^r.  TifUmer.  (4  Bl.  2<J  S.  ^r.  8.)  1.— 

—  Die  (liätet.  Behdlg.  d.  Diabetes  mellttus  (40  S  Lex.  8  m.  1  Tab.) 
fSamrolpr.  klin.  Vortrttge  hxeg.  t.  Volkmann.  No.  849/60.  Leiwi.  (IniMre 

>ff"Hciu  Xo.  116.) 
^eui)au0,  iHiiii,  J'ic  baltiidje  t^iagv.  [Xic  ÖJcaciiuHut.  !iJb.  35,  "Ta.  Ö.J 

Neananii,  (' ,  Orandzttee  der  anatyt.  Mechanik,  inabes.  d.  Mechanik  starr. 

Köi-per.  2.  Artikel  (Mit  5  Fig.)  IBerichte  üb.  ä.  Ylullgn.  der  k.  sächs. 
Ges.  d.  W.  zu  Leipzig.  Math.-phvs.  Cl.  1888,  1.  11.  8^  22-88.1  üb.  d. 
Stetigk.  mehrdent.  Funktionen,  [ebd.  S.  120— 12B.]  üb.  das  Vhalten.  der 
Greeu'schen  Funktion  an  d.  Grenze  ihr.  Gebiet«  s.  \rh(\.  S.  I<i3— »i7,| 
üb.  das  Malfatti'sche  Pr..V.lcrn.  (m.  e.  Tlolzsclm.l  [elni.  1S85V  J  S.  22— 80.J 

Xmbuui%  Prof.  £.,  Notizen  z.  Fat  hol.  d.  Blutes,  1.  Das  tuelauamische 
Pigment,  fi.  Die  Ghareot'sehen  Kryskalle  bei  Leukämie.  [Yirdiow'e 

Arch.  f.  pathol.  Anat.  Bd.  IK.'.  8.  ni8-32G.]  üb.  d.  Ent2U]ldang|ilMgriJE 

[Beitr.  z.  pathoL  Anat.  u.  allg.  Physiol.  ö.  Bd.  3.  Hft.) 
H€«mB»yFriedr.  Jid.,  Orimdlagen  d.VolkewiHMhaftilehTe.  I.Abt.  TObingen. 

Lanpp.    (IX,  258  S.  <^t.  s.  . 
Mietcki»  E..  u.  II.  Rosemann,  üb.  d.  Oxime  der  Leukon^ure  u.  ihre  Ke- 

dnctiouKpiodukte.  |  Ber.  d.  deutsdi.  ekett.  GeaeHtcli.  33.  Jg.  8.916—931] 

—  —  n.  LJw.  Schmidt,  üb.  das  benachb.  Tetramidobeuzol.  [Ebd.  S,  1648  —53.] 

—  —  u.  Frd.  Schmidt,  üb.  DioxvchinoB  u.  einige  Derivate  desselben.  [Ebd. 

S,  1653-62.] 

Hitschmann,  Heinr.,  Gesch.  d,  {k^Ih.  Litt.  2.  A.  Mit  Portr.  u,  Facs.  des 
Verf.  Lei(>zig.  Verl.  Friedrieb.  [Gesch.  d.  Weltlitt  in  Einseldarstdüm. 
Bd.  IL]    (Vm,  535  S.  gr.  8.)  9.-. 

9ttMt»  flUf.,  ^lattbeutfdie  6dfnumn  ht  oftfnr,  ^iitibart.  2.  9b.  M«H^b«v  .ivuiuiiiv 
(100  S.  8.) 

OppeftheiiUy  Ida.  Euheuraukeu.  Erzähigu.  aua  d.  jüd.  Leben,  ^^'oveileu, 
NoTdletra,  Plaudereien  n.  Sktzsen.  Thom.  Schwarte  in  Comm. 
(240  S.  gl-,  8 )  2.50. 

OrUil)  FehXf  kal.  Bank-Gass.,  Kgsbg.  i.  Fr.  Wifisensweithes  für  d.  dtsch.  Ex- 
porteur üb.  Bomänien  it.  a.  dtsch.-romln.  Hdlsbesiehgu.  Berlin. 
Walter  &  Apolant.   (2  Bl ,  128  S.  gr.  8.)  8.50. 

OrtniaiUl,  Assistenzarzt  Dr.  P.  Casuistiscber  Beitr,  d.  operativ.  Behdig.  der 
narbig,  Pyilorium-Stenose.  i  Aus  d.  chirurg,  Universitäteklin.  i.  K^bg.) 
[Dtsche.  med.  Wochenschr.  Nr.  ] 

C#lPOib,  'i'iof.  Dr.  '^üi).  }Q.  y^u\mi^b<Vi}.)  '^UuidAoiiw  ^.  i.  ^.  fictjrc  i».  bcn  i]iit.  n 
b'öi.  ixw\ein  im  Sinuc  b.  fat^I.  Jilivct)c  bargeft.  2.  ucib.  ^ufl.  ^aberboiii. 
6d)üniiuil).   (Vni,  21S  6.  «r.  8.)  8.—. 

titoAtmanit.  ®cl).  Älviei]M.  a.  T.     ,    Tic  3rfu^i'nttu^  u.  bao  Wcifiifle  Iii  beirfd6«n: 

c.  luificnidv  Stiibic.    .w<ivi';,.    .'öavumj}.    vVlil,  142  3.  \\\:  8. i  3,  —. 

