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Full text of "Hedwig CourthsMahler Schlichte Geschichten fürs Traute Heim"

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Hedwig 

Courths-Mahl... 




Hans Reimann, 
Hedwig 
Courths-Mahler 





Blau Memorial Collection 




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HEDWIG COURTHS-MAHLER 

Schlichte Geschichten fürs 
traute Heim 

Erzählt 
von 

HANS REIMANN 

Geschmückt mit 
reizenden 
Bildern 
von 

GEORGE GROSZ 



IMPORT UND EXPORT 

Pauf Steegemann - Buchmacher 
HANNOVER / LEIPZIG / ZÜRICH 



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■ 



1. — 10. Auflage 

Alle Rechte vorbehalten 
Copy r ightl922byPaulSte e gemannVerla g Ha»novcr 

Dreißig Zeichnungen im lext unu 
eine Umschlagzeichnung 
von GeorgeGrosz. 



; 



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I N HALT 

Bücher und Menschen 7 

Stumpfsinn 17 

Der Alte 20 

Freudenhaus 28 

Natürliche Folgen der Presse 40 

Lesestück 45 

Schniedeking 47 

Anekdote von Paul Steegemann 52 

Undankbares Geschäft 54 

Die pseudoliterarische Grippe 59 

Doppelgänger 69 

Eben deshalb 76 

Märchen 79 

In der Dorfkirche 80 

Gemälde 86 

Die Auto 89 

Kurmärker und Pikarde 92 

Der aufrechte Mensch 96 

Wie man OriginaURomane lesen sollte . . 99 

Das kleine Einmaleins 108 

Am Sonntag III 

Hänschens Schutzengel 115 

Habebald in der Nacht 126 

Flip 134 

Mai 137 

Wohltun trägt Zinsen 139 

Brief der H. C~M. an R R 145 



' 554770 



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BÜCHER UND MENSCHEN 

nennt sich eine in Leipzig erscheinende Zeit- 
schrift*), die unentgeltlich an jeden in Süd- 
amerika wohnenden Deutschsprechenden ge- 
schickt wird. Nummer 1 des zweiten Jahr- 
gangs 1921 bringt einen Artikel über deut- 
sche Dichterinnen. 

Es ist nicht wahr, daß er von Ricarda Huch 
und Else Lasker-Schüler handelt. Auch nicht 
von Alice Berend oder Lena Christ oder 
Catherina Godwin oder Hans von Kahlen- 
berg oder Ilse Linden. 
Gott behüte. Nein, er handelt von der Hed- 
wig Kurz-Malheur, der A. von Panhuys, der 
Friedrich Lehne (Helene Butenschön), der 
Erich Friesen und der Erich Ebenstein. 
Die letzten vier sind in der ersten einen 

•> Erscheint sie nod»? 

7 



konzentriert enthalten und interessieren uns 
nicht. 

Abgedruckt aber sei, was die Zeitschrift 
„Bücher und Menschen" von unserer +f+ 
Hedwig offenbart: 

„Geboren wurde diese geniale Frau als 
Hedwig Mahler am 18. November 1867 zu 
Nebra an der Unstrut, einem kleinen idyllisch 
gelegenen Thüringer Städtchen, und hier in 
einer der lieblichsten Gegenden Deutschlands 
bildete sich ihr Gemüt, erwarb sie den feinen 
Natursinn, der zahlreichen ihrer Werke einen 
so ganz besonderen Reiz verleiht. 

Späterhin nahmen die Eltern des sich 
früh schon durch hervorragende 
Geistesgaben auszeichnenden 
Kindes ihren Wohnsitz in Leipzig. 
Die junge Hedwig wuchs heran wie viele 
andere junge Mädchen und dachte zunächst 
weit weniger an das Grün des Dichterlor- 
beers, sondern mehr wohl an das der Myrte, 

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Eine C7 ourtßsmafjferin, in wefeßer der Drang mäcßtig 
wird — anafog zu Seite 11. Oder: Der Weg in die 

Öffentfi<£6eit. 



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und so sehen wir sie, zur lieblichen Jungfrau 
erblüht, bald den Lebensbund schließen mit 
einem jungen Künstler F. Courths. 
Chemnitz in Sachsen war es, wo die Neu- 
vermählten ihren ersten Wohnsitz aufschlu- 
gen. Bald aber verlegten sie ihr Domizil 
nach Berlin, da der junge Meister hier rei- 
chere Möglichkeiten für die Entwicklung 
seines Talentes vor sich sah, als im deut- 
schen Manchester. 

Eine längere Reihe von Jahren war Frau 
Hedwig nichts als Gattin und Mutter — sie 
hatte ihrem Gemahl inzwischen zwei Töch- 
ter geschenkt — , endlich aber wurde 
der Drang zu mächtig in ihr, dem, was 
ihre Seele bewegte, durch das Wort Aus- 
druck zu geben, und so sehen wir sie im Jahre 
1905 mit ihrem ersten Werke „Auf fal- 
schem Boden" den Weg in die Öffentlichkeit 
betreten. 

Sie war somit schon eine geistig vollausge- 

11 



reifte Persönlichkeit, als sie mit ihrem ersten 
Roman hervortrat, und so merkte man die- 
sem auch keineswegs jene charakteristischen 
Schwächen an, die sonst zumeist dichterischen 
Erstlingen zu eignen pflegen. 
H. Courths- Mahler, wie sie sich als Schrift- 
stellerin nannte, stand somit von vornherein 
als eine ausgeprägte literarische Erscheinung 
vor der Welt da, und das günstige Urteil, 
das man von Anfang an über sie fällte, be- 
festigte sich mehr und mehr durch ihre näch- 
sten Werke „Liselottes Heirat" und „Es irrt 
der Mensch". 

Wer sich für die Anfänge ihres Aufstieges 
zum Parnaß sonderlich interessiert, sei auf 
ihren Roman „Unser Weg ging hinauf" ver- 
wiesen, der viel autobiographisches Material 
enthält. 

Ein Talent wie diesen eben aufgegangenen 
Stern konnten sich die deutschen Familien- 
zeitschriften und Tagesblätter unmöglich ent- 

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- 



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gehen lassen, und so sehen wir denn bald da 
und dort in deren Feuilletons Romane von 
H. Courths- Mahler auftauchen — und zwar 
mit dem Erfolge, daß das Erscheinen eines 
solchen jeweils einen entscheidenden Einfluß 
auf das Anwachsen der Abonnentenzahl aus- 
übte. 

Die Fähigkeit der Courths- Mahler, span- 
nende Situationen zu erfinden, ist ungewöhn- 
lich. Die Charakteristik der als handelnd ein- 
geführten Personen ist meisterhaft; Knapp- 
heit und dramatischer Aufbau vollendet ; die 
Naturschilderungen hinreißend und ihr 
Stil von feinster Kultur. 
Sie, die sich mit jeder neuen Schöpfung neu 
verjüngt und der wir noch viele Jahre fröh- 
lich gedeihlichen Schaffens wünschen, hat 
mehr erreich! als das, was Lessing zu Klop- 
stock sagte, < lenn sie wird nicht nur gepriesen, 
sie wird at-ch gele-an! 
Aber neben ihr, dar hundertblättrigen 

15 

J 

't 

I 



Rose, ihr, der Zentifolie im Garten 
deutscher Dichtkunst, gedeihen noch 
manche andere köstliche Blumen von eigen- 
artiger Farbe und von berauschendem Duft." 

■ 



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STUMPFSINN 

Ort: Wartezimmer in einer Augenstation 

Rund, oder besser : viereckig um des Warte- 
zimmers Wände läuft eine Bank. 
Auf der Bank sitzen sechzehn Menschen. 
Die sechzehn Menschen sitzen seit Jahr und 
Tag auf der Bank. 
Sie sind müde, faul, verdrossen. 
Sie haben sich in ihr Schicksal gefügt. 
Die meisten sitzen vornübergebeugt, den Kopf 
in die Hand gestützt. 

Mir gegenüber hockt einer mit hellblondem 
Stoppelbart ; der hat den linken Ellbogen auf 
dem linken Knie und die Wange auf dem 
Unken Handrücken. 

Die Rechte baumelt schlaff zwischen den 
auseinandergeklappten Oberschenkeln . 

2 Reimann, Groteskenbuch 17 



In den Fingern der Rechten steckt ein Pa- 
pier von der Größe einer Postkarte. 
Dieses Papier haben wir alle. 
Es ist die gedruckte Anordnung des Kassen- 
arztes, daß unsere Augen untersucht werden 
sollen. 

Fliegen summen. 
Der Blonde nickt ein. 

Dabei gleitet ihm das Papier aus der Hand. 
Er wacht auf, bückt sich träge und hebt das 
Papier auf. 

Nach einer Minute nickt er wieder ein. 

Das Papier entgleitet seiner Hand. 

Er wacht auf, bückt sich lässig und hebt es 

auf. 

Fliegen summen. 

Keiner achtet auf den anderen. 

Ich bin der einzige, der wach ist und auf 

den Blonden spannt. 

Der ist wieder eingenickt. 

Das Papier entgleitet seiner müden Hand; 

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er bückt sich, hebt es auf und schlummert 
wieder ein. 

i 

Ich lache leise. 

Dem Blonden, der inzwischen eingenickt ist, 
entgleitet das Papier. Er bückt sich wie aus 
alter, unabänderlicher Gewohnheit, hebt es 
auf und schläft wieder ein. 
Ich stehe sacht auf und stecke ihm das Pa- 
pier in die Rocktasche. Er glotzt blöde, läßt 
mich gewähren und schnarcht. 
Fliegen summen. 

Nun ergebe auch ich mich in mein Schicksal. 
Es können noch viele, viele Jahre verstrei- 
chen, ehe wir untersucht werden. 



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DER ALTE 

Viermal am Tag fülirte mich mein 
Weg an der Kathedrale vorbei. 
Am Außengürtel der Stadt liegt 
meine Behausung und unweit des Rats- 
gebäudes der Ort meiner Tätigkeit. 
Da nun das Angesicht der Kirche nach dem 
Marktplatze weist, so springt mich früh- 
morgens sowie nach Tische — also auf dem 
Gange zu meiner Arbeitsstätte — die Rück- 
seite der Kathedrale an. mittags dagegen und 
des Abends die von irrsinnigen Zierraten 
starrende Fassade. 

Und da nun weiterhin das Gotteshaus, einem 
Menschenbrecher zu vergleichen, die Mitte 
der Straße einnimmt, dergestalt, daß die von 
mir täglich beschrittene (ergänze: Straße) 
sich notgedrungen in eine Gabelung hat fügen 

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müssen und beiderseits das mächtige Gebäude 
umspült, die Bauten der Bürgerlichen weit 
zurückdrängend, so fühlte ich zweimal täg- 
lich auf dem Hinwege und zweimal täglich 
auf dem Heimwege die Frage meinen Kopf 
bestürmen: „Soll ich rechts herum oder 
links herum die Schritte lenken?" 
Worauf es aus mir heraus antwortete : „Mach 
dir das Leben nicht unnötig schwer, Hans. 
Ob du rechts dich wendest oder links, ist 
einerlei ; denn die beiden Wege vereinen sich, 
sobald sie die Kirche umschlossen haben." 
Weil mir dies einleuchtete, und weil eben- 
demselben durchaus klar war, daß, endgül- 
tige Beschlüsse vor einem Scheidewege zu 
treffen, immerhin eine Angelegenheit sei, die 
man nicht mit „Juchhei" oder „Festedruff" 
lösen dürfe, daß jedoch anderseits der Fall 
in meinem Falle schlicht und unverwickelt 
läge, indem der Scheideweg mit nichten ein 
Scheideweg sei, lief ich, ohne zu fackeln, 

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rechterhand um die Kirche herum, oder auch, 
wenn es mir just beliebte, zur Linken. 
„Es ist ja Buxe wie Beinkleid", sagte ich 
mir. 

Aber ich hatte mich bitter getäuscht, und es 
war keineswegs Buxe wie Beinkleid. 
Als ich mir nämlich eine Woche hindurch 
das harmlose Vergnügen gegönnt hatte, vier- 
mal täglich den rechten Pfad einzuschla- 
gen, erblickte ich eines Morgens auf dem 
untersten Absatz einer Steintreppe, die von 
der Seite her in den Rumpf der Kathedrale 
führt, einen zerschlissenen Greis, der sieht- 
lieh blind war, wenn ich mich so ausdrücken 
darf, und der dennoch heimtückische Blicke 
nach mir blitzte. Selten traf ich Menschen in 
der Nähe der Kathedrale, und vollends auf 
den Treppenstufen hatte ich noch kein leben- 
des Wesen gesehen. 

Das ganze Viertel, in welchem die Kirche 
vor Anker liegt, ist öde und ohne Leben : ein 

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verhungerter Köter oder eine scheue Katze 
drücken sich vergrämt an den bleichsüchtigen 
Häusern entlang, und gespenstisch klingt es, 
wenn eine Frauenstimme lacht. 
Wie unter Wasser. 

Erst in der Dämmerung, die das Grelle und 
Bunte in Schemen löst, regt sich hie und da 
ein zages Strudeln. 

Es hockte also ein Greis mit schmierig- stieren 
Pupillen auf der Treppe, zog kriecherisch 
die Trümmer eines Hutes und verfolgte auf- 
merksam den Tritt meiner Füße. 
Ehe ich um die Ecke bog, wendete ich mich 
herzklopfend um : der zahnlückige Alte, der 
mir grinsend hinterdrein geglupscht hatte, 
ruckte seinen Spirituskopf blitzgeschwind ge- 
radeaus und tat, als sei er die Harmlosigkeit 
selbst. 

Über meinen Geschäften vergaß ich ihn als- 
bald, zur Mittagsstunde aber, als ich — nun 
schon gewohnheitsgemäß — rechts an der 

23 



Kirche vorüber strebte, fiel er mir wieder in 
den Sinn und fast zur gleichen Sekunde in 
die Augen. 

Denn da saß er, blindlings und schlierig wie 
eine Qualle, streckte das ehemalige Hütchen 
aus und beluchste mich. — An der Ecke 
drehte ich mich nicht um, sondern hastete 
weiter. 

Nach dem Mittagsbrot überlegte ich hin und 
her, ob ich im großen Bogen die Kathedrale 
umschleichen und dem Blinden entflüchten 
sollte; Neugier jedoch und heftig aufbrau- 
sender Mannesmut trieben meine Füße den 
vertrauten Weg : und richtig, der Alte kauerte 
auf seinem Platze. — Des Abends gleicher- 
maßen. 

Vom nächsten Tage an lief ich bald rechts, 
bald links um die Kirche herum, planlos und 
willkürlich, wie es mir einfiel. 
Und immer saß der Blinde da und wartete 
auf mich. 

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Da packte mich die rote Wut. und ich schrie 
ihm in die haarbebüschelten Ohren, warum 
er in Dreiteufelsnamen mein Leben aus dem 
Gleichgewicht bringe. 

Die Worte rannen von ihm ab, als höre er 
nichts. 

De9 Nachts zerwühlte ich mein Bett, und 

wenn ich matt und mürbe einschlief, erschien 

der Krüppel mir im Traum und überwachte 

meinen Schlaf. 

Oh, das war unerträglich. 

So konnte es nicht bleiben. 

■ 

Ich mußte das Geheimnis dieses Menschen 
in den Grund bohren . . . 
Drum, als ich eines nachts die Ruhe — • trotz 
„Adalin" — nicht finden konnte, machte ich 
mich auf und eilte an die Kathedrale. 
Blaugrün, fast wie bemoost, hing der Him- 
mel; von Sternen und von Mond nichts zu 
verspüren» 

Gleichsam aus knittrigem Stanniol gepreßt, 

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wuchtete die Kirche über die geducktenDächer 
rundum. 

Den Pfad zur Linken schlug ich ein, tiefst 
überzeugt, den Greis auf seinem Posten an- 
zutreffen. 

Das Bild, wie er da blind und schweigsam 
auf der Treppe hockt, hämmerte ich mit fie- 

r» 

brischer Wut in die Gedanken ein, damit sie 
nicht allzu jäh auf tanzten, wenn er dasäße. 
Und weiß der Henker : er saß da ! 
Kein Phantom. 
Er war es wirklich. 

Hart vor der Treppe machte ich kehrt und 
stob, von den Furien gehetzt, rings um das 
Gotteshaus — hinüber zu der zweiten Treppe : 
er saß auch dort. 

Da brach ich in die Knie und schleppte mich 
— ich hörte Bleigewichte rasseln — zurück 
zur ersten Treppe, keuchend: er saß auch 
dort; stumm, schleimig, grauöam. 
Er saß auf beiden Treppen, und ich ent- 

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kam ihm nicht. Hier gab es kein Entrinnen. 
Mit meinen letzten Kräften stürzte ich mich 
auf den Kerl, ihn zu erdrosseln — ich griff 
in Luft, ein wirrzerzauster Hut blieb meinen 
Fingern. J 
Von jener Nacht an schloß ich mich in meine 
Kammer, und niemals mehr betrat ich die 
Straße. 

Ich wage es nicht. 
Langsam geh ich zugrunde. 
Der Alte wills. 



27 



•- 



VOM 
FREUDENHAUS 
INS GRAFENSCHLOSS 
UND RETOUR 

Trei nacfi 
HEDWIG COURT HS" MAHLER 

bearbeitet von 

MAGNUS BIRCH-HIRSCHFELD 

* 

ERSTER AKT 

Freudenlos lebte die schöne und tugend- 
reiche Anastasia Glühwurm im Freudenhause 
dahin. 

An ihrem Herzen nagte ein Glühwurm. 
Tag und Nacht brütete sie über Flucht- 
plänen. 

Es war in der Spelunke „Zur goldenen 
12", deren Besitzerin Rosalie Schiffbruch 

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die schöne und tugendreiche Anastasia im 
Blütenalter von 16 Lenzen dahin verschleppt 
hatte, um sie wie ein Vampir auszusaugen. 

ZWEITER AKT 

Graf Kulka fühlte sich einsam, war er 
doch anders als die andern. 
Nach einer toll durchzechten Nacht folgte 
er nur allzu widerspenstig den Lockungen 
der Freunde und betrat zum ersten Male 
in seinem Leben die von schwülem Atem 
verpestete Atmosphäre der Kupplerin. 
Ha, was war das? 

Konnte, ja durfte er seinen Augen trauen? 
In einem hocheleganten Kimono bot sich 
dem wie vom Donner umprasselten Gra- 
fen die taufrische Anastasia dar, deren 
mit schwarzen Trauerrändern umwucherte 
Augen den Stahl des Mitleids in seine 
Mannesmannsseele bohrten, um daselbst Be- 
freiung zu heischen aus diesem Sündenpfuhl. 

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Kurz entschlossen schlang er seinen mit 
lila Seide abgesteppten Ulster um die heiß 
erschauernde Anastasia und entführte die- 
selbe vermittels seines luxuriösen Mercedes- 
Wagens auf seinen Landsitz in Hänichen. 

DRITTER AKT 

Anastasia als nunmehrige Gräfin Kulka 
durchlebte sonnige Tage an der Seite ihres 
umgewandelten Gatten. 
Doch das Mallöhr schreitet schnell. 
Gar bald war der Graf der ehelichen Zärt- 
lichkeiten überdrüssig, peinigte seine Gemah- 
lin bis aufs Blut und hinterging dieselbe mit 
seinem Zigarrenhändler. 
Mit allen Fasern ihres reinen Herzens 
sann die schmählich Betrogene auf rasche 
Gütertrennung von dem abscheulichen Wüst- 
ling. 

Die Kupplerin, die inzwischen nicht müßig 

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gewesen, hatte den tollkühnen Meisterdetek- 
tiv Harry Biel beauftragt, Anastasia einzu- 
fallen und den schurkischen Grafen der 
wohlverdienten Nemesis auszuliefern. 
Harry Biel begab sich sofort ans Werk 
und überredete die arglose Anastasia, in ihren 
alten Wirkungskreis zurückzukehren. 
Dann trat er, den Revolver in der gelade- 
nen Faust, auf den Grafen zu, um den- 
selben zur Strecke zu bringen. 
Kaum hatte dieser Lunte gerochen, als 
er sich auf seinen ungeduldig scharrenden 
Apfelschimmel schwang und in maßlosem 
Galopp über die Dächer der Stadt dahinraste. 
Auf der Kuppel der Gasanstalt ereilte ihn 
sein Schicksal in Gestalt Harry Biels, der 
wie aus dem Erdboden gezaubert auftauchte, 
mit nervigem Arm in die Speichen des 
schweißüberströmten Rosses griff und letz- 
teres unter gellendem Triumphgeschrei in die 
Tiefe schmetterte. 

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Reumütig kehrte der Graf, der mit einigen 
leichten Hautabschürfungen davongekommen 
war, zu seinem Freund und Berater Birch- 
Hirschfeld zurück, während die eilends her- 
beigeströmte Anastasia in die Arme des Mei- 
sterdetektivs stürzte, um sich von demselben 
zum Altar führen zu lassen. 
Harry Biel aber lieferte das Mädchen auf- 
tragsgemäß in die Klauen der Kupplerin 
zurück — schweren Herzens, hatte er doch 
eine unüberwindliche Zuneigung zu der schö- 
nen Anastasia gefaßt. 
In diesem Augenblick wurden sämtliche 
Freudenhäuser der Stadt auf Antrag des 
Stadtverordnetenkollegiums geschlossen und 
zu Privatwohnungen umgebaut. 
Noch am gleichen Tage ließen sich Harry 
und Anastasia einander antrauen und hielten 
ihren Einzug in „Die Goldene 12", woselbst 
sie einem durch nichts getrübten Lebenswan- 
del frönten. 

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In rascher Folge schenkte Anastasia ihrem 
definitiven Gatten eine Schar blühender Kin- 
der, und wenn dieselben nicht gestorben 
sind, leben sie eventuell heute noch. 
Sela. 



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NATURLICHE FOLGEN DER 

PRESSE 



Im Straßengraben liegt eine Zeitung. 
Ein Windstoß fährt daher, und sie raschelt. 
Ein Kalb kommt, sieht die Zeitung liegen, 
denkt, es sei ein Leckerbissen, und frißt sie. 
Zwei Menschen gehen vorüber. 
Der eine spricht: „Das wird mal eine ge- 
scheite Kuh." 
Der andere : „Warum ?" 
„Weil es die Zeitung gefressen hat." 
„Ach so, deshalb? Ich vermute eher, es 
wird eine stupide Kuh werden." 
Die beiden Menschen schreiten in den Tag 
hinein und versenken sich in ein Gespräch 
über die Presse. 

Das Kalb hat die Zeitung verzehrt, ohne sich 

40 



Dig 



durch die Reden der Wandersieute behelligen 
zu lassen. 

Die Zeitung hat ihm geschmeckt. 
Es glotzt. 

Ein Stück straßenaufwärts liegt abermals 
eine Zeitung. 

Es läuft hin und frißt sie. 
Das Kalb fühlt sich unbeobachtet, setzt sich 
auf einen Steinhaufen, kreuzt Bein mit Bein 
und überlegt. 

Währ end des Oberlegens käut es wieder. 
Das Wiederkäuen ist eine Folge der Zei- 
tungslektüre. 

