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Full text of "Archiv für österreichische Geschichte"

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Archiv  für 


Österreichisc 
Geschichte 


Kaiserlichen 

akademie  der 
Wissenschaften, 


• 


Igarbaiti  College  Ubtars 


MRS.  ANNE  E.  P.  SEVER, 
OF  BOSTON. 
Wnww  or  Col.  Jamkb  Warkbk  Sbvsr, 


j 


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II     I  iHlll  I 


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Archiv 

Österreichische  Geschichte. 


Herausgegeben 

TDD  4§r 

nr  Pflege  vaterilndiseher  GescMdite  anfeestellteii  CbminisslaD 
kaiserlichen  Akademie  der  Wlssensehafteii. 


▲olitaigster  Band. 


Wien,  1894. 


In  CommiBsion  bei  F.  Tempsky 


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Äa«  36.20 


y 


Dncik  v«B  Adolf  HolBtavMn, 
k.«Mk.lM-iMi 


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Inliftlt  des  achtzigst€u  liaudcs« 


Seite 

INe  Stellung  der  Otitenreicblsclien  Regieniug  ium  Te^iuiuente  Napoleon 

BonaparteV    Von  Dr.  Hanns  ächlitter  1 

Di«  Ueb«»r^ab©  Mährens  an  \lvr/.<i^  All)rerlit  V.  von  Oesterreiih  im 
Jalire  1  1*23  (B*Mtr%e  zur  Goschichte  der  Uusitdukrie^e  in  Mübren.) 
Von  Dr.  B.  Uretholz  24U 

2ar  CUwchichte  Ungarns  (1671  —  1683).  Mit  besonderer  Kilck.sicht  auf 
die  TfaJLtigkeit  und  die  Gerchicke  des  Jesoitenordens.  Von  Dr. 
Frans  Ton  Krone»  8&1 

BrieCft  Kalaer  Leopold  I.  an  Wenael  Eneeb  Henog  in  Schienen  su 
SiHmn,  Flinten  ^on  Lobkowits  (1857—1674).  Nach  den  Originalen 
det  Fttratlidi  von  I«obkowit**«e]i«n  FamlUenavehlves  an  Bandnita 
an  der  £lbe  in  Böhmen.  Hennifefeben  von  Uax  Dirof&k.  .  469 


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l  österreichische  Geschichte. 


0 


HerauBgegebeu 


voi  der  zur  Pflege  vaterländischer  QescbidUe 


I 


ftullBestellteii  Commission 


Im 


kaiserlichen  Akademie  der  WissenschafteiL 


Ente  Hfilfte. 


i 


In  CoBwriwfcm 


M  F.  TEXFSKT,  Buchhändler  der  kais.  Akademie 

der  WiasenBchaften.  \J 


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Archiv 


Ar 


[ 

\   


nr 


österreichische  Geschichte. 


Herausgegeben 
TW  i«r 

ZOT  Pflege  vaterlSndischer  Gesctiichte  aufgestellten  Comiiilssioii 

An 

kalMTllelien  JJuuleiiiie  der  WUsensehalteB. 


▲  chtsigster  Band« 

Erste  Hftlfte. 


Wien,  1893. 


In  Comnisston  bei  F.  Tempsky 

BaebhtMlIar  d«r  k«U.  Akadami«  im  WlH«iMeli>fUn. 


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Druck  wn.  Adolf  Hvltlutttara, 


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Inhalt  des  acktzig&teii  Bandet». 

ErBte  Hälfte. 


VHt  StoUuag  der  Ostenncliiiclteo  Begiemng  tum  TasUmaite  N^ppleon 
Bonaparto*«.  Von  Dr.  Hann«  Schiitter  


DIE  STELLUNG 

DER 

U^>T1i;KKE1CH18CHEN  KEGIERÜNG 

ZUM 

TESTAMENTE  NAPOLEON  BONAl'AKJ  E'S. 


TOK 

D-^  HANNS  SüHLlTTER. 


ArehiT.  B4.  LXXX.  1.  HiUl«.  1 


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I 


Vorwort 


Mit  der  Fortsetzung  meiner  Arbeiten  über  die  Napolco- 
niden  beschäftigt,  kam  ich  bei  der  Darchforschung  der  reichen 

Schätze  des  k.  und  k.  Ilaus-,  Hof-  und  Staatsarchivcö  auf  eine 
grosse  Menge  von  Acten,  welche  ausscbliesslicli  das  TeBtameut 
Napoleons  I.  betreffen.  Die  Bedeutung  des  Stoffes  veranlasste 
mich,  den  Gegenstand  in  einer  selbständigen  Arbeit  zu  behandehi ; 
hiexa  fUhltc  ick  mich  umsoniehr  bewogen,  iils  die  (lescliicljt.s-  und 
Memoiren  werke,  welche  aut'  die  Zeit  Napoleoüä  X.  sich  beziehen, 
rniB  swar  mit  seinem  Testamente  bekannt  machen^  aber  nichts 
davon  erwähnen,  wie  die  verschiedenen  Regierungen  zu  dem 
letzten  Willen  des  Gefangenen  von  St.  Helena  sich  veiiiakeu 
häihrn.  Zahlreiche  Ht  lc^'^c  bietet  das  von  mir  benützte  Actea- 
matehaie  dafUr^  wie  England^  Frankreich  und  die  Testaments- 
executoren selbst  zu  dem  Testamente  sich  gestellt;  vor  Allem 
aber  illustrirt  es  sowohl  den  Standpunkt,  welclini  die  Öster- 
reichische liegierung  in  dieser  Frage  eingenommen,  als  auch 
das  strenge  KechtsgefUhl,  von  welchem  Kaiser  Franz  in  einer 
Angelegenheit  durchdrungen  war,  welche  die  Interessen  des 
Herzogs  von  Reichstadt  so  nahe  beriüjrte. 


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Napoleon  trifft  seine  letstwilligen  Anordnungen.      8ein  Tod  ood  «eine 

Beiaetsnng. 

Am  15.  April  18S1  aoterzeichnete  Kapoleon  Bonaparte 
sein  Testament,  mit  deBsen  Ab&asung  er  seit  dem  Jahre  1819 
beschäftigt  war,  und  versah  es  mit  seinem  Siegel.  ^  Zehn  Tage 
dtrnach  schrieb  er  die  Codieille  nieder,  von  denen  die  swei 
enten  vom  16.,  die  übrigen,  vier  an  der  Zahl,  vom  34.  April 
dstirt  smd.  EHe  alte  Armee  war  es  insbesondere,  welcher  der 
weitaus  grössere  Theil  seines  Vermögens,  dessen  Höhe  er  selbst 
auf  ungefähr  212  Millionen  Francs  berechnete,  zufallen  sollte. 
Weiten«  hedaelitc  Napoleon  die  treuen  Gefiihrtcn  seiner  Ue- 
fan;2:(  nschuft  mit  ansehnlichen  Le<jaten  imd  vergass  auch  nicht 
iifcü  gerin;rst^'n  seiner  Diener.  .*KlU.(H)0  Francs  in  (lolH,  welche 
er  mit  sich  nach  St.  Helena  gebracht  liatte,  vcrtheilte  er  unter 
Monthoion,  Bertrand  und  Marchand,  um  ihnen  die  Mittel  zu 
gew&hren,  nach  Europa  zurückzukehren.^  Die  Werthgegen- 
sllade^  welche  in  seinem  Besitze  sich  befanden,  vermachte  er 
hingegen  als  theore  Angedenken  seinem  Sohne,  seiner  Mutter, 
seinen  Geschwistern  und  der  Kaiserin  Marie  Louise.' 

An  diese  richtete  er  in  seinem  Testamente  folgende  Worte: 
ylch  habe  stets  Grund  gehabt,  mit  meiner  tfaeuren  Gattin,  Kai- 
serin Marie  Louise,  zufrieden  zu  sein;  ich  bewahre  ihr  bis  zum 
letzten  AugenbUcke  die  zttrtlichsten  Gesinnungen.  Ich  bitte 
sie,  darüber  zu  wachen,  dass  mein  Sohn  von  den  Nachstellungen 
bewahrt  bleibe,  welche  seine  Kindheit  noch  bedrohen/  Seinem 
Sohne  hingegen,  nach  dessen  Geburt  er  den  Traum  seines 
Lebens  verkörpert  gesehen,  die  Dj^nastie  und  das  Kaiberreich 

'  Abgedmcfct  in  der  Correspoudanee  de  Napol^n        XXXTT,  476—495. 

*CSodic.  I. 

*  Eist  A  nnd  B. 

J» 


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fUr  aOe  Zeiten  gesichert  geglaubt  hatte,  und  welcher  nunmehr 
von  der  glanzvollen  Höhe  eines  Königs  von  Rom  herabgestiegen 
war  zu  der  zukunftslosen  Stellung  eines  Herzogs  von  Reich- 
städt, gab  der  sterbende  Kaiser  folgende  Mahnung  mit  auf 
seinen  Lebensweg:  ,Ich  empfehle  ihm,  niemals  zu  vergessen, 
dass  er  von  Oeburt  ein  französischer  Prinz  ist,  und  sich  nie- 
mals als  W'erkzeujn^  von  den  Triumvircn  irebrauclien  zu  lassen, 
welche  Kuropa  bedrücken.  Er  soll  nieiiiais  gegen  Frankreich 
kämpfen  oder  diesem  in  einer  anderen  Weise  schaden;  er  soll 
meinen  Wahlspruch  annehmen,  welcher  lautet:  ,Alies  fUr  das 
französische  Volk 

So  hatte  er  am  17.  April  dem  Grafen  Montholon  Folgen- 
des dictirt:^  ,Mein  Sohn  darf  nicht  daran  denken,  meinen  Tod 
zu  rächen,  «  r  muss  aus  ihm  Nutzen  ziehen.  Alle  seine  Bestre- 
bungen miUsen  dahin  zielen,  durch  den  Frieden  zu  herrschen. 
Wenn*  er  aus  bloss«  r  Nachahmung  und  ohne  abßolutr  Noth- 
wendigkeit  meine  Kriege  wieder  anfangen  wollte,  wttrde  er  nur 
ein  Affe  sein.  Mein  Werk  wieder  beginnen,  wttrde  annehmen 
heissen,  dass  ich  nichts  vollbracht  habe.  Ich  war  genöthigt, 
Europa  durch  die  Waffen  zu  bändigen,  heutigen  Tages  muss 
man  es  aberzeugen.  Ich  habe  die  Revolution,  welche  im  Unter- 
gehen begriffen  war,  gerettet;  ich  habe  sie  von  ihren  Ver* 
brechen  rein  gewaschen,  ich  habe  sie  der  Welt  strahlend  von 
Ruhm  gezeigt,  ich  habe  Frankreich  und  Europa  neue  Ideen 
eing-epflanzt,  die  nicht  wieder  riickgängi^^  gemacht  werden 
können.  Möge  mein  Sohn  zur  Keife  bringen,  was  ich  gesäet 
habe;  möge  er  alle  Elemente  des  Glückes  ei^schliessen,  welche 
der  Boden  Frankiuichs  in  sieh  birgt  ~  um  diesen  Preis  kann 
er  noch  ein  grivsser  Herrseher  wenlen.  Die  Bourhoiicn  werden 
sich  nicht  behaupten.  Wenn  ich  todt  fein  werde,  wird  über- 
all, selbst  in  England,  eine  Keaction  zu  meinen  Gunsten  ein- 
treten. Das  ist  f\ir  meinen  Sohn  eine  schöne  Erbschaft.  Ich 
hinterlasse  ilmi  hinreichende  Macht  und  8}Tnpathie,  um  mein 
Werk  lediglich  mit  der  W^affe  einer  hochherzigen  und  ver- 
söhnlichen Diplomatie  fortzusetasen.  ^lein  Solm  wird  nach 
bürgerlichen  Unruhen  2um  Throne  gelangen.  Er  hat  nur  eine 
Partei  zu  fUrchten,  die  des  Herzogs  von  Orleans,  die  seit  lan- 
ger Zeit  wuchert  Er  möge  alle  Parteien  verachten;  er  m(Sge 


*  Montholon,  I,  t08— 214. 


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5 


mefats  als  die  Masse  Beben.  In  Frankreich  sind  grosse  Dinge 
aar  an  vollbringen,  wenn  man  sieb  auf  die  Massen  stützt,  und 
eine  Regierung  mnss  ihre  Sttttse  dort  suchen,  wo  dieselbe  sieb 

befindet.  Die  Boiirbonen  können,  man  lasse  sie  was  immer 
für  eine  Constitution  anuehmen,  sich  nur  auf  (I<'ti  Adel  und 
den  Clerus  stützen.  Es  ist  das  Wasser,  wtlclies  trotz  der 
^faschine,  mit  der  iunn  es  zu  erheben  sucht,  wieder  eine  liori- 
/.('iitnle  Fläche  einzunehnini  stn^ht.  Tch  hah»^  mich  auf  alle 
Welt  ulmo  Au^'nahme  ^-i'stüt/.t,  liahc  das  erste  Beispiel  eiiiiT 
Regierung  geg('l>*ii,  wi  lrlu-  die  lnterrssf*n  Alkr  l)egUnsti^^ti'. 
Ich  habe  weder  für  den  Adel,  Clerus,  ßUrgerstand,  noch  durch 
diese  geherrscht.  Ich  habe  tVir  die  ganze  Stiuitsgemeiude, 
für  die  ganze  grosse  französische  Familie  geheirscht.  Die  Inter- 
essen einer  Nation  theilen^  heisst  ihnen  Allen  schaden,  heisst 
den  Bürgerkrieg  erzeugen.  Man  theiit  nicht,  was  seiner  Natur 
nach  untheilbar  ist,  sondern  yerstttmmelt  os.  Ich  lege  keine 
Wichtigkeit  auf  die  Constitution,  deren  Hauptgrundlage  wir 
aufgezeichnet  haben;  heute  gut,  kann  sie  morgen  schlecht  sein. 
Uebrigens  darf  in  der  Hinsicht  nichts  Entscheidendes  ohne  die 
förmliche  Zustimmung  der  Nation  geschehen;  die  Hauptgrand- 
lage muss  aber  Allgemeinbeit  des  Stimmrechtes  sein.  Mein 
Sohn  muss  der  Mann  der  neuen  Ideen  und  der  Sache  sein, 
der  ich  allcuthalhcn  den  rriumph  verschallt  habe;  Uberall  neue 
Idt-eii  verbreiten,  vor  denen  die  Sjtui'en  des  Feudalismus  ver- 
schwinden, welelic  die  Würde  des  Mens(dien  sieltern  und  die 
Keime  des  Wohlstandes,  die  seit  Jahrhunderten  sehluniniern, 
entwickeln;  der  iranzen  grossen  Staatscremeinde  zu  Tlieil  werden 
lasse  n,  was  jetzt  nur  Vorrecht  und  Eigeuthum  einer  kleinen 
Anzahl  ist;  Kuropa  durch  unauflösliche  Fö^lerativbande  ver- 
einigen ;  in  allen  noch  wüsten  und  barbarischen  Theilen  der 
Weit  das  Christenthum  inid  die  Civilisation  verbreiten  —  das 
muss  das  Ziel  aller  f5e<l;vnken  meines  Sohnes  sein,  das  ist  die 
Sache,  fttr  die  ich  als  Märtyrer  sterbe.  An  dem  Hasse,*  dessen 
Gegmistand  ich  von  Seite  der  Oligarchen  bin,  mOge  er  die 
HeDigkeit  meiner  Sache  bemessen.  Mein  Sohn  möge  oft  Ge- 
schichte lesen  und  durchdenken,  sie  ist  die  einzige  wahre 
Philosophie.  Alles  aber,  was  er  erlernt,  wird  ihm  wenig  ntttzen, 
wenn  er  nicht  im  Herzen  jenes  heilige  Feuer,  jene  Liebe  zum 
Guten  hat,  die  allein  grosse  Dinge  wirken  kann.  Ich  will  aber 
hoffen,  dass  er  seiner  Bestimmung  wUrdig  sein  wird/ 


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6 


Sowie  Napoleon  Bonaparte  in  der  grossmttthigsten  Weise 
für  das  Schicksal  seiner  Freunde  Sorge  trug,  seine  Qemahlin 
es  nicht  entgelten  liess,  dass  sie  ihn  im  Unglücke  verlassen 
hatte,  sondern  vielmehr  in  liebevoUen  Worten  ihrer  gedachte 
und  überdies  seinen  Sohn  daran  erinnerte,  welcher  Abetam- 
mun^  er  sei,  so  vergase  er  auch  nicht  seiner  Feinde,  denen 
er  Füllendes  zurief:  ,Ich  sterbe  vor  der  Zeit,  gemordet  von 
der  en|trlisclieii  ( Jllfcai chif  und  ihrem  Henker.  Das  englische 
Volk  aber  wird  uiclit  /'»L'-<'rn.  mich  zu  rilchen/ 

Ein  Sebmhon  Naj>t)lr(His  an  das  Pariser  Bankhaus  Latitte 
vom  25.  April  ermächti«i;t(^  den  Orafen  JMontholon,  eine  Summe 
von  beinahe  0  Millionen  Francs,  wcdchc  der  Kaiser  im  Jahre 
1815  dort  deponirt  hatte,  sammt  den  fUnfpcrcentigen  Interessen 
vom  1.  Jiüi  1815  an,  nach  Abzug  der  in  der  Zwischenzeit  aus- 
bezahlten Beträge  in  Empfan«^  zu  nehmen.' 

In  einer  besonderen  Instruction  eritrterte  Napoleon  diese 
Angelegenheit  sowohl  als  auch  jene  seiner  Privatdomäne  in 
ausführlicher  Weise.'  Aber  der  weitaus  wichtigste  Auftrag^ 
mit  welchem  der  sterbende  Kaiser  die  Vollstrecker  seines  letzten 
Willens  betraute,  war  der,  welchen  er  ihnen  in  Betreff  seines 
Sohnes  und  seiner  Witwe  ertheilte. 

Napoleon  war  keinen  Au«;enblick  darül>cr  im  Zweifel, 
dass  der  Enkel  Franz  I.  im  .Sinuc  einer  Politik  erzogen  werde, 
die  im  schruHcn  ( rct^n  nsat/e  zu  jener  stand,  ^^egen  welche 
Oesterreich  so  vu  lc  und  so  blutiuc  Ivrii-i^e  m'iuhrt  hatte.  Da 
sollte  es  Aufgabe  seiner  Testamentsvollstrecker  scrin,  auf  den 
jungen  Prinzen  einzuwirken,  dass  er  von  den  Kreignissen  eine 
andere  Vorstellung  erhalte,  als  sie  ihm  am  Hofe  zu  Wien  bei- 
gebracht worden  ^war,  und  ihre  i^tiieht  sollte  es  sein,  ,ihn  auf 
den  rechten  Weg  zurückzuführen*.  Auch  wies  er  sie  an,  in 
ähnlicher  Weise  ihren  £influ8s  auf  die  Kaiserin  Marie  Louise 
geltend  zu  machen,  wenn  sie  diese  zu  sehen  bekämen.  Von 
seinem  Sohne  aber  yerhingte  er,  die  Werke  zu  stndiren,  welche 
ihn  betrafen,  und  mit  seinen  Bildern  sich  zu  umgeben,  — 
,mein  Andenken  soll  der  Ruhm  seines  Lebens  sein^  £r  for- 
derte ihn  auf,  seinen  Namen  Napoleon  wieder  anzunehmen, 


^  Correspondance  de  Na]><>1*'<>n  [er,  XXXII,  489. 

*  Tnstrnctiou  ponr  niOM  exocutoun  testamentaires  (Correspondaaee  da  Na^ 
pulöoD  l^r^  XXXU,  491.) 


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7 


wenn  er  ra  Ventandesreife  gekommen  and  aacli  der  geeignete 
Zeitpuikt  Iiiesa  eingetreten  sei.  Noch  hoffte  der  sterhende 
Kaiser,  da»  die  gestOrste  DynaBtie  wieder  zur  Geltung  gelan- 
gen und  der  verbannte  Prinz  die  Krone  «ich  auf  das  Haupt 

setzen  werde.  Im  Hinblick  darauf  schrieb  Napoleon  Folgendes 
uicdcr:  ,Wenu  eine  RUckkehr  zum  Glück  stattfinden  und 
mein  Sohn  den  Thron  besteigen  sollte.  d;uHi  ist  es  Ptiicht 
meiner  Testamentsvollstrecker,  ihm  all'  das  in  Kufmeruug  zurück- 
zorufen,  was  ich  meinen  alten  (>ftiuieren  und  Soldaten  und 
meinen  treuen  Dienern  schulde/  Weiters  drückte  er  den 
Wunsch  aus,  dasB  einige  von  diesen  in  die  Dienste  seines 
Sohnes  treten  sollten;  hiebei  dachte  er  insbesondere  an  die 
Kmder  der  Grafen  Bertrand  und  Montholon. 

Von  einer  Idmlicben  Absicht  war  Kapoleon  erfUllt,  als  er 
kiine  Zeit  vor  seinem  Tode  folgende  Worte  an  Dr.  Anto- 
xDsrchi  richtete:  ,Wttrden  Sie  sich  freuen^  in  der  Eigenschaft 
eines  Chinngen  in  die  Dienste  der  Kaiserin  Marie  Ix^oise  su 
treten?  Sie  ist  meine  Frau,  die  erste  Fürstin  Europas  und  die 
Einzige,  welcher  Sie  von  nun  an  Ihre  Dienste  weihen  könnten.'* 

Dieser  Wunsch  Napoleons  solitc  (regenstand  eines  Codi- 
eilles  sein,  welches  zu  beendigen  er  aber  in  F()]<j:e  seiuer  stetig 
zunehmenden  Schwäche  nicht  mehr  im  Stande  war.^  Er  crtheilte 
Antomarchi  den  Auftrag,  sein  Herz  nach  Parma  mitzunelinii  ii 
und  es  Marie  Louisen  mit  den  Worten  zu  übergeben,  ,da8s  es  sie 
jürtlich  geliebt  und  niemals  aufgehört  habe,  sie  zu  liebend 

Am  Abend  des  5.  Mai,  in  demselben  Augenblicke,  da  auch 
die  Sonne  unterging,  verschied  Kapoleon.  Montholon  drückte 
dem  todten  Kaiser  die  Augen  zu^  und  der  treue  Marcband 
bsdeckte  den  Körper  mit  deAi  Mantel,  welchen  der  erste  Con- 
ral  bei  Marengo  getragen  hatte.   Nur  das  Antlitz  blieb  frei.' 

'  Antomarchi,  II,  127. 

'  Diese«  Codicill,  welche»  »ich  iu  den  Händeu  der  TestÄmPiitsvollstrecker 
lefAnil,  larilete  f.ilgeiiderniansen:  ,Aujuur(!Miui,  27  Avril  It^-Jl.  Malade 
d*»  Corps.  inaiH  f*?ii7i  d  o-sprit,  j'ai  ©crtt  de  ma  propre  main  ce  huiti^me 
codicill».'  ä  luim  ifüLatnont. 

1^  J'iu»titue  mes  ox^cuteurs  testainontaires  Müutholonf  Bertrand  et 
Jforehaiid,  et  Lm  Cmm  on  «ob  fiU  trisorier. 

2*  J«  prie  ma  bioa-idmte  Marie  LoniM  da  prandre  k  aon  aerHce 
man  eliiniiglen  Antomarchi,  aoqtael  je  l^e  ane  pennon  pour  m  Tie 
durant  de  6000  franca,  qn'elle  lui  payera.'   (Antomarchi,  II,  941.) 

*  Montholon,  I  221.   Tbieni,  XX,  707. 


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8 


Graf  Montholon  sendete  sofort  ein  BiUet  an  den  Gouver- 
neur ab,  welches  folgendennassen  lantete:  ^Kaiser  Kapoleon 
ist  heute  am  6.  Mai,  10  Minuten  vor  6  Uhr,  in  Folge  eines 
langwierigen  nnd  schmeravoUen  Leidens  gestorben.  Ich  habe 
die  Ehre,  Sie  davon  zu  benachrichtigen.  Er  hat  mich  beauf- 
tragt^ Ihnen,  sobald  Sie  es  wünschen,  seine  letat^igen  Ver- 
i'ü^'ungen  bekanntzugeben.  Ich  ersuche  Sie,  mich  wissen  au 
lassen,  welcher  Art  die  Vorschriften  Ihrer  Regierung  sowohl  in 
Betreff  der  Ue))orfJ\hrung  seines  Körpers  nach  Europa,  als  auch 
in  Ansehung  der  i'crsüncji  sind,   welche  sein  Gefolge  bilden.' 

Dieses  Billet  la«?  seit  dem  25.  A})ril  bereit.  An  diesem 
Tairo  hatte  Napoleon  et»  dem  Grafen  iMontlujlon  mit  dem  Auf- 
trai^e  dietirt,  es  blos  mit  der  Angabe  von  Tag  und  ^Stunde  des 
erfolgten  Todes  zu  versehen,  ^ 

Am  (\.  Mai  wurde  einer  Vertilgung  Mapoieons  zufolge 
seine  Leiche  geöffnet,  und  die  Obduction  ergab  Magenkrebs 
als  die  ILiupfm-saehe  seines  Todes.  Montholon  wollte  den 
Magen  und  das  Herz  aufbewahren,  damit  dieses,  wie  Napoleon 
es  gewttnscht,  nach  Parma  gebracht,  jener  aber  seinem  Sohne, 
dem  Herzoge  von  Reichstadt,  ttbermittelt  werde.  VeigebUch 
jedoch  waren  die  Bitten  und  Vorstellungen  Montholon's,  die 
Einwilligung  des  Gouverneurs  zu  erwirken.  So  wurden  das 
Hera  und  der  Magen  in  eine  silberne  Vase  gethan  und  mit  in 
den  Sarg  gelegt.  Dieser  sollte  nach  Montholon's  Vorschlag  mit 
folgender  Inschrift  versehen  werden:  ^Napoleon,  geboren  au 
Ajaccio  am  15.  August  1769,  gestorben  auf  St.  Helena  den 
5.  Mai  l^iM  .'  Sir  Hudson  Lowe  wsrlangte  jedoch,  dass  der 
Käme  Bünai)Hrt<'  liinzugefügt  wenle.  Ais  Jener  Schwierigkeiten 
dagegen  erhob,  kam  es  schliesslich  dazu,  dass  der  Sarg  ohne 
jede  Inschrift  blieb.* 


<  Montholon,  II,  219.  ,This  letter/  schrieb  Sir  Hudson  Lowe  tm  6.  H«i 
an  Lord  Batharst»  «maj  be  regarded  as  a  somewhat  important  docn- 
mant  as  having  been  dictated  by  Napoleon  Bonaparte  himself  befS(»re  his 
dlsease  and  at  all  eyeutä  containing  a  ])r()of,  that  no  donbt  or  «nspleion 

whatever  in  attached  to  those  wlio  ha<l  charg^  of  h\s  person  in  any 
ninttor  connortod  with  Iiis  doath;  but  on  tho  contrary,  tlmt  bis  dnnii.so 
h.iil  ()r(Mu  r*'d  in  nearly  thp  samf^  mnnnpr  n»  if  it  hail  tikon  place  in  tho 
boöoiu  of  bis  own  tamily,  aml  hvtau  afterwards  conuuuuicated  to  tue  bjr 
one  of  them,*  St-A. 
*  Sit  Hudson  Lowe  an  Lord  Bathnrst,  Öt^H^Une»  le  14  mai  1821.  Anhang  !• 


9 


Am  7.  Mai  schrieb  Sir  Hudson  Lowe  dem  Grafen  Mon- 
tholon  einen  Brief,  worin  er  ihm  anxeigte,  ^dass  er  in  QemMss- 

heit  der  ihm  von  Seite  der  englischen  Re/yrierung  ertheilten  In- 
structionen sich  auhoisclii^  machen  werde,  die  sterbHchen  Uestc 
Xupuleon  Bonaparte's  am  9.  Mai  mit  alk'u  jenen  Ehrenbezei- 
gungen bestatten  zu  lassen,  %vie  soklic  einem  Generale  von 
höchstem  liange  gebührten',  rileiclizeitiix  verlaiiüte  er  von  den 
test^imentarischen  Verl'Ugungcn  des  Verstorbenen  iu  Kenntuiss 
gesetzt  zu  wenb-n. 

Am  9.  Mai  fand  die  Beisetzung  in  der  Weise  statt,  wie  eh  r 
GtoaTemenr  es  versprochen  hatte.  Das  Grab  lag  eine  englisciie 
Meile  von  Longwood  in  einem  Garten,  unter  dem  Schatten  von 
swei  Weiden,  unweit  von  einer  Quelle,  aus  welcher  Napoleon  sich 
tiglich  in  zwei  silbernen  Flaschen  hatte  Wasser  holen  lassen.^ 
Dort  ruhte  er  bis  zu  dem  Tage,  an  welchem  er  in  GemSssheit 
des  Ton  ihm  ausgesprochenen  Wunsches,  ,an  das  Ufer  der  Seine 
gebfacht  and  hier  begraben  an  werden',  nach  Paris  ttberftLhrt 
und  dort  im  Hotel  der  Invaliden  beigesetzt  wurde. 

IL  Caplt«!. 

Sir  Hadson  Lowe  in  Longwaod.  —  Er  ntmiiit  die  von  Napuleon  Bonap&rte 
luolMrlMMneii  Oe|^n«tiiide  in  AtH^eiiMbehi.  —  Sein  Beriebt  oscli  London. 
—  Die  Schick— togeflhrten  Napoleons  TerlMeen  die  Ineel  St  Helena. 

Arn  10.  Mai  begab  Sir  Hudson  Lowe  in  I>r*gleitung  Reade's 
sich  zu  dem  Grafen  Montholon,  um  nach  den  letztwilligen  Ver- 
ft)gungen  Napoleons  Erkundigungen  einzuziehen.  Er  erhielt  die 
Auskunft,  dass  keineswegs  ein  Testament,  sondern  blos  ein 
Codicill  vorhanden  sei.  Montholon  erbot  sich  auf  der  Stelle, 
es  ihm  zu  zeigen,  aber  dies  dürfe,  bemerkte  er,  nur  in  Gegen» 
wart  Bertränd's,  Vignali's  und  Marchand's  geschehen.  Als  auch 
Sir  Thomas  Reade  die  Glemächer  Hontholon's  betreten  wollte, 
erklirte  dieser,  ausdrücklichen  Befehl  zu  haben,  das  Testa- 
ment keiner  anderen  Person  als  dem  Gouverneur  selbst  zu 
seigen.  Lowe  aber  bestand  darauf,  dass  Jener  ihm  folge  und 
bei  der  EHJffhnng  des  Codicilles  zugegen  sei.  Montholon  musste 
«ich  Mgen  und  übergab  ihm  ein  mit  fiinf  Siegeln  versehenes 
Couvert,  welches  das  Codicül  Napoleons  vom  ü.  April  1821 
enthielt,  worin  dieser  den  Wunsch  aussprach,  am  Ufer  der 


»  Forsjtb,  III,  2»8. 


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10 


Seine  begraben  zu  werden  und  den  Grafen  Bertrand  und  Mon- 
tholon,  sowie  Marcband  alles  vermachte,  was  er  in  Longwood 
sein  Eigen  nannte. 

Nachdem  der  Gouverneur  das  Codicill  gelesen,  gab  er  es 
dem  Ghrafen  Montholon  nut  dem  Bemerken  wieder  zurück,  dass 
er  es  zwar  nicht  auf  seine  gesetzliche  Giltigkeit  zu  prüfen  ver- 
möge, aber  auch  nicht  beabsichtige,  seinem  Vollzage  sich  zu 
widersetzen.  Vorerst  müsse  er  die  von  Napoleon  hinterlassenen 
Gegenstände  in  Augenschein  nehmen  und  darüber  entsehei- 
deOf  ob  es  von  NüÜien  sei,  sie  auch  mit  seinem  Siegel  zu  ver- 
sehen. 

Tags  'darauf  kam  Lowe  abermals  nach  Longwood,  begleitet 
von  dem  Major  Gorrequer.  Er  fand  unter  Anderem  drei  kleine 

Dosen  aus  ^fahagoniholz  vor,  jede  mit  fünf  Siegeln  versehen. 
Sie  enthielten  die  Gegenstände,  welehe  Napuluoii  bcinem  Sohne 
testirt  hatte  und  diesem  erst  naeli  erreichtem  sechzehnten 
Lebensjahre  übermittelt  werden  äuUten.  Der  Gouverneur  liess 
sie  noch  uneröffnet.  Am  12.  Mai  aber  erklärte  t  r  dem  Grafen 
Montholon,  dass  er  alle  Gegenstände  einzehi  besieliti<ren  müsse, 
bevor  sie  von  St.  Helena  fortgebracht  würden ;  denn  abgesehen 
davon,  gab  er  Jenem  zu  verstehen,  dass  er  es  seiner  liegie* 
rang  schuldig  sei,  auf  das  Gewissenhafteste  zu  Werke  zu  gehen, 
läge  eine  derartige  Untersuchung  aach  im  Interesse  der  Freunde 
Napoleons.  Montholon  erhob  nicht  den  geringsten  Anstand 
dagegen,  dass  Lowe  Alles  einer  genauen  Prüfung  unterziehe, 
vorausgesetzt,  dass  eine  solche  nicht  auf  die  fUr  den  Herzog 
von  Reichstadt  bestimmten  Dosen  sich  erstrecke ;  diese  sollten 
unerOffnet  und  die  Siegel  unverletzt  gelassen  werden.  Der 
Gk)uverneur  entgegnete  jedoch:  ,Ich  verdiente  grossen  Tadel, 
wenn  ich  nur  jene  Gegenstände  in  Augenschein  nehmen  wollte, 
welche  weniger  von  Belang  sind  und  die  übrigen  ungesehen 
passiren  Hesse;  ich  würde  eine  lilcherliche  Rolle  spielen,  wenn 
ich  mieb  (huini  zufrieden  stellte,  einen  Thcil  und  nicbt  aueli 
den  andern  gebüben  zu  hüben.'  Er  verwies  auf  seine  Stellung 
als  Gouverneur  der  Insel,  kraft  deren  er  auf  Erfüllung  seines 
Verlangens  bestehen  müsste ;  doeb  habe  nicbts  dagegen 
einzuwenden,  die  Dosen  nach  griiummener  Einsicht  wieder 
versiegeln,  ja  sie  auch  mit  seinem  eigenen  Siegel  versehen  zu 
lassen.  Als  Montholon  bri  seinen  Genossen  um  Rath  ü'agte, 
überliessen  diese  es  gänzlich  der  Wohlmeinang  des  vomehm- 


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11 


sten  Testamentsvollstreeken,  zu  thnn^  was  er  fttr  Recht  erachte. 

Nunmehr  erklärte  Montholon  dem  Gouvcrnuiir,  dass  der  Er- 
öffnung der  Dosen  aichtä  me  hr  im  Wege  stoho:  nur  v*  ilange 
er  ziivnr.  um  dereinst  vor  dvm  Sohne  Is'apr.l.  i.n?.  und  dessen 
Fauiiiu"  sieh  rechtfertigen  zu  können,  ein  Schreiben,  ans  wel- 
cliem  der  ausdrückliche  Wunsch  Sir  Hudson  Lowe's  erhelle, 
alle  Gegenstände  in  Augenschein  zu  nehmen.  Der  Gouverneur 
aögerte  nicht,  dieser  gerechten  Forderung  Montholon's  zu  ent- 
sprechen. Er  begab  sich  sodann  mit  seinen  Begleitern  in  die 
Bibliothek  des  Tentorbenen  Kaisers.  Ihm  folgten  die  Grafen 
M<mtholon  and  Bertrssd^  sowie  Marchand.  Er  erbrach  die 
Siegel,  und  Marchand  öAiete  die  Dosen.  Was  sie  enthielten, 
stand  in  den  Listen  verzeichnet,  welche  Montholon  dem  Gou- 
▼emeur  zuvor  eingehändigt  hatte.  Dieser  fand  Aües  richtig 
and  h^hl,  die  Dosen  wieder  zu  verschliessen,  was  aucli  -^r- 
schah;  versiegelt  jedoch  wurden  sie  nicht.  Als  der  Gouver- 
neur sein  Bedenken  hierüber  äusserte,  entgegnete  ^fontludon, 
,(lass  sie  die  Dosen  später  versiegeln  würden,  indem  sie  (his 
Petschaft  Napoleons  besässen*.  Sir  Hudson  Lowe  gab  sieh 
mit  dieser  Auskunft  zufrie(U  n.  Ueber  das  Testament  Napoleons 
brachte  er  ni(  hts  in  Erfahrung.  Nachdem  er  alle  Papiere  und 
Schriften,  welche  ihm  vorgelegt  worden  waren,  einer  Durch- 
acht  unterzogen  hatte,  stellte  er  an  den  Grafen  Montholon  die 
Frage,  ob  nichts  mehr  vorhanden  wäre}  als  ihm  en^egnet 
wurde,  ,er  dürfe  sicher  sein,  dass  alles  Geschriebene  von  irgend 
welchem  Belange  seit  langer  Zeit  schon  auf  die  eine  oder  an- 
dere Weise  nach  Europa  geschafft  worden  sei',  gab  er  auch 
mit  diesem  Bescheide  sich  zufrieden  und  forschte  nicht  weiter 
nach  dem  Verbleib  des  Testamentes. 

Am  14.  Mai  erstattete  Sir  Hudson  Lowe  seiner  Ktgierun^^ 
einen  Bericht  über  das  ( icseln  heiu'  und  schloss  ihn  mit  einer 
kurzen  Betrachtung  Ul^er  d;is  vorgefundene  Codieill.  Er  hielt 
es  fiir  gewi.ss,  dass  die  ( Jerielite  sicli  damit  befassen  wilrden, 
die  formelle  (jiliii:k«  it  orl,  r  l Jngiltigkcit  dieses  Schriftstüekes 
in  Erwägung  zu  ziehen.  Kr  selbst  erachtete  in  Ansehung  der 
aussergewöhnÜchen  Umstände,  unter  denen  Napoleon  Bonaparte 
gestorben  war,  sich  nicht  dazu  berufen,  die  Sache  klar  an  den 

zu  bringen,  wie  er  seiner  Versicherung  zufolge  dies 
nach  dem  Tode  einer  jeden  andern  Person  geüian  haben  wUrde. 
Weit  davon  entfernt,  die  Echtheit  des  Codicilles  in  Frage  zu 


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12 


ziehen  oder  Bie  irgendwie  za  bestreiten,  dachte  er  seine  Pflicht 
genügend  erfüllt  zu  haben,  indem  er  einzig  und  allein  des  Bestan- 
des der  hinterlassenen  Gegenstände  sich  Tcrgewisserte  und  auch 
dies  nur  aus  Ortinden  der  Politik.  ,Ich  glaube  jedoch/  bemerkte 

Sir  Hudson  Lowe  am  Ende  seines  Berichtes,  ,dass  es  mir  an 
berechtigten  Bewe<rj[rrüüdcii  nicht  fehlen  wlirde,  mich  abzu- 
hahi  II,  gegen  die  (jiltigkeit  des  Testamentes  irgend  einen  Ein- 
wand zu  erheben  oder  mich  seiner  AiiJ^fiihning  zu  widersetzen. 
Wenn  ich  (his  einzige  juridische  ßiich,  welches  ich  zur  Hand 
habe,  *  zu  Käthe  ziehe,  so  Hude  ich,  dass  Alles  zu  Gunsten 
der  Legatare  spricht.  Eigentlich  beraubt  man  diese  des  Bei- 
standes, wenn  man  sie  nicht  dazu  aufruft,  die  Echtheit  des 
Testamentes  zu  beschwriren.  Aber  mir  schien  im  vorliegenden 
Falle  ein  neutrales  Verhalten  das  passendste  zu  sein/ 

Bevor  Sir  Hudson  Lowe  den  Grafen  Montholon  verliess, 
eröffnete  er  ihm,  dass'  in  Betreff  des  Schiffes,  welches  sie  Alle 
nach  Europa  bringen  sollte,  seine  Wahl  bereits  getroffen  sei, 
und  auf  die  Versicherung  hin,  dass  die  Abfahrt  im  Laufe  der 
nllchsten  Woche  erfolgen  wQrde,  entgegnete  Jener:  ,Je  früher, 
desto  lieber/* 

Am  27.  Mai  richtete  Sir  Hudson  I^<»wc,  welcher  sich  einige 
Tage  vorher  mit  dem  (iraft  ii  lit  itrand  ausgesöhnt  hatte,  ein 
Schreiben  an  Baron  Stürmer,  wonn  er  diesem  von  der  Krank- 
heit und  dem  Tode  Napoleons  Mittheilung  machte.*  Ohne 
Hass  wollte  der  Gouverneur  die  Kückrcise  nach  England  an- 
treten, weshalb  er  den  ersten  Schritt  unternahm,  um  sich  dem 
ehemaligen  österreichischen  Commissär,  welcher  es  so  wenig 
verstanden  hatte,  sich  mit  ihm  auf  guten  Fuss  zu  stellen,  wieder 
zu  nähern.  An  demselben  Tage  verliessen  die  Familie  Ber- 
trand, Graf  Montholon,  Antomarchi,  Abbö  Vignall  und  die  in 
Longwood  angestellt  gewesene  Dienerschaft  an  Bord  des  Trans- 
portschiffes ,Camel'  die  Insel  St.  Helena.  Nach  einer  äusserst 
beschwerlichen  Fahrt  von  fast  65  Tagen  wurde  am  31.  Juli 
die  Rhede  von  Spithead  an  der  Nordostseite  der  Insel  Wight 
erreicht.  Aber  erst  am  dritten  Tage  wurde  Allen  gestattet  an's 
Land  zu  gehen.    Man  bedeutete  ihnen,  dass  sie  frei  seien  und 


1  Domast*«  Ovil  IjAW. 

'  Anhang  2. 


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IS 


flieh  liVenül  hin  begeben  könnten,  wie  sie  ee  wfknaohten.  Anto- 
muehi  ^ing  nach  London,  wo  ihm  die  fransöstache  €(esand^ 

Schaft  einen  Pass  ausstellte.  Mit  diesem  versehen,  reiste  er 
uacli  Pariö,  um  von  liier  uadi  Koni  uul/.ulireclieü.  * 

Auch  die  Gratrii  Bertrand  und  Montholon  entschlossen 
sich,  tiiistwciligen  Aulealhalt  in  London  zu  nehmen.  Hier 
lebten  sie  äussenst  znH\ck£j:f'zo;j:i'n  uml  trafen  keine  Anstalteu, 
nach  Frankreich  zurückzukehreu.  Bertrand  durfte  umsoweuiger 
daraa  denken,  als  Foochö  nicht  vergessen  hatte,  ihn  in  die 
Liste  derjenigen  au&unehmen,  welche  in  contamaeiam  zum 
Tode  Terartheilt  wurden.  * 

III.  Oftpitel. 

Der  Herzog  vou  K»  u  li<»tadt.  —  Mario  I^nniso  —  Trau«  rfcii'i  lirliki'itf^n  5n  Sala. 
—  Mari»»  Ijont^f»  wüiisrht  von  den  lotztwiilig^en  \  » r!Ü;jiiii^i  ii  Napoleons  in 
Kenmniss  gesetzt  zn  werdeu.  —  Weisungen  Metteruich's  au  dou  Fürsten 

Esterhazy. 

In  Wien  erfuhr  man  die  Nac-liricht  vom  Tode  Napoleons 
doicb  einen  Courier  des  Hauses  Rothschild.  Da  Graf  Dietricb- 
stein  nach  WUrzburg  verreist  war,  beauftragte  Elaiser  Franz 
den  Erzieher  des  Herzogs  von  Reichstadt,  Hauptmann  Foresti, 
diesem  das  Ende  seines  Vaters  mitzutheilen.  Als  Foresti  seiner 
traurigen  Aufgabe  sich  unterzogen  hatte,  schrieb  er  in  ergrei- 
fender Kürze  nach  Parma :  ,Ich  wählte  die  ruhige  Abendstunde 
und  sah  mehr  Thränen  fliesscn,  als  icli  mir  von  einem  Kinde  er- 
wartet hätte,  welches  seinen  Vater  nie  j^^c  ^»'lirn,  nie  «rekannt  hat." 

Auf  die  dringenden  \'orsti'llungen  des  Fiirst<-n  Metternich 
hin  ht  stimmte  Kaiser  Franz,  «lass  von  einer  Trauer  seitens  des 
Hofes  abzusehen  und  nur  der  Herzog  vou  Heicltstadt  eine 
solche  anzulegen  babe.^ 


'  Antomarchi,  II,  180—225. 

*  ,MM.  Bertrand  rt  Mimtholon  sont  amv^  ici  depois  haU  jonn  et  Timit 

f(»rt  retire«;  ils  iront  «Micorp  fait  nncnne  demarche  j»«>iir  ronti^r  Franop. 
ff  qnt  est  d'autant  i>lns  lu'cossairc  au  pr*?mi('r  <ju'il  est  comiiris  daiis 
üiw  d>^'^  linten  du  24  juiliet  tbiö.'   ^^eutnanD  an  Mettornicb,  14.  August 

*  8«Uittor,  Die  Kapoleoiüden,  11«.  Mentbel,  166. 

*  flchlitter.  Die  Napoleomden,  118^119.  Die  Trauer  entrecicte  dch  trota 
4m  Ton  Mettemicb  erhobenen  Einwandes  aneh  anf  die  Bedienung  nnd 
den  Brsielier  dea  Henoga  ven  Beieliitadt  Tgl.  Montbel,  168. 


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u 


Am  19.  JqU  erhielt  Marie  LotiiBe  ein  Schreiben  Lätitias. 
Noch  war  die  vom  Schiekaale  so  schwer  geprüfte  Mutter  Na- 
poleons in  Unkenntniss  tlber  das  traurige  Ende  ihres  Sohnes, 
ab  sie  sich  entsehloss,  an  das  Hers  Lonisens  au  appelliren. 
Vergeben»  hatte  sie  vor  drei  Jahren  an  den  Fürstencongress 
von  Aaclieii  sich  gewendet  und  von  ihm  eine  Milderung  des 
Loses  Büuaparte's  erfleht.  Geängstigt  in  Fol^'^o  der  licsorgniss 
erregenden  Mittheilungen  des  Abbe  Buoiiavita,  w  ielicr  am 
17.  März  1621  den  schwer  kranken  Kaiser  verlassen  hatte* 
und  im  JuH  nach  Rom  zurückj^ekehrt  war,  orblickte  LHtitia 
keine  andere  Hilfe  mehr  für  ihren  8ohn  als  in  (b-r  Ftirspracho 
Marie  Louisens.  ,Ver8uchen  Sie  alle  Mittel,  weldie  Ihnen  zu 
Gebote  stehen/  schrieb  sie  dieser  am  14.  Juh,  ,trotz  politischer 
Rücksichten  sind  Sie  im  Hecht,  wenn  Sie  Ihre  Stimme  ver- 
nehmen lassen  y  und  mächtige  Souverttne  vermligcn  es  wohl, 
ihn  in  Europa  su  bewachen,  in  einem  Klima,  welches  nicht  so 
mörderisch  als  jenes  von  St  Helena  ist,  und  wo  er  die  Bäder 
gebrauchen  könnte,  um  seine  zerrüttete  Gesundheit  wieder  her- 
zustellen.'" 

Es  war  zu  spät  An  demselben  Tage,  an  welchem  Marie 

Louise  das  Schreiben  Lätitias  erhieh,  brachte  die  Piemonteser 
Zeitung  die  Naebricht  vom  Tode  Napoleons.  J^rst  aus  ilir  er- 
fuhr Louise,  dass  sie  Witwe  geworden.  ,Ich  gestehe,^  schrieb 
sie  an  i]ire  Freundin,  die  Gräfin  Cnmneville,  ,dn8s  irb  darüber 
aufs  Aeusserste  bestUrzt  war;  denn  «>l)\vo}d  ieii  niemals  eine 
Neigung  irgendweleher  Art  zu  ihm  empfunden  habe,  so  kann 
ich  es  dennoeli  nicht  vergessen,  dass  er  der  Vater  meines 
Sohnes  ist,  und  dass  er,  weit  davon  entfernt  mich  zu  quälen, 
wie  die  Welt  es  glaubt,  mich  stets  in  der  rücksichtsvollsten 
Weise  behandelt  hat,  was  das  Einzige  ist,  worauf  man  bei  einer 
aus  politischen  Beweggründen  geschlossenen  Ehe  Anspmöh  er- 
heben darf."  Diesem  Geständnisse  entsprachen  die  Trauer- 
feierlichkeiten, welche  aus  Anlass  des  Hinscheidens  Napoleons 
in  Parma  Tcranstaltet  wurden.  Denn  wenn  auch  Marie  Louise 
der  Pflicht  sich  nicht  entschlagen  durfte,  die  Trauer  über  den 
Vorlust  ihres  Gatten  nach  aussen  hin  zur  Schau  zu  trägen,  so 


'  Vg:l.  Montholon,  1,  197. 

*  Larrey:  Madame  M^sre,  II, 

*  Mahe  Loniae»  CorreepQndance,  226. 


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15 


wurde  doeh  In  der  Form^  wie  dieses  geschah,  dem  VerhAHnisse, 
m  welchem  Kaiser  Frenz  nnd  der  Wiener  Hof  zn  dem  Ver- 
storbenen gestanden  waren,  in  ToUstem  Hasse  Rechnting  ge- 
tragen.  ,Das,  was  die  grössten  Schwierigkeiten  ergab*,  schrieb 

Graf  Ncipperj^  am  24.  Juli  dem  Fürston  Mcttcrnicli,  ,um  einer- 
seits das  natürliche  ZartgetUhl  Ihrer  M;»jesiat  zu  schonen  und 
andererseits  die  poh'tischen  Grundsätze  nielit  zu  verletzen,  welche 
hinsichtlich  de&  Dahiagcschicdenen  allgcmeiu  angenommen  sind, 
war  ohne  Zweifel  die  Art  und  Weise,  wie  man  seinen  Tod  in 
die  Parnicsanisehe  Zeitunfr  inseriren  und  die  Trauer  Ihrer 
Jiiyestttt  und  dero  Hauses  be^aiinden  sollte/ 

So  wurde  in  der  offieiellen  Anzeige  von  dem  Tode  Kapo^ 
leons  nnd  den  stattzufindenden  Trauerfeierlichkeiten  yon  den 
Titeln  Kaiser  und  Exkaiser  und  den  Namen  Napoleon  und 
Bonaparte  Umgang  genommen  und  blos  eine  Bezeichnung  (Sere- 
nissimo)  gewählt^  welche  in  Italien  für  jede  Person  flSrstlichen 
Ranges  abUch  ist.  ^  Weiters  wurde  verfügt,  dass  die  Trauer 
blos  drei  Monate,  yom  25.  Juli  bis  34.  October,  wahren  und  nur 
auf  die  Herzogin,  deren  Haus  und  Dienerschaft  sich  erstrecken 
soQte. 

Die  Vigilien  und  Obsequien  fanden  am  Abend  des  30. 

und  am  Morgen  des  Hi.  Juli  in  der  zu  diesem  Zwecke  schwarz 

drapirteu  Kapelle  zu  Sala  statt.  Kein  Schmuck  und  keine 
Embleme,  welche  an  d«us  Ver«^anf^ene  hätten  gemahnen  können, 
zierten  den  einfachen  Sarkopha^r.  Eine  weitere  Anordnung 
Marie  Loin<*  nn  verfügte,  dass  tausend  Messen  in  Parma  und 
cbensoviele  m  Wien  filr  das  Seelenheil  des  Verstorbenen  gelesen 
werden  sollten.' 


'  .J'c<ipfrr>  qtie  le  bUus,  qne  j*u  ort  devoir  adopter,  saiui  fairo  mention 
des  titroy  il'c  inperenr,  d'px-emperour  ou  dos  noms  do  Bonaparto 
ou  de  Napolt'nti  injulini^sililes  eii  tout  wu»,  et  qui  anroJent  fm5ss«'s  ou 
lo  ca5nr  de  8.  M.  ou  le«  principes  de  politique  en  vigueur,  ne  »era  point 
condamn^  par  V.  A.  Lo  mot  de  Sereuisaimo  est  das»  la  Ungne 
Italienne  encore  plos  genuiquc  que  dana  tontes  Iw  antres  et  8*appUqiie 
dUFArotiuneiit  k  dwqne  gndattoii  prinei^ve.  Cest  la  raison,  qui  iii*a  en- 
gagi  k  le  proposer  k  6.  M.  poiur  rinwvtloik  de  farticl«  offidel  dans  la 
gaiette  de  Parme,  dont  V.  A.  trouvera  im  oxempiain  cy-joiiit.*  Neip- 
perp  an  Mpttcrnich.    Sala,  lo  21  jnilli't  1S21. 

*  rig-iles  et  les  (<l)sr(inp.s  ont  ou  li»'u  hier  snir  et  ce  matin  dans  la 

cha{ie1Ie  dn  palai»  de  Sala,  qui  etjiit  touie  drapeo  on  noir  et  orn^e  avec 
simplicitä,  niais  avec  touto  la  d^cence  qui  exigeait  la  circonstance.  Sur 


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In  solcher  Weise  trag  Marie  Louise  den  politischen  Rück- 
sichten Bechnung  und  erwies  den  Manen  ihres  Gatten,  dem  sie 
bis  znr  Trennung  in  zärtlicher,  ja  oft  abgöttischer  Liebe  zngethan 
war,^  nur  jene  Ehren,  welche  Tom  katholischen  Standpunkte 
aus  geboten  waren.  Entbehrten  sie  auch  jegHchen  Prunkes, 
60  entsprachen  sie  nichtsdestoweniger  der  aufifichtigen  Trauer, 
welche  Jene  Uber  das  so  schmerzliche  Ende  dessen  empfand, 
welcher  der  Vater  ihres  Sohnes  war.  ,Ich  bin  Uberzeugt/ 
schrieb  Marie  Louise  am  24.  Juli  an  den  Herzog  von  Reich- 
stadt, jdass  Du  diesen  »S*  Ii  merz  ebenso  tief  emptinden  wirst 
als  ich;  denn  du  svaicst  undankbar,  wenn  Du  all'  die  Güte 
vergessen  würdest,  welche  Dir  Dein  Vater  erwiesen  hat,  als  Du 
noch  im  zarten  Kindesalter  standest.  Weiterö  hin  ich  über- 
zeugt, dass  Du  zwar  seine  Tnprenden  nachahmen,  jedoch  gleich- 
zeitig die  Kli{ipen  zu  vermeiden  wissen  wirst^  an  denen  er 
schliesslich  zu  Grunde  ging/ 

In  ihrer  Stellung  als  Mutter  und  VormUnderin  glaubte 
Marie  Louise  nichts  ▼erabsäumen  zu  dürfen,  um  rücksichtlich 
der  letztwiUigen  Verfügungen  ihres  Gatten  die  Rechte  ihres 
Sohnes  zu  wahren.  ,Diesen,'  schrieb  sie  am  20,  Juli  1821  an 
Kaiser  Franz,  ,empfehle  ich  Ihrem  inmier  so  zärtlich  gegen 
uns  bewiesenen  Täterlichen  Herzen,  damit  ihm  auch  von  Seite 
des  englischen  QouTemements  in  Betreff  der  Hinterkssenschaft 
seines  Vaters  kein  Abbruch  geschehe.  Wir  haben  Beide  in 
kindlicher  Hingebung  dem  Wohle  und  der  Ruhe  unseres  Vater- 
landes und  Europas  hinlängliche  Opfer  gebracht;  fUr  mein  Kind 
hoffe  ich  eine  glückÜchc,  seiner  Herkunft  angemessene  Existenz, 
für  mich  Ruhe  und  Frieden,  deren  meine  Gesundheit  «ehr  be- 
darf.' Im  Auftrage  Marie  Louisens  richtete  auch  Graf  Neip- 
perg  an  den  Fürsten  Metternich  das  ErsucheOi  sich  bei  der 

le  sarcophage  il  n"y  avidt  «lumne  Mp&ce  d*eiiibltaie  ai  d'orneiiient  qni 
«oroit  pn  ntppeler  le  pM0&  8.  M.  a  toqIii  abaoloment  ««islar  k  ces 
cörtooiiiM  ftm^breB  dans  sa  tribune  entourte  de«  penonnea  du  w&rrio^ 
Interieur  de  Sa  conr.  Lea  peiBonnea  de  la  maison  et  la  livr^c  nccupaient 
le«  autres  tribunes  et  Täglise.  Comwe  il  n'j  a  point  ea  (l'iiivitation, 
ü  n\y  ©st  intervenu  que  fort  pcii  d'^traripfers.  [/»'niMtion  de  8.  M.  a 
txlis  forte,  et  bien  naturolle  (i^uaml  t-llo  «lut  kc  rappeller  le  p^r©  de  son 
fils  et  sa  malbeureose  fin.  Klle  a  urduun6  de  faire  cöl^brer  mille 
inemee  ioi  et  mille  autres  k  Vieime  i  la  m^oire  da  ddfniit*  Neip- 
perg  an  Metternich.  Sala,  le  81  jnÜlet  1881. 
*  Wie  aas  ihren  eigenen  Biiefon  mit  Deutiicbkett  erhellt 


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17 


en^iscken  Regiening  fUr  die  Interessen  des  Herzogs  Ton  Reich- 
stadt m  verwenden.^  Gerade  im  Hinblick  auf  etwaige  Ver^ 
ftgimgen  Napoleons  rttcksiclillich  seiner  Witwe  and  seines  Sohnes 
hielt  es  Metternich  für  keineswegs  ausgeschlossen,  dass  ent- 
weder das  Testament  oder  die  Papiere  des  Verstorbenen  Be- 
stmmungen  enthielten^  welche  den  Umtrieben  der  Parteien 
neuen  Vorschub  leisten  konnten.  Er  forderte  den  Fürsten 
Egterhazy  auf,  die  englische  Regierung  auf  diese  Möglichkeit 
aufmerksam  zu  macheu  und  sie  zu  ersuchen,  eine  indiscrete 
Veröffentlichung  nach  Kral  Leu  zu  vcriaudem.* 

IV.  Capiteh 

Verhalten  der  eugli^icheii  B^erang.  —  Napoleons  letster  Wunsch,  dass  sein 
Hers  nacti  Pama  gebracht  werde.  —  Mettemicb's  Vortrag  an  Kaiser  Fraai. 

Aber  noch  wusste  man  in  England  nicht,  wo  das  Testa- 
ment Napoleons  zu  lirdou  sei.  An  dem  Vorhandensein  eines 
solchen  glaubte  die  englische  Regierung  um  so  weniger  zwei- 
feln zu  dürfen,  als  das  Codicill  vom  Iß.  April  mit  Deutlichkeit 
darauf  lünwies.  Was  den  Wunsch  Napoleons  anging,  dass 
sein  Herz  an  Marie  Louise  gesendet  werde,  war  Lord  Hathurst 
kemeswegs  gesonneni  dem  Verhalten  Lowe's,  welches  er  durch- 
aos  billigte^  entgegen  zu  handeb.  Nicht  undeutlich  gab  er 
dem  kaiserlichen  Botschafter  in  London^  Fürsten  Esterhasy, 
m  Tcrstehen,  dass  Marie  Louise  nichts  Besseres  thun  konnte, 


'  ,Cetle  atigttste  soavoraino  m'ordonnc  eii  möme  temps  de  prior  V.  A.  de 
vouloir  intcrpoHcr  Hon  iiitervontion  prös  du  gonvnrnomotit  Ansrlfii»  pour 
que  tniut  vc  qni  rf^Tii'lt!  le  testÄmorit  du  d6funt  et  l'h^ritagü  <|u"il  laLsae 
au  priatts  »oii  it  placö  sous  1  t^ido  de  la  loyaute  de  S.M.B,  et 

qu'il  lui  8oit  ri        uu  compte  oxact  ou  sa  qu&litö  de  tutrice  de  son 
en&nl*  Neipperg  an  Metternich.  Sala,  le  20  Juillet  1881.  St-A. 

*  est  4  Hupposer  qu'il  anra  faxt  des  dispositions  tastamentaires;  alles 
tte  peuvent  manqaar  d*dtr6  apport^  en  Angleteire.  II  est  difßdle 
de  croire  que  dans  ces  picces  Bonaparte  n*ait  iioint  inclu  das  ubjet« 
pr^tAnt  au  jen  de»  pnrti».  Ce  »era  au  gouvernomeiit  Hritaunifuu'  a  iinrtcr 
nnfi  attention  particuliAre  srnr  rette  po.asihiliti,  et  nous  nous  li<«n.s  tr<>j»  ä 
&a  üa^fOÄse  pour  ji.'i.s  etro  convaiiu  ns  des  soins  qu'il  prendra  pour 
empecher  que  par  dm  public^tioms  iudittcritos  les  espritn  ne  puissent 
etre  remaäs.  Cotte  consid^ration  porte  directemeat  wax  Im  dispositioiis 
qoi  poummt  ttie  relatives  4  Uadame  la  ducbesse  de  Panne  et  ton  Iiis.*  ' 
Metternich  an  Esterbaay.  Wien,  16.  Juli  1821.  St-A. 

AmUv.  BL  LXXX.  I.  BlUlt.  S 


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IS 


als  den  ausdrücklichen  Wunsch  zu  äuBsern,  dass  die  sterblichen 
Reste  Napoleons  in  Ruhe  gelassen  werden;  denn  abgesehen 
davon^  dass  England  nicht  in  die  unangenelime  Lage  zu  kom- 
men brauche ;  ein  enigegengesetztes  Verlangen  entschieden 
zurückzuweisen,  wäre  sowohl  den  Familienangehörigen,  als  auch 
den  Anhängern  Napoleons  in  Frankreich  jeder  vemttnftige 
Grund  benommen,  sei  es  auf  dem  Wege  der  Unterhandlung, 
sei  es  durch  Lbt  oder  gar  mit  Gewalt  in  den  Besitz  seines 
Herzens  sich  zu  setzen.  Fttr  England  wäre  die  Schwier^keit 
um  so  grosser  gewesen,  als  es  auf  St.  Helena  keine  Souverilni- 
tätsrechte  mehr  austtbte,  seitdem  es  die  Insel  deren  recht- 
mässigem Besitzer,  der  ostindischen  Compagnie,  wieder  einge- 
räumt Latte.  * 

So  wie  Fürst  Metternich  mit  keinem  Worte  das  eigen- 
mächtige Vor<re1ien  Lowe's  bei  Gelegenheit  der  Inventarauf- 
nahme niissbiliigt  hatte,  so  äusserte  er  auch  jetzt  niclit  die  ge- 
ringste UnzulViedenheit  darüber,  dass  die  engliscbe  Hegierinifr 
sich  das  Keelit  herausnahiii.  der  Herzogin  von  Panna  gleich- 
sam ein  Verhalten  zu  dictiren,  welches  einzuschlagen  doch 
einzig  und  allein  ihrem  eigenen  Ermessen  anheimgestellt  blieb. 
Wenn  Marie  Louise  wirklich  das  Verlangen  geftuBsert  hätte, 
den  AVjinsch  ihres  verstorbenen  Gatten  zu  ehren  und  in  den 
Besitz  seines  Herzens  zu  gelangen,  wäre  England  niemals  be* 
rechtigt  gewesen,  ein  solches  zurttckzuweisen  oder  gar  einen  in 
dieser  Richtung  unternommenen  Schritt  der  Witwe  Napoleons 
zu  yereiteln.   Dass  Metternich  sich  nicht  aufraffte,  um  das 


,Ce  ministre  (Myl<  rd  T^atliurft)  a  surtout  attire  mon  attention  sur  «ipux 
points  1°  les  disiiositioiiti  du  defunt  relativement  k  la  remise  de  son 
coeur  ä  rarchidiichesae  Marie  Louise  et  de  son  estomac  k  son  fiU.  II  a 
entiArement  approuT^  ]a  ligne  de  condnlte  qne  le  gouremnir  a  tenu 
daiu  eette  oeeaBion.  Bans  4n<mc6r  nne  opinion  pcwitiTe,  Lord  Bathazst 
m*a  luaiA  «itreToir  Bon  opinion  paiüculiAra  qne,  n  Madamo  ranhidn- 
chesse  ^noD^ait  le  va;u  quo  los  dÄpoaillM  xnortelles  restent  respecMOB» 
on  obviorait  de  cette  maniero  non  seulement  aiix  inconv*'niont.s  d'un  re- 
fu8  positif,  mais  on  facilitt^niit  «V''»li>ii>«'"t  le  jnoyon  dt»  prt'vonir  qne, 
soit  »a  faniilk',  sfiit  <jnel"|iiosuns  do  kos  adln'Tens  cn  France  ne  tentent 
un  essai  d'emporter  ses  resteA,  soit  par  ncgociatioii,  «oit  par  ruse,  soit 
mdme  par  la  forco.  Le  gouyoniement  Britannique,  readaat  Tiile  k  la 
compagnie  des  Indea»  n'y  exerce  plne  nne  antoritA  MUTendne  et  poaitlTe» 
qnoiqoe  lon  inflneace  pniaee  presque  y  htn  regarMe  eomme  äquivalente.* 
Erterhasj  an  Metternich.  London,  14.  Jnli  18S1.  St-A. 


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19 


Benehmeii  Englands  in  gebtthrender  Weise  su  todeln^  ist  aber- 
mals ein  Beweis  daAlr^  dass  Oesterreich  sieb  gninx  nnd  gar 

Ton  England  ins  Schlepptau  nehmen  liesa.  Die  Politik  dieses 
Staates  war  von  dem  Zeiljiunkto  der  ersten  Wiedereinsetzung 
Ludwigs  XVIII.  an  gewiss  keiju-  solche,  dass  si«;  auf  die  volle 
Billigunsr  derjenigen  hätte  Ansju-ncli  erheben  können,  welche 
PS  ehrlich  mit  ( Jestorrcich  meinten. '  Das  Verhalten,  welches 
Knirlaud  zur  Schau  trug,  als  seine  Verbündeten  gemäss  der 
Convention  vom  15.  Augast  1815  Commissäre  nach  ät  Helena 
entsendeten,  die  Intriguen,  welche  es  in  Scene  setzte,  um  die  Stei- 
long  dieser  zu  einer  fast  lächerlichen  zu  stempeln,  hätten  Oester- 
reich wohl  überzeugen  können,  dass  die  Achtung  vor  Verträgen 
seitens  der  englischen  Regierung  keine  allzugrosse  sei  und  sie 
sichtB  Anderes  beabsichtige,  als  eine  von  den  Alliirten  unab- 
liiDgige  Politik  su  verfolgen.  In  richtiger  Erkenntniss  der 
Sschlsge  batte  Kaiser  Alexander  von  Russland  als  der  Einzige 
«ich  entscblossen,  seinen  Commissär  abzuberufen.* 

Wie  die  Dinge  jetzt  standen,  dachte  Ftlrst  Metternich 
nicht  im  Entferntesten  daran,  tlureh  irgend  einen  Act  der  Miss- 
hilligung  sich  die  Freundschaft  Englands  zu  verseherzen.  Er 
erklärte  sich  vulikommen  damit  einverstanden,  dass  die  sterb- 
lichen Koste  Napoleons  auf  St.  Helena  verbleiben  sollten,  und 
setzte  eine  gleiche  Anschauung  auch  bei  Marie  Louise  voraus. 
jAber  die  Art  und  Weise',  schrieb  er  dem  Ij^ilrsten  Esterhazjr, 
(in  welcher  sie  sich  tlber  diesen  heiklen  Gegenstand  äussern 
mDy  verdient  es  denn  doch,  dass  er  von  ihr  in  reifliche  lieber- 
kgong  genommen  werde." 


'  00  laaerto  ddi  Geniz,  wMtwt  lieber  fdr  die  Thfonfolge  dee  HwMgt 
von  Reidwtedt  als  flir  di«  Bertaaratioii  der  Bonrlwiien  gestiiDiDt  iiitte, 
ia  einem  an  Metksrnich  gnriehteten  Schreibea  tcmu  14»  Jnli  1816  in  fol- 

gonder  Wuise :  ,Schon  im  vorigen  Kriege  war  es  ein  grosser  Sclimens 
fQr  mich,  das/*  wir  uns  von  den  Englamlrrn  ihren  Wech8ellMÜg  des 
Volkswillens  und  der  Volksfonverainetät  niusstcii  auf<1ringL'ii  I.nssou;  da- 
mals war  es  jndnch  nnr  ein  Iiic-ulenzpunkt,  eine  kurze  Episode  ohne 
Heitere  eriisttialte  Ktiljreii;  ilie.-siiial  lia))en  sie  08  »o  weif  gebracht,  das» 
diese  Fratzu  vuu  allen  Mächten  als  politische  Grundlage  des  Kriogos 
■aerittant  wofden  isL*  Oestarrmehs  TheHnshine  an  den  Befreiungs- 
kfiogon»  666* 

*  fidiHtler,  2>ie  Napoleoniden,  445. 

*  Mettemidi  an  Bfterliaey.   14  aoftt  18S1. 


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30 


Ihm  kam  es  vor  Allem  darauf  an,  des  gaten  Willens 
Bathorst'B  und  Castlereagb's  in  Betreff  des  TeBtamentes  Napo- 
leons gewiss  zu  sein« 

Am  23.  Juli  unterbreitete  Metternich  dem  Kaiser  die 
letzten  Berichte  Esterhasy's  nnd  die  Depesche  Lowe's  an  die 
englische  Regierung  yom  14.  Mai.  ^Die  Mittheilungen  des  Lord 
Batbursty'  Hess  er  ach  yemehmen^  ^beweisen,  dass  Bonaparte 
bis  nach  seinem  Tode  das  Spiel  seines  Lebens  fortsusetzen  be- 
dacht war;  ein  Vorsats,  an  dem  ich  nie  gezwetfelt  habe. 
Hieher  gehOrt  der  Wunsch,  an  den  Ufern  der  Seine  beerdigt 
zu  werden ;  ein  Wunsch,  dessen  Erfiilhing  er  wohl  nie  als  aus- 
führbar ermessen  konnte,  au  df'ssen  Eriulinug  ilnn  auch  nichts 
gelegen  war,  den  er  jciinclj  ausgesprochen  hat,  »lamit  er  wenig- 
bteuö  auf  Schleicliw(^^en  Ijekunnt  werde.  El)enso  wird  es  mit 
Reinen,  meiner  genauen  K(  initniss  des  Mannes  nach  sicher 
unbedeutenden  hinterlassenen  Schriften  gehen.  General  Hudson 
Lowe  hätte  auf  deren  unmittelbare  Au8folglassun<r  bestehen 
sollen.  Ich  vermuthe,  die  englische  Regierung  wird  es  thun, 
wenn  sie  in  sich  den  Muth  dazu  flihlt.  Das  Legat  an  Lady 
Holland  hat  denselben  Zweck.  ^  Diese  Frau  ist  eine  bekannte, 
Intriguen  ergebene  Frau,  ohne  persönlichen  Credit  noch  Ach- 
tung, welche  aber  einen  grossen  £influss  auf  ihren  Mann,  einen 
rdnen  Badicalen,  austtbt.  Kapoleon  kannte  sie  nicht  persönlich; 
in  ihr  belohnt  er  aber  alle  Schreier  in  England., 

,I>ie8  smd  übrigens  lauter  politische  Fragen,  in  denen 
sämmtliche  Regierungen  im  Interesse  Tcreint  stehen. 

,Die  Verlassensehaft  Napoleons  und  dessen  allenfiülsige 
testamentarische  Verfügungen  in  Betreff  seines  Sohnes  stehen 
jedoch  in  einer  weit  directeren  Beziehung  mit  Oesterreich.  Es 
kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  die  Absieht  Napoleons 
daliin<ring,  seinem  Sohne  die  Succession  im  Grundsätze  offen 
zu  erlialten,  denselben,  insofern  es  in  seiner  eigenen  Gewalt 
stand,  auf  seine  angehlielien  Ikcclite  aufmerksam  zu  iTinchen 
und  in  denselben  den  Keim  zui-  künftigen  Entwicklung  medor  zu 
legen.    Die  Acten  werden  dieses  beweisen. 

,Vor  der  Hand  glaube  ich  nichts  Anderes  zu  veranlas- 
sen, als  die  englische  Regierung  aofiBufordem,  uns  alle  wie 


^  Eine  golden«  Dose,  welche  Papst  Pins  VIL  dem  Geaenl  Bonaparte  nadi 
dem  Frieden  von  Tolentino  gcfeben  hatte.  VgL  Anhaiig  1. 


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21 


immer  Naincn  habende  Acten  mitzutheilen,  über  diese  Gegen- 
stftade  das  tie&te  Btülschweigen  gegen  das  europäische  Publi* 
com  zu  halten,  die  Bttmmtlichen  Mittheilaagen  der  Frau  Ens- 
herBOgin  Karie  Louise  zu  maofaen. 

^Weirn  eich  Vermögen  ausweisen  sollte  and  ttberbanpt 
testamentarische  VeifUgungen  von  Wichtigkeit  zum  Vorscheine 
kämen^  so  glaube  ich  die  folgende  Massregel  gehorsamst  vor- 
schlagen au  sollen :  E.  M.  dürften  einen  Conseil  unter  meinem 
Vorsitse  m  meiner  Eigenschaft  als  Hauskanaler  ernennen  und 
demselben  als  Beisitzer  den  Vice-Präsidenten  der  obersten 
Justizstelle,  Frcihcrrii  von  Giirmer,  und  einen  Vertreter  der 
Frau  Krzhcrzog-in  beigeben. 

,Alle  Gegenstände,  welche  anf  die  hucfcssion  Beziehung 
hätten,  wären  an  diesen  Conseü  zu  vcrwei±>üa  und  E.  M.  als 
nÄtiirlichem  Vormund  d(;s  Herzogs  von  Reichstadt  zur  AUer- 
hiichsten  Öehiussfassuug  vorzulegen. 

yDiese  Masfiregel  hätte  jedoch  erst  dann  einzutreten,  wenn 
wir  mehrere  Details  über  den  wahren  Stand  der  Dinge  kennen. 
Ich  sehe  sio  jedoch  in  jeder  Rücksicht  alsdann  fUr  nöthiger 
an,  sowohl  in  pohtischer  als  in  allgemein  rechtlicher  und  nicht 
minder  in  Beziehnng  auf  die  dereinstige  Justification  gegen 
den  Herzog  von  Reichstadt  selbst/ 

Kaiser  Frans  erklärte  sich  mit  allen  Ausführungen  seines 
Staatskanalers,  sowie  mit  der  Ernennung  einer  Commission  ein- 
Terstanden  und  schloss  seine  Resohition  mit  folgenden  Worten: 
,WiIl  aber,  dass  in  dieser  Sache  nichts  ohne  mein  Wissen  und 
Genehmigung  geschehe!'^ 

V.  Capitcl. 

M«lteiiiic1i*t  fielifiiben  an  den  Grafen  Neipperg  und  den  Fürsten  Estet' 
bAzj.  ~  Kothweodiglieit,  da.sB  die  östenreichiache  Regierung  in  Bälde  von 
den  B«^!<timmungen  des  Testamentes  in  Kenntniss  gesetzt  wcnle.  —  Marie 
Louise.  —  Ihr  Brief  au  Ladj*  Burghersh.  —  Mettemich's  Unwille  darttber. 

Am  29.  Juli  übersendete  Metternich  dem  Grafen  Neipperg 
den  Bericht  des  Fürsten  Esterhazy  vom  14.  des  Monats  aammt 
den  hiezu  gehörigen  Beilagen,  und  setzte  ihn  zugleich  von  der 
kaiserlichen  Entschliossung  auf  den  Vortra^j;  vom  2o.  .iuli  in 
Kenntnis».  Rücksichtlich  des  Verlangens,  welches  England  ge- 

*  8t«A. 


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32 


stellt  hatte,  dass  die  sterblichen  Kesto  Napoleons  aaf  St.  Helena 
verbleiben  sollten,  schrieb  er  Folgendes  nach  Parma:  ^Nach- 
dem  diese  Angelegenheit  eine  ungemein  heikle  ist,  so  wage  ich 
es,  die  Frau  Erzherzogin  zu  bitten,  noch  jeder  fintschUessnng 
und  also  auch  eines  jeden  Schrittes  sich  zu  enthalten^  welcher 
darauf  Bezug  hat  Bevor  ich  mir  erUube,  ihr  in  Betreff  des 
Begehrens  sowohl,  welches  die  englische  Regierung  gerne  von 
ihr  erwirken  mOchte,  als  auch  über  die  Art  und  Weise,  wie 
sie  ein  solches,  yorausgesetzt,  dass  sie  sich  hiezn  entschlösse, 
zu  äussern  hittte,  ersuche  ich,  mir  Zeit  zu  lassen,  um  die  Sache 
reifliclist  liberlegen  und  noch  Genaueres  tiber  die  Absichten 
der  eri^li.sclu  n  Regierung-  in  Erfahrung  bnii^eii  zu  küouen/ 

Dem  Fürsten  Estf-rli  izv  icdoch  bemerkte  er  in  einem 
Schreiben  vom  14.  August,  dass  die  österreichische  Regierung 
d.  ii  -[  i^st<  n  Werth  daraut"  leg«',  in  den  Besitz  des  Testamentes 
oder  einer  l>eglaubigten  Abschritt  desselben  zu  gelangen,  und 
gab  ihm  gleichzeitig  Folgendes  zu  bedenken :  ,Man  soll  es  in 
England  nicht  verkennen,  dass  die  Famih«  nangehürigen  Bona- 
parf»  '«  in  diesem  Augenblicke  Alles  in  Bewegung  setzen,  um 
sich  des  Testamentes  zu  versichern;  das  ist  ein  Grund  mehr 
für  uns,  zu  verlangen,  dass  es  uns  Ubermittelt  werde.  Denn 
abgesehen  davon,  dass  die  Witwe  und  der  Erbe  des  Verstor- 
benen naturgemftss  unter  den  Schutz  des  Ejiisers  gestellt  sind, 
wäre  es,  wenn  jenes  ActenstUck  in  unseren  Händen  sich  be- 
finde, leicht,  dem  Missbrauche  zu  steuern,  den  man  sonst  damit 
treiben  könnte/ 

Marie  Louise  Hess  dem  Fürsten  Metternich  ihre  Absicht 
zu  erkennen  geben,  in  Allem  und  Jedem  seiner  Wohlmeinung 
sich  zu  unterwerten  und  freiwiUig  dem  Verlangen  Englands 
Folge  zu  leisten.  *    ,Mein  einziger  Wunsch  geht  duluu,*  üclirieb 


8.  M.  H"«  TarehidttdieMe  daeh«ne  de  Parme  me  diaq^  d*avoir  Tliott- 
iMar  d'aMurer  V.  A.  en  aon  antust«  noiii,  <|a>11e  se  conformora  en- 

ti^!rement  k  Hau  fonscils  relativem(?nt  nux  «ÜHpoHitioiiH  ilonu^es  par  le  d4- 
ftiiit  k  IVpanl  ilc  l;i  rriniso  ilr>  son  vn-m  <*t  de  .son  o-'^tomnc,  dt^post's  pnr 
ordre  <lu  gonvornoiiKMit  Aii<,'];us  dans  s.i  fombe  do  S''^-lIt'l'"  u<>.  Mf'tno  ni 
lo  gouvornemeiit  Auglaiti  düt  par  la  vuie  de  mni  iuuii.->ture  üiiru  laire 
des  oaTertnrw  ditectea  k  ce  siget  k  8.  H.,  eile  soipendrm  m  d^oS^n 
et  M  rtponee  jaequ'lb  ce  <ia*6lle  oonnauae  ropinion  de  V.  A.  et  lee  in* 
teations  de  8.  H.  Temperetir  aar  cet  otget  Gnf  Neippeqp  an  Metternich. 
Sala,  le  8  «oftt  1821. 


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S3 

ne  am  4.  August  an  Kaiser  Franz,  ,da«s  man  die  Asche  des 
innen  Seligen  nun  einmal  in  Ruhe  lasse  und  auch  sein  Hera 
in  seiner  Crroft  yerUeiben  kOnne.' 

Da  Fürst  Metternich  in  Ansehung  der  Stellung  Marie 
Looisens  es  yermieden  haben  woiltei  dass  diese  sich  unmittel* 
bar  an  die  englische  Regierung  wende^  lud  er  sie  durch  den 
Grafen  Neippcrg  ein,  ein  ofHcielles  Schreiben  an  Kaiser  Franz 
zu  richten,  dem  es  sodauu  uberlujssen  blcibeü  äollte,  das  Nötliige 
zu  verftlgen.  Gleich ^^eitig*  legte  er  buiuer  Depesche  den  Eiit- 
wuii  eine?;  solchen  Hriefes  bei.  Marie  Louise  zögerte  keinen 
Augenbhck,  im  Sinne  Metternich  s  zu  handeln  und  das  ufticieile 
Schreiben  an  ihren  Vater  zu  senden.  ^ 

Aber  nicht  so  sehr  die  heilige  Scheu  davor,  die  Kuhe  des 
Todten  zu  stören  war  es,  welche  Marie  Louise  bewog,  dem 
Verlangen  Englands  nicht  zu  widersprechen,  als  yielmehr  der 
Gcdsnke,  dass  »alle  Uebelgesinnten',  worunter  sie  die  Anhänger 
und  auch  die  Familienangehörigen  Bonaparte's  verstand,  mit 
denen  sie  jede  Verbindung  abgebrochen  hatte,  eine  PilgerschafI 
nach  Parma  veranstslten  könnten,  falls  hier  das  Hera  Napoleons 
beerdigt  werden  soOte.  ^Dies  würde  mir/  schrieb  sie  am 
1.  October  ihrem  Vater,  .In  meiner  Lage  äusserst  unangenehm 
sein,  da  ich  mir  nichts  mehr  auf  dieser  Erde  als  Kuhe  und 
Frieden  wünsche;  ich  baue  also  auf  Ihre  gnädige  Mitwirkung, 
um  diese  Sache  zu  verhindern.' 

Da  Kaiser  Franz  die  Bcrufunp  einer  Commission  mit 
Metternich  als  Vorsitzendem  vertiigt  hatte,  welcher  die  Auf- 
gabe zufiel,  im  geeigneten  Zeitpunkte  über  die  Testamonts- 
angelegenheit  Beschlllsse  zu  fassen,  ernannte  Marie  Louise  den 
Grafen  Moriz  Dietrichstein  zu  ihrem  Vertreter.  Die  betref- 
fende VoUmaoht  überschickte  sie  jedoch  vorerst  dem  Fttrsten 
Metternich,  weil  der  Anordnung  des  Kaisers  gemUss  die  Sache 
noch  geheim  gehalten  werden  sollte.* 


'  Anliaug  4. 

*  8.  IL  Mne  rarchiducbease  ducbeiMe  de  Farme  me  chargo  de  tAmoigner  4 
V.  A.  «a  nwionnstiiniirtr  tonte  parttonliAre,  ponr  U  folUeitude  qn'EUe  me(  k 
fecaeillir  tont  ee  qai  eoneerae  Im  diqpoaltions  tantammitairsi  du  d^lnnt,  et 
ponr  aroir  taA  daoa  PiiitMt  de  8.  8.  le  dnc  de  Rdehatadt,  aon  bien 
■un6  fila,  les  baae«,  rar  lesquelles  les  affairea  de  la  aneoeMion  ae  traiteront 
i  Vieone,  Ic^quellea  ont  ^t^  approuv^es  par  S.  M.  Tempereur,  aon  aug^ste 
M»*  rarchidncbeaie  a  choiai  le  comte  Maurice  de  PietricbateiQ 


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24 


Rücksichtlic'h  clor  Verlassensclinft  Mapoieons  erlaubte 
Marie»  Louise  der  englischen  Kopcning  nicht  so  völli«-  vcrTraiicn 
zu  dürfen.  Sie  hielt  es  für  unbegreiflich,  das8  man  in  England 
weder  Uber  da8  Vorhandensein  eines  Testamentes,  noch  Uber 
die  Gelder,  welche  nach  ihrer  Ansicht  von  dem  Verstorbenen 
bei  der  Londoner  Bank  deponirt  worden  seien,  etwas  in  Er- 
fahrung gebracht  habe.  Ebenso  unwahrscheinlich  dlinktc  es 
ihr  sn  sein,  dass  in  Anbetracht  der  grossen  Wachsamkeit, 
deren  Sir  Hndson  Lowe  sich  doch  stets  beflissen  hatte,  das 
Testament  ohne  sein  Wissen  nach  Europa  gebracht  worden  sei. ' 

Nachdem  Ftlrst  Metternich  noch  nicht  in  der  Lage  war, 
ihr  eine  zufriedenstellende  Auskunft  Uber  eine  Angelegenheit 
au  ertheilen,  welche  ihr  als  Mutter  des  Herzogs  von  Reich- 
stadt 80  sehr  am  Herzen  lag,  wendete  Marie  Louise  sich  an 
die  Gemahlin  des  englischen  Gesandten  in  Florenz,  Lady  Burg- 
hersh,  wcIcIk'  vor  Kurzem  nach  London  abgereist  war,  und 
ersuchte  diese,  ihr  Alles  iiiitziitbeilen,  was  sie  über  die  letzt- 
willigen Verfügungen  iSupolcous  in  Krfalirung  brin^'cn  k<>nnte. 
Trotzdem  das  Schreiben  der  Herzogin  lediglich  privater  Natur 
war  nnd  keineswegs  die  Aufforderung  entliielt,  dass  ir^jend 
weicher  8chritt  bei  dem  englischen  Ministerium  unternommen 
werde,  so  richtete  Lady  J^urghersh  nichtsdestoweniger  an  Lord 
Bathurst  das  Ersuchen,  der  Herzogin  7on  Parma  gefkUig  an 


poar  Mn  fondö  de  pouvoint  pri-n  da  con.seil  qui  tera  prMdi  p«r  V.  A. 
Partageant  eatiteeoient  l'avu  de  V.  A.,  qu'U  f«at  conveuir  da  Toile  du 

plus  grand  secret  tont  re  (jin  a  rapport  aux  aflTaireH  «Ic  la  supcession,  et 
ne  voulant  pas  incinr'  cii  infunner  avant  le  temps  Ic  comto  Maurico  de 
Dietrichstiiiu,  M""'  rarchiiliicheHse  iii'ortioimo  tl  iuclure  a  V.  A.  les  Plein- 
pouvoir» qui  lo  rogardent,  et  qu'Ello  vuudra  bien  no  lui  remottre  qu'au 
moment  oft  Elle  le  jagen  nicemire.  Neipporg  an  Ifettenicih,  Sala, 
le  8  aoftt  18S1, 

S.  M.  troave  inconcevable  qae  le  geavemement  AngUls  n^ait,  ou  ae 

vent  pas  avoir  l'air  d'avoir  des  notioas  positivfs  sur  rcxistonce  d'un 
testamcnf.  ot  götiöralement  mr  los  TdikIs  que  le  d^funt  peut  avoir  i)lac6s 
dans  la  haiupie  «lo  Ti>»4i(lre8,  et  comrae  benncoup  de  mondo  le  suppnse 
k  röpuque  de  la  ilisuibution  deti  licences.  II  Ini  paroit  au8äi  a&sez 
invraisemblablo  qu'avec  la  grande  aurveillance  exercöe  par  Sir  H.  Lowe, 
il  Moit  poeiitle«  qne  le  teetameat  aH  M  eoyoy^  en  Enrope,  a  Texeraple 
d^aotiea  papten  int^reaMntB  et  importaats  qae  le  comte  de  Monflioloii 
prftend  qa*0D  aTait  expMi^e  en  Angleterre.  II  r&gne  en  tont  oeei  one 
leinte  myst^rieoee  qui  m^rite  certainemMit  Tattenlioii  de  V.  A.*  Sala,  le 
8  ao6t  1821. 


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25 


sein.  Der  Staatssecretftr  erhob  keinen  Anttand,  dieser  Bitte 
Folge  SU  leisten,  aber  er  konnte  Marie  Lonise  keine  anderen 

Actenstttcke  znsenden  als  dieselben,  welche  er  bereits  der 
(feterreichischcn  Kcgicriinp;  niit<;otheilt  hatte.  * 

Fürst  Mettemicli  jedoch  fühlte  sich,  und  wohl  nicht  mit 
Unrecht,  durch  dieses  V«ui.'ehcn  Marie  Louisens  persönHch 
verletzt  und  ^ah  es  der  Herzogin  in  einem  Schreiben,  welches 
er  am  24.  September  an  den  Grafen  Neipp<'ri;  richtete,  nicht 
ondeutlich  zu  verstehen.  ,ich  begreife  vollständig/  iieisst  es 
darin,  ydass  die  so  natürliche  Sorge  einer  Mutter  fUr  die  Inter- 
essen ihres  Sohnes  die  Frau  Erzherzogin  dazu  anspornt,  nichts 
zu  verabsäumen,  was  sie  in  den  Stand  setzen  k(jnnte,  über 
Aliee  aof  das  Genaueste  unterrichtet  zu  sein;  aber  sie  darf 
wiederum  mit  Zuversicht  darauf  rechnen,  dass  ich  es  als  eine 
meiner  hauptsächlichsten  Pflichten  betrachte,  der  Angelogenheit, 
um  die  es  euch  handelt,  jene  Sorge  zu  widmen,  welche  sie  er- 
fordert, und  dass  ich  viel  eher  in  der  Lage  bin,  von  Seite  des 
englischen  Ministeriums  zuverlässige  Kachrichten  Uber  das  Te- 
stament Kapoleons  zu  erhalten  —  wenn  solches  Überhaupt 
möcriich  ist  —  als  Lady  Burghersh.  In  einer  so  heiklen  Sache, 
glaube  ich,  erfordert  es  das  Ansehen  der  Frau  Erzherzogin, 
es  sortrHlhiirst  zti  vermeiden,  sich  selbst  in  den  Vordergrund 
zu  stellen  und  im  eigenen  Namen  zu  handeln.  Dem  Kaiser, 
ihrem  erlauchten  Vater,  kommt  es  zu,  sowohl  ihre  Rechte  als 
die  ihres  Sohnes,  des  TIerznf,^s  von  Reichsstadt,  geltend  zu  maclH'ii; 
nur  dann,  wenn  die  Frau  Erzherzogin  unerschütterlich  unter 
seinen  Schutz  sich  stellt,  kann  sie  mit  voUer  Gewissheit  hoÜ'en, 
Unannehmhchkelten  und  Verquickungen  zu  entgehen,  denen  sie 
im  anderen  Falle  un})edingt  atu^setzt  wäre/ 

In  der  gleichen  Weise  äusserte  Metternich  sich  auch  dem 
Fürsten  Esterhazy  gegenüber,  an  den  er  am  2.  October  eine 
Depesche  richtete,  welche  darauf  Bezug  hatte.' 

Auch  in  Ansehung  der  Persdnlichkeit,  an  welche  Marie 
Louise  sich  gewendet,  glaubte  der  Staatskanzler  das  Vorgehen 

*  Anhang'  5  und  6. 

*  ,Eb  gin&rft]  nou»  d&^ironB  «pio  Madame  ruchidiichesso  daiui  aon  intMl» 

commo  Anm  f"1iM  (lr>  son  fils,  ovif*"  <<iipT»f»Ti?<f>Tnert  d'npir  en  son  nom 
Ahnn  iine  afiaire  uuHiii  delicata.  Le  «enl  moyen  jmnr  »■llo  do  prevenir 
tonte  complication  embarra.s»ante  et  compromettante  i>ai  de  se  maiatenir 
paasivement  aoas  T^de  de  l'empereur  son  aoguste  p6re/ 


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26 


der  Erzherzogin  «ranz  cntRchirflcn  uiissbilligen  zu  niiisscn;  denn 
Lord  Burplicrsh  galt  keincswofrs  als  ein  AnhiinprM  d  r  Politik 
Oesterreichs  und  seiner  Verbündeten;  ja  man  wusstc  von  ihm, 
dftss  er  einmal  nahe  daran  war,  seiner  freimttlhigen  Aeusserun- 
gen  halber  von  s^ner  Regierung  getadelt  zu  werden.^ 

VI.  Cspit^L 

Ankunft  des  Abbö  Vignali  in  Flnruuz.  —  Seino  ZusÄimtionkuuft  mit  dem 
Grafen  Neipperg.  —  Marie  Louise  übersendet  ihm  einen  King.  —  Seine  At»- 
sichten  über  du  Testament  Napoleon».  —  Lord  Bathurat  —  yerlwltaii  der 
TMtameiitivollilreekor.  —  KaiMr  Fm»  vertritt  den  olvUieehtlielieii,  Font 
Metternich  den  politiiclien  Cherekter  der  Angelegenheit.  —  Oe^viche  im 
Salon  der  Lady  Holland  Aber  das  Testament  —  Erkllmng  der  englischen 
Begieningt  sidi  in  nichts  in  miBchcn,  waa  das  PriTatrermdgen  Napoleons 

betreffe. 

In  den  letzten  Tagen  des  September  langte  der  Beicht- 
vater KapoIeonSi  Abbd  Vignali,  auf  der  Reise  nach  Rom  be- 
griffen, in  Florenz  an.  Hier  stellte  er  sich  dem  Grafen  Keip- 
perg  vor,  welcher  mit  ihm  eine  lange  Besprechung  hatte,  in 
deren  Verlauf  Vignali  sein  ^Ehrenwort  gab,  dass  letzt^villige  An- 
ordnungen vorhanden  und  die  Grafen  Bertrand  und  Montholon 
die  Vollstrecker  derselben  seien;  man  möge  aber  ja  nicht  auf 
grosse  Reichthtimer  sich  gefasst  machen;  im  (lebngon  würden 
I.  M.  in  wenigen  Monaten  über  Alles  aufgeklärt  vverden'.* 

Abbe  Vignali,  welcher  in  der  beschei(iensten  Weise  auf- 
trat, erklärte  ausdrückHch,  dass  er  nicht  deshalb  dem  Grafen 
Neipperg  sich  vorgestellt  habe,  um  irgend  einer  Unterstützung 

'  . .  Je  ne  puis  cependant  m'empöcber  de  regretter,  qu'elle  Tait  mise  k 
mdme  de  ponvoir  prodnire  nne  lettre  d^ette,  non  que  je  ne  rende  une  en- 
ti^re  justice  anx  sentiments  de  d^Tonement  et  d*attechementi  qae  Lord 
et  Lady  Bnighersh  se  font  honneur  de  professer  pour  M««  Taiebidn- 

chesse,  mal»  paroeqne  Lord  Burghersb,  avec  toutos  le5  bonnes  qualit^ 
de  son  creur,  ©st  cependant  nn  homme  do  parli,  qiii  dai»s  Iom  domieres 
cniijnnctures  politiqufs  s'ost  proTu>nce  de  la  inani^re  la  pluH  imprudente 
8ur  lo  systüniö  de  TAutriche  et  de  sos  allies,  au  point  mdme  d'enconrir 
le  blame  de  son  gouTernement,  et  qu'U  peut  etre  compromettant  et 
mime  dangereox  ponr  M»*  rarchidnebesse  de  foomir  4  an  homme  saas 
anenne  inBnence  dans  son  propre  pays»  et  qni  a  anasi  pen  de  mesnre» 
nn  moyen  de  fidre  croire,  qa*il  est  honorfi  de  sa  confiance  et  cbaig^  de 
ses  intirSts.*  Metternich  an  Neippeig*  Vienae,  le  M  leptembre  1881. 
Si-A. 

*  Neipperg  an  Mettemich.  Fiorence,  le  it9  «eptembre  1821. 


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S7 


TOQ  Seite  Marie  LouiBens  theilhallig  eu  werden,  er  wünsehe 
Ti'elmehr  emsig  und  allein,  die  Witwe  Napoleons  verBichern 
sa  können,  daaa  ihr  Gatte  in  christlieher  Ergebenheit  und  nach 
Empfang  der  heiL  Sterbeaacramente  yerschieden  sei.^ 

Dem  Grafen  Neipperg  bot  sich  Gelegenheit,  noch  eine 
zweite  Unterredung  mit  (Km  Aljb(i  zu  haben,  über  welehe  er 
dem  Fürsten  Metternich  Folgendes  berichtete:  ,Ich  sagte  ihm 
von  Ntueiu,  dass  I.  M.  von  der  Existenz  eines  Testamentes 
zuverhissip;  unterrichtet,  aber  darüber  im  Unkhiren  sei,  in 
wessen  iiaiulen  es  sich  befinde,  und  dass  sie  mit  grossem 
Erstaunen  vernommen  habe,  dasä  einige  Familienangehörige 
Bonaparte'a  die  näheren  Umstände  wUssten  und  daraus  kein 
Geheimniss  machten.  Sichtlich  betroffen  erwiderte  mir  Abb^ 
Vignali,  dieses  wäre  unmöglich,  und  Niemand,  ausgenommen 
die  Grafen  Bertrand  und  Hontholon,  welche  noch  einige  Zeit 
nSthig  hätten,  um  eine  ao  wichtige  Angelegenheit  in  Ordnung 
xa  bringen,  könne  irgendwie  unterrichtet  sein;  L  M.  möge 
die  CHlte  haben,  sich  noch  zu  gedulden,  sie  würde  gewiss  in 
der  genauesten  Weise  Uber  die  letztwilltgen  Verfllgangen  des 
Verstorbenen  aufgeklürt  werden/* 

Im  weiteren  Verlaufe  seines  Gespräches  mit  Vignali  ge- 
langte Graf  Ncippei^  zur  Ueberzeugung,  dass  es  der  englischen 
Regierung  nicht  an  Gelegenheit  gefehlt  habe,  über  das  Testa- 
ment untenichtet  zu  werden.  Mit  Iveeht  hob  er  hervor,  dass 
der  rechte  Augenblick,  in  welchem  man  etwas  Bestimmtes 
hätte  in  Erfahrunr^  bringen  können,  verabsäumt  wordfMi  sei  und 
man  den  Gouverneur  der  Insel  dafllr  verantwortlich  machen 
müsse.  ,Vor  der  Abfalu't  von  St.  Helena/  bemerkte  Graf  Neip- 
perg,  ,hätte  Sir  Hudson  Lowe  die  Grafen  Bertrand  und  Mon- 
tholon  aufifordem  sollen,  ihm  bestimmte  Daten  über  den  Ver- 

*  S.  M,  n'ayant  point  voxilu  parier  h  Tabbö  Vigiiali,  chapelain  de  Vex- 
44ftuit  emperotur  Nspolfon,  re^ouaBt  actaellttnent  Tülft  St^-Htitoe^ 
»n  ee  rnfttan  nne  longao  coBTenatioii  ar«c  loL  D  m'a  chaifi  de 
dir»  4  S.  H.  que  le  Mmi  ^tait  mort  dass  Im  Mntiipeiu  Im  plus  elirö- 
tittot,  que,  qiioiquUl  n'avatt  6tA  cbargi  d'iuu  und  oomnÜHion,  il  avait 
ccpendant  cni  de  son  devoir  a  son  passage  »  Floroncc  de  präsenter 
k  S.  M  ,  <jn*il  retonrnait  en  Corse,  qu'il  n'avait  aucuii  bosoiii  ilans  oo 
iiMineiit,  m&ia  que  s'il  m  trouvait  jamai!<  dans  In  misi'  re,  il  recoiirerait 
«  la  g^närosit^  de  S.  M.  dont  il  n'a  rieu  voulu  acceptur  actuellemeut. . 
Ibid. 

*Ibid. 


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38 


bieib  des  Tostnmentes  zu  geben,  widrigenfaHa  er  genOthigt  sei, 
Omen  die  AusfUhning  des  CodiciUes  sii  verweigern.  Jetxt  aber 
weihen  Jene  aller  Wabnchemlichkeit  naeh  bereitB  in  Frank- 
reich und  hätten  gewiae  nicht  ermangelt,  mit  den  Verwandten 
Bonaparte's  sich  ins  Emyernehmen  au  setzen/  Das  Testament 
selbst  Termnthete  Neipperg  in  den  Händen  irgend  eines  An- 
gehörigen dieser  Familie,  ja  er  hielt  es  Air  nicht  Yöllig  ausge- 
schlossen^ dass  es  der  grosseren  Sicherhett  halber  nach  Amerika 
an  den  Grafen  Survilliers  gesendet  worden  sei.  ^  Als  AhhA  Vinrnali 
eine  iSumnie  Geldes,  wrlche  ihm  Gral'  Ncippcr^^  im  A ulirage 
der  Herzogin  von  I*annH  Ubermitteln  wollte,  auß^^esdilagcn 
hatte,  iihers<4ii(  kic  ihm  diese  einen  wertlivollt-n  I\in<j^;  denn  nicht 
ohne  Danii  wollte  Marie  Louise  den  !\Iann  zielien  lassen,  wel- 
cher ihrem  Gemahle  aui'  seinem  Sterbebette  den  letzten  Trost 
zugesproclien. ' 

FUr  Lord  Bathurst  war  die  Testamentsangelegenheit  nicht 
minder  in  geheimnissvolles  Dunkol  gehüllt ;  swar  hatte  Graf  Mon- 
tholon  in  einem  vom  6.  Mai  datirten  Schreiben  an  seine  Gemahlin, 
▼on  dc^ssen  Inhalt  die  englische  Regierung  durch  Sir  Hudson 
Lowe  in  Kenntniss  gesetzt  worden  war,  ausdrücklich  bemerkt, 
dass  das  Testament  Napoleons  in  seinen  Händen  sich  befinde^ ' 
doch  glaubte  Bathnrst  dieser  Aensserung  keinen  Glanben  bei- 
messen SU  dürfen^  wogegen  er  daran  nicht  zweifelte,  dass  es  Uber- 


.  .Je  suis  pemuid^  mon  prince,  que  le  nunisUre  An^lais  aurftit  pu  se 
proevrar  plus  de  lunuiras  daw  tonte  cette  affaire  de  la  mooeadon  de 
NapoUon,  pour  peu  qa*il  eat  donn^  plus  de  iiiiie  k  ses  reclierchee,  et 

que  le  testament  a  rtieiiro  t[n*il  eat  se  tronve  dana  les  mains  de  quel- 
que  individii  de  la  famille  Bonaparte,  pout-etre  memo  on  Atn.'rique  pres 
do  Jofioph.  .  .  Noippor?  an  Mottnrnirh.  Flrirr-nff,  lo  l^f  «ictohro 
,L'abbi  Vipnnlj,  mmmc  j'ai  <m  i'hüniuMir  d'en  fairo  montion  dau»  uaon 
rapport,  n'a  pas  voulu  accepter  les  seeours  tm  argont,  quo  S.  M.  M"*  l'ar- 
chidnchoMe  m'avait  ordono^  de  Ini  fairo  payor  ponr  la  continaation  de 
son  voyage  k  Borne.  Cette  augii.tte  princease  voulant  ponrUint  faire 
quelque  elioae  ponr  eeltü,  qni  avait  etuaaU  ton  difnnt  ^penx  snr  ton  lit 
do  mort,  m'ordoimn  de  ini  remettre  uno  bufrae  saiu  ebiffre,  k  pen  ptte 
de  la  valeur  de  mille  francs  .  .  Tbid. 

jLVmppronr  m'ay.mt  rliarg^  do  l'oxi^ciition  «l*«  tnntos  se«  volonte,  j'ai  k 
röporidre  k  mille  et  uno  question.  Son  tofitaitifut  est  pntre  mes  maius, 
j'attends  pour  l'owvrir  do  «avoir  si  lo  poiivenioniont  veiit  y  assister;  ce 
cas  ayaut  ^tö  pr^vu  par  rempercur,  mais  tout  nous  porte  k  croiro  quo 
bien  dee  larmes  couleronl  qnand  il  rnra  In/  Eztrait  d*nne  lettre  dn 
comte  MonthAlon  k  la  comtene  Mootholen.  Longwood»  6  nmi  1821. 


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39 


bmpt  Torbanden  sei.  ^  Ohae  einen  sticbliältigen  Grund  fUr  die 
Siehtigkett  seiner  AnBcbsnung  »nfllhren  zu  lü^nnen,  äusserte 
er  dem  Baron  Neumann  gegenüber  seine  Ueberzeugung^  ^dass 
ungeachtet  der  AnhftngÜelikeit  Bertrand's  und  Montholon's  für 

die  Person  des  Verstorbenen,  —  sei  sie  nun  verstellt  oder 
wahr  —  Napoleon  dennoch  nicht  genug  Vertrauen  in  diese 
Beiden  gesetzt  Inihe.  * 

In  der  Tliat  war  das  Benehmen,  welches  die  (  Jenannten 
während  ihres  \  erwcilens  in  London  zur  Scliau  tri^en,  ein 
solches^  dass  es  zum  Aff^wohn  Anlass  bot.  Sie  spraclien  sich 
äusserst  unbestimmt  über  das  Testament  und  dessen  Verbleib 
aus  und  wuasten  auch  nichts  Genaues  über  die  Hübe  des  Ver- 
mögens anzugeben,  welches  sie  auf  ungefähr  300.000 — 400.000 
Pfund  SterUng  schätzten.  Nach  ihren  sehr  zweideutigen  An- 
gaben sollte  der  Herzog  von  Reichstädt,  und  zwar  nach  ToU- 
endeter  Grossjftbrigkeit  in  den  Besitz  desselben  gelangen  und 
gleichzeitig  auch  von  den  Bestimmungen  des  Testamentes  in 
EenntniBs  gesetzt  worden.'  >Es  ist  sehr  mOglich/  berichtete 
Bsron  Neumann  nach  Hause,  ,da8s  die  Herren 'Bertrand  und 
Hontholon  so  zu  sprechen  unter  sich  ausgemacht  haben,  und 
iwar  ans  £Ü8chem  Schamgefühl,  nicht  besser  unterrichtet  zu 
sein/* 

Was  Oesterreich  betraf,  so  kam  das  persönliche  Interesse, 
welches  der  Kaiser  daran  haben  konnte,  dass  Kapoleon  seiner 
Witwe  und  seinem  Sohne  vielleicht  irgend  welches  Vermögen 
testirt  hatte,  nicht  im  Entferntesten  in  Betracht,  denn  für 
Beide  war  von  Seite  des  Kaiäers  in  einer  Weise  gesorgt  worden, 


I  Anhaogf  6. 

'  Neamann  an  Metternich.    Londres,  le  24  aoüt  1821. 

•  por^onnas,  qtii  ont  6t6  dans  lo  cas  de  voir  Ucrtraiul  et  >fontholon 
ici,  in'out  dit  i[u  [\h  K'expliqnnient  vag-uemeut  mr  l'ahjtii  du  t«gtaraent; 
qu'ils  avaieDt  uux-m^mei»  dit,  <^u  il  dovait  exiüter,  pimi^ue  le  codicile 
rindiqiuit  ■nifinmmeiit,  mais  qn*i]s  ne  aavaieut,  ou;  en  mftme  temps  ils 
avaieDt  Tsir  de  ne  pss  en  ignorer  iiuelques^nnM  des  cisuses,  comme  par 
esemple  le  montsiit  de  la  fortone,  qn'ib  croyeot  4tre  de  trob  k  qnatre 
Cent  miUe  liyree  Sterlings,  maifl  qa*eUe  ne  doit  ötre  dSliTrfo  an  fiU  qn*aa 
mament  de  aa  nii|)orit4;  ils  ont  mdme  ajoutö,  maia  d*aue  Tn.uiiero  am- 
bipfio,  fiiie  cc  ne  semit  qn'.ilors  cVst  h  dirc  lor<'qne  lo  dnc  dtj  Reichstädt 
aurnit  .-itteint  sa  majohttS,  qiiVHi  liii  ferait  pari  (l(>s  dis]>ositionfl  da  testa* 
nrnuU   Neomaim  au  Mettenüch.    London,  24.  Augiist  1821.  St.*A. 

*  Ibid- 


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30 


dass  es  in  der  That  gleichgOtig  erachemen  musste,  wenn  der 
eine  oder  andere  Theil  einige  handerttansend  Golden  mehr 
oder  weniger  besass.    Anders  jedoch  verhielt  sich  die  Sache 

in  Ansehung"  der  Pflichten,  welche  das  vormnndschaftliche  Ver- 
billtiiiss  dem  Kais»  i  auferlegte,  in  dem  er  zu  dem  Herzoge  von 
Reichstädt  stand.  Dieser  so  leichtliiii  sicli  zu  entÄussern,  war 
Franz  I.  keineswegs  gewiilt.  Er  forderte  den  Fürsten  Kster- 
hazy  durch  Metternich  auf,  kein  Mittel  unversucht  zu  lassen, 
um  dem  Vorhandensein  und  dem  Verbleib  des  Testaments 
Napoleons  auf  die  Spur  zu  kommen.  ^ 

FiLr  Metternich  kam  noch  ein  weiterer  Gesichtspunkt  in 
Betracht.  Indem  er  die  Anschauung  Keumann's  Uber  das  Ewei- 
deutige  Benehmen  Bertrand's  und  Montholon's  verwarf,  hielt  er 
vielmehr  an  der  Ueberzengung  fest^  dass  der  Grund  ihrer 
Zurückhaltung  auf  politische  Rücksichten  zurücksuftibren  sei. 
In  einem  Schreiben  an  den  Fürsten  Esterhazy  vom  3.  October 
1821  begründete  er  seine  Ansicht  in  folgender  Weise:  ,Da 
Kapoleon  gestorben  ist,  wird  naturgemüss  seine  noch  immer 
sahireiche  und  mächtige  Partei  nunmehr  alle  ihre  Hoffnun^^en 
auf  seinen  Sohn  Ubertragen  und  ausserdem  in  einem  Augen- 
blicke der  Krisib  die  Kevolutionäre  und  Unruhestifter  aller 
Länder  bereit  finden,  sich  ihr  ;inzuscli]i(ss('n.  Die  hervor- 
mg^'Tulstcn  dieser  Partei  hegen  tlie  Ueberzeugung,  dass  die 
Bourhon'sehe  Dynastie  nicht  im  Stande  sei,  sieh  ;iuf  dem 
Throne  Frankreichs  zu  erhalten,  und  sie  zweifeln  nicht  daran, 
dass  mit  dem  Tode  Ludwigs  XVIII.  auch  ihre  Regierung  ein 
£nde  erreicht  haben  werde.  Man  darf  sich  also  darauf  gefasst 
machen,  dass  jene  Partei,  falls  dann  die  politischen  Umstände 
ihren  Plänen  noch  günstig  sind,  das  Aeusserste  daran  setaen 
wird,  um  den  Sohn  Napoleons  auf  den  Thron  zu  erheben. 
Angenommen,  dass  ihr  Streben  nur  darauf  gerichtet  sei  — 
denn  wollten  wir  dies  in  Zweifel  ziehen,  so  würden  wir  uns 
einer  gewaltigen  Täuschung  hingeben  — -  ist  es  leicht^  die 
Gründe  sich  zu  erklären,  welche  die  Testamentsverwahrer  Na- 
poleons heute  veranlassen,  seine  Verfügungen  noch  geheim  zu 
liultcu,  .soleiiie  sie  vor  Allem,  woran  man  nicht  zweifeln  darf, 
die  vermeintlichen  Rechte  seines  Sohnes  auf  di(^  Krone  Frank- 
reichs betreffen.  In  diesem  Falle  haben  wir  es  bei  dem  Tode 


^  Antuuig  7. 


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81 


dea  Königs  zu  enrarten,  diese  Partei  das  Testament  des  Vaters 
prodamiren  und  kraft  desselben  die  su^^e nannten  Rechte  des 

Sohnes  zurückfordern  zu  sehen,  rücksichtlich  derer  sie  auch 
gewiss  Dicht  i-nnuiigcln  werden,  ihnen  den  Charakter  der  Legi- 
timitiit  zu  verleihen,  um  desto  sicherer  dem  Principe  der  wider- 
rechtlichen Besitzert^reifunf^  zum  Siege  zu  verhi  ItV'n.  Wenn 
nun  das  Vorgehen  dieser  Partei  irgend  einen  liüeldialt  und 
Stütze  findet,  sei  es  in  der  Person  eines  miielitic'en  Ob»  rliauptes, 
welches  des  Vertrauens  der  französischen  Armee  sieh  nfreut, 
sei  es  in  einer  ehrgeizigen  oder  revolutionäreu  Kegierunt;,  in 
deren  aagenblicklichem  Interesse  es  liegt,  eine  ernsthafte  Ver- 
wicklnnp;'  unter  den  Grossmächten  Europas  hervorzurufen,  wel- 
che in  feierlicher  Weise  die  Familie  Bonaparte  des  Thr6nes 
Terlnstig  erklärt  haben,  so  wird  ganz  Europa  von  Neuem  in 
einen  allgemeinen  Krieg  sich  gerissen  sehen,  dessen  Folgen 
unberechenbar  wären. 

,Im  Lftteresse  aller  Mächte,  insbesondere  aber  in  jenem 
Oesterreichs,  Englands  and  FVankreichs  scheint  es  uns  an  liegen, 
solch  emer  anheilvollen  Verquickung  nach  Kräften  Ettvorsu- 
kommen  und  in  Folge  dessen  zu  trachten,  aof  eine  genaue 
Weise  die  Verftigungon  des  Gefangenen  Yon  St.  Helena  von 
jetzt  an  in  Erfahrung  zu  bringen,  um  sich  in  den  Stand 
zu  setzen,  die  etwaigen  Wirkungen  und  Folgen  zu  schwä- 
chen/ 

Wenn  aueh  Metternich  weit  davon  entfernt  war,  den  ver- 
S(  hiedenen  Gerüchten  Glauben  /u  schenken,  welche  das  von 
Kapoleon  hinteHasscne  Vermögen  auf  ^0  bis  40  Millionen  Fj'ancs 
schätzten,  so  musste  er  dennoch  mit  dieser  Möghchkeit  rechnen 
und  es  in  Folge  dessen  als  eine  äusserst  bedenkliche  Sache 
ansehen,  dass  die  Verwaltung  solch  bedeutender  Summen  in 
den  Händen  von  Leuten  sich  befinde,  welche  der  napoleoni- 
sehen  Partei  unbedingt  ergeben  waren.  Andererseits  vermochte 
man  alle  staatsgefkhrlichen  Pläne  und  Hoffnungen,  welche  der 
Okube  an  das  Vorhandensein  einer  beträchtlichen  Hinter- 
lassenschaft erwecken  und  begünstigen  musste,  mit  einem 
Haie  zu  nichte  ztf  machen,  wenn  es  gelang,  aus  dem  Testa- 
mente selbst  mit  aller  Deutlichkeit  au  beweisen,  dass  Napoleon 
nichts  weniger  als  ein  ungeheures  Vermögen  hinterkssen  habe. 
In  einer  besonderen  Depesche  Tom  3.  Oetober  forderte  Hetter^ 
nich  den  Ftirsten  Esterhazy,  beziehungsweise  die  englische 


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33 


Regierung  auf,  auch  diese  Erwägungen  berücksichtigen  zu 
wollen. ' 

Hatte  Mett«  rnii  h  den  Standpunkt  des  Kaisers  und  auch 
seinen  ei<^''(.ncn  in  deutlielier  Weise  erliiutcrt,  so  ^in^^  er  nun- 
mehr daran,  auf  die  6puren  zu  verweisen,  welche  st-iner  An- 
sicht nacli  verfolgt  werden  müssten,  um  die  Person  zu  ent- 
decken^ iu  deren  Händen  das  Testament  sich  befand.  Das 
Vorhandensein  eines  solchen  glaubte  er  um  so  weniger  in  Zweifel 
ziehen  zu  dürfen,  als  ihm  bereits  zwei  Jabre  suTOr  die  Za- 
sicherung  gemacht  worden  war,  von  den  testamentarischen 
VetAlgttttgen  Napoleons  in  Kenntniss  gesetzt  zu  werden.  Der- 
jenige jedoch,  welcher  sich  bereit  erklArt  hatte,  der  österrei- 
ehischen  Regierung  in  dieser  Hinsicht  gefiüüg  zn  sein,  lOste 
sein  Versprechen  nicht  ein,  wahrscheinlich  aus  Furch^  seiner 
Partei  gegenüber  sich  blosszustellen. '  Jetzt  wiederum  war  es 
Metternich  hinterhracht  worden,  dass  man  in  dem  Salon  der 
Lady  HoUand  in  ganz  bestimmter  Weise  Uber  das  Testamient 
sich  geäussert  habe.  Hiedurch  wurde  er  noeli  nielir  in  seinem 
Verdachte  h(!Stärkt,  da^.s  Lord  Holland,  der  eifrige  Anwalt  des 
Oefang<inen  von  St.  Helena,  dcKson  Vertrauen  er  in  reichlichem 
Masse  ^'t no.s.sen  hatte,  denjenigen  kenne,  welelu'r  von  Napoh.'on 
damit  beauftragt  worden  sei,  sein  Testament  zu  verw\'ihren. 
War  dicRes,  wie  Napoleon  wohl  angeordnet  haben  mochte,  von 
Las  Cases  oder  O'Meara  nach  Europa  gebracht  worden,  da- 
mit es  nach  seinem  Tode  nicht  in  die  Hände  der  Engländer 
falle?  In  dem  einen  Falle  hielt  68  Metternich  fUr  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  der  Ilerzt^  TOn  Leucht^mberg  derjenige  sei, 
in  dessen  Besitz  das  Testament  sich  befand,  in  dem  andern 
Falle  yermnthete  er  dieses  noch  in  £ngland.' 

Erfolglos  jedoch  wie  bisher  blieben  auch  jetzt  die  Be- 
mühungen des  kaiserlichen  Botschafters  in  London.  Lord  und 
Lady  Holland  waren  bereits  seit  längerer  Zeit  verreist,  wes- 
halb Esterhazy  sich  ausser  Stand  gesetzt  sah,  im  Sinne  der 
Weisung  zu  handeln,  welche  auf  sie  Bezug  hatte.  Ausserdem 
&nd  er  seitens  der  englischen  Regierimg  nicht  jenes  Entgegen- 
kommen, auf  welches  Metternich  zu  rechnen  schien;  denn  der 


*  Anhang  8. 

'  A\iH  (ton  Acten  ist  dttrUber  itiohti  welter  sn  eataehmen. 

*  Anhang  9. 


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33 


ente  fltaatooucmtir  MarqoiB  Londondeny,  an  welchen  Estorhasy 
sieh  wenden  miMBte,  da  Batharat  gerade  nicht  in  London  weilte, 
erOihele  ihm,  daaa  Enghmd  e«  als  Grnndiats  an%e8teUi  habe, 
Bich  in  nlehts  an  nusehen,  was  das  PriratTermOgen  Bonaparte's 
hetrefie,  nnd  deshalb  nicht  in  der  Weise  Nachforschungen 
p6egen  dürfe,  wie  die  österreichische  Ke^'ierimg  sie  vcrlauore. 
Nur  diizu  erklärte  er  sieh  bereit,  diese  in  ihren  Bemühungen 
nach  Möglichkeit  zu  unterstützen. 


TU.  Cnpttel. 

EÄterhazv  trilifih  tieju  Fürsten  MetttTiuoli  den  Hath,  in  Frankreich  Nach* 
focfchuugeu  über  dun  Verbleib  des  Testamentef»  aufteilen  zu  laMeii.  —  Seiu 
0«qprlcb  mit  Sir  Hudaon  Lowe.  —  Bertraud  und  Montholou  iu  Poris.  — 
Ihr  ProceM  mit  dem  BanUuraM  Lafitte.  ^  Bertnuid*«  Schreiben  an  Marie 
Lonieeu  —  Antomarelii  in  Panna.  —  Seine  Andiens  bei  dem  Grafen  Ndp- 
perf.  Br  sieht  die  Xafiaerin  im  Thealer.  —  Eiodniek,  welchen  die  Witwe 
Kapoleons  auf  ihn  henrormfL  —  Marie  Louise  erhält  den  Brief  Bertrand'a. 
—  Sie  wendet  sich  um  IJath  an  dpn  Fflrsten  Mettornich.  —  Di«>ser  »chreibt  an 
Neipperif.  —  Marie  Louise  ir»ncbt  den  Botochafter  in  Paris,  in  ihrem  Namen 
mit  den  Te«tanieutaTolI«treckem  zu  unterhandeln. 

Ln  Hinblick  darauf  nnd  weil  anoh  Graf  Bertrand  nicht 
mehr  in  England,  sondem  bereits  auf  franaOeischem  Boden  sich 
be&nd,  gab  Esterhaay  dem  Forsten  Metternich  au  bedenken, 
ob  es  nicht  angezeigter  wftre,  m  Frankreich,  welches  an  der 
Sache  bei  Weitem  mehr  als  England  betheiligt  sei  und  auch 
Uber  einen  besseren  Polizeiappamt  verfUge,  Nachforschungen 
über  den  Verbleib  des  Testamentes  anzustellen.  ^    Um  jedoch 


L'abscnre  prolongäe  de  Lord  et  Lady  Holland  in'a  erapech«^  de  snivro 
rinditviti.iii  que  vous  ave»  bien  voulu,  mou  prince,  um  «li/uner  k  co 
aujet;  ayaut  d'ailleura  interronipu  toute  relatiou  avec  eux,  meme  celle« 
de  aoci^t^  je  n'ai  aucuu  moyen  de  pouvoir  en  profiter.  Mes  informa^ 
tiont  na  penvent  dooc  ftre  que  tria  indireeles;  je  ne  d^eeepAre  eepen- 
daat  paa  da  m'en  proenrer  par  des  penonnea  qvi  fMqnentent  lenr  aeei^t^ 
umqnement  daoa  le  hat  de  T^rifier  le  fait,  li  on  y  a  connaiiMance  dn 
leetanent  en  qneation  en  mm.  Le  g^nöral  Bertrand  s'^nt  ^tabli  en 
France,  il  sera  pe»it-etre  plu»  Ris6  d'y  dcicouvrir  quelques  donnf^os  k  cet 
»v/T-ard  qu'il  ne  l'ost  ici,  d'abord  parceque  le  gouvernenieut  Frantjais 
nietiie  M^y  trouve  plus  int^reasä  que  le  gouvemement  liriiannique  et  eu- 
saile  parceque  lee  moyens  de  police  y  aont  bien  plus  efficat^.  Lord  Bat^ 
hnnl^  dana  le  ddpartement  dnqnel  ae  treuTe  toiOoiin  tout  oe  qni  a  trait 
aas  ralalioiia  a^ec  Bonaparto»  et  qni  m*a  aoiiTeiit  montri  beanoonp  de 
Anlir.  BLLtST.  L HiUls.  8 


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S4 

von  jcflcr  8eitü  P]rkiuuli<ruiip  n  ('inf»'ezo*»'en  zu  liaben,  wendete 
sich  fürst  Est(Thazy  auch  an  8ir  Uudüon  Lowe,  weicher  am 
25.  Juli  St  Heleoa  verlaasea  hatte. 

Trotz  des  niofats  weniger  als  freuncbchaftlichen  Verhältr 
niaaes,  in  welchem  er  als  Gouverneur  der  Insel  St  Helena 
zu  dem  Österreichischen  Commissär^  Freiherrn  von  Stllrmerf 
gestanden  war,  zeigte  Sir  Hudson  Lowe  dem  kaiserhchen 
Botschafter  in  einer  Weise  sich  sayorkommend,  welche  dieser 
von  ihm  nicht  erwartet  hatte.  Aber  auch  seine  MittheQuogen 
waren  nicht  der  Art,  dass  sie  Esterhasy  befriedigten.  Ueber 
den  Verbleib  und  die  Zeit  der  Abfassung  des  Testamentes 
wttsste  er  ebenso  wenig  etwas  zu  sagen,  als  seine  Ansicht,  dass 
es  von  dem  Abbä  Buonavita  nach  Europa  gebracht  worden 
sei,  mit  gonligenden  Bewcisgrlinden  zu  belegen.  Das  Eine 
jedocli  glaubte  auch  er  als  gewiss  iinnelmicn  zu  clUrfen,  daae 
ein  Testament  existire,  denn  es  war  ja  Graf  Montholon  seilest, 
welcher  ihn  noch  bei  Lebzeiten  Napoleons  davon  in  Kenntniss 
gesetzt  hatte.  X'on  ilim  erfuhr  er  auch  etwas  tlber  den  StaTul 
des  hinterlassenen  V^enuögcns,  welches  er  auf  100.000  Ptund 
Sterling  schützte.  Weiters  hielt  F^owe  es  tUr  keineswegs  aus- 
geschlossen, dass  das  Testament,  vielleicht  den  Absichten  Bona- 
parte's  entgegen,  bei  Seite  geschafft  worden  sei,  denn  auf- 
fallend musste  es  ihm  immerhin  erschienen  sein,  dass  Nie- 


complalsance,  ae  ae  trouvaat  pw  ici  pour  1«  aronieiit,  c*«it  an  marqttii 
de  Londondorry  qtte       temoign^  cnmbien  il  ätait  importnit,  Mtu  pln- 

sieurs  rapports,  de  uous  procurer  des  iufuriiiHtioQB  exactes  sur  toiis  les 
d6tail8  do  cet  objet,  «avoir  l'exititence  d'uii  tosftanient  et  Im  cliHpo.sitioii» 
qu'il  peut  r<;uf(!riiinr.  J*ai  eu  soin  de  bioti  tut  i'airc»  rumarquer  «{ue,  si 
Dous  mettona  uii  grand  prix  k  peu6trer  le  luyst^re  dont  les  d^puäitaires 
de  cet  acte  ont  pris  k  t&ehe  d*enTeloppor,  c*e0t  que  noos  ratteilmoBB 
prindpalemeiit  i  qd  plan  poUtlqna,  calcuK  nur  dee  chanoea  po«ib]ee 
dans  ravenir.  J*id  en  mfime  tempe  pri4  8.  8.  d^obaerver,  qvie  si,  grice 
aux  sage«  et  bienTeillantcs  dispositions  de  8.  H.  Pemperanr,  let  intori  ts 
p^t  imiatros  ««ont  danx  rutte  aiffiiru  que  d'uno  iniportance  socoiulairo, 
c«pondatit  Elle  lu;  pouvait  ui  ue  devoit,  comme  tiitciir  natnrel  d»'  M.  le 
duc  de  Reichstadt,  abandonner  los  droit«  de  mn  jk  tit  fils  h  l,i  tortune 
particuliure  de  sou  pere.  Le  principal  socr^taire  d'etat  ui'a  paru  euticre- 
ment  appr^ier  1a  force  de  ce  raiaonneBnent.  H  m*a  sealeueiit  obeerv^ 
que  le  goavernement  Biitannlque  ne  poavdit  point  hin  difedenieiit  et 
onvertement  les  recherehee  que  nona  lai  demaadona,  ayaat  adopl6  poitr 
principe  de  ne  se  nieler  en  rien  de  ce  qui  concerno  la  fortnne  particulicre 
de  Bonaparte.  Eaterbaij  an  Meiternicb.  Iiondrea,  le  87  novembre  1821. 


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35 


nuoid  in  Longwood  naob  dem  Tode  des  Exkaisers  etwas  dar- 
über zu  sagen  wusste  und  er  selbst  statt  eines  sololien  Doou- 
UR'ntes  nur  ein  Codicill  vo!*fand.  ^Im  Uebrig-eii  niarlitr  er  den 
Fürsten  E^terhazy  darauf  .Hufmerksi.'ira,  dnss  man  die  Giltig- 
keit  de»  Testamentes  anfcclitcn  köiiin',  wenn  dieses  aller 
Var«n?jsicht  nach  von  den  Localbehörden  nicht  beglaubigt 
worden  sei.  ^ 

Während  die  österreichische  Regierung  alle  Hebel  in  Be- 
w^ung  setzte,  um  diejenigen  ausfindig  zu  machen,  welche  im 
Besitze  des  Testamentes  Napoleons  sich  bcfantlon.  weilten  die 
Grafen  Bertrand  und  Montholon  bereits  in  Paris. ^  Hier  wiesen 
sie  dem  Baiiquier  Lafitte  das  Schreiben  des  Exkaisers  Tom 
25.  April  vor,  welcbes  sie  ermttchtigtei  eine  Summe  TOn  fast  6  Mit* 
Honen  Francs  in  Empfkng  zu  nehmen.   Lafitte  weigerte  sich 
jedoch,  ihrem  Begehren  ohnewelters  Folge  su  leisten.  Er  zog 
Erkundigungen  ein,  wie  er  in  diesem  FaOe  sich  zu  benehmen 
hätte,  und  erklärte  sodann,  daas  der  Bechtatitel,  auf  welchen 
die  Beiden  sich  beriefen,  ihn  nicht  genügend  ermächtige,  ihnen 
die  in  seiner  Verwahrung  befindlichen  Summen  einzuhändigen. 
Ob  die  hauptsächlichsten  Beweggründe  seiner  Weijrerung  die 
iliicksichtnahme  auf  die  Witwe  und  den  Suhii  Naiiulcoiis  oder 
den  Umstand  betrafen,  dass  von  einem  Testamente  und  anderen 


*  Anhang  10. 

'  M'jntliolon  begrab  »irb,  wie  Fürst  Mt'ttPrnub  »'ist  spütcr  in  Krfabnitig' 
brncbU',  pbüfh  nacli  soiner  Ankunft  in  l'aris  zu  di'ni  Herzog  von  Hicbelieu 
und  tbeilte  diesent  da^  Ttiätaueut  Napoleon»  mit  dem  Bemerken  iiiit^ 
dMim  er  Austalten  trelltm  werde,  es  in  VoUsug  so  bringeiL.  Am  19.  No- 
▼emher  18il  wir  Kareher,  der  QeachlftHtägtr  de«  Groeebenogs  von 
Toeesna  in  Parie,  beraiti  ia  der  Lage»  Obifee  naeh  Batue  an  berichten. 
Aber  aae  der  Geeendlechsftseorretpqodeii»  geht  nicht  hervor,  da»  die 
Merreicbis<.-be  Regierung  bereits  im  November  1H21  von  diesem  Scbritte 
des  Grafen  Montholon  Kenntnis«  hatte.  Weiter»  berubt«t  Knrrlipr:  Tl 
parait  qne  sons  le  rappnrt  de  l'ox»''cntion  1p  pouvernenient  veut  laisscr 
faire.  Elle  doimera  Ueu  k  maiiilOM  ditliinilt4^«.  t^ur^stion  do  savoir  si  le 
testatear  ^it  apt«^  k  tester?  Et»t-ce  la  l^islattuu  Aiiglaiso  ou  ccllu 
Franfaise  qoi  doit  ngir  ?  Getto  deniiire  dinlnuenit  lee  lege  de  moiti4, 
paite  qtt*elle  adjnge  la  moitU  au  fil«.  Lafitte,  anqnel  Bonaparte,  Ion 
de  een  d6part  ea  1816  a  remie  dix  nüllions  de  firancs,  et  qni  en  a  d^ 
peuA  dee  eommee  dont  il  ne  pent  rendre  oeoiple,  e*oppose  k  la  remise  du 
eapital  et  des  intÄr^ts,  en  soutenant  entre  autres  qnc  lo  tostaint  tit  t^xistnat 
eti  Aupletorre  et  qni  ne  doit  @tro  ottvprt  qn'k  la  majoriti'  du  tils  peut  ren- 
fermer  des  clause»  contraires  k  celui  qu'ou  produit  aujourd'buL'  SU-A» 

a» 


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36 


Depots  die  Rede  war,  welche  in  Eogland  sich  befinden  sollfen, 
oder  ob  nicbt  anch  persönliche,  gescbüfUiche  Interessen  mit  im 
Spiele  wareni  mOssen  wir  hier  unertfrtert  lassen. 

All  dies  gelangte  snr  Kenntmss  des  Osteireiehischen  Bot- 
schafters in  Paris,  welcher  sich  beeilte,  dem  Fürsten  Metternich 
dayon  HittheÜnng  zu  machen.  Gleichartig  berichtete  er  aneh 
nach  Wien,  dass  Bertrand  und  Montholon  als  die  Verwahrer 
des  Testamentes  sich  bezeichneten,  zu  dessen  Vollstreckiin^ 
sie  nicht  früher  berechtiget  wären,  als  his  der  Herzog  von 
Reichstädt  seine  Grossjährip^keit  erlangt  hätte.  * 

8iö  hülfteu  Beide,  die  Krlaubniss  zu  erhalten,  sich  nach 
Parma  begeben  zu  dürfen,  und  warteten  die  Antwort  auf  einen 
Brief  ab,  welchen  Bertrand  am  15.  August  von  London  aus 
an  die  Witwe  Napoleons  gerichtet  hatte.  Er  lautete  wie  folgt: 
,Sie  wissen  zwar  bereits,  dass  Sic  Ihren  erlauchten  Gemahl  ver- 
loren haben,  aber  ich  folge  seinen  Befehlen  und  aeige  Ihnen 
hiermit  in  officieller  Weise  seinen  Tod  an.' 

, Wührend  seines  Aufenthaltes  auf  St.  Helena  waren  £.  If . 
bis  zu  seinen  letzten  Standen  der  Gegenstand  seiner  (^esprttche 


Ftok»  1«  4  dieembie  1681. 

Au  moment  o&  Bonaparta  en  1815  qmtta  la  Franca  pour  la  ■9* 
conde  fois,  il  laiasa  dot  fonds  eiitre  les  mains  du  banqnier  Lafitto  ponr 
la  valeur  de  (jtintre,  on  dit  mtino  de  six  milUons  de  fraae»;  jlfnore  si 
lo  ministfTC  «lu  roi  ou  a  ute  iiitnrme. 

Dopuis  la  rentrtit)  mi  Frauco  du  g^n^ral  li«rtrand  et  de  M.  de 
Montholon,  ceux-ci  munis  d*nn  dcrit  de  Buonaparte,  qui  disposait  de  ces 
nikam  tonä»  tant  «ti  leer  faveiir  cpi'eii  ealle  d*iui  wmtui  liweliaiid,  * 
•on  valet  de  ehambre,  tMamkrotA  de  M.  Lafitte  la  leniae  dee  eenme« 
qui  ^taient  entre  ses  mains.  11  eonvient  qu'il  8*ea  troaviUt  en  effet  le 
d^poeitaire,  mais  il  refusa  de  s'en  dessaisir,  jusqa'i  ce  qu'il  oüt  pris 
conseil  n  rot  t'g.ird,  il  jiar.iit  d'ajtrt'S  Topinion  qu'oii  liii  a  donno  de 
cette  atiaire,  niiü  M.  Lafitto  no  se  croit  pas  f«ufti.saninient  autorisö  par 
le  titre,  doiit  MM.  Bertraiul  et  Montholon  ont  fait  usage  vis-a-vis  de 
lui«  et  que  parmi  les  cousid^iationn  quo  lui  uui  fait  euvisager  se»  cou- 
aeUa,  celle«  qni  eonoement  la  veove  et  le  il«,  eont  eellee  qui  ont  en  le 
plaa  de  poids»  d*aiitaiit  qn*tt  est  qiieetion  d*im  teetameut  et  d*aatcei 
fonds  qui  l'nn  ek  raatree  dolveat  se  tnmrer  en  AngleteRie;  on  essore 
que  MM.  Bertrand  et  Montholon  se  disent  »mm  d^positaires  d'nn  te» 
stament.  mfiis  qn'ils  nc  doivont  en  faire  usape  qu'i  la  majorit^  da  duc 
de  Keich'itadt.  Üii  opposo  ä  cettu  d^claration  <iiif»  h>H  l<>i«i  d«  France 
ne  R'nvcoiilent  pas  avec  les  dispositions  sur  lesqueb  se  tondent  MM. 
Bertiaud  et  Moutliolon. 


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37 


und  seines  Denkens.  Ihrer  Obhut^  Madame,  der  zärtlichen 
Sorge  einer  Matter  hat  er  seinen  Sohn  anvertraut.  Kaiser 
Napoleon  liattc  gewünscht,  dass  sein  Herz  Ihnen  ubergeben 
werde;  aber  wir  waren  gcnöthigt,  alle  seine  sterbliehen  Keste 
in  einem  und  demselben  Sarge  tai  verschliessen ;  doch  will 
icli  lliren  Schmerz  nieht  dureh  peinhche  Details  erneuern.  Weil 
der  Kaiser  das  VeH?ino;on  gcÄnssert  hat,  dass  ich  mit  dem 
Orafcn  Montholon  im  (  Ii  zu  E.  M.  begebe,  erbitten  wir  uns 
die  Gnade,  Ihnen  die  Versicherung  unserer  Verehning  zu 
Füssen  legen  sn  dürfen,  eobald  die  Umstände  es  uns  er- 
lauben werden.' 

Bevor  dieses  Schreiben  in  die  Hände  Marie  Lonisens  ge- 
langte, traf  Dr.  Antomarohi,  welcher  auf  der  Reise  nach  Rom 
begriffen  war,  in  Panna  ein.   Hier  &nd  er  Gelegenheit^  dem 
Grafen  Neipperg  yorgesteUt  in  werden.    Von  ihm  anf  das 
Freandfielute  empikngen  nnd  Uber  die  Krankheit  nnd  den 
Tod  Napoleons  befragt,  änsserte  Antosiarchi  den  Wunscbi  auch 
der  Kaiserin  über  die  lotsten  AngeubHcke  ihres  Gatten  nähere 
AnfteUfisse  sn  eräieSen  nnd  ihr  bei  dieser  Gelegenheit  emen 
an  sie  gerichteten  Brief  der  Grafen  Bertrand  und  Montholon 
übergeben  zu  dürfen.    Darin  wurde  Marie  Louise  aa  Namen 
Napoleons  uutgetordert,  Antomarchi  eine  lebcnslängHche  Pension 
von  (iUOO  Francs  zu  sichern,  ihn  zum  Cliirurgen  ihres  Uauses, 
duu  Abbti  Vignali  hingegen  bis  zur  ürossiäliriirkeit  des  Herzogs 
von  Reichstadt  zum  Almosenier  su  ernennen.^  ^ch  kann  Ihrem 


^  Die  Grafen  Beitraud  und  Montholon  an  die  Uon&ogin  vuu  Panua: 

Maflamflt  hoaätm,  ce  12  Mptembre  1881. 

Le  doctenr  Antomareht,  qut  aun  rhonnenr  da  nmettre  oatte 
lettre  k  V.  M.,  a  «ngni  remperenr  votre  «ngiute  Aponx  dam  hl  nudadie 
4  laqtiello  Ü  «  succorabd. 

Dans  »65  flcrnu'ros  ninmfrit.s  l'emperetir  nons  n  charfr»'  A>'  faira 
connaitre  i'i  ^^  M.  qu'il  La  priait  <lc  faire  luiyer  ;i  M.  Antoui.ircin  une 
Pension  viafri-n*  de  six  niille  fraiics  t  uinuio  rücomiH'iisc  ile  aoa  aer- 
vicuä  k  {»^«-llüleuä  et  qu'il  dutfirait  qu'Ellu  I'attachät  a  8a  luaison  comme 
ehinugien  ofdinaiie  ainii  qne  IL  VwM  Vignali  anmdnier  oidl' 

naire  jiisqii*i  la  wa^»M  da  prinee  Son  ipoqne  4  laqnelle  il  dMie 
qa'U  hd  toit  attach«. 

Kons  eroyont,  Madame»  ramplir  un  deraier  devoir  enwn  rem- 
perenr en  transmettant  4  Y.  ML  Me  derniires  Tolontöe,  qa'U  nont  a  plil- 
tieon  foi^s  r^it^rees. 

Nona  avons  Thonueur  d'etre  . . . 


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38 


Begehren  nicht  Folge  leisten/  erwiderte  Chraf  Neipperg;  ,die 
Kunde  von  Dürer  Ankunft  hat  den  Sehment  der  Ersbersogm 
nur  vermehrt;  sie  klagt  und  eeii&t  und  ist  nicht  in  der  Lage, 
Sie  zu  empfangen.  Aber  ich  biete  mich  Ihnen  als  Yernuttler 
an;  ich  werde  ihr  melden,  was  Sie  mir  soeben  ersilhlt  haben, 
und  den  Brief  überleben,  wenn  Sie  nicht  darüber  in  Soi^e 
sind,  dass  er  durch  meine  Hände  g-ehe.'  Weit  entfernt  davon, 
irgend  welchen  Ar^ohn  zu  hcgcu,  übergab  Antomarchi  dem 
Grafen  das  Scln  t'ihcn.  Neippei^  entfernte  sich  und  k  l  i  to  nach 
einer  kleinen  Weile  mit  einer  Botschaft  zurück,  welciie  Anto- 
marchi keineswegs  erfreute.  Denn  Marie  Louise  hatte  erklMrt. 
dass  sie  ihn  als  einen  Fremden  niclit  in  ihre  Dienste  aufnehmen 
und  auch  seine  Bitte  in  Betreff  der  Pension  nicht  sofort  erfUllen 
könne.  Sie  müsse  vorerst  den  Rath  ihres  Vaters  einholen,  so- 
wie über  die  letztwilligen  Bestimmungen  ihres  Gemahls  ganz 
und  gar  im  Klaren  sein.  ^  Als  Graf  Neipperg  nach  diesen  sich 
erkundigte,  vermochte  er  nichts  Anderes  in  Erfahmng  zu  brin- 
gen, als  was  ihm  bereits  Abb^  Vignali  mitgetheilt  hatte.  ,Die 
TestamentSYollstrecker,'  bemerkte  Antomarchi,  ,baben  es  sieb 
zum  Gesetze  gemacht,  getreu  nach  ihren  bstmctionen  zu  han- 
deln/ Welcher  Art  jedoch  diese  wären,  dardber  wosste  der 
Arzt  Napoleons  nichts  zu  sagen.  Als  er  sich  yerabschiedete, 
üben*eichte  ihm  Neipperg  im  Namen  Marie  Louisens  einen  kost- 
baren Ring.  Wenige  Stunden  nach  dieser  Audienz  hatte  Anto- 
marchi Gelegenheit,  die  Witvve  Napoleons  im  Theater  zu 
sehen.  ,Da  war  nichts  mehr/  schildert  er  uns  in  seinen  Auf- 
zeichnungen. ,vnn  jener  übervollen  (Jesundheit,  jener  blenden- 
den Fribclie  zu  sehen,  von  welcher  Nnpoh-o])  niii-  so  oft  er- 
zählt; mager,  abgeschl/i^«-en,  herabgekonimun,  trug  sii'  die 
Spuren  des  Kummers  an  sieh,  welchen  sie  durchgemacht  hatte. 
iSie  kam  blos,  um  gleich  wieder  zu  gehen;  ich  aber  habe  sie 
gesehen,  und  das  genUgte  mir." 

Erst  am  25.  November  gelangte  der  Brief  des  Grafen 
Bortraud,  und  zwar  durch  die  Vermittlung  eines  in  Parma 
lebenden  Banquiers^  welcher  ihn  wieder  ,  von  einem  römischen 


Uoila^u  eines  Berichtes  Neippeig's  an  Metternich  ddo.  Sala»  ie  16  oo- 

tobro  1821. 

*  Nt'ijtjterg  ati  Metternich.  8ala,  io  16  octobre  lö21. 

*  Antomarchi,  II,  180—330. 


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89 


Geschaftsfireiinde  mr  Wdterbefhrderuiig  erhalten  hatte,  in  die 
Bäbide  der  Ehrzherzogin.  Obwohl  Marie  Louise  nocli  vor  wenigen 
Wochen  iiiidercn  Sinnes  war,  zcij^e  sie  sii  li  jetzt  nichts  weniger 
als  abgeneigt,  Bertrand  und  Montiiolon  zn  sehen  und  zu  em- 
pfangen, vorauB^setzt,  (iass  sie  Niibcres  über  das  Testament 
Napoleons  in  Krfalirung  hrini::'  ::  kannte.  Doch  wolhe  ^ic  in 
einer  für  sie  heiklen  Angf'le<xeniieiT  niehts  unternehmen,  ohne 
vorerst  den  Kiith  Metternicirs  eingeholt  zu  haben.  *  Am  2.  De- 
cember  erhielt  Graf  Neipperg,  welcher  in  ihrem  Auftrage  aioh 
an  den  Fürsten  gewendet  hatte,  folgende  Antwort:  ,Ks  mu88 
dcor  Klugheit  der  Frau  £rzherBOgin  Ub<  rlnssen  bleiben,  zu  er^ 
wftgen,  ob  das  Interene^  welehes  sie  daran  hat,  ttxunittolbar 
durch  Genend  Bertrand  und  Montholon  Aafschlllsge  Uber  das 
Testament  ibret  ▼erstorbenen  Qemalds  xu  erbalten,  mächtig 
genug  ist,  dass  sie  sich  niekt  dtircb  den  Emdrack  beirren 
lasse,  welchen  das  £neheinen  jener  Beiden  in  Parma  ganz  un- 
fehlbar in  Europa  nnd  insbesondere  in  Frankreich  henror- 
bringen  wird.  Sollte  also  I.  M.  grossen  Werth  darauf  legeni 
die  awei  Herren  zu  empfangen,  so  konnten  Sie,  Herr  Graf, 
damit  beauftragt  werden,  Bertrand  und  Montholon  durch  Baron 
Vincent  mündlich  verstilndigen  zu  lassen,  dass  sie  ftlr  den 
Fall,  als  sie  von  Seite  der  fianzüsischen  Rejj-ienin»*'  die  Krlaub- 
niss  erhalten.  :>i(  li  iiuch  Rom  zur  Familie  lionapai  tc  zn  Uofirolien, 
auf  ilirer  Reise  durch  Parma  liier  empfantren  werden.  Wenn 
jedoch  die  Frau  Erzherzogin  sieh  dafllr  <  ni-clicidet,  sie  nicht 
zu  empfangen,  erachte  ich  es  ITir  schicidicher,  dass  sie  auch 
davon  absehe,  ihnen  zu  antworten/ 

^Farie  Louise  schloss  sich  der  Anschauung  des  Fürsten 
Metternich  an  und  richtete  an  den  kaiserlichen  Botschafter  in 
Paris,  Baron  Vincent,  das  li^uchen,  den  Grafen  Bertrand  und 


L'i  lettre  cy-jointe  est  parvemie  hier  ä  S,  M.  M™«  rarchidurliosse  par 
un  banquior  do  cetto  ville,  auqael  olle  a  4te  transnuDe  par  uu  de  nes 
correspondants  de  Rome.  A  jnger  de  la  date  de  cette  lettre  il  irost 
pirfiit  dooteux,  qa'«!le  n'aii  M  retenue  quelque  part  M"«  Varcfaida- 
nhewa  ne  Teot  7  lUf«  a««uie  iAponie  itns  avoir  pr^alablemeiit  pris 
Um  oohmUs  4«  V.  Ä.  dans  «ne  oeeiuim  anstf  d^licate.  Slle  n*a  aacun 
inkiret  particnlier  4  dfsirer  de  Toir  Ici  lo  fg&oAnX  BertMiid  M  !•  eomte 
'le  Moiitliolon  si  ce  ne  fut  que  pour  en  tirer  de«  rpn«etpnf>mpnts  sttt  le 
b-st-mifrU  tlc  »<>n  d<^fnnt  t'poux.  En  attemlant  la  reponse  de  V.  A.  .  .  . 
Metpperg  an  Metternich.  Farne,  ce  16  novembre  1821. 


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40 


Mondiolon  bq  erOffiieli,  dass  rae  all  das^  was  sie  m  Betreff  des 
Testamentes  zu  sagen  wtlssten,  ihm  sdirifilicfa  oder  mQndüofa 
anvertranea  konnten.  Sie  selbst  aber  wire,  abgesehen  da-von, 
dass  sie  das  Nttbere  ttber  die  totsten  Stunden  ihres  verstorbenen 

Gemahls  bereits  durch  Antomarchi  und  Vignali  erfiüiren  hfltte^ 
nicht  in  der  Lage,  sie  bei  sich  zu  sehen.' 

General  Vincent  zögerte  jedoch,  sich  mit  den  Genannten 
ins  Einvernehmen  zu  setzen,  ohne  von  dem  Fürsten  Metter- 
nich selbst  hiezu  ausdrücklich  crmMcbtigl  wurden  zu  s<  in.  Er 
setxto  diesen  von  dem  Verlangen  der  Erzherzogin  mit  <lrr  Be- 
merkung in  Kenntniss,  dass  man  sich  nöthigenfalls  an  die  iran- 
zösischen  Gerichte  wenden  müsse,  um  die  Ansprüche  Marie 
Louisens  und  des  Herzogs  von  Reichstadt  zur  Gelang  bu 
bringen.  Ein  solcher  Schritt  konnte  aber  auch  nur  dann  nnter- 
nommen  werden,  wenn  die  testamentarischen  Bestimmungen 
Napoleons  im  Widersprach  mit  den  iianzttsiachen  Gbselaen 
stünden,  welche  es  nicht  gestatten,  dass  ttber  einen  gewissen 
Thea  der  Erbschaft  hinaus  zun  Schaden  der  Eindw  Terfitgt 
werde.' 


8.  M.  H"">  rwGhidiiehe«M  qui  aeni  pariUtement  que  ranivte  du  gAn^ 
ral  Beitrand  et  de  M .  le  cnmte  de  MonUtoIon  k  Panne  ae  poiirrait 
niaiiquer  do  prorluiro  rn  Europe  un  effot  döfavorable  (*i  duntipr  Heu  a 
des  iionvel[o8  claiiieurs,  ino  elmrg'n  do  von«>  jirior  iravoir  In  !"Mito  do 
pr^veiiir  ces  MM.  vorbaletueiit  »i»iü  *a  poi^itiua  n«'  Ini  pcriiiei  j».!!»  do 
los  recevoir.  ä.  M.  a  d^jk  eu  par  le  chapelain  Vignali  et  lo  docteur 
Antomarchi  tow  lea  detail«  concernani  les  derniei»  initanti  da  «oa  d^ 
Amt  Apovkx.  8i  par  an  sentiment  de  toyaut4  anquel  eile  a  le  droit  de 
fl*atteiidre  de  la  part  de  MM.  les  comtes  de  Bertrand  et  de  Montbolon, 
ib  voulaient  fournir  des  lumi^res  rar  le  testament  do  sott  dponz  (qui 
lui  inspire  le  plus  grand  int^rvt  par  ttne  sollicittide  bieii  uatnrelle  pour 
f»fm  bicn  aimo  fils)  ils  en  trouveront  toua  les  moyens  en  los  coramani* 
quaut  confideiitiellement  ä  V  E.  soit  par  6cnt,  seit  verbalemeiit. 