Panzer,  kgl.  .Archivar  Dr.  Kuur.  ^Kg:»b^.),  das  Wahldecret  Papst  Nikolaus'  II. 
u.  sein  Handschreiben  „YigUantia  uniTersalis".   (Zeitwbr.  f.  Kirchenr. 

•22.  Bd.    S.  400-431.] 
H^aflatfit,  i?.,  Scipio  (Sicalo.    ^Kornau  wn       ^s.  u.  5Hc^|ucc>,  Oioy.  u.  tiiiflckit. 
2  «be.  (515  IL  522  3-  «)r.  1^.)  I  UniucvfaU^iMiotM.  9Ir.  3681-88.  Seip^ift- 

.'Ki'clam  iiin.    baar  :i  ii.     20.  geb.  2.25.] 
—  ciu  Hiai-ikjiu^  in  ^{oiueiiciiro.  'MU].  ;{t(i.  (9)üiiid)cii)  ^ikil.    A'i.  KH  IfiOu.  ITU.J 

Vaft«ralHatt  f,  b.  XüH-ejc  liiiulb.  v.  ^f.  ^iplcv,  21.  ^j]-  'i^taiuiil'-  "•'^vii. 


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700 


Mittlit'ilungen  und  Anhanj;. 


I'asxotlu,  Mieczyslaw  Karl  Willi,  i ReleiLiular  aus  KuuiU):  il.  rcibtl.  lit-- 
liamllg.  il.  Zufalls  hei  d.  Werkveulinffuii^.  .Iiir.  I.-D.  (»reifKwaM. 
i3  Hl.,  Iii  S.  8J 

PawlowHki,  J.  N.  FreiiKUiiführ.  durch  d.  Provinz.-HauptstHdt  Dnnzig  il 
Uinf^egend;  lu.  Besrhreihg.  d.  Sehenswürdigkeiten  n  e.  Uehei-s.  d.  Geseh. 
Dauzigs.    Danzijr.    Axt.    i4(>  S.  12.  in.  1  Plan.)  —  Fi<>- 

—  —  Tie  Wuttci  nl<s  ciftc  i.'cl)vcnn  ihr.  .Vliiibcv  ob.  ptaft.  ^Vütjvcr  bnxd)  bc^  .Slintvv 

.Öciinai  u.  "ii^eU.  ...     L  9ll't().     (Skmibcn.v    Wacbd.     VI.  W2.  ^  tLl 

n.  -  -.!K3:  lavl.  il  Liil 
PellowMki,  .Toh.  (ans  Bereut.  Westpr.  :  Zur  Casuistik  der  Bauchdeckeu- 

(ieschwülste.  I  -T)  Gn-ifswald.  (31  S.  8_i 
Pprlbach,  M..  De  snnoto  Adalberto,  Epiücopo  Prägens!  eil.  [Mouum.  Germ. 

hist.  Script. .r.  T.  XV.  P.  II.  1888.  S.  1177-84.^ 
 Kec.  jCLMitrlhl.  f.  Bil.liotheksw.  iL  Jg.  S.  820-21.  Lit.  Ctrlhl.  L  Hans. 

Geschirlitshlätt.  XVI.  S.  15.S-.-)7.  Kwnrtalnik  histor.  III.  Dl^.  LL  4y 
t^clere,  ')>vot.  Dr.  iS.      tiS.,  itl>.  .Womcten  ii.  3tcvniclinui)pcii.  '^oxii.        L  b.  plujuf. 

öroiioni.  Oici.  L  Sli\x-b(\-  [SU}b<\.  .'Dortq.  :\u-\.  3oniit.  ^1.  *i{v.  k  2.  lOj  ^on 

irtiiittc  in  bcv  '?lftvonomic.  (Micfcvat.^  l\Mmil»olbt.  a  ^n^^       22«>-223.J  Mic. 

|cbb.       81-82.  •181.1 
Petruschky,  Joh..  bafteno-chemische  rntsuchgn.  (Centralbl.  f.  Barteriologie 

u.  Para.sitenkunde  [•»,  Bd.  No.  2^  ff.]  d.  Kinwirkgn.  d.  lebenden  Fros^ch- 

körpers  auf  den  MilzTiraudbacillus.  (Hierzu  Taf.  I^  (Zeitschr.  f.  TIvgiene 

L  Bd.  S.  i5-H5.1 

Pfal/j^raf,  Job.,  pract.  Arzt,  aus  Westpr.  (Breitentbal  b  Pensau.]  Ein  von 
<1.  HaxU  unabhängiges  Cancroid  am  Vorderami.  I  -D.  Oreifswald.  (28  S.  ^ 

PHtzer,  Hofr.  Prof.  Dr.  Ernst,  üb.  die  verschied.  Bcziehgn.  äußer.  Kräfte  z. 