Das Oberlegen ebenfalls. 
Der Gang der Überlegung ist folgender : „Es 
hat mir gut geschmeckt. Es hat mir sehr gut 
geschmeckt. Es hat mir ganz außerordent- 
lich gut geschmeckt. Nicht alles schmeckt so 
gut. Ich wüßte nichts, was besser schmeckte." 
Das Kalb fraß seitdem nur noch bedrucktes 
Zeitungspapier. 

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Es fraß Hamburger, Berliner, Augsburger, 
Kölner, Budapester, Münchener Blätter und 
die Krähwinkeler Sensationspresse. Mit je 
einem Roman der Hedwig Courtlis-Mahler. 
Etwa eine Stunde nach jeder Zeitungslektüre 
gab das Kalb hinterwärts eine falsche Mei- 
nung von sich. 

Aber es wurde fett von dem Papiere, sehr 

fett, beängstigend fett. Bis es mit vier Jahren 

zur Kuh gedieh und ein Dutzend Kälber auf 

den Markt warf. 

Die Kälber waren tot. 

Sie hatten kein Gehirn. 

Man beaugenscheinigte die Kuh. 

Wasser entrann dem Euter statt Milch. 

Barnum holte die Sehenswürdigkeit in sein 

Panoptikum nach Groß- Buxtehude und zeigte 

sie für Geld. 

Die Kuh nährte sich ausschließlich von Zei- 
tungspapier und vertilgte ganze Ballen von 
druckwarmer Makulatur. Sie schwoll an und 
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erreichte den Umfang eines ausgewachsenen 

Elefanten. Sie blökte geradezu vor Presse. 

Barnum mußte schließlich eine Art Ballon- 

halle bauen lassen, um sie unterzubringen. 

Ihre Freßgier nahm überhand. 

Sie fraß eine Ladung Zeitungen nach der 

anderen. 

Bis sie platzte. Es gab einen hirnerschüt- 
ternden Knall. 

Anatomen eilten herbei und fanden eine wider- 
liche Geschwulst, die sich von der Speise- 
röhre bis zur Schwanzwurzel hingezogen 
hatte, und die als einziges Überbleibsel aus 
den Trümmern ragte. 

Diese Geschwulst hatte Hirn und Magen 
ersetzt ; alle geistige, alle verdauende Tätig- 
keit hatte sich darin abgewickelt. 
Das Gelesene war als Meinungsbrei in den 
Abszeß gelangt und hierselbst verarbeitet 
worden. Zur Hebung der Landwirtschaft 
hatte die Kuh nichts beigetragen. 

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Diese Geschichte ist dem Tierreich ent- 
nommen. 

Menschen verschlingen ja keine Zeitung. 
Und außerdem haben die Menschen ein Ge- 
hirn. 



• 



44 



LESESTÜCK 

Das Meer er§länzte weit hinaus. 

Sanft wie ein Baldachin le§te sich der Abend 

auf Feld und Flur. 

Bedächti§ trieb der Schäfer seine Herde 
heimwärts. Auf §rüner Au* ästen friedliche 
Schweine, die treuen Haustiere. 
Eine klu§e Bauernmutter wendete ihr un- 
ermüdliches Au§enmerk den Kuheutern zu, 
indem sie durch rhythmisches Zusammen- 
pressen der Hand die Sau§bewe§un§ des 
Kälbchens nachzuahmen sich bemühte, wohin- 
§e§en der brave Hausvater den leidi§en Mehl- 
tau der Rosen durch Schwefelblüte zu be- 
seiten bestrebt war, die er sor§sam über 
Blätter und Dolden stäubte. Tiefer Friede 
rin§sumher. 

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Eine einsame Nachti§all schmettert ihre 
spöttischen Weisen in den §eröteten Äther. 
Alles atmet Glück und Beha§lichkeit. 
Nur der Setzer dieser Idylle lebt in be§reif- 
licher Erre§un§. 

Er hat nämlich den Kasten mit den kleinen 
G-Buchstaben verle§t und muß nun jedes § 
mittels eines Para§raphen wieder§eben. 



46 



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SCHNIEDEKING 

Schniedeking ging spazieren, und wie Schnie- 
deking so spazieren ging, stach ihm ein kleines, 
aber musikalisches Fräulein in die Augen. 
Diesem Fräulein stieg Schniedeking nach. 
Denn Schniedeking war ein Steiger. 
Aber er getraute sich nicht, anzubandeln.. 
Schniedeking war ein platonischer Steiger. 
Schniedeking stieg aem kleinen Fräulein un- 
entwegbar hinterdrein. 
Von halb drei bis gegen sieben. 
Das reibt auf. 

Gegen sieben verschwand das kleine Fräu- 
lein in einem Eckhaus am Dönhoffsplatz. 
Es war Nummer 16 a. 

Schniedeking notierte sichre Zahl auf seiner 
abschraubbaren Manschette und tappelte zu 
seinem Zigarrenhändler. 

■ 47 



Da dieser jedoch geschlossen hatte, begab 
sich Schniedeking heim und legte sich 
schlafen. 

Am folgenden Morgen eilte er wiederum zu 
dem Zigarrenhändler und ließ sich das Adreß- 
buch geben. 

Dönhoffsplatz 16a. Erdgeschoß: Raufuß, 
Dr. Zwing; 1. Stock: Krölund, Appelt; 
2. Stock : Matthiessen ; 3. Stock : Semmel- 
korn, Müller. 
Hm. 

Sieben Möglichkeiten. 
Hm. 

Was tun ? 

Schniedeking verließ den Zigarrenladen und 
sich auf sein sicheres Gefühl und wählte 
den Namen Krölund als für kleine Fräu- 
lein einwandfrei passend aus und stürmte 
zum nächsten Postamt und schickte ein Tele- 
gramm mit bezahlter Rückantwort an Fräu- 
lein Krölund. 

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Das Telegramm enthielt die drei zentnernden 
Worte: 

„Ich liebe Sie." 

Dann stiefelte Schniedeking wieder nach 
Hause und legte sich erwartungsvoll auf die 
e. 

Schniedeking wartete vierzehn Tage. 

Antwort traf nicht ein. 

Wahrscheinlich war Fräulein Krölund nicht 

die Gewünschte, oder sie liebte bereits einen 

anderen, oder weiß Gott was. 

Der Fall ist nie geklärt worden. 



51 



ANEKDOTE 
VON PAUL STEEGEMANN 

■ 

Seit dem Jahre 1914, wo ihm 
ein Grizzly-Bär aufgebunden 
wurde, seit dem Jahre 1914 
sammelt Alfred Neumann, sam- 
melt Neumann Streichholz- 
schachteln. 

■ 

Und zwar tut er dies mit einer Hinbrunst, 
die an das Abenteuerliche streift und jeden 
anderen Irdischen in die eisigen Regionen 
des Selbsttodes fuhren wurde. 
Neumann schreckt vor den verwegensten 
Diebstählen nicht zurück, wenn es eine an- 
noch unbekannte Fabrikmarke der Sammlung 
einzuverleiben gilt. 

Neumann scheut in Anbetracht seiner Spar- 
samkeit weder Fleddern noch Bettelei. 
Im Frühjahr 1922 ist es Neumann gelun- 
gen, dank rastloser Tätigkeit, sage, schreibe 

52 




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und jauchze: fünfhundert verschiedene 
Streichholzschachteln zu vereinen. 
Er löste die Etiketten säuberlich ab, klebte 
sie in ein Album und ruhte mehrere Tage 
auf seinen heiß errungenen Lorbeeren aus. 
Die Verlagsbuchhandlung Paul Steegemann 
in Hannover hat große Augen gemacht, 
als sie am 19. März 1922 ein Paket mit 
folgendem Begleitschreiben empfing: 

Wie ich zur Erfahrung gehraoSt, tauschen 
Sie, sehr geschätzte Tirma Steegemann, 
wenn man Soo Streicß ho fzscßachtef* Eti- 
ketten gesammeft hat, was mir in mehr» 
jähriger Hingahe restfos gefungen ist, 
diese fhen gegen einen Tußhaff um, wef* 
cßen ich afs Resultat meiner Bemühungen, 
die zu ermessen ich in Ihre Anheimefung 
steffe, tun f ich st umgängig an meine Post" 
anschrift (siehe RüchseiteJ zu gefangen 
fassen höß. ersucht Ihr geziemender 

Ado ff Affred Neumann. 

53 



UNDANKBARES GESCHÄFT 

Beim Kaiser Willielm saß einmal ein Mann 
und sagte, er möchte gern zweihundert Mark 
geborgt haben ; ... ob er die nicht kriegen 
könne. 

Er sei schon überall herumgeflitzt, aber es 
sei heutzutage verdammt schwer, Geld auf- 
zutreiben. 

Das war im Jahre 1913. 
Der Kaiser lachte und ließ dem Mann zwei- 
hundert Mark auszahlen. 
Bedingung: 6% Zinsen und Rückerstatten 
des Betrages nach Jahresfrist. 
Der Mann erklärte sich einverstanden, strich 
die Summe ein und sagte, er sei ein Ehren- 
mann und wisse, was sich geziemt, und er 
werde die zweihundert Mark pünktlich zu- 
rückbezahlen. 

54 



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Hierauf vollführte er einen Kratzfuß und 
fernte sich ent. 

. . . Drei Jahre später traf der Kaiser den 
Mann bei Aschinger, erkannte ihn sofortest, 
fragte höflich, wie es ihm gehe, und wie es 
mit den bewußten zweihundert Mark sei. 
„Ach," sagte der Mann, „wissen Sie, die 
Geschäfte gehen miserabel. Ich bin zwar von 
meiner Firma reklamiert und schiebe neben- 
bei . . . 

„Was tun Sie?" unterbrach der Kaiser. 
„Schieben tun tu ich. Tun Se man nich so 
scheinheilig, Sie!" 

Er täte gar nicht, versetzten S. M., sondern 
er wolle sein Geld wieder haben ; er benötige 
es dringend. 

„Lassen Sie mir noch fünf Monate Zeit; 
ja? Dann kriegen Sie Ihre lumpigen paar 
Groschen auf Heller und Pfennig zurück !" 
Der Kaiser gab sich zufrieden. 

...Etwa ein halbes Jahr spater lief der 

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Mann dem Kaiser auf der Galerie des Herrn- 
feldtheaters in die Arme ; erst wollte er aus- 
kneifen, dann aber dachte er : „Ach watt I" 
S. M. gestatteten sich die Frage, wie es mit 
dem Geld stünde. 

„Ja, M erwiderte der Mann, „das ist so eine 
Sache." Und er malte aus, wie kläglich es 
ihm ergangen sei, und daß er wahrlich nichts 
zu lachen gehabt hätte, und daß er sozusagen 
mit einem Fuß am Hungertuche genagt 
habe . . . Und zuguterletzt versuchte er, den 
Kaiser nochmals um zweihundert Mark an- 
zupumpen. 

Da wurden S. M. krachgrob und herrschten 
den Mann an, er solle machen, daß er sich 
davon schere. 

Und, seht ihr. so ist es: Seit jenem Tage 
gab es einen Sozi mehr auf der Welt. 
Moral: Kaiser-Sein war ein undankbares 
Geschäft. 

* 

58 



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DIE 

PSEUDOLITERARISCHE GRIPPE 

Die spanische Grippe ist ein Hochgenuß, 
für den Lustbarkeitssteuer eingehoben wer- 
den sollte, — ist ein Hochgenuß, dafern man 
sie mit der pseudoliterarischen vergleicht. 
Die spanische Krankheit trippelt vorüber, 
ohne Spuren zu hinterlassen. Auch vermagst 
du dich gegen sie zu schützen, indem du 
rohen Knoblauch kaust. Da machen die gie- 
rigsten Bakterien kurz kehrt und flitzen 
schlotternd von dannen. Doch selbst wenn 
du auf dies anrüchige Mittel verzichtest, dich 
also mitnichten schützest, dürfte dir der spa- 
nische Pips wenig anhaben. Du fällst in 
ein hochinteressantes Fieber sowie in deine 
Bettstatt, ruhst dich ein paar Tage aus und 

59 

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darfst hinterher dicke Töne reden, weil du 
die Krankheit mit dem entzückenden Namen 
gehabt hast. 

Bei der pseudoliterarischen Grippe liegt der 
Fall anders. Sie ist als solche von keinem 
noch so einschlägigen Medizinalrat festzu- 
stellen, verursacht keine erhöhte Körpertem- 
peratur und keine Halsschmerzen, wirft dich 
nicht aufs Krankenlager. 
Aber sie verdummt. 

Aber sie verseucht Geist und Geschmack. 
Aber sie verwandelt dich aus einem (immer- 
hin) Ebenbilde Gottes in einen Bullen oder, 
falls du eine Dame bist, in eine Kuh. 
Schleichend breitet sie sich über ganz 
Deutschland aus, täglich ungezählte neue 
Opfer fordernd, Männer, Frauen, Jünglinge, 
Mädchen, Dienstboten, Postbeamte. 
Sie wütet in unsern Landen, und dreimal 
Wehe dem. der ihr verfallen* Bis an sein 
unseliges Ende wird er nicht von ihr genesen, 

6Q 



■ 

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Meine LießfingsdiSterin ist die Courtfjs-Maßferl! Verstanden ?I 



» * 



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wird zeitlebens alles Verlogene als wahr 

empfinden und am Kitsch seine Freude 

haben; denn die pseudoliterarische Grippe 

schlägt den Harmlosen mit Blind- und Blöd- 

« 

heit, und ihre Wirkung ist vergleichbar dem 
bösartigen Treiben eines perversen Gärtners, 
der seinen edelsten Sträuchern solange giftige 
Reiser aufpfropft, bis jene ihre ursprüngliche 
Beschaffenheit verlieren. 
Wer es über sich gewinnt, erhalte sich 
immun. Mögen meine Worte nicht tauben 
Ohren gepredigt sein. 
Ich erhebe meine Stimme und warne: 
Die pseudöliterarische Grippe hat ihren 
Herd in Leipzig, und sie heißet Hedwig 
Courths-Mahler. 

Die Zahl ihrer Originalromane ist wie 
Schund am Meere. 

Nicht genug, daß Wochenschriften, Tages- 
zeitungen und Hausfrauenkäseblätter diese 
Originalromane fortsetzungsweise ausspeien, 

63 



gelangen sie als Bücher in den Handel und 
werden von jung und alt verschlungen. 
In Hunderttausenden ! 

Und von Tag zu Tag werden von der Ori- 
ginalromanschriftstellerin neue Seelen einge- 
fangen, deren Schar anschwillt zu einer Un- 
Heils-Armee. 

. . . Brüder und Schwestern, Schwestern und 
Brüder, ich bitte euch, beschwöre euch, flehe 
euch kniefällig an : Haltet ein auf dem Pfade, 
welch letzteren ihr betreten (wie Frau Hed- 
wig Courths-Mahler schreiben würde), und 
besinnet euch auf euch selbst! 
(Weil Hedwig Courths-Mahler in Hundert- 
tausenden gedruckt wird, hatte der Verlag 
Cotta kein Papier, Goethe zu drucken.) 
Haltet ein, ehe es zu spät ist ! 
Ich warne euch. 

* 

Um eingehend darzutun, wie jämmerlich die 
Originalromane der Hedwig Courths-Mahler 
beschaffen sind, müßte ich wenigstens einen 

64 



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an dieser Stelle abdrucken, und das sei unter- 
lassen, da ich mit Fug vermeine, er würde 
mancher „schönen" Leserin über die Maßen 
gefallen. Denn das ist das Verderbliche an 
ihnen : sie sind dem gutbürgerlichen Publikum 
in den Mund geschrieben ; sie sind genau so 
geschrieben, wie die deutsche Philistersgattin 
schreiben würde, wenn sie Originalromane 
schriebe. Hedwig Courths- Mahler ist die 
verkörperte Spießerinnen -Engstirnigkeit und 
-Phantasiearmut, aber, und das ist der sprin- 
gende, dunkle Punkt : sie ist es mit Bewußt- 
sein. Sie identifiziert sich beim „Dichten" 
mit ihren Leserinnen und schreibt von deren 
beschämlichem Standpunkt aus. Ein jeder 
ihrer Sätze ist berechnet, und ihre Tätigkeit 
hat mit Dichten so wenig gemeinsam, wie das 
Vergolden einer Gipsbüste mit dem Meißeln 
eines Marmorblocks. 

Im Teufel haben wir das böse und in Frau 
Hedwig Courths-Mahler das banale Prinzip 

5 Reimann, Groteskenbuch 65 



~s- y*» 



zu erblicken. Die in Berlin fabrikmäßig ver- 
goldeten Gipsbüsten pervertieren den Ge- 
schmack des urteil sschwachen Volkes. 
Wäh rend man nun gegen Detektiv- und Räu- 
berschmarren mit Axt und Säge zu Werke 
geht, steht man der echten Schundliteratur, 
die gerissen alle Knalleffekte vermeidet und 
nicht Gauner und Spitzbuben, auch nicht das 
leibhaftige Bürgertum, sondern in begreif- 
licher Vorliebe Edeldamen und Grafen schil- 
dert, ohnmächtig gegenüber. Das Leben der 
oberen Zehntausend wird in einer Weise ge- 
malt, daß man der Meinung zuneigen möchte, 
der Weltkrieg sei die tobsüchtige Revanche 
der blutigen Wirklichkeit für die limonadige 
Verhunzung durch die sächsische Original - 
romanschriftstellerin gewesen. 
Ein gutes Dutzend ihrer Werke habe ich mit 
dem sachlichen Interesse des Philologen zu 
mir genommen und weiß Bescheid : Nahezu 
in allen jenen Originalromanen kriegen sich 

66 



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zu guter Letzt zweie, die sich auf der aller- 
ersten Seite hätten haben können, es jedoch 
vorziehen, sich viele Seiten lang nicht zu 
kriegen. Sie kriegen sich also unter allen 
Umständen, und diese Gewißheit wird einem 
im ersten Kapitel zuteil. Aber in elf von 
zwölf Fällen tritt ein hemmendes Moment 
dazwischen, das mit einem einzigen, armseli- 
gen Wörtchen aus der Welt geschafft werden 
könnte, wenn — ja, wenn nicht dadurch der 
ganze Roman in die Senkgrube fiele. Dies 
ist der prickelnde Reiz : Man weiß mit posi- 
tiver Bestimmtheit, daß die beiden todsicher 
zueinander „finden", die, wenn nicht ein sau- 
dummes Mißverständnis dazwischenrollte, 
längst Mann und Frau wären. Ohne auf der 
letzten Seite nachzublättern, darf man schwö- 
ren, daß alles gut endigt, und man liest in 
Siedehitze dem Schluß entgegen, weil man 
es, vor Ungeduld mit den Beinen strampelnd, 
partout nimmer erwarten kann, daß der herr- 
5- 67 




liehe Jüngling die willenlose Braut erst leise 
und innig, dann aber mit stürmischer Zärt- 
lichkeit auf die bebende Stirn küßt. 
Haben sie sich gekriegt, fängt der eigentliche 
Roman erst an, und der endet mit Totschlag 
und Selbstmord. 

Denn Menschen, welche dreihundert Seiten 
lang eines Nichts wegen „kämpfen", kratzen 
sich schon nach zweimonatigem Verheiratet- 
sein die ebenmäßig geformten, mandelförmig 
geschnittenen Blauaugen aus. 
Es ist recht klug von Frau Hedwig Courths- 
Mahler, daß sie ihre Originalromane mit der 
Trauung abschließt. 

Ihre „Gestalten" sind Nippesfiguren ohne 
Unterleib. 



68 



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DER DOPPELGANGER 

Ein Doppelgänger ist nicht dasselbe wie ein 
Doppelläufer. 

Ich mache darauf aufmerksam. 
Der Doppelgänger, den ich meine, wohnt in 
der Scheffelstraße. 
Er hat es auf mich abgesehen. 
Mir zum Schure läuft er doppelt. 
Er sieht genau aus wie der Lehrer Beger, 
der mir vor Jahr und Tag einzubläuen suchte, 
was ein Oktogon und ein Rhombendode- 
kaeder ist. 

Deshalb konnte ich ihn nicht leiden. 
Aber das hat sich gelegt, seit ich seinen 
mathematischen Folterstunden nimmer bei- 
zuwohnen brauche, und ich grüße ihn sogar 

69 



auf der Straße, sobald ich seiner ansichtig 

werde, und gebe ihm die Patschhand und 

mache ein Schwätzchen mit ihm. 

Da ich den Lehrer Beger seit Monaten nicht 

gesehen hatte, grüßte ich den Mann, der sein 

Doppelgänger ist, ohne daß ich das gewußt 

hätte. 

Der Mann, der dem Lehrer Beger aufs 
Haar gleicht, dankte nicht für meinen Gruß, 
sondern schaute mich verständnislos an. 
Ich, der ich von der Öoppelgängerei keine 
Ahnung hatte, wunderte mich über das be- 
fremdliche Betragen des Lehrers Beger, und 
.als ich ihn einen Tag später wiederum traf, 
grüßte ich selbstredend nicht, worauf der 
Lehrer Beger einen schiefen Blick auf mich 
strahlte und sich erstaunte ob meines Nicht- 
grüßens. - 
Ich kam mir komisch vor und beschloß der 
mysteriösen Sache bei nächstbester Gelegen- 
heit auf den Grund zu leuchten. 

70 



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I 



Heute nun begegnete ich abermals dem Leh- 
rer Beger, zweifelte allerdings im innersten 
Innern, ob er es wirklich sei oder ob er am 
Ende vielleicht doppelgehe. 
Trotzdem schwenkte ich meinen Hut. 
Er dankte nicht, blickte vielmehr krampfhaft 
zur Seite. 

Da sprach ich ihn unumwunden an. 

Er sagte, er kenne mich nicht, und er heiße 

seit Menschengedenken nicht anders denn 

Tobias. 

Ich bat um Entschuldigung und schritt sinnie- 
rend weiter. 

Da kam der Lehrer Beger. 
War er's, oder war er's nicht ? 
Er mußte es sein. 

Denn Herr Tobias war in seiner Eigenschaft 
als Doppelgänger entdoppelt. 
Ich grüßte also Herrn Lehrer Beger. 
Er dankte freundlich, reichte mir die Patsch- 
hand und begann ein Schwätzchen mit mir. 

71 



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Ich erzählte ihm von seinem Doppelgänger, 
und wir schieden in der Zuversicht, unseren 
Verkehr auf der angenehmen Basis gegen- 
seitigen Grüßens in feste Bahnen gelenkt zu 

■ 

haben. 

Die Geschichte ist, so leid es mir tut, noch 
nicht zu Ende. 

Denn am Nachmittag kreuzte Herr Tobias 
meinen Weg, ohne daß ich mit Sicherheit 
festzustellen vermocht hätte, ob es wirklich 
Herr Tobias sei oder nur Herr Lehrer 
Beger. Für alle Fälle grüßte ich ihn. 
Er dankte höflich und ließ mich im Un- 
klaren, wer er sei. 

Ich glaube aber, es war Herr Tobias. 
Was mag der Mann von mir denken? 
Wie komme ich aus dem Dilemma des 
Grüßens und Nichtgrüßens heraus ? 
Das Einfachste wäre, ich schaffe mir eben- 
falls einen Doppelgänger an und lasse die 
beiden Doppelgänger sich die diversen Köpfe 

72 




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\ 



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zerbrechen, ob ich es selber bin oder nur 
mein Doppelgänger. 