Mino  rarchiducbetwte  a  la  pleiiie  confiance  qae  persouue  ue  s'ac- 
qiiittera  d*Q&e  commisrion  aaan  dtiüsate  mieiix  qae  V.  E.«  et  je  anii  .  .  . 
.  .  .  Netpperg  an  Baron  Vincent  Panne,  ce  11  dAoanilxra  18S1. 
Qnoiqtt*une  lettre  de  V.  A.  k  M.  le  eomte  de  Veippeig  en  data  da  S  de 
ce  noie»  doat  il  m'a  trausmiK  nne  oopUs  •embleralt  in*j  anlorieer  en 
quelqne  manlSre,  jo  n'ai  cepeiidant  paa  cm  devoir  tue  mottre  en  aucune 
e«p6ce*de  rnppnrt  avec  ces  Messif^iir«  (?.ins  une  autoriaation  diroct»'  d« 
V,  A.  Je  m'emprösse  en  consüqneiu-H  do  Lui  rendre  compte  du  desir 
que  m'a  £ait  temoigner  M*"«  In  duchesae  de  Farme,  en  obaerraot  toute- 
foia,  quo  dans  le  caa  ou  £liu  j  ugeralt  k  propo»  qae  je  m'occupe  de  Tobjet 


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41 


YUL  CftpIteL 

Zeitungsgerüchte  über  daa  Testameut  Napoloons.  —  Lord  liathurst.  —  i^nnm 
Vincent  —  AlArie  LoaiM.  —  Verhalten  des  li^ürsten  Metternich.  -  Kaiser 
Vnmn  IbrdüBrt  den  StMtriuHnler  «uf ,  ibm  sttv«riiM%«  NMhrielitaii  Uber 
dat  Ttetament  m  oatMlindtaB.  —  WeUnngmi  Ifettenikli*«  nach  London  und 
Paria.  Knria  Louise  erklirt,  anf  jaden  Nnt^nnaa  der  dem  Henog  von 
Beichfltadt  mOf Ueherweiae  anfallenden  Erbsebaft  venichten  an  wollen. 

Franz«) süsc'he  und  deutBchc  Journale  brachten  in  Bälde 
aiisnihrliche  Artikel  über  die  von  »Seite  der  Grafen  MonthoJon 
und  Bertrand  an  Latitte  frestellte  Forderung  und  über  das 
Testament  selbst,  von  welchem  einxelne  Bestimmungen  ver- 
öffentlicht wurden.  Sie  wiesen  auch  auf  den  Herzog  von 
Leuchtenberg  als  denjenigen  hin,  in  dessen  Hllnden  ein  ansehn- 
liches Depot  sich  be&iden  sollte.  Weiters  waren  Gerüchte  im 
Umlanfy  dass  Napdeon  seinem  Sohne  nichts  Anderes  als  seinen 
Degen  und  eine  Instraetion  vetmaoht  habe,  welche  General 
Bertrand  beauftragt  sef,  dem  Herzog  von  Reichstadt  an  ttber* 
laHteln.  * 

Ein  Ansang  aus  dem  Testamentei  welcher  in  den  leisten 
Tagen  des  Norember  In  den  meistgelesenen  Jooraalen  erschien 

und,  wie  allgemein  vermuthet  wurde,  von  Montholon  herrührte, 
erregte  die  ganz  besoudure  Aufmerksamkeit  der  franzüsisehen 
und  dei-  englischen  Regierung.  Esterhazy  theilte  dem  Fürsten 
Metteniirli  mit,  dass  er  die  eifrii^sten  Nach!  isclmnfren  über 
die  Glaub\vürdi<^^keit  dieser  Nachrichten  ^-ejjtlof^i  ii  habe  und 
zur  Ueberzcu^'ung  gekoniiucn  sei^  da^s  sie  zum  grüsbten  Theil 
aut  Wahrheit  beruhten.  Batliurst,  wclelier  derselben  Ansicht 
war,  glaubte  mit  aller  Bestimmtheit  annehmen  au  dürfen,  ,dass 
die  wichtigsten  Verfügungen  des  Verstorbenen  in  einem  beson- 
deren DocuniTTite  Terzeidinet  stünden,  dessen  Erscheinen  erst 
in  spftteren  Tagen,  vielleicht  dann  erfolgen  sollte,  wenn  der 
Heraog  von  Reichstadt  seine  Grossjähngkeit  erlangt  habe'. 


en  qoettion,  il  pcraitait  bien  en  Tdnilter  la  nd«eMlt6  de  ddnarabea  jndi- 
dairai^  et  par  consAqiient  celles  de  recourir  aux  tribnmuiz  d*id  ponr  as- 
aurer les  Prätention«  qiie  M™«  la  duchesse  do  Parme  on  non  fils  pour- 
raient  avoir  sur  le»  fonds  att8*menttonnte.  Vinoent  an  Metterniob.  Faria» 

1«  27  flücembr«  . 
Auhaug  Ii. 


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42 


Pic  Auszüge,  welche  die  Zeitungen  aus  dem  Testamente 
gtibraelit  hatten,  eiitliielton  unter  Anderem  VeHiij^iin^^oii  Napo- 
leons 1  jene  (rcMer,  von  welchen  es  liiess,  dass  sie  bei  dem 
lierzog-e  von  Leuelitenlierg,  bei  Lafitte  und  aucli  bei  ^^arie 
Louise  niedergelegt  seien.  Lord  Bathurst  nahm  an,  dass  Napo- 
leon wohl  nie  mit  voller  Sicherheit  mit  diesen  Depots  habe 
rechnen  können  und  ihm  noch  ein  anderes  grösseres  Vermögen 
zu  Gebote  gestanden  sei,  in  Brtreff  dessen  vielleicht  jenes  be- 
sondere Schriftstück  nähere  Bestimmungen  enthalte.  £r  Uess 
kein  Mittel  unversacht,  am  darllber  sichere  Anhaltspunkte  zu 
gewinnen,  und  glaubte  endlich  als  gewiss  annehmen  zu  düi^Bn, 
dass  der  griteste  Theil  der  verftagbaren  Gelder  in  Amerika  bei 
dem  Grafen  Sorvilliers  niedergelegt  worden  sei.  Diese  Ueber- 
Zeugung  zu  hegen,  war  Lord  Bathurst  umsomehr  geneigt,  als 
er  nie  an  den  Fluchtplttnen  des  Gefangenen  von  St.  Helena 
gezweifelt  hatte;  denn  Napoleon  sah  nach  seiner  Ansicht  Ame- 
rika für  dasjenige  Land  an,  welches  ihm  die  ^rösste  Bürgschaft 
auf  Erfolg  zu  ^niwiiliron  vermöge.^ 

Die  verschiedenen  von  den  Jonrnalen  o^ebrachten  Ent- 
hüllungen genügten  Vineent,  um  ihn  erkemncn  zu  lassen,  mit 
welch  grossen  Schwierigkeilen  das  Uulenndimen  verbunden  sei, 
den  Ansprüchen  der  flerzogin  von  Parma  zum  .Siege  zu  ver- 
helfen. Die  politische  Seite  des  Testamentes  trat  jotzt  klar  an 
den  Tag:  Vincent  nannte  es  einen  Angriff  auf  die  bestehende 

^  II  croH  toutefoiH,  i{ne  \e»  dtspositions  la»  pliui  iuiportantes  du  ddfiint  »e 
tronveiit  consionfV«  Anm  nn  flncrimont  sup.ir»',  qui  no  doit  pnrnitre  au 
jour  qu'a  uno  ojtoque  plus  reculee  et,  pont-t-tni,  seutemeut  k  In  inajorito 
du  priuco  de  Ileichstadt.  On  nuppuse  (juo  par  ce  documont  Honaparte 
disposait  de  tes  fonds  «ffeetivement  dispooiblet»  ee  qiü  ii*e«t  pM  le  cm 
de  ceux  do«kt  il  est  qaeation  dam  la  piftee  publice,  pniaqii'il  ne  poavoit 
raisonnablenient  compter  ni  snr  Im  fond«  entre  Im  nudns  du  Prinoo 
Eugene,  ni  iar  eeox  (ju'il  prölend  avoir  dt4  remin  k  rimperatrlce  Marie 
LouUe  u  OrldanSf  ni  mönitt  sur  ceux  d(>posd«  ches  M.  Lafitte.  I^rd 
Bathurst  et  nno  nmison  rommprcinlo  i]<»  la  c\f6,  qn?  a  f'U'-  tMiijiloyfV  dans 
plusieurn  »m  transactiiiuH  p^cuniaire«,  sout  (Vavi.s  quo,  cc  dont  Ht«ua- 
parte  puuvuit  dinposor  en  toute  »ürete,  »e  trouvo  tjn  Aiuüiiqutj,  prubable- 
ment  en  grando  partio  soua  le  nom  de  son  frere  Joseph,  d'autant  plus 
qa*Ü  eat  oomm  q«*il  n*avait  pa»  abandonnA  l*«fpoir  de  «'dchapper,  et  t^ue 
e*M»xl  rar  TAmdrique  qu'il  comptait  oomtne  M  laiMsaft  le  plus  de  chiaoee 
de  meeh».  U  est  done  plui  qne  probable  qoe  c*est  lA  que  doiTeat  m 
trouver  8cs  fonds  Irs  plus  cottsidirable«.  Bsteibaaf  «a  Mettenüdi. 
I/ondres»  le  ö  fövrier  1822. 


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43 


fiegieniiig  und.  «in  Hittel,  rnn  die  «He  Armee  ftr  den  Namen 

Napoleons  m  begeistern.  £r  gab  dem  Fürsten  Metternich  wo, 
bedfloken,  ob  es  ratbsam  wäre^  auf  gcriclitlichem  Wege  die 
Uhtbeflong  dieses  Testamentes  m  Terlangen  und  seine  Gihi^< 
kett  durch  Rechtsgelehrte  prüfen  zu  lassen;  der  ^'losse  Process, 
welcher  hcraufbesclnvoren  wlli'de,  inüsste  den  Wiener  Hol"  naeh 
jeder  Richtung  hin  nur  in  die  peinlichste  Lage  versftzen.  F^her 
könnte  man  der  bei  dem  Herzoge  von  Leuchtenberg  liinter- 
legten  Gelder  sich  versichern  und  darüber  mit  Ausschluss  der 
Oeffentlichkeit  und  ohne  die  Dazwischenkunft  der  Gerichte 
ferliandeln.* 

Die  Nachrichten,  welche  die  Zeitungen  gebracht  hatten, 
Tersetzten  Marie  Louise  in  nicht  geringe  Bestttrzung.  In  ihrem 
Auftrage  wendete  Oraf  Neipperg  sieh  in  einem  Schreiben  vom 
31.  December  mit  der  Frage  an  den  Fürsten  Metternich,  welche 
Mittel  eigriffen  werden  sollten,  am  eine  Yerkttrxnng  der  Rechte 
des  Henogs  von  Reichstadt  nach  Möglichkeit  hintansnhalten.* 
Hettemich  wiedermn  war  nicht  gesonnen,  an^^osichts  der  neuen 
Wendung,  welche  die  Te8tamentsangcle<,'enhcit  jetzt  zu  nehmen 
schien,  in  seinem  Itisherigen  Verhalten  sich  irgendwie  beirren 
zu  lassen.  Nach  aussen  hin  durfte  nur  ein  StAnd])uukt  ver- 
fochten werden,  von  welchem  aus  die  österreichische  Kegierung 


*  Anhang^  11.  Das  von  dem  Henoge  im  Jahre  1814  ttbernomiiMne  Depot 
trii  Rt'tragtt  von  800.000  Franca  war  in  der  Zwischenzeit  durch  die  vielen 
Zalilnner**n,  welchp  Enfren  im  Anftmg-t*  Napoleons  hatte  leiston  müssen, 
bedeutfciiil  Ycrrinf;^«''!  worden.  Dio  Tc^^taiuentsvollxtrccker  traten  in  Jiälde 
mit  der  F'^rflorung-  an  ilin  IxTaii,  iliin*n  üUtjr  die  Interpwn  jene«  Capi- 
talfl  Rechnnng  xu  lugen.  Der  Ht^rxog  machte  dagegen  trt-ltend,  daas  er 
dttielbe  als  ein  Depot  flbenionmien  habOt  alao  nicht  verptliohtet  werden 
kOmie»  für  die  Zinsen  an&akonunen.  Es  enli^iann  sidi  In  der  Folge  ein 
langwieriger  Process,  welcher  eist  im  Jahre  1860,  und  iwar  an  Onnsten 
des  herxoglichen  Hanses  entschieden  wnide.  YgL  Engine,  X,  408—425. 

'  &  M.  Mmo  rarchiduchesso  dnehesie  de  Parmo  ayant  lu,  tant  dana  PAll- 
pi?meino  Zoitunp-  d'Augsbourg,  que  dann  !e  jonrnal  da  D»'bat«  du  10  dt'- 
cembre  des  artiole.s  qni  ne  refferont  nu  testament  -If  fVii  rr^xpinpureur 
Napoleon,  et  (jirils  aununecnt  qn'il  a  disjiosf'  iL  j  l  i'.ii  iir.s  imllions  de 
franca  plncea  durant  lea  cont  jours  clieifi  le  bauqixiür  Latitte  en  faveur 
dM  omntes  de  Berlimnd  et  de  Ifmtiiolon,  me  Charge  de  prior  V.  A.  de 
^ranloir  bien  ftire  pie&dre  des  infomations,  si  ces  nonireUes  ont  quelqne 
fondsssent  et  «inol  UMyen  il  7  anrait  4  emplojer  ponr  empdchor  le  dorn- 
BMge  qni  dolt  en  d^rirer  natnrdlleniont  pour  le  dnc  de  Beichstndt  son 
tk.  Neippevg  an  Metteraidi.  Panaa,  ee  Sl  ddcembro  1821. 


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44 


dif!  Sache  ansah:  der  civiln  (  litliche.  In  Betreff  der  politischen 
8eit«'  deö  Testamentes  war  .M*  it  M-iiich  fest  entschlossen,  zwar 
die  grösste  Zurückhaltung  zur  Seiiau  zu  tratrcn,  aber  nichts- 
destoweniger alle  Vorkehrungen  zu  treffen,  um  ii^end  welchen 
BtaatBgcfHhrlichen  Absichten  mit  Nachdruck  begegnen  zu  kön- 
nen. Er  forderte  General  Vincent  auf,  der  Angelegenheit,  um 
die  es  sich  handelte,  nur  in  dem  angegebenen  Sinne  seine  Auf- 
merksamkeit za  widmen  und  jeden  Sehritt  ängstlich  zu  ver- 
meiden, welcher  den  Verdacht  erwecken  konnte,  dass  er  Ton 
Seite  seiner  Regierang  andere  Weisungen  als  solehe  erhalten 
habe,  welche  einzig  und  allein  auf  die  civilrechtlichen  An- 
sprüche des  Herzogs  von  Reichstadt  sich  bezogen.^ 

In  Betreff  des  Ersuchens  jedoch,  welches  Marie  Louise 
an  den  kaiserlichen  Botschafter  in  Paris  gestellt  hatte,  swisohen 
ihr  und  den  Grafen  Bertrand  und  Montholon  vermitteln  zu 
wollen,  machte  Fi'irst  Metternicli  den  Jiaron  Vincent  auf  eine 
Depesche  aufmerksam,  welche  er  bereits  am  4.  Februar  1821 
an  ihn  gerichtet  hatte  und  die  folgendermassen  lautete:  ,I)a 
I.  M.  die  Vrnu  Erzherzogin,  Herzogin  von  Parma,  in  der  Ab- 
sicht, ihn  II  iuölierigen  Geschäftstrliger  zu  Paris,  Herrn  Poggi, 
von  dort  abzuberufen,  den  Wunsch  geäussert  haben,  dass  die 
k.  k.  Botschaü  daselbst  angewiesen  werde,  Udchstibre  und  die 


'  ^Lm  mMuree  qui  ont  M  portto  dans  Tonlr»  du  droit  des  geiii  et  dam 
celut  dw  dupoflitiona  poittiqnes  envwrs  les  membreB  de  la  fkmiUe  de 
BotM{>iute,  ont  laisaä  intitcts  les  droiti  qnHls  ont  dans  Tordre  des  loit 

civilef ;  et  il  doit  vous  ttro  coimu,  M.  le  baron,  quo  plusiours  des  mem- 
hrm  dö  eette  famille  joiiinsent  »ans  troublo  ot  s.nis  cont<^stattnn  r!o  lonrs 
propri6t^8  ainsi  que  de  tout  antre  effet  des  lois  civiles  en  Franc«.  D'apres 
cotte  consld^ration  il  iious  iraporte  k  pliisieurs  titres  d'dtre  luatruits  si 
008  rtelamatieiM  ont  en  effectiveneiit  lieu  et  si  ellei  ont  donnd  lieu  k 
des  tninsactions  Jndidairw  on  k  d*Mitrei  diapoaitiow,  qni  poomdent 
affeeter  la  propriiti  des  dits  Ibnda.  H  ne  voos  sera  pae  difficite,  M.  le 
baren,  deT^riBer  ce  qu'il  eut  y  avnir  de  vrai  dans  ces  infonnations,  qui 
nun  seulement  ont  6\A  röpanducs  dans  tout«  la  France,  mnis  (\n\  ont 
4t6  ögalement  aeorMit^cs  en  ATi<rleterre.  Je  fl^is  dntu-  vous  inviter  k 
vous  enquerir  sous  luain  (lo  ctj  qui  oxiato  n  <  ot  ngard,  eu  vdus  abstcuaut 
toutefois  de  toute  dörnarcbu  avoudo  ot  ostennible  qui  pourratt  autoriser 
Topinion  qne  von«  aves  re^n  de»  ordre«  k  ce  sujet  Malgr6  la  idierve 
qne  nwoM  entendon«  obterrer  dam  tont  ce  qui  rentre  dam  la  peiüe 
politfqne  de  eette  qneition,  il  ne  nem  eat  pai  pemie  d*ignorer  ee  qni  4 
eet  4gard  ert  du  domaine  dea  lois  civiles  et  de  la  propriät6  parücn* 
Hin  .  ,  ,*  MettenuBb  an  VInoent   Vienne,  le  4  janvier  1882. 


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45 


Angelegenheiten  ihrer  Unterthanen  hei  dem  francteifichen  Hofe 
Sil  hesur^<jD;  so  woUen  Sie  eich  angelegen  sein  laeeen,  den  Au£- 
trägen  I.  M,  der  Freu  Ershenogin,  ünsofem  Sie  in  Ihrer  Stellung 
«Is  Botschafter  nieht  etwa  hei  dem  einen  oder  anderen  ein  ge- 

grftndetes  Bedenken  finden,  thunlichst  nachzukommen,  dabei 
jedoch  d'w  Vorsicht  gijliraiu'hon,  Ihre  diesfUlligtn  Einschreitungen 
von  denjenigen,  welche  uul  hitrortige  Weisungen  erfolgen,  ab- 
gesondert zu  behandeln  und  nic  h  darüber  mit  dem  Herrn  FML. 
Grafen  Neipperg,  welclu  r  fortiin  die  auswärtigen  Angelegen- 
heiten der  HerzogthUnu-r  l'aniia,  Piacenza  und  Uiuistalla  be- 
sorgt, in  unmittelbarer  Corrcspondonz  zu  crlialten.  Man  erachtet 
zu  diesem  Ende  ein©  besondere  Accreditirung  E.  E.  von  Seite 
des  Hofes  von  Parma  umsoweniger  ftlr  nothwendig,  als  die  Be- 
auftragung der  k.  k.  GesandtschaAcn  mit  den  Geschäften  des- 
selben eine  natürliche  Folge  der  swischen  beiden  Höfen  be- 
stehenden engen  Verwandtsofaaftsbande  ist  und  bisher  bei 
keiner  der  k.  k.  Missionen  eine  solehe  Acereditinuig  gefordert 
wurde.*' 

^  getreuer  Befolgung  eines  solchen  Verhaltes/  theilte 
Hettemieh  dem  Baron  Vincent  am  26.  Jitnner  1^22  nüt^  ,hat 
ODS  anch  die  Fran  Eraherzogin  das  Schreiben  Bertrand's  ein- 
gesendet nnd  den  Wunsch  ausgedrückt,  dass  £.  E.  ersucht 

werden  mö;:eii,  von  Seite  der  Grafen  Bertrand  und  IContholon 

jene  Erüfl'nungen  cntgegijiiüuuehuicn,  auf  welche  sie  in  dem 
Briefe  vom  lü.  August  hinweisen.  Ich  bitte  Sic  also,  in 
dieser  An^alejsrenheit  sowohl,  als  auch  in  allen  übrigen  das 
<>r<,'jiii  der  Herzogin  von  Parma  zu  sein  und  als  solches  bei 
(Uli  (u-iiannten,  rtlcksiclitlicli  derer  Ihnen  diese  Depesche 
im  Noth£alle  als  Speciaivoümacht  dienen  möge,  sich  vorzu- 
stellen.' 

Dem  btaatskanzler  musstc  jetzt  umsomehr  daran  gelegen 
sem,  genauen  Aufschiuss  über  das  Testament  zu  erhalten,  als 
es  niemand  Geringerer  als  der  Kaiser  selbst  war,  welcher  mit 
aller  Ekitschiedenheit  darauf  drang.  ,Ich  trage  Ihnen  auf/  re> 
solvirte  Franz  1.  am  9.  JMnner  1822  einen  Vortrag,  mit  wel- 
chem ihm  Fttrst  Metternich  drei  Tage  Torher  die  aus  Paris 
und  London  eingeUngten  Berichte  vorgelegt  hatte,  ,bu  trachten, 
in  Er&hning  au  bringen,  oh  Napoleon  ein  Testament  gemacht 


*  Sehffiriben  an  Freiherm     Vtucont  ra  Pari«,  4.  Fabraar  1821.  St-A. 


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46 


faabe^  wo  es  sich  befinde  and  worin  es  bestehe,  da  mein  Wille 
J8t|  dass  die  Rechte  meiner  Tochter  nnd  meines  Enkels,  sowie 
Ihr  Interesse  in  dieser  sowie  in  jeder  Gelegenheit  nach  der 
strengsten  Gerechtigkeit  geschtUst  und  bewahrt  werden,  woftlr 
Sie  daher  anch  au  sorgen  haben/ 

Im  Sinne  dieser  kaiserlichen  WinensAnssenmg  forderte 
Metternich  den  Fürsten  ESsterhazy  neuerdinpa  auf,  Lord  Bat- 
huryt  zu  veranlassen,  den  Wüiibclieu  des  österreieliischen  Hofes 
gerecht  zu  werden.  Indem  er  es  als  gewiss  voraussetzte,  dass 
die  Schicksalspfeftihrteii  Isapoleous  vom  Tage  ihrer  Ankunfl  in 
England  bis  zu  ihrer  Abreise  nach  Frunkreieh  auch  rücksicht- 
heh  ihrer  Correspondenz  auf  das  Sorgfältigste  iiberwacht  wor- 
den seien,  machte  er  den  Botschafter  darauf  aufmerksam,  dass 
daraus  sich  weitere  Anzeichen  erge})en  könnten,  um  die  Testa- 
mentsangeiegenheit  vollends  auiauklären.  ^ 

An  demselben  Tage  ging  auch  eine  Depesche  an  den 
kaiserlichen  Botschafter  in  Paris  ab,  worin  diesem  mitgetheilt 
wurde,  welches  Verhalten  er  bei  Gelegenheit  der  Unterhand- 
lungen mit  Bertrand  und  Montholon  au  befolgen  habe.  Metter- 
nich erachtete  es  für  khig,  dass  Baron  Vincent  mit  jedem  ein- 
zeln sich  ins  EiuTemebmen  setse,  wogegen  schon  deshalb  kein 
£inwand  erhoben  werden  dürfte,  weil  Ghraf  Bertrand  die  offi- 
cielle  Anzeige  Ton  dem  Tode  Napoleons  allein  unterz^chnet 
und  zugleich  im  Namen  seiner  Getthrten  gesprochen  habe. 
,Im  Uebrigen,'  bemerkte  der  Staatskanzler,  ,gilt  es  als  Regel, 
dass,  insofern  mehr  Testamentsvollstrecker  vorbanden  sind,  der 
Eine  in  Ermanglung  des  Anderen  dafUr  Sorge  trage,  dass  die 


,.  .  .  Je  no  puls  donc  qu'engager  V.  A.  a  contiuuer  »es  dömarchea  aupres 
de  Lord  Batliurst  et  k  m'en  faire  connaitre  lo  rt^sultat,  afin  que  je  puiss*» 
en  rendre  comptt'  ä  8.  M.  LV'xainen  des  i),'«]>if>r«  rt  riVets  dwlaisse»  par 
Napol^u  Bouuparto,  dtisqueici  fait  meuttou  k*  nipport  du  guuverneur  Sir 
Hud«oa  Lowe  en  date  du  14  mai  1821,  n*a  produit  que  la  preure  du, 
codicile  «ft  du  legs  d«8  boite»  destia^  au  duc  de  BeichsUdt,  mai»  od 
ne  peut  alon  dteouvrir  d'avtre  tnic«  du  tectament  mfime  qne  la  meotioa 
qni  en  eat  articnl^e  dans  le  codidle.  II  serait  donc  dMrable  de  fattaeber 
k  ee  premier  examen  les  uotions  ou  les  indices  qne  peavent  aToir  fennti 
au  !»ecretaire  d'etat,  vhtirg^,  des  colonies.  soit  la  corretpondance  des  per- 
Ronnes  attat  liee.s  au  prisonnier  de  {3'«-H616ne,  »oit  la  «urveillance  k  la- 
quelle  ces  j>erf>oime»  uiit  ('•te  .HuiimUes  k  leur  arriv^e  eu  Angleterre  et 
jusqii'ü  leur  depart  ponr  la  Fracce  .  .  Metternich  an  Esterhazy. 
Vietme»  le  86  jaavier  18SS* 


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47 


lelztwilHgeii  Verftlgungea  erflült  werden,  denn  sie  haften  aoH- 
dtfisch  daAlr/  Um  jedoch  die  Richtigkeit  oder  Unriefatigkeit 
der  Auwagen  Bertrand^s  und  Monthdon's  nsch  jeder  Richtimg 
hin  feststellen  zu  können,  forderte  Fürst  Metternich  den  Bot- 
schafter iiuij  <  inen  Beamten  der  IJotschaft  zu  Marchand  zu 
entsenden,  um  uueli  von  diesem  irgendwelche  A  ifschhissc  zu 
erhalten.  Noch  ein  ganz  besonderer  Umbtaiid  bestimmte  ihn, 
sie  alle  einzeln  vernehmen  zu  lassen:  es  war  ihm  bekasmt, 
dass  (Traf  Bertrand  sowohl  vor  als  nach  dem  Sturze  ]iona- 
parte'ü  emes  gimsereu  Ansehens  als  Graf  Montholon  sich  er- 
freut hatte;  nichtsdettoweniger  war  dieser  in  weit  ausgedehn- 
terem Masse  als  jener  in  den  letzten  Verfügungen  des  Ex- 
kaisers bedacht  worden.  Die  verschiedenaten  Gerlichte,  welche 
darüber  kiut  wurden,  verkündeten,  dass  es  Montholon  eben 
geglückt  sei,  den  Geluigenen  Ton  St.  Helena  in  der  letzten 
Zeit  sa  ttheriisten.  Man  stellte  ihn  als  einen  Intrigoanten  |Ton 
dem  Schlage  Talleyrand's,  SemonviUe's  nnd  anderer  Chamtt- 
leons  der  Revolntion'  hin.  In  Paris  erregte  es  Anftehen,  dass 
Monthokm  seit  Beiner  Rückkehr  einen  Aufwand  trieb,  welchen 
man  nmsomehr  besp(}tteln  zu  dürfen  glaubte,  als  es  stadtbe- 
kannt war,  dass  er  zur  Zeit  seiner  Abreifse  bis  an  den  Hals  in 
Schulden  gesteckt  hatte.  Wenn  auch  Fürst  Metternich  durch 
solche  Gerüchte,  welche  iliren  Ursprung  vielleicht  in  dem  Neide 
und  der  Missgunst  einiger  13onapartisten  haben  konnten,  sich 
nicht  beeinflussen  lassen  wollte,  so  hielt  er  dennoch  den  Ver- 
dacht aulrccht.  das8  er  es  mit  eiin  r  al»sichtlicheu  Verschwei- 
^uvj:.  wenn  nicht  mit  einer  Verln  hiung  der  (ielder  und  Papiere 
der  Hiuterlassenschatt  zu  thun  habe.  Den  von  Seite  8ir  Hud- 
son IjOwe*6  dem  kaiserlichen  Botschafter  in  London  gemachten 
£r5ffhanp:cn  schenkte  Metternich  um  so  eher  unbedingtes  Ver- 
tranen,  als  sie  auch  den  Gegenstand  eines  Berichtes  bildeten, 
welchen  jener  am  14.  Mai  1821  an  Lord  Bathorst  gerichtet 
hatte.  Sie  waren  das  einzig  Verlässliche,  was  die  üsterreichische 
Regierang  über  den  Stand  der  Erbschaft  wnsste,  nttmfich:  dass 
ein  Codicill  vom  16.  April  1821,  dessen  Inhalt  man  kannte, 
Torhanden  sei;  dass  nicbladestoweniger  das  darin  erwähnte 
Testement  nicht  yorgefunden  werden  konnte;  dass  Kapoleon 
flonem  Sohne  einige  Tabati&ren  nnd  Schmuckgegenstände  yer- 
macht  habe,  und  dass  endlich  Bertrand,  Montholon  und  Mar- 
diaud  die  Vollstrecker  seiner  letztwilligen  Verlü^Lmgcü  seien. 


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48 


Baron  Vincent  wurde  beanftnig^  gelegentlich  aeiiier  Unter- 
bandlnngen  mit  den  drei  Genannten  oret  dann  die  Rede  auf 
die  HinteriaflsenBcliafteiDaMe  imd  die  bei  Lafitte  oder  anderswo 
deponirten  Gelder  an  bringen,  wenn  sie  Uber  das  in  dem  Schrei- 
ben Bertrand's  in  Aussicht  Gestellte  sich  ausgesproehen  und 
ihm  weiters  mitgetheilt  hätten,  in  welcher  Weise  sie  ihres  Aof- 
trages  sich  zu  entledigen  gedichten. 

In  ihrer  E^igenschaft  als  Testamentsvollstrecker  waren  sie 
nach  französischem  Rechte  gehalten,  ein  Jahr  nach  dem  Tode 
dos  Erbhissers  licchenschaft  abzulegen.  Um  ilxiien  gleich  von 
voriilierein  die  Mt)gli<  hkeit  zu  henehmen,  das  Vorhandensein 
eines  Testamentes  in  Zweifel  zu  ziehen  oder  gar  zu  bestreiten, 
wurde  Baron  Vincent  bedeutet,  diese  Fra^i'c  gesprächsweise 
ttber  jedes  Bedenken  erhaben  hinzustellen,  nachdem  sie  von 
Augenzeugen  aus  St  Helena  genügend  erhärtet  worden  aei 
und  Abb<^  Vignali,  sowie  auch  Antomarchi  Kenntniss  von  dem 
betreffenden  Documente  gehabt  hätten. 

In  Erörteningen  politischer  Natur  durfte  Baron  Vincent 
sich  nicht  einlassen,  weshalb  er  von  Metternich  angewiesen 
wurde,  dieses  den  Testamentsyollstreckem  ansdrlleklioh  an  er- 
klären. Damit  sie  jedoch  ein  solches  Verbot  nicht  aum  Vor- 
wände  nehmen  könnten,  die  Verhandlangen  abaubrechen,  sollte 
der  Botschafter  ihnen  den  Vorschlag  machen,  dass  er  gerne 
bereit  sei,  Briefe,  welche  derartige  Entbfdlungen  betrilfen,  aar 
Weiterbeftirderang  su  Obemehmen,  ohne  nach  ihrem  Inhalte  zu 
forschen;  von  ihnen  hingegen  mtlsste  er  als  Bevollmächtigter 
des  üHüu'lichen  Krbcn  jene  Aufschlüsse  verlangen,  welche  auf 
das  rein  Sachlielic  der  ErbscluJt  sich  bezögen. 

Fürst  Metternicli  ^vollte  den  Erfolp:  dieser  Conferenzen 
des  kaiserhchen  Botschafters  in  Paris  mit  Bertrand  und  Mon- 
tholon  erst  abwarten,  bevor  er  endgÜti^i:  darüber  entschied,  ob 
es  vonnothon  mi,  gerichtliche  Schritte  einzuleiten.  ,Es  ist  von 
Wichtigkeit,'  schrieb  er  an  Baron  Vincent,  ,in  dieser  Hinsicht 
einer  sicheren  Grundlage  gewiss  zu  sein,  auf  die  man  sich  ver* 
lassen  darf;  denn  wenn  man  auf  Zotungsartikel  und  blosae 
Gerttchte  bin  bestimmte  Schritte  unternehmen  würde,  so  könnte 
man  leicht  «ich  der  Gefahr  einer  ans  der  Loft  gegriffenen 
Mystifioation  aussetaen  und  mtisste  'es  eines  Tages  bedanem, 
in  gerichtliche  Erörterongen  sich  eingelassen  au  haben,  um 
nach  imaginiren  Schfttaen  zu  fahnden  nnd  Depots  zu  be- 


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■ligpnielieii ,  deren  Vorheiideiiaeiii  durch  nichto  begründet 
wire/» 

Als  Baron  Vincent  in  einem  Schreiben  nach  Parma  die 

Nothwendi^keit  gerichtlicher  ScimtUi  hervorliob,  gab  Graf  Neij)- 
perg  dem  Fürsten  Metternich  zu  bedenken,  ob  es  nicht  rath- 
saraer  sei,  die  Herzogin  dabei  gar  nicht  ins  Spiel  konmien  zu 
lassen.  Für  diese  Anschauung  NoipjxTg's  öpiac  h  der  l'iMstaiul, 
dass  Marie  Louise  den  Kntschluss  gefasst  hatte,  ihrerseit.s  auf 
Alles,  ja  selbst  auf  den  lebenslänglichen  NutzgenuHS  der  dem 
Herzoge  von  Reichstadt  «ufalicndea  Jbkbschaft  zu  versichten 
nad  nur  die  Kechte  dieses  aufireoht  su  erhalten.' 

IX.  Capitel. 

Aatoauurchi  in  Pftmin.  —  Gt^rüi-litü  ill^er  ihu.  —  Seine  Aiiiiiens  boi  dem 
Grafen  Neipperg.  —  Kr  reist  nach  Fans.  —  Baruu  ViucwnL 

Inswisehen  war  Antomarchi  wieder  naeh  Parma  gekom- 
men. Schon  am  18.  December  dea  Terflossenen  Jahres  hatte 
der  kaiserÜche  Gesandte  in  Florenz,  Qraf  Bombelles^  den  Gra- 
fen Keipperg  von  der  beTorstehenden  Ankunft  des  Arztes  Ka- 
poleons benachrichtigt  und  diese  Anzeige  folgendermassen  be- 
gründet: , Personen,  welclie  Antomarchi  hier  besuchten,  ver- 
sicherten mich,  dass  er  bittere  Klage  darüber  geführt  habe, 
gelegentlich  seiner  ersten  Durchreise  durch  Parma  von  der 
Herzogin  nu  ht  empfangen  worden  zu  sein.  Auiomarchi  Hess 
sogar  verlauten,  dass,  wenn  ihm  die  Ehre  zutheil  geworden 
wäre,  I.  M.  zu  sprechen,  er  ihr  so  Manches  zur  Kenntniss  ge- 
bracht hätte.  Ich  weiss  zwar  nicht,  ob  dieser  Mann  irgend- 
weklie  Anhaltspunkte  über  das  Vorhandensein  dea  Testamentes 
Ijapoleons  su  geben  vennag  und  ob  die  Aeusserongen,  die  er 

*  Anhang  12. 

'  Le  liaroa  do  Vincent  est  de  rari.«*  quo  los  iuti^r^ts  M">''  ran  liiilttchewe 
ne  puiiu»eut  «tre  trait»«,  ^'il  y  a  lieu,  autreiueut  <^ue  par  la  voie  judi- 
daim,  ^  iwts  4  juger  «Ion  e»  qve  ¥.  JL  eonaeiUeni  mlenz  qua  tont  antre, 
^il  oottTlMit  qve  8.  M.  INÜMO  intorvcoir  daat  ime  eanae  paraUIa.  Elle 
est  bton  dfeicUe  4  ne  rien  «oe^ptaTi  pM  mtaie  kt  jonianaoe  ▼iafiro  de 
timt  oe  qui  peot  rÄaulter  de  lIiMtage  da  difont,  dont  il  faudra  ponrtant 
qae  le  testament  vienne  uue  fois  an  jonr.  D*un  aatre  cöt^  cex  .si^IIic-itudes 
maternelles  ne  Int  ptruiettent  pninf  de  r^nonrpr  nn  nioinclr»»  '»vMnt.-ige 
Bor  lequ&I  puurrait  avoir  droit  son  bien  aimö  Iiis.  Ineipperg  an  Mettor- 
nich.    Parme,  ce  18  janvier  lb22. 

AnUv.  B4.  LXXX.  I.  Hüfte.  4 


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50 


gethan^  darauf  sieh  besiehen;  aber  niehtsdestoweniger  habe  ich 
es  als  meine  Pflicht  erachtet^  die  Aufmerksamkeit  E.  E.  darauf 
Bu  leDken  und  Sie  nicht  in  Unkenntniss  darüber  zu  ^assen^ 
dass  Antomarchi  in  wenigen  Tagen  nach  Parma  kommen  wird/ 
An  den  Grafen  Bubna  jedoch  richtete  Bombelles  das  Er- 
suchen, die  Absichten  Marie  Louisens  in  Betreff  Antomarchi's 
in  Erialinuig  zu  bringen.  Zu  einer  solclien  Auftorderuu^^  wurde 
er  durch  die  wiederholten  Vorstellungen  des  Agenten  Tito 
Mansi  gedrängt ,  welcher  einerseits  nicht  genug  die  Noth- 
wendigkfcit  hervorheben  konnte,  dass  die  Herzogin  von  Parma 
den  Arzt  Napoleons  in  eigener  Person  <Mn|)fangen  möge,  und 
andererseits  ihn  als  einen  Menschen  ganz  gewöhnlicher  Art 
schilderte,  von  welchem  er  vermuthete,  dass  er  wohl  nie  das 
Vertrauen  Bonaparte's  besessen  habe.*  Indem  Bombelles  den 
Fürsten  Metternich  von  diesem  Schreiben  in  Kenntniss  setzte, 
theilte  er  ihm  gleichseitig  als  einen  höchst  auffallenden  Um- 
stand mit,  dass  Antomarchi,  welcher  bei  seiner  Ankunft  in  Eng- 
land doch  jeder  Geldmittel  bar  gewesen  sei,  in  Florena  einen 
grossen  Aufwand  getrieben  habe  und  sogar  mit  der  Absicht 
sich  tr^e,  grossere  CSapitalien  ansniegen.' 

*  .  .  M.  Maari  m*s  d*aboid  «Morft  connsStre  k  peiae  le  fnhtBWx  Anto- 
marchi, quMl  m*A  peint  comme  un  lionune  tont-^-fatt  ordinaire,  et  n'ayant 
jamaix  posuAfl«^  la  confiancp  de  Napolöon.  M.  >fan8i  croit  qne,  si  M"« 
r.inliidache8«e  eut  jug<'  i»ropo«  dans  sa  haute  srif^ossc  de  voir  Auto- 
iiiarcbi,  eile  aurait  peut-ütro  jm  tirer  uu  plus  grand  parti  do  la  coiiver. 
•ation  de  cet  homme  que  M.  le  comte  de  Neipperg,  contra  lequel  il 
panSt  avoir  beanoonp  de  priveiitioii.*  BombsUee  an  lletterai«h.  Fl»* 
renx,  18.  I>e«einber  1881.  6i-A. 

'  M.  Tito  Mansi  m'a  fait  aavoir  avaot-hier,  k  la  suite  de  la  convenatioii 
qne  j'ai  oue  derniöremont  avec  lui,  et  dont  j'ai  eu  l'bonneur  de  parier 
k  V.  A.  daiis  mon  trim  humide  rai»]inrt  81,  litt  C,  quo  le  professeur 
Antomarchi  alioit  dans  »jiu'hines  jours  repartir  pour  Paris.  M.  Mansi 
continuant  k  croire  qu'il  s^^roit  extremement  important,  qne  cet  homme 
püt  parier  k  8.  M.  M^o  la  ducLe«üc  do  i'aruit),  j'ai  cru  bien  faire  de 
prdrenir  M.  le  eomie  de  Bnbna  des  projeta  de  voyage  da  Sienr  Anto- 
marohi,  afln  qne,  ^il  le  jnge  k  propoa,  II  ptdaie  preaaeDtir  k  ce  si^et  lea 
intrationa  de  8.  M.  Ii»*  rarchidaoheiae.  J*%nore  ai  AnteHuarchi  aait 
qoelqne  cbose  de  ])08itif  aur  rexistenee  da  tettament  de  Napol^oni  mala 
rn  (]n\  est  cert-ain,  c'est  (luo  cot  homme  est  arrivß  en  Angleterre  prea- 
qu'euti^renient  deiiiie  de  inuvons  jj^ciiniaires,  et  (jao  dans  ce  nuiment-ci 
non  seuleraeut  il  a  fait  rine  assvz  praiide  depeuHe  k  Florence,  mais  (jiril 
chercbe  mSme  k  placer  des  capitaux.  Hombelles  an  Metteruicti.  Flo- 
renee,  ce  19  ddcembre  1881. 


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51 


Ate  nun  Antomarcshi  in  den  ersten  Tag  i  n  des  Jttnner  1822 
nach  Parma  kam,  sprach  er  abermals  bei  dem  Grafen  Neipperg 
vor.  (>hn<'  den  ausdrücklichen  Wunsch  zu  äussern,  der  ller- 
toß^n  vorjje stellt  zu  werden,  brachte  er  die  Rede  blos  auf  die 
lebensljln^::liehe  Pension,  welche  Marie  Louise  ihm  in  Gemilss- 
lioii  di'ü  Codicills  ausl)ezahlen  sollte.  »Nachdem  ich  die  Befehle 
I.  M.  ein«re]iolt  hatte,'  berielitete  Npippei'ir  am  ll.JiInncr  dem 
Bürsten  Metternich,  ,habe  ich  ihm  in  deuthclier  Weise  zu  ver- 
sieben gegeben,  dass  1.  M.  fest  entschlossen  sei,  weder  von 
einem  weiteren  Anspruch,  nocli  irgend  einer  Empfehlang  in 
Betreff  dieser  Angelegenheit  etwas  hören  su  wollen^  bevor  sie 
nicht  Aber  das  Testament  und'  die  lotsten  VerAlgungen  ihres 
yentorbenen  Gemahls  im  Klaren  wftre.  Diese  Antwort  schien 
ihn  nicht  besonders  befriedigt  zu  haben,  und  er  ist  gestern 
nach  Paria  abgereist/ 

Mit  keiner  Sflbe  jedoch  erwllhnte  Graf  Neipperg  des 
Sehreibens,  welches  er  Antomarehi  filr  Baron  Vincent  über- 
geben und  in  welchem  Marie  Louise  ^ihren  wohlwollenden  Ab- 
sichten  in  Betreff  des  Arztes  ihres  Gemahls  Ansdmek  vor^ 
liehen  hatte,  dessen  letzten  Wunseh  zu  erfüllen  sie  bestrebt 
sein  würde'.*  In  Paris  anj^elangt,  entledigte  sich  jener  seines 
Auftrages  und  überrcirlit(  das  Schreiben  Keipperg's  dem  kai- 
serlichen J^ottichafter,  IJuion  Vincent.  Dieser  benützte  die  Ge- 
legenheit, nm  sieh  Antomarchi's  als  Vermittlers  bei  dem  Grafen 
Bertraud  zu  bedienen.^ 

PhwoM  der  Testamentsvollrtrecker  mit  dem  Baakhanie  Lafitte.  —  Marie 
LottiM.  —  Ernte  Naebrieht  Uber  den  Verbleib  de«  Teetamenles.  —  Diese» 
irt  «h  Depot  bei  dem  Gericbtobofe  dee  EnbieefaoA  von  Caaterbnir  hinfter- 
iflgt  —  Fttnt  Mettemieb.  —  Eiiterhazy  schickt  Ansziipe  dea  TostAiuentei, 
weldie  er  von  dorn  franssfisiscten  l^itscliaftor  orltaltcii  hatte,  nach  Wien.  — 
Metleraicli*»  Ansichten  über  deu  Grafen  Montholou. 

Inswischen  war  in  erster  Instana  über  den  Process  ver- 
bsndelt  worden,  welcben  Bertrand  nnd  Montfaolon  gegen  das 
Bankbaos  Lafltte  angestrengt  hatten.  Dieses  begründete  seine 
Weigerung,  die  ihm  anvertrauten  Gelder  herauszugeben,  damily 


*  Antomarehi,  11,  240. 

*  Anhang  13. 

4« 


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52 


dass  nacli  dem  Bachstaben  dee  OesetsM  der  Brief  Napoleons 
keine  rechtsgiltige  Urknnde  sei  und  weder  der  Erbhuser  noch 
der  Erbe  irgend  etwas  TerfUgen,  beuehmigBweiie  eine  Ekb- 
Schaft  in  Frankreich  antreten  könnten,  nachdem  die  kOdglidbea 

Verordnnngen  vom  6.  März  1815  und  vom  12.  Jänner  1816 
sie  beide  als  bilrgerlieh  todt  erklärt  hätten. 

Es  erübrige  ihm  also  nichts  Anderes,  als  das  Depot  bei 
Gericht  zu  hinterleiren,  wo  es  verbleiben  müsse,  ,bis  die  Sache 
spruchreif  geworden  sei^  VV' eiters  erklärte  Latitte,  dass  er  nicht 
dazu  veihalten  werden  könne,  die  von  Seite  Monthoioa's  be- 
gehrten Interessen  zu  bezahlen,  da  er  daa  von  Napoleon  ihm 
anvertraute  Vermögen  ausschUcssHch  als  ein  Depot  übernommen 
habe.  Es  wurde  kein  Beschluss  ge£s88(  und  die  WeifcerfÜhmng 
des  Proecsses  vertagt.* 

Marie  Louise  hegte  grossen  Kummer  darüber,  dass  man 
die  bei  Lafitte  hinterlegten  fünf  Millionen  ihrem  Sohne  nicht 
sosprechen  würde,  und  fasste  erst  neuen  Muth,  als  das  ^Jonr- 
nal  des  d^bats'  vom  13.  Muni  die  Nachricht  braebtCi  daas  sie 
gerichtlich  deponirt  werden  sollten.  In  ihrem  Auftrage  richtete 
Graf  Neipperg  am  26.  MM»  das  Ersuchen  an  Metternich,  er 
mdge  bei  dem  Kaiser  sich  daftlr  verwenden^  ,dass  jene  an- 
sehnliche Summe  für  den  Hersog  von  Reichstadt  nicht  ver- 
loren gehe'.  Gleichzeitig  Hess  Marie  Louise  dem  Fürsten  mit- 
theilen, dass  das  Testament  dereinst  Aul'seliluss  über  alle  Ca- 
pitalien  geben  werde,  welche,  ihrer  Ueborzeugung  nach,  in 
England  und  vielleicht  auch  in  deutschen  Handelshäusern  an- 
gelegt seien;  denn  sie  erinnere  sich,  wenn  auch  nur  dunkel 
daran,  dass  Napoleon  Bonaparte  üir  gegenüber  einmal  die 
Aeusscrung  gcthan  habe,  im  Auslande  Depots  zu  besitzen, 
worüber  violleicht  das  Londoner  Bankhaus  Baring  die  beste 

Auskunft  crtheilen  könnte.' 

—————  ^ 

*  Anhaug  13. 

'  Oe  tttitement  portera  en  soi  appMreunieiit  la  d«f  de  toua  Im  eapitaiix 
plae^  «n  Angleterre,  et  peut-^tre  detii  quelques  TÜlet  de  eemmeroe  de 
rAUemagne.  B.  M.  ae  rappile,  qnoiqne  oouÄudoieiit»  qne  reBempereor 
loi  a  feit  meutiou,  dans  lo  temps  qu*il  dounait  des  lioence«  au  oonunevee^ 

((nMI  nvait  plat*6  des  fonds  dans  des  pays  ^trangera,  et  il  se  poiimdt 
bicn  niio  hl  tnaisoti  Bärin«»'  k  Londres  fftt  :\  rnpmp  dp  fonmir  qii<'l(|Ti*»» 
eclaircUx'iiieiits  ä  cet  ^ard.  b.  M,  iiie  cliar>,'L'  du  prior  V  A  ,  conimo 
d*apr^  lu  Journal  de  däbats  du  13  man  le  jugement  relaiit  au  ö  mil- 
lion«,  qiii  ae  troovaient  dam  Im  maim  da  Irnnqnier  Lafittc,  vieat  d'^tre 


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68 


Inswisohen  war  im  FebniAr  1882  die  ente  sayerlMsoge 
Kunde  über  den  Verbleib  des  Teetamentee  naeh  Wien  gelangt 
Daaielbe  war  ab  Depot  bei  einem  geietlicben  Oericbtshofe, 

jenem  des  Erzbischofe  von  Cantcrbury,  hinterlegt  worden  und 
befand  sicli  in  den  Händen  des  AnwalteB  William  Fox,  wel- 
cher es  in  der  erston  Woche  des  Jünntn-  im  strengsten  Ver- 
trauen überkommen  hatte.  Diese  Naehriclit  war  Lord  Hathuröt 
von  dem  königlichen  Procurator  selbbt  liiiiU  rbracht  worden, 
worauf  er  sich  beeilte,  den  Fiirsten  Esterhazy  davon  in  Kennt- 
niss  zu  sot/en.  In  Form  einer  Note  vom  26.  Jänner  theilte  er 
dem  Botschafter  femer  mit,  dasä  Fox  noch  nichts  gethan  habe, 
das  Testament  gerichtlich  beglaubigen  za  iassen,  worüber  aber 
noch  eine  lange  Zeit  verstreichen  könne.  Denn  es  sei  unter 
Becbtaanwälten  ein  nicht  seltener  Braach,  ähnliehe  Docnmente 
Monate  hindurch  so  ▼erwabren»  beyor  sie  bei  den  C^richten 
die  erforderlichen  Schritte  nntemtthmen,  ja  es  ereigne  sich  so- 
gar anweilen,  dass  eme  gerichtliche  Begbmbigang  vOHIg  unter- 
bleibe. 

Eine  Abschrift  des  Testamentes  yermochte  Lord  Bathurst 
nicht  zu  erhalten,  und  er  sah  ein,  dass  ihm  kein  rechtliches 

Mittel  zu  Gebote  stehe,  den  Anwalt  zu  bewegen,  das  ihm  im 
strengsten  Vertrauen  eingehändigte  Schriftstück  preiszugeben 
und  den  Namen  dessen  zu  nennen,  der  es  überbrachte.  Hin- 
gftren  wurde  ihm  von  Seite  des  königlichen  Proeurators  die 
Zusicherung  zutheil.  eine  Abschrift  des  Testamentes  zu  er- 
halten. «'>bald  dasselbe  gerichtlich  beglaubigt  worden  bei. 

Erst  am  5.  Februar  sendete  Fürst  Ksterhazy  diese  Note 
des  Staatssecretärs  nach  Wien.'  Fürst  Metternich  zweifelte 
keinen  Augenblick  daran,  dass  der  gcheimnissvolle  Ueber- 
mitder  des  Testamentes  niemand  Anderer  als  Graf  Monthoion 
gewesen  sei,  und  er  glaubte  jetzt  umsomehr  der  Anschauung 


prononcd  en  audience  publique  et  porte  que  co^  l'uutLi  iloivetU  etre  cou- 
ügniB  k  la  caiwe  des  d^p6ts  0k  consignations,  de  proonrer  par  une  gra- 
caean  intotreiition  de  S.  M.  remperanr  boq  angiute  p&ra,  qua  cette 
•onme  coniid^bl«  ne  toit  point  p«rdne  ponr  Mgr.  le  dne  de  Beicbstadt. 
Neipperg  an  Mattemieh.  Parme,  le  26  man  1822. 
*  .  .  J'ai  riionnftnr  pntir  plus  «Vf  olairciwement,  de  transiiieltre  i  V,  A. 
In  nr.te  ci-j-.iiito  <lo  Mylonl  Hatliurat,  auquel  je  m'^tai«  ndro!«««^  pnnr  me 
prtKurer  Am  re»ij»eij.'iiC'inontä  sur  Tauthenticit^  du  testarnfnt  de  Bonapart.-.' 
£«ierhazy  au  MeUenüch.    Londres,  le  5  f^vrier  1S22.   Vgl.  Anhang  U. 


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54 

Lowe'a  beipflichten  su  dttrfen,  daw  man  jenes  Doonment  in 
der  That,  und  swar  aus  folgenden  fieweggründen  unterschlage 
habe:  Entweder,  fahrte  er  ans,  enthielt  daa  Testament  politische 
Verfügungen^  in  Ansehong  derer  man  einer  entschiedenen  Za- 
rtlokweisung  von  Seite  des  Goavemeurs  sicher  sein  konnte,  so 
dass  sie  von  dem  Augenblicke,  da  man  sie  vorgebracht,  nnll 
und  nichtig  ^^eworden  wären,  oder  man  hat  die  Absicht  ge- 
liabt,  der  IHnterlasöenächai't  ^ich  zu  bemächtigen.  In  dem  (^incn 
Falle  wird  das  Testament  schon  an  den  Ta^-  kommen,  da  8<Mne 
Vcröffentlicbung  den  Zwecken  der  napoh^oiuselien  Partei  ent- 
spricht, in  dem  anderen  aber  werden  dieseüien  Hcweggriinde, 
welche  den  l^etnig  veranlasst  haben,  auch  zur  Entdeckung 
eines  solchen  fuhren.^ 

Wie  die  Dinge  jetzt  standen,  war  ITürst  Metternich  schon 
damit  zufrieden,  dass  die  englische  Regierung  sich  ihm  gleich- 
sam verpflichtet  hatte.  ,Wenn  Lord  Bathurst,'  schrieb  er  am 
13.  März  an  den  Grafen  Keipperg,  ,fortfMui,  der  Erwartung 
des  Fürsten  Estcrhazy  zu  entsprechen,  so  könnte  das  Verhalten 
dieses  Ministers  den  Verdacht  wieder  ansldachen,  den  Viele  zu 
hegen  versucht  sind,  dass  nämlich  das  Cabinet  von  St.  Jamea 
nichts  Anderes  beabsichtige,  als  die  letztwilh'gen  Veriilgungen 
Boiiaparte's  in  ein  geheimnissvolles  Dunkel  zn  Indien.'  Die  von 
Seiten  I^ord  Bathurst's  versprochenen  Aufklärungen  schienen 


.  .  II  est  höre  de  ditnto  qno  le  tostament  de  Bonnpnrte  et  plusietirs 
p.'irtieH  de  dfM-TiiArcs  (lis[i<.j-iti()iis  nut  et^  soustratteH  k  ia  connai(»aiico 
do  Sir  iliuUou  Lusve,  qui  reiiuissait  ati  »».  personne  toutes  les  autorites 
dü  rile  do  St«-I1616ne.  C'cttc  stmstractiüu  a  ötc  faito  ou  parceq[u'il  y 
avftit  des  disposittons  politiqnes  que  Ton  avatt  U  certitude  de  voir  re- 
potuw^  pur  le  gonveraenr  de  lUe,  Attenda  qa*il  n*a  jamiuB  raoonn«  la 
qaalitö  de  eonverain  dana  aon  pnaonttier,  et  qoe  par  coneöqnent  de  pa- 
reilles  disposition-s  eussent  rejet^es  dana  le  n^ut  au  nioment  meine 
de  leur  productiun,  ou  bien  cotte  soustraction  8* est  faite  4  ät«-H('!(  iie 
dnn.««  den  vtios  dVxpilation  dn  l'h^^ri'dit«''.  Dans  le  premier  ca«,  le  testa- 
iiu'iit  s»)  tVrji  jonr  pnrcecpie  l'oaprit  de  parti  lui  dervira  de  v6hicule,  <»t 
un«d  decuuvtii'te  puuira  mener  k  Tautre.  Dau»  la  suppositiou  qiu»  Ton  ait 
eu  intention  d'expilor  la  succession,  i(  en  sera  k  cet  ^ard  comme  d  ettt 
aniv^  an  dipflt  Lafitle.  Le  mdme  mobile  qui  poiuie  k  la  firaada  an 
aasture  tot  on  tard  la  d^uverte  —  lee  coropUces  «e  eipaieat  aa  jonr  de 
pertege.  Ne  doatons  pas  quH]  n'en  mU  de  ni4me  aveo  le«  dotationa 
Posthornes  de  8ta-H61^ne:  les  artisans  de  U  fraade  (s'il  y  ea  a  en)  ae 
cbwrgorout  eux  rnftmes  de  la  publier  .  .  Metternich  an  Meippecg:. 
Yieone,  le  13  man  1828. 


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65 


Metternich  jetzt  um  eo  ntfthiger  xu  mn,  als  sie  auch  beweisen 
sollten,  daes  all  die  Gerllchte»  welche  die  Zeitungen  über  das 
Testament  Napoleons  in  Umlauf  gesetst  hatten,  nichts  weniger 
denn  auf  Wahrheit  beruhten.' 

Weiters  bemerkte  Mettomich^  dass  die  Osterreichische  Re- 
giemng  gewiss  nieht  ermangeln  werde,  festanstellen,  was  Napo- 
leon Bonaparte  seit  den  Jahren  1814  und  18  lö  sein  Privat- 
vermögeu  uenncn  und  worüber  er  im  Augenblick«»  seine«  Tudos 
reelitmässig  verfügen  konnte.  ,Wenn  auch  nicht  daran  zu  zwei- 
feln sei,  dass  der  Herzog  von  Keiehötadt  nach  t'ninzübioi  hciu 
Kechte  zum  Mindesten  bcgrllüdeteu  Anspruch  auf  die  Hälfte  der 
Verlassenschaft  erheben  könne,  so  dürfe  man  doch  andererseits 
nicht  die  Vorsichtsmassregeln  verabsäumen,  die  man  unbedingt 
beobachten  müBse.  Die  einen  ergäben  sich  in  Ansehung  der 
Stellung  des  Kaisers  und  der  Herzogin  YOn  Parma,  sowie  vom 
Standpunkte  der  Politik^  die  anderen  hiugegen  beträfen  den 
Pnnaen  als  Privatperson.  In  diesem  Falle  empfehle  es  sich  aus 
rein  praktischen  Qrfinden,  in  seinem  Namen  nicht  früher  ir- 
gendwelche Schritte  zu  unternehmen,  als  bis  man  nicht  den 
wahren  Stand  des  Vermögens  Napoleons  festgesteUt  habe,  um 

'  S  i  hatte  die  ,T!iii08'  (Mo.  Paris,  17.  Jänner  1822,  einen  Auszug  aua  dem 
TestAiuente  gebracht,  desseu  Glaubwürdigkeit  Fflfst  Metternich  aus  fol- 
genden Gr<lnf!cn  in  Zwtnf»-!  /opr  ,C*o  qni  donnerait  ccrtes  1ü  droit  do 
r^voquer  on  dnute  rauthcnticit*'  'In  tesUiiuont  et  des  codicilles  qui  8*y 
troavent  rappeles,  c'est  qu'il  u  y  a  uulle  lueution  d^uu  autre  codicille 
dont  r«atlieatieitd  nws  d»t  complötemeot  coiutatte,  piiuqa*U  a  ät6 
immMiatemeiit  homologiiA  apria  le  ddete  de  Napol^n  BoaapMte  et 
la  T^rifieation  8*«n  est  faito  i  S*«-H£töue  tant  de  la  part  des  ex^cntenn 
teetamentaires  qne  eelle  de  8w  E.  le  goaTernenr  de  TUe.  D'un  autro 
tM,  le  contenu  de  ce  testameut  du  14  avril  ain»  quo  celui  des  codi- 
cilles qui  le  «uivcnt,  no  Inissent  pax  cutrovolr  des  motifs  qui  auraient  pu 
df'tpfminer  k  en  faire  un  aecret  ä  6'^^  -  lleleue  et  h  lo  soustraire  de  la 
succ4)äc>ion  jaconto,  taudi»  qu'on  y  laisaait  apparaitro  le  cudicillti  qui  cou- 
ceme  les  Souvenirs  l<^gu4s  a  Mgr.  le  duc  de  Uoiclistadt  et  que  Ton  n'y 
iBMtt  pM  jniet&re  des  lefl^  deetiate  aux  exiculenn  teetamentairee.  II 
poorrait  dono  panttre  doutenx  ti  Bonaparte,  dana  le  dernier  moie  de 
aon  ezifllenoe,  a  rdeUement  Üüt  porter  eee  denilÄreB  volontAt  eur  des 
d^tuls  aoMi  exigu  ou  «i  eee  röminisceuces  den  cent  jours  ne  sont  pas 
Toeuvre  de  cjuelques  un»  de  ses  partls.iiis?  Du  reste,  Ton  peut  espörer 
que  lefl  <^c!aircissenients  pr  lüii«  j^nr  Lord  Hatburst  ne  tardentnt  |»as  k 
nons  fouruir  des  douiices  plu.^  positives  et  propres  ;"i  di^tinguer  le  vrai 
du  laux.'  Fürst  Metternich  au  deu  (irafeu  Neipperg.   Viuuue,  le  uiars 


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66 


nicbt  etwa  im  Falle  der  unbedingten  ErbBerklHrang  mebr  Koeten 
tragen  za  rnttsaen,  als  der  Weith  der  Erbaehaft  betrage/ 

FVIrst  Esterhaay  blieb  inswisehen  nicht  rnttasig,  nm  weitere 
Au&chlüB8e  ttber  das  Testament  an  erlangen,  nnd  er  wendete 
sich  zu  diesem  Zwecke  an  den  französischen  Botschafter  in 
London,  Grafen  Caraman.  Durch  die  Vermittlttng  desselben 
erhielt  Ksterliazy  eine  Absehrift  der  Auszüge,  welche  Graf 
Müütliulon  bei  Fox  von  dem  Testamente  sich  gemacht  und  auch 
dem  französischen  ( Jenenilconsnl  »Söguier  vorgelejrt  hatte.*  Sie 
waren  ausseröt  lüekenbaft  und  enthielten  im  Wcbfiitliehen  das- 
selbe, was  bereits  durrh  die  ,Tinies'  verotfentlicht  worden  war. 
GelegentHch  einer  Jicspreehung  mit  Stagnier  erfuhr  Esterhazy, 
dass  Montholon  das  Testament  nur  insoweit  excerpirt  habe,  als 
ihm  nöthi<r  schien,  um  in  den  Besitz  der  bei  Laütte  hinter- 
legten Millionen  zu  gelangen  und  die  ausgesetzten  Legate  zu 
bezahlen.  Der  Generalconsul ,  welcher  das  Testament  selbst 
nicht  eingesehen  hatte,  versicherte  dem  Botschafter,  dass  es  elf 
Oodicille,  sttmmtlich  eigenhftndig  von  Napoleon  geschrieben,  ent- 
halte ,und  dass  Montholon  der  Depositär  der  geheimen  Absich- 
ten und  Fhtne  des  Verstorbenen  in  Betreff  der  VoUstreckting 
seines  letzten  Willens  sei'. 

Nachdem  Montholon  seine  Auszüge,  erzählte  jener,  in  Ge- 
genwart von  Beehtsfireunden  und  mit  Wahrung  der  Formen 
fertiggebracht  hatte,  welche  nach  englischen  Gesetzen  nOthig 
waren,  um  die  Eehtheit  des  Testamentes  festzustellen,  verschloss 
er  dieses  mit  seinem  Siegel  und  gab  es  Fox  wieder  zurück.* 


'  Wenn  auch  die  fransOsischen  Gesetae  in  AdMbltng  eines  Teetamentca 
nicht  yiele  Porraalitäten  vorechrieben,  sn  war  es  d  r!t  iiothwendig,  die 
Clauseln,  von  wf>lchen  man  Gehraurli  machen  wollte,  dort,  %vn  (]ns  Te- 
stament sich  befand,  durch  einen  fransOsischeu  Consul  beglaubigen  su 

lassen. 

*  C'est  i  M.  le  comte  de  Caraman  mime  que  je  me  suis  adressä  dans  ce 
biit  CTest  k  m  coniplaiBMiee  que  je  dois  la  piAoe  que  j'ai  rhonnaor  da 
tnuMmettre  ci-joint  A.  V.  A.  Co  sont  im  eztraita  qu«  Ifontholon  Ini-'m^m« 
a  prdsmtfa  au  consul  gfct^nl  de  Fmaee  S^tier  (son  parent)  et  dont 
celui-ci  a  piia  copie.  Je  puis  donc  en  garantir  Tautbenticit^.  Voua 
mnrfpiere?,.  njon  princo,  loii)  diff^reiitos  lacunes  qni  tronvont  »-o 
(locument  et  t»ur  Icsciuelle»  Muiitliolon  iio  sVst  jamni.s  oxpliquö.  II  diftfre, 
au  restc,  trds  peu  de  cclui  qui,  dans  ie  temps,  avait  6t&  publiö  dans 
le  Times. 

Teailles  .  .  . 


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57 


In  dem  Verdachte  aber,  daes  llontholon  bereits  sur  Zeil 
des  entao  Besndbes  Lowe's  in  Longwood  im  Beritae  de«  Te- 
itunenles  gewesen  sei,  wurde  Metternich  durch  jene  neuen  Er- 
dCnopgen  nur  noeh  mehr  bestttrkt  ,Bb  hat  den  Ansehem/ 
adirieb  der  Font  am  Märe  ld2i  nach  Parma,  ^als  ob  Mon- 
Mm  m  der  That  beabsichtige,  die  letsstwilligen  VerfUg-uiigen 
Napoleons  blos  theilweise  zu  offenbaren,  wie  er  ja  auch  auf 
St  Helena  dem  Gouverucur  blos  das  Oodicill  vom  IB.  Apnl 
vorgewif-i  II  urul  dabei  bemerkt  hattf,  dass  es  p^anz  merkwürdig 
sei,  dass  kern  Testament  sich  vorgetuudüu  habe/ 

XI.  Cnpitel. 

MoQtholon  und  Bertrand  bei  dem  BoUtchafter  Baron  Vincent  —  Ihr  Schreiben 
m  liui«'  LooUe.  —  Uontholon  und  Lafitte  befahdea  «ich  in  den  Tages» 
btWnrn.  —  ICiirie  Louiae  erhlH  daa  Codidllp  welche«  «nf  lie  Besng  hat  — 
Ihr  Unwille  ^tafflber.  — '  Der  Henog  von  Lenehtenbeiig.  ~  Sein  Selireiben 
n  ITiiiof  Fnuu.  —  Hitii'fltfthwrtben  des  Kaiaeort  an  den  Fttrateii  Hettemieh. 

Endlich  traten  die  Grafen  Moutholon  und  Bertraud  aus 
ihrer  bisherigen  K^  serve  hervor  und  statteten  am  21.  Febniar 
dem  kaiserlichen  Botschafter  in  Paris  einen  Besuch  ab.  General 
Bertrand  stellte  an  Baron  Vincent  die  Frage,  ob  er  geneigt 
wäre,  einen  fUr  die  Kaiserin  Marie  Louise  bestimmten  Brief  zu 

Postscript.  J'ajonterai  an  präsent  rapport  quelqnes  d^tails  quo  je 
tiens  <\o  M.  S^pruior,  t|ne  je  vieiis  de  voir.  II  ra'a  asflurä  n'avoir  vu  du 
te»biiueut  quu  la  partie  ci-juiutu  uu  extraits,  et  que  M.  de  Montholou  n*en 
a?oit  Üri  que  ce  qui  lui  avait  paru  n^cessaire  pour  obtenir  de  M.  La- 
<tto  lea  nz  millions  d^poate  ehe«  Ini»  et  qnl  conTriroient  lee  leg»  et 
wmm«»  indiqu^  dana  les  dita  eztraiti.  M.  84gaier  a  cependant  i^outA, 
qii*U  aavoit  qii*U  y  avait  eoae  oodieillea,  toua  IctUm  de  la  mam  de 
B  1]  arte,  «insi  que  son  teetament,  et  qoHl  Atslt  certain  que  M.  de 
Moutholon  ^tait  le  d^positaire  de«  intentions  et  pens^ea  Beerbtes  du  d^ 
fnnt  relativemetit  k  l'ex^ctjtion  do  scs  demi^rcs  volont6s.  M.  de  Montho- 
Ifn,  apres  avoir  fait  ces  extraits  en  pn'seuce  de«  p^'ens  de  loi  et  d'apres 
le*  forme«  usit^e«  et  requises  do  co  pays-ci  pour  coiiistater  Tauthcnticit^ 
de  Tecritore  de  Bouaparte,  a  refermö  ce  testament  de  son  propre  cachet 
•n  prjaenee  det  mdmea  peraonnes,  et  Tm  remis  entre  lea  mains  dn  pt>- 
earew  (proetor)  Fez.  Une  anlre  cireooslaace  trte  cnrleaae^  qni  m*a  M 
nppertfe  per  8ir  H.  Lewe  et  qni  se  troore  eonfttmde  per  TexAnit 
joial  Mt  de  sa  main  (Müt),  c'est  qa^  «st  po««tble  que  l'on  ait  aons- 
tralt,  contre  Tintention  meme  de  Bonaparte,  la  communication  de  se« 
demi*T«»<*  volüut^s,  malgrt'  Poffn»  fnite  ü  <•»>  «ujot  par  M.  du  MoTitli'don 
^  äir  ü  Lowe  qnif  lorsqu'il  demanda  Im  r^aliaation  de  oette  offre,  r^ni 


58 

Obemehmen  und  an  sie  golangeu  zu  lassen,  nachdem  Fürst 
Esterhazy  sich  geweigert  hätte,  ihm  in  dieser  Hinsicht  getliilig 
zu  sein.  Bertrand  «praeh  leruer  die  Absieht  au»,  in  Bälde  nach 
Parma  und  ivoiii  zu  reisen,  um  hier  in  Gemeinschaft  mit  Mon- 
tholon  den  Verwandten  und  der  Witwe  N  ipuieons  gegenüber 
der  Auttr  l^e  sich  zu  entledigeu,  mit  d*'Tn  n  der  Verstorbene  sie 
beide  betraut  liabe.  Baron  Vincent  erliub  keinen  Anstand  da- 
gegen, jenes  Schreiben  in  Empfang  zu  nehmen,  aber  er  gab 
gleichzeitig  im  Sinne  der  Instrn<'tion,  weiche  Fürst  Metternich 
an  ihn  gerichtet  hatte,  die  l!<rk]ärun^  ab,  dass  er  in  AUem  und 
Jedem,  was  diese  Angelegenheit  beträfci  der  Bevollmächtigte 
der  Erzherzogin  sei.  Hierauf  entgegnete  Bertrand^  dass  die 
Politik  mit  dem  vorliegenden  Falle  nicht  das  Geringste  zu 
schaffen  und  der  für  die  Erzherzogin  bestimmte  Brief  einzig 
und  allein  die  letztwilligen  Verfügungen  Napoleons  zum  Gegen- 
stande habe.  Graf  Montholon,  welcher  an  dem  Gespräche 
seines  Genossen  mit  dem  Botschafiter  sich  nur  wenig  betheüigt 
hatte,  richtete  jetzt  an  diesen  folgende  Frage:  ,Wisflen  Sie, 
dass  wir  mit  Herrn  Lafitte  einen  Process  j^a  liabt  haben?*  Als 
Barou  Vincent  ihm  antwortete,  wohl  davon  unterrichtet  zu  sein, 
jdass  jener  Banquier  vor  der  Herausgabe  dor  in  seinem  Depot 
befindlichen  Gelder  seine  Vorsiclitsmassre<^(dn  ergreifen  wolle, 
und  dass  sein  Wunsch  ein  natüjücher  sei,  von  Seite  der  Ge- 
richte dazu  ermächtigt  zu  werden,  sie  denjenigen  auszufolgen, 
denen  sie  p^ebührten',  fidirte  Montholon  das  Gespräch  nicht 
weiter,  und  auch  Bertrand  verhielt  sich  still. 

Nach  drei  Tagen  benachrichtigte  Montholon  den  Bot- 
sehafter, dass  von  seiner  Seite  nichts  mehr  im  Wege  stiinde, 
ihn  von  den  testamentarischen  Verfügungen  Napoleons  in  Kennt- 
niss  zu  setzen.  Am  4.  März,  erstattete  Vincent  dem  Fürsten 
Metternich  einen  Bericht  Uber  die  mit  den  Genannten  gepflo- 
genen Unterredungen,  während  welcher  des  Herzogs  Ton  Reich' 
Stadt  mit  keiner  Silbe  gedacht  worden  war,  und  Ubersendete 
ihm  gleichzeitig  das  an  die  Erzherzogin  gerichtete  Schreiben.' 


ponr  rftpoiiM,  qii*il  toit  (ott  extnofdinitiie  qits  le  teitamwit  ne  «e  trou- 
▼«H  pst,  teadis  qn*U  ert  msmteiuiiit  pronvö  que  IC  de  Montholon  en 
dtait  alors  en  poMOMion.  Esterluu^  an  llettemicli.  Londrai,  le  97  ti- 
Trier  I82i. 

Ni  le  g(>nL>r;il  I^ortrand,  ni  M.  de  Montholon  n'ont  fait  mention 
de  M.  le  duc  de  Keicliatadt.  Vou«  trouverez  ci-joiat,  mon  prinoe,  la 


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60 


Dieses  lautete  wie  folgt:  ,Voii  Kaiser  Napoleon  mit  der 
Ydlstreckong  seines  Testamentes  betraut^  haben  wir  die  Ehre, 
Ihnen  einen  Aussog  seiner  letztwiUigen  V^rftlgongen  an  Qber- 
mitteln.  Bis  m  diesem  AngenbUeke  haben  wir  es  nicht  vei^ 
mochte  K  M.  davon  in  Kenntniss  an  setsen,  weil  es  uns  an 
einer  sicheren  Gelegenheit  gemangelt  hat,  Ihnen  einen  Brief  an- 
kommen En  lassen.  Wir  sind  auch  damit  betrant,  dem  Prinzen, 
Ihrem  Sohne,  sobald  er  grossjfthri^  geworden,  verschiedene 
Gegenstände  zu  ubergüben,  welche  der  Kaiser  in  Gebrauch 
hatte/  Am  Schlüsse  des  von  Bertraml,  Montlioloii  und  Mar- 
chand unterfertigten  Briefes  richteten  diese  die  Bitte  an  Marie 
Louise,  sich  nach  Parma  bogeben  zu  dürfen.* 

Am  20.  Mäi'z  überseliiekte  5I<  ttHrnieh  das  genannte  Schrei- 
ben uneröffnet  an  die  Erzherzogin  und  legte  seiner  Depesche 
die  letzten  Berichte  Vincent's  und  Esterhaz^s  bei. 

Der  Umstand,  dass  Montholon  auf  einen  Artikel  Latitte's 
erwidert  hatte,  welcher  in  einem  Pariser  Journal  zur  Veröffent- 
lichung gelangt  war  und  auf  ihren  beiderseitigen  Rechtsstreit 
rieh  bezog,  bestärkte  den  Fürsten  in  der  Annahme,  dass  solche 
Erörterungen  endlich  dazu  fUhren  wlirdeUi  Licht  in  die  Testa- 
meotsangelegenheit  zu  bringen.  ,Jener  Vor&U/  bemerkte  er  in 
leinem  Schreiben  an  Neippcrg,  ^beweist,  dass  die  Privatinter« 
eisen  bereits  den  Schleier  zu  Ittften  beginnen,  mit  welchem  die 
Umgebung  Bonaparte's  dessen  letztwillige  Verftigungen  zu  um- 
hüllen die  Absicht  hatte.  Der  Lakonismus  und  die  ZurWck- 
haltung,  welche  jene  zwei  während  ihrer  Unterredung  mit  Baron 
Vincent  beobachtet  haben,  können  uns  in  dem  Vorsatze  nur 
bestärken,  uns  passiv  zu  verhalten  und  keine  Verquickungen 
und  Lnannehniliehkeiten  lifrlieizufiilnen.  Man  darf  in  der 
That  sich  nicht  vcrlu  hlen,  dass  in  Ansehung  der  vielen  Per- 
sonen, deren  Privaliiiteressen  mit  ins  Spiel  kommen  und 
wrlehe  in  Folge  der  testamentarischen  Bestimmungen  alier 
Wahrscheinlichkeit  nach  sich  verletzt  ft\M<'n  werden,  diejenigen, 
welche  mit  der  Vollstreckung  betraut  sind,  nicht  ermangeln 


lettre  öaonc^  <*i-d(?vnnt  arlress^o  k  M>»«  Tarchifltuhc^e  ducheMO  de 
Parme  .  .       Vinceut  au  Metternich.    Paris,  le  4  mars  1822. 
t.  .  .  Nous  o»oaB  e«p4rer  que  V.  M.  daigiiera  nous  permettre  de  döposer 
4  aes  pieds  rhommage  du  respect  avec  le  quul  .  •  .*  Paria,  s.  d^  f^vrier 

im. 


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60 


werden,  sie  frtther  oder  später  in  die  Oeffentliohkeit  gelangen 
2tt  lassen/* 

Als  Marie  Lonise  die  Depesche  Metteniicli's  vom  20.  Mänt 
und  die  Beilagen,  welche  diese  enthielt^  gelesen  hatte,  glaubte 
sie,  keinen  Augenblick  mehr  daran  zweifeln  za  dürfen,  daas . 
die  Testamentsvollstrecker  in  betrflgerischer  Weise  an  Werke 
gegangen  seien.  So  wie  diese  Üeberseugung  sie  mit  grOaster 
Betrübniss  erfüllte,  so  versetzte  es  sie  nicht  minder  in  Erstau- 
nen, als  sie  dein  Tcstamentsausziifi^c  entnahm,  tlass  Napoleon 
Bonaparte  in  einem  seiner  Codicille  über  eine  Summe  von  zwei 
Millionen  verfügt  habe,  welche  sie  im  Jahre  löl4  mit  sich  nach 
Orleans  genommen  hatte  * 

Marie  Louise  zögerte  nicht,  dem  Fürsten  Metternich  zu 
eröffnen,  dass  sie  von  diesem  Oelde  sowohl  ihre  Reise,  als  auch 
die  ihres  zahlreichen  Gefolges  von  Paris  nach  Orleans,  Ram- 
bouillet, Wien  nnd  auch  ihren  Aufenthalt  in  den  Bädern  von 
Aix  in  Savoyen,  femer  die  Rttckreise  nach  Wien  bestritten 


'  .  .  Une  lettre  qne  M.  Lafitie  «  foit  ine^r  dan«  le  joanuU  de  Paris 
da  l«r  de  ce  moie,  ^blit  d*ane  manUre  elaire,  pr^dee  et  jnsle  la  quefl* 
tion  qiü  B*eit  Uwi»  eotre  eette  nudeon  de  banque  et  les  ezieatoiure 
teetamentairee  de  NapoMon.  Le  monta&t  des  fSmds  dont  la  snaisou  P^r^ 
gaux  Lafltte  est  restde  diposUalie,  8*j  triHiTe  ezprimte,  lea  droits  de 
I'böritier  natiirel  de  Texemperour  y  sont  mentionn^  d'une  mani^ro  ex- 
prefsgo.  Otte  affairo,'  vermpintn  Baron  Vincent,  ,]iortt'c  anx  tribunaiix  n 
6t6  discutöe  k  huis  rlns,  ;\  causo  sang  doiite  des  äumme»  dont  y  dispose 
le  testateur  et  qu'il  iinpute  »ur  lius  r^clamatiooH  k  faire  envera  le  go\i- 
vernement  actuel,  qa'il  semble  qae  Napolten  ait  p&rticuU^rement  eu 
rintention  de  eompromettre.*  Vgl.  Anhang  16. 

*  ,J*ai  eu  rhoimeiir  de  receroir  la  d^pdche  de  V.  A.  en  date  da  80  de  ce 
mois  avec  les  rapports  dn  princa  d'Esterliasy  et  du  g^n^ral  baron  de 
Vincent  qni  y  6taient  j<rfnti  en  copi(>  <  t  avec  plnsieiirs  piöoes  rclativee 
au  test&ment  de  roxempereur  Napoleon.  Je  me  suis  empresu^  de  lea 
Boumettre  k  la  connaissance  de  S.  M.  Non  seulemont  lo  eontenu  do  tous 
ce»  papiors  qui  prouvent  ävidemment  la  fraude  et  la  manvaise  foi  des 
üxecutcurs  testamentaires,  ont  fait  une  iinprossiuu  det^agreablo  8ur  Tesprit 
de  §•  M.,  mais  eile  a  surtout  vu  avec  surprise  quo  daus  uu  des  codi- 
cilles  son  ddfnnt  epoux  disposait  de  la  sonme  de  devx  millions  que  8.  M. 
avait  empört^  de  Paris  an  moment  oA  eile  erat  &  Tapprocbe  des  armdes 
alll4es  qnitter  cette  eapitale  p<mr  se  rMigier  k  Blois  et  k  OrMans  .  .  / 
Neipperg  an  Metternich.  Parme,  c«;  20  mar»  1B22.  Marie  Louise  hatte 
blos  920.000  Franca  und  nicht,  wie  Helfert,  p.  316,  irrthUmlicherwoise 
behauptet,  auch  jene  >filltonen  ihrem  Gemahle  nach  Fontainebleau 
gesendet.    Vgl.  Anbang  Iti. 


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und        Rest  dafür  Terweiidet  habe,  um  vom  October  1814 

bis  zuiu  März  1816  die  Kosten  ihres  Hofstaates  zu  decken.* 
,1.  M./  schrieb  Graf  Ncipperg  am  21i,  März  nach  Wien,  ,wiu'de 
es  unter  ihrer  Wtlrde  halten,  wem  immer  ausser  ihrem  Sohne 
und  ihrem  erlnuohteu  Vater  Reclienschat't  über  ein»'  so  wenig 
1><  deutende  ^urume  abzulenken,  welche  sie  nicht  einmal  den 
Fonds  entnommen  hatte,  die  ihi*em  verstorbenen  Gemahle  an- 
gehörten.' 

Naeh  reiflicher  Ueberlegung  glaubte  Marie  Louise  das 
Testament  in  seinen  wesentÜobsten  ßcstimmtmgen  als  nngiltig 
snseken  zu  müssen.  Der  Tomehmste  Tbeil  der  Veriassenschafti 
liess  sie  sieh  Temebmeni  gebObre  von  reehtswegen  einaig  und 
slleia  ibrem  Sohne,  weleber  aneb  daaa  verhalten  werden  konnte, 
jenen  Legataren  eine  £ntscbädigung  zu  gewähren,  denen  eine 
solche  mit  Rttcksteht  anf  die  seinem  Vater  «rwiesenen  Dienste 
gebabre.  ,Es  ist  über  jeden  Zweifel  erhaben/  schrieb  Graf 
Xeipperg  am  2.  April  nach  Wien,  ,da88  das  eigentUche  Testa- 
ment erst  gelegentlich  der  Grossjäluri^keit  des  Herzogs  von 
Reichstadt  eröffnet  werden  solle.  Der  I^laler  Lsabey,  welcher 
kürzlich  in  Parma  weilte,  war  erstaunt,  dasb  man  hier  sowohl 
als  auch  in  Paris  darüber  in  Uukenntniös  zu  sein  scheme,  nach- 
dem doch  alle  Welt  es  wisse.  Es  ist  ferner  sehr  merkwürdig, 
dasB  sämmtliche  Legate  auf  Summen  sich  gründen,  welche  &uß 
dem  Jalire  1815  stammen,  während  von  jenen  Geldern,  über 
welche  der  Verstorbene  vor  dieser  Zeit  verftlgt  haben  konnte, 


*  ,Neuf  Cent  niille  francs  furent  dp  suite  t'fivnvL-s  p.nr  S.  M,  k  Toxempereur, 
le«  deux  autret»  millioii«  servirent  anx  frai.s  (ie  v<»ynf(e  de  S.  M.  avec  nn© 
conr  immense,  qni  Vaccompiij^tait  de  PariB  k  Orleans,  d'Orl^us  a  Ram- 
bonillet,  de  Rambouillet  k  VionnOf  de  Yieune  par  tcmte  la  Stiim  Muc 
eaak  «TAU  ea  Savoie,  oh  eil»  s^arrdta  quelques  mois  poor  rertnir  ea- 
aaite  par  Manicli  k  Yienne.  U»*  rarchiditcliene  a  ponnru  peadant  tont 
1e  e^onr  qn*elle  a  fait  k  SehOnbroim  depvu  le  mob  d^octobre  1814 
jnaqu'au  mois  de  niars  1816  arec  le  restant  de  oee  denz  millioiw  de 
francs  k  touteti  les  d^penaes  de  sa  maison  et  de  sa  cour,  saiu*  jamais  von- 
loir  accepter  la  pension  qui,  commc  V.  A.  lo  »ntt,  lui  devait  etre  pay^ 
k  cette  «'potjtie  jtar  la  France.  S.  M.  reg;irdorait  au  dessoMS  de  sa  dijrnit^ 
de  jaiitais  reudre  compte  de  Teuiploi  d'uue  somme  aussi  peu  iiiiportaut6) 
qni  n'avait  paa  möme  Öt4  priae  snr  les  fonda  appartenaota  k  eon  d^fiint 
ipoox,  k  qni  que  ce  Bolti  eioaptA  k  eoa  fib,  avec  leqnel  eile  en  a  pattag^ 
remploi  avec  Im  ploi  gnuide  deonomie»  et  &  lon  aaguto  pte*  Neip- 
petf  an  Ifetternidi.  Parme»  ce  29  mav»  18it. 


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69 


nii^ends  eine  Erwtthnung  t^schielit.  Es  ist  dies  nur  ein  Beweu 
dafilTy  dass  sie  die  Capitfüien  in  sieh  fassen^  welebe  in  ver- 
schiedenen Ländern  angelegt  sind.' 

Uni  dem  kaiserlichen  Botschafter  in  Paris  die  Autgabe  zu 
erleichtern,  dem  Saohvorhrilte  auf  die  bitur  zu  kommen,  g^ab 
Marie  Louise  dem  Fürsten  Metternich  zu  verstehen,  es  niüge 
Baron  Vincent  mit  ihrem  Hanshofmeister  liallouhaye  sich  ins 
Einvernehmen  setzen,  welcher  zur  Zeit  in  Paris  weilte.*  An 
ihren  Vater  jedoch  richtete  sie  folgenden  Brief:  ,Rttcksichtlich 
des  Testamentes  des  Kaisers  Napoleon,  von  welcliem  Ptirst 
Metternich  dem  Neipperg  die  meisten  Acten  mitgetheilt  faat^ 
bleibt  mir  nnr  übrig,  micb  Ihrer  Täterlicben  Gnade  annnem- 
pfehlen,  da  sonst  der  grOsste  Theil  dieses  Vermögens  fttr  meinen 
Sohn  verioren  sein  wQrde.  Das  Testament  scheint  nach  allen 
Gesetzgebnngen  als  unrichtig  angesehen  werden  sn  mflseen,  da 
es  von  meinem  Sohne,  dem  Hanpterben,  kaum  ^ne  Erwähnung 
macht  nnd  die  Testamentsvollzieher  nnr  mit  Betrag  nnd  Hinter^ 
list  handeln  zu  wollen  scheinen.** 

Mit  einer  ähnlichen  Forderung  waren  die  Testamentsvoll- 
strecker auch  an  den  Herzog  von  Leuchtenberg  herangetreten, 
indem  sif  ihm  das  Codicill  Übermittelten,  welches  von  ihm  Hie 
Ansfolgung  des  Betra<jes  von  zwei  Millionen  verlangte.  Naeli- 
dem  diese  aus  der  Civilliste  des  vormaligen  Königreiches  Italien 
zu  behebenden  Gelder  weder  von  dem  Kaiser,  noch  von  den 
übrigen  Souveränen  der  italienischen  Staaten  liquidirt  worden 
waren,  erneuerte  der  Herzog  von  Leuchtenberg  in  einem 
Schreiben  an  Kaiser  Frans  vom  30.  März  1822  sein  zu  wieder- 
holten Malen  gestelltes  Ansuchen,  er  möge  ihm  diesen  Rückstand 
ausfolgen  lassen,  um  den  ihm  auferlegten  Verpflichtungen  ent- 
spredien  zu  können.'  Am  14.  April  überzchickte  Kaiser  Franz 
dem  Staatskanzler  diesen  Brief  des  Herzogs  von  Leuchtenberg 
und  trug  ihm  au^  im  Einverstnndnisse  mit  dem  Finanzminister 


*  ,6i  IL  le  gintod  Iwron  de  Vincent  veat  te  senrir  de  TintendaAt  gte^nl 
de  U  m^flon  de  8.  M.»  M.  Bellonhaye  qiü  le  trouve  «etueUement  k  Perie, 
il  pewm  MUM  donte  lui  gtre  tr^  utile  dane  lei  difftomtes  rochefeheB 
qn*il  aera  n£c&»aire  do  faire  relMavement  au  testament.'  Graf  Neippeig 

an  den  Fürsten  Mettemick.    Parmei  oe  2«  avril  1822.    St  A. 

*  Marie  Louise  an  Kaiser  Frans.  Panna»  IS.  Apnl  199% 

*  Anhang  17. 


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63 


Grafen  Stadion  die  erforderlichen  Schritte  einzuleiten  und  sich 
eine  authentische  Abschrift  des  TeBtamentes  Napoluoiiä  zu  ver- 
schaffen.^ 

XII.  Capitel. 

An«*erjreric'htlic}jer  \  erpleich  zwischen  den  Testament'jvollstrerkern  T<n- 
litte.  —  Muutboluu  boi  ßaruu  Viucoiit.  —  Mtjtternich's  Weisungen  nach  i'aris 
und  London.  —  Sein  Schreil)on  an  den  Grafen  Ncipjmrg. 

Unterdessen  war  es  zwischen  dem  Oralen  Montholon  and 
Bertrand  einerseits  und  dem  Bankhanse  Lafitte  andererseHs  va 
einem  anssergerichfliclien  Vergleiche  gekommen,  wonach  die 
Gelder  noch  fünf  Jahre  hindurch,  also  bis  zur  Gros^ährigkeit 
des  HeraogB  von  Reichstädt»  bei  Lafitte,  welcher  sich  ihrer 
noch  nicht  begeben  hatte^  verbleiben  sollten,  um  dort  mit  4  Per^ 
eent  Zinsen^  vom  1.  Jänner  1822  an  gerechnet,  angelegt  zu 
werden.  Nach  Abiaul  dieser  Zeit  hätte  iiiun  auch  dem  Prinzen 
das  Testament  selbst  zu  übermitteln.  Dasselbe  befand  sich  noch 
immer  als  Depot  am  Gericiitshofe  des  Erzin srliof«  von  Canter- 
bury.  In  u^l  ;i'her  Weise  waren  in  Kn^^land  auch  die  Gegen- 
stände verwahrt,  weiche  Napoleon  seinem  8ohne  verm«acht  hatte. 
Von  diesen  Anordnungen  wurde  Baron  Vincent  durch  den 
Grafen  Montholon  in  Kenntniss  gesetzt,  welcher  ihm  auch  er- 
lählte,  dass  man  der  französischen  Hegierung  das  Testament 
•emem  ganzen  Inhalte  nach  mitgetheilt  und  von  ihr  den  Befehl 
erhalten  habe,  es  nur  auszugsweise  bekanntzugeben;  alssdches 
Kl  es  alsdann  auch  dem  Gerichte  vorgewiesen  worden.  Graf 
MoDtholon  versprach  dem  Botschafter  eine  Abschrift  seiner  Aus- 
ittge  und  verschob  die  Fortftdurung  der  Unterhandlungen  bis 
m  der  Wiederkehr  Bertrand's,  welcher  auf  14  Tage  ver^ 
teiBt  war. 

Weiters  gab  Montholon  dem  l^otschafter  zu  dessen  frrossem 
Erstaunen  in  seinem  eigenen  Namen  sowohl,  als  in  jenem  der 
ihm  gleichgestellten  Tjcgatare  die  Erklärung  ab,  dass  sie  sich 
sämmtlich  in  dem  Sinne  Ah  Legatare  betrachteten,  als  sie  von 
Napoleon  Bonaparte  mit  Kücksicht  auf  die  ihm  geleisteten 
Dienste  bedacht  worden  seien.* 

*  Anhang  18. 

*  ^ai  OQ  jovdi  damler  eh««  noi  xat  entretten  aree  11  de  lloatiioloii.  H 
m*Kna  ftit  diM  qaHl  ne  ÜMTnlt  pss  de  dUAenltd  de  ne  donoer  connaie- 
nnee  da  teetaine&t  de  Ni^Uon;  je  Itii  STiie  fidt  dire  qiie  je  raeevsali 


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64 


Während  dieser  Berieht  VinoeDf  b  vom  2.  April  noch  auf 
dem  Wege  war^  ging  Metternich  dmn,  die  Depesche  Tom 
4.  des  vergangenen  Monates  an  beantworten.  In  aasfbhrltolier 
Weise  setzte  er  dem  Botschafter  nochmals  die  Gründe  ansein- 
ander,  welche  die  Herzogin  von  Parma  bestimmten,  mit  den 
Testamentsvollstreckern  nicht  unmittelber  zu  verkehren.  Als 
einen  solchen  hob  er  auch  den  Umstand  hervor,  dass  Bertraml 
und  Montiiulon  es  nicht  unterliessen,  von  Kapoleon  als  Kaiser 

avec  iut^ret  retto  i,<>njiiiuiiic«U*iii ;  jü  ci  us  qu'il  venait  y  satisfaire,  li 
borua  k  uie  purtor  <le  l'iu^tauce  juritlique  qui  avait  ea  lieu  entre  les 
ez^cnteiin  teataaumti^ret  et  eu  nline  teupa  Ugataires  de  Napol^n  «i 
la  naiflon  Lafitte,  et  qne  qnoiqae  le  tribuDal  ait  prononcÄ  k  cet  ^^ard» 
tet  Idgatains  ■*4iaient  entendiu  avec  1a  maiMm  Lafitte^  et  qn'it  avait  M 
convenu  quo  lee  fimäB  qal  ea  troavaieal  eaoore  eatre  eee  tnaiai»  j  teete 
nüent  döpos^  pendant  cinq  aas  et  portaraient  defoie  le  1**  janvier 
dernier  nn  int^r^t  de  4''/o- 

M.  de  Moiithnlon  me  dit  que  le  ponverneinent  Franvais,  a  qui  il 
nvait  <^ti^  iiiontr»>  i  n  ^  n  entier,  avait  (leniaiide  ([uo  le  testaniPiit  nr^  fftt 
coimu  que  p&r  oxtrait«,  et  que  c'^tait  ainsi  qu'on  en  avait  fait  usag^e 
vie-i-vie  do  tritaal. 

Le  teetanent  doit  Mre  renie  an  dne  de  Beidietadt  par  lee  eaDft> 
eateaie  teetamenteiiee,  loieqall  ania  attemt  T^poqae  de  ea  m^iofilft. 

Cette  pi^  eet  d^pos^  k  la  conr  de  TardieT^ue  de  Caaterbaiy  k 
Londree,  male  eile  ne  Test  pas  comme  testament,  parceqii*alon  chacun 
pourrait  en  avoir  participatlon.  Elle  y  est  commo  M\}ot  et  ©n  sera  retir^e 
lors  de  la  majorit«'  du  duc  r]r'  ]?rirh«t,idt;  los  nntrea  effets  1^^^  par 
N&pol^n  ä  8üu  Iii»  sont  aussi  i1»4»uöüs       An^-^h  u^rre. 

Leä  exdcuteurs  testamentaireti  et  le^  diti^reuta  legataires  semblent 
ne  paa  dooter  que  le«  dispotittona  da  teetament  seront  reeonnues  par  le« 
hatten  natorela  et  I^tlmee. 

Je  toB  aeeea  enfpris  d'entendre  M.  de  Montholo«  en  eoo  nom  et 
en  eehil  dee  aotree  peiwmnee  plaodee  dane  la  mSme  eet^oiie,  m  qnali- 
fier  de  l^ataire«  k  titro  onöreux;  jo  ne  relerai  rien. 

Je  demandai  k  M.  Montiiolon  s'il  tronverait  de  la  difficaltä  k  me 
donner  connaissance  du  testament  on  tout  ou  on  partie;  5!  rne  r^pondit 
qu'il  me  foumirait  copie  des  extraits,  et  je  devais  aujoiird'hui  roeovoir 
cette  communicatiou,  aiusi  que  vuu»  le  vcrrez,  nioa  prince,  par  le  billet 
ci-joint;  ce  ne  sera  qa'aprös  demain  qa*il  me  remetira  cette  piÄce.  Je  Ini 
ai  %aleaient  demandd  nae  notiee  par  derit  dee  diffirents  objet«  dornt  il 
avait  fielt  mention  dane  aon  eatretien;  il  me  dit  qa'il  ae  prStendt  Volon- 
tieiv  k  ce  qne  je  Ini  demandeia,  mala  qne  le  gdndral  Bertnmd  dtant 
abaent  ponr  qninze  jours,  il  crojait  convenable  d'attendre  aon  retour, 
ponr  qne  ce  soit  conjonctement  avec  Ini  qu'il  me  soit  fait  les  communi« 
cation«  par  ^rit  qne  je  Ini  demandaia.  Viaceat  an  MetteraiAh.  Paria, 
le  2«  avril 


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65 


zu  sprechen,  obwohl  Bonaparte  diesen  Titel  durch  den  Bruch 
des  Vertra(,^es  von  Fontainebleau  gänzlich  verwirkt  habe. 
Weiters  überschickte  er  ihm  eine  Abschrift  des  Briefes,  wel- 
chen die  Te Stil lueuts Vollstrecker  an  Marie  Louise  g-criclitet 
hatten,  und  legte  seiner  T^epcsche  den  Testamcntsausznn;  und 
die  letzten  Berichte  Neipperg's  bei.  Baron  Vincent  war  aber 
von  Allem  bereits  durch  Ballouli-ivr-  unterrichtet  worden.  In 
Betreff  der  zwei  Millionen,  welche  ilane  Louise  während  ihres 
Aufenthaltes  in  Orleans,  und  zwar  noch  vor  Abechiuas  des  Ver» 
Inges  von  Fontainebleau,  also  ssu  einer  Zeit  übernommen  hatte, 
da  de  noch  Kaiserin  war,  bemerkte  Metternich  Folgendes:  ,Die 
Erzherxogin  befand  sieh  in  Tollem  Rechte,  als  sie  jene  Summe 
fllr  die  Bestreitung  ihres  Hauses  und  Gefolges  Terwendete,  und 
sie  braucht  weder  den  Testamentsvollstreckern,  noch  irgend 
wem  Anderen  darttber  Bechenschafb  absulegen.  Die  in  Fontaine- 
bleau  erfolgte  Abdankung  hat  in  dieser  Hinsicht  eine  Grenz- 
linie zwischen  dvi  kaiserlieheii  Regierung  und  der  Ilestaura- 
tionsepochc  gezogen.  Kraü  der  Bedingungen  dieser  Abdankung, 
weiche  von  dem  üsterreiehischen,  dem  Berliner  und  Peters- 
hurger, sowi<  dem  Londoner  Hofe  in  Ansehung  der  zu  ver- 
gebenden Liinder  angeouiiimen  wurden,  ist  L  M.  die  P^rau  P'rz- 
herzogin  an  dem  Tage  Herzogin  von  Parma  geworden,  an 
welchem  sie  aufgehört  hat,  Kaiserin  der  Franzosen  zu  sein. 
In  allen  öffentlichen  Uebereinkommen  hat  das  Datum  des 
Vertnigee  von  Fontainebleau  einen  Abschluss  gebildet.  Aus 
diesem  Qmnde  hat  unser  Hof  darauf  verzichtet,  die  Mi^ift 
der  Erzherzogin  zu  reclamiren.  Ebenso  waren  auch  jene  rot 
der  Abdankung  ausbezahlten,  für  den  Aufenthalt  und  die 
Uebersiedlung  der  Kaiserin  verwendeten  zwei  Millionen  nicht 
mehr  verftlgbar,  so  dass  ein  Irrthum  in  den  Bestimmungen 
des  CodictUs  obwaltet,  welches  jene  Summe  als  Legate  aus- 
fletzt' 

Noch  wusste  ^letteriiich  nichts  von  dem  aussergerichllielien 
Vergleiche,  welelier  zwischen  den  Testanient.svollstreekern  und 
'Km  Bankhause  Lafitte  zu  Stande  gekommen  war;  ihm  war 
hlos  die  Thatsaehe  bekannt,  dass  die  französischen  Gerichte  in 
erster  Instanz  das  Testament  Na]>üleons  als  null  und  nichtig 
erklärt  hatten.  Aus  diesem  Wahrspruche  schloss  er  die  Folge- 
rung, dass  der  Privatbesitz  Napoleons,  so  wie  er  am  Todestage 
desselben  bestand,  nach  den  Bestimmungen  des  Code  civil  dem 

Aichh  Bd.  T.TTI.  1.  HUfto.  5 


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66 


natürlichen  Erben  zufallen  rnttsste.  ,Zn  diesem  PrivatvermOgen,' 
setzte  er  Baron  Vincent  auseinander,  ^ist  unstreitig  die  Summe 
zu  rechnen^  welche  als  Depot  in  den  Hftnden  Lafitte's  sicli 

befand  und  welche  in  Gemässheit  des  Wahrspruches  erster 
Inst ;mz  im  Interesse  der  Intestaterben  g"erichtlich  hinterlegt 
werden  musste/  Weiters  folp^erte  Mett«  rnit  li  aus  der  Aniinlli- 
rung  des  Testamentes,  da^^s  die  Grafen  Bertrand  und  Montiio- 
lon,  sowie  Marchand  vielleicht  nicht  mehr  als  TcstÄments- 
voUstrccker  anerkannt  sein  würden,  aber  in  diesem  Falle 
doch  bis  zu  dem  Augenblicke  ihres  Todes  als  Bevollmächtigte 
zu  gelten  hätten  und  als  solche  der  Pflicht  sich  nicht  ent- 
schlagen  durften,  über  ihr  G^bahren  Rechenschaft  abzulegen. 
Sie  kannten  von  Seite  der  Gerichte  immerhin  dazu  verhalten 
werden,  die  letztwilÜgen  VerftlgongeD  Napoleons  vollinhaltlich 
bekanntzugeben,  wenn  man  solches  verhingea  wlirde,  um  den 
Bestand  der  Intestatserbschaftsmasse  festzustellen.  In  der  Vor> 
auBsetzung,  dass  die  Grafen  Bertrand  und  Montholon  sich  denn 
doch  entschlicssen  könnten,  Baron  Vincent,  wie  sie  es  ver- 
sprochen, von  sämmtlichen  Bestininiunjren  des  Testamentes  in 
Kenntniss  zu  setzen,  wenn  sie  \s  ussten,  dass  die  üsterreichische 
Regierung  auch  gerichtliche  Schritte  nicht  scheuen  wtlrde,  wies 
Fairst  Metternich  den  Botschafter  an,  ihnen  diese  MdgUchk,^ 
vor  Augen  zu  halten.  Erst  dann,  bemerkte  er,  wenn  man  die 
nOthigen  Aufscblilsse  erhalten  hätte,  dürfte  man  daran  gehen, 
die  Streitfrage  durch  Kechtsgelehrte  untersuchen  zu  lassen. 
Aber  nicht  nur  in  Paris,  sondern  auch  in  Wien  mOsste  eine 
solche  Consultation  stattfinden;  der  einen  würde  die  Aufgabe 
zufallen,  die  Angelegenheit  vom  Standpunkte  der  französischen 
Gesetze  zu  behandeln,  die  andere  hingegen  hatte  darüber  zu 
beratfaen,  ob  tmd  welche  Schritte  unternommen  werden  sollten, 
um  die  Rechte  des  Herzogs  von  Keielistadt  zu  sichern  und  den 
Bflichten  der  Vormundschaft  gemäss  zu  h.iiuleln. 

Vor  Abfertigung  dieser  Depesche  erliielt  Metternich  den 
Bericht  Vincent's  vom  2.  A]iril.  Er  beeilte  sich,  auch  diesen 
zu  beantworten,  indem  er  dem  Botschafter  die  kaiserliche  Ent- 
schliessung  vom  14.  April  mittheilte,  in  welcher  Franz  I.  dem 
Fürsten  aufgetragen  hatte,  ihm  womöglich  eine  authentische 
Abschrift  des  Testamentes  zu  verschaffen.^ 


*  Anhang  19. 


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67 


An  demselben  Tage,  am  34.  April,  ging  aach  eine  De- 
pesdie  Metternich's  an  Keterhasy  ab,  welche  diesen  von  Allem 
in  Kenntnisfi  setzte,  was  Baron  Vincent  inzwischen  nach  Wien 

berichtet  hatti'.  Mittcniicli  liob  es  als  lobenswerth  hervor,  dass 
di<*  französische  Regiermif^  diiiauf  gcdrim;^«'n  habe,  das  Testa- 
mrnt  nicht  anders  denn  auszugsweise  bekannt  werden  zu  lassen, 
damit  nicht  etwa,  den  Absichten  des  Verstorbenen  oder  dessen 
SchicksalsjL^efiilirten  auf  Öt.  liüJ<'na  «rernnss,  dem  Getriebe  der 
napoleonisehen  Partei  neue  Nahrung  zugeführt  werde.  Aber 
eine  solche  Vorsicht,  bemerkte  er,  dUrfe  keineswegs  so  weit 
sich  erstrecken,  dass  auch  die  österreichische  und  die  englische 
Regierung  in  Unkcnntniss  Uber  die  iU)ri^^en  Bcstimmongen  des 
Testamentes  yerbieiben  sollten.  Mit  Hinweis  auf  die  kaiserliche 
Enlschliessang  vom  14.  April  forderte  Metternich  den  Fürsten 
Esteihazj  anf,  Lord  Bathnrst  in  eindringlichster  Weise  an  das 
Verspredien  an  erinnern,  dai^enige,  was  man  über  das  Testa^ 
ment  bereits  wisse,  nach  Möglichkeit  yenrollstilndigen  an  wollen.* 
Am  3.  Mai  ttberschickte  er  diese  zwei  Depeschen  sammt  den 
Gesandtschaftsberichten,  auf  welche  sie  sich  bezogen,  an  den 
Grafen  Neippcrg.  Sein  Schreiben  nach  Parma  enthielt  im 
Wesentlichen  folgende  Erläuterungen:  Der  Umstand,  dass  das 
Depot  noch  weitere  fünf  Jahre  bei  Lafitte  verbleil)eu  solle,  be- 
einträchtige nicht  im  Geringsten  die  Rechte  der  Erbfol<re,  eben- 
sowenig hindere  er  die  üsterreicliische  Regierung  daran,  ge- 
richtliche Schritte  «inzuleiten,  um  in  Betreff  der  Erberklürnng 
sich  auszusprechen  und  darüber  schlüssig  zu  werden,  ob  eine 
solche  unbedingt  oder  unter  dem  Vorbehalte  der  Rechtswohl- 
that  des  Inventars  stattzufinden  habe,  oder  ob  es  nicht  ange- 
seigter  wftre,  die  Erbschaft  abaolehnen.  Metternich  konnte  nicht 
noüiiny  dem  Grafen  Neipperg  au  bemerken,  dass  man  sich 
keinen  Angenblick  über  die  Nothwendigkeit  hinwegtttnschen 
dfirfe,  die  Rechte  des  Herzogs  Ton  Reichstädt  auf  gerichtlichem 
Wege  an  redamiren.  Das  Vermögen  Bonaparte's  mttsste,  je 
aaehdem  das  Testament  in  den  gesetzlichen  Formen  abgefasst 
wäre  oder  nicht,  nach  den  letztrsilhgen  Verfügungen  des  Ver- 
storbenen oder  wie  die  Gesetze  es  vorsehrieben,  zur  Verthei- 
lung  gelangen.  Angenommen  aber,  dass  die  Schenkungen  auf 
die  Hälfte  herabgesetzt  werden  sollten,  da  blos  ein  einziges 


6» 


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68 


Kind  vorhanden  Bei,  stünde  zn  erwarten,  dass  diejenigen^  welche 
Ton  Napoleon  Bonaparte  in  Ansehung  der  ihm  erwiesenen 
Dienste  mit  gewissen  Beträgen  bedacht  worden  seien,  aof  diese 
als  auf  Schenkimgen  unter  Lebenden  Anspruch  erheben  und 
nicht  mit  dem  sich  zufrieden  geben  wOrden,  was  die  Vormund- 
schaft des  Prinzen  geneigt  wäre,  ihnen  zu  gewähren.  Wie 
richtig  diese  Annahme  Mettemich's  war,  bewies  der  Rechtstitd, 
unter  welchem,  wie  Baron  Vincent  am  2.  April  nach  Wien  be- 
richtet hatte,  die  Testamentsvollstrecker  sowohl  als  die  libri^rcn 
von  Napoleon  mit  Geschenken  hrdachten  Personen  als  Lcrratare 
sich  boti'achteten.  Mettei-nicli  ^^lauhte  auch  nicht  daran  zwi-ifoln 
zu  dürfen,  da.ss  rUcksichtlitdi  dies^er  die  französischen  Gerichte 
den  letzten  Willen  des  Verstorbenen  melir  oder  minder,  und 
zwar  auch  dann  berücksichtigen  würden,  wenn  das  Testament 
nicht  in  den  vorgeschriebenen  Formen  abgefasst  wäre. 

Weiters  bemühte  er  sich,  die  Besorgniss  zu  zerstreuen, 
welche  Graf  Neipperg  geäussert  hatte,  dass  die  bei  Lafitte  de- 
ponirten  Gelder  dem  Fiscus  anheim&Uen  kannten.  So  wie  Met- 
ternich die  sichere  Ueberzeugung  hegte,  dass  gegebenenfalls  die 
Rechtssache  des  jungen  Prinzen  von  Seite  der  französischen 
Gerichte  dieselbe  unparteiische  Behandlung  erfahren  würde  als 
die  eines  jeden  anderen  Privatmannes,  so  glaubte  er  auch  von 
der  Regierung  Ludwigs  XVm.,  imd  zwar  umsomehr  voraus- 
setzen zu  dtirfen,  dass  sie  in  einer  rein  civilrechtlichen  Frage 
die  Entschei<liing  ausschliesslich  den  Güricliten  anheimgestcllt 
lassen  werde,  als  sie  ja  in  Ansehung  der  poiiiischen  Momente 
die  nöthige  Vorsorge  bereits  getroffen  hatte.  ^ 

Xm.  CaplteL 

Aettvs  und  Passiva  der  Verlassenschaft.  —  Anspruch  des  Herzogs  Ton  Beicb- 

«»tadt  auf  die  TTiilftt;  (h'H  Lafitte'schen  Depots.  —  Rechtetitel,  Tjnt<»r  wplchpm 
dio  Lof^atare  von  St.  Helena  dief^ps  l>ppot  1)oanspmrhon.  —  Vortrag  Moltor- 
nich's  an  den  Kaiser  über  den  bishurig'en  (Janp  der  Tcstanjeut^augüliigenlieit. 
—  Die  Privatduinaine  Napoleoas.  —  V'erhaltuu  der  englischen  Regierung. 

Am  19.  Mai  ttberschickte  Fttrst  Metternich  eine  Depesche 
Vincent's  vom  30.  April  an  Neipperg,  welche  den  von  Montho- 
Ion  mitgetheüten  Testamentsauszug  und  eine  Tabelle  enthielt, 


*  Anhang  21. 


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69 


worin  die  von  Napoleon  Bonaparte  als  Legate  ansgesetzten  Be- 
träge sammt  den  von  ihm  hiezu  angewiesenen  Fonds  aiigc^ebcu 
waren.  Was  auf  anderweitige  und,  wie  Metternich  vermuthete, 
auf  politische  Bi'stiniiiiuii^''(  n  des  Testaraentos  sieh  hezog,  war 
diirrl»  Striche  ^'(dvt'nnzi'ichiK't.  Aus  diesr-r  Liste  ^  ging  i"it 
I)(utlichkcit  hervor,  (Inss  den  von  Najtoletiu  Bonaparte  ausge- 
setzten Legaten  ein  Vermögen  gegenüberstand,  welches,  die 
bei  Lafitte  hinterlegten  Gelder  nicht  mit  eingoreehuet,  auf  drei 
Fonde  sieb  grümb  te,  -/m  deren  Liqaidinuig  der  Herzog  von 
Leuchtenberg,  die  französische  Regierung  und  die  Herzogin 
Yon  Parma  veranlasst  werden  sollten.  Die  erste  dieser  Forde* 
mogen^  welche  die  Summe  von  drei  Millionen  ttberstieg,  bezog 
nch  auf  die  Civilliste  des  vormaligen  Königreiches,  die  zweite 
im  Betrage  von  800.000  Francs  war  an  die  französische  Re- 
gierung gerichtet,  von  welcher  Napoleon  Bonaparte  die  Heraus- 
gahe der  Krondiamanten  und  die  Zahlung  verschiedener  Wech- 
sei  verlangte,  welche  während  seines  Aufenthaltes  auf  Elba  zu 
Lasten  des  SUiatsschatzes  ausgestellt  worden  waren.  Die  dritte 
1  i  lerung  betraf  die  Rückerstattung  der  zwei  MiUionen,  welche 
Mane  Louise  im  Jahre  1Ö14  übernommen  hatte. 

In  AnsehuTiiT  df^r  Legate  und  Foiide  glaubte  Metternich 
die  Liste  schon  deshalb  nicht  für  lückenhaft  halten  zu  dürfen, 
nachdem  Montholon,  wie  aus  dem  Berichte  Vincent's  hervor- 
gmg,  mit  der  Möghchkeit  zu  rechnen  schien,  dass  die  Vor- 
mundschaft des  Herzogs  von  Reichstadt  das  Testament  an- 
fechten könnte.  Denn  in  diesem  Falle  würde  an  die  Testa- 
mentsvoUstrecker  die  Aufgabe  herantreten,  den  Beweis  für  die 
Bichtigkeit  ihrer  Angaben  zu  erbringen  und  einen  Eid  darauf 
zu  leisten,  dass  die  von  Montholon  tiberreichte  Liste  voUstündig 
and  darin  nichts  mit  Vorsatz  verschwiegen  sei.' 

'  Anfang  SS. 

*  ,Cö  qw'i  non^  portn  .\  enjire  qn'il  n'y  ,l  p.ns  (l'uniinnion  dnns  cotto  d^si- 
p-imtioii  soriiinaire  «los  l('|,'s  f;t  ilf»  foiuls  (Ifstint*»  k  im  ac«juitter.  c'est 
4u'au  moLuüut  oü  le  comte  de  Muutbuluu  fai^ait  comiuunication  de  ces 
pi^ea  k  M.  le  b&ron  de  Yincent,  constituö  do  la  part  de  M**  la  dtt- 
diMM  do  Panne^  le  dit  esieatmir  testamentaife  ae  m  dtehDoUit  nalle- 
inent  q«e  las  tntoan  de  Uigr.  le  dnc  de  Beushstadt  pourraienl  bien  s'op- 
poter  aax  elfete  du  testametit  Or  cette  opporition,  une  foia  qa^elle  lerait 
POftte  dennt  les  tribunanx,  roiKlnlrMit  n^ce.ssairement  k  raettre  les  exä- 
cutours  testamentaires  dans  I'obligation  de  consig^ner  den  pi6ces  probante» 
tjLoi  fiiMat  foi  de  TeiiMmble  det  divpoaitions  testamentairas  et  d'alfinuer 


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70 


Nachdem  Marie  LeoiBe  dem  Fttrsten  Metternieli  bereita 
erOflhet  hatte,  die  an  Bie  gesteUte  Fordeniiig  nicht  anerkenneii 
zu  weUeiiy  tmd  die  llbrigen  im  Testamente  bezeichneten  Fonds 

als  uneinbringliche  Beträge  angesehen  werden  konnten,  be- 
ßt'liiiiiiktc  sich  das  von  Napoleon  in  baarem  Gelde  hintorlassene 
Vermö«^"(»n  auf  das  bei  Lafitte  befindliche  Depot.  l  >ie  iiuiic  des- 
selben war  in  der  Tabelle  mit  3,984.500  Francs  anL'^pireben. 
Von  diesem  Betrage  mussto  in  GemHssheit  einer  BeBiiuinmii;,'^ 
des  Code  Napoleon  die  Hähte  dem  Herzoge  von  l?oichstadt  zu- 
fallen. Da  aber  zu  befürchten  stand,  dass  die  französischen 
Gerichte  in  Ansehung  jener  Legatare,  welche  die  ihnen  teatirten 
Beträge  als  Schenkungen  unter  Lebenden  oder  als  Gehalte  be- 
trachteten^ einen  Abzug  nicht  zohiasen  würden,  so  reichte  jenes 
Depot  gerade  aus,  um  diese  Legate  zu  decken.  Indem  Fürst 
Metternich  dem  Grafen  Neipperg  diese  Sachlage  in  einer 
pesche  vom  19.  Mai  in  dieser  Weise  auseinandersetzte,  knüpfte 
er  daran  die  Bemerkung,  dass  fUr  den  Herzog  von  Bdchatadt 
wohl  nicht  viel  zu  erwarten  stünde. 

Am  l'O.  Jmu  uut<'rbr('it('te  er  dpiii  Kaiser  die  letzten  Re- 
richte  aus  I*aris,  London  und  l*arma  in:l)st  den  Weisnnü^en, 
welche  darauf  Bezuir  hatten,  und  ben^leitctc  .sie  mit  densell^en 
Bemerkungen,  welche  den  Inhalt  seiner  an  den  (irafen  Neij>- 
perg  gerichteten  Depesche  bildeten.  Eine  Darlegung  seiner 
Ansichten  ,über  die  Art  und  Weise,  wie  die  Testamentsange- 
legenheit am  zweckmässigsten  zu  beendigen  sein  dürfte*,  be- 
hielt er  sich  jedoch  bis  zur  Eiulangung  weiterer  Schreiben  aus 
Parma  vor.  ,Durch  das  bisher  Gesagte,'  setzte  er  dem  Kaiser 
auseinander,  ,schmeichle  ich  mir,  dem  mittelst  des  a.  h.  Hand- 
schreibens Yom  14.  April  mir  gnädigst  ertheilten  Auftrage,  in- 
sofern selber  das  Testament  Napoleons  betriffity  Genüge  ge- 
leistet zu  haben.  Sollten  E.  M.  für  angemessen  erachten,  das 
von  mir  vorläufig  abgegebene  Gutachten  prüfen  und  unter- 
suchen zu  lassen,  so  dürften  Allcrhüchstdieselben  vielleicht  in 
Gemäöslieit  desjenigen,  was  E.  M.  in  der  über  raeinen  Vortrag" 
vom  23.  Juli  1821  erflossenen  a.  h.  Ent.selilies.sun;^'-  vom  26.  Juli 
sich  vorgesetzt  haben,  den  Vicepräsident*'n  der  obersten  Justiz- 
hofstelle  Freiherm  y.  Glürtner  hierüber  zu  yemehmen  geruhen/ 


011  oatro,  BOUS  sennAiit  qne  la  eonngnation  fiuto  eu  est  inttfgnlo 
et  tmm  riticeace  «nenne.*  Mettemidi  an  Keippesi;.   19.  Ifni  18iS. 


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71 


Der  zweite  Oegenstand  dieses  Vortrages  betraf  die  For* 
deraag  des  Prinzen  Eugen^  worüber  sieb  Mettemicb  in  folgen- 
der  Weise  llasserte:  ^Vor  Allem  kommt  zu  bemerken,  dass 
Bonaparte  in  seinem  Codicille  böcbst  unrichtig  seine  Ansprüche 
an  die  italienische  Civilliste  Air  sein  Eigentfaom  angibt  Denn 
als  Napoleon  am  10.  April  1814  auf  die  italienische  Krone,  so- 
wie auf  jene  Frankreichs  verzichtete,  wurden  ihm  jene  Rechte 
und  Auöprilche  nicht  vorbehalten,  und  wenn  dies  auch  der 
Fall  gewesen  wäre,  so  hatte  er  s'w  durch  seine  Flucht  von  der 
Insel  Elba  im  Jahre  1815  verwirkt.  Was  don  Prinzen  Eugen 
betrifVt,   so  sind  die  Kntscliädi^^'-imf^r'n,  wrlelic  man  ihm  zu  be- 
willigen  für  billig  erachtete,   durch  poUtisciie  Verh an rl hingen 
festgesetzt,  auch  sind  ihm  von  den  Finanzen  E.  M.  sehr  be- 
deutende Summen  ausbezahlt  worden.   Die  von  ihm  in  seiner 
ehemaligen  Eigenschaft  als  X'icekcinig  erhobencni  Ansprüche  auf 
die  Rückstände  seiner  CiTÜliste  sind  von  E.  M.  Commissliren 
nicht  anerkannt  worden,  und  man  hat  sich  gegen  ihn  ledig- 
lich auf  die  Zusage  beschränkt,  dass  Allerhöchstdieselben  sich 
bei  den  abrigen  italienischen  Höfen  dahin  verwenden  würden, 
seine  Forderung  liquidiren  au  lassen.  Bisher  ist  von  gedachten 
Höfen  auf  die  an  sie  ergangene  Einladung  noch  keine  Antwort 
eingelangt.  Der  Finanzminister,  welcher  sich  bereits  über  die 
früheren   Kliischreitungen  des  Herzogs  von  Leuohtenberg  zu 
äussern  in  dem  Falle  war,  hat  «'ikliut,  dass  uiua  sich  ohne 
Compromittirung  mit  dem  Prinzen  Ku^^tn  in  keine  ab  «gesonderte 
Vergleichsunterhandlunoj  einlassen  könne,  weswegen  man  neinen 
Bevollmiichtigten  an  die  (Joniinission  in  Mailand  zu  weisen  sich 
bestimmt  fand.  Der  letztlich  von  dem  Prinzen  Eugen  zu  Gunsten 
seiner  Forderung  angeführte  Umstand,  dass  Napoleon,  welchem 
er  grossen  Dank  schuldig  sei,  den  Betrag  derselben  zu  Legaten 
ftlr  seine  Diener  ausgesetzt  habe,  ändert  den  Stand  der  Sache 
kein^wegs,  denn  aus  der  letztwilligen  Anordnung  Napoleons  kann 
keine  Verbindlichkeit  für  £.  M.  hervorgehen;  und  wenn  schon 
früher  anerkannt  worden  ist,  dass  eine  Ausnahme  zu  Gunsten 
des  Herzogs  von  Leuchtenberg  nur  unangenehme  Verflechtungen 
nach  sich  ziehen  würde,  so  wäre  dies  gegenwärtig  nur  umsomehr 
der  Fall,  wenn  man  hierüber  aus  Veranlassung  des  Testamentes 
Kapoleons  sich  in  Erörterungen  mit  demselben  einlassen  wollte/ 
Kaiser  Franz  trug  dem  Fürston  Metternich  auf,  .den  Her- 
zog von  Leuchtenberg  auf  die  Liquidirung  seiner  Forderung  in 


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72 


Mailand  bei  der  Comtnission  zur  Liquidirung  des  debito  publico, 
wenn  er  glaubt^  eine  solche  mit  Recht  stellen  zu  kOnnen,  zu 
yervreisen/  ^Uebrigens/  schloss  der  Kaiser  seine  Resolntion, 
^werden  Sie  mit  allem  Ernste  das  Beginnen  dieser  Commission 
betreiben.'^ 

Ein  Bericht  Vincenfs  vom  15.  Mai  klärte  den  Staats- 
kanzler zum  Theile  über  dasjenige  auf,  was  in  der  von  Mon- 
tholon  angelegten  Tabelle  aus  Rücksichten  flir  die  französische 
Regierung  nicht  enthalten  ^var.  Ks  betraf  die  Legate,  welche 
der  Privatdomame  ((loniaiiie  privi')  Napoleons,  den  Summen, 
welche  dieser  während  seines  Kaiserthums  von  der  Civilliste 
sich  erspart  hatte,  und  den  Einrichtungsstücken  verschiedener 
ehemals  kaiserlicher  Paläste  entnommen  werden  sollten.  Einen 
weiteren  Aufschluss  darüber  vermochte  Vincent  von  dem  Grafen 
Montholon  nicht  zu  erhalten.*  Napoleon  Bonaparte  selbst  hatte 
den  Werth  seiner  Privatdomaine  auf  mehr  als  200  Millionen 
Francs  geschKtzt  und  die  eine  Hälfte  den  am  Leben  gebliebe- 
nen  Of&cieren  und  Soldaten  der  französischen  Armee,  ,die  von 
1792—1815  Air  den  Ruhm  und  die  Unabhängigkeit  der  Nation 
gefochten  haben',  und  die  andere  Hälfte  jenen  Städten  und 
Bezirken  in  Elsass,  Lothrin^^en,  Franche-comte  u.  s.  w.  ver- 
macht, , welche  durch  eine  Invasion  gelitten  haben  (Uirften^' 

Auch  Baron  Vincent  hielt  an  der  Ansicht  fest,  dass,  im 
Falle  f^erichtliche  Schritte  unternommen  werden  sollteu,  der 
Anspruch  des  Herzogs  von  Reichstadt  sich  blos  auf  die  HäUle 
des  bei  I^afitte  deponirten  Vermögens  erstrecken  könnte;  man 
möge  jedoch,  ermahnte  er,  nichts  bop^innen,  ohne  zuvor  mit 
der  französischen  Regierung  sich  ins  Einvernehmen  gesetzt  zu 
baben.^  FUrst  Metternich  pflichtete  der  Anschauung  Vineent's 

>  Baden,  19.  JnH  16SS. 

*  Doch  lag  dorn  Berichto  Vincent^a  mne  Tabelle  bei,  welche  die  PriTalp 
domaine  Napoleons  betraf  und  diese  anf  14&,161.8S7*«ö  Fraace  schKtste. 

Vgl.  Anhaiifr  23. 

'  Correspondance  de  Napoleon,  XXXII.  Zwei  Millioiu  n  sollten  jedoch  zu- 
vor für  die  Städte  Brifmu«  uud  Mai  abgozujj^i-n  werden, 

*  ,J"ai  offert  quelques  ennsiilerations  genörales  sur  Thöritage  de  Napoleon 
parmi  lestiuelle«  V.  A.  jugora  la  valenr  de  celles  qui  poonraient  «e 
rattacher  aox  intdrftts  du  dae  de  Beielutadt}  il  eat  certaia  que,  ti  le  t8«ta> 
meat  prodttil  oa  h  prodaire  par  les  ex^cateun  est  recoaaa  valable»  le 
teetatear  peut  d'aprös  les  loix  Fraa^ais  diqHMer  de  Tuae  des  moitids  de 
M  fortaae,  et  qae  Taatre  est  aoqaise  k  «oa  fils»  la  r^elaaiatioa  ea  fintev 


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73 


nur  insoweit  bei,  als  man  vorerst  Uber  alle  Bestinimungca  des 

Testamentes  unterrichtet  sein  mllsste.^ 

Die  Bemühungen  Eslcrhuzy's  nach  dieser  Richtung  hin 
waren  inzwischen  fruchtlos  gcbHeben;  das  Testament  Ix  fand 
sich  als  Depot  beim  Erzbischof  von  Canterbury,  war  als  bolches 
unantastbar  und  konnte  nur  mit  Bewilligung  der  Testaments- 
vollstrecker mitgetheilt  werden.  Vergebens  war  Esterhazy  in 
Lord  Bathurst  gedrungen,  dass  die  englische  Begicrung  gleich 
der  französischen  darauf  bestehen  sollte,  von  sämmtUchen  Be» 
atimmnngen  des  Testamentes  in  Kenntniss  gesetzt  zn  werden. 
Aber  England  war  es  gar  nicht  darum  zu  thon.  Die  politi- 
sehen  Rücksichten,  welche  Ludwig  XVIII.  zu  dem  Wunsche  be- 
stimmt hatten,  den  letzten  Willen  Napoleons  vollinhaltlicli  kennen 
sa  lernen,  kamen  für  die  englische  Regierung  nicht  im  Gering- 
iten  in  Betracht,  denn  sie  brauchte  die  politische  Seite  des 
Testamentes  nicht  zu  ftirchlten. 

Indem  Lord  Batbnrst  dem  Botschafter  dieses  zn  verstehen 
gab,  bemerkte  er  weiters,  dass,  wenn  auch  Graf  Montholon 
dem  Gouverneur  die  Mittheilun^^  des  Testamentes  zugesagt  und 
es  die  Hüfiic  likcit  erfordert  hätte,  sein  VerHprcchen  zu  erfilllen, 
die  engÜsehe  Ke<;i«  rimg  um  so  weniger  unter  irgend  einem 
Rechtsvorwande  darauf  dringen  dürfte,  da  kein  Gerichtshof  sie 
IQ  ihren  Bemühungen  unterstützen  wUrde.^ 

du  duc  de  Beidbstadt  ne  poarroit  porter  qne  nur  cette  moittA  des  fonds 

d^po»6s  chez  M.  Lafitte.  Jd  pense  an  reste  que  l'avis  de  •rr-ns  de  loi 
devient  nicossaire  poiir  la  mite  juridique  de  cette  affairo,  et  il  faudra 
sans  doute  en  venir  ]k  du  moment,  qu'on  sera  d^terniin^  k  ai^rir  contro 
le  t*»stament;  j'ai  au  reste  be^oin  d'Atre  autoris^  »pA*ialotiif*iit  jMtiir  faini 
consulter  sur  cet  objet,  et  V.  A.  jugera  s'il  ne  seroit  \tm  conveuablo  aloru 
d*eD  pr^venir  le  mitüstäre,  car  U  n'y  &  pas  de  doute  qua  cette  raeherche 
de  Botre  part,  tonte  jagte  et  fondie  qa*elle  wit,  lera  ezpoate  i  iiiie  foule 
d*iiiterpr<tetioin  de  tone  lee  partU;  e*eet  ce  qni  m*a  engag^  k  mettre  Ui 
rfeenre  qve  j*ai  employfo  jiiaqa*&  cette  heare  dana  une  affiure,  o&  d*idl* 
leofs  les  sftret^  n^cessaires  se  tronveat  avoir  ^t^  prise«  dans  le  rapport 
direct  et  finaucier  relatif  ;iux  int<^r^ta  pris  isnlAmcnt  du  dac  de  fieich- 
stadt.'    Vincent  an  Mf>itoruich.    Farif,  le  15  m.-ü 

*  .  .  Maif!  avnnt  uous  porter  ii  eette  ilemarcliü,  il  taut  pr^aiablemuut 
coanaitre  tuut  Ic  te^tameat,  atteudu  que  ce  n'est  que  sur  la  connalssanco 
da  toat  qae  la  tateUe  peat  ae  d^cider  bot  la  qaeetion  oa  savoir  e'U  y 
a  Uea  i  fiüre  la  rfehunatioa.'  Metternich  an  Neipperg.  Yieane»  ce 
13  jain  18SS. 

*  JH  peraft  qae  U  fonne  sone  hiqaelle  ee  docnmeat  eet  d^posi  k  la  conr 
de  TaidieT^ae  de  Caaterbniy,  ne  pennet  paa  d*en  avoir  conaaiaMuce, 


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XIV.  Capitel. 

Sehreibeii  der  TastamenttvoUslreQkAr  an  Uari«  LoniM  nnd  don  FOnton 

M<'tfornicli.  —  Sie  wtt&Mlieii,  dan  dieKeiserin  die  letztwilligen  VerfU^ngen 
NapoleoiiB  anerkennen  nnd  bestätigen  ronge.  —  Metternich  vertritt  die  An- 
siclit,  dass  es  am  vorthoilhaftestfn  soi,  auf  dif  Erbscluift  Verzicht  zu  leisten. 
—  S(«iiv  Schreiben  nach  Parma.  —  Sein  Vortrag  an  den  Kaiser.  —  Dieser 
verlanyf,  von  sämmtlicheu  Bestimmungen  de»  TestameuUjs  in  Kenntnisö  gö- 
setzt  zu  werden.  —  Schreiben  Bertraud's  an  Mane  Louise.  —  Metternich'« 
Depesche  an  Vincent  —  Die  Teetamentavollstrecker  übergeben  dem  Bot- 
■diafter  in  Paris  eine  bef^lanbigte  Abschrift  des  letiten  Wülena  Napoleont. 

Ein  Bericht,  den  Baron  Vincent  am  15.  Mai  an  Metternich 
schickte^  enthielt  zwei  Schrcilten  der  Testamentsvollstrecker  an 
den  Fürsten  nnd  an  Marie  Louise,  welche  das  bei  Lafitte  be- 
findliche Depot  zum  Gegenstände  hatten.  Die  Hem»gin  von 
Panna  wurde  angefordert^  ^als  die  Uberlebende  Gattin  und  ab 
VormUnderm  die  letstwilligen  Verfügungen  ihres  erlauchten  Ge- 
mahls bestätigen  und  sanctioniren  au  wollend  Gleichzeitig  aber 
erklärten  die  Testamentsvollstrecker,  dass  ^die  von  Napoleon 
Bonaparte  ausgesetzten  Legate  um  ein  Betrilchtliches  grösser 
seien  als  die  Fonde^  denen  sie  entnommen  werden  sollten. 
Weitere  ersuchten  sie  die  Herzogin,  sich  über  das  an  sie  ^e 
sendete  Codicill  zu  äuääeru,  welches  die  ihr  im  Jahre  löU 


et  la  promesse  que  me  fit  i  cet  egard  Lord  Bathurst  dans  le  temps, 
nVt.'iit  jarnais  qn'en  cas  ou  les  ex/HMitPurs  du  dit  t('stanient  fusBont  forc^ 
a  k«  {troduire  comme  tid  et  non  comme  depöt.  Le  gouvcmement  nc  pent 
exercer  aucune  esp^ce  d'a.utorit^  pour  se  procurer  la  commuuii  .'itiini  du 
cette  piöce,  le  pouvoir  judiciaire  et  tout  ce  qui  en  ddpeud,  ätAut  iiid^- 
pendanli  comme  les  ponToii«  14gi«latife  et  ez^tife}  M.  Fox  qni  en  est  le 
döpositair^  ne  se  latsseroit  jarnais  infloencer  par  ane  antoriti  qnelconque 
et  ne  se  prftterait  i  ancnne  commvnication  sans  rantorisatiea  dee  ez^ 
cntenrs  testamentaiies,  ainsi  qae  tonte  d^marehe  ▼b*Aryis  de  Ini  serait 
infructaense.  Quaal  anz  droits  que  le  gouvernement  Anglais  pourrait 
poss6der  en  commnn  .ivec  celui  de  France,  k  etre  instruit  de  ta  teneur 
de  ce  testiinit'nt,  Lord  Batliurst  m'a  ob.nerv^  que  Ics  motifs  «jui  oxistnicnt 
pour  ce  deniier,  ^taient  bien  differents  et  d'une  natura  plus  deiicate,  jniis- 
qn'ils  pouvaient  avoir  rapport  a  la  süret^  publique,  et  bien  que  M.  de 
Montliolon  avait  annonc^  le  5  m&i  1Ö21  ^  Sir  llndson  Lowe  qn*i]  toit 
antofisi  4  Ini  eommnniquer  ce  testament,  et  que  la  eooTenance  eilt  exigi 
qn*U  le  f tt,  que  le  gouTemement  Britanniqne  ne  pouvait  le  pritendre 
eomme  nn  droit  qni  pouvait  d*aiitant  mienz  ötre  contest6  quHl  n*^t 
pas  souteuable  vis-ä-vis  d*ancnn  tribnnaL  Esterhasy  an  Uetleniich. 
Londres,  le  16  mai  1822. 


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76 

fbergebenen  zwei  Millionen  und  die  im  Herzogthume  Parma 
gekorenen  Dotationen  betraf.  Im  Uebrigen  verwiesen  sie  auf 
den  Toataiiit'iitsauszug,  welchen  sie  an  Marie  Louise  gesendet 
krt^-n,  und  Hessen  diese  in  Unwissenheit  über  die  anderen  Be- 
ßümmuugen  des  Testamentes.* 

Dass  Napoleon  Bonaparte  seinen  Sohn  nicht  zum  Universal- 
erben eingesetzt  und  ihm  nichts  Anderes  als  wenige  Ange- 
denken vermacht  hatte,  begrilndeten  sie  folgendermassen :  ,fi.  M. 
werden  gleich  weiland  dem  Kaiser,  Ihrem  Qem&hle^  bedenken, 
dassy  nachdem  dieser  die  Welt  beherrscht  und  Uber  so  viele 
Schttse  Torittgt  hatte,  eine  Erbschaft  von  einigen  Millionen  für 
seinen  Sohn  wohl  von  keinem  besonderen  Werthe  sein  könne; 
die  Ehre,  dem  Hanse  Oesterreich  anzugehören,  durfte  ihn  ja 
kernen  Augenblick  Uber  das  Schicksal  dieses  Prinxen  in  Sorge 
käsen.' 

Die  Berichte  aus  Paris  luid  Luiuluü  vuiii  15.  und  18.  Mai 
samnit  den  holden  Stdiroilx'n  der  Test^jinu-ntsvollslrecker  bildeten 
den  Gegt-nstiind  einer  Depesche,  welche  Fürst  Metternich  am 
13.  Juni  an  den  Grafen  Neipperg  abschickte.  Er  setzte  darin 
in  der  ausfuhrlichsten  Weise  auseinander,  dass  alle  Auskünfte, 
welche  er  bisher  Uber  die  Verlassenschaft  Napoleons  und  die 
hieraas  hervorgehenden  Streitigkeiten  mit  den  Testamentsvoll- 
atrackem  und  den  ttbrigen  Legataren  einzuziehen  im  Stande 
gewesen  wftre,  ihn  zur  Ueberzengung  gebracht  hätten,  dass  das 
Interesse  des  Herzogs  von  Reichstadt  sowohl,  als  jenes  der 
Hexzogin  von  Parma  es  rathsam  erscheinen  lasse,  auf  die  Erb- 
ichaft  Verzicht  zu  leisten.  Nachdem  der  Prinz  in  diesem  Falle 
licli  nicht  als  Universalerbe  anzumelden  hätte,  wie  er  es  sonst 
nach  französischem  Erbrechte  zu  lliuii  befugt  wäre,  so  uiiissten 
seine  Vormündrr  hei  Ausstellung  der  Uenunciationsaote  sieh 
*>sentUch  darauf  besehränken,  in  seinem  Namen  als  particulare 
Legate  jene  Dosen  und  Vermächtnissstllcke  nnznnehmen,  welche 
ihm  sein  Vater  lestirt  und  die  er  schon  aus  Anstandsgründen 
nicht  von  sich  weisen  könnte.  Erklärten  sich  die  Vormünder 
des  Prinzen  mit  der  Verzichtleistung  einverstanden,  dann  würde 
such  eine  Bestätigung  der  letztwiUigen  Verfügungen  Napoleons 
Ten  Seite  der  Erzherzogin  von  selbst  entfallen.  Diese  w8re  im 
anderen  Falle  allen  Folgen  der  Testamentsvollstreckung  und 

i  Anhang  S4. 


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76 


mit  ihrem  Sohne  den  immerwährenden  Forderangen  der  Lega- 
tare ausgesetzt. 

Sie  niiis.ste  auch  <las  Codifill  anerkennen,  welches  sie 
einerseits  autl<Milerte,  tiie  Summe  von  zwei  Milii(tiien  Francs 
zur  RetritHli;:;init:  einer  p-wissen  Anzahl  von  Legataren  zu  be- 
zahlen, und  anderereeits  ihr  die  Dotationen  empfahl,  welche 
dem  Grafen  Bertrand  im  Herzogthome  Parma  angewiesen 
wurden.  Diesei  sowie  alle  übrigen  ausserbalb  des  französischen 
Ocliietes  gelegenen  Dotationen  wftren  aber  durch  den  Parieer 
Vertrag  vom  30.  Mai  1814  bereits  annullirt  worden. 

Nach  der  Anschannng  Mettemich's  war  also  yon  den 
möglichen  Entschlflssen,  welche  man  in  Betreff  der  Verlassen- 
Bchaft  hfttte  fiissen  können,  am  nachtheiligsten  derjenige,  durch 
welchen  dem  Verlangen  der  Testamentsvollstrecker  entsprochen 
und  die  letztwilligen  Verfüi^ungen  Napoleons  bestätigt  werden 
sollten.  Er  war  über/eujrtj  dass  dii  ser  Wunsch  keineswcprs  auf 
die  Kiiekbieht  für  das  lntores.se  sännntlieher  Leijntarp,  sondern 
vielmehr  darauf  zurück /ufidiren  sei,  dass  die  TesUimentsvoll- 
strecker  einzig  und  allem  ihren  persönlichen  Vortheii  sich  vor 
Augen  gehalten  hätten.* 

£r  forderte  die  Erzherzogin  auf,  einen  Renunciationsaet 
auszustellen,  worin  sie  auch  mit  Hinweis  auf  den  Vertrag  von 
Fontainebleau  vom  11.  April  1814  die  Erklärung  abgeben  sollte^ 
als  Herzogin  von  Parma  nicht  gesonnen  su  sein,  Rechenschaft 
tlber  jene  Summen  abzulegen,  welche  sie  als  Kaiserin  der  Fran- 
zosen empfangen  habe.  Dem  Ermessen  des  Kaisers  möge  es 
dann  ttberlassen  bleiben,  in  Ansehung  der  Erbschaft  die  ndthigen 
Massrcireln  zu  ergreifen.  Den  Entwurf  zweier  Renunciationsacte, 
von  denen  der  eine  dem  Kaiser  vor^^elegt  werden  sollte,  schal- 
tete Fürst  Metternich  in  seine  Depesche  ein.  Gleiehzeitig  be- 
merkte er,  diisa  eine  solche  Verzichtleistung  nur  als  eine  be- 
dingte angesehen  werden  dllrfte,  so  lange  man  nicht  f^.insicht 
in  das  ganze  Testament  und  alle  seine  Codicille  ^irenommen  habe. 
Zu  diesem  Zwecke  sollten  die  Testamentsvollstrecker  aufge- 
fordert werden,  Baron  Vincent  eine  beglaubigte  Abschrift  des 
letzten  Willens  Napoleons  zu  Uberreichen,  in  welchem  Falle 

*  Metternich  verwies  liifbei  auf  vin  Schrpiben  des  Marquis  dti  Soinonville, 
des  Schwiegervaters  Monthulon'»,  an  llulnitU  Floret  vom  12.  Mai,  welches 
seine  Ansicht  bekräftigen  sollte.  Dieser  Brief  liegt  jeduch  seiner  aa 
Keipperg  goricbtotea  Depescbe  nicht  bei. 


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77 


die  Vbrmttnder  fl(  s  Ilcrzogö  vüii  lieichötadt  ihnen  ohne  weiteren 
Verzug  ihre  Entscheidung  bekannt  geben  würden.* 

Marie  Louise,  welche  nichts  so  sehr  als  die  Ruhe  liebte 
und  Alles  vermieden  haben  wollte,  was  ihr  nunmehriges  Leben 
nur  im  Geringsten  zu  trüben  vermocht  hätte,  ergriff  mit  Freuden 
die  (jklegcnheiti  die  sich  ihr  bot,  eine  für  sie  so  lästige  An- 
gelegenheit zu  beenden.  Sie  erklärte  sich  bereit,  in  ihrer  Eigen- 
echaft  als  ttberlebende  Qattin  Napoleons  nnd  als  Vormllnderin 
des  Herzogs  von  Reichstadt  anf  die  Erbschaft  Verzicht  zu 
leisten  and  im  Uebrigen  den  Anordnongen  ihres  Vaters  sich 
m  unterwerfen.' 

Am  15.  Juli  unterbreitete  Fürst  Metternich  dem  Kaiser 
diese  au  ^«eipperg  gericlitete  Depesche  saiiiiut  der  Correspoiidenz, 
aul  welche  sie  sich  bezog.  ,\Venii  K.  M./  bemerkte  er  am 
Schluisse  seines  VortraETCS,  , hierüber  dii-  a.  h.  Ent55rhliessung  zu 
fas«5cn  gemht  haben  werden,  wird  es  noth wendig  sein,  den 
Freiherm  v.  Vincent  zu  ermächtigen,  den  königlich  französi- 
schen Minister  der  auswärtigen  Angelegenheiten  in  vertraulichem 
Wege  YOn  dem  hinsichtlich  dieser  Angelegenheit  von  E.  M.  ge- 
fkästen  Beschlüsse  zu  yerstftndigen,  indem  ein  solches  Benehmen 
dem  Könige  nicht  anders  als  angenehm  sein  kann,  da  es  diesem 
Monarchen  einen  neuen  Beweis  der  Festigkeit  und  Gewissen- 
baftigk^  liefern  wird,  mit  der  E.  M.  bei  jeder  Gelegenheit 
sor  Befestigung  des  königlichen  Ansehens  in  Frankreich  beizu- 
tragen entschlossen  sind/ 

Kaiser  Franz  erklärte  sich  mit  den  Ausfuhrungen  Metter- 
nichs im  Wesentlichen  einvei-standen.^   ,Uebrigens  kann  ich 

*  Anhang  25. 

*  ,6.  M.  M™«  rardiidacliesse  aceepte  «ans  restriction  la  proposition  qno  lai 
fiut  V.  A.  .  .  .  ponr  mettre  nn  terme  k  mi  tthjot  .inssi  iiit^rossant  |»oiir 
eni.'    Neipperg  an  Mett&riiich.    Colorno,       21  jiiin  is-j'j.  St.-A. 

*  jSie  haben  vor  Allem  ron  den  ToRtamontoxocuforcn  oiiie  authontiwho, 
alle  Zweifel  der  £cbtbeit  betieitigeude  und  vulletäudige  AbM-hritt  der 
letiteu  OiipfMilioiiMi  Napoleon  Bonapaito*»  ni  Tarlangen  nmil  ihattB  ni 
«lUiiMi,  dasi  Sie,  ohne  dieoe  eilialten  sa  haben,  sich  in  lidne  definittTe 
Eridirong  «j«»^—  Mwier  Fran  Tochter,  der  Henogin  von  Panna,  oder 
Meiner  ab  Gronraken  und  natllrliehen  Vonnunded  de«  He»oge  Ton 
Reichstädt  einlassen  dürften.  Da  dem  französischen  Ministeriiun  naeh 
der  Depesche  des  Baron  Vincent  der  vollständige  Inhalt  dieses  Testa- 
mentes bekannt  ist  und  ihm  die  Verlautbartinp  der  vorschwieponen  Punkte 
schon  bei  Gelegenheit  du«  Processes  der  TesLaiiieiit^t'\ü€Ut*»reu  mit  Latitte 
oicht  zweckmässig  fUr  die  Bube  Europas  geschienen  hat,  so  werden  Sie 


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78 


micli  dermalen/  bemerkte  er,  ,noch  in  keine  Beurtheilnng  der 
von  llmt'u  aufgestellten  Ansichten  einlassen,  du  dieselben  eines- 
thcils  selbst  auf  df»r  Mittheilung  des  ganzen  Testamentes  be- 
dingt sind,  anderersscitö  die  Frage,  ob  und  wie  überhaupt  in 
dieser  Verlassenschaftsangelegenheit  vorire<:;angen  werden  soll, 
für  das  künftige  Wohl  des  Herzogs  von  Reichstädt  wirklich  so 
wichtig  ist,  dam  ich  Ihnen  schon  jetzt  auf^raf!;p,  das  in  meiner 
EntsctüiesBang  vom  26.  Juli  1821  f\ir  den  !  all  i-inlangender 
näherer  Daten  zosammensuberafende  Conseii  in  Wirkflamkeit 
zu  setzen  und  bei  demselben  Ihre  Ansichten  nochmals  in  weise 
Berathung  nehmen  zu  lassen.  Dieses  Conseii  wird  mir  auch  das 
Gutachten  erstatten,  ob  es  nicht  zutrttglick  oder  nothwendig  sei, 

*  zur  Sicherung  der  allfUlligen  Successionsrechte  des  Herzogs 
▼on  Reichstadt  mittelst  des  französischen  Ministeriums  den  ein- 
zigen bekauiiteu  disponiblen  Fond  bei  Latitte  vor  Verschlep- 
pung zu  sichern  und  virtiialiter  iu  Beselilair  zu  nehmen/ 

Bevor  noch  Fürst  Metternich  Kcnntnisb  von  dieser  kaiser- 
hchen  EntsehlieBsung  hatte,  schrieb  er  nach  Parma  und  über- 
sendete der  Erzherzogin  zwei  au  sie  gerichtete  Schreiben  des 
Grafen  Bertrand  vom  16.  und  18.  Mai.^  Das  eine  erinnerte 
Marie  Louise  an  den  Wunsch  Napoleons,  in  Frankreich  be^ 
stattet  zu  werden.  Indem  ihr  erüffnet  wurde,  dass  die  Testa- 
mentsTolIstrecker  sich  in  dieser  Angelegenheit  bereits  an 

'  Geoig  IV.  und  Ludwig  XVHI.  gewendet  hfttten,  tlberliess  es 
Graf  Bertrand  ihrer  Pietät  und  ihrem  klugen  Ermessen,  BHlr- 
spräche  einzulegen,  dass  der  Wunsch  ihres  yerstorbenen  Qe- 
mahls  berücksichtigt  werde.  In  Betreff  dieser  Forderung  er- 
theilte  Fürst  Metternich  der  Hcrzojijin  den  Rath,  nichts  darauf 
zu  antworten:  es  genüge,  dem  Orafeu  Bertrand  dureh  den  Bot- 
schafter bekanntzn<]^oben,  dass  der  Brief  der  Herzogin  von 
Parma  zugestellt  worden  sei.^ 

dM  tnmtlMBelie  Hiakteriun  ron  der  Ihnen  von  Mir  ndt  dleeer  Bni- 
eehEeHong  anbefohlenen  Ek'kllmng  an  die  TeBtamenteexeentoren  in  die 
KeuntniM  eelien  und  ihm  bei  Mittiieilnng  dee  genxen  Lihaltee  de«  Teeta> 

mentes  dieselbe  Verschwiegenheit  versprechen,  welche  dseMlbe  seihet 
bisher  iinerläjwlich  g^Unht  hat.*    19.  Juli  1822. 
'  Der  Berit  Vit  A'inccnt'»  vom  9.  Juli,  welcher  diese  Briefe  enthielt,  liegt 

uns  nicht  vor.     Vo-I.  Anli!m<r  2fi. 
*     .  .  Nolls  peiisoiis  lUmc  qu'il  ii'y  -'i  p-i"*  li**u  h  r^pouiire  k  cette  de- 
maude  du  couite  Burtrand  et  4U  il  »uitira  de  lui  faire  conuaitre  verbale- 
ment  par  rintemMiahre  de  M.  rambsnadenr  4  la  conr  de  FMnee  qae 


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79 


In  dem  zweiten  Sclirciben  richtete  Hcrtraml  die  Bitte  an 
3Iarie  Louise,  die  ihm  von  Napok-on  angewieseiKMi  \\t[(\  im 
Herzogthunic  Farma  gelegenen  Dotationen  anerkennen  zu 
^«ill.ni:  zum  Mindesten  möge  sie  ihm  den  Rückstand  von 
2U).<^ !  I^rancs  ausbezahlen  und  sich  beim  Kaiser  dafUr  rer- 
wend*  ri,  dass  eine  andere  Rente  im  Betrage  von  10.000  Francs, 
weiche  er  von  dem  Monte  Napoleone  zu  Mailand  bezogen  habe, 
ihm  gesichert  bleibe.  In  seinem  Schreiben  nach  Parma  setste 
Fürst  Metternich  dem  Grafen  Keipperg  auseinander,  dass  auch 
diese  beiden  Forderungen  Bertrand's  als  null  und  nichtig  er- 
Uftrt  werden  mttssten.  La  Ansehung  der  einen  verwies  er  auf 
denBeschloss  der  Mailänder  Coromission,  welche  im  Jahre  1818 
sich  blos  verpflichtet  hätte,  die  bis  zum  30.  Mai  1814  laufenden 
Riuk-uiiuk  zii  bezahlen;  die  zweite  Forderung  entfalle  dureh 
die  Erklärung  der  Herzogin,  sich  an  die  Bestimmungen  des 
Vertrageö  von  Paris  vom  30.  Mai  1814  zu  halten.^ 

Am  12.  August  theilte  l^'ürst  Metternich  dem  General 
Vincent  die  kaiserliche  liesolution  vom  19.  Juli  mit  und  for^ 
derte  ihn  im  Sinne  derselben  auf,  von  den  Grafen  Montholon 
und  Bertrand  sowohl  eine  vollständige  Abschrift  des  Testa- 

U  lettre  a  vt6  reinise  a  haute  deetiiuitioii  •  .  Metternich  an  Neip- 
jfttfS.  Vi<»nne,  le  23  juillet  18'J2. 
*  .  .  Le  traito  de  Fontaiuebleau  du  11  avril  1814  «jue  le  cnmto  lier- 
traud  iuvoquo  pour  le  maintieu  du«  duUitiouä  du  mont  Napoleon,  est 
tena  par  les  pniaaancea  eomme  ayant  annuU^  par  la  rdailiation  do 
Bonaparta.  C*6rt  par  ee  motif  qae  les  dotattona  du  mont  NapoMon  ont 
M  icjjet^  par  le«  eonre  qni  relatiTement  anz  engagements  de  eet  Ma- 
blusement  ont  BoeMi  an  ei-dOTant  royanme  d*It«lie.  La  comnuHion 
de  Milan  n'admis  Tobligation  de  payer  les  arr^rages  des  dotaÜOQS  qne 
jasqn'au  30  mal  1814,  date  du  premier  tratti  de  Paria,  ei  eela  en  con- 
fonnitä  du  jirotocok«  d'Aix-lri-Cbnpello  .  .  . 