Gestaltg.  der  Ptlanze.  Rede  .  .  .  Heidelberg  (28  S. 
Pivper,  Dr.  Bich.,  lib.  das  Vorkommen  von  Spaltöffnungen  auf  BlunuTi- 

blätteru.  (G vmn.-Progr. i  Gumbinnen.  (S.  1-22.  4*^.) 
Uifrfon.  prciifi.  (^Kidj.  ö.  «l.  2  i}^bc.  .  .  .  $lcviiit.  Wcbr.  iMictd.  (Vni. 

u.  IV.  äli  3.  i.'cj-.  a}  10  - 

—  —  ifcitfab.  b.  incitf;.  @cn1i.  ncbft  rtivonol.  ti.  ftntift.  labcll.  iL  ^lufl.  ^trlin. 

18V»0  (ML  3imion.  (VI.  204  S.  üi.  ÖJ  iL         flcb.  Liil 
Pietruflk}'«  Paul,  pract.  Arzt  aus  Ostpr.:  üb.  e.  Fall  von  Carcinoma  sano- 

niatodes  des  Hodens.  T  -D  Greilswald.  (80  S.  8.) 
^Irfitor.  ^)^C(ll  Wiimn.  CbovI.  ^Hub.,  Tic  l5lninftu?ciiüliiunqcn  b.  cvftcn  S  oiidvhunb  

2.      ^^nliii.  mm<  &  l'od)nci.  i53  3.  i\x.  '8J  "ua 
l'lew,  Dr.  .T.,  Quellen untsuchgn.  z.  Gesch.  d.  Kaisers  Hadrian  nebst  e.  Auh 

lib.  d.  Monnmentum    Ancvranuni   u.   die   kaiserl.  Autobiograpliien. 

Straßburtx.  Trübnt-r.  1890         (2  Bl .  122  S.  gr.  a) 

Kec.  [DLZ.  .\o.  38.  Wochenschnl^  f.  klass.  Philol.  tL  Jg.  No.  '£L  2-l.| 

PrätoriOK;  Prof.  Dr.  Fgnaz,  Zur  Flora  von  Conitz.  Phanerogamen  u.  Gela£- 
kryi>togHmen.  ((^ymn.-Progr.   Conitz.  Gebauer.  (^S.  3—62.  4".) 

Prels.s,  Dr.  H^  üb.  d.  Vorgesch.  d.  neutestamentl.  Kanons.  [Progr.  d.  Löbe- 
ni'  ht.srii.  hidi.  Bürgersrh.]  Königsbg.  Leupold.  (S.  8—32.  4J  Zum 
Buche  Hiob.  [Theolog.  Studien  u.  Skizzen  aus  Ostpr.  2.  Bd.  Kijcsbg. 
.S.  M;{-72.1  auch  sep.  AO  S.  gr.  S^  1  -  ^Vaturimidjtv  u.  ccftulf- 
'.iMiit)iiuioi  contra  '^ivcncv.     3otuünt^<>l'l.  b.  .WiMii(i<*b.  .»Oartg.  ^\U}.    *Vv.  IV 

Prellwitz,  Walter,  die  argivischen  Infchriften.  iTO  S.  gr.  8J  | Sammig.  d. 
griei  h.  Dialekt- Inschriften.  II  Bd.  3.  Hft.  Güttingen.  Vandenltoeck 
Hnprechr.]  '2 .40. 

•  die  Telchinen.  [Beitrge.  zur  kiuide  d.  indogerm.  sprachen.  Lö.  Ixl. 
s.  148  -151.1  7.>*/»'(»,  ->r«,ro.',  äol.  >f>;  und  venvandtes.  [ebd.  s.  J 54— 158-! 
Einige  verwandte  der  wurzel  pH  und  d.  präposition  lat.  ad.  osk.  az  im 
(iricchischen  f  bd.  s.  1  :>«,-!(;  ».  |  Register  zu  Bd.  XV.  (ebd.  s.  338 -350.] 
Ree.  iDLZ.  2. 


Altpreußisrbe  Bibliographie  1B8!).  701 

Preii98,  Prof.  Theo<l.,  die  Franken  iL  iltr  VfrliiiUnis  zn  Rotn  im  letzf.  .Tabrli. 

(los  Reiche«».  |Gvmn.-ProKr.|  Tilsit.  (In  S.  40.) 
I^ttufit  IL  Tcutirf)c,  Ti'i-  rcMidK.    ^lia  Vlaicub.  auf  ^.       18R0.  59,  ,""v(v  \>liivn. 