Es scheint mir indessen ausgeschlosen, ein 
Duplikat von mir aufzutreiben. 
Auf dem Boden hängt ein Doppelläufer, den 
mir mein Schwiegervater als Hochzeits- 
präsent überreicht hat. 
Ihn werde ich zu Rate ziehen und mich in 
eine andere Welt befördern, wo es weniger 
aufregend zugeht, und wo ich vor der lei- 
digen Doppelgängerei sicher bin. 



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EBEN DESHALB 

In einer Irrenanstalt verkehren manchmal 
ganz normale Menschen. 
Zum Beispiel mein kondensierter Milch- 
bruder Paule, 

Paule leidet am Thermometer und muß un- 
unterbrochen Messungen anstellen. 
Wer das kennt* findet sich ganz gut mit 
Paulen ab. 

Regierungsrat Sandwitsch fand sich nicht mit 
Paulen ab, und Paule wanderte ins Sana- 
torium. 

In einem Sanatorium sind manchmal ganz 
normale Menschen. 

Zum Beispiel der moderne Kunstmaler 
Schipf. 

Diesem fiel Paules Fimmel angenehm auf. 
Darum buhlte er um Paules Vertrauen. 
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Eines Tages hielt sich Paule im Park des 
Sanatoriums auf und stellte Messungen an. 
Dies geschah in der Weise, daß Paule, der 
ständig an die zwanzig Thermometer bei sich 
trug, von Baum zu Baum schritt und die je- 
weils ermittelten Temperaturen in ein Büch- 
lein einschrieb. 

Schipf trat hinzu und beobachtete den eifrig 
notierenden Paule, ohne daß sich Paule hätte 
stören lassen. 

Nach einer reichlich bemessenen Viertel- 
stunde fragte Schipf höflich, zu welchem 
Behufe die Messungen erfolgten. 
Paule erwiderte: „Damit ich sie in mein 
Buch eintragen kann." 
Schipf: „Und wozu tragen Sie das alles 
in Ihr Buch ein ?" 

Paule (geheimnisvoll) : „Damit ich's dann 
in mein großes Buch eintragen kann." 
Schipf: „Und wozu tragen Sie das alles in 
Ihr großes Buch ein ?" 

77 



Paule (leicht gekränkt und dabei überlegen) : 
„Das ist ja meine fixe Idee !" 

In einer Irrenanstalt verkehren manchmal 

ganz normale Menschen. 

Menschen, die ihren Klaps mit Bewußtsein 

tragen. 



78 



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MÄRCHEN 

Es war einmal ein Bahnhofsvorstand . . . 
wissen Sie: so ein Mann mit prachtvoll 
roter Mütze. . ., der mußte jedesmal, wenn 
er einen Zug abfahren ließ, bitterlich laut- 
auf weinen vor teils Trauer, teils Wehmut, 
teils Schmerz. 

Ein bißl a Sehnsucht in die Ferne war auch 
mit hineingemanscht. 

Man enthub ihn seines Postens und ver- 
setzte ihn zur Güterverwaltung einer mar- 
tialischen Großstadt. 

Nun weint er erst recht in der Erinnerung 
an die vielenvielenvielen ohne ihn und ohne 
seine Gegenwart abdampfenden Züge. 

Oh, 

ist das traurig. 

79 



t 



IN DER DORFKIRCHE 

In einer Dorfkirche, auf der Empore, unter 
stockfremden Menschen, während die Orgel 
spielte, habe ich Johannes R. Bechers Ge- 
dichte gelesen. 

Kaleidoskop und klar Gehirn ! 
Hah. 

Der enge Raum, mit Kränzen aus gefärbten 

Fadennudeln gefüllt, fünf unerquickliche Pe 

troleum-Ampeln an der Decke, platzte. 

Superlativischst reckte Lotte sich. 

(Ob man zu „sich" — analog zu „etwam" 

. . . aus „etwas" — den Akkusativ „sim" 

bilden sollte? Stelle anheim.) 

Reckte Lotte sich (sim) unter dem Dichter 

der neuen Zone. 

„Ehre sei Gott in der Höhe." 

80 



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Der Pastor spricht's mit vergilbter Stimme. 
Der Lehrer aber spielt die Orgel. 
Er heißt eigentümlicherweise Maron . . . 
In der Weststraße ist eine Firma, die heißt 
„Morgenstern & Kotrade", das versteh ich 
nicht, und in der Querstraße gibt es eine 
Firma, die heißt „Pätzold & Opitz", und 
gleich daneben ist eine, die heißt „Ätzold & 
Popitz". 

Das billige ich keinesfalls. 

. . . licherweise Maron und kennt mich. 

Und ich kenne ihn. 

Es tut nicht gut, an der Quelle zu sitzen. 
Die Kinder singen. 

Wie in abendlichen Kaminen verröchelt 
etwas. 

Das war der Blasbalg. 
,,. . . für und für, um seines Sohnes willen." 
„Und abermals ist das Himmelreich ver- 
gleichbar einem verborgenen Schatz . . 
Für und für. 

e- 83 



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Die Orgel verpustet sich. 

Des Pastors Stimme schwillt. 

Die Sache im Westen wird gemacht. 

„. . . köstliche Perle fand . . . und verkaufte 

dieselbige ..." 

Und : „Wir klirren rings in Blau-Luft Fen- 
ster-Gittern." 

Bechers Stimme dröhnt splitternd den armen 
Pastor breit. 

„Amen*, spricht dieser und gibt das Rennen 
auf. 

Becher wandelt sich tiefst in literarischen 
Blätterwald und zerschmilzt elend-rot in aus- 
gebrannten Kratern. 
Quid sum miser tunc dicturus? 
O hymnische Nebelschwaden! 
O faustisch Gewolk ! 
Solvet saeclum in favilla. 
O Enzian-Ort der Abgeseilten ! 
Feindselig aberum kracht die Orgel. 
Der Lehrer gibt sich hin. 

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Will er vor mir prahlen? 
Bemänteln seine Schämigkeit ? 
Und wieder singen der Kinder süße Stim- 
men. 

Ein Männlein battert herbei mit einem Klin- 
gelbeutel. 

Lotte, Gott, Johannes, o Welten unüber- 
brückbar. 
Wowo bin ich ? 

Etwas weint aus mir, aus Johannes R. 
Eimann. 

Und schon besteigt, ha, der Pastor seine 
Kanzel. 

Nachbarin, Eure Ampulle ! 



GEMÄLDE 

Der Blick ist nach Westen ge- 
richtet. 

Vor uns erhebt sich eine Bauern- 
hütte, die zu sieben Achteln aus 
dem Dache besteht. 
Das Dach ist hellbraun und mit grünem 
Moos besponnen. 

Rechts des Hauses stehen inmitten fettestem 
Grün üppige, uns entgegengeneigte Sonnen- 
rosen. Links ein paar Kirschbäume. 
Unter einem der dunklen Stämme sprüht 
rotes Feuer. 

Weiter links auf grünem Pfefferkraut ein 
blütenweißes Hemd, zum Trocknen hinge- 
legt. 

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Zu beiden Seiten des Daches gleiten die 
Gärten bis an schwellende, grüne Hügel, die 
von Feldern in gelbliche und weiße Streifen 
zerschnitten sind. 

Über alledem hängt ein schwefelgelber Him- 
mel, der ganz behutsam in lichtes Blau und 
am Horizont, über den gestreiften Hügeln, 
in warmes Dunkelblau übergeht. Seltsames 
Licht. 

Ist es grell? 
Ist es fahl? 

Es ist beides zugleich, und, während ich 

schreibe, wandelt es sich in kräftiges Ocker. 

Ein halb acht Uhr abends. 

Im Südwesten flimmert ein Stück dünnen, 

hingehauchten Regenbogens. 

Das Gelb des Himmels rötet sich mehr und 

mehr. 

Ober den Hügeln schimmert der Horizont 
grünlich. Plötzlich strahlt alles in roten Flam- 
men. 

87 



Kein Blau, kein Grün, kein Gelb — — 
alles prangt rot. 

Sogar mein Schreibpapier leuchtet purpurn. 
Zwei Minuten später ist alles vorüber, und 
silbergrau legt sich der Abend hernieder. 



88 



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DIE AUTO 

tAls sie auf mich zugefahren kam, 
sagte ich laut und wehrlos: 
Bitte, nicht!" 
Aber ich brachte nur das Bitte 
heraus. 

Das Nicht blieb in meinem aufs äußerste 
entsetzten Halse stecken. 
Was weiß eine Auto von Menschengedanken 
und Menschensprache! 
Es war nämlich eine weibliche Automobile. 
Sie sah ganz veilchenblau und graziös aus. 
Ich könnte sie ausführlich schildern, bitte je- 
doch, mir dieses auf dem Gnadenwege zu er- 
lassen. 

Kurz und gut : ich wurde überfahren. 
Vordem hatte ich mich immer als ein zu- • 
sammengehöriges Ganzes empfunden. 

89 



Damit war es nunmehr aus. 
Ich bestand aus zwei Teilen, genau genom- 
men aus drei Teilen. 
Die Beine waren nämlich ab. 
Haben Sie sich man nicht ! 
Ich weiß so gut wie Sie, daß solches eine 
unappetitliche Sache ist. 
Natürlich. 

In meinem Un-Fall verhielt es sich allerdings 
anders. 

Ich darf wohl sogar von einem ästhetisch 
durchaus befriedigenden Verlauf reden. 
Und ich genierte mich auch nicht, von den 
abgetrennten Füßen, die herrenlos und iso- 
liert da lagen, Gebrauch zu machen. In der 
Hast steckte ich sie aber verkehrt herum an, 
mit den Absätzen nach vorn. 
Dummerweise. 

Nun soll ich so auf Freiersfüßen gehen? 
Nein, das wird mir niemand zumuten. 
Einen Tag lang war ich sehr unglücklich. 

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Nachts stahl ich mich in die Garage der 
herzlosen Automobile und machte ihr einen 
regelrechten Antrag, wie ich das aus Romanen 
gelernt hatte. 

Die zierliche Automobile war gar nicht herz- 
los. 

Sie erhörte mich, und wir wurden ein Paar. 
Nach neun Monaten genas sie einer ent- 
zückenden veilchenblauen Zyklonette mit ver- 
kehrt hemmen Pedalen. 
Was da noch herauskommt, möchte ich nicht 
wissen. 

Einstweilen bin ich freilich stolz auf meine 
knatternde Tochter und fahre gern auf ihr 
spazieren. 

Da bleiben die Leute stehen. 

Es ist aber auch ein eigentümlicher Anblick. 



91 



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KURMÄRKER UND PIKARDE 

Landwehrmann und Prostituierte. Der ver- 
heiratete Landwehrmann B. war der Backe- 
reikolonne zugeteilt und lag im Bürgerquar- 
tier in Gohlis. Am 26. Januar mittags ging 
er in die Stadt und lernte in der Grimma- 
ischen Straße die verheiratete Prostituierte 
K. kennen, die ihn mit in ihre Wohnung nach 
Mockau nahm. Erst am 1. Februar traf B. 
wieder bei seiner Truppe ein. Das Kriegs- 
gericht der 48. Brigade hatte ihn deshalb 
wegen unerlaubter Entfernung vom Truppen- 
teile im Felde (§§64 — 66 des Militär- 
strafgesetzbuchs) zu acht Monaten Ge- 
fängnis verurteilt. B. legte Berufung ein 
und gab an, er habe an einer rheumatischen 
Nervenkrankheit gelitten. Er sei schon mehr- 

92 



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mals in die Revierstube gegangen, ohne daß 
er untersucht worden sei. Immer sei er wie- 
der fortgeschickt worden. Am 26. Januar sei 
es ihm wieder sehr schlecht gegangen. Um 
Tee zu holen, sei er nach der Apotheke in 
die Stadt gegangen. Dort sei es ihm unwohl 
geworden und Frau K. habe sich seiner an- 
genommen. In -der Wohnung der K. habe er 
nie richtig das Bewußtsein gehabt. Ge- 
schlechtlich habe er nicht mit ihr verkehrt. 
Die Prostituierte hatte auf diese Frage die 
Aussage verweigert. Der sachverständige 
Arzt Dr. Oeller hat bei B. kein Leiden fest- 
stellen können. Die Berufung wurde darauf- 
hin verworfen, weil der Angeklagte nur 
zur Befriedigung der Sinnenlust dem Heere 
ferngeblieben war. Die Untersuchungshaft, 
in der sich B. seit 3. Februar befindet, wird 
auf die Strafe nicht angerechnet. 

Leipziger Volkszeitung, 4. Juni 1915. 

v 

95 



DER AUFRECHTE MENSCH 



Der neue Kürfurst von Ka- 
kaduzien (jüngere Linie), 
Giesebrecht der Gewap- 
pelte, hatte eine Anwand- 
lung, legte die Zivilkluft an, 
fuhr mit der Tram (kein Fremdwort!) bis 
zum Bahnhofe, löste eine Fahrkarte vierter 
Klasse nach Mampedictin o. d. Tauber und 
stieg bei Abfahrt des Zuges rasch in ein 
Abteil erster, da er eine abermalige Anwand- 
lung verspurte. 

Von einem kontrollierenden Schaffner nach 
dem Fahrscheine befragt, lächelte er zag und 
wies ihn vor. 

Als nun der Beamte den ihm gänzlich un- 
bekannten Kurfürsten zur Rede und vor die 
Wahl stellte, entweder die Differenz zwi- 
schen den Preisen erster und vierter Klasse 
auf den imaginären Tisch des Hauses zu 

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legen oder auf der nächsten Station umzu- 
siedeln, wurde der huhe Herr grob und ließ 
das unzweideutige Wörtchen „Rindvieh" auf 
den Bahnmenschen fallen, was zur Folge 
hatte, daß dieser mit kernigen Redewendun- 
gen nicht zurückhielt, was zur Folge hatte, 
daß der Fürst ein Gleiches tat. 
Und schon war die Debatte, wenn anders 
ein von Beleidigungen gröbsten Kalibers 
strotzendes Zwiegeschimpf „Debatte" ge- 
nannt zu werden verdient, auf dem Punkt an- 
gelangt, daß der Eisenbahner dem Staats- 
oberhaupt mit Maulschellen aufzuwarten sich 
anheischig machte, als dessen Finger das 
letzte Heft der „Kakaduzischen Illustrier- 
ten" aus der Brusttasche rissen, um das Um- 
schlagsbild, welches Giesebrecht, den Ge- 
wappelten, unseren neuen Kurfürsten, dar- 
stellte, dem ahnungslosen Gegenüber unter 
die Nase zu halten. 

Einen schrägen Blick senkte der Schaffner 

7 Reimann, Oroteskenbuch 97 



auf das kurfürstliche Konterfei, einen prü- 
fenden Blick stach er in den Landesherrn 
selbst und versetzte : „Es scheint allerdings, 
als ob Sie in der Tat der Kurfürst seien, ein 
Umstand, der mich nicht erschüttert, ge- 
schweige denn in die Knie brechen macht. 
Die Beleidigungen, die wir uns gegenseitig 
zuzufügen die Geschmacklosigkeit hatten, 
werden seinerzeit (oder ihrerzeit ?) vor Ge- 
richt .verantwortet werden. Auf schleunige 
Nachzahlung der beregten Preisdifferenz 
lege ich indessen ein schweres Gewicht, da 
ich es grundsätzlich /für Schnödigkeit und 
Filzerei erachte, so ein Herrscher den Säckel 
des eigenen Landes prellen wollte." 
Dij nächstfolgende Nummer der „Kakadu- 
zischen Illustrierten" brachte als Titelbild 
einen Eisenbahnschaffner mit der Unter- 
schrift: „Der aufrechte Mensch." 
Obenstehender Text war als Erläuterung 
beigefügt. 

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WIE MAN ORIGINAL-ROMANE 
LESEN SOLLTE 

Seit ich vorgeschlagen habe, die Werke 
der Original - Roman - Schriftstellerin 
Hedwig Courths-Mahler dem deut- 
schen Volke dadurch zu verekeln, daß 
man sie der heranreifenden Generation 
an Stelle der Klassiker einwalkt, beden- 
ken mich ein paar Rachsüchtige (denen 
während der Schulzeit offenbar das un- 
verdiente Glück zuteil geworden ist, einen 
gescheiten Deutsch- Lehrer gehabt zu ha- 
ben, aber die zu einfältig gewesen sind, 
um gewahr zu werden, wie barbarisch mit 
Schiller, Lessing usw. umgesprungen wurde, 
oder die überhaupt keinen Schulunterricht 
genossen haben) . . . bedenken mich ein paar 
Rachsüchtige in erfreulicher Regelmäßig- 
keit mit anonymen Sendungen, und diese Sen- 
dungen bergen (haltet mich fest!) Roman - 

99 




beilagen, und diese Romanbeilagen (haltet 
mich noch fester!) bestehen aus Teilen der 
Werke der Original- Roman-Schriftstellerin 
Hedwig Courths-Mahler aus Weißenfels. 
Hell ist mein Entzücken. 
Die „Dresdener Hausfrau" brachte beispiels- 
weise den Originalroman „Arme Liane!" 
und ausgerechnet die 29. Fortsetzung schneite 
mir ins Haus. Was aber fange ich mit einem 
Originalroman an, dessen bisheriger Verlauf 
mir unbekannt ist? Antwort: Ich lese ein- 
fach die Inhaltsangabe, die der Fortsetzung 
vorausgedruckt ist: 

„Liane Reinold, eine elternlose Waise, 
wird von ihrem Onkel, dem Grafen Ra- 
stenau, liebend umsorgt. Er hat ihr eine 
Wohnung in Berlin nett eingerichtet und in 
Frau Dr. Bartels eine Hausdame ge- 
wonnen, die allerdings Liane nicht zu- 
sagt. Als er der Dame ihre Entlassung mit- 
teilt, erklärt sie, daß sie sein Doppelleben 

100 




Arme Liane i 



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durchschaut habe und wisse, er lebe als Ma- 
joratsherr mit seiner rechtmäßigen Gattin und 
einer jungen Tochter auf Schloß Rastenau. 
Graf Rastenau beschließt, Liane über seine 
Verhältnisse aufzuklären. Das junge Mäd- 
chen ist über seine Eröffnungen bestürzt. 
Als die Hausdame ihr aber nach des Grafen 
Abreise ins Gesicht sagt, sie wäre seine Ge- 
liebte, bricht sie fast zusammen. Planlos 
irrt sie ins Freie, ein Fremder leistet ihr bei 
einem leichten Ohnmachtsanfall Hilfe. Am 
nächsten Tage trifft sie ihn in der Pension 
wieder, in deren Schutz sie sich vorläufig 
begibt. Beider Herzen neigen sich zuein- 
ander. Detlev Greifenberg aber macht dem 
holden Traum durch eine rasche Abreise 
ein Ende. — Graf Rastenau weilt wieder auf 
seinem Schloß in Thüringen. Liane, die im 
Begriff steht, unbesoldet eine Gesellschafte- 
rinstellung anzunehmen, erbittet dazu seine 
Einwilligung, die er um so lieber erteilt, als 

103 



er die freiherrliche Familie 
von Brinken kennt und schätzt. 
Weder seine Gemahlin noch 
seine reizende sechzehnjäh- 
rige Tochter Steffie ahnen 
etwas von der Existenz Liane Reinolds. 
— Graf Detlef, der Neffe des Grafen, 
berichtet in vertrauter Stunde dein tief- 
betroffenen Grafen, daß er Berlin 
fluchtartig verlassen habe, um nicht 
die Liebe zu der bürgerlichen Liane 
Reinold über sich Herr werden zu 
lassen. — Einige Tage darauf trifft Liane 
auf Brinkenhof als Gesellschafterin der durch 
einen Unfall lahmgewordenen Hanna v. Brin- 
ken ein. Im Fluge erobert sie aller 
Herzen. Auf einem einsamen Waldspazier- 
gang trifft sie Graf Detlev und erfährt seinen 
wahren Namen und Stand. Beide sind von 
dem Wiedersehen bewegt. Als Gutsnach- 
bar verkehrt Graf Detlev v. Rastenau viel 

104 




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auf Brinkenhof. Bei einem gemeinsamen 
Ausflug lernt Liane die Komtesse Steffie 
v. Rastenau kennen sowie die Baronin v. 
Wachau und deren Sohn. Aber zu ihrem 
großen Schrecken trrW* sie auch hier ihre 
ehemalige Hausdame» Frau Dr. Bartels, 
die jetzt Gesellschafterin bei Frau Baronin 
v. Wachau ist. Detlev begleitet auf der 
Rückfahrt Komteß Steffie nach Rastenau 
und bittet den Grafen Joachim, ihn auf sein 
Gut in Schlesien zu schicken, damit er nicht 
in Lianes Nähe weilen muß. Der Graf aber 
teilt seinem Neffen mit, daß er nach rast- 
losem Suchen eine Majoratsklausel gefun- 
den habe, nach der eine Ehe des Majorats- 
herrn mit einer Unebenbürtigen zulässig ist, 
wenn diese von allen lebenden Grafen von 
Rastenau als würdig befunden würde. Detlev 
ist sehr glücklich. Inzwischen ist aber Frau 
Dr. Bartels am Werk. Sie berichtet der 
erschrockenen Baronin Wachau, daß 

105 



Liane die Geliebte eines verheirateten Ari- 
stokraten sei. Die Baronin hält es für ge- 
boten, Brinkens zu warnen und fährt mit der 
Bartels nach Brinkenhof. Liane wird ge- 
rufen." 1 
Nachdem ich dies unter heftigen Schlagan- 
fällen genossen habe, stürze ich mich auf 
die 20. Fortsetzung. Sie umfaßt 16 Buch- 
seiten, also einen Bogen. „Ha 1" durchzuckt 
es meine schreckbetäubten Ganglienzellen, 
„da hab ich ja durch das Lesen der Inhalts- 
angabe 320 (in Worten: dreihundertund- 
zwanzig) Seiten erspart!" Und auf Grund 
dieser Erleuchtung schlage ich das Folgende 
vor : 

Man drucke von einem Original- 
romander Hedwig Co urths- Mahler, 
der beispielsweise 30 Teile umfaßt, nichts 
als den Schluß und die dazu gehörige 
Inhaltsangabe der 29 „einleitenden" Stücke. 
Durch dieses abgekürzte Verfahren dürfte 
106 

- 



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die Gemeingefährlichkeit der Originalschrift- 
stellerin auf ein Minimum zurückgeführt und 
vielleicht die gesamte Produktion der Wei- 
ßenfelserin unterbunden werden (denn es ist 
nicht ausgeschlossen, daß Originalromane 
„fortsetzungs weise" entstehen). Und der 
Schluß ist ja doch die Hauptsache ! 



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DAS KLEINE EINMALEINS 

Es war ein schöner Sommerabend. 
Adam Riese saß vor seiner efeuumhegten 
Hütte und rauchte aus einer langatmigen 
Pfeife. 

Dabei spintisierte er. 

Es ging ihm etwas im Kopfe herum. 

Wie er so etwa eine halbe Stunde gesessen 

und gegrübelt hatte, rutschte die Sonne dem 

Globus den Buckel hinunter, und es wurde 

duster. 

In' Adam Riese aber erstrahlte ein inneres 
Licht, und er sprach : 

„Jawohl, ich mache es, und zwar gleich auf 
der Stelle." 

Er trat in das niedere Häuschen, stiefelte 
selbstvergessen in die Stube, haute mit der 
knochigen Faust auf die Tischplatte und 
wiederholte: „Ich mache es." 