Pniir  CO  qui  fst  do  i  autro  dotation  de  '2ö.()(>0  Fis.  do  r(Mite  sur 
de«  domaiiiRs  ou  autres  biens  r^piitf'.s  t«ds  daiis  l'etat  du  Pnrnio  et  la- 
quelle  a  etö  crMe  ainsi  qne  ruit  vott  de  Tacte  d'institntiou,  a  la  date 
dn  26  noTembre  1819  et  par  eons^quent  nn  moia  apr&s  la  perle  de  la 
bataUle  de  Leipsic,  je  dois  pr^mer,  d*aprd»  ce  qne  V.  E.  n^a  ci-^evant 
exprind  an  nom  de  S.  M.  H««  la  dncheaae  de  Panne,  qne  eette  anguate 
prineeaae  priMrera  en  aa  qnaliiS  d*Q8afraitidre  de  Tdtat  de  Parme,  de 
s'en  tenir  k  la  stipulation  g^n^rale  de  Tarticlo  V  säpnr^  et  seeret  du 
trjiitö  de  Paris  du  30  mai  1814  par  laquelle  S.  M.  trf«-chr^tienne,  au 
nom  des  dotataires  Fran<;ais,  a  donn^  acte  de  renonciation  aux  dotations, 
8^nat/)reries  et  autrea  dispoaitioua  de  ce  geure  aitu^es  ho»  da  territoire 
i  ran^  .  .  Ibid. 


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80 


moTites  zu  verlangen,  als  ihnen  auch  die  Zusicherung  zu  geben, 
dafeö  die  österreichische  Regierung  in  gleicher  Weise  wie  die 
französische  das  grösste  Stillschwcif,^en  in  Betreff  jener  Ver- 
filgungt'U  bewahren  werde,  welclu'  nicht  zur  Veröffentlichung 
gelangen  sollten.  Weiters  wurde  Vincent  angewiesen,  sich  mit 
dem  Minister  der  «aswärtigen  Angelegenheiten^  Moutmorency, 
in  der  Forni|  welche  Kaiser  Franz  genehmigt,  ins  Einver- 
nehmen za  setzen.^  Nachdem  diese  Depesche  darauf  berechnet 
war,  nicht  nur  den  Testamentsyclktreckem,  sondern  auch  dem 
französischen  lünisteriom  vorgelegt  za  werden,  fertigte  Metter- 
nich an  demselben  Tage  eine  zweite,  als  geheim  bezeichnete 
ab,  welche  die  übrigen  Ausftlhrungen,  die  in  seinem  Vortrage 
enthalten  waren,  und  die  kaiserliche  Resolution  liinsiclidich  der 
bei  Latitte  befiudlielien  Depots  zum  (Je^enstande  hatte. 

Indem  Fürst  Metteriu'eh  es  sieh  vorbehielt,  ein  anderes 
Mal  auf  diese  Frage  zurückzukommen,  trug  er  Vincent  blos 
auf,  sie  Montmorency  gegenüber  von  ungefiLhr  zu  berühren  und 
die  Ansicht  dieses  Ministers  in  Erfahrung  zu  bringen.^ 


,ATant  d'avoir  acquis  de  la  part  de  M51  les  ezöcnteurs  tcstamentaires 
la  connaissaneo  timtcs  los  dLspositloiiH  de  ilomi^re  volonte,  la  d^cla- 
rntinn  que  rlomjL'rait  In  tutoHe  du  iluc  de  Kpii-hsUidt  iie  ponrrait  etre 
que  iiartielle  ou  porter  sur  des  articlef*  iuconnu."«,  c-e  (jui  eu  ferait  do  sa 
natura  un  act«  conditionnel  et  iuüuftkaut  .  .  .  TuutefoU,  comme  le  ^on- 
vememeut  Fran^ais  auquel,  suivaut  Tassertion  de  M.  de  Montholou,  le 
testenMot  avait  M  montari  ea  eatier,  avait  demand^  qii*U  na  fat  laonnn 
que  par  oztraitg  et  que  c*4tait  aiiui  qu'il  an  avait  it4  üäA  naage  Tis- 
hrwiB  dtt  tribonal  de  premiire  inatanoe  i  Paris,  V.  E.  n*liMtera  pas  k 
fiüze  k  MM.  les  exicnteun  tetkamentatret  Toffre  de  prendre  rengage- 
ment  que  le  secret  des  dispositions  dont  il  peat  importer  d*iyiter  la 
pabliciti,  Mia  gardi  de  notre  pait  auMi  soigtiousement  que  de  la  part 
du  g^ouvernemetit  FrarK^ais.  .  .  .  An  »nrpluf»,  rintention  de  S.  M.  rem- 
pennir  est  «uravaiit  d'adiesser  l'interpellatiou  ci-dessus  inentionneo  a  MM. 
les  (ixeeutenrs  tüstameutÄin»«,  von«  commeiiciez,  M.  le  baron,  par  prevenir 
8.  E,  M.  lü  viconite  de  Moutmorencj  taut  du  In  duiuarcbü  que  voua  ^•ons 
trouvoz  chai|;ä  de  faire  vits-a-vb  de  MM.  Bertraud,  Moutbolon  et  Mar- 
eliand  en  leponM  4  Itttn  commiinieationi,  que  de  la  eondition  que  noua 
j  avons  iniM  d'admettre  tonte«  le*  formes  propre«  d*eii  garder  le  teeret 
.  .  .  y.  B.  ne  ponrra,  ee  me  semble»  mieox  rempllr  k  oet  ^gard  lea  ia- 
tenttona  de  S.  M.  1.  qn*en  donnaat  leotnra  de  la  pr&ente  d^pdche  an 
iiiiiiistre  da  roi  avant  de  proc^der  k  son  execntien.*  Metternich  an  Baron 
Vincent   Yienne,  le  12  aoüt  1822.  St-A. 

Anhang  27. 


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81 


Am  30.  September  konnte  Vmcent  berichten^  dass  er  im 
EmTenttodiiisse  mit  dem  französischen  Ministerium  seines  Auf- 
trages sich  entledigt  und  an  Montholon,  Bertrand  und  Harchand 

die  schriftliche  AufTorderunfr  frerichtet  habe,  ihn  von  silmmt- 
lichen  Bestiminuntren  cl(»s  Tostamentes  io  Kenntniss  zu  setzen.^ 
Am  10.  Octobcr  erhielt  er  von  Bertrand  die  Mittheilung,  duss 
ihm  dieser  in  wenigen  Tagen  das  Verlangte  ausfolgen  wUrde.' 


*  ^'absence  de  MJVL  Bertrmad  et  Montholon  m^avait  fait  diffArar  de  lenr 

adresser  la  demando  que  vou»  me  chfir*r**?!  *le  Imir  faire,  mon  prince,  par 
votrt^  dopecho  <ln  12  amlt  demier.  J"ai  Thonneur  df  von««  onvnypr  ci- 
joint  la  coj»iö  de  ce  qae  je  viens  il'ik'riro  sur  Tobjet  eu  quoHtiou  mix 
ctHriitenr»  testflnipntJiireiÄ  d«  Najoiltion  Bonapart«;  J'aurai  i'honnfiir  de 
faire  connaitre  k  V.  A.  ce  qui  me  «era  ropoudu  k  cet  ägard.  Je  La 
pri»  .  .  /   Vmeent  an  Ifettomieh.   Paria,  le  80  septembre  18S2. 

Inswitehen  batto  Marchand  folgenden  Brief  an  die  Bentogin  von 
Finna  gerichtet; 

^'emperenr  a  daigni  mVrdonner  de  ftire  bin  de  see  cfaeTeux 
«pr&e  M  mort  nn  braoelet  ponr  V.  nn  ponr  lladnme  et  une  chatne 
de  moDtre  pour  le  prinee  wm  fils,  dont  je  reste  dSpositaire  Jnaqo*4  M 
majorit^,  ensaite  de  repartir  le  tpMc-  <lniiK  des  petita  möda&Uona  ponr  cba- 

cnn  des  prinees  ot  prinressos  du  In  t'nmillo. 

Conformi'iiuMit  ii  cotto  dorniiTi;  vuloat«'  de  rcinporour,  mon  pre- 
mier  goin  en  arrivaut  cn  Franeo  ;i  et4  de  faire  couföctionner  sous  mea 
jenx  ces  restes  pr^cieux,  et  muu  plus  grand  deflir  aurait  ätd  de  me 
Nodre  anpHta  de  V.  M.,  ai  dee  taieona  impdrienaee  ne  a^y  ftuient  eon- 
ftnmneat  oppoei« 

jraTais  nAnnmoina  jnaqn^i  ce  jonr  reepoir  de  dipeaer  nun-mAme 
aas  piede  de  V.  M.  rhommage  de  mon  req»eet  profond  et  de  Lni  re- 
meitre  lea  eberenx  dont  rempereur  a  daignd  me  ohaiger,  main  toutes 
k>  d^marehea  qne  yai  ftwlei  ponr  ohtenir  nn  pameport,  ont  ^hou^,  et  j'ai 
re<;u,  il  y  a  quelques  jouni,  un  refns  positif  do  la  pröfecture  de  polico. 
Ce  refu«  m'cst  d'antant  phifl  penible,  qu'il  nu>  prive  de  Thonneur  de 
faire  r^nuaitro  ;i  V.  M.  les  seijtimüofcs  d'amour  et  «l'o<stiuie  que  Lui  con- 
servait  l'empcrt'ur,  aiiifi  quo  le  courape  qu'il  a  couHtamment  apportö  k 
lOQ  infortune.  J'ai  eu  cüusequeuce  l  liuiineur  d*envoyer  4  V.  M.,  par  la 
n»e  qne  m*offre  H.  Labert,  le  braoelet  et  le  m^daillon,  <iai  m'^taient 
confiAs.'  Paria,  ce  1»  jnUlet  18S8. 

Marie  Loniae  Uen  Marehand  dnrch  den  GrafSen  Keipperg  ein  Qe> 
■dMBk  ankommen,  gleichaeitig  aber  den  kaiaerlichen  Botechalter  in  Paria 
^r^noh«  n,  ^  auf  alle  mögliche  Weise  hintanznhalteni  das«  irgendeiner 
der  TestamentiTollstrecker  nach  Parma  sich  begebe,  wo  seine  Anwesen- 
heit tausend  Unannehmlichkeiten  zur  Folge  haben  würde.'  Nttppeig  an 
d^n  Fürsten  Metternich.  Parma,  20.  September  1822.  St.-A. 
^  Lettri-  de  M  le  corata  de  Bertrand  4  ä,  £.  M.  le  baron  de  Vincent 
i  ar^,  et!  10  uctobre  1822. 
indb.  Bd.  LIXX.  I.  ü&lfle.  6 


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82 


Am  17.  October  endlich  erschienen  die  Genannten  bei 
dem  Botschafter  und  händigten  ihm  eine  getreue  Abschrift  des 
Testamentes  mit  der  Bitte  ein,  dass  die  österreichische  Regie- 
rung in  Ansehung  der  Legatare  eine  günstige  Entscheidniig 
treffen  mGge.^ 

Sie  theilten  Vincent  zugleich  auch  jene  Codicille  mit, 
welche  Napoh'ou  dem  Grafen  Montholon  dictirt  hatte.  Sie  be- 
traten Antoniarchi,  Vio^nali,  Madame  Lätitiaj  <lii'  Fürstin  Pauliue 
Bor<;heäe,  dir  Orätmncn  Bertrand  und  Moatlioion  und  den  Car- 
dinal Fesch. ^ 

Metternich  befand  sich  auf  dem  Für8tcncnTi<rrcsse  von 
Verona,'  als  er  diese  erfreuUche  Nachricht  erhielt.  Aber  er-  ]>e- 
dftuerte  es,  dass  Baron  Vincent  die  Acten  nicht  durch  ein  Mit- 
glied der  Botschaft  nach  Verona  geschickt  hatte,  und  forderte 
ihn  auf,  ihm  dieselben  umgehend  sukommen  zu  lassen.^ 

,J*«i  re^n  1a  letlra  qua  V.  E.  nov»  a  fidt  l*hoiinear  d*6crire  m 
comte  de  Montholon,  4  M.  Marchmnd  et  k  moi.  Je  sab  ooavenn  avee 
oes  Messieurs  qne  je  repondiaiB  en  leur  non  et  an  roien  que  ooitfor» 

niäment  A  l;i  dcinniKlo  qin*  vous  unns  nvez  adress«^'*  ot  dont  von?»  nvez 
donne  CKimai^saiico  au  iuiTu.<tere,  ihmis  ri?metton8  sou«  pou  do  jours  dans 
les  inains  do  V.  E.  des  copios  eu  r^gle  des  testauieuta  et  codiciU  de  feu 
reuipereuF  Napoleon.* 

^  ,D'apr^  Texplication  que  V.  £.  nous  a  fait  Thonneur  de  nous  adresser 
le  29  septembre  deniier,  nons  Loi  eoToyone  le  pat^uet  ci-joint,  eontenant 
1*  U  colleetion  det  teeCaments  et  codieilee  de  fen  remperear  Napol^n 
tügaia  et  certifi^  par  noua  ex^entenn  testamentatre»  Bonoign^  8«  nne 
oopie  fignrfe  dn  teatament  et  des  cinq  codicilea  enregStr^  k  Londni^ 
contresign^s  dos  d<>ux  notaires  qui  les  ont  re^ns  en  dt'pot  .  .  .  Comme 
eharg^  des  int^rüts  de  tous  les  ISgataires,  oona  priona  V.  £  do  nc  pas 
so  refuw»r  ;\  solluitor  on  leur  faveur  nno  d^cisiou  anssi  proini)t.>  (inVdle 
est  nöcesöairo  «  la  plupart  dVntr*>  pnx.  N<>tis  nsniis  croiro  cc  soiitiriient 
conforme  h  1a  dignite  et  h  la  niunilii  i  iuM'  de  rciiipcriMir  votn«  maitro  et 
do  S.  M.  la  duchcsse  de  l'arme.'  Marchand,  Bertrand,  Montholon  an 
Vincent    Paria,  17.  October  1822.  St.-A. 

*  Anhang  88. 

'  Um  die  Mitte  October  waren  hier  die  Keirar  Ton  Oeatttreich  nnd  SiiaB> 
lend,  die  KSnige  von  Preoaien,  Neapel  und  Sardinien  aebtt  anderaa 
italieniachen  Ffirtfen,  und  die  gefeiertaten  Diplomaten  enddenm,  nm 

di«-  Boschlflase  von  Laibach  in  Erfttllnog  en  bringen.  Daa  Princip  der 

Li'{xitimitSt,  welches  in  diesen  beiden  Congressen  so  recht  aum  Ausdruck 
gelangte,  vermochte  alirr  nicht,  auf  Intiir»*  fit'h  zu  behaupten;  Orifrhpn- 
land  wurde  doch  der  Freiheit  t'ür  uürdij^'  t  rkaiint,  und  aucli  Öpanieii 
erhob  eich  von  Neuem  unter  dem  l^auner  der  Corres. 
^  Anhang  29. 


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83 


XY.  Cupltel.  ^ 

ÜLttoniich  unterbreitet  dem  Kaiser  tia«  Testament.  —  JJiesür  verlangt  Anf- 
»ililu&s  über  tiöu  Artikol^  welcher  die  it^lieniflche  Civillist«  betrifft.  —  Metter- 
nich überschickt  das  Testament  lieiu  Viceprüsideuteu  der  obersten  Justi^^hof- 
stelle  und  fordert  Um  auf,  darCIW  Min  Gntaohton  lo  eratatton.  <—  Vortraff 
d«t  Ticepriddenten  an  den  StaatskanBler.  —  Metternich  nnterbreitek  dieaea 
Gniachten  dem  Kaiser  nnd  fordert  ihn  stir  Yeraiehtleiatnni^  aof. 

Am  7.  November  legte  Metternich  dem  Kaiser  das  Testa- 
ment mit  dem  Bemerken  Yor,  daas  er  es  seinerzeit  mit  den  in 
Wien  zurückgebliebenen  Acten  vergleichen  nnd  sodann  einen 
Bericht  darüber  erstatten  werde.  Gleichzeitig  ersnchte  er  den 
Kaiser;  ^es  dem  Wunsche  der  Testamentsycllstreeker  gemftss 
geheim  zu  haltend  ^ 

Den  Tag  daranf  stellte  Eafeer  Franz  dem  Fürsten  Met- 
ternich das  Testament  wieder  zurllrk  und  forderte  ihn  auf,  ihm 
besonders  in  Ansehung  jenes  i'aiagraphen,  wi  lcher  die  An- 
S})iiklie  Napoleons  auf  die  Civilliste  des  vonnalio^en  König- 
reiches Italien  zum  Gegenstande  habe,  sohahl  als  m<);;Heh  einen 
Vortrag  zu  erstritten,  , damit  ieh  wissc;^,  seldoss  er  seine  eigen- 
händige Resulution,  ,was  ich  in  dieser  Hinsicht  nach  dem 
strengsten  Hechte  zu  thun  schuldig  8ei^* 

In  der  zweiten  Hälfte  des  November  übermittelte  Czar 
Alexander  von  Rnssland  dem  Kaiser  Franz  eine  Denkschrift, 
welche  der  Schwiegervater  Montholon's,  Marqnis  Semonville, 
▼etfasst  und  dem  General  Pozzo  di  Boigo  mit  dem  Frauchen 
überreicht  hatte,  sie  dem  Kaiser  Alezander  zukommen  zu 


r  .  .  Indem  ich  E.  M.  «Ho  Actun  in  der  Anlnpe  pehorsamst  überreiclie, 
erlaube  ich  mir  nur  xu  bemerkeD|  daas  ich  Hie  hier  unmöglich  mit  dou 
froher  erhaltmen  Acten  veigleichen  konnte,  weil  letatere  in  Wien  an* 
rfickgeblieben  aind.  Ich  behalte  mir  aber  vor,  nicht  nar  dieee  Veiglei- 
chnng  anf  daa  Genaneate  Tomebmen  au  laaaen,  aondem  anch  E.  H,  einen 
umfaaafindiin  Vbitra^  Aber  dieae  wichtige  Erbschaftsangelegenheit  gehor^ 
amst  zu  erstatten.  Indeaaen  muss  ich  E.  M.  ehrfurchtsvoll  bitten,  den 
lahalt  dieaer  Acten,  dem  Wunsche  der  Testamenteexectitoren  pfemnss, 
(r^hfifn  «n  haltcti  und  mir  selbe  nach  davon  genommener  Einsicht  aur 
Verfassung  meines  Vortrages  allei^ädipst  zurtickÄUstellen.' 
«Die  Anla^n  foljEren  hiemit  wieder  zurück,  und  erwarte  ich  sobald  als 
mOgUch  von  Ihnen  den  Vortrag,  was  in  dieaer  Sache  an  verfügen  sei, 
inibaaondere  in  Anaehnng  dea  4.  Punktea  dea  §.  III  dea  Teatamenteai 
««Icker  dgentlich  mich  betrifft  .  .  / 


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84 


lassen.*  Ans  diesom  Schriftstücke  pfing  mit  Deutlichkeit  lif^rvor, 
welcUe  KUcksiclitcn  in  Ansehuii*;  der  französischen  Regierung 
und  welche  Privatabaichten  für  die  Testamentsvollstrecker  be- 
stimmend waren^  einen  Theil  der  letztwilligen  Verordnungen 
Napoleons  bei  dem  Gerichtshofe  des  Krsbischofs  von  Canterbmy 
in  London  zn  hinterlegen^  und  welchen  Werth  sie  darauf  legteti 
dass  die  Vormundschaft  des  Herzogs  von  Reichstadt  das  Testa- 
ment anerkenne.  Kaiser  Franz  ermangelte  nicht,  seinem  V^ 
bündeten  gegenüber  sich  erkenntlich  zu  zeigen,  weshalb  er  den 
Fürsten  Metternich  beauftragte,  ihm  das  Testament  Napoleons 
Yollinhaltlich  bekanntzugeben.  Am  30.  November  verftlgte  Metter- 
nich sich  zu  Kaiser  Alexander  und  Überreichte  ihm  eine  Abschrift 
des  Testamentes  mit  folgenden  Worten:   ,Die  Betrachtungen, 
welche  beim  Lesen  dieses  letzten  Manifestes  Napoleon  Bona- 
parte's  entstellen,  werden  der  Weisheit  und  den  tief  relipösen 
Anschauungen  E.  M.  nicht  ent<rehen.  Ein  altes  iSprichwort  sagt: 
man  stirbt  so,  wie  man  gelebt  hat  Der  letzte  Wille  des  Ge- 
fangenen von  St.  Helena  ist  ein  neuer  Beweis  ftkr  die  Richtig* 
keit  dieses  alten  Satzes.  Auch  er  ist  gestorben,  so  wie  er  ge- 
lebt hat.  Gott  möge  ihm  die  ewige  Ruhe  geben/' 

Kach  Wien  zurückgekehrt,  überschickte  Fürst  Metternich 
am  9.  Jänner  dem  Vicepräsidenten  der  obersten  JustizhofeteUe, 
EVeiherm  v.  Gärtner,  diejenigen  Vorträge  und  diplomatischen 
Oorrespondenzen,  welche  auf  die  Verlassenschaft  Napoleons  sich 
bezogen,  und  forderte  ihn  auf,  darüber  sein  Gutachten  vom 
juridischen  Standpunkte  aus  abzugeben.  Diesen  Acten  lag  auch 
das  Memoire  des  Marquis  v.  Scmoaville  bei.  Fürst  Metternich 
lenkte  die  Aufmerksamkeit  (Järtner's  uinsomehr  auf  diese  Denk- 
schrift, als  der  Kaiser  die  Frage  aufgeworfen  hatte,  ob  es  nicht 
nothwendig  erscheine,  von  der  französischen  Regierung  die  ßo- 
schlagnahme  des  Depots  zu  erwirken.  ,Dnrch  erwähnten  Vor- 

^  Anhang  30. 

*  S.  A.  le  chancelier  de  coor  et  d'ötat  k  S.  M.  Tempereur  Alexandre. 
Novembre  1882. 

lU.  le  prince  de  liettamicV  h^art  es  daria,  ^yaiit  prM&r6  de 
remettre  de  la  mein  k  1a  mauL  k  8.  M.  remperenr  Alixandre  lee  copiee 
l^elis^es  du  testament  et  des  codieilee  de  Napol^n  Bouaparte,  il  a*« 
point  &t&  fait  usage  de  Im  pritente  minute,  qai  eet  k  döposer  aux  aetes 
relntifs  a  L('t  ohjet,  comcne  faisant  foi,  quo  les  dite««  cipies  ont  6t€  re- 
iiii.Hos  p.ir  M  lo  [iririce  de  Motto  mich  k  Tempereur  de  üuiaie  le  joar 
d'hier  3U  novembre  1822  4  Y6roue.' 


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85 


gang/  ftlhrte  der  Staatskanzler  aus,  ^verücbwindet  die  ßcsor^- 
niss,  dass  dieser  Fond  der  MasBe  eutzoi^n-n  werden  kannte, 
wahrend  andererseits  ein  diesfillliger  Schritt  bei  der  französi- 
schen KegieruniX  dem  künftigen  Entschliissc  der  Vormuudschait 
des  Herzogs  von.  Beichstadt  in  Ansehoug  des  Testamentes  auf 
gewisse  Art  vorgreifen  würde.' 

Nacli  reiflicher  Ueberlegang  drängten  sich  dem  Flinten 
Metternich  vier  Fragen  auf,  mit  deren  Beantwortung  er  Gärt- 
ner beaoftragte.  Die  ersten  zwei  betrafen  das  Verlangen  der 
Testamentsvollstrecker,  dass  die  Herzogin  von  Parma  und  Kaiser 
IVans  die  letztwilligen  Verordnungen  Napoleons  bestätigen  soUten, 
ond  femer  die  Erwägung;  ob  es  für  die  Herzogin  und  ihren 
Sohn  nicht  vortheilhafter  wäre,  auf  die  Erbschaft  zu  verziehten. 
Ohne  das  Gutachten  Gärtner's  irgendwie  beeinflussen  zu  wollen, 
setzte  er  diesem  dieselben  Ansichten  auseiiiaiuler,  welche  er 
bereits  in  dem  Schreiben  an  Neii)}»erg  vom  13.  Juni  und  in 
seinem  Vortrage  an  den  Kaiser  vom  15.  Juli  zum  Ausdruek 
gebracht  hatte.  Die  dritte  Frage  lautete  folgendermassen:  ^ 
der  Voraussetzung,  dass  ein  Beschluss  dahin  gefasst  würde,  im 
Namen  des  Herzogs  von  Reichstädt  einen  Verzichtleistungsact 
in  der  Art  auszustellen,  dass  sich  von  jeder  Theilnahme  sowohl 
an  den  Activen  als  an  den  Passiven  der  Verlassenschaft  los- 
gesagt werde,  wftre  es  nicht  dennoch  den  (Gefühlen  kindlicher 
liebe,  sowie  den  Eingebungen  der  Religion  und  der  Natur- 
gesetze gemäss,  dass  gedachter  Prinz  das  VermSchtniss  jener 
Effecten  nicht  ausschlage,  welche  seinem  Vater  grOsstentheils 
zum  persönliclien  Gebrauche  gedient  haben  und  deren  Ueber- 
gabe  seinerzeit  von  den  im  Tebtamente  eigens  hiezu  bestimmten 
Persüuen  zu  geschehen  liat?* 

Mit  Ivlieksielit  darauf,  dass  die  Andenken,  Avelehe  Nai)o- 
Itoii  Bonaparte  seinem  Sohne  vermacht  hatte,  meist  Gegenstände 
waren,  die  mehr  einen  Affectionswerth  besassen,^  neigte  Metter- 
nich zu  der  Ansicht  hin,  dass  der  Herzog  von  Reichstadt  ihre 
Annahme  nicht  verweigern  sollte,  ,da  es  gewissermassen  als 
sme  Verleugnung  seines  Vaters  und  als  eine  freiwillige  Be- 
schimpfung seines  Andenkens  ausgelegt  werden  könnte'. 

*  Kapolfon  Bonaparto  solbst  bezeichnete  sie  als  geringfügig',  indom  er  Fol- 
guudes  niederschrieb:  ,Je  desire  que  ce  faible  legs  soit  cht-r  k  luou  iils, 
comme  lui  reirafaat  le  souveoir  d'un  p^rd,  dont  Tuaivers  rentretieadrft.* 
Teetameut. 


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I 


86 

.Es  iimss  übrigens  noi-h  beinorkt  werden/  schrieb  er  an 
Gärtner,  ,dass  dieser  Prinz,  wenn  iluu  erwähnte  Andenken  und 
Effecten  nach  erreichtem  16.  Jahre  Merden  iiberbracht  wer- 
den, sich  in  dem  Falle  Ijefinden  wird,  die  Depositäre  weju^eu 
der  gehabten  Sorge  fUr  ihre  Aufbewahrung  mittekt  an^r«^ 
messener  Geschenke  zu  belohnen;  man  wird  sonach  nicht 
sagen  können,  weder  dass  er  dieselben  ganz  umsonst  emp&ngen 
habe,  noch  dass  dadurch  der  Masse  der  Legate  ein  Unrecht 
geschehen  sei.* 

Die  vierte  Frage  endlich  betraf  die  Bestimmungen  Napo- 
leons rttcksichtlich  seiner  Privatdomflne,  d.  i.  jenen  Paragraphen 
des  Testamentes,  welcher  die  besondere  Aufmerksamkeit  des 
Kaisers  erregt  hatte.  Imit  ui  l'iu  st  Metternich  auf  die  Bestim 
mungcn  der  Convriition  von  Fontainebleau  hinwicj*,  gemäss 
deren  Napoleon  Bt>na|)arte  allen  SouverMnetMtsreehten  über 
Frankreich,  Italien  und  die  übrigen  von  ihm  beherrschten 
Länder  entsagt  hatte,  ohne  sich  das  yoranbehaiten,  was  er 
unter  seiner  Privatdomäne  verstand/  folgerte  er  daraus,  dass 
^Napoleon  Bonaparte  in  seinem  Testamente  Uber  etwas  verfügt 
habe,  was  nicht  sein  Eigenthnm  gewesen  sei'.  Der  Code  Napo- 
leon erkläre  aber  eine  derartige  Verfügung  fmat  noU  und  nichtig.' 

Weiters  theilte  Metternich  dem  Freiheirn  v.  Qttrtner  so- 
wohl das  Schreiben  des  Herzogs  von  Leuchtenberg  an  ,  den 
Kaiser  vom  30.  Marz  1822,  welches  sich  aui  <1r-  Aosprüche 
des  Prinzen  auf  die  Civiliiste  des  eheniali«ren  Königreiches  Ita- 
lien bexog,  als  aueh  die  kaiserliche  lu  Solution  mit,  wonach 
Jener  mit  seinem  Begehren  an  die  Mailänder  Oommission  ver- 
wiesen werden  sollte.  ,Nach  dieser  a.  h.  Entschliessung/  be- 
merkte Metternich,  ,glaube  ich  aber  den  Ueraog  von  Leuchten- 
berg  erst  dann,  und  zwar  mittelst  einer  ostensiblen  Depesche 
an  den  Gesandten  in  München  —  da  eine  directe  Correspon- 
denz  mit  gedachtem  Hei*zog  darüber  nicht  angemessen  scheint 
—  verbescheiden  zu  sollen,  wenn  S.  M.  als  Vormund  Aller- 
höchstihres  Enkels  einen  definitiven  Entschluss  in  Ansehung 
des  Testamentes  Napoleons  ergriil'en  haben  werden,  indem  l'nuz 
Kugen  sonst  seine  Weigerung,  die  von  ihm  verlangten  zwei 
Millionen  zu  entrichten,  voreilig  gegen  die  Testamentsexecu- 


*  Art.  1  and  9. 

*  §.  1081. 


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87 


toren  und  Legatare  erklären  und  selbe  einzig  auf  den  hiesigen 
Hof  scliieben  würde/ 

Als   GiirtTier  seines  Anftrag'es   sich  entledigt  und  dem 
Staatskauzier  am  24.  Jänuer  sein  Gutachten  vorgelegt  hatte/ 
unterbreitete  es  Metternich  am  11.  Februar  dem  Kaiser.  Wenn 
auch  die  Ansichten  Gärtner's  im  Wesentlichfn  mit  jener  des 
Fürsten  übereinstimmten^  so  bedingten  sie  doch  einige  Aende- 
nmgen  in  den  Rennnciationsacten,  welche  dem  Kaiser  am 
16.  Jnli  1822  vorgelegt  worden  waren.  Im  G^ensatze  zu  den 
TestamentsYollstreckemy  welche  behaupteten,  dass  der  Nachlass 
ond  somit  anch  das  Testament  Napoleons  nach  den  französi- 
schen Gesetzen  behandelt  und  beurtheilt  werden  müssten,  wo- 
nach dem  Sohne  die  Hälfte  des  väterlichen  Vermögens  nach 
Abzug  der  darauf  haftenden  Lasten  gebühre,  war  Gärtner  fol 
gender  Meinung:    Napolen  Bonaparte  hätte  seine  letztAvilll^^en 
Verordnungen  nach  den  auf  der  Insel  St.  Mrlcua  gclirnden 
englischen  Gesetzen  verfassen  sollen,  denn  er  habe  in  Folge 
der  Abdankung  von  Fontainebleaa  aufgehört,  Franzose  zu  sein. 
Dagegen  wendete  Metternich   ein,   dass  die  Erklärung  des 
Wiener  Oongresses  vom  13.  Mttrz  1815,  Kapoleon  Bonaparte 
ausser  dem  Schutze  der  Gesetze  zu  betrachten,  mehr  in  Staats- 
rechtlicher  Ansicht  gelte  und  noch  immer  die  Frage  offen 
balte,  ob  er  nicht  doch  seine  privatrechtlichen  VerhttltniBse 
nach  den  Gesetzen  seines  letzten  ordentlichen  Domicils,  näm- 
hch  Elha's,  wo  der  Code  Napoleon  in  Kraft  bestehe,  habe 
legdn  und  darnach  sein  Testament  machen  können.  Gegen 
die  Anschauung  Gärtner's  ftlhrtc  Metternich  nodi  .m,  dass  die 
eüglische  Regierung  Napoleon  nie  als  Kaiser  anerkannt,  mit 
ihm  stets  als  dem  ersten  Consul  der  französischen  Republik 
unterhandelt  und   nach  seiner  Anlialtunj^   ihn   nur  als  einen 
General    und    kriegsgefangenen   Franzosen   angesehen  habe, 
dessen  Bewachung  ihr  von  den  übrigen  verbündeten  Mächten 
anvertraut  worden  sei.   Tn  Ansehung  der  Herzogin  von  Parma 
und  ihres  Sohnes  dürfe  es  jedoch  keinem  Zweifel  unterliegen, 
dass  dieser  nicht  als  französischer  Unterthan  und  jene  nicht 
als  die  Witwe  eines  Franzosen  zu  betrachten  seien.  Im  Uebrigen 
erbeische  es  das  Interesse  der  französischen  Regierung,  die 
Krbschaftsangelegenheit  nicht  vor  fremden  Gerichten  anhängig 

'  Anhang  31. 


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88 


machen  und  verliandeln  za  lassen.  So  lange  aber  nicht  mit 

Bestimmtheit  vorausgesetzt  werdtii  könuC;  das.s  dem  Herzoge 
von  Reichstädt  irgendein  Vortlieü  erwachse,  wenn  man  auf  die 
Erbschaft  Aiif^pruch  erhebe  und  der  Voiiziehunfr  des  Testa- 
mentes beistimme,  so  lange  sei  es  als  überflüssig  zu  erachten, 
über  die  von  Gärtner  aufgeworfene  Frage  eine  Entscheidung 
zu  treffen,  liochmak  legte  Metternich  dem  Kaiser  nahe,  ohne 
Verzog  den  BesehlusB  zu  fassen,  dass  den  Testamentsvoll- 
streckern in  rechtlicher  Form  eröffnet  werde,  der  Herzog  von 
Reichstadt  leiste  auf  seine  allf^lligen  Erbrechte  Verzicht  Ab- 
gesehen von  allen  anderen  Beweggründen,  welche  fdr  einen 
solchen  Antrag  sprächen,  handle  es  sich  auch  ,um  die  WOrde 
des  Kaiserhauses  selbst,  mit  welcher  es  nicht  verträglich  scheine, 
sich  vor  den  fVaiizr>sischen  Gerichten  in  Streitigkeiten  einzu- 
lassen oder  anderweitige  Seliritte  hei  dem  tVair/'>sischen  Gou- 
vernement mit  so  zweifelhafter  Aussicht  auf  erneu  aus  dem 
Nachlasse  zu  ziehenden  Vortheii  zu  machend 

Er  unterbreitete  dem  Kaiser  die  Rennnciationsacte,  welche 
nach  den  Ausführungen  Gärtner's  derart  abgefasst  waren,  dass 
sie  nichts  enthielten,  was  auf  eine  Anerkennung  der  firanxXtei- 
schen  Gesetze  in  Betreff  der  Entscheidungen  über  das  Testa- 
ment und  die  Erbrechte  des  Herzogs  von  Reichstadt  hätte 
schliessen  lassen  können.  Die  Verzichtletstung  wurde  ausdrllck- 
lieh  auf  jenes  Vermögen  beschränkt,  welches  im  Testamente 
und  in  den  Codicillen  angegeben  war,  wogegen  der  Erbe  sich 
das  Uccht  in  Ansehung  jenes  vorbehielt,  welches  ausserdem 
noch  vorhanden  sein  könnte. 

Aber  erst  am  13.  September,  also  nach  Ablauf  von  sieben 
Monaten,  resolvirte  Kaiser  Franz  diesen  Vortrag  Metternich's.^ 


>  Kaiser  Frans  erklXrte,  dass  das  Erbredit  des  Herzog  von  Keichstadt, 
an  welchem  nicht  zu  zweifeln  wäro,  nur  dann  in  Wirksamkeit  treten 
konnte,  wenn  Napoleon  Bonapaite  ein  disponiblps  eij^encs  Vermrij^ren 
hinterla.ssi-ji  und  danibor  recht«gilti^  v<  rfiii,'t  hätte.  NaclHlein  Naj)c)Ionu 
von  Geburt  uiu  Frauüuse  gewesen  mi  und  sein  letzter  Willt)  iu  Frank- 
reich liegende  Capitalien  beträfe,  ho  stehe  os  der  fransüsischen  Regierung 
SU,  jene  iwei  Fragen  in  Erwägung  za  sieben,  und  de  mOge  rou  Baron 
Vincent  anfgefordert  werden,  hierüber  eine  Erlcllnuig  absngeb«!.  Gebe 
ans  derselben  hervor,  dass  Napoleon  Bonaparte  in  der  That  ein  dispo- 
nibles Vermögen  hinterlassen  vnd  reehtsgiltige  Verfllguiigen  getroffen 
habe,  dann  solle  Vincent  der  franz(Mis<  b*-n  Keg-iemng  nüttheilen,  dass 
er,  der  Kaiser,  als  Orossrater  und  natürlicher  Vormund  des  Henc^  von 


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89 


XYI.  Capltel. 

Da»  Gut  8tn  ICirtino,  —  Vortrag  Mettaniich*B  «a  den  Kiüaer  ttber  die  An- 

'prficbe  Reicbstadt'fl  «af  dieses  Gut.  —  Er  ersucht  den  K.uscr,  oiiu  n  baldigen 
Satachloss  zu  fassen.  —  Der  Kaiser  zögert  damit.  —  Die  franKösische  Re- 
fiemng^  h'  fft,  dass  die  Vormundächaft  Keichstadfs  auf  die  Erbsehnft  Vcrzii  lit 
lei>teii  wtTilo.  —  Metternich  ersucht  den  Kaiser  in  einPtn  iioiiorluhcn  \or- 
tragt;  um  eine  baldige  Entscheidung.  —  Einvorständni»»  zwischfii  der  fran- 
xustächeo  Regierung  und  den  Legataren,  welche  ihre  Angelegenheit  einem 
Sdüedirichtercoinitö  übertragen  haben.  —  Der  Spruch  der  Schiedsrichter,  wc»> 
oaeh  die  HUfte  dee  Lefitte'scben  Depoti  dem  Henoge  von  Reichitedt  Aber* 
Imwd  bleibt.  —  Neueriieber  Yortmg  Metternich*«.  —  Bewlntion  des  XaiaerB, 
«oudi  die  IrensSsisebe  Begierung  su  ^er  betUmmten  AeoBseraiig  veran' 

IftMt  werden  mUge. 

Tnzwisehcii   hatten  Ansprüelie,    welolie   die  Familie 

Bonaparte  und  insbesondere  die  Furöliii  Tauline  Borgliese  auf 
San  Martino  erhoben,  dem  Staatakanzler  Gelegenheit  geboten, 

Reich<rtadt  gestatte,  .dass  alle  iu  den  abscbrit'tlicli  vorliegenden  letztuu 
Willeoserklärungen  enthaltenen  Diapositionen,  insoweit  nicht  fremde 
Bedite  dAdarefa  ▼erletst  würden  oder  insoweit  deren  Vollni^  möglich 
•ei,  jedoch  ohne  dem  Henog  von  Belchstedt  die  mindeste  Lact  oder 
Verbindlichkeit  Ar  jetrt  oder  fttr  die  Ztüninft  eufsnladen  und  ohne  dessen 
ICtwiiknng  auf  iigendeine  Art  in  Anspruch  en  nehmen,  in  Erfttllnng 
gebracht  werden,  dnsa  der  Henog  von  Reichstädt  sogar  aus  Ehrfurcht  fttr 
die  väterliche  Willensmeinung,  sofeme  das  bisher  bekannte  Vermögen 
Bini.iparti-'s  zur  Erfüllung  des  letzten  Willnn.«?  nicht  zurcuhen  sollte, 
aiuh  dit»  ihfri  .'inpehlich  bestimmten  Andeiikon  mit  Ausnahm»!  einer  ein- 
ziL'Pii,  «orist  uerthlosen  Kleinif,'keit  der  soiistipen  väterlichen  Wilhuia- 
ueinang  zum  Opfur  briuguu  wolle,  djigegeu  abttr  die  Geltendmachung 
■eines  Erbrechtes  auf  alles  anderweitige,  ihm  noch  nicht  bekannte  oder 
nach  ErfUluug  der  loteten  Willensmeinung  des  Bonaparte  erübrigende 
Termllgeii  desselben  sieh  atisdraoUich  nud  feierlich  vorbehalte*. 

Von  Marie  Louise  hingegen  verlangte  Kaiser  Firans,  dass  sie  in 
Betreff  der  Hinterlassenschaft  Napoleons  nnd  des  Erbrechtes  ihres  Sohne« 
lieh  in  gleicher  Weise  äussern  solle,  aber  er  Uberliesse  es  ,lediglich 
ihrem  Gewissen*,  rücksichtlic  Ii  der  swei  Millionen  diejenige  Entscheidung 
sa  treffen,  ,welche  ihr  die  gohürig'O  zu  sein  scheine'.    Weiter.s  ertheilto 
der  KaistT  seine  Ziistiuiinuiig,   dass   die  Erklärung  der  iiiirzof^'in  von 
Parma  durch  den  liotsdiafter  in  l\'»ris  übergaben  werde,  nur  insoweit, 
,aLt  er  jede  wechselseitige  Berufung  in  den  beiderseitigen  Fiiklaniugen 
aorgfältigst  vermieden  wissen  wollte*.   SchOnbrann,  18.  September  1823. 
Die  kaiserUehe  Besolntioii  selbst  lantet  wie  folgt: 
tUeber  diesen  Vortrag  finde  Ich  Ihnen  Folgendes  an  erwidern: 
J8ie  werden  Meinem  Gesandten  am  Pariser  Hofe  anftngen,  da, 
wo  es  nsthig  ist,  an  evkllren,  dass,  da  das  Erbrecht  Meines  Enkels  anf 


90 


den  Kaiser  zu  einer  Entscheidung  zn  drängen.  Die  Angele<?en- 
li»it,  um  die  PS  sich  liandeltc,  war  folgende:  Zur  Zeit  seines 
Aufeuthaltes  aut  Elha  liattc  Napoleon  Bonaparte  die  auf  dieser 
Insel  liegende  Besitzung  San  jVrartino  an  sich  gebracht.  Als 
Klba  in  Gemässheit  der  Beschlüsse  des  Wiener  Congresses 
unter  die  Oberherrschaft  des  Orossherzogthums  Toscana  ge- 
stellt wurde,  liess  dieses  Sau  Martino  durch  eine  eigene  Ver- 
waltung ganz  abgesondert  von  den  anderen  Krongfltera  ad- 
ministriren.  So  lange  Napoleon  noch  am  Leben  war,  wollte 

die  VerluBensehaft  sein«  Vkidn,  inaofern  eine  hinterblieben  i«t»  unbe* 
sweifolt  ist,  dieoes  Erbrecht  aber  erst  in  jenem  Felle  in  WirluHunkeit 

treten  kann,  wenn  derBcIHe  oin  disponibles  eipenf  nn'Spr'n  hinter^ 
lassen  und  darüber  auf  oinu  g^iltip^t)  Art  letztwillig^  di.sjtonirt  bat,  beide« 
at>('r  r.n  beurtheilen  f!»  r  frnnznsisfb>'n  R'^rrirrniifr  ziisti  ht,  weil  derselbe 
seiner  Gebnrt  nach  ein  Frjtnzose  war  und  seine  vorliegenden  Iftztwillip-en 
Dispositionen  meistens  Effecten  und  Capitalien  betreffen,  die  in  Frank- 
reich sich  befinden,  daher  vorerst  von  der  franzüsischou  Regiemng  er- 
klärt werden  mttsM,  dam  ein  disponiblea  VwmOgen  vorbanden  und  die 
hienreg;en  Torliegenden  letitwilligen  Anordnnngwi  rechtagiltig  aeien. 

(Sollte  die  Erkllmnip  Ton  der  fransOaiaehen  Regierung  erfolgen, 
daw  din  disponibles  Venntfgen  vorhanden  nnd  die  gedachten  Anord- 
nungen rechtagiltig  seien,  so  hat  Mein  Gesandter  in  FVankreidi  Üamers 
folgende  Erkllmng  absngeben,  dass  Ich  als  Grossvater  nnd  natürlicher 
Vormund  des  Herzogs  von  Reichstädt  unabgesehen  davon,  dass  das  Testa- 
ment flammt  den  mehreren  Codicilleu  Bonajmrte's  Mir  nicht  in  Urschrift 
vorgelegt  wurde,  noch  Ich  auch  überzeugt  worden  bin,  dass  kein«'  wei- 
teren testamentarischen  Anordnungen  Bonaparte's  mehr  bestehen,  t\>rnt'rs, 
dass  der  Sohn  in  denen  Ihnen  abschriftlich  vorgelegten  letzten  Willeua- 
erkllrungen  ganz  fil)ergangen  sei,  anch  in  denselben  Dispositionea  ent- 
halten seien,  welche  fremdes  Eigenthnm  betreffen  dttrfken,  gestatte,  daas 
alle  in  den  abschriftlich  vorliegenden  lotsten  WUlenserkllmngeii  ent- 
haltenen Diapositionen,  insoweit  nicht  fremde  Bechte  dadurch  verletit 
werden  oder  insoweit  deren  Vollzug  mOglich  ist,  jedoch  ohne  <leni  Her» 
zöge  von  Reichstadt  hiedurch  die  mindeste  Last  oder  Verbindlichkeit  für 
jetzt  oder  für  die  Zukunft  aufzuladen  und  olnu»  tU  sscn  Mitwirkung  auf 
ir{rcn«l»-in<>  Art  in  Anspruch  rn  nehmen,  in  Krfiillunir  jjobrai-ht  werden, 
ila.ss  <lt'r  litTzog  von  Reichstädt  snsrar  au.«*  Klirlurcht  für  die  väterliche 
Willetisnn  innngf  jeuenfalls,  wenn  das  bisher  bekannte  Vermögen  Bona- 
parte's zur  ErfUilung  desselben  letzten  Willens  nicht  zureichen  sollte» 
auch  die  ihm  angeblich  bestimmten  Andenken  mit  Ausnehme  <dner  ein> 
sigen,  sonst  werthlosen  Kleinigkeit  der  sonstigen  vSterlichen  Willens» 
meinung  lom  Opfer  bringen  wolle,  dagegen  aber  die  Geltendmaehong 
seines  Erbrechtes  auf  alles  anderweitige,  ihm  noch  nicht  bekannte  oder 
nach  ErfdUnng  der  leisten  Willensmeinung  des  Bonaparto  erftbiigende 
YermOgen  desselben  sieh  ansdrttcklich  und  feierlich  vorbehalte. 


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91 


Kurie  Louise  kernen  Schritt  bei  der  toscanischen  Regierung 

unternehmen,  um  die  Ansprüche  des  Herzogs  von  Heiclistadt 
uüi  dlesvs  Besitzthnm  seines  Vaters  sicherzustellen.  Alb  sie 
jedoch  nach  dem  Tode  Napolrons  in  Erfahrung  brachte,  dass 
die  Faiiiili«'  desselben  und  nunientiich  Prinzessin  Paulinr  das 
Out  unter  dem  Verwände,  sie  hätten  die  Gelder  zu  seinem  An- 
kaufe vorgestreckt,  reclamiiten,  sah  sie  sich  veranlasst,  von 
der  grossherzoglichen  Kegierung  zu  verlangen,  dass  man  San 
^frvrtino  in  keine  anderen  Hände  als  in  die  des  Uerasogs  von 
Reichatadt  übergehen  lasse.  ^ 

,Aiicb  werdeo  Sie  Meinem  Oenndten  in  Paria  Auftragen,  in  An- 
sehung «iorjuuigen  lets^twilligen  Dispositionen  BonafMUte*!}  welche  dae  do- 

mnine  prive  des  König-reichem  Italioii  betn^üffoii,  abzuwarten  und  anzuzeigen, 

was  die  frairzn^if^cln^  K'^-iriiTung-  flher  dio  (iilti^»-koit  dor  l?onÄp«irto'»chou 
letztwill itr«"n,  nun  vorlic^'cndt'ii  Aii<>rdniuii,'fii  illu'ihaupt  buüchliessun  werde. 

,Kn(lll«  h  wenicii  Sii>  Meiner  Frau  Tiichter  anzeigen,  wa«  Ich  durch 
Meinen  Ge»Jiudten  in  l'ari'«  in  Bi-tn-tf  drs  Napoleonisdipn  Verla-ssef  und 
des  Erbrechtes  erklären  laHse,  dn^s  Ich  zwar  wünsche,  dass  sie  in  lliu- 
•klit  dea  Eklmelites  dee  Heraogs  von  Beicbstadt  und  der  Ansicht  über 
die  letstwüligen  Anotdnungen  des  Bonaparte,  «eiche  vorliegen,  gleiche 
Sprache  mit  Ifir  fllhre»  in  Hinsicht  der  xwei  Millionen  aber,  welche  de 
in  Fontaineblean  empfangen  nnd  worüber  Bonaparte  testirt  haben  aoU, 
es  lediglich  ihrem  Gewissen  überlasse,  diejenige  Erklärung,  Avelcho  ihr 
die  gehörige  zu  sein  scheint,  abzugebi-n.  Schliesslich  finde  Ich  Ihnen 
7:11  bemerken,  da*<s*  Ich  z%var  tre^tatt*',  dass  ilio  Krklänint»'  Meitipr  Frau 
TöchtfT  glf'iclifalls  durch  Meinen  Gesandten  in  Pari»  iiber^^'chcn  werde, 
dass  ich  aber  jode  wechselseitige  Herufunq-  in  Uuseren  beidersoitigeu 
Erklänmgen  sorjrfaltig  vermieden  wissen  will. 

ySchonbrunn,  13.  Septoiubor  iÜ'Z'i.  Franz  m.  p.* 

*^  JA.tL  Ifn«  rarcbidnchene  dnchcsse  de  Parme  est  instmltc  dopuis  long- 
tempH  qua  le  d^fnnt  exenipereur  Napol^n  avait  fait  Tacquisition  dana 
nie  d'Elbo,  dans  \f  tomps.  qn'il  en  ^tait  le  snnvorain,  et  nvpc  «n»«  pro- 
pres fonds  do  ia  propriete  de  San  Martino.  Dnrant  la  vic  et  la  captivitö 
de  Tempereur,  S.  M.  M""«  rarehiduchesse  n'a  point  cru  convenable  de 
faire  requ^rlr  le  gouverneraent  Toscan,  sous  la  souveraiuetd  daquel  »e 
tiottve  maintenaat  Itle  d*Elbe,  de  Ini  fonrair  dee  detail*  war  la  natare 
de  cette  ptvpriM.  Lea  cireonstances  ajaat  cfaang6,  S.  M.  cro jait  qn^ 
wt  de  Bon  devoir  de  mhn  et  de  tntrice  naturelle  de  aon  flle,  de  ne  rien 
adliger  ponr  obtenir  des  renseignemonts  exacts  sur  Tobjet  en  qnestion 
et  surtout  pour  empöcher  qne  l'inflneiu  e  6trangere  ou  les  men^es  de  la 
famille  Bonajtarte  ne  d<^naturent  les  droits  bien  positifs  qne  son  fils 
8.  A.  S.  le  due  <le  Reichstadt  doit  necessai reuieut  avoir  stir  rette  partie 
de  la  sueo'ssion  de  son  p^re.  8.  M.  M'"«'  rarehifliirhesse,  pleiut)  de  con- 
fiance  daus  les  preuves  d'attacheuieut  que  vous  avez  donuä  eu  touta 


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92 


Da  Fttret  Metternicli  es  niclit  für  rathsam  erachtete,  dass 

jMaric  Louise  in  eine  unmittelbare  Interessenverliandlung  mit 
der  FaraiLlie  Bonaparte  trete,  und  es  vorzog,  Zeit  zu  gewinnen, 
so  bersehränkte  er  sich  lediglich  darauf,  die  toseanisehe  Re- 
gieruDg  einzuladen,  das  Gut  iSan  Martino  nur  demjenigen  zu 
überlassen,  dessen  Hecht  darauf  gesetzlich  erwiesen  und  aner- 
kannt sein  würde.  ^ 

In  solchem  Zustande  verblieb  die  Sache  bis  1823.  In 
diesem  Jahre  wendete  sich  die  Fürstin  Borghese  abermals  mit 
dem  Ersuchen  an  die  toseanisehe  Begiening,  die  Gerichtshöfe 
mögen  in  Betreff  ihrer  Ansprüche  auf  San  Martino  einen  Wahr- 
Spruch  fkUen.  Im  Auftrage  des  Grossherzogs,  welcher  sich  da- 
durch zur  Entscheidung  gedrängt  sali,  riclitctc  Grat'  Borabeiles 
aui  1?.'.  April  1-S23  ein  Schreiben  an  den  Fürsten  Metternich 
und  ersuchte  diesen,  ihm  die  Aiifiicht  des  Kaisers  mitzutheilen.' 

occai»iuu  ä  »ou  auguste  personue«  et  dan»  le  ivlo  avec  lequel  voiis  soigues 
ses  int6r6t8,  m*«ntonae  i  rons  charger  de  U  coummsioa  delicAte  de  faire 
toutes  iea  d^marcbes  nteeMireB  et  d*office  pria  da  gouTeniemeat  ToMsa 
ponr  aoatenir  sea  jastes  droita  et  empdcber  que  la  poneBdon  de  San  Mar- 
tino  ne  puae  en  d'antres  matna  qtt*ea  Celles  de  eon  vrai  propiütalre  le 
duc  de  Reichstädt. 

D'apres  \es  informations  positives  qai  nons  sont  parvenues,  le  gen* 
vernenient  Toscan  fait  adniinistrer  cette  possession,  depuis  qu'il  a  occup^ 
l'ile  d'Elbe,  d'ime  maniört»  pfirtirtilif'Tf»  t»t  s^par<^e  des  autrcs  bions  de 
la  eotironne  par  lo  miuistre  de  l'iiitil'rieur  Mr  Neri  Corsini/  ^ieijpperg  an 
Bfiiiilx  Hos.    Floieiicü,  ce  26  septembre  1821. 

*  ,M.  le  comte  de  Noipperg  m'a  comiuuuique  Toftice,  qu'il  a  eu  i'hoQneur 
de  T01U  adrener  le  86  septembre  par  ordre  de  8.  H.  M*"*  rarcliiduchesae 
Marie  Leaiae,  peur  tous  inviter  k  Boutenir  anprte  dn  gonvemement 
Toscan  lee  droits  de  M.  le  dae  de  Beiehstadt  k  la  poMession  de  San  Mar^ 
tino,  proprUtd  aoqaise  dana  Tile  d'Elbe  par  feu  rez-empereur  Napoldon, 
et  pour  ompecher  que  oette  possession  ne  tonbe  en  d'autres  mains  que 
Celles  de  8on  fils,  son  heriticr  natorel.  J*ai  cm  devoir  r^pondre  A  cette 
Ouvertüre  de  M.  lo  comte  de  Nt  ipperg  par  la  d^jx^che  d.»iit  vons  trou- 
verez  ci-joint  une  copie;  je  ino  suis  .ipp!i<|i]^  k  y  reh^vor  i>lusi»iur.s  mo- 
tifs,  qui  doivent  nous  laiie  (U'.sirer  dauh  l  iaterüt  de  M»*»^'  l  arclnduche^t^e, 
qu^elle  ne  se  presse  pas  do  mettre  eu  avaut  dana  cette  aÜ'aire  delicate/ 
Metternich  an  Bumbelles.    Vienne,  le  l-t  ociobre  1821. 

*  ,H.  le  Chevalier  de  Fosaombroni  m*a  fait  hier  la  commnmoation  con- 
fideatielle  que  M^*  la  princesse  Paaliae  Borghöse  -rient  de  renoaveler 
les  instances  qn'elle  a  &ites  d^&  k  plosiears  repriaes  ponr  que  lea  tri* 
bniiaax  Tescans  veaUlent  bleu  prononcer  en  demier  appel  aar  lea  pri- 
tentiona  que  cctt^-  princesse  täche  depuis  long^temps  de  faire  Taloir  aar 
le  bien  de  San  Martino  sitnA  dana  l'üe  d'ü^lbe. 


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93 


In  dem  Vortrage,  welchen  der  Staatakansler  am  15.  Hai 
hierttber  dem  Kaiser  erstattete,  ttnsserte  er  sicli  folgendermassen: 

.Die  Entscheidung  der  Fra^e,  ob  Out  San  Martino  fllr  den 
Herzog  von  Reiclista  it  l  eolarairt  werden  soll,  oder  ob  es  vor- 
zuziehen sei,  diesen  Anspruch  p^anz  faliren  zu  lassen,  httngt 
von  (If-m  a.  h.  Beschlüsse  ah,  wclciu  ii  E.  M.  über  meinen  Vor- 
trag vom  11.  Februar  in  Beü  <'ff  des  letzten  Willens  Napo- 
leons zu  fassen  geruhen  werden.  Denn  sollten  E.  M.,  nachdem 
AUerhüchstdieselben  die  auf  Napoleon's  Verlassenschaft  haftenden 
beträchtlichen  Lasten  und  Schulden  ab  Vormund  des  Herzogs 
▼on  Reichstädt  berUckBicbtigt  haben,  e8  in  Ihrer  Weisheit  dem 
Interesse  1.  M,  der  Fran  Erzherzogin  nnd  jenem  des  Herzogs 
▼on  Reichstadt  räthlicher  erachten,  anf  die  Krhschaftransprttche 
fitnnlich  Verzicht  zu  leisten,  dann  hätte  anch  der  Herzog  von 
Reichstädt,  der  nur  als  Erbe  Rechte  geltend  machen  kann, 
gar  keinen  Rechtsgrund,  ftlr  sich  das  Eigeuthum  von  San 
iiürtuio  zu  reclamiren/ 

Aber  auch  diesen  Vortrag  rosolvirte  Franz  I.  am  \?>.  Sep- 
tember, und  zwar  nichts  weniger  als  im  Sinne  Metternich's.* 

Fürst  Mettcmicli  wurde  durch  die  so  lange  Verzögerung 
der  kaiserlichen  Entschliessongen  umsomebr  in  eine  peinliche 

,M.  de  Fossombroni  &  ajuut^  que  d'apr^  le  disiv  exprimö  dans  le 
temp^  par  la  miitiati  de  8.  M.  retoperetir  et  roi  i  Florence  (d^  motivä 
per  lee  ordre«  qne  V.  A.  vonlut  bien  me  commaniqiier  en  dete  da  14  <m> 
tobre  1881)  le«  tribnniuix  evaieat  M  inidtte  k  ne  point  m  bftter  de 
preadre  wie  d^bion  queloonqne  dam  cette  affaire.  La  note  verbale  ei« 
jointe,  qtii  m*a  ät^  remise  par  le  niinistäre  Totcan,  fern  voir  kY.A.  rim- 
poMibilitö  dann  laquello  se  trouvo  Mgr.  le  ^atid-dnc  d'arräter  plus  long^- 
temp««  l'action  des  tribiinaux,  et  je  voiia  supplie,  irrnn  prince,  de  vnuloir 
bteu  me  dicter  la  r^ponse  que  j'ai  a  faire  k  cet  egard.'    Booibellea  an 
Metternich.    Florence,  2U  avril 
'  Die  kaiBerliche  Resolution  lautet  wie  (olgt:    ,Da  Ich  dem  Erbrechte 
If einee  Enkels,  de»  Henoge  von  Reichatadt,  auf  die  YerlaiMiiMihaft 
Vaters  «o  entM^en  Mich  nicht  befogt  halte,  m  werden  Sie  daa- 
lelbe  auch  anf  das  Domininm  San  liartino  geltend  machen»  übrigens 
aber  Meinem  Herrn  Brader,  dem  OroMhenoge,  bedeuten,  dass  Ich  ihm 
ftberlaate,  in  Ansehung  der  Ansprllclio,  welche  von  anderen  Seiten  auf 
das  pe*!arhtc  Dnmininm  gemacht  wcrdfii,  den  dortigen  Laiides^'ost-tron 
ihren  freirn  Latif  zu  lassen,  bis  zu  (l»*r  (r'^richtliclu-u  Anstr.ip'uiip'  dit-ser 
Ansprüdie  aber,  welche  mir  anzuzeigen  ist,  die  gorichtlich«  Vürwaltung 
dieses  Dominiums  ansuchen,  vva.>i  Sie  auch  Meiner  Frau  Tochter,  der 
Herso^n  von  Parma,  und  Meinem  Gesandten  in  Paris  er(MFnen  weiden.* 
13.  September  1828.  St-A. 


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94 


Lage  Tersetzt^  als  inswischeii  nidit  nur  die  Grafen  Bertrand 
und  Montholon,  sondern  selbst  der  französische  Minister  des 
Aeussem,  Graf  Chateaubriand,  sich  mit  dem  Ersnchen  an  den 
Botschafter  gewendet  hatten,  dass  der  Kaiser  eine  baldige  Entr 

Scheidung  treffen  möge.  Wie  Baron  Vincent  am  26.  Mai  nach 
Wien  berichtete,  schienen  sie  vorausziist  tzt  ii^  dass  der  Kaiser 
sich  zu  einer  Verzichtleistung  auf  die  bei  Lafitte  deponirten 
Summen  entsi  liliessc  n  würde.* 

Gedrängt  durch  die  Vorsteliimgen  der  Legatare,  welche 
den  Besitz  ihrer  Vennächtnisse  ungeduldig  verlangten,  hatten 
die  Ti'stamentsvollstrecker,  und  zwar  wie  aus  einer  Note  Char 
teaubnand's  an  den  Botschafter  vom  26.  Mai  deutlich  erhelltCi 
im  Einverständnisse  mit  der  französischen  Regierung  den  schieds- 
richterlichen Weg  eingeschlagen.  Dass  das  Ministerium,  welches 
nur  auf  solche  Weise  jeder  öffentlichen  Austragung  des  Streites 
vorbeugen  konnte,*  seine  Hand  mit  im  Spiele  hatte,  lag  um  so 
nälier,  als  Cliatciuibriand  den  Jiotsrhaftcr  ausdrücklich  ersuchte, 
seinen  Hof  zu  einer  rascheren  Entschliessung  zu  veranlassen. 

DiestT  Umstand  bekräfti«jte  den  Fiirsten  Metternich  um- 
somehr  in  seiner  Ansicht,  dass  es  am  vortheilhattesteu  sei,  auf 
die  Erbschaft  zu  verzichten.  Er  hielt  es  flir  unausweichUch,  den 
Grafen  Bertrand  und  Montholon  eine  Antwort  zu  geben.  ,Wird 
keine  ertheilt,'  setzte  er  dem  Kaiser  in  einem  Vortrage  vom 
15.  Juni  auseinander,  ,so  werden  vielleicht  die  Testaments- 
executoren  und  Legatare  dieses  Stillschweigen  des  Erben  und 
der  Vormundschaft  als  eine  stillschweigende  Vensichtleistung 


^  Anhang  32. 

*  Wie  Baron  Vincent  vorläufig  berichtete,  war  mnn  (ibereing-ekommen,  die 
Vertheilmig-  der  disponiblen  Hnlfto  tax  verfüg<'n  und  sieh  eines  jedou 
Spruelu's  in  Üetreff  der  zweiten  zu  eatlialten,  auf  wt-lolie  krat't  der  frau- 
zOsiscliea  Gesetze  der  Herzog  von  Reichstädt  Anspruch  hatte.  Nachdem 
die  vorhandenen  Suiuiuen  nicht  au^reicbteu,  um  alle  Legatare  zu  be- 
IHedigen,  und  Oraf  BertMad,  wie  er  entdrfleklldh  nUlrte,  sich  nioht  «nf 
Kotten  der  Uebrigen  bermchem  wollte,  §o  Tersiehtete  er  raf  jeden  Vor- 
th«], welcher  fUr  ihn  «ras  Mnem  möglichen  Znweehi  hervorgehen  konnte. 
DIeae  Versichtleiefeiiiig  beeog  sich  nnf  jene  Beatimninngen  des  Teot»- 
mentes,  welche  einerseits  die  im  dritten  Codicille  genannten  Legatare 
von  jeder  Antheil nähme  an  dem  bei  Lalitte  befindlichen  Depot  ans^i  hIoNsan 
und  andererseits  alb;  fien  St  lii(ksnl.«geffthrten  Napoleons  anf  .St.  Helena 
verui.M  httMi  Lcpfate  aln  I^i  loliiiiiugea  anführten,  welche  ohne  jeden  Abzug 
2ur  Vertheilung  gelangen  sollten. 


95 


dinostellen  trachten^  und  es  gelingt  ihnen  Tielleiclity  die  Ver- 
theiluDg  der  bei  Laütte  depontirten  zweiten  Hälfte  der  Oapi- 
tftfien  gegen  Leistung  einer  Caution  für  eventuelle  Redamationcn 
zu  erwirk  eu.' 

Da  Antomarchi  in  einem  Schreiben  an  Baron  Vincent 
vom  25.  April  um  die  Erlaubnis«  gebeten  batte^  sich  nach  Wien 
begeben  zu  dürfen  um  hier  sowohl  ein  Werk  über  die  Ana- 
tomie des  menschlichen  Körpers  verlegen  zu  lassen,  als  auch 
eine  Entscheidung  in  Betreff  seiner  Pension  zu  erwirken,*  be- 
rief Fttrst  Metternich  sich  auch  auf  diesen  Umstand^  um  den 
Kaiser  zu  ersuchen;  ^seinen  Vortrag  vom  11.  Februar  in  An- 
betracht aller  entwickelten  Gründe  bald  zu  erledigen'. 

Nicht  froher  ab  am  13.  September  resolvirte  Kaiser  Franz 
aach  diesen  Vortrag  des  Staatskanzlers.* 

Ein  Bericht  Vincent's  vom  18.  Juli  enthielt  eine  ausführ- 
liche Darstellang  des  Uebereinkommens,  welches  die  Testa- 
mentsvollstrecker und  die  Schiedsrichter  in  Anöübuiig  der  Ver- 
lassenschaft j^etroffeii  luitten.^ 

DariKieh  war  von  Seite  Montholoii's,  Bertrand's,  Marchand's 
einerseits  und  den  Legataren  andererseits;  die  Füllung  des  Wahr- 
spruches drei  Personen,  und  zwar  den  Herzogen  von  Bassano 
und  Viccnza,  sowie  dem  Grafen  Dam  übertragen  worden.  Am 
16.  Mai  hatten  diese  sich  darüber  ausgesprochen,  wie  das  Te- 


'  Antomarchi  an  Baron  Vincont: 

,Paris,  ce  25  avril  1823,  Kue  de  tivoli  No  32. 
Eaeellence, 

J*ai  rhonnenr  de  vous  adreaaer  une  demaode  pour  obtenir  Vanto* 
mstioD  draller  k  Vienne  k  Tobjet  d*avotr  rhonnenr  de  aouametlre  4 
8.  H.  rempeienr  ma  poBitioo;  lee  servieea  qve  }*ai  rendna  an  fen  Tem- 

perear  NapoUMm  dans  ses  derniers  inoments,  \e»  extraofdinaires  d^penaea 

qne  je  suis  obligö  de  faire  ponr  1a  publication  rln  mon  ouvrage  anr  raaa> 
t<>mi«*  dp  rhomnie,  et  »'iifin  ponr  hiiiiiilier  k  S  M,  la  tleinando  ponr  ob- 
tenir  une  d^eision  en  rn;i  favenr  i'uur  la  j»eusion  de  six  niillr  tVancs 
qua  feu  rempereur  eu  mourant  deinanda  h  son  augUMte  üpüii.sc  de  payer 
k  son  medeciii  pour  les  »orvicos  qu'il  avait  eu  occasion  de  lui  reudre. 

Je  prie  T.  £.  d*aecneilUr  ikvorabtement  ma  demande,  et  avec  pro- 
fond  reapeet      Vhonnenr  d'dtre  .  .  / 

*  «Erledigt  aich  dnrcb  Meine  Entachlieaanng  Uber  Ibren  Vortrag  vom 
11.  Febmar  nnd  werden  Sie  Antomarcht'a  Hieberreiae  nicbt  geatatten.* 
SckSnbnmn,  18.  September  1828. 

*  Anhang  88. 


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96 


stament  zu  yollziehen  sei.  Sie  bezeichneten  jene  Legatare^ 
welche  sie  ftlr  besonders  berechtigt  hielten,  ans  den  bei  Lafitte 
hinterle^n  Geldern  bezahlt  zu  werden.  Aber  die  Hälfte  des 
activen  Vrrinüii:('ns  stellten  sie  der  Verftlguiig  des  Ilerzofr^^  von 
Keichstadt  anlieim  und  sicherten  den  Legataren  von  St.  Helena 
die  vollst.'iiuli«]^e  Bf*zalilun*r  ihrer  Lofrate  nur  f\ir  den  Fall  zu, 
als  der  Erbe  sich  bestimmt  tindeu  würde,  seinem  Antheüe 
zu  entsagen,  damit  der  Wille  seines  Vaters  in  Erfüllung  ge- 
bracht und  dessen  Verbindlichkeiten  Genttge  geleistet  werden 
könnte. 

Weiters  erklttrten  sie,  dass  die  Legatare  des  dritten  Co- 
diciUes  keinen  Anspruch  auf  die  erste  Vertheilcing  des  Lafitte- 
schen  Depots  hätten.  Diesem  Spruche  widersetzten  sich  jene, 
gegen  die  er  gerichtet  war.  So  äusserte  die  Herzogin  von  Istrien, 

Witwe  des  Marschalls  B«»ssieres,  in  einem  Seln  eiben  an  Metter- 
nich vom  4.  Juli  in  ihrem  und  im  Namen  Aller,  welche  Napo- 
leon Bonaparte  im  dritten  Codieill  ■  bedacht  hatte,  den  Wunsch, 
dass,  falls  der  Kaiser  das  Testament  anerkennen  und  in  dessen 
Vollziehung  willigen  sollte,  er  ^ifloichzeitig  auch  erklUren  möge, 
dass  sie  sämmtlich  an  der  Vertheüong  der  Lafitte'schen  Gelder 
theilzunehmen  hätten.* 

Indem  Fürst  Metternich  am  6.  Augnst  dem  Kaiser  Tin- 
cent's  Bericht  sammt  den  Beilagen  und  den  Brief  der  Mar 
schallin  Bessi^res  unterbreitete,  ergriff  er  die  Gelegenheit,  ihn 
abermals  zu  einer  Entscheidung  zu  drängen.  ,Ich  fühle  mich 


'  ,Je  jse  flatte  qne  8.  M.  Tempereur,  dont  les  bienfaitB  seub  MmU«nneiit 
le  noD  Iwnorable  qn*U  a  dugnö  dtstingner,  ser»  mon  protecteor  conti« 

une  injustice  si  r^voltante,  et  refiuerm  de  lui  donner  le  Bceau  de  «on 
autoritä.  Toiia  les  int^reas^s  au  testament  de  Napoleon  doiveiit  dMrer 
que  8.  M.  d.nii^ic  en  pernieUro  rex/ciition,  mais  ce  geuereux  consentement 
prireroit  lo  tils  du  m.irc^ch.'il  Hassieres  du  pröcieux  t^inoiirnnci^o  (ju'il  a 
re<;u  de  l  affectioii  du  t(\stat(Mir  pour  rhonorabl«  memoire  de  son  pöro, 
si  S.  M.  1.  ne  daigunit  pas  eu  meine  temps  statuer  t^iie  lea  l^gataires  du 
State  eodieile  participcroat  k  la  diätribution  des  fonds  Lafitte,  de  meme 
qne  ceox  du  teitament  et  du  4*  eodidle;  e*Mft  le  senl  mojen  que  mon 
fila  alt  d*ebtenir  la  justice  qne  lea  tribnnau  fran^aii  aont  den»  rim* 
pniMaace  de  Ini  reudre.  Je  mefa  tonte  ma  confiance  daiu  rangnste 
■onTeiain  protecteor  de  la  Tenve  et  de  rorpbeUn;  je  me  repoae  anr  la 
justice  de  ma  eau«e{  et  aomi,  ezcellent  prince,  snr  eette  bienveillance  k 
laqnelle  vous  ni*aTeE  accoutume  durant  mon  s6jonr  k  Vienne.*  Die  Her^ 
sogin  von  Istrien  an  Metternich.  Paris,  le  4  jnillet  1823. 


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97 

▼erpflichtet/  begrtbidete  er  seinen  Vortrag,  ,hier  ebrfbrclitsToU 
m.  bemerken,  dass  der  Schritt,  welchen  die  Herzogin  Beni^res 
gemacht  bat^  ein  Beweis  und  ein  Vorbote  aller  Reclamationen 

ist,  welchen  die  Vormuudschaft  des  Herzogs  von  Reichstadt 
aasgesetzt  bleiben  wird,  wenn  beschlossen  werden  sollte,  sich 
in  diese  Erbschaftsabhandlun^  einzulassen.  Eben  dieser  Schritt, 
wie  auch  die  näheren  Uintstäiulo  cb  s  schiedsrichterlichen  Spru- 
ches vom  16.  Mai  beweisen  ferner,  dass  so  lange  I.  M.  die 
Herzogin  von  Parma  in  Betreff  der  von  ihr  durch  das  zweit© 
CSodiciU  vom  24.  April  1821  geforderten  sswei  MilUonen  Fran« 
ken  ibre  Erklftning  nicht  abgegeben  haben  wird,  die  Testar 
mentsexecatoren  fortfahren  werden,  besagte  awei  Millionen 
unter  den  Activen  der  Nacblassenscbaft  an&nftlbreD,  und  dass 
sie  sieb  berufen  werden,  alle  unbefriedigten  Legatare  an  L  M. 
die  Hersogin  zu  weisen.  Und  wenn  sodann  ein  Theil  der  Le- 
gatare von  den  Testamentsezecntoren  keine  Befriedigung  er- 
hielte, so  würde  er  am  Ende  noch  die  Schuld  auf  L  M.  die 
Frau  lit.'rz*)gia  walzen,  weil  sie  sich  zu  spat  erklärt  und  sowohl 
die  Testamentsvollzieher  als  die  Vermächtnissnehmer  in  der  Un- 
gewissheit  tiber  ihre  Beschlüsse  {gelassen  hätte/ 

Zur  grösseren  Bekralti^uiig'  seiner  Anscliauuiig'  unter- 
breitete Metternich  dem  Kaiser  ein  Sehreiben  Sebastianis*  vom 
1.  Juh,  worin  Antomarchi  dem  Wohlwollen  des  Fürsten  em- 
pfohlen  wurde.  Aus  diesem  Briefe  ging  hervor,  dass  Anto- 
marchi nicht  nur  auf  seine  Pension,  sondern  auch  auf  eine 
Summe  von  100.000  Franca  Anspruch  erhob,  welche  ihm  die 
Testamentsvollstrecker  zugesagt  hatten.' 

Von  der  Herzogin  von  Parma  darum  angegangen,  ihr  in 
Balde  eine  Entscheidung  racksichdich  des  Gutes  San  Martine 
sokommen  zu  lassen,'  glaubte  Ftlrst  Metternich  es  nicht  verab^ 


1  Seluttiaiii  war  D^ntiiter  von  Connea. 

*  Anhaa^  84. 

*  v8.  If.  M<n«  I'archidncheaae  daohieese  de  Parme  d^irant  connattre  ravis 
de  y.  A.  relatiTement  k  1a  posgossion  de  San  Martino,  Ritiu'e  dans  Vile 
d'Elbo,  8ur  laquelle  se  »ont  älevdes  des  douteti  anqnel  dos  heritiers  do 
fvu  Tex-emperetir  Napoleon  eile  doit  un  jour  n|ij)nrtenlr,  ot  dont  i'm  ou 
Vhouueur  de  faire  mention  k  V.  A.  dans  mou  rapport  eu  date  du  2*'  du 
mols  de  mai  dernier,  j'ose,  mon  prince,  voos  rappeler  encore  une  fois  re- 
ipeetaeiiMmeiit  cetto  affidra.  8.  M.  11»  TarcliidttehjeMe  n'y  ajoule  ancan 
avtre  pris,  exeeptA  oelni  de  tnmqnUliMr  ia  eoiucience  i  eet  ^aid, 
Afchjr.  B4,  UOX.  1.  BiUliu  7 


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98 


sftumen  zu  dttrfeiiy  den  Kaiser  auch  an  diese  Angelegenheit  an 
erinnern.  ^ 

Als  Kaiser  Franz,  welcher  nach  reiflicher  Ueherlegung 

zu  dem  Entschlüsse  gekommen  war,  auf  die  Verlassenschaft 
nicht  Verzicht  zu  leisten,^  m  Ii  dascn  Voi*trag  am  13.  Sep- 
tember resolvirte.*  ühorsohii  kt*'  cv  Metternich  die  vorange- 
gangenen sammt  den  EntSchliessungen,  welche  darauf  Bezug 
hatten. 

Gemäss  dieser  sollte  Baron  Vincent  beauftragt  werden, 
▼or  Allem  die  französische  Regierung  zu  einer  bestimmten 
Aenssemng  aufsttfordem^  was  Napoleon  Bonapsrte  an  verftag- 
barem  Vermögen  hinteriassen  habe,  und  ob  seinen  letstwilligen 
Anordnungen  gesetzliche  Gültigkeit  beigelegt  werden  könne  ^ 
erst  dann,  wenn  sie  sich  über  den  einen  und  anderen  bejahend 
ausgesprochen  hätte,  sollte  Vincent  seine  Erklärung,  wie  der 
Kaiser  sie  vorgezeichnet,  abgeben. 


Gotnnie  mu  Unie»  Im  antre«  dlipocitioQf  teitunentaire«  de  «on  dtfnnt 
^ponz,  qn*elle  a  placiei  sova  la  protoction  de  S.  M.  remperenr  mb 

angOtte  pire.'    Nripporff  an  Metternich.    Badon,  30.  Ju]i  1823. 

'  ,Bei  cliß«or  Gologciiheit  fühle  ich  mich  verpflichtet,  E.  M.  Anch  meinen 
Vortrnp:  vom  15.  .Mai  in  Betreff  des  ztir  Nnchlasspnsch.ift  gehörigen  Prä- 
diimiN  San  Martin')  atif  der  Insel  Elba  ins  ( !eilä«litiii.'<.s  (:'llre^bi^»t^^^^*t  z\i- 
rÜcki^iirulun,  da  die  Fragu,  ob  die  AntfprüchB  doü  Ilurzugs  von  Keich- 
stodt  auf  diese  Besitzung  geltend  gemacht  worden  sollen  oder  nicht,  von 
£.  M.  Enticlieidiiiig  der  Hauptfrage  abhängt.  Aiu  dem  aaliegenden 
Schreiben  des  Grafen  Heipperg  geruhen  AUerhOchatdieaelben  deh  so 
abersei^fen,  daw  L  U.  die  Frau  Erahenogin  sor  Bemhigong  ihres  Oe- 
'«riBBens  eine  Ihilieheidnn^  über  diesen  Pnnkl  wOnsche^  welche  jedoch 
erst  nach  8chlussfas.<;ung  über  die  allgemeine  Frage,  Ton  welcher  dieser 
Punkt  nur  ein  Corrolarium  ist,  erfolg« n  kann.' 

*  Kaiser  Franz.  welcher  im  September  1823  mit  seiner  Torhtnr  .«ich  in 
Wf>ls  Itüfand,  hatt«  mit  di«'«or  einp^'honde  Bosprechungen  über  die  Erb- 
(»cbafUiangelegenheit  {."ptlot^un,  in  BttrctF  derer  Graf  Neipperg  am  S.Sep- 
tember Folg'endes  au  Metternich  schrieb:  ,8.  M.  remperenr,  apr^s  pln- 
sieurs  entreiiens  qu'il  eut  h  ce  sujet  avec  son  augu^te  lille,  uie  tit  vuuir 
liier  dans  son  cabinet,  et  me  dfolara  qu'apr^s  des  mAres  reflösions  U 
croyait  qn*il  serait  pr^f&rable  d*aecepler  le  testament  cum  beneficio  legis 
et  tüTentarü,  qne  d'j  renoneer,  comme  e*ittait  le  prq}et  de  V.  A.  et  Tin- 
tention  de  Madame  rarehidachesse.  V.  A.  senl  quelle  terrible  oeosdqueiiee 
pomrait  avoir  uim-  r^solution  de  cette  uatnre  .  .  .* 

'  friedigt  sich  durch  Meine  Kntsch  Ii  essung  Ober  lliro  VortrSpo  vom 
11.  Homung  und  15.  Mai  1823,  wonach  Sie  auch  die  Marsohaliin  Bes- 
si^res  bescheiden  werden/   BchOnbruuu,  13.  &dpteuiber  1823. 


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99 


XYn.  Capltol. 

Wei.*UTifr  an  Baron  Vincent.  —  Depeache  nach  Parma.  —  Note  Cliateau- 
briaiKl'fj  an  Vincent.  —  Die  fraiixOsiache  Regiernn^  sprirlit  deiu  HerzD^'-o  Ton 
Keichiitadt  das  itocht  ab,  in  Frankreich  eino  Erbschaft  anzutreten,  und  ge- 
statttit  den  Legataren,  »di  uutoroiuander  absofinden.  —  Vortrag  Mettemich'a; 
er  foideit  den  Kairar  auf,  der  ftuniOfliacheu  Begiorung  gogonUber  keine  wel« 
terra  Schritte  mehr  sn  «nteroehmen.  —  Seine  YonehlMge  in  Betreff  dei 
Gniet  Seil  MKrtino.  —  Keieer  Freni  geneliniigt  die  Anafltbmngen  Metter* 
nich'fl,  will  aber  nicht  in  förmlicher  Weiee  auf  die  Erbschaft  Verfiel if  U  isten. 
—  Er  weist  Metternich  an,  Erkundigungen  darüber  einzuziehen,  ob  Napoleon 
niiht  in  Belgien,  Englan«!  oder  Xiirdamerika  irgon<lwokho<<  ViM-mr>(^'fii  ange- 
legt habe.  —  Depeechea  nach  l'aris,  London^  Florenz,  Philadelphia  und 

Parma. 

Indem  Fttnt  Metternich  am  17.  September  den  Botschafter 
in  Paris  von  dieser  kaiserlichen  EntscUiessung  in  Eenntniss 
setste,  hedentete  er  ihm,  dass  es  zweckmässiger  wilre,  sich  in 

tmmittelbare  VerbinrluTi^  mit  Chateaubriand  selbst  m  setzen, 
als  durch  die  VermittlLin^  der  TestamcntsvolJbtrecker  aufgeklärt 
zu  werden.  Weiters  wurdf  iliui  für  den  Fall,  als  Hertrand  und 
Montholon  sich  neuerdings  an  ilin  wenden  sülUen,  ^a-stattet, 
iliuen  die  erhaltene  Depesche  ynitzutheiien,  da  ihr  luhalt  nur 
beweise,  dass  die  Verzögerung  keineswegs  der  österreichischen 
Eegierong,  sondern  vielmehr  ihnen  zugeschrieben  werden  miisste, 
nachdem  sie  nicht  gleich  von  allem  Anfang  an  in  überzeugender 
Weise  vorgegangen  seien.' 

Ans  dem  Verhalten,  welches  sowohl  der  Wiener  Hof,  als 
anch  die  Herzogin  von  Parma  in  Ansehung  des  Testamentes 
Kapoleons  seit  dem  Jahre  18S1  beobachtet  hatten,  ging  das 
deatliehe  Bestreben  henror,  strenge  zu  imterscheiden  zwischen 
der  politischen  Seite  der  Angelegenheit  und  den  dvihrechtlichen 

*  A  S.  le  jninielre  dee  affaires  teangirea  a'^tant  adreeei  direetement  4 
r€foa,  M.  rambassadeur,  par  sa  lettre  dn  SO  mai  demier,  je  croia  anesi 
pliu  oonvenable,  qae  vons  vous  mettres  direetement  en  rapport  k  cet 
Igard  avec  le  ministre  du  roi  pluiftt  4|De  de  provoquer  le«  /«claircisse- 
ments  par  Tintenn^diain!  (1<^  MM.  Ics  exi^cutfuiH  tostamentniros.  Kien 
n'empeche  fhi  rcsto,  rpi»*  ikius  le  ca«  vh  ils  rf [iroduirait-nt  lours  instan- 
cee  personuolle^  yrin  de  V  E.,  Elle  leur  dünne  It-cturo  la  iir<^sente 
d^pSche.  Son  conteuu  Icur  prouvera,  »jue  les  retard««  que  raltuuo  eprouve, 
ae  doivent  paa  nooa  itn  impat^  et  qu'ils  proviennent  de  ce  qae  lenii 
pienüAree  diSmamhee  n*^taieiit  paa  anffiaamment  i^gltioi^*  Metternich 
an  Vinoent   17.  September  1828.  St-A. 


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100 


AneprUclien  des  Herzogs  von  Reichstadt,  und  beides  nicht  za 
verquicken.  Jetzt,  wo  das  Testament  in  allen  seinen  Bestim- 
mtingen vorlag)  hielt  Metternich  um  so  eifriger  an  der  An* 
schanung  fest,  dass  es  in  jedem  Falle  Sache  der  französischen 
Begierung  sei,  Uber  die  von  allen  politischen  Eirwägungen  los> 
geschälte  Frage  eine  Entscheidung  zu  treffen,  sei  es  nun,  dass 
die  Vormundschaft  des  Herzogs  von  Reichstadt  die  letztwilligen 
VtifVi^nininfen  Napoleons  bestätige,  oder  dass  man  dieselben 
ann\iliireii  oder  eine  Uutei'scheidung  zwischen  ihren  gilti^^en 
Bestinnminiren  und  jenen  machen  sollte,  welche  nicht  anerkannt 
werden  dürften. 

Indem  Fürst  Metternich  dem  Botschafter  in  Paris  diese 
Bemerkungen  in  einer  zweiten  Depesche  vom  selben  Tage 
mittheilte/  erklärte  er  ihm,  dass  die  Vormundschaft  des  Her« 
zogs  von  Ixoichstadt  immer  Gefahr  laufen  werde,  die  Interessen 
eines  Minderjährigen  aufs  Spiel  zn  setzen,  so  lange  die  Ange- 
legenheit einer  gesefedichen  Grundlage  entbehre.' 

Metternich  führte  noch  andere  Beweggründe  an,  welche 
seiner  Ansicht  nach  die  französische  Regierung  veranlassen 
konnten,  die  Sache  allen  Ernstes  in  die  Hand  zu  nehmen.  ,Je 
mehr  das  Testament  des  Gefangenen  von  St.  Helena/  schrieb 
er  nach  Pui  i»,  ,sich  als  ein  Aulnif  an  die  Leidenschaften  zei^rt, 
je  mehr  es  darauf  berechnet  ist,  den  Franzosen  die  Restau- 
ration missliebig-  zu  machen,  umsomehr  ist  es  für  das  könig- 
liche Minist<'riuni  von  Wichtijifkeit,  die  Alisicliten,  welehe  dem 
letzten  Willen  des  Gefangenen  von  Öt.  Helena  zu  Grunde  liegen, 
zu  vereiteln  und  den  schädlichen  Eindruck  dadurch  auszn- 
gleichen,  indem  es  alle  jene  schadlos  hält,  welche  ans  rein 
persönlichen  KUcksichten  diesem  Proteste  gegen  die  bestehende 
Ordnung  zustimmen  könnten.' 

Bereits  in  Verona  hatte  Metternich  Gelegenheit  gefonden, 
diese  Anschauungen  dem  Herzoge  von  Montmorency  gegen- 
über zn  llussem,  weshalb  er  kein  Bedenken  trug,  dass  Baron 
Vincent  dem  Grafen  Chateaubriand  die  an  ihn  gerichtete  zweite 
Depeselie  vorweise.  Auch  forderte  er  ihn  auf,  Dr.  Antomarchi 
die  Passe  nach  Wien  zu  verweigern. 

*■  Anhang  35* 

*  Hiabei  bameikte  er  Folgend«:  ,En  toob  parlant  des  intMts  dn  minenr, 
U  s^entend  qne  je  ne  tonche  qne  cenx  qne  le  duc  a  de  oommnn  avee 
tont  hiritier  ab  inteetato;  ce  aont  lee  senl»  qne  nous  lui  reconmdaaons.* 


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101 


Zugleich  mit  der  Depesche  an  Vincent  schickte  Fürst 
Metternich  ein  Schreihon  an  den  Orufen  Neipperg  ab,  in 
welchem  er  ihm  die  diplomatische  Correspondenz,  die  in  der 
Zwischenzeit  über  die  Testnmentsangelegonheit  gefuhrt  wordea 
war,  sammt  den  betreffenden  kaiBcrIichen  Resolutionen  mit- 
theilte. ^  ,Sie  werden  so  gut  sein/  Bchloss  er  seine  Depesche^ 
M.  der  Frau  £raherzogin  diese  TerBcbiedenen  ActenstUcke 
mit  der  Bitte  zu  unterbreiten,  sie  im  Sinne  der  Entscheiditngen 
erwftgen  zu  wollen,  mit  deren  AusfUhmng  der  Kaiser  mich  be* 
auftragt  hat' 

Der  Weisung  des  Staatskanslers  entsprechend,  richtete 

Vincent  am  2.  October  1828  eine  Note  an  den  Minister  des 
At'usiscrn,  worin  er  ihn  um  die  gt: wünschten  Aufkliiriuigen  er- 
suchte.* Graf  Chateaubriand  nahm  aber  dieses  officielle  Schrei- 
ben des  Botöchatters  nicht  in  der  Weise  aul",  wie  man  nach 
seinem  Briefe  vom  20.  Mai  liättc  vermuthen  können.  Er  ent- 
gegnete Vincent^  dass  er  überzeugt  gewesen  sei,  dass  der 
Wiener  Hof  schon  längst  auf  jede  Forderang  Verzicht  geleistet 
habe.  Indem  Chateaubriand  TOigab,  yon  der  Meinung  des 
königlichen  Conseils  nicht  gentigend  unterrichtet  zu  sem,  ver- 
sprach er,  dieselbe  eiDzuholen  und  den  Botschafter  ehestens 
Ton  den  gefassten  Beschlüssen  in  Kenntniss  zu  setzen.' 


'  ,Me  trouvaiit  chargö  \me  les  onlros  de  S.  M.  I.  do  i)'>rter  ü  la  coimaia- 
sance  de  S.  M.  H"*"  la  duchesse  du  Parme  les  ddtcrtuinationa  aux(|uolle4 
«m  »i^iuta  pire  •*e0t  «rrdl6  k  r^lgtrd  dei  äAaaatthm  des  ex^tenn 
lailsaieattireBy  je  ae  rwx  pM  diff^ror  de  tohs  tnuMmetfare»  monsieiir  le 
comte»  oM  diffSftieate»  mfonnatioiifl  d^stiiitei  d*Stre  mites  totu  Im  yenx 
de  Mb*  rmrcbidtiebeMa.*  Mettomich  an  Neippeig.   17.  September  1823. 

'  ,.  .  .  Conformöment  k  re  qtic  V.  A.  m'a  preicnt  par  Ses  döpöcbes  N®  2 
et  3  (Ml  dato  du  17  .s»>|>tombre  dernipr,  j'ni  adress^  k  M.  le  vicomte  de 
Chateaubriand  au  sujet  du  teatatnent  de  Napoleon  Honaparto,  la  lettre 
et  la  nate,  duut  j'oi  Thonni^nr  do  joiudre  ici  nne  copio.  Je  u'ai  pas  ret^u 
josqa'ici  de  rSponse  de  la  part  de  ce  ministre  .  .  Vincent  an  Metter* 
mch.    Paris,  le  11  octobre  18S8. 

*  I.  .  .  n  me  parat  qne  M.  de  Cheteaabiland  n*4lait  pea  mnee  instroit  des 
ditenninatiims  du  oonseil  snr  cet  objet  povr  me  rApondie  avee  qoelquo 
pridsion;  il  m*a  para  qn*U  4tait  persnadi  que  notre  oonr  arait 
renonoi  4  toate  r6elaiiiation  k  cet  o^^ard.  H  i^onta  qaUl  d^sirait  que 
je  lui  remisse  nne  note  sor  Tobjet  dont  je  renais  de  Tentretenir,  et  qu'il 
me  ferait  connattre  ce  <|ne  le  conseil  anr.iit  d^terminÄ  sur  cotti-  affaire.' 
Ibid.  Jedocli  b»^reits  am  Ks.  .Tünnor  liattc.  der  Ministcrrafh  die  Erkl;inin(^ 
«bgegebtm,  dass  die  frauzüsische  Kegieruug  keiueu  Austand  dagegen  er- 


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102 

Am  14.  OctoW  1823  theOte  Vincent  dem  Fürsten  Metter- 
nich diese  Antwort  des  Ministers  mit.  Da  aber  Graf  Chateau- 
briand noch  immer  mit  der  gewünschten  Antwort  jsögerte,  sah 
^lettcrnich  sich  veranlasst,  dem  Freilierrn  von  Vincent  in  einer 
Depesche  vom  18.  März  1824  eine  Beti'eibung  der  Angelegen- 
heit aufzutragen.^  Nachdem  dieses  Schreiben  nnch  dem  fran- 
zösischen  ^Tinistcrium  vorgelegt  werden  sollte,*  fertigte  er 
gleichzeitig  ein  sweites  an  Vincent  $h,  in  welchem  er  dch 
folgendermassen  ftnsserte:  ^Wir  erachten  es  am  so  noüiwen' 
diger,  das8  wir  von  Seite  der  französisclien  Regierung  eine 
bestimmte  Erklämng  erhalten,  welche  die  Vormundschaft  des 
Prinzen  in  die  Lage  setzt,  sich  fÖr  die  Annahme  oder  die  Aus- 
schlagung der  Erbschaft  zu  entselieideu,  als  sonst  leicht  der 
Fall  eintreten  könnte,  dass  man  ohne  eine  solche  alle  Verein- 
barungen der  Testamentsvollstrecker  und  Scliit'darichter  in 
BetreflF  der  Hinterlassenschaft  für  null  und  mchtig  befinden 
und  verwerfen  würde.  Die  französische  Regierung,  welche  mit 
aller  Rücksicht  vorgelien  will,  die  jedoch  auch  wir  zu  beob- 
achten beflissen  sind,  hat  das  löbliche  Bestrebeni  die  Regelong 
der  Erhschaftsangelegenheit  in  der  Weise  zu  yermittehiy  dass 
sie  alle  Legatare  gleichmtlssig  befriedige  und  den  Scandal  einer 
öffentlichen  GerichtSTcrhandlung  vermeide.  Sie  möge  aber  dabei 
anch  die  Vormundschaft  berücksichtigen,  welche  sich  keines- 
wegs von  den  allgemein  geltenden  GrundsUtzen  lici  machcu 
darf,  die  zum  Schutze  der  Eigenlhumsrechte  eines  Minder- 
jährigen aufgestellt  sind.  Diese  Bemerkungen  können  Sie  ohne- 

hebo,  die  Gläubiger  Napoleons  aus  den  bei  Laßtte  deponirten  Oelderu 
bezahlt  zu  machen.  Ent  ans  einem  Memoirf»,  weldies  ihm  Graf  Mon- 
fholon  im  April  1825  Ubencbickte,  weSoht  Mettenüeih  von  dieeem  Be> 
schluMe. 

^  ,M.  le  coute  de  Chateanbriand  tous  arait  prdrenn  verbalemeDti  qii*il 
derait  conralter  le  eonaeil  snr  cet  objet  arant  de  voos  fiüre  puser  nsie 

r^ponse,  mais  votre  Correspondancef  M.  rambaasadeur,  ne  nrnyant  defniit 
lora  fourni  ancuno  trace  de  cette  affaire,  les  ordre»  de  8.  M.  1.  me  font 
nn  df>vnir  de  rons  In  raj^poler  Pt  d<»  vons  invitor  k  faire  une  dömarehc 
iurativu  auprcä  du  ministere  des  affaires  ötran^ree.'  Metternich  an 
ViiKCMit.  18.  Mürz  1824. 
*  ,Ed  rappelaut  k  M.  le  cointe  de  Chateaubriand  la  promesse  qnil  voas 
avait  faite  de  vona  faire  connattre  k  cet  les  r^alutloiis  du  oonaeU, 

auqael  il  Tonlait  en  rAfi&ier,  il  ae  ponrra  qn*6tre  utile  qne  vona  Ini  re* 
metties  nne  oopie  de  1a  d^pdche  qal  pr^Me  la  pr&ente.*  R^rvte. 
Metternich  an  Yinoent.    18.  Mirx  1884. 


103 


weite»  wmobl  dem  fransfieiachen  MimBteriaiiiy  als  aaeb  den 
TaStBieiitsTollstreckern  zu  verstehen  geben.' 

In  zwei  Berichten  vom  8.  und  27.  April  zeigte  Vincent 
dem  Fürston  ^rettemich  an,  dass  er  zwar  die  officielle  Antwort 
der  frar./.  M-ehen  Kegierung  imverzü^rH^'h  erwarte,  jedocli  nach 
den  vorläuhgea  Aeusserungen  Chateaubriaud's  vermuthe,  dieser 
werde  sich  darin  auf  die  von  ganz  Europa  gegen  Kapoleon 
Banaparte  verhängte  Achtserklärung  berufen^  tun  dem  Herzoge 
m  Eeichstadt  jedes  Recht  auf  den  Nachläse  und  dem  Veiv 
stofbenen  selbst  die  Befngniss  einer  letztwilligen  Verordnung 
absnspreeben. ' 

Eine  Note  Chateaubriand's  Tom  30.  April  rechtfertigte  in 
der  That  die  Voraussetzung  Vincent*8.   Dieser  schickte  sie, 

ohne  sie  vurlicr  beantwortet  zu  haben,  am  8.  Mai  au  den 
Staatskanzler.  * 

In  nicht  mi.ss/AiverstflH  iuh'r  Weise  kcnn/.eichnete  sie  die 
Stellung  der  Irauzüsiselien  Kegieruug  zu  der  Verlassenschafts- 
itage,  indem  sie  Ludwig  XVIU.  das  Kecht  zusprach,  Alles, 
was  Napoleon  der  Usurpator  erworben,  als  sein  Eigenthum  zu 
fordern;  er  wäre  berechtigt  gewesen,  sich  mit  Ausschliessung 
der  Legatare  und  des  Elrben  aller  in  Frankreich  deponirfcen 
Gelder  zu  bemüchtigen,  welche  zu  der  Verlassenschaft  Napo- 
leons gehörten.  Wenn  der  König  dieses  Recht  nicht  ausgeübt 
und  gestattet  habe,  dass  die  Legatare  untereinander  sich  ver- 
gleichen sollten,  so  sei  er  nur  von  der  Absicht  }4"o]citet  worden, 
dem  Aerf?ernisse  einer  ötrentlielien  GerichtsverliandUuig  über 
Fragen  auäzuweichen,  weiche  die  Vorgänge  der  Usurpation  so 


'  i. . .  tt  n*a  |»ani  qw  le  gouTeraeinent  Fnui^aii  ohereheia  k  diablir  qoe 

U  Position  de  Napol<^ou  Bonaparfee,  comiud  ayant  oncouru  lo  bnn  do 
i'Europe,  intordit  k  sea  hdritiers  touto  e«p<^ce  do  r^clamation  k  §on  höri* 
t^pp  pt  k  lai  niisme  tonte  fanilt/'  dV'ii  dispnsnr,  mais  j(*  vonx  paa 
gär&Qtir  toute  fois  <{uü  cette  n[iinioii  nnit  bi*Mi  r<k-llumeiit  celle  du  goa- 
TWaement.'    Vincent  an  Metternich,    Paris,  I»»  H  Hvril  1824. 

,Le  ministire  Fran^aia  ue  iu'a,yaut  paj»  fimriii  juüqu'ici  les  ^clair- 
tivements  t^ue,  dam  Taffaire  du  testament  de  Bonaparte,  j'avaia  6t6  chargd 
de  Ini  demander,  je  n*ai  c«m6  de  lappelw  cet  olget  k  H.  de  Chateaa- 
^riand,  mU  rerbalemeiit,  soH  par  6cfli  Ce  ii*eftt  qne  depuU  peu  de  jonre 
^  je  Iiis  qn^on  eet  occnpd  k  wm  minutfiie  k  me  procnrer  lee  expli- 
ti&tm  demand^  par  la  tntelle  de  Mpr.  le  dac  de  Beidutadt  .  .  .* 
Viucent  an  MeUenüch.  Paria»  le  87  avril  1824. 
*  Anhang  SS. 


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104 


nahe  berührten.  Wenn  die  französische  Repeninff  das  Ton  den 
Testamentsvollstreckern  an  die  Vurmandschalt  des  Herzogs  von 
Keiehstadt  ^'eriehtete  Ersuchen  um  Verzit  tiilristiing  auf  den 
väterhchen  Erbtlieil  unterstützt  habe,  so  sei  dieses  in  der  Vor- 
aussicht geschehen,  der  Wiener  Hof  werde  die  Verzichtleistung 
als  eine  blosse  Formsache  ansehen.  Bei  nftherer  Prüfung  habe 
sich  aber  die  französische  Regierung  tiberzeugt,  dasB  der  Her- 
zog Ton  Reichstadt  auf  Grund  des  AmneBtiegOBetzeB  vom 
12.  Jänner  1816^  von  der  Erbschaft  ansgeschlossen  sei.  Der 
Anspruch,  welchen  ihm  der  Code  Napoleon  in  Betreff  der 
Hälfte  des  Täterlichen  NachUsses  einräume,  sei  null  und  nichtig 
und  also  die  Verzichtleistung  durchaus  überflüssig. 

Indem  Chateaubriand  dem  Baron  Vincent  dieses  als  die 
Meintmg  des  Conseils  eröffnete,  sprach  er  sich  aber  nicht  dar- 
über aus,  was  die  französische  Regierung  eigentlich  in  Betreff 
der  den  Legataren  und  dem  Herzoge  von  Reichstadt  vorbe- 
hftltenen  Antheile  an  dem  Nachlasse  Napoleons  zu  verfügen 
gedenke.  Nicht  mit  Unrecht  machte  Vincent  in  seinem  Be- 
richte, welchem  die  Note  Chateaubriand's  beilag,  den  Staats- 
kanzler  darauf  aufmerksam,  dass  das  firansOsische  Ministeriiim 
mit  sich  selbst  in  Widerspruch  geratfaen  sei,  indem  es  die 
froher  so  dringlichst  angesuchte  Yerzichtleistung  nunmehr  als 
eine  blosse  Formsache  darstelle. 

Am  7.  September  1824  unterbreitete  Fürst  Metternich 
dem  Kaiser  die  letzten  Berielite  Vincent's  und  die  ihnen  vor- 
ausgegangenen Weisungen.  Den  Umstand,  dass  Chateaubriand 
sich  nicht  weiter  über  die  Absichten  seiner  Kegierung  erklärt, 
und  auch  die  Testamentsvollstrecker  keinen  Schritt  mehr  bei 
dem  Botschafter  unternommen  hatten,  glaubte  Metternich  nur 

^  Eine  Broschüre,  betitelt:  ,Loi  relative  k  Tiimnevtie  du  12  janvier  1816 
suivie  de  Tappel  nnmin.'il  fait  dans  la  s(?ance  permanente  de  la  Conven- 
tion nationale  dos  1(5  et  17  janvier  1793*  lag  der  Note  Chateaubriand's 
bpi.  Der  Paragraph  iV,  auf  wclrbon  «sich  rlir'Rer  bernft,  latitet  folgender- 
lUHMHua;  ,Les  aficendantt»  et  desceudaut«  de  Napoleon  Bonaparte,  ses 
oncles  et  »es  tantes,  ses  neveux  et  »es  ni^-ce«,  »es  fr^res.  leurs  femnics 
et  leiirs  descendanta,  ses  soüurs  et  leurs  luariti,  sunt  exclus  du  royauuie 
k  perp^tuitft  et  sont  tenne  d*eii  sortir  daiu  le  d^lM  d'mi  moifl,  wmu  Ia 
peine  porige  per  Tartide  91  da  eode  pönal.  lU  ne  pourront  j  joair 
d*atteun  droit  dvil,  y  possMer  ancon  bien,  tttres,  penaions,  &  eoz  aeeofdte 
k  titre  gratnit;  et  Iis  seront  teitiia  de  vendre,  daaa  le  dilai  de  alz  moia, 
lea  biena  de  toute  natnre  qa'ila  poaeMaient  k  titre  onörenx.* 


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105 


dahin  auslegen  zu  dttrfen,  ,al8  die  frauzösische  Regierung  es 
den  Legataren  fortan  gestatten  wende,  sich  untereinander  aus- 
KUf^leichen*.  Indem  er  ferner  annahm,  dass  die  französische 
Kegierung  eine  Rechtfertigung  ihres  Verhaltens  in  jenen  Be- 
sümmongeii  des  Code  Kapol^u  za  finden  glaube,  in  welchen  es 
dem  Monarchen  vorbehalten  sei,  Uber  das  Vermögen  einf  s  Ver- 
ulheilten  zu  verfUgen,^  bemerkte  er  Folgendes:  ,Es  ist  nicht 
zu  zweifeln^  dass  das  franaOsische  Ministeriam  diesen  Umstand 
benutzen  werde,  um  einen  ausgedehnteren  Einflnss  auf  die  Ver^ 
Isssensehaftsangelegenheit  Kapoleons  zu  nehmen,  und  man  kann 
es  sich  aach  nicht  yerfaehlen,  dass  es  durch  das  dermalen  an- 
genommene  System  mehr  im  eigenen  Interesse  handle,  indem 
die  Legatare  nun  dasjenige,  was  sie  von  den  in  Frankreich 
deponirten  Geldern  Bonaparte's  erhalten  werden,  als  durch  die 
Gnade  des  Küni^^s  empfan^^en  ansehen  niüssen,  während  sie  es 
sonst  einer  Wirkung  des  Verzichtes  des  Erben  und  somit  dessen 
Grossmuth  zugeschrieben  hätten/ 

Nochmals  gab  Fürst  Metternich  sein  Gutachten  dahin  ab, 
dass  der  Kaiser  keine  weiteren  Schritte  unternehmen  m(^e. 
,In8ofeme  sich  nichts'  gab  er  ihm  zu  erwägen,  ,noch  neue  die 
Lage  des  Geschäftes  ändernde  Umstände  oder  Thatsachen 
offenbaren  sollten,  wäre  es  für  das  Ansehen  £.  M.  compromii- 
lirend  und  für  die  Interessen  des  Herzogs  von  Reichstadt  ganz 
ohne  Nutzen,  Uber  diesen  Gegenstand  eine  eifolgloee  Verhand- 
lung  mit  der  französischen  Regierang  fortzusetzen/ 

Kaiser  Franz  erklärte  sich  mit  den  Ausführungen  Metter- 
nichs  einver^standen.  Indem  er  aber  hinsichtlich  des  in  Frank- 
reich befindhchen  Vermögens  Napoleons  das  gelten  licss,  was 
die  Regierung  Ludwigs  XVIIT.  dem  kaiserhchen  Botscliafter 
eröffnet  hatte,  trn^^  er  dem  Staatskanzler  auf,  jedes  von  Seite 
Frankreichs  oder  der  Testamentsvollstrecker  gestellte  Ansinnen, 
dass  die  Vormundschaft  auf  die  Hinterlassenschaft  Verzicht 
leiste,  mit  Entschiedenheit  zurückzuweisen.  Weiters  befahl  er 
ibm,  Erkundigungen  darüber  einzuziehen,  ob  Napoleon  Bona- 
psrte  nicht  auch  in  England,  Belgien  oder  in  Nordamerika 
iigendwelches  Vermögen  deponirt  habe,  da  er  entschlossen  sei, 
^  Rechte  seines  Enkels  auf  ein  solches  geltend  zu  machen.' 

*  $.  25  and  §.  33  des  Code  Napol6oQ. 

*  ,Da  der  französische  Hof  in  seiner  Note  vom  30.  April  1824  die  Bplinnp- 
Umg  anfiteUet,  dass  Napoleon  Boaaparte  bei  seinem  Todesfälle  keia  Ver- 


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iüö 


Ein  weiterer  Gegenstand  des  Vortrages  betraf  Sm  Ma^ 
tino.  Indem  Metteniich  auf  daB  GodiciU  Yerwies^  worin  der 
ansdrückliche  Wiuuch  Napoleons  ansgesprocben  war,  daas  die 
FttTBtin  Boigbeae  in  den  Beaitas  dieses  Gutes  trete,^  machte  er 
den  Kaiser  darauf  admerksam,  ,dass  der  Herzog  von  Reich- 
städt demzufolge  diese  Villa  nicht  anders  zu  revindiciren  suchen 
konnte,  als  indem  er  sich  gegen  den  förmlich  ansgesproehenen 
Willen  seines  Vaters  erklärtet 

Für  den  Fall,  als  der  Kaisei  hich  auch  tlatllr  entscheiden 
und  es  dorn  ]*nnzen  «gelingen  sollte,  in  Toscana  als  Erbe  Napo- 
leons anerkannt  zu  werden,  beantrajijrte  der  Staatskanzler,  wel- 
cher eine  Verzichtleistun}^  vorg"ezof:^en  liiitte,  eine  Krbserklärung 
Toa  Seite  der  Vormundschaft  nur  cum  heneücio  inventarii.^ 


mfigt'ii  in  Frankreich  mehr  rechtmSflaig  besitzen  konnte  und  er  somit 
über  (las  in  FrankrcicVi  befindliche  Vermfij.'-cn  <n\t\^  nicht  disponirea 
konnte,  so  haben  .Sie  jedo  von  Mir  iiHiiicns  Meines  Eukeb,  des  Herzogs 
von  lieicUjiUult,  sei  es  nun  von  der  l'ranzöüiächen  Regioning  oder  den 
Testamcntsexecutoren  gefordert  werdende  Erklärung,  wodurch  ein  Ver- 
sieht auf  die  Titerliche  Erbiohaft  geleistet  oder  die  Erbrechte  deuelbeo 
nur  im  IGndeileii  beaiwtlndet  oder  verletiet  werden  könnten,  anli  fae- 
stunmteBte  hindan  su  weiaen.  Uebrigena  weiden  fite  Meinem  Oeuuidten 
am  englischen  Hofe  nnd  am  niederllndiachen  Hofe  nnd  Meinen  General- 
consul  bei  den  nordamorikanischen  Staaten  anftmgeu,  falls  sich  noch 
oin  dem  Napoleon  Bonaparte  ^ehfJriges  VernWif,'en  in  dicsRn  Staaten  ent- 
decken sollte,  die  Erlirechte  des  Herzogs  von  Heichstadt  unverzüglicb 
zu  verwahren.'  Wien,  1.  Februar  1826. 
»  Vergl,  Auhang  28. 

'  ,Wenn  es  dem  Herrn  Herzog  von  Reichstädt  gelange,  in  Toscan*  wegen 
der  Yilla  San  llartino  die  Stgensehaft  eines  Erben  Napoleons  wirklich 
geltend  na  machen,  so  ist  mit  Qmnd  su  besorgen,  dass  er  nicht  Mos  die 
etwa  anf  dieser  Rttalitit  haltenden  Schulden  llbemehmen  mflsste,  sondern 
dass  er  als  anerkannter  Erbe  in  Toscana,  wenngleich  in  Fra7Vk  reich  von 
der  Erbschaft  ausgesdilossen,  wegen  eines  vielleicht  geringfügigen  Ob- 
jertcs  den  Behelligiing'en  der  Lffratare  und  Peni«ionisten  Naj)oleon«?  nnd 
aller  Jyuer,  welche  Fordenin^^en  an  ihn  z«  haben  glauben,  ausgiasetzt 
bliebe.  Dief»e  Betrachtung:en  stheinen  niir  wiehtif^  frennpf,  mn  die  unma^s- 
gebliche  Meinung  darauf  zu  griindeii,  da^is  iuBuferne  E.  M.  wegen  der 
in  der  Sache  eintretenden  Bedanken  und  UnankOmmlichkeiten  nicht  etwa 
gerathener  finden  sollten,  auch  Ton  dieser  Ecbsreclamation  abausehen, 
es  dennoch  vor  Einleitong  irgendeines  Sdirlttes  nothwendig  sein  dOrfte, 
genanere  Erkundigungen  fiber  den  eigmitUchen  Werth  dieser  Bealitit 
nnd  ttber  die  etwa  darauf  haftenden  FMsiven  einzuziehen,  um  darnach 
ermessen  su  kOnnen,  ob  das  Object  es  auch  lohnen  würde,  sich  den  mit 
dessen  Bevindicirung  Torbundenen  öchwiengkeiten  auflaosetaen,  und  dass 


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107 


Kaiser  Franz  yerwies  anf  seine  Entschfiesming  Tom  IS.  Sep- 
tember 1823  und  erklärte  sicli  nur  insoweit  damit  cinverstaiulen, 
dass  der  Herzog  von  Reichstädt  die  Erbschaft  unter  dem  von 
Metternich  vorgeBcblageneu  \  ui  bt  liaite  antrete,  als  Na})oleon 
Bonaparte  über  dieses  Gut  weder  anderweitig  giltig  verfiijL^t, 
noch  solche  Bestimmungen  getroffen  habe,  welche  es  zum 
Schaden  des  Erben  belasteten.  Darüber  milsste  aber  die  gross- 
herzogliche  Regierung  entscheiden,  und  ihrem  Scfaiedssprache 
hAtte  sich  alsdann  der  Herzog  von  Reichstadt  zu  unterwerfen. 
Indem  Franz  L  am  1.  Febniar  1825  den  Staatskanzler  ron 
dieser  seiner  fintscUiessang  in  Kenntniss  setste,  trog  er  ihm 
gleichseitig  auf,  aneh  die  Herzogin  davon  sa  benachrichtigen.^ 

Der  Weisung  des  Kaisers  entsprechend,  welcher  in  seiner 
strengen  Gerechtigkeitsliebe  sich  nicht  im  Namen  seines  Enkels 
der  Ansprüche  desselben  auf  den  Nachlass  Napoleons  beg^eben 
wollte  ,  ging  Metternich  nunmehr  daran,  die  Depescln  an  die 
Verü-eter  des  österreichischen  Hofes  in  Paris,  London,  Parma, 
Florenz,  Brnssel  nnd  riHl;i»^-1]>liiii  abzufertigen. 

Die  erste  war  an  Baron  V  incent  «xerichtet  und  forderte 
diesen  auf,  jeden  Schritt  auf  das  jSorgtältigste  zu  vermeiden, 
welcher  die  französische  Regierung  oder  die  Testamentsvoll- 
strecker am  der  Annahme  bereehtigen  könnte,  dass  der  Herzog 
von  Reichstädt  auf  die  Erbschaft  Verzicht  leiste.  Um  jedem 
Missverständnisse  vorzubeugen^  wies  er  den  Botschafter  tai, 

«•  in  jedem  Falle  »weckafarig  adMin«,  aveli  diMsn  Tbeil  dM  Neohlswee 

Napole<Mis  ntur  cuin  benttfieio  Iflgis  et  inventarii  anzusprechen,  um  das 
Interesse  des  Herrn  Herzogs  von  Reichstädt  keinor  GfiflUlfdliag  aoiia* 

setzen.*    Vortrag  ddo.  7.  September  1824.  St.-A. 
'  ,Was  die  unter  der  t<«s<-;inischen  Re^iemn«?  befindliche  Domäne  Nfnr- 
tinn  betrifft,  sn  ist  bierwe^en  Meiiio  Ent.schlifs.Hiiiijr  vr>m  Bepteuiber 
lä2'{  oren.'iii  III  Vollzug  zu.  üotzou  uuü  Mir  von  dem  Erfulgo  die  Anzeige 
SU  erstatten.  Jedoch  will  Ich,  daas  sich  namens  des  Herzogs  von  Beich- 
Kadt  nvr  cum  ben«lifiio  legis  «k  iiiTentarii  m  der  in  ToMana  beflndlichea 
'Srbsehalt  dea  Napoleon  BonafMirte  und  daher  andi  so  dam  Dominium 
flan  Martino  arlMerklirt  weido,  ond  weoii  ein  geeetalieh  nnd  ^iUig  er- 
kttrter  letetar  Wille  Mi^Ktleons  mit  diesem  Dominio  eine  andere  Die- 
Petition  getroffen  hat  oder  die  firbschaft  durch  andere  giltige  Disposi- 
tionen Bonaparte's  anderwptti^  prschnpft  .«ein  f?ollto,  Über  welche  alle 
Punkte  lediplich  '?or  toscanist'hf>n  Reg^ioriuifj  die  Eiitsehc'idting:  ztistcht, 
Mein  Enkel  .sicli  (üeser  Eutscheuiung'  zn  füg^cn  Imhc.  Von  dieser  Meiner 
Eiitächlit^uug  werden  Sie  der  Frau  Uurzogin  von  Farma  Majestät  um- 
ständlich Nachricht  geben.'    Wien,  den  1.  Februar  1825. 


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108 


dem  einen  oder  anderen  Mandatar  Kapoleons  zu  eröffnen,  dass 

er  ausdrücklichen  Befehl  habe,  keine  wie  immer  j^eartete  Er- 
klärung abzugeben,  welche  die  Erbrechte  des  Prinzen  nur  im 
Geringsten  gefälirden  würde.  Da  Mettemicli  viel  daran  gelegen 
war,  die  eigentliche  Veranlassung  zu  kennen,  weshalb  die 
französische  Regierung  in  der  letzten  Zeit  ein  anderes  Ver- 
halten als  früher  zur  Schau  trug,  forderte  er  Vincent  auf,  auch 
dieses  in  £rfahnmg  zu  bringen  und  die  Testamentsvollstrecker 
ftasarafoTBchen,  ob  es  nicht  etwa  auf  eine  Verabredung  zwischen 
dem  Ministerium  und  den  Legataren  zurdckzuAUiren  sei.^ 

'  iD'aprte  catte  r^latUm  sonTerainA  rom  reoonnaisse/,  M.  rambaflsadeiir, 

fjne  nons  rlevons  nous  abstenir  soigneusement  dv.  tuutc,  rf'-pouse  ou 
marche  <jui  füt  suseejitiblo  d'etre  int«rprüt6e  cnnune  im  ;ute  de  renon- 
ciatiou  de  S.  A.  S.  le  Duc  de  Ht-ichstadt  ou  de  la  tutelle  d«a  ce  princo  k 
B68  droits  ä  la  succession  de  »tun  pöre.  .  .  .  II  ne  sera  tonte  fois  pas  wins 
utilit^,  B'il  De  pr^nte  jt  V.  E.  tone  occasiou  natarelle  de  parier  k  Vvm 
Ott  k  rmtre  des  troU  extenteurs  de  le»  privenir  verbslement,  qae  tooi 
ayes  re^a  Tordre  de  voos  abstenir  de  toat  sete  de  reaoiidation  oo  d'antre 
dteUniion  qni  püt  pr^ndieier  aux  droits  de  rb^ritier  nstnrel.  .  .  . 
Vous  aurez  peat^tre  roecesion  d'apprendre  d'eux  si  la  Variation  de  coth- 
duite  qui  s'est  manifcstAe  en  dernier  lieu  dans  le  minist^re  fran^Aia  rela- 
tivement  h  r.itTjiire  du  testanient,  n'a  pns  5t4  concert^e  entre  les  person- 
nes  intäre.ssües  ü  rac-compUasemeiit  des  legs  et  le  goavememeut.* 
10.  Februar  1825.  St.-A. 

Obwohl  Metternich  es  als  sicher  voraussetzte,  dams  den  Testamcnts- 
▼ollstreckem  die  Kote  ChateBnbrisod*s  yom  80.  April  mitgetbeÜt  weid 
and  es  deshalb  IBr  aawalursdieiaUeb  hielt»  dass  sie  sieb  neuerdings  mit 
dem  Ersnehea  an  den  Betsehafter  wenden  wflrden,  dass  die  Hsnogin 
Ton  Parma  das  Testament  anerkennen  mSge»  so  glaubte  er  doch,  ftr 
den  Fall,  als  dies  geschehen  sollte,  die  Vorsicht  nicht  ausser  Acht  lassen 
zu  dürfen,  Vincent  auf  die  gelegentlich  seines  Verkehres  mit  den  Testa- 
mentsvollstreckern zu  bpohachtendon  Ftlrmlicbkelton  ntifmerksam  zu 
macheu.  Deshalb  trup  er  ihm  auf,  jodo  an  ihn,  ob  mündlich  oder  schrift- 
lich gestellte  Aufrage  in  der  gleichou  Wei.so  zu  erwidern:  ,Comme  de- 
puis  assez  longtemps  les  exöcuteurs  testameutaires  out  cessd  de  reuuu- 
▼eler  lenrs  instances  ponr  que  8.  M.  M^s  rarebiducfaesse  Marie  Louise 
de  Parme  donnftt  son  aequiescemmt  k  rezieotion  des  dispontions  de 
demiire  TolontA  de  Bonapaite,  il  7  a  d'antant  moins  lien  de  croire 
qn*ils  reviennent  k  la  cbaii^  quHl  n*est  gnire  doutenz  qu'ils  auront  inA 
instruits  dans  1c  temps  de  la  teneur  de  la  r^ponse  du  gouvemement 
fran^ais  du  30  avril  1824.  Si  cependant  une  teile  demande  dtait  r^pro- 
duite  par  MM.  les  ex^cuteurs  testaniontaires  ou  de  totite  autre  part,  V.  E. 
ne  pourrait  se  dispenser  d'y  r^pondre  dans  le  seus  j>rosirit  par  le  pas- 
tiage  de  la  r^solution  ci-dessoas  transcrit.  II  s'entiiud  que  dans  cette 
hypotb^  V.  E.  reglerait  aussi  du  cöt«  de  la  fonae,  ha  reponse  sur  la 


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109 


Weiten  theOte  er  ibm  die  kaiserliche  EntachHessuDg  in 

Betreif  des  Gutes  San  Martino  mit.^ 

Diese  Angelegenheit  war  Gegenstand  einer  Depesche, 
welche  Metternich  am  17.  Februar  1825  an  den  Gesandten  in 
Florenz  richtete.  Er  leiste  seinem  Schreiben  den  Entwurf  einer 
Note  bei,  welche  Grat  Bombelles  ergänzen  und  der  grossherzog- 
Üehen  Regierung  yorlegen  sollte.^ 

Den  Ministem  in  Brüssel^  London,  und  dem  General- 
oodsdI  in  New-York  hingegen  trug  Metternich  «m  27.  Februar 
nfäf  Erkundtgungen  duttber  einsoziehen,  ob  ausser  dem  in 
dem  Testamente  und  in  den  CodiciUen  angegebenen  Vermögen 
noch  ein  anderes  vorhanden  sei,  über  welches  Napoleon  Bona- 
parte  im  Augenblicke  seines  Todes  habe  verfügen  können.  In 
diesem  Falle  hätten  sie  ohne  Verzug  bei  den  massgebenden 
Beliurden  die  erforderlichen  Schritte  einzuleiten,  um  es  fUr  den 
Herzog  von  Reichstadt  sicherzustellen.^ 

denunde  qui  Lni  aendt  adreMte^  c^eat  k  dtre  qa*elle  8e  bonierait  k  nn« 
eq»lieati<m  verbale  cliaqne  foi«  qae  1a  qnestlon  Lni  en  aenit  fiito  ww- 
balemeol»  et  qoe  a  «Ue  Lni  telt  adreisto  par  iaii,  BUa  j  ripondrait 
de  mime.  Cetto  pi^oantk»  aerait  afecmaite  poor  qae  le  tileaee  aar  ane 
p«reille  Interpellation  pour  toit  na  pniiae  itre  intOfpr^tA  oontre  lea  in« 
t^rets  da  mineur/  Zbidem. 
'  JEntr'atitros  notions  qne  vons  y  pnisercz  M.  rambas.sadonr,  vous  y  re- 
contudtrez  de  qnrllf  maniere  la  tuteile  <lo  8.  A.  8.  le  duc  <lo  H>>icl)«tjidt 
entend  cjne  Tou  lasse  valoir  lea  droit.s  de  ee  prince  sur  le  domuine  de 
Sau  Martino,  qne  Napoleon  Booaparte  avait  acquis  k  titre  particuUer 
dans  rUe  d*Elbe.'  Ibidem. 

*  J>BDB  eet  ötat  de  choaes  je  doia  vona  isTiter,  Ii.  le  comte,  k  domier 
mite  k  bt  riaolntion  de  8.  M.  remperenr  en  ee  qn*elle  coneeme  lea  par- 
tiea  de  l*fadiiti^  de  Napolten  Benaparte  aitndea  en  Toaeane,  et  je  penae 
«jne  nona  ne  pouTona  mienx  femplier  lea  intentiona  de  8.  M.  L  qa*en 
meliTaat  noe  d^maielifla  prda  le  goavernement  ^and-dacal  sur  les  prin- 
dpea  mime«  anxqnels  la  tutelle  de  8.  A.  S.  le  dac  de  Reichstadt  a 
«ppuT^  ses  dtV-isions.  C'est  dans  ce  sens  qne  ponrrnit  ^tre  r^dip6  l'nftiro 
a  pr«^»eiiter  ü  la  t-our  de  Florenco  dans  lequel  il  sorait  hon  df>  •  iire 
i'Tiirur  les  nl()ti^"^<  indiqti(*s  dans  lo  projet  ci-joint  qae  vons  voudrez  bien 
du  roste  adaptt*r  u  Tetat  actuel  de«  choses  et  modifier  snivant  les  inci- 
dents  qui  peuvent  6tre  surveuaa  depuis  votre  deruier  rapport  en  d&te  du 
W  avrU  17.  Febmar  1896.  St-A. 

*  iS.  IL  remperenr  oonune  atenl  matornel  et  tnteor  de  8.  A.  8.  le  dac  de 
Beiehatadt  m*a  diaigi  de  donnw  nne  inatmctien  aavoir,  que  dana  le  eaa 
o&  Ton  dieonvitt  qn*il  j  eftt  en  Angleteire,  ans  Pa7a>Baa  en  anx  £tati 
Unu  des  biena  partieolien,  dea  eapitanx  appaxtenants  h  ThMtage  de 
Kapolöon  Bonaparte»  lea  miariona  reapectivea  anraient  4  faire  aana  retard 


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110 


An  demselben  Tage  gab  Fürst  Metternicli  dem  Graten 
Neipperg  ausführliche  Mittheilungen  von  dem  bisherigen  Ver- 
laufe der  Testamentsangeiegenheit  und  sendete  ihm  in  Abschrift 
alle  AetenstUcke,  welche  sich  auf  dieselbe  bezogen.  Indem  er 
ihn  aufforderte,  seine  Depesche  der  Herzogin  von  Parma  vor- 
znlegen,  richtete  er  auch  an  ihn  die  Mahnung,  Alles  zu  ver^ 
meiden,  was  als  eine  Verzichtleistung  des  Herzogs  von  Reich- 
stadt auf  die  Verlassensehalt  seines  Vaters  ausgelegt  werden 
könnte.^ 

Als  Marie  Louise  die  Note  Chateaubriand's  vom  80.  Aprä 

1824  gelesen  hatte,  war  sie  nichts  weniger  als  ungehalten  dar- 
über, tlass  die  französisehe  Regierung  ihrem  Soline  jedes  Heclit 
absprach,  das  in  Frankreich  liegende  Vermügen  seines  Vaters 
zu  erben.  Sie  glaubte^  dass  die  Testamentsangeiegenheit  nun 
endgiltig  abgeschlossen  sei  und  es  den  Vollstreckern  anheim- 
gestellt bleiben  sollte,  sich  mit  den  Legataren  abzufinden.  Sie 
ermangelte  nicht,  dem  Fürsten  Metternich  ihre  Befriedigung 
darüber  zu  erkennen  zu  geben.' 

I68  dteiarebM  reqnisM  ptte  Im  aixtoritft  oomp^tentes  ponr  «wnrer  au 
moyeii  de  s^aettre  on  d^mtre«  actet  oonaemitoirM  las  r£claiiutti<nia  qoe 
la  tntolle  da  dne  de  BeiehBtadt  fen  eninito  valoir  avr  Im  dit»  biens 

particulicrs  on  capitaux,  on  foudnnt  rette  demande  8itr  ce  qito  In  droit 

du  duc  de  }{«  ictiHt.iilt  de  succ^der  k  de  tels  "b'ieuH  ne  peiit  etre  mis  en 
douto  et  quo  S.  M.  l'emporenr  en  m  qualit^  de  tuteur  iie  se  reconnait 
pas  le  pouvoir  de  renoncer  aux  droits  appartenant  h  titre  particulior  k 
Bon  petit-fiU.'  An  Esterbazy,  Mier  und  Lederer.  Wien,  27.  Februar 
1825.  St.-A. 

*  ,Aprds  «vdr  rendn  an  eoauf^  «xaet  &  8.  H  H"«  PafeUdueheMW  de  Tdiat 
actnel  de  oetto  affain,  il  ne  me  reste  qu'4  la  temüner  par  mie  obaer* 
vation  gAndrale  aavoir,  qn^il  rtenlte  de  TeiMeinble  des  r^lutioiii  aux- 
quelles  8.  M.  rempeienr  s*est  anrM^  qn*!!  est  dana  sei  intentions  qne 
Ton  i^abftienne  soif^eusemeat  de  tonte  Wipome  en  dSmarche  qui  (ut 
susceptible  d'etre  iuterprßtie  comme  pr<^?nppo9ant  im  acte  do  rtMionciation 
do  Mgr,  le  Duc  de  RoidistAdt  a  l'lu'riüifre  particuiier  de  soii  pere.  Je 
ne  puin  qu'inviter  V.  £.  k  mettre  cet«  diverses  notions  sous  les  jeux  de 
Miuc  la  duchesse  de  Parme.'    27.  Februar  1826.  St.-A. 

'  ,.  •  •  S.  M.  M<"c  rarchiduchesse  a  4galement  rcmarqu6  avec  plaiair  dana 
la  döpiobe  de  V.  A.  qne  le  gouyeraemeat  Fran^aia  avait  dMar6  fof^ 
mellement  qne  Mgr.  le  duc  de  B^ebttadt  ne  penvait  d*aprfte  la  loi  da 
Ifi  janvier  1816  fttre  admi«  d*ancuae  mani^  k  exereer  lee  droits  d^li4> 
ritier  en  Franoe.  Elle  croit  que  de  cette  maniAre  Taffaire  vieat  d^dtre 
terminöe  de  eoi-memet  et  qne  les  exäcutenrs  testamenttUres  seront  seuU 
charf^t's  du  partage  des  sommea  qui  so  trnuvont  ea  France.  .  .  ,*  Neip« 
peig  an  Metternieh.   Parme,  le  10  avril  1626. 


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III 


XTUl.  Capitel. 

Montholon'R  Denkschrift  über  das  Testament  Napoleons.  —  Er  fordert  d5o 
VormundBchaft  Ueichstadt's  auf,  in  förmlicher  Weise  auf  die  Erbschaft  Ver 
siebt  stt  leisten.  Depeiche  an  Vincent  —  IMe  FflnÜn  Pmiline  Boxgbeie 
Tennicht  Beidwiadt  das  Gnt  San  llartino,  -~  Yoting  Metternich*«.  —  Der 
Kaiaer  Terhungt  la  winen,  ob  San  Martine  der  FQntin  oder  Napoleon  Bona- 
parle  gebort  babe.  —  Depeacbe  nach  Florens.  ~  Die  toaeaniacben  Gerichte 
erklären,  rlass  dif  Fürstin  Borghese  Uber  da«  Gut  nicht  babe  verfltgen  kennen, 
da  es  als  Eigenthum  Napoleons  zu  betrachten  »ei.  —  Vortrag  Metternich'«. 
—  Kesoliition  des  Kaisers,  die  nnthippn  Rchritto  oinzuleiten,  damit  San  Mar« 
tino  lUr  den  Hersog  Ton  Keichatadt  in  Besitz  genommen  werde. 

Am  5.  April  sendete  Montholon  eine  Denkschrift  an  den 
Staatskanzler,  welche  in  ausführlicher  Wei«c  die  Schritte  bc- 
sprach;  welche  von  Seite  der  Testamentsvolltiticcker  sowohl  in 
Frankreich,  als  auch  in  England  unternommen  worden  waren, 
um  den  letzten  Willen  Napoleons  zu  erftülen.  Erst  aus  ihr  ver- 
mochte Metternich  za  ersehen^  dass  das  französische  Ministerium 
dem  Wiener  Hofe  gegenüber  in  nichts  weniger  als  loyaler 
Weise  vorgegangen  war. 

Mit  Hinweis  darauf,  dass  König  Ludwig  XVIII.  am 
31.  Juni  1824  seine  Zustimmung  dazu  gegeben  batte,  dass  die 
bei  Lafitte  binterlegten  Gelder  dem  Grafen  Montholon  auj^ge- 
folgt  werden  sollten,  damit  dieser  seinem  Auftrage  GenOge 
leiste,  wogegen  Lafitte  des  Depots  sich  nicht  begeben  wollte, 
bevor  der  "Erhe  sich  nicht  erklärt,  richtete  Montholon  das  Er- 
suchen an  den  Fürsten  Metternich,  der  Kaiser  möge  als  Vor- 
mund des  Herzogs  von  Reichstadt  auf  die  Erbschaft  Verzicht 
leisten  und  ihn  oder  die  GÜiubiger  Napoleons  ermllchtigen,  die 
festgesetzten  Lefcate  auszubezahlen.^ 

Da  Metternich  nichts  darauf  erwiderte,  wurde  er  von  Mon- 
tholon am  3.  Juni  neuerdings  gebeten,  ,im  Interesse  des  Her* 
zogs  von  Reichstädt  die  Aoftnerksamkeit  des  Kaisers  auf  diese 
Angelegenheit  ssu  lenken'. 

Dieses  abermalige  länschreiten  Montholon's  bewog  den 
StaatBkansler,  den  Freiberm  von  Vincent  allen  Ernstes  aufzu- 


*  Die  H«"»he  demelb^n  helief  «ich  atif  7Ö6.816'&4  Franca,  so  dass  noch  ein 
reines  Vermögen  im  Betrage  von  2,461.683  Francs  sturückblieb,  dessen 
«in»  mifte  wk  dem  Aiuapniehe  d«r  Schiedaiidtter  IQr  den  Heraog  von 
Meidütadt  rarHekbehaltan  werden  aoüta.  Anhang  87. 


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112 


fordern^  die  Testamentsvollatrecker  nicht  Jftnger  in  Unkenntniss 
dttrtlber  zu  lassen,  dass  der  Kaiser  sich  nicht  fdr  berechtigt 
halte,  im  Namen  des  HerEOgs  von  Reichstadt  auf  die  Erbschaft 
Verzicht  su  leisten.^ 

Als  Montholon  diese  Kntsclilie.ssuiig  iiiii«i:etlicilt  wurde, 
erbat  er  sich  eine  Abschrift  derselben;  Baion  Vincent  jrlnubte, 
ihm  dieselbe  niclii  voronthalton  zu  dürfen,  und  V\ob>,  sie  zu 
diesem  Zwecke  in  einem  Sinne  anfertigen,  dass  daraus  für  den 
Wiener  Hof  keine  wie  immer  geartete  Verpflichtong  herror- 
gehen  konnte.^ 

Inzwischen  war  die  LieblingSBchwester  Kapoleons,  die 
Ftlrstin  Panline  Borghese,  in  der  Villa  Strozsino  bei  Florenz 
am  9.  Juni  1826  gestorben,  nachdem  sie  in  ihrem  Testamente, 
mit  dessen  VoHstreckung  der  Cardinal  Rivarola  zu  Rom  be- 
tränt  war,  auch  den  Herzog  Ton  Reichstädt  bedacht  hatte.  Sie 
hinterliess  demselben  ausser  einigen  Mobilicn  und  Angedenken, 
die  sie  durch  den  letzten  Willen  Napoleons  erworben,  auch  das 


^  J>m  d^marcbe«  fidtet  fMur  let  ex^cateurs  tegUmentaiTea  de  NapoMon 
Bomparte,  dans  le  cours  du  mois  (ravril  demier,  prouvent  que  1e«  per- 
sonnea  chargäes  do  roxei-ution  du  teetament  df  Loiipwixi«!  et  de  «es 
codiciles  se  flattoicnt  «mcor*?  ;i  eettp  (^pociuo  <nu>  S.  M.  l"f:np»'rcur  et  roi 
conime  tuteur  natural  et  lejj^al  de  S.  A  S.  lo  duc  de  Keichstadt  rfnon- 
eomit  aux  droits  que  ce  priuce  pourrait  laire  valuir  sur  le»  fouds  appar- 
teuauts  H  la  snccession»  et  que  par  suite  de  cette  renonciation  S.  M.  1. 
«ntoriflevait  M.  Lafitt«,  ditenteor  d*iuie  partie  de  ces  fondf,  k  en  efFeetner 
le  payement  et  mSme  le  gannitirait  contro  toute  reTendication  possibl«. 

Cetle  penniaaioiL  erron^  o&  pmniiwent  Atre  lei  exfenteim  tevte- 
meotsirest  doit  nona  Uin  an  devoir,  M.  le  baron,  de  ne  pea  lee  Itiwer 
daas  Vignonnce  d'une  r^solution  tont  k  fait  oppos^e  que  6.  M.  a  prioe 
apr^  avoir  entendu  loa  oonseils  de  la  tutelle.  II  nie  suffira  de  rappeler 
k  ce  stijet  ;\  V.  K.  la  eommunieation  du  texte  de  la  resolution  qne  j'ai 
eu  l'ordrr  do  S.  M.  de  Lui  transmettro  dans  los  premiers  m<>is  de  eetto 
ann<^e.  Si  dans  t  et  intervalle  V,  E.  n'&vait  pas  fait  jiart  h  MM.  les  ei^ 
tniteurs  testamentaires  de  la  d4temiination  a  laquello  la  tutelle  s'eat 
arretee,  je  dtivrait»  d'autaut  plut»  L'inviter  k  remplir  k  cet  ^ard  les  in« 
sferaettena  de  8.  M.  L  qu'EUe  m'a  eqjoint  en  Bilme  teiups  de  &in  eoniter 
de  raecomplisaemeat  du  diapoeitif  de  la  dite  r£folittioiL  .  .  .*  Metter- 
nich an  Vincent  Milan,  le  86  jnin  1886. 

*  ,0e  dernier  (Montholon)  ajant  toutefoit  espiimA  le  dMr  de  poaeUer 
one  simple  eopte,  afin  de  pouToir  randre  aux  co-int^resa^  un  compte 
exaet  des  tennes  dans  lesqnelles  est  eoii<;no  la  resolution  Imperiale,  j'ai 
cm  pouvoir  consentir  k  lui  en  laisser  une  dans  les  forme»  les  plos  COd- 
fideatieiles  et  les  moins  auttieatiqaes.*  Faiia,  11.  Juli  182&.  6t.>A. 


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113 


Landgat  San  Martino.  In  einem  Schreiben  vom  27.  Juli  machte 
Fftrst  Borghese  dem  Gtrafen  Bombelles  die  yorläutige  Anzoisre 
von  dieser  Verftigang  itiid  behielt  eicli  eine  vollständige  Mit- 
tbdhng  Tor^  biB  die  Anfbahme  der  YerlassenBcfaaft  seiner  Ge- 
miUm  beendigt  sein  würde.  ^ 

Der  Stellvertreter  des  Cardinalsy  Josef  Ugolini,  wendete 
iicli  an  den  kaiserlichen  Geschäftsträger  in  Rom,  Baron  Ge- 
notte,  und  ersuchte  diesen,  ihn  über  die  Abbichteu  der  Vor- 
mundä>chaft  in  Betreff  des  T.ef]fatea  zu  belehren.* 

Von  Sf'ite  der  Familie  Iii)naj»arte  stand  dem  jungen  Prin- 
zen jetzt  ruebts  mehr  im  Wege,  die  Erbschaft  anzutreten,  und 
es  bedurfte  blos  eines  Uebereinkommens  mit  der  grossberzog- 
liehen  Regierong,  welche  San  Martino  abgesondert  von  den 
uderen  Krongtttem  verwaltete.  Indem  FUrst  Metternich  am 
30.  Oetober  1825  dem  Kaiser  hierüber  einen  Vortrag  erstattete, 
erklirte  er  ihm,  ,dass  die  toseantsche  Regierung  durch  den  Ge- 
sandten m  Florenz  eingeladen  werden  mttsste,  die  Villa  San 
Ifarthio  demjenigen  anssnantworten,  der  ernannt  werden  wttrde, 
um  sie  im  Namen  des  Ilerzo^^s  in  Besitz  zu  nehmen  und  dem- 
selben gleichzeitig  auch  die  Avahteud  der  interimistischen  Ver- 
waltunir  des  Sequesters  erhobenen  Früchte  zu  verabfolgen'. 
Gkichzs  itiir  beantragte  er,  diese  Erbschaft  nui*  unter  dör 
Kechtftwohlthat  des  Inventars  anzutreten. 

Kaiser  Franz  wollte  jedoch  noch  keine  bestimmte  £nt- 
icheidong  über  diese  Frage  treffen,  bevor  nicht  die  grosshcr- 
ngliche  Regierang  sich  geftnssert,  ob  San  Martino  als  ein  Theil 
ist  Hinteilassenschaft  Napoleons  oder  als  rechtmässiges  Eigen- 
tknm  der  Prinzessin  Borghese,  Uber  welches  sie  habe  verfögen 
können,  zn  betrachten  sei.  In  dem  einen  Falle  solle  das  Gut 
ftir  den  Herzog  von  Reichstadt  sub  beneficio  inventarii  in 
Besitz  genonimeu^  in  dem  anderen  hmgegeu  der  Gesandte  in 


*■  Anhang  88. 

*  ^»i  rhoBiieiir  de  mettre  som  Im  yetuc  de  V.  A.  un  billet  qae  j«  viens 
4tt  recevoir  de  Mgr.  UgtiUoi  eii  sa  «lualit^  dn  subttitat  exicatenr  te«ta- 
mataire  de  fsue  la  princenae  Panline  Borghese. 

Ell  commnniqnant  lo  tpxtp  de  Tartielü  t!u  testament  tlf  i  t^r  {.rin- 
ct'Hse  ijtii  ,1  n'l.ntion  aux  'ju'ello  a  faits  k  S.  A.  S-  \<*  dm*  do  lü'ich- 
Btadt,  il  deiaiiiiäe  d'etre  lustruit  imur  dirertion,  dos  iuteutiou»  des 
earateurü  da  co  s^ränissime  prince  k  l'egard  de  cen  leg».  .  .  .*  Geiiotte 
ia  Hetternich.   Rome,  le  Sl  aoftt  1836. 

AnUv,  B4.  LXXX.  I.  Hilft«.  8 


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114 


Irlorcuz  beuiittragt  werden,  es  als  lieprat  der  F!\rstin  Borgliese 
von  der  toscanischeu  Keporimg  zu  beanspinichen.  ^ 

In  Betreff  der  Andenken,  welche  Pauline  Borghese  ihrem 
Neffen  yermacht  hatte,  erinnerte  Metternich  den  Kaiser  an  seine 
frühere  Erkl&rung,  ^dasB  der  Herzog  dergleichen  Mobiliargegen- 
stände unter  dem  Titel  eines  Andenkens  an  seinen  Vater  an- 
nehmen dürfe'.' 

Dagegen  erhob  Kaiser  Franz  keinen  Anstand,  und  er  ver- 
langte blo8,  dass  ihm  diese  Vermächtnisse  vorerst  vorgelegt 
werden  sollten.' 

Am  14.  M«arz  1826  theilte  Fürst  Metternich  dem  Oe- 
sandten  in  Florenz  diese  KiiLschliessungeu  des  Kaisers  mit  und 
beauftragte  ihn,  bei  der  grossherzoglichen  Rej]^'erung  die  ge- 
wünschten Erkundigungen  einzuziehen.^  Auf  das  Einschreiten 

•  ,Meine  Entschliessungen  vom  13.  September  1823  und  1.  Februar  1825 
haben  Ihnen  schon  Meine  Willensmeinnng  nicksichtlich  der  Villa  und 
Besitzung  San  Marlino  nnf  dor  Inw!  Elba  orf'ffnct.  Dn  es  nun  nicht 
gleichgiltifr  ist,  ob  dic.-^o  Villa  und  Besitzung  vo)i  der  hierzu  competeuten 
tnacanisc  lu  n  lu  ;^ienuig  als  ein  Tli»»il  der  liiaterlassenschaft  Boiiapartc's 
oder  alä  ein  Eigoathum  der  nuu  gleichmässig  versturboueu  Prinzessin 

Borghot»e  aaerkonnt  wurde  oder  werden  wird,  weil  Letsteras  dem  Heno; 
^  von  Betchatadt  ab  ein  reines  Legat  verbleiben  kOnnte,  ao  liaben  Sie 
▼orent  darch  Meine  Oeaandtachaft  in  Florena  dahin  ra  wirken,  daas  die 
toeeanieefae  Begiening  nach  Haas  Meiner  obigen  EntachlieaBongen  die 
Frage,  wem  dieae  Villa  und  Besitzung,  unabgesehon  von  dem  L^;ata 
der  Fürstin  Borghose  «ur  Zeit  des  Abstcrbons  «b'rsclben  g-ehört  odor  m 
gehören  habe,  entscheide,  um,  im  Falle  das  Erbrecht  Meines  Horm  Enkels 
auf  diese  vSterliche  Verlnsf^rnschaft  auch  rücksichtlich  dieser  Villa  und 
Bcsitzuiif;  als  überwiegend  anerkannt  würde,  durch  die  geschehene  Le- 
rjirun^;:  dic'ser  Ansprüche  von  Seit<>  der  Fürstin  von  Borghese  alle  An- 
sUimlu  uuch  mehr  zu  beseitigen,  oder  im  Falle,  dass  die  toscanische  Be- 
gierung  dieae  Villa  und  Beaitsnng  ala  ein  Eigentham  der  Fttntib  Bo^ 
ghese  erkläre  oder  erklSrt  haben  tollte,  namena  dea  Heraogs  von  Reich* 
atadt  dieae  Villa  und  Besitzung  als  ein  Legat  der  Fllratin  Boigheae  bei 
der  toacaniachen  Regierung  anxneprechen.'  Wien,  IS.  Jänner  1826. 
■  Vortrag  an  den  Kaiaer  vom  20.  Oct4)beT  1825.  St.-A. 

•  ,Die  Annahme  der  von  der  Fürstin  Borghese  dem  Herrn  Herzop  ^f^" 
Reichstadt  legirten  Nippes  unterliegt  übrigens  keinem  Anstände  und  sind 
Mir  dieselben,  sobald  sie  Meinen  Ges-nndten  in  Rom  tmd  Florena  be- 
hftndigt  sein  werden,  vorzulegen.*    Wien,  18  Jftnner  182n. 