9Jr.  1— n.  'iD?o[iruiiflCH.  ^HiuiteitlHnn-  l'n»iv  L     —75.  50. 
l^rnffiasSWufrnm,  Ta<?.  im  'i)?or^?^lü^lcl  i).  Siim\(\l.  3d)lPiiC'j  ?,u  .Mt^ob.  L  ^  

2.  Teil  lic*  ,Untalon\>.      ^l.  in.  '{iiinUcii.  l)r<*(V  i>.  Dr.  SSujarf.  tivciö  2Ü  "1^1. 
.^»ortuiuv  lIII  3.  iir.  iLi 
19rii$,  ,t)oiK%  afabcm.  3luDium  il  rtllq.  ^iltmiuv  :){o^c  .  .  .  |Tic  Wrcj^luncn.  ^»<r.  IE 

II.  2.  212-228.!   Tic  SicUxn  n.  ;\ranfrcictK^  ,'Nricbcnvlmtd)  108H. 

löiftor.  Infdictibud)  .  .  .  Gfc  JyoUic.  iL  5Bb.  ^  163—  204.;  Frnn/ös -poln. 

Umtriebe  in  Preußen  U»;).   [Dt.  Zeitüchr.  f.  GeacHTrhtsw.  Jg.  I88t). 

S.  428-442.1  JKcc.  i^Blatt.  f.  lit.  Untbaltg.  *J{r.  IJ 

,"v.  •äJictncrff.  löianbcnbuii^  II.  Avanfrcid)  1688.  "lc»btiH>  t}\\tox.  ;^citfdu-.  9t.  Ts- 

26,  93b.  ^  197-241.1 
9uttlt(r,  üüfc.  Dr.  ^vobnnniv  Sdiliditciicn.  iToii.y  ;?tiv  ?iv.  11661.1 
PnHchinaniiy  Otto,  die  Lieder  Nei<lbart"<  von  Reuenthal:  e.  krit.  Untsnchg. 

d.  Textes.  [Gvmn.-Progr.j  Strasburg  W  -Pr.  ^  S.  4".  m.  1  Taf.) 
^  3af.  «riv>fint.  [Taiii^.  ^UtV  ^«'v.  löm  IS  010.  | 
Radaa.  Sur  la  Variation  de  la  temperature  ave«'  l'altitude.  [Bull,  astron. 

Marn.]  la  Photographie  au  Service  de  l'astron.  [Revue  des  duux  mondes. 

52.  ann.  T.  22.  0.  liyr.J 
Radde^  G,  \l  A.  Walter,  die  Säu^etliiere  Transkaspiens.  (Mit  Taf.)  [Zoolog. 

Jahrbb.  Abtb.  f.  .S^-stematik,  Gcogr.  u.  Biologie  der  Thierc.  4^  Bd. 

5-  Hfl.]  Sendsrhreib.  an  Prof.  Dr.  Liebe.  [Mouatsschr.  d.  deutseh.  V. 

z.  Schutze  d.  Vogel  weit.  LL  Jg.  No.  LJ  Aus  dem  Kaukasus.  [Der 

Weidmann.  2LL  Bd.J 

Der  Scl^lul•^^  kann  wegon  RiiDminiingnl  <:rst  im  iiiiohsfon  Dopiiclholi  iVilfjoii. 


Berichtigung  zu  Seite  227. 

Zu  meinem  Bedauern  muß  ich  de«  Dank,  wehdum  mir  dort  Herr 
Dr.  Krumbholtz  ausspricht,  nunmehr  ablehnen,  da  die  Veranlassung  dazu 
auf  einem  von  mir  begangenen  Irrthxim  beruht.  Mein  Vorschlag  .statt 
eygen  vielleicht  eyger  zu  lesen  entstand  lediglich  dalier,  daß  ich  die  be- 
treffende Urkunde  .selbst  nicht  eing<'sehen  hatte,  und  tluß  mir  im  Augen- 
blicke in  den  Znsammenhang  mit  Honig.  Pferden  und  Vieh,  um  deren  Kauf 
und  Verkauf  es  sich  da  handelt.  Eier  besser  hinzugehören  schienen  als 
^Eigen",  d,  h.  eigene  Leute,  Sklaven.  In  den»  S.  2n7  des  vorigen  Jahr- 
gangs angeführten  Verkaufsverboto  des  Ordensvogts  von  Samaiten  steht  in 
der  That  vollkommen  deutlich:  pherd.  fve.  eygen.  vnd.  honig.  Dagegen 
liest  man  in  einem  mir  erst  jetzt  bekannt  gewordenen  Schreiben  des  Groß- 
fiiraten  Witowt.  welches  Prochaska  in  seinem  Codo.x  epistolaria  Witoldi 
unter  No.  3äi  abdruckt,  auf  den  ersten  Blick:  honig  pferde  cyge  vnd  vye. 
Erwägt  man  aber,  daß,  worauf  Herr  Archivar  Dr.  Panzer  mich  aufmerksam 
macht,  in  diesem  Schreiben  ausdrücklich  auf  jenes  Verbot  Bezug  genommen 
wird,  und  daß  dort  sehr  häufig  das  c  dem  e  so  gut  wie  gleicii  aussieht,  so 
bleibt  natürlich  nichts  übrig  als  sowohl  Eier  wie  Ziegen  fahren  zu  lassen 
und,  so  wenig  es  vielleicht  auch  unserer  Auffassung  zusagen  möchte,  das 
ej'gen  als  das  an  beideja  Stellen  allein  richtige  Wort  festzuhalten. 

Lohmoyer. 