108 



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Frau Riese, geb. Neumeyer, steckte die 
Lampe an, während sich Adam, Papier und 
Bleistift in der Hand, an den Tisch hockte. 
„Es ist die höchste Eisenbahn," versetzte 
Adam Riese, „das kleine Einmaleins darf 
nicht länger unerfunden bleiben. Zwar werde 
ich nicht zum reichen Manne daran werden, 
aber ich tue der Menschheit einen unschätz- 
baren Dienst und vererbe außerdem meinen 
Namen auf die Nachwelt." 
Und Adam Riese erfand das kleine Einmal- 
eins. 

„Einmal eins ist selbstverständlich eins. Und 
zwei mal zwei gibt vier, und drei mal drei 
ist drei und drei und drei, also neun. Und 
neun mal neun? Das ist 18, 26, 35, 44, 
53, 62, 71 . . . sehr einfach 9 mal 9 gleich 
71. Ich hatte mir die Geschichte schwieriger 
vorgestellt. Jetzt brauche ich bloß noch die 
Zahlen zwischen drei und neun auszuknobeln, 
und dann hab' ich's geschafft." 

109 



Frau Riese strickte auf dem Kanapee und 
staunte. 

„Nehmen wir einmal 5 mal 7. 7 mal 7 ist . . . 
einen Momang ! . . . ist 48, und 5 mal 7, das 
ist zwei mal weniger, nämlich 13. Jetzt ziehe 
ich die 13 von der 48 ab, und dann weiß 
ich, wieviel 5 mal 7 ist. 48 weniger 13 macht 
26 Rest 1, ... folglich ist 5 mal 7 gleich 26 
Rest 1, das ist ein Kinderspiel. 
Nun will ich spaßeshalber rasch noch aus- 
rechnen, wieviel 8 mal 4 ist. 

■ 

Die 8 zerlege ich zu diesem Zwecke in 2 
mal 4. 8 mal 4 ist infolgedessen 2 mal 4 
mal 4. 4 mal 4 ist 37, und die 37 zweimal 
genommen ergibt genau 100. Hurra! 8 mal 
4 ist 100!..." 

Adam Riese erstrahlte über das ganze Po- 
nem* Seine Gattin fragte: „Adamchen, 
willst du nicht auch noch das große Ein- 
maleins austüfteln?" 
Aber Adam hatte keine Lust mehr. 

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AM SONNTAG 

Von einem Hündchen hat mir geträumt, das 
war vor lauter Magerkeit nicht imstande, drei 
Schritt weit zu laufen. 
Es hatte, zierlich und degeneriert, einen 
schmalen, spitzigen Windhundsschädel, und 
seine Gliedmaßen waren von der nämlichen 
Länge wie Leib und Schwanz. 
Stets stand es auf drei Beinen, während das 
vierte, meist das linke Hinterbein, vor dem 
entsprechenden Vorderbeine hing. 
Die drei Beine konzentrierte es derart 
krampfig auf einem Flecke, daß zwischen 
ihnen, dem Leib und der Erde, nicht Raum 
gewesen wäre für ein Streichholz. 
Es beschnubberte zitterig den Boden, das 
eine Hinterbein nervös zwischen die vorde- 
ren gehängt. 

in 



Seine Farbe war ein unwahrscheinliches 
Hellgelb, und die Zehen erschienen mir haar- 
sträubend sorgfältig detailliert. 
Dieses Hündchen hat mir geträumt. 
Wie erschrak ich heute, Sonntag, als ich 
nichts ahnend und in friedlicher Verfassung 
mich zum Fenster hinausbeugte und eben 
jenes geträumte Hündchen auf der gegen- 
überliegenden Straßenseite umherschnubbern 
sah. 

Und, um das Maß voll zu machen, tauchte 
ein kleines Gassenmädel auf — mitten im 
Juli, an einem Sonntag! — und sang mit 
sieghaft schmetternder Stimme: „Allähäs 
schläft — einsaham wacht — nur das traute, 
hochhei . . hört plötzlich auf, hinkt ganz 
kläglich und humpelt lautlos in den nächsten 
Hausflur, um nie wieder zu erscheinen. 
Auch das Hündchen war entschwunden. 

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HÄNSCHENS SCHUTZENGEL 



Eine von Allmutter Sonne ausgebrütete 
Jugendgejchichte 



tine bis zu ansehnlicher Höhe emporwindend, 
liegt die Hütte eines im nahen Steinbruch 
beschäftigten Vorarbeiters namens Theodo- 
sius Reimann, von nimmer rastendem Eppich 
umrankt. 

Aus dem Schornstein steigen leichte Rauch- 
wölkchen, die Vorboten künftiger Küchen- 
genüsse. 




""^S Am Ostausgange des Dörf- 
v f chens, dort, wo die Landstraße, 
; \ welche nach der nur wenige Kilo- 
/ / meter entfernten Residenzstadl 
führt, sich in kühner Serpen- 



115 



Hei, wie das lustig bruzzelt und prickelt. 
Die Mutter ist's, die gute, welche am Kamin 
steht, ihrem Theodosius einen Pfannekuchen 
zu bereiten, denn der Dienst ist anstrengend, 
gilt es doch für denselben, bis zum Abend 
auszuharren. 

Nun nimmt der Vater Abschied von seiner 
Familie, um sich an sein Tagewerk zu 
machen. 

Zärtlich drückt er Eusepia, der Gattin, einen 
Kuß auf das vom Morgentau noch feuchte 
Haar und tätschelt dem kleinen Hans die 
Wangen, welcher noch von festem Schlum- 
mer umfesselt ist, einem Murmeltier gleich. 
' Dann schultert er den frisch gedengelten 
Rucksack und begibt sich, die letzten Spuren 
des labenden Morgentrunkes aus dem von 
der Sonne gedörrten Schnurrbart wischend, 
an die Arbeit, nicht ohne zuvor aus geringer 
Entfernung von seiner Hütte, die ihm der 
Ertrag seiner regen Hände eingetragen, rück- 

116 



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schauend, mit dem allezeit blitzsauberen 
Schnupftuch ein Ade zu winken. 
Frohgemut schritt er in den jungen Tag hin- 
ein, ein munteres Lied vor sich hinträllernd, 
alles, was er gewünscht, war ihm in über- 
reichem Maße zuteil geworden: ein Haus, 
vor welchem er abends in Ruhe sein Pfeif- 
chen schmauchen konnte, ein blühender Gar- 
ten mit gar mancherlei Gemüsesorten, ein 
Weib, das ihm rechtschaffen und treu zur 
Seite stund, und sein Lebensschiff über die 
sich in den Weg stellenden Klippen hinweg- 
steuern half, und ein Knäblein, so fröhlich 
und liebreizend, daß er nicht müde ward, 
dankerfüllte Blicke zum Himmel hinauf- 
zusenden, welcher ihm alles in reicher Fülle 
verliehen. 

Er ahnte nicht, was ilim im Laufe des Tages 
bevorstehen sollte ! 



117 



Um die Mittagszeit hatte Hänschens Mutter 
unten im Dorfe zu tun, um für den morgigen 
Freudentag, der sich darin äußerte, daß sich 
Theodosius* Geburt zum 40. Male jährte, 
einen Kuchen zu backen. 
Nachdem sie den mit Bleisoldaten spielenden 
Hans ermahnt hatte, brav zu sein und sich 
zu gedulden, bis ihre Rückkehr stattfinde, 
verließ sie die Hütte, welche sie sorgsam 
abschloß, nahm ein im Laufe des Vormit- 
tags eingerührtes Kuchenblech, sowie eine 
gefüllte Aschform und begab sich auf den 
bei kräftigem Ausschreiten etwa halbstündigen 
Weg zum Bäcker. 

Es mochte eine geraume Frist verstrichen 
sein, als Hänschen Durst verspürte, zu wel- 
chem Zwecke ihm die fürsorgliche Mutter 
seine Lieblingstasse mit Milch gefüllt und 
bereitgestellt hatte. 

Es war dies ein bei einer Versteigerung wohl- 
feil erworbenes Porzellangefäß mit Schnurr- 

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bartschutz, welche des Bübchens Entzücken 
wachgerufen und ersterem die Tasse zu dau- 
erndem Gebrauch überantwortet worden war. 
Hierauf stieg Hänschen durch das offene 
Fenster, damit die frische Luft bessere Zu- 
fuhr habe, denn die Mutter mochte nicht, 
daß ihr Liebling in der stickigen Stube atme, 
und kletterte mit großer Mühe über den 
Zaun des väterlichen Grundstücks, die Tasse 
in der Hand. 

Hinter Reimanns Hütte floß der reißende 
Mühlgraben, um seine aufschäumenden Flu- 
ten unweit des Städtchens mit dem Flusse 
zu vereinigen. 

Längst schon gehörte Hänschens geheime 
Sehnsucht der Mühle an mit ihren Rädern 
und dem dadurch angetriebenen Dampfsäge- 
werk, dessen Geräusche durch die Stille des 
Waldes herüberdrangen und mit magischer 
Gewalt das jugendliche Gemüt anlockten. 
Hänschen wanderte den schnell dahingur- 

119 



gelnden Bach aufwärts, wo sich seine Spur 
alsbald im Dickicht verlor und verschwand 
derselbe unseren Augen. 

Niemand vermag sich das die Mutter er- 
fassende Entsetzen auszumalen, als sie ah- 
nungslos heimkehrte, um das Töpfchen mit 
dem Guß zu holen, welches sie in ihrem 
nur allzu begreiflichen Eifer vergessen hatte. 
Mit vor Bangigkeit eingeschnürter Kehle rief 
sie den Namen ihres Lieblings, um seiner 
habhaft zu werden. 

Lag doch die Möglichkeit offen, daß ihm 
ein Leids widerfahren oder er anderweitig 
verunglücken konnte. 

Nach stundenlangem Umherirren erreichte 
sie die Mühle und nahm mit schreckens- 
bleichem Haar etwas Weißes wahr, wel- 
ches sie bei näherem Hinzutreten als Häns- 
chens Milchtasse entpuppte. 

120 



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Mit fiebernden Händen hob sie dieselbe auf. 
dicht vor, ihr gähnte der Mühlteich, welcher 
schon so manches Opfer in seinen Schlund 
gelockt hatte, und stellte zu ihrer nicht ge- 
ringen Überraschung fest, daß der Henkel 
der Tasse fehlte. 

Die Mutter, welche längst eine Hoffnung, 
ihren Sohn lebend wiederzufinden, aufge- 
geben hatte, irrte weiter, nicht wissend, was 
sie tat. 

Aber ihre Ausdauer ward belohnt. 
Unter dem Mast einer Starkstromleitung lag 
Hänschen friedlich im Grase in vor Über- 
müdung eingeschlummertem Zustand, den 
Henkel seiner Tasse krampfhaft umschlun- 
gen haltend. 

Schier überglücklich vor Freude nahm ihn 
die Mutter auf und trug den Knaben, ohne 
aufzuwachen, nach Hause, wo sie ihm einen 
Kamillentee bereitete und denselben zu Bett 
brachte. 

121 



Wie strahlte der Vater, als er, spät abends 
helmgekehrt, von der wunderbaren Rettung 
seines Sohnes erfuhr, wäre es doch eine 
kleine Mühe gewesen, in den verrufenen 
Mühlteich zu stürzen. 

„Des Kindes Schutzengel" schloß die Mut- 
ter ihre Erzählung nicht ohne Rührung, „hat 
ihn behütet. 

Wir wollen demselben ewige Dankbarkeit 
bewahren!" 

* 

Jemand stand draußen vorm Fen- 
ster und lauschte dem Bericht der 
Frau Reimann. 

Als sie geendet hatte, klopfte er 
an die Tür, trat ins Zimmer und 
sprach: „Guten Abend, meine Herrschaften ! 
Ich bin der Schutzengel des Knaben!" 
„Wie das ?" entfuhr es dem verdutzten Vater. 
„Ich habe Ihren Hans bewacht und bin ihm 

122 




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nicht von der Seite gewichen. Als er am 
Mühlteich vorüberirrte, habe ich ihn mit gü- 
tiger Hand beiseite geführt und Schlummer 
auf ihn herniedergesenkt, damit ihm nichts 
Böses widerfahre." 

Die Eltern mochten nicht glauben, ihres Kin- 
des Schutzengel leibhaftig vor sich zu haben 
und erkundigten sich, warum er keine Flügel 
trage. „Flügel sind unmodern und hinder- 
lich," erwiderte der Engel. „Ich bediene 
mich gern einer diskreten Verkleidung, um 
so unauffällig wie möglich arbeiten zu 
können. 

Reimanns erholten sich gemach von ihrem 
Staunen . 

Dann fragte die sparsame Mutter, warum 
denn der Schutzengel geduldet habe, daß die 
schöne Tasse entzweigegangen sei. 
„Ich konnte es leider nicht verhindern," ant- 
wortete der Engel, „aber ich gestatte Ihnen, 
die Kosten der Tasse von dem mir zustehen- 

123 



den Honorar abzuziehen und bitte Sie, um 
Weiterungen zu vermeiden, mir dasselbe aus- 
zuzahlen. Ich liquidiere 500 Mark." 
Die Eltern kamen nach kurzer Beratung 
überein, als Schadenersatz für die zer- 
brochene Tasse den gleichen Betrag zu be- 
anspruchen. 

Da erboste sich der Schutzengel und sagte, 
es sei eine Unverschämtheit, 500 Mark für 
die Tasse zu verlangen, und er werde sich's 
künftig überlegen, ob er überhaupt den kleinen 
Reimann noch beschutzengeln werde. 
Da griff der Vater nach dem Besenstiel und 
schrie, er halte die ganze Geschichte für 
einen aufgelegten Schwindel. 
Da nahm der Schutzengel Reißaus und rief 
zurück: er lehne jede Verantwortung für 
kommende Eventualitäten ab. 
Da schmetterte die Mutter : sie bedanke sich 
schön für einen Schutzengel, der bloß an- 
deren Leuten Geld abknöpfen wolle. , 
124 



4 



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Nun hatte Hans keinen Schutzengel mehr. 
Er geriet auf Abwege, verirrte sich im 
Sumpf der Großstadt, wurde vom Gym- 
nasium geschwenkt, rasselte durchs Exa- 
men, wendete sich der Schriftstellerei zu, 
verfertigte höchst fragwürdige Skizzen, 
machte diverse Mädchen unglücklich, be- 
kam einen Granatsplitter ans linke Auge, 
ließ sich mit dem Verleger Steegemann ein, 
trat in Kabaretts auf und endete als In- 
genieur der Leipziger Dünger- Export- Ge- 
sellschaft. Dixi. 




125 



HABEBALD IN DER NACHT 

Skizzikato mot einigen Druckfehlern 

Habebald ... ja, was meinen Sie eigentlich : 
was hat Hababeld eigentlach geführt ? 
Bidet ? 

Einen Lebenswandel. 

Ungelugen : Habebald hat einen Lebsnwandel 
gaführt, Es ist schlimm, aber es läßt such 
nicht leugnen. 

Und dieser Lebenswandel härte auf den ko- 

seboblen Namen „Marietta". 

Mariette scilicet Krause (jung, hieß, schnudd- 

üg). 

Marietta . . . Marietta und (&) Habebald 
Aber aus ists und gschehn und vorbei und da- 
hin : Marietta ist desertiert und hat den guten 
Habegald in der Rolle des valasenenen Leh- 
mann zurückbelassen. 

126 



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HaBeSafcf Bat einen Leßenswancfef gcifüßrt . . . 



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Und, wie der Mensh shon ist: Habebald 
fühlt sich glöcklich als Verlassener und führt 
keinen Lebsnwandel nicht mehr. 
Nun gut. 

Habebald steht mitten in der Nacht, steht 
inmitten einer schwarzen Nacht, steht in 
tunkler Nacht und singet auf zum Himmel 
hinauf, der aus cirka hunderttausend Stern- 
lein auf ihn hinunterblinzelt. 
Habebald singt. 

Me kann beim besten Wollen nicht sagen, 

daß Habebgald schön singt. 

Im Ganzundgegenteil : er singt kotzmiserabel. 

Der Himmel ist geduldlig (insganzbesondere 

der nächtige!) und läßt sich einen Batzen 

vorsingen. 

Aber der Staat ist nicht geduldlig. 
Unnachdsichtbar geht er vor gegen Stören- 
friede. 

Denn warum ? 

Sehr einfach: nächtlicherweile singen, das 

9 Reimann, Groteskenbuch 129 



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paast nichtv in den behördlich vorgeschritte- 
nen Streifen. 

Habebald erregt durch sein gewaltigliches 
Singen die Aufmerksamkeit des Staates, wel- 
cher durch einen Polizeierich ordnungsgemäß 
vertreten ist. 

Das überströmende Weltbegückungsgefühl . . . 
! Obacht! Nicht zum Thema gehörig! Da 
fallt mir etwam ein! 

Im Juli 1918 lernte ich in Peronne (auf dem 
Etappenmagazin) einen Inspektor kennen, der 
hieß schrecklicherweile „Gück", und zu 
dem mußte ich stets, wann ich seiner an- 
habhaft wurde, mußte ich stets sagen, ob ich 
wullte oder aber nicht : immer mußte ich zu 
dem sagen : „Guck und Gas, wie bald bricht 
das." 

Dies recht nebenbei. 
Et jeht weita. 
Also : 

Das überströmende Weltbegückungsgefühl un- 

130 



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seres Habebald ercrießt sich in breiter Me- 
lodie, ergießt sich in dem bewährten Liede 
„Steh ich in funstrer Matternacht . . 
Sternauf gestiegen sind die ersten Verse, und 
der Sänger schmellert mit gesträubetrer 
Gesangsvereinsvorsitzendenstimme : „Lied 
fällt!", um nunmehr o den letzten Vers der 
sentimental zermaserten Brust zu enthäm- 
mern. 
13a . . 

Da . . . tritt der Polizeriereich mit geladenem 
Schußrevolver an ihm heran und bemerkt 

mit klassikeskem Pathos : „Hak oder 

ich schieße!" 

Habebald, als der weitaus Klügere, gibt nach 
und kleinst bei. 

Der Polizeierich jehonnen behält ihn schärf ts 

im OOge des Gesetzes. 

Des bieren Habebold Weltbegücktheitsgeful 

ist überübermächtig und muß soch Luft 

sch5ffen. 

»• 131 



Infolgedessen : , 

Habebald steuert auf eine Straße los, in 
welchselbiger etlache Laternen unausgelösch- 
terweise dem Funzeln überantwortet sind. 
Unter einer diesbrzüglachen Laterne erspäht 
er (Habebald) (der Glückliche!) eine An- 
sammlung von mehren jungen Damen. 
Ackacke ! 

Aber wie sagt doch mit Recht jener Latei- 
ner ? : O quae mututio rereum I 
Nämlich : die hungen Damen entpuppen sich 
in der Nahe als eine einzige vom Umfang 
mindestens dreier. 

Habebald (o sancta Corpulentia, „pilules 
orientaux", o Schreck !) wankt an der Dame 
vorüber, wankt vorüber, wankt dahinschma- 
turaulirtgaublich. 

Die Dame ist eine eingefleichte Hetäre 
(quasi, quasorum, quasobus) undc knistert 
elektrischmpiekt den schlotterichten Habe- 
bald mit vergif tsgeschwollenm Glutbilck zer 

132 



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- 



und zischelt: „Komm Dickerchen, bei mir 

kannste dir den Tod holen!" 

Dem Ärmsten bricht der Schwitz aus, er 

brabbelt „Danke, halten Sie unwidderuflich 

bedeckt !" und galoppiert durch die Nacht . . . 

galoppiert dahin . . . galpoiertzwgiarief f uto- 

leander. 

Bedeutungsam streicht der Ploizeierich a) 
den geknebelten Bart b) durch die Wellen. 
[Sammelt Obstkerne I] 



133 



I 



FLIP 

Als Flip auf die Welt kam, hatte 
er einen Pflock bei sich und ein 
Auge und eine Ziffer. 
Diese drei Dinge benutzte er ab- 
wechselnd. 
Den Pflock, um ihn zurückzustecken. 
Das Auge, um es zuzudrücken. 
Die Ziffer — es war eine 5 — , um sie ge- 
rade sein zu lassen. 

Flip wuchs heran, ward mannbar, trat hin- 
ein ins feindliche Leben. 
Und immer steckte er einen Pflock zurück, 
oder er drückte ein Auge zu, oder er ließ 5 
gerade sein. 

Manchmal verwechselte er die Geschichte. 
Ließ den Pflock gerade sein, drückte die 5 
zu und steckte sein Auge zurück. 

134 



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Aber das kam selten vor. 
Meist machte er es richtig. 
Flip wurde älter und älter. 
Der Pflock nutzte sich bis zur Schadhaftig- 
keit ab, das Auge bekam den organischen 
Schwund, die 5 krümmte sich mehr und 
mehr. 

Und eines Abends, als Flip wieder einmal 
5 gerade sein lassen wollte, war aus der 
Ziffer eine Trichine geworden. 
Flip bemerkte dies mit Besorgnis; suchte, 
ein Auge darob zuzudrücken ; aber das Auge 
war von dem vielen. Zudrücken ausgequetscht 
wie eine Zypresse. 

Anstatt sich nun ordnungsgemäß zu erbosen, 
steckte Pflip einen Flock zurück — das 
heißt: er gedachte, einen Flock zurückzu- 
stecken, vermochte jedoch angesichts der Tat- 
sache, daß er seines Auges verlustig ge- 
gangen war, den Flock mitnichten ausfindig 
zu machen, und er hätte selben ausfindig zu 

135 



I 



machen nie und nimmermehr vermocht, sin- 
temalen der Flock gänzlich zu Urschleim ge- 
worden war. 

Da gestand sich Flip ein, daß sein Leben 
den Kulminationspunkt der Verpfuschtheit 
erreicht hatte. 

Und auch alle grünen Zweige rings, auf die 
er eventuell hätte kommen können, waren 
dicht besetzt mit Persönlichkeiten, die weder 
einen Pflock zurückzustecken, noch ein Auge 
zuzudrücken, noch 5 gerade sein zu lassen 
pflegten. 

Flip weinte sich in ein Likörglas, ward 
Mampe, steckte einen Strohhalm hinein und 
sog sich selm in der mörderischen Absicht 
auf, die letzte Spur seines Erdenwallens zu 
tilgen. 

Es gelang ihm sozusagen voll und ganz. 
Womit ich unter vielen Grüßen schließe. 
Und Flip auch. 

136 



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MAI 

Spätnachmittag im Johannapark. 
Auf der grasgrünen Bildfläche taucht auf 
Onkel Kriemichen, das Unikum. Er wiegt 
brutto drei Zentner, fletscht eine Orchidee 
von augenbeizender Pracht im Knopfloch 
und führt einen mit Steuermarke versehenen 
Stuhl wie einen Hund an der Leine hinter 
sich her. ! 
Onkel Kriemichen bleibt stehen, steigt mit 
der Grandezza eines Kalodonts auf den 
Stuhl hinauf, zückt ein Fernrohr und kuckt 
durch eben dieses scharf nach Osten. 
Ein Reichswehrhauptmann beobachtet das. 
Der Onkel kuckt unablässig durch sein Fern- 
rohr. Die Orchidee schreit. 
Herzhaft tritt der Reichswehrdeichhaupt- 
mann hinzu und herrscht den Onkel voll. 
Onkel sagt: „Tiefgefühltesten Glückwunsch 
zum Jahreswechsel von Hans zu Hans!" 