•  ,.  .  .  Vous  vous  convaincrez,  M.  le  comte,  par  le  texte  do  la  nouvelle 
räsolution  (celle  du  18  janvier  de  cette  anudo)  quo,  malgro  que  cette 
mAme  poiaeaaion  de  San  Martine  ae  troave  maintenant  legu^  an  dae 
de  Beichatadt  par  U  princeaie  Fanline  Borghese,  6.  M.  L  petaiate  nAao- 


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115 


Bombelles'  betraute  dar  toscatkische  Minister  des  Aeiisscnii 
Graf  Fossombroiiiy  den  obersten  Gericbtsbof  mit  der  Aufgabe, 
diese  Rechtsfrage  zn  nntersachen  und  darüber  sein  Gutachten 
absngeben.  Dasselbe  lautete,  dass  das  Gut  San  Martine  ein 
Eigentham  Napoleons  gewesen  und  von  der  Prinzessin  Borghese 
anberechtigter  Weise  dem  Herzoge  von  Reichstadt  vermacht 
worden  sei,  welcher  es  somit  in  seiner  Eigenschaft  als  Erbe 
seines  Vaters,  immerhin  aber  mit  der  Rechtswohlthat  des  In- 
ventars iu  Besitz  nehmen  könne.  ^ 


molus  dans  ro])iiuon  quü  los  autorit^  Toscanes  doivent  ätre  invit^ea, 
pur  QUO  d^marche  de  votre  part,  k  döcider  la  question  k  qiü  appartenait 
OH  derait  appartonir  la  dite  propri^li  de  San  Ifortino  au  moment  da 
diciiB  de  la  prineewe  PaaUne?  8i  !«•  aatorit^  de  Tosoane  a^jagent  ce 
domaine  an  dnc  de  Beiolistadt  et  d^larent  qae  la  rielamatioa  qa*en 
avait  faite  la  princeeM  Panline  Atait  döpourvue  de  fondeinont,  d^s  lors 
8k  A.  8.  den^t  tee  mise  en  posseiision  k  titre  d'MriUer  b^u^ficiaire  de 
8on  pÄre.  85.  nn  contraJre,  li>s  nntr»rit<*'.s  Tnscanes  rernTinai*«^'!!^  quo  la 
prince*5f"^  Pnulino  avait  r6clam6  ä  justo  titro  la  proprit't«'-  cit«  Sau  Mar- 
tine, il  eu  r(j4iulterait  que  la  testatrico  on  nurtiit  valideniejit  (tt««po!»iS,  et 
Youä  aurlez  alora,  M.  le  oomte,  k  demaudcr  au  iioni  de  ia  tuteile  du  duc 
de  Reichstädt  que  le  gouveruement  To«can  lai  en  fiwie  ratvie  la  poaiei- 
Am  k  titre  de  legs  partieaUer  de  la  priDoease  Boigheae. 

8i  la  tntelle  inBÜte,  oomme  TOtia  voyes,  IL  le  oomte,  mr  la  d6- 
drion  de  eetle  quettion  prialable,  c*e>t  qn'il  n'eat  anllement  ia^0(6rent 
qae  Mgr.  le  dac  poMMe  cette  rAaliti  comme  faiaaat  pnrtie  de  ThMtage 
dt^Ialss«^  par  BOQ  pire  en  Toacaue,  ou  comme  une  propri^t^  ayant  appar- 
tenii  ä  la  pnnr»>>;'<f  i]f\  Borg^h^se,  attendn  quf»,  dans  ce  dernier  snppo«;('i, 
eile  passerait  i  Ml:i  le  duc  k  titre  de  legs  pur  et  simple  et  avec  ex6- 
cation  dp  touie  charge. 

l,a  secoude  partie  de  la  retK>lution  du  18  Jan  vier  est  relative  an 
■onTenir  eousistant  en  bijoux  et  nippe«  de  pen  de  Talenr  qae  la  prin« 
eeiee  FauUne  a  Ugai  an  dac  de  Reichatadt.  On  ne  doit  Cftire  aacane 
düEBeolti  de  le«  aooepter  et  die  que  lee  olvjeti  anront  6tÄ  dÄlivr^  anz 
nüMioiie  de  Bome  et  de  Floieaee,  Ue  aetont  envoj&i  id  paar  etre  mis 
k  la  diaposition  de  la  tntelle.  Yous  aures  ntn  d^aeeompagner  Tenvoi 
que  tou»  ferez  de  ces  objets,  d'une  cnpie  du  re<;u  que  vons  anrez  df^livr^, 
aa  nom  de  la  tutolle,  anx  personnes  chargfM's  do  l't  xf'cution  testamentaire. 

Vous  voudrez  bien,  M.  lo  comte,  in'iiistniiro  de  von  d^marche» 
et  de  leurs  result&ta  atin  que  jo  puibso  faire  couBter  de  l  executiou  des) 
ordres  de  ä.  M.'  Metternich  an  Bombelles.  Vienne,  le  14  man  1826, 
*  Arne  i  mentoyati  dabU  indieaTano,  et  oome  gli  soritli  legali  del  lodato 
arroeato  regio  dimottraao,  weeome  aopra  k  ttafeo  ImTemente  eompilato, 
aaehe  alla  conaalta  k  di  pieieiite  maaifiBsto,  che  la  pertiiiensa  della 
teaata  di  San  Martine  e  raoi  anneasi,  quanto  e  bastantemente  giustificata 
a  fnrore  di  Napoleone  Bonaparte  e  del  di  Ini  figlio  erede  beneficciato, 

8* 


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116 


In  einer  Note  vom  22.  Jänner  1827  tlioilte  Fossombroui 
dem  kaiserlichen  Gesandten  diese  Entsciieidung  mit,  wobei  er 
bemerkte,  dass  die  Domänenverwaltmig  des  Grofishersogs  bereit 
sei,  über  ihr  Gebahren  Rechnung  zu  legen.  VoB  dem  Ertrage 
der  Einkünfte  würden  blos  die  Verwaltungskosten  and  jene 
Summen  in  Abzug  gebracht  werden,  welche  nttthig  wären,  nm 
die  Yon  Napoleon  Bonaparte,  als  dem  Tormaligen  Bentaer  San 
Martinos,  contrahirten  Schulden  m  tilgen.* 

Es  bedurfte  nunmehr  blos  der  Ernennung  eines  GommisBilrs, 
welcher  das  Gut  im  Namen  des  Prinzen  in  Empfang  zu  nehmen 
und  mit  der  grossherzoglichen  Guterverwaltung  abzuscbliessen 

altrettuto        «d  h  flwliuft  dfti  diritti  •  dalU  penons  della  fä  prineir 

peasa  Borghese,  ci6  posto  alla  stessa  consnlta  comparisco  chiarianma 
rinutilitA  del  legato,  che  Ia  mentovata  principossu  face  di  detta  tenuta 
al  figlio  di  Napoloone,  la  qua!«  d'flltmiidp  imn  ebbe  in  animo  di  lep-aro 
la  Cosa  alinna.  Data  jtoi  1  iiiutiUta  di  detto  legato,  ne  potendosi  dtibitare, 
che  sivssistonto,  f:iiist<i  e  piu  ampio  e  pii\  utile  sia  il  titolo  di  erede 
beneficiato  da  coutinuaräi  a  spiegare  dal  figlio  di  Napoleone,  crede 
dmiUnmto  U  eonnilta,  che  nn  tsl  tttolo  tU  qßtXh  ehe  meriti  di  easere 
legalmente  litenulo  dal  rammentato  dnoa  di  Beichatadt  Finahnente 
siccome  lo  atato  di  ToacaDa  ooncoida  ^  non  arer  difitü  aulla  proprieti 
di  detta  tenuta,  la  eonmlta  crede  pur  aneo  di  ginatisia  la  consegna  della 
medesima  tenuta  al  veneratissimo  rappresentante  legale  del  prelodato 
erede,  salvi  quei  rendimenti  di  conti,  formalitü  e  cantele  di  natura  dcl- 
Tatto.  Rapporto  dell  I.  e  R  conMult«/  Beilage  einea  Berichtoa  Bom- 
belles', ddo.  Floren«.  25  Jännor  1827.  St.-A. 
^  .  .  La  Hupreme  coiittulte  aprus  avoir  entendu  le  dit  avocat  de  la  cou- 
ronue  a  xeconna  que  la  propriSti  dxi  domaine  de  San  liartino  appar- 
leoait  k  Napolten,  que  le  lega  de  la  dite  terra  fait  par  la  prineaaae  Pau- 
line Boigheae  en  Ikrenr  du  due  de  Beichatadt  eat  tout  4  &it  iuutUe,  et 
que  par  cona^quent  oe  n'eat  qne  aotia  le  titre  d*hMtier  (anb  benefido 
legi«  et  inventarii)  de  son  pöre  que  le  dnc  de  Beicliatadt,  et  peur  is- 
t^röt  de  celui-ci  S.  M.  Tempereur  d'Autriche,  son  augiiste  tuteur,  peut 
pror<''rl(>r  k  la  prisp  de  possession  du  domaine  de  San  Martino,  avoc  les 
clause»  et  corulitiniiH  inhärentes  k  la  natnre  de  l'artf»  dont  il  s'agit 
S.  A.  I.  et  K.  a  approuv6  V&vis  prononcä  par  la  üuprüme  cousulte,  et 
c'est  en  ex4cutiou  de  sea  ordres  souverains  que  lo  soussignö  a  rhonuaor 
de  remettre  k  8.  E.  H.  le  oomte  de  Bombellea  une  eopie  du  rappert 
ftit  k  cet  fgard  par  le  dicaatAre  auafoone^  k  Teffet  que  ft.  M.  L  et  B.  A. 
pniaae  donner  lea  ordrea  nioeaaairea  peur  la  r^ption  de  la  remiae  qui 
doit  lui  Stre  faite  de  la  terre  de  San  Martano.  Le  domaine  du  grand- 
dachä  qui  a  juaquHci  adminUtr^  la  dite  poaaeaaion,  eat  disposd  k  rendre 
compte  de  sa  pestion,  ain«!  qne  de«  arrerag'fs,  bien  ontendu  que  du 
roontant  des  rovenus  de  la  dite  terre  on  devra  dikluirö  itm  trais  d  ad- 
miuistratioa  et  le  payement  des  dette«  döjk  faites  par  Napoleon,  ancien 


DigitizGilby 


117 


bitte.  Id  einem  Vortrage  vom  9.  Febiuar  1827  b«t  Fürst 
Mettemidi  den  Kaiser,  die  hierzu  geeignete  Persönlichkeit  he- 
lochnen  nnd  ernennen  sn  wollen.^ 

Gleichzeitig  legte  er  ihm  ein  Schreiben  Neipperg's  vom 
10.  April  1826  vor,  aus  welchem  der  Wunsch  Marie  Louisens 
erhellte,  wegen  des  Verkaufes  von  San  Martine  mit  der  tosca- 
nischeu  Kegicnmg  in  Unterhandlung  zu  treten. 

Dagegen  sjtrach  Mottemicli  die  Bemerkimtr  aus,  ^dass 
man  in  die  Veräusserung  eines  einem  Minderjährigen  zage- 
iiöngen  Gutes  nur  dann  einzugehen  pflege,  wenn  der  wohl 
oachzuweisende  Fall  einer  Noth wendigkeit  oder  eioes  augen- 
acheiiilichen  Vortheiles  eintrete'.' 

Kaiser  Franz  flberliess  es  dem  Staatskanzler,  einen  Com> 
missär  zu  bestimmen,  welcher  mit  der  Regelung  der  Ueber- 
nahme  betraut  werden  sollte.'  In  Betreff  des  Verkaufes  von 
San  Martino  resolvirte  er  jedoch  Folgendes:  ,Sie  werden  Meinem 
Gesandten  um  toscanischen  Hofe  den  Auftrag  ertheilen,  dass 

propri^uire  de  San  Mftrtiiio.  .  .  /  FonomtNrooi  an  B<»mb«ll«a.  Florence, 

le  22  janvier  1827. 

*  .Da  es  sich  ntinroolir  (Inniiii  liandclt,  dii»  bc^aj^lc  Villa  nameiiii  de»  Hor- 
togn  von  Koich^tadt  in  lit-sitz  zn  n«'hiiH«!i  nnd  hoi  dieser  Gelegenheit 
die  förmliche  Erklärung  ab/.up('hen.  dass  tipisfibf  sirh  zu  den  von  seinem 
Vater  aLs  Privateigen thum  hiiitürla.Häuuuu  Gütern  und  liechten  nur  cum 
boMSficio  legia  et  inveutarü  erbserkläre,  so  sehe  ich  mich  in  dem  Falle, 
S.  IL  sa  bitten,  den  UebemahmacomniiMir  gnädigst  benennen  Sit  wollen 
den  AllerhOelutdieielben  aowolil  sn  dem  besagten  Untemehmuugsge- 
•ehlfle,  nie  nncb  sa  der  mit  der  gronhenoglicb  toeeanlBchen  Dominen- 
edmSnirttatien  in  pflefenden  Liqiddiranf  der  Aetir«  nnd  PeafiTaireragen 
dieser  Villa  für  geeignet  finden  düiften.'  Tortrag  an  den  Kaiser,  9.  Fe- 
bruar 1827.  8t.-A. 

*  ,M"*  rarchidmhesse  !*erait  d'avis,  qnand  lo  ponvemement  To««cfin  anra 
prononci'  »ur  cette  atluirr',  qir<>n  Inl  offrit  d\'n  !ictiT  1»^  dit  domaine  de 
S.  M.,  fpii  de  toiitt!  nianiAre  .naii  Im  c<nis-  tMi  üikmix  iju  a  .-<»n  auguste 
fils,  vu  que  soq  entretien  lui  serait  trop  onereux/  Neipperg  an  Metter- 
meh.   Parma,  10.  April  1826.  St.-A. 

*  ,Der  bikah  dieeea  Vortrages  dient  Wt  mu  Wissenschaft,  und  werden 
flie  nnnmehf  Sorge  tragen,  dass  nnmens  des  Henogs  von  Betebstadt  sieb 
sa  dieser  latestatertiBehaft  s^es  Vaters  bei  der  competenten  toseaaiscbea 
BabSffde  enm  benefieio  legia  et  inventarii  erbserklirt,  die  gebSrige  Li< 
qni^rnng  mit  der  teseaniseben  Domänenadministration  gepflogen  und 
die  AusfolgUDg  der  ganzen  reinen.  Moineni  Enkid  gebührenden  Erbschaft 
bewirkt  werde,  zu  welchem  Endo  Sic  die  Hesttdlung  einei*  hiezu  voll- 
kommen ^eeigneton  nnd  vi>rlää8Uchea  Commlss&rs  besorgen  worden.* 
Panenbeug,  3.  ä«^ttiiuber  1827. 


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118 


wenn  diese  Villa  vortheilliaft,  sei  cä  an  die  toscanische  Begie- 
ning  oder  nn  wen  Andern  veräussert  werden  könne,  er  so- 
gleich zu  berichten  hübe,  ob  und  wie  dieses  am  vortlir  ilhaftesten 
fUr  meinen  Enkel  stattfinden  könne,  oder  ob  die  Beibehaltang 
der  Besitzung  ihm  mehr  Katzen  bringe/ 

XIX.  CapiteL 

ICarehMid*«  Absicht^  sich  nach  Wien  su  b^g^ben,  am  Beiclistadt  dio  ihm  ron 
seinem  Vater  vermachten  Andenken   zu  ttbeigeben.   —   Weisung:  Mett«r- 

nich's  an  A]iponyi,  dies*'  Keifsc  verliindem.  —  Schroibtiii  Marclmiul'.-*  an 
den  Hcrzof,'  vnti  Koirlist.'ult.  —  Kr  bohiilt  dit'  Andenken  zurück.  —  San 
Martino.  —  Tod  ilos  Hi-rzugs  von  Keiclistadt,  —  Ik-r  ]ie«uch  des  Herrn  v. 
Prokesch  bei  der  Mutter  Napoleons.  —  Betrübuii»  de«  Kaisers  über  den  Tod 
seine«  Enkels.  —  ICsrie  Lotus«.  —  Antomsrchi.  —  Marie  Louise  Terzichtet 
in  fBrmlicher  Weise  anf  den  Napoleoniaeken  Nachläse. 

Inzwischen  waren  dio  liemiiliLinj^^on  der  iu  London,  Brüssel 
und  riiiladelphia  l)('<z:laiibigten  Vertrotcr  des  österreichischen 
Hofps  orfolirlos  «robliclieii,  über  das  V<tr]iandensein  noch  unbe- 
kannter Capitalii'U  Na])oleün  Honaparte's  etwas  in  Erfahrung 
zu  bringen.*  80  beschränkte  sich  das,  was  der  Herzog  von 
Reichstadt  zu  erhahcn  hatte,  blos  auf  die  wenigen  Andenken, 
welche  ihm  beim  Eintritte  seiner  Volljährigkeit  übergeben  wer- 
den sollten.  Als  nun  die  französischen  Journale  im  Miü»  1827 
die  Nachricht  brachten,  dass  Marchand  sich  zu  diesem  Zwecke 
bald  nach  Wien  begeben  werde,  wies  FUrst  Metternich  den 
Botschafter  in  Paris*  an,  die  Reise  Marchand's  hintanzuhalten. 
Er  mOge  zugleich  den  Testamentsvollstreckern  bedeuten,  dass 
er  bevollmächtigt  sei,  jene  Vermächtnisse  zu  Übernehmen,  und 
dass  er  sie  in  dem  Zustande,  in  welchem  er  sie  empfan^ren, 
nach  Wien  übcrschickeu  werde.  ^  Diesen  Antrag  wies  Marciiaud 

'  fToutefois  les  inTSstigations  que  nous  ETons  reoommand^  anx  repr^- 
sentants  de  notre  coor,  doivent  n'avoir  amen6  aucune  decouvecte,  pois- 

qii'il  ne  TionH  a  ^t<^  rien  relnto  k  cot  «^fr-ird.*  Mott»^rnic■li  nn  Noipperg.  Wien, 
2'.].  Februar  \y*'I7.  St.-A.  Die  verschiedenen  Nachricliten,  welolie  Bombelles 
und  Tito  Manzi  iunterbracht  wurilon,  diist^  Napoleon  Bouaparta  au^ehu- 
liche  SSuMiuien  iu  Livoruo  und  in  Pari»  depuuirt  haben  sollte,  acheinen 
nichts  weniger  als  aof  Wahrheit  beruht  in  haben,  wie  man  ans  dem 
Ansbleibeo  jedes  weiteren  Berichtes  hierttber  mit  Beebt  vennothen  kann. 
Vgl.  Anhang  89. 

'  Als  Nachfolger  Vineents  war  im  Jahre  1826  Graf  Anton  Apponji  nach 
Paris  ernannt  worden. 

*     .  .  Maintenant,  M.  Tambassadeur,  que  vous  devez  vous  consid^rer 
comme  appel^  k  servir     cet  ^rd  dUnterm^diaire,  ainsl  que  l'ötait  ci- 


Oi§itized  b^oegk  ' 


119 


jedoch  zurück  und  verharrte  auf  seinem  Entschlüsse,  die  Legate 
dm  Prinzen  persönlich  zu  Uberreichen.  Diese  Absicht  erhellte 
aus  einem  Schreiben^  welches  er  am  18.  März  1832  aus  Strass- 
bürg  an  den  Herzog  Ton  Reichstadt  richtete.^  Das  Verhalten 
Marchand's  erregte  nunmehr  in  Metternich  den  Verdacht,  dass 
es  ihm  gar  nicht  darum  zu  thnn  aei,  aeines  Auftrages  aich  zu 
entJedigen,  und  er  das  Verbot  nach  Wien  zu  kommen  nur  zum 
Vorwande  nehme,  um  desto  sicherer  in  dem  Besitze  der  ihm 
anTertrauten  Gegenstftnde  zu  rerbleiben.  In  einem  Schreiben 
Tom  14.  April  1832  wies  er  den  Grafen  Apponyi  nochmals  an, 
von  Marchand  die  Verabfulgung  des  Vcrmächtniss<  s  zu  ver- 
lansren,  und  ihm  im  Wcijjerunorsfalle  zu  bedeuten,  dass  es 
schwer  sei^  an  die  Eediiciikcit  seiner  Absichten  zu  glauben.^ 


devant  M.  le  baron  de  Vincent,  je  doU  avoir  Thonneur  de  vou»  pr^venir 
que  rintontir.Ti  rlo  8.  M.  Tempermir  c*st  da  nn  paa  aatoriser  l.n  venno  ir.i 
du  Sieur  Marcbaud  ni  d  juitrc  <le.s  <'xt'cut<'urs  testamentaires  pour  re- 
mettre  lui-mdme  le«  o}ijt<t.s  fontu's  k  s.i  crardts;  qu'en  cons^qnence  vous 
▼ons  refuserez,  M.  l'auibassadeur,  h  lui  accorder  des  passoporta  k  cet 
tfet  ou  a  mftnir  da  votn  yrin.  ceoz  qiii  Toaa  Mroieat  pi^Miitfo  aree 
dMtanataon  pour  rAotriche;  qne  8.  M.  remperenr  vonUmt  ntenmoinB 
donner  avx  «xfontoiin  teotameiitaireB  de  mdme  qn^anz  peraon&es  da  Ser- 
vice de  rez-emperear  les  ikcilitte  eoaveiiablee  poar  qtt*ile  pnnent  t^ac- 
quitter  de  la  remi§o  dos  objeta  confite  4  leiir«  soine,  vooa  anrez,  M.  Tain- 
ba.<»sadeur,  k  leur  faire  connaitre,  lomquMI.'}  so  presenterout  k  Tambassade, 
<]Tif>  voTis  Met  ntitnri«««^  par  la  com  Inipt'rinlf»  a  rerovnir  tels  objets  des 
mHtu!t  des  personneä  qui  anraient  qualite  pour  voixa  les  remettre;  k  tous 
cLarger  envers  elles  de  les  traa^mcttro  dans  Tetat  oü  ils  vous  soront 
remis,  et  4  tous  eogager  ä  leur  faire  ensuite  parvenir  des  actes  de 
re^u  et  de  la  remise  des  legs  certiflte  par  la  •ignatnre  de  Mgt,  le  duc 
de  Beicbftedt.  V.  E.  voadra  bien  pr&venir  verbalement  M.  le  minietre 
des  «ffMree  ^tranyftree  de  riroponibüit^  o&  Elle  «e  troave  de  viser  de 
•Miblablee  pMeports  ponr  Vienne  et  rinfonoer  en  meme  temps  de  ce 
qu*Elle  est  aatoria^e  a  accorder  des  £Rcilites  aBn  d'^viter  de  donner  lieu 
k  des  plainteo.  .  .  /  Mettonücb  an  ApponjL  Viennei  le  21  mai  1827. 
'  Anhang  40. 

'  ,Comme  les  motifs  qui  oou«  ont  fait  juti-^'r  ciuivenablo  de  ne  point  faci- 
liter  Tex^cutioii  de  ce  projet  du  Sieur  Marchaud,  lorsqu'il  s'eu  est  agi  !a 
prenu^re  fois,  subsistent  egalement  aujourd'hui;  c'est  Intention  de  S.  M., 
M.  rambMMdenr,  qae  toob  ÜMmes  connaitre  nn  dit  Sieur  Uarehand,  le- 
qnel  d*apr4i  «a  lettre  eatdite,  m  troave  «etneUemeat  i  Strasbonr^, 
HAtel  de  la  6*  di^iiien  militaire  chei  le  gin^ral  Bmjer,  qne  la  bante 
tuteUe  de  M.  le  duc  de  Beicfastadt  ne  trouve  pas  qa*il  y  ait  liea  k  rien 
chaoger  4  la  d^terininatiou,  qui  lui  a  ät^  notifi^e  en  1820  par  T.  £^ 
qa'en  conji6qaence  la  haute  tutelle  susdite  ne  peut  qae  lai  faire  renou- 


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120 

Der  Ton  dem  Forsten  Mettemicli  gehegte  Verdacht  Bcbien 
um  80  gerechtfertigter  ea  sein,  ak  die  TeBtamentSToUstrecker 

bei  verschiedenen  (ielegenheiten  bewiesen  hatten,  dass  ihnen 
nichts  ferner  liege,  als  die  Interessen  des  Herzogs  von  Reich- 
stadt zu  wahren.  Denn  durch  sie  war  das  französische  Mini- 
sterinni  veranlasst  worden,  sich  bei  dem  Wiener  ilote  dafür  zu 
verwenden,  dass  der  Kaiser  im  Namen  des  Prinzen  auf  die 
Hälfte  des  Latitte'schen  Depots  Verzicht  leiste,  and  sie  waren 
es,  welche  dasselbe  Ministerium  anff^efordert  hatten,  za  er- 
klären, dass  der  Sohn  Napoleons  in  Geni.isslieit  des  Geseties 
▼om  12.  Jänner  1816  unfähig  sei,  die  in  Frankreich  gelegenen 
Güter  seines  Vaters  zu  erhen.  Ja  sie  hatten  die  französische 
Regierung  zu  der  Entscheidung  verleitet,  dass  Napoleon  Bona- 
parte nicht  als  Franzose,  sondern  als  Engländer  gestorhen  sei, 
und  man  daher  tther  die  bei  Lafitte  hinterlegten  Gelder  nach 
enghschen  Gesetzen  verftigen  dürfe,  welche  dem  Sohne  aus  der 
Verlasseiischat't  des  Vaters  keinen  rtlichttheil  vorbehielten. ' 

Sowie  jMarehand  keine  Anstalten  traf,  dem  Prinzen  durch 
Vermittlung  der  kaiserlielien  Botscliaft  in  Paris  die  wenigen 
rref:;'enstände  /u  übcrsehieken.  welche  ihn  an  seinen  Vater  er- 
innern sollten,  80  wurden  auch  die  langwierigen  Unterhand- 
lungen Uber  den  Verkauf  des  Gutes  San  Martine  zu  keinem 
Abschlüsse  gebracht.  Der  Advocat  Lamporecchi,  welchen  Graf 
Bombelles  mit  der  Regelang  dieser  Angelegenheit  betraut  hatte, 
richtete  zwar  zu  wiederholten  Malen  das  Ersuchen  an  die 
Osteireichische  Regierung,  eine  endgUtige  Entscheidung  zu 
treffen  und  seine  Anträge  hinsichtlich  der  Deckung  einiger 
zum  Activstande  der  Verlassenschaft  gehörigen  Forderungen  zu 
genehm iy:en,  aber  Kaiser  Franz  zögerte  noch  immer  damit, 
einen  Beschluss  zu  fassen.*  So  starb  der  König  von  iUnn,  ohne 
aus  dem  Vermächtnisse  seines  Vaters  mehr  als  ein  Porträt  er- 
halten zu  haben,  welches  diesen  in  Lebensgrösse  darstellte 


veler  la  proposition  de  remettre  entre  les  mains  de  rambainde  le  d£p6t 
qni  lui  a  it^  eoa&i,  proposition  qa'U  aentira  Ini-mdme  ne  pouvoir  d^Ii» 

ner  de  nonve«ti  «ans  antnriser  les  soiip<;ons  qn'il  serait  difficile  dans  cö 
<;/is  (U)  uf  jias  ijlcvcr  sur  la  sinec'ritö  de  sa  disposition  ä  s'acqnitter  de 
1h  cotDinissiuu  dout  11  oliargö  par  les  actos  de  deruiere  volonte  de 
Tex-empereur  Napoleon.*    Au  Appuuyi,  11.  April  1532.  St.-A. 

*  Dies  brmcfate  die  Oeterrridiisdie  Eogieruug  erst  später  m  Krütknuig. 

*  AnhMg  41. 


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121 


uui  ihm  von  Kaiser  Frana  persönlich  übergeben  wurde.  ^  Ein 
tngisches  Geschick  hat  es  gewollt^  dass  der  bereits  dem  Tode 
geweihte  Prinz  nicht  einmal  in  den  Bentz  jener  Andenken 
kommen  soDte,  welche  Lätitia,  die  bo  schwer  geprüfte  Matter 
NftpoIeonBy  für  ihren  Enkel  hestinimt  und  Herrn  von  Prokesch 
fibergeben  hatte.  Attf  der  Heimkehr  nach  Wien  traf  diesen  die 
unerwartete  Nachricht,  dass  der  Herzog  am  23.  Joli  am  5  Uhr 
Früh  im  Schlosse  za  Sehttnhrann  Terschieden  sei.  An  dem- 
selben Tage  und  an  demselben  Orte  war  auch  elf  Jahre  früher 
dem  daiiLil-  zelinjäiirigen  Prinzen  der  Tod  seines  Vaters  mit- 
getiaeilt  worrlon. * 

,Da.s  Testament  meines  Vaters/  hatte  iü  iclistadt  sicli  fines 
Tages  vernehmen  lassen,  ,ist  die  oberste  Vorsuhrü't  für  meine 
ganze  Handlungsweise.^^ 

Doch  er  war  verdammt  dazu,  sein  Leben  thatenlos  zu 
heschliessen.  Krankheit  und  Dankbarkeit  zugleich  hielten  ihn 
ah,  dem  Rafe  seiner  Partei  zu  folgen  und  das  kaiserliche  Frank- 
reich wieder  aufzurichten.  Aher  so  lange  er  lebte,  so  lange  die 
Anhänger  Napoleons  auf  ihn  als  denjenigen  wiesen,  welcher 
bestimmt  schien,  sie  zu  führen,  so  lange  fürchteten  Metternich 
und  mit  ihm  die  Vertreter  des  Legitimittttsprincipes,  dass  eines 
Tages  sein  Ehrgeiz  denn  doch  über  jedes  Bedenken  den  Sieg 
davontragen  und  ihn  verleiten  werde,  das  hmggeschmiihte 
Banner  seines  Vaters  wieder  zu  Khren  zu  bringen.  Wohl  im 
Hinblick  aut  solche  Verquickungen  schrieb  ELaiser  Franz,  wel- 

'  Vortrag  des  Fürsten  Metteruicb  an  Kaiser  Franz: 

(Wien,  den  9.  April  1831. 

Allergnädigaler  Herr! 
Der  k.  k.  Botecbafter  sn  Flotens  firlgt  mittelst  des  gehonamst  sa- 
TerwabiteD  Berichtes  an,  was  mit  dem  unter  den  VerlMsensdieflsgegen- 
atinden  Napoleons  auf  der  lme\  Elba  befindlieb  gewesenen  PorMU  des- 
selben in  Leben sprdsse  tn  geschehen  habe,  welches  ihm  (Qrafen  Sanran) 
ehtatens  von  der  toscanischen  Regierung  för  S.  D.  den  Herrn  ITorzoo^ 
von  Reichstädt  'i hergeben  werden  wird,  ob  nftmlich  bosagles  Gemälde 
kiebür  geschickt  werden  soll,  und  zwar  in  seiner  deruiaiigen  Form  oder 
aufgerollt?* 

Besalntion  des  KaiMn:  Dieses  Mir  bereits  angekommene  Portrit 
werde  Ich  Meinem  Bokel  fibefjgebeii. 

Wien,  den  4.  Deoember  1881.  Frans. 
*  FMkesch,  76. 
'Honfbel, 


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122 


eher  den  Veriust^  der  ihn  getroffen^  aufe  Sehmeraliehste  em- 
pfand, am  26.  Juli  1832  Folgendes  an  den  Fürsten  Mettemieh: 

,Der  Tod  meines  Enkels  war  ftlr  ihn  ein  Glück  bei  seinem 
Li3idcn  und  vielleicht  auch  fiir  meine  Kinder  und  die  Welt; 
mir  wird  er  abgehen.** 

Das  Erbrecht  des  Ilerzotjs  von  Reichstädt  ging  uunniehr 
auf  die  Herzogin  von  Parma  über.  Da  bisher  weder  Kaiser 
Franz  noch  Marie  Louise  sich  entschlossen  hatten,  in  förmlicher 
Weise  auf  die  Hinterlassenschaft  Napoleons  Verzicht  zu  leisten, 
80  blieben  sie  Beide  nicht  davon  verschont»  dass  verschiedene 
Legatare  immer  wieder  mit  Forderungen  an  sie  herantraten. 
Antomarchi  war  es  insbesondere,  welcher  seine  alten  Ansprüche 
geltend  zu  machen  suchte  und  hiebei  auf  die  noch  bei  Lafitte 
befindliche  Hälfte  des  Depots  yerwies.'  In  einem  Schreiben 
▼om  14.  September  1832  ersuchte  Baron  Marschall  den  Fttrsten 
Metternich,  sich  sowohl  über  diese  Angelegenheit,  als  über  jene 
des  Gutes  Sau  Martino  äussern  zu  wollen.^  Kaiser  1  üiuz  über- 
liess  es  jedoch  dem  alleinigen  Ermessen  seiner  Tochter,  eine 
Entscheidung  zu  treffen,  was  Metternich  nicht  ermangelte,  am 
13.  October  1832  nuch  Parma  zu  berichten.*  Der  Versicherung 
Antomarchi's,  dass  das  für  den  verstorbenen  Prinzen  bestimmte 
Depot  noch  bei  Lafitte  sich  befinde,  glaubte  der  Staatskanzler, 
abgesehen  von  der  Erklärung  Cliateaubriand's  vom  30.  Mai 
1824,  schon  deshalb  keinen  Glauben  beimessen  zu  dürfen,  weil 
die  Testamentsvollstrecker  mit  Zustimmung  der  französischen 

*  Resolution  des  Kaisen  auf  einen  Yortrag  lfettornieh*8  vom  86.  Jnli 

1832.  St.-A. 

*  Anhanp  42. 

'  ,En  suppliaut  V.  A.  de  vouloir  bieu  lue  dünner  Ses  inRtrnetions  sur  le 
inode  de  torminer  ceUe  qaestion,  je  prends  la  liberte  du  »tatuer  les  prin- 
cipauA  points  qui  me  sembleraieut  devoir  Stre  pris  en  cousideration,  n 
la  pvemi^  reneneiation  a  M  lUte  oo  non  de  la  mdre  et  dn  fila,  on 
aeolemeot  ponr  la  premi&ra»  en  qnel  caa  vn  noavel  acte  de  oelte  natnre 
deviendndt  n^eeanto  en  aoite  de*  droits  aequis  par  le  d4o4s  du  second; 
en  quelle  rolntion  se  trouverait  cette  queation  arec  oelle  de  San  Martino 
dans  l'ile  d'Elbe,  et  si  dans  le  caa  qn'nne  aeconde  reuonciation  devrait 
avoir  lien  p"iir  ]i\  partie  do  la  successiion  f*»  tronvant  dans  les  mains  du 
banqnier  ijatitic.  cello  de  San  Martin(}  (b-vraif  suivrc  la  memo  ligne,  ou 
bien  cüllu  adopteö  ä  Vieuno  puiir  les  «'ffcts  du  prim  e.'  Baron  Marachall 
an  den  FUrsten  Metternich.    Saia,  le  14  »eptembre  lb32.  bt-A. 

*  Anhang  43.  Die  1>etreffende»  VortrSge  Metteraioh'a  an  Kaiaer  IVans 
lind  nicht  Torbanden. 


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123 


Regierung  an  die  englischen  Gterichte  sich  gewendet  und  diese 
erklärt  hatten,  dass  der  Erblasser  nach  Gutdünken  über  sein  Ver* 
mögen  habe  verfolgen  können  und  sein  Sohn  auf  keinen  Pflicht* 
thei]  Ansprach  erheben  dttrfe.  £r  hob  hervor,  dass  Air  den  FaU, 
ab  das  Depot  in  der  That  zur  HUAe  noch  TOrhanden  wäre  und 
die  Herzogin  Ton  Parma  es  verlangen  wollte,  sich  diese  den- 
selben Sohwierigkeiton  gegenübergestellt  sehen  würde,  als  wie 
sie  in  Betreff  dee  Testamentes  gieieh  zu  AnfSuig  bestanden 
hätten.  Diese  Anschauung  Mettemich's  war  schon  im  llinbHcke 
auf  das  Gesetz  vom  10.  April  1832  gerechtfertigt,  welches, 
Carl  X,  und  seine  Familie  in  Acht  und  Bann  »  rkliiivnd,  zwar 
den  viertel  Artikel  des  Gesetzes  vom  12.  Jänner  isll)  niifge- 
hoben,  aber  nichtsdestoweniger  die  Bestimmungen  aufrecht  er- 
halten hatte,  welche  die  Napoleoniden  betrafen.  *  Er  tlberliess  es 
Marschall,  sich  tLber  den  wahren  Sachverhalt  zu  erkundigen, 
um  darnach  Antomarchi  zu  bescheiden,  wogegen  er  ihn  auf- 
forderte, die  Herzogin  von  Parma  zu  veranlassen,  dass  sie  ihre 
Bechte  aof  San  Martino  endlich  zur  Geltung  bringen  m6ge.' 

Die  Hälfte  des  Depots  befand  sich  in  der  That,  und  zwar 
hypothekarisch  sichergesteUt,  bei  Lafitte,  aber  Marie  Iiouise 
liegte  nicht  die  geringste  Absicht,  sie  zu  beanspruchen.  Als  in 
Vertretung  des  Marquis  de  Maison,  französischen  Botüchufters 
am  Wiener  Hofe,  der  Bolsehaftssecretür.  (iraf  S'*  Aulaire,  am 
8.  Juni  1833  eine  Note  an  den  FUrätcn  Metternieh  richtete,  in 
welcher  er  genauen  liericht  Uber  die  Sachlage  erstattete  und 
weiche  er  mit  dem  Ersuchen  schloss,  dass  die  Herzogin  von 
Panna  ihren  Erbrechten  auf  die  Verlassenschaft  Napoleons  ent- 
asgen  möge,^  zögerte  Marie  Louise  keinen  Augenblick,  diesem 
Wunsche  Folge  zu  leisten.* 

Nach  langwierigen  Verhandlungen  Uber  die  Form  der 
Venichtleistung  erfolgte  eine  solche  erst  am  12.  Mai  1837,  und 
da  sie  alle  Theile  gleich  befriedigte,  war  diese  Angelegenheit 
loniit  endgiltig  erledigt.^ 

In  Betreff  des  Gutes  San  Martino  hatte  die  toscanische 
Regierung  verfügt,  dass  der  Herzogin  von  Parma  nur  der 

*  Vgl.  Hsmel,  Lonu  PhUippe,  I,  270. 

*  Aahaag  43. 

*  Anhang  44. 

*  Anhang  45. 
'  Anhiag  4S. 


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124 


lebenslängliche  Nutzgenuss  gebühre.  Doch  wollte  Marie  Louise 
auch  diesem  enteagen,  weshalb  sie  den  Grafen  Revizky^  er- 
suchtc,  die  grossherzogUche  Regierung  davon  mit  dem  Bemer- 
ken in  KenntnisB  zu  setzen,  daas  San  Martino  demjenigen  ab- 
getreten werde,  welcher  es  nach  dem  Gesetze  beanspruchen 
dürfe.'  Nun  machte  Fürst  Montfort  seine  Erbrechte  auf  dieses 
Gut  geltend,  und  der  Process,  der  darüber  entstand,  währte 
noch  lange  nach  dem  Tode  Marie  Louisens  fort. 

>  Seit  laSG  bevollmichtigler  Ifiniiter  in  Floreu;  leiii  anmittelbarer  Yor- 

gtnger  war  Chraf  8en8t-PilsadL 
*  »Der  Herr  ObenthofmeiBter  I.  M.  der  Fran  Emberaogin  Hersogin  ▼<>& 

Parma  hat  mir  die  mit  dem  hohen  Rescripte  vom  10.  December  v,  J.  an- 
gekündigte Absicht  I.  M.  eröffnet,  Ihr  Besitstham  San  Martino  auf  der 

Insel  Klbn  schon  ilf  nn.ilen  c»nnz  aufzugeben,  von  weUlioin  ihr  nat-h  ilem 
Todt'  des  Herrn  Uerzogs  von  Eeicbatadt  nur  der  lebenslängliche  Frucbt» 
genui^s  ^i'hührt. 

Eö  wurde  mir  aufgetragen,  von  dieser  Absicht  die  grüs-sUerzog liehe 
Regierung  mit  dem  Beisätze  in  Kenntniss  zu  setzen,  es  würde  der  Wunsch 
I.  U.  «ein,  den  die  IMbnnale  angewieaen  werden,  Uber  die  gegrflndeten 
AnaprUdke  an  entMbeidett,  welche  tith.  anf  das  Eigentham  von  San  Mar* 
tino  erheben  werden,  nachdem  I.  Bi.  dietem  Beaitatbnm  eatngt  haben 
wfirde,  und  daai  die  Tribnoale  dicj^ugen,  die  das  Recht  dean  haben, 
auch  in  den  Besitz  einführen.'  Graf  von  Revizkj  an  den  FBrBlen  Metter« 
nich.   Florena,  den  21.  November  1887.  St.-A. 


BEILAGEN. 


1. 

Sir  Hadson  Lowe  to  Iiord  Bafhnrtt. 

81  He1«n%  14«^  mai  1891. 

Mylord.  In  the  first  dajs  after  general  Bonapartes  death,  I  wiis  too 
mach  oceapied  in  the  various  local  airangements  to  which  the  event  gaye 
rise,  and  too  solicitoiis  tbat  yoar  Lordship  shonld  receiye  the  earliest  pos- 
•ible  information  of  th«  «rent,  to  enter  into  many  details,  npon  which  I 
ibaU  Bow  baTO  fh«  honor  to  eomnraiuoat».  I  hate  already  had  occarion  io 
nfcr  to  ihe  letter  whidi  eoont  Moi&iholoii  addreflsed  to  m»,  aanoandng 
ganeral  Bonapartes  death. 

He  took  tbe  oarlieet  opportunity  afteniarda  to  presB  mo  for  a  reply 
aad  ayaOed  himaelf  at  the  eame  time  of  fhe  aathority  whieb,  he  said  had 
been  delegated  to  bim  by  general  Bonaparte,  to  make  known  to  me  what 
he  Said  was  one  of  his  äy'mg  requests;  this  requcst  was,  that  Iiis  heart 
should  bp  sont  to  his  wife,  the  archduchess  Maria  ijnui»a.  I  acquaintcd 
coant  Monthulou,  that  iiiy  ordors  wpre  to  inter  tho  body  oii  this  islaud 
and  that  I  could  not  be  said  to  do  so,  if  I  suffered  any  part  of  it  to  be 
taken  away  from  hence. 

This  proposal  was  made  to  me  before  the  opening  of  the  body  and 
ooont  Montholon  aoqaaintod  sie  at  the  same  time,  that  general  Bonaparte, 
biTiDg  thoiigiit  it  probable  that  the  diseaee  nndenrhich  he  bad  been  raffer^ 
big  was  the  lame  aa  that  of  which  hia  &ther  had  died,  vis.  a  Cancer  or 
Kiirhne  of  the  pyloma,  bad  been  desirone,  hia  body  ehoold  he  opened  as 
&  Dieane  to  discoTer  if  any  remedy  could  be  fonnd  to  preeerre  hia  son 
front  the  same  disease.  We  had  no  farther  conTersation  at  the  moment 
nepeeting  the  heart;  count  Montholon  oüly  expressing  his  desire  I  would 
consider  his  application  to  me  and  give  him  an  auswar  upon  it. 

When  the  body  was  opcnod,  prnfossor  Antoraarchi,  who  was  the 
principal  Operator,  wished  to  keep  the  heart  and  the  diseased  part  of  the 
stuiuach  separate  from  the  body,  an  objection  was  made  to  this  on  the 
pari  of  the  medical  gentlemon  on  account  of  their  having  receiTed  no 
4irectione  from  me  on  the  subr^t  Connt  Montholon  then  came  forward 
in  e  Teiy  eameet  manner  to  Sir  Tbomaa  Beade,  who  was  in  the  room 


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136 


dvrmg  the  dissection,  to  beg  the  heart  uiight  be  leit  out  until  tbe  mattor 
was  referred  to  me,  and  to  this  proposal  Sir  Th.  Beade,  with  whom  I  had 
Bome  pmioQS  coiiYarsatioii  in  anticipation  of  wbat  might  occur,  aasarted. 
Having  reflected  Qpon  th«  tenor  of  oonnt  Honthdon'a  letter  to  me,  and 
the  nae  of  the  Imperial  title  in  it,  I  feit  I  coiild  not  with  proprie^,  either 
acknowledge  or  replj  to  it,  bat  aa  it  embraced  anbjecta  opon  which  he 
and  the  other  foUowere  of  genenil  Bonaparte  might  natorally  expeet  to  be 
made  acquainted  with  my  det«  riiiiiKition,  I  saw  no  reasoQ  that  shuuld 
prevont  me  fmin  writing  a  lettor  to  him,  which  should  iaform  him,  as 
£rom  iDjsclf  np'tii  all  tho  poiiits  in  qiicstiün.. 

I  thereforo  adressed  a  letter  lo  the  count  of  whicb  copy  is  inclosed, 
aud  at  the  same  time  told  him  what  my  detenniuation  was  with  respect 
to  the  heart,  that  I  could  not  aaffer  it  to  be  removed  from  the  Island,  bat 
that  it  might  be  pnt  np  separatelj,  presenred  in  any  way  he  pleased  in  a 
vaae  and  placed  in  the  same  coffln  with  tbe  rest  of  the  bodf.  This  at- 
tention I  oonsidered  to  be  due  to  the  illastrions  personnage  to  whom 
connt  Hontholon  had  aoqnainted  me,  it  was  the  deaire  of  general  Bona- 
parte his  heart  shonld  be  giren,  thinking  it  equallj  an  act  of  doe  atten- 
tion to  bor  not  du  yield  to  count  Montholon's  desirc  of  conveying  the  heart 
at  onco  to  her,  uuiiifuniied  as  1  naturally  iniist  be  in  what  light  aftor  so 
lon^'  II  Cassation  of  any  rfhition  together,  whetUer  of  a  public  or  dgmei>tio 
nature,  auch  requoBi  might  be  received. 

The  heart  which  had  been  preserved  in  spirits  of  wine  was  conse- 
qnentlj  pnt  into  a  small  aÜTer  vase,  the  stomaob  in  anotheri  and  both 
placed  in  the  coffin  with  the  bodj. 

Mr.  Bntledge  aasiatant  snigeon  of  the  20*^  regiment  was  the  person 
who  Boldered  np  the  Yases  in  which  the  heart  and  stomach  were  phwed, 
and  saw  them  pnt  into  the  coffin,  the  nndertakers  being  also  present. 
The  body  was  deposited  in  the  plain  uniform  of  a  Fraich  colonel  of 
chasBcurü. 

The  coftiü,  at  the  pai-ticular  de&ire  of  count  Montholon  was  con- 
sti'ucted  as  foUows: 

1.  A  ])lain  cofüu  lined  with  tin. 

2.  A  lead  coffin. 

8.  A  mahagony  coffin. 

Connt  Montholon  wiahed  to  have  the  worda:  »Napoleon  n4  ä  Ajacdo 
15  Aofit  1769,  mort  &S*«-H6Une  5  Mai  1881',  inscribed  on  it.  I  wiahed 
the  word  Bonaparte  to  be  inserted  after  Napoleon,  to  this  oonnt  Mon- 
tholon objected,  and  therefore  no  inseription  whatever  was  placed 
on  it. 


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127 


On  the  day  aftor  the  foueral  I  waited  on  ootint  Hoaibalon,  to  be  in- 
formd  of  the  teatamentary  dispoeitions»  ganeral  Booaparte  had  mado» 
Mo;  tt  I  had  hefore  nndentood  from  him  not  a  will,  but  a  codicil  to 
Ins  will.  He  immediately  aseented  to  show  it  to  me,  bot  eaid  it  was  ne- 

tmxrj  covnt  Bei'trand,  Signor  Vignali  and  Mr.  Marchand  should  be  pre- 
itüt,  ht'  wi'nt  C(>nso(|iiL'iitly  to  call  theiu,  Litnit.  colonel  Sir  Tli.  "R<»ade  being 
about  to  foiluw  mo  and  thpiii  inta  couat  Montholon's  apartuient,  the 
C!>nnt  toM  ino  ho  li.id  hwn  purticalarly  enjoinod  not  to  show  thp  will  to 
a&y  persou  but  myself;  I  iusisted  however  upon  Sir  Th.  Beade*»  accom- 
pe&jhig  me  and  being  pres^nt  wben  the  will  was  opened. 

Upon  going  into  couni  Montholon's  room,  he  presented  the  paper 
eoDtaming  the  will  to  me,  it  was  only  one  flheet  of  paper  with  fiye  seala 
Ol  it,  Tis.  thoee  of  general  Bonaparte  himself,  oonnt  Bertrand,  connt  Mon- 
tbolon,  Signor  Tignali  and  Mr.  Marohand  folded  iip  precisely  as  in  the  copy 
iadoeed. 

After  perafiing  the  Contents  I  returned  it  back  to  connt  Montholon, 
and  told  him  I  could  not  decide  npon  its  validity  in  u  legal  point  of  view, 
bnt  that  if  I  withheld  my  decision  upon  it,  it  would  not  be  with  any  in- 
tention  to  opposo  its  execiition. 

It  would  be  necessary  however  I  should  see  the  effects  genoral 
Bonaparte  had  left,  bf'fore  I  conld  decide  in  what  degree  it  might  be  re- 
qoisite  for  me  to  afSa.  my  own  seal  to  tbem,  prior  to  tbeir  removal  from 
^e  island,  er  to  any  final  dispoeition  of  them  taldng  place. 

On  the  following  day,  the  10*^  of  may  I  again  proceeded  to  Long- 
wood aecompanied  by  major  Gorreqner  to  see  the  elfects,  which  general 
Boni^tarte  had  left,  the  whole  had  been  laid  ont  in  hie  apartments. 

Tbere  was  his  wardrobe  principally  consisting  of  old  clothes  accord- 
ing  to  inventary  A. 

His  plate  and  porcelaine«  as  per  invontary  Ii-,  an  additional  inven- 
tiiy  of  bis  plate.  in  posscssion  i)f  connt  IJcrtrand  C. 

Three  small  niahagouy  boxes  with  each  tive  seals  npon  them,  con- 
taining  the  articies  specified  in  inTentaries  1 — 3,  which  count  Mon- 
tholon informed  me  it  had  been  the  reqneet  of  general  Bonaparte,  might 
be  deliwed  to  his  son  on  his  attaining  the  16*^  year. 

These  boxes  be  particnlarly  objeeted  to  open  from  respect  as  se  said 
to  the  dying  reqnest  of  the  person  to  whom  they  had  belonged.  I  did  not 
presB  him  to  open  them  on  this  first  ooeasion. 

Amongst  the  few  articies  of  Talne  which  lay  open  on  the  tahles  was 
t  snnff  box  of  wrought  golJ,  with  a  cameo  of  large  size  representm^  i 
goät  wilb  a  faon  riding  upon  it  nibling  at  some  grapes  on  a  vine  btulk, 


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128 


and  aaother  also  of  wrought  gold  with  an  N.  rougblj  engravod  or  rather 
cat  in  apparently  with  the  point  of  a  knife  on  the  cover  of  it. 

The  firsi  of  these  boxee  had  been  presonted  to  genenU  Bontparte 
by  tbe  Pape  Pios  the  TII^  at  the  peaoe  of  Tolentino  in  ooneideration  of 
some  favorable  modificationa  wbich  general  Bonaparte  bad  admitted,  on 
tbe  treaty  witb  Hia  Holjness  on  that  oocaaion. 

I  had  looked  on  tbese  bozes,  in  the  first  instance  without  opening 
them.  b«t  Walking  about  the  room  sbortly  afterwards  I  took  up  that  with 
the  wineo  upüu  it,  to  iidinir©  the  beauty  uf  tho  workinaiisliip  and  at  tho 
game  time  openini^  tlio  lid  uf  it,  I  observed  at  the  bottuiii  a  siiiall  card,  cut 
oxactly  of  the  same  siz©  as  the  insidt»  of  tlie  box  with  the  followiii^  words 
lipon  it,  written  in  general  Bonaparte's  own  hand  ,1'ompereur  Napoleon 
k  Lady  Holland  t^moignag^  de  satisfaction  et  d'estime'.  On  the  hack  of 
tbe  card  waa  written  in  anotber  hand  ,donn^  par  ie  Pape  Pie  YU  iL 
Tolentino  1797'.  Connt  Montholon  and  Honaienr  Harcband  obsening 
mj  snipriae  at  reading  the  card,  eaid  tbey  bad  no  idea  of  tbere  baving 
been  racb  a  card  witbin  the  box,  bat  count  Montholon  added  inmiediately  be 
had  been  charged  by  general  Bonaparte  to  presentthatboxto  Lady  Holland. 

On  opening  the  otber  box  I  found  it  half  filled  with  snuflf  —  it  was 
tho  last  box  gt^neral  Bonapai  te  had  in  uso.  Count  Montliokdi  told  ine  he 
had  been  charged  to  present  it  to  D'  Ai  nott,  and  that  the  N.  on  the  top 
of  it  had  been  cnt  by  general  Bonaparte  himself. 

Count  Montholon  told  me  afterwards  he  had  been  charged  also  to 
present  to  D**  Arnott  ,ane  somme  d'argentS  Having  aaked  connt  Mon- 
tholon if  general  Bonaparte  had  not  left  many  papers,  be  said  very  few 
tbat  migbt  be  considered  as  bia  own  that  be  bad  some  dictöea  of  general 
Bonaparte,  bnt  be  regarded  them  now  aa  belonging  to  bimself.  Gönnt 
Bertrand  wbo  waa  present  obeerred  be  bad  some  also  in  bia  poBseaion  of 
tbe  same  Und.  Haging  begged  count  Hontbolon  be  wonld  sbow  me  in  tbe 
first  instance  those  which  he  considered  to  belong  to  general  Bonaparte 
hiraself,  he  went  into  bis  room  and  brought  out  a  buiidlo  with  him,  tliey 
were  priacipaiiy  nutes  on  tlie  concordat,  a  roogh  co])y  of  the  lett^re  from 
the  Cape  of  Good  Hojtc  published  as  a  reply  to  the  book  of  Mr.  Warden  — 
au8wer  to  the  manusci'ipt  of  8^  Helena — ,  and  various  loose  papers  which 
it  would  haye  reqnired  a  immense  time  from  the  indistinctness  in  which 
many  of  them  were  written,  aimply  in  pencU,  to  have  deciphered,  tbe 
beada  and  anbjects  of  none  of  tbem  appeared  to  rekite  to  any  otgeot 
of  paramonnt  interesty  and  npon  asking  oonnt  Hontbolon  wbetber 
notbing  more  exiated,  be  said  tbat  I  migbt  consider  all  papers  of  any 
kind  of  oonseqnence,  as  baving  been  already  transmitted  in  one  way  or 


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129 


<Hher  to  Europe.  He  added:  vous  en  avez  meme  vu  de  publies  referring  to 
tbe  9'^  book  of  the  Memoirs.  Thpy  h;i«i  advcrtised,  th^v  said.  tho  publi- 
cation  cf  ihe  7'^,  ö'*'  ariil  1»'^  book,  but  they  ha<l  nt»t  aiijH'ar».Mi.  thesi'  ba<l  been 
-nt  to  Mr.  O'Meara,  but  not  f<>r  piiblicatioii,  lus  hiu\  ptiblished  what  ho 
di'i  withottt  any  authority  and  they  were  all  t>xtremely  angry  with  iiim 
foT  it.  He,  count  Montholon,  would  compel  Mr.  O'Meara  to  sofTonder  up  to 
him  the  remainder  of  the  mannscript  ke  had  in  hia  possesnon.  General 
Boniparte,  he  «ud,  had  been  extremely  snrprised  and  ineeneed  at  the 
publkation  ef  any  part  of  theee  as  well  aa  of  the  a«oonnt  of  the  hattle  of 
Waterloo  by  general  Gooigand,  who  was  deeired  to  deÜTer  the  notea  he 
was  posseseed  of  npon  tbat  eobject  previons  to  hie  departiire  fnm  hence 
tnd  thoQgh  he  had  given  up  one  c/»py  he  had  retained  or  rather  purloined 
the  other.  liiai  this  circumstant    hu  i  u  iitaied  general  Bonapaito  u.^miu.--L 
geoeral  Gourgaud  more  thau  aoy  tüiug  eise  ia  his  conduct,  aud  he  had 
iiefer  forgiven  it. 

1  asked  count  Monthob>ii  what  had  become  of  the  tirst  books  ot  the 
memoii's;  he  said  they  had  been  eent  bome,  but  he  did  not  mention  to 
whom;  he  reiterated  that  every  paper  which  might  be  considered  of  any 
«ODBeqaenoe,  had  been  eent  to  Eorope  a  long  time  since;  that  general 
Bonaparte  had  diotated  nothing  of  any  interest  since  july  or  augnst  hwt. 
Vany  of  the  artides  belonging  to  general  Bonaparte  having  been  vety 
nach  combered  together  at  my  first  vieit,  I  suggested  to  count  Uontho- 
lon  that  the  whole  of  them  might  bo  opened  and  laid  out  in  the  different 
rooms  which  combiuiiig  witli  the  dosire  of  ^>evoral  persons  to  havo  an 
opjiN»rt«Tiity  of  stM'inir  anything  curioii,^  aml  valuabb'  amoag  the  elfccts, 
that  had  bot-n  liTt  the  following  day  was  fixo«!  uiioii  for  thoir  being  arrang- 
ed  io  such  manner,  aud  count  Monthulon  at  tho  same  time  said  h(*  would 
cause  the  forniture  of  general  Bona})art<>*s  own  apartments,  which  as  1 
aaw  them  were  in  a  State  of  entire  disorder  (one  of  them  had  been  con- 
Twted  into  a  chapel  and  the  drapery  had  been  just  stripped  off)  to  be 
inanged  in  predsely  the  same  atate  as  they  had  been  during  his  life-time. 

The  next  day  oTety  thing  was  prepared  accordingly,  and  as  an  aot 
«f  attention  to  the  offioers  and  principal  inhabitants  of  the  island,  the 
honse  was  thrown  open  to  eyery  person  of  a  respectable  class  in  regulär 
tarn  to  see  it.  The  bedrooiu  aud  dresBingioom,  being  the  most  constantly 
occupied  by  general  Bonaparte,  were  arranged  exactly  in  tbe  maniu  r  tli^y 
had  bf-pQ  during  his  life-time,  tho  <^ntirf  walls  of  b-.th  woie  covored  with 
white  iHUslin  drapery,  which  it  was  his  ciistom  must  be  chang»'<i  ovciy 
fortnigbt.  The  rooms  thus  have  a  veiy  neat  an«i  comfortable  appearance. 
Od  the  13^  instant  I  waited  again  opon  count  Montholon,  to  inform  him 
Aicki».  Bi.  LXXX.  1.  mifi«.  9 


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130 


of  my  detennination  with  respeet  to  ih«  tbree  boxe«  which  had  been  sealed 

up  and  also  with  regard  io  the  papers  in  his  possession  as  well  ae  in 
oount  Bertrands.  I  told  him  it  was  absolutely  necessai-y  I  shonld  bo 
enabled  to  say  j'ai  tont  vu'.  A  minute  of  conversation  I  had  on  this  occa- 
sion  with  count  Montholon  and  cotint  Bertrand  accompanies.  Every  thing 
which  I  required  to  see  was  shewn  to  me.  With  respect  to  the  will  I  had 
it  not  in  intention  either  to  admit  or  to  dispute  the  validi^»  leafing  it  to 
the  natural  hein,  to  litigate  any  points  that  might  ariae  npon  it. 

The  articles  left  by  genenl  Bonapaita  sre  slinost  entiiely  the  nme 
ho  brotight  with  him  hither  and  whieh  he  was  permitied  by  the  British 
gOTenunent  to  possess  whilst  here;  the  codicil  refenred  alone  to  such 
objccts  as  he  possessed  here.  Döring  his  life-time  I  might  faaTO  been  an- 
thorised  in  proventing  any  disposition  of  them,  which  might  have  rendered 
them  convertiblc  to  the  lueans  either  of  communication  or  escape,  but 
aft^r  his  death  they  appeared  naturally  to  fall  as  an  heir  looni  to  bis  na- 
tural hüirs  or  to  those  persons  t<>  whouj  he  willed  tbeni.  The  validity  of 
the  testimouy  as  to  his  hand-writing  and  signature  of  persons  wlio  have 
an  interest  in  the  requesis,  might  certainly  be  dispiited  in  a  court  of  law; 
bot  the  circumatances  nnder  which  genenü  Bonaparte  died,  are  of  a  natore 
for  which  no  exact  analogy  I  believe  can  be  foond  in  any  preoedent  which 
law  book  coold  afford.  I  forbeor  giving  validity  to  his  last  testamentary 
disposition  as  I  might  do  in  the  same  way  as  at  the  deakh  of  any  other 
person  on  this  Island  by  i  cquiring  the  witnesses  and  the  execntors  to 
appoar  before  me  and  the  Council  to  swear  to  the  authenticity  of  the 
papers  presented  and  to  admit  the  right  of  administcrint,'  npon  them,  biit 
at  the  same  time  I  havu  not  ff»lt  myself  called  npon  to  dispute  the  validity 
by  any  diroct  act  of  intorloronce,  on  my  part.  »atisfying  myself  simply 
with  asscrtainiug  what  the  effects  are  and  taking  such  step  on  public 
grounds  alone.  I  nevertheless  feel  I  am  not  without  legal  argument  for  re- 
fraining  from  any  real  dispute  on  the  validity  of  the  will  or  putting  a  bar 
to  its  execotion,  for  upon  referenoe  to  the  only  law  book  in  my  possession, 
that  I  thought  likely  to  present  any  light  on  the  snbject,  ]>omast*8  civil 
law,  I  find  all  the  argoments  are  in  favor  of  the  legatees;  it  is  therefore 
in  some  degree  withhelding  an  aid  firom  them  in  not  caUing  upon  them» 
to  swear  to  the  validity  of  the  will  before  me,  and  thns  leaving  it  opcn  to 
any  further  discussiou,  l)ut  the  ucutral  course  in  such  matter  is  that  which 
has  appeared  to  me  on  the  whole  the  most  advisable  to  pursue, 

I  have  .  .  . 


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131 


II. 

Kinate  of  what  oceand  at  Longwood  on  the  13^  maj  1821,  ai 
Hh  anmmatioik  of  aome  of  tlie  properiy  left  by  geoenü  Bonaparto. 

The  goTOTBor  eaUad  on  oonnt  Koatholoii  aooompaniod  bj  Sir  Thomas 
lud«  and  major  Gorroquor,  and  informed  him  ho  had  oome  to  Loagwood 
kt  ih«  pnrposo  of  sj^oaking  to  him,  Tolatire  to  tbo  exammation  of  the 
eiBds  of  general  Bonaparte,  that  it  was  nocessary  ho  ahoold  tm  ewrj 
thing  before  it  left  the  islaud,  in  order  that  he  might  bo  enabled  t<)  state 
tt)  bis  gfivemmeiit,  that  the  articles  corrosponded  gonorally  with  the  iü- 
TPütarios,  and  that  ho  inight  be  eiuiblfd  to  send  tho  offects  home  on  board 
the  same  ^ihip  with  the  persons  of  Longwood  instead  of  sending  them 
6ealed  up  to  be  eiamiued  there,  that  it  might  thuü  prevent  many  quoations 
regarding  them  in  England,  and  aavo  mach  trouble  and  inoonvenience  to 
thonuolfea,  bonafter,  aa  the  goTornment  might  at  onee  be  enabled  to 
make  its  dispoaitiona  re^eeting  the  effeola  apon  his  report. 

Coant  Montholon  asaented  immodiately  to  the  examination  of  oTory 
thing  except  three  amall  bozes,  eealed  np  with  general  Bonapaite^a  own 
teal  and  the  sealg  of  foor  of  bis  followera  (▼ii.  eonnta  Beiirand  and  Mon- 
fbotoD,  abbe  Yignali  and  le  Sicur  Mai*chand)  saying:  ,11  n'y  a  aucuno 
aatre  difficnlte  qiu-  pour  cos  truiü  boites',  that  ho  wouKl  profcr  every  other 
mode  of  piocooding  iu  respeot  to  them,  tliau  biuakiiig  tlio  soals.  .nous 
ßev(»iis',  he  Said,  .rospocter  ces  dorui^res  volontos*  that  it  wouM  bo  plac- 
ing  them  (the  persons  whose  seals  were  afiäied)  in  au  unpieasant  8i> 
toatinn  towarda  hia  son  and  tho  other  mombers  of  his  family. 

The  goveraor  said:  ,Je  m^riteraia  d^Atra  blftrn^  trte  haatement,  si 

ja  m  oontentaia  d'ezaminer  lea  artidea  de  la  moindre  cone^aence,  et  de 

laisaer  paaaer  lea  chosea  lee  plne  pr^ieaaes  sana  loa  Yoir.'  The  connt  here 

obserred:  ,OBi,  e'eat  bien,  ce  qn'il  y  a  de  plus  precienx  €ertainement%  tbe 

gofimor  nanmed:  ,Ge  serait  me  plaeer  dana  nne  position  asses  ridicnle 

qae  de  realer  satisfait  d'avoir  yn  nne  partie  et  point  Faiitre'  tbai  bis  object 

was  by  n«.  moaiis  oue  of  curiosity.  but  to  hi-  able  to  do  hij?  diity  towards 

gövetament,  by  informini:  it  ho  liad  oxaniiii»'>l  all  tho  effeets  gonoially.  It 

was  not  his  iiiteiition  tu  inieitoi-o  witli  tlio  disposition  of  the  proporty 

luentioned  in  the  will,  nor  would  he  consider  whother  he  could  legally  do 

^  or  not,  he  had  no  desire  to  impede  the  last  intentiona  of  gonoral  Bona- 

pute  in  the  disposal  of  that  property.  Etoq  the  regulations  of  the  caatom- 

lionse  required  that  OTOiy  ihing  imported  or  eiported  ahoold  be  aeen,  and 

in  his  sitaation  of  govemor  he  was  not  bonnd  to  dispenae  with  the  role 

«B  thii  oeeaaioA.  In  Boghad  every  box  most  be  opened  hy  oifieeia  of  tbe 

9t 


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183 

cnstoms,  nothiag  coold    taken  oat  of  tbe  ship,  withont  fhai  examination; 
after  bis  seeing  the  contents  of  tbese  boxes  they  might  be  again  sealed 
up  and  bis  seal  annexed  to  tbu  otber  seals.  His  object  and  desire  from 
tbe  moment  of  general  Bonaparte's  lifiith  had  been  to  proceed  in  every 
tbing  with  all  the  accord  in  his  power.  Otunt  Montholon  bowed  sayin'f!:: 
,Oai  certainement,  vous  Tavez  fait  en  toutes  choses.'  The  count  theu  sald 
it  was  necessary  be  ahoold  consult  with  the  othtM  i  oi-^ons  whose  seals 
(beeide  bis  own)  were  on  tbe  boxes,  and  consider  whether  tbej  conld 
accede  to  the  gtTernor's  desire  of  haviiig  tbem  opened,  as  tbey  mnst  aci 
in  nnison  on  sncb  a  point  Tbe  govemor  remarked»  be  was  desirons  tbey 
flbonld  all  act  in  concern  in  ihis  affair.  The  count  tben  expressed  a  wish, 
the  goTornor  should  State  bis  desire  in  writing,  not  tbinking  a  verbal 
commnnication  snfficient,  to  justify  tbem  towards  tbe  son  and  fsmily  of 
general  Bonaparte.  After  conft-niii^  with  ihr  oüm-  porsuns  concfined, 
be  wonld  let  the  governor  know  th»  ir  opinion.  The  g^overnor  Said  he  uii- 
derstood  that  count  Bertrand  and  hiins«'lf  lia<l  sevoral  papers  of  general 
Bonaparte 'p;  dictation,  tbese  it  wouid  be  uecessary  be  sbould  also  see,  so 
as  to  be  informed  of  the  t«-eneral  teuor  of  tbem.  ,11  faut%  addod  tbe  gover- 
nor, ,que  je  sois  ä  meme  de  pouvoir  dire  pour  tout  ce  qu'il  y  a  j'ai  vn*  to 
this  count  Montholon  consented  witbout  difficulty  or  beeitation. 

Tbe  gOTemor  inquired  wbat  steps  were  meant  to  be  tsken  respeet- 
ing  tbe  money  advaneed  to  tbe  etablisbment  for  which  cooni  Bertrand  had 
given  receipts.  The  oonnt  said,  be  wonld  bimself  bave  the  amoont  paid 
by  Baring,  it  was  be  believed  60.000  francs.  Tbe  moment  be  arriYed  at 
Paris  be  would  take  the  neceissary  measures  to  bave  it  repaid,  at  all  events 
not  above  a  nionth  shmild  pa^s  after  his  arrival  tbere  without  bis  sending 
authority  to  MM.  Baring  to  pay  it;  the  money  so  advaneed  was  f<>r  ilieir 
iiso  in  general.  and  he  was  e<|ually  responsible  for  payment  with 
count  Bertrand,  be  made  bimseif  answeralde  it  sbould  be  refunded. 

Count  Montbolon  tben  spoke  respecting  the  booke  at  liongwood,  pari 
of  which  be  sud  belonged  to  tbe  British  gOTemment  and  part  to  general 
Bonaparte»  that  tbe  general  had  given  some,  belonging  to  tbe  goTenunent, 
to  his  wife  (Madame  Hontbolon)  on  her  departure  along  witb  otber  books 
of  his  own,  haying  taken  tbem  witbout  seleetion  or  beeding  to  wbom  they 
belonged;  that  Hr.  O'Meara  had  taken  some  away  with  bim  withont  tbetr 
consent  (or  even  leave  to  keep  tbem  in  bis  room)  part  of  wbicb  belonged 
to  government. 

Tbe  count  handed  over  to  me  threo  li^ts,  marked  n**  1 — 2 — 3  wbidi 
be  said  sporified  the  wbolo  of  the  ai  iuh  s  contained  in  the  three  smail 
boxos  under  seai.  A  list  of  general  Bouapaite's  wardi'obo  and  plate,  and 


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133 


»Iso  an  additional  an*'  of  tbö  latter  article,  wbich  he  saiJ  had  been  broiitrbt 
ly  count  Bertrand  Irom  France  here  unknowu  to  aiiy  body  and  bad  if- 
maiQt'd  bitberto,  in  possession  of  the  count,  that  he  had  taken  it  away 
mthout  mentionin^  it  to  anj  one,  and  that  it  waF  onlj  aftf'r  general 
Bonaparte's  death  he  had  told  him  (count  Montholon)  of  it.  The  gOTernor 
infomed  count  Hontholon  that  the  Camel,  Btoreship»  was  flxed  npon,  to 
tdn  them  all  to  Eniope,  that  the  admiral  was  giTing  the  necesssry  di- 
netioDs  to  bave  every  pnpaiations  made  for  their  reeeptiony  that  it  was 
a  yvj  good  and  bige  ship»  with  comfortable  aooommodation»  ihe  captaiiL 
a  my  respeetable  attentive  person,  who  was  extremly  well  spoken  of  by 
everj  passenger  who  saiied  with  him,  there  woal^  be  sometroops  embark- 
ed  also  on  board  her,  bnt  tbey  would  not  bo  crowded  or  incommodinl  by 
Wmn:  ho  thnns^ht  be  could  not  saj  more  in  frivoiir  of  the  veKsol.  tban  tbat 
woiiid  be  bappy  if  bo  c<»uld  embark  hiü  fauiily  cn  bounl  »o  good  a  um, 
öQ  guing  bome;  rount  Montholon  asked  abont  what  tiiue  she  might  be 
expected  to  sali,  the  §^Ternor  mentioned  the  latter  end  of  the  ensning 
WMk,  to  which  the  eount  repüed  ,le  plutot  taut  mienx'. 

The  govamor  then  left  eount  Montholon  who  having  gone  to  con- 
nüt  the  other  penons  reapeeting  the  opening  of  the  boxes,  soon  retarned 
aad  Infumed  the  gOTernor  (who  was  waiting  in  the  qoartera  of  the  or- 
deriy  oflhser)  that  they  had  not  objected  to  tbe  breaking  of  the  seals, 
thit  they  said,  as  he  was  tbe  person  principally  charged  with  tbe  exe- 
entiöii  ul  tbi-  last  wisbes  of  general  Bonaparte,  so  long  as  be  biiubelf 
oppoj-eil  no  difüculty,  tbey  woiild  not.  It  was  bis  business  more  tban  theirs, 
Äüd  they  would  be  r<^ukted  by  bim.  Count  Montbidon  tbeii  »'xpressed 
bis  readiness  to  havo  the  seals  uf  tbe  three  small  boxes  brokeii,  imuiedia- 
tely  on  receiving  a  lettcr  from  the  go?emor  expressive  of  his  desire,  to 
Tiew  the  whole  of  the  effects.  The  connt  then  withdrew  and  tlie  governor 
hanng  written  a  letter^  to  him  on  the  sobjeet,  I  delivefed  it,  when,  alter 
castisg  his  eyes  over  it,  he  aaid  he  was  ready  to  open  the  sealed  boxe«  in 
thalihiaiy. 


8ir!  Lonj^-wond,  12*^»  may. 

It  forminp  part  i»f  my  instructinns,  n«it  to  suffor  aiiy  nrtu  le  apparUiiuiug 
to  Langwü'xl  to  qnit  thi^  islniid  witliont  cx^iiiiiiiing  the  same,  I  think  it 
pmper  to  aiquaiut  you  tbat  1  can  make  ao  exception  whatever  to 
gbueral  rule  iaid  dowu  for  mj  g:uidaDce  on  thU  head,  bnt  hsTe  to  de* 
ine  that  the  whole  of  what  ia  ineeiit  to  be  conTOjed  from  hence  may 
be  «xhibilited  to  me,  1,  ■hall  then  have  the  honor  of  «cqnaintiiig  yon 
ai  to  any  form  in  wbicb  it  may  be  allowed  to  depart.  I  have  the 
bonour  •  .  > 


XU 

The  governor  theu  proceeded  iicfnmpanied  as  before  to  the  library 
where  count  Montholon  and  Bertrand  and  Sieur  Marchand  were  asMmbled; 
coant  Montholon  ha?ing  said  a  few  words  in  a  low  tone  respeeting  tiw 
lettor  he  had  just  recdved  from  the  gorernor,  and  hia  having  eonsented 
to  open  the  bazee,  connt  Bertnmd  and  Harehand  howed  and  acqnieaced; 
eonnt  Montholon  then  oat  the  rihbons  by  which  the  seala  were  connected 
and  foatened  on  the  boz  1,  and  Marchand  who  held  the  keya  opened 
it.  I  then  pioduced  the  Hat  H*  1  whidi  had  been  delivered  to  me  by  eonnt 
Montholon  and  the  articles  being  read  07er  and  compared  with  what  the 
boxes  containctl,  thoy  wcre  foimd  to  correspond.  Tho  boxos  N"  2 — 3  were 
oponed  and  oxaiiiuu'«!  in  the  same  iiuinner  as  N**  1  and  the  Contents  were 
found  to  a^reo  ^^■llh  th(^  lifits,  they  wero  immodiately  lucktj»i  up  turros- 
sively  as  examuied  and  the  keys  retained  by  Marchand.  The  govenu-r 
then  asked  count  Montholon  whether  they  were  not  to  be  soaled  ai^^ain, 
as  they  were  previons  to  their  being  opened.  The  count  replied  they  woold 
seal  them  up  afterwards  ^eneral Bonaparte' s  seal  being  in  their  possession) 
it  not  being  absolntely  necMsaiy,  to  do  it  inunediately,  viewing,  their 
Contents  had  been  aeen  and  compared  with  the  liata.  The  goYemor  then 
ptoeeeded  to  connt  MonthoIon*a  apartmenta,  where  the  connt  ezbibited 
a  qnantity  of  pi^era  in  bis  possessiony  a  great  portion  of  whieh  con- 
aisted  of  notes  dietated  by  genetal  Bonapaite  on  his  cimpaigns;  there 
were  also  severa]  memoranda  in  his  own  hand-writing  and  directions 
from  bim  in  pencil  on  siips  of  paper  to  the  connt,  to  make  researcbes 
on  various  pnblications,  antl  collect  materials  to  iissist  in  prcparing  what 
he  was  thon  compiling.  Amongst  tbeso  i)apers  was  the  acc-oimt  of  the 
hattle  of  Waterloo,  wiitten  ont  fair,  the  rough  draft  of  which  had  been 
talien  away  V)y  general  Gonrgaud ;  tlie  roply  to  the  mantiscript  venu  de 
S'^-Hülöne  already  published;  drafts  of  the  letters  from  tbo  cape  etc.  etc. 
Connt  Montholon  said  he  had  destroyed  a  great  quantity  of  such  kind 
of  rough  Jmfts  as  they  had  generally  been  written  ont  fair  and  he 
wonld  stiU  destroy  many  more  of  these,  they  were  be  added  fcept  by 
him  as  cnriosities.  The  governor  then  took  his  leave,  connt  Montholon 
having  called  me  back  to  ask  some  qnestions  abont  a  snm  of  money 
with  which  Marchand  wished  to  form  a  fand,  for  the  pnipose  of  se- 
cnring  a  provision  for  a  natural  child  of  his  on  the  island;  the  connt 
afterwards  mentioned  he  had  been  searching  for  a  note  dietated  to  him 
by  general  Bonaparte  a  considerable  time  back,  which  he  expressed  him- 
self  conccM  ued  at  not  being  able  to  find  ,cai-  c'ötait  l'eloge  du  duc  de 
Wellington'  it  was  written  in  the  highest  terms  of  praise  of  the  miiitary 
conduct  of  the  duke. 


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135 


I  tiien  rejoiaed  fhe  gOTmor  who  had  gone  with  Sir  Th.  Beade  to 
general  Berinuid^s  bome,  wer©  th«  eonnt  was  laying  opon  iBeTeial  porte- 

folios  of  papers.   The  governor  liad  alreudy  setni  one  containing  cash 
accountü  of  the  estahlisbment  of  geuorul  Bonap.ii  ic  at  Longwood.  Cuiint 
Bertrand  Üieu  &hüweJ  a  gieat  niimber  of  papcrs  mnch  of  the  samo  iiii- 
ture  as  those  seen  by  the  govornor,  nt  count  Monthuioii'B,  viz.  dictations 
of  goiieral  Bonaparte  rough  dniftt»,  and  a  great  many  uotes  in  the  gene- 
nUs  own  hand-writting.  Among  tbom  was  a  translation  bj  count  Ber> 
tnnd  into  French  of  pai*t  of  Mr.  Hobhauses  publication,  for  general  Bona- 
parte (ke  not  being  able  to  read  Engüah)  which  had  howeT«r  been  toddenly 
abandoned  as  a  work  tbat  ga?e  only  tha  opiniona  and  viewa  of  one  parii- 
colar  party.  Also  part  of  the  dnke  of  Marlborongha  lifo  tnuuüated  in 
like  manner  by  eonnt  Bertrand,  thia  bad  Ukewiae  abraptly  been  giyen  np. 
k  great  maiiy  OKtraeta  fSrom  the  annnal  regiater  and  varioua  othera  to 
form  akeletona  (qnadrM)  tbt  tiie  writings,  general  Bonaparte  waa  en* 
gaged  in.  A  colleetion  of  materials  for  a  work  in  progress  on  the  aroh- 
dukes  Charles  caiiipaigns,  which  when  he  «aw  that  published  bv  the  arch- 
duke  himself,  count  Bertrand  stated  he  threw  aside,  saing  .uiaiü  je  ii'ai 
ecrit  qiie  des  betises,  ici  je  travaiUais  eu  suppusaut  que  reunüuii  avait  HO 
ou  100.000  hommes  en  campagne,  et  je  trouve  qu'il  n'cn  avait  environ 
que  50.000^  He  bad  in  this  manner  relioquislied  several  works  in  con- 
temptation,  and  othere  even  begun  in  conpeqnence  of  the  watit  of  books, 
dm  which  he  might  bare  obtained  the  Information  whioh  he  foond  ne* 
oMaaiy ,  as  a  gronnd  work  to  proeeed  npon»  anch  for  Inatanee,  aa  the 
stnngth  of  annea  their  exaot  poaition  at  particolar  perioda  etc.  ,Ceci 
l'tnut  besnconp  d^goftti  de  §68  ontragea  parce  qa*il  n'avait  qne  aa  tftte 
poor  tronitler  et  eela  ne  Ini  aufBnit  point'  A  great  many  of  the  papera 
were  on  the  Egyptian  eatnpaign;  count  Bertrand  mentioned  that  he  had 
partiealarlj  urged  him  to  write  on  the  Raeaian  campaign  and  that  in  8a- 
lony,  as  there  was  no  individual  sufficieiitly  acquairited  with  his  plane  and 
objecto  during  the  latter  campaign  in  particular  to  write  a  good  ac€ouut 
of  them,  no  one  but  hiuiself  beiug  ftbl^  to  explain  his  dispositions  the 
multitude  of  cuiiibinatums  which  were  pui  in  action,  nor  the  object  of 
many  of  them,  he  would  not  howeyer  undertake  it  but  replied,  they  wmild 
speak  for  themaelves.  The  most  bulky  parcel  of  papers  which  count  Ber- 
trand  opened  was  he  said,  on  the  defensive  Operations  of  a  division  by 
fieldworka,  and  the  depih  of  formation  of  troops ;  the  French  always  formed 
th«ir  linea  three  deep,  but  aa  the  near  rank  oonld  not  fire  over  the  two 
othen  in  ita  front,  he  moat  approaved  the  Engliah  method  of  forming 
two  deep,  only  so  long  as  yon  oonld  not  give  effect  to  the  Are  of  the  thiid 


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136 


rank;  ihis  point  conot  Bertrand  said  had  occupied  kia  raiad  with  a  parti- 
cnlar  degroe  of  interwtednesa»  lie  wonld  get  vp  seTond  times  in  tba  middle 
of  the  night  (o  write  notaa  npon  it  and  he  fraqnantly  sent  biUata  to  cottnt 

Bertrand  on  the  subject  eren  at  night;  the  whole  of  that  parcel  of  pap«ra 
had  beea  proparud  diiiiiiij  üiv  liuio  he  was  busied  wiih  tuükiiig  Iiis  Utile 
garden;  he  there  traeed  otit  all  hia  plaiij;  uf  tioldwoiks  (»ii  the  giuand, 
having  them  all  (his  foUowers)  about  bim.  nn  l  |ioiutiüg  out  U>  theiu  hiß 
ideas;  he  there  described  the  mode  in  which  he  wonld  give  effect  to  thr» 
fire  of  a  line  drawn  np  in  ranks  even  as  far  as  ten  deop,  bj  placing  the 
ranka  ob  advaatageous  inclined  positions  and  drowing  them  np  with  thc^ 
man  of  loweat  atatnxo  in  the  front  lank  and  the  taUeat  in  tha  near.  With 
bis  ranka  of  8 — 10  deep  he  ihonght  himaelf  perfectly  inabordable  and  he 
wonld  hear  of  no  ohjectiona  to  hia  plana,  he  wonld  efen  propoee  where 
ihe  gronnd  did  not  oiTer  a  alope  to  make  the  men  dig  away  a  little  of  the 
earth  where  they  were  to  stand,  like  ateps  whieh  wonld  gire  anifioient 
elevation  to  the  near  ranks  to  fire  over  these  in  front  and  this  he  would 
have  done  in  a  minuto:  when  count  Bortrand  asked  him  for  aiiother  mi- 
nute  he  said  no  in  war  half  a  minute  is  too  miich  to  lose  you  would  have 
the  cavalry  upou  you  and  be  cut  in  pieces;  to  prove  the  pi-actibility  of 
auch  depths  of  formation,  in  the  little  gaiden  he  would  call  out  ,AUons 
Koverraz  viena  ici,  tn  ea  le  plus  grand,  plante-toi  la  et  Toua  antres  ap- 
prochezS  and  having  arranged  them  according  to  ein  on  a  dedivity  he 
went  on:  »et  moi  qni  auis  le  plus  petit.  Je  aerai  an  demier  rang  pnia  il 
concheratt  en  Jone  aTec  nn  bftton  par  deaana  nos  tMea*  exolainiing  in 
triomph,  ,eh  bien  ne  voyez  pas  que  je  tire  par  deaana  latAte  de  NoTerraa*. 

Connt  Bertrand  aaid  these  papera  were  kept  by  him  mostly  from 
curiosity,  there  were  however  a  numbor  of  interesting  things  among  them, 
which  he  intcnded  to  put  in  (»rder,  they  could  be  usefuU  to  his  sons.  The 
greatfr  j)r<iiiortiou  waa  his  (the  counts)  having  been  obliged  to  collect 
material«  and  U>  over  n  great  deal  of  picparatory  woik«  (appareutly  in 
mathematiks  and  fortihcation)  which  he  had  at  titis  tinie  alroost  forgotteii. 

Amongst  the  papera  were  also  the  reply  to  the  mannscript  de 
3^-H41^ne»  notes  on  the  work  of  Fleury  de  Ohaboulon»  Originals  of  the 
lettera  poblished  as  Crom  the  cape  of  Gkrad  Hope,  in  anawer  to  Mr.  Wardena 
hook,  Bome  aketchea  on  the  mode  of  framing  a  tablean  of  the  reYonuea 
and  reaaonrcea  of  the  Tariooa  branchea  of  government. 

Count  Bertmnd  aaid  that  general  Bonaparte  had  written  Uttle  or 
nothing  aince  july  last  and  that  generally  all  he  had  written  up  to  aognst 
1820  had  been  sent  to  Europe,  that  he  had  written  much  less  here  al- 
together  then  was  supposed. 


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137 


In  the  t  uu(^t?  of  the  convoifiation  coiint  Bei  tiaiiil  sai.l  that  in  the 
iJ^t  i.f  bo.iks  they  biul  requesteii  Livdy  Holland  to  imrclias».'  fttr  LougWiMni, 
some  weie  iiiclu>sed  which  wouKi  have  hma  füund  to  contuiii  infoniiatioa 
aa  the  subjects  reqaired  by  general  Bonaparte  to  assist  in  hi8  wi  itin^^s. 

The  goyernor  said  the  books  had  been  embarked  from  fingUuid 
ftbout  18  rnonths  ago,  bot  they  hat  not  yet  anri?ed  hero. 

Signed:  CkkTrequer,  m^or. 
Sir  Hudson  Lowe  an  B.  StÜrmor. 

Ste-HÄl^,  ce  27  mai  1821. 

Monsieur  le  baroni 

II  n'existe  plus  —  uae  uuiladic  hereditaire,  suivant  Topinion  den 
pt-rsunnes  de  sa  famiile,  l'a  conduit  au  tombefin  le  5  de  re  moi«  —  nn 
ü^uirrhe  et  Cancer  ä  restomac  pr^s  du  pylore.  Eu  ou?rant  le  curpM,  avec 
le  consentimoat  des  personnes  qui  rentonraieut,  ou  adäcouTert  un  uic^ 
frte  du  pylore  qai  cusait  des  aJhesions  au  foie,  et  en  niiTrant  restomae, 
on  a  pn  tracer  1«  progrte  de  hi  maladie,  rintöriear  de  restomac  presqoe 
«a  entier  ^tant  ^  masa  of  caneeroti«  diaeaae  or  of  adiiiTOtta  portions  ad- 
«neing  the  oaDeer^  Son  pdre  est  mort  de  eette  maladie  k  Tikge  de  36  ans. 
BUe  Tannit  frapp6  aar  le  trOne  de  la  France,  ä  la  t6te  de  aca  arm^, 
egalement  conuae  ici,  k  Thenre  fixde,  oomme  on  pent  dire,  par  le  deBtin, 
ponr  snitre  sa  propre  fa<;on  de  penser  snr  ee  sujet.  Ce  n*est  que  depnis 
W  17  mars,  qn'il  a  ete  confine  ä  sa  chainbre,  mais  on  a  remarqne  un 
changement  en  lui  depuiü  le  mois  de  novembre  passe  —  une  päleur  plus 
qu'ordinaire,  et  une  mani^re  faible  :i  laarcher.  11  prenait  cependant  dr 
l'exerci.se,  ileui  fois  par  joiir  pöiuiralonient,  dans  une  petito  calüi-hc,  mais 
sa  pkleur  »«t  sa  faiblesse  paraissaieut  toujours  restees.  On  a  ofTiM  t  le  con- 
seil  des  medecins  AngiaiBy  mais  il  n'a  pas  voulu  en  recevoir  ancune  visite 
joBqu'an  i*^  avrii,  le  moia  avant  aa  mort.  C'est  le  professeur  Antomarcbi 
l'a  8oign4  avant  cette  ^poqne,  et  qui  a  continue  mdme  aprte  jnsqn'ä 
Ms  dkia.  C*€et  le  profeasenr  aosai  qni  a  op^  k  rouTertore  du  corps 
Ml  pi^sance  de  preaqne  tons  les  mMecins  de  Tlle.  Le  docteur  Arnott  da 
^0  B«g(,  homme  trte  sage  et  d*eip6rjence,  eat  celni  qnl  a  4t6  appel4  k  le 
^  an  i*'  aviil  et  qni  Ini  a  continnd  aes  aolna  josqn'ao  demier  moment 
0  hii  a  narqn^  aa  reconnaiaaance  en  le  l^ant  nne  tabati^re  d*or,  la 
dont  il  faisait  nsage  Ini-mtaie,  et  sur  laquelle  il  avait  grav^  de  sa 
propre  uaiii  la  lettre  iV.  11  lux  a  iaisäe  austii  une  bouiuie  d'argeut  i^j^'  bOO). 


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138 


Le  cointe  Mitntholon  est  (iovcnu  le  principal  döpositeur  de  ses 
deiüicres  volont^s;  le  comttj  Bortraud  iif  figruro  qircii  sf»cond.  II  avaii 
tiös  fortement  recommand6  au  comt^  Bortiaml  de  faire  tüut  bon  possible 
ponr  se  coiicilior  avec  moi,  sauf  toujours  son  point  d^honneur  —  on  m'en 
a  m6me  avei^ti.  II  a  fait  des  avances»  et  comme  je  n'Ü  pas  de  la  rancune 
dans  ma  disposition  (autant  qu'une  personne  peilt  jnger  d*elle  lui-m^me), 
je  ne  loi  ai  pae  toorn^  le  dos.  Ce  sont  toojours  cependunt  le  pr^tensionB 
,dii  grand  martehal'  (et  aon  amour  propre  bles»S)  plns  que  cellea  de 
pereur'  qui  ont  gftt^  les  affaires  «rigisaireiDent  ici,  et  les  reoonuDan* 
dations  qne  TniL  a  re9aes  sont  one  pren^e  que  Tautre  a  oommenc^  k  w 
clair  la  flu.  II  y  atait  ttn  codidUe  de  testament,  par  leqnel  tous  bm 
effets  ici  fnrent  Uubb^b  anx  comtee  Bertrand  et  Montholon  et  h  Harchand. 
0*e8t  Montholon  qni  est  principal  ex^nteur  —  on  ne  connalt  rien,  on  dit 
ne  rien  connaitre  du  testament. 

Le  ternjjfe  que  vous  Hvez  passe  ici  m'a  fait  croire  que  cp  pen  de 
d^tails  avaicnt  quelque  int^ret,  et  jo  no  fais  pas  de«  excuses  eu  cett«  epUrt 
pour  mon  intrnsion.  Faitcs  agrdor  iiies  compliments  atissi  ccnx  de  Miladj 
Lowe  k  Madame  la  baroune,  et  croyez-tnoi  tonjourg  Monsieur  le  baron 
avec  une  coDsid^ration  trte  distingD^e  Totre  trte  fid^e  et  tr^  ob^issant 
flervitenr  H.  Lowe. 

P.  8.  Bonaparte  a  demiS  Ini-mtoe  la  canse  de  aa  maladie,  pea  de 
temps  avant  sa  mort.  II  a  äinH  qae  son  corpe  fbt  ovTert,  afln  comme 
11  a  dit  par  Bertrand  et  Montholon,  de  dkourrir  sMl  y  auia  quelque 
moyen  de  garantir  son  fils  de  la  mdme  maladie.  Excasez  mon  g^ffonoage. 

DT. 

Projet  de  lettre  do  S.  M.  M' '®  rarohiduchesso  Marie  Louieet 
duohease  de  Panne,  4  S,  ML  Tempereur. 

Parme,  le  .  . 

D'apr^s  les  informations  quo  V.  M.  m'a  fait  donner  dans  le  coorant 
du  mois  de  juillet  dernier  et  d'apr^  celles  qni  ine  sont  parvenues  depuis, 
11  ne  m'est  ploa  permis  de  donter,  qne  le  Toutpnissant  a  diapoeö  dea  jom« 
de  donlenr  de  Napoleon  mon  ^nx.  Les  jonmanx  avaient  d6vano6  dans 
Fannonee  de  oette  nonvelle  les  lettres  qne  j'ai  re9nee  de  Yienne  et  de 
Paria;  ila  ?ont  m6me  plns  loin,  et  prteentent  d4jä  plusieon  Teraiona  sar 


*  Dnzti  l)eiiiiLrkt:  ,11  serait  d&sirable,  que  cette  lettre  tut  datec  des  der- 
niers  Jootb  du  mois  d'aoüt.' 


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139 


le  iieu  (iestine  ä  son  sepiilcnv  Si  »Uipiiis  1^^14  il  nc  m'ii  plus  öte  duimö 
de  faire  eotendre  ma  voix  dans  les  conjonctares  qui  ont  de  son 

sort,  je  pense,  qu*il  en  doit  otra  de  mdme  encore  aujourd'hui,  et  qu'en 
persäT^rant  dans  le  silence,  dont  tos  eonseils  et  ma  Situation  m*ont  fait 
an  donble  devoir,  il  no  nie  feste,  qii*i  renfemer  en  moi  les  sentiments 
qne  je  dois  naturellement  ^roayer.  Tootefois,  si  apzte  tant  de  Yicissi- 
tades  j*«vais  on  Tcea  k  exprimer  et  i»our  moi,  et  &  ce  qQ*i)  me  semble, 
posr  le  dne  de  Beichstadt»  ee  ssfait,  qne  les  restes  mortels  de  mon  man, 
da  pire  de  mon  fils,  fitssent  mpeetfe.  En  d^posant  avee  nne  conflance 
eans  bornes  ce  rmn  dans  le  ccenr  paternel  de  V.  M.,  je  Lni  abandonne 
le  boiu  de  le  faire  counaltre,  bi  Elle  le  ju^e  couveuable  ou  ndceäsaire. 

V. 

Baron  ireumann  an  den  Fürsten  Uettemioh. 

Londrec,  le  81  matt  1881. 

Mon  piinoe! 

Lord  Battrarst,  diarg^  en  Tabsence  de  Lord  Londonderry  de  lecs- 
voir  les  commnnicatlons  diplomatiqnes,  me  fit  appeler,  il  j  a  den  jonrs, 
poor  me  lire  an  billet  qae  loi  arait  Mt  Ladj  Bnrgbersh,  et  par  lequel 
«Ue  lni  disait  qii*eUe  svait  M  priie  de  la  part  de  8.  M.  M"*  rarehidoehesse 

Marie  Lonise,  de  s'informer  si  Bonaparte  n*avait  fait  aucune  disposition 
Wstamentaire  en  sa  faveur  ou  eu  Celle  de  son  fils,  et  en  ^'eneral  de  lni 
faire  C'»niiaitr.»  toutes  \m  circonstanc^B  qui  avaient  accompagno  co  d^chs. 
S.  M.  ajöuie  a  celaqu'au  niomoiit  rui  eile  ecrivait,  pIIc  n'avait  encore  re9U 
aucnne  conununication  a  ce  sujet  de  la  part  de  notre  gouvernenient. 

L'intimit^  dans  laquelle  M"**  la  duchesse  de  Parme  semble  etre  vis- 
i-Tis  de  Lady  Bnrghersh,  a  fait  envisager  sa  dömarche  par  Lord  Batbnrst 
coBune  naturelle,  et  il  me  dit  qa'il  n'avait  ancune  objection  ä  faire  par- 
Toür  S.  U.,  par  le  caaal  de  Lady  Bnrghersh,  les  mftmes  eommnnications 
^a*il  aooB  avait  ftites,  et  de  loi  enyoyer  copie  des  mtaies  pidces  qn*!l 
Dens  a  rsmises  alors.  Lord  Bafiiorst  qoota  qa*il  taisserait  ^nler  bnit 
<w  dii  jonrs  afant  de  r^pondre  k  Lady  Boigliersh,  afln  de  laisser  le 
tempg  d'en  iofionner  Y.  A.,  et  qnVIte  sache  de  quelle  maniire  M"*  Tarchi- 
dsehiBse  dnchesse  de  Fftrme  anra  obtenn  les  renseigneraents  qn'elle  a 
demand^. 

S.  E.  me  dit  qu'il  y  avait  toiijoiirs  le  möme  inystt^re  relativement 
ä  son  testameut,  qu'il  ne  croyait  pas  quo  Bertrand,  ui  Muutliolon  sachent 


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140 


oü  et  en  qii«UeB  mains  ü  6tait  depos^,  mais  qu'en  m^me  temps  U  no  don- 
tait  pas  qne  ce  testament  n'exist&t  quelqne  part. 

Veuillez  —  —  — 

VI. 

Graf  Neipperg  au  den  Füräteu  Motteruiek. 

Florence,  1«  1«  oetobr»  18S1. 

Hau  prinee! 

Le  jeime  comte  da  Dietrichstein,  azp^i^  de  Vienne  comme  ooimier 
mardi  le  25  du  mois  de  aeptembro,  m'a  remis  les  depeches  de  Y.  A.  en 
date  du  24,  avant-hier  le  29  apr^s  aroir  en  ane  grande  diligence.  Je  n*ai 
pas  miiiKiue  de  ]m  soumettre  a  la  connaissauce  de  S.  M.  M'"*  l'archi- 
duchpRS(  »im-lu'sse  Je  riiiiiic  Ct-tto  aiit^uste  princ€8äe  a  ete  ivH  p*»inee 
de  vuir,  (III»'  V.  A.  ait  pu  sn{)[»o.s('r  4111.'  ce  spi*nit  im  manqu»'  de  (-(Hifiauc-e 
daus  le  zelo  que  vous  avez  toujours  mis,  mou  j)i  ince,  ä  soigner  ses  inter^tä, 
qui  aui'ait  pu  TeDgager  k  s'adresBer  k  Hüady  Bin^hersh  poiir  a?oir  des 
informatioDS  sur  la  mort  ei  les  derni^s  dispositions  de  Napol^n.  V.  A. 
sait  que  S.  M.  a  ^  instruite  de  cet  ^T^nement  par  la  gasette  de  Pi6- 
moni,  que  le  courrier  de  Vienne  que  vons  m*aTei  exp4di6  a?ec  les  d^tails 
et  les  piices  officielles  venues  de  Londres,  n*a  pn  6tre  envoj^  ä  Panne 
que  quelqne  temps  aprte;  H"*  rarehiduchesse  ne  recevant  de  non?elles 
certaines  et  officielles  d^aucun  <^tö  et  mue  par  un  seutiment  d'inqui^de 
bii'ii  luitund  daus  un  muiuent  paieil  ot  daus  sa  pitsition,  sVst  adresst'e  ä 
Lady  Bnr^hersh  (qui  etait  arriveo  peu  de  temps  avant  a  Loudrcs  et  qu'cUe 
hoUMi«'  li  iine  auiitiö  particiilierc).  poiir  avoir  des  notious  sur  t<»ut  cc  qui 
poiiviiit  coucerner  uii  evenenient  qui  la  touchait  de  si  pres.  S.  M.  eut  la 
bout^  dans  ie  temps  de  me  faire  part  de  cette  demarche,  et  comme  je  re- 
marquais  que  son  r>s])rit  se  montait  eztrfimement  k  cause  du  retard  des 
Communications  de  Vienne  (qn*eUo  ne  savait  k  qnoi  attribner)  et  sur  le 
manque  total  des  nouTsUes  sur  T^T^ement  de  la  part  des  augnstea  per- 
sonnes  de  sa  &miUe  et  mtaie  de  edles  qui  ont  Thonneur  de  les  entonrer, 
je  crus  d*autant  moins  la  dissuader  de  s*adresser  k  Lady  Buigbersh,  tu 
que  la  chose  n*m\%  aucun  caract^re  ofBciel,  et  que  S.  If.  priait  simple- 
ment  cette  dame  de  lui  faire  part  de  tout  ce  qui  ijounait  vouir  a  sa  con- 
naitisauce,  sans  la  charger  de  s'adresser  au  ministere  Anglais,  comme 
eile  le  fit. 

Lady  Bnrphersh  u'a  eiiectivement  rien  fait  d'autre  et  8urtout  au- 
cuue  demarcke  au  uom  de  S.  M.  £lie  a  ecnt  k  cette  souveraine  qne  cou- 


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141 


naissant  beaucoup  Lord  Bathin\st,  olle  lui  avait  ecrit  iin  billet.  pour  lui 
-ieiiidüder  des  informations  sur  hi  iui»rt  de  Napoleon  et  8ur  son  tcstatnent. 
l>  ministre  lui  R-uiit  hi  cupie  en.  Aiigliiis  dos  Tiieme>?  pi^cps,  qoe  V.  A.  ino 
iii  passer,  il  y  a  quohjue  temps  par  8<tn  coiirri»;!-,  et  il  y  a  hnit  joiirs, 
qu'elles  nous  80nt  parvenues  ici  par  un  counier  Angiai»  qui  so  rondait 
ä  Naples.  Je  me  suis  convaincn  que  Lord  Bnr^bersh  n*a  pas  memo  (;te 
instniit  de  cette  affaire  par  Milady,  qoi  s*en  est  chargee  elle-uH  inc  S.  H. 
Toyant  que  les  papiera  qa'elle  loi  envojait  ne  contenaieni  rien  de  nou- 
vea«,  avait  ä4ji  pri^  cette  dame  avant  rarriväe  du  comte  de  Dietrichstem 
de  ne  plus  donner  de  suite  k  ces  infonnatioiiB  et  ä  ses  recberehes. 

Mon  Import  ci-joint  eur  une  eeeonde  conversatioii  que  j*ai  eue  avec 
ral»l)4  Yignali,  aumdnier  de  Napol^n,  reteurn^  de  nie  de  8^*H^l^ne, 
pmuTera  h,  V.  A.,  que  1e  minietftre  Anglaie  anralt  pu  se  procurer,  eil  en 
RTait  »  u  rint^  ntioü,  des  duimees  plus  certaines  tant  sur  le  testament, 
qoe  sur  dt'S  fnifTincnts  de  memoires  laisses^  par  d»'funt.  S.  M.  efit  per- 
6ua«itJti  et  jf  partafro  rcsptM-tueusement  son  (•pijii..u,  quo  le  viai  moinfiit 
de  savoir  quolqu»-  chnsf  ilc  positif  sur  ces  objets  iüterossants  a  6t4  man- 
que.  C'ötait  avant  ie  depart  de  S^-Helöne  que  Sir  H.  Lowe  aurait  pu 
nioser  an  g^neral  Bertrand  et  au  comte  de  Moutholon  sa  reconnaissance 
da  codicille,  e'ils  ne  donnaient  pae  des  notions  positives  sur  le  testament 
et  son  contenu.  En  Angleterre  on  n*aura  plus  les  mömes  droits  de  le 
leer  demander,  et  sMIs  rentrent  en  Fnuiee  (on  assure  qu'ils  y  eont  arri- 
tos),  comme  il  y  a  toute  probabilit^,  Iis  auront  tous  les  inoyens  pour  s'en- 
teadre  avec  la  famille  Bonaparte,  comme  il  est  hors  de  donte  qu*ils  Tont 
d^i^  &it.  Si  la  fortone  que  laisse  le  d^fant  est  de  quelqne  consdquence, 
il  B^est  sftreTnent  pas  dans  Tint^t  g^n^I  qn*elle  reste  dans  la  fomiUe 
BonapartO;  qui  ne  peui  qu'en  faire  un  mauvais  usage. 


vu. 

Haudfichreiben  den  Xaibers  au  deu  f  üräteu  Mettenüoh. 

Wien,  den  15.  October  188  t. 

Lieber  Ffirst  Mettemicb! 

Sie  werden  bei  Gelegenbeit  Ihrer  gegenwärtigen  Sendung  sich 
mOglicbst  angelegen  sein  lassen,  von  der  englischen  Begiemng  Gewiss- 
hett  XU  erlangen,  ob  vom  weiland  Napoleon  Bouaparte  ein  Testament  vor- 
liaiiden  sei  oder  nicht,  und  im  ersten  Falle  daUkr  sorgen,  selbes  in  glaub- 
wflrdiger  Form  sn  erhalten,  welches  Sie  mir  dann  au  unterlegen  und  dafür 


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142 


SQ  sorgen  haben,  dass,  wenn  er  allenMlfi  etwas  Meiner  Tochter  oder 
Meinem  Enkel  Termacht  bat,  dieses  sicher^egtellt  und  erhalten  wcnit'. 

franz. 

vm. 

Fürst  MettermcJi  an  den  Fürsten  FaiU  £sterliäsy. 

Tiemie,  te  2«  octobre  1821. 

Mon  princet 

Sn  sigiuuit  ma  prMlente  d4p6cbe  K<>  5  daas  laqnelle  j*ai  d^elopp^ 
les  motift»  qnt  devaient  nons  für»  attaeher  nne  haute  valeor  ä  la  eon- 
naissance  des  dispositions  testamentaii'es  de  Napol^n  Bonaparte,  je  me 
saia  aper^o  qoMl  n*j  ^tait  Ikii  aacone  mention  de  celai,  qni  ridame  peni- 
Hre  plus  specialament,  que  tont  autre,  notre  attentbn  st  Celle  des  eanra 

allieus. 

On  ignorp  quelle  est  la  fuituii»'.  m»*?  P^"*  i\\>nv  hiissoe  Napok'"ii; 
mais  Ic*:  bruits  los  jiluft  invraisemblahU  ^  so  sont  iviiau.lus  siir  cot  objefc 
en  Kiirope  depuis  sa  iiioi  t.  et  on  •  loit  geueraleuient  ou  du  mutuB  ou  Ef- 
fecte de  croire»  que  cette  fortuuc  est  immense  et  se  monte  ä  80  ou  40  mii- 
lions  de  Francs.  Je  suis  trte  äloign^  de  partager  cette  opinion,  et  je  auia 
iDöme  peranad^  que  la  auecesaion  de  Napoleon  ne  peot  paa  6tre  oonai- 
d^iable.  La  qnestion  an  reste,  aUl  a  laiss^  une  grande  fortnne  ou  bien 
nne  fortnne  m^diocre,  n*en  est  paa  moins  tr^s  importante  k  felaircir  soua 
le  point  de  Tue  politique.  Car,  dans  le  cas  oü  oontre  toute  Traisemblaiifie 
il  aurait  effectivement  laiss^  nne  grande  fortnne,  dont  radministration  se 
trouvei"ait  cinfiee  aux  depositaireb  iucoimus  de  ses  dernieres  voloiit«^«,  il 
Hl-  pniinail  assuiLMiient  pas  etre  indiflFeront  ponr  Ips  Honvt  iains  alli»'s  et 
pour  le  repos  de  TEuiope,  de  lnis«or  la  liisposiiiitü  de  fmiils  aiissi  cousi- 
derables  ä  des  indivldus  devoues  ä  ce  parti,  q«i  pourraieiit  cn  faire  un 
usage  pernicieux.  Dana  la  seconde  hypothcse,  nomm^ment  si  la  succossion 
de  Kapol^n  n'eet,  comme  je  suis  trös  port^  k  le  croire,  qu*uii  objei  de 
quelques  cent  mille  livres  sterl.  il  est  encore  intäressant,  que  cela  seit 
connn,  parce  qu*ii  rensteBce  suppos^  d^nne  gründe  fortnne  laiss^  par 
Napoltetti  se  rattachent  nne  foule  d^eap^iancea  conpables  et  de  projeta 
criminels.  Sona  ces  deux  rapports,  de  mtaie  que  par  lea  motifa  d^Yeloppöa 
dans  ma  prfoMente  d^dche,  U  me  paratt  dono  d*nn  haut  int^röt  poU- 
tiqne,  de  ne  n^gliger  ancnn  moyen,  qni  puisse  nous  mettre  ä  meme  d*ac- 
queiii-  a  cet  egard  des  donnees  positives  et  exactes.  Vous  voudroz  bieii, 
mon  prince,  faire  part  de  ces  consid^rations  au  uünistere  Britannique,  en 


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143 


Ivi  donnsDt  conmüssance  de  Is  pr^nto  d^pAoh«.  Nona  noiis  flattons» 

qD'il  les  appreciera,  et  qn*il  so  penökera  comine  nous  de  la  necebäite  et 
de  l  uuportuucc  de  vouer  ä  cet  objet  ratteution  la  plus  .suivie. 

EeceTea   

IX. 

Fürst  Jletternioh  an  den  Fürsten  Faul  Eaterhasy. 

Uwrrte.  Yienn«,  1«  <•  oetobre  1821. 

MoQ  prince! 

Je  suis  inform6  de  tres  bonne  souree.  (lu'a  hi  maniere  dunt  ou  s'ex- 
prime  .iaurJ  Li  maison  lie  Lady  Holland  sur  le  teätament  de  Napoleon  Bona- 
parte, on  ne  peut  i)as  dmiter  de  son  pxistenco.  II  no  serait  paF  impoR- 
üUe,  qoe  Lord  Holland  eüt  4t^  eous  ce  rapport  dans  ia  coufidence  du 
prisonnier  de  S'^^-Ueltoe,  et  qa'il  ne  connüt  mftme  la  peraonne  charg^ 
de  €•  d^i.  Peui-ötre  en  poursiUYaiit  avee  sagesse  cette  trace,  parvien- 
«biit-eii  h  d^vvrir  qnelque  chose  de  posittf.  D^apr^s  nos  notions»  ce 
tiettaeiit  doit  exister  depais  deux  ans  aa  moins;  car  äpea  prts  fers  cette 
«jpoqne  on  nous  a  fiut  esp4rer  de  nous  en  tSuie  connaltre  les  dispositions, 
DSU  la  personse  qni  s*en  ^t  chargee  paratt  ayoir  ^  retenue  par  la 
eninte  de  se  comprouiettro  yjs-ä-vis  du  parti.  Si  le  testament  oxiste 
'Hmiij«  dciix  ans,  il  est  vraisemblablo,  que  püur  lo  sou^tmire  ä  la  eun- 
ri:ii>Nin(  (•  du  gouvt  inenient  Aiiglais,  Napoleon  anra  pris  la  precaution  de 
itnviiyer  en  Kiiropp  et  de  le  fair»'  deposer  entiv  les  uiains  d'une  per- 
aonne d^YOuee  k  ses  interets.  Serait-ce  Mr.  de  Las  Cane^  ou  Ic  docteur 
O'Meara,  qoi  aniaient  ehargte  de  cottc  commission  ?  II  semblerait» 
qn«  Sir  Hudson  Lowe,  qui  a  exerc4  sar  le  prisonnier,  qui  loi  a  4t^  con- 

ane  sorreillance  s^vtee,  ponxrait  fonmir  snr  cet  objet  des  indices 
BtflH,  et  qne  le  gonTomement  Anglsis  devralt  avoir  des  moyens  d'en 
Mqaerir  par  les  indiTidas  m^me  de  la  snite  de  Napoleon,  s*il  vent  8*en 
wenper  B^iensement  et  avec  int^rdt.  Si  e'est  Mr.  de  Las  Oases,  qui  a 

Charge  de  porter  le  testament  en  Europe,  il  eßt  Traisemblable,  qu'il 
laura  depose  entre  le8  mains  de  Mr.  le  prince  Eugene,  avec  lequel  il  s'est 
place  des  sun  arri?^e  k  Francfort,  daus  les  rappoi-ts  les  plus  intimes.  Si 
eVt  an  eontraire  au  doctenr  O'Meara  qne  cette  coinmission  a  con- 
peut-etre  le  testament  se  trouve-t-il  encore  en  Angleterre.  Dans 
tooB  les  caa  j*ai  cm  devoir  vous  foire  part  des  diff^entes  suppositions, 
^  se  lont  pr^ent^a  sar  cela  ä  xnon  esprit»  ponr  vous  mettre  &  möme, 


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144 


mon  prinee,  de  l«e  oombiner  mc  Im  indioes,  qne  yous  pourm  rMMinbler 
et  ponr  tohs  Ikeiliter  atnii  ?o§  ndiorelies  Btiiant  qa*il  eet  en  mon  pouToir. 
Ivtiievez  —  —  —  —  —  —      .  ^  — .  —  ^  _  —  — 

X. 

Fürst  Paul  Bsterhiiy  an  den  Fürsten  Kettemioli. 

Londret,  le  19  d^eeoibre  1821. 

Hen  prinee  I 

Lord  Bathnrst  n'^üuit  revemi  en  Tille  qii*liier»  je  n*ai  pn  me  eon- 
certer  avec  Im  sor  lee  recherebeB  ä  faire  relativement  aox  diBpositions 
testamentaires  de  Napolten  Bonspaite,  ne  voiüaiii  rien  entreprendre  par 

moi-mt'int'  et  sAiis  avoir  consulte  cc  ministre.  Je  im-  .suis  cepeiidant  mis 
on  i*appnrt  iivec  le  ci-tirvant  goiiv(L'ni«*iir  d<^  S'*-Helene,  Sir  HiidFon  Lowe, 
et  (luiinjue  h-^  duiineeb  qu'il  a  im  nio  f«turnir  soient  trm  i^su^^i^tinle^.  il 
y  a  m\B  u«^ajimoins  plus  d*obligeance  qiie  je  no  «ievais  en  attendre  d'apret» 
la  repotation  que  lui  avaient  donnee  les  rapports  de  Mr.  de  Stürmer  d*etre 
tris  pen  commnmcatif,  me  promettant  en  meme  tcmps  toute  rassislance 
qu*il  seralt  en  son  ponvoir  de  me  prdter.  II  m'assora  de  la  manik«  la 
plus  positive  que  Ini,  ainei  qne  le  goaTemement  Britanniqne,  i^oraient 
totalement  oü  se  trouvait  le  testament  de  Bonaparte,  qnand  il  avait  4U 
rMig6  et  de  qnelle  maniöre  et  par  qui  il  avait  6U  apport^  en  Europe.  II 
a  cependant  des  motifs  de  croire  qne  c^est  FabM  Baonavita,  qui  avait 
qiiitte  Tile  de  S*''-Helene  peu  de  temps  avant  la  mort  de  Bonaparte,  qui 
on  avait  et^  chargiv  Ne  s'etant  iMiint  tn.iivo  en  relation  avec  Bertrand, 
il  rr«»n  a  r'u  u  jui  rccueillir  snr  Trxisti'iK  o  d'iin  testaincat;  inais  Montho- 
lon  en  a  »oavent  parle,  ainsi  ipie  di-a  Pommes  imuu'jiscs  dont  lo  teHtat4»ur 
y  dispoeatt.  Lui-mdme  evalmut  fion  legs  ä  cent  millo  iivres  sterl.  Sir  Hud- 
son Lowe  admet  la  possibilite  que  ce  document  ait  ete  sonstraity  peut-ötre 
contre  lee  intentions  de  Bonaparte»  et  ce  qui  le  oonfirme  dans  cette  opi- 
nion,  c^est  la  demande  ezpresBe  de  celui-ci  que  le  oodieüle  fiit  port6  i  sa 
connaiesance.  Lorsque  aprte  sa  mort  le  gonvemeur  se  rendit  k  Long- 
wood, il  crut  y  trouver  un  testament  et  non  nn  codieille;  mais  on  pr^ 
tendit  ignorer  compl^tement  qu*U  en  existait  nn  qui»  du  reste,  n'etsit 
point  de  son  ressort,  vu  qu'il  n'affectait  point  les  proprietes  du  defunt 
dans  l'lle.  On  pnnrmit,  me  dit  Sir  Hudson  Lowe,  r^cuser  la  validiU'  «i'iiu 
pareil  acte  si,  cnmme  ou  n'en  pcut  doutcr«  il  n'est  point  legaliäe  par  les 
autorites  locales. 

Veuillez  —  


145 


XI. 

Baron  Vincent  au  den  Fürsten  Mettermch« 

Puii,  le  17  jauTier  18«. 

Mon  prineol 

Sous  les  dales  du  4  2  7  decHUilin-  lici  tiicr  j  ai  fait  mention  vis- 
i-Tis  de  Y.  A.  de  ce  que  j'aTais  appris  des  derai^res  dispoaitiouä  de 
Boaaparte.  J'avais  en  des  zaisons  de  croire  qoe  notre  ambaasade  ä 
Löudres  a?aii  ea  des  renaeigDementK  directs  ä  cet  ^gard. 

Le  teetanneiit  dont  on  Cut  circuler  dififörentes  claoaea  en  Franc«,  est 
«ne  sUaqtia  contre  le  gouTememeiit  actnel  et  on  noyen  d'inUrMser  la 
vieOle  ann^  an  nom  de  Napoleon. 

n  ne  panUt  paa  qne  Ton  ait  connaiasanee  d^antrea  fonds  en  France 
qne  de  ceax  qui  sont  chez  le  banquier  Lafitte,  et  dont  il  aurait  et^  dis- 
pos^  en  faveur  de  ceux  qui  out  accompaiarne  Buuaparte  ä  S**-H616ne. 
On  asfsnr^  qii'il  en  existe  entre  les  mains  ilu  prince  Engine  pour  un 
luoiitaiit  tres  (•onsiderable;  il  a  question  d'iiu  vityapc  (in  general 
B«rirand  a  Munich,  mai«  j'ai  appris  depuis  que  c'etait  Croargaad  qoi  y 

D  paralt  qne  Napoleon  n'a  d^gn4  d*aatre  laga  en  fovenr  de  aon 
lila  qne  celoi  de  aon  ^p^  et  d*une  inatrnction  qne  le  giDJkü  Bertrand 
miait  ehaig^  de  Ini  remettre.  Qnand  am  fonda  qni  aont  ici  chea 
Lafitte,  et  dont  il  a  6t^  diapoatf  par  le  teatament  de  Bonaparte,  ce  ne 
nrut  qoe  par  nne  aetion  jnrldique  qae  Ton  ponrrait  attaqner  la  dona- 
tion,  81  eile  est  contrarre  anx  loia  fran^aises,  qui  ne  permettent  pas  de 
dii^pos(-r  au  delä  d'uue  Ciinamu  purtie  de  l'lieritage  au  desavautage  des 

H  mt  donc  a  ronsideier  s'il  convicnt  «ii-maii.ltT  (uim  le?-  vtucs 
jT^'iidaires  commuuication  du  testament,  de  le  faire  consulter  par  des 
jonsconsultea,  de  mettre  Opposition  entre  lea  maina  du  depositaire  dea 
fonda  et  de  commencer  nne  inatance,  qui  ne  pourra  avoir  qn*nn  grand 
Mai,  diplaire  beancoup  an  gonTemement,  r^feiller  tente  eaptee  de  aon- 
Tenira  et  de  combinaiaona  par  r^vidance,  oü  ae  tronTera  notre  eonr  dans 
Ott«  affaire  et  celle  qn*elle  donnera  an  duc  de  Lencbtenbeig. 

Mr.  de  S^monville,  beau-pere  de  Mr.  de  Uontholon,  a  6berch6  k 
connaitre  ai  notre  conr  avait  le  pi  oj(  t  de  revendiqner  lea  droito  dn  dne  de 
Btichstadt.  Quant  anx  fonds  (|u*on  dit  etro  entre  los  mains  du  prince 
Eagene,  il  scrait  sans  doute  jKij<sible  de  sVn  assnrer  et  do  traiter  sur 
Tobjet  8an8  publicite  et  surtout  sans  I  mterTention  des  tribunaux. 

RocPTez  —  —  —  — •  —  ^       —  —  —  —  ^  —  —  — —  — - 

IrchiT  Bd.  LXIX.  I.  HUft«.  10 


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146 

xn. 

Fürst  Metternich  an  Baron  Vincent» 

Vieime,  le  26  Jan  vier  1822. 

Monsieur  le  baron! 

La  depeche  qae  soa9  la  dute  du  4  janvier  j'ai  eu  rhonneur  d'adres- 
ser  k  Y.  £.  relativement  anx  fonds  d^pos^s  ä  titre  de  propri^te  parti- 
cnli^re  par  Napol^n  Bonaparte  chei  le  banqoier  Lafltte»  s^est  crois^ 
ayec  le  rapport  de  Y.  B.  du  27  d^mbre  dans  lequel  Elle  m*a  tdmoignö 
le  d^sir  de  recevotr  une  autorisatioa  directe  de  notre  pari,  avaot  de  ae 
roettre  en  rappui-ts  d'aiFaireB  avec  MM.  de  Bertrand  et  de  Hontholon 
ponr  les  OQTerttires  que,  par  snite  de  la  lettre  de  Londres  le  16  aoCkt 
dernier,  ils  seruii'Ut  dans  le  cas  de  faire  a  V.K.  au  bujet  du  testauient 
de  feu  l'eponx  <\f  M"''  rarchiJu«  lieBsi». 

La  düpbclie  qui  preceiif  la  pieseiite  vuiis  transmet,  Mr.  le  baron, 
cette  autorisatiun,  dans  laquelle  je  uie  suis  borne  ä  des  teruies  ostensibles. 
Ii  est  ti'^s  probable  qo'üs  demanderont  k  en  avoir  communication,  et 
comme  tous  ne  poarriez  conTenablemeDt  tous  j  refuser,  le  mienx  aera 
qae  tous  tous  munissiez  ä  Tavance  d'ane  copie  simple  qae  tobs  lear  re- 
meftriet,  sMls  en  fonnaient  la  demande  aprös  que  tous  leur  en  anriet 
laisB^  prendre  lecture.  S'Hs  montratent  de  la  disposition  k  8*expliqoer  snr 
le  cbamp  et  k  vous  donner,  par  eitamit,  la  conmunication  qa'ils  ae  propo- 
saient  de  pr^Ssenter  personnellement  k  M"*  Tarchidncliesae,  toos  iie  p«ur- 
riez,  dans  ce  cas,  v<>im  refiiser  a  donner  la  copie  de  voti'e  aatorisatioii  en 
echange  de  leiir  roiiumiiu.  ation  yar  ecrit. 

Comine  It;  i;uuih'  Hei  n  and  a  ecrit  en  snn  seiil  iioin  (^t  que  seul  il  a 
signe  la  lettre,  bien  qu'il  annonce  que  I  t-x-empereur  a  liesiiv  que  lui 
ainsi  que  le  comte  Montbolou  se  reudisgeut  pres  de  M*"*  l'aixhiducheese» 
il  serait  preferable  que  V.  £.  commeafftt  par  voir  ces  Messieurs  s^par^ 
ment  et  le  conite  Bertrand  en  premier.  Cependant  si  celai>ci  n*etait  pas 
k  Paris,  il  conviendrait  qae  V.  E.  entamftt  sa  d^marche  pr^s  du  comte  de 
Hontholon.  B  semble  que  Tun  et  l'antre  peuvent  8*espliqner  8^par6- 
ment,  paisqoe  dans  Tannonce  officielle  de  la  inort  de  Bonaparte,  Fun  n'a 
pas  fait  difficult^  d*4erire  seul  et  de  parier  au  nom  de  Tautre.  II  est  d*ail- 
leurs  de  regle,  lors(|u'il  y  a  ]>lusieiir8  ex^entenrs  tAstamentaires,  que  Tun 
a  defant  de  l'antre  doit  veiller  a  ce  que  les  dispositions  testanientaires 
soient  r<Miiiilie.s,  purceque  les  executeurs  testam»'iitaii<>s  sont  solidaire- 
uient  reh>pouäableä.  Peut-utre  menie  ae  serait-ii  pas  mutüe,  apies  que 


147 


V  E  aunijt  n\  im  »nitiTtien  avec  Mr.  Beitrai)  1  <ni  nv««'  Mr  Montholon, 
Kik  cliai'geät  Mr.  le  l»ar"D  Hiuder  ou  uiie  ;iiitrt'  persouue  de  l'am- 
ha&sade  de  s'adresser  ?«rbulouiciit  au  Sieur  Murchaad  qui  est  aussi  asso- 
de  ä  racconipUsäemeBt  du  iestomeut»  et  de  tächer  d'en  iirer  quelques 
kkirasMiaentB.  Ii  ne  poorni  qu^y  avoir  de  Tavantage  k  comparer  les 
ntse^nements  qiie  Tiin  et  Tantre  de  cea  ex^cateni«  teatemeataireg 
doBiieioiit  de  prime  abord  bot  TüiteipeUatioii  qui  leur  fleraii  adreaa^.  H 
«t  d'aflleufs  une  circooatance  qai  le  read  conaeillable  de  les  sonder  a^pari- 
■iBt  Le  comte  Bertrand,  avani  eomme  aprto  la  ehnte  de  Bonaparte,  a 
toigoors  joui  <l*ane  r^pntaiion  plus  honorable  que  le  comte  de  Montholon ; 
aassi  ( elui-ci  a-t-il  ete  plus  distingue  daiis  les  dernieres  dig]»ositions  de 
Bunaj-aiti-  qne  le  general  Bertrand;  on  les  vuit  iiicmc  siiiviti  imo  ulliire 
diffeivut*'  ilt'|.nis  leur  retour  en  France.  8*11  faut  cu  cumv  dm  iiibiüua- 
tioDs  ropandueb  par  des  personues  de  ta  ciieutele  des  freres  de  Bona- 
parta,  ü  semble  que  Montholon  avait  reussi  dans  les  demiers  temps  ä  cir- 
coavenir  le  priaonnier  de  8*^ -Helene  et  qu'il  s'est  ompar^  de  tout;  on  le 
npresente  comme  un  intrigant  initiö  ä  T^le  de  Talleyraad,  de  Simon- 
Tüle  et  d*antrea  cuaSLiom  de  la  rivolation.  On  a  remarqui  anaal  k 
Vtstis  qoe,  depnia  son  retour,  Montholon  a  diplojri  un  luxe  qu*on  a 
troQT^  ridieule,  pareequ*on  pr6tend  qu*^  son  dipart,  U  6tait  cribK  de 
dettes.  Mais  sans  8*arrMer  k  des  rumeurs  qni  n^ont  pent-dtre  leur  source 
«|u«  dans  le  sentiment  d'envie  et  de  depit  de  quelques  auties  Bona- 
päitistus,  il  est  permis  d'admettrf»  la  conjectnro  d'une  reticence  et  mömo 
i  m  receleni«ut,  sdit  dt'  rar{^^»'iit  suit  des  papiors  de  la  sucoos.^iun. 

V.  E.  R*'  rappellera  d'avoir  lu  dans  im  rapport  de  Mr.  le  prince 
d'Esterhazy  du  19  septembre  que  Sil*  Hudson  Lowe  a  assure  de  la 
nani^  Ja  plus  positive  que  lui  ainsi  que  le  gonvernement  Britannique, 
tsnonient  totalement  oü  se  troufait  le  teetament  de  Bonapaite,  qnand  il 
snit  (liS  r^dig6,  et  de  quelle  mani^e  et  par  qni  il  a?ait  ^  apport6  en 
Bnrope;  que  Int  (Sir  Hudson  Lowe)  a  cependant  des  motifs  de  croire  que 
e'Mt  Tabbi  Bnonavita,  qui  avait  quitti  Tlle  de  S^-H41^ne  pen  de  temps 
tfint  la  mort  de  Bonaparte  qui  en  avait      chargo ;  que  ne  s'dtaat  point 
tn»T6  en  relation  avec  Bertrand,  il  n'en  a  rien  pn  recueilUr  sur  l'exi- 
stence  d'un  testamont,  mais  qm  MunÜioluii  m  a  souvcnt  parl^  ainsi  que 
de  s«)mme8  imnu  ii^os  dont  le  testatijur  y  disposait;  quo  lui  meme  (Mon- 
tholon) evaluait  suii  legs  a  cent  millc  livres  .sterliu^'s:  qu'enfin  Sir  Hud- 
son I.owp  admet  la  possibilite  quo  ce  document  ait  ete  soustrait,  peut- 
contre  les  intentions  de  Bonaparte,  et  ce  qui  le  confiime  dans  cette 
0^on,  c'eat  la  demande  expresse  d6  celui-d  que  le  codicille  tut  porti 
I  la  connaissance.  Lorsque,  apr^  sa  mort,  le  gouTemeur  se  rendit  k 

10» 


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148 


Longwood,  il  erat  j  troaTer  nn  testament  et  non  un  eodicü]«,  mais  on 
pr^tendit  ignom  compl^tement  qaUl  eii  ezifitait  nn. 

Oe  que  Sir  Hndcton  Lowe  a  dit  dans  les  premien  jours  de  d^cemlire 
Hr.  le  prince  d'Eiterliflzy  est  tont  h  feit  en  aceord  avec  le  rapport  ofB- 

ciel  que  le  jefouverneur  de  S'*- Helene  adressa  k  Lord  Bathurst  le  14  mai 
1821  (c'cbt-a-dire  neuf  juuis  aprös  la  mort  de  6onai>artf') .  et  que  le 
minist^re  Britannique  ne  fit  aucune  difficulto  de  coinumuiquer  ä  V&m- 
bassadeur  <h  la  cour  Imperial*'  a  Lomlics. 

Dans  le  fait,  les  notions  que  fournit  le  teTnoignai:^e  de  Sir  Hudsön 
Lowe  sollt  les  seules  donnees  dignes  de  foi  que  nous  avons  sur  Tetat  de 
la  snccesdon  de  Bonaparte.  Cc  u'est  donr.  ponr  lo  monient,  quo  sur  cee 
notioDS  que  peuTent  ötre  motivues  et  entamees  les  recherchea  qne  notre 
eour  est  aatorisie  ^  faire,  dane  Tint^r^t  de  M.^*  rarchiducfaease,  pour  con- 
stater  et  mettre  k  coUTert  les  droits  de  propri6t4  d^Tolns  an  duc  defieicb- 
stadt.  n  importe  de  se  tenir  h  cet  ^gard  k  nne  baae  oertune  et  qne  Ton 
puisse  avonerj  car  si  Ton  arenturait  des  d^tnarches  explidteB  aar  des 
artioles  de  gazettes  et  sur  des  simples  rumeurs,  on  coumit  le  risque 
d'une  inystificatioii  gratnite,  et  Ton  aurait  peut^tre  un  jour  Ii  regretter 
de  s  i'tri'  eiigagö  dans  des  discussions  judiciaires  pour  rechercher  des 
tresors  imaginaires.  t  t  reciamer  des  depöts  d'argeat  dout  rexistence  ne 
serait  pas  mfeme  prouvee. 

D^sirant  que  V.  E.  se  tienne  h  un  somltlabU'  puint  de  df'pail,  je 
crois  devoir  mettre  k  la  dispositiou  l'extrait  ci-joint  de  la  depeche  de  Sir 
Hudson  Lowe  ä  Lord  Bathurst  en  date  de  S^^-Hel^ne»  le  14  mni  l?>21. 
Je  n'ai  fait  entrer  dans  cet  extrait  que  les  seuls  pass^pes  qui  ^tabliaseat 

1.  qu*il  existe  nu  codicille  du  16  aTril  dont  la  teneur  est  connne;  qne 
n^anmoiiiB  le  testament  dtä  dans  ce  codiciUe  n*a  pas  ^t^  dtoouTert,  lors 
de  l*examen  des  papiers  et  effets  d^laiss^s  par  Bonaparte  k  S^-H6l^ne$ 

2.  la  preuTO  du  legs  des  tabati^res  dont  Bonaparte  a  dispos^  en  fiiTenr 
de  son  Als;  3.  que  MH.  les  comtes  Hontholon  et  Bertrand  et  le  Sieur 
Marchand  sont  les  ex^teurs  testamentaires  de  ses  derni^res  dispositions. 

Comme  d'aprfts  les  lois  Pnm^aises  en  niatiere  de  succession  parti- 
culi^re,  les  executeurs  testiuiii  utaii  os  sont  tenus,  ii  Texpiration  de  l'annee 
du  di'ces  du  t*'statt  iir,  do  rendro  compte  de  lonr  gestion,  le  fonde  de  pou- 
voirö  dl'  M""  raichidiiclK^spe.  tutrirr  naturelle  de  son  fils,  est  iiaifaite- 
ment  aulorise  a  eatrer  en  ouvertuies  vis-a-vi>i  des  trois  executeurs  testa- 
mentaires ou  de  chacuu  d'eux  en  particulier  sur  les  objots  confies  a  leur 
garde  et  nommäment  sur  le  l^s  destine  ä  Mgr.  lo  dnc  de  Reichstadt. 

Oe  ne  sentit  qu'aprds  que  los  dits  ex^cuteurs  testamentaires  auraient 
fait  oonnaltre  de  quelle  mani^re  ils  se  proposent  de  s'acquitter  de  cette 


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149 


Obligation  et  apr^B  qu'ils  anraient  fait,  d'eux-mSiues ,  les  autres  com- 
mumcations  qui  sont  annoncees  dans  la  lettre  Jii  cumto  de  Burtrand,  que 
V.  E.  8f  rait  duiis  le  cas  d'amener  la  oonversatit.ii  .<ur  lea  autres  valeurs 
qui  f<»nt  pai  tie  de  la  «ucct'üsiuu  juc«üttj  et,  en  paiticulier,  sur  \m  ßumnies 
depot^et' s  chez  Mr.  Lafitto  od  ailleurs.  Ce  serait  egalement  par  mani^re  de 
cooTersation  que  V.  £.  parlerait  de  Texisteace  du  teBtainent  comme  etant 
STou^e  par  des  temoins  oculaires,  reTenns  de  S^-Ii414iie,  et  qu'EUe  pour- 
rait  domier  ä  entendre  que  Ton  r^farde  la  chose  comme  d'autant  plus  in- 
dabitable  quo  Mr.  Tabbä  Vignali,  anmönier  de  Bonapairke,  et  Mr.  Anto- 
marchi  oni  en  connaisBauce  de  ce  docnment. 

8i  les  ex^utenrs  testaineiitairea  paraisBaient  vonloir  entremMer 
des  commanicatiotia  de  natore  ]M>Utiqiie  aax  renseignemettts  d*mt^ 
priT^  et  partkolier  que  vona  6te8  Charge  de  demaader,  yona  n*li6uteries 
pas,  Mr.  le  baron,  &  d^clarer  qne  toqs  ne  ponrrez  vons  prAter  ii  recevoir 
des  Communications  pulitiques.  Toutefois  pour  ne  pas  leur  foumir  de 
C€tte  riianit'ie  un  pretexte  de  s'aböteuii'  de  toiitü  uuverlurf,  voiis  leur 
offvirif'Z  i  expüdient  de  vous  charger  de  traiisun  ttrp  dos  lettres  uii  expli- 
caiioüis  par  ecrit  qn'üs  vous  confieraieüi,  sans  vi»us  t  ni|iieiir  de  leur 
teneur,  mais  qu'en  meme  temps  ils  vous  dounent  sur  les  objets  materiels 
de  la  soccessioD  les  explicatious,  qu'ea  leur  qoalite  d*oxt'ciitenrs  tcsta- 
mentairea  ils  ne  penvent  refuser  k  la  personne  conatitaee  de  la  part  de 
IIiMtier  oAtnrel  et  direct  du  d^font. 

Nona  pensona  qve  dans  le  premier  moment  tos  d^marehes  ne  de* 
Traient  pas  aller  an  delä  de  ces  ponrparlera  et  de  ces  explicatlona»  et  ce 
ne  sera  qn^aprds  en  avoir  connn  le  i*^8ti]tat  qne  nons  seriona  k  mtaie  de 
nous  decider  8*il  j  a  lien  on  pas  ä  des  d^marcbes  judiciaires,  all  y  a  liea 
OQ  pas  i  s'adresser  anx  tribnnanx  ponr  les  actes  conaervatoires  qui  pour- 
nient  Mre  conseillabies  dans  Tinteret  du  Juc  de  Beichstadt.  Je  dois  donc 
attendre  le  resultat  de  vos  premieres  deniarches,  Mr.  le  barun,  avant 
*i  ikrdcr  des  diroctious  de  detail,  L«s  notions  que  je  viens  de  rappeler. 
me  paraifcficiit  snffire  pour  g-uider  res  itri-inifies  demarches  et  pour  regier 
^etre  langage  en  ooosequence.  Je  ue  puis  que  reiterer  ici  la  remarque 
par  laqaelle  j'ai  teruiine  ma  dep^he  du  4  janvit  r,  savoii  que,  rnabjre  la 
reeene  qne  neos  entendons  observer  dana  tout  ce  qni  rentre  daus  la 
pvtie  politique  de  cette  question,  il  ne  nons  est  pas  permis  de  rien 
omeitie  de  ce  qui,  dans  Tinteröt  du  duc  de  fieicbstadt,  est  du  domaine  des 
loiB  dviles  et  de  la  prepri^t^  particoliöre. 

Teile  est  aossi  la  ligne  de  eondnite  que  les  rösolntions  de  S.  M.  rem- 
pweur  nons  prescri?ent  et  qne  S.  M.  I.  vient  de  rappeler  encore  dans  les 
^es  les  plus  pröcis  d*nne  r^solntion  port^  snr  un  rapport  du  6  de  Tan. 


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150 

Baoem  

P.  8.  La  pr^nte  d^ptelie  fiaii  termmi^  lortquo  iD*6«t  tarmh 
Celle  de  T.  E.  dn  17  janvier  par  laquolle  Elle  noiis  fait  connaltre  lee 

nouvolles  veraions  qui  lepandaient  dans  Paris  sur  les  dispositians 
testaniuutilires  de  l^miaparte  et  sur  la  nature  des  fonds  qiii  ilovraiptnt  en 
proveiiir.  Vous  vous  couvaincrez,  Mr.  le  hai  on.  a  la  lecture  d"  ina  tir'pi'ch».* 
quej'ai  jirpsspnti  egalementde  mon  cöt«  les  difticultcs  et  les  inconvenieus 
qui  s'attachoraieat  ndcesHairemont  h  des  reclainations  officielles,  soii  de 
la  part  de  la  coor  Imperiale,  soib  de  celle  do  M"**  la  duchesse  de  Panne. 
C'est  dans  cette  persnosioii  qne  nou8  btohs  limit^  les  premi^i'W  recber- 
chea  ä  des  dömarchee  verbales  et  k  msembler  des  moyens  de  comparalsoB 
et  de  nipprochements  et  qne  nous  nous  Bommes  interdit,  pour  le  momenty 
des  d^marches  judiciaires.  Le  pen  de  Imni^res  eertaines  qua  Ton  ait  snr 
les  actes  de  la  dernidre  volonte  de  Bonaparte,  est  renfermö  dans  le  rappoii 
offidet  de  Sir  Hndson  Lowe.  Les  donn^es  (pril  pr^nte,  tont  insnfRsantes 
qii*ene8  soient,  snnt  n^anmoins  Ior  Ronln  dignefl  do  foi  anxqnelles  on 
soit  autorise  d'appuycr  des  demarchos.  En  tont  6tat  de  cau8o,  la  i  rvcndi- 
c4itiou  quo  Voll  sr'iait  dans  lo  cas  do  faire,  est  ntTossaironicnt  cin-ouscrite 
ä  des  objots,  ayaut  natiiic  di*  pruprieU«  purticuliore  ut  d'iiitörtH  piivt-,  Ce 
ne  ■r^m-n  d'ailleure  qu  a  la  suite  de  plus  auiples  inforinatioa«  que  1  on  sera 
a  müiiic  de  se  decider  s'il  y  a  Heu  ä  entamer  dos  demarches  judiciaires. 
V.  ß.  estt  priee  de  so  tcnir  cette  reserve  präsente,  loi-squ'EUe  sera  dans 
le  cas  de  r^pondre  k  quelquo  Interpellation  sur  cet  objet. 

XHL 

Baron  Viuceut  an  den  Fürsten  Metternich. 

Paris,  le  11  fövner  1822. 

Mon  prince! 

Depuifi  que  j'ai  reru  la  I.  .  h.'  ijue  V.  A.  m'a  fait  I  huiineur  de 
m'adresst-r  le  26  jaiivior  deriiier,  laquelle  doit  ine  servir  au  hesoin 
d'autorisation  speciale  vis-u-vis  de  MM.  les  cnnites  de  Rcitraiid  et  de 
Montholon  dans  ce  qui  concerne  les  dis]>o>*itinris  testanu-utaires  de  X. 
Bonaparte  ;i  l'cgard  du  Iiis  de  8.  M.  larchiduchesse  Marie  Louise, 
duchesse  de  Parme,  j'ai  eu  uno  entrevne  avec  le  docteur  Antomarcbi,  ie- 
qnel  avait  nne  lettre  de  la  part  de  Mr.  le  comte  de  Neipperg  ä  me  re- 
mettre  relativement  k  ee  m6nie  objet. 

Dans  cette  premi^  entrevae  je  n*ai  pas  eu  occasion  d^approfondir 
la  mati^re,  mais  j*en  ai  profit^  pour  faire  connaltre  ä  Mr.  le  eomte  Ber- 


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tafind,  par  Torgaii»  du  doctear  Antoraarchi,  que  8*il  d^einit  me  Iure  du 

CAnimnnications  quelconques,  je  serais  pr^t  ä  me  rencontrer  avec  lui  par- 
tout üü  cela  lui  conviendraii.  Je  ii'ai  pat»  eu  de  repoose  jaaqu'ici  sur  coite 
dUTertnre. 

Je  ne  manqoerai  point,  ausüilut  quo  i  oaasioii  sVm  pruBontera,  de 
faire  U8age  des  directions  que  V.  A.  a  hicn  vouln  iiio  transmettre  ii  ce 
SHjei  dans  Ses  differeates  dep6ches,  et  de  Lui  rendre  un  compte  detail I^. 

A  cette  occAsion  je  dois  fix«r  rattenti  n  ie  V.  A.  Bur  nn  article  du 
JouTBal  des  Debats  d'aiyourdliai,  par  leqnel  £Ue  veira  qn«  rinatance  est 
dej&  commenefe  entre  HM.  de  Bertrand  et  de  HontlioloB  contre  Hr.  La- 
litte,  et  que  eelni-ci  a  dklar^  ne  pouToir  ae  deaaaiair  de  la  aomme  r^cla- 
qii*eii  pr^aenee  des  tateora  dee  h^ritiera  de  Bonaparte. 

Beilage:  Journal  dee  Däbata.  Lvndi,  11  fövrier  1822.  ...  La 
premiero  charabre  dn  tribanal  de  pretni^re  instance,  pr^sid^  par  Hr.  Mo- 

riau,  a  fait  ayp»jlt  i-  liior  la  cause  entro  M.  Jsicques  Lafitto,  banquier,  et 
MM.  les  wmtes  de  M<'iith<ilnii  et  15t  rti;iiul.  jiurti'Uib  de  l'ecrit  particulior 
t»ar  l.  quf-l  Xapuleon  Br»iiai»ai'to  a  cliiiigo  M.  Lafitte  de  payor  entre  leura 
maius,  six  inois  aprt-s  soii  «h  c««,  la  Bomrae  de  cinq  raillions  qui  lui  a  ete 
remiso  an  mois  de  juiUet  1815,  ä  i'epoque  de  son  depart  pour  S'"- Helene, 
Mr.  LaäUe  a  doclare,  par  ses  conclnsions,  qu'il  ne  pouvait  se  dessaisir 
de  la  somme  qa'en  pr^sence  dee  tuteurs  de  Theritier  de  Bonapurto,  ou 
toi  dtment  appelte;  mais  en  attendant  il  oifre  de  verser  les  foDde  k  la 
euflse  des  consignations  et  döpöts. 

üne  difficult^  non  moins  grave  est  relative  A  la  r^lamation  des 
iuterftks  depuis  cinq  ans  et  demi,  k  raison  de  cinq  pour  eent.  Mr.  Lafitte 
asenre  qn*aiiciuie  stipulation  n'a  ^t^  fiute  k  cet  egard  au  moment  de  la 
ranise  des  6  mflUons,  et  qne,  les  eonsid^rant  comme  nn  depOt  eacr^,  il 
n  eu  a  fait  aucune  ospece  d'einploi.  Mr.  Hupin  etait  prc-t  ä  plaider  pour 
les  demandeurs;  mais,  attendu  le  graiid  iiuuibn}  de  caiiM  S  di  jä  commen- 
cees  qni  suixhar^'t.'ai.Mit  la  seance,  l'affaire  a  ete  cniitiiuitM'  a  quinzaine 
^aa  samedi,  23  fevrier).  Mi'.  Persii  est  Tavocat  de  Mr.  Laätte. 

XIV. 

C!opie  d'uuc  lettre  do  Lord  Bathurst  ä  S.  A.  Mr.  le  prince 
Esterhazy  eu  date  du  26  juuvier  1822. 

Lord  Bathnrst  has  the  honor  to  acknowledge  the  receipt  of  prince 
Beterltttj^s  note  and  begs  to  infonn  bim  that  he  has  seen  the  king^s 
pnwtor  on  the  snbject  of  Bonaparte's  will.  It  appears  that  a  proctor  of 


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the  nam«  of  Fox  is  in  posBWBioii  of  the  will;  tbat  he  has  had  it  for  alMmi 
a  foitnight;  that  he  has  not  yot  taken  any  stopa  to  provo  it;  tbat  it  is 
not  an  nnaBoal  thing^  for  proctois  to  be  in  poflaoaaion  of  willa  for  months 
togetber  beforo  they  are  prored  in  conrt,  and  are  somotimea  nerer  proT- 
od;  that  there  can  bo  no  way  of  obtaining  a  copy  of  the  will  from  Mr. 
Fox,  as  it  is  lodged  in  his  hands  confidentially  by  the  person  who  en- 
trusted  Mr.  Fox  with  it;  that  Mr.  Fox  had  not  comniuiiicuted  to  the  king's 
proctor  from  what  hiinds  he  had  r('<  *  iv<>(l  tho  will,  or  aiiy  circumstanccs 
respecting  it.  The  king's  prootor  will  fiiniish  Lord  Batlmrst  with  a  i-oyy 
of  thp  will,  tlu'  iiioiucnt  it  is  {»i  nvo«?  find  «^ive  bim  any  fuither  inlorjnatiou 
respecting  it,  in  thf  cvcnt  i»f  any  transpiring. 

Lord  Batburgt  did  not  communicate  to  the  king's  proctor  his  rea- 
sons  for  making  the  inquury,  aa  there  waa  not  the  last  neoesaity  f<^ 
doing  so. 

XV. 

A  Mr.  le  rödacteur  da  Joiinial  de  Paria. 

Paria»  le  28  ferner  1828. 

Monsieur  l 

L'ancienne  maison  de  Ppn  etraiix,  Lafitte  et  C'''  dont  je  suis  liqui- 
dateur,  a  nn  cninj)tf  h  iv^hr  av*'C  hi  sncco.ssion  df  Napoleon  Bonaparte. 

Ce  conipto  doiiii«'  lif^ii  :i  im»'  Contostation  smimis*'  au  tribnnal  d*»  la 
Seine  et  dont  plusieurs  journaux  ont  parle  d'une  maui^re  plus  ou  moins 
inexacte.  Jnsqu'ici  j'ai  gurdö  lo  silence,  osp^rant  quo  la  pnblicite  des 
ddbats  judiciaires  ^clairerait  suffisamment  l'opinion  pnblique.  Mais  au- 
joQrd^hni  qoe  le  tribunal  a  ordonnö  quo  cette  affaire  serait  plaid^e  k  hnis 
dos,  Je  crois  devoir  en  fahre  connaltre  le  v^ritable  objet. 

En  1815  Napoleon  Bonaparte,  an  moment  de  qaitter  Paris  ponr  » 
rendre  dans  TAm^rique  Septentrionale,  fit  verser  dans  la  caisee  de  m» 
maison  nne  somme  de  4,320.000  fcs.  qai  au  moyen  d'autres  valenrs  en 
recouvrement  devait  ßtre  poi-teo  ä  5  millions. 

Mu  maiäuu  lui  rcmit  eu  echancre: 

1"*  Une  reconnaissance  de  5  uiilliuü«  aux  tcrrnes  du  laqueile  cöttc 
somme  etait  remboursable  ä  vue 

2^  Une  letti «'  >lo  credit,  egaiement  ä  vue,  pour  la  meme  somme, 
sur  des  banquiers  de  Philadelphie. 

Ainsi  Napol^n  Bonapai*te  avait  deux  titres  pour  disposer  do  Cütte 
somme  4  sa  Toloni^,  seit  ä  Paris,  soit  4  ^tranger.  Los  valenrs  cn  re- 
conrnment  qui  devaient  compl^ter  lee  5  millions  n'ont  jamais  ^tö  r^- 


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153 


s*^.  et  la  somme  de  4,220  000  f«"s  st  ule  n-inise  k  uia  maison.  a  ote  re- 
dnite  par  diT^^r«  payements  jtai  tieig,  fait*>  8ur  ordre  de  Napoleon  Bona- 
pvte,  ä  colle  d'eATiron  3»14 9.000  fcs.  dont  ma  maison  reste  döbitrice 
«Dveis  sa  svccession. 

On  apprend  par  nn  eitrait  do  testament  olographe  de  Napol^n 
Bunparte,  d^posä  en  Angleierre,  qu'il  a  nomm^  des  ex^cateors  teata- 

C*68t  arec  ce  aimpl«  extratt,  ac€ompagii6  d*nne  lettre  miBsiTe, 

signee  par  Napol^n  Bonaparte,  mais  non  ferite  de  sa  main,  que  HH. 

le»  execateurs  testamentaires  se  presentciit  a  inoi  coinme  liquidateur  de 
u  m^mm  Pi>rre£raux,  Lafitte  et  C'*.  Iis  demaudeiit  a  regier  le  coutpte  et 
ä  en  t»»uclifr  n'liqiiat. 

MM.  les»  ex6cuteui-s  testamentaires  connaisseut  ma  disposition  et 
mtme  moQ  empressement  k  me  libt^ror;  iis  sout  d'accord  aussi  que  je 
4ois  me  refbser  k  toot  payement  qui  u'(»p(;rerait  pas  raa  pleine  lib4ration, 
Hais  ils  seatieiment  qo^ils  out  la  qualit6  pour  me  donner  quittanoe 
mbble;  mes  conseils  penaent  le  contraire.  Voilä  le  poini  qui  noua  diTtse. 

On  dit,  ponr  moi,  que  la  lettre  missive,  coneid^r^  comme  mandat, 
Mt  r^voqn^e  par  le  i6chs  du  mandant  et  qu'elle  ne  aanrait  valoir  comme 
disposition  h  cause  de  mort  pniRqn'elle  n'est  pas  revAtne  des  formalit^s 
voolues  par  la  loi,  que  ce  te^^taiiu  iit  olographe,  ropresente  par  extrait, 
nVst  pas  oxecutairt'  ih-  pl-Mii  'Irnit  ciitr«*  un  ti«»r«  debiteur  de  la  succes- 
sinü.  qu»;  ji-  iie  puis  ni  n»-  lois  me  cuUfttitiH  r  juir»'  s  questions  de  droit 
p'ilitique  ttii  civil  qui  pourraient  s'eb'ver  sur  la  validite  de  ce  titre,  que 
cette  validite  doit  6tre  reconnne  par  Theritier  legitime  ou  verifiöe  contra- 
diefcoirement  avec  Ini,  qoe  dans  notre  droit  il  n'extste  point  de  anccession 
ms  Mntter  on  repi^sentant  l^gal»  qa'il  est  on  dans  un  parent  au  degr^ 
siMcesBible  on  dana  la  veuve  ou  dans  T^tat,  qn'enfin  ee  n'eat  pas  k  moi, 
aus  k  MH.  lea  ex^tenrs  testamentaires  k  leclierGher  et  k  mettre  en 
csQfe  cet  Mritier  legitime  quel  qu'il  i»uisse  €tre. 