Autoren -Register. 


Arnoldt,  Dr.  Emil,  in  Königsberg.  Znr  Beurt heilang  von  Kant'e  Kntik  der 
reinen  Vernunft  und  Kant's  Prolegomena.  Annang  No.  2»  3.  97—110. 
228-314. 

Beckherrn,  Carl.  Major  a.  D.  in  Köni^berg.  Geschichte  der  Befeati^:xing«n 
Königshei  <;9.  (Mit  einer  Planskizze.)  386—475.  Nachtrag  (mit  einer 
Planskizze)  G39-641. 

Bolle,  Dr.  Johannes,  Gymnasiallehrer  in  Berlin.  Drei  Königsherger  Zwischen- 
spiele aus  dem  Jahre  1644.  111—140. 

—  —  Zu  den  Königsber^er  Zwischenspielen  von  1644.  849—351. 

Bonk.  Hugo,  stud.  hist.  in  Königsberg.  Ortsnamen  in  Altprenßen.  5äd— 638. 
Buchlio)r.y  Robert,  Gymnasial-Director  in  Rössel.    Erklärungen  und  Emen- 

dationcu  zu  den  drei  Königsberger  Zwischenspielen  aus  dem  .Tsbre  lf»44. 

585-598. 

Conrad)  Georg,  GerichtÄ-Assessor  in  Neidenburg.  Die  Konstitntion  des  e)ie- 
maligen  Königl.  Kommerz -Kollegs  zu  Königsberg  lOstpr.)  vom 
IL  August  1718.  172-178. 

—  —  Ueber  die  Figuren   axit"  dem  Burgkirchenplatzthor   in  Königsberg. 

n77-r^7R. 

Flsclierjr  Dr.  Richard.  Gvmnasial-Oberlehrer  in  Königsberg.  Reeensionen. 

Frischbier,  TT.,  Reotor  a,  D.  in  Königsberg.  Ostprcnßisrhe  Sagen.  336—34^. 
Frjdrjchowlcz^  Dr.  Romuald.  Lehrer  am  bis<'hu9.  CoUogium  Mariannm  in 

Pelplin.    Der  Ritterorden  von  Calatrava  in  Tymau  bei  Mewe.  315—320. 
Jentx^ch,  Dr.  Alfred,  Universitütsprofessor  in  Königsberg.  Reeensionen. 

Iö7-l(n.  «71-672. 
Jnng,  Dr.  Arthur,  Gymnasialoberlehrer  in  Meseritz  f.  Recension.  352— 3Ö0. 
KrambholtZy  Dr.  Robert,  Privatlehrer  in  Pimitz.  Samaiten  und  der  Dont«rhe 

Orden  bis  zum  Frieden  am  Melno-See.    (Fortsetzung  und  Sebluß.j 

1-84.  193-227. 

T-ohmeyer,  Dr.  Karl,  Universitätsprofessor  in  Königsberg.  Der  Geburtstag 
lies  Herzogs  Albreoht  von  Preußen.  170—172. 

—  —  Recension.  154—155. 

Nenbnnr,  Dr.  L.,  Realgymnasial-Oberlehrer  und  Stadtbibliothekar  in  Elbing. 

Georg  Greflinger.    Eine  Nachlese.  426—603. 
Perlbach,  Dr.  Max,  Bibliothekar  in  Halle.  Reeensionen.  149—150.  661-665. 
Radcniacher,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Gumbinnen.    Recension.   668—  671. 
Relcke,  Dr.  Rudolf,  Bibliothekar  in  Königsberg.    Die  Kant-Bibliographie 

des  .Jahres  1889.  678-fi9L 
Sembrzycki,  Johannes,  Apotheker  in  Königsberg.    Die  Marienburg  unter 

polnischer  Herrschaft.  141—148. 

—  -  Sprachliche  Bemerkungen  zu  den  Drei  Königsberger  Zwischenspielen 

von  1644.  321-325. 


Autoren-Begister. 


703 


BuiSbinjAlf  JohraiiM,  Apotheker  in  Königsberg.  Die  Reise  des  Vergerias 
nach  P'il'Ti  1550!  ir)57.  sein  Frtnincleskrois  und  seine  Könipsberger 
Flogachriiten  aus  dieser  Zeit.  £in  Beitrag  znr  polnischen  und  ost- 
praOHMliMi  Beforroationfl-  tmd  LitenitargMbhidita.  616—684. 

—  ~  Die  Kirche  zu  Or.  Rosinsko,  eine  Berichtigong.  67$ — 677. 
 Beceiuioneo.   153.   150—157.  860—861. 

SaMowskly  Johuine«,  Propst  tmd  D«lnui  in  Königsberg.  TTrlrandenfTind  und 

Urkundliches.  673-670 
Trelcliel*  A.,  Bittergutabeutd^r  auf  Hocb>Paleschken  bei  Alt-Kiscbau.  Piper 
odar  C^paionm?  Histontdi-botantKli«  LSsonf^.  86<-96. 