137 



Nichts da. 

Der Reichswehrdeichhauptmann fragt stirn- 
beulend, warum und wieso, und: was der 
Onkel da droben bezwecke mit seinem Fern- 
rohr. 

Menschen sammeln sich zuhauf . • 
Antwortet der Onkel : „Ich warte den Mond- 
aufgang ab, Herr." 

Gibt der Reichswehrhaupthahn zurück : „Sie 
sind wohl ? ? ?" 

„Allerdings," bestätigt der Onkel und rich- 
tet sein Rohr auf den pensionsberechtigten 
Reichswehrhauptkerl, klettert sodann mit 
Hinterlassung von Grazie den Stuhl hin- 
unter und zieht Leine und den Stuhl hinter 
sich an derselben her. 

Fünf Minuten später sieht man der Örtlich- 
keit nimmer an, was sich zugetragen hat. 
Das normale Leben ist wieder in seine be- 
rechtigten Rechte getreten. 

138 



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WOHLTUN TRAGT ZINSEN 

Sieben Minuten nach halb zwei 
war es, als Frau Katte auf- 
wachte. 

Sie hatte ein Geräusch gehört, 
wie wenn eine Tür geöffnet 
würde. 

Nachdem sie eine Weile in das nächtliche 
Dunkel gelauscht hatte, stieß sie ihren Mann 
an, der im Bette neben ihr ruhig atmend lag, 
und zischelte hastig: „Kurt, im Wohnzim- 
mer ist jemand !" 

Kurt stieß einen Seufzer hervor, schnitt ein 
mordsdummes Gesicht, das man allerd ings 
infolge der Dunkelheit nicht sah, wälzte sich 
auf die andere Seite und schlummerte weiter. 

139 




Olga hatte sich aufgerichtet und horchte mit 
gestrafften Sinnen. 

Es war ihr, als habe etwas leicht an einen 

Stuhl gestoßen. 

Sie rüttelte ihren Gatten. 

„Kurt, es ist jemand im Wohnzimmer!" 

Kurt stöhnte aus dem Schlaf, brabbelte vor 

sich hin, wurde unhöflich, fragte: „Was 

willste V 

„Es ist jemand im Wohnzimmer!" 
„Unsinn !" sprach Katte und erwachte voll- 
ends. 

Der Frau rann es wie Eisschokolade über 
den ehelichen Rücken.' 
Sie lauschte mit angehaltenem Atem. 
Kurt desgleichen. 

Richtig : Aus dem Wohnzimmer drang ein 
fremdes Geräusch, ein befremdendes Ge- 
räusch — ein Geräusch, das nicht vom Hei- 
nerle herrührte. 

Heinerle war seit wenigen Wochen auf der 

140 



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Welt, der erste Sprößling des jungen Paares. 
Seine Wiege stand drin in der Stube, damit 
die Mutter nachts über Ruhe hatte. 

Das brave Kind bekam abends um zehn das 
letzte Mal die Brust und schlief bis zum 
Morgen, wo es mit dem siebenten Glocken- 
schlag zu plärren anhob in seiner Eigenschaft 
als Herzensschnuckelchen. 

Da knarrte die Diele. 

Frau Katte war gelähmt. 

Der Gatte fühlte sich zu feig, tapfer zu sein. 
Nicht einmal Licht anzuzünden, getraute er 
sich. 

In den Vogesen und an der Somme hatte er 
seinen Mann gestellt, itzt aber wußte er nicht, 
was tun. 

Sollte er dem Eindringling im Hemd gegen- 
übertreten? Mit der Klystierspritze schie- 
ßen ? Das Waschbecken als Wurf waf f e ver- 
wenden ? 

141 



Der Einbrecher blickte sich wäh- 
renddem in der Stube um. 
Im grellen Trichter seiner elek- 
trischen Latuchte stand die 
Wiege des Bübchens. 
Er beugte sich über den Korb, dämpfte den 
Lichtschein durch ein sorglich übergestülptes 
Schnupftuch und betrachtete den einsamen 
Schläfer, den unschuldsvollen. 
Auch er hatte daheim ein Kindchen, einen 
Säugling, ein Herzensschnuckelchen, um 
dessentwillen er ausgezogen war. 
Gewiß, es war nicht recht, was er plante, 
aber war er nicht deshalb vom Wege der 
Tugend abgewichen, um für sein Ein und 
Alles zu stehlen? 
Er war es. 

In breit ausladender Sentimentalität entquoll 
ihm eine Zähre, welche er mit zittrigem Fin- 
ger ergriff, um dieselbe ad acta zu legen. 
Dann jedoch deponierte er einen Hundert- 

142 




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i 



markschein, den Rest seiner gesamten Habe, 
an der Wiege des Kindes, warf einen letzten 
zärtlichen Blick auf die traute Stätte und 
verließ auf hastigen Socken die Wohnung 
des glücklichen Ehepaares. 
Katte hatte kaum die Tür ins Schloß schnap- 
pen hören, als ein großer Mut in ihm ent- 
brannte. 

Er zündete Licht an, sprang Hals über Knopf 
aus dem Bett und fegte ins Wohnzimmer. 
„Olga!" rief er und konnte kaum die ge- 
waltig im Busen emporschäumende Rührung 
meistern, „kom\ o komm' und sieh, was uns 
bescheret worden !" 

Olga wetzte herbei, sank in tiefes Staunen 
ob des einbrecherseits gestifteten Betrages, 
und, als ahne sie, was in des Fremden In- 
terieur sich abgespielt, steckte sie den Hun- 
dertmarkschein in einen Briefumschlag, tat 
einen Scheck auf dreitausend Mark dazu, be- 
schwerte das Päckchen mit ihrem güldenen 

143 



Annband und warf das Ganze im selben 
Augenblick zum Fenster hinab, wo der 
Einbrecher die Straße betrat. 
Kurt Katte, der begreiflicherweise seiner 
Gattin nicht nachstehen wollte, nestelte Uhr 
nebst Kette aus der Weste und feuerte beides 
zu dem selig in die Knie brechenden Men- 
schen hinunter, der mit heißen Segenswün- 
schen für das Gedeihen Heineries den 
Schauplatz verließ. 

Kurt und Olga aber begaben sich, von diver- 
sen edlen Regungen aufgeweicht, in die Arme 
jenes Gottes zurück, welchen die alten Grie- 
chen Orpheum zu benennen pflegten. 



144 



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BRIEF der H. C.-M. an H. R. 

I 

Sehr geehrter Herr Reimann ! 

Was hat Sie eigentlich so furchtbar gegen 
mich erbost, daß Sie immer Reklame für 
mich machen ? 

Sie haben sich schon einmal bemüht, im 
Zwiebelfisch mich abzuschlachten, noch dazu 
in der sehr honetten Gesellschaft von Rudolf 
Herzog, Paul Oskar Hoecker, Rudolf Stratz 
und Walter Bloem. 

Sie nannten diese Herren in Ihrer ungeheu- 
ren Geischtreichigkeit „männliche Hedwigs" 
und nannten unsere Literatur „Schundlitera- 
tur". 

Auf den literarischen Höhen, auf denen Sie 
voltigieren, können und wollen wir uns nicht 

10 R ei mann, Groteskenbuch 145 



tummeln, dazu sind wir nicht schwindelfrei 
genug. 

Ich habe mir nämlich Ihr schönes gelbes 
Buch „Die Dame mit den schönen Beinen" 
gekauft und fühle mich vollständig zerschmet- 
tert von der Fülle von Geist, die mir daraus 
entgegenleuchtet. 
Da kann ich -freilich nicht mit. 
Auch kann ich Ihrem paradiesischen Ideal 
„Essen, Schlafen und unartigsein" nicht nach- 
streben, weil ich noch viel anderes zu tun 
habe. 

Aber ich würde mich brennend gern auch ein- 
mal mit einer Groteske nach Ihren berühmten 
Mustern versuchen. 

Da sind der Phantasie gar keine Grenzen ge- 
steckt. Z. B. würde ich dann schreiben : „Es 
war einmal ein riesengroßer Geist, der sich 
über alle anderen erhaben dünkte und allen 
Menschen seine Meinung aufzwingen wollte, 
so sehr sie sich auch wehrten. Es war ein 

146 • « 



- 



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Kopf ohne Körper und Beine. Er pendelte 
wochenlang in den gelben Feldern des Neides 
und fraß sich toll und voll an erbarmungslos 
hingeschlachteten kleinen Geistern — bis er 
platzte und ein gelbes Buch von sich gab. 
Auf der ersten Seite dieses Buches stand in 
leuchtenden Lettern „Ich". Und das genügte. 
Andere Bücher brauchte die Welt danach 
nicht mehr." 

Wie gefällt Ihnen das? Besser als „Arme 
Liane" ? Ich werde schon noch von Ihnen 
lernen, verzagen Sie nicht. 

Sie hoffen wohl darauf, daß ich Ihnen den 
Scharf richterdienst vergelte und auch meiner- 
seits eine Antwort auf Sie loslasse ? 
Nein, hochverehrter, nie hoch genug zu ver- 
ehrender Herr Reimann. 
Ich bin ungeheuer rachgierig und tue Ihnen 
diesen Gefallen nicht, denn ich würde dann 
Reklame für Sie machen, wie Sie es kosten- 
los für mich tun. 

10* 147 



Seit Sie mir die Ehre erweisen, mich in ver- 
schiedenen Intervallen wegen meiner harm- 
losen Märchen, mit denen ich meinem Publi- 
kum einige sorglose Stunden zu schaffen suche, 
anzupöbeln, werden diese noch mehr gekauft 
als bisher, was freilich meinem Verleger be- 
deutend mehr Vergnügen macht als mir. 
Jedenfalls fühle ich mich veranlaßt, Ihnen 
meinen tiefgefühlten Dank zu stammeln und 
Ihnen im Geiste tiefergriffen die Hand zu 
drücken. 

Gott lohne es Ihnen, edler Mann. 

In gebührender Demut und Verehrung, großer 

Meister, Ihre noch nicht ganz zerschmetterte 

Hedwig Courths-Mahler. 



148 



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{ \ f 

i 




Auf WicJerselin ! 



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$an$ fXeimann 

i|t ber£ero$ be* bunten allerlei, ber er(le Stratege 
ber Äomif, ber SWetfler ber ©roteäfe. 

($efpfd)e Sanbe^cimng.) 



03 i tte lütnfccn 



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$ant<S<S)kbcfyütty$an$ Jeimann 



©aö wilbe SSolf ber ©acbfen ^at einen unenb* 
liefen $or$ug: <Sobalb fid) nämlich SHngeborige 
eineö anberen beutfeben ©tammeö ober ftmbe* 
einmal lächerlich üorfommen, bann brauchen fie 
bloß gen ©acfjfen ju benfen, um fieb 31t erinnern, 
bafj alle Srnbaber lächerlicher (Stgenfcbaften neben 
einem eckten Sachen immer 6tümper feigen 
muffen. 

3n ber Zat, bort finb bie 9Renfd)en t?on einer 
fabelhaften ßomif. 

©eroöbnlicb tft eö aber fo, bag ein ©achfe, roenn 
er feinen Junbuö an (gtammeöfomiC einmal enfc 
beeft bat, au$ feinem #er$en eine SBörbergrube 
macht unb feine pbigfeit, bie 2Belt bureb febnur* 
rigeö SBefen. ju erfreuen, peinlich^ verbirgt. 

Mnberö ber ©acfjfe #an$ Jeimann, ber t>er* 
hehlt feine ©äebfifebfeit nicht, barum ift er ber 
befle beutfehe Jpumorijl biefer Xage geworben. 
<£r ifl ber ehrlichfte ©obn feineö SSolfeö, ben ich 
Fenne. 

£r beherrfcht alle SKegijler beö Spaßhaften, er 
fchreibt eine Föftfiche Satire, erlefene SMalete 
ftubi'en, ijl ein üKenfcbenFenner roie wenige, $tt>ei* 
felloö ijl er ber wigigfte ^arobijl unter ben -Jett* 

152 



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genoffen, feine eigentliche (Sigenfcbaft aber ift bie 
melancbolifdje Sronie. 

<£r bat »kl 23onbommie, baö ift ba$ Söourgeoife, 
er ^at t>iel ©atirifcfyeö, baö iji baö Unbourgeoife 
an t'bm. 

Sebenfallö ift er immer \)öd)ft erbau(id), gleich 
t>iel, ob man feine böcbfiergögltcben ©Triften 
(bei ©teegemann, Jpannooer, wiegt) lieft, ober 
ibn felbft bort. 
(£r ifl ein UniFum. 

2Äan wirb u)n einmal ben beutfd)en 9ttarP Stroain 
nennen. 

£e§ bin id) genug. 
Sßir böben ibn alle gern. 

Jpierjulanbe, mo fo wenig wie in ©adjfen ber 
©piefjer fiel) über feine allerinnerffre Ulfigfeit flar 
ifl, bat fiety ber ©paffrogel beliebt für alle Reiten 
gemacht. 

3m ©piegel t?on Jpanö Jeimann Pommen wir unö 
alle läcberlicb t>or, aber wir ertragen eö febr gut. 
2Bir benfen immer, er meint ja bie ^ac^fen, ntcfyt 
unö. 

Die $omiP ifl baju erfunben roorben, bamit bie 
gro§e 2ebenötragif einen 2luögleicb fyat. 
ü8on biefer XragiP weifj Jeimann baö meifie. 
SSeil er fie niebt öerjebweigt, fonbern graaiöö mit 
©pafjbaftem beliebtet ifl er ein SReiffcer, ber auö* 
föbnt unb üergnügltd) macfyt. (Sarmftäbter ^tgO 

153 



£an6 Jeimann : 3wei Sßege ins 

SftarrenfyauS 

©u getyjl in eine (Eifenroarenfjanblung. 

2rn eine <£ifenroarentyanblung ! 

©er SBertaufer, ein junger SÄann mit Kneifer, 

ijt allein im Saben. <£r eilt fcerbei unb fragt, 

mornit er bienen fönne. 

£u fagfh ,,3d) möchte bie ,@efä(>r(icf>en 

fdjaften', bie »Haisons dangereuses* öon @f>oberlo$ 

be £aclo$ in ber jnmbänbigen 2tuögabe be$ Jpp* 

perion*S3erlageö/' 

£>er junge Sttann fiefjt bid) am (Er ^at nid)t t>er* 
ftonben. 

Du roieberljolft: ,,3d) möchte bie ,@efätyrlid)en 

Üliebfefjaften', »liaisons dangereuses', erfcfyienen im 

JpppperionsS3erlag — gebunben." 

©er junge -Kann fjat nicfyt wrftonben. 

©u roieberfrolft langfam unb mit ^acfjbrucf: ,,3fd) 

möchte bie ,©efäf>rlicfyen Siebfcftaften* von (S^ober* 

(o$ be 2acloö — bie 2luögabe in jmei söänben 

— fie ifl bei #anö t>on SBeber erfcf)ienen/' 

©er junge SRann, jögernb: „21$, — baö tft — 

ein — S3ud)?" 

Sur „©emi^ ©ogar jmeu Unb icf) fcabe bie Beiben 
Sfönbe t>or oierje&n Sagen befallt. @te ftnb fcof* 
fentlid) injnnfctyen eingetroffen/' 
©er junge SÄann, (;ilfloö: „2Bir führen — mir 
£aben . . ♦ Sie muffen . ♦ ♦ ba mujj icf; . ♦ " 

154 



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Bu: „Sa, wenn eö nocf) nicfyt eingetroffen ift, 
fo beftetten <3ie eö bitte umgetyenb: @boberlo$ 
be Eactoö, ,@efäfyrltcfye Siebfcf)aften', Bluögabe in 
jmei 23änben, Jpr;perion*$erlag — Jpanö t>on 
SBebcr/' 

Bern jungen SWann wirb angjt unb bange, <£r 
fagt: „£aö ift bocl) eine (Sifenroaten&anblung — 
frier." 

Bu: „SWit alten Tupfern/' 

Ber junge Sftann : „Grine ©fenmarenfranblung ♦ 

Bu: „3a. 3n ber Übertragung t>on Jranj 251 ei/' 

©er junge SOTann beroegt bie Jpctnbe, fiefrt bi$ 

plöglicfr grog an, fagt „ginen SHugenblicf" unb 

t>erfc^minbet 

gr läuft, fo fd)nelt ifrn feine güfje tragen, jum 
3nfraber bcö ©efefjäfteö in baö Kontor. Aufgeregt 
berichtet er, ein 33errücfter fei im Saben. 
Ber 3nbaber beö @efcfyäfte$ rutfefrt t>on feinem 
Brefrfeffel, jlrafft bte 2Be(le unb gürtet fid) mit 
Energie. — SRit eifernem «ölicf tritt er an biefr 
freran — im Jpintergrunbe ber SBerfäufer — 
unb fragt — mit Eünftlicfy liebreicher Stimme: 
„2öa$ ftefrt $u S^rcn Bienften, mein Jperr?" 
Bu (\ati)l\dj): „3$ möchte einen (Schrauben* 
äiefrer." 

cf)bem bu biefy mit Rapier, SMeifHft unb einem 
3efrnmarfc6d>ein t>erfefren frajt, gefrft bu in ein 
erjWaffigeö £utgefcfräft. 



155 



Du fagfl n\d)t ©uten Xag. 
Du fagfl überhaupt mcf)tö. 
deinen SÄucf*. 

€me SSerfäuferin fragt nad) betnem 25cge^r* 

Du 3iefcfl gemäc^tcf) Rapier unb 2tfeiflift au* 

ber £afd)e unb fcfyreibjl: „3$ münfd[)c einen 

fleifen, fcfyroarjen #ut." 

Daö Jräulem mißt btd) mit einem neugterigsmtl* 

ben SMtcfe unb fte&t bte Kummer betneö Jputeö 

nadf). 

„Sofort" fagt fte unb gefjt Jpüte tyolen. 

Du fte^fb fte mit ben anbem $erfäuferinmn 

tufd^elm 

@te Fommt jurücf unb probiert btr #üte auf. 
Du mmmfl roieber bem Rapier jur Jpanb unb 
fcfyretöfh 

„S3ttte eine Äletmgfeit größer!" 

Daö gräuletn nieft ernfltyaft. 

(Snbltcf) fcafl bu einen paffenben gefunben. 

„tiefer gefällt mir red)t gut Sei) roerbe ü)n 

behalten/' fcftretbjl bu auf. 

6te f cfjlägt btr ben Jput ein. (3n eine Xüte!) 

Du beja^lft wortlos. 

Du roenbefl btc£ jur Xüt. 

2ttte fefjen btr nad). 

Du öffnejl bte Sur unb fagfl fefcr fcöfttd): 
„@uten £ag!" 

(Qluä : £>ie Ttame mit ben febönen deinen, ©roteren »on Jpanä 
Jeimann. 22. 2lufl. Umfd)lagjeid)n. »on Grmil <preetoriuä.) 



156 



9>eter Kanter: <2Ba6 finb 9itppe$2 



umoriften haben aufcinanber ftetö eine mächtige 
3But. Jpanö Jeimann unb ich jum Söeifpiel — 
wir ftnb fchretfltch höflich Rammen, 
ffienn mir und feben, lächeln wir unö an — (fo, 
nach ber SÄelobie : ,,2Baö an bem eigentlich Forntfcf) 
ift, baö möchte icf) auch mal wiffen. (£ö muß wohl 
fo eine 2lrt Malberübmtbeit fein...!")- 
Unb bann grüßen wir unö wteber furchtbar freunb* 
lieh. 9tur wenn bie SKebe auf ben großen Sftetfler 
beö unfreiwilligen Jpumorö f ommt : auf Schlatt jerö 
<£rich — bann fchweigen mir ehrfürchtig (tili. 
SDenn ba tonnen mir alle 23eibe nicht mit 
2Baö ich fagen wollte: ffiißt 3h*V ^aö 9ttppe$ 
ftnb? 9tfppeä ift, wenn man eö alö $inb entjwei* 
wirft unb man befommt Prügel. Unb wenn einer 
je — wie ^ajaureF in (Stuttgart — ein ©egen* 
beifptel^unmer aufbaut, etwa einen fächfifchen 
^alon: bann bürfen bie ,oächfifcfm Miniaturen', 
bie Jpanö Jeimann foeben fyat erfcheinen laffen, 
nicht fehlen. 

3ch weiß nicht einmal, waö fie Foften, aber für 
eine SKarF meht werbet 3h* immer noch lachen, 
baö ift gewiß. 

Wlit ben StaleFtfchnurren t(l ba$ fo eine ©acf;e. 
3Ber nicht in ber SoFalität geboren ift, ober wer 




ftc$ nid)t feftr einfügen Fann, bem werben bie 
,£)berfcf)lefifd[>en (Schnurren* von geliy ßonbjiolFa, 
bem wirb »Söä* von bem Hannoveraner Xf^eobore 
le ©inge — bem werben Dbntjeö unb 2äufcl)en 
Fein Säcfjeln ablocFen. 

<£rjlenö enthält baö 23ucf) ben (SjrtraFt SKetmann* 
fcfyer ©ajconiFa, unb biefer wieberum enthält bie 
Jperjgofe bcö fäcf>fifcf>en 23orjerö in SReinFultur. 

©acfyfen, ein £anb, baö in völliger SöerFennung 
ber Xatfacfyen nietyt an ben „geinbbunb" abge* 
treten worben ifl, verrat jum ©lue! aucl) jebem 
UnFunbigen feine ©cele burdf) bie ©pracfye. 
„@eele" — ifl übertrieben; aber „©pracfye" ift 
eö auef). 

3n lefcter, formvollenbeter (Scf>tf)eit Fann 9tei* 
mann btefe SOTitteilungdart fcf)riftlicfy wiebergeben* 

9Kan verficht bie f;olben Saute überhaupt nur, 
wenn man fie \id) felbft laut vorlieft. 

,£>e ©abje* unb ,<5d>bte§r' i}aU iä) mir minbeften* 
$ef>n mal laut vorgelefen. 
£(me Sachen gingö nie. 

2Bte ba mifjtrauifcfj, gebanFenfaul unb lautreid) 
immer (Siner um ben 2lnbern fjerumrebet, wie ba 
auö 9lkf)tt ©ebanFen wie SMafen herauf jleigen unb 
Serplafcen: baö ijt ganj wunbervoll beobachtet. 
Unb me^r: mit jener epigrammattfcf)en SSerFür* 

158 



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jung rotebergegeben, in bcc fo etroaö allein mög* 
lid) Jjl 

gaft alle* in bcm 23ud)e tjt ganj erjler ©üte* 
2lnefboten y 2Bt(3cf;en — am netteren fanb icf) jene, 
bte, nne bie ©egenb, gar feine 8pi§e auf weifen; 
ba$ ©efpräd) fängt an, rinnt fo fort, fcört auf . ♦ • 
S3rtllant bte 23ebanblung ber ©pracfye; fie ijt fo 
„pfleglich bebanbelt" (rote baö unfre #ämorrfyoi* 
barter in ben ßuftuöminifterien nennen), bafj 
man #an$ Jeimann auf ein Säfcrfcfybielcfyen für 
fäcffctye SKäbcroetfe in (Eonneroig ju berufen benn 
boety nicf)t länger Jägern bürfte. 
Söe&or bte SReberoenbung erflraf)lt: „Sglooroe, 
frä()jnb." ,,©t§ aromr od) gee SSunbr bei bäf)n 
2Öäbbr!" — ftefct al* ßHanjteiftung ba: ,S5aul 
%alV. 2>aö ijt mef;r alö @pag. 
3Bie biefer spiattenbruber mitten in ber 9ta$t, 
um 3roet, fein ©efpräd) beginnt: „©uubr SJtottn, 
td) bin näfmtlidj ä greigeijt!" — unb rote er bann 
fofort baju übergebt, *>on feinen brei Operationen 
an ber J^anb unb jener anbern am 23etn ju erjätys 
len, unb bann, wie er überhaupt geartet fei, an 
ber <See(e beifpielöbalber unb am ©araggber: 
baS erinnert in feiner üHifcfyung t>on ^erjenögüte, 
©ebanfenfprüngen unb S5efoffen^ett an Raupte 
mannö <Scf)Iucr\ 

Diefe Srucffac^en finb befte Siteratur. 