En  an  mot,  d'apr^  Tavis  de  mes  conseils,  je  dis  k  MM.  les  ex^- 
CTit<*urs  testiimentaires :  Je  suis  pret  ä  payer,  mais  je  veux  pay«'r  yalaMe- 
mcnt;  je  ne  veni  pas  mVxposer  ä  payr  doux  fois.  Faites  verifier  votro 
titre  ei  votre  mialit»'  avrc  h-  cAntradicteur  legiiime,  ou  bit-n  souflfrez  que 
jö  me  libere  par  un  versemeut  a  ia  caisse  des  consignations. 

Tel  est,  si  Ton  p'^it  appeler  cela,  un  proc^s,  celui  qui  existc  ontre 
MM.  les  executears  testamentaires  et  l'ancienne  soci6t6  Perr^ux,  La^ 
fitte  et  0*. 

J*ai  rhonnenr  d'ötre  etc. 

a\gn6x  J.  Lafitte. 


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164 


A  Ib.  lo  rddaotoiir  de  CkmstltatioiineL» 

P«ilSi  le  8«  um  IMS. 

Honsieiir! 

Nons  aurions  atiendo  en  silenoe  la  d^ision  dn  tribanal  ei  Hr.  La- 

fitte  n'ayait  pas  jnge  convonablo  ä  sos  interets  de  H'adros^or  au  public 
pour  faii  o  coii iiiiiti  r'.  dit  il,  le  veritable  ubjet  du  pioces. 

La  uiüüioiiü  de  Mr.  Laütto  le  seii  mal  lorsqu'il  dit  qu>n  echuiisre 
des  sommes  vorsees  ä  na  caisse.  la  Tnaison  Perrei^anx  Tiatitto  a  leuus: 
1"  uuü  recoDDaissancc  rombDiii  sable  ä  Tue,  2^  uae  lettre  de  crddit, 
egalement  remboursable  ä  vue. 

La  reconDäiäsance  ne  dit  pas,  rembonrsable  k  vne;  eile  dit: 
Nona  tiendionB  k  la  dispoaitioii ... 

La  lettre  de  credit  adress^e  ä  des  n^gocianta  Am^ricaina  porte: 
yVona  TOUB  rembourserei  eur  nons  a  dem  on  trois  mois  de  yne'  et 
rinatmction  Jointe  k  cette  lettre  de  crMit  ponr  regier  la  mani^re  dont  on 
e&  nsera  porte  Egalement:  ,Il8  pourront  tirer  snr  nons  k  irois  on 
qaatre  mois  de  yqo.' 

Cette  diffi^reiicc  a  son  importance,  surtout  pour  la  question  des 
interßts,  car  im  d(»pt'»t  n'est  pas  ifinlioursabl**  a  trois  ou  quatre  mois  de 
vue.  Quant  an  fond  du  procf'^s,  U»  tiilumal  avant  cru  dt-voir  ordunnor  que 
Taftairc  scrait  plaidee  ä  buib  dos,  par  n^r^pect  pour  cctto  decisitm  uous 
ne  croyous  pas  convenable  de  reproduire  ici  ies  queötions  agitees  :\  l'an- 
dience ;  nous  uous  contenterons  de  dire  que  le  resume  presente  par  Mr. 
Lafitte  des  moyens  qui  ont  ete  plaides  pour  lai,  est  loiu  d'etro  complet, 
et  que  notamment  il  a  fait  plaider  que  ce  testament  etait  nul  en  la 
forme,  pareeqii*il  ^tait  sigii4  Napoleon  au  lieu  d*6ire  aign^  Bonaparte; 
au  fonda  parceque  Tordomumce  du  6  mars  1815  ayant  ordonn^  df  im 
courir  sub,  il  en  räaultait  que  le  testateur  ^t  frapp^  demortcivile... 

Noua  attendona  avec  oonfiance  la  d^sion  de  la  justice. 

J*ai  Tbonneur  

aigne:  Montbolon.^ 


Diese  beiden  Briete  verdanke  ich  der  freundiicbeu  Mittheilung  des  Herrn 
Legatioossecretärs  CigetaD  M^rey  vou  Kaposmire,  welcher  die  Gttte  hatte, 
sie  für  mich  in  der  Nationalbibliothek  au  copiren. 


üiyiiizeo  by  GoOgI( 


165 


XVI. 

Oople  d*jme  lettre  Werlte  &  8.  M.  rimptetrioe  per  Xr.  le 
banm  de  Keneyal,  le  denx  Jenvler  161S, 

Parmi  los  objets  qui  Interessent  le  service  de  S.  M.,  auxquolH  j'ai 
eu  pari,  jusqu'au  momeut  oii  j'ai  cesfi^  de  remplir  auprös  de  s&  personne, 
la  place  de  secr^taire  de  ses  commandements,  il  on  08t  un  sor  lequol  je 
dois  im  compte  pariiculier.  J'oserai  ajanter  qa'ii  m'impoiie  qne  8.  M. 
seit  parfiutemeDt  telairöe  sor  les  faits  contenns  dans  la  note  aniTante. 
Le  19  avril  1614,  rirop^ratrice  Marie  Loatse  ^tant  h  OtUtam, 
par  l*orgaiie  de  Mr.  le  prince  Paol  Gsterhaxy  et  du  prince  Wenxel 
Uechtenstein,  rinTitation  de  ee  rendre  k  Bambouillet,  potir  j  recevoir 
S.  M.  remperenr  d*Aiitriehe.  Elle  se  decida  k  partir  le  soir  da  mftme  jonr. 
La  sitoatioii  oll  se  troQTait  alors  rimpi^nitrice,  Bituation  dont  je  n'ai  paA 
bosoin  de  ruppoler  les  circonstances  «pii  sont  tri>p  connues,  rendait  iü- 
di8p<»nsable  la  jm  fcantion  de  faire  niettre  dans  les  vi»itiiii  s  «jni  suivaient 
S.  M.  ä  Kauilfiuillft.  tiiu'lqiu  s  smuhii«"^  du  trexnr  particuli'T  d<'  rcmiK-r.'iir 
Napoleon.  La  destinee  du  reste  du  tK  s.T,  deja  condamnee  par  im  arte 
tlu  pouviTiiement  provisoire,  dcvenait  tres  incertaine  apres  le  depart  de 
l'imp^ratrice.  Un  sentiment  de  delicatesse  lui  inspirait  de  hi  repugnance 
ädispoeer  de  ce  tresor;  snr  l'invitation  r4iteree  qu'ü  importait  qu'elle  ne 
restäi  pas  dena^e  d'argent,  8.  M.  consentit  h  oe  qu'on  s'entendit  k  cet 
egard  aTec  Mr.  Pejrrusse,  tr^sorier  particulier  de  Temperenr  Napol^n» 
qni  86  ironvait  k  Orleans.  Mr.  Peynisse  e^occupa,  aans  perdre  an  momenti 
de  placer  dana  les  Toitares  de  soite  de  S.  M.  rimperatriee,  dilKrentes 
sommes  dont  le  total  s'^IeTa  k  frs.  3,938.600  et  remit  an  g^n^ral  Caffia^ 
relU  et  h  moi,  nne  note  de  cos  sommes.  faite  ^  la  hftto.  A  TairiT^e  de 
rimperatriee  si  Kanibouillet  notre  prcniier  soin  fiit  de  verifier  les  sonimes. 
U-  {joner.al  Caffai»  Iii.  le  tren.  ial  Foiil»  i  ,  Mi.  de  S*  Ai^'iiaii,  Mr.  de  Bausset 
'■t  moi.  iiMiis  MtMis  ietijiii>ii>  i"»ui-  iiimvder  ä  cettc  veriticatii'ii.  II  (.•<Miv».'iiait 
qu  il  en  tut  dre8.>*e  un  proc«i8  verbal  vn  regle;  mais  personne  ue  voulut 
nconnaitre  de  mis-sion  pour  le  eigner.  On  se  contenta  de  dresser  un 
ümpie  biudereau  de  veriticatiou.  Mr.  Bausset  se  cbargea  de  tenir  ia 
plaiae.  Ce  bordereau  est  reste  duns  st  s  niains;  il  constate  que  la  somme 
umonc^  de  frs.  2,938.600  a  <kto  trouTäe  intacte,  snivant  la  note  aom- 
nuire  remise  k  Mr.  le  g^neral  CMTarelli  et  k  moi,  laqnelle  fnt  confirm^e 
par  r^tat  en  r^le  qne  le  tr^sorier  m*enToya  pea  de  jonrs  aprte. 

Pendant  le  s^jonr  qne  8.  M.  rimperatriee  fit  an  chfttean  furent  pr^- 
gor  les  frs.  3,988.600  et  portdea  k  Fontainebleani  snr  la  demande 
qn'en  fit  rempereur  Napol^n,  savoir: 


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166 


Par  le  dnc  de  Vioenc«  

Par  ICr.  de  la  Place»  offlcier  d'ordoimaiice  . 
Par  Hr.  Baillon,  fonrrier  


Ii«.  S20.000 
800.000 
„  400.000 


Total 


frs.  920.000 


L'empereur  Napoleon  ayait  de  plus  demande  qu*uii  million  en 
lettres  de  change  lui  fut  envoje  a  Porto  Fen-ajo,  mais  iLatie  dit>position 
u'a  pa8  ete  exäcutee. 

Les  ffmds  qui  restuieut  ä  l'iiiiperatrn-f  a  repoque  du  '20  avril.  &e 
montAient  ä  frs.  2,013.600.  S.  M.  n'a  pas  donne  ä  Mr.  le  tresoner  Pej- 
raese  de  quittance  de  ces  sommes,  signue  de  m  main;  mais  eile  m'a 
ordonn^  de  rendr(>  compte  de  ce  r^ultat  a  rempenMn-  Vapol^on;  ce  qne 
j*ai  &it,  en  riufoimant  exactement,  1**  do  d^pöt  de  fra.  2,933.600  fait 
par  8on  träsorier  danB  les  voHures  de  Pimpei-atrice  et  de  la  v^nficatioiL 
qui  en  fut  fiute.  2*  de  Tenvoi  sncceasif  des  920.000  fn.  remis»  tant  an 
dac  de  Yicence,  qn'ä  MM.  de  la  Place  et  Baillon.  Lea  re^as  de  cea 
frs.  920.000  doivent  se  troiiver  dans  les  mams  de  Mr.  de  Bausset,  qui  a 
r^uni  tontes  les  piices  de  eette  comptabilit^.  II  s'est  cbai-ge  de  la  conser« 
vation  des  fonds  importants  dos  frs.  2,013.600  qui  restaient  et  de  l'ad- 
aiiiii.''Miition  «lus  depen.ses  de  la  maisoii  de  l'imperatrice,  comme  lo  plus 
capablo  <lf  h'im  remplir  cette  fonction,  par  Texp^rience  et  les  comiai^jsan- 
ces  quo  lui  (.luuiiait  sa  charg«  de  prüfet  du  palais. 

Quant  ä  co  qui  mo  regarde,  je  declare  que  depuis  cette  »  itoque,  j'ai 
ete  ab8olumeut  etrauger  a  la  connaissance  do  toute  disposltioü  quelcon- 
qae  et  d'aucun«'  e^pece  qui  peut  avoir      üüte  de  ces  loads. 

Yienne»  le  deoz  jauvier  1815. 


Frina  Bogen  Heraog  von  Leoohtenberg  an  den  Kaiser, 


Jo  j)iiu  V.  M.  de  nie  panlduiirr  si  je  La  dei-:\nir«'  'le  Se»  occu- 
pations  plus  iraportantes  pour  Lui  parier  de  luoi;  mais  je  me  trouvc  dans 
la  necessite  de  renoaveller  aupr^s  d'Elle  les  diverses  instancea  que  je 
Lui  ai  deja  faitos  relativoinont  a  la  liquidation  de  la  liste  civile  du  royaume 
d'Itaiie.  Le  motif  qui  m'oblige  a  cette  nouveUe  d^marche  est  le  testament 
de  Tempereur  Napoleon.  Je  ne  le  connaissais  jusqn'ä  present  que  par  le 


Siga^  B"''  de  MeaeTal. 


xvn. 


Manicb,  ce  80  me»  1892. 


Sire! 


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157 


^^uit  public  et  par  des  communicatinTis  incomplMes:  niais  je  viens  de 
rfi.vv(;>ir  dfs  PXPCTiteiir?  tpstameataires  iiui*  tMpie  de  partii;  de  cc  testa- 
mcnt  tt  d'un  codicUle  qui  me  concernent.  Par  cette  dermöre  piece  le 
testeteur  me  Charge  de  pajer  dhS^rents  legs  montants  ä  la  somme  de  denx 
milliong  de  iraiics,  et  il  indiqne  que  ces  payements  doi?ent  6tre  faits  snr 
It  liqiiidation  de  la  liite  ciyile  d*ItaUe  teile  qne  argent  comptant,  menbles» 
senice  de  Tenneil  etc. 

Y.  M.  I.  et  B.  Se  nppelera  qne  cette  liqvidation  prfoentait  nn 
wMe  d'enyiron  8,600.000  Lit.  ItalienneB  dtt  en  argent  par  le  tr^r 
public  Ii  la  liste  civile.  (Les  commissaires  de  V.  M.  T.  et  R.  n*oiit  reoonnn 
ce  Solde  que  ponr  environ  1,600.000.)  Ii  existait  dans  k*  trt'sor  ])ublir 
des  soiumes  bien  superieures.  dont  je  poiiTaifä  dipposer  rl  ce  qwc  je  u  ai 
pas  fait  par  seiitimeut  de  delicatcsso.  Cfs  iondn  se  sout  truuvi's  ä  Tepo- 
que  de  Tocciipatioa  de  Milan  par  im  troupes  de  V.  M.  Eile  daignera 
aoMi  8e  rappeler  que  les  objets  pr^ieox,  vermeil,  argenteric,  meableSr 
linge  etc.  ont  6t^  laiss^s  scmpiileiisement  en  lenr  lieu  et  place,  que  le 
tr^r  partieulier  de  la  oonroime  k  m6ine  ^  laiss^  dans  son  intäghtä  et 
le  tont  remifl  dans  leB  maiiiB  des  «genta  de  V.  M. 

Je  La  prie  done  de  me  mettre  k  mtaie  de  poiiToir  satisfaire  anx 
DOQTeUes  cbarges  qoi  me  sont  impos^es»  ea  me  faisant  teair  eompte  du 
lolde  de  la  liste  civile. 

J'ose  esperer  qne  V.  M.  I.  et  H.  ne  vena  dans  l'expose  sincere  de 
c^iii'  affaire  que  contiaiicp  quo  jf»  mets  dans  Sn  ddicatesse  et  dans  Sa 
justice,  et  dans  rette  niuivelle  doinarche,  rt'Xi)rt*sM<ui  tVanch»'  do  n'cnn- 
naissance  envers  celoi  qui  pendaat  viugt  ans  de  ma  vie  m'a  teuu  iieu 
de  pere. 

J'ai  Hionnenr  d'6tre  

1*"^^  Eugene  duc  de  Leuchtonberg. 

xvm. 

Handaohareiben  dea  Kaisers  an  den  Fürsten  ICettemloh. 

Wien,  deu  14.  April  1822. 

Lieber  Fflrst  Metternich! 

Aus  der  Anlage  ersehen  Sie,  welches  Ansinnen  der  Herzog  von 
Lenchtenberg  als  yonnahliger  YicekQnig  Italiens  an  Mich  macht.  Sie 
wtrden  darüber  nnter  Hittheilong  dieses  Schreibens  mit  Meinem  Finanx- 
■mdster,  Grafen  Stadion,  das  erforderliche  EinTemehmen  pflegen  nnd 


168 


Mir  liimacli  den  gDtftehtUelieD  Vortnig  «istatten  oder  dnich  den  FiDaoi- 
miniBter  erstatten  lassen. 

Da  Ich  ans  diesem  Schreiben  sn^Ieich  ersah,  dass  Napoleon  ein 

Tßstamont  und  ein  Codicill  hinterlasson  habe,  so  werden  Sie  Soi^e  tragen, 
daBS  Ich  in  din  y-enauc  K«  nntniss  dfKselbcn  komme,  uüd  daher  Mir  auch 
wo  möglich  eine  autheiiUijche  Abschrift  diei»er  Urkunden  verschaffen. 

Frans. 

XIX. 

Vtat  XMtoniioli  an  Baron  Vlaoant. 

VieDue,  le  24  avril  lUii, 

En  suite  dn  rappoi-t  qne  V.  E.  ni*a  lait  l'honneur  de  m'adresser  ie 

4  mars  demier,  j'ai  eu  soin  de  transmettre  ä  8.  M.  M"*  la  dnchesse  de 
Parme  la  lettre  que  MM.  les  comtes  Bertrand  et  Montholon  vons  avaieut 
prie,  Mr  \c  baron,  dv  tain-  p;ii  v»'nir  a  sa  destiiiutiini  M""*"  rart  hitluchesse 
n'a  pu  que  se  borner  a  vous  fii  accusci'  la  r<M;ojili»>n  auiM  quelle  l'a  fait 
par  äa  lettre  du  2^  iiiar.s.  Ii  lui  serait  d'autant  pluK  impossible  de  se 
mettre  en  relation  directe  avec  MM.,  les  execateors  tesiamentaires  qifin- 
dependamment  de  la  r^senre  qne  cette  anguste  princoese  s'est  prescrite 
dans  ce  qni  ponrrait  se  rattacber  a  ses  anciens  rapports  avec  la  France, 
eile  n*eBt  pas  dans  le  cas  de  ponvoir  repondre  k  des  Communications  daas 
lesqueltes  ces  Messieurs  continuent  ä  invoquer  le  nom  d'empereor,  lors- 
quMl  est  cependant  de  notorit^  que  le  titre  Imperial  que  Napoleon  Bona- 
parte 8*^tait  r^serv^  dans  la  Convention  Fontaineblean  est  venu  h  cesser 
k  soü  ügaid  par  TiutVaction  de  la  dite  Convention  et  jiar  la  dfclaratiou  du 
13  mars  1815,  laquelle  a  pris  rang  dans  les  ti  ansactions  pnlitiquis  qiii 
tieut  tuiis  It's  {iiinifjs  et  etats  de  l'Knropo  »-t  par  r.iusequent  aussi  M""^  la 
duchesse  de  Parme.  Cette  cousideratiua  est  plus  que  süffisante  pour  qne 
M"*  la  duchesse  de  Parme  s'intordise  tout  echange  direct  de  communi- 
cation  avec  les  dits  ex«)cuteurs  testauieutaires  et  pour  qu'elle  doive  egale- 
ment  ä  sa  Situation  d'^Titer  de  traiter  directement  avec  eux,  seit  ä  Parme, 
soit  ailleurs.  Y.  E.  trouve  Se  m6me  insti'uite,  directement  de  Panne,  de 
la  teneur  des  extraits  partiels  des  dispositions  'testamentaires  Joint«  k  la 
lettre  de  MM.  de  Bertrand  et  de  Montholon.  A  tout  6v4nement  j'ai  Thon' 
neur  d*en  mettre  nne  copie  exaete  i  la  disposition  de  V.  E. 

Je  ne  puis  mieux  vous  fairo  connuitn*.  Mr.  le  baron,  rimpressioQ 
que  la  demarche  des  executeni  s  ti  staiaentuiirs  a  faitc  siii  r<'spnt  de  S. M. 
^in«  i'aichiduchesse,  qu'en  vous  tiausmeltant  des  copies  des  depecheä 


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169 


da  96  et  dn  99  min  ainsi  qve  du  S  anil  que  le  camte  de  Neipperg  m*a 
idrooirfeo  k  ce  siqet. 

?<ni8  7  remarquem  d*abord,  1fr.  le  Imron,  que  K"*  la  daehMse  de 
Parme  ajanl  tonte  confiance  dane  la  loyant^  et  le  sMe  do  Stenr  Ballon- 

häv»',  inteüdaiit  goueral  Je  sa  inaison,  lequel  se  tixniv»'  inaintonant  a 
Paaiü,  eile  desire  qne  ?ou8  disposiez  enti^remeiit  ile  ses  sei  vioes  pour  Ics 
recherchps  de  detail  que  vous  jugeriez  nöcessaire  df  taire.  V'uus  y  roiiiar- 
quwez  tjgalembut  quv  les  deux  millions  de  francs  n'inis  ä  S.  M.  l'inipi'ia- 
trice  pendant  sod  sejour  ä  Orleauä  en  1814  out  ete  Vernes  ä  la  caisBe  de 
la  Duumm  de  S.  M.  avant  le  traite  de  Fontalnebleau  et  par  consequeut  ä 
ane  ^poqae  uü.  placäe  sur  le  trOne  de  France,  eile  etait  en  droit  de  üaire 
«mploi  de  ces  foada  pour  rentretiea  de  ea  maison  et  de  sa  «oite,  eana  en 
deroir  oompte  ni  am  ex^ntenn  teatamentairea  ni  k  ancuD  antra  parti- 
calier. 

L*abdkatioii  de  Fontamebleaa  a  trac^  k  cet  ^gard  ane  Ugne  de  d^* 
■■rcalion  entre  le  goaTemement  Imp^nal  et  T^re  de  la  reetanration  en 
Flrance.  En  verta  dea  danaea  de  cetfee  abdication,  accept^  par  lea  coura 
d^Aatriche,  de  Berlin  et  de  Petersbourg  comme  aas«  par  Celle  de  Londrea 
süf  le  point  de  la  disposition  des  pays.  S.  H.  M""  l  aichiduchesse  Marie 
Lmise  est  devenue  duche>^s»'  ilf  l'ariiif  Ir  jour  oü  t'lh-  a  (  ••sse  d'etre  impera- 
Uic«  des  Fran9ais.  Dans  tiMitt-s  l*'s  transactions  imMiqnos,  la  date  du 
traite  de  i^outainebloau  a  foi  iiu-  uue  ligue  de  i  lntiirc.  (''»'sl  pour  ce  raotif 
que  notre  cour,  sc  tonaat  a  cctt«'  liqi'nf'  de  Separation,  s'est  abstenue  de 
r^mer  la  dot  de  M*"^  Tarcbiduchesse.  Far  uue  uieme  consoquence  les 
dem  miUiona  Tere^  avant  rabdication,  ayant  ete  duomeut  employes  k 
l'eatietien  et  anx  liaia  de  d^phusement  de  la  maison  de  rünp^ratrice, 
eette  aomjne  n'dtait  plua  diaponible,  et  ü  y  a  erreor  dana  la  disposition  dn 
eodidlle  qai  aaaigne  dea  libiraütäa  aar  ces  deax  millions.  II  en  idsnlte 
que  cette  aaatgnation  n'est  k  oonsid^rer  que  ooaime  ane  sorte  de  recomman- 
dation.  n  en  est  de  mftme  de  la  recommandation  qni  porte  sar  la  dotation 
qai  avait  antrefoia  appartena  an  comte  Berkrand  dans  le  territoire  de 
Parme  et  qui  <'st  venu  ä  cesser  par  Tai'ticlo  secret  du  traite  de  Paris  du 
30  mai  1814.  ou  bicii  t'ntiu  de  la  partie  de  ses  dotations  qui  etait  assi- 
gu*'.-       1».  nioiit  dt-  Milan  laquelle  a  esralpm*^nt  pwrdn  tont  pff^t  par  l'an- 
ruillatioii  du  traite  de  toutainobloaii.    II  cu  renultt^  donc  iiltrri<>mt'niL'nt 
que,  si  meme  lea  dispositions  testameritaires  de  Nnpolt'tiu  Boiiaparte 
tvlient  et^  reconnues  valides  tout  comiue  eilea  vionneiit  d  etrc  declai'eea 
caduqnes,  Tasaignation  sur  les  deux  millions  poiierait  autant  sur  une 
suppoeition  anonie  qne  la  recommandation  de  ia  dotation  dans  les  ätats 
de  Panae  et  snr  le  mont  de  Milan. 


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160 


Haiiitenftnt  qii*tt  est  bien  STenn  que  1«  testameni  olographe  a  (Ai 
d^elar6  nnl  par  le  tribnnal  de  premitee  mstence  de  Paris,  les  propriftee 
particnli&res  appartenaat  it  Napoleon  Bonaparte  ao  5  mai  1831  doimt 
Atre  d^Tolnes  k  son  hantier  natnrel,  en  oonfmiiiitä  des  diipositioiiB  du  cod« 
civil  des  Fran^ais  qui  r^lent  les  snccessioiis  ab  intestat.  Au  nombre 
de  ces  propri^t^s  particuliires  se  trou?e  6tre  incontestablement  la  Bomme 
qoi  fonnait  d^6t  entre  les  rnains  de  Hr.  de  Lafitte  ei  qni,  k  Ja  snite  da 
jugement  da  tribnnal  de  premi^re  instance,  doli  a?oir  ^t^  jndieiairemeni 
d^pos6  dans  rintSrftt  de  Fh^ritier  appel6  ab  intestat. 

Y.  E.  Se  convainem  par  la  d^p^ebe  dat^e  de  Panne  le  36  mars  qw 
rintentiou  de  S.  M .  rarcbidncbesse,  comme  tntrice  naturelle  de  Hgr.  le 
dnc  de  Beichstadt,  son  Iiis,  est  qn^ils  soient  faites  les  d^marches  et  les  di> 
ligences  requises  ponr  mettre  k  convert  les  droits  de  ce  prlnce,  et  notsii- 
ment  cenx  qni  Ini  sont  devolns  k  T^rd  dn  däpOt  ci-dessns  mentionne. 
L*une  des  snites  de  raannllatknn  du  testament  sera  qne  UM.  les  eomtes 
de  Bertrand  et  de  Montholon  sinsi  qne  le  Sienr  Ifarcband  ne  seront  pent^ 
Atre  plns  reconnns  comme  ez^ntenrs  testamentaires,  mais  dans  ce  c*& 
ils  seront  to^jonrs  consider^s  comme  mandataires  jnsqn'an  moment  dn 
d^s  et  ne  penvent  se  refuser  a  rendre  compte  de  lenr  gestion.  Et 
attendu  qif  ils  se  sont  deji  mis  en  cause,  comme  iah  pres  le  tribunal  de 
premi^re  instance,  il  semble  que  ce»t  la  qu'ils  devraient  dtre  interpelles 
k  produire  Ja  totalitä  des  disposittons  testamentaires  comme  8er?ant  de 
renseignemenis  nt'cpssnires  sur  la  consistance  de  lenr  snccession  onTert» 
ab  intestat.  En  leur  fesant  insinuer  que  Ton  ne  pournüt  se  dispenser 
de  recevoir  ä  cet  effet  ä  Tantoritu  du  tribonal  qni  se  tronve  saisi  de  la 
connaissance  de  la  r^clamation  du  depOt,  on  pourra  peoi-Stre  les  deter- 
miner  a  s'acquitter  enfin  envers  V.  E.  de  rentiere  communication  des 
dispositions  testamentaires  qoo  d^jh  dans  le  mois  de  fevrier,  ils  avaient 
annoncL>  vouloir  vous  faire  connaltre,  Mr.  lebaron,  ce  que  jusqn'äpresent 
n^anmoins  ils  n'ont  pas  onrnrc  realis^. 

Je  ne  puis  qu'aluuuloiuKM  ;in  rh'->ix  de  V.  E.  le  moyen  qu'Elle  jngera 
le  plus  convenable  pciir  iour  faire  fano  cett<*  Insinuation  verbale.  II  s^rait 
peut-etre  si  propos  d"y  iijonter  rnhservntion  inöme  dans  ia  qualite 
dVxernteurs  testamentaires  ils  aiiiiii''nt  r<ihlig;itinn  de  rendr»'  compte  de 
li'iir  ir<';5ti<">ii  dans  le  tfrnic  i1"uih'  amH'i'  ;ii»i('S  le  deci^s  dn  testateur.  Si 
par  cotte  iusinuation,  nu  au  ninvcii  «i'auM"<'s  ifcliciclifs  imiiu'  Icsquidles 
V.  E.  ]>niirrait  iin  ttri'  ru  fivant  le  SiiMir  Hallniili;iyt\  Ell»-  i)arvi('nt  ä  rae- 
jihis  il'i'claircisM'mcnts  sur  les  lui-tifs  qni  «nit  liicti'  l»'  jiigenient 
du  tribunal  lic  iirfinii'r»^  iusstanct',  nmis  sauriois  beaucuup  de  gre  ä  V.  E. 
des  renseignemeats  qu'Elle  uous  prucurera.  Ii  sorait  particnli^rement  a 


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161 


dfsirer  qu  ElK?  piit  avoir  connaissance  au  moyon  d<^  qin'lqnes  gons  do  loi 
du  repnrru'  <iu«  It  s  avncats  des  deux  parties  et  le  procureur  geuerai  du 
rui  auiiint  mis  so\is  Ics  joux  du  juge  avaüt  le  proflonce. 

Eu  reuuissant,  ces  differentes  donn^es  nouH  en  sorons  mieux  eu 
jiiuatii  n  d  i  tablir  Ie8  questions  mr  lesquelles  on  borait  dans  le  cas  de 
h::r  t<  uir  ime  consultatioü  de  plusieurs  juiisconsuJtes  noa  seuloment  ä 
pÄfib,  mais  ici  ii  A'ienne, 

Celle  qui  serait  tenuu  ä  Tarij»  aurait  pi»ur  objet  dVclaiicir  la 
question  de  fait  et  la  manicre  dont  eile  est  considöree  en  France,  et  de 
fiavüir  quelles  demarche»  ii  y  aurait  k  faire  dans  Tinteret  particulier  du 

de  Beichstadt,  en  se  reglant  sur  les  lois  Fi-an9aise8  de  Buccession.  Ia 
cmniltition  nlMrieure  qui  serait  tenit«  h  Yieime  par  des  panoimeB 
attacbees  k  Tmidre  jndidaire  aaialt  pou  objet  d«  fixer  si  et  qaelles  d6- 
iitfehes  il  7  annit  k  füre  pour  mettre  couTert  lee  droits  du  fils  de 
HU  la  dndiesse  de  Farme  et  pour  remplir  ä  T^gard  de  celni-ci  les  devoirs 
h  la  totelle  desquels  8.  M.  remperenr  eat  chargö  cuitjuintement  svee 

rarebiduchesse  Marie  Louise. 

Vous  Toyes,  Hr.  le  baron,  qn'il  ne  s'agit  pas  encore  k  pr6sent  de 
w  pertet  k  nne  demande  judiciaire,  mais  seulement  de  se  diriger  dans  les 
Mnatdies  d*information  de  maaiftre  k  pouvoir  Aüre  naage  des  risultats 
si  roa  eet  dans  le  eas  d'en  tenir  k  un  reeonra  formel  aoi  tribunanx. 

SMevea  —  

P.  S.  La  pi^ente  diptehe  6tait  d^jl  exp^di^  lorsque  le  tapport  de 
T.  E.  da  9  ATril  s.  1.  F.  m*a  instrnit  d*un  eutretien  nlt^rieur  qo^EUe  a 
m  avee  Mr.  de  MontholoiL  Je  m'empresse  de  tous  remerder»  Hr.  le 
teiea,  des  noDTelles  instanees  que  tous  avei  faitee  pour  obtenir  la  com- 
umicalioB  entidre  du  tesiament.  Je  crois  d*aatant  plus  voua  engager  k 
iosister  sans  relAdie  sur  oe  point  qu'nn  ordre  du  cablnet  de  S.  U.  dont 
V.  E.  tronvera  ci-joint  une  copie,  nous  reconunande  de  ne  rien  n^gliger 
IMV  nons  en  procnrer  uue  entitee  conuaiBSsnce.  Hr.  de  Hontbolou  ne 
ioH  pas  avoir  plus  de  difficnlt^  de  nous  communiquer  le  tont  qu'ä  Sir 
Hadson  Lowe  auquel  il  avait  annono^  sulvant  le  biUet  Joint  qu'U  7  ^t 
atorisi  par  le  testateur. 

Beoevei   


^nki*.  Bd.  hilX.  L  Bilft«.  11 


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163 


XX. 

Fürst  MettornlolL  an  den  Ffinten  Fmil  EstorliABy. 

Vienne^  le  S4  Avril  18S8. 

Je  ii'ai  pas  inaiupu'  de  transrapttre  aM""  rarchiduchesse.  duchesse 
de  Parme,  Im  ronsoiiL^ni'incnts  n-latifs  aux  dispositiuüs  testamoiitaires  de 
Napoleon  Bonaparte,  rappeles  dans  le  rappoi-t  sub  Litt,  l  du  27  fevrier 
demier,  tels  qoe  V.  A.  a  su  so  les  procurer  par  l'intorm^diairo  de  Mr.  le 
comte  George  de  Caraman  et  de  Mr.  de  Seguier,  consul  g6n4ral  de  Franee 
en  Angleterre.  Dans  rentretemps,  M"**  l'aiehiduchesse  a  refn  avssi  de 
HH.  de  Uontholon  et  de  Bertrand  une  comtnnnicaiion  h  pen  prte  sem- 
blable,  mais  qni  ne  renferme  Clement  qne  des  renseignements  partidB. 

D^antre  part,  Mr.  le  baron  de  Yinceni  a  eu  dans  les  demiers  jours 
de  mars  nn  second  entretien  a?ec  Mr.  de  Montholon»  dans  le  r^t  da- 
quel  je  erois  devoir  releyer  le  pa^sa^e  sniyant  pour  serrir  ä  rmformatieB 
de  V.  A.i 

Vous  voudrez  bicii  rcmaniucr.  mon  piince,  que  Mr.  de  Muutholon 
ne  fait  nulle  difliculte  (raffniner  quo  lo  testament  a  ete  montre  en 
son  entior  au  gouvoi  nt  iiiont  Fran^ais  et  sans  doute  par  lui  Mon- 
tholon,  depositaire  connu  des  derni^res  volontes  du  tostateur.  Nous  ap- 
plaudissons  Tolontiers  ä  ia  sage  r^serve  qne  le  gouvernement  Fran^ais  a 
prescrite,  en  empöchant  la  divulgation  de  tout  ce  qui  dans  les  dites  dispo- 
Bittens  testamentaires  ^tait  de  natore  ä  alimenter  Tesprit  de  parti,  et 
qni  en  effet  anra  6i6  probablement  con9ii  dans  ce  bot  par  le  testateur  oa 
par  les  personnee  qni  Fentonraient  dans  les  temps  Toisins  de  sa  mort. 
Mais  le  voen  de  cette  r^erre  ne  doit  pas  aller  jQsqo^ä  laisser  ignorer  h 
M"*  rarcbidncbesse  et  anz  tutenrs  du  dne  de  Beicbstadt  ee  qn*il  lenr  Im- 
porte de  connattre  dans  rint^rftt  priv^  de  ce  prince.  8M1  7  a  en  toote 
raison  de  communiquer  lo  testament  en  entier  au  gouvernement  Fran- 
^ais,  parceque  celui-ci  etait  le  jugo  le  plus  competont  des  inconveniens 
que  pourrait  fiitrainer  une  ]>nbli(  iti'  indiscrete,  il  y  a  egalemont  dos  nio- 
tifjj  de  stricte  jii^^tice,  h  ]Kut  inciiu'  «nmix  de  (■'Hivenancos.  ]iiuir  qu'il  -  f 
aussi  communique  en  entier  tant  ä  S.  M.  l'empereur  notre  augu^te  uiaitic 
qu'a  la  duchesse  de  Parme,  attendu  que  si  Ton  ne  connalt  pas  en 
entier  toutes  les  dispositions  que  Nai>ol^on  a  faites  do  sos  proprietes 
particnli^res,  les  totears  du  dnc  de  Reichstädt  sont  dans  rimpossibilite 


>  Yergl.  Anmerkang  2  anf  8.  63. 


163 


et  de  üaire  ot  d'om(*ttr<>  c©  que  pom  rait  exiger  l'iütert't  do  cc  luinco; 
qo'iis  sont  enßn  dans?  riinpf>«?sibilitö  d<>  dt-oidi-r  s'il  y  a  Heu  a  acceiit<T  la 
nfff-'!«!!-»!!  et  80US  (|U(11*-  ci-inlition if  8i  et  ä  qucl  point  il  y  a  Heu  ii  b'oc- 
cnper  «Its  l<  gs  et  ä  satisfaiic  ä  des  dispositions  is' Lm-s  d.'s  codicilles? 

An  suqdus,  si  le  testament  a  etp  montre  «  n  cntitT  au  gouverno- 
m^nt  Fninviii-"^.  il  nons  ]»arn1t  qiic  1*'  iri>uverneiiit'Ut  Hritaiuiiiiuo  a  aussi 
iii>i  iliMÜs  a  on  iccIainiT  la  ciuinaissanct.'.  11  y  a  mOuie  erautaiit  ]>liis  de 
drwiij.  <iiit'  le  couit«  dt'  Mnnilinloa,  eu  dunnant  avis  h  Sir  Huds"ii  iiowc 
4p  la  in.'it  df-  Bonapartc,  lui  aimon^ait  le  5  mai:  ,11  (Napoleon)  iii'a  au- 
1  riM'  a  vous  »'ommuüiquef,  vous  Ift  desirez,  ses  derniöres  volont^^K'  et 
c«p»fiidaüt  malgre  que  Sir  Hudsou  Lowe  eut  repondii  a»  conitt'  d<*  Mon- 
tholon  !(»  7  mai  1821,  ,Jg  d^sire  ötre  instruit  des  dijspusiUuu.s  teütanu  n- 
Uiits  quelconques  qu'il  pourrait  avoir  faitos',  S.  K.  le  arouverneur  du 
S^-Heleue  est  neanmoins  regte  exchis  di-  !a  participatiou  du  it^steinent. 

Nona  ne  diuit<uis  donc  pap.  ([u»;  fri.uvt'ruf'incnt  l{ritanni([ut'  n'ait 
üil  valuix  a  la  siiilt'  If  droit  (|u"avait  reclamö  ä  justc  titro  Sir  Hudson 
L«)we.  Nous  vtiyons  d'ailknirs  ]»ar  la  ilepöche  de  V.  A.  cii  date  du  27  fe- 
rner demit-r,  que  Lord  Batluust  a  prumis  a  V.  A.  de  Lui  communiquor 
le  testameiit  lueme  de  Bonaparte,  tel  qu'il  est  depose  ä  Londros  entro 
ke  mains  d'un  nomm^  Fox.  D'aprfes  Tavea  fait  par  Mr.  de  Honiholoa 
qae  le  gouTernement  Fran^aifl  a  eu  communiaitioii  du  tont,  nons  «ooimes 
perniad^  qu'il  ne  Toos  sera  pas  difBcUe,  mon  prince,  d'obtenir  de  mtaie 
uft  eemmiuuicafcion  entntier,  que  le  gouveniemeiil  Britannique  a  le  droit 
•t  Je  fflojen  de  rtelamer. 

Je  doia  prier  Y.  A.  d'autant  plus  inetamment  de  menir  k  la  pro- 
mmt  qne  Lui  a  fiute  Lord  Bathuret  ei,  en  g^nM,  de  ne  rien  nögliger 
loor  Computer  les  renaeigiiemeiita  dont  il  a'agit,  que  S.  M.  rempereitr 
per  an  bittet  de  cabinet  do  14  de  cw  moia,  ct-annex6  en  eopie,  m*a  or- 
doBB  j  de  Lni  proenrer  nne  expMition  de  ce  docnment  dans  la  forme  la 
plos  anthentique  qa*il  aera  poseible  d*obtenir. 

Beeerei  —  

XXI. 

Fürst  Mattomloh  an  den  Orafen  Neipperg. 

Tienne,  le  8  nmi 

Monsieur  h  comte! 

J'ai  mis  a  profit  les  iudications  que  j'ai  trouvecs  dans  la  lettre  de 
T.  S.  da  2  avril,  ä  Favantage  da  Sieor  Ballouhey,  Intendant  g^n^ral  de 

II» 


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164 


la  maison  dp  M""  la  i1im.'1i«'Ssc  lic  Panne  juMir  mettre  ses  Services  a  U 
dispobition  de  .S.  E.  Mr.  lo  baion  de  Vincent  a  Paris. 

Desirant  tt  iiir  V.  K.  au  cniniLnt  de  nus  dt^inarchei»  j'ai  l'lionnoiir 
de  Till!  transmettre  ä  i'eflet  d'ea  rendre  compte  ä  S.  M.  M"'  l'archi- 
duchesäjf: 

l*'  la  copie  d'une  d^^pdche  ä  Mr.  rambassadeor  de  la  cour  Imp«riale 
ä  Paria,  on  dat<»  dn  24  avril. 

2"  la  ctjpie  J'uiie  depßche  ä  S.  A.  Mr.  le  i)i  iii("('  d'Ehterbäzy,  afflbw- 
gadeur  ä  la  cour  de  Londres  egalemeut  bous  la  date  (in  24  avril. 

3  "  la  copie  d  un  rapport  de  Mr.  le  baron  de  Vincent,  liate  de  Pari» 
le  2®  avril. 

11  rchulte  de  ce  rapport  que  les  fond^s  de  pouvoirs  de  Napoleon 
Bonaparte  sont  convenuÄ  av(  c  la  maison  Lafitte,  que  les  fonds  coafies  ä 
coile-ci  y  restoraient  enwre  deposös  pondant  ciuq  ans,  avec  uü  interet 
de  4Voj  ce  qui  annonce  Pintention  do  remettre  la  disposition  du  dep«>t  ä 
Pepoque  oü  le  testament  sei-a  legalement  communique  k  Mgr.  le  duc  de 
Reichstädt.  Cet  arrangement  proTiaoire  nous  paralt  n*avoir  rien  de  con- 
traire  aux  intA^ftte  iventaeli  de  la  anoceaebn  non  plus  qu'anx  aetes  con- 
Berraioircs  qve  Ton  poumit  Otre  dttu  le  eas  de  tun  inte  dea  faibimaiix, 
nne  fois  que  l'on  anrait  dee  motift  aoffisaiiB  poor  ae  d^darer  anr  la 
tion  de  h6rMit(  et  poiir  se  prononeer  b*11  y  a  lien  on  k  aecepter  paremeat 
et  aimplement  la  BuceesBion,  ce  qni  emportenüt  Tobligation  de  fiure  Cure 
k  tontes  lee  eiiargea,  on  ä  ne  Taccepter  que  Bona  Mnffloe  d*mTeiitaiie,  oe 
qui  präseirerait  dn  rieque  de  ee  Boomettre  ä  plaa  de  eharges  que  lea  legi 
0«  la  Partie  de  BucoeBBion  eiigible  i  rdctamer  pear  le  prince  n'aniaie&l 
de  Talear,  on  enfin  k  i^pudier  la  aucoeBBion  ponr  ne  paa  fttre  dana  la 
cessitä  d*entrer  dana  nne  liqtildatioii  jadiciaire  des  valears  de  la  sooceBBion 
d'Qne  part,  et  dn  rapport  dea  aommea  (da  denx  milliona)  aaaignto  aar 
H"*  la  dachesBe  de  Parme,  d*aatre  part. 

La  Prorogation  dn  ddpdt  entre  lea  maina  de  Lafitte  fiut  oeeaer  an 
moins  Pappi^eoBion  que  Y.  B.  m*a  täaoign^  par  Sa  lettre  du  19  narB, 
aavoir  que  le  gouTernement  Fran9ai8  ne  Tonlftt  confisquer  lee  qnatn»  on 
cinq  millionB  de  franoa  qui  constitaent  ce  d^pöi  Je  n*ai  jamaia  partag^ 
je  raroue,  cette  inqniitnde.  L*ind6pendaiice  dee  trlbananx  Franfais  et 
la  Bfiretj  dea  ddpfttB  aont  aases  reapecttes  en  France  ponr  qne  Ton  n'ait 
pas  k  craindre  nne  disposition  arbttraire  de  ce  genre;  et  d^aillenrs  le  eon- 
trölo  qne  fonmiBsent  resprit  de  parti  et  lea  d^baia  de  cbambrea  ne  lais- 
aeraient  paa  commettre  impnn^ent  nn  pareÜ  abns  d'antorit^.  Au  sor« 
plus,  les  Talenrs  actiTes  de  la  BucceaBion  pour  autant  qn'on  pent  les 
estimer  par  conjecturei  ne  fonneront  jamaia  qn'nn  objet  de  peu  de  ooa' 


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165 


sidintioii  poiur  le  goaveniemeiit  Francis.  La  senle  chose  qni  a  droit  ä 
80D  attention,  et  ä  tres  juste  titre,  c'est  la  partie  politique  ou  rcvolution- 
Müe  qiie  pf  iiveiit  lenfermer  les  dispüsitioiis  jmsthumes  iln  prisouuier  de 
S^-H^h'^iie;  A  c'est  le  motif  qui  waiserablaMcmoiit  anr.i  l;ui  «lesirer  au 
uiiuiiitt'n'  du  nii  «jiie  In  te«tainont  Tic  fiit  c<»iniu  pur  extraits  et  qne 
l'on  ne  deferät  aux  tribunaux  «jue  la  cunnaissauce  dea  dispositioos  d'in.- 
ter§t  piiv^  et  dea  übjeta  puremeut  p^uniairea. 

Nons  ne  pouvonn  dn  reste  nooB  dissimilier  qoe  ce  n'est  i\w  par  la 
mb  jndiciaire  qne  la  tutelle  du  prince  ponrrait  exercer  la  r^lamation  de 
SM  droits,  loraqii*il  sen  one  fois  d^ontrS  qn*ll  y  amait  plus  d^avantages 
qve  d'inconv^niena  k  les  mettre  en  avant,  II  ne  s*agit  ici  qne  des  pro- 
priM  particnli^res  qni  appartenaient  ä  NapoUon  ati  moment  de  son  d^- 
cte.  Elles  doiTent  sniTre  la  destination  que  sa  Tolont^  leur  a  assi^4e 
«Oy  n  sa  volonte  n^est  pas  expriin^  dans  les  fonnes  reqtiises,  la  desti- 
nation que  la  prevoyance  des  lois  a  fixec.  Mais  on  supposant  que  le  te.sta- 
luf'iit  soit  definitivement  aiinulü,  en  supjtosaiit  qiic  Ifs  iiheralit^s  8oient 
rf-<treiüteä  k  la  moitie,  ce  qni  est  je  cas  l<>rs([iril  ii"v  a  iju'un  eufaat,  les 
l'^-ifionnes  auxqueiles  Nap'thM)u  u  fait  diuiation  des  Homoies  h  titre  de  re- 
muneration  de  leurs  Services  et  de  recompense  de  dovouoment  qu'elles  lui 
ont  marque  en  Taccompagnant  elles  et  leurs  familles  pendant  lea  cinq 
ion^  de  sa  relegation,  ne  manqueront  pas  de  reTendiqner  ces  sommes 
i  titre  de  donAtion  enti-e  vifs,  k  titre  de  salatres  etc.,  et  Ton  ne  peat  se 
«scher  qne  iea  tribnnam  anront  plus  on  moins  d*^gard  k  la  volonte  du 
^ont,  lora  mdme  qne  la  forme  ne  serait  pas  reconnne  comme  valable 
ponr  on  testament;  l'on  ne  peat  se  dissimnler  qne  le  jnge  sera  port6  k 
titre  d*eqnit6  d'arbitrer  quelqne  chose  en  favenr  des  legataires  et  qne 
cssx-ei  ne  B*en  remettront  pas  h  ce  qne  les  tntenrs  dn  prince  tronve- 
nlent  bon  de  leur  adjuger.  Aussi  voyons-nous  que  les  exuciiti  urs  testa- 
mentaires  et  ks  autres  persounes  qui  sont  ^'^rritifieo«  ou  renninerees  daas 
les  codicilles  de  S**-Hcl^ne,  ont  deja  adopUi  lo  övstc'inp  »If  st^  faire  consi- 
derw  comme  lo^'ataires  ou  donataires  h  titre  onereux. 

Bans  cette  m6me  supposition  de  reclamations  par  voies  judiciaires, 
il  faui  aussi  s'attendre  qu'en  formant  la  deinande  d'une  Prätention  actiTO, 
teile  que  serait  par  exeinple  collc  du  depöt  Laßtto,  on  pi'end  en  mtaie 
t«mpg  Tengagemont  d^entrer  dans  la  diseusaion  des  pr^tentions  passives, 
cellea^  ponrraient  bien  rMnire  le  produit  net  k  nne  valenr  d*a88ez 
P«Q  de  eonsid^ration.  Toniefois,  dans  T^tat  actnel  des  choses  nons  con- 
linnerons  i  sontenir,  ainsi  qne  Y.  £.  S'en  convaincra  par  Tannexe  sab  A 
qne  lg  dncbease  de  Panne  n*a  de  compte  k  rendre  k  personne  des 
fondii  que  1  imperatrioe  des  Fran9ais  a  ens  k  sa  disposition. 


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166 


•l  ai  eUbli  ci-de88U8  que  ce  ne  serait  qu'en  voie  judiciaire  qu©  les 
inti  röts  peciiniaires  do  la  saccession  poorraient  6tre  revondique&,  parcf^- 
qu'un  pout  ;j  peii  prJss  regarder  cotnnie  <  oitjiiu  iju  il  ü'y  aiirait  pas  litu 
k  s'anangcr  a  1  amiable  avec  los  funJös  d»'  iMnivoirs  de  Napoleon  et  qne 
les  bienseances  ne  pt'iiiu'ttiiii^Mit  m^me  pas  dV-iitrer  uvec  cux  duus  des 
tiausactions  directes,  lt'^qul»llel5  laLsssciairut  la  porte  ouverte  ä  une  foule 
de  rep^titions  intorminables  do  la  part  des  l^gataires  et  donataires  quo  le 
testament  a  eu  en  vue. 

Si  l*on  86  d^de  ä  eutamer  des  TOies  jadiciaires,  m&ai  longtemps  qa*oii 
n*^pronTerait  pas  an  d^ni  da  jnatioe»  on  na  aarait  paa  re^  i  aa  plamdre 
anprte  dn  gonTemema&i  En  matiera  d*'aMtü  privo,  le  roi,  lasprlncea 
da  aa  maison  at  la  fiae  doivant  aa  aonmattra  i  la  dteiaion  dea  tribnuaiix. 
II  an  aarait  donc  da  mfime  da  la  r^olamatioo  intant^a  an  nom  de  Mgr.  le 
dii6.  Lea  droita  qa'on  anrait  h  fiura  valoir  en  Franca  poor  ce  pimca,  aooa 
le  npport  de  aea  int(Sr§ta  particnliera,  doivent  tronver  et  troDveront  la 
garantie  qn'aaaurant  indiaünctemant  laa  lois  civilea  en  mati^  de  pro- 
priet^  paiticnli^re.  n  en  aarait  tout  antrement  de  ce  qni  ponrrait  impli- 
qner  des  droita  politiquea;  le  genvernement  dn  roi  de  France  n*en  recon- 
natt  at  ne  peot  en  reconnaltre  ancana  da  cette  natura  k  8.  A.  I.  la  dnc 
de  Beidwtadt.  8.  M.  T.  Ch"  data  aon  r^ne  da  jonr  da  d^cda  de  Lonia  XYII. 
O^eet  aar  ce  principe,  anivant  tonte  Traiaemblance,  qne  la  partie  da  diapo- 
aitiona  teatamentairea  qni  iopliqne  dea  inUrfita  politiquea,  anra  It6  ^cart^ 
de  la  commnnication  aoumiee  anx  tribnnam;  et  c*e8t  anasi,  par  eetle 
mdme  considA'ation,  qn*il  n'eat  gu^re  poaaible,  ni  convanabla  qne  notre 
cour  interrienne,  en  TOtea  diplomatiques»  pr^a  le  miniatöre  de  Louia  XVIII 
ponr  Cure  valoir  dea  droita  de  aucceaaion  dont  la  eomplication  a  A«Qk  ap- 
peM  l'attention  de  rantoritd  royale  dana  la  i'telamation  da  d^pOt  de  Lafitte. 

Je  crois  devoir  voua  &ire  la  remarque  de  cet  obatacle,  en  rdponse 
k  la  propoaition  qne  Toaa  ftvaa  bian  vonln  me  faire,  Mr.  le  comte,  daoa 
Totre  d^pdcbe  du  S6  mara  anb  760. 

Devant  donc  nona  maintenir  exdoaiTeDient  anr  la  ligne  dea  droits 
particnliera  de  ancceaaion,  et  ne  ponvant  januüa  perdre  de  vne  qne  aotre 
marcbe  doit  dti'e  compaaade  aar  ce  que  i'on  pnit  nvancer  et  souteuir 
devant  lea  tribunanXf  nous  nous  sommes  appliqut%  ä  rassemblor  le  plos 
de  donn^«i  qa'il  sora  pussible  de  d^nvrir  aoit  k  Paria  aoit  k  LondraSf 
afln  de  pouvoir  poaer  les  questions  d'uno  mani^re  qu'on  puisse  avouer  ei 
qni  ne  nona  ezpose  paa  gratoitement  k  des  demarcbes  inconsid^r^es.  Uue 
fois  que  nous  serona  munia  de  renseignementa  suffisana,  le  plus  prudent 
aera  de  faire  tenir  nne  pramitoe  consnltation  jnridique  k  Paria  et  ensulte 
de  la  aoumettre  k  un  ezamen  ultörieur  4  Yienne.  Teile  nooa  paralt  itre 


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167 


marehe  i  snim  afin  de  ponvoir  d'nne  part  faire  tont  ce  qne  la  con- 
semitioii  des  droits  d*iin  mmear  exige  et,  de  Tautre,  ^vit«r  d'engagcr  la 

tutelle  dans  .It  s  deniarches  inutiles  et  par  lä  im  me  inconvenaiites. 

II  n'dchappera  pas  ä  V.  E.  quo  c'est  ä  cf  l»ut  >\\u-  j'ai  Boignensemfliit 
ramene  iiu's  itijstructioü«  du  24  do  re  mois  a  ^Ir.  le  priuce  d'Ksterhazy  ot 
i  Hr.  le  barun  de  Vincent  qui  forutHiit  lei<  aniicxes  sub  A  et  B. 

Je  croia  devoir  egalement  donner  p:irt  a  V.  E.,  sub  1>.  d'uue  lettre 
du  duc  de  Leuchtenberg  aiusi  quo  do  l'ordre  du  cabinet  de  S.  M.  I.  qui 
l'accompagne.  Yons  reconnaitrez,  Mr  li>  comte,  qoe  les  ex6ciiteurs  U  sta- 
mentaires  exercent  contre  le  prince  Eugene  one  r^pötition  aemblable  k 
Celle  qaMlB  ont  annonc^e  ä  S.  M.  rarebiducbesse.  L'iioe  de  cea  r^- 
petitiona  aera  miaeroblableineut  aossi  vaine  qne  Tauti-e. 

Beceves   


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XXm.  —  Domaine  pri^Ä  de  remperenr  XTapolten. 

SeeUm  I,  Eeonomü»  foBÜn  Mir  2a  Iwfe  etvife,  c»  «ajnla^  et  M6rAt,  d^pHM 


I 


Depeuses 


Eeonomiea 


Ecoiiniiiics 
aauuelles 


An  IS  !  27.505  901  uT 

i 

14-1806' 27,790.549  51 
1W7   ]  27,579.57308 


13,452.143 
19.338.275 


14,053.758-07 
M52.274-6t 


16.986.657  f  10,642  916  oe 


1^ 
1809 


27^0.987  51  19,054.448 


127,652.587  d5 
'   1810   |i  28,159.049- 
1811  128^86.912 


»2 


20,151.690 
21,950.025 
21,462.963 


1812    II  26.686.170  40  21,626.922 


Profluit  eil 
interets 


Total 


8  ans  8  niois 
5,810.Ü!>4*7 
7  ans  3  mois 
3.06394947 
6  ans  3  mois 
3,328.886-u 
5  ans  3  mois 
2,l51.58*i.M 
4  au£  3  luois 
1,598.9S6-M 
3  :ins  3  mois 
1,108  966-40 

2  aus  3  wüis 
810.144-86 

1  an  3  mois 
31 6.200. w 

3  luois 
104.4S6'«4 


8.196.539-61 
7,500.89795 
6.209.024- 
7,128.949  m 

5,059.248-46 

1813  [1 27.210.225-4»!  18355.819  j  8354.906'4o 

1814  il  6,750.000-- 1   3.500.000  3,250.lKMr- 

lotal  d?8  Economtes  de  1»  lute  civile,  en  capital  ei  iut^ts,  an 
i«'aTril  1814  

htMts  alloues  par  le  Code  Napoleon  a  tout  proprietaire  d*un 
capital  fll^alemeat  d^tenn  par  un  tiera  saisi:  dnq  anadea 

a  dnq  pour  ceut  

Total  aa  5  mai  1821,  jour  da  d^cte  de  Tempwanr 

Section  II.  Propricth  fonnahtB, 

fanpennr  Napoleon  »  aequis  plaaienra  domaines;  U  en  a  auoeea- 
flTement  dispose.  a  rexeeption  de  trois  fennoB  dites  le  petit 

parr  (!,•  V-  Tsaillos.  Elles  ont  coüte  quinze  ceut  niilL-  francs. 
Elles  font  aigourd'liui  partie  da  domaiae  illoyale  de  Ver- 

•ulles,  ci  

I'WMWI  des  dttee  fermes,  depuis  avril  1814  

StcUon  III,  MobiUer, 

Mobiüer  des  p.ilais  ^\c  France  

I>iU»  des  palaia  de  Pi&mout,  Toacaae,  Kome,  lielgique  et  HoUaade 


19,8704.5234 
1 1,516.223  M 
13,971.802'ss 
10,348. 129-w 
9,094.884*51 
7,317.99040 
7.984.094-7S 
5,375  448  M 
8,459.842» 
3,2&0.0Ü0-- 


97,138.319oe 
24.284.57977 


121,422.89886 


1,5W.000  - 
Memoire. 


20,238.439- 
Memoire. 


Smüdh  I.  Eoonomiei  de  la  liste  dvile 
,    IL  Propri^t^  foneiira  .... 


....  121,422.898-86 

....  1,500.000- 

„   III.  Mobilier   20.238.489-- 

Total  gcoeral  du  domaine  prive  de  ieuipereiir  Napo- 
leon, »u  jour  de  sou  deces   143,161.337-85 


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170 


XXIV. 

Bto  TeitiuMiftBvoIlslMeker  Vapotoona  «b  den  TQnfeeik 

Paris,  le  12  mai  IbSä. 

Prince ! 

Noiis  adressons  k  rimp^ratrice  Marie  Louise  une  siippliqiie  ä  l'efTet 
de  Lui  demander  Sa  sanction  comme  ^pouso  et  conime  tutrico  dt-  Sou  ÖIb 
aus  derniires  dispositions  de  rnperenr  NayoltV^u.  Koua  prions  V.  Ä.  dH 
faire  parvenir  cette  lettre  di^nt  noQB  aTons  l'bonaevr  de  joindre  ici 

one  copin. 

V.  A.  TOudra^t-EIIe  bien  poiter  quclqu'attentiou  a  c«lte  aflfaire  et 
douner  a  l'assentiment  de  rimperatrice  la  forme  qui  Lui  paraltra  tuut  ä 
la  fois  la  plu8  digiii-  «l-  cette  graiide  princess©  et  la  plus  convenable  soit 
ponr  la  liberation  du  banqiiier,  soit  pour  la  securation  des  legfataires. 

Ce  qiie  nous  avous  dit  k  S.  M.  iious  iie  lo  repeteroiis  pas  a  V.  A., 
persuades  que  nous  sommes,  qn'ElIe  trouvera  dans  la  dignite  de  la  mai- 
son  d'Autriche,  coinmo  rimperatrice  trouvei-a  dans  son  ca'ur  tyute  raison 
pour  faciliter  et  assurer  Texecutioa  des  dernieres  voloutes  d'uu  graud 
priuce. 

Nous  (■sii(''ron8  egalemeut  que  riiii|n'M;itrict:'  daignoni  otcinire  Sa 
muniticcnct'  aux  U'^ataires  designes  ilaiis  Ks  ci^diciUe  qui  La  C4iuc<  i  iit'  iilus 
Hpt'cialfmcut.  II  t'>t  qui  sans  (o  dcruier  sottveuir  de  remporeur 
seraieut  reduits  a  uüe  existeiicf  bif*n  penible. 

Nous  avous  rhoimeur  d'etie  

Die  TeatamentavoUateeoker  an  die  Eiaiaerin  Harle  lH>iil8e. 

Pftria,  1«  12  mai  1S22. 

Madame! 

Lea  ex^tenra  testamentüreB  aonssiipi^a  de  rempereur  Napoleoa 
ont  611  rhoiineiir  d'adrwser  les  denii&rea  disposttiona  de  ce  graad  priaee 
ä  y.  M.  aon  auguste  Tenve. 

Ha  laeoaieat  k  Elle  aigonrd'hui  ponr  La  supplier  de  vouloir  bien 
en  Sa  qnalite  d^^poase  sarrivaate  et  de  tuirice  donaer  Soa  approbatioD 
et  Sa  sanctioa  aux  Tolont^s  testamentau'es  de  llUnstre  d^fliat. 

D'apres  le  codo  civil  des  lois  Fraa9aifleB  uu  pere  ae  peat  diaposer 
que  de  la  moitit>  do  ses  biens,  lorsqu'on  mourant  il  laisse  un  fils;  mais 
ces  lois  qui  r^gisseat  les  partlcttliers  ae  fureat  poiat  applicablea  aa  aon* 


171 


Teraia  doiit  les  ilotnaincs  ^taient  gouvern^s  par  des  lois  speciales.  Ce 
n'est  pas  a  la  vcuve  et  au  fils  Uc  l'empereur  Napoleon  qu'il  aat  nßcessaire 
de  dire  quö  puiir  avoir  perdu  son  tr6n©,  il  n'etait  pas  rc^pendaut  deveuu 
un  simple  particulier.  II  y  a  driiis  la  pourpre  et  daiiä  1  oactiou  sainte  et 
sacrttd  dd6  caractdres  qui  ne  s'etTacent  jamais. 

y.  M.  pensora  sans  doute  cotnme  feu  Tempereur  son  «poux,  qu'apräs 
avoir  commande  k  Taiiivers  et  disposi*  de  tant  de  treson,  ee  ii*^tait  pas 
an  häritage  de  quelques  millions  qui  fat  bleu  pr^eox  pour  son  AIb; 
l'hoDiiear  d'appartenir  k  la  maison  d^Antriche  ne  pouvait  Ini  lateser  an- 
enne  inqniitnde  snr  le  sort  de  ce  prinee. 

lU  doivent  ansei  snpplier  V.  M.  d'obsenrer  que  les  sommes  qne  fen 
Vemperevr  a  Mgu^es  ezcMeni  de  beaoconp  Celles  qni  se  tronvent  dispo- 
nibles, accns^  qn*Elle  poorra  en  juger  par  la  note  ci-jointe. 

Y.  M.  est  %a!ement  suppliee  de  faire*  connaltre  anx  snussign^  See 
intcntions  rt'lativemcnt  uux  legataires  cumpris  daiis  If  codicille  qui  Lui 
est  particuliüicuiont  adrosso.  I!  seia  doiiMeineut  hoiioiable  pour  oiix  de 
deToir  tout  ä  la  tuis  au  .souveiiir  dt*  rcmpcionr  et  ii  la  niunilict'iuv  sp6- 
ciale  de  V.  M.  im  don  precieox  pour  tous  et  pour  quolques-uns  bien  ne- 
ceseaire. 

Beilage.  Note  snr  les  fonds  do  la  snccession  de  l'empereur  Na- 
poleon, qui  se  trouveut  chez  Mr.  Latitte,  banquier  de  Wm^. 

Sur  les  5,300.000  f».  que  Tempereur  snpposait  exister  chez  Mr.  Lafitte 
et  rapporter  un  int^r^i  de  cinq  pour  cent  Mr.  Lafitte  n'a  re^n 

qne   4,220.000  frs. 

n  deTait  «tre  vers^  entre  ses  mains   1,080.000  » 

Qt  qui  anndt  port4  cea  fonde  i   6,300.000  frs. 

Maiä  la  somme  de  1,08ü,0(m)  frs.  n'a  point  ^t^  versöe;  nons  n'en 
avons  pas  encore  les  comptes  et  tout  nous  porte  k  croire  qn*il  ne  rentrera 
rien  snr  cette  somme. 

Sor  Celle  de   4,220.000  frs. 

Mr.  Lafitte  a  depense  ctiul'uriüüiiieiit  aux  ordres  de  l'em- 
pereur 871.500  frs.,  savoir: 

Mandat  an  profit  dn  g6n6ral  L'Alle- 

mand   20.000 .  —  frs. 

Mandat  de  Gülls  son  valet  de 

cfaambre   8.000. —  » 

Mandat  dn  oomte  Monfholon  76.500 .  —  „ 

Mandat  de  la  comtesse  Hontbolon  144.000 .  —  „ 


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172 


Mandat  de  Mr.  W"'  Bali  oinbe 


72.000.  —  frs. 


Pension  de  M""  lUt«rj  fenime  de 

8on  secretaire  


9.500.— 


l'äujsioü  dt  la  couitosse  Montholon 


30.000.— 


Remboiiräeuient  au  comtc  Las 
Casos  


100.000 .  — 


ff 


Ei'inboui  st'uit'nL  au  conit«  Ber- 
trand   


41Ö.1G4  .«JO 


Fi-ais  de  voyago  en  Angleterre  .       1.035.40  „ 

Summe  paieille  .    .    .  671.500. —  fr». 
A 1«  disposition  des  ex^atearsteBta- 
menturcs  pour  les  d^penses 

de  Ift  SDCc^MD    ....  100.000. —  » 
Total  ä  d^daire  des  fonds  remis  k 

Mr.  Laatte   971.500.— fi».      971.600  fra. 

Lee  fonde  disponibles  sont  de  8,248.500  fre. 

Mr.  Lafitto  a  protondn  et  en  ccia  ropininu  des  hiniiint  s  d>-  lui  liii 
a  ete  favorable  que  pai-  la  natiire  de  son  rontiat,  il  iie  devait  pa.H  d  iu- 
t«'M{'t.s.  En  conseqiiciico,  en  vt  i  tu  du  niandat  sjK'cial  qne  nous  avait  donne 
Tempereur  ä  cet  effet,  nuus  avuuj>  airöte  le  compte  de  Mr.  Laütte  et  la 
somme  restante  entre  ses  mains  h  celle  de  3,248.500  frs.,  non  compris 
Celle  de  100.000  frs.  ä  la  disposition  des  executeui'S  testamentahes,  et 
nuus  avons  reconnn  qu'il  ne  devait  pa»  d'interßta. 

I>*iia  aatre  cöt^,  Mr.  Lafitte  a  declaru  qu  ayant  iU  dans  le  eas 
d*employer  sourent  une  paiiie  de  cee  fonds,  il  en  ^tait  HsaiU  des  b^ni- 
flces  ponr  sa  maisoa  et  qn'il  crojait  de  la  loyaute  et  de  la  jnstice  d'j  fun 
participer  les  l^gatairee  ponr  nne  aomme  qull  a  arbitr^e  ä  sept  eent  mill« 
franca.  En  coiuseqaence  il  a  <t6  convenn  qo*il  bonifieraii  les  l^gataires 
de  la  dite  somme  de  700.000  fre. 

II  fallt  '>hserver  que  sur  la  bouirae  restant  chez  Mr. 

i-iiiitte  de   3,248.500  fn>. 

los  dettes  de  la  snccession  et  le.s  frais  ixigeront  au 
moins  148.500  frs.,  outre  lo8  100.000  frs.  mis 
ä  la  disposition  des  executeurs  tostamentaires  a       148.500  ., 

Ce  qui  r^dnira  la  somme  disponible  ä   3,100.000  frs. 

En  y  ajuutant  pour  bouifications  dMnterdte  ....      700.000  , 

Lee  fonds  disponibles  cbez  Hr.  Lafltte  seront    .   .    .    3,800.000  fis. 

Paris,  ce  12  mal  1822. 

Signi:  Berti-and,  Moniholou  ei  Harciiaad 


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173 


XXV. 

Ffini  MettoniSol»  an  den  Gnte  IMvpeig. 

Yienn«,  ce  la  join  188t. 

Monm«tir  le  eomtel 

Votre  EifelltMU"»'  a  et*'  iiri'Vi>mi»'  \k\v  um  ilciicolio  *iu  ;>  mai  düiuier 
d*?  instrurtioiis  qiie  j'avais  eiivi'Vi'os»  le  24  avril  a  Mr.  le  jiriiice  d'Ester- 
\uiy  k  Loüdreö  «t  ä  Mr.  1«  baioa  de  Vincent  a  Paris  jioiir  coiupleter  le 
qn'il  serait  possibie  par  leurs  soiutj,  les  renseigtu-nu  nts  rdatifti  aux 
dispvsititms  testaiiicntaires  de  Napoleon  Bonaparte,  aüu  de  pouvoir 
ciJer,  en  {'leine  c uiuiaissance  de  cause,  ainsi  quo  c'cst  roquis  lorsqu'U 
sagit  de  riatVröt  d  uii  uiiueur,  s'il  y  a  Heu  ä  accopter  ou  ä  reuoncer  h 
la  saccession  quc  ^It .  le  duc  de  Eoichstadt  serait  eu  droit  de  recueiUa* 
cgmmo  etant  ^oii  scul  lieritier. 

Je  ne  veux  pas  difFerer  de  faire  pai  veiiir  sons  les  yeux  de  M"*  la 
duchesse  de  Panne  les  r^ponses  que  je  vions  do  recevoir  sous  les  datos 
respectives  dn  18  A  du  15  mai,  et  dout  Yotre  Excelleuce  trouvera  ci-iu- 
ehu  des  copies  sub  N«  1«  2*  A  8". 

n  r^solte  du  rapport  Mr.  le  priaee  d'Esterhizy,  que  le  docmnent 
qoi  nofeme  les  dispontions  testamentaires  de  Bonaparte  ]i*a  commis 
i  h  garde  du  Sienr  Fox  que  eomme  nii  d^p6t  de  eonfiance  dont  le  diposi- 
taire  est  nniqnement  et  exclosiTement  responsable  envers  celni  qui  le  Ini 
t  wM,  de  Sorte  qii*il  est  tenn  ä  en  garder  le  secret  euTers  tont  autre; 
fi'an  sniplns  le  muüstftre  Britannique  n*a  la  ftcnlt^  m  par  la  voie  des 
tribasaoz  ni  par  voie  d^antoritä  d'obliger  le  di^positaire  k  loi  en  donner 
coQnaissanos;  quo  ce  n^est  done  qn'avec  rantorisation  des  ez^catenrs 
t«8tomentairo8  qn^on  poorra  obtenir  cette  partidpation.  n  soit  de  la, 
que  les  ex^tenrs  testsmentaires  demnt  4tre  oa  fore^s  k  cette  eommnni- 
ntion  psr  des  ddmardies  jndiciaires,  dans  le  cas  oü  Ton  tnterriendrait, 
tt  nem  dn  dne  de  Beichstadt,  dans  la  poursuite  dn  proc^s  k  Paris,  ou 
(Bgigte  k  B*aoqnitter  Tolontairement  de  la  dite  eonrainmcation,  par  le 
frix  qu'ils  attsoheraient  k  iiitsr  d«  oontestations  jndicisires  de  la  pari 
tuteurs  de  l*hiritier,  on  bien  k  obtenir  rassentiment  de  la  Oonr  Im- 
pWe  k  lenrs  rnes.  H  snit  enfin  de  la  r^onse  de  Mr.  le  prince  Ester- 
^nj  que  ce  serait  en  Tain  que  Ton  ferait  des  instanees  nltdrisures  en 
Aagletsire  pour  se  procorer  plus  de  lamiirea  snr  la  totalitd  des  dispo- 
litioi»  de  demi^  volonte  de  Bonaparte,  et  que  d^wnnais  e*est  k  Paris 
([se  neos  demns  eonoentrer  nos  d^nardies. 


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174 


Je  passe  a»x  deux  rapi-ortv  de  Mr.  lo  bai-on  de  Vincent  du  15  mal 
ci-annexes  en  copies  sub      2"'  A  3*: 

Mr.  Tambassadeur  (»b^ifrve  dans  la  pike  sub  N»*  2**  que,  dans  le 
cas  de  poursuito  juridiqno,  la  r^clamation  en  faveur  du  duc  df  Ecichsiadt 
nc  pourrait  porter  que  sur  la  moitiö  den  fon  is  ti<'pn«es  chez  Mr.  J^afitte,  ce 
qui  confirme  f  nti^l•oIn^Ilt  l'opinion  qiif*  j"ai  cni  (i<'V(iir  ('•nonrcr  ä  cet  e^ard. 
II  obforvo  {'II  <tuttp  que.  si  Ton  etait  dans  le  cas  d  en  venir  ä  une  poar- 
snitf  jiuitiique  ot  lio  faire  consnltfr  pröalablement  sur  cet  objet,  il  serait 
CKiiveiiablc  (ICn  juevcnir  le  ministüre  du  roi,  et  c  est  ce  qiii  a  toujours 
eU)  dans  nus  iiitontion«.  mai>  avant  de  nous  ])artir  fi  ofttc  domarche,  il 
fallt  pr^alablement  connaittc  tont  lo  tostamciit.  attcudu  quo  ro  n'«^=t  qn« 
sur  la  connaisgance  du  tout  <iue  la  tutrll«-  peut  se  decidcr  sur  la question 
an,  savoii-  s'il  y  a  lieu  ä  faire  la  reclaniation? 

l'ar  le  raiqioi-t,  dont  copie  sub  N"  3",  Mr.  le  baron  de  Vim  *  iit  nii- 
transTTit't  uno  h-ttro  dos  trnis  oxr'rntours  tostartiontairos  m  dato  du  12  raai, 
avec  CiijHt'  df  cöllo  qu'ils  adressent  ä  S.  M.  M""'  rarchiduchesso  Mari« 
T,nuise,  et  cellc-ci  juö.sente  deux  demnndos  dp  loui-  ]iai  t.  Iis  rprouront  on 
promier  ä  M™*  rarcbidiichesso  .pour  la  supplicr  de  vouloir  bien  on  sa  qua- 
litü  d'epo!i8p  survivante  et  de  tutrico  drmnpr  s<m  approbation  et  sa  s&nc- 
tion  aux  voloutf^s  testamentaires  de  l  illuHtre  defuut*. 

A  Tappui  de  cette  demande,  les  oxecutouj's  testamentaires  disent, 
,que  M""  rarchiduchosse  pensera  sans  doute,  quo  cc  n'etait  pas  nn  hori- 
tage  de  quelques  millions  qni  ffit  bion  precieux  pour  son  fils:  rhuiinour 
d'appartenir  ä  la  waisoii  d  Antriebe  iie  poavait  lai  laisser  aucuue  in- 
quiötude  sur  In  sort  de  ce  prince'. 

Les  ex<^cateiirs  ti'>tanientaires  represeotent  d«  plus,  qae  1«8  legs 
excident  de  benucoiip  les  fonUs  dispombies. 

La  seeonde  demande  qn'ils  fonnent  esl,  de  sapplier  H"*  raidii- 
duclieBse  de  lenr  faire  connaltre  see  inteiitioits  relaiiTMnent  anx  l^ataine 
compne  dans  le  codicilie  qni  lui  est  particnliireineiit  adress^  (ce  qni  se 

rappoi*te  tant  a  la  pretondue  redevance  de  deux  millions  sur  les  fonds 
remis  en  or  ä  S.  M.  ä  Orleans,  qn*anx  dotations  situ^es  dans  Tetat  de 
Parme).  ,11  sera/  ajoutent  los  ex^cuteurs  testamentaires,  ,doublcmeni 
honorable  pour  cos  legataires  et  donataires.  do  devoir  tout  ä  la  fois  iQ 
eouTenir  de  Napol^n  et  k  la  mmiificence  speciale  de  M*"**  l^archidacheese 
on  den  pr^ienx  poor  toua  et  pour  quelquee-una  bien  n^cessaire.* 

La  premüre  demande  ezige  de  ma  pari  les  obserrationa  animit« 
qni  fourniront  en  mMe  tempa  la  r^ponse  k  la  seeonde  demande  et  je  dois 
inviter  Y.  E.  ä  les  Mumettre  ä  S.  M.  M"*  raithiduehesse. 


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17Ö 


Doit-i«n  recueillir  la  nioitie  de  l:i  yuccossioa,  en  se  pr^Talant  lies 
lois  fiün<;aisf'S  qni  nt*  porinettont  a  im  \mc  «jii»'  ife  disposor  de  la  moitt^ 
de  s«s  \>\i.'U^,  lorsqiren  munrant  il  hiisse  un  IHsV  ou  ditit-on  dans  l'int»'Tüt 
da  fiuc  de  Reiclist.Kit  et  de  M**'  rarchiduchesf?e,  donnor  acte  de  ronon- 
ciatiou  ä  cette  suec«'8sion?  Voüa  toutn  la  quostion. 

Si  Ton  se  decidait  ä  ivolamcr  la  succfssion,  ou  no  ]H.ninait  le  faire 
que  sous  benefic«  d'inventaiie,  puibqu'il  est  avoue  pur  les  exöcuteurs 
tegtaroentair«  s  et  prnuve  par  loa  Communications  qu'ils  ont  fait»  s  ä  M°»* 
rarchiduchi>i;ge,  qu&  les  somtiH  ä  que  Napoleon  a  löguees  exc^dent  de 
beaaconp  Celles  qni  se  trüuvent  disponibles. 

Si,  au  oontraire.  il  est  conseillable,  dans  Tinteröt  bien  enteudu  du 
dac  de  Eeichütadt,  de  pas  se  porter  poiir  rh^ritier  tiuivorsel  et  d«  ne 
pas  demandor  la  reduction  des  liböralitös,  il  faut  quc  la  reiiüuciatiou  üint 
an  nom  de  M^'-«'  la  duchesse  de  Parme,  qu'en  celui  de  S.  M.  TEmporeur 
comme  tuteur  de  sou  jn^it -Iiis,  s.iit  aiticulöe  de  niauuiu  ;i  «"iiitcrdire 
trtute  participation  k  l'actif  coiniuj  au  }»assif  de  la  succossidii  ot,  sui  tout, 
de  maiiitTo  ä  cxchiro  bie'ii  pobitivciiient  la  rL'Coiiüaig!»ance  du  codicillo. 
adrtsse  ä  S.  M.  M™"  la  duchesse  do  Panne,  par  lequel  eile  est  iDvitee  a 
parer  dem  millions  de  francs  aux  le^taires,  ainsi  qu'ä  faire  jonir  qnel- 
^es-UBs  d'entr'enx  de  dotations  dans  Vtia,i  de  Parme  et  m6me  dans 
deutln  parties  de  lltalie. 

Dans  ce  cas  de  renonaation  il  ne  pent  noUement  s'agir  pour  If* 
b  liiebcsBe  de  Panne  (ahiti  que  lee  exjcnteon  teBtanentaires  hd  en 
t4iweent  la  demaade),  de  donner  en  quallig  de  tntriee  son  approbation 
fit  aa  nnction  anx  volontts  testamentaim  da  d^funt.  Donner  une  pa- 
nflb  sandion  et  approbation  ce  serait  de  la  pari  de  M"*  rarduduchesae 
^ndie  rar  eile  lea  elfetg  de  rex^otion  testamentaire;  en  derenir  res- 
poBttUe;  8*expo8er  eile,  et  h  la  anite  son  flla,  le  dnc  de  Beiehstadt,  k 
kB  rfelamations  intenninables  de  la  part  des  l^taires,  lenrs  TeuTes» 
leon  enfante  et  lenrs  Mritiers;  s'exposer  en  nn  mot  ä  des  r^damatienB 
d'tatiDt  plus  In^Titables  que,  snivaot  Paveu  des  extenteurs  testamen' 
tnns,  les  sommes  que  Napol^n  a  l^gn^es  exc^dent  de  beanconp  Celles 
p  8»  troQTent  disponibles.  Le  bnt  des  exfeatenrs  testamentsires  en 
piisDt  rsTcbIduchesse  de  donner  son  approbation  anx  Tolontte  testa- 
■entures  dn  dtffont  est,  de  se  plaeer  derri^  le  nom  de  S.  H.  IC"*  la 
'ndMse  de  Panne,  d*abord  ponr  ^re  payte  enx  et  les  antres  personnes 
%\a  ont  partsg^  la  eaptiTiti  de  Napoleon,  de  la  totalit^  de  lenrs  legs  et 
i*fin  ^  pay^s  incessamment  snr  les  fonds  liqnides  de  la  snceession,  aa- 
^ceox  d^poste  chei  Lafitte;  et  en  second  lien  ponr  ngeter  Podienx  de 
l^rMscIien  des  autres  llgataires  snr  la  pr^tendne  volenti  et  sanction  de 


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176 


M*"*  TarchitluchesiSP.  On  ne  peut  so  m^prondro  ^ur  cette  intention  des 
executeurs  testanicntaires  lorsqu'on  preud  couüaissüiice  d  une  lettre  parti- 
culiere  que  le  marquis  de  Somoiiville.  beau-pöre  du  comte  de  Moutholon, 
a  adressee  sous  cette  inetno  date  dti  1 2  uiai  a  uiif  personne  ä  laquelle  il 
a  cherclio  ä  faire  gotltor  Tideo  de  fair«  intorvenir  In  saiictiun  de  M'"'-  la 
duchesse  d«  Parme.  11  paiait  dune  demuutre  que  de  tous  les  partis  ä 
prendre  par  rarchiducheese,  le  plus  mauvais  8orait  de  donner  Mn 
approbation  aux  dispositions  testamentaires,  attetidu  que  cette  deier- 
minatiun  ne  condnirait  qu'ä  des  inconT^nients  et  &  des  sacrifices  gn- 
tnita»  saus  offiir  en  ^dhange  le  moindr»  ava&tage  ponr  le  dae  de  Beich- 
Btadt,  puiBqo'U  eet  prouv6  que  le  passif  excide  de  beaveoap  Faettf  de  la 
sticcesBion.  En  voilli  asses  pour  ^tablir  que,  si  Ton  ae  d^ide  k  moneer 
k  la  BueceBBion,  M"*  TarcliidacheBBe  doit  Boignensement  B*abBteiiir  de  eor- 
lüborer  par  sa  Baoetion  lea  volont^a  teetameataireB  du  difoni. 

L*oii  ne  pent,  d*iia  aotre  ttM,  ae  disBÜnnler  qne,  ai  Ton  adoptatt 
la  premi^re  partie  de  TalternatiTe  et  qne  Ton  se  d^dalt  ä  ridamer  la 
BuoceBBion,  fllt-ce  möme  aona  la  clause  du  Mn^fioe  d^mTentaiie,  Ton  ren- 
contrerait  en  grande  pariie  les  mtaaes  incoiiT^nieiits.  II  n'y  a  «n  effet, 
daas  cette  svccesBion  godres  d*autre  reeoummeDt  utile  et  liquide  que  la 
moiti^  dtt  fonda  döpos^  ches  Kr.  Lafitte.  Ce  fonds  4taiit  portä  en  compte 
par  les  ez^utenis  testamentaires  ä  8,948.600  fra.,  la  moitid  qni  seiait 
r^lam^e  par  Hr.  le  dnc  de  Beicbstadt  aenut  de  1,974.250  fra.  et  par 
cons^uenoe  ne  s^^leveiuit  paa  k  la  Bomme  de  halt  cent  mille  florina  de 
Yienne  qne  nons  aviona  de  prime  abord  admise  par  calcnl  appreximattf. 
Hais  pr^a^oaent  en  rtelamant  cette  moiti^  du  d^pöt  de  Lafitte,  ce  qoi 
ne  pourrait  se  faire  qne  par  voie  jndidaire,  on  doit  s*attendre  k  roncontrer 
roppoaiUon  des  extentenrs  teatamentaireB  et  autrea  l^tairea  k  tltre 
ondrenz,  lesquela  comme  aervitenra  de  Napoleon  et  comme  ayant  partagd 
Bon  ezil  ä  S^«H61^ne  pr^tendent  qne  lenra  lege  ne  aont  paa  ai^eta  ä  r6- 
dnction.  Si  le  juge  de  Paris  lenr  allone  cette  Prätention,  le  dnc  de  Beicb- 
stadt ne  recneUlerait  aucnn  avantage  de  sa  räclanation  juridiqne  et  aoratt 
enoonra  en  pure  perte  loa  plaintea  de  cette  coborte  de  I^taires  et  de 
lenrs  adb^rents.  Si,  dans  la  meillenre  anppoBition,  le  jnge  rednit  de  moitie 
les  legs  k  titre  onireux  comme  ceoz  k  Ütre  simple,  il  arrivera  quo  Mr  !e 
dnc  de  Beicbstadt  pour  une  somme  de  quelques  centaines  de  miile  flohns 
qui  aerait  encore  diminnie  par  les  droits  pr^leves  sur  les  snccessions,  et 
qne  pout  etrc  mönie  on  ne  laisserait  pas  suivre  avant  sa  niajorit^,  sers 
porpetuellement  eu  lutto  aux  reconis  de  la  foule  des  legataires  anxqnels 
les  exdcnteurs  testamentaires  ne  manqueront  pas  d'inculquer  qne  c'est 
par  Topposition  du  dnc  de  Beicbstadt  aux  volontös  suprömes  de  son  p^i« 


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177 


(^o'eux,  logataires  et  cliVnt«  dpvitn<^s  k  Honapai-t^,  si-  tiiaivoiit  tlc«  hns  dt- 
hien&its.   II       >f-iait  aiitifiiifiit  <l:iii.s  Ic  cas  «it«  lonoiuiation  de  la 
part  Je  M"*  la  duche^s«-  de  ranne  el  du  du<-  dt-  h'^ii  listaiit,  ]iaiic(juo  dans 
wtte  hypothe»e  il  n  y  a  pas  do  di)ute  q«if  Tun  «ui  l  autre  lins  legatairos 
proToqaät  pri^s  du  tiibuiial  di-  Paris  la  nomination  d'uu  i  urateur  k  la 
sacwssion  vacant«.   Dp  c«»  moint  ut.  ce  8»»rait  entre  le  curateur  judiciuiro, 
c*müw  repn'»sentaiit  la  gtnoralito  des  k-gatairos  d'nno  part  et  les  exe- 
fat*urs  testamentaircs  de  l'aiitro  quo  la  repartition  de  la  succpssion  serait 
contradictoirement  discut<^e  et  regime,  de  manlöre  que  ceux  qui  iie  seiait  iit 
pas  ctmtents  de  leurs  lots,  ue  pourraient  inipnter  lenr  mecompte,  ni  a 
rarchiduchesse  ni  ä  Mr.  le  dac  de  Reichstadt. 

n  egt  i\<tnc  pormis  de  suppuser  qut-  puur  nc  pas  entrer  en  lii  c  avec 
t.iat  d  iiit*?ii)tü  i.t  t  soiinels  et  avec  des  gens  porti's  a  l'exaspt  ratioii,  M"« 
U  Jiichesse  de  Pami"'  lu«  sfia  pas  jiIuh  disposet-  ü  ivclanni  juiidiquoment 
la  succossion  s»»iis  beuttici'  d  iiivtiilaiic.  tjirEllo  ne  doit  l'^tre  a  rccouFrir 
de  son  approbation  les  liberalites  ordonnees  par  le  defunt. 

Si  par  t/»n>  »  »'S  in(ttif>.  M"*"  rarrhi<1nrh('s><-  so  decidait  ponr  la  re- 
D>>nciation  h  la  >uc^esiiiuu,  la  maiche  la  plus  couvenable  me  paruitrait 
etr*-  la  snivaut»;: 

P  S.  M.  la  diichessc  de  Parme  exprimait  ikiis  uu  acte  contresign^ 
Tun  de  ses  ministrea: 

Qu'ayant  re^u  la  communication  du  tesüiment  et  des  codicilles  ren- 
fermaat  les  voloDtes  testaineutaires  de  fea  Son  4poux,  tels  qu'ils  out  ut4 
remis  par  les  executenrs  testamentaires  au  baron  de  Vinci'ut.  ainbassa- 
iltur  de  la  Cour  Imperiale  prös  S.  M.  T.  Ch"**,  et  tels  qu'ils  se  trouvent 
annexes  ä  la  lettre  du  12  mai  1822;  qu'ayant  ele  invitee  par  la  dit« 
lettre  ä  donner,  en  qualite  d'epouse  survivante  et  de  tutrice  du  duc  de 
Keichstadt,  Son  fils,  Son  approbation  et  Sa  sanction  aux  volonte»  t^'sta- 
ttit'ntaires  ci-d»^s«;us  rappelees;  qu'ayant  ete  en  uiönie  teuips  invitee  h 
faire  coniiaitr»'  aiix  dits  executenrs  testanientaires  Ses  intention»  relative- 
in«üt  aux  l^gataires,  compiis  dans  le  codicille  qui  Lui  est  pariiculiereuent 

Qm,  ii*ftfant  mu  d^antna  bornes  anx  eacriflcea  aoxqnela  Elle  a 
MiKrit  Ion  dtt  tnM  de  Fontaineblean  dn  ii  avril  1814  quo  ceUes  qni 
Un  onl  m  trac^  an  nom  de  l'intcrM  gineral  et  de  Son  d6vonement  re- 
^Ktneux  aux  TOlontto  de  8.  M.  Temperenr  Son  august«*  p(-i  <'.  Elle  no 
wnii  Se  tronver  aucunement  appelee  ni  ä  discoter  ni  a  regier  Tex^ 
cQtioD  deä  demieres  dispositiono  de  fen  äon  4poiui  ei  qu'an  oontraire 

AftUtr.  Bd,  LIXX,  I.  lUUto.  IS 


178 


les  memes  considöratiouB  qui  ont  motiv^  Ses  determinations  et  8on 
acquioscemont  aux  renoncistions  stipulöes  par  le  irait^  de  Fontainebl«iii 
du  11  avril  1814,  et  onsuite  par  celui  de  Puris  du  10  join  1817,  Lui 
fönt  düstrer  de  s*ab8teiiir  de  ttmte  interrention  dant  Te^ntion  teet»- 
mentaire ;  qu'en  Goiu^neiice  EBe  nliMte  piB  k  donner  ea  tutt  qne  cda 
pent  La  conflemer,  acte  de  renondation  aux  droits  de  sncceMieii  rfoil- 
tant  dea  lois  dTÜes  fran^aises,  dManmt  de  8'en  remettre  pour  tooa  Sw 
droita  ainsi  quo  pour  oeux  qui  competent  ä  Son  bieii<atm6  Als,  le  duc  de 
Beicbatadti  ce  que  S.  M.  Tempereur  d'AutricIiet  Son  aoguste  p^re,  et 
respoctiTement  aieul  du  duc  de  fieichatadt  trouTera  bon  de  fiure,  k  qnel 
eifet  le  prteent  acte  doit  tenir  Ueu,  pour  8.  U,  I.  et  B.  A.  de  ponvoiK 
les  plus  ^tendus.  Qne  quant  ä  la  noüfication  qui  Lui  a  4i6  donade  par 
les  dits  ex^uteui-8  testamentaires  du  codiciUe  en  date  de  Longwood  le 
24  afril  1881  portant  asslgnatlon  de  plusieurs  legs  pour  one  somme  d» 
deux  miUions  de  francs  provenant  de  fonds  qui,  en  anil  1814  Lui  avaient 
4M  remis  en  er,  ä  Blois,  EUe  dedare  que  de  tout  ce  qu*Slle  a  fait  et  gki 
dans  Texercise  du  pouToir  en  France,  Elle  n^entend  nallement  en  Sa  qua* 
lit^  de  Souverain  de  Parme  deroir  en  rendre  compte  ä  qoi  que  ce  seit; 
qn*en  qnalite  de  docbMse  de  Parme,  Elle  ne  reconnatt  ancune  redevance 
des  fonds  qn^Elle  a  toneUs  comme  Lnp^ratriee,  lesqnels  fonds  ont  d'aÜ- 
leurs  m  employes  aux  frais  de  ddplacement  et  de  voyage  nommdment  de 
celui  de  Bambouillet  h  Vienne  avec  touteSa  suite;  ainsi  qu^ä  rentretien 
de  Sa  conr  jusqu'ä  ce  qu'EUe  est  entree  en  jonissance  des  roTenus  de 
l'dtat  de  Parme;  quUl  est  d'ailleurs  notoire  qu'EUe  n'a  jamais  rien  r6- 
clamd  ni  re^o  du  chef  des  pensions  «t  ind«nnit6s  p^niaires  dont  il  arnit 
dt^  question  lors  des  transactions  de  Fontainebleaa  en  1814;  que,  pour 
ce  qui  est  des  ilotations  ci-«k>Yaiit  etablii>s  dans  le  ducbe  de  Parme  et  8or 
le  niout  Napoleon  do  Milan,  .losquellos  il  est  fait  mention  dans  ce  ra^mp 
codicille  du  24  avril  1821,  Kllc  ]•>  ut  d'autant  moins  accncillir  la  demand« 
da  rötablissement  des  dites  dotations  et  de  racqnitfctii-  nt  des  arrei^ages 
qui  y  8ont  relatifs,  qu'il  est  de  notoriete  que  toutes  les  dotations  sitn^e» 
hors  du  ten  itoire  fran^ais  ont  cte  aunulees  par  l'article  V**  separe  et  se- 
cret  du  tiaite  de  Paris  du  30  inrii  ISM.  Et  quo  n'etant  qu'usufruitiere 
dans  les  duches  de  Panne,  Plaisance  et  Guastalle,  Elle  doit  regarder 
comme  interdit  de  retablir  sur  Ses  sujets  de  Tetat  de  Parme  des  Charge.« 
abroge(?8  par  les  transjictions  g-öiu-rales;  qu'en  consequence  et  par  une 
snite  nntnreüp  i|o  la  rfnnnciation  ci-dessus  nientiounee,  Elle  declare  de 
n<'  poiivitir  concnui  ir  l  u  aucuiie  maniere  a  Texecution  testamentaire  du 
codicill«?  du  2i  avt  il  IH'Jl  et  de  ne  pas  refoinisutr«-  les  charges  et  obÜg*' 
tious  qui  y  sout  aüsiguues  aar  Ses  etat»  et  Ha&  iinances. 


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179 


<)D*eiiltn  BU«  8*eii  remftt  k  In  SBgMse  «t  ä  la  aoltieitade  d«  8.  M. 
rMupereiir  Son  angiute  pdre  de  faire  vakir  la  prteente  dfelaiation  paiv 
lent  oü  beaoin  aera. 

FaJt  il  Parme  etc.  etc. 

2 "  S.  M.  rt'iuporeur  comme  aloul  maternel  de  S.  A.  S.  le  duc  de 
Reichstadt,  Son  petit  fils  et  comme  autorisu,  tant  on  vertu  de  la  tutelle 
qvi  Lni  a  4tj  dffifirfo  par  8.  M.  M"*  la  dnolieBBe  de  Parme  que  pur  snite 
de  la  dfelaration  de  renondation  de  Sa  dite  Majcst<^  ci-jointe  (celle  ei- 
dMena  mentioimfe)  donnerait  acte:  qne  8a  dite  M.  L  et  B.  A.  an  nom  de 
S.  A..  8.  le  duc  de  Beichitadt,  San  petit  flle  dfolare  que  le  dne  de  Beicli- 
Stadt,  se  resfennant  daiie  le  Bentiment  de  pi4t6  flliale,  ae  bomera  ä  ac- 
cepter  lea  souvenin  et  effeta  mobiliera  qui,  aalTant  rafflmiatioii  donnde 
par  les  ox^uteura  teKtamentaiiea  k  Sit  Hudson  Lowe,  gouverneur  de 
S*'-Hö]onf',  önt  ^t«  däsign^s  pai-  feu  son  pörc  ptmr  lni  ctre  remis;  les- 
qoels  effet«  luobilieiH.  apres  ta  verificatiou  qui  en  fut  faite  le  12  inai  1821 
ä  Longwaod  sur  trois  bordfrenux  indicatifs  des  dits  effets,  fun  iit  rophict'y 
latis  tniis  boltes  en  ac^ou  et  remis  k  la  garde  des  dits  exäcuteur»  testa- 
mentaires. 

Que  so  iti. nullit  h  cettc  qualite  de  lögataire  particüüer  le  duc  de 
E«ich»tedt  <l«l;it  t'  de  nc  vouloir  se  prövaloir  ni  de  Tarticle  913  iii  d'antreH 
dispositioiiB  du  coilt"  civil  de  France  et  qu'il  iri  nlcnd  ni  deiiumder  ä  son 
profit  la  reductiuii  dpf«  liberalit«s  et  des  ai  tcs  df  dt  rnif'i  c  vulonte  de  feu 
son  pere,  ni  iiit<>rvfnii- mi  iiiani^re  quelcouque  a  rexücutiuii  tentamentaire, 
ni  par  consöquont  etre  tenu  des  dettes  et  charges  de  la  successiiou ;  qu'en 
«mstquence  il  dünne  acte  de  renonciution  entiere  k  la  succegeion  dout  U 
ft^agit,  80  oonfoiniaiit  i  tona  ^gaxda  i  Facte  d^ti^rd  par  8.  IC.  M"*  la  du- 
dieaae  de  PanDOi  ss  trte  bonoriSe  wSbn,  lequel  acte  de  renonciation  sera 
4^leitteiit  remis  i  MM.  les  ez^nteurs  testameiitaiTeB  en  rftponse  k  lenr 
Mmmunication,  avec  autorisation  de  faire  valoir  la  pidseute  dddaiation 
partout  ob  besoin  sen. 

Fait  k  ViMine  le  . . .  etc.  etc. 

3^  Bn  iii§BM  teuipb  quo  Mr.  le  baron  de  Yhusent  eeratt  requis  jpar 
■ae  Mpdcbo,  tenant  lien  de  pouToint  de  remettre  k  MM.  les  «zdenteara 
tesUaeiilaina  les  denz  aetee  de  renoneialaoii  ci-dessna  mentioiiadB  snb 
H*  1«  et  2*,  U  seiait  ioTitd  i  donner  prtelablement  oonitaiBiaiioe  de  noa 
^tearcbes  au  mmiatre  des  a&uw  dtnngbrea  de  B.  M.  T.  Cb"*,  et  k  mettre 
^  aa  dispesition  des  copies  de  tous  aetee  et  docameiits  qui  anraient  lie« 
^  aotre  part  an  ai|Jet  de  la  dite  snccession.  Lorsque  Taffaire  en  serait 
nun«  k  ce  point,  il  n'j  aurait  non  plus  la  moindre  difftcultö  que  Mr. 

IS» 


180 


rambasaadeur  a^axpliqiiftt  oiiTertoiiient  via-i-vta  de  MH.  ms  mU^n  nir 
le  ]Huti  qa*flurait  adopt^  Dotre  coor. 

Toatefoia  aruit  de  donner  ooora  k  dea  aetes  de  renoaciafckm,  U  «rt 
un  lirtialable  qni  doit  etre  indisyensablement  rcmpli.  II  faut,  avant  tont 
avoir  acquis  df>  la  part  «los  exccutoiirs  tostamentairos  la  connaissance  tl»- 
toute8  les  dispositions  de  deniÜMe  volout^  de  Napoleon  Bonapai-te.  Sans 
cotte  fonnaissance  du  tout,  la  renonciatimi  purtant  partif  snr  l**?" 
ai-ticic8  inc4innu8,  serait  d(>  m  natura  im  acte  coüditiouuol  et  ^veotuel» 
et  il  no  peut  convenir  ä  ik>i-.-<i »11110  qu  il  soit  toi. 

II  en  resulte  que  ni  tre  pi  cmii'rf  .iornarche  (apr^i»  toutefoi«  qup  S. 
M.  M"'*'  la  duchesse  de  Pai  iiif  aura  fait  a'nnaltre  sea  intentions  ä  la  »uite 
de  la  presenic  communication)  d(»it  etie  d'inviter,  par  rintermediaire  de 
S.  E.  le  baron  de  Yincent,  MM.  le«  ex^tenrs  testamentaires  i  completor 
la  oonmnnicRtioii  dea  diapoaitionB  de  dernüre  volonte  de  Napolten  Beaa- 
parte.  Mr.  TambaaBadeiir  aerait  en  mdme  tempa  antoriai  ä  priTeair  lee 
dita  ex^cotenra  teatamentairea  qne,  da  moment  qu'ila  anront  aatiafiut  i 
ce  pr&klable  et  qu'ila  avroni  affirmd  en  forme  probante  que  ia  commvni- 
cation  est  ini^aio  et  aana  nulle  riseiTe,  la  tntelle  de  S.  A.  8.  le  dae  de 
Reicbatadt  leor  fera  parrenir  aana  le  moindre  retard  aea  d^miinationa 
definitives. 

Teiles  sollt  lea  obserratioiis  que  je  crois  devoir  soutnettie  a  U** 
la  duchesse  de  Panne  siir  roiistMiiMc  des  comninnicAtions  et  des  demandes 
qui  font  l'objt't  «le  !a  lettre  «lo  MM.  les  executeurs  tostamentatTcs  en  date 
de  Paris  le  12  inai  dornier.  Ii  me  reste  a  attpiidro  cc  que  M"'^'  l'archi- 
duches^e  voudra  bien  nie  faire  connaltre  pour  me  diriger  eu  conaeqaeiit 
dan»  mes  r^pttnses  a  Mr.  le  baron  de  Vincent, 

La  preseiite  depdcbe  ctnit  tt  riiiiiu'i»  lorsque  m'a  ^t4  remise  la  lettre 
du  31  niai  que  d'ordre  de  M""  l'archiduchesse  duchesse  de  l'aiuie,  vous 
m*aTez  fait  l'honneur,  Mr.  le  comte,  de  m'adresser  sor  mea  infonnatioaa 
priliminairea  da  19  mal.  Quoique  je  puisse  deja  preeaentir  eu  gi-ande 
partie  lea  Intentiona  anxqnellea  S.  M.  M"*  rarehiducheaBe  a'anttera  i 
r^^ard  de  la  nouvelle  oommnnication,  ja  n'en  doia  paa  moinat  maintenaat 
que  TaHiaire  a  pria  vne  marche  plua  ofBcielle,  anppUer  M"*  la  dncheeM 
de  Parme  de  prendre  en  oonaidäration  lea  demandea  fermellea  de  MM.  lea 
ex^uteurs  teatamentairea.  II  m'importe  d'autant  plua  d'^tre  inatnut  de 
determinatious  que  je  serai  dana  le  caa  de  m^en  appnyer  ponr  prendre 
A  cet  egard  lea  ordrea  de  S.  M.  Tempereur. 

Beeevea  —  


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181 


XXVL 

Chmf  BartMuid  an  dto  XoliMln  Maxi»  Lovilie. 

Pari«,  16  mfti  188S. 

Madame! 

Le  pluB  iOnstare  des  captifr  doni  Phütoir»  pmn  Januiis  faire  men- 
tioiit  le  gteie  immortel  qui  joignit  h  la  gloire  d*impo8er  nlenoe  h  rEuiopei 

pendant  un  quart  de  sitele»  la  gloiro  plus  duuce  k  sa  trrantlf  Arno  Jn  Vous 
Mre  doiUBiö  poor  4poux,  exprima  dans  les  derniers  jours  de  Sa  vie  le  d^sir 
que  sa  '^epouille  mortelle  fut  transporiöc  dans  nn  coin  de  la  France;  ses 
oxecuteure  testament^irps  avant  de  quitter  Londres  adress^rent  au  roi 
Ge<^nres  IV  un©  reqoöte  ä  l'effet  d'obtenir  raceomplisscment  de  ce  voeu 
de  feu  i  empcreur  Napoleon.  Iis  oat  adressö  la  möme  pri^e  k  S.  M.  Trto 
Chretionne. 

^la.iamf»,  V.  M.  jugera  dnns  Sa  piot4  et  dum  Sa  satresse,  s'il  Lni 
convioiit  d'appuyor  du  puids  de  Suu  intorccijsioü,  ce  desir  Ju  Tepoui  que 
la  provideoce  Vous  öta,  mais  quo  la  providence  Vous  avait  donne. 

Je  suis  »vee  respect  —  —  — 

Ad  XXVl. 

Graf  Bertrand  an  die  Kaiaexln  Marie  Louise. 

Paris,  18  nui  1822. 

Hidamel 

Yotre  Hajeste  me  pcrmettia-t-eUo  de  mettre  k  See  pieda  une  r4- 
clamation  qui  i überesse  touto  ma  jcunc  famille. 

Par  le  traite  do  Fontaineblean  los  dotations  ^iu  iiiniit  Napolt^on 
fywnt  conservees,  maint-'iuies  et  garantirs  et  lo  dncho  dt»  Pannt'  pa^sa 
*"U^  les  loits  d<^  V,  M.  t  et  övt*npnii'rit  lu-  iMinvait  faiic  »'vanmiii'  la  con- 
:uiiLf  que  j'avai»  tu  lues  droit«  sur  le  mont  -Napoleon  et  dans  un  duche 
^ui  deveaait  V/»tre. 

Pai-  deä  anaugemeuts  politiques  ulterieurü,  cette  principaut^  doit 
na  joiir  retourner  k  la  maimn  d^Espagno.  Si  V.  M.  en  cons^nenee  de 
Mtte  clanee  ne  crojait  pas  pooToir  me  mettre  en  poseession  des  terrea 
composent  ma  dotation  dans  Totre  dncM  de  Farm«,  j'ose  esperer  que 
4ti  Heins  Klle  m'en  consemta  la  jouissance,  on  m'en  dennera  riquivalent 
«t  VDQdra  bien  m*en  faire  payer  rarri^r^  qvi  de  1814  jvsques  et  compria 

lerne  ponr  hait  annees  une  somme  de  äOO.OOO  frs.  J'ai  rhonneur 


182 


do  joindro  ici  copio  do  l'ucU>  t\m  compuso  ma  dutation  de  25.000  £ri.  de 
rentti  dans  vtro  duche  di!  I^inny. 

Piiis-jü  esperer  aussi  (jud  V.  M.  daignera  s'interohjsör  ä  mes  droits 
dans  lo  Milaiiais  t't  ha  apimyer  aupies  de  Toiupüreur  d'Autricho  Son  pere, 
afin  qiril  mo  consenre  ma  dotatiou  de  10.000  üs,  de  rento  sur  le  uoufc 
Napoleou. 

V.  M,  ne  trouvera  pas  oxtnidi-dinairo  qu'avec  iiue  famillL-  iioui- 
brouso  et  uno  fnrtuno  reduite,  je  viuuuo  i-üclamer  Sa  bioiivoillanco,  o>ü- 
flant  dans  les  bontes  d-»nt  V.  M.  noiis  honorait,  ma  fomrue  moi,  dans 
des  iemps  plus  prospero.s,  et  ouhardi  par  lo  vren  oxpriin».'  par  remponMir.' 

QnoUo  quo  soit  la  decisiifn  de  Vntrc  cnbiuet,  je  V'ous  pi-io,  Madamo, 
Vouö  qui  avoz  daign^  ötendre  Votro  intoi  et  jusqnc  sur  mos  jounos  oufants, 
d'ötrc  porsuadöo  quo  trop  do  Souvenirs  me  rattacheiit  a  V.  M.  pour  que 
jü  puissß  jamaijs  perdie  do  vuu  les  t^outiiiieiits  de  rcspect,  d'attacbemcnt 
et  do  reconnaissaiicü ,  avoc  lesquols  jo  no  cosserai  d'otro  —  —  —  — 


Je  erois  doroir  pour  rinformation  particidi^  de  V.  E.  La  manir 
du  teito  mAme  de  la  r^solation  qoe  8.  M.  a  prise  le  19  jniUet  sur  mes 
laiiports  do  20  Jain  et  dn  15  jnillet  aa  sajet  dn  testament  de  Napol^a 
Bonaparte.  Tous  j  reconnaltres,  Mr.  le  baron,  que  8.  M.  L  nous  leeon- 
mande  en  termes  trto  exprto  de  ne  rien  negliger  pour  asaurer  les  droits 
de  propriöt6  qui  ponnaient  ötare  ddrolua  an  dnc  de  Beichsiadt  et  poor  lee 
prteenrer  de  tonte  dilapidation. 

D  ne  Toas  ^appera  pas  que  la  d^pdche  qni  pr^oMe  la  präsente,  a 
ötö  rMig^  de  manibre  h  pon?oir  «tre  mise  sons  les  yeux  du  gouTemement 
Fhffl9ai8  aneai  bien  que  sons  ceux  de  MM.  les  ex^cuteoia  teatamentaires. 
Loreque  cenx-ci  se  seront  convatncaa  que  la  tutelle  est  bien  i 
exiger  la  commnnication  int^ale  de  rensemble  des  dispositions  de  der- 
ni^  volonte  de  Napolfcn  Bonaparte,  il  eet  permis  d'esp^rer  qa'Us  ^ 


fJe  rt>coii)ii)aude  ä  rimp^rAtrico  de  t'jiire  restitiior  au  coiuto  liertra.ud  i«5« 
30.000  frs.  de  rente  qu'il  puss^de  daus  le  ducbtS  de  Parnie  et  sur  lo 
nonte  Napoleone  de  Ifiba,  aiiui  que  les  waimfgOB  tehm. 


xxm 


Fünt  Mettamioh  an  BiMm  Vlnoent. 


TieoM.  le  18  aoOt  18». 


CoaioiUe  dn  U  «vril  1821,  Art.  1. 


■  SignAi  Napolfoii. 


ferenmt  ä  ia  demando  qiu>  vous  leiir  nilrr  ssoroz,  plut«H  que  do  nnns  niottro 
dang  le  cas  de  recoarir  ä  la  voi'p  jndiciaire  ot  de  nmis  rondre  intcrvonans 
au  Qom  de  la  tntelle  danf  lo  pii qui  a  doj«  etö  iiirite  nitir  ciix  t-t  la 
maisiin  Ijafitt*'.  Ou  irontrcvoit  d"aill«urs  pas  mm  qm\  motif  ils  initir- 
rnient  lofusor  ä  uiio  conimunication  i-ejrnli^'n»  H  rotnpKiti',  lorsqu'ils 
aF^ut  nt  <?ux-nu'nu's  nut<  lo  tf'>ätament  a  üt6  montro  uu  <?utierau  gouverno- 
ment  Franrais.  il  est  d  un  j»riiicipe  genwnU  ot  il  pst  consacre  crunint'  UA 
dao8  Ic  io<\>'  civil  dp  France,  (pu'  Ics  tnlcurs  iio  ptiuvciit  ni  accf'iit<'r  ni 
repodier  um  ^ucocssiou  »aun  rautuii»atiou  du  conseil  do  fauiiUe  ut  par 
cousequent,  sanü  uut«  deiiberation  motiveo.  Or  coramoiit  sorait-il  possiblo 
d'autorisiT  la  lepudiatiun,  racceptation  ou  l'approhation  d'actus  testamen- 
tair.s  .ii.iit  uiiü  partie  des  difpositions  ooniuus  pouii*aient  Mre  essen« 
ti«<lleQient  modifi^es  par  Celles  dont  on  ignore  la  iiature  et  le  c.int(^nu? 

V.  E.  est  priee  do  faire  valoir  ces  considörations  taut  ii  l'egard  des 
«iecui«ura  tcstaitu-nuiires  qiie  vis-a-vis  du  nunistere  de  S.  M.  T.  Ch"*; 
Voug  inviterez  ä  cet  effet  ks  .  xecutcuis  testamentaires  ä  venir  prendre 
connaissanco  de  la  depciho  üsWüsiblii.  Vous  y  ajoutercz  qne  du  moment 
que  leg  executeurs  du  testament  auront  satisfait  a  co  pr^alable  et  qu'ils 
turont  affinn^  et  fourni  la  pruuvo  eu  forme  probante,  que  la  conunuui- 
otion  e«i  integiule  et  sans  nulle  r^senre»  la  taUHh  de  S.  A.  8.  le  dnc  d6> 
BeidiMadt  scra  h  mAme  de  prendre  use  d^tmination  d^imtiTe. 

n  Importe  d'antant  plai  de  lenr  tenir  i  cet  ^gard  un  laogage  cUdr 
et  (ositif,  que  d'aprös  la  nuurcbe  obliqne  arbitraire,  pleine  de  rfiserre  et 
^'in^iilaritfe  qu'ils  ont  tenue  jusqu'a  preRent,  on  a  tout  lieu  de  cfoire 
qae  dans  cliacone  de  lenn  d^marehes  ils  ne  aont  gaid^a  qne  par  le  desir 
k  km  privalotr  lenr  int^rtt  particnlier  et  de  s'approprier  ponr  enx  et 
poiir  les  antres  penonnes  qui  ont  accompagn^  le  prisonmer  de  S**-H^töne 
duie  le  lieu  de  aon  eiil,  les  fonde  les  plus  liqnides  de  la  BueceBsion  et  d*en 
früstrer  aoit  rheritier  aatnrel,  sott  les  aatrea  legatiüres  desqnela  ils  ven- 
l«Qt  ae  i^parer. 

V.  B.  ama  d^i  iti6  k  mdme  de  prendre  une  opinion  dtfaroiuble  de 
MM.  les  ex^uteurs  du  teatament  d'apria  les  tergiTersations  dont  ils  ont 
envers  Elle,  d*aprto  Taifectation  de  mystdre  dont  ils  ont  cberch^  ä 
emmir  lenia  demarelies»  d'apris  la  tentative  qa*ils  ont  fiute  de  s^empaier 
4a  d^t  de  Lafitte,  et  le  parti  anquel  ils  se  sont  ensnite  dteides  de  pao- 
tiser  de  lenr  propre  antoritä  avec  le  d^positaire,  et  enfln  d*apr^s  les  com- 
nvmcations  tardives  Ineompl^tes  anxqnelles  ils  ne  se  sont  port^  qu*aprb 
mir  laiu^  ^nler  plusienrs  mois,  puisque  lenr  d&narobe  envers  M"*  la 
dncbene  de  Panne  n'eet  qne  dn  12  mal  1899,  tandis  qne  le  testatenr 
teil     deeed«  depois  le  5  mal  1891. 


184 


S'il  pouvait  V0U8  restor  lo  moindro  douto,  Mr.  le  baion,  surles  vucs 
toutes  d'interct  iiaiticulier  dt«  MM.  les  exocutcurs  et  sur  los  intentions 
arbitrairos  et  exclusives  qu'il«  voulent  apportor  ä  r«xöcution  dos  dispo- 
sitions  te8tamentaire.s,  il  suffira  Mr.  It'  baron,  quo  vous  preniez  connais- 
sancd  dWe  lettre  que  Mr.  le  marquis  de  Semonville,  besa-piire  du  oomte 
de  Montholon,  a  ieiiib  k  ee  stget  an  coDseiller  auliqne  4«  Fknret  le  18  mai, 
le  mdmo  jour  oü  Iw  exfentenrB  testamentaireB  adreaMient  ä  H"*  la  du- 
chesse  de  Panne  nn»  commonlcation  tronqu6e  et  dünnte  de  tonte  foiDe 
propro  k  &ire  foi.  J*ai  rhonnenr  de  joiudre  id  cette  onvertare  confiden- 
tielle  dn  marquis  de  Semonville  qne  vooe  voudt^z  bien  me  restitner,  apres 
aToir  pris  lecture  de  cette  pi^  insidienae.  Mnni  des  donnees  qne  ren- 
ferme  cette  lettre»  toub  ponrrez  aborder,  arec  plns  de  oonnaisaance  de 
lenrs  arridre-penB^es»  la  diacusBion  verlmle  ä  laqnelle  voub  inviterei  MM. 
les  ex^ntenn  testamentaires;  et  tous  ponrrai  tirer  plnB  d^avantage  de 
Ja  craiDte  qn'ils  ont  de  devoir  entrer  en  lutte  avec  tona  les  14gataireB  et 
inttireBafc  anxqnelB  üb  vondiaient  oppoBer  le  nom  de  M"**  rarchidneheese 
en  8e  retrandumt  derri^re  sa  pr^tendue  YolontS.  Y.  E.  verra  par  le  der- 
nier  polnt  de  la  r^Bolntion  BonTeraine  que  8.  M.  L  a  ordonnd  qn*fl  Ini  aoit 
Bonmia  un  travail  bui  la  questiun  B*il  Berait  utile  oa  n^essaire  ponr  TaB- 
Burance  des  droits  dventnels  de  suceession  du  dnc  de  Reichstädt»  d*obtenir 
dn  gonveniement  Fran^ais  nne  mesnre  par  laquelle  la  somme  d^pos^  cbei 
le  banquier  Lafttte  fftt  mise  ä  Tabri  de  tonte  atteinte  et  plao^  virtuelle' 
ment  sons  aeqnostre.  Yons  ponnries  prendre  occaBion  de  la  commnm- 
cation  que  toub  seres  dans  le  cas  de  faire  de  ma  d^ptebe  ostensible  ä  Mr. 
le  vicomte  de  Hontmorency»  ponr  toucber  pr^liminairenient  cette  question 
et  tftcher  d'apprendre  quelle  serait  k  cot  ägard  Topinion  de  ve  miniatre. 
Je  me  r^serve  toutefois  de  privenir  Bur  cet  objet,  dans  nne  antre  exp^ 
dition.  Becevos  

xxvin. 

Onke  les  pikes  copi^es  d*autro  part,  il  existe  uno  pike  non  i^i^nec 
dont  le  comuicncement  a  ete  ient  par  ton  roinpcrcur  Napoleon  et  doat  ie 
reste  a  ete  eerit  sons  v<a  dictiM>  par  le  göneral  MontboloD.  Nons  m  fa^son^ 
mention  que  ponr  m^inoiro  do  octto  piecc  qui  est  oucore  ä  Loudres.  Nou.< 
n\>ii  avons  psB  de  copie»  mais  eile  porto  en  substanco  les  disposttiooB 
ei-apr^s : 

Cet  act»}  intitule  H""«  codicilK«  port«  la  date  du  28  avril  1^21. 

Parrarticle  1*^  ccrit  de  la  inaiu  do  rciiipcreur  Napoleon,  il  recoin- 
mandc  a  son  angusto  epousc  Mr.  Aiitomarchi  son  Chirurgien,  Ini  deuKinde 
de  l'attacber  ä  aa  maison  et  de  lui  accoider  nne  pensiou  do  6000  frs. 


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* 


185 


Par  raitieU  8*  ^;al«m6tLt  de  la  nuün  de  fen  remperrar  ü 
nnmiiiiaxide  ^  son  angoste  öpoiue  Tabli^  Vignali,  hii  demande  de  rattaehw 
i  n  malMA  eomme  aumAnitf  jaaqn'A  la  m^jeritf  du  prinoe  leiir  flla, 
^foqae  &  laqnelle  ü  ej^nme  le  dfeir  qoe  Tabbä  Tignali  passe  an  serfiee 
de  ee  prineei  oonune  annihilier. 

Atteste  et  certifl^  avoir  la  lea  deu  pnmiera  articlea  mentionnfc 
ei-eontre  Mte  de  la  nain  dn  ieetateur.  | 

Paris,  17  ociobre  1822. 

Sign<:  Berirand,  Montholon,  Mareliand. 

L'article  3  dicte  an  g^pneral  Mnuiholon,  doune  ä  M""*  niorp  de  S.  M. 
diflferoDS  biens  on  Curso  de  pcu  il«  viilour,  dans  U  auppositiou  quo  par 
stde  de  son  regüe  S.  M.  n'on  auruit  .lispo.-,i'. 

L'article  4  ee-alt-im  nt  .lioto  au  gtiueral  Moutlioloii.  oxprime  le  d^sir 
t|Uü  la  pnncesse  Pauiiuu  reutre  dans  la  pobbebsiuu  do  la  ville  8t.  Martin 
ä  nie  d'Elbe. 

Par  l'article  5  feu  remperenr  Napol^n  donne  ä  la  oomtesse  Ber- 
tiand  ä  la  oemtesse  de  Montholon,  la  moiti^  d'nn  cabaret  de  porcelaiiie 
de  Sinea,  dont  Taut»  moiti^  reste  aa  prince  son  Als,  oonform^ment  ani 
dtgpoeitioiis  du  §  lY  de  Tötat  A  Joint  au  teetameni 

L*artiele  6  donne  au  cardinal  Fesch  quelqii««  biens  en  Corse  de  peu 
de  valenr,  dont  le  putige  etait  encore  ä  fiure,  k  ce  qno  penMut  S.  M. 

Paris,  ce  17  octobre  1822. 

fiigne;  Montholon. 

XXIX. 

Fürst  ICetternloh  an  Baron  VInoent. 

Y^rone,  I0  22  octobre  1822. 

Monsieor  l'ambaesadeur! 

L'iut^ressantc  Expedition  de  Mr.  le  conite  do  Brunetti  quo  V.  E. 
n*stianBinitie  pur  Son  rapport  Nr.  46  &n  date  du  1 7  de  ce  mois  m'est  par- 
fno»  ee  matin,  et  Tonf  avez  prAvenu  mos  inientions  Mr.  le  baron  en  me 
iWojant  par  eourrier;  mais  j*ai  rivement  regrettö,  qa'au  liea  de  me  la 
traoMDftttre  par  le  coiurier  Kspagnol  qni  avait  i\A  expedie  de  Madrid,  et 
dont  rtnivee  i  Yerone,  au  milien  des  sonverains  et  de  leurs  cabinets,  ne 
pomait  manquer  de  fixer  toos  les  yenx  de  TBorope  sur  TAutricbe,  V.  B. 
a'sit  ps8  eonfi^  cette  eourse  de  preference  ä  un  des  employes  de  Tambas* 
nde  Ott  s8on  adjutant.  Mr  le  couite  de  Buol  et  Mr.  le  comte  deMemldt 


186 


9 


sollt  trop  jMiu  «Rcupcs  dans  cc  iinuiii  iit.  nii  t^uitos  lois  affaires  sp  con- 

centrcnt  ici,  poiir  qxic  V.  K.      puiü&o  pas  Sr  passer  de  riiii  <ui  df  rantre 

pondäut  quükjut'i?  afiiiaincs,  et  cVst  d'ailli'iirs  riniinir  ä  t-fs  j>'iint'ji  geu» 

uno  occasion  favorablo  (!'•  taii  .*  un  vo^iigc  utilü  «t  d  auj^niifiit«-!  lo  c«rcle 

do  lours  coQuaisöHiicos.  .Tr  vhum  ongago  douc  a  los  omployer  Tun  tst  l  autro 

pendant  la  dureo  do  la  icuuiun  do  Voronc  a  co  genre  de  Borvico,  et  ä 

mVxpedici*  noinmement  Tun  do  ces  deux  MessioiirH  avc«  la  odlection  mm- 

plcto  des  actes  renfernuuit  les  derni^res  voloutös  de  Najudeon  Bonaparte, 

quo  V0U8  m'annoncez  vont»  avoir  eto  remines  püi  MM.  Bertiaiid,  Montho- 

lon  et  Marcband.  Soit  t|iii  je  8oi8  dang  lo  cas  d'en  faire  u8ago  ici  ou  nun, 

V.  £.  sentira  quo  je  doivo  mettre  du  pri.\  a  pieudro  connaisHauco  d'actes 

ausBi  importaDts.  Mr.  le  baron  de  Binder  et  Mr.  le  coiiite  de  Menreldt 

ayaat  Tiut  et  Tautre  v&e  Toitore  de  Ja  conr  ä  knt  diapontioii,  «Um 

peuTent  senrir  pour  ceux  des  «mploy^a  de  rambaaeade  qua  V.  S.  seia 

dMiB  le  cas  de  tii*exp^er  en  courrier.  A  rexception  de  LL.  VJL  lea  nie 

de  Sardaigne  et  de  Naplea  qm  ne  eont  attendns  ici  qii*ä  la  flu  du  moa, 

tooB  lea  eoaveraiiis  invites  a  prondre  part  k  la  reunion  de  V^ne 

tronvent  r^nnls  avec  leun  eabineta  depais  le  16  de  ee  mois,  et  les  grandes 

affaires  qoi  doiTent  s'y  traiter  ont  eommeiice  depnis  quelques  jonrs  sovi 

des  auspices  favorables. 

Jö  

XXX. 

M 4molro  remia  par  Kr.  de  Simoiiville  au  g^^ral  Fosao  dl 
Borgo,  pour  dtre  soumls  par  lui  ä  rempereur  Alexandre. 

26.  Auguat  1823. 

S'il  est  yrai  que  le  plus  grand  öv^aement  de  rhistoüre  moderne 
soit  r^I4vation  et  la  cbute  de  Napol^oni  les  soaverains  qui,  pour  rendn 
la  paix  an  monde,  Tont  condamn^  k  m  exU  ^ternel,  pensoront,  sans 
deute,  quo  ses  mftnes  exerceront  encore  pendant  une  g^n^ration  ane  in- 
fluence  notable  sur  le  repos  de  TEnrope.  C*rat  dans  cette  pr^voyanoe 
qaHtB  tienoent  eloign^  ses  restes  mortels.  Mal9>cette  prkantion  seiait 
nüne  si  eile  Maü  isol^.  II  est  d'antres  objets  moins  matMels,  plus 
propres  encore  h,  agiter  longtomps  les  esprits,  etpar  cons6quent  do  natore 
ä  m^rtter  Tattention  des  souTemms. 

Napol^n  morty  objet  de  ridol&trie  int^ress^e  des  uns  et  des  oatrages 
d^hont^s  des  autres,  occupe  encore  toates  les  pens^s.  Toob  les  traits  de 
cette  tragedie  sont  pi'^ns  ä  la  memoii'«  des  penples.  Iis  se  souviennent 


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187 


e^dlement  et  du  jour  oü  im  ostrui  isme  d'un  gonro  nonvoau  lui  fiit  sigriifie, 
et  de  h  promosso  solennelle  prüiiDiicoi^  par  rAiijrlt'ti  i  le,  au  mm  deö  piüö- 
«lace^.  qiip  scs  yolontes  de^•ni^res  seraiont  iü.siit'ctot'S. 

Quiüzo  inois  sp  sont  ocoules.  auciino  n'a  wen  sou  exöcution. 

On  DO  jirti-lf  j)oint  ilo  ct'ttc  ]>artif  do  808  volontös  dans  laquclle 
Napoleon,  cinvaiit  fiifun'  portor  Iii  couioniio,  n  protondn  locupr  k  dos 
provinccs.  ä  deö  villei«.  a  des  Corps  inilitaiics  des  j^ritiiiiu's  eiiornics  quo 
labdicatioii  iU>  FontaiiicMeau  avait  ravie«  k  .Si>n  pouvKir.  Quel  quo  8oit 
IVinpl' i  qui  a  pu  en  ütre  fait  posterienroment,  Napol(M>n  n'a  point  le 
droit  d  en  connaltre.  II  ne  peut  s'Mro  fait  illusion  sur  ct'tte  vorite.  Aussi 
ses  executenrs  ont-ils,  dans  leur  piudeuce,  conisidiiro  cfcttc  partie  de  8on 
tcstanient  plut^'d  coinmp  iin  apjMd  k  dos  passions  vongercsscs  iiuo  comnio 
des  difcpositiniis  roollos.  Iis  out  buigiiüusemont  8»5par6  los  uiics  dos  aiitiüa 
et  regardö  (»mmo  leur  pieuiier  devoir,  on  revoyaut  lo  sul  do  la  patrie,  de 
Caire  homroage  au  duc  d©  Richelieu  d'unc  r'>nfianco  qu'il  meritait  ßi  bion. 

MM.  de  Montholon  et  Bortrand  lui  out  remis  le  tostamont  et  ont 
pris  dans  sos  mains  rengagomf  ut  do  concilior  lours  rtdigieusos  obli- 
gations  avec  im  respect  profond  pour  le  gouvernemont  du  roi  ot  la  tran- 
qaillite  publique. 

La  retraito  de  co  ministro  et,  plus  tard,  sa  raort  deplorable,  ont 
constern^  legataires  saus  rien  changer  ä  lears  resolntions.  Des  per- 
soiuies,  anitn^  par  dM  eentiments  contraires  aux  leors,  ayant  d^termin^ 
Vr.La&tte  k  eontester  la  rwnise  da  depöt,  Mr.  de  Montholon,  d'apr^B  Tin- 
fMoB  du  dnc,  est  reparti  ponr  TAngleterre,  afin  d'y  doposer  le  testa- 
vwnt  ä  1a  coor  de  Canterbury»  dans  ia  vue  de  pouvoir  n*en  comntiniqner 
ux  tribanaux  de  Fianee  qae  des  extraits  d^pouilles  de  considerations 
pulitiqaes. 

Ce  plan  a  ^  sum  sons  le  miniet^ro  present,  avec  nne  v^itable 
tbs^Dation  de  Ia  part  des  ex^tenra;  car  lo  tribunal  qui  ne  doit  con- 
ultre  qae  ees  formes  et  la  lettre  de  la  loi,  en  roponssant  toutes  les  all^- 
ptioDs  de  Mr.  Lafltte,  a  cependant  d^lar^  les  ex^nteun  non  receTables 
jmqa^i  la prodnctton  deTaote  integral;  an  moment  oü  üs  Tenaient  de  d6- 
darer  k  la  bane  qne,  le  tribanal  lern*  en  donna-t-il  Tordre,  leur  dfli- 
catesse  leur  d^endrait  de  Tex^nter. 

Kle  a  4^,  ai  non  rdeompena^e,  du  moins  aentie  enfln  par  Mr.  Lafltte. 

Mienx  eonaeilK,  il  a  aouaerit,  le  mtoe  jour,  la  tranaaetion  qu*0B 
In  afait  Offerte  k  dWeraea  reprisea  avant  la  plaidoierie. 

Les  exteutenrs  ont  arrdt^  son  compte,  les  fonda  reatent  dans  sea 
naina  juBqn*^  ce  qne  le  gouTemement  Francis  et  l'li^ritier  natnrel  con- 
lentent  ä  aa  li1>^tion;  il  acqnitte  les  interftts. 


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188 

Ces  intlröte,  k  quatre  ponr  oent»  aont  employfo  k  procnnr  qmlqvM 
secours  ä  des  legatur«B  nicenitenx,  partkmUteement  k  de  paavrM  scrn« 
ton»  de  S*«-Häine. 

Lo  gouvernement  Fran^aU  a  fait  jnaqu'ä  present  ce  qui  etait  ea 
son  ponvoir  pour  la  s^curitc  i1f>  Mr.  T/afitte.  Ind^pondarament  des  assu- 
ranccK  repötees  qu'il  a  rcrues  du  ininistre  des  finauce»,  le  procurenr 
roi  n'a  pris  aucnno  conclusitin  <  ii  favciu-  du  domaine.  11  y  a  plus;  ie  d(>- 
maine  lui-raßnn' ,  apr^s  le  ju^n  iiieut,  a  percju  sur  Mr.  de  Moutholon  les 
droits  rcsultaiiis  lies  somuies  (U'po.socN  pour  compte  des  leisratAires  ch«z 
Mr.  Lalitte.  Getto  perceptioü,  tres  ouürüUKe  p<nir  les  oxucutuuih  Usu- 
mentaii'es,  est  la  renouciation  la  plus  formelle  que  puisse  faire  le  dotoatne 
k  tonte  Prätention. 

L*ex6cntion  testamentaire  d^nd  done  imiqneme&t  a^Jonrdlmt  de 
FadhMon  de  rUritter  natnrel«  en  d'antres  termes  de  la  conr  de  Vienne. 

Lee  extenteuni  ont  Mam&  aon  intervention  offtdeUement  per  le 
minifltire  de  Kr.  Vinoent,  confidentiellenient  per  rmtermMiaire  de  Hr. 
de  Florei,  ami  de  l'nn  d*entr*eiii.  L^amliaseadenr  a  le^  lenrs  eoranranio 
catione  avec  les  fonnes  polios  I.  caractcrisent;  il  a  promis  de  lee 
transmcttrc  a  sa  cour,  et  declaro  n'avoir  enoore  aneune  Instruction. 
Mr.  de  Florct,  dans  uno  döpcche  particali^o,  annonce  qu*on  attend  les 
detormiiiations  de  rarohiduchesso  Mai'io  Louise,  et  pai'alt  persuad^  que 
<'<Hti'  pi  iiicesse  dunnera  dans  cette  circonstance  des  prenves  nouvclles  du 
liani  «It  siateressenicnt  dont  eile  a  offert  rcxi  inple  ä  l'univers  dans  les 
deruieres  iinneeä.  II  semble  iie  point  dnuti  r  (juVlle  ne  laisse  uu  libre 
cours  aus  volonte«  de  Tillustn'  dcfunt,  ooalViinii'ini'ut  a  la  loi  et  ä  rt'i}uiie. 
Ctjpcüduiit  lo  tcrnpü  s'ücoulo  bUüö  qu'il  soit  possiblo  aux  oxecuteurs  de 
luesurer  le  termc  de  Icur  attcutc. 

Sans  appui  «m  leur  tem  natale»  Ds  se  refüsent  k  recevoir  Tauxi- 
Uaire  des  ennemis  dn  gonvememonty  les*  convenances  leur  dtfendent  dMu* 
Toqner  Fauloriti  dn  roit  et  ile  voient  p^irir  dans  lenrs  mains,  malgri  leur 
sile  et  leur  pnidence,  la  mission  sacrie  dont  üs  sont  inTestis.  L'histoire 
lenr  demandera  compte  de  lenrs  demarehes,  et  die  anjonrd'hni  les  nom- 
breux  l^taiiiee,  dans  leur  jnste  impatienoe,  les  aocasent  d*une  timidit6 
piisillanime. 

Une  gmnde  respousabilite  p^se  sur  cux;  rien  ae  peut  les  y  soiis- 
trairc.  Vainemcnt  Iis  diraient  ä  TEurope*.  les  volonte  da  citoyen  obecnr, 

dont  la  toinbe  est  prnti-gce  par  la  loi,  reposent  sous  la  garde  des  magi- 
*;trats:  nf>;<  pfforts  n'ont  pn  defondre  Ic  malheur  lo  plus  illustre  qui  alt 
effraye  le  monde.  c^iuls  uiiiy<'ns  In»  px^cuteurs  ont-ils  de  n  tii  i*r  des  mains 
d'uo  bauquier  Frau^ais  uu  depOt  de  coufiauce  qui  devait  etio  remis  ä  la 


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189 


pnDiire  reqniattionf  De  Celles  de  rarebtdnchesse  Haiie  Loniee,  deux 
niüioos  platte  snr  billet  an  jonr  de  la  d^^ee  et  r^lam^  sur  le  lit  de 
nort?  De  ceUes  du  prinee  Engine,  deox  antres  müliona  redemandte  an 
nom  de  rhonnenr  et  de  la  reoomiaieeance  an  fils  adoptif  qni  en  a  re^n 
Tingt  de  la  gdn^roflit^?  etc.  etc.  Fint-il  enfln  qne,  da&a  lenr  d^plomble 
isolement,  lea  ez^tenn  testamentaiies  renonc«nt  k  In  rosvive  quMls 
eent  impes^  que»  oMant  anx  inetancf^  des  l^tairos  dosespercs  de  tele 
delais,  ÜB  appeUeat  &  lenr  secours  la  paieeance  devant  laqtielle  TKurope 
s'effraj-e  avec  raison,  et  que  Napoleon,  nioit,  demandant  quelques  de- 
pouille«  pour  les  partager  entre  des  serviteurs  fidcles  ot  d'nnrions  rora- 
pagnoDB  d'anncs,  inqui^te  les  cabinets  et  trouWp  pf>tit-t'tn>  hi  Fiaiui'  par 
des  revelations  üvrees  anx  presses  de  Conqnot?  Cc  tort  si  giave,  »i 
etrao^r  aii\  iuteiittous  di's  pxecuteurs,  »  \\  devait  jainui»  m  roaliser,  ne 
pourrait  Iciii  etre  imput^;  ils  um  itHiniitciit  |>as  moins  los  apparonces  et 
les  effetü.  Dauü  l'espoir  de  los  pi-evenir,  iU  sc  isont  demandes  8'il  seralt 
iii%ne  du  pereonnage  le  plus  auguste  de  couvrir  de  ea  hante  proteetkm 
ke  comps^nons  d^infortiuie  d*nn  homme  qui,  par  tant  de  haute  fiiH», 
e*^t  k  rhonnenr  d*6tre  son  alli^,  plns  tard,  malhenreaaement,  aon 
«Dnemi;  ai,  enfin,  lea  exdeutenn  teetamentaiiree  de  Napolten  Tuncn,  äkh 
un6  et  encore  enohaind  aprte  sa  mort,  snppliant  derant  le  ir6ne  d*Ale- 
landrer  ^taient  nn  speetade  an-deeeone  de  ea  magiiaiiiinitif  IIa  attendent 
et  osent  mtaie  espdrer  see  d^ions  enprtaieB.  La  pidt6  d*Acliille  poor 
rialbrtnne  a  illnetrö  Bon  nom  antant  que  ses  exploita. 


Der  yioepfiaident  der  Oberst«ii  JvatislioftteUe»  Frelhan  von 
O&rtttor,  an  dan  Ffintan  llatteniilch. 

Wien,  aui  t4.  Jaiiunr  1Ö23. 

Dui*chlauchtigei  Fiii-sil 

Dnnh  kolie«  Beieript  TOm  9.  Jänner  l.  J.  haben  E.  D.  mir  die  im 
Aaachliine  gehorsamBt  sorOckfolgenden  Aeten  mitgetheilt  und  mir  auf- 
gtbigen,  Hoehdenenselben  mein  in  jnridineher  Hinaicht  motivirtea  Gnt> 
Mhten  Aber  die  von  Napoleon  Bonaparte  hintertasBonen  lelstviUigen 
Anevdniingeii  ftberhaupt  nnd  Aber  vier  dieeen  Gegenstand  beBonders  be- 
tnitade  Fragen  vonnlegen. 

Das  Ausserordentliche  der  Lage»  in  welcher  sich  der  Testator  anf 
dif  Insel  St.  Helena  befimd,  macht  ea  aehr  achwierig,  einen  festen 


biyiiizuü  by  GoOgle 


190 


Anhaltspunkt  zu  einer  streng  rechtlichen  Pi  üfuiig  dieses  Gegenstandes 
zu  finden. 

Napoleon  Bonaparte  hat  an  mehreren  Stellen  seines  letzten  Willens 
Terdeckt  su  erkeimen  gegeben,  dass  er  bis  an  sein  Lebensende  nicht  auf- 
bOre,  oik  und  aeinen  Herrn  Solm  für  FrutoHn  m  halten.  Die  Teelft- 
mentsexecntoren  acheinen  hierflber  keinm  Zweifid  zn  hegen.  Die  Folge 
dieser  Yomussetsmig  wQrde  sein,  daes  die  Giltigkeit  der  letrt«rillig«i  Yer- 
föguugen  und  das  SoGcessionsrecht  des  natürliolien  Erben  nach  fismOei- 
sehen  Gesetzen  xa  benrÜieilen  wären,  und  dass,  wenn  hierAber  Schwierig» 
keiten  entstflnden,  nur  die  fnmsOstschen  Gerichte  competent  wftren.  Ich 
darf  mir  nicht  annmssen,  E.  D.  auf  die  bei  der  Frage:  ob  Napoleon  Bona- 
parte bei  seinem  Ableben  annoeh  Franxoae  war?  vielleiciit  eintretenden 
politischen  Bflckaichten  aofmerksam  an  machen.  Ehen  so  wenig  habe  ich 
an  untersuchen,  ob  es  nicht  ratbaam  aein  dürfte,  dieae  Frage  in  den  Yer« 
handinngen  mit  anderen  Hfifen  oder  mit  den  Teatamentaexecutoren  m^ 
liehet  au  umgehen.  Da  ich  aber  angefordert  hin,  E.  D.  meine  Ansichten 
aua  dem  juridiachen  Geaichtspunkte  Aber  den  ganxen  Saeceasionsbll  so 
eröflben,  ao  kann  ich  meines  Orts  in  gegenwirtiger  Aensaenuig  nicht 
nnterhusen,  mich  Uber  erwihnte  Frage  auaauapreehen,  indem  aie  aof  die 
Beurtheilung  der  Sache  den  wesentlichsten  Einflnea  hat. 

Napoleon  Bonaparte  war  ein  geborner  Franzose,  weil  anr  Zeit  aei- 
ner  Geburt  Gorsica  bereits  ein  fiestandtheil  von  Frankreich  war.  Er  war 
daher  von  Geburt  franadsischer  Unterthan,  oder  um  midi  des  jetst  mehr 
flblichen,  aber  doch  gleichbedeutenden  Auadruckes  zu  bedienen,  fransOei- 
sdier  Staatsbfii^r,  Citojen.  Dass  er  diese  Eigenschaft  in  dem  Angim- 
blicke  Teiloren  hat,  wo  er  sich  die  franaOeische  Kaiaerkrone  aufaetste, 
llflst  aidi  mn  deswillen  nicht  bezweifeln,  weil  Niemand  zugleich  SouTerftn 
und  Unterthan  deaaelben  Staates  sein  kann. 

Durch  die  Benundationsacte,  welche  Napoleon  Bonaparte  am 
11.  April  1814  zu  Fontainebleau  ausstellte,  und  durch  den  ersten  Artikel 
des  an  demselben  Tage  zu  Paris  geschlossenen  Tractats  hat  er  seine  Sou- 
▼er&netätsrechte  über  Frankreich  und  Italien  mit  ciii/i^irer  Ausnahme  der 
Insel  Elba  gänzlich  aufgegeben.  Elba  wurde  durch  den  dritten  Artikel 
erwähnten  Tractats  ein  abpr«  s.mdertes  FQrstenthum,  welches  er  lebeaS" 
länglich  mit  voller  Souveränetät  besitzen  sollte.  In  dem  neunten  Artikel 
verzichtete  er  überdies  auf  alles  Eigeutham,  was  er  in  Frankreich  als 
domaine  exti-aordinaire  oder  als  domainc  prive  besass. 

Nach  den  Grundsätzen  des  Natur-  und  Völkerrechts  ist  es  meines 
Erachtens  klar,  dass  Napoleon  Bonaparte,  der  früher  schon  aufgehört 
hatte,  frauzdeischer  Bdiger  zu  sein,  und  nun  die  Souverftnetit  Aber  Frank- 


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191 


mk  müSgßb,  dadnreb  für  Frankreich  ein  Fremder  wurde.  Br  trtt 
gagtn  Fiuüareieli  in  die  Yerhältniese,  in  welchen  jeder  uidere  enropftieche 
SooTofn  gegen  Fnnkreieh  sfeehi 

Dm  nianliehe  Besultat  ergiht  rieh,  wenn  man  die  Saobe  nach  dem 
Code  NapoMon  selbst  benrtheilen  will.  In  den  ft  17  dieses  Oesetdraehes 
httiHies: 

JLa  qnalite  de  Francs  se  perdra  1*  par  la  nataraiiaalion  acqaise 
en  ]»y8  etranger;  2**  par  l'acceptation  non  autoris^e  par  le  gonvornetneDt 
f.iDctions  pabliqaes  conferoos  par  nn  pnivi'rnf'nK'iit  »Hranger;  3**  par 
l  iilüliation  ä  toat^  corporation  (lui  oxigora  des  liistiiictiims  de  naissance; 
4'  eufin  par  tout  etabliBscmcut  faii  pays  etranger  saas 
esprit  de  retour.* 

Es  lässt  8ich  niüht  wideibtreitüii,  das»  Elbu  durch  den  Tiactat  vom 
11.  Aprü  für  Fi'ankreich  ein  fremdes  Land  geworden  ist,  und  dass 
ll^oteon  Bonap;u  u>,  indem  er  BouTerftn  dieser  von  ihm  selbst  an  seinem 
beitindigen  kttnUigen  Anftnthalt  gewählten  Insel  aof  Lebensieit  wnrde> 
ein  itabllBsement  en  psy s  ^Stranger  sans  esprit  de  retonr  erhielt.  Mitbin 
hat  «r  Bslbst  naob  den  Vorschriften  des  Code  Napolton  die  Eigenschaft 
eines  Fkanaosen  ▼ericm. 

Der  traetatwidiige  Versnch,  welchen  Napoleon  Bonaparte  im  Jahre 
1819  machte,  um  den  franaOsischen  Thron  neuerdings  zu  besteigen, 
kennte  ihm  die  veriome  Eigenschaft  eines  Franzosen  nicht  wiedergeben 
and  überhaupt  an  seinen  persönlichen  Rechtsverhältnissen  gegen  Frank- 
reich nichts  ändern.  Auch  hierüber  enthftlt  der  Code  Napoleon  eine  klare 
fiestimmang  im  §  18,  welcher  sagt: 

.Lf»  Franrais  qui  aura  jicrdu  sa  qualite  de  lM  aii(;ais  iKum  a  t^uijours 
la  tecvuvri'i  en  rentrant  en  France  avec  rautorisatiou  du  gouvt  riu  uient 
et  en  declarant  qu'ii  veut  s'y  fixer  et  qu'il  reuouce  a  touto  distinction 
oontraire  ä  la  loi  Fran9ai8e.' 

Im  §  20  wird  noch  hinzugefügt,  dass  Diejenigen,  welche  nach  dem 
9  18  das  Bürgerrecht  wieder  erkngen  wollen,  Toreist  die  dort  foige- 
sdiriebenen  Bedingungen  an  erÜUlen  und  sich  desselben  aasserdem  nicht 
n  erfrsnen  haben.  Je  offenbarer  es  ist,  dass  Napoleon  Bon^tarte  im 
Jehre  1815  ohne  Antorisation  der  französischen  Begioriing,  ja  sogar  sehr 
gegen  ihren  Willen,  nach  Frankreich  kam,  nnd  dass  er  hiebei  nicht  auf 
jede  dem  fransjisisehen  Qesetse  sawiderlavfende  Distinction  versiebtet, 
fieheehr  die  Begiernng  mt  stflraen  gesncht  hat,  um  so  weniger  kann  an- 
t;«aoiuinea  werden,  dass  er,  der,  wo  nicht  im  Jahre  1814,  doch  wenig- 
tteiu  im  Jslire  1816  nach  den  obm  allegirton  Gesetzstellen  aufgehört 
kitte,  Franaose  sn  sein,  es  durch  seine  £ackkehr  nach  Frankreich  im 


192 


Jahre  1815  uud  durch  seinen  liauialigen  kurzen  Aufenthalt  in  diesem 
Laudo  wieder  geworden  wäre. 

Dass  die  folffondon  Bogobeuheiuui,  wodurch  Napoleon  IJonapart*- 
Staatsgefaugi'iier  der  grossen  verbündeten  Mächte  ^uide,  ümi  das  fran- 
zösische Bürgerrecht  nicht  verschaffen  konnten,  versteht  sich  wohl  von 
selbst.  Heines  Wissens  hat  auch  die  königl.  französische  R4>giening  nie 
so  wkennen  gegeben,  dass  sie  ihn  als  französischen  Unterthan  betrachte, 
und  sie  faitle  4ie8M  nicht  tiran  kennen,  ohne  sich  mit  ihren  ubenerwfthn- 
Un  GMetiMi  m  Widerspruch  in  Mtxen. 

Unser  Zeitalter  kennt  einig«  Beispiele  von  fiegenten,  die  sicli  twar 
von  der  Segiemng  zurückgezogen,  aber  keinem  Staate  als  üntertliaiien 
unterworfen  haben.  Ohnemcbtei  Napoleon  Bonaparte  die  SonverSnettt 
Ton  Elba  nicht  freiwillig  aufgegeben  hat,  so  kam  er  doch  mit  ebeo' 
erwAhnten  Begenten  gewiaaermaseen  in  eine  fthnliche  Lage,  weil  er  aaeh 
anfhCrte,  Sonverftn  an  sein,  ohne  doch  auf  iigend  eine  Art  Unterthan 
eines  andern  SouTerftns  an  werden.  Aber  der  Umstand^  dass  er  im  eogli' 
sehen  Gebiete  lebte,  verpflichtete  ihn,  sieh  nach  den  englischen  Gesetien 
an  richten,  well  Jeder,  der  in  einem  fremden  Staate  lebt  (mit  Ansnahaie 
der  diplomatischen  Personen),  fttr  die  Daner  seines  Aufenthaltes  den 
Landesgesetzen  unterworfen  ist.  Von  der  juridischen  Seite  betmchtet, 
glaube  ich  demnach  meine  nnvorgreifliche  Meinung  dahin  devotest  aas- 
sprechen XU  sollen,  dass  Napoleon  Bonaparte  zur  Zeit  der  Errichtung 
seines  letzten  Willens  und  tur  Zeit  seines  Todes  kein  franzteiscber 
Unterthan  war,  mithin  weder  I.  H.  die  ¥na  Erzheizogin  Marie  Loniae 
als  Witwe  eines  Franzosen,  noch  der  HeiT  Herzog  von  Eeichstadt  als 
Franzose  betrsehtet  werden  können. 

Irre  ich  in  diesen  Yoranssetanngen  nicht,  so  glaube  ich  hieraus 
die  doppelte  Schlussfolge  ziehen  zu  dOrfen,  nftmlich: 

1.  Dass  die  Giltigfceit  der  letztwilligen  Anordnungen  Napoleon 
Bonaparte*s  und  die  Successionsrechte  seines  Herrn  Sohnes  nicht  nach 
franzAaiacben  Gesetzen  zu  beortheilen  sind,  und 

2.  dass  die  franzOsisdien  Gerichte  in  denen  die  Yerlassenscbaft  be- 
treffenden und  etwa  zur  gerichtlichen  Verhandlung  gelangenden  An- 
gelegenheiten der  Regel  nach,  und  wo  kein  besonderer  Grund  für  ihre 
Gerichtsbarkeit  eintritt,  nicht  als  conipetent  betrachtet  werden  können. 