—  —  Dialectischc  Räthsel,  Reimf  nnd  ^filrchcn  aus  dem  Erralande.  826— 2)92. 
—  Sprachliche  üeberbleibsel  aus  der  Franzoeenseit.   3.S3— 335. 

 Handwerks-Ansprachen.  642—660. 


Sach- Register. 


Albracbt  —  Der  Geburtstag  des  Herzogs  A.  von  Preuften.  170—172. 
Altortbamsfesellsekaft  Prasaia  1889/90.   162—169.  2^-880. 
Altpreusen  —  Ortsnamen  in  A.  599—638. 

AltpreasBiache  Bibliographie  1888  (Nachtrag)  1889.    180—192.    082 -m. 

506-512.    692-  701. 
Befefitigangen  —  0«Bebichte  der  B.  Königsbergs.    S86— 476.  Nachtrag. 

♦  l^'l  041. 

Bemerkungen  —  Sprachliche  B.  zu  den  tlrei  Königsberger  Zwischenspielen 

von  1644.  321—826. 
Berichti^g.  701. 

Bibliographie  —  Altoreußische  B.   1B()-1!)2.  382-.38'l.  5<>i— 512.  692  -701. 

Die  Kant-B.  de«  J.  1889.  67s  fiyi. 
Branasberg      T,vr-eum  Hosiarumi  in  h.    1890.    180.  505. 
Bargkirchenplat/thor  —  Die  Figuren  auf  dem  B.  in  Königsberg.  677-678. 
OatalimTa  —  Der  Bitterorden  von  C.  in  Tymau  bei  Mewa  816—880. 
Capslcnm  —  Piper  oder  C?  85—%. 

Chro&Ui  —  Universitäts-C.   178—180.  88L  504-505.  691-692. 
BewteehanlMi  —  Samaiten  und  der  D.  bis  smn  Frieden  am  Melno^See. 

1-84.  193-227. 

Ermlaad  —  Dialectische  Bäths^,  Beime  und  Märchen  aus  dem  K.  326—832. 
Ffgvrea  —  Die  F.  auf  dem  Biunekirehenplatirfhor  in  Königsberg.  677—678. 

Fluuschrirt* n  —  des  Verjj;erins  Königsbertjcr  F.    HlH  — 584. 
Franzosenxeit  —  Sprachhcho  Üeberbleibsel  aus  der  F.  333— 88ö. 
eeseM^te  der  BefeeHgungen  Königsbergs.  886—476.  688—641. 
(irofHnK'r       He m  O.  476—508. 
HandwerlLS-Ansprachcn.  642—060. 

Kant  —  Die  K.-Bibliographie  des  J.  1889.  678-691.  Zar  Beurtheiliiiig  von 
K.  Kritik  der  reinen  Vernunft  nnd  Kants  Pmlegomena.  Anbimg 

No.  2.  3.    97-110.  228-314. 
Kirche  zu  Gr.  Rosinsko.  676-677. 

X8aigsb«irg  —  AiterthumsgeseUschaft  Pmssia.  162-169.  36.S-380.  —  Ge- 
schichte der  Befestii^nngen  K— V.  38")  175.  639—641.  —  Ueber  die 
Figuren  auf  dem  Burgkirchenplat/.thur  z\x  K.  077—678.  —  Urkunden- 
fnnd  n.  ürknndlichee  betr.  die  Katholische  Kirche  za  K.  678-676.  — 


704 


Die  Constitution  des  ehemaligen  Kommerz-Kollegs  zw  K.  xom  17.  Aua:. 
1718.  m-l7a  -  Univereitäte-Chrooik.  178-180.  381.  504-005. 
691 — 692.  —  Drei  K— er  Zwisohenspiele  aus  dem  Jahre  1644.  III 

bis  140,  -  Sprachliche  Bemerkungen  zu  •If'nsel^t  n.  321  325,  —  Za 
denselben.  351.    Erklärougen  und  EmondatioDen  zu  deoselben. 

sm-698. 

I  yi  tMiiti  Il  ^sianum  in  Braunsberg.    180.  505. 

Jlärcheu  —  Dialectische  Bäthsel,  Reime  ii.  M.  aas  dem  Bnnlwide.  32(j-S32. 
Harienborg  anter  polnischer  Herrschait.  141—148. 

Or4en  —  Samait^n  nnd  der  Deutsche  O.  bis  sam  Frieden  am  ICelno-Sce. 

1-84.  193-227, 
<Msnamen  in  A]tpreui>en.  599—688. 
Ostprcugälsclie  Sagen.  336—8^. 
Piper  oder  Capsicum?  85—%. 

Polen  "  Die  Keis<'  des  Vergerius  nach  P,  513—584. 

Polnisch  —  I>ie  Marienbiirg  unter  p'-er  HerrschaM.  141-148. 

Prnssia  —  Die  Alterthumsgesellsrhnft  P.    162— -ISO. 

R&thsel  —  Dialectische  R.,  Reime  u.  Märchen  aus  liem  Ei mlande.  326—332. 