159 



<£in folcheö S3uc^, bat ganje 2anbffrtcf)e erftärt 
unb t^re S&wobner, ©Ott behüte, btö aufö Jpemb 
aufyteht, Fonnte nur einer tflujWeren, unb ber 
hatö aud) illuffriert: ©eorge ©ro§. 
(£d war ein Steffen für ihn. 
(£r h<*tö noch fanft gemacht: mtlbe nrie ber 23ei* 
fchlaf eineö Kommanbicrenben ©enerate ijt ber 
3eichenftift bahingefabren unb (at babet ©achfenö 
SKann, grau unb Kinb fd)onungöloö getrof^ 
fem » 
Der ©pießer lac^t gern über fid), wenn ber $er* 
lachte eine ©eneration aurücfltegt, unb ntemanb 
ijt unter 23rnierten freunbltcfyen 2Cpplaufe$ fo ge* 
wif wie ber ©ptgroegfche. Kleinbürger» 
@ro§ f)at ben auch t>on (;eute beim Kragen, bei 
ber Krawatte, beim Söauch genommen — unb ber 
©d)äbel mit ber Einbuchtung auf Seite 50 ift 
Jjpelfferichö ©efolgmann ein für attemal. 
(Schabe, ba§ er ,£ie Saloufien*, biefe wunber* 
t>oUe ©ef Richte beö ^rooinjüatfc^eö, nicht bebte 
bert ^at. 

Unb um euch jum Schluß Saune ju machen, bafj 
55>r baö 33ud) bei ^aul (Steegemann bejWU — 
eine (fajt Fofcher jubereitete) 9tofme bem 
©ucfjen: „De Saabfehn. SÖemmr ä 23aar Saabfehn 
habb, unn ber eene ig weef unn mr fyabb bloß 
ben anbrn — ba nubjen een alte beebe nifchbl" 
- Cfl (Die ©eltbü&ne 1922, 21.) 



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©d)fcicjjr" Setcfinung oon ©forge ©rodg. 5Iuö t>en „@äd)ftfd)en 

^Plintaturcu" oon £auä Jeimann 



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$at\6 «Keimann: <5d)Mef3r 



„©cinnffc* bä(>n?" — „9tee." 
„Dctyn gännfbe nid)?" — „3tee." 
„©tff fo ä gleenr ©tggt!" — „9tee." 
„9tabierlidf> gännfbe bä(m!" — „S^ee/' 
„2>ctyr fabb ß jäbjb enne ©mibe gegoofb!" — 

„Däfm gennfbe nicfc?" 

„SBarbe maf). ©iff mr balbe wie fo. 2Bof>nbe 
bctyr md^ frie^r in br ©oblgarbnfctybraaße?" 
„©ä^n meen td>!" — „©iff fo d gleenr Stggr?" 
„2>aö tff b%l" — „ffia* tff bnn mibb bäfm?" 
„9la, £ee, bctyr grijjb aromr frletctyb ©rän^e!" 
„ffiarum bnn? Sffn bäf>r boob?" 
„9tu tu tumme* 2u^br, bä&r iff bocty nic$ boob!" 
„2Barum gtijjbn bä^r nad)rb ©ränje?" 
„9lu, roeefjbe bnn ba$ ntcfy? X>äi)t tff bocfy in 
©cfytbjn&erctne unn tn Sunwercine unn in br 
©ongforbjaft unn tn frettmtttjn geierroärggäüeretne 
...unb jäbab tff bctyr aud) noc^ tn ©afbroerbö* 
weine ..." 

„2Baö be ntc^ faacfcfb!" 

„2fam>r bäfjr grijjb aroror ftfeicfjb ©ränjc!" 

„©e mecnfb wob, roennt fcfybätbb?" 

„•ittu n>enn bnn fonfb!" 

„Sa gann bctyr lacfyn!" 

(9lu* jpani Stomamt: Sfof)ftfd)e DKniaturfn, 83b. I. «Wit 
14 3eid)itungen von ©eorge ©ro$|. 25. Auflage. 9b. Ii in 
93orbeteitung.) 



162 



£an$ Jeimann: <5emttof offen 



$n großen 6aale beö dDemifctyen Saborato* 
riumö brannte gegen SWitternactyt nodf) £icfyt. 2luf 
bem 2lrbeit$tifche beö *prmatbojenten Dr. £er* 
mann ©tänFer funfeite allerlei d)emifcf;eö ©erat 
Der junge Sorfcif)er, ein femmelblonber Jpüne t>on 
etwa breiig 3abren, fyattt \\d) eben in bem wirren 
ßlefhüpp von 8pri§en, klammern, Lübeln unb 
Döhren, baö auf bem 2lrbettötifd>e wucherte, eine 
Sichtung gerobet. 3n feinem blaffen ©eficfyte 
fpielte fiebernbe Sftöte. ^nrifcfyen Daumen unb 
Zeigefinger ber linfen Jpanb f>ie(t er eine Heine 
Äriftallfdjale, beren fcfytmmernben Sn^alt er eif* 
^9/ i<* 9^9 mit ber 2upe mujterte. @r traute 
feinen Slugen Faum. Sollte eö bieömal geglücft 
fein? £ro§ wo$enlanger, hödjjt öerwicf elter £pe* 
rationen, bie er auf @runb ber neugewonnenen 
(Erfahrungen immer wieber abänberte, fyattt er nie 
bewirten Fönnen, ba§ bie in ber fdf>wär$lictyen 
glüffigFeit jappelnben 6emttoFoFFen ftcfytbar jum 
ä*orfd)ein Famen. Diesmal fcatte er fid) nun in 
einem befHmmten <5tanbe be$ 23etfuc^ö mit nie* 
beren Temperaturen begnügt, bafür aber auch 
bieömal wieber brei SÄonate länger auf bie ju er* 
^ielenbe Vernichtung ber ifraelitifchen Batterien 
burch £eutonenhlut warten muffen. Unb fiehe ba, 



163 



fd)on äußerlich unterfchieb fich bieömal ba$ Snb* 
erjeugniö t>on bem früheren burcf) bie rötlichere 
Jarbe! 3* ttern ^ öoc Erregung, mit verhaltenem 
Atem fegte er sorfichtig baö Raichen, baö eine 
gan^e Schöpfung in feinem, alfo beö 6chälchen$, 
©chofje barg, auö ber Jpanb. Unb in rätfelhafter 
©ebanFenoerbinbung mit feinem gegenwärtigen 
£un trat ihm plö(3ach bte @tunbe oor bie (Seele, 
bie fein fonnigeö SugenbglücF wie mit beulen* 
fchlägen 3ertrümmerte, 

©ein SSater, Armanb ©tänFer, befaß tettö ein 
Abonnement auf bie $reu3$ettung, teilö ein Fleine* 
Bauerngut, baö er fich borgen für borgen im 
(Schweiße feineö Angefichtö erworben, ©o war 
er ber erfte 25auer ber ©egenb, ber mit Fünfte 
liebem AmmoniaF arbeitete. An ben lanbwirt* 
fchaftltchen (Stubien beö Saterö nahm Jpermann, 
ber im benachbarten (Stäbtchen baö ßtymnafium 
befugte, ben lebf;afteftcn Xtii. ©o mehrte fich 
ber ffiohlftonb ber gamilie oon 3af)r $u 3ai)x, 
btö etneö £ßerfonntagö, alö Amanb (StänFer mit 
SBetb unb $inb eben auä ber Kirche Farn, ber 3RaF* 
ler ©chloime Semfofm erfcfjien unb mit beweglichen 
J^anbbewegungen bem SSater barlegte, wie töricht 
e$ oon ihm fei, fiel) fo langfam emporjuquälen. 
Ser S5auer SJloggenFamp, beffen @ut an beö 
©tänFerö grenje, flehe, wie er ja f elber wtffe, 

164 



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t>or bem Juföntmenbruc^. (Scbon fett brei Sohren 
Fönne er bte Jinfen ntc^t bejahtem (£r fet bereite 
mit tym einig geworben, if>m baä ©itt jum 
#npotbeFemt>ert abkaufen. 2Benn er bte rücF* 
jlänbigen $\n\m übernähme, fei er bereit, bte 
#npotbeFen flebenjulaffen unb ben SReft beö 
Äaufpretfeö auf baö nunmehr tterboppelte ©ut 
einzutragen. 3n je^n, böcbfienö fünfjebn 3abwn 
fei er fo Eigentümer beö ©uteö. 
Wlit eleFtrifterten 2lugen i)atk ber 58ater juge* 
bört. Jpermann, ber breijebn Sabre alt war, ser* 
ftonb oon ber @ad)e nichts, aber fein Vertrauen 
ju bem Später unb ju fieb felber war fo grenjen* 
Io$, bafj er ben ^^"f^bintmel t>oller feigen 
fab. Die STOutter üoflenbö, bte tbren ©obn im 
©eifte febon alö &tttergutöbeft£er erbiete, Jörte 
ntdbt auf, tbrem Spanne jujureben, unb brdngte 
tyn, baö 9iad)bargut $u erroerben, tnbem fie fagte: 
„SWann, nu macb ocFe!" 2llö Seöifobn ben näcf;* 
flen ©onntag wieber erfd^ten, marb ber Jpanbel 
abgesoffen. 3« bämifdK* @d)abenfreube leucfc 
teten bte blutunterlaufenen Pupillen beö ffiucfyer* 
juben. Sie @d)u(ben rouebfen inö Snblofe. Saä 
neue SBirtfcbaftögebäube brannte jroei Sage, ebe 
bte Jeuer&erftcberung in $raft trat, ab, ba bet 
Sater baö S3argelb niebt $ur #anb fyattt, um 
rechtzeitig bie Prämie $u $ab(em Unter ben Sttn* 

165 



bern btad) £eu#uflen ouö, bte Jj?ü$ner beFamen 
ben Rotlauf, bie ^ferbe fielen um rote bie SJtoben, 
bie SOhrtter fiecfyte ba^trt, ein ©ewitterfhtrm &er* 
fcerte bie büron gelber, betratet 30g fic^ ©allen? 
ffeine ju unb mugte tobFranF na$ tfarlöbab reifen. 
#fle$ tt>ar ba$ 2BerF beö habgierigen Sutern 
3>n $arl$bab begegneten fid) ber FranFe Sanbroirt 
unb ber ©dplotme 2et>ifobn» Sfött einem 3Butfd)rei 
fprang ber fonfl fo befonnene 2lmanb ©tänFer 
bem Suben in SKenfcfjengejlalt an ben Jpatö, 
würgte ifm, unb warf tyn, nämlid) ben Jpalä, 
Jpalö über $opf eine fyofy @teintreppe fynab, an 
beren golgen er wenige Sage fpater in tyim* 
tücFifd)er 51bfic^t ftorb. J)er $aier mürbe ju 
©efängniö öerurteilt ©ie iKutter Farn unter ben 
Jpammer. 2llö ber Sater t>on ihrem £obe erfuhr, 
frag er grüne ©eife. ^ermann aber fagte ben 
unbeugfamen (Jntfc^lug, bie Königin ber 9taturs 
»iffenf^aften $u fhibierem 
^inunb^njanjig 3afjre war er alt, alö er mit 
einer Differtation über bie JDywbation ber £»bro* 
muFonfäure summa cum laude fein SoFtorejamen 
unb Furj barauf ba$ ©taatöejramen beflanb. 9tad> 
trier Söhren ^abtltttcrte er fiel) alö 9)rfoatbojent. 
9hm fottte ba$ eigentliche geben erfl beginnen! 
$Borfid)tig nahm er bie (Schale, wieber $ur Jpanb* 
2Baö war ba$? @otte$ SBunberl Sie fcalbmonb* 

166 



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förmig geFurtrten ©emitof offen Ratten \\<fy unter 
ber ©inwirFung ber arifcfyen SölutFörpercfyen, bte 
bem SKebaFtionöftob ber „£ägfid)en 3*unbfd>au" 
abgezapft worben waren, angjtf flotter nb in bie 
linFe <£cFe ber ßriflallfcfyale gebrüdt £aö arifcfye 
33 lut tyatte bie £>bertyanb gewonnen! 9Äit einer 
spinjette fifd)te Jpermann ©tänFer bie jübifdjen 
23aFterien au$ ber JIüffigFeit unb trocFnete fie 
w>rfi$tig über ber immer brennenben 23unfen* 
flamme. 3e£t Farn ber grofje 2lugenbIicF, ben 
er feit ÜWonaten erfefjnt. 3e£t foUtc fidj erweifen, 
ob feine Vermutungen ^utreffenb waren ober nidfrt 
©er ©efebrte berührte ben $nopf einer Dingel* 
Sofort erfc^ien 23rummer, fein greifer Siener, 
ein an 2lriofF(erofe erFranFteö $anindf)en an ber 
Seine füfcrenb. ©tänFer na&m ba$ Xter beim 
©cfropf unb impfte e$ unter ftänbtg wacfyfenber 
©pannung mit ben eben gewonnenen jübifdjen 
S3aFterien. Die SBirFung war eine überrafctyenbe* 
£>aö ^anin^en wiegte bebäctytig ben $opf, geffc 
Futterte unterwürfig mit ben SBorberpfoten unb 
flanb augenfd)einlicfy ttollFommen im Söanne einer 
frembrafftgen Wlaä)t &)t fid) «Brummer t»n 
feinem <£ntfe§en erholt f)atte, pacFte ba$ amn* 
djen Rapier unb Stfeijlift, um einige fd)wierige 
Aufgaben auö ber ^erjent* unb Jinf^inörec^nutig 
fpielenb ju töfen. • 



167 



<5tanPer war fpracftfoö. Saß bie Sfnfijierung fo 
raf$ t>on fktten geben würbe, ^atte er nie $u 
träumen gewagt Um ficf)er 311 geben, fragte 
©tanPer baö $anind)en, wie e$ beiffc» 3?n tybtfe 
ifd)en Settern fd)rieb baö Xier ben tarnen „35a* 
rud> SSeflcbenblütb" unb ben Anfang be$ $t>U 
nibre*©ebeteö auf. hierauf ergriff e$, ein tä)t 
jübifebeö ßennjeieben, ba$ Jpafenpanier. £>bwobt 
e$ ein $anind)en war. 

gaffungäfoä über bie wiffenfd)aftficbe Kragweite 
feiner Entbecfung braef) ©tänPer jufammen. 

jDiefe ©rote «ff e fcilbf f ba$ erjTe Kapitel aui „ £> i e T> i n t e 
rotbev bad 35 tut ttoti Mrtttr ©utibrr". Cao. 9Iuf(aae.> 
(£tite ©attre auf ben bffannten anttfenuttfeben JRoman „3)te 
€tönbe tmber ba$ 3$lut" t?on 2lrtur£)inter. 

Äajtmtr <£bfd)mti>: £an$ Jeimann 

(Jm groteöPer ©egenfpieler gegen ben StbiPer ijl 
ber 9J?arionettenjie^er. $an$ Jeimann bereitet 
bie Entthronung beö ^)eter 2fltenberg &or. 3n uns 
ja^igen Pleinen Kapiteln wirb bie SBelt gezeigt. 
£r hat wobf Peine Mbficbt, Peine £enben$, aber 
er erreicht ba$, wa6 ba$ gut gemalte ©roteäFe 
immer fpiegelt: Krauer über bie ©innlofigPett 
ber 2Beft, 9tad)benPKcbPeit über ben 2Biberfprud> 
ber Singe. S^enb ein ft)mböfifd)er Jpintergrunb, 
irgenb ein ©djmerj flebt hinter bem Sachen. Sie 

168 



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2ufl biefeö Slutorö am 2lrtifKfcf)en tfl außerorbent* 
lid) groß, begabt, in tollen SBirbeln ju jeicfjnett, 
barjutfeHen, ju verwerfen unb parobieren, mifc 
braucht er ftin unb wieber fein SCalent. Sie 23e* 
gabung felbft ift groft. Sie ©ef)möglicf)feit fiarf 
gefefjärft. ^angen^aft angepaeft ergibt fidfj tym 
bie 2Birflicf)feit £r fpießt fie auf, er zerreißt 
fie, immer fcat er £empo, in taufenb Überfd)ta* 
gungen unb Sperrungen erreicht er atemlos feine 
Pointe. Die Arbeiten finb jtenograpfjifcfj gemacht, 
©pielereien $um Steil, Heine ganj furje Kapitel, 
triefenb t?or #ofrn auf baö bürgerliche, wie in 
SSitrinen freifelftaft um bie eigene 2lcf)fe gebrefyte 
gtguren, bie Bewegungen magern Einfall tollt 
über Einfall, ein (Stoff, mit füfcnen ganj fnap* 
pen Furien ©trieben befcanbelt, erhalt fofort SBtrf* 
lictyfeit. ©ofort fe£t fiefj ibm tnfueller <£inbrucf 
in geifligen um, fofort fonfhruiert er ben SBibet* 
fprucjj, baö groteöfe Clement Sin ejpreffiomffe 
fd)er 9>ctcr Attenberg, nid)t füg unb fentimental, 
audjj nicfjt fo weife wie biefer, aber btfftger, ge« 
fjäffiger, fctyärfer unb fpifcerl (*r ifl feineöweg* 
ofcne Sidfrterifcfceö, wenn au# baä ©anje feine 
Sichtung ifl» £ocf> ift eö mefjr alö toller ©c^erj. 
ßultfoiert fann ba$ ©eure ftdf> fetyr t>erforgfä(* 
tigen, t>ernac$läffigt fann eö fidf) tjerfcfyleifen. ©aö 
ifl bie Jrage ber fommenben Sifaiplin. Sorber* 



169 



fcanb bleibt nur baö sjtyänomen fefouftellen. Saju 
Fommt, bafj, wer oorfjer einzelnes Fannte, oer* 
blufft ijt burc^ bie Spenge. 2Ba* fonfl alö ©anae* 
bei ©cfjöntycit im ©etail enutert, wirFt tyier otel 
ftörFer. Die rieftge Saune, Satire unb Vielfältige 
feit jeigt fid> erfl in ber bunten plle. Hin 
Jafcfyingöbafl mit tobernften SJJaöfen, ber mit 
9>ritfdje unb 9)fauenfeber toinbfctynell ben (Sin* 
tretenben fd)lägt, tyn entlagt, taufenb <5ad)en 
um $n brefct, i(m verblüfft, erweitert, plöglic^ 
©cfyaurigeö fef)n lägt im 93tlbe, ba$ S5ilb weg* 
^iefct unb lactyt, aber boety traurig maetyt am 
<Snbe, (JranFfurter >3tg.) 

Jeimann : ©a6 verbotene 25ud) 

J^)orp 6d)netber unb griebel Stüter finb bicFe 
greunbe* 

@ie fi§en in ber £)berterj auf berfelben 23anF. 
@ie teilen greub unb 2eib, grü&jtücföbemmen unb 
Xafcfyengelb. Unb ftc treiben gemeinfame Seftüre« 
5lber roä^renb ber jltlkjarte Jriebel gütige unb 
oernünftige Sltern fcat, fextf^t Jg>orjl mit ©runb 
über bte nriflFürlicl)e Strenge feiner Butter, beren 
eraief;erifcf)e £ätigfeit auöfcfjlieglicfy im Verbieten 
befielt, unb über baö jä^ornige ©cfyrecfgefpenfl 
feineö veralteten Vaterö. 

Jporft barf überhaupt nicfytö. 2Baö ü)m ber 
Vater nietyt oerboten fcat, baö oerbietet ü)m gemifj* 

170 



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lid) bte tpranmfctye 9Äama; unb wenn ber wafcfc 
lappige Sater bafnnter Fommt, bag feine grau 
verboten hat, waö er $u »erbieten unterließ fo 
verbietet er eö boppelt unb beeifach, um fein 2ln* 
fehen gu erhohen. 

©er arme Jporfl barf überhaupt nicht*. 

Sie golge baüon ijl, bag ber im $ern muntere 
23ub ju Jpaufe ben Ducfmäufer fpielt unb fich 
gewiffer €>chulftunben alä 33entttö bebtent, um 
ben aufgefpetcherten Überfluß an unverbrauchter 
StüpelbaftigFeit abjulaffen. 
<§o fjaben fich lefcbm bte klagen auö ber @d)ule 
gemehrt, unb ber *profeffor fyat geäußert, ber 
©djnetber fei ein richtiger Hümmel geworben ; wenn 
baö fo weiter gehe mit ihm, flehe er für nicht* ; 
mit bem jungen nebme eö bereinfl ein £nbe 
mit ©chreefen. 

Sie Altern finb auger Sfcanb unb 93anb. @ie 
rauben ihrem <5ohn bie legten, ^armtofe^en grefe 
betten unb überwachen fein £un unb treiben 
peinlicher al* ein bejahter 9)riDatfpi§el. 
Jporft barf nicht auf bie <5tra$e; friegt fein 
£af*hengelb mehr; mu§ mit bem SSÄäbchen in 
ber tfüdjc effen; ber in 2luöftdjt gepellte 23efueb 
einer <Sd)ülerauffübrung be* (stabttheater* fällt 
in* Söaffer. 

Um biefe $t\t gefdjab eö, ba§ griebel SRitter 
au* ber 8chulbibliothef einen Söanb <£id)enborff 
entließ 



171 



£>er Gricfjenborff gefiel ü)m, unb er Faufte fiefj 
Don feinem Safctyengelb baö 2fteclam*23änbcfyen 
9tr. 2354: (Sicfrenborff, 2luö bem fceben eine* 
Xaugenicfjtö. 

ftacbbem gricbet baö jterlid^e ©efd)idf)tcfjen ge* 
(efen ^atte, na^m er e$ unb »eretyrte eö bem 
4>orfL 

JS>orft legte baö 23üd(jtem ahnungslos auf feinen 
«r6ei««W. 

erfolgte eine tfataffropbe, a($ bie 9Rama flaub* 
wifcbenberweife £orfte (Stube betrat unb mit 
ityrem fieberen 23(tcF für Verbotenes baS öerbädp 
tiot^rötltc^c Söänbcben entbecFte. 
„2tuS bem Seben eines £augenicf)tS ! — 
©ofo! 2ltfo fotebe 23üd?er tieft ber Aerr ©obnü 
3faS folgen 23üc$ern lernt er?! SBarte, mein 
8ürfcbd)en!" 