Soviel  den  ersten  Punkt,  nämlich  die  Anwendbarkeit  der  franrösi- 
f^chrn  Gesetze,  betrifft,  su  scheint  mir  an  sich  klar,  dass,  nachdem  weder 
der  Testator,  noch  sein  natürlicher  Erbe  als  Franzosen  betrachtet  werden 
können,  nachdem  das  Testament  weder  in  Frankreich  errichtet,  noch 
deponirt  worden  ist,  nachdem  sich  der  Sterbefall  nicht  in  Frankreich 


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193 


er«%'net  hui,  nachdem  kuiue  zu  tier  MaiM»e  gebürigen  BeaUt&ten  in  Frank- 
rtidi  Uegen,  und  nftchdem  sich  Toa  der  Kasse  weiter  uicbts  als  eine  blos 
pvaOnUehe  Forderung  des  Erblassers  aa  das  Haadlnngsbans  Lafltte  in 
Amkreiefa  befindet,  kein  Grund  erUbrigpet,  ans  wetehem  bebanptet  wer- 
den kfinnte,  dass  die  6ilti(pkeit  des  Testaments  und  seiner  Codicillen  nnd 
des  Soccessionsrecht  des  natOriicben  Eiben  nach  den  Gesetsen  Frank- 
reidis  la  bwrtheilen  seien,  fttr  wehdiea  ErUasser»  Erben  nnd  Erbschaft 
gleich  fremd  sind.  Der  Umstand,  dass  Lafttte  dem  Verstorbenen  und  nun 
der  Nasse  eine  bedeutende  Summe  schuldet,  kann  an  dieser  rechtlichen 
Ansicht  nichts  ändern  und  hat  keinen  anderen  Erfolg,  als  dass  die  Kochte 
und  Verbindlichkeiten  zwischen  d^r  Masso  mifl  Lafittc  nach  franzrisischen 
<>fir>tzpn  bomf'Pson  werden  niüsst-n.  N'ie  ab*'r  kann  aus  dorn  Zufalle,  dass 
in  Fi  .;mdei  «jine  persönliche  l'oidtjrung  an  einoa  frau7/>sis<:hpn  llandcls- 
iiuiiin  l'fsitxt.  der  Schluss  gezogen  worden,  dass  (iic  Hi  stiniuiuugon  den 
irauzu&jöciK  ii  Oosotzes  auf  den  letzten  Willen  »Iii  ses  1  roindeu  und  auf 
die  Erbrechte  in  sein  ganze»  Vermögen  oder  auch  nur  iit  <la.s  i'iauzusischc 
Activum  anwendbar  seien. 

AndwB  wflrde  sich  die  Sache  verhalten,  wenn  Napcleon  Bonaparte 
W  seinem  Ableben  fiealitäten  in  Frankreich  besessen  hfttte,  welches  aber 
aieht  der  Fall  ist,  weil  er  seine  sämmtliehen  Domänen  bereite  durch  den 
Traetat  vem  11.  April  1814  der  üranaösiscben  Krone  abgetreten  hatte. 

Nach  meiner  geringen  Einsicht  lAsst  sich  nicht  wohl  etwas  Ande- 
res annehmen,  als  dass  blos  die  englischen,  auf  8t  Helena  eingeitthrten 
Oeseixe  auf  die  lotztwilligon  Anordnungen  Napoleon  Bonaparto's  und  die 
Brbrechte  in  seinen  Nachlass  anwendbar  seien,  weil  nicht  nur  die  letzt- 
liiligen  Anordnungen  in  Helena  errichtet  sind  und  jedes  Geschäft  nach 
dea  Gesetzen  des  Ortes,  wo  es  eingegangen  wurde,  zu  bcurtheilon  ist, 
•ondera  auch  Napobvm  H<»naparte  seihst,  wie  ich  oben  iH-mcrkto.  wäh- 
rend seines  Aufuuthaitcs  in  englischem  Gobieto  den  englischen  Gesetzen 
BUterstand. 

Aus  den  eben  anirefühi t.  a  «M  un.lon.  welch»»  na^-h  Tiu  incr  geringen 
Eiat>icht  beweisen,  da^s  auf  die  ganze  Sache  nicht  dlv  französischen,  son- 
dern nu*  die  eugliscbeu  Gesetze  anwendbar  sind,  ergibt  sich,  wie  mir 
edieint,  ebenso  richtig,  daes,  wofeme  gerichtliche  fintadieidungen  Über 
^  OUtigkeit  nnd  Wirksamkeit  der  letatwUligen  Duq>oeitionen  oder  ftber 
<Be  Saceeaaionsreehte  des  natflrlicben  Erben  nothwendig  werden  sollten, 
lieht  die  fransösisdien,  sondern  die  englischen  Tribonale  competente 
KchtffsMn  würden.  Nadi  der  allgemeinen  Bogel  dürfen  die  Jnrisdictions- 
^^nzeti  nicht  Ober  die  Landesgrensen  ansgeddint  werden,  und  es  kann 
^her  keiner  Gerichtsbehörde  anstehen,  sich  in  Erbschaftssachen  eines 
AkU*.  B4.  lixx.  I.  Hiin*.  13 


194 


ansflw  ümm  G«ricbtsBpreng«t  verstorbenen  and  in  demselben  nidit  as- 
ifissisen  Fremden  flkr  competent  za  erklären.  Duch  kOnnen  besondera 
ChUnde  ointreton,  wodurch  die  französischen  Tribunale  competont  wer- 
den, flbw  einzelne  auf  den  von  Napoleon  Bonaparte  hinterbliebenen  Nach- 
lass  bezugnehmende  Rechtssachen  zu  entscheiden.   Die  Forderung  der 
Masse  an  Lafitte  bat  borpit?  Anlass  zu  dnem  Prorosse  g'efrebc-n.  in  wpI- 
ch<'in  iliis  Tribunal  erster  Instanz  zu  i'uris  vollkouinu'ii  c-anpett  ut  war. 
weil  der  in  Paris  ilomicilirendo  Lafitt«  in  »liesnr  Sache  der  BeklatTt»^  tr«'- 
wesen  ist.  Es  wäre  ferner  möglich,  liass  Legatar»'  oder  andere  Giäulii^cer 
der  Masse,  um  für  ihre  Fordcruuguu  Sicherheit  udcr  eiü  Pfandrocht  zu 
»ulaiigöu,  auf  die  bei  Lahtte  liegenden  Summen  Beschlag  oder  Arrest 
nachsttchteu.  Dadnrcli  wflrde     Jnrisdietion  der  Piriier  Tdbnnnle  nbev^ 
mals  insoweit  gegründet  werden,  dass  sie  zu  erkennen  hfttten,  obderBe* 
schlag  oder  Arrest  zu  bewilligen  and  ob  die  Ansprache  besag:ter  Beelip 
manten,  insoweit  sie  die  bei  Lafitte  liegenden  Summen  nicht  flbertteqpen, 
liqnid  seien. 

Weiter»  altf  sich  die  Jurisdiction  der  fkamdsiscben  Tribunale  durch 
dergleichen  specielle  Titel  begrflnden  Hast,  steht  sie  ihnen  nach  meiner 

geringen  Einsicht  nicht  zu.  Nur  kann  ich  hier  nicht  unbemerkt  lassen, 
dass  der  Code  Napoleon  den  franzr^ischcn  Tribunalen  eine  viel  ansge- 
dehntero  .Turipdiction  einräumt.  Der  bekannte  §  14  dieses  Gesetzbuches 
sagt  nämlich:  .I/t'tranpor.  mönie  nun  residant  en  Francft.  pr,nrra  etre  cite 
devant  lea  trilninaux  Fram.Jiis  pour  l'ex^cution  des  obliiratinus  par  lui 
central  it  ^^s  Fianrt>  avfcc  un  Fran^ais;  il  pourra  6tre  traduit 
devaut  les  tribunaux  de  France  pour  les  nblie^ations  par  lui 
contractees  eu  pays  »'(trangor  ouver»  des  Frau(;ai.s.'  Durch  diese 
Verfügung  ist  die  allgemeine  Uechtsregel,  dass  der  Kläger  dem  Gerichts- 
stande des  BeUagten  zu  folgen  hat,  umgestossea  und  das  fiecht  aller 
souveränen  Staaten,  ihre  üntertiianen  nicht  vor  fremde  Gerichte  zi^en 
SU  lassen,  verletzi  Heines  ErmeBsens  kann  kerne  Begierung,  ohne  ihrsr 
Wflrde  zu  vergeben  und  das  Interesse  ihrer  Unterthanen  an  opfern,  be- 
sagte Disposition  als  giltig  anerkennen,  wie  sie  dann  selbst  zu  den  Zeiten 
der  fransOslsdien  Uebennacht,  wen^prtens  von  totsznidlisdm-  Seite,  nie 
anerkannt  worden  ist.  Wenn  sich  daher  auch  aus  dem  aUegirten  §  14  des 
Code  Napoleon  folgern  liesse,  dass  jeder  Franzose,  der  aus  irgend  einem 
Grunde  gegen  die  Masse  oder  Erben  Napoleon  Bonaparte's  eine  Klage 
aiihriugen  will,  sie  bei  irgend  einem  ihm  beliebigen  französischen  Ge- 
richte anbringen  kOnno:  so  trlnnbf  ich  doch,  dass  naxii  i  iclitif^fn  Kochts- 
gi'undsätzen  die  Jurisdiction  <]•  r  Iranzüsischen  Gerirht»'  sich  obcu  be- 
merkter Massen  auf  die  Falle  beschränken  müsse,  wo  ein  besonderer 


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195 


Titel  EU  ihnT  Bc*^n«itin^  vorharnfon  ist.  i..  W.  wtMin  ein  Fninzose  als 
Schuidner  üei*  Mass«  belaugt  oder  weun  auf  das  ia  Frauiu'eicti  betiudiiche 
Acumm  der  Masse  Arrest  gelegt  wird. 

Nach  diesen  blos  allgemeinen  juridischen  Bemerkungen,  welche 
mir  jedoch  dazu  nöthig  schienen,  um  einen  festen  Anhaltspunkt  boi  Bo- 
nrtheilnng  der  Sache  von  der  rechtlichen  Seite  zu  erhalton.  wondf»  ich 
mich  zur  Bf^antwortnng  der  mir  von  E.  D.  vorgelegten  Fr;ip-t'ii.  wovon  die 
erete  dahin  g»4it.  oh  es  rSthlich  sei,  dafss  T.  M.  die  Fnin  Eizlierzocrin 
Herzegin  v.m  Parmn  als  nhfrlphende  Gattin  und  S.  M.  der  Kaiser  als 
\''inmmd  des  Herrn  H'Tzogrf'  v««n  Kcii  hstadt  den  letztwilligen  Anordnun- 
gen Xapolei)n  Ronapartf's  ihff  Ht'istimmung  und  Bestätigung  ertheilen, 
wi*>  dif  Herren  Bertraml.  Montholon  und  Marcliand  in  dem  an  die  Frau 
Erzh*^rz'<£*^in  am  12.  Mai  1Ö22  gerichteten  Schreiben  ausdrücklich  auge- 
ancht  haben. 

Die  Testamentsexecutoren  haben  in  ihrem  Srhreibrn  v.nn  12.  Mai 
1^22  die  Fran  Ei-zhor70c:in  als  üherlobonde  Gemahlin  und  Vormünde- 
rin  ersucht:  ,de  vouloir  hien  duuner  son  approbation  et  sa  sanction  au.x 
T'"t!nn^'s  tf ««tamentaires  de  Filhistre  dcfunt'.  Nach  dem  Code  Napoleon 
ist  uur  dir  Mutter  Voiniüiidfiin.  Hieraus  erklärt  sirh.  wannn  die  Tosta- 
mentseiecutoren  sirh  nui  an  iif  Fr.m  Erzherzogin  weudoton,  ohne  den 
Dämlichen  Schritt  bei  S.  M    iciu  KaiM  r  zu  thun. 

Sie  konateii  von  ihr  nicht  eine  Erklärung  vorlangen,  ob  Höchsfe- 
di<'>'  ]tu'  namens  ihres  Herrn  Sohnes  die  Erbschaft  annehme,  weil  Napo- 
1^>Q  Bonaparte  denselben  nicht  zum  Erben  eingesetzt,  sondern  nnr  mit 
Legaten  bedacht  hat.  Sie  wollten,  wie  es  scheint,  nur  versichert  sein,  ob 
4ie  Frau  Erzherzogin  namens  ihres  Herrn  Sohnes  das  Testament  nicht 
anzugreifen  oder  in  welcher  Art  sie  dessen  firbsansprfiche  geltend  zn 
aiachea  gesonnen  sei. 

Aus  diesem  Grande  wählten  die  Executoren  den  unpassenden  Aos- 
Inwk:  ,de  donner  son  approbation  et  sa  sanction'. 

HioBu  kennen,  wie  S.  D.  mir  bereits  bemerUich  zu  machen  ge- 
nhten,  L  H.  die  Frau  Ersbenogin  Herzogin  von  Parma  sich  auf  keine 
Ali  bemfen  fthlen.  Es  sebeint  demnach  nnr  darauf  anzakommen,  ob 
■ad  in  welcher  Art  ?ei8ncht  werden  ktonte,  dem  Herrn  Herzoge  Ton 
Imbstadi  einen  Theil  der  ?&terlieben'  Yerlassensehaft  zn  verschaffen, 
o4w  ob  (welche«  E.  D.  zum  Gegenstände  der  zweiten  mir  vorgelegten 
ftage  gemacht  haben)  dem  lotensse  des  Herrn  Herzogs  von  Betchsladt 
aad  der  Fran  Snhefsogln  Herzogin  von  Parma  nicht  mehr  entapieohen 
«trde,  anf  die  Erbsdiaft  ganz  zn  verzichten. 

18» 


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196 


Hit'itei  entsteht  vorei^st  die  Fragf.  wio  hoch  sich  das  viai  Naj»«.le,.n 
Bonapat'te  hinterlassono  Vennogf^n  hohiuf*'?  Der  bekannte  Theil  deīel- 
ben  besteht  aus  dem  auf  St.  Helena  gbwetieüen  Mobiiiare  und  baarem 
Geld,  einigen  hie  und  da  deponiit»  !!  Gegenständen  und  der  hei  Lafitte 
dep<inirtf'n  Summe.  Ausserdem  will  nocli  das,  wa.s  der  Testator  in  seinem 
TeetaiiK'iit«'  als  S'  in  Eigenthnm  angesprochen  bat,  hinzugerechnet  wer- 
den, üauilich  ein©  Forderung  von  zwi-i  Millionen  Franken  an  di*-  Frau 
Erzherzogin  Herzogin  von  Parma  eine  gleich  groüise  Forderung  an  d.  n 
Herzog  von  Leuchtenherg  und  endlich  das  Domaine  prive  des  \'erstorbe- 
üen  in  Fraiikrüich  und  lUiiiäU.  Soviel  den  Anspruch  an  die  Frau  Erz- 
herzogin Herzogin  von  Parma  anlangt,  so  kann  ich  aus  den  mir  gnädigst 
mitgetbeilten  Actenstficken  nicht  mit  Oewissheii  entnehmen,  woher  die 
Höchstderselben  vor  ihrer  Abreise  aus  Frankreich  bezahlte  Sanune  von 
etwas  Aber  2,000.000  Franken  genommen  worden  ist.  Waren  es  Staats- 
geldcr,  80  liat  Napoleon  Bonaparte  nicht  das  mindeste  Hecht,  sie  als  einen 
Theil  seines  Vermögens  zu  betrachten  und  darftber  zn  diqioniren.  H^idi- 
stens  könnte  die  jetzige  firanzösisehe  Regiemng  sie  recUunirsn,  wogogn 
es  aber  der  Frau  Erzherzogin  Herzogin  von  Parma  nidit  sdiwer  sein 
dfirfte,  sich  zn  rertheidigen,  indem  sie  von  Frankreich  jedenfidls  den 
ihrem  hohen  Stande  gemässen  Unterhalt  bis  zur  Besitznahme  ihres  neuen 
Etablissements  ansprechen,  nnd  ftossersten  Fdls  mit  der  flberwiegenden 
Gegenforderung  für  die  ihr  jährlich  zugesagte,  aber  nie  bezahlte  Summe 
Ton  einer  Million  Franken  oompensuren'kann.  Wenn  hingegen  die  im 
AprQ  1814  der  Frau  Erzherzogin  Herzogin  von  Parma  bezahlten  zwei 
Millionen  Franken  ans  dem  PriTatTormögen  Napoleon  Bonaparte's  her- 
rührten  (was  mir  jedoch  sehr  unwalirscheinlich  dfinkt),  so  wird  die  Frau 
Erzherzogin  sich  ?on  dem  Bflckereatz  derselben  nicht  blos  durch  andere 
etwaige  Gegenforderungen,  sondern  auch  dadurch  losmachen  kftnnen, 
dass  ihr  Gemahl  verpflichtet  war,  die  ihr  nicht  ans  der  Staatscasse  zu- 
geflossenen Mittel  zum  Unterbalte  ihres  Hofstaates  nnd  zur  Bestreitung 
der  Reisekosten  zu  Terschalfen.  Jeden&Us  mnss  dieses  angeblich«  AetiTun 
der  Masse  als  sehr  zweifelhaft  angesehen  werden,  und  es  wfiide  d«tt  Inter- 
esse des  Herrn  Herzogs  vonBeichstadt  wohl  keineswegs  zusagen,  wonn  sol- 
ches fttr  die  Masse  hereingebracht  nnd  dadurdi  den  Legatarien  wenigstens 
zum  grossen  Theil  zugewendet,  zugleich  aber  dem  Yermögen  seiner  Frau 
Mutter  entzogen  wfirde.  Bei  der  bekannten  schlechten  Beschaffenh«Ml  der 
französischen  Tribunale  dürfte  es  jedoch  besonders  wünsdionswerth  sein, 
diesen  Gegenstand  nicht  zu  ihrer  Entscheidung  gelangen  zu  lassen,  und 
wenn  von  den  Tostamentsexecutoren  Miene  gemacht  werden  sollte,  die 
Sache  bei  einem  französischen  Tribunale  anzubringen,  so  wfirde  es  Tiel- 


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leicht  an  der  Zeit  sein.  d!>  oben  von  mir  j,'t'gen  die  Ooiujiott  nz  dtTscIbon 
angefahrten  Gründe  geltend  zu  tnacheu.  Es  versteht  sich  hicbci  von 
selbst,  dass,  wenn  iPii  Ttifitaiüuntiscxecutoren  die  Möglichkeit  beuoininon 
wird,  die  Frau  Ij/Im  1/  u'iii  H  rzog^n  v«>n  Parma  unter  ilciii  V'urwande, 
ia^  sie  die  Witw.  eines  Franzvisen  sei,  und  mit  Bf»ziehung  auf  den  ohen- 
erwähnten  §  14  des  Code  Napoleon  vor  fraazositfchü  Tribunale  7M  zit  h«ü, 
ihnen  keine  Wahl  übrig  bleibt,  als  entweder  den  Aufipruih  ganz  falltn 
tu  lassen  oder  die  Frau  Erzherzogin  als  Souveräam  von  Parma  vor  ihren 
eigenen  Oerichten  zu  behineen. 

Soviel  die  2,000. oou  Franken  betrifft,  welche  der  Herzog  von 
Leuchtenberg  der  Masse  oder  eigenÜich  mehreren  LegaLarien  zahlen  soll, 
eo  hängen  die  dessfallsigen  letztwilligen  Dispositionon  nicht  wohl  zusam- 
cif'D.  In  dem  Alsaiz  III  des  Testaments  erklärt  Napoleon  Bonaparte  sein 
D"maiue  prive  für  sein  ihm  durch  kein  Gesetz  tJiiUugenea  Eigenthum 
nnd  schätzt  es  auf  200  Millionen  Franken.  Er  rechnet  darunter  aus- 
dröcklich:  ,1*^  le  portefenille  contenant  les  ^conomies  faites  sur  ma  liste 
dviie:  2^  le  produit  de  ce  portefeuille;  3^  etc.  etc.;  4**  la  liquidation  de 
wm  maisons  du  royanme  d'Ittlie,  tete  qn*ai-gent,  ai^enterie,  bijoux. 
MQbles,  ^curiesS  und  diqionirt  fliMr  du  Qua»  djcses  I>(MBune  prive, 
mkm  er  die  Htifke  den  Soldaten  und  Offidezen  der  alten  franaOsiBchen 
Axmee  md  die  twdte  HUfte  den  Stuten  ttiid  BOffem  in  Eleaes,  Lotli- 
riogen  Q.  8.  w.  nwendet  Dennoch  wird  im  ftnfken  Codicill  nenerdings  Aber 
iw«  Millionen  ,Biir  la  liquidation  de  ma  liste  civile  dltalie  tele  qu'argent, 
bijaos,  argenterie,  linge^  menblee»  tenrie,  dont  le  viee-roi  itait  ddpositaire 
et  qni  m*appartiennent*,  ond  iwar  ÜBr  andere  Legatare  mit  dem  Beisatze 
tisponirt:  ,J*e8ptoe  qne  lans  s'antorieer  d'aneone  raison,  raon  Als  Eogtoe 
S^Uon  les  aeqnittera  fidttement.  II  ne  peut  oublier  les  40  miUions  qne 
!•  lui  ai  donnCs  seit  en  Italie  seit  par  le  partage  de  la  succesaion  de  sa 
nire.'  Man  kann  diese  sweifache  Disposition  nicht  wohl  anders  verstehen, 
ili  dsss  Ton  denen  im  dritten  Absatz  der  Armee  und  einigen  Städten  und 
Mrfern  ragedaehten  SOO  Millionen  ein  Betrsg  ?on  9  Millionen  Ar  die 
im  fiUiften  Cbdidll  benannten  Legalare  abgexogen  werden  solle,  ond  dass 
dir  Hsnog  ton  Lenehtenberg,  ohnerachtet  er  anljgebArt  hatte,  Depositär 
d«r  zur  italienischen  Civilliste  gehörigen  Gelder,  Aetiven  oder  wie  immer 
giarteten  Oegenstiade  in  sein,  doch  die  letitgedachten  2  Millionen  be- 
laUen  solle,  und  swar  nöthigenfUls  aas  eigenen  Mitteln,  weil  er  früher 
10  MnUonen  von  Napoleon  Bonaparte  erhalten  habe.  Der  Hersog  von 
iMdiUnbeig  bat  hie?on  Yeianlassnng  genommen,  in  einem  nnter  dem 
30.  MäR  T.  J.  an  S.  M.  den  Kaiser  gerichteten  Sehreflwn  am  Besahloag 
die  Guthabens  sn  bitten,  welches  er  ans  der  Ober  die  italienische  Civil- 


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liste  mit  den  k.  k,  ("oniun-^  n  n'ii  gcpUDgeneu  Abibclinunpr  zu  haben  be- 
hauptet, und  er  macht  die  Bezahlunf^  der  2  Millionen  i\n  die  im  fünften 
C!odicilI  i^enannten  liepataro  gewisserrnassen  von  der  Bezahlung  erwähn- 
ten Guthiil^eiis  abhängig.  Ob  die  TestiiinentKexecutoren  diese  Einwendung 
weiden  gelten  lassen,  oder  ob  sie  den  Herzo^r  von  Lenchtenberg  vitl- 
leicht  im  firerichtlichen  Wege  zur  Zahlung  zu  vernir»gon  suchen,  wo  sie 
ihn  belangen  werden  und  welchen  Ausgang  der  Trüccss  haben  wird, 
alles  Dieses  steht  norli  zu  erwarten.  Immer  aber  scheint  es  mir  nicht 
sehr  wahrscheinlich,  dass  die  von  dorn  Herzoge  von  Leuchtenberg  zu 
zahlenden  2  Millionen  f^inL^elnacht  w<-iden. 

Das  Domaiue  prive  endlich,  welches  Napoleon  Bonaparte  in  seinem 
Testamente  auf  200  Millionen  anschlägt  und  zu  seinem  disponiblen  Ver- 
mögen rechnet,  war  nach  meiner  innigsten  Ueberzeogung,  und  wie  flneh 
von  den  Testamenteeiecatoren  anerkannt  so  werdan  selmiBt»  anr  Zeil 
seines  Ablebens  nieht  melur  sein  Eigenttanm.  U<te  die  ftamteisdnB 
Domiaen  entacbeidet  schon  der  Traetat  vom  11.  April  1814  in  dem  obes 
ton  mir  angeftluten  9.  Artikel  wortdentlich  dahin,  daaa  das  Sigenfhun, 
welches  Napoleon  Bonaparte  in  Frankreicli  als  Domaine  eztraordiniire 
oder  ala  Domaine  priT^  besaaa,  der  ftunafeisehen  Krone  bleiben  solle. 

Von  den  Domfinen  nnd  Oberhaupt  Ton  drai  Eigenihiim,  welches 
Napoleon  in  Italien  ond  in  den  anter  seiner  Regiemng  mit  Frankreich 
?ereinigt  gewesenen,  aber  dnrch  den  Pariser  Frieden  wieder  davon  ge> 
trennten  Lftndem  besass,  wird  in  dem  besagten  Traetat  nicht  so  dentlieb 
wie  in  Ansehung  seines  Etgenthums  In  Frankreich  gesagt,  dass  es  aa 
die  Regierangen,  welchen  diese  Lftnder  anfallen  würden,  flbergehen  solle; 
und  gerade  hieraus  kannte  man  schltessen,  dass  Napoleon  Bonaparte  ver- 
möge des  Tractats  vom  11.  April  1814  sein  ausser  Frankrttch  be6nd- 
liebes  Sigenthom  behalten  habe.  Mehrere  Stellen  dieses  ^"radats  deuten 
jedoch  an,  dass  dieses  die  Absicht  der  Paciscenten  nicht  war. 

Dahin  gehört  die  Stelle  im  3.  Artikel,  wo  eine  jShrliche  Eente  von 
i  Millionen  ftr  Napoleon  Bonaparte  ausgeworfen  wird,  welches  nicht 
nOthig  gewesen  und  gewiss  nicht  geschehen  wäre,  wenn  man  die  Absicht 
gehabt  hfttte,  ihm  die  grossen  Besiltungen  su  lassen,  welche  er  sich 
fraher  zugeeignet  hatte. 

Im  6.  Artikel  wird  bestimmt,  dasa  in  den  Lftndem,  auf  welche  Napo- 
leon Bonaparte  verzichtete,  fttr  ihn  nnd  seine  Familie  von  den  Domftnen  so 
viel  ausgeschieden  werden  solle,  dass  mit  Hinzuschlagnng  von  Inscriptio- 
nen  auf  das  grossp  Buch  von  Frankreich  eine  reine  jfthrliche  Rente  roo 
2^2  Millionen  Franken  entstehe,  deren  Yei  theilung  unter  die  Glieder  der 
Familie  hiemächst  in  demselben  Artikel  mit  dem  Beisatze  geschieht,  dass 


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difselbon  ausserilom  alles  wie  iiniiier  freartetp  bewejäflichc  und  unbcw(^licho 
Ei2>:'nthtini.  was  sio  hcsasspn,  l>ehait«n  sollten.  Wonn  »las  Nämlichp  auch 
für  Napoleon  hfitto  gcltf-'U  s<t!l<>n.  was  für  die  Glieder  ^^eim  r  Familie  be- 
stimmt wurde,  t>0  hätte  er  hier  wohl  ebenso  wie  sie  f^enanrit  werden 
mü^^f•n  Da  man  aber  für  ihn  eine  Rente  auswarf,  ohne  ihm  nebenher 
>m  i.iTi^'e.s  Eie-enthiim  zu  reserviren,  fnr  seine  Anfrehf^ricren  aber  eine 
Kenu>  auswarf  und  ihnen  nebenbei  noch  ihr  Eigenthuiii  resei  virte.  so  ist 
es  mir  ganz  klar,  Jabö  die  nicht  7ji  der  ffir  die  Bonafiai  tisiiinUe  Familie 
bestimmten  Rente  anFgeschiedeueu  Domänen  auf  huren  i»uilten,  das  Eigen- 
tham  Napoleon  Bonaparte's  zq  sein.  Auch  haben  die  Regierungen,  an 
welche  iie  vorher  von  Napoleon  Bonaparto  regierten  Länder  gelangten, 
sich  uhne  Ausnahme  sein  dort  befindliche**  Eigenthiim  zugeeignet,  und 
es  igt  mir  nicht  bekannt,  dass  Napoleon  Buuaparte,  wäUiund  er  auf  der 
iiisel  Elba  war.  diipegen  reclamirt  hatte.  Wollte  man  aber  dennoch  an- 
nehmen, dass  der  Tractat  vom  11.  April  1814  dem  Napoleon  Bonaparte 
sein  Eigenthum,  insofern  es  sich  in  den  Ländern  ausser  dem  eigentlichen 
Ihuikreich  befand,  vorbehalten  habe,  so  bleibt  doch  der  allein  schon  ent- 
idieidende  Umstand  übrig,  dass  Napoleon  Bonaparte,  indem  er  durch  den 
im  Jalirs  1815  vefsuchteu  Einftll  in  Frankreich  hMapten  Tractat  brach» 
ädi  allo:  ihm  dordi  denselben  vorbehaltenen  Sechte  TStinstig  machte, 
und  diSB  dieaea  durch  die  sogleich  ton  den  TevMndeten  Hichten  erfolgte 
KrUSniog  «acb  9lfentlich  ausgesprochen  winde.  Hfttte  also  aneh  Napoleon 
BoMVarte,  während  er  zn  Elba  war,  noch  irgend  ein  Becht  auf  sein  frfihe- 
iM,  in  den  abgetretenen  LAndem  befindlich  gewesenes  Eigentbnm  ge- 
babt,  80  hat  er  es  doch  offenbar  Terloren,  and  es  ist  demnach  in  meinen 
Augen  unwidenprechlich,  dass  das  Domains  priT6,  worüber  er  disponiren 
wollte,  nicht  sn  seinem  Yennitgen  oder  jetzigen  Nachlass  gesAhlt  wer- 
dmifamn. 

Allem  diesem  zufolge  besteht  das  bekannte,  von  Napoleon  Bona- 
psrte  hinterlassene  TeimOgen  blos  in  dem  zu  8i  Helena  befindlich  ge- 
V4naen  Mobiiiare  und  baarem  Gelde,  einigen  bei  Privatpersonen  angeb- 
lidi  verwahrten  Gegenständen,  dem  bei  Lafltte  li«gBnden  Fonds  und  den 
Fordenugen  an  die  Frau  Erzherzogin,  Herzogin  von  Parma,  und  den 
Herzog  von  Lenchtenberg,  wovon  erstere  meines  Bedflnkens  nng^ündet 
niul  letztere  hfldist  zweifelhaft  ist.  Einige  andere,  in  den  letztwttligen 
Anordmmgen  erwähnte  Ansprache,  z.  B.  wogen  Diamanten  und  Wechsel, 
an  die  fransönsche  Begiemng  aind  zn  offenbar  ungegrfindet  und  unein- 
briaglieh,  als  daas  sie  eine  besondere  Würdigung  verdienten. 

Ich  ersehe  jedoch  ans  dem  Berichte  der  k.  k.  Botschaft  zn  London 
^  5.E^broar  1699,  dass  das  englische  Hinisterinm  vermnthet,  Napoleon 


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800 


Bonaparte  babe  den  bedeotendston  Theil  seines  YemOgene  nach  Amerika 
geecbicki.  Unstrei%  sind  die  engliaclien  Minister  von  jeher  in  der  Lag« 
gewesen,  liierflber  am  besten  Erkondigongen  einsniiehen.  Nach  mein« 
geringen  Einsicht  widerstreitet  dieser  Vermothong  nor  der  eiudge  Um- 
stand, dass  in  den  nnn  Ton  den  Testamentaexecntoren  hervoigegebenen 
Abschriften  der  letxtwilligen  Anordnungen  keine  Spur  hieron  Torkommt, 
und  es  dodi  kaum  glaublich  ist,  dass  Kapoleon  Bonaparte  Aber  den  grOas- 
ten  Theil  seines  Yermfigens  nichts  verftgt  haben  sollte.  Ich  erlaube  mir 
jedoch,  E.  D.  darauf  aufmerksam  cu  machen,  dass  die  Testamentsexecuto- 
ren swar  von  dem  Herrn  Baron  von  Vincent  anljB^ordert  worden  sind, 
die  leistwilligen  Dispositionen  vollständig  hervonugeben,  dass  sie  ab« 
bei  der  hierauf  erfolgten  TJebergabe  der  nun  vorliegenden  Abschriften 
sich  keineswegs  darüber  bestimmt  geAnssert  haben,  ob  nicht  noch  ander» 
letstwUlige  Anordnungen  vorhanden  sind.  Es  ist  daher  der  Fall  möglich, 
dass  noch  andere  Anordnungen  existiren,  in  wekhoi  Aber  die  amerikani- 
schen Fonds  disponirt  wird,  und  daas  diese  Anordnungen  sich  gar  nicht 
im  Besitze  der  drei  bekannten  Testamentsexecntoren,  sondern  vielleicht 
im  Besitse  dessen,  welchem  die  Fonds  anvertraut  sind,  befinden.  Schon 
das  zweite  Codicill  beweiset,  dass  das  erste  nur  verfasst  war,  um  die  eng^ 
Usche  Reg:iorung  zn  täu.schcn.  Haben  sich  die  Testamentsexecutoren  za 
dieser  Täusch ini!;r  gebrauchen  lassen,  so  glaube  ich  ihnen  nicht  Unrecht 
lu  thun,  indem  ich  sie  fähig  halte,  dass  sie  auch  mit  den  dem  Freiherm 
von  Vincent  mitgetheilten  Abschiiften  eine  zweite  Tauschung  unternom- 
men haben.  Molnes  un massgeblichen  Dafürhaltens  ist  demnach  der  Fall 
immer  noch  als  möglich  anzunehmen,  dass  die  Verlassenschaft  Napoleon 
Bonaparte's  viel  bedeutender  ist,  als  äie  bis  jetzt  an  sein  scheint,  und  ich 
wage  daher  meine  Ueberzeugung  dahin  auszusprechen,  dass  bei  den  jetzt 
zu  unternehmenden  Schritten  die  Möglichkeit  dieses  Falles  nicht  ausser 
Acht  zu  lassen  sein  dürfte. 

Könnten  die  testamentarischen  Dis^positionen  Napoleon  Bonaparte 's 
als  ungiltig  uuigi'stosson  werden,  so  würde  der  Herr  Herzog  von  Reich- 
städt als  natürlicher  Krl>i>  den  ganzen  NacMasä,  er  mag  bestehen,  worin 
er  will,  in  Anspruch  m-htnen. 

Ob  dies^es  müglich  sein  wiU'de,  vermag  ich  mit  Bestimmtheit  nicht 
zu  entscheiden. 

Ein  Testament  kann  futwoilci-  wcirt  n  .Mangels  au  ilen  zur  Giltiir- 
keit  orfordi  rliclu  n  gesetzlicheu  lurmlichkuituu  oder  wegen  seines  Inhalts 
angegrirtVu  werden. 

Wenn  die  Förmlichkeiten  der  von  Napulcou  Honaparte  verfasston 
letztwilligen  Anordnungen  nach  französischen  Gesetzen  zu  beurth«<ilen 


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201 


wären,  so  würde  sich  kaum  etwas  .ia^egen  oinwenden  lassen,  weil  sie 
durchaus  ei^nhandig  ge-  unil  uutürüchrit'ben  sein  sollen  und  von  drei 
Zeugen  gefertigt  siiul.  Nur  iKji  denen  Anordnungen,  dm-ch  welche  gerade 
difsen  Zeugen  Vcrmfirhtnisse  zugewendet  sind,  üeisiseu  f^icb  vielleicht 
einige,  wiewohl  nicht  ganz  gegriiinlHto  Einwendungen  machon.  Iiuiosscn 
«inj  diese  Anordniingou,  wie  ich  «ibfii  gezoigt  zu  haiii-n  glauho,  nicht 
nach  französischen,  isuudi'rn  nach  dcu  engliischen,  mir  ganz  imbekaiiuteü 
Gesetzen  zu  beurtheilen.  Vermuthlich  wird  aber  auch  nach  englischen 
Gwetzen  das  von  einem  Gefangenen  verfasste  Testament  weniger  Fönu- 
hclkkeiten  erfordern  und  giltig  sein,  sobald  es  von  dem  Testator  eigen- 
Uodig  ge-  und  unterschrieben  ist.  Mit  Bestimmtheit  könnte  sich  hier« 
tbN*  jmr  ein  englischer  Bechtsgelehrter  aussprechen. 

Soviel  den  Inhalt  der  AnordnmigeiL  betriflt»  m  iat  nach  fnniAai- 
adien,  sowie  nach  englischen  nnd  andern  Gesetsen  so  viel  klar,  dass  die- 
jenigen Dispositionen,  wodnich  Uber  fremdes  Eigenthnm  diaponirt  wird, 
wirinugsloB  sind.  Ubin  kann  nicht  einmal,  wie  solches  nach  römischem 
Beebte  gewissennassen  der  Fall  wire,  behaupten,  dass  der  Brbe  ver- 
pflichtet sei,  dem  Legatar  die  legirte  fremde  Sache  zn  verschaffen,  weil 
in  ton  ganaen  letzten  Willen  kein  Erbe  eingesetzt  ist.  Wenn  aber  andi 
alle  Dispositionen,  wodurch  Napoleon  Bonaparte  Uber  Oegenst&nde,  die 
ihm  nicht  gehörten,  verfttgt  hat,  als  nicht  geschrieben  betrachtet  werden, 
M  entsteht  hieraus  doch  noch  kein  Yortheil  Ittr  dessen  Herrn  Sohn,  weil 
itüik  doch  die  librigen  Dispositionen,  wodurch  Napoleon  Bonaparta  Aber 
hIa  eigenthfimliches  TermOgen  verfügte,  bei  Kraft  bleiben. 

Wichtiger  wftre  die  Einwendung  gegen  den  Inhalt  des  Testaments, 
dMs  Napoleon  Bonaparte  seinen  einzigen  Sohn  darin  weder  zum  Erben 
eiagaeetat,  noch  ex  jusia  causa  enterbt  hat.  Nach  römischen  Gesetzen 
lird  dadurch  das  Testament  nichtig.  Das  französische  gibt  dem  Sohne 
nur  das  Becht,  seinen  Fflichttheil,  nftmlich  die  HftlUe  des  reinen  Nach- 
hnes,  zu  begehren,  welcher  den  ftbrigen,  von  dem  Testator  bedachten 
Pwaonen  pro  rata  abgezogen  wird.  Was  die  englischen  Gesetze  hier- 
wigett  verfügen,  ist  mir  unbekannt.  Sollten  sie  aber  auch  dem  natflr- 
lichea  Erben  eben  die  Bedite  geben,  wie  die  französischen,  so  sind  doch 
aich  meiner  geringen  Einsicht  aberwiegende  Grflnde  vorhanden,  die  vor- 
liegenden teslamentariflehen  Anordnungen  in  Ansehung  des  jetzt  bekann- 
ten Theiles  der  Yerlassenschaft  nicht  anzufechten.  B.  D.  haben  dieselben 
bereitii  in  dem  unter  dem  9.  Jänner  1.  J.  an  mich  erlassenen  Bescript  auf- 
G*(^Uirt,  und  ich  glaube  nur  noch  folgende  Bemerkungen  beifügen  zu  Bollen: 

a)  Da  sämmtliche  b  tztwilligon  Dispositionen,  wie  sie  gegenwärtig 
vorlivgen,  hauptsächlich  darauf  berechnet  sind,  der  Welt  einen  Beweis 


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202 


vuu  dar  Grossmulli  uüd  Daukhaikoit  zu  g■ob^n,  womit  Xa|*ulöüii  Bona- 
parte  sich  seiner  treuen  Diener  nodi  bei  s.  iu  in  Lcbonsende  erinnerte, 
so  würde  ein  Process,  wodurch  diesen  Leuten  ein  Theil  ihrer  Belohmm- 
gen  entzogen  werden  wollte,  zu  manchem  schiefen  Urtheile  Anlass  geben 
und  Erinneraiigeii  wecken,  die  vielleicht  besser  unberührt  gelassen 

b)  Ein  Boleber  Proeess  wttrde  ntNidier  mit  grossen  Unannshm- 
lichksiten  Tsrknüpft  sein,  indsm  «r,  wenigstens  nacli  msinsr  geringen 
Einsicht,  nicht  Tor  dis  frsniösisehsn  Gsriebte  gebracht  wwdMi  dtlilte. 
Immer  wflrden  die  Testamentsexecutoien,  welidie  zugleich  als  Legatarien 
ein  sehr  bedeutendes  eigenes  Interesse  haben,  Alles  aufbieten,  nm  die 
Sache  for  die  ftaniOsisehen  Tribunale  an  liehen  und  insbesondere  die 
Firau  Enherzogin,  Henogin  von  Parma,  wegen  der  Foidemng  von  iwei 
Millionen  Franken  in  Frankreich  au  belangen.  Man  würde  sieh  dadurch 
in  die  nnugenehme  Nothwendigkeit  Terwickelt  sehen,  die  oben  berühr- 
ten, warn  Theil  sehr  delikaten  Fragen  Uber  Ka|M>leon  Bonaparte*s  persAn* 
liehe  VerhAltnisse  öffentlich  vor  Gericht  zu  discntiren. 

e)  Httebst  wahrscheinlicher  Weise  oder  beinahe  gewiss  wtirde  der 
Yortheil,  den  der  Herr  Herzog  von  Reichstädt  dagegen  reichen  dOrfle, 
sehr  unbedeutend  sein. 

Ich  will  nicht  erwfthnen,  dass  die  Testameatsexecntoren  kein  Mittel, 
A&nn  sie  sehr  yiele  haben,  unversucht  lassen  wflrden,  diesen  Vortheü  zu 
schmilem  und  die  Execution  zu  vereiteln.  Jedenfalls  wflrde  der  Werth 
der  dem  Henm  Hersog  von  Reichstädt  legirten  Objecto,  und  zwar  in  kei- 
nem geringeren  Anschlage,  in  seinen  Pflichttheil  eingerechnet  werden. 
Mithin  wflrde  der  Gewinn  aus  dem  Processe  nur  in  dem  bestehen,  was  er 
ausserdem  noch  bekftme.  Mehrere  Legate  scheinen  wirklich  remunerato- 
risch  und  von  der  Art  zu  sein,  dass  sie  die  Natur  von  Erbsdiaftsscbulden 
annehmen,  üeberdies  sind  noch  andere  Lasten,  z.  B.  Fnneralien,  Lied- 
lohn  aus  der  Ibsse  zu  bestreiten.  Endlieh  ist  mir  auch  nicht  unwahr* 
scheinlich,  dass  Napoleon  Bonaparte,  besondere  während  seines  letzten 
Aufenthalts  in  Frankreich,  mehrere  persönliche  Verbimllichkeiten  einge- 
gangen haben  dürfte,  und  dass  also,  wenn  der  Theilung  seines  Nachlasses 
einige  Oelfcntlichkeit  gegeben  wird,  sich  noch  mehrere  Gläubiger  finden 
durften,  welche  den  etwaigen  Erbtheii  des  Herrn  Herzogs  von  Reichstädt 
in  Anspruch  nähmen. 

Allem  diesem  zufolge  glaube  ich  nach  meiner  geringen  Einsicht 
die  mir  von  £.  D.  vorgelegte  erste  und  zweite  Frage  dahin  devotest  be- 
antworten zu  sollen,  diiss  es  auf  keine  Art  rathsam  oder  von  erwünsch- 
tem Erfolg  sein  w&rde,  namens  des  Herrn  Herzogs  von  Reichstadt  von 


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SOS 

dem  jetzt  bekannten  Nachlasso  Napoleon  Bonapai-to^s  melir  als  die  ihm 
ohaebin  zugotlachten  Legate  in  Ansprnch  zq  nehmen. 

lieber  die  dritte*  Fragp:  ob  dio  vnn  Napoleon  Bonapart©  dem  HctTn 
Hf^rzoiro  von  Keichst^idt  zug'edachtcn  Lc^'ato  anzunohrnon  srion"''  rrlnubo 
i'.h  ledicrlich  den  von  K.  I).  bereits  für  die  bejahende  Boantwortunf^ 
»Dg«ftibrten,  vollkommen  überzeogenden  Motiven  devotest  beisüounen 
n  sollen. 

Die  vierte  mir  von  K.  I),  v«>rg<?l«f?te  Fraise  betrifft  die  in  dein  dritten 
Abi^txe  des  Testaments  sub  4"  vorkunimende  Steile,  in  welcher  Napoleon 
Bonaparte  unter  das  der  französischen  Armee  und  nu'hvprfn  Städten  und 
D<)rfern  zugedachte  Leir.it  seines  Duuiaine  privt'  am-h  die  Litiuidatinn  de 
8<8  maisons  du  icvaume  d'Italif  setzt  ]ch  habe  b«ruit«  oben  die  (! runde 
>n?«föhrt.  aus  wtdchen  nach  meiner  ViiUnten  Uebeneugnog  Alles,  was 
N^pultou  Bonapartf  iils  Douiaiue  jirive  in  Italien  besas»,  schon  vermöge 
de«  Tractats  vom  11.  April  1814  aufgehört  hat,  sein  Kigenthum  zu  sein 
Uüd  in  das  Eicrenthum  dor  österreichischen  Regieruntr  und  ri>spective  der 
übrig«»n  Ket,'iernngen,  an  welche  die  vormaligen  Uesit/untren  Napoleuu 
B«>napartt  's  in  Italien  gelangten,  Ühergeiraugen  ist,  und  ioh  habe  über- 
dies bemerkt,  dass,  wenn  hieran  am  h  wirklich  nucli  «in  Zweifel  möglich 
wäre,  doch  soviel  gewiss  sei,  dass  Napoleon  liuuaparte  durch  den  Bruch 
dfs  Tractats  vom  11.  April  1811  und  vermöge  der  hierauf  erfolgten 
Öffentlichen  hlrklaning  der  verbündeten  Mächte  alle  ihm  durch  den  er- 
»ilinten  Ti-actat  vorbehaltenen  Jfechte  verloren  hat.  Ich  erlaube  mir  daher 
«fcvötest,  mich  in  dieser  Rücksicht  auf  das  oben  (iosagto  za  beziehen, 
voraus  sich,  wie  ich  mir  schmeichle,  flberzeagend  ergibt,  da88  8.k.k.Ua> 
jestäi  sich  mit  voller  Berahigung  als  den  recktmbHUgen  nnd  von  jedem 
gi^iQndeten  Anspineli  gemelierten  Besitier  des  A.  H.  denenselben  zuge- 
fiUentn  Theiln  von  dem  Eigenthum,  welches  Napoleon  Bonsparte  eho- 
nals  in  Italien  bosass,  betraehten  kann. 

E.  D.  haben  gemht,  mir  die  Entwürfe  tweier  Erkttmngen  mitsn- 
tbeilen,  von  welchen  nnnmehr  eine  von  der  Fran  ^berzogin,  Herzogin 
m  Pama,  nnd  die  andere  von  S.  k.  k.  Majestät  in  Bezng  auf  den  ganzen 
NaeUasB  anaanstellen  wftre. 

Der  Zweck  dieser  Erkllningen  ist,  durch  die  Versichtleistnng  auf 
<iea  Erbtfaeil,  welcher  Ar  den  Hsnog  von  Reichstädt  angesprochen  wer- 
ben k<)nnte,  ans  allen  den  Unannehmlichkeiten  su  scheiden,  welche  mit 
Rvichtlicher  Verfolgnng  besagten  Anspruchs  verbanden  wftren,  sogleich 
sber  die  Fran  Enhersogin,  Herscgin  von  Parma,  gegen  die  PrÜensionen 
a  sichern,  welch«  tbells  von  dem  Erblasser,  tbeils  von  den  Testaments- 
eneotdren  an  HOchstdieselh«  gemacht  worden  sind. 


204 


Ich  muss  lediglich  dem  hohen  Kruiessca  E.  D.  devot«st  anheim- 
btelleii,  ob  dict^O:  Pliklärungcn  nicht  nach  den  oben  von  mir  aufgestellten 
iinziolsetzlichen  Ansichten  in  der  Beziehung  oinigermassen  modifizirt 
werden  .iüilt*  n,  dass  darin  nicht  die  Anwendbarkeit  der  französischen 
Gesetze  und  die  Competenz  der  französischen  Gerichte  ausdrücklich  an- 
erkannt uuil  auch  nicht  unbestimmt  auf  die  ganze  Verlassenschaft,  son- 
dern nur  auf  den  disponiblen  Tbeil  derselben,  welcher  gegenwärtig  be- 
kannt ist,  verzichtet  würde. 

Geruhen  —  —      —  —  —     —      —  — — . 

xxxn. 

Baron  Vinoent  an  den  Ffinten  Metternich. 

Paria,  ee  26  mAi  1883. 

Mon  Prince! 

J*ai  rhonneur  ä%  traDsmetkre  i  V.  A.  Pori|ruial  d^ane  lettre  qii« 
m*a  adresB^  Mr.  le  Tieoiiite  de  Ghateanbriand  tonchant  le  teetament  dt 
Bonaparte,  aiasi  qa*iine  cqtie  de  la  i^nse  qae  j*j  ai  fute.  Je  veua  prie, 
mon  prince,  de  Tooloir  bien  me  fiure  eonnaltre  tob  intentions  &  eet  jgard. 

Je  joins  ^^ement  nne  lettre  qne  m*a  adieae^  depnie  Kr.  de  Ber- 
trand et  per  laqnelle  il  me  eommimiqoe  la  ddelatation  qn*il  a  flute  et 
deposte  chea  an  notaire  d*ici,  moyennant  laqnelle  il  lenonoe  ä  tont  ae- 
croiseement  de  lege  qni  ponrrait  risnlter  en  sa  fkvenr  de  la  ancceeaba 
de  8^-H61tee. 

Kr.  de  Hontholon  ayant  de  eon  o6t6  6mi  k  Mr.  le  Chevalier  Kaidier, 
ce  dernier  a  bien  ▼onln  me  laisser  prendre  copie  de  sa  lettre  qne  V.  A. 
trouvera  ct-annei^.  J*attendrai  aur  Tensemble  de  oes  Communications  1« 
directions  qn'Elle  voudra  bien  m'adreflser. 

Agrto  

Bt'iia^<'n: 
Chateaubriand  an  Baron  Vincent, 

Paria,  le  20  mal  IMS. 

Ifonaienr  le  baront 

L'affaire  du  teatament  de  Bonaparte  etant  arrangee  cntro  les  divere 
legataires,  je  vous  seraia  infininv  nt  oblig^  d'^crire  ä  Mr.  le  prince  de 
Metternich  afiu  qu'ü  renonce  seion  rintention  de  la  maison  d* Antrieb«, 


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205 


m  soDunes  depos^es  dang  la  soccesBbn  de  Bonsparto,  8oiiiiii«b  indi- 
qi^  daiu  lA  tastameni.  La  raionebitioa  doit  Atra  UaU  »atre  Im  miiiu 
du  gonTttraemeiii  Fnaftis  par  rinterrtntion  du  ninistte«  dM  afEureB 

nionnmir  —  

Baron  Vincent  an  Chateaubriand. 

Parifl,  ee  10  mgi  ISIS. 

llonsieiir  le  Tioomte! 

.Tt»  viens  recovoir  la  lettre,  en  date  dp  c<»  jour,  que  V.  £.  m'a  fiait 
rhoaneur  de  m'e<  rir*'  au  siij>t  du  testament  de  Bonaparte. 

Jt)  m'tiinpresserai  de  fairo  part  ä  Mr.  ie  prince  de  Metternich  de  la 
lettre  de  V.  E. 

J'ai  rhoniieur  —  —  —  

Cfraf  Bertrand  an  Baron  Vineeni. 

Paris,  lo  22  mal  1823. 

Montievr  le  baronl 

Je  pense  qve  lom  recevrw  bientdt,  si  toiis  ne  r»Tei  rwja  mie  ex- 
peditkm  de  la  sentenoe  arMtnle  dn  aetsikie  jovr  d«  ee  mois,  sur  la  suc- 
CNsion  de  S^-H^l^ne. 

Voici  les  motifs  d'une  deolaration  dont  je  prends  ta  libeit^  d*eii' 
TOfw  copic  ü  V.  E. 

Dans  mon  opinion,  si  le  tostateur  avait  voulu  affecter  Ic  payement 
j.-s  ]^>,rK  du  coilicillp  sur  uü  fonds  special,  il  Taurait  dit  ('laiiHrnent, 
^insi  qu  il  l'a  dit  dauB  les  2",  5'  et  fi*  podicillt-s.  Mais,  j'ai  la  wnviction 
qu'il  a  «jxprime  l'opinion  C4>ntmire:  et  lors  }wm('  (lUf  le  chiffre  sur  lequel 
Olk  a  ele?e  des  doutos  existerait  dans  l'oi  iiriiiai.  lel  quVn  le  voit  «lans  les 
c^ie«  tignrees,  euvojees  de  Londres,  cette  circonstance  ne  »utVirait  pat«, 
i  Boa  avlH,  pour  älterer  le  aene  de  eette  digpoaition.  Siifln  I«  teataienr 
•'ejuit  fiut  l'honnenr  de  ne  diie  k  moi-mdme,  qae  la  eomme  de 
&iS00.OOO  francs,  däpoB^s  par  lai  en  1816  et  lea  inMrdtB  de  cette  Bomme 
(■kid^  h  etnq  poar  oent,  deiaieiit  anfSref  dMaction  füte  des  depenaea 
Vi'il  avait  ordonndea  et  qn^il  lieaintala,  poar  oonTrir  la  totalitö  de  aea 
Itgi  qai  a*dlevait  k  6  milliona  et  qndqnea  cent  mille  fianca,  j'ai  cm  de- 
^  i  le»  denii^ree  TOlontda  cette  marqne  de  mon  reapect.  Je  anta  loin 


de  enündre  les  dons  de  la  mnnifloenoe  des  potentator  «t  ma  lettie  Ii  Tin- 
piratrioe  Marie  Louise  votie  en  eerait  an  besoin  nne  j^nve,  Mr.  bat  -n. 
Maig  je  (aroia  ne  deToir  pa«  aooepter  de  quelques-nna  de  mes  co-log^taires 
des  dona  anx  d^pens  de  quelques  nnt  re?«;  c'etit  ce  qai  m'a  d^termin^  a  re- 
mefctre  nne  declaration  precise  chez  le  notaire  depositaire  de  1a  scutence. 

L'accueil  aimahlo  quo  j'ai  recn  äv  vom.  Mr.  le  baron,  me  fait  esperer 
que  vous  aq-greiTcz  faviiralilcmcnt  <•••  iHnivel  onvoi  et  qac  v.ms  vou'irei 
bleu  saiötr  l'occasiuu,  si  eile  se  preseute,  de  solliciter  une  decisiuu  un  pea 
prompte. 

J'ai  rhoaneur  —  —  — 

2)4claration  faxte  ä  l'oi  rnslnn  de  la  senteyirr  arhiiraLe  relative 
ä  la  succession  de  8'*-Heiene. 

Aprds  aToir  prie  lednre  de  la  sentence  arbitrale  du  aflite  de  oe 
moia,  je  dMare  que  je  renonce  k  tont  aocroiseenieiit  de  lege  qui  ponnatt 
rfoolter  en  ma  fikveur: 

Premi^rement,  de  raitiele  trois  qui  exclut  les  legatairee  du  8*  codi- 
ciUe  de  la  partidpation  aux  fonds  on  depOt  cboz  Mr.  Lafitte. 

Secondemea^  ^Tarticle  q  i  ttrf  qui  cousiicTo  comnie  r^manen^one 
pt  par  consoquent  commo  payables  Jane  lour  integralite  iee  lega  asaign^ 
aiu  persQunes  qui  ont  partage  la  captivite  de  Lougwood. 

Paria,  ce  20  mai  1823. 

Le  comte  Bertrand. 

Copie  d'une  lettre  de  Mr.  de  Montkolon  ä  Mr.  le  Chevalier 

de  Karcher, 

Paria,  ce  16  mai  182S. 

Le  jugement  arbitral  a  d^dd  de  tontee  les  questiona  lelatbes  an 
tesianient  et  eodicilles,  en  ^lagaant  tontes  oelles  qui  ponvaient  se  ratfcadier 
direetment  on  indinetenient  ji  la  poUtiqne.  Une  renonciation  pnie  et 
simple  k  la  possession  des  fonds,  d^ndaat  de  la  snocession,  et  entro  les 
mains  de  Mr.  Laßtto  terminerait  tont.  E  anlflnA  dono  qne  Hr.  de  Yineent 
^ivlt  ä  Mr.  de  Chateaubriand  dans  ce  sens. 

Le  Code  Fran^ais  i-eservant  impMeusement  daus  tout«  succession  la 
part  de  rböritifir,  qui  est  de  moitie,  quand  le  tostateur  no  laissn  qu'un 
üb.  les  aibitrcs  n'mit  point  ordonnc  le  partafj^e  dt;  fftttp  pari  reservöe.  La 
part  disponibln  Iis  cii  ont  ordoniu'  h  partage  au  luarc  lo  franc,  conforra^- 
ment  ä  la  loi  et  saus  avoir  egard  aux  droits  que  pourraient  avoir  ä  ^tre 


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207 


«k  toute  TAendne  de  ce  droit  qne  noiis  mUhüm  ^  nne  prMSranee  snr  lea 
antTM  Idgatoirea  ite  ae  aont  sapposte  mTfisÜB  d«a  ponvoin  d«  Thdritiar  et 
mt  dit:  ,qiw  aiaiiinoüis  pTenaiit  «n  oon>id4r«tiO]i  les  motifs  de  la  rdelar' 
mtioB  hievte  par  le  plus  gnuid  noin1)re  d«e  l^tuns  de  S**-Hil^ne,  et 
ee  ponr  le  sev]  cae  oü  la  mmiificeiice  de  l*b<ritier  le  porterait  k  djbüaaer 
aox  ligataires,  sa  poitioQ  heruditaire,  pour  raccomplissenient  de»  iutcn- 
tiona  du  teetateor  et  Tacquittement  do  ses  obligations,  la  distribotion  de 
Is  dite  portion  hereditaire  sera  fute  de  mani^re  k  oompläter  le  payement 
mUgnl  dee  legs  de  S^-H^ltoe. 

XXXUI. 

Baron  YinoMit  ma  dm.  Ffixatan  Metteraloli. 

Peiii,  le  18  jnUlek  18S3. 

Kon  prinee! 

Les  exvcuteurs  testaiaeutaires  de  Napoleou  Bonaparte,  inform^s  que 
M**  la  marfohale  BeasiireB,  duolieeee  dlstrie,  a  fait  pairenir  directenent 
i  Tienne  un  mdmoiie  relatif  aa  legs  qai  Ini  revient  de  ta  soceeesioii  de 
Beoaparte,  m*oiit  fait  parvenir  la  cenanltation  ci-annex^,  aiasi  qn'ane 
eopie  du  ji^raieiit  arbitral  proiioiie^  aur  le  partage  k  £üre  entre  les  liga- 
tm  de  Kapolöon  Bonaparte,  avec  inTitation  de  les  faire  dgalement  par^ 
nnir  rone  et  Tadtre  k  ma  Court  afln  de  Lni  foumir  toi»  les  documents 
tfeettuies  dana  l'affaire  de  cette  soccession. 

Elle  TOQdra  bien  Se  rappeler  k  cette  oceaaion  la  lettre  qne  m*% 
xlrras^  Bur  cet  objet  Hr.  le  Tieomte  de  Chateaubriand,  et  qae  yai  en 
llwiukeiir  de  Lni  transiiiettre  dana  le  temps. 

J'ai  en  cons^qnence  Tbonnenr  de  Lui  adreeser  loa  denx  piices  sos- 
indiqa<es  que  V.  A.  tronvera  jointea  sous  ce  pli. 

Becem  —  — 

EKtraits  du  jugement  arbitral  porte  k  Paria  le  16  Mai  1823  par 
I«s  arbitres  et  amiables  compositours  nomnies  par  )e  compromia  fait  entre 
Ugataires  de  Napol^n  Bonaparte  Ic  26  avril  1822. 

Passages  de  ce  jugement  arbitral  dcsquels  la  connaissance  interesse 
pins  particnlikrement  la  tuteile  de  S.  A.  S.  le  doc  de  fieicbatadt: 

L'aetif  et  le  passif  de  la  successlon  ayaut  m  reeonnus  eomme  el- 
^oni,  neu  avona  paaa^  k  la  soiation  dea  qneationa  auivaatea: 


^08 


Premiere  qnestion.  Les  droits  de  I1i64ti«r  dA  Napol^n  Bona- 
parte  doiTent-ils  iton  liwnit  «t  Im  l^Uures  ne  pwTent-ils  eiweer 
leun  droits  qne  sor  la  portion  disponible? 

Bn  ce  qni  tonche  la  premiöre  qnestion,  attendn  qn'anx  tennes  de 
rartide  nenf  eeni  treize  du  code  citII,  le  testatenr  qni  a  laiss^  qh  eafiftt 
legitime  k  son  diScis  ne  pent  donner  qne  la  moiti^  de  ses  biena,  d^daction 
et  pr^töTement  Mts  de  ses  dettes;  que  dans  i^esp^  le  testatenr  a  laiiee 
un  enflint  Intime,  d*oik  il  suitf  qa'il  ii*a  pu  donner  qne  la  moiti^  de 
ses  biens. 

Deuxiöme  qnestion.  Les  sept  cent  mille  francs  proTenant  des 
frnits  prodnits  por  hs  fonds  d^pos^  ohez  1fr.  Lsfitte  doiTent-üs  ttre  di»- 

traits  «lo  la  masso  de  Tactif  d«"  l:i  ^luxe^Hton  et  Tenir  en  accroisseneot  de 
la  portion  disponible  en  favear  des  legataires? 

En  cc  qui  biucho  la  duuxiöme  qaestion,  attendn  qu'U  est  constant 
([ircn  droit  et  par  la  uuiurc  du  contrat  inUuvcnu  ontre  le  tesUteur 
Mr.  Lafitte,  oclui-ci  n(«  dovait  auciin  intürüt  pour  la  iiomnic  de  trois  mil- 
liojis  deux  cont  qtiarante  huit  millo  cinq  cents  francs  existant  entre  ses 
mains;  que  neaniiinius  il  :i  d(H-lan'  qne  si  cfts  fnrnls  ont  («tö  «.luvont  ini- 
productifs,  il  en  a  quelquefoib  einploye  dans  ses  alT:ur<  s  et  qu  il  i  Miijiient 
dans  la  seul<^  viio  de  favoriser  Ics  lo^atairos,  ayant  des.  dunUi  bin  lo  ca- 
pital,  ä  les  faire  piuticiiuM-  ;i  titre  particulior  et  en  remplacement  tl  ijiU»- 
röts,  aux  fruit«  j>roduiti>  pai  Its  diU  fonds,  Icsquols  il  a  arbitro  a  la 
soniuie  de  sept  cent  mille  francs,  quVn  cons^queuce  la.dite  sommc  est  la 
propricte  privee  des  legataires  ^  n  .t|ipcii  ticut  point  i  la  masse  de  la 
snccession. 

•  Qnatriime  qnestion.  Ceni  des  legataires  de  S^'-H^line  qni 

clament  le  payement  inU^ral  de  lenr  legs  ont-Us  droit  k  ce  priTÜftge? 

En  ce  qui  toucbe  la  quatri^me  qnestion,  attoadu  que  si  le  memoire 
par  lequel  on  a  demande  par  privilcge  le  pajcment  des  legs  Üüts  aox  le- 
gatairee  de  S**-H£l^ne,  semblaient  concwner  tous  Im  dits  legataires,  0 
rfsnlte  des  ezplications  donnees  par  MH.  les  comtes  Bertrand  et  de  Las 
Cases  qnMls  n^entendent  prendre  ancune  part  cette  demande  ,et  par 
HU.  de  Uontholon  et  Ifarchand  qne  ce  privilige  n*est  proclamd  par  enz 
qne  dans  le  cas  otk  la  portion  h^rMitaire  deviendiait  disponible'. 

^ttendu  qne,  qnoiqne  les  arbitres  n'ayant  re^u  aucnn  ponvoir  d*hd> 
ritier,  cependant  il  pent  lenr  ^tre  permis  de  priiwr  le  eas  oik  la  mnni* 
ficence  de  Thdritler  le  porterait  a  abandonner  sa  portion  heröditaire  ponr 
concourir  aiitnnt  qn'il  est  en  toi  h  i'aecompÜBsement  des  intentions  ma- 
nifesUies  par  le  testatenr  et  k  Taequittement  de  ses  obligations.' 


DigitizeL      .  oiJ^- 


m 


Atleida  qie  Im  Mptairea  qni  «mt  Bubi  le  iestBieur  tfans  wn  ezil, 
qid  ont  abandonnä  tour  Hunille,  leiir  «k  leur  pairie  poiir  partager  sa 
cqitiTtU,  et  qni  n'avuent  mis  «nenne  Iwroe  &  1«  dnrie  et  ä  Titeiidne  de 
hQfs  manfleee,  se  irooTMit  dans  nne  condition  partieoliite  et  ont  des 
titfes  ä  nne  fnwa  qMde. 

<)n*ftyuit,  en  effet,  M  placie  ea  premier  ordze  dtne  les  diepod- 
tions  faites  par  le  testateur,  il  est  permis  de  penser  que,  s'il  n'avait  ein 
n'avoir  ä  sa  disposition  que  les  sommes  qa'U  destimüt  Anx  l^taires  de  i 
S^-H^ene,  il  aurait  born^  ]k  Bes  liberalites. 

Qa'il  r^siilto,  de  plu-s,  de  tonnos  doat  s'est  scrvi  le  tcstat^nr  dans 
r^iprpssinn  de  $»-8  derui^res  voloutes  qtie  les  legs  faits  par  lui  ä  M.  le 
comte  de  Munthnlon,  n'ötaient  pas  seiileraent  ä  titro  de  liberalite,  mais 
ausfsi  k  titre  d'mdemnit^  deb  pei't«K  que  aoü  sejour  ä  S'^ -Helene  avait 
ocea&ioauäes. 

Nous  arbitres  et  amiables  coinpositeors  sasdits  en  vertu  des  pou- 
Föirs  sa?-^nonc^«  disons  ei  ordonnons: 

Preniierement,  quo  la  nioitie  de  l'iu'tif  composant  la  snccession  de 
Napvlcon  Bonaparte  sera  reserveo  et  tenue  ä  la  disposition  du  fils  unique 
du  testateur. 

Swoiideint  nt.  qno  los  sopt  cent  mille  francs  provonant  des  fruit« 
pro.iuits  par  les  foudts  existant  che/,  Mr.  Lafitte  ä  titre  de  depöt  seront 
port€s  eu  ac«roissement  de  la  partie  disponible. 

Quatriemement,  que  les  dispof^itions  dn  testateur  exiedaut  la  por- 
tion  disponible,  la  reduotion  des  Icgs  sera  faite  confi>rnit'meiit  a  l'ar- 
tide  926  du  cuiie  civil  uu  uiaro  le  frauc  eutro  touti  les  legataires  bans 
Meime  distinction. 

Que  neanmoins  prenant  cn  consideration  les  mutifb  du  la  reclama- 
tion  elevee  par  le  pluä  grand  uombre  dei^  legataires  de  S*^-H^l^ne,  et  ce 
pov  le  seol  cae  ob  la  mnnificenee  de  rMritier  le  portenit  k  d^ianeer 
Mu  l^atalna  sa  portion  hdrMitaii'«  pour  raccomplisBenieiit  des  inteif 
tkns  da  testateur  et  Facquittement  de  ses  obligations»  la  distribaüon  de 
la  dit»  periion  sera  flute  (sauf  la  reienne  proportioniwlle  an  payement  des 
Ml)  de  maniire  k  eomplte  le  payement  ini^gral  des  lega  des  dita  14- 
gituws  de  S**-Hffline,  et  te  suzplns  sei«  Hparti  an  marc  le  franc  entre 
hs  aatns  Mgataires  da  teetament  et  du  qnatriime  oodieille  dans  la  pro- 
Fortioa  de  lenr  lega. 

Statoona,  en  oonsiqnence  des  dolens  ei-desaus,  premiirement 

^ue  les  fonds  sur  lesquels  sont  affectes  les  legs  distribues  par  cbacun  des 
Ktes  qai  foniu  nt  Tensemble  des  dispoeitions  du  testateur  etant  des  fonds 

AnU?  B4.UXX.  1.  Hilft«,  H 


210 


speciaux,  les  legataires  sur  chaqne  foii  t  -^iMH-ial  n'oat  aaeuo  rseODlB  snr 
les  aoires  fonds  en  cas  d'insafBBanco  ou  ä  defaut  du  lear. 

Lo  präsent  jugement,  signe  on  double  minate,  sera  depose  au  ^effe 
du  tribunal  de  proraiörf  instancc  söant  ä  Paris,  pour  mcttrc  lea  parties 
cn  raosuro  de  requoi  ir  ror^lvinnance  iriinmolfi^'atinn  ot  chcz  Mr.  Hortrand, 
notairo  de  la  succession,  alin  quo  MM.  Ics  legatairos  poissent  cn  prcudrc 
communication. 

Fait  ä  Paris  on  la  Jüiuüuio  lio  Mr.  le  >\\k  do  Bassani»,  riin  dö  uous, 
le  soizc  mai  mil  huit  ceixt  vingt  iuna,  t»igue  coiute  Dai  u,  le  duc  de  Bas- 
sano,  et  Caulaincoort,  duc  de  Vicenee.' 

XXXIV. 

Hbraoe  Sebasttaaii  an  den  Vüniten  Kettemldh. 

Paru,  le  l"  juillet  1823. 

Mon  prince! 

Mr.  le  docteur  Antomarchi,  recommandablo  par  ses  talents  et  pu 
aon  caractere,  celui  qui  a  donii6  ä  S'*-Hel^ne  les  dernier«  soius  a  Tempe- 
reur  Napoleon,  ra'a  pri^  de  faire  parvenir  ä  V.  A.  sos  justes  reclamations 
et  de  8ülli<  it<M  Sa  iiuis^anff^  intervontion.  L'oiuporeur  Xapolwn,  satisfait 
du  deToneiiK/iit  'k-  la  (•niidiiit.e  de  Mr.  le  docteur  Aiitum;i«'hi.  a  vnilu 
Uli  an  tt'iiniiijiitM-  sa  gratilu»!»',  on  priant  riinperatriep  ^Marie  Louise  do  lui 
faire  une  pensiou  viag^ro  (jOOO  francs,  et  i  ii  orddunaat  verbalemeot 
ji  .»ies  executeurs  testameutaire.s,  qui  en  ont  fait  uuu  Jeclaration  ecrite, 
de  lui  payor  uue  somme  de  100.000  fraacs.  L'empcreur  Napoleon  n'a 
pas  oompriB  le  docteu*  Antomarchi  dans  son  teBtwnentf  paree  qae  les  lois 
Franfsises  annaUeiit  tous  les  legs  faits  par  le  testatenr  en  fikveur  de  lenis 
m^deeiBB.  Ja8qu*ici  le  docteur  Antomarchi  n*a  joui  d^aucua  de  ces  bien- 
faite,  et  M  poiition  est  deTenoe  d*sutaiit  plas  dtffieile  et  penible  qae 
eomptani  enr  oette  double  reseoBrce,  il  a  entrepris  de  poblier  sea  od- 
vragM  enr  Taiiatomie  de  lliominey  commencfe  depuie  loogtempe,  et  dont 
plusieiirs  livraisons  ont  dr'ja  paru. 

L^iinpöratrice  Marie  Louise  avait  annonc6  par  Torgano  de  Mr.  h 
comte  de  Neipperg  et  par  celui  de  Mr.  le  baron  de  Vincent,  qu'elle  accor- 
derait  h  Mr.  le  docteur  Antomarcbi  la  pension  via^^ro  de  6000  francs 
qui  Uli  serait  payce,  aussitAt  qno  toutos  les  derniöres  dispositions  de  Na- 
poleon lui  seraieiit  couaues  et  quf  l'^Tupereur  Pranrois  aiirait  accirde  son 
avenement;  il  y  a  di'iii  deux  ans  quo  cftt^  gracieutse  pruincsst«  a  ete  faite, 
maiii  Ml*,  le  docteur  Ant^juiarcbi  n'a  encore  rien  touchc.  Kelativement  am 


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211 


100.000  fiaius  qui  dvvaioiit  ötro  payes  uu  doctom  siu  la  »iiccessioD,  les 
l%ataires  ont  plus  qu'absorbe  la  portion  disponible  par  le  testateur,  et 
Mr.  Antomafebi  ne  penl  ttn  nnibomA  qie  rar  eelle  quo  Im  Im  aecor- 
dcnt  h  8.  A.  8.  Hgr.  h  dnc  de  Beiclistadi  C^est  poor  obtenir  cotte  double 
fimnr  qne  ICr.  le  doetear  Antomardii  a  plaei  ea  deraiire  eepdranee  dane 
la  jostiee  et  llMuiiaoitd  de  Y.  A.  H  penee  que  par  Sa  pniseante  inter^ 
oneioii,  il  ponna  jonir  de  la  peneion  qne  l^hnp^ratrioe  ICerie  Lodee  lui 
a  aocordde,  et  que  les  d^^MMitaires  de  la  sttcceesion  de  remperenr  Napo- 
leon seront  aiitoiil6$  k  rembonreer  sar  la  portion  echue  ä  8.  A.  S.  le  duc 
de  Beichatadt  la  somme  de  100.000  francs  qui  lui  a  ^te  accorduo.  Jamais 
demande  ne  fnt  plus  juste  et  ne  merita  davantage  Tint^ret  de  V.  A.  qui 
stoIm  peilt  rif-surer  !e  sort  d'iin  hommo  (l'un  ivH  <?rand  merite  et  le  succfes 
li'un  uuvrage  qui  doit  piiissamiiu  ut  cuntnbiH'i"  au  perfectlonnpinrnt  des 
8cipncf>s  anatomiqnes  Kmnij*'.  Sa  continuation  dopend  de  la  decision 
qui  beni  puiW«  de  «  ettt^  art'iiii»'.  Döputo  de  la  Corse,  j'ai  dö  plaider  la 
cause  de  Mr.  Antomarchi  qui  y  est  u«  et  qui  a  des  titres  incontestables 
k  Testiuie  et  ä  ia  bienveillance  de  V.  A.  J'ui  aam  aussi  avec  emprcHSO- 
■eat  roecasiün  d'offrir  ä  Y.  A.  rhomumge  de  mon  admiratiou  pour  la 
bute  eanidre  politique  qu'SUe  a  pai-Gourne  et  qu*Elle  parcoimra  long- 
tevpa  encore;  j'esp^re  qu'Ello  agr^eta  mon  reepeet. 


XXXV. 

Fflfat  Xettemtoii  «n  Banm  Vlnoent. 

SitenrAe.  Vietme,  le  17  aoptoiubre  1623. 

Honeiear  le  baron! 

La  depeclip  qui  pit>oi'iii'  buriu'  a  iudiq»<;r  U'H  t<'i  in<  s  >iir  lesquels 
J'jivent  pui  ier  lt'6  i;€lairci&&oiaoiits  pri'alatih'S  desirös  par  8.  M.  reoiponMir. 
Je  crois  bien  faire  d'ajouter  ici  pt»ui  V.  K.  quelques  rt'fl»'xiunj»  dont  Kilo 
puurra  faiic  usoge  dans  Son  ontiotien  avec  S.  E.  lo  vicumte  de  Cba- 
taabnaad. 

Dana  toutea  les  demardieB  qui  dcpuis  plus  de  denx  ann^  ont  en 
Im  floic  ici,  seit  k  Farme,  au  eiQet  de  la  suoceeeion  du  prisonnier  de 
S^Hcline,  voue  Tone  lappellerei,  Monsienr  rambasBadenry  qne  nona  avona 
coBslamnieiit  tena  pour  principe  d'^earter  soignenaemeni  de  cette  aSaire, 
taate  reminiseence  on  oonaideration  d'inier^t  politique  et  de  neue  ron- 
(uawr  dans  la  recberche  dea  droita  de  propriet4  et  d'luteret  privo 
4m  da  cbef  de  eeite  suceeaeion  pouTaieat  competer  au  duc  de  Beichatadt. 


212 


Cette  affaire,  ainsi  degagee  de  toute  consideration  politique,  se  reduisatt 
uniquement  ä  une  question  de  legislation  ou  de  jurisprudenc«  Pran9aise. 
Soit  que  Ton  veuille  de  la  pari  de  la  tuteile  acquiescer  au  testament,  soit 
que  Ton  veuille  s'abstenir  de  prendre  connaissance  de  son  dispoeitif,  il 
semble  que,  dang  Tun  et  Tautre  cas,  c'est  au  gouvernement  Fran<;aig  et 
ä  lui  seul  qu'il  appartient  de  fournir  les  bases  auiquelles  puisse  s'ap- 
puyer  l'une  ou  l'autre  de  ces  determinations.  S'agit-il,  en  effet,  pour  la 
cour  Imperiale  et  pour  la  tuteile  du  duc  de  Reich8tadt,  de  donner,  ainsi 
que  le  demandent  les  executeurs  testamentaires,  Tapprobatioo  et  la  sanc- 
tion  de  la  tutelle  aux  volont^s  testamentaires  des  actea  de  Longwood, 
c'est  le  gouvernement  Fran9ais  et  non  la  cour  Imperiale  qui  a  qualite  et 
juridiction  pour  decider  s'il  y  a  une  succession,  s'il  y  a  des  biens  de 
libre  disposition  et  si  la  mani^re  dont  le  testateur  en  a  dis- 
pose  est  yalide  et  conforme  aux  lois. 

S'agit-il,  au  contraire,  de  döclarer  la  nullit^  de  ces  actes  de  der- 
ni^re  volonte  et  de  les  regarder  comme  non  avenus,  les  cours  de  Vicnne 
et  de  Parme  se  trouvent  egalement  sans  competenc«  et  sans  autorite,  et 
c'est  encore  au  gouvernement  Fran(;ais  h.  decider  la  question  prealable. 
S'agit-il  enfiu  de  faire  une  distinction  entre  ce  que  les  lois  civiles  de  la 
France  peuvent  avoir  permis  de  statuer  parmi  les  dispositions  testamen- 
taires de  Longwood  et  ce  que,  sur  d'autres  points  des  dites  dispositions, 
le  droit  public  de  la  France  rendait  impossible  ou  illicite,  c'est 
encore  aux  organes  superieurs  des  civiles  et  du  droit  public  de  la  France 
ä  promener  cette  distinction,  et  ä  tracer  la  ligne  de  d^marcation  entre  les 
dispositions  valables  et  Celles  qui  peuvent  etre  frappees  de  reprobation  et 
de  nuUite. 

Si  d'un  autre  cAt^  Ton  se  rappelle  que  dans  les  premiers  temps  qui 
ont  suivi  l'ouverture  de  la  succession  de  Longwood,  tout  ce  qui  se  rap- 
porte  soit  ä  cette  her^dit^,  soit  aux  actes  de  derni^re  volonte,  a  et^  en- 
veloppe  de  myst^res;  si  Ton  se  rappelle  qu'ensuite  il  n'a  et^  donne  ä  ce 
sujet  que  des  notions  fragmentaires  et  denu^es  de  toute  authenticite;  que 
plus  tard,  les  Communications  plus  6tendues  qui  ont  et6  accord^es  sur  les 
representatiiins  reiterees  de  la  tutelle,  ont  encore  laiss^  ä  desirer  plu- 
sieurs  eclaircissements  et  l'observation  de  formalites  ordinaires  telles  que 
Taffii-mation  qu'il  n'existe  pas  d'autres  dispositions  que  Celles  qui  ont  ^te 
communiquees;  si  Ton  fait  ces  divers  rapprochements,  il  n'y  a  pas  lieu 
d'ötre  surpris  que  les  gens  de  loi  qui  ont  ^t^  entendus  de  la  part  de  la 
tutelle  du  duc  de  Reichstadt  se  trouvent  arrötös  par  de  differents  doutes, 
et  qu'ils  aient  reconnu  la  necessite  d'une  manifestation  d'opinion  et  d'une 
communication  d'actes  de  notoriete  de  la  part  du  gouvernement  Fran^ais. 


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213 


On  ne  peiit,  «»ii  efTot.  liissimulor  qu'j\  d^faut  de  connaltre  une  basf  •  ii- 
üeiumeat  legulu,  laut  nüv  \'v\isU'in:v  «l'uuc  «uccessiim  que  sur  la  realit« 
des  übjetfi  dost  eile  se  compot>e,  lu  tutelle  counait  le  riüqu«  de  cuiu|iro- 
mettre  tes  intärflia  dm  mineur,  soit  par  nn»  renoneifttioii,  soit  par  une 
tMsptatioii  da  1»  poiüon  h^rMiUiro.  En  toos  putont  des  intir^ts  du 
minenr,  il  s*entend  qae  je  ne  (onche  qne  eenx  que  le  dnc  a  de  ecnnmun 
atee  tont  h^tier  a&  »iialalo;  ce  aont  lea  aeula  qne  nona  Ini  reeonnaiaaona. 

des  eonaidtetions,  ei  je  pourraia  en  ajooter  beaoconp  d*antrea, 
aont  tnp  ^videntea  ponr  qne  le  miniatire  Fraufaia  ne  reeonnataaa  paa 
eouTenabl«  de  Tenir  par  une  just«  initiative  au  secoora  de9  motifii  d'h^si* 
taüon  et  de  pcqilcxito  de  la  tuteUe,  leeqaela  aont  bien  natonla,  loraqn'il 
a'agit  des  interöts  d'nn  minenr. 

Plus  d'nn  expi'dit  nt,  nous  semble-t-U,  se  trouvait  h  la  port^e  du 
§rnnvcTu»  inent  P'ran(,nis.  Pins  le  testament  du  prisonnier  de  S'*-Helfene 
sc  preeentait  ctuniiiL'  un  appo)  niix  passions,  ])\m  il  etait  ralrulö  k  des- 
affecüonuer  1*^  Fraiit,ais  ä  lu  rtstaiiratiMii.  plus  il  importait,  semblft-t-il, 
ao  ministero  du  roi  de  dejouer  \m  iuteutions  des  d(>rni^^PR  paioh  s  du 
prisonnier  de  S**-Hel6ne,  et  d'en  neutraliscr  les  mauvais  offotü  eii  des- 
inieressaut  ceox  que  dos  TueB  porsonnollos  ponvaiont  rallier  ä  ce  Systeme 
4e  proteatatiML  eontre  rord»  aictiiel  daa  ekoaea.  II  ne  panlt  pa^  qu'U  fnt 
lüen  dilftdle  de  lea  dMntfoeeaer  en  ae  mettant  h  la  ttle  de  la  liqoidation 
de  la  aoccassion  et  en  (iaiaant  qaelquea  aacriflcea  pfenniaim  pour  Impoatr 
nknee  i  rintdrH  individneL  D*aprte  eea  oonaiddntiona  il  nona  aemlile 
qae  tont  doit  engager  le  gonTeomement  Rinnfai  a  k  a'euparar  de  eette  aftira, 
«t  ne  pM  teiaaer  anlwiater  dea  inaeiiitodea  qni  placent  lea  autrea  dans 
rimpossibilit^  de  ae  prononcer  en  pleine  connalaaance  de  oanaa  et  arec 
las^rit^  d'une  baae  %ale. 

En  liant  la  pr^nte  explication  k  celles  que  j'ai  eucs  k  Vörone  a?ec 
MM.  de  Montmorcncy  ot  de  Chateaubriand,  lo  dfrnior  de  ces  ministres 
devra  me  comprendre  et  trouvor  daus  la  n'-pnusp  qifil  reroit  aujourd'hui, 
one  preuv«'  DMiivflU'  d«  la  hav.te  connexion  de  ia  p(»litique  de  l'empereur, 
notre  angu8t«  maitru,  aiubi  que  du  scrupule  avec  lequel  S.  M.  I.  traite  ies 
qaestioai;  de  droit. 

Kecevez  —  —  —  —  


314 


XXXVI. 

Baron  Vinoent  an  don  Fürsten  MettemiolL. 

Parii^  l6  8  Buü  1884. 

Hon  prince! 

l'ar  man  oxpt'ditioii  du  27  du  luois  dornior.  jVus  rhonncur  d  iu- 
fonner  V.  A.  quo  je  m'attcndais  h  recevuir  iiiccssamment  de  In  part  du 
miuistere  Fi-aui,'ais  les  ^laircKsHoments  qu*en  suitc  de  Sa  dep^he  do 
18  mars  de  cette  annee,  j'avais  4te  cbai^e  de  lui  demander  dans  raffaire 
du  testameni  de  Bonaparto.  En  alfot,  fai  1«  6  dt  ee  mois»  mos  Ii 
date  du  80  ayril,  la  l  eponm  d-jointe  de  Mr.  le  Tieomte  de  Chateanbrimd 
k  mon  demier  ofiice  dn  26  man. 

y.  A.  rel^Tera  par  la  leetare  de  cette  pi^  qn*elle  se  partage  en 
deux  pai-tieB,  dont  la  premlire  est  politique  et  la  seconde  jaridiqae. 

Je  saiSy  en  effet,  que  cette  riponee,  avant  que  de  m*4tre  tmuBUM» 
a  6i6  commoBiqafe  k  Mr.  le  garde  des  aceauz,  anasl  ett-il  viaible  qve  he 
trois  Premiers  paragraphes  sont  rooTrage  'do  ddpsrtement  des  afaira 
^tranglres,  et  que  le  qnatriftme  est  sorti  ^  bnreaux  da  miniskre  de 
la  justice. 

Au  Premier  aper^o  j^avais  pens£  qn'on  pouiatt  attaqner  aree  afu- 
tage  le  raisonnement  que  fait  le  ministre  dans  le  second  pangiaphe,  et 
il  Tent  fitire  enrisager  comme  nne  aimple  formalit^  la  renondation  qv'fl 
noQS  demande,  pnisqne,  si  tel  6tait  le  cas,  il  ponvait  a'en  passer,  tandis 
quUl  est  prteomable,  au  oontraire  que,  puisqu^il  ra?ait  sollicitte,  il  Tafsit 
envlsagte  difffiremment  en  prämier  lien  du  moins. 

Cependant  la  loi  du  12  jan?ier  1816,  sor  laqnelle  est  ianU  le  lai- 
aonnement  dn  ministe,  et  dont  j*ai  Thonnear  de  joindre  id  an  ezem- 
plaire,  m*a  pam  de  nature  k  ne  pas  doToir  rdpliqaer  k  la  note  de  Mr.  de 
Caiateaatniaad,  et  ä  me  bomer  k  la  porter  4  la  oonnaissanoe  de  Y.  A. 

J*ai  rbonnear  

Beilage: 

Chateaubriand  an  Vincent. 

Paris,  le  30  aviU  1884. 

Monsieur  le  baron! 

J'ai  re^u,  avec  la  lettre  que  V.  E.  in'a  fait  Thonnear  de  m'adreseer 
le  26  du  nini«;  dornier,  copie  do  la  depeche  qu'Elle  avait  re^ne  de  Mr.  le 
prince  de  Metternich,  relativement  an  teatament  de  Bonaparte. 


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215 


Je  dois  «ommeDcer  par  voas  rappeler,  Mr.  le  liaron,  qne,  d*api-is 
Uß  diepoeitionfl  qu'avaii  no&trees  Totre  conr,  le  gouTernemeiit  du  roi 
aiait  pene^  qii*eUe  ^tait  dans  rintention  de  regarder  «t  de  fiure,  comme 
nae  ehnple  fornialit^,  et  »ans  qu*il  füi  n^cessaire  d^eatrer  en  explicatione, 
1a  reaoiieiation  quc  les  exocuteurs  testamontaircs  et  quelques  Idgatairw 
de  Bouapart<^  avaient  eu  Tide«  de  reclanioi .  II  8ombIait  convooable,  en 
^ffct,  et  la  cour  do  Vienne  pnrtAgo  sans  doute  cette  opinion,  d  eviter  l'ps- 
pece  de  scandalf  qiii  jumvuit  resulter  d'iiiie  diKcus8i<»n  onvfrtp  nur  des 
qn«>«t!on«!  qui  tienm  iit  ;iiix  it'ssorts  les  plus  delicats  de  l'ordre  sccial.  snr 
le»  droits  de  la  legitiiiiite,  mv  Ifh  faits  de  rnsur|>ati(»n  et  les  trisU-s  cun- 
sequenc^s  qn'ils  ont  entnilnees.  Frappe  di'  ct  tte  considerati»»n.  ]c  roi,  qui 
n'a  poiut  iiesite  ;i  v  iuiie  le  sacrifice  des  somme«  qu  il  etait  droit  de 
revendiquoiv  ne  m'aurait  poiut  autoriso  ä  demander  la  renonciation,  s'il 
a*eüt  dü  croire  que,  conme  cbose  oouTejine  et  de  pare  forme,  eile  serait 
inuD^diatement  envoy^e. 

Yotre  cour,  Mr.  le  baron,  n^aymit  paa  em  poavoir  termmer  si 
nmplement  cette  alBure,  !e  sonyaraement  da  roi  doit  replacer,  aona  son 
TintaUe  jour,  la  qaeetioa  de  Th^ritage  de  Bonaparte. 

La  Un  du  12  janvier  1816  porle  qn*aaenn  aeeendani  on  deacendant 
de  Bonaparte,  aucon  de  aea  parenta,  ne  ponrra  jooir  en  Franee  d'ancnn 
droit  civil. 

Cette  dispoäition  formelle  annalle  tout  int6r6t  qui,  ä  titre  d'hdrd- 
dit^,  se  raltiuhcrait  a  successiou.  Aiicune  personne,  tenant  k  Ini  par 
iflo  iieus  du  Biiiig,  ne  ^leut  ni  poss^der  ui  hdriter  on  France. 

Un  arguuient  si  peremptoire  et  dont  je  m'interdirai  de  tin  r  la 
«»nsequenre,  tranche  nettemont  la  quostiuu  et  ue  permet  pas  qu'il  puisse 
s'ehver  rin  dmitt'  sin  le  snit  du  la  succession.  II  rend  superllue  toute  re- 
üüüciatioii  ä  des  diuits  qui,  en  France,  tiuuveut  frapp6ö  de  nullite.  II 
ditrait  le  motif  des  questions  que  la  cour  de  Vienne  avait  dü  poser,  dans 
llijpoihiae  quo  cette  renonciation  dfit  ae  Mre. 

Je  poniraia  ^onti^  qae  Bonaparte,  h  T^poqoe  ob  fl  a  fait  aon  tea^ 
tttMut,  ne  ponviut  Mi*«  regard^  comme  joniaaaut  d*aacun  droit  civil. 
Fnppi  par  dea  actea  qni  le  mettaient  höre  de  la  loi  comninne,  d^bn  de 
tont  droit  civil  et  aoctal,  par  la  d^aration  nnanime  de  TEurope,  au  mo- 
Bient  oü  ü  a'^diapput  de  Tlle  d*£lbe,  il  n*avait  plua  lea  qualitfe  qn'exige 
la  loi  pour  dieposer  de  ses  biens,  en  supposant  quMl  püt  en  posseder  de 
legitimes.  Et  cette  anpposiiion  tomberait,  si  je  parlaia  du  droit  incontcR- 

qui.  au  monient  de  la  restauration,  amis  en  la  posse^iou  du  roi  de 
hmnce  les  biens  de  toute  nature  que  ruanrpateur  avait  pu  acqa^rir,  h 
quelqne  titre  que  ce  f&t 


21G 


Mais  le  developperaent  de  ces  principea  n'est  point  iei  necessaire. 
La  simple  application  de  la  loi  que  j*ai  citee  exclut  irrevocablement  tont 
droit  d'hereditc  dans  la  succossion  de  Bonaparte,  ot  je  suis  persuade  que 
la  cour  de  Vienne  n'h^sitera  point  a  le  reconnaltro. 

Je  prie  V.  E.  de  vouloir  bien  lui  faire  part  de  cette  communication, 
et  d'agr^er  l'assurance  de  la  träs  haute  consid^ration,  avec  laqoelle  — 

xxxvn. 

Memoire  sur  la  succession  de  rempereur  Napoleon. 

5  avril  1825. 

Etat  d€  la  legislation  en  France  et  en  Angleterre 
sur  les  testaments. 

La  loi  Fran^aise  pose  des  limites  aux  dispositions  testamentaires; 
eile  reserve  iine  legitime  aux  enfants  du  testateur;  eile  ne  reconnalt  des 
dispositions  legales  que  Celles  manifestees  par  des  testaments  olographes 
ou  re<;uB  par  des  notaircs.  Les  executeurs  testamentaires  n'ont  de  pou- 
voir  qu'en  presence  de  Th^ritier  qui,  seul,  est  saisi  de  droit  de  tous  les 
biens  de  la  succession. 

La  loi  Anglaise  ne  connait  d'autre  r^gle  ä  nne  succession  que  la 
volonte  du  testateur;  eile  ne  r^serve  aucune  legitime  aux  höritiers  du 
sang;  Tex^cutcur  testamentaire  represente  seul  le  testateur;  il  est  saisi 
de  tous  les  biens  de  la  succession  et  responsable,  mSme  par  corps,  des 
dettes  et  obligations  du  testateur  dont  la  derni^re  volonte  n'a  besoin, 
pour  6tre  legale,  d'aucune  des  formes  prescrites  par  la  loi  Fran^aise;  il 
suffit  qu'elle  soit  exprimee  par  un  ecrit  signö  du  testateur. 

Dispositions  de  l'empereur  NapoUon. 

L'empereur  Napoleon  a  laisse  plusieurs  actos  de  derniöre  volonte: 
un  testament  et  sept  codicilles  olographes,  un  huiti^me  /iodicille  non 
signe,  une  instruction  pour  Tex^cution  de  son  testament,  une  lettre  ä 
Mr.  Lafitte,  depositaire  des  trois  millions;  enfin  une  lettre  h  Mr.  de  la 
Bouillerie,  ancien  tresorier  de  ses  domaines.  Par  ces  deux  lettres  il  donne 
au  comte  de  Montholon  le  pouvoir  de  recevoir  les  fonds  qu'il  demande  ä 
ces  depositaires. 

L'empereur  Napoleon,  en  ecrivant  h  Mr.  Lafitte,  avait  eu  pour  bot 
d'eluder  la  question  de  la  validito  de  son  testament;  il  prevojait  que  la 


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217 


nimn  ilY-tat  iMiuiiüit,  soit  ä  Paris,  soit  ä  Vienue,  ilntniner  la  suo^'egsit.iii, 
et  c  «'SL  «iiius  cette  peueee  que,  ie  2u  uvni,  il  remit  au  coiute  de  Montho- 
lon  les  recomudssancea  de  U  mtiflon  Lafitte,  ainsi  qv»  U  lettra  mandat» 
|tr  laqueile  il  lui  donne  ponvoir  de  ioncher  ew  fondt. 

ProcMttTds  qni  ont  ea  liev.  1^**  ipoqii«. 

Lw  drooDttonoee  ne  pemetteieiit  pos  de  fkin  unfe  de  to  l«tln 
aditwde  ä  Kr.  d«  b  Bouillerie. 

Qttaai  h  la  l«ttr»  adnaade  k  Hr.  Lafltte,  la  oomte  de  HonlMoii,  k 

ton  retour  de  S^- Helene,  la  lui  a  pi-E^senk^e,  ainsi  que  les  reconnais- 
smcM  de  la  maison  Perregaux-Lafitte,  dout  il  a  requis  le  paj«meat. 

Sur  le  refus  de  Mr.  Lafitte  et  sar  sa  d^laration,  quMl  ne  pajerait 

qu'en  rerta  d'un  jngcment,  la  question  s'cst  ^levdo  de  saroir,  si  co  juge- 
ment  serait  poursuivi  eu  France  ou  en  Änglet*irre.  La  consiiliM'ation  de 
rinterf't  <\('  M'jt  \r>  doc  de  Reichstädt  a  detcrmine,  j)ar  les  uiotifs  qui 
mroü%  developptiä  ci-apräs,  ä  snivre  l'instance  par  devant  ie  tribuual 
de  Paria. 

Mr.  de  Moathulüu  s\-st  preseute  comme  purieur  du  maaiiat  da 
Temperear  et  des  reconnaiasances  de  ia  maison  Perregaux-Lafitte,  et 
CMBBM  exöcateor  testamentait»  «ii  iwrin  du  teatament  dont  il  a  prodidt 
vn  utrait  conteuaiit  toutes  lea  dispoaitioiiB  pdcnniaires  qui  fornumt  Ten- 
nmUt  dn  teatamani»  sauf  lea  dispositions  polttiquea.  Hr.  Lafitte,  pour 
•oatenir  aon  reftu  de  payement,  a  (kit  plaider  lea  metifa  aohants: 

1*  La  lettre  de  l'eraperenr  est  im  mandai,  et  tout  maadat  eat  an- 
aale  de  feit  et  de  droit  par  le  ddeia  da  maadat. 

2*  Gatte  lettre  ne  ponrrait  former  an  titre  valable,  qve  ai  eile  diait 
consid^röe  comme  acte  de  derniöre  volont«^;  mai»  un  acte  de  dornig 
volonte  doit  ötre  ^crit  en  entier  de  la  main  da  testateur,  et  la  lettre  re- 
T^tue  de  sa  Signatare  est  6crite  d'une  main  dtrangke,  eile  ne  forme  donc 
QU  titre  valablo  soas  aunin  rapport. 

3"  Des  dispoBition?  tcstanientaires  rovetues  des  forioes  voulues  par 
la  loi,  pour  les  testaineots  olographes.  et  invesussant  1«  comte  de  Mon- 
tholon  et  stjs  c<i-exöcuteins  testamentaires  de  l'ex^cntion  des  volontes  du 
testat^nr  et  de  la  saisic  de  ses  biens,  ont  «te  coramuniqu^es  k  Mx.  La- 
fitte; ums  li  dät  Sans  quaiiie  aux  tennes  de  la  loi  pour  an.  contester  on 
n  neonnaltre  la  l^galitä.  Cette  reconuaissance  n'appartieni  qn'ä  llidritier 
da  Nag  qni  n*eat  paa  nie  en  cawae  et  qni  eat  eepeadant  le  aenl  eontrap 
dietnir  ^gal  qne  paiaae  «voir  H.  Lalltte. 

4*  Dana  le  eaa  oü  le  teatament  aenüt  inattaqnable  dane  la  forme 
per  k  lot,  et  na  aerait  paa  eonteatd  dana  aea  d^poaitioiiB  par  Phdritier»  U 


218 


poun'ait  6tro  annuk'  sous  le  rapport  de  la  capacit^  des  personnes.  U 
t^'stateur  avait  et«  fiappe  de  mort  civile,  par  rordonnance  royale  du  6  mar* 
1815,  et  l'heritier  avait  ete  priv()  des  droits  civils,  par  la  loi  da  1*2  jan- 
vier  1816:  morts  civilement  tous  les  deux,  ils  ne  pouvaient,  I  nn  in- 
poser,  Tatitre  recueillir. 

5°  Par  Teffet  n^c^ssaire  de  cos  incapacites,  le  domaine  serait  in- 
Testi  de  la  proprietö  de  riiniversalitu  des  biens  dn  testateiir,  h  titro  J«- 
desherence  ou  de  succession  vacaate. 

6"  Independamment  des  considi'rations  lepales  exposees  ci-dessus. 
la  r^clamation,  tiint  du  testateiir  qiie  de  ses  execiiteurs  testamentairrs. 
pourrait  6tre  contestee  ä  raison  de  Torig^ine  des  fonds  reclain^s.  Kien  no 
gai-antit  qu'ils  ne  seront  pas  revendiques  par  le  roi,  comme  provenant  de 
la  liste  civile  pendant  les  100  jours. 

7"  Enfin,  par  ces  motifs  Mr.  Lafitte  ne  pourrait  se  dessaisir  des 
fonds  dont  il  est  depositaire,  »ans  s'exposer  h  la  triplc  reveudication  de 
rheritier,  du  domaine  et  de  la  liste  civile.  Mais  s'il  ne  pent,  dans  1  etat 
4les  choses,  rien  delivrer  aux  executeurs  testamentaires,  jusqu'ä  cc  qu'ils 
lui  procurent,  de  tous  les  ayant  droit,  quels  qu'ils  puissent  ötre,  une  de- 
charge  legale,  il  est  pret  k  les  deposcr  ii  la  caisse  des  consignations. 

Le  procureur  du  roi,  a«1optant  tous  les  motifs  presentös  par  Mr.  La- 
fitte, conclut  specialemeut  a  ce  que  la  mort  civile  du  pere  et  du  61$  fut 
reconnue. 

Un  jugeraent  rendu  le  12  mars  1822,  evitant  de  statuer  8ur  la 
question  de  la  mort  civile,  a  declare  nulle  et  de  uul  effet,  la  lettre  de 
l'empereur  Napoleon  poiljiut  mandat  et  rejete,  quant  ä  present,  les  de- 
mandes  fondees  sur  le  testament,  attendu  que  cet  acte  n'ötait  pas  prodoit 
dans  son  entier. 

Procedures  qui  ont  eu  Heu.  2*™®  epoque. 

D'aprös  ce  jugement,  le  comte  de  Montholon  aurait  dü  se  croire 
autori8(5  ä  presenter  le  testament  dans  son  entier,  pour  renouveler  son 
instance;  mais  il  n'a  pas  tarde  ä  ctre  informo  de  la  resolution  pnse  extra- 
judiciairement  par  le  gouvernement  de  s'y  opposer  et  d'interdire  toute 
procedure  qui  pourrait  etre  faite  en  consequence  de  Tonverture  de  la  suc- 
cession en  France. 

La  voie  des  tribunaux  etant  ainsi  fermöo,  on  a  recourn  ä  celle  d'un 
jugement  arbitral  entre  tous  les  legataires  interessös  ä  Texecution  du 
testament.  Ce  jugement  a  statue  sur  la  liquidation  de  Tactif  et  du  passif 


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219 


h  succession^  et  sur  les  droits  taut  des  l«gataireB  que  de  l'b^ritier 
4a  sang. 

Oft  jagement  poor  6tre  eiecuUire,  taut  fn  fnour  rheritior  et 
m  legataires  qne  des  creanrior^,  avait  besoin  de  I  humolugatiou  du  prti»i- 
imi  d«  trihiinal  (Ic  l*"^'^  iristauce.  Lo  procureur  du  roi  est  iatei'feau,  par 
ordre  du  goayernement,  et  s'est  opposQ  a  l'huiaologatian. 

SnspenBion  d«8  proeMnres;  d^archm  administratiTes.  S^"*"  epoqne. 

Le  comte  de  Mniithnlon  aurait  appelor  dii  jutrt'inent  du  ti  ibuiial 
de  ingtanc«  ä  la  onur  nivale.  ou  s'aUn'bawr  ä  ia  mmw  coiir  contro  le 
itüi  de  justice  resolümt  tiu  refuö  de  prendre  en  consideratimi  hi  «it  ui.iiuip 
en  homülogation  du  jii^'i'rneut  arbiti"al;  inais  Iii  cjuestion  de  la  inort  civilc 
h  üuc  de  lieiclistadt  ayant  ete  plaidee  par  l'avucat  de  Mr.  LaÜtt»',  rrdevee 
et  soatenue  avec  foice.  oü  pöut  meme  dire  avec  violonce,  par  le  piucureur 
dn  roi,  c*tte  iiuf-stion  se  serait  in^vitableineut  tiuuvee  soumise  k  la  cour 
saperieure.  Leü  dispositious  etaient  telles  qu'on  devait  prevulr  clu'c'lle 
lenit  jngee  affirmativcmeut;  c'^tait  Topinion  des  conseils  du  comte  de 
Montiiolon.  Us  pensaient  qu'un  jugement  qui  prononcerait  la  mort  omle 
dn  4oe  de  Reiclistadt,  proscrirait  k  jamais  et  de  toate  la  puism&ee  de  la 
dtOM  jogee,  teiiiie  inivocable  par  noB  lois,  toole  inatanee  Jndidun  k 
finMr  dans  rinUrtt  da  Tli^ritier  war  kB  bieoB  d^ndant  de  la  BiiMea* 
non;  qoe  cette  ancceasioa  ee  trouvant  alors  par  le  fiut,  et  miBemblable* 
ottut  par  les  dlBpoBittons  de  ranfti,  dtelarie  Tacante,  flrate  d'h^ritier 
bUI«B  h  avocMer»  Beiait  de  droit  d^volne  au  domatne  k  titre  de  d^ 
Irfnnce;  que,  par  one  cenBdqnence  inlTitable,  le  eomte  de  Monfhelon, 
BMI  aeiüement  debout^  de  tonte  aotion  aar  lea  fondB  dipoete  cbe«  Hr.  La* 
ttto,  BBiait  imm^iatement  poniBnin  oonune  d^tentenr  d^objets  appar- 
tMittt  a&  domaine  et  contcaint  k  ae  desBaisir  an  moment  mfime  de  tooa 
k»  €ffetB  Btobiliera  eonfide  k  Bon  honneur  ei  deatinds  an  dne  de  Beidi- 

4 

liBdt  n  rtenliaii  da  Iii  poar  le  oomte  de  Honiholoii  im  deToir  qni  Tem- 
iMiait  de  eoutünier  par  appel  ses  üiBtaiicea  deraiit  lea  tribnnanx;  mala 
Tflliiigsyoii  loi  reatait  de  dierdher  k  parvenir  par  d'aatrBB  roias  k  Texd- 
QrtMBi  dea  Tolontda  da  testateiur. 


■  L*Mtif  disponible  a  M  feeomui  par  le  jugemeikt  aibitiml  Mie  de 

S,248  500  fr«.,  et  le  passif  d«  780.816-64  frs,,  oe  qoi  donne  un  actif  libre 
de  2,401. ß83  fr»,  dont  Li  nioiti^  rvsoryde  k  1«  di!«positioM  de  rbSritier  da 
a«Dg,  »er&it  de  1,230.841  frs.;  de  laqiielle  soinme  il  cunvieiit  de  döduiro 
kl  droits  de  soccessiou,  ceux  rdsultant  des  procMures  jtidiciaires,  et 
«in  lea  intfalti  dee  deltee  jnaqn'aa  jour  d«  pajement:  ennmble  en* 
viral  400.000  ta. 


220 


Mr.  Lafltte,  k  qu\  le  jn^ment  d«  1*^  inttanm  ftfiü  donii  aeto  dt 
Bon  offre  de  d^pOt,  ooDMntait  ä  ne  pta  prinloir  •(  i  gvdir  Im 
fondB,  jusqii*aa  momeat  ob  le  eomte  de  Monfliokni  eerait  pMmv  k  le 
garantir  contre  tonte  leTeDdieation  k  emoer,  soH  pw  le  goiTeneneBl 
Franfais,  eoit  per  l*li6itier. 

La  revendication  du  gonyeniemeiit  Franfaie  poBfaH  avoir  liaa  4 
deux  titres:  k  titre  de  fonds  sortis  de  la  liste  civile  des  100  jonrs; 
ceUe  rovendication  anrait  4te  exercee  par  le  roi ;  2**  ä  titre  de  snceeeai«» 
nun  rüclam^e,  Th^ritier  nea'dtantpaaprdaenti;  cetie  revendicati«»!  aniatt 
eto  exercoe  par  Ic  domaine. 

Ia'  comto  de  Montholon  a  recouru,  d'abnrd  ä  rheritier.  par  l'inter- 
int-diaiir  de  Mr.  rambassadeur  d'Autriche;  ensuite  au  gouTememeot 
Friiui,'ais  au  roi  et  au  domaine. 

Li'  President  du  couseil  de  iniuistres  a  rondu  le  18  janvier  1823  la 
decisioü  äuivante:  ,Le  president  du  conseil  declare,  qae  le  gouTememeol 
Fran^ais  ne  mettra  jamais  d'obstacle  k  ce  que  los  cr^ciers  l^iimea  de 
Napoleon  Bonaparte  soient  pajös  aar  lea  fonda  qni  ont  appartemi  i  ce 
demier,  et  qui  aont  entre  loa  maina  du  S'  Jaoq.  Lafitte.* 

Le  roi  a  aign^  le  81  join  1894  la  ddciaion  aniTante:  ,8a  Ifageetft 
renonfant  k  tone  lea  droita  quo,  aeole,  Elle  aurait  pu  Ikiie  valoir  sor  l«a 
fonds  ddpoade  par  Ni^oMon  Bonaparte,  ohea  la  maiaon  PecT%aiii,  Lafltte 
et  compagnie,  aatoriae  tont  payement  dea  dita  fonda,  aoit  aux  crtenders 
de  Napoleon  Bonqiarte,  eoit  an  comte  de  Montholini,  ponr  raeqoit  dee 
reconnaisaances  dont  il  est  portenr/ 

En  m6me  temps  le  procnrenr  dn  roi,  ä  Toccasion  de  la  demande 
d'un  <  Tt-ancier  qu'on  avait  fait  intervenir,  a  provoquö  l'interrention  du 
diniiaiiH-  qui,  se  trouvant  ainsi  dans  le  cas  de  s'expliquer,  a  reconnu,  de 
l'avis  dl'  son  conseil  et  de  l'autorite  du  ministre  des  finances,  que,  dans 
rötat  des  choses,  la  succession  n'ayant  pas  etc  legalement  ouverte  €B 
Fraiit  t'  et  declaröe  vacante,  11  ne  jugeait  pas  devoir  inteiTenir. 

Ainsi  Mr.  Lafltte  pouvait,  dans  cette  Situation,  se  deaaaiair  dee 
fonds  rtelamda,  aana  que  ni  la  liste  dVile  ni  le  donaine  pussent,  dans 
aacun  tempa,  eieroer  nn  leeoiira  k  aa  ehazga. 

Mais  l*hMtier  n*8fBit  pw  parld;  aon  lioenoe  laiaaait  entier  l'nn  dee 
motifs  de  la  idaiataiiee  de  Mr.  Lafltte. 

Prooödnie  en  Angleterre.  i*  ^poqne. 

La  Idgislation  Anglaiae  qni  reponsse  lIiMtlerj  lonqa'ü  y  a  die- 
positions  et  ex^cuteor  teatamentaire,  ofbait  une  Toie  pour  contraindie 
Mr.  Lafitte  et  lui  proonier  par  jngeaMnt  nne  libdratioii  Idgale. 


w- 


Digitizeal^  i^oQgI& 


m 


Mr.  Lafitte  s'y  est  pröte.  Uno  signification  de  companltre  k  Londres 
hi »  eti*  faite  d'accord  STM  luL  II  s'ett  adresa^  pw  lettre,  le  13  afril 
1^  i  Mr.  le  garde  de  tomuu,  pour  obtenir  U  peimission  de  com- 
fBittn  «n  Angleterre  et  d*olitfliiip^rar  mx  eondamiuitiODs  qai  y  seraieni 
imOBcees  contre  Ini;  il  en  are^u  le  20  avi-il  h  d^claration  ^rite,  que 
ieeoiuwil  da  roi  avait  d6cide,  qoe  la  tuaison  Lafitte  etait  autoris^  h  se 
diinuir  des  fonds  ä  eile  oonflte  par  Napoleon  Bonaparte,  seit  poar  ob^ir 
tax  jogements  Anglais  qne  poarrait  obtenir  contre  eile  rezecoteur  testa- 
üientaire  de  N^oMon  Bonaparte,  Mit  m4me  pou  ftiwair  lee  ooiidam- 
aatioiis. 

Tia  conr  supr^me  de  Canterbnry,  k  ]a  reqnöte  du  comte  Hontholon, 
a  reconnu  la  validite  des  actes  testamentaires  de  l'emy>ereTir,  y  coinpris 
les  lettres-mandats  adressees  ä  MM.  Lafitte  et  La  Boaillerie  qiii,  aux 
t^rmesde  la  loi  Anglaise,  sont  considerces  onnme  codicilles,  ello  en  a  re<,u 
le  d?|>^»t  et  ordonne  l'execution.  La  cour  du  banc  du  roi  a  prononce,  le 
12  ferrier  1825,  .<on  jnefnieot  dans  l'instance  entamee  contre  Mr.  La- 
fitte. et  l'a  condaiJiih'  a  i  f  mettre  an  comte  de  Montholon  le  montant  du 
iejKti.  Cet  arrft  a  eto  signifie  le  5  niars  dernier  ;i  Mr.  Lafitte,  avec  som- 
matirtn  de  comparaltre  s^  us  huitaiue  devant  lo  tribuual  de  l**"*  instance 
de  Pans,  ponr  se  voir  condamner  k  en  ox<'rutor  les  dispositions. 

n  n'v  a  pas  de  dnute,  tjuo  le  jinri  iueul  d  exe(|uatur  ne  soit  accoide, 
&oi>qii  il  e.st  la  consequeuce  du  isystenn  qüi  a  ete  adopte  par  le  couseil 
h  m  *  t  ijiii  tend  ä  constater  que  la  äuccesüiou  de  Tempereur  Napol^n 
aest  poiüt  une  snccession  P'raa^aise. 

Mr.  le  prlnce  de  Metternich  est  arriv^  gnr  cm  c>ntrefait*8,  et  lo 
comte  de  Montbolon,  en  lui  rendant  c/>mpte  de  la  Situation  de«  choseß, 
croit  devoir  lui  soumettre  une  seule  Observation.  - 

Lorsqne  le  jngement  a  mturvenir  anra  et6  rendu,  soit  qn'il  so  bome 
»  reconaaiiie  que  la  8acc<»88ion  est  legalement  ouverte  en  .\ngleterro  ot 
r«gie  par  la  loj  Anglaise,  soit  qn'il  aille,  ce  que  ne  nianqueiii  pas  do  ro- 
^Mfir  le  ministere  public,  jusqu'ä  (itablir  quo  romporour  Napoleon  et  ses 
fcfritiers,  etant  sous  l'empire  de  Turdonnance  du  6  mars  1815  et  de  la 
Inda  12  janvier  1Ö16,  sont  morts  civilement,  le  duc  de  Reichstadt  sera 
i  jimais  recpnnn  par  Teffet  de  ce  jugement,  incapable  d*exercer  ancime 
«tioa  en  France,  ponr  le  recoavTement  des  biena  d^pendant  de  la  snc- 
cMrioa  de  rempereor. 

Le  seid  mojen  d'^Titer  ee  r^Hit  qn*oii  peut  nginler  comme 
cvtein,  aenit  de  renoneer  k  ponmuTre  en  ?nuioe  reztotion  du  juge- 
MBt  tendv  en  Angleterre;  niii  le  comte  de  Hontbolon,  charg^  par  Tem- 
pvnr  NapoUon  de  raceomplieBement  de  ses  volontAi,  mettnit  vaine- 


m 


ment  on  oubli,  les  int«ifts  juivos  »iin"  s;i  missioii  lui  comuiande  de 
defondro;  un  soiil  des  lefjataircs,  un  soul  des  cröanciors  s'ompai-ant  du 
jugeiueut  du  baue  du  roi,  puuriait  le  contraindre  u  companUtre  devant  leg 
tribnnaux  FraofaiB  et  obtenir,  ä  son  d^faut,  le  jugement  qu'U  s'a^t  de 

n  fSudrait  donc  dMnttfreasur  les  Mgataures  et  leg  erfuuMn.  Lei 
premiera  sont  nombrenz;  la  plnpart  ^prouTent  des  besoins  preseuitB,  et  le 
canet^  tarbideiit  de  ploeiean  d*entr*enx  ne  permet  d*eii  ej^irer  ni  r6> 
eignatioik  ni  modtfntion.  D^i  fktigate  d*ane  longae  attente,  ils  se  eroieit 
aa  moment  d*ttre  payfe  de  lenn  lege,  et  tonte  voie  qoi  ne  tendnit  pee  I 
leor  en  procnror  lo  prompt  payement,  irait  oontre  le  bat  qn*on  se  propose. 

Ainai  le  point  de  la  difficult^  aenut  encore  ce  qu'il  etait  dte  lee 
Premiers  moment«:  garantir  Mr.  Lafitte  contre  tonte  reTendication  poi- 
siblo.  Une  partie  do  la  {^iraiiti<>  {\n"[]  a  le  droit  d'exiper,  rosiilte  dejä  de 
la  declaratiun  du  roi  et  di's  dt'ri.sious  iiiinistoriclle.s.  Etant  a  l'abri,  par 
ces  actes,  de  tout  rccours  dt*  la  part  des  autoritfs  P'raiK/aisfs,  il  auni 
attcint  soll  objet,  s'il  obtiont  la  Garantie  bfaucoiip  jdiis  neci'i<sain",  b<'au- 
coiip  pluH  officace,  beaucuup  plus  iinjioitaut*'  de  l  liiMitier  du  j^an»:  Si 
S.  H.  Tempereur  d'Autriche,  agisbaiit  coumic  cbef  de  la  famille  Impfiiale 
et  comme  tntenr  enpi^me  da  duc  de  Beichetadt,  ou  si  le  doc  de  Beicfa- 
Stadt  eons  raatoriti  de  son  giaad-p^,  renonoe  k  tout  droit  snr  lea  Cmds 
en  litige  et  autorise  le  dötenteur  de  cea  fbnds  i  en  effectaer  le  payeaeBt, 
Mr.  Lafitte  aara  alors  ponr  lai  la  l^slaüon  politiqae  et  le  droit  oommsn; 
la  l^slation  politiqae  en  ce  qa*il  aura  payd  avec  raotorisatlon  da  roi  et 
da  gouvernement  Fnofais;  le  droit  commnn,  en  ce  qa*il  aara  paj6  avee 
rautorisation  de  rh^ritior  ayant  seul  an  droit  l^ga),  pidsqae  deraat  Vh^ 
ritier  disparalt  toat  droit  collat^ntl.  H  aura  pour  lui  la  legislatioa 
Anglaise,  en  ce  qiiMl  aura  paye  ontro  les  mains  de  Tex^utenr  testamea- 
taire  revetu  en  Ancrh'tcrn'  de  tous  les  droits  du  testateur. 

l.fs  Itgiitaii t's  soront  satisfaits.  puisque  Pexecuteur  testamentairp 
Ulis  i'U  possesöiiia  des  fonds,  en  difiposora  iiTifitriut'iuont  au  jupomoni 
ai  bitial  que,  d'uu  commun  accord,  les  legataircs  out  adopUi  comme  iraaa- 
action  entr'i'ux. 

Quant  aux  creauciers  sui^out,  dont  los  oppositions  ont  eto  fonn^es 
posterieuremcnt  au  jugement  arbitral,  il»  ne  peuvcnt  etrc  payes,  Belon  la 
loi  Fran^aise,  quo  sor  raotorisation  de  rb^ritier,  les  poavoirs  de  Texe- 
cntear  testamentaire  ^tant  p^rimis  en  Franee  dans  le  d^lai  d*nn  an  et 
an  jonr  (selon  la  loi  Anglaisot  ces  ponvoirs  darent  toate  la  vie  et  erat 
mftne  transmissibles  par  saccession);  Tez^tenr  testamentaire  anrsit 
donc,  d'apris  la  loi  Anglaise,  le  droit  d*ordonner  le  payement  des  crtei- 


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d«n  FnuifMs;  mais  poor  que  ce  payemeot  eüt  lieu  en  France,  U  &ndnut 
qw  le  jugement  Ju  banc  du  roi  y  UA  rendu  oxe<.-ut<)iro.  On  retcnnbenit 
aimi  dsiu  la  dilßculte  dont  on  a  voulu  sortir.  II  convient  douc  encore 
duu  ee  eas,  qne  I  h  '-i  iti*>r  manifeste  sa  voloüÜ,  en  autoriesnt  lui-möme 
b  psyement  des  cräanciera  qrporans»  pour  le  montant  ddtermuö  de  lean 
eratnces. 

Sera-t-il  permis  an  comte  de  Montholon  dß  sonmetire  h  Mr.  le 
prince  de  Metternich.  a»miiie  conclusion  de  ce  memoire,  un  projot  de  re- 
daction  de  la  decisioii  k  rendre  par  8.  M.  Temperenr  d'Antricln'.  ((u'il 
consid^re  comme  la  plus  propre  ä  lerer  et  ä  prevenir  toute  difficalte?  £Ue 
«et  caiqaee  sur  la  d^cision  royale  du  11  jnin  1824: 

M.  Temperear  et  roi,  agissant  comme  ch)>f  de  la  famille  Imperiale 
et  comme  tuteur  naturel  et  l^gal  du  duc  de  Reichstädt,  renon^nt  h  tous 
!«  droits  qii'il  atirait  pu  faire  valoir  sur  les  fonds  deposes  pai"  rempcreur 
Napoleon  dans  la  maison  Perreganx,  Lafittc  et  C'*,  autorise  tout  [laye- 
ment  deti  dits  fonds,  soit  au  comte  de  Mniitlndon.  pmir  l'ncqTiit  dos  re- 
coamuflsanceg  dont  ü  est  porteor,  soit  aux  cr^ciers  du  dtiposant»  savoir: 

Au  comte  Ht-rtnind    .    .     2.H5ö'67  balance  de  compte. 
^    .    Montlioioü  .    .    17  171  60  dito. 


payomentd'un  b«>n  tl«  l  empercur. 
anvtc  ^ic  (•Miii|it.'  jKiiir  rr-mhoiirpr- 


ordre  do  rempeiüur  au  jcuno 

Walowskv. 


Heritiers  Cbartran 
'«'Pire  ..... 
l>'jiiiiilinu  .... 

'^''>m  

Onchesse  du  S'-Leu  . 
Creanciere  Bron.  . 
Capitaiiie  Danais  Bot^soy 
Homaüu  »L  Wilson 
PtyrBsse,  tresorier 
C«ar8ot,  maltre  d'hötd 

Pluat  

Barry,  medeciu  .  . 
Ö**  Oourgaud  ,  .  - 
Sutini,  hoissier  .  . 
BooMeao,  argeutier  .  , 


12.508-84 
18.000 

6.510*97 

2.100 


30.UÜU 
4.800 


37.570  91 


80.000 


12.000 


6.000 
12.000 
12.000 


1.700 
2.454 


1.895  15 


frais  de  voyage. 
appointemcnts. 
arreragcs  de  pension. 
gages. 


giiges. 


pri\  d'tin  collicr  de  diamantfi. 
coinianiiiiit ioii  juiliciairo. 
iVft  d'uu  batiun'üt. 
avancos  a  S'*-Helöno. 
balance  de  caisse. 


bon  de  1  eiuporeur. 


II 


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224 


Archambault,  piqnenr  .  1.750  gages 

Chandelier,  cuisinier  .  1.500  ^ 

Peynisset       „  .  900  , 

Lepage          ,  2.400  , 

Le  tout,  en  capital  et  interßls  ä  la  dat«  du  payement  des  dites 
dottes,  s'elövent  ensemblo,  en  capital,  ä  la  somme  de  sept  cent  quatre- 
vingt-six  millc  buit  cent  seize  francs,  soixante  quatre  Centimes.* 

Paris,  ce  5  avril  1825. 

Sign^:  le  gen^ral  comte  de  Montholon. 

XXX  vm. 

Fürst  Camille  Borghese  an  den  Grafen  Bombelles. 

Florence,  27  jaillet  1825. 

Monsieur  le  comte! 

Etant  nn  des  ei^cntenrs  testamentaires  de  la  princesse,  mon  epouse, 
je  crois  de  mon  devoir  de  vous  informer  quo  dans  son  testament  se  trouve 
un  article  qui  regarde  le  prince  de  Reichstadt.  J'aurais  boaucoup  d'obli- 
gation  ä  V.  E.  si  Elle  avait  la  bonte  d'cn  pr^venir  S.  A.  le  prince  de  Metter- 
nich, afin  qu'il  en  instruisit  Tempereiir,  tutcur  de  S.  A.  le  prince  de 
Reichstadt. 

Ceci  n'est  qu'une  simple  communication  de  Tarticle  du  testament, 
puisque  l'inventaire  n'est  pas  encore  termine;  d^s  qu'il  le  sera,  je  m'em- 
presserai  d'en  informer  V.  E. 

Je  

Beilage: 

Ariicolo  estratto  dal  testamento  della  principessa  Paolina  Bor- 
ghese, nata  Bonnparte,  fatto  il  di  9  giiigno  1825  in  villa  Strozzi 
fuori  di  Porta  S.  Gallo  nella  cittä  di  Firenze, 

Lascie  e  lego  la  villa  e  possessione  di  S.  Maii.ino  nelPisola  dell'Elba 
al  mio  nepote  Napoleone,  figlio  dell'imperatore  mio  fratello;  e  piü  il  lavab« 
di  porcellana,  che  serv^  airincoronazione,  e  chegli  ricorderä  unadelPep^Khe 
piü  gloriosi  dcUMstoria  di  suo  padre.  La  casetta  de  prosumi,  i  piccoli  bijoux 
in  oro,  che  Timperatorc  mi  ha  lasciati  per  testamento  ed  il  lutto  in  testi- 
nionianza  della  mia  tenora  afTezione  per  lui. 

(Beilage  zum  Berichte  des  Grafen  Bombelles  au  Metternich,  ddo.  Flo- 
rence, 28  juillet  1825.) 


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225 


XXXIX. 

Graf  BombellOB  an  den  Fürsten  Metternich. 

Florenca,  le  30  «oüt  1825. 

Mon  princdl 

üne  personne  qui  ne  veut  pas  ötre  connne  et  qni  ne  m'a  pas 

nommee,  m'a  fait  savoir  que,  si  on  hii  promettait  nne  r^mpense  digne 
de  la  rev^latien  qu'elle  fcrait,  olle  douneralt  des  rensoignements  peaiÜfs 
rar  des  sommes  considerables  d^posees  par  Napoleon,  il  y  a  quelques  an- 
n^es,  choz  des  banquiers  de  Livourne.  Quoiqu'au  premior  abord  cotte  ou- 
T#>rt!]rp  ait  l'air  d'one  mystification  ou  plutM  d'une  fripoimerio,  je  n'ai 
cependant  pas  voulu,  dans  nno  affaire  aussi  importante,  lu'gliger  de  por- 
ter  cette  proposition  h  la  cnniuiissauco  do  V.  A.  Je  no  ciois  pas  qu'il 
nons  convienne  dp  ripii  iiroiiiottr*^  do  positif  a  !a  porsonne  qui  veut  ven- 
'Ire  «on  «prrc't.  Car  si,  comm»'  ('«'hi  ost  assez  pi  nhiiblo,  cVst  un  fripon,  il 
1'  nirait  avcc  ses  conipliccs  faiio  Ics  fmids  pour  uii»>  snimue  peu  coiiside- 
raMe  et  cxitrcr  cnsuite  la  fortf  rocompt-nsf^  qn'on  liii  aurjiit  promise.  Je 
}*üse  que  ce  qu'il  y  anruit  de  \>\n^  sas^o  sfiait.  s  il  y  a  qnelqiip  fonde- 
ment  ä  tout  ceci,  de  pmniettn.'  ritiilividu  oii  (luestiuii  taut  pour  Cent  sur 
l^s  pomme«  on  qußstioii  dau.s  le  las  uii  ♦  noitivement  on  parvieiidrait  a 
i«s  ictruuvt  r.  Dt'  cf  ite  mani^io,  il  uy  aurait  aucuu  risque  ^  courir.  J'at- 
teads  d  cet  i'giiv<\  les  ordres  de  V.  A. 

J'ai  täcliL'  de  sonder  snr  cette  affaire  i^Ir.  Tito  ^laiizi.  .To  nie  suis 
ii'vii;u  (ju'il  u'avait  aucune  iilee  d'ai'gent  laisse  pai  .Napnlfun  a  Livnurno, 
ai  mnuf  de  l'epoquo  k  laquollu  ce  placement  out  pu  s'ellcctui  r.  Mais  on 
psüliut  avoo  Tito  Manzi  rex-ein[)ereui',  il  m'a  dit  que,  lors  de  üüü  der- 
üier  sejom  il  Tuscane,  Mr.  O'Meara  l'avait  a.sfjuro  qu'iudependjimmeut  des 
ciüq  uiüliitns,  coüüei»  ä  Ali.  Lafitte,  Napoleou  avait  encore  trois  iiiilli..ns 
j  Paris,  mais  que  cet  argeut  dcvait  etre  regarde  couiiuu  purdu,  t'tü.iit 
ti»mbe  dans  des  niaius  tr^s  pen  süres.  O'Moara  ne  se  rappolait  plus  le 
Bom  du  bauquier  chez  qui  devait  so  trouver  cot  aiLrciit.  iiiais  il  croyait 
qn'il  portait  Tun  des  quatrc  üonis  suivauts:  lligaud,  Luiuoicior,  13uuvard 
fltt  Genier.  O'Meara  ayant  lu  cos  quatre  nonis  sur  des  tablcttes  ecrites 
^  !i  niain  de  Napoleon,  il  ignorait  encore  ou  feignait  d'ignoror  si  ces 
WBB  ^ent  T^ritables  ou  bien  de  Convention  et  servaut  a  eu  cachcr 
4*atttm.  Des  notions  ausai  pen  süres  et  ausBi  embrouill6es  ne  merite- 
zntBA  pas  d*Atre  portäes  k  la  connaiaeanee  da  Y.  A.,  si,  je  le  repete,  dans 
affutw  anaai  ddlicataa  il  ne  me  paraiaaait  pas  indisponBable  de  Lm 
fm  tort  atToir. 

Teuillez  

InUv.  aa.  LXXX.  L  BUlto.  15 


226 


.    Ad  XXXIX. 
Graf  BombellM  an  den  Fürsten  Metternich. 

FkNMiM,  I»  U  jarnitt  18S6. 

Mon  prmcel 

Je  i)ron<ls  la  liherte  d'envoyer  ä  V,  A.  en  original  le  rapport  ci- 
Joint  du  coiisul  gL'iieral  d'Autriohe  ä  Livourne.  Ce  rapport  a  trait  ä  l'af- 
fuiii'  dont  j'ai  eu  l'hoiiueur  d'eutit'tonir  Y.  A.  dans  la  depecho  qu('  je  Lui 
ai  adresseo  le  30  acut  deruicr  n'^  25  Litt.  C.  .To  dois  toutefois  ajouter  quf 
je  n'avais  jamais  parle  jusqu'ä  presout  ä  Mr.  Tausch  de  cotte  aflfair*-.  qui 
et4iit  parvonuf  k  ma  connaissanc**  par  uu  tout  autre  canal.  Je  n'entror;ii 
au  resto  daus  aucun  pourparler  ü  cet  egard  avant  du  cuimaitre,  mon 
prince,  vos  pr^cises  intentions. 

Je  prie  V.  A.  de  vooloir  agreer  —  

Beilage: 

Generalcomul  G.  Tausch  an  den  Grafen  Bornbelle«. 

liTonu»,  18  gemujo  182C 

Eccelenzal 

Dimora  permaiieBtemente  in  Livomo  Tawocato  Vinoemo  Vantiiii, 
nobile  naÜTO  dl  Portoferraio,  e  penaionato  dal  govemo  Toacano,  perehe 
fu  giadiee  nel  tempo  del  regime  Francese,  di  poi  gran  giadice  e  ciambd- 
lano  di  Napoleoue  per  il  tempo  che  qnesto  principe  fa  allMeola  deU*Ellii. 

Ho  potato  sapere  che  an  individuo  venuto  da  Furense  n  h  preeen- 
tato  nelli  scorsi  giomi  al  aodetto  aTvocato  Vantini,  inyitandolo  a  diigU, 
8*  egU  avesse  avnto  difBcoltik  di  prestare  Y  opera  sna  per  disooprire  i  capt- 
tali,  che  si  auppongono  esistere  in  Toacana,  Borna  e  airieola  dell'Elbi, 
appartenenti  aUa  snccesBione  di  Kapoleone  f  n  medeainio  ha  replieako  di 
non  avere  yemna  difficoltä,  di  avere  anoora  i  meni  per  oonoscero  i 
poflseasori  dei  capitali,  ed  i  tttoli»  e  le  ragioni  per  obbligarli  a  pagaie, 
che  non  averebbe  faftto  tale  riTelasione  nft  trattato  V  affiue,  altro  che  con 
persona  antorisiata  dal  govemo  Toscano  o  Anatriaoo. 

La  persona  ha  dimandato  aU'ayrocato  s^  av^a  diffiooltii  di  man 
in  Firenie  per  tratlare  1*  affiue,  ed  egli  ha  risposto  che  n  sarebbe  andsio 
mediante,  lo  sborso  antidpato  di  seoohini  eento,  e  la  valida  promeasa,  che 
Im  solo  sarebbe  gtato  impiegato  per  ü  recnpero  dei  ci^itali  tanto  in  Boaü 
eome  in  LiTomOi  Pistoja  ed  isoU  d*  Elba. 


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227 


L'  arvocat/^  Vantini,  con  cni  ho  parlato,  dopo  avornii  cunfoTmato 
quant-i"  sopra,  sonza  pfrö  indicarmi  chi  lo  ha  ricorcato,  mi  lia  lit'tlo  di 
piü,  che  ^li  occorreua*»  e  in  grado  di  funni  conosc^rtj  mediaute  uii  ad- 
wjuato  compenso,  i  mozzi  che  ha  por  l'osito  IVlicc  di  ([iimV  affaro,  e  lo 
Simm^  di  cm  si  trutta  ]»nrzialniento,  puiche  csiätouo  Iii  Itülia  uitro  de'  tre 
mk>  mila  frauchi  apptiiienenti  al  fü  imperat^ire  Napoleone. 

Confido  a  V.  E.  che  sicconie  il  Yautini  o  certo  di  vista,  ho  potuto 
vtdeitt  tra  sue  mani  una  Icttf-ra  tinnata  Pu^ras,  che  credo  fosse  im 
j»|ratf»re,  Jatata  so  non  erro  del  giugno  1823  senza  itae^c,  ina  cun  mar- 
chi  Ii  {iLfta  di  Fiaucia.  piena  di  numeri,  dalla  iiualc  ravv-icato  faceva  il 
caiiA-Iii  .it'lli;'  somme,  e  pli  scoppato,  che  franchi  Iii  luila  Ii  duve  ü  Viva- 
nelli  di  Pi&Uija  —  fianohi  50  unl.i,  Luciano  h  Koma  i)or  minerali  ricevuti 
M' isola  d' Elba,  che  altii  451  mihi  l'ianchi  sono  iü  Livuiüo,  resto  di 
franchi  180  mila,  e  che  il  rimauoiitt»  di  questi  era  süito  passato  a  un  iiidi- 
ridoo  a  lui  uoto.  e  che  tal  donaro  noD  6  süito  mai  vursato  noUa  cassa  di 
iucmsionc,  fatto  che  resulta  da  documenti  di  cul  il  detto  a¥VOcato  si 
nnto  poesessore.  Finalmente,  che  per  altri  140  mila  francbi  da  incas- 
sm,  di  coi  poesiede  i  nomi  dei  debitori,  che  per  tiuesti  tra  pochi  giorni 
Ti  samuio  i  titoli  e  le  piocnre. 

He  stimato  di  riferire  tntto  ci^  a  V.  E.  senza  Intendere  di  garan- 
tin qoanto  possino  essere  veri  gli  attesti  de]  Tantini.  Si  Ella  gradisse 
di  avera  pHk  lati  sehiarimeiiti,  forse  poM  ancor'  tentare  di  ^rocarame 
{««sibilmente  qnalcbe  eoea  di  piü,     non  ne  vado  certo. 

Con  prolbndo  rispetio  

XL. 

Kuohand  an  den  Heraog  von  Beiohatadt, 

gtrwboni^,  18  man  1883, 
MM  4a  1»  6*  4iTtoi«B  mfliUtn,  ebax  1«  ^ioMk  Briijrer. 

Frincel 

Dflpuis  plaaieurs  ann^es  je  sollicite  l*lionneiir  de  remettre  hY.  A.  I. 
Vulqnes  objets  tont  de  sentiment,  dont  votre  auguste  p^re,  Tempereur 
K^toleen,  ni*a  fait  djpositaire  dans  sea  derniers  moments  &  S**-H61dne. 

Persnad^  qne  Tftme  de  Y.  A.  doit  aspirer  k  sUdentifier  avec  eux,  et 
DM  demandes  ayant  toiqeiirs  6t6  sana  rdponses,  je  m'adresse  k  tous, 
piiBn,  avec  Teapirance  qne  toqs  me  ferei  connaltre  ?08  ordrea  et  qae, 
coBfonikient  anx  dernitees  Tolont^s  de  rempereor,  mon  maltre,  j'anni 
IVnnear  d*(tre  admia  ä  toos  remettre  moi-m8me  le  d^pOt  qni  m*a  ^  confil 

fai  l'bonneor  d'fttre  

16* 


388 


XU. 

Vortng  XeCfeendflli's  »n  Kyier  Frans. 

.  (Cmwapt)  Den  29.  Auguai  1831. 

Ans  dem  hier  elmrbietigst  anTwmdirteii,  Tom  Gnfeo  Saum  «in* 
beghitetui  PromenKVia  des  mit  der  ErlMcliftfkaang«l«gen]ieit  8.  B.  des 
Herrn  Henogn  von  I^cu  listadt  in  der  Insel  Elba  beanftn^n  Advocaten 

Lamporecchi  werden  E.  M.  die  Gründe  zu  entnehmen  geruhen,  w -Iche 
ilicspim  Commissfir  ^lio  baldige  a.  h.  Entschliessung  Ober  seine  früheren 
Autnipo  hinsichtlich  ('inifr''r  zum  Activstandf  ilor  orwähnten  TcrlMeeB- 
scUaft  gehörii'i'ii  Fufilcrmigcii  (•r\vnn«5chlii-h  zu  niin-lieii  scheinen. 

Indpiii  iili  mich  auf  ineiii<  n  hierwegen  untferin  31.  März  1.  J.  pr- 
stattptfin.  n.ich  in  di  u  ;i.  h,  H;in.ii'ii  befindlichen  Vortrag  gehorsamt.t  k»- 
zic'hf ,  kann  ich  die  vuii  Laiupuiecchi  angofühiien  Diingliclikeit^iück- 
sichten  aur  K.  M.  Wflrdigung  anheimstellen  und  der  a.  h.  Sclilussfasiiiiug 
in  Ehi-forcht  entgegensehen. 

XLH, 

Antomarotii  an  die  Kaiserin  Marie  Louise. 

FAme,  le  10  leptembn  ItSi. 

Madame! 

V.  M.  connalt  na  positlon  a  S"^- Helene  ei  les  bienTeUlantes  dis- 

positions  de  remporour  NapoUntn  ä  mon  egard.  Elle  sait  ausai  avec  quell« 
parcimomV  j'ai  «'te  Imito  par  los  execntr^nrs  testanientaircs,  quelle  obsti- 

nation  ils  out  iiiis».'  ;i  rpnvtiyor  a  niiniiliceuce  lo  *<oin  d'acquittcr  des 
chargeg  qne  U  succossiou  dcvait  purtur.  Je  ue  mieudiai  pas  sur  ces  pe- 
nibles det^iili?. 

V.  M.  a  daiguü  uio  piouiettro  quo  los  intontions»  do  1  omporeur  Na- 
poleon geraient  reinplis.  J'ai  Sa  pantlo;  j'y  compto  et  me  boruc  ä  Lui 
rappcler  que  la  vie  s^^coule  et  que  j'attends  depuis  doue  ans  que  d'au- 
gustes  Tolontds  e'aeoonipliBMiit. 

J*iu  rhonneur  ►  

Antomvolii      Baron  Kanaoliall. 

Fama,  la  tO  saptenbre  18SS. 

Monsieur  la  baron! 

J*ai  l'honnear  d*expo8er  ä  V.  E.  qne  la  snceeBsion  de  TempeieiiT 
Napd^n,  ourerte  k  Paris  chez  le  banqnier  Lofitte,  a  dti  de  cinq  mflUons 


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enviroii ;  a^tva  avoir  payo  taute»  les  dettes  dont  la  successiuii  6tait  gra- 
?ee,  on  procMa  k  la  division  pai-  moitie  entre  les  Idgataires  et  Tb^^ritier 
Kapollon  IL  L»  portion  disponible  d'apr^s  [w  loia  FnufaisaB  a  M  nb- 
dvviite  «ntre  Im  l^iairw  an  mare  le  franc,  la  portion  indisponible  est 
resl6e  dans  loa  mains  de  Lafitte  attendant  la  mijoiitf  de  rangnsle  Uritler. 

Deox  millions  eaTixon,  c'esk  la  somme  qae  le  banqaier  doit  anx 
hjritiera  da  malheareux  priaoe  dont  noos  d^lorons  la  peite,  e*e8t  snr 
ees  fonda  qoe  je  meto  aona  la  pioteotioB  de  S.  M.  rimpfoitriee  Harie 
Lonife,  I'aeqnittement  des  derai^res  volont^s  de  son  auguste  Apoox  en 
ma  bvamr.  Cee  volontes  sont  ex[>riiiu'(>s  Jans  les  six  piöces  que  j*ai  ea 
llionneur  de  remettre  ä  Y.  E.  Elles  renforment  aussi  les  titres  par  les- 
qnels  j'implore  !a  haute  protection  de  8.  M.  la  dnchesse  de  Panne. 

J'ai  i'hoimeiir  

XLin. 

Füret  Mettermob.  au  Baron  MaresohaU. 

YiennA»  ce  18  oetobie  1881. 

MoDBienr  le  baroni 

Bn  reponse  aaz  denz  letkm  qne  vona  m^avea  fiut  rhonnear  de 
m'adiesser  le  14  et  38  dn  mots  dwnier  an  siyet  de  la  rMamation  dn 
doctenr  Antomarfihi,  j'ai  avant  tont  calui  de  vona  obaerrer,  Hr.  le  baron, 
^e  rintentlon  de  rempereor,  notre  ai^oato  mattre,  teile  qn^elle  r^anlte 
de  la  r^lntion  sonveraine  dont  ms  nw  ^  inatmit  par  ma  lettre  da 
Sl  septembre  demier,  Aant,  que  la  Solution  des  questions  relatives  k  la 
aweeSBion  de  feu  Tenipereiir  Napoleon,  et  qui,  avant  lo  ir'isU'.  ('vonpment 
que  noua  deplorons  tous,  auraient  dü  etre  somniaea  ä  la  decision  de  la 
baute  tutelle  de  Mgr.  le  duc  de  Reichstädt,  ait  d^sormais  k  dependre 
uniqu^ment  du  bon  plaisäir  de  S  M.  M""'  ran  hiduchesse.  dnchesse  de 
Parme;  je  n'ai  pas  oru  dovoir  ^^(Mtint'ttrt'  ä  S.  M.  IVmiicrt'ur  vos  K'ttics 
Busmentionnees;  ce  qui  toutwfois  ne  doit  pas  m'nmpechrr  ilc  vous  commu- 
ai'iut  r  ainsi  que  je  vais  le  faire,  mes  r^flexions  sui  leui  contenu,  pour 
M  »?ga!il  ([iie  M"''  ranhiduchfiRs©  tronvf»ra  hon  de  leur  accordor. 

Les  diverses  piöceä  aiiubxuos  k  la  preuiiere  de  vos  letties  iudiquent 
um  que  le  docteur  Antom^chi,  en  renonTelani  a^joard*hui  sa  r^cla^ 
in^n,  est  parti  de  la  snpposition  que  la  moiti6  des  fonda  d^poses  par 
NipoUen  cbea  1»  banqaier  Lafitte  amait  ^  tenue  en  r6ser?e  ponr  6tre 
»Im IIa dispoeition  de  Mr.  le  dne  de  Reidiatadt  ä  l'^poqne  de  sa  v^o- 
^1  efc  qne  maintsaant  encore  cette  moiti6  se  tranverait  entidrement 


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230 


ä  la  disposition  de  S.  M.  M"*^  rarchidiiohesse,  commp  h(?riti^re  de  son 
anguste  fils.  Cependant,  loin  que  cette  sopposition  poisse  paraltre 
fondec,  il  est  de  fait  au  contraire  (et  c*est  de  quoi  tous  aurez  pu 
V0U8  convaincro,  Monsieur,  par  la  correspondance  qui  a  eu  lieu  sur 
cetto  affaire  entre  fou  Mr.  le  corato  de  Neipperg  et  moi)  quo  dans 
une  reponse  oflicielle  du  vicomte  de  Chateaubriand,  alors  ministre  des 
affaires  etrang^res  de  France,  au  baron  de  Vincent,  le  dit  ministre  de- 
clare,  par  ordre  de  sa  cour,  que,  non  seulement  l'empereur  Napoleon, 
comme  ayant  encouni  le  ban  de  l'Europe,  avait  cesse  dös  lors  d'etre  ha- 
bile  ä  possedor  aucun  bien  ou  ä  disposer  de  ceux  qu'il  avait  laisses  en 
France,  mais  que,  si  möme  on  vuulait  admettre  le  contraire,  son  fils, 
comme  attoint  par  la  loi  du  12  janvier  1816,  ne  pouvait  dans  aucun  cas 
avoii"  le  moindre  droit  ä  sa  succession,  et  que,  par  consöquent,  la  renon- 
ciation  qui  d'abord  avait  ete  demandee  ä  la  haute  tutelle  de  Mgr.  le  dnc 
de  Reichstädt  dans  Tintorct  des  legataires,  n'etait  qu'uno  simple  forma- 
litü  sur  raccomplissement  de  laquelle  le  gouvernement  Fran^ais  n'avait 
au  fond  nul  interet  d'insister.  Or,  comment  pouvoir  concilier  le  but  poli- 
tique  que  couvrait  cette  declaration  de  Mr.  de  Chateaubriand,  et  qui  etait 
ovidenuuent  d'ompecher  que  les  legataires  de  l'empereur  Napoleon  ne  se 
crussent  redevables  en  partie  a  la  haute  tutelle  de  Mgr.  le  duc  de  Iteich- 
stadt  de  la  jouissance  de  leur  legs  par  suite  de  la  renonciation  qu'elle 
aurait  faite  ä  la  legitime  de  ce  prince,  comment,  dis-je,  pouvoir  concilier 
ce  but  avec  la  supposition  dont  part  le  docteur  Antomarchi,  et  ne  doit-on 
pas  bien  plutöt  reconnaltre  que  le  gouvernement  Fran^ais,  en  pretendant 
d'un  cöte  exclure  Mgr.  le  duc  de  Reichstadt  de  toute  participation  ä  la 
succession  de  son  pörc,  tandis  qu'il  renon^ait  de  l'autre  en  faveur  des 
legataires  k  exercer  le  droit  qu'il  pr6tendait  avoir  de  saisir  les  biens  qui 
avaient  appartenu  h  Napoleon  (car  cette  derniöre  circonstance  est  egale- 
ment  ci>nstatee  par  les  actes)  manifestait  assez  clairement  par  lä  son  in- 
tention  de  voir  la  totalite  des  fonds  deposös  chez  Lafitte  appliqu^e  ä  l'ac- 
quittcmcnt  des  logs  et  qu'ainsi  il  est  bien  difficile  de  supposer  que  cette 
applicati<»u  u'ait  pas  effectivement  eu  liou.  Uu  autre  fait,  paroillemeot 
avörö  et  qui  vient  encore  ä  l'appui  de  ces  considerations,  c'est  que  les 
executeurs  testameutiiircs  s'etant  avec  la  pcrmission  du  gouvernement 
fran^ais  adresses  aux  tribuuaux  Anglais,  pour  faire  prononcer  sur  la  vali- 
ditti  dos  dispositions  testamentaires  de  Napoleon,  ces  tribunaux  ont  dö- 
claio  que  cette  question  devait  se  decidor  d'apres  les  lois  Anglaises,  les- 
quelles  uo  mettent  aucuno  borne  a  la  faculte  du  testateur,  de  disposer 
Selon  son  bon  plaisir  de  la  totalito  de  ses  biens,  soit  qu'il  ait  ou  non  des 
enfants  legitimes. 


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231 


Je  ne  puls  donc  que  r^p^ter  d'aprös  toiis  Cfts  faits,  Mr.  le  baron, 
qn'U  est  bieii  difficile  do  croire  que  la  nioitie  dp«  fonds  i  uiitif  s  ä  la  inai- 
s*}n  Laütte  s'y  trouvo  cücoiü  toujours  deposeo  ü  l'Ueuio  qu  il  eüt.  Mai8 
nitai«  ea  sapposant  (ce  qui  apr^  tout  n'est  pas  impossible)  qae  la  chose 
fti  maMrieUameiift  Mle,  s^eosuivrait-U  poiir  coUi  qm  bi  mmüealiw  qne 
8.  M.  rarchidudieBM,  €omme  liftritiöre  de  soa  fila,  vondrsit  faii«  de  la 
dite  raoili6,  a'dproiiTerait  aaemie  difflealti?  n'eat-U  paa  Evident,  an  con- 
trure,  quo  rexeeption  ^ne,  d'^irte  la  d^daration  de  Mr.  de  Chateaubriand 
ti-desana,  on  n'auTvit  pas  maiiqii^  d'opposer  ä  la  liaute  totelle  de  Hgr.  le 
dnc  de  Beichstadt,  ei  eile  avaii  vooln  r^damer  la  moitid  dea  dita  fonda, 
sabsiste  oncore  af^nrd'bui  comme  alore,  et  qu*ainsi  il  est  plus  que  pro- 
bable qu'on  ToppoBeratt  ^galement  h  M*""  I'aichiduchesse?  Je  dis  quo 
cptte  cTception  subsiate  encore  toujours  aujourd'hui;  car  la  loi  Fraa^aise 
da  10  iivril  1832  ([uc  vous  dtcz  dans  la  seconde  de  vos  lettroa,  Monsieur, 
n  bifln  ä  la  vi'iito  ;ibrof.'tj  rurticle  quatrionic  dp  ccIlc  dti  12  janvicr  18in, 
mais  loin  de  faire  cesser  rinhabilite  des  Josccnduuts  de  Napoltn»!!  ä  ji>iiir 
äe&  droits  civils  en  France,  eile  conürme,  au  contiaire,  tres  expit  ssomeat 
les  diRpositions  que  contenait  ä  cet  ögard  la  loi  du  12  janvier  Iblti. 