Reeensloncn  —  Bezsenberger.  die  Knrische  Nehmng  und  ihre  BewoLnt  r. 
157  — IGl.  —  Bystron.  Kafechizni  Ledr«m\  w  przekladzie  wschodni  j- 
litewskim.  3«!0— 3<J1.  —  Colichowski.  rrz\ c/ynek  do  zyci«jryisu 
Marrina  Kwiatkowskicgo  z  R<i/yr.  1.55  -157.  —  Dirichlet,  PatÜ 
HiiPfoldt  und  das  hiuiiani.stisrlie  f I vinnasium.   G72.    -  Ilanserecesse. 

Al.fh.  Bd.  IV.  <;<;i-(i<^2.  2.  .Abtb.  iUl.  VI.  i.;G2-GG:3.  ^  Heyht. 
Worin  bostebt  die  Hrtuj^tgetHhr  fttr  das  humanistische  Gymnasium? 
<;()8-(i7l.  TTii  sch.  \  nsuntensnng  und  Schwerterklang.  1'/)— 152. 
Knauko.  Max  v.  Sr-henkeiidorf.  GG5— <560.  —  Lohmeyer,  Herzog 
Albreoht  von  rreuLWn.  Kino  biographische  Skiz/.e.  361—363.  — 
Herrlich,  ,T*;iii  Paul.  .'<oin  Leiten  und  n>-\u<-  Werke.  :J52— 360.  — 
Rece.ssc  und  audciv  Akten  der  Hansetage  von  125(5— M3«\  149  bis 
15Ö.  —  Stankiewic /..  W  sprawie  groinadzenia  materyaloAv  d  »  dzie- 
jow  Pismiennictwa  Litewskiego.  361.  T'le,  die  'J'iet'eiix  orhältnisse 
der  Masurisclien  Seen.  671 — 672.  —  U  rk  uadenbuc  Ii .  Liv-,  Est- und 
Curländis.  Ii.  Fi  i,  IX.  064—666.  -  Am  L'r-Quell.  Monatsschrift 
l'ür  Vi  Ikvk'ui  le.  Her.MTisi;f  ri^eben  von  F.  S.  Krauss  in  Wien.  153.  — 
Aus  Tilsit.s  Vergangt  iiliLit.  Tilsit  188S.  90.  154-155.  —  Witt, 
Geschichten  .tus  der  Ge.schichtc.    666  —  668. 

RefonMatlonsgeschicIito  —  Die  K.  tse  des  Vergerins  nach  Polen  .  .  .  ein 
Beitrag  z»m-  ijolni.scheu  und  ostpi-eußischen  R.  513—584. 

Reine  —  Dtalectische  B&thsel.  R.  nnd  Mürchen  ans  dem  Emilande.  326 — 382. 

Itelse  des  Vergerin*'  rtnrb  Pnloii.    .'1"  -1381, 

Kitterorden  von  Calatravu  in  Tvmau  bei  Mewe.  315—320. 

Bestnske  ^  Die  Ktrehe  ztr  Gr.-K.  676—677. 

Sagen,  OstprcuPische.   336— 3-48. 

hamaiten  und  der  Deutsche  Orden  bis  zum  Frieden  am  Melno-See.  1—84. 
198-227. 

TyitiUTi       I»,  r  Ritterord.  n  von  CahitiMva  in  T.  bei  Mewe,    315  —320. 

Ueberbleib»el  —  äprachlicbe  U.  ans  der  Frauzoseozeit.   333— 385. 

VnlTeralt«tBchi«nlk.   178-180.  881.  S04-506.  691-692. 

rrkondonfnnd  und  Urkundliche?;.    nV:'.  676. 

Vergeriitö  —  Die  Reise  des  V.  nach  Polen.  518—584. 

Zwischenspiele  —  Drei  Ednigsberger  Z.  at»  dem  Jahre  1644.  111—140. 
Sprachliche  Bemerkungen  zu  dt'ii-JcnHMi  "21—325,  Zu  densellien  349 
bis  361.  Erlilänuigen  und  Emendationcn  zu  denselben.  585  -588. 


Druck  voa  IL  ij«apoIü,  Königsberg  ia  Pr, 


.  kj  .i^Lo  uy  GoOgl 


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C     Steile  1 

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*^  Neul 


Tilemau  vom  Wege. 

Boman 

aus  der  Geschichte  des  Deutschen  Ordens 

TOD 

Ernst  Wiehert 

3  Bände  in  eleganter  Ausstattung. 
Gekettet  12  Hk.  —  In  reich  verzierten  Originaleinbänden  15  Mk. 

Ebenbürtig  reibt  sich  dieser  historiscbe  Roman  dem  frilberen  Werke 
Wieberts  aus  der  niittelalteriichen  Geschichte  der  preußiscben  Laurlsoliaften 
^Heinrich  von  Plauen^  an.  Nfttlonal-Zeitoiig. 

In  nTUemaii  vom  Wege''  weht  gesehichtUeher  Geist,  der  grolle, 
rnr  r  :iscbe,  abet  VOn  Härte  nicht  freie  Zug,  der  in  der  Oescbiclitf'  Alt- 

preuliens  lebt  Jeder  denkende  Leser  wird  den  Wichert'soheu  Hornau 

in  ernstem  Sinnen  aus  der  Ibnd  legen.  Fetersbarvtr  Zettanf . 