Unb bie @d)tage praf fetten. £orft fc^rie; benn 
baS S5ucb ftog tbm im @)efid)t tytum. 
©obann trat ber £!d)fen$temer in 2lFtion. 
©aS SBücbtein felbft b^uc^te fein Seben im Noblen? 
Faften aus, wobtn eS üon ben etbifcb-patbettfcfyen 
#anben ber erjiefcungSbejfrebten SJtoma gefd)Ieu« 
bert worben war, 

Mbenbä Farn ber Später beim. 

dt war noef) nietyt jur Xür herein, ba warb tym 
fcfyon bie $unbe, baß fein mißratener Menget 
etwas ganj Unglaubliches angefleht habe. 
Sa, was war benn nun fefan wieber mit bem 
grüben? 

172 



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Jpefce, er hatte fich ba$ Xagebud) etneö £au* 
gcnic^tö $ugelegt, roahrfebeinlich, um barauä 
neue glegel^afttgEeiten ju profitieren unb feine 
SÄanieren ju oerbeffern. 

Jr>err Sdjneiber unterfucfjt ben gatf nid)t erjl. 
<£r fchimpft unb wettert, ba§ bie SBanbe roatfeln 
unb baö gan^e Jpauö aufflügig wirb* 

Sem Jporft hilft eö nichts, ba§ er fertig be* 
teuert, feine 3 C ^^ fa &*m (glimmen 23uche ge* 
lefen ju haben. 

Der SSater friegt ihn beim $antbafen unb bläut 
ben jugenblichen ^intern ganj fürchterlich burch* 

— — 9lad) bem Ülbenbeffen hält eö £errn 
Scbneiber nicht mehr ju Jpaufe. (Sr läuft t>or 
SÄitteilungöbebürfniö über. <£r mufj eö in bie 
2Belt binauöpofaunen, roaö für einen Saufejun* 
gen er jum $tnb bot. 

<£r eilt fpornflrctc^ö in fein StammloFal unb be? 
richtet atemlos oon bem f chänblichen treiben jetneä 
Sobneö. 

„SSiffen Sie, roorauö ber Riegel feine jtenntniffe 
begebt? Sötfjen Sie, roaö ber Schweinigel febroar* 
tet? — lan foüte eö nicht für möglich ^altcnl 

— SSiffen Sie, waö meine fitau ihm ^eute au* 
ben gähnen gerütft l;at? 2)aö Xagebuch eine* 
Eebemanneö l" 

Sie SKunbe fHmmt in bie entrüjhmg beö fd)roer 
geprüften Saterö ein, jaja, bie Sfugenb t?on beut* 

173 



autage; unb ber 2lmt$rictyter 23tctfd^nctbcr bemerft 
tief finnig : „@i et, baö finb ^cbicffalöfctyläge!" — 

Etliche Sage' nad) bem 8Fanbal erftmbigt 

ftd^ #err @ctyneiber bei feiner (Gattin nadj Xitel 
unb SBerfaffer beö obfjönen 8d>möferö. Siefe er* 
innert firfj bunfel, unb nach mancherlei gorfcheit 
unb 5 ra 9 en fwb SBerfaffer unb Xitel eruiert 
Safj baö t>erbotene SKachroerf bei bem foliben 
SÄeclam erfcfjienen fein föitne, vermutet Jperr 
@cf)neiber nid)t 

(£r beflellt ben ©c^enborff in alter JpeimltcfyFett 
bei einem roilbfremben 23ud)hänbler, welcher ihm 
ein fojtfpieligeö Exemplar einer £u;u$*2iebbabers 
auögafe auffängt 

Jperr 6df>neiber t>erfcf)tingt gierig baö anflögige 
S3ud) auf feiner tfanjlei. 2lllein fc^on bie erften 
23tffen blieben ihm im Slawen flecfcn ♦ . ♦ ♦ er 
burd)blättert bie leiten.... fein ©efictyt wirb 
lang unb länger.. unb feine 2But ift grenjen* 
loö, ba§ ber Xejrt nicht erfüllt, roaö bie Ober? 
fdjrtft ju oerfprechen feiern 

Die Erbitterung auf feinen Sohn wächfl utrges 
beuerlich; benn er ift im Snnerflen überzeugt, 
baf ber Saufej'unge baö 23ud) lebiglich be^alb 
eingefchmuggelt hat, um feine Eltern ju prellen. 
E$ fegte eine zweite bracht ^rugel. 

(5lu$ : „ »erboten« Q3ud)", SReue ©roteäf en oon Jpati* 
Jeimann.) 

174 



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„2)a$ tyauterftu'd)", Umfdjtaflicidjuung »on 
©eorge ©ro$a 



> 



I 



$an& Jeimann : ©er Äay v J 

Jtanjöftfch gab ^rofeffoc SRamötbaler. 

Sa$ war ein ganj Keine* 9Sännc^cn, aber ein 

arroganter, eingebtlbeter Patron. 

<£r bie§ SKamötyaler, fein ^pigname jebod) lautete 

Saligula. (£tjlenö beö cäfarifctyen Öluftrctcnö, $wefe 

tenö feiner unberechenbaren Saunen wegen unb 

brittenö, weil er in mutigen ©tief eichen einher 

florierte* 

Stuf bie Sauer war „(Saliguta" $u lang unb 

umjlänblich, unb eö wfcfjliff — pbilofogifd> 

ntc^t einwanbfrei — $u „Rat". 

Saö 2Bort „Stamötbaler" fpracf> fein <5c$üler 

auö; alle rebeten per &a?» 

Sag er ein ^flaumenmännc^en war, fagte id) 

bereite 

2Baö u)m an ©rögc abging, fud&te er burcty im* 
ponierenbeö Auftreten unb fco^e Slbfäge gut 3U 
magern 

(Sr war graufam unb gebärbete fidj wie eine 
©ott&ett. 

2Ber in feinen ©tunben niefte ober fonflwie ein 
unbebeutenbeö ©eräufcf) t>on ficty gab, ber würbe 
unweigerlich in 2lrrefl geftecft. 
Sie golge biefer befpotifctyen Übergebung war, 
bafj im „granjofifchen" ber tollfie SRabau Doli* 

176 



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fubrt mürbe. 3Jton öerjtanb mitunter fein eigenes 
2Bort md)t. 

@o fonnte Feiner betraft werben. 

ging laut ber beim $ar, unb gearbeitet würbe 
nicbt, 

2Bir vertrieben unä bie $t\t mit Jeej unb Sur; 
benn ernfl nahmen wir ben Keinen Sflann nicbt. 
2Ber ibn al$ franjöfifcben Sebrer gehabt ^at, ber 
bat gelernt, wie man bie ©lübftrümpfe auf ben 
©aölampen Faput macbt, unb wie man ba$ SÄülps 
fen unb ben ©djlicrauf naturgetreu imitiert, aber 
granjöftfcb fyat er nicbt gelernt 
Ser $ar polterte beim (Sprechen, wie wenn jemanb 
eine SBenbeltreppe bwunterEullert, unb fein britteä 
SBort war „©cbweunereu". 
Sr biftierte fortgefegt ©traffrunben unb fperrte 
bie ganje klaffe inö Äarjer; er t>erma§ fid), bie 
Herren Leiter ju beftellen unb beim SMtor 25e? 

febwerbe ju fübren alle* baö, um fid) in 

feiner f tastbaren ©röge aufjufpielen. Unterneb' 
men tat er jebod) niebtö. <£ö war alleö blofj 
Siebereu 

SBenn er fein artig war unb un$ parierte, gelten 
wir 23urgfrieben. 

(£r trug meift ju einem febwarjen fRodt, ber um 
ben 9}ac!en oon einem Äranje frtfeber ©flippen 
gefcbmücft war, eine graue #ofe, bie ber beim* 



12 Reimann, Qroteskenbuch 



177 



liefen s 3ef!immung biente, feine mieFrigen Steine 
länger erfcfyeinen $u laffen, alä fie in JBirFlid;* 
Feit waren; bte fidj inbeö in ForFjtefyerförmigen 
SBinbungen biö auf bte ©tiefeldjen ju ringeln 
Pflegte. 

2luf ben ©tief eld)en war niemals nicfyt Fein ©taufe 
cfyen ju erblicFen; fie gtänjten unb funFelten wie 
ber in ben ©etylipö gefpießte S3rillant, ein Fojfc 
bare* grbftücF t>on einem Urafm unb Kartoffel? 
große* 

SBenn ber Äajc fein £afd;entud> auö ber linFen 
Slußtntafctye beö SRocFeö 30g, wogte eine betäubenbe 
ffiolFe orbinären *Parfümö burefy ben SKaunu 
Xrogbem rod) er bejlänbig na<$ SBacfyolber. 
©ein 23art fcing wie ein 23a£en angebrannte^ 
©auerFraut unter ber Flobigen 9tafe unb war mit 
einem 2Red;aniömu$ serfe&en, fo baß er gejhäubt 
werben Fonnte. 

©er Äajr fcinFte ein wenig, wenn aucf> mit um 
leugbarer @ra$ie unb einem ©c$uß ©elbjtge* 
fallen* 

6r war twn maßlofer SitelFeit, unabläffig auf 
fdjöne ^ofen bebad;t, liebte bte abgerunbeten S5e= 
wegungen unb Rupfte gern. ©enno$ fuc&te er 
fnnwteberum burety pomphafte ©ebärben ju blen* 
ben unb burd) 2Buc$t ju erfd)üttern. 
©eine ©tunben »erliefen äußerft geräufc^t>olL 2Ber 



•178 



afrnungöloö t>on braugen tyereingefcfjneit wäre, ber 
&atte rnmeinen mögen, einer ^irfuöoorfWlung 
bet'aumo&nen ober in eine äRenagerie geraten $u 
fein* 

©cfyon efce ber $ay baö «ftlaffenjtmmer betrat, 

warb irgenbein Unfug auögefcecft. 

Sie Älinfe mürbe mit 3uc!pufoer bejtreut ober 

ber ©tufyl &or bie Xür gefegt ober ein 2Beg bis 

jum g)ult mit Konfetti marftert 

Unter bem $at(>eber ftanben mtnbeflenö föter* 

flauen ober alte, t>on $u&au$ entroenbete Xaffen 

unb Zopfe. 

©aö ^)ult war mit Äreibe befcf)mtert, an ben 
Äampen fingen beForatfoe ^apierfctylangen, an 
ber £afel 5£urnfd)u&e ober ein gei>eimntöt>oUer 
©trumpf. 

Segt fam ber Äajr tyereingefteljt, roe$ nacty SBacfc 
olber unb plaujte bte £ür brö&nenb JU, 
©cfyon ftürjte ein Funftooll auf bem oberen ^fojten 
befejtfgted ©teincfyen herunter. 

©er Äay tändelte auf baö ^obium fcfyon 

fragte eine Kfttg gelegte ßnallerbfe. 

©er Äay wollte tyla§ nehmen, aber ber ©tutyl 

war feftgenagelt. 

Aufgebracht unb mit bieten Könen — baö 2Bort 
„@d)meunereu" war beutlicfj ^erau^uftören — 
gab er fein 2Rigfallen Funb, serliejj ben um 

* , 179 



roirtlichen 3#ron unb fHeg herunter, um Jich in 
unfrer SKitte, banbigenb; aufzuhalten, 
(?r warf einen 23licf auf bie JBanbtafel: fein 
©pifcname bebeefte bie fchroarje $läd)t. 
Allenthalben roar „ßay" 3U Iefcn» 2ln ben ©ans 
mit $ohle getrieben; an ben genftern mit ©etfe 
ober Jarbe. 

SSon ba, &on bort, auö ber eefe, überallher tönte 
e6 „Äay"l 

©ein 5lame mar in aller STOunbe. 

einer jupfte ihn am SKocf fcf;og : 

SBuppbich fchoß er herum unb brüllte: „@ö 
glögöl!" 

Der 23öferotcht begehrte auf: „3ch weiß oon 
nichts, Jperr sprofeffor!" 
„Sögen @ö nücht!" 

„2lber £err *)>rofeffor, ich oerfichere Shnen . . 

,ßö bommer 3onge @ö!" 

„£err ^rofeffor, ich oerfichere 3(men ehren* 

mörtlich../' 

„9latörltch fönb <5ö bör grööler göroöfenl" 
„£err g>rofefjor, ich f d) ö r ' eö 3hnen . ♦ ." 
£>er 9ieß beö furjmetligen -Jrotegefprächö erftiefte 
in einer Lawine t>on ©eheul unb ©ejauL 
2llfo rettrierte ber $ay, auf Haltung bebaetyt, nac$ 
bem freien $)la§ annfe^er erfler 25anfreihe unb 

180 



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Äatfceber unb tummelte fid) allba mit läctyertid)er 
©efprei^ett. 

©er Unterricht begann, eine gäbet öon Lafontaine 

war au überfegen. 

granPe wirb aufgerufen. 

2lllgemeineö #allo. 

granfe fcat fein S3ucf). 

dt wirb i^m ein* geborgt 

granfe wei§ nic&t, welche gabel. 

e$ wirb ü)m gegeigt 

granfe $at'$. 

6r lief* bie Überfdjrift. 

SÄtt einem SWale fpielt jemanb liebttd) auf einer 

SftunbfjarmomFa unb jerreifjt auf biöfrete %xt 

bie wiffenfcftaftlicfye Stimmung. 

©er Äa; laufet anbacfytig unb riecht nac$ SBacfc 

olber. 

©er SKufifant $at geenbet, ein 33eif allögetrampel 
erfler jDrbnung erfolgt, unb granfe &at unter* 
beffen bie fe&lenben SSoFabeln im 2Börter6u#e 
nad)gefd)lagen unb in ben Xt?t gef trieben, 
©er Lafontaine wirb wieber jur #anb genommen, 
unb bie ©tunbe ge&t weiter. 
€iner melbet fic$: er mäc&te frinau*. 
6r barf. 

Äaum ijl er brausen, fo wollen fünf anbere 
$inou& 

181 



©ie f ollen warten, befiehlt ber Äajr, bte ber erffc 
jurücf ift* 

©te fönnen nic^t warten, öerficfyern fte* ©ie feien 
fetywer franf. (Siner l;at — jutn Gtoubtum ber 
klaffe — ben Surcfyfall; ein anberer behauptet, 
tt fei tym eine 2eiflenbrüfe gefd;wollem £>b er 
fie t>orweifen folle? 

Der tfar lägt bie £orbe f>inau$, in SSeforgnte, 
baö Unheil möchte fdjlimmer werben, wenn er 
fie beibehalte. 

Der Lafontaine wirb wieber jur #anb genom* 

men, unb bie ©tunbe nimmt tyren Umgang. 

granfe fcat bie $t\t auögenüfct 

6r überfegt ot;ne jjebweben ge&Ier* 

Sa melbet ftd; wieber einer: er muffe unter allen 

Umflänben fcinau*. 

©er Äaj läßt iljn nic&t 

©er Schüler, ed'ijt Stockau*, befielt auf feinem 
ffitllem 

£>er Äar paniert fid) mit #ar#eraigFeit unb 
jeigt \\d) entfetyloffen, aud bem ^weifampfe alö 
©teger bert>or£uge$em 

93acf^auö beteuert, ein är$tlic$e$ ütttefl beibringen 
$u wollen. 

(©ein Sater ifl Dr. med.) 

<Sr müffe unter allen Umflänben &ütau& 

SDer Jtar ift unerbittlich» 

182 



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23acf(muö wirft \i$ mit einem ©cfyreie ber S3er* 
aweiflung in bie 23anf unb tyebt an, ergreifend 

fc^Iuc^jen. 
«Da gewährt tym $ay feinen ffiillen. 
©er Lafontaine wirb wieber jur Jpanb genommen, 
bie ©tunbe gef)t weiter» 
Jranfe ü&erfegt fliefjenb. 
Sa ftetyt einer auf: Sö fei öieUeicfyt ratfam, wenn 
tr nad) ben hinaufgegangenen fäfte; benen fönne 
ein Un&etl jugetfoßen fein, 
©er $a; gemattet ed großmütig, 
Rad) unb naety leert bie klaffe; bie #älfte 
ber <5d)üler tft braugen ober üielmebr „unten''* 
©te fifcen beim JJauömann unb paffen 
retten. 

Schließlich wirb ber 9)rimu$ au$gefanbt, bie 23er* 

feftwunbenen aurücfyubeorbern. 

©er ^rimuä lägt ficf> unten beim #auömann, 

ftörmifch begrüßt, nteber, unb bie #auömann$* 

frau bringt tym ein @la$ 3Ri(cf) unb eine belegte 

©emmel. 

Jwei SRtnuten öor ®cfyluß ber ©tunbe treffen 

fte alle miteinanber wieber ein mit gräfc 

Itd^ oerjogenen ©entern unb bie Xafc^entüc^er 
in ben 2Runb gepfropft, um ni#t t>or ©elfter 
&u plagen. 

183 



Dftmalö gefd)af> es and), bag im ©egen* 

teil fein eitriger fctnauSmugtc» 

Sann würbe „SSä'nteSftücfen" gefpielt 

"£)ie Ultimi fingen an, bic in ber SÄitte ©ifcenben 

rücften nad), unb bic (£rften fd)loffen, 

Sie ^unfl war bic, bafj fämtlid)e S5änfc o$ne 

^wifcfyenraum an bie SRücfwanb bcö ^(affenjtm* 

merö gefdfjoben werben mußten; bte legte S5anF 

flanb fd)lie§lid) eingefeilt in ber äußerten <£cfe* 

2>urd) baö ^ac^rürfen ber übrigen entfianb »or 

bem tyultt eine 2lrt Xanjplag: unb auf btefem 

bewegte fiel) ber $ax mit 2lnmut unb unfähig, 

einaufd)reiten. 

(Siner unferer gred)flen braute gelegentlich feinen 
älteren 23ruber, ber ebenfalls @d)üler beö $ajt 
war, mit unb fegte ihn auf ben 9>la§ eineö, ber 
infolge ÄranFheit fehlte, 
©er Äay unternahm nicht* bagegeit 

(Schriftliche J?auöaufgaben ju ftellen, wagte 

er feiten* 

Utwergepd) ifl mir ein „Zßfeme", baö wir über 
bie 9>fingftferien aufbefommen hatten* 
Sh* eä jurüdgegeben würbe, erfd)ien ber Äajf in 
ber klaffe, rod) nad) ffiacholber unb öerfünbete: 
gönfohn ©cooler Ratten bie gleite Arbeit ab* 
geliefert* SBenn fich biefe Jönfjehn freiwillig in 
ber nächften $)aufe am 2ehrcr$immer einfönben 

184 



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w6rben, wolle er üon einer böfeöptönarifdjen S3e* 
jlrafung abfeiern 

3n ber ^aufe umlagerten achtunbjwanjig SKann 
bad 2ebreraimmer / nämlich bie ganje klaffe. 
£>er 9>rimuö, ber bie Arbeit überfefct hatte, war 
anftanböbalber mitgegangen« 

hineingefallen wäre ich auch beinahe ein* 

mal, unb ba$ war folgenbermafjen: 
SKein 9lachbar fcatte einfl, in ber 2lbficht, etwa* 
Unerhörtes anzufallen, eine ©iefjfanne mitge* 
bracht; eine ©iefftanne, wie man fie im #au$* 
halt für bie S3lumen auf bem Jenfterftmä Der* 
wenbet; eine fd)öne, banbltdje ©iegfanne. 
©tefer ©ieftfanne bemächtigte ich mich unb t>er* 
fteefte fie unter ber 23anf* 
2Bäf>renb ber SeHtüre einer ßom&bie ättolfere* 
flach weh tor #af«/ unb ich fchleuberte baä 
grüne Sing mit groger jftaft an bie SCür. 
Sie SBtrfung war einzigartig* 
©enn ba* blecherne ©erat vollführte einen mör* 
bertfehen SRabau, unb 2ehrer wie Äameraben fufc 
ren entfegt in bie #öb* unb glofcten entgeiflert. 
3emanb flöh«te (grtmbloö): „#ilfe! — 3$ bin 
getroffen l" 

Unter allfeitiger Teilnahme unfererfeitö fchritt ber 
Äajr nach bem ©chirmjlänber, unter ben bie ©iefc 
lanne geflütjt war, hob beti öetbächtige SDtöbet 



185 



auf unb fcmfte, alö ob er'ö t>erau!tionieren wolle, 

burd> bie klaffe. Stuf mid) $u* 

Jeimann, baö waren ©ö!" 

„9tein, Jperr ^rofeffori" 

gr wf erlang mid) mit ben S3licfen, flräubte ben 

23art unb roety me£r benn je naety 8Bacf)olber, 

©inen nad) bem anbern fragte er, wie ein 3fm 

quifitor, ob er eö gewefen fei 

Äeiner antwortete 3a. 

23etm ^rimuö, ben er bonetterweife au*lte§, fpradfr 
er: 

„Äannmör jömanb erflören, n>ö baö pafföfcrt 
öfi?" 

@in ©c^taumeier serfünbete, bie ©ießfanne fcabe 
bereit* tjor ber ©tunbe auf bem ©cftirmflanbet 
gelegen unb fei $5c$fht>a(rfc$einlic$ „einfach &er* 
untergefallen". 

3Rit Xreu^erjigFeit warb bteö üon allen ©eiten 
betätigt, unb ber Aay, objwar er fctbft an fold)e 
Sfööglidjfeiten nicfyt glaubte, beruhigte fiety* 
Sie ©tunbe wäre glatt abgelaufen, wenn nietyt 
Ungetüm ber Übermütige, eine #anbt>oH Tupfer* 
gelb praffelnb an bic SBanbtafel geworfen ^ätte. 
£)at erbofle ben &ax berart, baß er fic$ auf« 
bläßte, unb f^weigenb bte Älaffc t>erlieg, bie 
©ieftfanne in ber #anb wie eine ßoflbarfeit 
$erauögefriegt fcätte er freiließ ben £äter feine** 

186 



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falls, wenn er md)t bie Jpilfe beö fc^arfftitnigen 
SOtotftematiffe^rerö in 2lnfprud) genommen ^ätte. 
Dem war bie* ein gefunbeneö Jreffen. 
©e&r feiern ging er t>or: 
©einer 23ered)ming nad) Famen nur biejenigen in 
33etrad)t, beren 23etragen*3enfur fd)led)ter trat 

Drei SKann Ratten bie 2», einer $atte bie 2 unb 
einer bie 3. 

Die fünf führte er nad) @d)ulfd)lufi in bie Slula 
unb »erteilte fie in bem oben SRaume, bamit fie 
fid) md)t t>erflänbigen fömtten. <Sr felbft fe§te fid) 
an baä Harmonium unb nafcm 9Rann für 2ttamt 
in* ©ebet 

Sebeö SBort fhnograpl)terte er nad). 