Eutin  il  ebt  TiuH  derni^re  observiUn»ii  jilus  osseatiölle  oncore  que 
I«s  precedeates,  savoir  que  uiOuie  uu  suppuaaut  qu'une  moitio  des  fonds 
eenftfe  ä  la  maison  Lafitte,  s'y  trouvät  encore  Jopubeo  aujourd'hui,  et 
qa'm  antra  eette  moiH^  fnt  r^dlement  ä  la  diapoeition  de  8.  H.  IT"  l'ar- 
dddnchesBO,  toigoDra  resteraii-il  dans  cette  double  suppositioii  ä  exami- 
ner,  a*ü  aerait  eonaeillable  que  eette  augnste  princeaae  la  revendiqu&t? 
Or,  ü  7  a  lieu  de  eapoire  que  trte  Tnuaemblablemeat  cet  examen  ue  pour- 
tait  que  eondnire      TarebidiicbeBae  ä  ae  d4dder  penr  la  u^patiTe.  Tooa 
ievea,  en  aifet,  Toua  Mre  convainea,  Hr.  le  baron,  par  lea  ant^oMenta  de 
eette  afUre  qne,  dane  Thypotiitee  que  je  vieiia  d'admettre,  M"'*'  Tarchi- 
dnchesse  f^c  tronvernit  dans  une  position  parfiütemeat  seniblable  k  celle 
qiie  pr^sentait  l'etat  des  cboses  dans  los  promiors  moments  oü  il  s'est  agi 
de  rexecntion  du  testanient  de  Napoleon.  Von?  aurez  vn  qu'alors  on  ne 
contcstait  pas  encore  ä  Mgr.  le  diic  de  Keichj^üuit  l  iiabilete  it  locupillir  la 
part  qui,  d'aprps  les  loi.s  Fr:iui^ait»ö8^  Itii  ctnniJi'tait  dans  la  sutccssiMii  de 
8on  p^ro.  <»t  los  cxecutoars  testamontairos,  aiiisi  que  le  pouvcrneiiient 
trau^ais  lui-nu'inc,  pensaieni  si  peu  ä  la  lui  iHutf<stflr  qu'il.s  s'eUiient 
ädress^s,  ceux-iä  ä  S.  M.  M""'  l'aichiduchcjihc,  ot  colui-ci  ü  notre  cour 
(Our  obtenir  une  rcnonciation  volontaire  k  la  part  susdite;  renonciation 
^  liqoelle  8.  H.  rempeceur,  en  aa  qnalitj  de  tnteur  da  jeune  prince»  et 
rarcbidaehesse  elie-mflme,  ae  eont  effeetiTenient  d(Soid^B,  et  doat 
l'ieto  fotmel  n'eat  reati  inaccompli  que  paree  que  dana  lea  entre&itea 


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232 


est  8urveiiue  la  ileclaration  siisnientionnce  de  Mr.  de  Chateaubriand,  la- 
quolle  on  mottant  en  question  le  droit  de  Mgr.  le  duc  de  Reichstadt  k  la 
legitime  quo  lui  douiiaieiit  les  lois  Fran^aises,  eüt  reudu  illusoire  la  clause 
dont  S.  M.  avait  juge  necessairo  de  vinculer  la  dite  renonciation,  c'est-ä- 
dire  la  reserve  des  droits  de  son  auguste  pu^)ille  aux  biens  laisses  par 
NapoleoQ,  autres  qua  ceux  specifies  dans  le  testament  et  dans  les  codi- 
cilles  cominuniques  par  les  executeurs  testamentaires  et  dont  Texistence 
eüt  pu  venir  au  jour  dans  la  suite.  Or,  si  S.  M.  Tempereur  et  M""  l'archi- 
duchesse  clle-memo,  a  une  öpoque  oü  ils  otaient  dans  la  ferme  persuasion 
du  droit  de  Mgr.  le  duc  de  Reichstädt  a  la  moitie  des  fonds  deposes  chez 
Lafitte,  se  sont  montres  disposes  ä  renoncer  ä  Texercice  de  ce  droit  aux 
termes  des  declarations  ^ventuelloment  arretees  k  cet  eflfet,  n'est-il  pas 
vraisemblable  que  les  memes  considerations  qui  ont  detormine  alors  ces 
augustt'S  perssonnos,  ongagoraicnt  encore  aujourd'hui  S.  M.  M"*  l'arcbi- 
duchcsso  a  preudre  lo  meuie  parti  si,  coniine  lo  pretend  le  docteur  Anto- 
marchi,  il  dopcndait  ofroctivomont  d'oUo  de  so  uiettre  cn  posscssion  de  la 
moitie  des  fnnds  susmcntionnus? 

Quoi  qu'il  on  soit,  commo  dopuis  la  declaratlon  souvent  dite  de  Mr. 
de  Chateaubriand,  nous  n'avons  plus  ete  dans  le  c:is  de  nous  tenir  si 
exactement  uu  courant  de  ce  qui  avait  trait  a  Texccution  des  dispositions 
testamentaires  do  Napoleon,  il  ne  pout  qu*etro  utile  qu'avaut  de  preudre 
8ur  cotto  alfaire  une  deterniination  quelconque,  S.  M.  M""'  l'archiduchesse 
vous  Charge,  Mr.  le  baron,  de  vous  procurer  des  inforniations  oxactes  sur 
son  etat  actuol  et  de  vous  iuliesser  dans  ce  but  a  Mr.  lo  comte  Apponyi. 

Entietemps,  et  si  toutefois  vous  croyez  nccessaire  de  ropondre  dh 
ä  present  au  docteur  Antoniarchi,  vous  pourriez  dans  ce  cas  vous  Iwrner 
h  lui  faire  connaitie  (|ue  ce  ne  sera  qu'apres  que  les  dites  informations 
auront  ote  misos  sous  les  yeux  de  M""^  l'archiduchesse,  que  cette  auguste 
princesse  sera  a  menie  de  porter  sur  Tobjet  de  sa  reclamation  une  re- 
solution  definitive,  que  vous  vous  reserverez  de  lui  faire  connaitre  en 
son  temps. 

Quant  aux  biens  laiss<;s  par  Napoleon  dans  Tile  d*£lbo,  il  y  a  d'au» 
tant  moins  de  difficulto,  a  m(»n  avis,  que  M™"  l'archiduchesse  en  ordonne 
le  recouvrement  ulterieur  ä  son  profit,  que  s'il  pouvait  en  rt^sulter  quel- 
qu'inionvenient,  il  aurait  dejä  ete  eucuuru  par  la  prise  de  possession  de 
ces  biens  qui  a  eu  lieu  du  vivant  de  Mgr.  lo  duc  de  Reichstädt,  et  ne 
pourrait  maintenant  ni  etro  atteuue  ni  aggrave  par  le  fait  de  M"'°  rarcbi- 
duchesse. 

Mais  tel  n*est  pas  le  cas,  vu  que  la  haute  tuteile  de  ce  prince  n'a 
procede  a  cette  prise  do  possession  que  sous  benefice  d'iuventaire.  On 


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pouiTait  d'ailleui*»  soutenir  au  besoin  qoe  c*ost  moinä  ä  titre  d*heritier 
que  Hgr.  le  duc  de  BeichstaMlt,  oa  poar  pai'ler  plus  exactemeut,  la  haute 
tot«lio  de  ce  prince,  a  pris  possession  de  ces  mömes  biens  qn'ä  celui  de 
Tabandon  que  la  princesse  Borgh^se,  ä  qui  Napoleon  les  avaii  läga^a  par 
oa  de  SOS  codiciUes,  en  a  (ait  en  faveur  du  prince  boh  neveu. 

£«C6¥da   

XLIV. 

Fünt  Mfltfeomioh  an  Baron  UaxmohtXL 

Yieone,  le  8  juin  1883. 

Honsienr  le  iHwonl 

Une  döuiarcbe  ivceiit«'  «i*-  ^fl•  i'ambaßsadüui-  de  Fiance,  doiit  lo  but 
"t  les  motifs  sont  reti*ac«8  daus  Jn  uiemorandura  ci-joint.  mo  jiiet  daiis  1« 
de  wpnir  sur  cft  qui  faisait  le  sujet  do  la  lettre  quo  j'ai  eu  rhonneur 
<le  vüUö  uiirt  s-t*»'!-  le  13  octobre  dernier  en  reponse  aus  tloiix  vMres  du  14 
et  28  scptembre  de  la  mcme  annee,  relatives  ä  la  reclamutiüu  d  un  des 
l^Jgataires  de  rex-empercur  Napoleon,  le  docteur  Antomarchi.  Apriis  avoir 
developpe  •iims  ma  dit«  lepoase  les  considerations  qui  mo  faisaiont  pen- 
5<r  qu'il  ue  sorait  nuUemont  c*>nstilliit)lo  ä  S.  M.  M""  1  iUxliiduclit'Hse  de 
Panne  de  revenduiiier  la  raoitiö  des  foiuls  ilepuses  pur  Napoleon  chez  La- 
fitte,  memo  en  su}»posant  quo  cetto  moitie  se  tituivät  cncoro  entre  les 
Bttins  de  ce  dfinier,  j'ujuutaisi  qu'avant  toutefois  du  preudru  uuü  resolu- 
tbn  detinitiTe  ä  cet  egard,  il  pourrait  plairo  ä  M*"*^  rarchiducbesse  de  se 
procarer  des  informations  positives  sur  Petat  oü  se  trouvo  actuellement  ä 
Pkris  Taffaire  de  la  saccession  de  Napoleon. 

8i  cetto  angaste  princesse  a  jugü  a  propos  de  euivre  ce  cohmU,  il 
«t  ploi  que  probable  qua  iea  inlmatioiu  qtt*dle  anra  n9nes  sont  eon- 
fnmufi  il  Texpos^  da  memoiandttm  ausmentionnd,  et  Itii  aoront  prouvj  la 
lUitf  de  ce  que  je  n'avalB  pn  que  eonjecturer  daos  ma  dite  letti'e  du 
13  octobre  dernier,  savoir  que,  'bien  loin  de  trouver  le  terratii  favorable- 
naat  dispute  poor  la  reTendication  que  le  docteur  Antomarcbi  tous  avut 
nvr^atfe  comme  ei  fädle  et  d'on  succds  ai  certain,  H"*  rarcMdncliesBe, 
n  ae  poHant  i  cetta  dtniarGbe,  ii*aiinüt  pu»  d*aprte  la  aituation  actuelle 
d«  l'aflUre,  qae  nncontrer  de  nouTeaux  et  plus  forte  obstades.  Tont  ee 
itnait  doDC,  me  panit-ü,  poor  d^terminer  d^flaitiTement  M^*  rarcM- 
MeaM  &  renoneer,  ainn  que  remperenr  son  aogueto  ptee  et  eUe-mAme 
t'j  «taifiiit  dS^  ddcidds  präoMemmeDt,  k  Tid^e  de  pouToir  faire  valoir  lea 
Mb  de  8.  A.  le  dnc  de  Beicfastadt  ä  nne  partie  de  la  sucoeasion  de  Na- 


234 


poleon,  et  lors  M"*  rarohiduclie^üe  trouvera  sans  douto  ;ivüc  moi  qii« 
le  moment  lo  plus  opportun  ponr  d^clarer  cett»  rf>nonclatinn  est  celni.  oü 
QU  la  deiuaiiiie  comme  an  acte  de  condescendance  a  laquollo  ou  Jt-vra  iui 
teuir  compt«  de  s'etre  preise,  ainsi  qja'h  notre  gouYernemeut  de  lalui 
avoir  conseiiMe. 

Je  V0II8  engage,  en  cons^ofiiice,  Mr.  le  baron,  k  porier  le  contena 
de  na  pi^nte  lettre  h  la  cannaiesance  de  S.  H.  U"*  rarehidnchene,  «t 
k  la  anpplier,  ponr  le  cas  oH  eile  seit  dicidtfe  &  prendre  le  parti  qne  je  m 
pemetfl  de  lui  oonseiUer  comme  celui  qni  ne  panlt  le  ploa  confonMl 
ees  ini^rtta,  de  toiib  aatoriMr  k  me  fidre  oonnattre  otteiellement  bs  ü- 
termmation,  pour  qae  je  pnisse  k  mon  tonr  en  donner  acte»  en  bod 
IjpQste  nom,  k  Mr.  rambaeeadeor  de  Ftance. 

BeeeTea  

Beilage: 

Nifte  dM  ffwu^uehen  BoitckafUn  am  YTiener  Hofe. 

Le  testament  de  Fempereur  Napol<?on  contenait  des  Iftgs  rt-nuinora- 
toires  qui  devaieiit  etic  acquittes  par  Mj-.  Jacques  Lafitte  jusqu'ä  coucui- 
rence  de  eertaines  sommes  appartenant  au  testateur,  dont  la  maison 
Laßtte  «»it  iMtfe  d^poiiMre. 

Oes  Bommee  se  eont  tronTte  inffirienreB  de  moiti^  k  la  ralenr  dee 
legt  port^B  an  dit  teetameni,  et  lee  l^gataitea  ont  dft  Mre  prtTtis  ponr  ee 
mofif  de  la  moitij  de  lern»  lege. 

Gelte  moiti<  pon?ait  fttre  rMnite  encore  au  qnart  attendn  qne  d*ipi^ 
la  loi  ciTile  Fnuk^aise  le  teatatenr,  laiaaant  des  eofimlB,  ne  peni  diapoeer 
qne  de  la  moitiö  de  Tactif  de  sa  succession. 

Pour  ce  motif  Mr.  Jacques  Lafitte  craignant  des  ridamations  ult^- 
rienrf's  do  S.  A.  le  dac  de  Beiohstadt  on  de  ses  ajant-cansee»  refosait  de 
payer  los  Icg^. 

Les  executours  testaineiitaip's,  eu  puursuivant  la  d^livraiue,  avaioiit 
obtenu  en  Angleterre  im  juginneiit  de  la  cuur  du  ban  du  loi  (lui  se  fon- 
dnnt  sur  la  disposition  de  la  loi  An(?!ais(>  et  sur  le  droit  ((n'olU!  accorde  n 
tout  testateur  de  disiiKSci"  de  la  totalit«  de  si'S  biciis  iiifublcs  Cfimlauiiutii 
MM.  Jacques  Lafitte  et  Cic.  a  i>e  dosbaisir  do  la  tutalite  des  fundü  appai- 
tenant  k  rempereui*  Napoleon. 

Le  gonveniement  Franfaia  e'opposa  ponr  des  motifs  politiqaea  k  ee 
que  le  jugcment  de  Londrea  ftii  rendu  exmptoire  par  les  tribnnanx  Eran- 
faia  donnant  dn  reste  sa  renonciation  pleine  et  eniike  1^  tonten  lea  Mar 


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235 


mt6m  et  acfcions  qneleonqvee  qii*U  ponrrait,  ä  qiielque  titre  que  ce  f(tt, 
iidr  k  •xneer  mr  b  snecession  de  Terapereur. 

Oependut  eertains  l^gateires  de  Tempereur  Napoleon  eprouvatent 
des  besoins  pressante  et  sollicitaient  avec  instance  la  d^livi-aiico  de  leurs 
le^;  le  Hr.  de  S^monville  et  le  duc  de  Bassnno,  ums  pnr  l<>s  inutit's  los 
plu hoBonbleSy  et  pleins  de  conflanco  dans  la  generositc  «K's  hcritit  rs  de 
IVmperear,  so  rendirent  personnellement  t>;ai-aiits  aiipirs  d«'  lu  maisoii 
Itffitte  qu'aacnne  reclamation  ne  serait  jaroais  eifvcc  dans  Tintöivt  de 
M  h^tiers  contre  la  legalite  des  payements  SüUicitüa.  La  inaisoii  La- 
fitteaccepta  cette  garantie,  vida  sos  main.s.  mais  prit  une  hypothequo  lio 
&00.000  fre.  Sur  les  biens  inuneuble»  de  Mr.  le  maiquis  de  Seiuouville  et 
de  400.000  frs.  sar  les  biens  meubles  du  duc  de  Bussan  ». 

Ces  inscriptions  contrarient  vivomont  aiijonrd'lmi  los  iiiterets  des 
dem  famllles  qni  ne  peuvent  copi>n>lant  obtouir  la  radiutiou  que  .si  lu 
Diaison  Lafitte  est  mise  h  l'abri  de  tmit  rt'cours  de  la  part  de  S.  M.  Tim- 
peratrice  Marie  Louise.  La  bienveillanco  avoc  hupu-lle  S.  A.  Mr.  1«'  itrince 
i-  Mptternich  a  bien  voulu  eoouter  IV-xpost'  df  cttt-  affain'  disp(Ml^<♦'  de 
retracer  ici  les  mntifs  de  divorse  natur»-  *\w  imhu  laii  iit  iiiv^quer  Ic^  iiite- 
ms^s.  Oü  Be  bornera  ä  indiquer  comme  la  Solution  la  i>liis  simple  une 
tl^lamtion  par  laquelle  S.  M.  Marie  Louise  rcnoni-frait  a  t'^us  i^cs  droits 
Sur  la  succession  de  S.  M.  l'euipereur  Napolt'-on,  i-t  approuvi  lait  iiuplicite- 
nent  oo  explicitement  les  payements  l'aits  pai-  la  muisou  Latitte. 

XLV. 

Kareiohall  an  den  Fürsten  Uettemioh. 

Panne,  le  21  juin  1833. 

Mon  prineel 

Aussitöt  aprJjs  la  nk-eption  de  la  dopn  iu'  de  V.  A.  du  ö  de  rc  niois 
wncernant  la  renonciation  deS.M.M""  rai  chiduclicssc  durhcss*-  dol'aruu', 
Monte  idee  de  faire  valoir  les  droits  de  S.  A.  ^Iirr.  le  dur  df  K«M«  listadt 
ä  aucunf^  partie  de  la  succession  de  Napob'oii  son  p»'i«',  j«^  um-  suis  fui- 
presse  de  la  mettre  sous  les  yeux  de  S.  M..  aiiisi  <nn;'  Ir  nn-niorainiinu  d»* 
Mr.  Tambassadeur  de  France  qui  «"y  tiouvait  auiicxt'-.  ot  iin  expose  {,'>''ne- 

la  iiiaixhe  de  cette  affaire  depuis  son  oriu'iMi'.  (F<dilt.) 

S.  M.  M"*  rarchiduchessc  laquelle  est  (•iuiiiu»'»'  de  ]»ouvoir  ^uivre 
cette  occasion  une  marche  conforuu'  aux  intentions  (|u'ellt'  a  numi- 
ftltfn  dis  le  principe  de  cette  affaire,  a  daigue  urautoriser  ä  deciaror  ofU- 
cUkiBent  en  son  augnste  uorn  ä  V.  A.,  ainsi  que  j'ai  rhoiineuc  de  le 


23G 


üin  pur  la  piiseiite,  qii*eUe  i«nonfait  Tolontairanwit  h  tonte  \äk  d» 
tun  vdoir  1«8  droits  de  8.  A.  le  dae  de  Beiehstadt  k  nne  partifl  d»  b 
snocession  de  Napoldon  eon  p&re.  Priant  V.  A.  de  doniier  acte  d«  cutte 
dfelaration  Ik  Hr.  rambasBadeor  de  France,  aDssi  bien  qii*4  tont  mtn 
qa*elle  ponrrait  ooncemer,  daignte  

Beilage: 

Fbrtraj^  iforMcAa^rt  an  Marie  Louise* 

Panne»  le  St  jain  im 

Hadamel 

TJne  demande  recente  de  Mr.  rambassadeur  >h  Francis  a  Vieune, 
ajaiit  poar  bat  d'obtcnir  de  V.  M.  uim  lenoiiciatiou  fonnelle  ä  Vidt^  de 
fairo  valoir  les  droits  de  feu  S.  A.  S.  le  duc  de  Reichstadt  sur  la  succession 
patemelle,  me  fatt  vn  deroir  de  retiaoer  tHrttremeiit  i  Y.  H.  la  wudn  d» 
eette  affairo  depnie  eon  origine. 

Le  teatament  de  Napoleon  contenait  des  lege  rdnnmdrateiFea  qii 
devaient  dtre  acqnittda  par  la  maison  de  banqne  lafitte»  juaqineB  A  oon- 
carreaee  de  cwtaiDea  aommea  appartenant  au  teatatenr,  doni  eette  maiioa 
4tait  depositaire.  Cto  BomineB  se  aont  troav^  iufdrlearea  an  montant  des 
lege  portes  an  dit  testament,  et  elles  le  seraient  derenues  encore  infliii' 
ment  plns,  si  Ton  s'^tait  prevalu  des  lois  civiles  Franfaises,  seien  letexU 
desqnclles  le  iestatenr  laiaaant  des  enfuite  ne  peut  dü^oser  qne  de  la 
moiti^  de  Tactif  de  sa  succession. 

A  cptte  epoque  et  ponr  cos  catisos  leg  executoura  testamentairf? 
s'adresHÜioiit  ä  V.  M.,  et  le  gouveriH  tncnt  Fran(;'ais  h  S.  M.  Penipereur 
comme  charge  ilo  la  baute  tutelle  de  fem  S.  A.  S.  io  lue  de  Reichstädt,  afin 
d'obtenir  de  l  iiiit'  ot  de  l'autre  partie  iihp  reuoaciatiou  volontairo  a  la 
part  qui  d*apii3s  ks  lui^  Fran^aises  pouvait  compdter  a  co  jpune  prince; 
renoDciation  ä  laqucUe  V.  M.  aussi  bieu  qua  S.  M.  rempcreur,  ea  sa 
qualite  de  tnteur  de  sou  augaste  petit  fils,  se  sont  eiTectivetnent  d^id^ 
et  dont  racte  formal  n'est  restä  inaccompli  que  parce  quo  le  gouTeme- 
ment  Francs  ayant  entretenps  ehang^  de  maniire  d'envisager  eette 
affaire  et  mis  en  qnestion  le  droit  du  dnc  de  Beiehstadt  i  la  Idgitime  qne 
Ini  donnaient  les  lois  Franfaises»  la  clanse  dont  S.  M.  rempereur  avait 
jngä  n^oessaire  de  vincnler  la  dite  renondation,  c^est'A-dire  la  r^serre  des 
droits  de  son  angnste  pnpUle  anx  biens  laissfe  par  Napoldon,  antrea  qne 
anx  sp^ifi^  dans  le  testament  et  dans  les  codicilles  conunnniqnds  par  les 
exdcntenrs  testamentaires»  serait  devenne  illnsoire. 


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237 


üepnis  c«tte  ^poqup,  ni  V.  M.  ni  l:i  haut»'  tiitfllo  fr-n  Mi;r.  lo  «lue 
de  Beichstadt  n'avaient  plus  donne  auciino  suit»«  a  «  ott»'  attaii«'.  l..rs(nit' 
l'automne  passe,  pou  de  mois  apres  k>  iiialli»  ui«'ii\  .lt'ci'>  'ic  iiriiu-i«.  h« 
(l'KTteur  Antomarchi  sc  presenta  ä  Paim*'  nvlaiiiaiit  V.  M.  rac(|uitti'- 
ment  des  dernieres  volontes  de  Son  i'iioux  on  sa  favt  ui-,  et  !♦>  f?ollioitaiit 
Sur  la  partir-  des  fonds  deposes  chez  !<•  l>aih|iii-  i  Latittc  la<|n<-ll<-  x'lon 
son  asseilioii  avait  dü  etre  c«»nsideree  CMiiime  niü:>)>..nil>l''.  ft  r«'-t' r  par 
o^nsequent  en  depöt  dans  la  dite  maison  do  bauquc  jusqu'a  la  iitnjuiito 
dujeune  prince. 

V.  M.  daig-na  m'^rdonner  de  porter  la  ifclainati^ai  iu  l>"  t«M;r  Ant-i- 
marcbi  ä  la  connaissance  de  Mr.  le  priiic-'  dr-  .M.  (t«  iiii<li  <  t  .l»-  .i<  iiiatiiifr 
♦n  son  noin  Tavis  de  S.  ^1.  I.  taut  siir  la  >iJii|i">itii>u  avaii«  !  »'  pai  !<■  ic- 
damaut.  que  sur  la  ligue  de  cnduito  (ju  il  y  amait  a  t<'iiir  s"n>  Ir  lapp  ut 
ic$  propres  couvenance«  aussi  bieu  que  sous  celui  des  iiiterets  des 
legataires. 

Mr.  lo  prince  df  Mfttcniich  en  nie  rt-p'-n  laut  ••d  dat«-  du  i«i  t..ln»^ 
liernier  quo.  quoi(|nV-n  suite  de  la  n'-nlntioii  s..iiv(  iiiiii4-  di-  S.  M.  rrni- 
p^reur,  oominuniquee  a  la  date  du  21  srptt-niliK'.  la  -nlmiMii  tl..>  tiui-sti"iis 
relatives  ä  la  suroession  de  feu  rempen'ui-  Na|<''lt'"ii  .ii  parti-nait  d<>iv- 
navant  entierement  ii  V.  M.,  il  n'avail  pa.^  jiu  Ltii  >niiiii.  tn--  iiif>  <"iinini- 
nications,  ajoute  qiril  ne  cruyait  point  quo  i*da  dut  l'.  niiM'.  h.  r  d<'  nie 
C'iroinuniqner  ses  reflexions  sur  leur  couteuu,  p"ur  tel  e^ard  qut*  V.  M. 
jugerait  c<.»u\ '  iialile  de  leur  accorder. 

S.  A.  etablit  dans  la  pi^ce  ri-joint»«  .  u  ..i  iLMual  que.  n»>n  seulemeut 
la  supposition  du  docteur  Antonuirelii  >ur  la  jiaitic  dos  fnntls  tenus  en 
rf<erve  chez  le  bancpiier  Latitte  jusqu'a  hl  niaj«»rito  de  Mgr.  lo  duc  do 
Reichstadt  etait  prubablenieut  err»»nec,  mais  qne  ineuic  dans  le  cas  oü 
f\k  fut  vraie  et  aussi  bieu  (jue  dans  celui  uü  il  appailiendmit  ä  V.  M.  d'on 
iispLsor,  il  ne  sorait  encoro  nuUemont  conscillable  a  V.  M.  do  la  rovendi- 
qver,  les  memes  considörations  qui  ravaient  disi>osce  ainsi  que  S.  M. 
r«Dq»ereur  h  renoncer  dans  le  principo  ji  rexorcico  do  cc  dioit,  devant 
Tnisemblablement  L'engager  encore  a  prescnt  a  prcndi'o  lo  inöuio  pui  ti; 
il  coBseiUatt  en  ontre  eomme  utile  avant  de  prondi'c  sur  cettc  afTairo  uno 
^Avmiiiilioii  d^finitiTB,  de  ee  procui'cr  par  Mr.  lo  comtc  A}»pönyi  des 
nnseignemeiitB  exacto  rar  eon 

y.  M.  mettent  mne  pleine  oonflsnco  dans  ropinion  eunncec  pnr  Mr. 
l«irrmee  de  Metfeemich,  et  n'ayant  jamaia  eu  d*autrc  intentinuquo  d  exa- 
nniier  ee  qui  poamlt  Mre  duiB  Tinteret  des  Icgatairos  qui  s'ötaicut 
^intsk  k  Elle,  ne  jugea  point  oonTonable  aUns  de  d<»uuor  suitc  a  ruf- 
faire;  k  präsent  Kr.  le  prince  de  Mettornicli  en  suite  du  nioniMnmdutn 


23d 


nmii  par  Mr.  rambasrndflor  de  France,  lequel  aa  tooava  joial  I  ta  d6- 
ptohe  da  8  da  ee  mois  it  pr<  uve  que  lee  oonjaetiina  aiprim^  daas  oeUi 
du  18  oetobfe  1888  tont  pariSutamaiit  v^riiUea  par  lea  fiato,  eeoMOIa  i 
y.  M.  d'aodder  i  la  taande  de  Kr.  rambasaadear  de  Ranee,  «t  xe- 
nooeer  ainai  qQ*BUe  a*j  «tait  d^jä  diddte  pr^emmeat  i  toate  U6%  de 
ftiia  Taloir  lea  dimta  de  8.  A.  S.  le  dae  de  Budiatadt  ä  ane  parti«  de  b 
aaooeaaion  de  Napoleon,  oonaiddrant  qae  le  Boaunt  le  plus  opportun  pour 
dddarer  cette  lenondation  eat  ceini  oii  on  la  Lai  demande  ooBune  aa  acte 
de  eondeaeendanee,  aaqael  on  devrait  Lai  tenir  compte  de  a*Mre  prtMe. 

J'oae  done  prier  Y.  M.  ai,  d'apria  Teipoed  d-deaaaa»  Elle  juge  eoa- 
veaaUe  de  prendre  le  puti  qal  Lai  eat  «onaeilld  oomaie  le  plaa  eoalbnae 
k  See  intdrMa,  de  deiner  m'aatoriaer  k  fiure  connaltre  efficielleauiit  k 
8.  A.  Hr.  le  prinoe  de  Hetternieh  la  d^tenaiiiatioii  de  renanoer  Tolonkahe- 
ment  k  toate  idde  de  fiure  valoir  lea  droita  de  8.  A.  8.  le  dao  de  Beidiatadt 
k  ane  partie  de  la  aaceeaaioa  de  Napoldon  aon  pire,  afin  qa'll  paiaae  k 
aon  toar  en  donner  acte  &  Uir.  Tambaaeadear  de  Rance. 

Le  grand-maltre  de  Y.  H. 
ApproaTd  Marie  Loaiae  m.  p.  Mareaeball  m.  p. 

XLVI. 

Noaa  Marie  Loaiae,  Princeaae  Imperiale,  Archidaoheeae  d*Aatriehe, 
Dacheaae  de  Panne,  Plaiaance  et  GaaataUa 

Donncaa  par  oea  pi^aeatea  pleinpeavoir  cbargd  et  aatorit6  k  Mr. 
Porcber  de  Lafontaine,  acroeat  de  la  coar  Bojale,  Chevalier  de  la  Mgien 
d*honaenr,  demenrant  k  Paria,  de  fiure  k  tel  tribanal  oa  aatoriti  qn*ii 
appartiendra,  la  d^daration  qae  Koaa  renonfoaa  parement  et  aimplement 
tant  en  Notre  nom  peraonnel,  qae  comme  bdriti^  en  partie  de  feo 
Napolten  Fran^ois  Charles  Joseph  dac  de  Beichatadt»  Notre  Als,  k  toos 
droita  et  pr^ntiona,  g^nöralement  qnelconquea  qae  Nona  et  Notre  fila 
aariona  pn  avoir  anr  tous  los  biena  meubles  et  immoubles,  situes  en 
France,  ajant  appai-tenu  ä  Tempereur  Napoleon  Notre  Illustre  eponx, 
d'affirmer  quo  Nous  n'avons  fait  aucon  acte  d'h^ritier,  enfin  de  faire  et 
eigner  toutes  d^larationa  et  affinnationa  qai  aeront  leqniaea  pour  Tolyet 
du  präsent  pouvoir. 

Fait  cn  Notre  r^denoe  dncale  de  Plaiaance  le  douce  Mai  mille  buit 
eent  trente  aept. 


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Abkürsiingeii. 


Antomarchi:  M^moires  di\  docteur  Antoin.ii rlii.  Hni\t>lles  -2  U.l.v 

Correspoudauce  de  Napoleon:  Correspuntlancü  du  Na]Mileou  1,  {iublit>o 

pw  roidre  de  remp«raar  VApoIAon  UI.  PAris  1858—1870.  32  Bde. 
Bvf in«:  Md—dm  et  ooneqMmdenee  politique  et  militaire  du  prince  Eugene, 

p«r  A.  dn  Gawe.  Fkris  1860.  10  Bdo. 
Forty th:  Histoi/  of  HhB  tafAyitj  of  Napoleon  at  St.  Helena.  London  1853. 

3  Bde. 

Uamel:  Histoire  du  rifne  de  Louis  Philippe  tHiMutt  huite  a  rhistoira  de  la 
tertroretiee,  Jnlllet  ISSO-^Pivrier  1848,  par  EraeBt  Hamel.  Paris  1889. 
Belfert:  Maria  Lomie,  Endieraogiii  von  Oesterreich,  Kaiserin  der  Fransosen. 

Wien  1873. 

Larrey,  Madame  Mdre:  Madame  Essai  histuriqne  par  le  baron 

Larrey.  Fans  1892.  2  Bde. 
Maria  Loaise,  Correspondanee:  CSofreHpondance  de  Marie  Louise.  Vienne 

1888. 

Montbel:  Le  duc  de  Reichstadt.  Paris -Versai lies  1832. 

Montholon:  Histoiro  dw  la  captivit^  de  S''  H.'-Iriic.  Paris  184f>.  2  lU\o. 

Oeiterroichs  Theilnahmn  an  dtju  H  t  ri' i  ii  ii  ir^  k  ri  «'«r«- ii :  Kiii  Hcitra}; 
uur  Geiicliieiite  der  Jahre  1813 — 1815,  nacli  .\ulzL'irliiuui;;«'ii  vkii  Friod- 
rieh  Ton  Genta,  nebat  einem  Anhang:  Briefwevhscl  zwischen  den 
FBnten  Sehwanenberg  und  Kettemich.  Herausgegeben  von  KIchard 
Filntt  Mettemidi-Winiiebiirg.  Geordix-t  und  /lütaramengesteUt  von 
Alfons  Freiherrn  von  Klinkowstr^in   Wn  n 

Prokescb:  Mein  Verhältuiss  zum  Herzog  von  Keidi-stadt. 

Scklitter:  Die  NapoleolüdM:  Kaiser  Franz  I.  und  die  Mapoteoniden  vom 
Starae  Mapoleona  bis  an  daaaeo  Tode.  Wien  1888.  (Aus  dorn  Archiv 
für  OsterreidÜBche  Oeadiidite»  LXXU.  Bd.,  II.  Hälfte,  aoparat  abge- 
druckt.) 

^t.-A.:  K.  und  k.  Hans-,  Hof-  und  StAatnan-hiv. 

Thier»:  Histoire  du  consulat  et  de  Tempire.  J'aris  lö-iTi— 1  JSli2.  20  Bde. 


Namens  verzeichniss. 


A. 

Aignan,  St.  156. 

Alexander  L  von  Rusaland,  19^  83, 

84.  186.  IfiSL 
Antomarchi,  ProfeMor,  7,  12,  13^ 

88»  87i  88,  40j  48—61,  82,  96,  97, 

100,  118,  122^  123,  126,  137,  US. 

—161,  184,  210,  211,  228  —  230. 

232.  233.  232. 
Apponyi,  Graf  Anton,  118  —  120, 

Archambault  168,  22L 
Aruott,  Dr.,  128,  lÄL 
Aulaire,  Ste.,  123. 

B. 

Baillon  IM. 

Ualconibe  W.,  112- 

Hallouhaye  62,  66,  159,  160,  Ifii 

Haring  52,  132. 

Barry  223. 

Bassano,  Herzog  von,  95,  210,  223, 

m 

Bathurst,  Lord,  8,  10,  17,  18,  20, 
24,26,28,33,41,42,46,47,53 
—65,  67,  73,  74,  125,  139,  14L 
144.  148.  161.  152.  Ifi3. 

BauBset,  L.  F.,  155j  löfi. 

Bertrand,  Graf,  3,  7,  9,  11  —  13, 
26,  27,  29,  30,  33,  36-41.  43—48, 
51,  67—59,  63,  64,  66,  74,  76,  la 
—82,  94,  95,  99,  127,  130,  132— 
139.  141.  144—161,  168—160,  162, 
168,  172,  181,  182,  185—187,  195. 
204-206.  208.  210,  223. 

—  Gräfin,  Ififi. 


I  Besseres,  Witwe  des  Marschalls  — , 

I      96—98,  16S,  2ü2. 
Bessoy,  Capitaine,  223. 
Binder  von  Kriegelstein,  Friedridi 

Freiherr  von,  147.  Ififi. 
Bombelles,  Ludwig  Graf  von,  49, 

50,  92,  93,  109,  113,  116-117. 

120.  224—226. 
Bonaparte,  Familie,  89^  44,  89.  9?, 

113.  UL 

—  Hortense,  223. 

—  J6r6me,  121. 

—  Josef,  28,  i2. 

—  Lätitia,  14,  82,  121,  IM- 

—  Pauline,  s.  Borgheso,  Pauline. 
Borghese,  PauUue,  Fürstin,  82.  89, 

91,  92,  10«,  111  —  116,  185,  22i 
233. 

—  Camillo,  Fürst,  113,  224. 
Bouillerie,  de  la,  216,  217,  2iL 
Bouvard  22&. 

Bron  223. 

Brunnetti,  Lazar,  Conte.  l&L 
Bruyer,  General,  119.  22L 
Bub  na,  FML.  Graf,  &Ü. 
Buol  -  SchaueuBtein,  Karl,  Graf 

von,  1H5. 
Buonavita,  Abb^,  14,  34,  144,  111 
Burghersh,  Lady,  21,  24—26,  123 

—  LLL 

—  Lorf,  26,  lAL 

c. 

Caffarolli,  General,  lö6. 
Canterbury,  Erzbischof  von  — ,  51, 
53,  63,  64,  73,  ai. 


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241 


Cantillon,  IM. 

CarADian,  Graf,  56^  tfig 

Castloreagb,  Lord,  2Ö. 

Caa  lainconrt,  Herzog  von  Vicenza 

166,  m 
Chandellier  168i  224. 
Chartrand  168^ 

Chateaubriand,  Graf,  94.  99.  im 
—  104.  108.  HO.  122.  2üA  — 207. 
gll.  213.  214.  230—232. 

Corsini  Neri  22. 

Courzot  168i  223. 

Crenneville,  Gräfin,  U, 

Cronier  225. 

D. 

Dam,  Graf,  96,  210. 
Denis,  St,  IM. 

Dietrichatein,  Moris,  Graf,  13,  28, 

24,  140j  IIL 
Dnpin  151. 

£. 

EsterhAzy  von  Galantha,  Panl, 
Fürst,  13,  17  —22,  26,  30,  31,  33— 
35,  41,  42,  46,  51,  53,^  66,  68—60, 
67j  73,  74,  110,  142—144,  147,  148, 
15L  155,  162,  164^  167,  113. 

F. 

Fesch,  Cardinal,  82,  Ififi- 
Fleury  de  Chaboulon  IM. 
Floret,  Engelbert  Josef  von,  Hof- 

nilh,  76i  Ififi. 
foresti,  Hauptmann,  13. 
FoMombroni,  Marqnis,  92.  93.  116 

-117. 

Pouche,  Herzog  von  Otranto,  13. 
Foul  er,  General,  Ififi. 
f      William,  63,  56,  57,  74,  152, 
183.  173. 

f  »»ni  L  6,  13,  15—17,  20.  21,  23, 
2L30j41,46,57,62,G(L71^77, 
§0,  83—85,  88j  91j  Ml  95i  99i 
•05,  107,  113,  114,  lITj  120—122, 
1*2,  158,  m  iÜÜ^ 

Prianl,  Herzogin  ron  — ,  Ififi. 
AieluT.  Bd.  LIU.  L  Halft«. 


G. 

Gärtner,  Friedrich  Christian  Frei- 
herr von.  21,  70,  84—88,  189. 

Genotte,  Wilhelm  Ferdinand  von, 
IIS. 

Gents,  Friedrich,  Ift. 

Georg  IV.  von  England,  78.  lÄL 

Giliia  m. 

Gorreqaer,  Major,  10^  127, 131. 131. 
Gourgand,  General,  120,  134i  IMi 
223. 

H. 

Holland,  Lady,  128,  137,  US. 

—  Lord,  20,  26,  82,  33,  US- 
Hnzmann  &  Wilson  228. 

L 

Isabey,  Haler,  &L 
Istrien,  Herzogin  von  — ,  s.  Bes- 
siäres. 

K. 

Kar  eher,  Ritter  von,  35,  204,  206. 
Karl,  Erzherzog,  1.S5 

—  X.  von  Frankreich  123. 

Im 

Lafitto,  P.,  6,  83,  36,  36,  41—48, 
48,  51,  62.  64,  66—60,  63—70,  12 
—74,  78,  80,  89,  94—96,  102,  111^ 
112.  120.  122.  123.  145,  146,  149. 
151—154,  160.  164—166,  168,  171, 
172.  174-176.  183.  184,  187.  188. 
193.  194.  199.  206.  208.  209.  21fi 
—223,  225.  228—237. 

L'AUemand,  General,  171. 

Lamporeccbi,  Advocat,  120.  228. 

La  Place,  de,  iftfi- 

Las  Casea,  Graf,  7,  32,  143,  168. 
172,  2üa. 

Lederer,  Alois,  Freiherr,  110- 

Lemercier  225u 

Lepage  ggi 

Len,  Gräfin,  s.  Bonaparte  Hortenae. 

Leuchtenberg,  Herzog  von,  32,  AI 
—43,  6L  62,  69j  Tlj  86.  143,  146, 
156.  157.  167.  168.  189,  198.  täS. 

Ifi 


242 


Liochteustein,  Wnnznl,  Fürat,  IfiR. 

Londonderry,  Marquin,  33,  34,  13*J. 

Louis  Philippe,  KUuig  von  Frank- 
reich, 1^ 

Lowe,  Sir  Iludnon,  8—12,  17,  18. 
20.  24.  27.  28.  33.  34.  46.  47,  64. 
57j  74^  125,  137,  138,  141,  143,  144, 
147.  148.  150.  161.  163.  179. 

—  MiidAme,  138 
Lubort  ai. 
Lndwig  XVII.  lillL 

—  XVIII.  19,  30,  68^  73,  78,  103, 
105.  III.  Ififi, 


M.ii8on,  Marquis  de,  193 

Maiisi,  Tito,  50,  225. 

Mar<  band,  3,  7,  9  —  11,  36.  47,  69, 
6»),  80-82,  95,  118—120,  127,  128, 
131.  134,  138,  147,  148,  160,  168, 
172.  185,  186.  195.  208.  222. 

Mart'schall,  Wenzel  Philipp  Leo- 
pt)ld,  Freiherr  von,  122,  123,  228, 
229.  233.  235.  236.  23B. 

Mario  Louise,  Kaiserin,  3,  6,  7,  L3 
—  16,  18,  10,  21—28,  ^  36-  45. 
49—52,  57—62,  65,  69,  70,  74,  75, 
77,  79,  81,  89,  91,  92,  108,  110, 
117.  118.  122—125,  138,  139,  160, 
155.  159.  161.  16K.  170.  174.  181. 
188.  189,  206,  210.  211.  228.  235. 
23(2,  238. 

Mnrlboroug'h,  Herzog  von,  135 

Meneval,  Baron,  165.  1 56. 

Merveldt,  Maximilian,  Graf  von, 
185.  186. 

Hett<*rnich,  Clemens  W.  L.,  Fürst, 
13,  15—20,  22,  23i  26,  27,  29-36, 
39-66,  67—89,  92-116,  117- 
124,  139—146,  160,  157,  158i  162, 
103.  170,  173,  182.  185,  189.  204. 
20:'..  207,  210,  211.  2H.  221.  22^ 
—226,  228,  229,  233,  236,  237,  25». 
Mi  er,  Felix,  Graf  von.  UiL 
Montfort,  Fürst,  s.  Bonaparto  J6- 
röm«. 

Montholon,  Graf,  3,4,6—13,  26— 
30,  SS— 87,  39—41,  43-48.  61  — 


63i&fi  !>9,fi3,64,  66,69,72,74, 
79—83,  94,  95,  99,  102,  III,  Iii, 
125—136,  138^  139,  141,  144-14><. 
160.  161,  164.  168,  160—163.  IM, 

171.  172.  176.  184-188.  195,  204, 
206.  208.  209.  216—221,  223,  2iL 

Montholon,  Gräfin,  28,  132,  171, 

172.  lÄL 

Montmorencj-Laval,  vicomte. 80, 

100,  184.  21h. 
Moreau  IM 
Muiron  I£& 

N. 

Napoleon  L  3,  6—8,  10—12,  14, 
15,  17—20,  22—24,  26-37.  41- 
43,  46,  47,  49,  50,  52—60.  62-79. 
81—109,  LU— 113,  115,  HG,  US, 
120—123,  125-142,  144—152.  IM 
—156,  158—160,  162—166.  IW- 
171.  173.  176—177,  180,  182,  184, 
186,  187.  189—205,  207  210.  iU 
—216,  218,  220,  221,  223,  225,  Hl 
—238. 

Napoleon  II.  s.  Reichstadt. 
Neipperg,  Albert  Adam.  Graf  von, 

16—17,  21j  23—28,  33,  37  —  40,  43. 

45,  4a    55,  59—63,  65,  67,  68,  70, 

73,  75—77,  79,  81,  85,  92,  98,  101. 

110.  117.  118.  140.  160.  159.  Ifiä. 

173.  210.  230 

Neu  mann,  Philipp  von,  13,  29,  US. 
Noverras  136.  ifiH 

0. 

O'Meara,  Dr.,  32,  129,  132, 113.  226. 
Orleans,  Herzog  von,  4. 

P. 

Persil  IM. 

Poyrus  222. 

Peyrusse  165,  156,  223l 

PeyruBsel  224- 

Pieron  IM. 

Pir^,  G.,  223. 

Pius  VU.,  Papst,  20,  l2iL 

Planat  168,  223. 

Poggi  44,  223. 


Digitized  by  CoUUjiiJ 


243 


Porcher  de  Lafontaine,  Advocat, 
2S& 

PozBo  di  Borgo,  General,  83^  iM. 
Prokesch,  Major,  118^  i2L 

B. 

Ramolino  22ä. 

Ratery,  Secretlr,  112. 

Reade,  Thomas,  Sir,  9^  125—127, 
131.  laiL 

Reichstadt,  Herzog  von,  3j  4^  fi — 
8jlOj  II,  13il6jl7jl9j21i  23— 
25,  29,  30,  34»  l«!  3L  40—44,  46i 
49.  52.  53.  55,  58.  61.  63.  6  t.  M 
—  70,  72,73,75^77,78^80,84,85, 
88-94,  96-100,  103-122,  124, 
139.  146.  148.  149.  160—162,  164i 
166.  173—180,  182—184.  192.  196. 
196.  200.  202.  203.  207.  211.  212. 
217.  219.  221-224,  227—238. 

Revizky-Revisn  jo,  Adam,  Graf 
von,  194 

Rirhelieu,  Herzog;  von,  36,  1H7- 
Rigaud 

Rivarola,  Cardinal,  112. 
Rothschild,  N.,  Baron,  L3. 
Ron8üeau  '^^-^ 
Kutledge  12fi. 

& 

Santini  223. 

Siurau,  Franz,  Graf  von,  121,228. 
Spbagtiani,  Horace,  9L  äUL 
i^^guier  bH  57,  lfi2- 
Semonvillc,  Marquis  de,   47,  76, 
M.  84,  145,  147,  176,  184,  186» 


Senfft-Pilsach,  Friedrich  Christian 

Ludwig,  Graf  von,  124. 
Stadion,  Johann  Philipp,  Graf  Ton, 

63^  UlL 

Stürmer,    Bartholomäus,  Freiherr 

von,  12,       lÜL  1^ 
Snrvilliers,    Graf,    s.  Bonaparto 

Josef. 

T. 

Talleyrand  4L  112, 
Tausch  22fL 

V. 

Ugolini,  Josef,  11^ 
V. 

Vantini,  Vincenzo,  226,  221. 
Vicenza,  Herzog  von  — ,  s.  Cau- 
laincourt. 

Vignali,  Abb^,  9,  12,  26—28,  37, 
38,  40,  48,  82,  127,  131,  14^  149, 
168.  Ififi. 

Vincent,  Karl,  Freiherr  von,  36, 
39—42,  44,  45,  48,  49,  61,  57—60, 
62—64,  66-69,  72-74,  76.  77.  tiÜ 
—82.  88.  94—96,  98,  99,  101  — IUI, 
107.  108.  III.  112,  118.  119.  145, 
146,  150.  l.>8.  162.  164.  167.  173. 
174,  177.  179.  IHO,  182,  18Ö,  188, 
200.  204—207,  2m,  -Jl  1,  214.  iiau. 

Vivanelli  22L 

W. 

WalewHky  22i 
;  Wardon,  Dr,  12S,  LälL 
I  Wellington,  Herzog,  LiL 
i  Wilson  223. 


16» 


InlLaltsverseicimiss. 


I.  Cftpitttl.  Napolaon  trifft  Mine  I«tetwil1i9«i  Aiiordsiiiig«n.  —  Mn 

Tod  und  seine  Beisetzung    3 

Ii.  Capitol.  Rir  Hudson  Lowe  in  Lonp-wnnd.  —  Er  nimmt  <Ue  von 
NapoltHiu  Booaparte  hinterlasaeneu  Gugeuätändu  in  AugonscheiD. 

Sein  Barielit  Muli  Loiuloii.  —  Di«  BobfctMlugeUhrteii  N** 
poleouR  vorlasgea  diA  Insel  St.  Helena  9 

III-  Capiti'l.  Der  Ilorzop  von  Rpichstadt.  Mrtrio  Lnnise.  —  Tr.iucr- 
feierlichkeiteu  iu  Sala.  —  Marie  Louise  wünscht  von  den  letzt- 
irillig«it  TerfÜgungen  Napoleoot  In  Kennini«  geietst  ca  wer» 
den.  —  Webangm  Jleneniicli*»  an  den  FHistem  Eaterhiqr  •  .  U 

IV.  Capitel.  Verhalten  der  englischen  Regierung.  —  Napoleons  letzter 
Wunsch,  «Iftfis  sein  Herz  nnrh  Panna  gebracht  werde.  —  Metter- 

nichts  Vortrag  an  Kaiser  Franz  17 

V.  Capitel.  Hetteroieh't  Sebraiben  an  den  OraÜBa  Ntdpperg  und  den 
FUnten  Esterbia^,  —  Nothweudigkint,  dass  die  Osterreidrifldie 
Regierung  iu  Bälde  von  den  Bostlmmungen  des  Testamentes  iu 
Kenntniss  gesetzt  werde.  —  Marie  Louise.  —  Ihr  Brief  an  La<ly 
Burgbersb.  —  Metteruicb's  Unwille  darftber  Sl 

TL  Capitel.  Ankunft  des  Abbi  VignaK  in  Flornia.  —  Seine  Zu«un- 
nienkunft  mit  dem  Qnftn  Neipperg.  Marie  Lonlae  ttbersen- 
dt»t  ihm  einen  King.  —  Seine  Ansichten  über  das  Testament 
Napoleons.  —  Lord  Batbuxsi.  —  Verhalten  der  Testameutsvoll- 
itracker.  —  Kaller  fVani  vertritt  den  eivilrttditUeben»  Fttnrt 
Mettemicb  den  politischen  Charakter  der  Angelegenbeit  — 
GcsprKchp  im  Salon  dor  Lndy  TloIIand  (iber  ri.ns  Trsf.nmorit.  — 
Erkliiniii<r  der  englischen  Regierung,  sich  in  nichts  zu  mi^iien, 

was  das  Privatvermügen  Napoleons  betreffe  ^ 

VII.  Capitel.  EaterbAiqr  ertbeUt  dem  Forsten  Mettenüob  den  Batb,  in 
Fnwfcreiell  Kaebloncbcngen  Uber  den  Verbleib  iles  Testamentes 
anstellen  üu  lassen.  —  Sein  Gcsprätli  mit  Sir  Hudson  Lowe.  — 
Bertrand  und  Montholon  in  ir'aris.  —  Ihr  Procese  mit  dem  Bank- 
banee  Lafitte.  —  B«ctnuid*s  Bebreiben  an  llarie  Louise.  —  Anto- 
marebi  in  Panna.  —  Beine  Andiena  bei  dem  Grafen  Kdppeig. 
—  Er  sieht  die  Kaiserin  im  Theater.  —  ländmck,  welchen  die 
Witwe  Napoleons  auf  ihn  hcrvnmift.  —  Mario  Louise  erhRIt 
den  Brief  Bertrand's.  —  Sie  wendet  sicli  um  iiatU  an  den  Fürsten 
Mettemicb.  —  Dieser  schreibt  an  Neipperg.  —  Marie  Looiss 
ersucht  den  Botachafter  in  Paris,  in  ihrem  Namen  mit  den 
TastamentsToUstreefcam  na  ttuterhaadaln  SS 


245 


VnL  CspIteL  Saitaiimgarflielito  flber        Tortunent  NapoleoM.  — 

LoM  Bftthnnt.  —  BAron  Vincent  —  Murie  LouiHt>  —  Vor- 
halten df's  Fiirsto»  Metternich.  —  Kaiser  Franz  fordort  den 
Staatskanzler  auf,  ihm  zuverl&asigQ  Nachrichten  über  das  Testa- 
nwBt  m  lurterbwiten.  —  Waimiigwi  Melleniich*i  naoli  London 
mid  Fttii.  —  Mtrifl  Lomae  «rkllrly  auf  jedm  KaAifeniiM  dar 
dem  Herzog'  tou  Reichstadt  mBg>Hdi«nreifle  rafiülendeo  Erb- 
schaft Terxichten  zu  wollen  41 

IX.  Capitel.  Antomarchi  in  i^arma.  —  Gerüchte  über  ihn.  —  Seine 

AniBom  bei  dem  Qnhn  NeippOf.  —  Br  xetit  naeh  Fula.  ~ 
Bnn.M  Vincent   .  49 

X.  Capitel.  Procesa  der  TostAmertsvollstrcclcpr  mit  dem  Itankhauiie 

Lafitto.  —  Marie  Louise.  —  Erst«  Nachricht  über  den  Verbleib 
dee  Teetamentes.  —  Dieses  ist  als  Depot  hti  dem  Gerichts- 
hofe  des  SnbisehoA  von  Canterbnrj  biirterlegl  —  Ffirst  Met- 
ternich —  Esterhazy  schickt  Auszüge  des  Testamentes,  welche 
er  von  dem  französischen  Rotfchafter  erhalten  hatte,  nach  Wien. 

—  Metteroicb's  Aosicbten  über  den  Grafen  Montholou   .   .    .  &1 
XL  CapiteL  Monaolon  und  Beitnmd  bei  dem  Botaebafter  Baron  Vin- 

oenl  —  Ihr  Schreiben  an  Harle  Louise.  —  Honflutlon  und  La- 
tittp  befehden  sich  in  den  TnpeHhIiiftorn.  —  Mnrie  Louise  erliSlt 
d.i.H  Codicill,  welches  auf  sie  Beznu'  Im!   —  Ihr  Un\>ille  darüber. 

—  Der  Herzog  vou  Leuchtenberg.  —  .Seiu  Schreiben  an  Ivaiser 
Frans.  —  Randschreiben  des  Kaisers  an  den  Fflnten  Metternich  67 

III.  Capitel.  Aoasergerichtlicher  Vorgfleiob  zwi'^v  iu  n  den  Testaments- 
vollstreckern und  Lafittt^  -  Montholon  bei  Haron  Vinc«>nt.  — 
Mettemich's  Weisungen  nach  Paria  und  London.  —  Seiu  Schrei- 
ben an  den  Grafen  Keipperg  68 

IUI  Capitel.  AetiT«  und  Passiva  der  Verlaaeensehaft.  —  Anspmeh  des 
Herzogs  von  Reichstadt  auf  die  Hälfte  des  Latitte'scben  Depots. 

—  RerhtMitel,  unter  welchem  die  Legatare  von  8t.  Helena  dieses 
Depot  beanspruchen.  —  Vortrag  Metternich's  an  den  Kaiser 
fiber  den  bisherigen  Gang  der  TeetamentMUigeleg^nbeit  —  Die 
Privatdomaine  Napoleons.  — '  Yerbalten  der  englischen  Regierung  88 

JUV,  C.i  p  i  t  e  1.  Schreiben  der  Tcstamentsvoll^itrpoker  nri  Marie  Louise 
und  den  Fürston  Metternich.  -  Sic  wünschen,  dass  die  Kaiserin 
die  letztwilUgen  Vertüguitgon  Napoleons  anerkennen  und  Im- 
stltigen  mOge.  Hettemieh  Tertritt  die  Ansicht,  daae  es  am 
▼ortheilliaftosten  .'^ol,  auf  die  Eriwcliaft  Teimteht  au  leisten.  — 
Sein  Schreiben  nach  Parma.  —  Sein  Vortrag  an  den  Kaiser. 

—  Dieser  verlangt»  von  sämmtUchen  Bestimmungen  des  Testa> 
mentee  in  Kenntniss  geeetat  an  wwden.  —  Schreiben  Bertrand'a 
an  Kacie  Loniee.  —  Metternich*«  Depesche  an  Ylneeut  — 
Die  Tosit.imontsvoUstrecker  Übergeben  dem  Botschafter  in  Paris 
eine  beglaubigte  Abschrift  des  letzten  Willens  Napoleons    .    .  74 

XT.  Capitel.  Metternich  nntorbreitet  dem  Kaiser  A&a  Testament.  — 
Dleaer  Terlangt  Anftehlnas  Uber  den  Artikel,  welcher  die  ita- 


Smt» 

liMiiielM  Civilliite  betritt.  —  Uettocnidi  abMwhickt  dat  IV 
aliment  dem  Tioepriaideiiteii  der  obeislen  Jafttihofttelle  und 
fordert  ihn  auf,  darüber  sein  Gutachten  zu  erstatten.  —  Vor- 
trag des  Vicepräsidenten  an  don  Stantakanzlor.  —  Metternich 
unterbreitet  dieses  Gutacliten  dem  Kaiser  und  furdert  ihn  zur 

Vendchtleutaiig  auf  83 

XVI.  CapiteL  Dm  Out  San  Maftino.  —  Yming  Metteniieh*s  an  den 
Kaiaer  Uber  die  Ansprache  Reieliatadf  a  auf  dieaes  Gut  —  Er 
orsncht  den  Kaiser,  einen  baldigen  Entschlnss  zn  fassen.  — 
Der  Kaiser  /,r>p'rt  damit.  —  Die  franzfisi.sche  Regierung  hofft, 
dass  die  VormuiuUchal't  Keichstadt's  auf  die  Erbschaft  Ver- 
liebt leiaton  «erde.  —  Hettemieb  emeht  den  Kaber  in  aiiMin 
neuerlichen  Vortrage  nm  eine  baldige  Entscheidung.  —  Ein- 
Teratindniss  zwischen  der  fr.inzn$(iseben  Regierung  und  den  Le- 
gataren, welche  ihre  AiiL't'l''L''*^itln'it  einem  Srliiedsrirhtercomitö 
Ubortrageu  haben.  —  Der  ^jirncli  der  iSchit  ilsiirbter,  wonacb 
die  Hälfte  dos  Lafitte'schuu  Depots  dem  iierzoge  von  iteich- 
stadi  flberlaaaen  bleibt  —  Nenerlieber  Yeitng  Metteniich*a. 

—  Besolution  dea  Kaisen,  wenaeh  die  firanaMaehe  Bagienuig 

zu  einer  bestimmten  Aensserung  veranlasst  worden  m^ge  .    .  89 
XV'Il.  Capitei.  Weiftunjr  an  Baron  Vinrent.  —  Dejiesilie  nach  Parma. 

—  Note  Chateaubriand^  an  Vincent.  —  Die  franzüsiscbe 
Regierung  spricht  dem  HerMge  von  Bmchstadt  das  Recht 
ab,  in  Frankreich  eine  Erbschaft  anantreteOf  nnd  gestattet 
den  Lpgataren,  »ich  untereinander  abzufindeu.  —  Vortrag 
Mettornich's;  er  fordert  cb-n  Kaiser  anf,  der  französischen  He- 
giorung  gegenüber  keine  weiteren  Schritte  nielir  zu  mitemeb- 
men.  —  Seine  Vorschläge  in  Uetreif  des  Gutes  bau  Martine.  — 
Kaiser  Frans  genehmigt  die  AnsflUmmgen  Hetlemieb*a,  mUl 
aber  nicht  in  fBrmlieher  Weise  anf  die  Erbschaft  Versieht 
leisten.  —  Er  weist  Metternich  an,  Erkundigungen  darüber 
einzu/iflioii .  ub  Napideon  nicht  in  Helpien,  England  oder 
Nttrdanierika  irgendwelches  Venm'igen  angelegt  habe.  —  Do- 
pcschcn  nach  Paris,  London,  Florenz,  Philadelphia  und  Parma  99 

XVm.  Capitei.  MonthoWs  Denkschrift  Aber  daa  Testament  Napo- 
leons. —  Er  fordert  Vormnndschaft  Eeiebstadt's  auf^  in 
fBrmlieher  Weise  anf  die  Erbschaft  Verzicht  zu  leinten.  — 
Depesche  an  Vincent.  —  Die  Fürstin  Pauline  Horghese  ver- 
macht lieichstadt  das  Gut  San  Martino.  —  Vortrag  Metter- 
nichts.  —  Der  Kaiser  verlangt  sn  wissen,  ob  San  Martino 
der  Fürstin  oder  Napoleon  Bonaparte  gahQrt  habe.  — >  De- 
pesche nach  Florenz.  —  Die  toscanischen  Gerichte  erklären, 
dass  die  Fürstin  Biughesc  ülior  das  Gut  nicht  habe  verfügen 
können,  da  es  als  Eigeuthum  Napoleons  zu  betrachten  sei. 

—  Vortrag  Metternich'«.  —  Resolution  des  Kaisers,  die  nöthigen 
Schritte  einsuleiten,  damit  San  Uartino  fDr  den  Heraog  von 
Reichstadt  in  Besita  genommen  werde  III 


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247 


XIX.  Capitel.  Marchand's  Ablieht,  sich  nach  "Wien  r.n  begclon,  um 
Reichstadt  die  ihm  von  Heiiiotn  Vatf«r  vernint  liton  Aiidunken 
so  Qboi]^bdn.  —  Weiaung  Mettornich's  an  Apponyi,  diß8e 
B«i«e  m  vttiliindam.  —  SdireilMii  IfkreliudV  u  dm  He»og 
Ton  Betebatadt.  —  Er  bebUt  die  AndenbM  snvU^  —  9*n 
Mnrtinri.  —  Tut]  des  Htrzrtß-s  von  Reichstadt.  —  Der  I?f'snch 
de»  Herra  v,  J'rokesi  Ii  bei  der  Mutter  Napoleons.  —  betritb- 
tüa$  des  Kaisers  Uber  den  Tod  seine«  Enkels.  —  Marie  Louise. 
—  AntomMTcbi.  —  Harle  Loidae  vendehtet  iu  ftmlicber  Weiaa 


auf  dem  Napoleooiwheii'  Necblaae  118 

Beilagen. 

L  Sir  Hndwm  Low«  to  Loid  Bathvni  8t  Helena»  14«^  mai  1891  185 

IL  Minute  of  what  occured  at  Lonpwor.d  on  the  12**  may  1821, 
at  the  examination  of  some  of  the  proper^  left  by  general 

Bunaparte  131 

DL  Sit  BxOaon  Lowe  an  B.  StOnner.  8t  Helena,  S7.  Mal  1821  .  187 
IV.  Projet  de  lettre  de  S.  M.  M"**  l'aiebidacbeMe  Marie  Loniae, 

diuliL'sse  de  Parme,  k  8.  M.  l'emporeur  138 

V.  Baron  Neumanu  au  den  Fürsten  Metternich.  London,  21.  August 

1881  139 

YL  €MNeipiiet];andeaFaiirtenMeMernicb.l<1onNis,1.0etoberl881  140 
Vn.  Handschreiben  dos  Bjdeen  aa  den  Ffirsten  MeMernicb.  Wien, 

16.  October  1821  Ul 

VOL  Fürst  Metternich  an  den  Fürsten  Paul  E/storh&zy.  Wien,  2.  Octo- 
ber 1881   148 

IX.  FSntMetteimeb  an  den  FOnCen  Panl  EitarMtey.  Wien,  8.  Octo- 
ber 1821  148 

X.  Fllrst  Paul  Esterhäxy  an  den  Fürsten  Metternich.  London, 

19.  Decembor  1821  144 

XL  Baion  Ylnoent  ao  dra  Fttnton  Mettentieh.  Paria,  17.  Jlnaer  1888  146 
Xll  Fürst  Metternich  an  Baron  Vincent.  Wien,  26.  .iXnnor  1B22  .  146 
Xm.  Baron  Vincent  an  den  Fürsten  Melternidi.  ParLs.  II  FeTiniar  1822  160 
XIV.  Copie  d'une  lettre  de  Lord  Bathurst  k  Ü.  A.  Mr.  le  priuce  Ester- 

h4sj  en  date  da  26  janvier  1828    151 

XT.  LaüMe  an  rddadenr  dn  Jonmal  de  Paria.  Paria,  le  88  f4vrier  1888  158 
Montholon  au  r^acteur  de  Constitntionnel.  Paris,  le  2'  mnrs  1888  154 
XVT.  C<<]>i»  -I'une  lettre  ^rite  k  S.  M.  rimp4ratrioe  per  Mr.  lo  baron 

de  Meuevol,  le  deux  Janvier  1815   ..........  löu 

XVn.  Frina  Engen  Henog  Ton  Leoditenbeig  an  den  Kaim.  MOn* 

eben,  SO.  Min  1888    156 

IVUL  Handschreiben  dea  Kaisers  «n  den  Fllntea  Mettomieh.  V^en, 

14.  April  18-22  157 

XIX.  Fürst  Metternich  an  Baron  Vincent  Wien,  24.  April  1822    .  158 

XX.  FOnl  Mettemieb  an  den  Flintoo  Panl  ERterhAay.  Wim, 

84.  April  1888    168 


248 


XXI.  FM  MeMernioh  «a  dan  Qftfen  Neippwy.  Wim,  S.  Ifai  18»  W 
XXTI.  Note  nur  Feaitoiition  det  deniiAret  volonte  de  rempeceur  Nir 

pnl^on   166 

XXLLL  Domaiue  prive  de  1'eiupereur  Napol^a  ........  166 

XXIV.  Die  TeeteaMolvroilelrader  Nepoleone      den  FBnlaii  MeHv- 

nieh.  Paria,  IS.  Mai  188S   170 

Die  TestamentsTollstareeker  an  die  Kaiaeris  Ifaxie  LoQiae. 

Pari»,  12.  Mai  1S22   170 

XXV.  Fürst  Metteniirh  an  den  Grafen  Neipporf:  Wien,  l.'i.  Juni  l^>•22  173 

XXVI.  Graf  Bertrand  au  diu  Kaisenn  Marie  Luuiüe.  Parin,  IG.  Mai  1822  181 

Ad  XXVL  Graf  Bartnuidao  die  Kaiaerin  Marie  Loiiiae.Paiia»  18.  llaiisn  181 

XXm  FBial  MMIaiBioh  an  Baron  Yineent.  Wim»,  IS.  Aagut  18SS  181 

XX VITT.  Aii.i;  dem  Teatamente  Kapoleons   184 

XXIX.  Fürst  Metternich  an  Baron  Vincent.  Verona,  SS.  October  1822  186 
XXX.  Memoire  remi«  par  Mr.  de  Semonvilie  an  gteirml  Poxso  di 
Borge,  poor  etre  somnia  par  lui  k  rempereor  AlixandM. 

86.  Aogoat  188S   186 

XXXL  Der  Vicepriddeot  der  Oberaten  Jostizhofstelle,  fVeiherr  von 

GÄrtner,  an  doii  Ftlryten  Mett.  rnirh.  Wien,  24.  .TSnncr  182.3  1*^9 

XXXII.  Haron  Vincent  an  den  Fürston  Motternicli.  Paris,  2<").  Mai  1S23  204 

XXXm.  Baron  Vincent  au  den  Fürsten  Metternich.  Pariä,  Ib.  Juli  1823  207 

XXXIY.  HoneeSebaatiani  an  den  Fttraten  Metternich.  Paria,  1.  JvU  18S8  SlO 

XXXV.  Fttrat  Metteroieh  an  Baron  Vineent  Wien,  17.  September  18S8  811 

XXXVI.  Baron  Vincent  an  den  Forsten  Metternich.  Paria,  8.  Mai  18S4  tU 
XXX  VIT.  Meinoiro  snr  la  snccossinn  do  rcmiKTonr  NajMili'i>n.  5.avrilld25  816 
XXXVIII.  Fürst  Camillo  Borgheae  au  den  Uraleu  BombelleB.  Florens, 

87.  Juli  1825    884 

XXXIX.  Graf  Bonbellea  an  den  Flirrten  Metternich.  Florena,  80.  Angwt 

1826   

Ad  XXXIX.  OrafBombellea  an  den  Fttraten  Metternich.  Florana,  14.  Jia> 
ner  1K20   

XL.  Marchand  an  deu  lierxog  von  Keichstadt.  titraasburg,  18.  Min 

1888    887 

XLL  Vortrag  Mettemieh*a  an  Kaiaer  Fnna.  89.  Anguat  1881  .  .  888 
XTilT.  Antomarchi  an  die  Kaiaerin  Marie  Loniae.  Parma,  10.  8ep- 

teml>or  1S.S2   228 

Antumarchi  an  Baron  Mareschall.  Parma,  10.  September  18S2  228 

XLIU.  Flirrt  Metternich  au  Baron  Mare«chaU.  Wien,  13.  October  1882  829 

XUV.  Fflrrt  Metternich  an  Banm  Mareachall.  Wien,  8.  Jnni  1888  888 

XLV.  Mareachall  an  den  Fttiatan  Mettemieh.  Pannn,  Sl.  Jnni  1888  886 
XLVL  Urkunde  Ober  den  Vorzieht  der  Kaiaerin  Marie  Loniae  auf 

den  nepoleoniachen  Nachlaas   2S8 

AbkOrrangen   889 

NamensvftrzoichniM   240 

luhaltaverzeichuiM   244 


Anügegeben  am  80.  September  1808. 


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\rcliiv 


'i 


I  Österreichische  Geschichte,  'f. 

1 

y 

A 


llf'raiispeffebeii 


von  der  zur  PIIpkc  vaterländischer  Rpschichte 


Hnfirestol Itoii  Coiiiiiiission 


kaiserlichen  Akademie  der  Wissensclia f'ten. 


^Irlitsl^Mter  IlMn«!. 


Zweit«'  lliilfft'. 


In  Comiulssioii  bei  F.  I'E.Ml'SKY,  JJiirliliainlU'r  der  kais.  Akndnnie 

«irr  W)sson8rhnft<Mi. 


I 


Archiv 

fQr 

österreiohisehe  Oesehieht 


Herausgegeben 

ton  «ter 

ZU  Pll0ge  ratorlaiHUadier  G«8eliiGlite  uifg«0teUtMi  CoimisaiQi 

4«r 

kalmrlfclieii  Akademie  4er  WlmieiiflehftfleD. 


Achtzigster  Baad. 
Zweite  Hülle. 


d  Wien,  1894. 
In  Commifliion  bei  F.  Tenpsky 


QiLlüi/j.;ü  by  Googl» 


DIE 

ÜBERGABE  MÄHBENS 

AK 

HERZüft  ALBRECHT  V.  VON  ÖSTERREICH 

IM  JAHRE  1423. 

(B£IT&ÄG£  ZUR  GESCHICHTE  DE&  HUÖITENKIUEGE 

IN  ll&HREN.) 

I 

t 

B.  BRETHOLZ. 


Aithiv.  Bd.  LXU.  IL  BUfte.  17 


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t 


Am  4.  UctoLer  1423  wurden  Herzog  Albixrlit  V.  von 
Oesterreich   und  seine  Gemahlin  EHsabeth,  die  Tochter  und 
alleinige  Erbin  Küuig  Sigmunds,  in  feierlicher  Weise  mit  der 
Markgrafschaft  Mähren  belehnt,  zu  einer  Zeit,  da  Böhmen  und 
Mübren  inmitten  eines  fiirchtlMreii  ReligiouskricgeB  «tanden, 
dessen  Ausgang,  nach  dem  bisherigen  VerUtufe  zu  schliessen, 
kaum  absehbar  war.  Erhält  das  Ereignias  schon  hiedurch  weit^ 
tragende  politische  Bedeutung,  so  wird  diese  noch  erhobt  durch 
äie  Wichtigkeit,  die  der  Act  in  d3mastischer  Besiehung  für  die 
beiden  Httuser  Luxemburg  und  Habsburg  hatte.  War  es  doch 
dn  erster  Schritt|  um  der  weiblichen  Linie  der  Luxemburger, 
deren  Mannesstamm  an  erlöschen  schien,  einen  Anspruch  auf 
die  Krone  Böhmens  zu  sichern.  Der  factische  Besitz  des  Mark- 
grafenthums konnte  einen  festen  Stutzpunkt  fllr  die  Erwerbung 
de«?  «resamTntr-n  Krmi,^reifhes  ^jf'währer!. '    Audcrerf^tits  bot  sieh 
ftir  WcYAO'^  .All)riM  lit  von  <  )t-st(MT(ncli  die  Aussicht,  zum  zwoiton 
M.ilc.  j>fit(lfin    dir    Habsburger    Nacb]>arn    des  böhinisfhtu 
Reiches  geworden  \\ar('n,  diese  Länder  für  sein  Haus  zu  er- 
werben.   Aber  so  verlockend  auch  für  Herzog  Albrcclit  die 
Erbschaft  König  Sigmunds,  dessen  Haupt  drei  Kronen  schmUck- 
feo,  war,  dies  bildete  nicht  das  hauptsächlichste  Motiv  dafür, 
dsBS  er  ein  durch  Eiii^  und  Unglttck  schwer  heimgesuchtes 
Lsad  mit  den  grOssten  Kosten  und  Opfern  in  seine  Verwaltung 
snd  seinen  förmlichen  Besits  zu  ttbemehmen  trachtete.  Und  so 
Udler  es  auch  ist,  dass  KOnig  Sigmund  die  treue  Freundschaft, 


*  In  der  Uebergabearkande  Kiinig  Sigmunds  vam  1.  October  1423  (s.  Unten 
Heil.  XVIl  hr-isst  Of,  der  Hirjchrrf  von  Dldiiitz  nnd  der  HiTZog  von 
Troppati,  deren  unmittelbare  Ziigebürigkeit  Kur  Krone  liUhiaons  aaerkauut 
wird,  suUen  hiefUr  ,deni8elb«u  niMertn  sun,  berczog  Albrechten  nnd 
«Bwrar  toehter  ir  stgrmni«  yebsn  sn  «buem  knnig  su  Behüm  und  in 

17» 


biyiiizuü  by  GoOgle 


252 

m 

die  ihn  mit  Herzog  Albrccht  IV.  von  Oesteireich  verbimdra 
hatte,  auf  dessen  Sohn  Alhrecht  V.  Ubertrag,  dem  er  nicht  nur 
frühzeitig  gegen  den  Willen  von  dessen  Vettem  zor  Emscbsft 
in  Oesterreich  verhalf,  sondern  den  er  sich  schon  im  Jahre 

1411,  da  Elisabeth  noch  im  jugendlichsten  Alter  stand,  zu  seinem 
Schwieji^ersohne  erkor,  ^  so  war«  n  es  doch  nicht  in  erster  Linie 
diese  freundschaftlichen  Gefühle,  noch  auch  die  S<nge  um  die 
Nachfolge,  die  den  König  zu  so  fi*üher,  keineswegs  günstiger 
Zeit  zu  diesem  bedentiinfrs vollen  Schritte  bewofireTi.  Die  treibende 
Kraft,  (liircli  wcIcIh'  die  beiden  fläuser  Luxembur«:  und  Habsburg 
in  so  enge  VerbindunEf  mit  einander  kamen,  war  die  Iliisitengefahr. 
Sicherer  als  Erbvi  rlirudcrun^'-on  und  Heiratsversprechen  fUhrte 
die  gleiche  Noth  und  Gefahr  zur  Vereinigung. 

Daher  stellt  sich  denn  auch  die  volle  Einräumung  Mäh- 
rens Kn  Gunsten  Herzog  Albreehts  nicht  als  ein  kohner  Schach- 
zug Sigmunds  in  seinen  politischen  Combinationen  dar,  —  dasa 
htttte  es  ihm  übrigens  nicht  minder  als  seinem  Broder  Wennl 
an  rascher  Entschlossenheit  gefehlt  —  sondern  sie  wt,  entspre- 
chend der  steigenden  Gefahr,  das  endliche  Ergebniss  der  ve^ 
schiedentlichen  Versuche,  sieh  Herzog  Albrecht,  den  eifrig- 
sten und  unversöhnlichsten  Feind  der  Husiten,  als  Theilnehmer 
im  Kampfe  zu  sit  hern;  und  man  kann  in  dieser  Hinsicht  wohl 
behaupten,  dass  die  Gewinnung  des  österreichischen  Herzogs 
der  einzige  whklitdic  Erfolg  Sigmunds  bei  seinen  vielfachen 
Werbun<?en  um  Buudcfigeuossen  zvm  Kampfe  gegen  die  Husiten 
gewesen  ist. 

Aber  nicht  blos  um  militHrische  Unterstützung  war  es  deiü 
Könige  zw  thun.  Sitrmund  — -  auch  liionn  seinem  Bruder  ilhn- 
lich  —  bi  tand  sich  in  furtwährender  (Jeldverlegenheit.  Wenzels 
unerschöpfliche  Geldquelle,  besonders  in  der  ersten  Zeit  seiner 
Regierung,  war  sein  Vetter,  der  m&hrisohe  Markgraf  Jodocus 
gewesen;  König  Sigmund  wandte  sich  oft  genug  an  Her«^ 
Albrecht  von  Oesterreich. 

So  könnte  man  denn  nicht  mit  Unrecht  die  ganze  feie^ 
liehe,  in  das  ehrwürdige  Gewand  einer  Belehnung  gekleidels 
Procedur  als  eine  Verpfllndung  des  Landes  Mähren  ansehen, 
ZU  der  sich  KOnig  Sigmund,  durch  die  Verhältnisse  gezwun« 
gen,  endlich  entschlieasen  musste. 

*  Vgi.  Huber,  GoKkicUte  Owterrekb«,  64.  8,  8.  419. 


Diüitizüü  by  Lji.Ji.Kic 


253 


Handelt  es  sich  ans  bei  der  DiirstcUun^  dickes  Krcig- 
nisses  nicht  sowohl  um  die  Kenntniss  der  blossen  Tliatsncltc,  wie 
sie  die  weitlAafigen  Urkunden  verkUndcn,  als  viclniclir  um  die 
Unachen^  die  wn  demselben  AÜirtcn,  und  mu  don  Zusammen- 
hsagy  in  dem  die  locslen  Geschehnisse  mit  der  Goschichte  der 
Zeit  stehen,  so  werden  wir  allerdings  zunilehst  einen  HUckbHck 
nsehen  mUssen.  Wir  werden  die  Gesehieke  des  Landes  Miihren 
wenigstens  von  jenem  Zeitpunkt«'  .in  verfoli,'<  ri.  <la  mit  (Irm  'WhU' 
des  kiinUrlosen  Markgrafen  Jotloeus  am  IS.  .laniuir  1411  lüe 
Secondogenittir  des  Hauses  Luxemburg,  di*-  Liiiii-  <l«-i-  sr|lt>t- 
standigen  Markgrafen  von  Mähren,  nach  r»(li.ilirig»  ni  r.«  stande 
«rloBch.  Laut  der  Erbverü'ftgc  ans  der  Zeit  Karls  iV.  i\r\  mm- 
mehr  das  ^r.irkgrafenthura  als  erledigtes  Lehen  an  dif  Kn>jie 
fiöhmen  zurück  und  wurde  nicht  wicdrr  ver^^  lteii,  somlcni  Itlicb 
im  Besitze  K.üni^  Wenzels.  Ein  noeli  engen  r  Contaet  der  bei- 
den Länder  war  hiedurch  bedingt.  Ini  Monate  FeUniar  des 
Jahres  1411  erschienen  der  Bisciiot  von  ( )luuU/.,  die  nulhrisclien 
Barone  und  der  niedere  Adel  in  Prag,  mu  K'iiiig  \\'(  ii/.<  l  als 
Markgrafen  Huldigung  zn  leisten.'  Sie  t-rlangtcM  hier  die  Be- 
stätigung der  Rechte  und  Privilegim  der  Markgratseliaft.  vor 
Allem  i»ner  drei  \Nieliligen  Urkunden.  <lureli  die  ihnen  seit 
König  Joliauns  Zeiten  einerseits  dn-^  hidigenat  tVir  die  holu-n 
Landtisämter  zugesichert  war,  und  in  di  iieii  aiulerer^iffs  dir 
Fälle,  sowie  die  Höhe  der  allffenieiu  /u  <  r!M'lM  ndeu  Benia  e'c 
sei/.lich  festgestellt  waren.  -  l  'iir  d-is  hiw  lisic  Laudes.uut,  iVir  die 
Würde  eines  Landeshauptmannes  <ler  Markgr,tt'<(  !>;if(  Midncn, 
Wstiramte  Wenzel  noch  im  Verlaufe  dies^-s  .l.diK  s  1411  s<  in»'n 
Hofmeister  Lacek  von  Kravar,  einen  utährisehcn  Barun.  '  llio- 


'  In  einer  Urkunde  K.  Wcnzol«  vom  -1.  l''t  l>rn;ir  1411,  l'rafr  (<'ri;.'  im  tnaltr. 
Landüsarckiv)  heUate«:  ,Quod  cotuttituti  ali.'us  in  nostra  nink>>tuti.s  |irpsßiu;tn 
▼onerabilli  Conndtu  episcopna  OloHiuct'iiüiH  certuinu  ünn^K^s  et  tvrrijyi'fio 
TOrehionatns  noctri  Moravt«,  fidelcs  uostrL  dilecti,  dum  riobis  suin  et 
alioruni  eiusdem  marclilonatua  Monivi«'  li.-iroiiiiiii  vi(<>  rt  iioniino  dvbita 
fidelitatif»,  Mubieccionis  et  obedieacie  pnjniisän  (irt^staverc-.' 

•  S-  Beil.  I. 

'  Daniaeh  iat  TonuMehek,  Badit  und  Verfaiwniig  der  Markgrafscliaft  MKlirnii 
in  16.  Jmhrhiiiidert,  8,  47,  wo  der  iin  Jahre  t417  ernannte  Peter  von  Kra* 
▼•f  als  Ilster  LandoHbauptniann  unter  K.  \V> I  ^'fn.iinit  wird,  /.n  <  r- 
pSnzen.  —  I^a^-ok  wird  noch  in  eiiior  rrkiiml«-  K.  Wcn/fls  vi.m  -je.  M;ii 
1411  (Ori^.  im  mähr.  Lande.sarrbiv),  weK-bo  die  Krneiinuiig  der  l'n>i  laa- 
toran  bei  der  Pnuentation  der  OlmütyjHT  CiinoiiiliOr  iKdritl^,  bl<»H  :tls  ,iiia;;isl4>r 


254 


mit  und  mit  dem  Abschlüsse  eines  ftlnQährigen  Land  friede  n  5 ' 
mit  den  milhrischen  Herren  zur  Sicherung  des  Fricli  ns  und 
der  Ruhe  im  Lande  hielt  König  Wenzel  seine  Th;iti<:keit  für 
die  Markgrafschaft  eigentlich  für  beendet;  er  erschien  im  letz- 
ten Jahrzehnt  seiner  Regierung  kaum  jemals  in  Mäliren.'  Die 
Venraltung  und  Kegicrutig  des  Landes  Uieb  in  den  Hftnden 
der  mSchtigen  Barone,  welche  die  obersten  Landetitmter  inne- 
hatten und  die  festen  Burgen  und  Schlösser,  sowie  den  grOsstea 
Theil  von  Grund  und  Boden  im  Lande  besassen. 

Mit  dem  Jahre  141 1  sind  wir  bereits  über  die  ersten  An- 
f&Dge  jener  eigenthümlieh  gewaltigen  Bewegung,  die  TOn  Hus 
ihren  Kamen  erhalt<m  hat,  Uber  den  Beginn  der  religiösen  und 
nationalen  Revolution  in  Böhmen  und  lltthren  hinaus.  Noch 
in  die  Geschichte  des  Markgrafen  Jodocus  gehört  das  Aufkom- 
mtn)  und  die  Verbreitung'  wielifitisclior  Lehren  in  Mähren.  Wie 
der  Markgraf  selb.st  von  ilus  eine  Ixihmisclio  Uebcrs-etzun;^^  von 
Wiclifs  TrialofTus  crlialten  haben  soll,**  so  werden  alleuthulbeii 
im  l-»andc,  l>eiiu  hohen  Adel,  unter  der  Oeistliehkeit  und  sell)>t 
im  Volke,  refürmatoriüche  Schriften  Eingang  gelundeu  haben. 
Leider  besitzen  wir  —  das  kann  unumwunden  gesagt  werden  — 
Uber  diese  Periode  unserer  Geschichte  bis  nun  sehr  mangel- 
hafte Kenntnisse.  Obgleich  Mahren  durch  Männer  wie  MiliS  von 


corie  Dostre  ragalia*  bezeichnet  Ab  L«ndesliaaptiuann  «racbemt  er  urkund- 
lich suent  tutdiw^bar  bei  der  Er5ffiittn|f  der  Olmttteer  Landtefel  am 

23.  Januar  1412  (vgl.  Die  Laudtafel  do«  Markf;rafthuinci<  Mähren.  Olm. 
Cudn,  S.  293).  Dio  Wiirdo  eine»  königlichen  Hofmeisti-rs  !>..hult  er  bei, 
denn  noch  in  einer  Urkunde  vuui  G.April  1412  (Abscbr.  im  itiiüir.  Lnndos- 
arehiv)  nennt  ilin  Wense!:  ,nn§er8  fnntentums  sn  Meriieni  bauptman, 
unMm  hofineiater'. 

*  Die»o  in  hfibmisrli'-r  Spradi.»  ,-ilii,''ofas!;ti>  T..'imlfritiii>'n.*iirkini<li'  vmn  2.  Fe- 
bruar 1412,  welche  in  einer  pro.'ssen  Anzahl  von  Artikeln  mit  dem  dentschen 
Landfrieden  der  Markgrafen  Jodok  und  Prokop  vom  Jahre  138B  (vgl. 
Cod.  d[pl.  HontT.,  Bd.  11,  8.  446,  Nr.  529)  Tellkoauuen  Sberainatimmt, 
iat  in  das  Tobitschauer  Kochtsbuch  übergeg.iii^^<*n  iiml  von  Brandl,  Kniha 
Tovac^ovskn,  ]•  2.'.  cap.  Sl  nach  dem  Qn^oale  des  mährischen  Laadee- 
arebivs  abgedruckt. 

*  Die  unrichtige  Angabe  d^Elrert^H  (Schriften  der  hktor.-etatfait.  Seetion, 
Bd.  13,  S.  S7),  dan  K.  Weniel  im  Jahre  1417  am  Bplelbeig  in  Brüna 
geweilt  hnW,  benilit  auf  einem  völlig  verkehlten  Regelt  in  Wolnj'e  Maik- 
grafschaft  Mähren,  Bd.  2.  Ahih.  2.  S.  12f',, 

'  Vgl.  Richter,  Dio  Husitcn  in  Miiluun  in  Knltunbäck  »  Oestorr.  Zeitschrift 
für  GeKhichta-  und  Staatafcnnde,  188&,  8.  862. 


255 


Kiemriery  Stefan  von  Dolein,  StaniaUus  und  Petrus  von  Znaim 
0.  A.,  die  ftlr  und  wider  Btritten,  hervorragenden  Anthcil  au 
der  Geschichte  der  husitischen  Beweguiii;  irenomnu'ii  hat,  so 
fehlt  doch  jeder  Versach  einer  Sammlung'  (K  r  bcKUirlii-lx  ii  Doeu- 
mente,  wie  sie  anderwärts  xuich  Terschiedencn  Gesielitspunkten 
bewerkstelligt  wurde. 

Als  dann  nach  dem  unheilvollen  .{.ilir«*  1409,  in  welehciu 
der  nationale  Kanij>f  offen  losbrach,  di<'  Tu  wri.Min';  l»r>uiid<Ts 
durch  den  Streit  des  Praj^er  Erzbischot>  Shinko  mit  llus  als- 
bald in  vollen  Zu<^  kam,  Hus  sich  in  otli  neu  ( H-:,^<  nüatx  xii  den 
kirchlichen  Anordnungen  stellte  und  hicdureli  dir.  Liui-iiwrh  in 
den  Streit  hineingezogen  wurde,  da  erkcniuMi  wir  alK-rdiiigs 
deatUchy  welch'  mächtigen  Anhang  Hus  auch  schon  in  Mähren 
gewonnen  hatte. 

Unter  seinen  eifri«j:sten  Gönnern  erscheint  von  alh  ni  Antanirc 
Lncek  von  Kravar.  Schon  im  Septcmlx  r  d«  s  .I.tlir<  s  1410.  da 
von  Böhmen  aus  Bittschreiben  an  den  neuen  Papst  ,I"liann  Will, 
gerichtet  wurden,  damit  er  das  Verbot  seines  NUruitnt:' r>-  l>e- 
tn  lV^  der  freien  Predii^t  und  des  (T(!l)rauclii  s  w  ii  liliii>rher  Hiieli.  r 
autlicbe,  nimmt  i^acek,  «lamals  noch  .maiii-l'  i-  eiiriae'.  eine  h<-r\  'tr 
rajTfnde  Stellun^r  in  <Ier  l'artci  ein.  Sein  uml  >eini  >  P»ni(lei-s  Peter 
.Silireihen,  das  •jleii  li/.eiti;;  mit  denen  des  KiiniL^-;.  d' r  lv'>niuiii 
und  vieler  Ixdimiseher  l^arone  al)i,nnp:.  keim/.eiehni  !  >irii  vm' 
allt'ii  ul)ri;_'en  durch  einen  entsciiiedeneicn,  ki  ine'-weM^s  sciir 
drvoteii  Ton.  ,\Vas/  so  ruft  Tjacck  in  rhetnri^elit  i-  I'ra;:»'  aus, 
,v^.'lk*n  uns  dann  die  Kajx'llen  in  unseren  Selil.'iv<rni  niit/en, 
in  denen  oft  ^'cnuf^  das  Wort  Gottes  i:e[>ri  diut  wnnlry  Wie 
konucu  wir  dann  das  ^^'l>^t  des  Ilenii  verni  lmien,  wenn  wii' 
W  Felde  Hej^en,  wo  es  doch  am  noth\\  eudi;4si«-u  ist,  d;i>  \\'<'rt 
Gottes  zu  hören?  A\  ahriich/  so  schliesst  er  seine  .Maliiuiiiu. 
.grosses  Unlieil  und  schweres  ZcrwuH'niss  im  N'ulke  kiiniite  dar- 
aus entstehen/*  Aber  Lacek  ist  doch  aucii  unt<  i-  den  Mitglie- 
dern des  Schiedsgerichtes,  welche  noch  im  .luli  1411  die  Bei- 
legung aller  Zwistigkeiten  und  die  HerstoUun«;  des  Friedens  vor- 
neben,' wie  denn  überhaupt  sowohl  Lacek  als  viele  andere 
Adelige  damals  nur  in  dem  Sinne  als  Forderer  der  neuen  Leh- 
ren gelten  können,  als  sie  yon  denselben  eine  gHlndlichc  Ver- 


*  TgL  I'aiacky,  Documonta  mag.  Joannis  Uu8,  S.  4i:i,  Nr.  .10  V. 
'A.a.O.,  8.434,  Nr.  40. 


256 


bcsserung  der  Sitten  im  Clerus  und  die  Beseitigung  so  mancher 
offenbarer  Uebelstiinde  erwarteten.  Gegen  den  Vorwurf  der 
Ketzerei  und  der  Abtrünnigkeit  vom  katholischen  Glauben  haben 
sie  sich  stets  mit  aller  Entschiedenheit  verwahrt.' 

Mit  gespanntem  Interesse  verfolgten  die  milhrisehen  Barone 
die  Yerhandhingen  auf  dem  ('oneil  zu  (.'onstanz,  und  je  gefilhr- 
licher  Husens  Lage  sieh  dort  gestaltete,  desto  dringender  wur- 
den ihre  Bitten  und  Mahnungen  an  König  Sigmund  um  Schutz 
für  den,  als  dessen  Patron  er  überall  in  Böhmen  und  Mähren 
galt.  Schon  zu  Anfang  de«  Jahres  1415  forderte  eine  Ver- 
sammlung milhrischer  Herren  zu  Meseritsch*  eindringlich  von 
König  Sigmund,  er  solle  Hus  aius  dem  KerktT  befreien,  denn 
jedweder,  Fürst  und  Herr,  Arm  und  Keich,  rede  hier  im  Lande 
davon,  wie  der  heilige  Vater  gegen  Ordnung  und  Kcclit  und 
trotz  königlichen  Geleitbriefes  Hus  schuldlos  im  Kerker  halto; 
er  solle  ihm  freies  Gehör  verschaffen,  damit  er  sich  öffent- 
lich vcrtheidigen  könne,  wenn  ihn  Jemand  der  Irrlehre  an- 
klagen sollte;  habe  er  doch  auch  frei  und  furchtlos  im  Lande 
gepredigt.  Erst  wenn  er  des  Irrthums  überwiesen  werde,  ge- 
schehe, was  recht  sei;  doch  unter  allen  Umstünden  behaupte 
der  königliche  Geleitbrief  sein  Vorrecht,  seinen  Vorsprung.* 
Bald  darauf,  am  8.  Mai  1415,  wandten  sie  sieh  von  Brüim  aus 
abermals  und  mit  noch  dringenderen  Bitten  an  Sigmund.*  Dann 


*  In  einem  andorcn  ät-liri-iben  an  (Ion  Pa]iat  Johann,  daii  biHhor  nur  im 
OetterrnicliiM-hen  Archiv,  .Inhrg.  1K33,  irrkundenblatt  Nr.  3,  4,  S.  U, 
Nr.  15  gedrnckt  iitt,  Mfrt  Lacek:  ,l'nde  ft|ieratnu.i  coniidt>nt«r,  ipind  mag'u 
pie  ac  sapieiu-iuK  V.  S.  nos  rpK|ii<'l<it,  (|iiaiii  Alexander  .  .  .,  cum  jiroRUnW 
JvHU  Christo  duniinu  ex  intcgru  umuc»  ot  niuguli  |irofiteainDr 
cathnlic.im  fidem.' 

'  V^l.  t'Alarkv,  Dncum.,  S.  blU,  Nr.  Gh.  Di«  nnterferti^ndcn  Barone  innd: 
Laczko  <lc  Kmwar,  r.i|iit.in(>iix  Moravine,  itucxkn  d(^  Kunntnt  nliaj  de 
I'odiübrad,  Krhardus  du  KuiiittAt  alias  du  Skal,  Wilhulnius  de  l'crn$t«in, 
Joannex  de  Lomnicz,  unpruniiis  camerariiiR  Itrunenai«,  IlanuMius  de  Lipa. 
!iii|>rt>mii.'<  niar!tsalcu!>  rfpni  Bohi>niiae,  IVtru»  de  Krawar,  NU|iremii5i  canK"- 
rnriii»  OluniucenitiR,  Jodocns  Hecht  de  Ktiaicx,  Ulricu»  de  Hlawatect, 
marchiuuatu«  Moraviae  siibcKiuorariii!«,  cotcri<]UO  barunos  nunc  in  Meterict 
cunstituti,  —  alno  mit  die  höcli.iten  WUrdenträf^cr  und  LaudeKbtuinit«.'«. 

*  Der  bfihmiiiclu'  AuiwIriU'k  i.st  »ehr  bezeichnend:  ,a  tw»'  M"  Rleit  «(  wiJy 
pro»kok  u\i'.  Pnjskok  hoiiu«!  wörtlich  etwa  ,Durcb8pniiig*  {».  lirandl'« 
GlutMr,  a.  279),  noKhalb  mir  die  IJebuntutzung  bei  Palnckj-  a.  a.  O..  S  ft36: 
,tnae  maie.^tati;«  litarii«  autem  Hemeler  Iih-uh  sit',  zu  iu-hwach  klingt. 

*  Vgl.  Palacky,  Diwuni.,  8.  647,  Kr.  73. 


2Ö7 


erst  vereinijn^en  sie  sich  mit  den  Gleichgesinnten  in  Böhmen  zu 
eioer  grobbartigon  Kundgebung,  uud  die  stattliche  Zahl  von 
350  böhmischen  und  mährischen  Uorren  sandte  von  Prag  aus 
am  12.  Mai  ihr  letztes  Mahnschreiben  nach  Constana.*  Dieaer 
Brief  entlehnt  —  bexeichnend  genug  —  semen  Wortlaut  im 
Gfoaeen  lud  Ganzen  jener  ernten,  von  den  mährischen  Herren 
in  Meseritsch  abgefassten  Beschwerde^  nnr  yerechAift  man  die 
Sprache  dnrch  grossere  AnsfÜhrlichkeit,  durch  krOfttge,  be- 
zeichnende Epitheta,  durch  rhetorische  Redewendungen.^  Doch 
auch  dieser  letzte  Mahnruf^  diese  «niste  \\';u-nung  einer  im 
Lande  Uberwiegenden  Partei,  sie  nicht  durch  die  zufiUlige 
Uebermacht  der  Gewalt  in  ihren  GcfUhlen  zu  verletzen,  ver- 
fialltc  un!^(  li"irt.  Am  0.  Juli  wurde  Mus,  durch  das  geistliche 
Srlnv«  rt  vt  rdammi,  durch  das  weltliche  gerichtet^  in  Oonstans 
ais  Kct/cr  verbrannt. 

Wenn  CS  lii-liti^''  u;lr<?,  was  König  Sii^uumd  ;iin  21.  Mllrz 
1416  Von  Paris  auts  au  die  Häupter  des  ijijhuiisch-mähri.schcu 
Uusitenbundes  schreibt,^  dass  er  gleich  dauial»,  als  Iluäcus>  Isame 
Euerst  in  Böhmen  genannt  wurde,  geahnt  habe,  wie  daraus  noch 
grosses  Wirrsal  entstehen  und  die  Sache  nicht  leicht  au  einem 
guten  Ende  führen  werde;  wenn  er  in  der  That  erkannt  hAtte, 
dssB  die  nun  einmal  in  die  Welt  gesetzten  Ideen  gerade  in  den 
hOhmiBchen  Ländern  auf  guten  Boden  gefallen  seien,  dann  ist 
er  von  dem  Vorwurfe  nicht  freizusprechen,  dass  er  wenig  ver- 
ncht  haty  um  die  Feindseligkeiten  der  beiden  Parteien  recht« 
sotig  auszugleichen  and  vor  Schritten,  die  nothwendig  zum  un- 
heilbaren Bruche  lUhren  mussten,  zu  warnen. 

Die  Strenge  und  der  Ernst,  mit  denen  das  Concil  gegen 
die  Herolde  der  neuen  Lehre  verfuhr,  die  Drohungen  und 
W.imungcn  an  deren  Anhänger  verfeldtert  in  Böhmen  und 
Mahren  bereits  ihre  Wirkun«?.  Man  erachtete  Husen«  Vcrur- 
theilunjr  als«  eiii<-  drui  .allerchrisüichstcn  Königreiche"  uud  dem 
jWrühiuteu  Markgrafenthume'  angethane  ewige  Schmach.  Der 


*  Vgl.  Palacky,  Dcwuin.,  S.  660,  Nr.  74. 

*  DieMs  TerhUtniM  der  beiden  Urkanden  im  Origineltext  ist  Tom  Heravs- 

^ber  nicht  beachtet  worden,  8<>  dass  in  der  lateinischen  IJebersotKiingt 
dip  P.il.ii  ky  nur  Erleichterung  der  Benützung  den  hnlmiisch  geschriebenen 
Stücken  beifügen  ll^ps,  die  beiden  Urktuiden  vüllig  verschiedenen  Wort- 
Unt  Mieren. 
'  V||.  P«lMkj.  Docam.,  a  609,  Nr.  9fi. 


258 


Kreis  der  , Begünstiger  der  Häresie*  erweiterte  sich  zusehends. 
Die  Briefe,  in  denen  die  böhmischen  und  mährischen  Herren 
am  2.  September  1415  den  Concilsvätem  feierHch  erklären, 
nunmehr  ihre  gottergebenen  und  standhaften  Prediger  mit 
Gefahr  ihres  Lebens,  mit  Hintansetzung  aller  Furcht  und  ohne 
Rücksicht  auf  die  von  Menschen  ergangenen  Satzungen  ver- 
theidigen  und  schützen  zu  wollen,  trugen  452  Unterschrilten 
und  Siegel,  darunter  die  von  131  Herren  des  mährischen  Adels 
und  Ritteretandes.  An  ihrer  Spitze  steht  wiederum  der  Landes- 
hauptmann Lacek  von  Kravaf,  der  denn  auch  als  Vertreter 
des  Landes  Mähren  mit  den  Rühmen  Cenko  von  Wartenherg 
und  Bodko  von  Kunstadt  in  den  dreigliedrigen  Ausschuss  de* 
am  5.  September  geschlossenen  böhmisch-mährischen  Husiten- 
bundes  trat.  Die  Hauptpunkte  dieses  für  sechs  Jahre  giltigen 
Bündnisses  waren  folgende:  die  freie  Predigt  in  allen  Herr- 
schaften und  Gebieten  zu  schützen,  einen  der  Häresie  beschul- 
digten Priester  in  Böhmen  und  Mähren  einzig  und  allein  dem 
corapetenten  Bischof  im  Lande  zur  Prüfung  und  Bestrafung  zu 
übergeben,  über  den  Bischöfen  aber  in  Glaubenssachen  die 
Präger  Universität  als  oberstes  Gericht  anzuerkennen  und  einstens 
vor  dem  künftigen  Papste  über  die  ihnen  widerfahrene  Schmach 
Klage  zu  führen  und  sich  dessen  Urthcile  zu  unterwerfen.' 

Welch'  hervorragende  Rolle  Lacek  in  allen  diesen  Ver- 
hältnissen spielte,  ersehen  wir  auch  daraus,  dass  Magister 
Hieronymus,  als  er  anfangs  auf  dem  Concil  den  Widerruf  ge- 
leistet hatte,  versprechen  musste,  seine  Bekehrung  dem  Könige 
Wenzel  und  dem  mährischen  Landeshauptmann  Lacek  —  diese 
beiden  werden  namentHch  angeführt  —  bekanntzugeben,'  und 
es  ist  vielleicht  nicht  ganz  zufilllig  und  bedeutungslos,  wenn 
König  Sigmund  in  seinem  Schreiben  an  die  Führer  der  husiti- 
schen  Partei  Lacek  an  erster  Stelle,  vor  Bocek  und  Cenko 
anspricht.^  Genoss  er  solches  Ansehen  bei  den  Fürsten  und 
unter  den  Adeligen  Böhmens,  welche  Bedeutung  muss  dann 
seine  Persönlichkeit  in  Mähren  selbst  ausgeübt  haben, ^  wo  er 

»  Vgl.  Palacky,  Docum.,  S.  680,  Nr.  85  und  S.  590,  Nr.  86. 
»  A.  a.  O.,  S.  696,  Nr.  88. 
•  A.  a.  O.,  S.  609,  Nr.  95. 

'  Eis  ist  cfaarakteristisch,  da^  er  von  El)(>rhard  ^Yindecko  dort,  wo  dieser 
die  Anhänger  und  GOnnor  der  Hnsiten  aufzählt,  ,der  grosso  herr  Lazgo 
Ton  Mähreu'  genannt  wird.    Dieses  Epitheton  wird  er  wohl  in  der  Uni- 


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259 


als  des  Koiiijj^  Stellvertreter  die  ganze  Regierung  und  Ver- 
waituug  des  Landes  leitete.  Sein  Tod,  der  schon  im  Jahre  1417 
eintrat,  war  denn  auch  ein  schwerer  Verlust  fUr  die  ganze 
HuritenparteL  Sein  Nachfolger  Peter  von  Krava^  und  Straimc' 
—  Tielleielit  sein  Bruder  —  der  uns  schon  bekannte  OberBt» 
kimmerer  der  OlmQtzer  Cuda,  war  allenlings  auch  hnnttech 
gemnnt;  aber  ihm  feUte  die  Festigkeit  der  Gesinnung  seines 
Vorgängers;  er  ist,  wie  wir  noeh  sehen  werden,  nnbestitndig  in 
seinen  religiösen  und  politischen  Ueberseugungen,  ein  mährischer 
Cenko  von  Wartenberg.  —  So  lange  allerdings  König  Wenzel 
noch  lebte,  konnte  der  Adel  unp^cliindi  rt  und  ohne  Orfahr 
seine  Hinneigung  zu  den  neuen  Lehren  bekennen  und  auf  sei- 
nen Felscnburgcn  luisitisthen  IVicsteni  den  Gottesdienst  anver- 
tmut  ii.    Aber  als  mit  dem  Regierungsweclisnl  die  Verhultni?«sp 
sicli         rtrn,  da  zeigte       ^m  Ii.  das«,  so  /ahlreiche  Anhiliii^er 
der  Husitismus  auch  in  diest  in  Kn  isr  hattt;,  die  Schlösser  nielit 
der  sicherste  Hort  seiner  Nit  dcrlas^im^'  waren;   nur  insolange 
schienen  diese  Festen  um^iiiuelunbar,  als  diu  laiideshtirliche 
Gewalt,  von  der  trotz  scheinbarer  Selbständigkeit  und  Uuab- 
hAugigkeit  die  Barone  ihren  Qlanz  und  ihre  Üaeht  entiehnten, 
sich  ihnen  nicht  widersetste;  fielen  aber  die  Süsseren  Mauern 
?fir  dem  Angriffe  des  königlichen  Heeres,  dann  waren  auch  in 
der  Hehrzahl  die  stolzen  Inhaber  überwunden.  Doch  waren  die 
neuen  Ideen  schon  lange  nicht  mehr  auf  die  oberste  CSasse  der 
Bevölkerung,  auf  den  hochgebildeten  reichen  Adel,  den  zu« 
nächst  wohl  die  Opposition  gegen  so  niancdien  herrschenden 
Ucbelstand  in  der  Kirche  anzog,  beschrilnkt;  sie  hatten  Ver- 
breitung  und   milchtigen   Anhang  auch  unter  den  niedrigen 
Schichten  der  damaUgeu  Gesellschaft  gefunden,'  fl\r  die  sich 
Ansfiirht   Ttnd  Hoffnung  auf  eine  Aendcnnig  und  Befsscnmg 
erbärmlichen  I^e,  auf  völlige  UiuwUlzuog  der  ganzen 

fBlniiii;  dM  K.  Sigmniid  i;efDhrt  liaben.  Dam  damit  Lacelc  voit  Kwnf  und 

nicht,  wio  v.  Hngen  (Geschichtsschroibor  der  deutschen  Vorzeit,  Lief.  79, 
8.81,  N  2)  nng^ibt,  Lncko  vnn  .*5tf»rTiH«rg  gemeint  i^^t,  bpdnrf  kpines  Beweise-.«. 

'  Sein  EmeDtiungsdecret  ist  wiederum  aufgeuomuien  ins  Tobitaebauer  Uuch, 
§.  Brand]  «.  a.  O.,  8. 19,  Gap.  16.  Vgl.  «neli  Tomaflchdi»  Bedit  «ad  Yer* 
fuBuog  der  Msifcgnftdiaft  IttltreD  im  16.  Jalirkuiidert,  S.  47. 

*  SchcfM  7,nm  .fahr*»  1414  berichtet  T^.inrenx  von  Bfezowa:  ,Itaqne  non  solura 
in  Prapa  »od  etiam  in  niulti»  n-gni  Boemif  ft  marchionatus  Moravie 
civitatibus,  ca^trie,  uppidia  et  villift  cowinuni»  [•o)^>iilti8  cather^atim  'ctim 
■Higiia  devotiona  ae  reTorentia  ad  lattratiaeiniaiii  otrinsque  «peciai  eom- 


260 

socialen  Verhältnisse  erschloss.  liier  unten  wurzelten  sich  die 
Lehren  krilftiger  ein,  da  sie  sich  von  Anbejü^inn  mit  den  vitalsten 
Lebensinteressen  verknüpften,  und  naehlialtiger  waren  daher 
auch  die  Wirkungen,  die  der  Husitismus  in  diesen  Kreisen 
erzeugte. 

Aber  diesen  von  gjinz  vei*schiedenen  Motiven  geleiteten 
Ilelfem  des  Umsturzes  traten  in  Milhren  wohl  mit  gleicher  Ent- 
schiedenheit zwei  Factoren  mächtig  entgegen:  das  Olmützcr 
Bisthum  und  die  grossen,  zumeist  von  deutscher  Bevölkerung 
bewohnten  Städte.  Nur  hier  in  Mähren  prägt  sich  wälin'nd  der 
ganzen  Dauer  der  Husitcnkriege  diese  Gruppining  der  Parteien 
deutlich  aus,  im  Gegensatze  zu  Böhmen,  wo  sich  von  Anbeginn 
die  Stadt  Prag  an  die  Spitze  der  Bewegung  stellte  und  das 
(überhaupt  des  katholischen  Clerus,  der  Erzbischof  von  Prag, 
sich  schon  im  Jahre  1421  für  die  husitischen  Lehi*sätze  er- 
klärte. Während  sich  die  Concilsväter  nach  Husens  Tode,  am 
26.  Juli  1415,  nur  an  die  Gesaramtheit  der  Getreuen  in  Böh- 
men wenden,  richten  sie  nach  Mähren  besondere  Schreiben  an 
die  Städte.  *  Voll  der  höchsten  Anerkennung  und  des  grössten 
Lobes  ist  sodann  ein  Schreiben  des  Concils  an  die  BUrger  der 
Stadt  Olmütz  vom  27.  März  1416,''  also  vom  selben  Tage,  da 
die  böhmischen  Adeligen  vom  Concil  zu  wachsamerem  Eifer 
angespornt  werden,  weil,  was  bis  nun  geschehen,  keineswegs 

j  genützt  habc.^  Allerdings  hatten  auch  die  Olmützer  ihre  Energie 

dadurch  bekundet,  dass  sie  in  derselben  Woche,  da  Hus  den 

1  Scheiterhaufen  bestieg,  in  ihrer  Stadt  Jünger  der  Prager  Uni- 

I  versität,  die  Husens  Lehre  dort  zu  verbreiten  gesucht  hatten, 

!  verbrannten.^ 


muiiiunem  frequentabat'  (IlUfler,  GcAchichtsscIireiber  der  husitischen  Bewe- 
gung in  Br)hnien  in:  Fontes  rer.  Austr.,  88.,  Bd.  2,  S.  324). 

'  Die  Adresse  de«  mit  Palacky,  Docum.,  S.  Ä68,  Nr.  81  fast  gleichlautenden 
Schreibens  nach  Mähren  lautet:  .Sacrosancta  Cunstancionsia  ."ynodus  . .  . 
prudontibnR  et  circuuispectis  viris,  iuratin,  consniibus  et  communitatibns 
Oloniucensi»,  Bmnensis  et  aliaruni  civitatutn  oppidoruuiquo  marchiouatiu 
Moravie  sahiteni  in  domino'  (Abschrift  in  Bodck'.'*  Sammlung  im  mähri- 
schen Landesarchiv  aus  dem  Olmfltzor  Stadtbuch  dos  Wenzel  von  Iglau). 

«  8.  Beil.  II. 

•  ,Licet  itaque  .  .  .,  quia  tarnen  nnnnumquam  profuit,  ad  vigilatiura  vir- 
tutum  studia  animos  vigiles  excitare.'  l'alncky,  Docum.,  S.  616. 

*  AusHcr  dorn  Beschwerdeschreiben  der  Prager  Universität  an  den  Lande-v 
hauptmann  Lacek  vun  Kravai  (l'alacky,  Ducum.,  S.  661,  Nr.  78)  haben  wir 


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Vielleidit  wfiru  auch  der  Widerstand  von  diesen  ftsten 
^tien  des  EaibofidsmuB  «ob  wirksamer  gewesen^  wenn  nicht 
der  Haaptpfefler,  der  in  aUererster  Linie  berufen  war^  die 
Dlcbtige  StrOmong  sa  hreehen,  das  Ohnttlier  Bisthnm,  noch 
TW  Beginn  des  eigentUchen  Kampfes  gewaltig  nnterwfihU  trnd 
in  sich  gespalten  worden  wMre.  Die  Geschichte  dw  Ohntttier 
Bischofsstreites  bildet  gldchsam  das  Vorspiel  an  den  Hunten* 
kämpfen  in  Htthren.^ 

Als  niimlich  der  Olmützer  Bischof  Konrad  der  Westfale 
im  Jahre  1412  das  Präger  Erzbisthura  übernahm,  wurde  Wenzol 
Kralik.  d.  h.  der  Köni^rliehc.  früher  Propst  am  Wyäehrad  und 
Kanzler  des  Königs  von  Boluiicn,  Onmracndator  des  (!)lmUtzer 
Bisthums.  Kein  selbstäiidifjer  fVster  Charakter,  kein  unbeding- 
ter Gegner  der  neuen  Ldire,  Mos  ein  ergebener  Diener  seines 
Königs,  war  Wenzel  wohl  nicht  die  geeignete  Person,  um  den 
Zwiespalt,  der  sieh  schon  zu  Zeiten  IJischot  Koiirads  unter 
den  OhuUtzer  Canonikern  erhohen  hatte,  au  hranen  nnd  die 
Kirche  in  diesen  schwierigen  Zeitläuften  fest  nnd  sicher  an 
lenken.  Auf  seinem  Wege  nach  Constaoz,  wohin  ihn  das  Capitel 
entsandte,  kam  er  blos  bis  Prag,  sei  es,  weil  er,  wie  seine 
Feinde  sagten,  das  Reisegeld  aUaogleioh  vergendeie,*  sei  es, 
was  wohl  yUA  verstündlicher  klingen  dürfte,  weil  ihn  der  Wille 


noch  6in«n  kiiTiieii  Beridit  im  Stadttmeh  d«s  Wense!  von  Iglan,  abg;edniekt 

TOB  Loaerth  in  deu  Mittheilungon  dos  Vereines  für  G^chichto  der  Deutschen 
in  BCLmeu,  Jalir^r  19  fl8Hl),  8.  87,  und  von  W.  Saliner,  lieber  das  01- 
ntäUer  Stodtbui  li  den  Wunzel  vuu  Iglau,  S.  20.  Auch  iu  deu  Yorbemer- 
kongen  zu  den  ,Obl!gaci<m«e  ciTitatu'  kommt  Wensel  aof  die  schwere 
Sdaldigmig  der  Stadt  dnrcb  die  Hmiteii  sorüdc  und  mgt  untur  Anderem : 
et  (juift  i|»9ft  rivitns  Olorrmronii^  .  .  .  hofitm  nc pli;iii<Lirum  iiiiciin  ln^rcti- 
conim  HC  viriliter  inf^csserit  et  cives  urbis  pretacte  prituum  illius  damp- 
oate  secto  Johannis  Hus  profeasores,  quo«  reporit,  igiüa  cremacione  et 
eepitnm  trnneadone  eradkere  nitebutar  (Baligert  6.  48). 
'  Wir  sind  Uber  diesen  Bischofsstroit  durch  eine  Anzahl  von  ActeustUcken, 
die  sich  im  C.hI  358  de«  niiihrisclion  Landesarchivs  finilfti,  sehr  {jut  utitor- 
ricbtet;  ich  kann  aber  in  diwem  Ziuammeohang  den  äachverhalt  nicht 
im  Detnil  daietollen,  wie  e*  die  Urltiuden  woU  «nnSgHditeD,  und  gebe  in 
4«r  Beil.  nz  auch  n«tr  die  drei  widitigeten  Doewnente»  ant  die  ich  mieb 
mebrfafh  hi  /.iclic,  wieder.   Tch  bemerke  fibrigcii!^,  d.uHS  Rnindl  auf  Grund 
detwlben  Materials  schon  im  Jahre  1877  im  Casopis  matice  Moravskö, 
B4.  d,  ij.  29,  einen  Aufsatz,  betitelt  ,8por  o  biakupstvi  Olomackd'  (Der 
Stnit  van  da»  OJmtttMr  Bistbnm),  verOffentlieht  bei. 
'  VgL  Bichter,  Seriei  efiiteopenuii  Olomncensinm,  p.  148. 


262 


des  Königs  von  der  Fortsetsung  der  Reise  abhielt  Mit  mehre- 
ren Oanonikem  lebte  er  in  fortwährender  Feindschaft|  was  sa 
gegenseitigen  Klagen  bei  dem  Gonstanzer  Concü  führte.  Eben 
ans  diesen  Anklageschriften  ersehen  wir  aar  m  klar,  dass  sieh 
hier  alle  Kirchcnzucht  und  Disiäplin  bereits  gelöst  hatte.  ^ 

Da  das  Concil  ebensowenig  auf  den  Prager  Erzbischof 
wie  auf  den  Olmützer  Commendator  mit  voller  Zuversicht  baottl 
konnte,  so  iM  ti  autc  es  den  glaubensfesten  Bischof  Johann  ▼oo 
Leitomischl  mit  der  sehwionVen  Mission,  dem  Um9ichgrt'!f''n 
des  Husitisinus  in  den  böhmischen  Liindern  zu  wehren.  £» 
ernannte  ihn  am  .'H.  August  1415  zum  Legaten  liir  Böhmen  und 
Mähren  und  <i:;i]j  ihm  Macht,  die  Häretiker  zu  verfolj^eu  und 
auszurotten.'  Bischuf  .lohann  gelang  es  denn  auch  im  folgenden 
Jahre,  am  24.  Juni  1416,  eine  Vereinigung  der  beiden  Capitel 
Leitomischl  und  Olmütz  zu  gemeinsamer  Abwehr  der  Wiclifitcn 
und  Hwritexk  und  m  gegenseitiger  Unterstlliaung  mit  ganzer 
Maebt  bis  sur  völligen  Ausrottung  der  Hllresie  aus  Böhmen 
und  Mahren  an  erzielen.* 

Bevor  abw  noch  der  Olmtttser  Commendator  Wenad  an 
diese  sdiwierige  Att%abe  herantreten  konnte,  ereilte  ihn  am 
13.  September  1416  der  Tod.  Eine  embellige  Wahl  eines  Nach* 
folgers  war  nunmehr,  da  sich  die  Spaltung  des  Gapitels  in  treue 
Verthcidiger  des  alten  Glaubens  und  mehr  oder  weniger  offene 
Anhänger  der  neuen  Lehre  auch  hier  bereits  Tolhsogcn  hatte, 
nicht  zu  erw'arten.  Eine  Doppelwahl  trat  ein  und  als  deren 
unmittelbare  Foln-e  einer  der  heftifrsten  Krlmpfo,  den  das  unter 
den  Luxembui'ireni  seliwcr  geprüfte  Bistlium  <  Mmiitz  zu  über- 
daneni  hatte.  AutlHlli  ud  rasch,  noch  vor  dem  festgesetzten  Wahl- 
tage und  in  Abwesenheit  mehrerer  Canuniker,^  wurde  neun  Tage 

*  In  dem  genMoten  Codex  308  indem  rieb  p.  917  ff.  die  Appellation  de» 
CHmflteer  Canonilten  Wilhelm  ron  Koithelmignn  gegen  Weniel  an  den 

Prag^er  Erabiscbof,  p.  923  ff.  Notizeu  Uber  vorschiodeiio  noschwerden  gegen 
den  Commendator,  p.  963  ff.  dir  Verhandlung  ül>rr  litMi  Stn-it  WillipluiA 
vuu  Kortbelangen  mit  dem  Altaristen  Mathias  von  Gowitsch,  oinum  (iüiui- 
liag  des  Commendator*,  Tor  dem  Conetenser  Concil,  Aetenetneiie,  weld» 
alle  raichlielien  AnfacUnH  Aber  die  Znitlnde  der  Olmfitier  Xirehe  wlhraid 
König  Wentels  Hegienuig  geben. 
>  PaUicky,  Ilocum.,  ts.  574,  Nr.  83}  vgl.  auch  S.  ö7b,  Nr.  84}  8.  616,  Hr.  »7. 

*  S.  Beil.  IV. 

*  ,ante  tenninnm  eleodonie  indiele  alü«  eanonieie  mbienttbus^,  heimt  t»  i« 
^ner  der  AppeHmtionen,    Beil.  HI  o. 


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263 


nAeh  Wensel  Knfik's  Tode  Bischof  Jdiiuiii  toh  I^eHomisclil  Ton 
semen  AnhAngem  im  Capitel  postnlirt.  ZwOlf  Tage  darauf,  am 
3.  October,  wlüüte  die  schwilchere  Gegenpartei  ihren  Bisohof  in' 
der  Person  Albrechta  (Alei),  eines  CanomkieirB  Tom  Wylehrad  bei 
Fteg  nnd  QttnstlingB  EOnig  Wemsels,^  der  allsogleich  yim  ftnger 
Ersbis<diof  confirmirt  wurde.  Keine  der  beiden  Parteien  hatte  anf 
eine  ordnungsmAssige  canonische  Wahl  Gewicht  gelegt;  es  lian- 
deltc  sieh  also  nur  noch  um  die  Machtfrage.  Zunächst  befanden 
sich  die  bischöflichen  Güter  noch  in  den  Händen  zweier  Admini- 
stratoren, die  auf  Johanns  Seite  standen.  Aber  auf  den  Refehl 
König  Wenzels  nn  den  liurirp^rafen  von  Müran,  wo  der  eine 
Administrator  seiut  n  Sitz  li^tte,  dann  ;in  den  Landeshauptmann 
Lacck  von  Kravnr,  an  den  kiinif^ditdicn  Unterkiininierer  Ulrich 
von  Tlhivatee  und  an  die  ttbri;rfn  niiihrisrlien  Landherren  nnd 
Beamten  wurden  die  bischöflichen  Güter  den  Anhängern  Johauus 
selbst  mit  Gewalt  entrissen  und  Bischof  Albrecht  und  seinen 
Canonikem  eingerAomt  Schon  am  20.  NoTember  war  Albrecht 
im  Fetischen  Besitase  des  Bisthnms  und  die  Gegner  aUenfhalbea 
vertrieben.  Mit  Albrecht  sogen  husitisch  gesinnte  Priester  in 
die  Olmtttser  Kirche  ein,  so  da»  der  Gottesdienst  andi  hiw  in 
ungewohnter  neuer  Form  abgehalten  wurde. 

Die  Stadt  OlmütSy  die  keineswegs  mit  dieser  Wendung 
der  Dinge  zufrieden  war,  erhielt  den  königlichen  Befehl,  die 
Anhänger  Albrechts  gegen  ihre  Feinde  au  schtltaen  und  diesen 
Bischof  allein  zu  unterstützen.' 

Mit  dem  Anprenhlieke  jedoeh,  da  \\m  die  ^Titte  des  Monats 
Üecember  141(3  Bischof  .To} i, -um  von  Leitomischl  vom  Constanzer 
Concil  die  Administration  des  Ülmlitzer  Bti»thums  in  spirilualibus 
et  temprjialibus  erlangt  hatte,'  erfolgte  der  Zusammenstoss  der 
beiden  Parteien;  denn  Bischof  Johann,  nachmals  der  Eiserne 
zabenannt,  ein,  wie  es  die  Zcitlu-ge  erforderte,  überaus  energi- 
scher Charakter,  ein  mit  Feuereifer  beseelter  Vertheidiger  der 
kslholiscIieB  Ordnung,  griff  unyercllglich  die  Anhttnger  Albredits 
in  ihren  Besitxungen  an  und  verfolgte  die  Gegner  mit  seiner 

,po«l  po6ta1«eioil«m  de  pi«dieto  domino  Johanne  epucopo  LuthomialeiMi 

Cfl!*»brnt?»m  et  consumntam  et  post  xil  dies  ji  (He  pnsfnlncinnis  facto  comim- 
Utos',  schreiben  dio  Anhänger  Johanns  an  d&s  Concil,  s.  beil.  Iii  a. 

'K«^  den  AaCseicbitaugen  des  Stadtiolureiben  Wenael  von  Iglaa,  vgl. 
Sdiger,  a  85  nnd  Birnndl,  8. 62,  Kote  1. 

■  B.  BeiL  y. 


S64 


ganzen  geistlichen  und  weltlichen  Macht.  Jede  der  beiden  Par- 
teien wandte  sich  Überdies  auch  an  den  Gönner  des  Gegners. 
Die  Canoniker  von  Johanns  Seite  achrieben  an  den  Prager  Erz- 
bischof,  um  durch  ihn  auf  den  Künig  Wenzel  einzuwirken.'  Die 
Partei  Biscliof  Albrechts  verwahrte  sich  bei  «leni  Concil  gegen  den 
Vorwurf  der  Kotzerei,  und  die  königlichen  Beamten  protostirten 
in  Constanz  gegen  die  ungerechte  Verhängung  des  Kirchen- 
bannes durch  Bischof  Johann.  Auf  di«!se  Weise  wurde  das 
Concil  Richter  in  diesem  Streite.  Die  eigenthUmlichc  Process- 
ftihrung,  bei  der  das  erstmalige,  Albrecht  günstige  Urthcil  um- 
gestossen  wurde  und  eine  neue  Untersuchung  schliesslich  am 
1(5.  Juni  1417  mit  seiner  Absetzung  endigte,  bildet  einen  eige- 
nen Abschnitt  in  diesem  interessanten  Bischofsstreite. 

Doch  weder  diese  Kntscheidung,  noch  auch  die  ßestüti- 
gung  Johanns  durch  den  neuen  Papst  ^[artin  V.  am  14.  Februar 
141 S,*  den  übrigens  Künig  Wenzel  mit  grösstem  Eifer,  aber 
vergeblich,  ftlr  Albrecht  zu  gewinnen  getrachtet  hatte,'  beendigten 
den  Streit.  Albrecht  nppcilirte  abermals,  und  Pap!«t  Martin  be- 
auftragte den  Cardinal  Branda  von  Piacenza  mit  der  weiteren 
Untersuchung.  Im  Sinne  des  pllpstlichen  Auftrages  verkündete 
Branda  am  7.  Mai  1418  unter  Androhung  des  Kirchenbannes, 
dass  Albrecht  und  seine  Anhänger  alle  Besitzungen  der  Olmützer 
Kirche  dem  Bischof  Johann  oder  dessen  Procuratorcn  auszu- 
liefern haben.*  Doch  erfolgte  mittlerweile  eine  unerwartete  und 
eigentlich  nicht  ganz  aufgeklilrte  Lösung.  Wahrscheinlich  auf 
Bischof  Johanns  Anregung  wurde  ein  Wechsel  der  Bisthümer 
vorgenommen,  der  die  Zustimumng  alh'r  Parteien  erlangte.* 
Albrecht  erhielt  das  Histhum  in  Leitoniischi,  das  dann  wirklich 
in  den  Husitonstürmcn  zu  Gninde  ging;  Johann  Ubernahm  nach 
zweijährigen»  Kampfe  Ohnlltz. 

Dies  der  äussere  Verlauf  d«'s  Bischofsstreites.  Liest  man 
jedoch  die  gegenseitigen  Anklagen  und  Vorwürfe,  dann  erkennt 
man  erst  die  grosse  Verwüsttmg,  die  sowohl  in  spiritualibus  als 
in  temporalibus  in  diesen  wenigen  Jahren  angerichtet  wurde. 

'  Die  betn^fTende  Urkutide  ist  iiit  lit  ^druckt  und  befiudot  »ich  nach  Brandl, 
B.  64,  N<ite  1  anf  dem  Innpiidcckcl  de«  C'cid.  20ä  im  Olmütser  Capitelarcbiv. 

*  Vgl.  Uirliter,  Serie«  episcoporum  Olomuceiiainm,  p.  149. 
»  8.  Heil.  VI. 

*  8.  Boil.  UI  b. 
»  8.  Beil.  VII. 


Dlgitizei. 


205 


Scboa  vor  Eintritt  des  eigentlichen  Kampfes,  ao  schildern  die  An- 
hänger Bischof  Johanns  den  Zustand  der  DiOcese,  war  das  Land 
durch  die  Irriehren  TölUg  serriasen.  Die  Hftresie  der  WicMten 
und  Hnaiten  hatte  sieh  aüitberaU  hin  verbreitet  und  gewann, 

geschützt  und  v(  rtlioidigt  durch  Tide  Barone,  Adelige,  Kittor 
und  gemeines  Volk,   iimaor  grosseren  Boden,  wodurch  dann 
der  katholische  Glaube  schwer  geschädigt  ward.   Die  heiligen 
Saeramente,  so  klagen  sie,  wcrdon  verspottet  und  verhülint,  die 
IcfrcliliVTieTi  Strafen  v«^rlaclU;  <U  r  Gehorsam  gegen  die  Kirche, 
g<  L'<*ii  den  ai)08t')li.sih(  n  Stuhl,  gegen  Bischöfe  und  Opistliehe 
sei  veruichti't.    Und  indem  sie  sodann  auf  das  Einzelne  ein- 
drehen, berichten  sie  umstäiullieli,  dum  die  Barone  sich  Priester 
haken,  von  denen   ihnen   (las  Altarsucrument  unter  beiderlei 
Gestalt  gereicht  werde,  dass  es  l'riester  gebe,  die  die  Oblate 
vor  der  Elevation  in  drei  Theile  brechen  und  nur  einen  Theil 
eiheben,  ja  auch  solche,  die  in  Fischteichen  und  Flüssen 
tsofen;  andere,  selbst  exoommnnicirte,  celebriren  auf  Feldern, 
in  Scheonen,  in  Kellern  ohne  geweihten  Altar  die  Messe;  man 
hilte  keine  canoniaehen  Stunden  u.  s.  w.  Vielfiich  wttrden  Exe* 
qnien  Air  die  yerdammten  Ketaer  Hus  und  HieronTmus  ge- 
feiert, man  veranst^dte  zu  ihren  Ehren  Feste  und  preise  sie  als 
Märtyrer  des  Glaubens,  ja  man  stelle  sie  ülier  P<'tnis  und  die 
tÜDrigen  Heiligen.  Die  Folge  davon  sei,  dass  katholische  Geist* 
liehe  vertrieben  wttrdeu,  das»  man  die  Pfarrer  ihres  Eigenthums 
beraube  und  sie  zwinge,  ihre  Kircln  n  zu  verlassen,  da  sie  doch 
n-r-ht-s  liaben,  um  sich  zu  erhalten;  dtn  Zehrnt  reichten  ihnen 
flit  Patr'sTi*'  nic-ht  mt'iir.  und  fände  sich  tinnial  t-in  iM'arrkiud, 
das  ihn  icLste,  so  wt-nlc  er  ihnen  von  den  anderen  wieder  ent- 
rissen. Ja,  sie  würden  von  den  Husiten  geschlagen,  crcfantren, 
gemartert,    ertrilnkt  oder  sonstwie  grausam  getüdtel,   und  es 
herrsche  Gefahr,  dass  die  ganze  Älarkgrafschaft  in  diese  liT- 
thttmer  häretisch«r  Verruchdieit  fidl^  wofern  nicht  das  Ooncil 
Bettang  schaffe.^ 

lian  wird  diesen  Bericht,  der  gleichsam  die  Einleitung 
iqr  Moürimng  der  Wahl  Johanns  bilden  soU,  als  aiemlich 
dOster  gmalt  ansehen  dürfen,  aber  aweifeln  kann  man  nich^ 
dass  schon  damals  Mähren  nicht  minder  als  Böhmen  durch  die 
Spaltung  im  Volke  und  Clerus  sehr  zu  leiden  hatte.  Sobald  dann 


'  S.  B.  il.  III  ;i 
ArchiT.  Bd.  LXXl.  U.  Hälfte. 


18 


266 


nach  iUt  Doppelwalil  lU-r  Kuni|)f  der  feindlichen  lirUdcr  be- 
gann, herrschte  auf  beiden  .Seiten  nur  der  eine  Wunsch,  die 
Gegenpartei  vollkommen  zu  vertilgen. 

Als  der  königliche  Hauptmann  auf  Schloss  Littau,  PH- 
bicho  von  Othlochowic,  gegen  den  Bischof  Johann,  der  ihm 
mit  dem  Banne  drohte,  an  das  Concil  appellirte,  klagte  er  die- 
sen an,  dass  er  und  seine  Leute  unuienschlieh  wie  Tyrannen 
in  den  Gebieten  der  ülmUtzer  Kirche  gewüthet  hätten,  dass  sie 
Kirchen  und  Klöster  beraubten,  die  Menschen  gefangen  abAlhren 
Hessen,  die  sich  mit  schwerem  Geld  auslösen  miissten,  wenn  sie 
nicht  in  Kerkern  gefangen  gehalten  imd  mit  Fusseisen  und  Hand- 
fesseln gefoltert  zu  Grunde  gehen  wollton.  Und  ganz  derselben 
Grausamkeiten  und  Unthatcn  bcschiddigte  Bischof  Johann  eben 
diesen  königlichen  Hauptmann  in  einem  öffentHchen  Anschlage  an 
den  Kirchenthoren,  wie  Pribicho  in  der  Appellation  selbst  angibt.' 

Fehlt  uns  heute  denn  doch  das  Verständniss  für  ein  der- 
art grausames  Wllthen  im  eigenen  Lande,  so  werden  wir  es 
auch  besser  hier  und  sonst  unt<'rla88en,  abzuwägen,  auf  wel- 
•  eher  Seite  die  grössere  Zahl  oder  die  unmenschlichere  Art  der 
begangenen  Hchändlichkeiten  zu  constatiren  ist.  I^Iau  bezahlte 
so  ziemlich  Gleiches  mit  Gleichem. 

Welche  Ausdehnung  schon  damals  die  Anhänger  de« 
Ilu-sitisraus  in  ^lähren  gewonnen  liattcn  und  wo  der  eigentliche 
Mittelpunkt  ihrer  Ansiedlung  war,  das  ersehen  wir  aus  der 
Citationsbulle,"  mit  der  Bischof  Johann  unmittelbar  vor  seiner 
Anerkennung  durch  Papst  Martin  am  5.  Febnuir  1418  die 
scbismatischcn  Priester  nach  Leitomischl  vorlud.*  Besonders  im 
unteren  Marchthalc  von  der  KinmUndung  der  Hanna  einer-  und 
der  Becwa  andererseit-s,  in  der  Gegend  um  Kremsier,  Tlumat- 
scliau,  Napajedl,  Ung.-Hradisch,  aber  auch  nordwestlich  von 
hier,  um  Strilek,  bei  Ostra,  Wessel,  Znorow,  8trafnic,  Lipau, 
Wclka  u.  s.  f.,  dort  hatten  sie  sich  der  Kirchen  bemächtigt 
und  festen  Fuss  gcfasst.  In  der  Folgezeit  bot  gerade  in  dieser 
Gegend  die  Bekämpfung  und  Vernichtung  der  Husiten  dem 
Könige  Sigmund  die  grösslen  Schwierigkeiten,  so  dass  er  sogar 
einige  Zeit  an  eine  Abtrennung  dieses  Gebietes  von  der  Mark- 
grafschaft und  Entnatioiuilisirung  desselben  dachtet. 


>  8.  Beil.  III  b. 
*  S.  Iteil.  VIII. 


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2<>7 

üas  war  die  Lage  der  Dinge,  als  Jim  hi.  Aiiirnst  141t' 
König  Wenzel  matt  und  krank,'  wie  ein  sc-hon  lange  von  d«'n 
I  ribilden  des  Wetters  zerrissener  Stamm,  lu-im  crsti-n  kräftigen 
Windstosse,  der  das  nahende  (Jowitter  aiikiindigu-,  ziisannufn- 
brach.  Es  trifft  diesen  Fürsten  walirlieli  wonig  Schuld  an  dem 
l'nheiJ,  das  unter  seiner  Kegicning  so  raseh  eniporgewaclisen 
wiir.  Kr  war  von  Anbeginn  zu  .seliwacli.  «Ins  Krhtlu'il  seines 
grossen  Vaters  zu  übernehmen.  Immer  und  ininuT  \\  ie<liT  sueht 
er  einen  Theil  der  Würden  und  Lasten  auf  «lie  ihm  zuniiehst 
Stehenden  abzuwälzen,  zuerst  auf  seinen  geistesstarken,  ehr- 
begierigen Vetter,  den  Markgrafen  .lodoiMis  von  Miiliren.  ilann 
auf  seinen  Bruder,  König  Sigmund  von  l'ngarn.  Wi-nzel  stand 
inmitten  der  böhmischen  Win-en;  er  war  nicht  ihr  l'rheber, 
bScbstens  Zeuge  in  dem  Processc.  ilcr  sidi  hier  entwickelte. 
Man  hat  sein  Benehmen  ein  zweideutiges  genannt;  doch  der 
Ansdnick  trifft  nicht  zu;  ihm  fehlte  das  Vei-stilndniss  für  seine 
schwierige  Aufgabe  und  für  die  rtlichten,  die  ihm  seine  Stellung 
luferlegte.  Wahrlich,  auch  ein  grösserer  (Jeist  als  er  «ilre  in 
Zwiespalt  mit  sieh  selbst  geralhen  bei  der  eigi-ntiümdichen  Knt- 
wicklung,  die  die  Verhilltnisse  in  Htjhnien  genommen  hatten.  Kr 
ahnte  nicht  die  Tragweite  des  Streites  iler  (ielehrten.  er  unter- 
schätzte den  immer  wachsenden  Gegensatz  der  beiden  Natiu- 
nalitäten  im  Lande,  und  als  er  sich  mit  einem  Male  entweder 
als  Ilusit  und  Ketzer  von  der  Kirelie  verdächtigt  oder  in  die 
Xothwendigkcit  versetzt  sah,  seine  l»i>lierigeii  Freunde  und 
treuen  Diener  preiszugeben  und  zu  verfolgen,  da  raste  er  in 
seiner  Verzweiflung  und  erlag  thatsilchlich  den  furelilbarcu  Auf- 
ri'guDgen  der  letzten  Wochen  seines  Lebens. 

Sein  Bruder,  König  Sigmund,  iler  ihm  folgte,  hatte  bis 
nun  in  einem  Lande  rc-giort,  in  dem  von  tJrund  aus  verschie- 
dene Verhilltnisse  herrsehten.  Kr  stand  allerdings,  wie  wir  ge- 
ifhcn  haben,  in  mehrfachen  Beziehungen  zu  Inihniisehen  und 
mührischen  Adeligen  und  war  über  die  ilusseren  Vorgänge  in 
IWiraen  gut  unterrichtet;  aber  nie  hatte  er  in  den  letzten  .lali- 
ren  im  Lande  selbst  geweilt,'  um  sich  ans  eig^-ner  An.schauung 
Klarheit  über  die  wirkliche  Lage  zu  verschaffen.  Signtund  war, 
besonders  seitdem  er  die  römische  K('>nigswürde  innehalte,  viel 


'  Vpl.  dM  lUnenir  K.  Hifpiiundfl  von  1114  — 1415»  in  Aschluich,  Gcjn-Iiirlito 
K.  Si^unds,  Bd.  2,  S.  460  ff. 

IH* 


26» 

in  der  Welt  herumgekommen,  aber  uir^^cnds  fand  er  die  Häresie 
HO  sehr  im  Schwungo  wie  in  soiiioii  Erblan<lcn.  Er  unterschätzte 
daher,  von  dem  nur  scheinbar  richtigen  Gedanken  ansgehend, 
da»  denn  docli  du  Htaflein  Httmten  in  Böhmen  nieht  gegen 
die  gcsammte  k&tholische  Welt  ankimpfen  könne,'  die  Gefahr, 
die  allerdings  nicht  gleicli  fl5r  die  ganze  Kirche  hcrlrohlich 
werden  konnte,  irohl  aber  tUr  tlus  Land,  dessen  Erbe  und  za 
künftiger  Regent  er  war.  Er  fUblte  sich  mit  dem  W<A1  und 
Wehe  dieser  Linder  nieht  so  verwnehflen,  wie  diee  MiBen 
Bruder  Wenzel  immerhin  nachgertlhmt  werden  mnss.  Zu  die- 
sem selbst  war  sein  Verhalten  niemals,  nnd  am  wonigsten  in 
den  letzten  Jahren,  ein  freundschaftliches  gewesen.'  Dessen 
Freunde  nnd  Rathgeber  konnten  nieht  die  seintgen  werden, 
und  dass  ihm  unter  dem  kmitisch  gesinnten  Theile  der  6» 
vitlkerung  seit  den  Vorgängen  in  Constanz  keine  Symimthien 
entgegengebracht  wurden,  ist  leicht  verstUndlich.  Sigmund  sah 
in  der  Ausrottong  der  Hüresie  in  Böhmen  nnr  die  eonBeqtwate 
Fortsetzung  einerseits  seim-r  Bemühungen  um  die  HcrsteOong 
der  KinifrUeit  in  der  Kirche,  andererseits  seiner  Kämpfe  gegen 
die  üughlubigen.  ^  Er  heg^e  auch  nach  dem  Concil  nur  den 
einen  Gedanken,  aber  auch  äia  dehere  Hoffnung,  er  sei  bernfto, 
die  Neuerungen  der  WicUfiten  auszurotten.*  Und  unmitldbar 
nach  dem  ToiL-  Wriiz<-|s  liat  er  noch  die  Absieht  atisgesjirochen. 
alle  anderen  Aufgaben  der  ZurUckdrttogung  der  TUrken  und 

*  So  Khreibt  er  den  bflhinisch-niXhii«chen  Baronen  im  Jahre  1416:  ,A  cbUliU 
byats  tak  pKmö  « twrdi  Hitaowa  atnnu  diteti «  biiniti,  to  b/  mim  b/le 
wtlml  teSko,  ie  byat«  wi«mn  kFeafanak^mu  sbnni  ni8li  odolatf*  (Afl  ai  Ivb 
obatinato  «t  pertinaci  muiiin  laii-.-im  lliis  su^d'iit.'ire  etdatelden 
▼elitta,  id  qvidea  vobia  difficillimum  erit,  uuiveraaa  CbrütiaiiMnuB  aocia- 
lati  naiatera).  Paladcr,  Doenia.,  a  610  (6IS),  Nr.  96. 

*  \'^]  l't'ioiiilori«  (Ins  .Schreiben  Signniida  Wrassl  Tm  4.  Daoiiakw  1419 
(l'alacky,  Uocam.,  S.  68*2,  Nr.  119). 

*  Nam  quid  noUi  prodeiaat  tot  laborlkna,  tot  wignatiia  p««  müoM  aedMiaa 
inaudsMe,  niai  pro  tarn  pio  tatnc|tic  Milutifr-ro  negodo  corj^u«  vm'sqnt 
noatraa  totalea  exponeremna?  quam  gloriani  re|Hirtare  poaaemtu,  »i  uniooe 
(■cc  it  sinn  ckriatiaiiomin  facta,  Toacriaqua  inimicia  thriitifideliam  intraati- 
bua  crabro  chiiatiawiinm  {Murlae  npnlab  aepusinie,  WiUepkiatarm  «I 
HvailataniiD  peatlmnm  omnlnin  heretioomin  genoa  nollaiinia  daakvant 
(K.  Big'inund  .in  c.-inlin.-il  Itmixl».  1'.).  Juli  1421,  in  Fklacikj,  UrkiiBtDicba 
Baitrige  aar  Oeicbichte  des  Husaitankriagea,  Bd.  1,  &  187.) 

*  8o  aebrelbt  «r  ■■  II.  JmH  1418  daa  KnifllntOB  Lodwi^vM  dar HUs: 
p . .  tt  qida  noa  etiam  talttar  in  Boheoda  dilifanter  «1  anioaa  labania 


269 


rlt?r  Vt!rnirlifun<x  dt  r  Klezci'  liintanxusetzen. '  In  A^'i^klii•hkeit 
uberliess  er  ahvr  zunächst  in  Böhmen  flic  l)irigc  ihrem  Lauf. 
UüglicL  auch,  dass  ihn  die  Unternehmung  gegen  die  Türken 
linger  und  mehr  Tieacblftigte,  als  er  Termutket  hatte.  Erst  filr 
die  letzte  Woche  des  Jalireti  1419  berief  er  die  Stände  ans  den 
'Hiliniisehen  LUndern  sicfi  nach  Hrllnn.  In  dieser  einen  Thatr 
Sache,  dass  Künig  Signaind  hei  geincun  Kegieruiigsautiitte  es 
iwht  wa^t^  die  Hnldigaiig  in  Prag  entgcgenzanehmen,  Bon- 
nern in  der  Haupt^itadt  Mährens  die  Getreuen  um  sieh  ver- 
Janmieltc,  kennz»>k  lmi'f  '-icli  1«  r-  its  die  verschiedene  \\'tindung, 
welche  die  Geschicke  der  t»eiden  Lünder  Boiimen  und  Mähi-en, 
die  in  der  biflierigen  Entwicklang  ziemUch  gleichen  Schritt  ge- 
halten hatten,  von  hier  ab  nehmen.  Dort  fulir  nach  Wenzels 
Tude  <\:i>  l'uwetter  mit  einer  alles  IJcjsfclieriib-  vi  rniclttoinli'u 
(jewalt  Uber  dafi  Land  dabin;  Uber  Mähren  ütuud  wohl  auch 
fortwlhrend  daa  drohende  Gewitter,  bald  hier,  bald  dort  ent' 
lud  e»  sich  mit  verheerender  Gewalt,  und  zu  wicdeHlolten 
M.i''ni  w;iril  atu-li  (lii'i-i's  Tj.iml  \nii  fuiTlitlian-n  Ei'srliiilfri-nnuTi'n 
heimgesucht.  Schliesglieh  hielten  aber  hier  itie  widerstreitenden 
Klifte  Moander  doch  beaser  Sumd,  und  niemala  worden  die 
Bnntra  die  IhalilichHehen  Herren  dea  Landes  wie  in  Böhmen; 
nie,  auch  nicht  für  einen  Augenblick,  fiel  wie  dort  die  ordent- 
tiehe  köni^licli*' .  beziehun-rswcise  rn.irk'Tilfliche  (iewalt  in 
Trümmer.  In  Allem  wollte  man  mit  den  Brüdern  in  Büluncu 
aitamniengehen,  aber  dem  KVn^  den  Clkhoraam  verweigein, 
»♦'ine  Krbrechte  ohneweiters  für  null  und  nichtig  erklär<!n,  dap 
vur  whrcckten  die  hnattsch  gesinnten  mährischen  Barone  denn 
•loch  zurück. 

Auf  jenem  BrOnner  Landtage  in  der  Weihnachtewocbe 
iesJahrea  1419  nahm  König  Sigmund,  der  in  Begleitung  vieler 
Ffirsten,  des  pftp^tliehen  Legaten,  mehrerer  Bischöfe,  podami 
seiner  Gemahlin  und  der  böhmischen  Königin -Witwe  iäoiihic 
nschien,  niclit  blos  die  Huldigung  entgegen,  aondem  traf  auch 
Verfügtingen  wegen  der  Verwaltung  und  Regierung  dieser  Län- 
der, die  er  ana  den  Händen  der  huaitiaoh  gesinnten  Beamten 

faitoadiaM,  «t  novitotan,  qnas  iUiran  de  Wicklefiitis  st  oommuniter 
nAram  euuirexlt,  porimiM  ««adiflSN*  (Deittieh«  BeidialagiMteiif  Bd.  7, 

flu  M«,  Nr.  230). 

'  Aa  80.  AugDtt  MVi  »chrcibt  er  .in  den  Dout^rhonlenK-IIorhineteter  in 
ffiam  giiuw  (Deutaebe  EMdiatagMcteu,  Bd.  7,  &  398,  Kr.  378). 


270 

in  die  treu  ergebener  kalliolischer  Herren  legte.*  Was  Ilähren 
bctrifl't,  so  ist  zwar  die  Nachricht,  dass  König  Sigmund  den 
Magistrat  von  Brünn  angeblich  wegen  husitischer  (iesinnung 
mehrerer  »einer  Hilthe  entsetzt  habe,  völlig  unrichtig.*  E»  lässt 
sich  urkundlich  nachweisen,  dass  dieselben  Rilthe,  die  am 
7.  April  1411)  durch  den  königlichen  Unterkäimnerer  Haiko 
von  Hodietin  eingesetzt  worden  waren,  die  Amtsgeschäfle  un- 
unterbrochen auch  noch  bis  in  den  Monat  April  1420  leiteten.' 
Nicht  in  diesen  bürgerlichen  Kreisen ,  sondern  im  Adel 
herrschten  die  Sympathien  ftlr  die  neue  Lehre.  Windocke,  der 
Chronist  König  Sigmunds,  nennt  uns  einige  Kamen,  wie  Peter 
von  Kravaf,  dessen  Sohn  Wenzel  und  zwei  Mitglieder  der 
niächtigi'n  Familie  der  Sternberge  als  treue  Anhänger  der 
llusiten;*  wahrscheinlich  war  auch  bei  Krhard  von  Sowincc 
seine  husitisehe  (iesinnung  der  (  Jnind,  weshalb  er  sich  damals 
die  königliche  Ungnade  zugezogen  hatte.*  Von  diesem  letzteren, 
aber  auch  von  Peter  von  Kravar  wissen  wir,  das«  sie  sich  dem 
Könige  wieder  unterwarfen  und  vom  Husitisnms  abliessen. 
Gleichwohl  verlor  l'eter  sein  hohes  Landesamt,  die  Würde 
eines  Landeshauptmannes  von  Mähren,  welche  auf  ein  ander« 
Glied  desselben  (Jeschlechtcs,  auf  Heinrich  von  Kravar  und 
Plumenau,  Uberging,  dem  wir  allerdings  unter  den  husitiäcli 


'  Vgl.  Laurenx  von  Bfexnwa,  .S.  347. 

*  Diese  Nai-liriclit  untiiahiii  Anchbach,  Bd.  3,  8.  H4  tin»  Elidel,  Geschieht« 
di>s  ungrarischen  Reicho»,  BJ.  'J,  S.  297,  und  Uudik,  Uettchicbte  des  Ben*- 
dicUiiRrstiftoH  Uaif^ent,  Bd.  1,  ij.  4CU  aiu  Muynert,  Ueachichte  0««terreiclis, 
Bd.  4,  S.  599. 

*  Da»  eririlit  «ich  au«  Cud.  Nr.  157  dos  Brtiuncr  Stadtarchivs,  der  al< 
Te»laiii<Mit<'nbiich,  anj^vblirh  voiii,Jaliru  14<>0  (!)  be^nnon«!,  busoichnet  wird. 

*  Vgl.  G»iichicht().4chreiber  der  deulKchen  Vorxeit,  Lief.  79,  S.  »7,  Cap.  99; 
nnt«r  Pet«r  von  i$troiifr«nnich  int  eben  unser  Peter  von  Straliiic  lu  ver- 
sIeheu. 

*  In  dum  genannU^n  Codux  Nr.  137  findet  «ich  F<it.  .'i7l  folgende  Rintn- 
gung:  ,Ad  inandatuiii  nnlülii«  doniini  lleiiriri  de  C'rswan»,  alia4*  de  Pliimp- 
naw,  capitanei  Muravic,  maiidatu  iiiviclisBimi  d.  n«8tri  Sigianiumti  .  .  ■ 
factiiin  a<'  ad  {Mticionos  uubiliuin  dominorum  de  Sobyonccz,  alias  de 
Ewiünburg,  nubilin  Erhardns  »ciaiii  de  Sobyenecx,  rexidcni«  in  Dobrawici 
receptufi  mt  ad  gracinni  .  .  .  regia,  ita  quod  eidem  uinuo»  cxceMuii.  d^ 
quibuR  in  multia  extitit  acciitiatu.<i  enorniiter  in  toio  ac  oninimodo  tunl 
indniti  et  dimi«iti,  atc  quud  nibi  do  similibtis  turiiibu»  actibnn  cavei« 
debi-at  in  futurum.  Actum  fer.  IV.  puat  fest.  Dnrolhee  |ti.  Kebruar|  a.  i- 
MCt'C'CXX.  roram  iuratis  illiu«  auui  .  .  .' 


S7I 


geeinoten  Baronen  bisher  nicht  hogognottm.*  E«  ist  wohl  der- 
selbe, der  sich  auf  der  Rückreise  Ki'inig  Sigmunds  von  Constanz 
über  Wien  nach  Ungarn  in  d<;88en  Hegleitung  b«'fand,  und  der 
jenen  Brief  des  Königs  mit  tinterfertijrto,  in  wrlchmi  dieser  am 
U».  Januar  1410  von  Linz  ;iu.s  .st  incn  Bruder,  König  Wenzel, 
unter  maiinigtat  iien  \'(ii  \viii  Icii  über  degsen  Verhalten  gegen- 
über den  Huäitcn,  zu  einer  Zusammenkunft  nach  dem  uiähriseh- 
UBgarbchen  Qrrazatlldtohon  Skalitz  Aufforderte.'  Sodann  begeg- 
nen wir  Heinrich  an  der  Spitae  Derer,  die  bald  nach  dem 
April  1420  der  hvsitiscfaen  Stadt  Prag  und  ihrem  Anhange 
einen  förmlichen  Absagebrief  sandten,  neben  ihm  aameist  Mit- 
glieder des  niederen  A<b'Is  und  die  StUdte  OluiUts,  Mllhrisch- 
Keostadty  Gewitsch,  Iglau,  Znaim  und  Brünn.' 