Die  ^Schleslsche  Zeitung**  giebt  eine  Inbaltsübersiclit  des  Werkes 

nnd  PiLlirt  dann  forf:  Dies  das  Gerüst  de-»  großartig  angelegten  Romans.  .Icm- 
dim  it  seine  ilerü^euäcunäicte  den  Leser  mit  sieb  fortreißt,  ihn  in  iiatiicr 
steigende  .Spannung  versetzt  und  endlich  mit  einem  majestätischen  Accorde, 
der  wio  OrL^eltöiif  feiorlich  und  sanft  'lahfrrauscbt.  abschließt  .  .  .  WiVliert 
dürfte  feich  mit  »einem  neuesten  Werke  «  inen  der  ersten  Plätze  unter  den 
Romanschriftstellern  der  Gegenwart  erkumy  tt  bsben.  Was  sein  Bucli  in 
politischer  Beziehung  nützen  lujd  zur  Stärkung  des  Na(i  inalp;ertilils  I>ei- 
tragen  kauu;,  sei  hierbei  guiz  uuberuiirt.  Und  üo  wünschen  wir  ihm  von 
Hanmi  Glück  auf  seinem  Wef^e  durch  die  dentsche  Welt. 

Yerkg  von  Carl  Rei^sner  in  Leipzig. 

Verlag  von  F.  A.  Perthes  iu  Uotha: 

Erinnerungen 

aus  deui  Leben  eines  Westpreussen 

von 

£diuur4  Heiebeaan. 

Preis  6  Mark«      Geb.  6  Mark. 

Ein  inbaltreicbet»'  T^olionsbiM  .  incs  hochgestellten  Mannes,  das  im 
weiteren  Verlaufe  immer  lebhafter  wird.  £s  smegelt  sieh  darin  die  ganze 
Zeitgeschichte  in  eigentttmlieher  Weise  wieder.  IHe  ßerichte  über  bedeatende 
Zeitereiguiss»',  namhafte  Persönlichki  if  t  n  und  längere  Reisen  sind  anzieliond; 
vor  allem  interessant  sind  seine  MitteiUmgen  über  das  höhere  Scbalweseii. 


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Vwiag  von  8.  Hinel  ta  Liipiig. 

.Sf»ffl>eii  erschien: 

IrkudeikiMh  zir  Itefornatioi^esehiehte 
des  Hei'zo^tliuiDS  Prenssei. 

Heraluigegeben 

vou 

Paul  Tschackert, 

Doktor  der  Theologie  un<i  der  Philosophie, 
ordentl.  Professor  ,1<  i  Kircbengeschicht«  an  «1.  UniversitÄt  Göttingeiir 

Erster  Band.  Zweiter  Band. 

Eliileitun-.  Urkund.'n    1.  Theil.  152::— 15dl. 

Koyal  8*^.  Preis  9  Mark.  Preis  lO  Mark* 

Verlag  von  MaX  Mlemeyer  in  Halle  a.  S. 

Die  Statuten  des  deutschen  Ordens 

nach  den  ältesten  Handschriften  heransgegeben 

von 

jnax  Perlbach« 

70  Bogen  gr.  4^,  Subscriptionapreis  20  Mark. 

H.  Benther'S  Verla^buchhaudluQg  in  Berlin  SW. 
(H.  BeatW  u.  0.  Beidari.) 

Das  Leben  des  Freiherrn  vom  Stein 

von 

Wilhelm  Baur. 

Dritte  durchgesehene  billige  Ausgabe.    Mit  dem  BiMnis  Stein'e  in  Liichtdivck. 
20  Bog.  8^  Mk.  2.-,  geb.  Mk.  2.40. 

Dhh  vorlic^oudo  mit  patriolischom  Kener  und  in  tiefreligiusein  Pftvimirf  Bin 
sahriobeno  Buch  iwt  wähl  gmixu^t,  weiteren  Kroisten  <lie  Bedeutung  de«  Freihorrn  vom 
St«in  liir  die  Uofreiuii^  DeatMoIiIandM  von  fremdem  J>>che  and  lür  nie  Entwickolung  dM 
deutfichon  EiabeitMUatoa,  ««ine  Persönliobkeit  und  n<>in  Schiitfpn  klar  xn  machea. 
Mlb«  l«t  kl«  h8«litt  MMtlMitwtrI  fir  d«a  ••efe«r««h«tx  dei  d(>uUeli«B  llautea  driBffMi  M 
•■^fahlen.  (OivisioQspfairer  Dr.  UenuttUh,) 

Soeben  erschien  nnd  wiril  auf  Verinngeu  grati»  nnd  franco  versandt: 

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Geschichte  und  deren  HfilDswissenschaften. 

PraBBlea.  Gedanensia. 
Dan/lg.  Theodor  BertUag,  Antiquariat 

IUP  Heft  1  u.  2  des  neuen  Jahrgangs  erscheinen  als  Doppelheft  Ende  Mte 

Die  Herauäyeber. 


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