2tlö er alle Derart fcatte, flappte er fein S3ud) 

$u unb entließ bie fünf» 

SIm folgenben borgen befleflte er in ben Raufen 
bie nid)t vernommenen breiuttbjroanjig in ben 
Äonferenjfaal unb fragte jeben einjeln, ob er 
irgenbeinen Äameraben t>on bem ©erbaute, bie 
Pfennige getoorfen ju tyaben, freifpred)en Jönne. 
2luf btefe SBeife ernne* et* fid), ba§ ein gemiffer 
Ungetüm unb ein getuiffer Sfteimamt nid)t t>on 
bem 83erbacfyte freisprechen feien; benn jeglid&er 
$atte smei ober brei tarnen ber Unbeteiligten 
angegeben* 



187 



31m fetten £age faufte fidj> ber SHat^emattfpro^ 
feffor unö betbe, inbem er miefj in$ ©efangö* 
aimmer fperrte unb ben Ungetüm in bie SSibliotbef* 

9tad) einer SBeile fam er ju mir geftörmt unb 
fcfynob: „Ungetüm $at gejtanben, baß ©te'ö ge* 
mefen finb! @eben Sie'* au?'' 
3c^ gab'* a«- 

3$ wußte nietyt, baß er ba* umgefeftrte 2Banot>er 
foeben bei Ungetüm angewanbt, unb baß auc£ 
biefer bie £at eingeftanben tyatte. 
älö er über unfer Jpaupt jroei ©tunben Äarjer 
»erhängte, serfic^erte Ungetüm, er gana allein 
fei ber 5tdter geroefen, mocauf ber geroiffe Sei« 
mann in bie fettige Beteuerung auöbracty, er 
gana allein fei ber Sater geroefen. 

nmr ein ebler SBettjheit 
2Ba* wollte ber SRatfcemattFer tun? 
<Sr ließ und beibe ffraffrei auögetyen; benn ber 
Aay Ubmuptttt, eö Fönne nur einer bie ©cfyroeu* 
nereu mit ben Äopfermönjen oeröbt fjaben. 
©eitbem tyerrfctyte jeboefy ein gefpannteö Serfcältnfe 
awifc^en bem Äajr unb mir, unb icfc mußte auf 
ber $ut fein* 

SKeine fcatigFeit in ben franaöfifäen ®tunben 
befctyränFte \id) in ber golgeaett barauf, baß id), 
wenn eö mir gerabe einfiel, mit t>er(lellter Stirn? 
me „Äay!" brüllte. 

188 



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©aö batte xd) mir bermaßen angewöhnt, baf ic$ 
unlängft, alö id) jufällig mit bem Äar in ein 
unb berfelben (SleFtrifdjen fufcr — id) ^atte tyn 
feit Dielen 3abren ntc^t gefe^en, unb ba faß er 
mir gegenüber: arrogant, eitel wie je unb pene? 
tränt naefy ffiacfyolber buftenb — bag id) an mic£ 
galten mußte, um nicf)t laut „$ay" $u rufen* 
%d) &abe mid) bann üotfidf>tö£alber auf bie fyin* 
tere Plattform gebellt 

CHu*: „T>a$ ^aufcibud)", ©efdncf)tfn »om ©omnafium.) 



©:r geborene fentimcntalifc^roig'o;* £)berfellner 
beö ffiirtöbaufeö an ber 2abn." ftanu? 
Unb: „Söenn er 5lrfeni! fdfjrieb ober backte, war 
eö boppelfoblenfaureö Patron/' ©er ift baö? 
£)aö jagt über (Sroerö £an$ Jeimann, in feinem 
mißigflen S3uc$. 2lber fo (jaben mir lange md)t 
gelacht 

Diefe 9)arobie ift fafr fcfjon Seicfyenfctyänbung, 
£roerö, eine nette Heine Sournaliflenbegabung au* 
ber $tit beö ©pätnataralidmuö, fafr balb auö ben 
Abrechnungen feiner Verleger unb auö ben Briefen 
jener 23erebrertnnen, bie ntd^t alle werben, ba§ 
<£ine$ fidj in 2)eutfc^lanb — unb trielleid)t auf 
ber ganzen 2Belt — immer lo(;nt: bmd) i)tim* 

189 



lt$e Mnbeutungen mit fatanifdjen Saftern $u prun? 
Fen. gibt lafierbafte 9Kenfd)en; foldje, bte 
fctyreiben, finb feiten borunter; unb gar folctye, 
bte mit (Smpfcaf* t?on tyren gapern fcbreiben, 
bürfte eö gar nidjt geben. Denn wefentltdj an 
einem 3Kenfcf>en ift baö, waö $m felbffoerjlänb* 
licfy ift, baö, wo&on er überhaupt fein SBefen* 
mac^t, weil U tym ittatur ift (Der SKarqui* 
be ©abe aäfclt ntc^t — benn in folgen gälten 
ift audj f einreiben eine 23efriebtgung.) 2lber mir 
wollen ben Vollbart wieber abhängen, 

Der 25(onbtn ifl ein <pofeur. Söerni er bebeuten* 
ber wäre, müfjte eö ganj luftig fein, auö feinett 
fdütytn jufammenjufhllen, womit er, perfön* 
lieft ober al$ SRomanbelb wfleibet, umberprogt: 
mit Duellen, mit SBeibern jeber ©attung, mit 
fejruellen Anomalien, mit tollfüftnen £aten. Um 
angenehm, bag nid)t$ bat>on waftr i|t: ein paar 
6ooF4Reifen, amertfamfctye, frier nicftt nacfouprü* 
fenbe SJaterlanbö^ropaganba (SBirfung gleich 
9tufl) — eö ift nid&t t>iel mit tfrm. Sie SKebenö* 
arten, mit benen man bürgerliche JppftertFerinnen 
aufregt, fcfrreibt ein begabter SÄenfd), wenn er baö 
wollte, im (Schlaf* <£r &ätte bocfr fteferenbar 
bleiben follen. Senn er tfl gefcftaffen, einem 
©tammtifcfr beö &mtögertcf)tö ©riefen monaie* 
lang ©efpräcfröftoff $u bieten. SKan fagt mir, eö 

190 



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fei i&m (Srnji mit feinem ©efd)reibe- »Ifo 
nic#t einmal ein 33luffl 
Stefem (£bfd)mieb beö ©rauenö £at #anö Stet 
mann ben ©arauö gemacht @o nngig ift feit 
iKeprtnFö ,£iUgenlei' deiner angepflaumt toorben. 
©cfyon bie üftacfyafymung ber t>on bem ©atamfer 
bevorzugten erfcfjrecflidE) gelehrten SRotten (^lural 
t>on: SKotto) finb entjücfenb* <&o nad) ber Sttelo* 
bie: <£rfhn$ Fenntö deiner, unb zweitens mirbS 
fcfton imponieren» Jeimann: „33nut ifl ein gan* 
befonbrer ©oft Scucffefcler (XXIL Safcrfcunbert), 

— Agnis est felicis urbis lumen inoccidum. 
$etru$ Samtanonu*, (Srjbifäof t>on Sttomaroeö, 

— Montez, montez, voilä Pechelle! 2t* be Sßuffet, 
SKinjemann in $>ariö/' Unb ber 5£eyt ift ein 
einiger groger 2a$er. 

Stbgefefcen t>on ben SBortfptelen, t>on benen einige 
ausgezeichnet finb, bie aber im ganjen ermüben, 
unb bie Jeimann gar ni$t nötig fcat — abge* 
fefjen bat>on fällt man au$ bem Sachen ntc^t 
mel;r tyerauö. 2Uleö $at er gefaßt: biefeö alberne 
SBort „irgenbnrie", ba$ (Sroerö unb anbere \d)kd)U 
geutlletonifien anwenben, um bem Sing einen 
©ctyug SRpfM ju geben; bie lächerliche Ober* 
betonung ber ©ejrualttät; bie Siuhmeöfanfare eine* 
föniglich preu§ifd;en üeretbtgten 23eifchläferö — 
„feine perücrfe ©razie" rühmt bem Sroerö £>lga 



191 



SBo&lbrücf na$, bte tt wiffen mu% gin paar 
groben: 

„€r big feine wunben Zippen, jlieg in bat finn? 
lid;e öluto/' „... bag er in ©l 9)afo mit einem 
tejanifdjen ^u^retter um Äopf unb ©cfywanj ge* 
würfelt unb babei ben $opf verloren babe.." 
„Sr faß ba, ewerfle &or fieft {nn..." Unb am 
©cfylufj, meU ja ber SÄetfier audj nie wfeblt, 
anzugeben, wofcin alleö tyn fein ©atmon geführt 
fcabe, ein Serjeic^niö fäc^ ( tf^>er (Stationen, auf 
benen btefeö jöuety entjtanben fei... kleinere 
Einfügungen: im S^ug hinter SBurjen, grauen* 
abtetl." 

£;efeö unbegabte ©tüc! ©aubemi^6, bat niefct 
einmal feine Quellen anflanbig »erarbeiten Eann 
(bafcer folefy ein ©djmarren wie ber »Xeufelö* 
jager*), M eö fcter orbentlid) abbefommen. 
Unb wie gut bte 9>arobie ijl, bafür ein Ärtte* 
dum: 

3$ fenne ben »öampir* ntctyt unb &abe mtd^ 
bod) fetyetfig gelacht. Unb au$ für ben Sefer, 
ber nie einen Vornan t>on Swerö genoffen fcat, 
wirb auö SWmannö $)ra$tbanb bte $unbe von 
einer ulftgen $rufe auffielen: SSon einem, btr 
auöjog, bat ©rufein 31t lehren, unb ber ein pri* 
mitfoeö £änöcfyen geblieben ift fein Sebelang. 

(Die 2Beltbüfcne, 1922.) 

192 



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£an6 SKeimmro : 
©ewate / £arjer / Xtlftter 



vm. 

Innocentia, quidquid id eat, timeo Danaoa, 
et doca ferentea, ite domum taturae, venit 
heaperus, ite, capeilae, innocentiae lere prä- 

«dium e«t unb bennmbfrnb imterge&n. 

3. SB. @tf)niüer, (Süarifte be tyarno. 

„3)em 3«bra tropfe ber tropfen." 

Sielt, be. 93eba. 

©er 6orgen fjar, &at aud) Sifor. 

2B. Q5ufö, @ef. ©ebid)te. 

£ulu Hatzte in bie JJänbe: unter ben fangen 
beä ©labiatorenmarfcfte* jogen Ästeten herein, 
fte Ratten Fetn Zxilot an, nur einen ganj formalen 
<§c$ur£ um bie 2enben, f treppten ben tnternatio* 
naten ütyeinlanber ju einem tfran, tefeftigten 
ifcn, liegen tyn fcinab auf bie 2foenue, in ein 9(uto, 
trgenbttne. 

£u(u rief bem Gfrauffeur einen tarnen $u, baö 
Sfuto tafle lo$, fcielt t>or bem Älutyaud ber SKonb* 
frauen, trgenbwo. 

Sine @c$ar t>on 2Bei&ern (Hrjte auf bie Straße, 
tankte unb fprang einen itanj, ber bacd)antifcfy 
n>ilb nrirfte* 

13 Reimann, Qroteskenbuch 193 



ülber md)t auf granF <£mtt. 
8te Ratten naefte Söeine,. 2lrme unb Warfen, tru* 
gen um ben Seib bünne <5cf)leter in allen Jarben. 
Mu öffnete tfjren beutet, warf $onfeft in bie 

Sa warfen fioty bie 9Käbd)en auf bie <£rbe, rafften 
auf, fo rafefy fte nur greifen Fonnten, fnüllten 
ifyv ©ewanb jur ^djurje, fammelten bie Bonbon* 
hinein. 

2luf Suluö 2BinF [prangen »ier SKonbweiber gerbet, 
feftfeppten ben angeblichen 9ter$enmenfcfyen in$ 
innere beö «£aufe$, in einen <©aal, ber fid) an* 
fetylofi an einen Wintergarten, fjier flanben »tele 
3elte, bte fidj brängten, eineö bicfyt an baö an* 
bere. 

©er @aal war fe^r bunfel, nur rot umhängte 
Rampen warfen £ier unb bort ein fpärlidfje* %id)t 
2>te STOonbwetber jogen ben SEÖillenlofen in baö 
SWttetylt, öffneten ben ©urt i^ter eng anlte* 
genben 23rofatgewänber, löften eine geberfpange 
frorn an ber 23ruft — ba fprangen biö unter bie 
$m'e bie JpaFen, alle jugleic^, unb bie (Silber* 
Fleiber flogen auf naef) Uibm ©etten, wie 
SKufdjeln: völlig naeft lagen ifcre Seiber oor if>m 
— Weber #emben Ratten fte an nodf) Strümpfe* 
©raupen lief ein (EjrtrablattüerFäufer vorüber unb 
fcfyrie bie neuejle Oleuigfett auä: bie Deutzen, 

194 



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bie bis md) @f;äfonö für SRarne vorgcbrungcn 
waren, Ratten fief) hinter bie SÄarne ^urücfgcs 
$ogen. 

„2Ber Wjl bu?" fragte eine ber SKonbanen ben 
fdjweigfamen ©afL 

„Scf; bin ber Vampir/' fagte er fcfytfctyt. 
„2öaö tutf bu afe folc^er?" 
„3m 93tocFf>au* ftefjt, bag Stampijr bie flamme 
Benennung folcfyer Verdorbener ift, bie nacfytö 
ü)rem ©rabe entjleigen, um Sebenben baö S5lut 
au^ufaugen» @o weit f)ab td^'ö nod) nicfyt ges 
bracht $orber{>anb begnüge icf) mief) bamit, einen 
Vornan fonjtpteren, ber mir 350 000 Watt 
einbringen wirb/' 

,,©a wiffen wir aber immer noety ntc^t, waö bu 
tufr" 

„3$ (ebe uon 6timu(antien. Wlit Fletnflen Sofcn 
@trt)c$mn fing icf) an, erffc in <puuxrform, bann 
in Rillen, fpäter fjabe id> Sigitalin t>erfud)t, 2ltro^ 
pin, ©eflerin, Coffein, ßofain, 2lnbrenalin, £)pi* 
um, ^anatogenitalin, <£rbaf, ©ibol, ^ebeco unb 
Söiomalj, jebcö f)ie(t mid) aufrecht für eine 3Beüe, 
nur fe^r wenig fcaff mir Jperoin unb Seanbrin,- 
unb fröflig jwecfloö fcf)ien 2Morp(>wm unb $\x\fy 
^ornfalj» Sagegen vermag mid) SHrfenif für SDte 
nuten frifd) ju Ratten, aud) ?)erfi( unb 9tigrin, 
wenn id) e$ in geringen ©ofen neßme/' 

is* 195 



Sie fcier SKonbeufen lächelten ttampironifcfy, glaub; 
ten tym nid)t, burc$fc$auten ü)n al* SHuffdjneiber 
grimmigflen tfaliberö. 

Seife* (Sprechen ^örte matt au* ben 9ladj>bar* 
jeltetu 

5ranF Frodj auf allen SSieren ju einer (Seiten* 

roanb, lauerte bur# ein Fleine* 2octy. 

@ne ber 3Ronbali*Fen belehrte ü)n- 

£* waren überall @u<flöc$er in ben 3eltroän* 

bem 

Mu ^atte ba* au*gebac£t 

<£* müffe ü;n roenigjlen* aufregen, ju fefjen — 

fanb fie» 

gfamF fa& burety ba* 

Sie Köster eine* 3Rifliarbär* lag auf bem Steps 
piclj, fattc ein awälfjctyrige* 3Rä'bc$en bei ftc&, 
30g bem $inbe ©djutye au* unb (Strümpfe, 
flüjlerte leife, Fügte bie kleine, ftreifte tyr baß 
©ewano hinunter — 

JranF Frod> $u einer anbern ©eitenwanb, fafc 
burefr ba* 

Sin fcfylanFe* SBeib, ©rogmutter feit ^mei S^ren, 
richtete fid) f)alb auf, föob fidj ju einem Slfc^anti 
£tn, bie 2lrme nad) hinten auögejtrecft, ba| ü)rer 
mann>eifjfd)on $)rac$t $ett $erau*lactyte, 50g bie 
Steine au* bem Stui, gab fie ü;m auf ben 
@c$ofj 



196 



§184 

granF Frod) ju bcr brüten @eitenroanb, 51t bcr 
fünften, achten, naf;m «papierbfocF unb 23leiflift, 
notierte» 

«Daö nriirbe ein faftigeä Kapitel — — 

2ulu trat neben tyn, fagte: „9hm, mie gefällt 

bir mein tffetb?" 

(Sr behaute fie, fagtc : ,,©ib beiner @d)neibertn 
einen Äufj t>on mir!" 

<Sie lehnte fiel) an il)n, fagte : „(*ö ift fet;r be* 
quem, mein Äleib — unb e$ tyat ein ©efaim* 
niö!" 

<£r fd)rieb weiter, fagte: ,,-iJtu wenn fd)on/' 

2ö war «£opfen unb äBafy t>erforen. 

Mu backte: „2Ba* fang td) mit tf;m an? SP 

er tatfäcfylid) perwä unb icl) merFe felog» nid)t$? 

2ffl tr am Snbe gar Fein Sroerö, fonbern ein 

<pert>ett>erö?" 

ix, 

•g) ar jer 

2Bai* nüfcet mid) ein fcf)öttet 9Räbd)en, 
wenn anbre trin (parieren gofjn? 

$almub, 3oma ?o(. 478, Saanitfc. 
@ie war nebbich eine bluome ju €>aron 
unb eine fd)»arje.rofe im $ale. ^„^ e ^ eb# 

©ie fci)icfte bie t>ier SWonbFälber {jinauä, ent* 
fernte fid), falte ifaen SeifcS&auffeur, Heg bie 
Uibtn allein. 

197 



I ■ 

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Jranf mujlertc ifm t>on oben bid unten. 
2)er Chauffeur war fcfyon ein 6cfyauflütf, fcfjlanF, 
gut geroadjfen, ein rechter lieber üjunge, fabetyaft 
rafiert, gut gepubert 

(£r lächelte bem Vampir t>erfüf;rerifd) ju, fucfyte 
ftcf; an ifm tyeran$u&ampirfdf)en. 
&er SBampir faute ßhtmmi, fein neuefteö Safter. 
<£$ fjunbertfünfunbfiebjigte bem @f>auffeur aus 
allen *J)oren. 

2)er Vampir rührte fid) nicfyt 

Sa fdjlug ifjm ber Chauffeur aufö 9lafenbcin, 

lieg tyn fletyn, fcfjritt rafd) tyinauö. 

£er Vampir fianb ba — mit offenem 9ftaul — 

gii^lte gut, ba§ er ungeheuer blöb auäfaf) in 

biefer SJHnute, 50g fein £afcf>entu$ — 

x. 

Silfiter 

„93nut ijt ein ganj befonbrer ©aft." 

Srucffe&ler (XXn. SaMunbert) 

„Grine ber älteflen biefer 3auberformeln gibt 
ein ^Wittel, wie man p(o$fid)e Siebe in eben-- 
fo großen JJajj oerroanbelt." 

Jponfton ©. QSrabp. 

$ra!tat über magifaV Wormeln auf 
@umero*9lffprifd)en ÄeüWen. 
„SKifct) be$ unb trinfe e$ in rotem 2Bein; ba 
fiefjft bu, mennfle ©djroeiu Ijaft, ben ©runb 
alter Singe." 2{tf>{M M {uf> 3ffe 

runbfleiniania. 

8ulu fyatte bie (Sjene buref) einö ber ©ucflöcfyer 
beobachtet, fanb ü)n o^nniäc^rtg am Stoben liegen, 

198 



nafmt ben ^apierbtocf, (aö, roa$ er fett Xagen 
fo eifrig gefrtgeft. 

„Sie ganje 2Belt ifl ©obom. Xiere finb mir unb 
muffen Xiere fuci)en. 3n <St)tfago gelten fiel) 
fiebert Gfnnefen ein 9ttfpferb — alö grau. 3« 
©unntob, ber SHiefentocfyter, Farn £>bin alö 2Burm, 
unb bie Jpeilige Jungfrau t3efuct)te ein Xäuberict). 
3n Berlin UU ein Sftegierungöoberrat, ber ffccft 
feiner Jrau, wenn er 23ebarf f)at, einen Warfen 
Jpüi)nerfebern in ben 6terj, lagt fie (aut gacfern. 
9>rofeffor Jparrtman in Baltimore lebt fetteten 
mit einer Äffin in wilber £f)c. Rein Falabrifct)er 
3iegenf)irt in ben s J>prenäen ober ber $)ampa, ber 
nict)t unter ben ©eigen feine £(mönelba i)at Ser* 
gleiche ^terju #errn 2(nge(o in meinem ftanbarb 
roorf „Die Xeufelöjägcr". $om golbenen gfel 
beö Slpulejuö angefangen btö ju ben $ranict)en 
beö 3bt)Fuö ifl baö, roaö bie 3flenfct)en fobomitiftf) 
nennen, baö einzig 9iatüriia)e* !Uti helfen ftorb, 
vertrat ein groger 9teufunb(änber feine §tette 
bei ber fct)önen Eabtj Hamilton/' 

0o ging eö feitentang fort. 

Die SRetye, in £>f)nmact)t ju faden, war je(3t an 
2ufa. 

(sie tat eö mcf;t. 

5(ber fie fpract): „ffienn bie Söiejler Literatur 

199 



fabrizieren Formten, würben fte nie unb nimmer* 
me&r Derartigen £>recf t>erdffentltd)en." ; 
@ie befprengte ben SRepräfentanten mobernett 
6cf)rifttumö mit fflaffer, lief tl)n sunt 2fato 
tranfportieren, ful)r mit i&m jum Mr^t 

(Drei Kapitel au* Jpan» dtetmannä SßaroDie: „Gr wer», ein 
garantiert oertoa^rlofler ©d)unbroman in Sumpen, fttfydttn, 
5Ha>d)en unb Unterhofen, »on SBampir) 20. Auflage. 

Bücher von Ha ns Reimann 

erschienen hei Paul Steegemann in Hannover 



Di« Dame mit den schönen 
Beinen. 

Grotesken. Uroschlagzeichnung 
von Emil Prcetorin«. 28, ver- 
änderte Auflage. 

Du verbotene Book. 
Neue Grotesken, Umschlag- 
zeichnung von Emil Preetorius. 
17, verändert« Auflage. 

Das Paukerbuck. 

Geschickten vom Gymnasium. 
Umschlagzeichnung von George 
Gross. 15. veränderte Auflage. 

Ewers. 

Ein garantiert verwahrloster 
Sekundroman in Lumpen, Fetz- 
chen, Märschen und Unter- 
hosen von Hann« Heins Vampir. 
20. Auflege. 

Die Dinte wider de« Blut. 



Arthur Sünder, 30. Auflage. 

Hedwig Courths-Mahler, 
Schlichte Geschichten fürs trau- 
te Heim. Mit 30 reizenden 
Bildern von George Gross. 
10. 



Sächsische Miniaturen. 
Bandl. Grotesken in sächsischer 
Sprach«. 25. Auflage. Mit 
14 Zeichnung, v. George Gross. 
Band II. In Vork«reitung. 

Der König. 

In Memoriam Friedrich August 



den König 
Im Druck. 

Hunder t jähriger Kalender. 
Ein literarischer Zeitweiser fürs 
deutsche Volk. Im Druck. 

Größenwahn. 

Eine Anthologie neuer Chan- 
sons fürs Kabarett. Im Druck. 

Pax. 

Friedliche Geschichten. Bis auf 
wenige Exemplare vergriffen ; 
erscheint nicht neu. 
D e r F 1 o h. 

Grotesken aus der Kriegsseit. 
Bis auf wenige Exemplare 
griffen ; erscheint nicht n«i 

Kaktuss«. 

Ausgewählte Grotesken. Bis 



auf wenige Exemplare vergrif- 

Die Preise sind durch jed/ gute Buchhandlung* 
oder durch den Verlag (Rückporto) zu erfahren. 

Pa ul Steeg emann Ve rfa g / Ha nnover 



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