Mag  nun  der  Ornnd  in  Sigmunds  eneip.sehem  Auftreten 
auf  dein    T>nndtage    zu   Firiinn    oder   in   der  Sehwileho  und 
mangelhalten  (.>rganisation   der  husitisehen  Partei   in  Mahren 
gelegen  sein,  naehd<'m  sich  einmal  die  llauptfiihrer  und  mileh- 
tigsteu  Barone  wieder  unterworfen  hatten,  crlialteti   wir  zu- 
ofichst  kdne  weiteren  Nachrichten  Ton  Unruhen,  die  im  Lande 
dnrch  die  Hnsiten  verursacht  worden  wären.  Dagegen  wissen 
inr,  daag  an  König  S^mnnds  erstem  Feldzuge  nach  Böhmen 
auch  die  Mährer  Antheil  nahmen,^  und  nnveigesslich  in  der 
Oeschichte  des  Landes  1)1»  il>t  d.  r  Opfertod  der  Herren  und 
Ritter  aus  Midiren,  die  mit  ihrem  Anführer,  dem  jugendlichen, 
kühnen  Landeshauptmann  Heinrich,  der  dahin  kam,  um  sich 
vf>Tn  Kfjnigc  dif  Brnnt  zu  linlen.  stritt  dessen  aber  die  Todes- 
wnmlc  .-rliii'lt.  in  dvr  iini^liieklielii  ii  Sdilacht  am  WvH«*hrad  am 
Aili:ilieiliir<  iit;igc  des  .Jahres  1420  tielen.  Die  schöne  Schilderung 
^e«es  Kauiples  bei  dem  gleichzeitigen  Chronisten  Bfczowa  ist 

*  Peter  tob  KiavaF  «neb^t  noch  in  «iiier  Urkande  vom  SO.  Oe tober  1419 

{Abxclir.  im  inÄlir.  Laiidesarcliiv)  als  LaiKlesbauptiiiaiin ;  im  .Iniiiiar  1420 
(•rjbidirt  bcroito  Ueinrich  mla  Laadeschef  d«o  Landtafelsitsangen  io  Brünn 
und  Olmütz. 

'  T|rl  PelMl,  Lebenigoaeh.  K.  Weneetlftos,  Bd.  2,  Urkundeobneb,  8. 171. 

*  Vgl.  Archiv  desky,  Bd.  4,  8.  380. 

*  Ubno  die  übrigen  Zoncrniwio  hei  den  Chronisten  hier  anzuführpn,  erwähne 
ich  blo«,  das«  »ich  in  dor  Hucck'scheQ  Sammlung  im  mährischeu  Laudo*- 
trehir  ein  RegMt  einer  arknndlichen  Anfeeidrann;  im  Znnimer  Stadt- 
Archiv  mit  frtIj»ftiii1*'iM  Wortlante  findot:  ,1420.  Kotizcn  über  die  Aiiwe.^on- 
hf\t  der  Trappen  der  knoiglichen  titSdte  Mährens  mit  KSnig  Sigmund 
Tor  Prag.* 


272 


ein  Ehreublatt  in  der  vatcrlüDtlischen  Gescbichte  und  darf  wohl 
Behon  diwor  EioaeldaTBldluiig  der  Ereignisse  jener  Zeit  ein- 
gefügt werden, 

fE»  wer/  to  erzählt  der  utraquistiscbe  SclirifisteUery  jm 
Tage  Tor  Allerheiligen,  als  der  König  um  die  Mittagastunde  | 
mit  seinem  Heere  bis  zum  Neuen  Schlosse  bei  Prag  voi^rftekt 
war;  aber  er  zögerte,  di«'  Pi.iger  noch  am  selb(m  Tage  anza- 
greifen,  erwartete  er  «loch  die  Barone  aus  Müliron  mit  p'mer 
gTijRseren  ^lentre  Krit  ;,'svolk8.  Und  diese  kamen  denn  aucli  des 
Abends  ebendaselbst  an.  Sie  lagerten  im  nabfn  Wtilde  und 
scliliefcn  in  Waffen  gekleidet,  damit  sie  am  iViilicu  iMorgcn  bereit 
wären,  die  Prager  mit  allen  Denen,  die  ihnen  Hilfe  leisteten,  aiit 
dem  Felde  zu  schlagen.  In  der  Nacht  sandte  der  K6nig  eine  Bot- 
schaft an  die  Besataung  auf  dem  Prager  Schlosse,  damit  ancb 
diese  am  kommenden  Morgen  zum  Kampfe  gerttstet  wäre  nnd 
▼on  der  Burg  herabsteigend  den  Thurm  oder  das  Hans  des 
Herzogs  von  Sachsen  belagerte  mid,  wenn  sie  es  vermöchte, 
auch  in  Flammen  steckte;  denn  za  gleicher  Stunde  würde  er 
selber  mit  der  Menge  Volke»,  die  ihm  am  Abende  zu  Hilfr' 
gekommen,  die  Prager  aus  dem  J'elde  schlagen.  Gott  aber,  der 
den  Siolzcu  sich  entgegenstellt  und  den  Niedrigen  seine  (inade 
scbenkt,  Hess  den  Boten  mit  dem  Briefe  in  die  Hände  der 
Prager  fallen,  die  aus  dem  Schreiben  den  ganzen  Plan  des 
Königs  erfahren.  So  trafen  denn  die  Hanptleate  der  Prsger 
wachsam  ihre  Vorkehrungen  und  stdlten  ihre  Mannschaften 
dort  auf,  wo  jeder  Einzelne  am  Morgen  stehen  und  seinen 
Posten  gegen  den  Ansturm  des  Feindes  Torsichtig  yertlieidi- 
gen  sollte.  Und  sn  sehab  es,  dass  der  König  am  näcbs4en 
Morgen,  als  sebon  die  15.  Stunde  (d.  i.  zwischen  8  und  9  IJhr 
Morgen««)  verstrieben  war,  mit  seinem  Heerp  vnn  IT»  000  bi^ 
20.UU()  (Unbewaffneten  vom  Xeiien  Schlosse  beranrückend,  sich 
dem  l'rager  Heere  näherte  uiul  von  eim  r  Anh"ilie  auf  der 
Strasse,  die  zur  Kirche  des  heil,  l'aueraiiu»  hinautuhrt,  luil 
seinem  hkuiken  Schwerte,  das  in  der  Luft  hlitste,  denen  auf 
der  Burg  das  Zeichen  zum  Angriffe  gab,  da  er  mit  seinen 
sahlreichen  Volke,  das  man  vom  Wyiebrad  ans  sehen  konnte, 
bereit  war,  die  Prager  zu  überfallen.  Aber  der  König  hatte  die 
festgesetzte  Stunde  nach  Gottes  Willen  vensilumt,  und  nun 
Hessi'n  die  Tlauptleute  um  WySehr.ul.  indem  sie  die  Tbore  be- 
setzt hielten,  ^üemauden  zum  Angrilfe  gegen  die  Prager  hin' 


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S73 


:^iis2iehen,  wiewohl  Viele,  bcsondr  i  s  dio  Deutschen,  es  wollten. 
Als  nun  die  Adclifjcn  im  Heere  des  Königs  bemerkten,  dass 
die  Tom  W^sehrad  keinerlei  Auätaltcn  tral'en,  dem  Küuige  zu 
tielfeii,  daM  dageg«n  die  Ftafgee  sieb  hinter  den  Grfiben  gnt 
verschanzt  hatten,  ricthcn  sie  dem  Könige,  vom  Angriffe  abza- 
iteheu,  sofern  er  einen  schweren  Verliis?  im  »•iL'fiien  Heere 
vermeiden  wolle.  Doch  der  König  sagte  zu  ilmen:  „Weit  ent- 
hmtf  nüch  verlangt  es  heute,  mich  nüt  diesen  Bauern  an 
Khiagen."  Leutselig  erwiderte  hierauf  Ilrrr  Heinrich  VOQ 
Plumcnau  (Imi  KOiii^c:  pWi>sit.  d  Kiini;:.  dnss  ihr  heute  einen 
groäaeu  Schaden  erleiden  und  ui  \  «Twirrung  zurUckwcieheu 
werdet;  ich  wenigstens,**  fügte  er  hinsu,  „fUrchte  gar  sehr  die 
hivn  liti«  <rfl  dieser  Bauern."  Darauf  sagte  zu  diesem  der 
Kijnig:  „Ich  weiss,  dass  ihr  Miiliivr  fun  htsam  seid  und  mir 
uickt  tniu!"  Da  springen  Herr  Heiurieh  und  mit  ihm  die 
fifat^en  Barone  aus  Mähren  allsogleich  von  ihren  Rossen  und 
niiea:  „Sieh'  uns  hier  bereit  ku  gehen,  wohin  du  befiehlst,  wir 
werden  dort  sein,  wo  du,  o  König,  nieht  sein  wirst,"  —  Sofort 
»eiset  ilim n  der  König  einen  gefaihrlielieren  Platz  an:  in  der 
jSicderuug,  zwischen  Sümpfen  und  Teieheu,  sollen  sie  die 
Plager  angreifen.  Die  Ungarn  dagegen  lllsst  er  von  oben  aus 
auf  der  Strasse  gegen  das  Heer  der  Prager  vorrücken.  Und 
als  »ie  nun  so  freordnet  von  zwei  Seiten  gegen  dit^  Prager  bei 
den  Oräbeu  tapfer  unäturmeu,  werden  die&c  erschreckt  iiucrst 
in  die  Flucht  geschlagen  und  drftngen  steh  in  Haufen  um  die 
Kirche  des  heil,  l'aneratius.  Da  dies  Herr  (.!russina  sieht,  ruft 
fT  mit  mHchtigcr  Stimme:  gute  Brüder,  kehrt  nochmals  um 
uad  seid  heute  tapfere  Ivricger  im  Kampfe  Christi,  denn  nicht 
um  unsem,  um  Qotlee  Kampf  handelt  es  sieb.  Bald  werdet 
ihr  sehen,  wie  der  Herr,  unser  Uott,  alle  unsere  und  Gettos 
ifeiade  in  un»cre  TTündo  liftV-rn  wirrl.*' 

^och  hat  er  kaum  seine  iicde  beendet,  da  ruil  Jemand: 
«Die  Feinde  ffieben,  sie  fliehen!"  Auf  diesoi  Ruf  hin  rennen 
Alle  mit  Ungestttm,  vertreiben  die  Feinde  Ton  den  Grüben 
luid  werfen  «je  in  die  Flucht.  Und  als  die  Prai,'«  r  mit  ihren 
Adehgen  ihnen  nachfolgen,  da  strecken  die  Bauern  mit  ihren 
I^rescbflegelu  die  einen,  die  in  die  Sümpfe,  die  anderen,  die 
m  die  Teiche,  und  mehr  noch,  die  in  die  Weinberge  nnd  FeU 
<l»T  pertolu-n  waren,  grausam  nieder.  Niemanden  gefang'-n  lu-li- 
meud,  selbst  wenn  er  versprach,  die  Gefangenschaft  und  das 


874 


Qesctz  Oottes  bis  zum  Todo  Vn  ciljaclitrn  zti  wullm.  Div  A'Ip- 
ligeo,  die  mit  ritterlichen  Wafteii  küiupt'tcn,  nalimen  allerdings 
M  Tide  sie  konnten  gefangen,  ja  sie  entriiMn  aneh  mit 
ner  Lebensf^i  fuln-  Viele  den  Flegelliieben  ihrer  Brüder.  —  Und 
80  lag  luVr  Ilirr  Hfinricli  von  TMtuncnan  zu  Todr  verwundet 
uud  wurde  als  Gefangener  in  da»  Kloster  des  heil.  Pancratius 
gebracht,  allwo  er  beichtete  und,  nachdem  er  noch  unter 
beiderlei  Gestalt  au  commimiciren  verlangt  hatte,  seine  Seele 
aushauchte.  Heinrich  Lefl,  gleichfalls  tm  Zelte  liegend,  beichtete 
und  stnri).  nachdem  er  init<  r  hoidorlei  Gestalt  comraunirirt 
hatte.  Wellige  von  den  iiaruaeu  aus  dem  Lande  Miihreu,  di« 
die  Oommnnion  unter  beiderlei  Oestalt  bekSnipft  hatten,  Uieben 
am  Leben.  Hier  Herr  Ilt  inrieh  von  Plumenau.  derzeit  oberster 
Hauptmann  von  Miilin-ii,  dt-r  um  seine  Hraut'  mit  zw «'it.msoTKl 
der  Seinen  zum  Könige  g<  k<mimen  war,  dort  Jaroslaus  vou 
Wesele,  Wok  yon  Holstein,  llynko  von  Halenowic,  Albrecht 
▼OO  Chotönow,  Wilhelm,  genannt  Zajec  von  ^idloelmw  ie,  Peter 
von  Sternberg  und  Konopist,  Raeko  von  Uiesenln-ri:.  WeiizM 
von  KlucüW,  Heinrich  LeÜ,  Herr  auf  Bechiua,  .iVleä  Krk, 
Sobfifin,  Janko,  der  Secretttr  —  diese  und  viele  andere  Barooe 
ans  Böhmen  nnd  Mähren  wurden  wie  Schweine  grausam  nieder 

gemacht  und  lagi-n,  ilm  r  Waffi  ii  und  Kh  idcr  beraubt,  nackt 
dn.  — Wer.  wenn  er  nicht  grausamer  <lenn  ein  Heide  wiire, 
httttc,  Uber  die  Felder  und  Weinberge  dahinechreitend,  die  ge- 
waltigen KOrper  der  Todten  sehen  und  nicht  in  seinem  hmer- 
sten  Schmerz  empfinden  können?  Wer,  ausser  ein  wahnwitzi- 
ger Böhme,  konnte  l»eim  .Anblick  so  kräftiger,  präichtigcr 
Kriegäheldeu  und  lockiger,  edler  Jünglinge  ohne  schweres 
Herzeleid  bleiben?  Zumal  da  Viele  auf  Befehl  der  Priester  un- 
bestattet  in  den  Weinbergi  n  und  auf  den  Feldern  lifLri  n  ge 
lassen  wurden,  auf dass  sie  Hund<  u  und  ib'ii  Vr.;:.  lii 

des  Himmels  als  Aas  und  den  Beschaueni  als  Eiitsetzeu  dien- 
ten, wofern  nicht  treue  nnd  fromme  Seelen  sie  im  Dunkel  der 
Kaeht  in  den  Grilbeii  beeiiliiiii  n.'  So  !>eliliesst  lire/.owa  die 
Beschreibung  der  Schlacht  und  des  Todtenfeldes  am  Wyiehrad.' 

*  Tomek  achUgt  in  ««iner  Getichichte  Pra^.  Bd.  4,  Ü.  108  (D^Jepis  ui>-«t* 
Praiiy,  nirht  fllientntzt)  die  i^eiiitreirbe,  aber  nicht  nothwoiidigu  (.'»lyeellir 
vor,  statt  (jiro  t>|>ijiisa  »ua'  zu  lesen :  ,i>rf>  .«imnsinne  »na'  oder  ,pro  ii|ion8n  tn«'. 

•  OluK"  (truiiil  liozwt'ifelt  Loroni!,  Doiit^rlil.iiiil»  (lOscIiii'lif.nnH'lli'ii,  Hl.  I 


(3.  Anä.},  8.  S<3/4,  Bfesoi««'»  Antonwhaft  diaaer  8childeruii|f ;  Ubri^B 


275 


Bas  gFanaame  Verfahren  Sigmimds  gegen  die  Hunten  in 
Breslan,  wohin  er  sich  yon  BrUnn  zu.  Beginn  dee  Jahres  1420 

begeben  hatte,  sein  un^ttcklieher  i  rsfrr  Feldaug  geg^n  die 
Husiten  in  Böhmen,  der  Untergang  so  vieler  angesehener  TIen*eu 
und  Ritter  im  könighchen  Heere,'  andererseits  aber  der  furelit- 
bare  Siojj-esziip:  ^i^k;i's  durch  fjniiz  Hölimen,  dnm  keine  Biu'g 
und  kiMiic  Stadt  W'idi  rstaiid  /u  leisten  vermochte,  kuuule  nicht 
ohne  iiuckwirkuii^'  IdiMhi  ii  :iuf  die  doch  blos  zuiiiekgedilunnte 
husitische  Bewegung  in  Mahren.  *  Wir  erhalten  zunächst  nur 
Anzeicken  ond  Andeutmigen  von  Unmben.  In  «nein  Schrdben 
an  den  Rath  der  Stadt  BrOnn  aua  Welwar  vom  13.  November 
1420  dankt  der  König  in  allgemeinen  Worten  fUr  eine  Botr 
Schaft  und  die  dadurch  bewiesene  Liebe  und  Trene,  and 
laahnt,  durch  Mittheilnngen  und  Drohungen  von  KSi^iten  der 
Wiclititt-i)  sich  nicht  schrecken  an  lassen.^  Ob  aber  schon  in 
Aiescs  .lahr  die  Verbrennung  mehren  r  N'orstadtgassen  in  Brünn 
aus  Furt-iit  vor  einr-r  Bola^^t-nuig  der  .Stadt  durch  die  ilusiten 
gehurt.  ersc'hL'int  luolir  al.•^  /wrirrlhaft. * 

Krnslcr  wurde  die  (Icfahr  für  Midiren,  als  in  den  ersten 
Moniten  des  Jahres  1421  in  der  Gegend  um  !Stra2mc,  den 
Heireasitz  des  gewesenen  Landeshauptmannes  Peter  von  Kra- 
▼afy  der  rohe  Krieg  begann.  Eine  Adamitengemeinde,  die  sich 
auf  einer  Insel  im  Marchflasae  beim  Dorfe  Nedakonic  susam- 
vengeschaait  hatte,  verwüstete  die  Umgebung  und  brannte  das 
nahe  Kloster  Welehrad  sammt  Abt,  MOnchen  und,  wie  aus- 
ist in  eiueni  solchen  Falle  Hclion  entacheidonii,  d&M  er  jüä  der  Verfaawer 
galten  will. 

*  Oaraaf  berufen  sich  auch  die  l'rti^^er  in  ihrem  uniuittelbnr  nnc-h  der  Schlacht 
an  r1tr>  f ipsnniTntlK-It  i1<  i  ]>riluni«:hen  Barone  gerichteten  Manifest  (vgl. 
Laurenz  von  Bieztiwa,  8.  -4*^5/6). 

*  VfL  die  idcbt  gaur.  richtige  Bemerkung  des  Andreas  ron  Regensbuig: 
,. . .  «ed  tine  Tictoria  inde  leceaeit  (sc.  res)  deacendens  per  Jfomyiam  in 

Unpariniu.    Vo<t  i-iiiiiH  rcccssnin  Mmaviri,  iti  »[itn  lirK'ii«qtio  iiatici  fuorant 
infidelesy  erruribua  et  baeresibus  cxceptis  paucis  polluitur*  {,H<»tior,  Go- 
MUchtMefanlbw  d«r  HuHtton  In  FontM  «er.  Au«tr.,  88.,  IM.  6,  8.  40D). 
' . .  und  «olkher  ewer  trewe  wotleo  wir  eudi  in  allem  ^ute  nymnior  ver- 

gesson  UH't  bpfTf^rfii.  <1.t?  irilfinun  holmrrpt  ntid  ny^ni-ind  f»r»rliroi  kcii  In^zot, 
ob  euch  yoniand  i<  In  /.  turbringcn  oder  8chril»t*a  wurde,  da«  wider  uns  were, 
ak  die  Wtceleffen  pflogon  an  tmid  . .  .*  (Orig.  im  Stadtarchiv  in  Brünn). 

*  Welnj,  Ifarkgrafiebafk  UXhfmOy  BrUnaer  Kveia,  Bd.  1  8. 98,  N.  1,  beriebt 

«ich  .luf  ein«  Urkunde  für  da.H  Stift  Otdnv.nn  niis  dr-ni  .Lihri'  I  i:"',  clio  «ich 
unter  den  Urkunden  dieaea  Kioatera  im  Brlluuer  Stadtttrcbiv  nicht  findet. 


276 

drttcklich  berichtet  wird,  der  Bibliothek  nieder.'   Der  Bischof 
von  OlmUtz,  Johann  der  Eiserne,  mit  seinen  Leuten,  mährische 
Barone,  ein  ungarisehes  und  ein  österreiohisclies  Heer  vi-r- 
suchten  aUerdings  die  Ausrottung  dieser  unschönen  Ausgeburt 
husitischen  Scctenwcscns,  aber  mit  wenig  Erfolg.    Dan  hilngt 
doch  wohl  damit  zusammen,  dass  man  nicht  nur  gegen  die 
fanatischen  Bnuernsehiuiren  im  offenen  Felde  zu  kämpfen  hatte, 
sondern  gleichzeitig  gegen  die  festen  Burg<'n  des  husitiseh  ge- 
sinnten Adels  dieser  liegend.  Das  Anwachsen  der  Gefahr  vcr- 
anhi.s.ste  denn  auch  König  Sigmund,  sich  zu  Beginn  des  .lahres 
1421  aus  Böhmen  zuriu  kzuziehen  und  sieh  nach  Mähren  zu 
begeben.*   Die  Lage  in  Mähren  um  diese  Zeit  schildert  des 
Königs  Kanzler,  Bischof  Georg  von  Passau,  vor  einer  Versamm- 
lung von  Fürsten  und  StJldteboten  im  Nürnberger  Kathhaustiaale 
am  17.  April.  Er  sollte  hier  den  König  wegen  «lessen  Ausblei- 
bens von  der  Versammlung  entschuldigen  und  erklärte  nun: 
Die  emstlichen  Sachen  im  Mährerlandc,  die  den  Christenglau- 
ben betreffen,  hätten  den  König  zurückgehalten.  Ja,  hätte  sich 
der  König  nicht  dahin  begeben,  so  wäre  solches  Unheil  im 
Lande  entstanden,  dass  es  nur  mit  grossem  Kummer  und  mit 
schweren  Kosten  zu  wenden  gewesen  wÄre.   Denn  da  sei  be- 
sonders ein  gar  gewaltiger  Mann,  der  schon  vor  Zeiten  dem 
husitischen  Glaulxin  zugefallen,  jedoch  späü-r  dahin  gebracht 
worden  sei,  ihn  vor  Gott  und  den  Heiligen  abzuschwören.  AWr 
nachmals  sei  er  wiederum  in  den  Unglauben  veriallcn,  und  als 
ihn  der  König  darob  zur  Kede  gestellt,  habe  er  blos  entgeg- 
net, er  hätte  es  un»  des  allgemeinen  Wohles  willen  gethan.  Nur 
des  Königs  Anwesenheit  sei  es  zu  danken,  dass  das  Land  wie- 
der gehorsam  sei,  bis  auf  den  Einen.' 

Doch  auch  dieser  —  es  war  Peter  von  Kravai*  —  war 
mittlerweile  überwältigt  worden,  denn  schon  am  Tage  vorher, 


'  Vgl.  Laurenz  von  Broiowa,  8.  451. 

'  Am  28.  Fi-I>ruar  1421  m-liri>ibt  K.  Sig^iiiuud  biiii  OiikUu  jui  den  Rath  ävt 
Stadt  Znaim:  ,Wir  liuizon  üuch  wiszen,  da«  wir  von  hiiine  ^erichu 
Mcrhem  zu  xielieu;  dorunib  (gebieten  wir  vuvb,  das  ir  «iwom  zoiif^,  budiMn, 
hautwerk  und  sust  ander  «3wt>r  geret  zurichten  und  bor«;it4>n  .  .  .*  {Orijj. 
im  niilhr.  LaudeKarchiv  i.  \)n»8  er  daher  schon  am  '26.  und  26.  Febniar  in 
Kremüier  geurknndet  liaboii  soll  (s.  Aachbach,  Bd.  3,  Ü.  43S),  ist  nicht 
leicht  niClKlich. 

■  Vgl.  KcivlMta^cU<n,  Bd.  8,  S.  3ü. 


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am  lü.  April  1421,  konnte  der  Künig  seinem  Knnzli  r  voo 
l'ng.-Brod  aus  raittheilen,  Hass  si(  h  Peter  ondlk  li  vor  iliin  CT- 
dcmilthigt  habe,  nicht  ohne  diese  Machriebt  mit  einem  enistcn 
Zweifel  über  die  Dauerhaftigkeit  der  Bekehrang  so  iMgleitou.* 
König  digmond  sdieiiit  aidi  von  Bühmen  cunilchst  naeh 
Kremaier,  also  in  die  Nähe  des  Hauptherdes  der  hnsiti>schon 
RPTi '^rnin er.  T)pjrehpTi  zn  hnhon  *  Doch  hielt  er  sich  für  keinen 
Fäil  lange  dort  auf;  schon  am  0.  MUrz  kam  er  nach  Znaim, 
«0  «r  drei  Wochen,  bis  Ende  des  Monats,  Hof  biett.*  Da« 
battc  seinen  guten  Gnind,  denn  die  Umgebung  dieser  Stadt,  be- 
sonders die  Gegend  gegen  .Taispitz  hin,  war  ein  zweiter  Hrenn- 
ponkt  der  husitischcn  Bewegung  iu  Mähren.  Hier  hatte  sich 
mler  dem  Schntse  des  michtigen  GkaeUeebtes  der  Knnsladt, 
der  Bargherren  auf  Schloss  Jaispilx^  lingshernm  das  Hu»iti>ii- 
Aain  atiPffcbreitet  und  h(?drohtc  nun  zunächst  die  katholische 
Stadt  Znaim,  sodana  aber,  wodurch  dieser  ScbaupLitz  besonders 
Ar  HenBOg  Albrecht  -wieht^  wurde,  das  Maehhariand  Oesterreich 
in  uindttidbarater  Nike. 


*  Tf I.  ReicbftafMcteii,  Bd.  8, 8. 26,  Kr.  84,  und  mach  fieioM,  Künif  Sigmund 
od  dia  Benbifai«ge,  8. 144. 

'  Vgl.  S.  276,  N  2 

*  t'eter  »Ue  mit  Ziuiim  in  ZinsamuiealiAog  atehouden  EretgniMa  der  Jahre 
14tl  and  14n  faalwB  wir  ein«  werlbvol!«  QiMll*  in  dem  Loaiuietlnicli  dm 

St.ult  .■iu>  ilii!si_-ii  Lf'iiUii  .r.ilifOii.  liMli<rn  ich  <lie  Hf.irli.-iliinir  iliP-;-'r  für 
LocMlf^eiwiiichte  reichhaltigen  (Quellen  ankUndig«,  bt  iiiurkif  i<.)i,  iliis*  diene 
loMiiigsbllc^Br  lediglkb  ffie  Avii^bea  nnd  Einnahmen  der  Sudt  ver- 
mchnen.  Sie  reicbcn  zwar  bis  in  die  llittedee  14.  Jahrhundert«  aurflck, 
iuoh  ist  die  Reihe  leider  nnr  »ehr  fragmentarisch  erhalten.  Die  Ein* 
Ittpm^ii  der  Aussahen  anlä-wlich  Aim  K  ui^'-lu-iichL'»  werdt'u  folgendor- 
■iinn  eingeleitet:  ^tom  anno  donüai  UCCCCXXl  dotninica  Judiea 
f9.  HKn)  ■ereniwrimtis  princep«  et  dorn.  den.  Slglsnnndn«  del  ffratia 
Romanomm  r-  s  «.'umer  augustu»  necnon  Ungarie,  IVomic  otc  to%, 
domians  noaUu  gracio«iMimiu  ad  dm  in  loam  Tenieni  ciTitatem  ibidem 
pannkniat  per  xxiH  dies  nna  cum  gradulMiina  domina  noetn  ngin» 
Tiij^rie  et  cum  alii.^  mnlti-'  ih/1iilit>ii.s  ot  viris  reTi  i'  r.'lis  .  .  ',  und  aua 
anderen  Eintragungen  emelien  wir,  da«  auch  die  Kfinigin- Witwe  Sophie 
md  der  Xannler  Biieliof  Qeai)g  Ten  Paaaan  ragegen  waren.  Am  M.  Hin, 
tnei  Tage  nach  der  Belehnung  in  Soeft-Id  (k.  unten  8.  2S0),  kam  amelt 
Hencg  All>reclit  von  Oesterreich  nach  Zn.iiin.  Wuliracheinlicll  war  anch 
flignnnd«  Tochter  Eli^nbetli  dort,  dotiu  in  ti.  iu  lAim  S.  275,  N.  3  er- 
«Umten  Briefe  K.  €%mnnda  an  die  Stadt  Brttnii  empfieblt  er  aie,  die  sich 
waU  aufdar  SnrdimiM  befmdi  dnn  Selmta»  dee  BUigoutifleM.  leh  et» 
«Ikn«  £«■  wegen  dne  TerhlltaiaMi  iwiwdien  Albieeibt  nad  SUaabslh. 


278 


Wir  können  den  ersten  Beginn  \md  Ausbruch  der  Un 
ruhen  in  der  Ge«:^end  um  Znaim  Tiidit  t'csustellen.  Als  unmittel- 
bar nach  des  Königs  Ahrcise  am  11.  April  1421  der  neue 
Stadtrath  von  Znaini  sein  Ami  aiiüat,  wurde  bereits  emsig  an 
der  VerbeBBeniDg  des  Vertheidigungszustandea  der  Stadt  ge- 
arbeitet Es  wurden  die  Grttben  ausgebessert,  ononterbrocheu 
Fuhrenladangen  mit  Steinen  za.  den  Thoren  und  Maueni  hw- 
angeftdirt,  Hob  ftr  die  Renovining  der  BrUdcen  herbeigescliafil^ 
die  ThUrme  neu  gedeckt.  Diese  und  Uhnliche  Arbeiten  be- 
Bchttiligten  tn^jtrij^lich  eine  Menge  von  Knechten  und  bildeten  den 
TIauptposten  der  stÄdtisehen  Ausgaben.  Nicht  weniger  als 
105  Arbeiter  waren  beispielsweise  am  11.  Mai  allein  mit  der 
Ausbessenuiir  der  Mauern  boschUftigt.  Wir  finden  verzeichnet, 
dass  schon  im  Monat  April  in  Brünn  und  Wien  der  Einkauf 
von  Kanonen  (pixidcs)  besorgt  wurde;  daneben  ward  Blei  und 
Schwefel  in  grossen  Mengen  eingekauft  Gleichzeitig  herrschte 
ein  reger  Botendienst  nach  Terschiedenen  Richtungen  hin,  be- 
sonders auch  zam  KOnig,  und  ein  ausgeddinter  Kundschafte 
dienst  in  die  Umgebung.  Alles  spricht  dafttr,  dass  der  F«nd 
nicht  frrn  und  die  Gefilhr  nicht  klein  war.  Zum  6.  ISlai  findet 
sich  eine  Eintragung,  die  genauer  die  Stellung  der  Feinde  et- 
kennen  lilsst. '  Sie  bedrohten  bereits  Schloss  Martinkau,  ebva 
ftinf  i^Irilcn  nordwestlich  von  Znaitn  ^«-olci^i'n,  und  von  der  Bnnr 
Tempelbteiii  bei  Ei}>enschitz,  die  drn  lirrrt-u  von  Lipa  gcluirtf. 
sollte  Schutz  geholt  werden.  Von  du  an  kann  man  ob  nun  Tag 
ftlr  Tag  verfolgen;  wie  die  Husiten  langsam,  aber  beständig 
ntther  rttcken  und  sich  gleichzeitig  ausbreiten,  bis  sie  schliessiiclt 
die  ganze  Gegend  erftdlen.  Es  ist  kein  wirkliches  organinries 
Kriegsheer,  sondern  die  husitiscbe  Bevölkerung  selbst  sucht 
Ort  um  Ort  an  sich  zu  reissen,  die  festen  Platze  einzunehmen 
und  Tollstttndig  Herr  des  Gebietes  zu  werden.  Anfang  Jooi 
kJinncn  die  Spilher  nur  mehr  bis  in  die  Nähe  von  Jaispitz  vor- 
dringen ;  bis  auf  zwei  Äleilen  waren  die  Feinde  herangekommen. 
Daher  werden  denn  auch  in  dieser  Zeit  die  Befostieriings- 
arbeiten  ungemein  beschleunigt  und  mit  allen  Krüfteu  besorgt. 

Und  Avas  that  König  Sigmtmd  in  dieser  Zeit,  da  er  doch 
wahrlich  allen  Grund  gehabt  hätte,  uunmelir,  wo  Bühmea 

*  l'ol.  d9':  Item  nuncio  Jiicobo  in  TeinpUtein  propter  c«st«llum  MartnicXi 
ne  HoflsMiM  intwent ...  in  gtroai. 


2izka  völlig  preisgegeben  war,  Mähren  wenigstens  krttftige 
Unterstützung  zu  schenken?  Nach  seiner  Abreise  aus  Znaim 
Ende  März  1421  verweilte  er  bald  in  Brünn,  bald  in  Olmlitz, 
bald  in  Ung.-Brod,  thcils  mit  der  Beinihigung  des  Landes,  theils 
mit  Vorbereitnnjren  und  KUstnnffon  zu  einem  neuen  Zuge  gegen 
die  Husiten  iu  Böhmen  beschattij^t.  Nach  seinen  eigenen  Mit 
Üieilungen  war  bereits  Anfangs  Mai  das  ungarische,  sciilesisclie 
nnd  österreichische  Uccr  ,mechticlich^  beisammen  und  der  Marsch 
gegen  die  Hositen  unmittelbar  berorstehend.  ^  Doch  tun  die  l^litte 
des  Monats  weicht  er  aus  Mähren  bis  nach  Trentschin  in  Ungarn 
nuHek,  allerdings  noch  immer  yersprechend,  alsbald  mit  grosser 
Hccresmacht  zurückzukehren.'  In  Wirklichkeit  tritt  aber  nun- 
mehr ein  Stillstand  in  allen  Plänen  und  Unternehmungen  ein, 
für  den  ans  jede  ErklUrung  fehlte,^  wenn  nicht  der  Grund  die- 
ses unverstiindlichen  Zauderns  in  der  militärischen  Ohntiinf-ht 
Sigmunds  zu  suchen  ist.  die  hauptsächlich  dadurch  Ixwirkt 
wurde,  dass  die  mit  lierzug  AllMecht,  dem  wichtigsten  Verbün- 
deten, wohl  seit  geraumer  Zeit  geptiogcueu  (Juti^rhandlungcn 
Usher  zu  keinem  Abschlüsse  getUhrt  hatten. 

Hentog  Albrecht  Ton  Oesterreich  hatte  im  vergangenen 
Jihre  1^0,  als  er  snm  ersten  Male,  damals  anterstutct  von 
seinem  Vetter  Emst  ans  der  Steiermark,  gegen  die  Husiten  in 
Böhmen  und  auch  in  Mährw  gekämpfl  hatte,  grossen  Schaden 
und  bedeutende  Verluste  erlitten.  In  gleicher  Weise  dem  Könige 
watNT  zQ  dienen,  war  für  ihn  kaum  ausführbar.  Der  einsige 


'  Si^'ninrifl  srhroiht  nni  5.  Mai  1421  vnti  Hrnim  aiii«  ti,h-}i  Hiidweis:  ,W.'inii 
wir  uns  jezuud  mit  volke  voo  Ungern,  vnn  der  Ölosion  und  Toii  (>«f« n  ii  h 
nechticKcli  besamcu,  das  wir  wuero  und  eworn  widenftcben  uut  gute» 
Imir«  mcchtklicli  wld«iiteen  wollen'  (PatadEy,  Urkundl.  B«itr.,  Bd.  1, 

S.  89,  Nr.  86). 

'  Vi;l.  dio  zwei  Öchn>il>on  dos  Krtnip.«  ntrs  Trrnt^^rliin  von»  18.  Mai  1481 
au  dio  Schlesier  in  WH.  rer.  Silwionniin,  IM.  G.  S.  .M. 

'  Sigmund  eutsi'huldigt  allerdings  noch  am  1.  Mai  »ein  Ferubluibou  vum 
KBrnbeifper  Itoiclulag  mit  der  drob«iid«n  TBrkMig«fidir,  aber  aehon  um 

die  Mitto  dos  MonatK  int,  ■w'u-  wir  ^i  Iumi,  hievon  kciine  Kode  mehr.  Daw 
ini  .I.ilirf'  1121  lii'in  Türketicinl.'ill  In  Ungarn  stAtt^'pfiiridpTi,  wip  noch 
Aäcbbacii,  tid.  3,  >S.  12U  aiiualim,  darüber  vgl,  Iluber,  Geschichte  Ueüter- 
nidia,  Bd.  fi,  &  A80.  Kaeh  den  Bfli^etratarbachem  K.  fligmandi  (im  k.  k. 
8tMt«arehiv  in  Wien)  tut  Sigmund  vom  2. — 2ß.  Juni  in  I'refwburg,  ur- 
^rand<?t  am  4.  Juli  in  Th*»ben  und  J'rfsshitr^'  (vgl.  dagegen  Awbliai  Ii.  Hd.  3, 
^-  4;(*Jj;  aut  19.  Juli  ist  er  scbun  wieder  tdr  lilugere  Zeit  in  l'rfüwburg. 


280 

Erfolg  war  etwa,  dass  ihn  König  Sigmund  zum  Beweise  seiner 
königlichen  (lunst  mit  allen  österreichischen  Provinzen  belehnte. 
Von  Znaim  aus,  wo,  wie  bekannt,  Sigmund  in  der  zweiten 
Hulfte  des  Monates  Milrz  residirtc,  begab  er  sich  am  24.  März, 
am  Ostermontag,  zu  diesem  feierlichen  Acte  auf  österreichischen 
Boden,  in  die  alte  Belehnungsstadt  der  Habsburger,  Seefeld,' 
und  kehrte  in  Albrechts  Begleitung  zu  seiner  Familie  nach 
Znaim  zurlick.  Dass  hier  wichtige  Unterhandlungen  geführt 
wurden,  steht  ausser  Zweifel.  Der  Bischof  Johann  von  Olmütz  I 
erhielt  damals  die  mührischen  Städte  Neustadt,  Littau,  Olmütz 
und  Kloster  Hradi.sch  in  seine  Gewalt  und  seinen  Schutz,  um 
sie  bis  auf  königlichen  Widerruf  zu  verwalten  und  zu  ver- 
wesen, wie  es  sonst  dem  Landeshcrm  zusteht.''  Ueber  die  Ver- 
handlungen mit  dem  österreichischen  Fürsten  fehlt  uns  aller- 
dings jede  bestimmte  Nachricht,  aber  da  wir  von  keiner  weiteren 
Zusammenkunft  in  den  nilchsten  Älonaten  erfahren,  so  lässt 
sich  aus  den  späteren  Ereignissen  wohl  schliessen,  dass  eben 
hier  die  ersten  mündlichen  Vereinbarungen  wegen  Herzog 
Albrechts  dauernder  Theilnahme  am  Husitenkriege  getroffen 
wurden.  Albrecht  verlangte  erstens  für  die  voraussichtliehen 
schweren  Opfer  eine  materielle  Entschädigung,  sodann  aber 
eine  cndgiltige  Entscheidung  wegen  seiner  in  Aussicht  genom- 
menen Verbindung  mit  des  Königs  Tochter  Elisabeth.  Aber  zn 
einer  festen  Abmachung  scheint  sich  Sigmund  vorläufig  nicht 
herl)eigelassen  zu  haben,  auch  Frühjahr  und  Sommer  ver- 
strichen, ohne  dass  er  eine  Entscheidung  getroffen  hätte.  Im 
Juni  1421  weiss  sogar  schon  der  Nürnberger  Rath  nach  Ulm  zu 
melden,  dass  der  König  mit  dem  Herzoge  von  Oesterreich 
wegen  der  Hilfe  im  Husitenkriege  in  Unterhandlungen  stehe.* 
Dann  vergeht  wieder  ein  Monat,  bevor  wir  eine  weitere  Nachricht 
hierüber  erhalten.   Am  21,  Juli  schreibt  ein  Breshiuer  Domherr 


'  Die  Urkunden  sind  verzoichnot  bei  Lichuowsky,  Geschichte  des  HaoiM 
Ilabsburg,  Bd.  ö,  Reg.  Nr.  2009—2011. 

'  Orig.  im  orzbisch.  Archiv  in  Kromsier,  ddo.  Znaim,  30.  März  1421. 

'  ,So  süll  «oin  gimdo  mit  dem  hertzoge  von  Oesterreich  von  sUlicher  sath 
wegen  auch  in  red  sein'  (Palacky,  Urkundl.  Beitr.,  Bd.  1,  S.  126).  Dm 
ist  die  erste  sichere  Nachriclit,  daas  Vorhandlungen  im  Zuge  waren;  was 
Frioss,  Herzog  Albrecht  und  die  Ifusiton,  .S.  17,  voranla-ssto,  den  Beginn 
der  Verhandlungen,  wenn  nicht  in  den  Mftrz,  ,in  den  Monat  Mai'  tu  ver- 
legen, ist  mir  nicht  bekannt. 


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2H1 


miff^r  <rt^n!iucr  AniUliruüi:  «It  r  Bediiijfuiif^i'H.  di  i  Krinl;.'  li:i!)<  sich 
mit  dem  Herzog  .penziich  peeinct'.'  (iloirliwobl  ist  auch  diese 
aorirOi^iehe  Angabo  nicht  ganz  richtig;  eine  wiiUiehe  ▼oll' 
kdumene  Ventäadigun^  Uber  die  Bedingtingren  war  noch  niebt 
erfolgt;  vielmehr  scheint  es,  als  oh  gerade  damals  eine  nicht  unbe- 
deutende Trübung  des  frcundschafthehen  Vcrhiillnissos  zwischen 
den  beiden  Ftlrsteu  eingclreteu  wilre,  die  sich  in  der  königlichen 
Comspondens  wiedenpiegclt.  Am  19.  Juli  schreibt  nftmtich 
Sf^nnd  aus  Pressburg  an  den  Cardinallegnten  Branda  und  ver- 
Hcliert  ihn.  die  ganze  Zeit  nur  y.u  lUistungen  und  Vorbereitungen 
fllr  den  liusitcnkricg  %'erwcndet  zu  liabeu;  jetzt  werde  er  sich 
gfinm  mit  den  scblesischeo  Herzogen  und  den  deutecbon  Reichs- 
Alnten  zu  einem  Zuge  gegen  die  Bühmen  vereinigen  *  Des 
Hmogs  Albredit  geschiehl  in  ilii xmti  Zusaninienltange  als  Theil 
nebmcr  am  Fddzugc  autlaliendcrwcise  keine  Erwähnung.^  Kr^^t 
«pSt«r,  da  Sigmund,  um  die  wiederbolte  Veneögemng  seines  Zuges 
ire^en  die  Ilusiten  in  Böhuien  zu  entschuldigen,  auf  die  vielfachen 
Hindernisse  und  Abhaltungen  hinweist:  wie  er  doch  zuerst  mit 
liem  Könige  von  Polen,  beaoudcrs  auch  Milhrons  wegen,  habe 
eio  Abkommen  treffen  mflnen  und  nun  ginube,  die  Polen  von 
ji'ier  Oemeinscbaft  mit  den  Iliirctikern  abgezi>gen  su  haben, 
fährt  er  wörtlich  s<»  fort:  ,IInd  auch  mit  dem  Herzog  von  Ocstcr- 
reicb  (es  fehlt  bezeichnenderweise  jedes  Kpitheton,  wie  es  di>eh 
WtttaooftTorkommt)  haben  wir  es  m  geordnet,  dass  wir  meinen 
MÜten,  er  werde  von  unserem  Wunsche  keineafalb  abgehen; 
Mfih  mit  Anderen  mOhen  wir  uns.tSglich  unermfldlieh  ab.'* 

'  .Oai-h  niiQio  ewir  pnadc,  (\m  iiioiii  liem,  der  Romiidte  kooior  mit  (lt>in  von 
Oüten^it-h  ninb<>  das  frowlin  von  Uiufini  uud  all«  aadir  ncbin  tUh 
penrlich  ^^einot  hnt  nnd  der  von  CMereiiih,  der  lelt  dem  luMDlf(e 
iiundirUkwsint  horviter  gnideii.  dovor  h«?r  «>iii  {'inpt'jjebiii  lint  und  vt'r«)icxt 
die  novbgtüschrclMin  stata  und  laut:  in  üehmen  Badwis,  in  Uerbern 
ISiieiniM,  Egls,  Clmpnios  f  nlebt  Kamenit«,  sondern  wehl  blonner  Bcbreib- 
f^hlpr  fHr  Jauinirz  (»d«»i-  .1* üinii  .-i]  iiml  >i  .iti'  }!,  m>  dn»  der  v  mi  f'^ti-rii'li 
Bit  alle  aeiner  wacht  lucinem  horrcn  d»ni  kouig«  vorgunviiriibeu  buiKthebn 
od  hellb  «il  bia  anm  ende'  (RaiehiticflBoten,  Bd.  9,  8.  8S;  vgl.  aueb 
SS.  rer.  Sile».,  M.  ß,  8.  8,  Nr.  11). 

*  Vgl.  Kcicli*tafr«i»cten,  Bd.  ft,  S.  77. 

*  Idt  will  doch  hier  anmerken,  Aa-ti^  Si.^-nnii'.d  auch  schon  in  noinim  <<  iiri-iljen 
aa  die  SchlMster  vom  18.  Mai  ilenog  Albreeht  unter  den  'i'li«iln«braeni 
an  Uusitenzug  nkbt  anfllhrt, 

*  ^ . .  «un  iUb  [w.  Polonia)  eciam  do  Mornvia  c^iinns  taliter,  nt  crt-damiiü 
ei»  a  qneenaiqiM  «onMrcio  pravitatia  heratic«  raduxian.   ae  cum  duce 

MU*.  Bd.  un.  II.  BMA«.  19 


282 


1  )of'li  ernstlich  könnt«*  weder  K<"iin<r  SiffitMind  aut  Albrechts 
IJntcisiiitzung  verzichten,  noel»  mochu-  sich  dieser  von  einer 
Aiigt  lt  ffonheit  zurückziehen,  die  ihn  fast  ebensosehr  wie  den 
König  »elLöt  berührte.  Für  Herzog  Albrcchl  war  der  Kuuipf 
gegen  die  Häretiker,  gegen  welche  der  Pftpst  aacli  in  den 
toterreicbischen  Ländern  da«  Kreuz  batte  predigen  lasaeD, 
mehr  als  eine  bloB  politische  Action. 

So  wurden  denn  die  Verhandlungen  fortgesetzt,  aber  erst 
dann  sum  Abschlüsse  gebracht,  als  die  Qe&hr  aufs  Hochite 
gestiegen  war. 

An  jenem  Öaslauer  Juni- Landtage  des  Jahres  1431,  auf  | 
dem  die  Böhmen  König  Sigmund  der  Krone  verlustig  orkliiv 
teUf  nahmen  auch  die  niUhrischen  Hnsiten  theil;  es  waren  za- 
gcp^en  Peter  von  Kravaf,  Joiiann  von  Lomnic  und  viele  andere 
nicht  namentlich  trennnnte  Herren.    Sie  k.amen  aber  er^t  am  t 
dritten  Vcrhandlungstage  tlort  an  und  bildeten  jedenfalls  das 
niiissigende  Element  in  dieser  von  fast  allen  Parteien  des  Lan- 
des besuchten  Versammlung. '  Aul"  ihren  Vorschlag  hin  wurde  ; 
in  den  Pasnis  wegen  der  Absetzung  des  Künigs  dodi  noch  ein  ^ 
^nisi  Deus  voluerit'  eingefügt,  und  ftir  sich  forderten  und  e^ 
langten  sie  das  Zngesiandntss,  sich,  wie  sie  es  ihrer  Ehre 
schuldig  au  sein  glaubten,  noch  einmal  direct  an  den  Efinij; 
selbst  wenden  au  dürfen,  bevor  sie  ihm  ihren  Oehoraan 
kündigten. 


AiiHtrio  cciaiit  onliiinviimiH,  iit  .1  volo  nostri)  illiim  iloviare  millo  modo 
piitoiiius.  et  cum  aliis  ociiim  coUdie  laborariina«  et  laboraoios  todefeMe* 
(UuichiitagHacUiu,  itd.  8,  8.  77). 

Vgl.  Laiuenx  von  Bfezowa,  8.  4SI.  —  &  üi  in  w«it  gcgnngon,  wenn 
Palaeky,  Geachidite  Bttbmem,  Bd.  3»  Abth.  3»  8.  214»  den  inriliii.«i  lreD 

TIrrrcTi  dir'  Itiitintivc  7a\  dioK<>ni  L<aiidt.n^r''  r.tt«<-lir<Ml>f.  Ks  InTulit  dies» 
Aunalimc'  auf  üidori  uudatirteu  äclireibeu  oiue«  L'ubekauuteu  an  einen 
htuitiaclieo  Baron  In  MOiren,  worin  gemthea  wii^  dem  geplanten  Angrif 
d«r  Pniger  nnd  2iilui*i  auf  Hühren  dadnrek  navoraukommen,  daaa  iMU 
mit  ihiion  in  Verhandhiiigen  trete  ft!'r  (druckt  im  Archiv  coskj',  Bd.  3, 
8.  äUO,  Nr.  21).  Iit  dieuM  Zuugniä.'«  für  uino  so  gewichtige  iäache  deun 
doch  au  uabeetimnit,  «o  ist  es  andererseits  meines  Eracbtens  TSilig  nn- 
rieht^,  dais  in  einer  aweiten,  gleichfalls  undatirten  Urkunde  (jetat  ge- 
dmckt  in  lirkundl.  Hoitr.,  Bd.  1,  S  ^»1.  Xr.  ^»0  ,,  ^vi<7  PaLü  ky  a.  a.  0.. 
Note  179  behaui>tet,  von  einer  Verliandlnng  über  dio  Abhaltunp  ciues 
AllgcmeineD  Landtages  durch  die  ins  böhmische  Heer  gekomnieoeu  mähri- 
schen Hnsiten  Peter  und  Johann  die  Bede  9ti. 


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888 


Die  Namen  der  mälirischen  Barone  f'riileii  dnlu-r  unter 
den  Uoterzeicbnem  des  Öaslauer  Landtagsbeseblusscs,  sie  war* 
dsQ  «ueh  bei  der  Zmammensetmiig  der  provisoriBcheii  Regie' 
rung  nicht  bcrücksiolitigt.  Vom  Landtage  heinikelirend,  ver- 
sammelten sich  die  Milhrer  albogleieh  am  II.  Juni  in  Brtlnn, 
um  ihrerseits  Uber  die  Caslaucr  Beschlüsse  zu  bcruthcu. '  Da« 
Eifebniae  dieser  Verhandlung  ist  uns  erlwlteD.'  Die  mSkri- 
üchen  Herren,  an  ibrer  Spitae  der  Lsndeshattptmnnn  Peter  von 
Kravaf,  der  naeh  «einer  Unterwerfung  wieder  zu  dieser  Wllrde 
emporgestiegen  war^  verselireibeu  i>ich  den  Uühmen  %ur  Eiu- 
tuJtniif  der  Tier  Vnf^r  Artikel.  In  derselben  Fassung,  wie  si« 
in  l'aglau  vcrkQndet  worden,  verhiutbai'  u  ^i.  flir  Milhren  die 
Grmitl«jesetxe  des  husitisehen  GhiulMjnsbekenntnisM  •-,  ilass  I.  das 
Wort  Gottes  im  Lande  frei  sein  und  ohne  liimlernii^»  von 
chrisflichen  Priestern  verkündet  nnd  gepredigt  werdoi  sötte; 
S.  dass  das  Saeranient  des  Lcilus  niid  lUiitos  Obristi  unter 
bcirlfn  (testalten  des  Hrotes  und  NN'cini  s  all<  ii  treuen  Christen 
frei  gespendet  werden  solle  nach  seiner  Bestimmung;  3.  «lass, 
dl  viele  Priester  und  ll(bicke  naob  weltlioher  Ordnung  gegen 
Christi  Oebot  nuin  Kaebtbeile  des  priesterlicben  Amtes  und  snm 
Schaden  des  weltlichen  Standes  Uber  irdisches  CJut  herrschten, 
diesen  solche  rechtswidrige  Ilerrschatt  abgeuoninicn  und  sistirt 
werden  solle,  auf  dass  sie  gemiüis  dem  Laute  der  Bibel  lebten 
and  SU  einem  Wandel  naeb  Christi  und  der  Apostel  Betspiel 
geführt  würden;  4.  dass  alle  otTenbai-cn  Sünden,  die  TodsUudcn 
und  andere  den  Gesetzen  Gottes  entgegenstehenden  Tiiord- 
Qungcu,  rechtmässig  und  vcrbtttudig  von  denen,  deren  Amt 
es  sei,  in  jedem  Stande  abgestellt  und  bestraft  werden  sollen, 
toi  dass  die  Länder  gereinigt  werden  mflgen  von  bOsem  und 


'  Dil«  Ziiaimor  Lo»iii)p«bui'L  mol<]ot  Fol.  74":  .Fori«  III!  jKint  doniinirani 
ante  ftMtiim  a.  Viti  [ll..Tuni|  direxinius  Brnniuin  sd  oonrocni.-ioiioiii  baro- 
■Hiis  tcm  Ifonvw  nunoae  IUI  trticiilomni  et  «elerontm  in  Csulavi» 
tnrtitninim  pmdeat«n  Ifidrasebinin  winltem  cum  dnobua  ««{fitUriw,  qvi 
'  "  IUI'  |14  Juni]  rurc'nenint,  quibuii  pro  ex]>cn8is  iiediinii.<>  ...  I  Diarc.* 

'  E«  iat  j«D«  uDilatirte  Urknnde,  die  ftahw  van  Palaekj,  Archiv  teekj»^  üd.  6, 
&  SM  and  Uilrandl.  Bettr.,  Bd.  1,  a  90.  Vr.  89,  bitig  um  Monat  ITal 
gtwrftit  wurde.  8ic  ist  «ber  auch  nicht,  wie  Ti>m«k  (Ut'jepis  Prahy'.  Ild.  4, 
&  ItiS  angibt,  gifüclixeiU^  mit  doiu  Lattdta^Mrhluas  dnr  blihmi^heu 
Hanra  in  ÖsaUv  am  7.  Jnnl  ambitendain,  aoodara  in  Brttnn  am  IS.  Juni; 
darnach  int  .iiu  b  doren  Datiruni;  i»  der  Aus^^ab«  dar  8nimjr  rnnrnvaki 
im  Archiv  ceak)',  Bd.  10,  b.  246,  zu  corri^rcu. 

1»» 


I 


SU 

ungercchti'iii  Rufe  (povt'st)  zum  Wolilcr  «Kt  Itithmischcn  Nation 
im  Königreiche  und  in  (k-r  ]^Iark<rrafscliaft. 

Von  den  übrigen  Artikeln  der  Caslnuer  Landtagsurkimdc' 
nahmen  die  mSlhrischen  Barone  nur  noch  den  einen,  der  von 
des  Königs  Absetzung  handelte,  auf,  aber  mit  folgender  Vor- 
bemerkung: , Ebenso  haben  wir  uns  dieses  ausdrtleklich  vor- 
behalten, das»  wir  vom  nilchst  kommenden  Sonntag  binnen 
seehs  Wochen  (lö.  Juni  bis  27.  JuU)  an  den  König  Sigmund 
von  Ungarn  eine  ordentliche  (Scsandtsehaft  sehic-kten  und  unwrc 
Ehre  gegen  ihn  verwahrten,  und  nachdem  wir  dies  gethan,  den 
obgenannten  Hen*en  und  den  Gemeinden  Antwort  gilben  auf 
den  fünften  I'unkt,  der  unten  folgt,  und  diesem  Artikel  ohne 
Ausrede  und  Widerspruch  beitreten  und  uns  mit  den  böhmi- 
schen Herren  und  (lemcindon  zu  einem  Körjicr  verbinden  und 
vereinigten.  Dieses  ft\nfte  StUck  lautet  wie  folgt'  —  und  nun 
wird  der  Absetzungsarfikel  wörtlich  wiederholt.*  Alsbald  er- 
folgte auch  von  Prag  aus  an  die  Ilauptleutc  husitischer  Städte 
in  Mahren  oder  an  der  böhmisch-milhrisehen  CSrenze,  nach 
Hradek  bei  (iewitsch,  nach  Zwittnu,  nach  Policka  der  Befehl, 
diejenigen  Herren  und  Inwohner  des  I^andes,  welche  von  Peter 
von  Kravaf  und  .lohann  von  Lomnic,  den  obersten  Haupt- 
leuten, als  treue  Anhilnger  bezeichnet  würden,  in  keiner  Weiw 
an  ihren  OUtcm  zu  sehildig<'n,  sondern  ihnen  auf  ihr  Verlangen 
zu  helfen  und  beizustehen  in  der  ,Vertheidigung  gegen  die  PVinde 
der  Wahrheit  Christi  und  zur  endlichen  Bän<ligung  der  Schmach*.' 

Lagen  die  Verhilltnisse  so,  dann  können  wir  beurtheilen, 
in  welcher  BedrJlngniss  sich  die  katholischen  StUdte  des  Lan- 
des befanden,  und  begreifen,  dass  sie  ungestümer  als  je  vom 
Könige  Hilfe  verlangten.  Wenigstens  ftlr  die  Studt  Znaim  lässt 
sich  aus  den  trockenen  Notizen  des  Losungsbuches  die  da- 
malige Situation  schildern.  Am  K».  und  gleich  darauf  am  IT.Juni 
gehen  Botscliatb  n  an  den  KiMiig  ab,  die  letztere  ,in  hüchsl 
dringenden  Angelegenheiteu*.*  Fast  Tag  fllr  Tag  werden  Spillier 


*  Vgfl.  Pnlacky,  Gesell  ichte  nfShmons,  Dd.  3,  Abth.  2,  8.  282  ff. 
»  Vpl.  Archiv  fnaky,  IM.  6,  !<,  3'.>9. 

*  In  dioBOn  ZiixAmmouIiatip  frchtlrt  nninlicb  diu  untlAlirtc  Urkunde,  die 
Palacky,  Urkiindl.  Knitr.,  Bd.  1,  8.  UI,  Nr.  '.»(),  unricljtig  in  den  Mai  U2I 
»eXxt  (vpl.  oben,  8.  2h-.»,  N.  1). 

*  Kid.  70':  ,Fpr.  II  [in-.  (kwI  ».  Vilnm]:  Itom  Chiinzrmi  niincio  «d  d.  no*tnini 
rcgvni  in  PoBouinni  .  .  .  Fi-r.  III  diroximna  prudentom  viritin  Petruni  !nü>< 


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285 


nach  Budwitz,  Jaispitz,  Pabitz,  aber  auch  ia  üUdlicber  Richtung 
gegen  die  Osterreicbische  Grenze  ,in  montem  Scliabas'  auege- 
Mndt.  In  der  Umgebang  kommt  es  mehrfach  *n  Zusammen' 
stSMen  mit  den  Feinden.  Ende  des  Monats  Juli  müssen  die 

Büi-g»  von  Znaliii  /II  ilii<T  Unterstützung  gegen  die  Husiten  die 
L«  uto  AUS  der  Kachbarseliaft  herbeirufen.'  Es  scheiut,  daSS  am 
i.  August  die  llusiten  die  Stadt  Eibensehit»  eingoiioinmcn 
haben.  ^  Die  Bürger  flüehteten  aus  der  Stadt,  doeh  wurde  dit  s  als 
ein  Verbreeljcn  angeselien  und  mit  der  ( 'ontiscation  der  (^uter 
bestraft. "  Die  Eirjlraguugcu  im  Monate  Aui^ust  zeig(?n  ange- 
sichtü  «ler  Gefahr  auch  ein  ganz  enormes  Anwaclisen  «1er  Arbei- 
ten an  den  Mauern  und  Grüben,  sowie  die  stilndige  Uubrik  der 
Soldzahlungen.  —  So  unzureichend  diese  fragmentarischen  An- 
gaben aucb  sind,  sie  genügen  doch  als  Beweis  dafUr,  dass  im 
Laufe  weniger  Monate,  seitdem  Sigmnnd  das  Land  verlassen 
hatte,  Mähren  in  immer  grosserer  Ausdehnung  den  Husiten  zu> 


iudicoin  priorMii  ad  [^i';ii'ii.si*slmnin  d.  noxtrum  rof:^ni,  quem  in  Prwonio 
inveuit,  in  certis  dt  niultutn  nnliii»  causis  incutubcntibu»  iioHtro  civitati  .  . 
*  Fol.  88':  ^^er.  III  et  IUI  [sc  i>ui»t  s.  Jacobam,  d.  i.  20.  and  30.  Juli]:  Item 
vocATimus  Imicos  in  cireumadiaeentibiu  TUlifl  rerädente«  [Hi.$  rMidentibiu] 
sobisilk  mibtfidiiim  cuntra  Uussoncs  et  iiiiinieus  uustros',  oder  7.mn  12.  Aiif^nst 
(Fol.  92):  .iinncio  in  RecK  et  Egnburk  pro  acqutrcndo  populo  .  .  .  item 
ex  cadcju  causa  nancio  in  Laa  et  in  Zefeld^  iibulich  auch  noch  später. 

'  8«  »t  doeh  wohl  die  Eintragung  im  LoMinipibuch  (Fol.  H'J)  suvenlehen: 
,It«m  sniitio  poitanti  noTS,  qaod  Eywnnczicz  adquiHiissent'  Die  Annahme 

eines  ITebrrfnllce  i]pr  Stnrlt  Ki')f nsrhitz  iliiicli  dii'  Ilusiti  ii  im  .Inliro  1121 
wird  vielleicht  aucb  durch  Folgendes  besser  gestutzt:  lin  UrUnuer  Stadt- 
«rdiiT  Codel  aicli  eis»  Uiinnid«,  dnrefc  weleh«  «B*  A«btiMin  Frsuedüi  und 
der  Cbnirent  des  Kleetera  Oflavaii  bei  Eibenichiti  dem  Kehter  in  Kloster- 
iieuburg  Nicla«  Theym  bestätigi^n,  <lio  Kloinodien  rUekerlmltcn  xn  haben, 
welche  sie  ihm  in  Verwahrung  gegeben  hatten,  ,durch  forbten  willen  unser 
fe^-nd,  der  Uossen,  die  ko  der  »eytoa  herscbten  in  uiwerm  lande'.  In  der 
Detimng  ist  entweder  das  Wort  «avrej*  ans  .drey*  oder  nmipekehrt  eorri» 
pirt,  doch  halte  ich  gegen  Wolny,  Markgrafscbaft  )I.^hren.  Brünner  Kreis, 
Ud.  2,  a.  202,  dafür,  dass  die  Urkunde  zum  1-1.  Suptumber  l'l.'J  gehört; 
denn  im  daraufi'ulgeudeu  Jalire  herrschte  gerade  im  Herbst  grosse  Uusiten- 
gefahrt  and  die  Zameknakme  der  Schitae  seheint  daber  unwabrscbeinlicli. 

*  Znaimer  Losungsbucb,  FoL  19':  ,Item  anno  quo  supifa  eirea  festnm  a.  Pro- 
copü  [4.  .luli  1121|  perceiiiniM«  quadragiuta  »(uatnor  «^cxjigenas  peruniiirani 
l^omkhewr,  «^uas  circa  suas  res  iuveuiiuus,  4ua8  pucuuiaa  ona  cum  rebus 
abhine  oocalte  volnit  abdacene  et  non  aliud  presumitnr,  niai  qnod  ne* 
cM^tatis  tempore  nna  cam  alila  suis  rebus  abhtnc  a  nobis  evasisset  se 
BobiKum  wm  ut  probos  et  fidelis  defendendo/ 


S86 


gefuUen  war.   Denn  wie  um  Znaim  verhielt  es  sich  wohl  auch 
in  anderen  Theilen  des  Landes. 

Um  dieser  Ausbreitung  nun  Einhalt  zu  thnn,  gab  es  in 
der  Tbat  nur  ein  Mittel:  die  in  königlichem  Besitze  befind- 
lichen Burgen  und  die  treuen  Städte  durch  starke  Besjilzun- 
gen  vor  dem  Eindringen  der  Husiten  zu  schützen,  von  hier 
aus  den  weiteren  Kampf  gegen  tVut  Landbevölkerung  zu  ftih- 
ren  und  allmälig  Milliren  wieder  zum  Stutzpunkte  der  Oi>era- 
tionen  gegen  Böluuen  zu  luaclu-n.  Dieser  Gedanke  schwebte 
Herzog  Albreeht  vor,  al«  er  schon  im  Frühjahre  des  Jahn*» 
1421  mit  König  Sigmund  —  wir  wissen  zunächst  mit  welchem 
Erlolge  —  wegen  seiner  Theilnahuie  am  Husitenkriege  unler- 
handeltc,  und  als  er  im  April  den  Kurfürsten  die  Zusage 
machte,  am  24.  August  ins  Feld  zu  ziehen.'  Doch  noch  im 
Juli  war  die  Meldung  von  einer  Einigung  der  beiden  FUrsten, 
80  bestin>mt  sie  auch  dt^r  Breslauer  Domherr  hinstellte,  ver- 
früht; auch  im  August  schwebten  die  V^crhandlungen  noch, 
denn  Albrecht  zog  zum  versprochenen  Termin  ebensowenig  wie 
andere  Fürsten,  die  sieh  verbindlich  gemacht  hatten,  ins  Feld; 
wohl  aber  weilen  um  diese  Zeit  wieder  einmal  seine  Ruthe  und 
Bevollmächtigten  beim  Könige  in  Ofen,  doch  wohl  nicht  allein 
um  des  «'inen  (ieschilftes  willen,  das  in  <ler  Urkunde,  der  wir  die 
Nachricht  entnehmen,  angegeben  ist.*  Es  scheint  fast  Alle«  ge 
ordnet,  denn  schon  zwei  Tage  nach  dieser  Botschaft  an  den 
Herzog  ladet  König  Sigmund,  da  er  nun  .gen  Mehm  wertz  zu 
ziehen'  beabsichtigt,  die  Landherren,  Ritter  und  Städte  der 
Murkgrafschat^  für  den  4.  September  nach  Straznie  (im  süd- 
lichen Mähren)  zu  einer  Ven>ammlung.'  Und  am  1.  September 

"  Vgl.  Eb.  Windwke,  .S.  92,  Ca]i.  104,  105;  ».  iiuih  Uozold,  S.  :>2.  iM 
uiAciit  «eine  DarRtelluniif  den  Riiidrnrk,  aln  nh  Horx'tf;  AIhmcht  erst  im 
Juli  den  Kurfiirvttni  da«  Vernitrechon  (jetjolien  häUc. 

•  Keichitrefiri^ti'ntorbnrli  ,G'  (im  Wii-ner  .SUaUarcliiv),  Fol.  lU':  Ein  Brief 
KOnig  Si|;round8  an  llerxop  Albrei-lit  wepon  der  AuHltifiiini;  von  kOnii;- 
lichoni  Sclimiu-k  auk  d<<n  lländnn  den  ITnUf^rafeu  Heinrich.  Hprr.ofrx  in 
Baiem,  und  des  Kanzler.«  Itioch'^f  Gei>r}f  wm  Viuumn  in  der  Wci«s,  jä* 
wir  nech»t  mit  dinen  roten  ii.<iz(;otrai;uti  und  beredt  haben  und  ubervin 
worden  nein',  dalirt;  Ofen  an  sant  liartholomejiabend  ['J3.  Aupiiit|. 

•  Dudik  bringt  in  »einer  üuRrhirhte  de»  Henediutinerftifte«  Kavfrern,  Hd.  1> 
8.  475,  Note  97  ohne  Angabe  den  Fnudortc«  (die  Urkunde  war  wohl  i" 
Be«itze  des  in  der  Von'e<le  erwähntun  raKhr.-schles.  Landrnthes  J.  CibulU) 
den  AuNigebrief  an  dio  Stadt  Znaim. 


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287 


sdhickt  Herzog  Albrecht  Boine  obersteo  Rtttho  und  Hofleute 
nun  Kttnig,  ihn  um  die  veraprocbene  Gemahlin  sn  bitten  und 
w^en  Heimsteuer  und  Widerlage  zu  verhandeln.' 

Doch  trat  ncucrdiiiirs  eine  Vcrzöjjferun«;  ein,  so  dass  die 
Abgeordneten  der  niiihrischen  Städtt;  zwischen  dem  7.  und 
14.  September  den  Künig  niolit  in  Mäliren,  sondern  nncli  in 
Unj^am,  in  Tyrn;i\i.  trafen.*  I  >aini  tlauerte  es  abermals  im  lir 
als  zwei  ^AOclim.  i^evor  sich  Sigmund,  dor  wold  von  «hm 
Städteboicn  Miitiii Hungen  über  die  gefalirvollc  Lage  des  Lan- 
des erhalten  haben  wird,  eudgiltig  entschloss,  die  Verhandlun- 
gen mit  Herzog  Albrecht  zum  AbscfaJuBBe  zu  bringen. 

Ton  den  ftinf  Urkunden,  die  zu  PresBburg  am  28.  Sep- 
tember 1421  ausgestellt  wurden,'  ist  die  erste  der  Ehevertmg 
and  betrifft  IleiratJ^gut  und  Widcrlage/  die  /.weite  bezieht  sich 
»uf  die  Erbfolge,  die  dritte  auf  die  Kr/.i*'liiin<r  von  Allircrlits 
priLsurativem  Nachfolger,  die  vierte  enthüll  ein  gegenseitiges 
Schutz-  und  TrutzbUndmss  zwischen  König  Sigmund  und  Herzog 
Albreeht. 

Diese  Familirn-  und  Krbvertrilj.^<'  l»iM>  ti>n  di('  Vorbedin- 
guugen  i'ür  den  Abschlu&s  eines  weiteren  V'iTtrages,  «lurch  den 

*  Vpl.  Ilohonock.  I)io  löblichen  llornm  Stiindo  des  ErxluTzoptliimis  Ocstor- 
r<'\<h,  IM  S.  "jIHI  ;  »-in  ,Aiidr(  :i>  d-  r  !Iiirlc'in.>*|>fr;;tT',  wir  l-ci  I.icliii'iw.sky, 
Uli.  .'i,  Heg.  Nr.  2031,  Uur  Dcvollmiulittgto  liuisnt,  Mtrtl  hirr  iiicJit  goiiauut« 
Modem  Johann  Graf  von  8chaambiir|g>,  Ott  von  Meüsna,  Oberatmanehall 
nnrl  Schenk,  Hartneid  von  Pottniulorf,  Leo{K»ld  von  Ek-khartsau,  Hans  von 
EV"  r^tnrf.  Oti(«r«t!<fiinTnPrf"r.  \\'illieliii  von  l'ucchhfitT»,  (^nndinarachall. 
Kauzler  llc-iurich  von  KüUpidiel  und  Bath  Micoiau«  äoopück. 

*  Znaimer  Ijoanngalmch  Fol.  100*:  ,Item  ad  literataiiun  seriommi  mandatui 
ftaciosinimi  domini  nwtri  regis  Slf^smnndl  direximas  Unifariain  ad 

gnciain  ij)}«!««  jiriulfTitr-s  viro«  Lnrnin  41p  F. y\\ ntic/tr/  ff  .Tobannoni  IVro 
grinom  priori.s  consiiii  n  istroit  coiicive«  iu  curru  cutn  Iii  i-qui.s  ot  III 
equitibn»  Miigitümi.s,  «lui  pruseneiam  domini  reg^is  Mint  aggr«!<si  in  T/niaw 
et  piino  di«  XIII  rev«neniDt  . .  .* 

*  Sl.  -in  l  v.M/.f  i.  hiM  t  lH»i  Liclinow.-^ky,  Bd.  5.  Hop.  Nr. 'J03n,  .^C,  -  1 1 ; 
TgL  Huber,  Bd.  2,  S.  461.  leb  b«  iiu  rke,  dax.s  im  Itog.  Nr.  2U3ß  nicht 
beiMMn  darf:  ,bek<)inutt  er  noch  eine  Tvuht«r,  »o  kann  Elisabeth  eines 
der  beiden  KSnigreieh«  mit  Mihron  wihlen',  aondera  ,aie  kann  entweder 
l'nparn  oder  IVlhuien  mit  MHh.<!n  wählen'. 

*  Die  von  Kurz.  Oesterreich  unter  K.  Albreclit  II.,  Bd.  2.  S.  1.3  und  48  ver- 
tratene  Ansicltt,  die  mehrfach  in  neuereu  Uücheru  wiederhult  i»i  (vgl. 
Frien  a.  a.  8. 8S,  Note  t)»  daw  im  September  1421  bloe  Verlobung  nnd 
H*;ir3t«ooiitrnct  j;e8ch lohnen,  die  Tranunp  aber  erst  am  19.  April  1422 
voUsogen  wurde,  ist  uuricbtig,  denn  in  dem  »chon  erwähnten  Ueicb»- 


288 

sich  Albreclit  seinem  Schwiegervater  zum  Kampfe  gegen  die 
Ilusitcn  verpflichtete.'  Folgende  waren  die  hauptsächliclistcn 
Bedingungen : 

1.  Albrecht  erhttlt  vom  Könige  eine  Anzahl  von  Stildten, 
Festen  un«l  Sehlössem  in  Rühmen  unil  Mälirt  n,  die  dcracit 
noch  im  Besitze  des  Königs  sind,  in  Pflegschaft. 

2.  Albrecht  darf  alle  Eroberungen  an  Städten,  Scldössem, 
Leuten  oder  Gütern,  die  in  Böhmen  oder  Miihren  liegen  und 
den  Husiten  abgenommen  werden,  in  Pfand  behalten  zu  jener 
Schuldsuninif,  die  ihm  der  König  auf  Budweis,  Iglau,  Znaiin, 
Jamnitz  und  Pohrlitz  verschrieben  hat." 

3.  Eroberte  Städte  und  andere  Besitzungen,  die  nicht  zur 
königlichen  Kammer  gehören,  darf  der  Herzog  den  Seinen  zu 
erblichem  Besitze  geben,  doch  müssen  sie  dieselben  von  der 
Krone  Böhmen  zu  Lehen  nehmen. 

4.  Eroberungen  von  ehemals  kircldichem  (»ut  darf  Alhrccht 
bis  zum  Ausgange  des  Krieges  behalten,  nachher  verbleibt  ihm 
unter  Rückgabe  an  die  bczliglichcn  Bisthllmcr,  Klöster  und 
Kirchen  die  Vogtei  über  diese  (»üter. 

ö.  Bei  gemeinsamen  Unternehmungen  der  königlichen  und 
herzoglichen  Truppen  gilt  der  stilrkcre  Thcil,  der  den  Zug 
unternimmt,  als  der  rechtmilssige  Besitz<'r  der  Eroberungen. 

<».  Bei  einem  Angriff  der  Feindtr  auf  eines  der  ftinf 
Schlösser  Budweis,  Iglau,  Znaim,  Jamnitz,  Pohrlitz  ist  der 
König  zur  Hilfeleistung  verpflichtet;  ftlr  den  Verlust  eines  der- 
selben ist  Albrecht  keinesfalls  verantwortlich. 


re^iitraturbuch  ,G'  find<>t  Bich  Fol.  105'  eine  Urknnde  K.  Sijrninnda  vom 
13.  Oktober  1421,  in  welcher  die.ner  dem  Herco|7  Alhrecht  auflr8|rt,  «n 
Auna.Gouri;  Eukorleiu'i»  Witwe.dio  llufinuiitUiriu  »oiuor  (jomnhiiii  EliMbctli, 
COO  Guldun  zu  zahlen. 
'  Gwlnickt  bfli  Kurz,  Hd.  2,  8  ff. 

'  Laut  Ac*  ElievertrKji^e«  Imt  Herauf  Albrecht  dorn  KOni;^  lUO.OoO  Du- 
cjtton  alit  Widerlni^v  der  Mitpft  bar  zu  |;oben;  (Qr  diese  Summe  saiuiut 
100.0«<t  Du<-,it<>n  llfini.iteuer  und  -^mMH)  Dmaten  EnUrbädiffUnjf  für  Ji» 
Kosten  do»  vurjillirigen  Ffldznjji'^  vfriifandot  ihm  iler  K5ni(;  die  SchlJl»«'f 
Uudweis,  If^laii,  /^naini,  Jamnitz  und  l'olirlilz,  lotztt'rc»  statt  des  frQbi>r 
vurciubarlou  Skulitz    ^v;;:!.  oben,  S.  N.  1).    AuMerdem  ver{itlicbti'l 

sich  der  Ilerzr»^  unter  der  ISedin);:niif;  der  voraui«gegang>>nen  rtH-litzciti^n 
Einantwurtnnp  der  (genannten  •'H:lilri»M'r,  die  fUr  den  II.  November  fett- 
f^Mvt/A  w  ird,  zur  Ziihlun;;  von  je  ^O.OUO  Gulden  zu  FnMnai-ht  und  Georgi, 
laut  Lichnuwsky,  Keg.  Nr.  :iO:t7;  Tgl.  Ubordieii  Ueg  Nr.  204'J  und  2t»d4 


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389 


7.  Ältirecht  üt  ▼«pflichtet,  den  königlichen  Trappen  die 

ScU">><  r  stets  oflfcn  zu  halten. 

>i.  Der  Herzog  sull  nicht  ohne  des  Ktiuiga  Wuaen  mit  den 
Kunden  Frieden  schlicsscu. 

Da»  tmd  die  wiehtigaten  Punkte  jenes  Vertrage«,  der  das 
erste  Stadinm  in  der  ICrwerbang  MtthrenB  durch  Herzog  Albreeht 
von  Oesterreich  bezoiehuete. 

Uud  diu  Geführ  war  derart  aaik  Acus^eräte  gestiegeu, 
<Ims  anventlglich  nach  AhBchluss  dieser  Vertritt  ins  Feld  ge- 
j:^:m  werden  mosste.  In  der  Surge  und  Arbeit  der  kt^innien- 
'len  Wochf'Ti  Verseil.!})  mriit  :uu  li  ilii'  Tlekanntgalie  dI<M  r  Vi  r 
einbarungen  und  die  Eiuautwortung  der  verplaudeteu  Städte. 
Znnt  20.  December  erst  finden  wir  im  ZnAtiner  Losuogsbucb 
rerzeichnet,  dsss  die  Bürger  an  den  KCnig  «ine  Gesandtschaft 
riclitcten,  um  von  ihm  selber  zu  hören,  das»  sie  den»  Herzog 
Albrccht  ihre  Stadt  abzutreten  haben.'  Am  1.  Januar  1422  er- 
ichita  sodann  eine  feierliche  Botschaft  der  Zuuimer  in  Wien, 
m  Herzog  Albrecht  Treue  und  Gehorsam  zu  schworen.' 

Von  zwei  Seiten  her  erfolgte  der  Angriir  gegen  die  huM* 
tischen  Barone  in  Milhn'u.  Aus  Ungarn  kam  Sigmund  und  .sein 
Ueer  unter  dem  kriegi>kundigen  Flureuüuer  rippu  von  (Jzoru 
ssd  lagerte  bei  Strainie;  in  die  westlichen,  (Österreich  be- 
Biebbsrten  Gebiete  zog  Herzog  Albreeht  ein. 

'  114":  ,E<Klcin  saltbab)  (sc.  puat  fcsttim  «.  Liicic)  «lirL-xium»  .k1  jfrftt'io- 
»i»imiiin  «loininiiin  nngtrnoi  royoTP  pnideiitoH  vir>>s  M.irtinnm  t'lftinol, 
■aüeem  Joliaiuiflai  PatenuMtw  aoilroin  iuratum  conclvem,  Petniu  Sali« 
et  J«iluuiii«m  PorefTrintim  Mmiorta  cmkIIÜ  ad  audtondTuu  orotoniM  a  do- 
iiiiuo  rep*»,  ijiifxl  illu.stri  prim  ipi  et  iliniiiiio  d.  AUmrto  Juoi  Aiistrii>  civi- 
tatem  condwceudsra  deboanius,  ubi  dvminiia  rax  circa  et  iu  Houtibua 
CliQtiii«  Mt  invratua  . . .' 

'Kol.  ii.V;  ,Iteni  ff>ri.i  V  (w.  yost  fo.stam  a.  Innoceotoin)  in  fircimicisimie 
domini  diraxünuB  priore«  IIU  iuratos  cum  allia  Mi  lunUia  necnon  de 
conmamtale  conclvM  et  liuwlaii  nuin«ro  MTyetinam  ad  (llu»trom 
I'riiidp«in  et  doniiniiin  iL  AllMTtum  (luci^iii  Aii.strio,  (loniiniim  iiontniiu 
graciosMnmuin,  i|oi  ibidem  iaranientiun  et  obedieoctiam  pret*titenint  ac 
{•nmibcnint  domlno  dnri  et  primo  di»  V  reTUieraiit  . .  .*  Damaeb  i§k 
Kf  -k'  ..  i'.i.  a.  O.,  i«.  21,  Noll'  it),  ilas8  dio  fiictisclm  Vi-borjrnbf  dw 

^Uiit  Htidwoi»  und  der  andüren  E^audobjuvtu  crt>t  im  Märs  tiifolgt 
nii  la  barielitlgen.  Bboo«»  flodat  ikIi  (aaeb  Bo^ek's  Angabe)  ia  «iaein 
U'Uuer  Stadthiich  zu  1422  in  ocliiva  c|)i|jhaui«)  <lio  Eiiitrafrnnp:  »«i  ia- 
duliu  Alberli  duci«  Austriu  tit  rouiivatiti  iiimUtruin  civitatis  l^lavieuaia.* 
Tcl.aadi  ob«n  &  Sitft,  N.  S  i.  f. 


290 


Rascheren  ErMg  btaclite  eigentlich  der  Kwmpf,  den  die 

un<rarisrlit>n  Ti  u]  ]  !  n  im  MÜchen  Milliren  fl\hrtcn.  Es  scheint, 
(lass  liiehcr  schon  frllhcr  ungarische  Heiter  pelcj,^t  worden 
waren,  ,um  das  Land  zu  beschirmen';  der  Breslauer  Domherr, 
d«r  die  TerfirfÜite  Nachricht  vom  Abschlasee  der  Verträge 
bringt,  ^richt  in  <1ein>-i'Ihen  Selin  ilx  n  aiieli  \i>n  i-iiiem  Ein« 
marsclir-  vmi  20(M)  Mann  IJeitiTi  i  iiarli  M.ihnii.'  Alur  der 
eigentliche  Krieg  begann  doch  erst  im  lI(Tb>te,  nh  naeli  Ak- 
Bchlom  der  VertrSge  mit  Aihrecht  König  Sigmund  persflolich 
mit  dem  Ilauptheere  in  das  Land  einrückte.  Am  9.  October 
14i?l  s(  hreil»t  er  aus  'rn  iitsi  iiin  nach  Bieslau:  .Nu  ziehen  wir 
iu  das  laude  zu  Marhcru  und  wollen  bei  Olumuntz  in  der 
nehe  sdn."  Neun  Tage  darauf  weilt  er  bereits  in  seinem  nddi* 
rischen  Schlosse  Bmmow  und  Tericfindet  der  Stadt  £|ger,  dsss 
sein  Tieer  mit  di-m  des  Risehofs  von  Oliniitss  vor  einigen  Wd- 
ehen  um  <  Hniiitz  •:ele«,'en  habe,  dass  er  ta;L;til«rlich  noch  Zuzug 
aus  Ungarn  erhalte,  aber  mit  dem  Angrifle  nicht  mehr  warten 
werde.' 

T?>  siinders  hatten  die  Besitzungen  d«'r  Ohnützer  Kirche 
bisher  viel  gelitten.  Kimig  Sigmund  <resti  l>t  es  selbst  zu,  nanu-iit- 
lich  iu  einer  Urkunde,  in  der  er  dem  itischut' .luhann  am  1*0- 
vember  1421  volle  Gewalt  einriiunt;  an  seiner  Statt  gegen  die 
Schftd^r  voi-ziigehen  und  die  damit  zusammenhUngenden  Streit- 
sachen SU  entselit-iib'ii.'* 

Attfe  Seliwerstf  verwüsteten  nun  die  ungarischen  Schaaren 
die  Gfiter  derjenigen  Rarone,  die  sich  mit  den  Prägern  ver- 
bunden  hatten,  und  straften  sie  tVir  ihren  Abfall  vom  katbulisehes 
rüanbeii  und  vom  erbliclien  Könij;e:  \<\r  Allein  trat'  dieses 
Schicksal  Peter  von  Kravar  und  Boeek  von  Kunstadt.  Mit  Brand- 
Schätzung,  Sehttadung,  Niedermetdnng  von  Gross  und  Klein, 
Jung  und  Alt  wurde  hier  der  Kampf  gefllhrt.  Das  hatte  denn 
bald  die  Wirkung,  dass  jeder  einzelne  der  niäliriselien  l^aroDC, 
die  sieii  in  Xotli  und  (icfahr  zu  einer  gcmein.sameu  Vertheidi- 
gung  nie  zusammeniiuden  konnten,  sich  fUr  seine  Person  be- 
eilte, dem  Könige  Gehorsam  su  schworen,  auf  dass  er  ihn  nur 
wieder  in  ruhigem  Besitze  seiner  GOter  leben  lasse.  Wenige, 

*  Vgl.  IMdnlHHwtMi,  B«.  8,  &  «I,  Mr.  70. 

■  Vgl.  SS.  TUT.  Sites.,  B.1.  8.  S.  14,  Nr.  21. 

*  Falacky,  irrkun.ll.  Bcilr.,  IW.  I,  S.  Iß»;  Hesnld.  8.  144. 

*  Coyto  bu  Olmfltiar  CSpiteUrehiT. 


891 


wie  etwa  Haäek  vou  Obtroh  uiul  Peters  Sohn  Wenzel  von 
Kravar,  raacliten  eine  Ausnahme.  —  So  lautet  ungefiihr  der 
Bericht  des  Chronisten,'  imd  die  Urkunden  bestiltigen  seine 
Angaben. 

Der  LandeBbauptmanii  Peter^  stets  obenan,  solange  man 
Uos  mit  Worten  seine  Gesinnung  bekunden  musste,  war  einer 
der  Ersten,  der  Töllige  Unterwerfung  dem  sicheren  Untergange 

vor/.i)^'.  Kr  stieg  denn  also  herab  von  seinem  FelsenscMoese 
Heifenstein  und  bat  den  Herzog  Pf'ein(>k  von  Troppau  und 
den  edlen  l><  neA  von  Kravar  unter  Einantworte ii:,'  der  ge- 
nannten I>ur;,%  ihm  ilie  BiMÜngungen  kundzugeben,  urUer  denen 
er  de.<:  Kölligs  Gnade  wieder  erlangen  köimte.  Am  28.  October 
14:il  kam  der  Vertrag  und  Vergh'ieh  zu  Stande,*  der  die 
Ohnmacht  des  mährischen  Adels,  aus  reinem  Glaubeuscifer  und 
SOS  Ueberzcugung  die  Sache  des  Hnsitismus  sn  vertheidigen, 
deadich  kennaeichnet.  * 

Pt^mek,  Herzog  von  Troppau,  und  Benei  von  Kravai^  and 
Knunnau  Üiun  kund,  dass  sie  am  der  Ruhe  des  Landes  nnd  des 
»Ugemeinen  Wohles  willen  swtschen  König  Sigmund  und  Herrn 
Peter  Ton  Kravaf  und  Stra2nie  mit  Beider  Wissen  und  Willen 
fölgenden  Vei^leich  vereinbart  haben: 

Peter  erhftit  eine  l'Vist  von  vier  Wochen,  vom  22.  ( )etober 
an  gerechnet,  um  selber  Busse  zu  thun  und  auch  seine  Freunde, 
nämlich  die  Herren  Johann  von  T.oTnnie,  Ilrt^ck,  Müota  von 
Trawnik  nnd  Zbinko  von  Dubrawka  zum  l'ritritte  zu  v(^rmügrn. 
Sollten  l'eti  r  und  seine  Sr>hne  doch  wirdtr  anderen  Sinntb 
werden  und  von  dem  \  ergleielie  zurück  Ueten,  so  soll  Herzog 
Pfemek  die  Burg  Helfenstein,  die  ihm  Peter  bereits  Ubergeben, 
dem  KOiii^  Sigmund  ausliefern;  doch  darf  Peter  das  bewege 
liehe  Out  ohne  Hindemiss  auf  seine  anderen  Schlosser  schaffen. 
Hllt  er  die  Uebereinkunft,  dann  wird  ihm  die  Burg  unver- 
adirt  zurückgestellt.  Peter  verpHiehtct  sich  seinerseits,  mit  sei- 
nen Freunden  sofort  zu  verhandeln,  ob  auch  sie  Frieden  mit 
der  königlichen  Majestät  haben  und  selber  Ruhe  halten  wollen. 
Vorpr?«!  mögen  befragt  werden  Ila^ek  und  Milotn.  nnd  d<  ren 
Antwort  solle  binnen  swei  Tagen  dem  Jvüuige  zukommen,  lüer- 


'  Vgl.  Laurenz  vou  llfeaowa,  S.  496/7  nnti  520. 

'  Di«  in  bOlmitaeher  Spndie  «bgefiutta  Urkunde  (Beil.  IX)  gebe  ich  oben 
»•flllirticlier  wieder. 


202 


auf  erst  Jan  von  Louinic  und  Zbinko.  Peter  muss  den  Kiinig 
um  Ouade  und  Vergehun}?  bitten  und  erkliiren,  dass  er  ni« 
beabsichtigt  hat  und  nie  b<'absifhtif,'en  wird,  sich  zu  König  Sig- 
mund anders  zu  verhalten  denn  zu  seinem  anpcbornen  Herrn 
nach  der  Ordnuiij^  de»  Landes.  Dann  seien  alle  Feindseligkeiten 
vergossen,  die  sich  zwischen  der  heiligen  römischen  Kirche  und 
dem  Könige  einerseits,  Peter  und  »einen  Freunden  «ind  Die- 
nern, soweit  diese  sieh  bekehren,  andererseits  ereignet  hätten. 
Die  Ansprüche,  die  eine  Partei  gegen  die  andere  zu  erheben 
habe,  mögen  entschieden  werden  vor  dem  Könige,  vor  den 
mährischen  Laudherren  oder  vor  dem  zustiUuligen  (jerichte. 

Nun  war  für  die  husitisehen  Priester  auch  auf  Peter» 
anderen  Schlös-sern  keines  HIeibens  mehr.  Sic  wandten  sich, 
wie  uns  lirezowa  b«'richtet,  von  Strainic  in  feii;rlicher  Proce»- 
sion,  geftihrt  von  Magister  Sigmund  und  von  viel  Volk  be- 
gleitet, zu  Ilasek  von  Ostroh,  ,dem  festen  Fels  der  Wahrheit". 
Aber  bei  der  Uebermacht  des  Feindes  blieb  diesem  nichts 
übrig,  als  sich  mit  seinen  Getreuen,  darunter  sieh  auch  Peters 
von  Kravar  Sohn  Wenzel  befand,  bei  Nacht  durch  das  könig- 
liche Heer,  wenn  auch  mit  bedeutenden  Verlusten,  durchzuschla- 
gen —  es  erinnert  Icbliat^  an  >^ii^.ka's  berühmten  nilchtlichen 
Durchbruch  bei  Kuttenberg  —  und  zu  den  Brüdern  nach  Böh- 
men zu  fliehen;  dort  kämpften  beide  spilter  zu  wiedcrhulteu 
Malen  gegen  König  Sigmund. ' 

Fast  schien  es,  als  ob  in  ifilhren  keine  Hoffnung  mehr 
war,  im  Zeichen  des  Kelches  zu  si«'gen.  Noch  vor  Ablauf  der 
vierwüchentlielien  Frist  unterwarf  sich  Peter  von  Kravaf  am 
13.  November  1421  und  mit  ihm  noch  andere  Barone,  wie  wir 
aus  der  Liste  der  Bürgen  ersehen,  die  Peter  dem  Könige  in 
seinem  Angelobungsbriefe  stellte.* 


'  Vfrl.  I^urens  von  Bfe«owa,  8.  520,  526. 

'  E.H  sind  dies;  Williolm  von  Penwtein,  der  nnne  Landenhiiuiilnilinn  vnn 
Mähren,  Jnbann  von  Lnranic,  Sinil  von  Lirlitciiburf;  nnd  ItiHuw,  Sulik  vun 
Konic,  Heinrirli  von  Li|tA  und  Teni|>cUteiii,  Allire<-liC  von  KunsUiIt,  Jolinnu 
von  iloitkon'itz  und  Urauilis,  Julianu  vun  Ciniburg  uud  Tol>it.<u'liau,  (i»>ff 
von  St(<nil>vr^  und  Luluin,  Heinrich  vun  Waldütcin  und  iSndek,  Gc^in^voB 
Lirhteubnrg  und  liötou,  Jubnnn  und  ^^t6fan  von  Liobtonbur^  und  Cor 
Ntein,  Johann  von  Dublin,  Johann  von  Suwiuec,  Henik  von  Wald«l«in, 
HIavat'  von  Iton.m  nnd  Jost  Höcht  von  Ilmüits  (Archiv  dcisky,  ltd.  6, 


S.  400). 


293 


Die  gewaltsame  Niederwerfung  der  einselneii  Barone  war 

nar  ein  Vorspiel  für  die  vtilligo  Bezwingung  des  gesammten 
mährischen  hasitisch  gesinnten  Adels  aaf  dem  Landtage  in 
Brünn  um  die  Mitte  November.  König  Sigmund  hatte,  wie  der 
utraquistischo  Chronist  berichtet,  die  Herren  y.n  dieser  Ver- 
sammlung jSalvo  conductu"  gehidcn.   Kaum  aVtcr  waren  sie  in 
der  Stadt,  da  Hess  er  die  Thore  von  seinen  ungarischen  Trup- 
pen besetzen  und  eröffnete  den  Baronen  seinen  Wunsch,  sie 
möchten  von  den  vier  Prager  Artikeln  ablassen  und  Busse 
thiin.  Ab  die  Herren  die  Schlinge  sahen,  in  die  Sigmund  sie 
gfloekt  hatte,  beriethen  sie  einige  Tage  und  kamen  schliesslich 
XU  der  Uebenseuguag,  dass  ihnen  nichts  flhrtg  bliebe,  als  ge- 
horsam seiner  Aufforderung  zu  folgen.^  Wie  dem  nun  auch 
sei,  Thatsachc  ist,  dass  die  Barone  Mährens  in  einer  Land- 
friedensurkundo  am  17.  November  in  Brünn  ihr  husitisches 
Glaubensbekenntniss  feierlieh  absolnvurcii.  dass  sie  sich  eidlich 
bekannten,   dem  christlichen  Glaul)»'ii,   wie  ihn  die  rijuiisclu» 
Kirche  halte,  treu,  dem  Papste,  den  Jiiöchöien  und  den  von 
ilinen  eingesetzten  rriestcrn  in  allen  Glaubenssachen  gehorsam 
zu  sein  und  dass  sie  sich  schliesslich  verpflichteten,  die  Ketzer 
und  Verdieidtger  der  Irrlehren  auf  ihren  Gütern  nicht  zu  dulden 
imd  mit  aller  Macht  au  ihrer  Ausrottung  beizutragen.  Auf  die- 
sen feierlichen  Eid  hin  erhielten  sie  Yon  dem  anwesenden  päpst- 
lichen Legaten  die  Absolution  für  ihre  Häresie  und  die  Auf- 
hebung des  Bannspnu'hcS;,  den  das  Constanze r  Concil  infolge 
ihres  Boj^elnvordfscliruibens  wegen  Ilusens  Verurtheilung  über  sie 
veriiiiiif:!  liattt'.'-    Iliemit  war  eigentlich  Sigmunds  Aufgabe  in 
MüLr<  II    erfüllt,^    sein   Heer   konnte   zunächst  noch   TL  r/ng 
•Mbreeht  bei  seinen  Unternehmungen  im  ^judwcstlichen  Mühn  n 
imterBtützen,  bevor  man  den  Kriegszug  gegen  Böhmen  antrat. 

Albreeht  war  gleichfalls  Ton  Bressburg  aus  unmittelbar 
im  Feld  gezogen.  Am  14.  October  senden  die  Znaimer  Bürger 


*  VgL  Liwei»  TOD  BfMowa,  8.  510. 

*  ICt  AusnAhine  der  am  Schlüsse  an|;eni;iften  Eidforniel  ist  die  Urkunde 
völlig  i^li'i.  Ii  lautend  mit  dem  Landfrieden  Köni;.' Wenzels  vom  Jahn'  1  HJ; 
gedruckt  im  Archiv  ioak^,  iid.  10,  S.  24G,  iu  deut'^cher  Ueberaetsung  bei 
Pdaek^,  Urlmtid).  Beitr.,  Bd.  1,  8. 166.  —  Den  Eid  und  die  AlNwhilioi»> 
formel  des  LegStou  bringt  anch  Bfezowa,  S.  »21/2. 

'  Man  «ifht,  wip  nn«r«'r«>cht  dor  Voi  wnrf  T?PzoId'a  (a.  a.  O.,  8.  66)  itif  dSM 
K'mig  Sigmuud  ^ubig'  iu  Mähren  verblieb. 


294 


an  flen  mit  IIcMTcsinacht  heranrikk<  iKl<  n  IIt'iv.u<r  nach  Ejrpeti- 
bürg  ein  Mitglied  ibrea  Rathcs,  den  ätefau  Jeiunitzer,  wohl  um 
ihm  aber  die  Ereignime  der  letsten  Tage  nnd  die  Lage  in 
JaispitB  Mittheilnng  zn  machen, '  denn  dahin  richtete  nch  iet 
Zup.  Am  21.  Octohi  r  la^'crte  Albrctlit  vor  Znnini.  wo  ihn  A\c 
Bürger  festlich  bewirtlieteDi  und  übernachtete  auf  der  Kbeoc 
▼or  dem  Kloster  Bruck.*  Am  folgenden  Tage  schon  iat  der  I 
Hcr/.ofr  Vi  II-  .laNjiitz.  Mit  einem  starken  IIiirL','  zu  dem  unter 
Anderen  am  li  il  r  Snl/lmiirrr  Kr/.hiM'lint'  Kln  rliard  ein  bedeu- 
tendes Cuntiiigt-iit  p'.stelit  liutte,^  griÜ'  uian  diu  Bui^  tai,  und 
nach  fbnftii^iger  Belagerung  wurde  dieselbe  eingenommen  md 
sum  Theilc  zerstört.  Die  niederstürzenden  Mauern  begrobea 
eine  Anzahl  der  Söldner.'  Der  Besitzer  des  Schlosses,  Sczima 
von  Kunstailt,  dem  weder  von  Böhmen,  noch  von  den  mähri- 
schen Baronen,  die  es  versprochen  hatten,  Uilfe  geschickt  wor- 
den war,'  kun  xwar  sammt  seiner  Familie  mit  dem  Lehes 
davon,  wurde  aber  in  die  Oofangenschaft  nach  Wien  abgefthrt 
und  erst  1423  freigegeben.^ 

*  Znaimer  L«i>uiiprMbiu-h,  Fol.  105':  .Peria  II  (sc.  «nie  festiim  s.  Oallt).  ItM  ^ 
direxiinuK  iii  E|;i>uburk  ad  illustrom  priiicipom  d.  Alberlum  ducem  Aiulrie 
pradentem  Stcplumuai  Jamnicsar  mwtrnm  coniuntttm  concirom  .  .  .' 

*  ÜM^  FoL  99;  Jfotandnm  ea  qne  impomiimii*  et  diatribatmna,  com  illutrit 
priniwp*  il'iiiiiim-i  i!.  Alliorliit  il<-i  (rr.-itiii  AiiMttie  ot4-.  iiiliintraril 
tsmm  MorAviti  {»eruot-Uinit  iu  plauicio  caapi  prupu  uiouasteriuin  LuceuM. 
ubi  fer.  III  in  MIlliwB  Vii]g;iiiiim  (Sl.  Oetobor)  «mdmn  domimiai  U- 
lii'itum  ilurciii,  rioiniriutn  nnslriini  ^rnririsum,  li'Hior.'ivimna  cum  III  Iw- 
u.nriis  vini,  \  viisis  cprvhu\  uno  curru  {lauuiu  et  ad  nutuni  f^racie  Ht 
direximiis  oibi  in  Jc\M>|ti<:s  XXVI  neua  TSM,  IUI  tmiMg.  ligonum  cua 
XX  lig^nibaa  «t  LXXX  laboratnreei  pro  niptnra  caatri  ia  j9W>piea  .  •  •' 

*  Vpl.  ab«r  die  venchiedeneti  Aii);aboD  Frie«»,  8  19. 

*  Ergibt  sich  «lu  einer  Eintraguufr  des  TontAmentes  de«  .Salxbiir^vr  Kittof 
Caapar  Turnlr  in  daa  Znaimar  Teatamentanbueli«  ddo.  31.  Oclober 

wo  aa  unter  Anderem  hriaat;  .  .  nnd  in  demaelbijren  ber  der  enrirffip 
.  .  .  Eberhard  frzbi.scbof  zu  S.nl/.pmk  sein  mh  iktii-li  \i.lk  ^rvlialit  lint,  Ji 
mitaaiubt  dem  vor|;eaanteu  funtteu  borrou  Albnichteu  sein  guaoguu  and 
beben  daa  baoa  Jawipiea  nütaambt  dem  atatlein  doaalbe  in  flunf  tufan 
ppwunnpu  .  .  .' 

*  Zuaiiuer  Losuiigsbnch,  Fol.  III:  ^teui  II  muratoribus,  qiii  tpicsivenint 
qnoadaa  de  qnlbu«  direbator,  qned  per  nmiea  in  Jcnspicz  obriiti  fuiateni' 

*  Daa  aa^  ansdriicklich  Laurau  Ton  Di'ezowa,  S.  499.  Wenn  hier  der  Ort  | 
BeniMovire  peschrieben  erscheint,  «<>  ist  <iji.«i  «ohl  einer  der  vielen  Druck-  ' 
fehler  dieK4'r  AiiB^rabu  »tatt  JeviMovicc,       <!>'-  Hniiil.<)cbrift  beben dlHIa. 

'  Vgl  Kura,  Oeateiieicb  unter  Albracbt  IL,  Bd.  2,  iS.  6a. 


295 


Aber  mit  der  Zerstörung  des  einen  FelsenBchlosscs  war 
keineswegSf  wie  man  bisher  nnncinncn  konnte,  der  Feldzug 
beendet  und  die  Ruhe  wieder  hergestellt;  vielmehr  wührte  der 
Kriptf  noch  monatelang,  indem  die  ganze  Gegend  durchznrjcn 
werden  niusst'*.*    Zur  Unterstützung  schickte!  Sigmund  v'mvu 
Tbeil  f«elin  r  Truppeu  hieher;  am  18.  November  suchte  sie  ein 
ZuAimei  liute  in  der  Gegend  zwischen  Laa  undPohrhtz.  -  Der 
HaaptBchlag  sollte  gegen  die  zweite  Hasitenbnrg  Rodimartinite 
g^ttkrt  werden.  Unzählige  Wagen  mit  Sttldnem  werden  von 
allen  Bichtangen  durch  die  Stadt  Znaim  dahin  gebracht  Der 
filampf  wurde  mit  grosser  Wutb  geführt;  Husiten,  die  man  fing^ 
Anu*den  gelegentlich  in  Znaim  verhrannt;^  ebenso  bttSSten  ein 
Znaimer  Bürger  und  sein  Sohn,  weil  sie  des  EinverstUndnisses 
mit  den  Husiten  schuldig  befunden  worden  waren,  ihre  Gesin- 
nung  mit  dem  F»  ucrtotlc.  *    Andere  Getancreno   wurden  nur 
gegen  Urfehdeschwur  fi'(  iL''*'l;is><'u.  '    Den  eigeiitliclicn  Ausgang 
dieser  Unternehmung  kennen  wir  nicht.    FUr  jeden  Fall  war 
das  Ergebnißs  des  mUhrischeu  Feldzuges  im  Herbste  des  Jab- 
reB  1421  für  den  König  und  den  Herzog  nicht  unbefriedigend; 
das  Feuer  an  dem  einen  Hauptorte  war  gelöscht,  am  anderen 
wenigstens  unterdrückt,  so  dass  Hersog  Albrecht  persönlich 
nach  Oesterreich  zurttckkehreu  konnte.  Innerhalb  der  Winter« 
monate  traf  er  Anstalten,  um  den  König  baldigst  mit  neuer  Macht 
wif  seinem  Zuge  gegen  Böhmen  untorsitützcn  zu  können;  und 
nrar  mussten  die  eigenen  Lftndcr  die  Kustvn  der  Kriegführung 

*  Dt»  ■«igMn  «u  die  fortluifendeik  Angaben  an  Sold,  die  wetteien  Ans- 
stndniigeii  Tttn  Boten  und  KmidsebaAerD  nnd  Ibpliehe  Aogaben  im  Znaimer 

I.i''-Ull;r''litlcll. 

*  Znninicr  Lo8ung:8bui'h,  Fol.  110':  ,äclierhewfliuo  pro  expousls  versiu  La« 
et  Puh«riicis  propter  Uugaroe.* 

*  IbiiL:  ,pn»  lignb  ad  oomWitioiMtii  Huseomim  d«  Martnics^ 

*  Ihli}  ,  Fol.  20:  .Iteni  aiiiio  «(uo  gupra  feria  IUI  in  crastiiio  s«  Stniniiifi  ot 
Judo  ['2D.  Octobcr]  Vierdunk  cum  fiÜo  JohAiuio  pro|itor  HuHMoniuii  por- 
fidiam  Huut  combutfti  et  propter  taui  maxiuiaui  iuiquiUteui  oiuuia  bona 
ipaonim  devolnta  simt  in  d.  regem.  Qraeioiä«dmiu  autem  d.  notter  rea 
Cou^iderana  mnltas  tribulacione»  et  diversM  gravedine»,  ipins  per  vif^ilLaa 
et  alia«  varios  niodos  ab  Hu8«ouibu8  perpossi  sumus,  et  cciam  uiaximais 
et  multAji  iuipeus&ü,  i^uaii  super  euieuUaciouem  defeuse  civitatis,  super 
•tipendiariii,  enper  magiatris  pizidom,  soper  attinencBi  dlToraia  ad  defen* 
mn  fpectaotibna  inipo«itimu«»  «adem  bona  noble  in  labelffitun  donavit 

'  Vgl.  Laiinovksky,  üd.  ö,  Keg.  Nr.  2üü2. 


396 


znin  ^'niss.  ii  Theile  ttborneliinen.  Eine  ausserordentlich«  Steuer 
auf  die  Woinbergr.  Errichtung  einer  Landwehr,  Vertrilge  mit 
LaTuHirm  n  w<  f^eii  Stelhmg^  von  Söldneni,  erhülite  Besteucruxi": 
des  kircltlit  lK  ti  Kinkonnnon?!,  Anleihen  bei  österreielii^^rlii n 
Stiidti  n  —  das  sind  die  Ciesehüfte,  die  Alhreeljt  im  Pt  ri  iii 
Ixr  1421  und  .Ininiar  1422  in  Wien  besorgte.'  Aber  niitlea  in 
diese  Vürbereituiij;t  n  fiel  der  unverhofft  schnelle  und  überaas 
unglückliche  Ausgang  von  Sigmunds  sweitem  Feiebuge  gegeo 
Böhmen.  Sein  Heer  war  Uber  Iglau  bis  Kuttenberg  vorgedrungen 
und  hatte  daselbst  ein  grosses  Blutbad  angerichtet;  als  aber  die 
ungestümen  Bauemschaaren  unter  2ifka  dassdbe  bei  Denticlh 
lund  anm  ifT*  II.  flohen  die  Ungarn,  obgleich  sie  ihnen  an  ZaU 
bedeuk  nd  itlM-rlc  .  n  waren,  unter  ungeheueren  Verlusten  SB* 
riu1<  n  u  ll  M  ihi  u.^  Am  Jsümr  urkundet  Sigmund  bereits 
wieder  in  Hriinn. 

Wie  s<  Ikiii  zu  wiederholten  Maltu,  win  den  auch  jcUt 
\\  ii  (lrr  rli(  iniilirisc  lien  llusiten  gegen  den  verwundeten  Feind 
kühn.  Nach  i^i^munds  unglücklichem  Rückzüge  aus  Bülimeo 
entstanden  in  Mähren  aUenthalben  Unruhen.  Gerade  auch  in 
Brflna  scheint  eine  grosse  Verschwörung  geplant  gewesen  sn 
soin^  die  aber  verrathen  wurde  und  mit  der  Hinrichtung  von 
500  Schuldigen  geendigt  haben  soll.'  Diese  Nachricht  ist  zum 
Mindi-^ti'ii  iil>.  rti  i.'ben.  Doch  Ifisst  allerdings  eine  Urkunde 
Krmij^'  Si^niimuis  .ms  Hradisch  vom  22.  Februar  1422  auf  ein 
starl;t's  \\'ird<T|irr-  ortreten  der  ITnsitfn  im  T.nndc  seldif  ^ser: 
in  dci'sellx'ii  ül)rrtrilgt  näralicli  der  Künit;^  dem  Burggraf'  ii  nut 
Schloss  Kii  Kliorn,  Peter  Kutyeig,  die  Oerielitsbarkeit  dasclUt 
und  lirlli  lili  ümi.  «regen  alle  die,  welche  die  vier  Prager  Artikel 
einholten^  mit  äussei-ster  Strenge  zu  verfahren;*  und  noch  klarere 
Vorstellungen  von  der  wieder  erstarkten  Macht  dieser  Partei 
gewahrt  eine  zweite  Urkunde  des  Königs  aus  Wessel  vom  8.  ApiÜ^ 

^  V  gl.  über  dieoü  \  t  rhandlnngen  Fries»,  ^.  19,  20. 

*  Vgl.  den  Bericht  des  Abte«  Ludolf  von  Sagau  (henuMgog.  von  J.  Loaeitb) 
im  Arebir  fUr  Bsteir.  Oeeeh^  Bd.  60,  S.  542/8. 

^  !s/t  licrirlit)  t  Wiiiii.nke  0<|,  raj».  KW).  Dor  frcn.nip  Zeitpunkt,  sowie 
dit>,  KiuicllicilLni  sind  aber  aiui  die.ser  Darstellung  nicht  leicht  so  enl- 
oebmen.  Sollte  »ich  nicht  die  Notiz  im  Zuaimer  Lomingxbuch,  Fol 
sniD  1.  IfSnt  1423  «iii|retr«g«&:  ,iiiinäo  BnuuuuD,  qoi  mwiivit  boniBM 
n  -^tr.K  rnntrri  iiiiinicns,  dum  (a»mnt  pro  msrinbw  in  Miniuli  fcro 
Bruuti«^  .  .     dftr«uf  besieben? 

«  8.  Beil.  X. 


Digitizcü  by  Guv.*: 


207 


dnrch  die  er  oben  demselben  Peter  aiiftrJlfrt,  die  (Jülcr  «lor  in 
Mähren  sich  erajJörcnden  und  der  Ketzerei  nnhangcndoii  In- 
anen  einzuziehen.' 

Wenn  ans  auch  nur  die  Schreiben  an  diesen  einen  Henmton 
erhtltCD  sind,  so  ist  es  doch  wahrscheiiilicli,  dus.s  solche  Hi-iehlu 
lüerwärts  ausgingen.  Schhesslich  melden  iiueh  schon  Anf'iings 
Miirz  die  Znaimcr  dem  Könige  eb<nso  wie  dem  Herzog  von 
ZasammcnkUnfien  und  Sammlungen  der  Ilusiten  in  ihrem  Kreise, 
in  Zomstein,  Jamnitz,  Jaispitz*,  kurz,  die  ganze  (iegc<nd  ist  mit 
anbrechendem  Frühjahr  wieder  in  h<'lh  ni  Aut'nihr.  * 

Von  der  Art  der  Kriegführung  gibt  uns  ein  origineller  Be- 
richt über  den  Ueberfall  auf  Jamnitz  <'in  deutliches  Hild.  Kr 
stammt  von  einem  Boten  der  Stadt  Basel,  der  den  König  Sig- 
mund in  Nikolsburg  erwartete.  Darnach  (ibcrficlen  die  llusiten 
am  10.  März  das  Städtchen  und  stUruiten  es.  hu  Kampfe  fielen 
Miinner  und  Weiber,  —  denn  es  hcisst  ausdriieklieh,  dass  viele 
Weiber  beim  Ansturm  mitthütig  waren.  Zugleich  hatten  die  An- 
greifer Verbündete  in  der  Stadt  selbst,  die  von  innen  Bn>schen 
in  die  Mauern  zu  legen  anfingen.  Immerhin  behaupteten  sieh 
die  Einwohner,  und  ab)  Herzog  Albrcehts  i^eute  sieh  sammelten 
und  dahinzogen,  da  flohen  die  Husiten  wieder  von  dannen.*  — 
h  solcher  Weise  spielte  sich  offenbar  der  llusitenkrieg  in  Mahren 
«n  mehr  als  einem  Orte  ab. 


'  8.  Beil.  XI. 

*  Znaimer  Losuiigsbuch,  Pol.  1S5  cum  1.  März;  .Item  liirexiiiiu»  Wyoiinnni 
ad  gncioaiuimam  dominum  ncwitrum  duorm  [»riulfnti's  virus  S(L-|iiiaiiiuu 
Jemniczer  modern!  et  Petrum  Salin  »eiiioris  i-im.'iilü  rsi-iitno  i'nngri'paoiuui.s 
Hoa*onum  . . und  um  nur  noch  dio  wichti^'Kti'ii  KiiitrriiriMi|roii  .-iiiy.iifillin.Mi: 
Fol.  127  mm  10.  M&rz:  ,It«m  Jannkoni  lifüiskuui  i'iiuiti  iiiMu-in  in  CV.oni- 
itein  propter  Huiuionea  .  .  .  nnncio  Wjrennam  currcnti  ad  dominum  dui-ciii 
propter  uoritates  ex  parte  Jemuicc  et  Jt>w.<ipic/.  .  .  .  iiui»*i<i  Cliuiizuni  in 
Drowndorf  .  .  .*;  Fol.  128  cum  13.  März:  .Kipiiti  nuticio  in  I>ruKi.-iid)irf 
et  Jemnicz  per  quem  inquisirimuj,  quomi»do  noKtric  succudcrut  ul  uni 
•piculatori  in  Jemnicc  .  .  Fol.  129*  nun  'HK  Miirz:  .nnnri»  in  l<a»  rn- 
ci«ne  inquisicionia  pro  domino  duce  .  .  .'  ii.  a. 

'  Reichita^cten,  Bd.  8,  8.  117,  Nr.  103:  . .  o»  li  wis»ont,  liolion  hi'rren,  t\tiz 
bi  xeheu  tagen  datum  dis  briefes  die  UuHM4>n  fiir  ein  Hlatt,  liei.'oipt  tinnie- 
■ha,  .  . .  die  statt  ist  lierxog  AlbrLvchtc.*  .SrliDn  nns  dieser  bMxli-n  HfMic*r> 
knni;  erjpbt  sich,  dass  das  dem  Herzog  All>r<><-Iit  VHr|>t»niK'ti>  .iNniiiitz  go- 
neint  i»t  und  nicht,  wie  in  den  Reichstap^.n-tcii  aiip-piOn^n  ist:  .Knnionitz 
«.Toolglau';  das  w&re  ein  kloinea  Slüdtchüu  dicM.'»  Nauien»  in  UCkiiien, 
*ber  auch  nicht  Kamenitx  0.  von  Iglau  iu  Miilirou. 
^ttn.  B4.  LXXZ.  U.  H&lftc.  Ü) 


298 


Im  fiBtlichen  Thcile  des  Landes  la<reii  die  Verhältnisse 
nicht  bosser,  und  schon  im  Älonate  Februar  hatte  Si<rninnd 
einen  Anj^riff  auf  die  Feste  Steinitz  im  Sinuc '  —  Wiederum  war 
also  Herzog  Albrcclits  Untcrsitiit/ung  unentbehrhch,  und  dieser 
benutzte  die  Lage,  um  sein  Verhiiltnies  zu  Mähren  fester  zu 
gestalteu  und  für  seine  ungelicuren  Opfer  im  Kriege  besseren 
Ertats  ak  bisher  zu  erlangen.  Am  31.  Wiiz  kMnen  Sigmund 
tund  Albrecht  in  Nikokbnrg  zasammen,'  und  Tom  23.  ist  die 
Urkunde  datirt,  dnrch  welche  Albrecht  die  Statthalterschaft  is 
Mfthren  eingeriLomt  wurde.*  Aach  diesmal  handelt  es  sich  in 
erster  Linie  nicht  um  politische  und  Vcrwaltungszwecke,  son- 
dern um  finanzielle  und  militärische  Beneficien.  Gleich  der  erste 
Artikel  des  Vcrtrnjj^cs  betrifft  die  EinantAvortung  neuer  Schlösser 
und  fester  Punlite  im  liande  in  Pfand-  und  I'fl<'gschaft.  Nach 
Brünn,  auf  den  Sj>ielbei  ir,  n.irh  Kieidiorn,  Kibrusehitz  und  Tre- 
bitscli  icoiinte  Albrecht  uunnn  lir  ^>t  iiu'  östrrreiclii.scht'n  Truppen 
einhigern  und  dadurch  die  betretYenden  Städte  sammt  der  Um- 
gebung beschatzen.  Fttr  diese  Besatsungen  erhilt  er  ttberdiM 
jährlich  12.000  Schock  Groschen,  die  ihm,  wofern  sie  nicfat 
haar  gegeben  werden,  auf  den  Schlossern  als  Pfandsomme 
Begra.  Der  KOnig  verpachtet  sich  ausserdem  zur  dauernden 
Untrrstiltzunii:  Albrcclits  mit  1000  Spie8S<  n,  die  er  auf  eigene 
Kosten  im  Lande  hält,  und  zu  weiterer  Hilfe,  wenn  das  Laad 

vom  Feinde  überzogen  wdrde.  * 
Albreelit  darf  zwar  ohne  Wissen  des  Königs  nichts  vCT- 
setzen,  noch  vergeben,  unbeschadet  allerdings  der  früheren 
Vertrilgi!  voiu  .Jalirc  1421,  die  in  Kraft  bleiben;  doch  hat  er 
das  Recht  der  Ein-  und  Absetzung  aller  Amtleute  und  Burg- 
grafen, ausgenommen  in  den  Schlossern,  die  der  KOnig  den 
Ungarn  ttbergeben  hat>  Diese  Statthalterschaft  dauert  so  lange, 

>  rM!;i(  k\.  rrkmiill-  Hcitr.,  ll<l.  I,  S.  177:  .i<lnili  Ii.mIx^ii  uir  hetrachf, 
nun  di*.'«tilbe  zeit  [uiu  den  23.  Februar]  wirdt  gebiireii  mit  Steynitx  amaie 
sn  goen,  nachdem  and  wir  das  mit  den  MelieRlBeliea  herren  voitoiW 
luOien.« 

'  Znniiiior  Losuri'^sbiicb,  l'ul.  12'.t:  ,(]irfxiiims  Nikls]iiirfrfnn  jtmdi'tifo'i  vin>» 
Paulum  de  ücliotaw  luudunii  et  JoUauuoui  Perogriiiuiii  sciiiuris  coiuiliorum 
nostroa  eonetTfl«!  nbi  gradomasimi  domini  noatri  iwi  et  dux  eonTaaenst 
. .  .*  Vgl.  «adi  Beicbstagawsten.  Bd.  8,  8. 117,  Nr.  108. 

»  S.  Beil.  XTT 

*  Dazu  gebürte  Güdiug,  welcher  Stadt  K.  äiguiund  —  WCiNfikirchen,  26.  April 
1422  —  aeinen  im  Jahre  1404  gegebenen  Brief  bestiitigt,  in  welchem  er  die 


^)  ^  .d  by  Google, 


299 


bis  alle  Geldschuld,  die  den»  Ilcrzog  auf  die  Sehliisscr  erwilelist, 
abgelöst  ist. 

Da»  waren  durehaus  Verfügung;en  von  ausserordentlicher 
Tragweite,  die  Albrccht  fast  j«'tzt  schon  zum  Herrn  des  I^an- 
dcs  wachten ;  —  das  zweite  Stadium  in  der  Enverhiin«;  Mährens. 

Nunmehr  vercinijften  sich  aucli  die  uuffarischcn  und  östor- 
roichi-sehen  Truppen  zu  der  gemeinsamen  Untemehmunp  gcfjen 
ilas  Schloss  Steinitz,  die  Sigmund  seit  Monaten  plante.  Mit  di-r 
ungeheuren  I^Iacht  von  30.Ü0(> — 4ü.()(M)  Mann  Kussvolk  untl 
10.000  Reitern  lagerte  Sigmund  um  di«;  Mitt<"  April'  vor  die- 
sem jhawse',  und  fUr  den  'M.  des  Monats  erwartete  er  noch 
Jen  Zuzug  Alhrechts  mit  4000  Reitern.*  Das  war  möglicher- 
weise eben  jene  Truppenabthcilung,  die  bisher  unter  dem  Bu- 
k'lile  ÜUring's  von  Hallwil  in  Iglau  gelegen  war,  uud  welcher  laut 
Urkunde  vom  '2'2.  April  1122  Albrecht  Krsutz  aller  Schilden, 
die  sie  im  Kampfe  gegen  die  Ilusiten  erleiden  wUrde,  zu- 
sicherte.* Doch  fehlt  uns  jede  Nachricht  Uber  den  Ausgang 
dieser  Unternehmung.  Am  1.  Mai  ist  Sigrauiul  bereits  in  Theben 
und  um  dieselbe  Zeit  Albrecht  in  Wien.*  Da.ss  diesen,  wie  be- 
hauptet wird,  ein  Einfall  der  Ilusiten  in  das  N'ieilel  ober  dem 
Mauhartsbergc  nach  Oesterreich  zurückzukehren  veranlasst 
hatte,  ist  eine  unbegründete  Aimahme.*  Man  Hndet  aber  auch 
nicht,  dass  ungarische  oder  österreichische  Truppen  mitgeholfen 
bitten,  die  nurdmilhrischen  Stildtc  zu  schützen,  als  l'rinz  Sig- 
mund Korj'but  von  I'olen  bei  seinem  Durchzuge  nach  Höhmen 
im  April  und  Mai  1422  dieselben  zum  Anschlüsse  an  die  Sache 
des  Ilusitismus  zwingen  wollte.  Diese  Aufgabe,  neben  dem  ein- 
heimischen Feinde  auch  noch  den  Uus.stTcn  abzuwehren  oder 
vielmehr  aus  den  Grenzen  der  Markgrafschaft  zu  weisen,  mussto 

Bdr^r  der  Stmll,  bu  Ung«  sio  dem  K«nijf  von  TTii);arii  angvhnron  wQrde, 

Ton  der  ßezjihinnf;  dp«  OrpUKifffitcn  befreit.    (Vidimirt«  AbM*lirift  aus 

iem  Jahre  1747  im  Staatsarchiv  in  Wien.) 
'  Im  Kegistraturbueh  ,ü'  findet  sich  eine  l'rkundo  Sifrmunds,  datirt  ,ini  Felde 

vor  Stvynitz,  1422,  d<iunorRLa^  nach  ofiiem'  [Ui.  Aprilj. 
'  Palacky,  Urknndl.  Beitr..  IW.  1,  «.  19:. 

'  Vgl.  Kurs,  K.  Alltrecht  II.,  Bd.  2,  8.  47  uud  Lichnow»ky,  Bd.  r>,  Ki  g. 
Nr.  S<j78. 

*  hi^andit  Itinerar  in  difXHjr  Zfil  verzeichnet  Palacky,  Gcicliichtu  BUUniouH, 
Bd  3.  Abth.  2,  S.  303,  Note  2H2;  naih  dem  LosunRübuch  (Kol.  141'^  peht 
ein  Bot«  nin  4.  Mni  vuu  Znaiui  zum  llurzu^  uacb  Wien. 

*  Vgl.  Friea«,  S.  22. 

80» 


300 


besonders  in  NortlmJlliren  Bischof  Johann  von  Olmtttz  auf  sich 
nehmen.  Es  soll  ihm  denn  auch  gelungen  sein,  vor  seiner  Resi- 
denz den  polnischen  Eindringlingen  eine  wenn  auch  kleine 
Niederlage  beizubringen,  wofür  sich  diese  allerdings  sehr  bald 
auf  ihrem  Weitermarsche  an  der  Stadt  Mähr.-Neustadt  räch- 
ten. *  In  diesen  KUmpfen  erwarb  sich  auch  die  Stadt  Olmüti 
die  besondere  königliche  Gnade  und  erhielt  am  20.  Mai  1422 
f\\r  die  ,willigen  und  getreuen  Dienste',  die  sie  ,wider  die  Wic- 
leffe  und  ketzer  mit  grossen  kosten  und  arbeithen  gethan  und 
beweiset  haben',  das  Münzrecht  in  demselben  Masse,  wie  es 
Brünn  schon  besass.' 

Ueber  den  Fortgang  der  Ereignisse  sind  wir  sehr  mangel- 
haft unterrichtet.  Die  Quellen  schweigen  von  weiteren  Kämpfen, 
und  könnten  wir  einem  aus  weiter  Feme,  vom  päpstlichen 
Stuhle,  kommenden  Zeugnisse  voll  vertrauen,  so  mUssten  wir 
mit  Papst  Martin  sagen,  dass  um  diese  Zeit  ,fast  die  ganze  Mark- 
grafschaft Mahren  gerettet  und  geheilt  war';'  doch  werden 
dorthin  wohl  vorzüglich  nur  die  Siege  eines  Herzogs  Albrecht 
und  eines  Bischofs  Johann,  deren  ja  gewiss  in  den  Jahren  1421 
und  1422  viele  zu  verzeichnen  waren,  gemeldet  worden  sein. 
Aber  die  Ruhe  war  im  Lande  noch  nicht  hergestellt.  Schon 
im  Frühjahre  des  Jahres  1422  bot  sich  für  die  mährischen 
ITusiten  Gelegenheit,  abermals  den  Eid  des  Gehorsams  gegen  den 
König  Sigmund  und  die  katholische  Kirche,  den  sie  allerdings 
nicht  aus  freien  Stücken  geleistet  hatten,  zu  brechen,  indem  Prinx 
Sigmund  Korybut  es  nicht  unterlassen  hatte,  seine  Heilsbotschaft 
auch  den  Milhrem  zu  verkünden  und  sie  zum  Abfalle  vom 
Luxemburger  und  Habsburger  zu  reizen.*  Er  hatte  die  Stände 
und  Städte  Ende  Mai  geladen,  ihre  Boten  für  den  7.  Juni  zu  ihm 
zu  schicken  und  dieselben  mit  voller  Gewalt  auszustatten,  mit 
ihm  zu  verhandeln.  Die  Znaimcr  —  von  ihnen  allein  wissen  wir 


'  Vgl.  darüber  Palacky,  Geschichte  Uübmens,  Bd.  3,  Abth.  2,  S.  302  ff. 
und  Ajchbach,  Bd.  3,  8.  164. 

*  Viditnirte  Copie  im  OlniUtzer  Stadtarchiv. 

'  ,nan],  «icut  audiviraun,  tiouuulla  oppida  vi  capta,  quaedam  metu  dedita 
aut  voluntate  Huut  et  fere  totus  Moraviae  marchionatus  reductus  atque 
HanatUR  est,'  schreibt  Papst  Martin  V.  in  einem  Briefe  an  K.  Sigmund  wahr- 
wheinlich  im  Frühjahre  1422  (Reirhstagsacton,  Bd.  8,  S.  119,  Nr.  106). 

*  Genanoro  Nachrichten,  als  bisher  bekannt  waren,  erhalten  wir  aus  der  all 
Beil.  XILI  abgedruckten  Autwort  der  Zn&imer  au  den  Prinzen. 


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301 


es  —  bef^ngteir  allso^eicli  den  Herzog  Albfeeht,  der  in  un- 
mittelbarer NUie  geweilt  haben  muas,  da  die  Boten  noch  an 
demsdlbenTage  nach  Znaim  aarttdkkehren  konnten,  und  sandten 
schon  am  2.  Jnni  ihre  höfliche,  aber  entschiedene  Antwort 
nach  Prag  an  Prinz  Korybut.  Sie  stellten  ihm  vor,  wie  sie 
nach  König  Wenzels  Tode  Sigmund  als  dem  Erben  und  böh- 
mischen Kt'inic^  r^cschworen  und  fj^elmldifXt  liHttcn;  das8  ihre 
Stadt  samiiit  anderen  nachmals  mit  der  Hand  ElisabctK^,  <lrr 
Tocliter  des  Königs,  dem  österreiehisclicu  Herzog  versclui«  i>eii 
und  übergeben  worden  sei,  der  glciclifalls  ihren  Treueid  habe. 
Daher  gcbtlhre  es  ihnen  nicht  und  stünde  ihnen  nicht  wohl 
an,  jemand^  Alleren  denn  dem  Herzoge  Albredit  gehorsam 
m  sein.  Indem  sie  ihr  Bedauern  aassprechen  Uber  die  der 
Ehre  und  dem  Nutaen  der  iJLnder  Bdhmen  und  Hihren  ab- 
tittglichen  Zustände,  betheuem  sie  ihre  Unschuld,  und  dass  sie 
sich  stets  nach  der  Ordnung  Qottes  und  den  Gesetzen  der 
heiligen  Christenheit  gehalten  haben  und  bis  an  ihr  £nde  darin 
SU  bleiben  ofedilchten.  * 

In  iilinliehem  Sinne  werden  ^^ewiss  audi  andere  Stilrlte  und 
Adciii^^e  f^eaiitwortüt  haben,  aber  da»»  der  Aulrid'  nicht  überall 
in  Mähreu  tauben  Ohren  begegnete,  dafür  sprieht  wohl,  dass 
KQnig  Sigmund  noch  im  Juli  des  Jahres  1422  dem  Landes- 
hauptmann Peter  von  Kravaf  er  war  sdt  dem  6.  Mai  die- 
ses Jahres  wieder  im  Besitze  dieser  Würde*  —  Befehl  gab, 
gegen  die  Widersacher  im  Lande  mit  aller  Strenge  yorsu- 
gehen.  ^  Qenauere  Nachrichten  fehlen  uns  aber. 

Wir  wenden  uns  von  den  kri^ertscben  Ereignissen  zu  den 
diplomatischen  Verhandlungen,  die  nun  zum  letzten  Stadium, 
zur  Abtretung  Mährens  an  Herznjr  Albrreht  flihrten.  Denn  weit 
früher,  als  man  bisher  annahjn.  schon  ^'<  f,'eu  En<h"  «b's  .lalires 
1422,  also  bald  nach  der  Erlangung  der  Statthalterschaft,  wurden 
dieselben  in  vollstem  Ernste  eingeleitet. 


*  ZnAimer  Losungsbuch,  Fol  \iK  /.um  T  JMnadmus  nd  graciusissimuni 

dominiuii  nftfitruni  ilucein  Ausfri»;  jinidt  ntcs  viroa  Paulnm  de  J^oli.itaw  et 
Miciuüi«ileui  Fniicjcir  nustrua  coiictv«!«  et  coriiiiratos  in  certU  anliu.>«  causU 
. . .  qni  eidem  die  wwmanat  . . .  Ilem  dirazimaa  nnncinm  Mixonem 
Vr$fun  ema  raif«iiK»  ad  prine^tan  Si^ammidtitii  . .  .* 

■  Archiv  fM,  Bd.  t,  8.  494.  Nr.  S24. 

'  S.  B«il.  XIV. 


:502 


Anfangs  November  1422  wi;iUc  König  Sigmund  litngeif 
Zeit  in  Wien  l)ei  seinem  Sehwiegersohne:  *  im  Deccmbcr  war 
wieder  Herzog  Albrecht  beim  Könige.*  liei  diesen  Zusammen- 
künften wurden  wobl  jene  eigenthUmliehcn  Vereinbarungen  ge- 
troffen, deren  Kenntni&s  wir  finer  bisher  unbekannten,  blos  tU 
Conecpt  in  das  Rcgistraturbueh  des  Königs  eingetragenen  Ur- 
kunde vom  n.  Februar  verdanken,  die  dort  bezeichnet 
ist  als  ,<b)nacio  marehionatus  Monivie  Alberto  duci  Au^tric'.' 
Der  Plan  also,  der  erst  im  Herbste  dieses  Jahres  zur  Ausfiih- 
rung  kam.  bestand  thatsiichlieli  sehon  drei  Viortrijahre  zuvor, 
und  zwar  in  ganz  d<'rf<ell)en  Form,  mit  fast  den  nitmliehcn  Be- 
«lingung<'n  bis  auf  einen   rinzigen  Vertragsartikel,  der  aber 
alh-rdings  von  höchster  IJcdcutimg  war.   Von  der  Vergabung 
der  Markgrafschafl  sollten  niimlieh  nach  dem  ursprllnglichen 
Projecte  eine  .Anzahl  Schlösser  imd  Herrschaften,  die  an  der 
ungarischen  (»renzc  lagen  und  die  der  König  gekauft  hatte, 
ausgeschlossen    bleiben,    l-ls  sind   dies:  Ung.-Hradisch,  Ung.- 
Brod,  die  Schlö.sser  Wessels,  Göding,  Bisenz,  Buchlau,  Strilek. 
Orlovic,    Cimburg  mit   ihren   Zugehörungen.     Wegen  dieser 
Schlösser,  Festen  und  Städte,  die  sieh  d«'r  König  vorbehäilt. 
weist  er  die  Grenze  Muhrens  derart  aus:  die  Hecwa  bis  zum 
Einflüsse  in  «lie  March,  und  auf  dem  anderen  Ufer  der  March 
gegen  Brünn  hin  die  Hanna  von  ihrem  Ursprünge  (houpt)  bi> 
zur  Mündung.  Die  weitere  Grenzb4!»tiramung  gegen  Oesterreich 
hin  bleibt  spätc;rem  Ucbereinkommcn  vorbehalten.    ^Venn  der 
König,  SU  wird  in  dieser  Urkunde  bestimmt,  ohne  mJlnnliche 
Leibeserben  stirbt,  so  sollen  diese  Schlösser,  Festen  und  Stiidte 
mit  ihren  Zugeh<;rungen  an  Albreclit  und  Elisabeth  fallen  mit 
jenen  (jiniizeii  zwischen  Ungarn  und  Mähren,   ,als  das  von 
alter  herkomen  ist*.    Daraus  ergibt  sich  denn  doch  wohl  als 
Schlusstolgerung  e  contrario  dieses:  In  dem  Falle,  dass  Köni^ 
Sigmund  Söhne  hinterlilsst,  welche  ihm  in  Ungarn  folgen  um! 
das  an  Herzog  Albrccht  verpHlndi-le  und  verliehene  Mühnni 
wieder  einziehen  —  dieses  Hecht  der  Kückeinlösung  behält  der 
König  sowohl  sich  als  seinen  mUnnlichcn  Erben  in  allen  Wer- 


»  Vjil.  Friew,  .S.  24. 

•  Vgl  r.-il.irky,  UrkniMll.  Beitr,  IM.  1,  S.  278.  Nr.  2l>3:  .clor  RnmUcli  kanip, 
hi'v  «Ifiii  wir  yvti  UL'wlicli  sein  gtiweaeii'. 

•  8.  Beil.  XV, 


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803 


tiSgen  Tor  —  in  dem  Faüe  also,  daBS  Ungani,  Böhmen  und 
Mäliren  wiedernm  in  der  Hand  eines  Luxemburgers  vereinigt 

wärfii  tvften  die  neuen  Grenzen  in  Kraft,  und  ein  groaaes 
Stäck  des  Landes  Muliren  wUrdc  dann  Ungarn  einverleibt. 

Sigmund  vprfoirrte  damit  wohl  haupts.'U'hlich  den  Zweck, 
aus  diesem  an  Ungarn  gr<  nzniden  Gebiete  das  ilusitciitltum 
durch  Kntn?itionnlisining  niiszurotten.    Aber  diese  Grcnzrcf^di- 
rung  war  denn  docii  zu  gewaltsam,  als  dass  sie  hiltte  zui"  ^Vus- 
fiihruug  kommen  können.  Wenn  nicht  Herzog  Albrecht,  so 
mn&sten  sich  ihr  die  mährischen  Landherren  auf  das  Entschie» 
denste  widersetzen.  Dieser  eine  Funkt  hat  gewiss  -viel  dazu 
beigetragen,  dass  der  Vertrag  in  dieser  Form  nicht  au  Stande 
kommen  konnte.  Dass  aber  vorliluiig  jede  Vereinbarung  zwi- 
schen Sigmund  und  Albrecht  aufgeschoben  wurde,  hat  noch 
ander©  Gründe.  Zu  günstig  erschien  gcra<h'  um  diese  Zeit  für 
Sigmund   die    Lajr*'.    utn    sich    nicht   den    Forderun^fii  des 
.Schwiegersi<ihnf's  zu  ciit/ii-licn,  dessen  Aussiciiteu  nur  dann  i^ut 
standen,   wnin  Si^nimnd,  von  allen  Seiten  verlas.-rn,  sidi  ünu 
noihgi'druugea  zuwenden  musste.    Das  letzte  Abkominen  mit 
Herzog  Albrecht  war  an  der  Wonde  der  Jahre  1422  und 
1423  in  einer  Zeit  getroffen  worden,  da  die  Anseht,  sich  mit 
Polen  auf  die  Dauer  yertragen  an  k^Jnnen,  vollkommen  ge- 
whwunden  erschien.  Sigmund  seiher  war  es,  der  aum  Kriege 
mit  den  Polen  drängte,  deren  Fürsten  er  nicht  nur  des  Einver- 
ständnisses mit  den  Husiten  beschuldigte,  sondern  der(;n  go- 
lipinier  Unterstützung  er  die  plötzlich  am  Beginne  des  Jahres 
1423  für  ihn  sieh  erhebende  'riirk<*n<j:'>f!>}ir  ztisehricb. ' 

Am  letzten  Januar  —  also  wfni;:r  läge,  bevor  die  Ur- 
kunde für  Albrecht  wenigstens  im  Cuiu  riif  tertiggestellt  wurde 
—  kam  der  grosse  Jiund  gegen  Polen  zum  Abschlüsse,  der 
luchts  weniger  als  eine  Theilung  Polens  anstrebte.'  Da  leckte 
der  polnische  KOnig  Wladislaus  ein,  und  je  inniger  von  nun 
sn  das  persönliche  Verhältniss  zwischen  den  beiden  Königen 
^nirde,  das  seinen  Gipfelpunkt  in  der  Fttrstenxusammenkunft 
zu  Käsmark  und  Leutschau  im  Mära  und  April  1423  hatte, 
*ltsto  geduldiger  musste  Albrccht  werden.  Unmittelbar  nach- 
<ieQi  Sigmund  mit  Wladislaus  den  gemeinsamen  Feldzug  gegen 


*  Vgl.  Griiiib.igeii,  Die  Hntiteiikliiipfe  der  Schleaier,  B.  74. 
'  A. «.  0.,  A.  75  ff. 


304 


die  Hnriten  iMBcUossen  hatte,  nocli  im  April,  schrieb  «r  an 
Heraog  Albrecht,  theilte  ihm  diese  Thatsache  mit  und  forderte 
ihn  zur  Mithilfe  auf.  Der  Brief  Iftsst  erkennen,  dass  sich  Sig- 
mund Albrecht  gegenüber  als  Schuldner  fUhlte  und  die  bis- 
herigen Vertrt)stting^en  wenigstens  durch  eine  neue  Versprechung 
ersetzen  zu  müssen  filaubtc.  ,Von  wegen  Mähren/  fügl  der 
König  seiner  Mahnuug  au  Albrecht  hinzu,  .wisse,  lieber  Soba, 
(lass  wir  .  .  .  baldig  Botächaft  an  Dich  senden  und  meinen, 
auch  nächstens  selber  in  Preseburg  zu  sein'.  ^  Es  war  eine  Aus- 
flucht; Sigmand  hatte  bloe  das  Interesse,  die  Angelegenheit  hin- 
Buziehen.  Gleichwohl  sagte  Heraog  Albrecht  seine  TheOnahme 
am  Zage  gegen  Böhmen  in;  denn  der  KOnig  nennt  ihn  foit 
an  stets  unter  denen,  die  ihm  ihre  Unterstützung  versprochci 
haben.  Aber  der  Feldzug  kam  nicht  zu  Stande,  und  allmälilicfa 
sehwand  auch  jede  Aussicht,  die  Polen  zur  Einhaltung  ihres 
Wortes  zu  vernir)gen.  Der  Ausmarsch,  zuerst  auf  den  24.  Juni 
aufgesetzt,  wurde  bald  um  einen  Monat  verschoben,  aber  nwh 
im  Juli  regte  sich  nichts,  und  selbst  das  Erscheinen  des  päpsi- 
liehen  Legaten  am  ungarischen  Hofe  bewirkte  keine  Beschleu- 
nigung. Ea  herrschte  eine  aUseitige  Missstimmung  und  vor 
Allem  eine  Spannung  awischen  dem  Könige  nnd  den  dentBches 
Korftrsten.  Auch  an  die  Ordnung  der  mflhrischen  VerhJlltnitBe 
wurde  nicht  weiter  gedacht.  Es  bedurfte  erst  abermaliger 
grosser  UnglUcksfidle  in  diesem  Lande,  die  wir  in  ihrer  gan- 
zen Gbüsse  noch  gar  nicht  kennen,  des  Verlustes  der  Stadt 
Frerau  und  des  Schlosses  Kvasic  an  die  Husiten  im  Sommer 
1423,  der  iifu  ii  lan^ren  blutigen  Kämpfen  erfolgen  Einnahme 
der  bischötiielieu  Stadt  Kremsier;  es  musste  erst  die  Botschaft 
an  den  König  gelaufen,  dass  nun  wirklich  Äiika  .in  Mlihren 
eingefallen  sei,'  Sigmund  musste  erst  die  vollkommene  Gewi»«»- 
heit  erlangen,  dass  ihn  Polen  im  Stiche  gelassen  habe,  und  dass 
sein  längeres  Zögern  im  Beiche  und  beim  Papste  die  Stimmung 


'  Tgl.  Palackr,  UrkttBdl.  B«itr.,  fid.  1,  fl.  S89. 

'  Wenn  ich  luer  schneller  all  vorher  aber  die  kriegeiiwhen  ErdgalMO  Intt* 

weppphf»,  so  pnsrhifht  »lies  natflrlich  hlos  aus  dem  Ornndp.  wei!  bis  nun 
die  Quollen  fehlen,  tun  ,hiu  h  uur  irgend  etwas  mehr  sa^n  su  kOonen, 
WM  siebt  aebeo  Palacky  vor  bald  ^intm  halben  Jahrhuidert  niedt^ 
geeehrieben  bat  Jkua  sieh  aber  MMhiichteo  noch  weidmi  fladea  hmn, 

die  uns  auch  das  Dunkel  dickes  für  MShren  ftirchtbftrsten  Lt?iden!>ja1ir« 
wiiireud  der  Uuntenawit  lüfton  werden,  daran  mag  ich  nicht  ven(weifelu< 


d  by  Googl 


300 


gegen  ihn  wende,  um  endlich  zum  Knfscliliisso  zu  koiniiieii, 
den  l&ng^t  vereinbarten  V^ertraf:  iiiii  All»i<  rlit  zu  vollzit-hfii. 

Mitte  September  weilte  der  llcrzoj;  l»<'i  Si;rinuiiil  iiuf  drr 
Blindenburg  und  sollte  sich  mit  iluii  von  <lii  naoli  <  H'^tx  lic^'t'beii, 
wo  der  päpstliche  Legat  und  nivhri:iv  (icsinultsriiartt-ii  «Ics 
Königs  harrten. ' 

Am  1.  October  1423  wurd«  dir  «Mp  iillirlic  l'i  licr;ral»s- 
oder  Schenkungsurkunde  König  Sigmunds  für  II»  r/.oi;  Albp-dit 
und  dessen  Gemahlin  Elisabeth  atis«^^»'str|lt.  Si^-  ist  uns  uirht 
im  (hnginale,  sondern  als  Eintragung  iiu  Kfgistriitiirlitu-li<"  «t- 
Kalten.*  Vom  3.  ist  die  OriginaiausiVrtigung  des  UcV(Mx->  Al- 
brechts und  Elisabeths  datirt  utid  vom  4.  .-i-hlii>s>li<  li  ilif  |{«v 
lehnungsnrkundc  des  böhmischen  und  di«-  Uf»liiti;rung>urkunile 
des  römischen  Königs.'  Es  gcnilgl,  den  Inhalt  iI<t  c-rstjrcnann- 
ten  Urkunde  wie«lerzugeben : 

1.  König  Sigmund  übergibt  scin*>m  Sfhwifgcrsuhiif.  ll«r- 
Albrecht  von  Oesterreich,  nrid  mmiht  'l'orliti-r  Klzlu  th.  Al- 
brechts Gemahlin,  sowie  deren  Lcilx'scrlK'n  da«  Land,  das 
Filrstenthum  und  die  Markgratsdiatt  Miilin-u  mit  alim  ihren 
Zugehörungen  und  Rechten,  wie  dies  vormals  ilir  Markgrafi-n 
von  Mähren  innegehabt  und  besessen  haln-n. 

2.  Von  der  Zugehörigkeit  zu  Miihren  bleiln-n  ausL,'i  uommen 
der  Bischof  von  Olmütz  und  der  Herzog  \nn  'rt">|t|iau  utnl  deren 
Nachfolger,  die  der  Krone  BöhmeTi  unmittelliar  unterstehen, 
doch  werden  sie  und  ihre  Erben  vei|iHieliti  t.  di  iu  Mark;:rafin 
ihre  Stimme  bei  der  Wahl  zum  K<inige  von  ISiihmeti  zu  p  luMi, 
falls  Sigmund,  ohne  Söhne  zu  hinterlassen,  sterben  sollte. 

3.  König  Sigmund  behillt  sii-h  und  etwaigen  inilnnlichen 
Krben  das  Recht  vor,  das  Laixl  wieiler  zui  i'iekti<  liiuen  oder 
für  so  lange,  als  Albrccht  nicht  alle  zur  Nothdurft  des  Landes 
»iisgelcgten  Summen  zurückerhalten  hat.  in  ein  blosse?.  I'land 
leben  umwandeln  zu  dürfen. 

4.  Völlig  ausgenommen  von  dies«'n  Redingun;.'en  bleibt  die 
Verschreibung  der  Scldüsser  Iglau.  Ziiaim.  .laninitz  uinl  l'olir- 
litz,  die  unverändert  in  Kraft  bieiiit. 

'  Vpl.  88.  rer.  Sil«.,  Bd.  6,  8.  33,  Nr.  .^:». 

•  8.  Beil.  XVL 

*  B«z1](r|ich  der  drei  letzten  L'rkuiidoii  vjjt.  I,ii-lin<iw>ky,  Itil.  f»,  Kvg. 
Nr.  :2146 — 2148;  die  boiJen  Ietzt<-ii.  It<'|i'liiiiiii;r  *ui>l  |!cst.Sti;;iiii),>  vi>iii 
Ksnig,  fiuden  lucli  auch  im  Kegi»tr.'itiirlMii'|i  ,1t',  Fol  7  mni  <'. 


I 

I 

'     I  306 

.  1 

j     J  5.  Stirbt  Albrccht  vor  Elisabetli  ohne  Hinterlassung  von 

'     I  Erben,  so  bleibt  das  Land  der  Witwe  ftlr  die  Zeit  ihres  Lebens 

und  fiUlt  darnaeh  an  Sigmund  oder  seine  nächsten  Erben. 

6.  Stirbt  Elisabetb  frUher,  ohne  ilim  Kinder  liintorlassen 
zu  liaben,  so  behiilt  Albrec-ht  das  Land  und  kann  es  auch  an 
seine  Kin<ler  zweiter  Ehe  vererben;  beim  früheren  Aussterb'n 
der  habsbur^^rischen  Linie  Hillt  das  Land  an  Sigmund  und  seine 
Nachkommen  zurück. 

7.  Die  alten  Freiheiten  der  Einwohner  des  Landes  und 
der  freie  Verkehr  mit  Ungarn  sollen  gewahrt  werden. 

8.  Das  Keeht  der  Einlösung  von  Schliissern  und  Gütern 
behiilt  der  König  sich  und  seinen  Erben  vor. 

Bis  hicher  stimmt  die  Urkunde  würtJieb  mit  dem  Concept 
vom  Februar  Uberein.  Der  letzte  (^9.)  I'unkt  aber  lautet  dahin, 
dass  sich  der  König  filr  sieh  un<l  seine  etwaigen  Söhne  die  zwei 
milhrisehen  Schlösser  Brumow  und  Swetlow  mit  allen  Zuge- 
hürungon  als  königliches  Eigenthum  vorbehillt.  —  Das  war  von 
jener  langen  Liste  im  Februarvertrage  zurUckgebliebtm ;  von 
einer  (Jlrenzausweisung  ist  aber  nirgend  mehr  die  Kcde. 

Herzog  Albreelit  hatte  endlieh  sein  Ziel  erreicht.  Welche 
Wirkung  die  Uebertragung  i^lulirens  an  einen  eifrigen  katholi- 
schen Fürsten  für  den  Fortgang  des  Husitenkrieges  hatte,  llisst 
sich  in  seiner  Tragweite  kaum  noch  bcurthcilen. 

Palacky  sieht  in  diesem  Ereignisse  geradezu  die  Ursaicbe, 
.  weslialb  die  auf  dem  grossen  l'rager  sogenannten  St.  (iallusland 

t  tage  des  Jahres  1423  versuchte  Anniiherung  der  Utraquisten 

I  an  König  Sigmund  so  schnell  wieder  in  Brüche  ging.  Obwohl 

I  «1er  König  das  verlangte  sichere  C>eleite  zu  einer  am  Neujahrs- 

I  oder  Lichtmesstage  des  Jahres  1434  in  Brünn  abzuhaltenden 

,Dis]iutation'  zu  ertheilen  gewillt  war,  entschieden  sich  die 
Prager  schliesslicli,  di(>Hen  Tag  nicht  zu  beschicken.  ,Die  dro- 
hende deutsche  Heri-schaft,'  sagt  Palaeky,  ,<lrjlngte  wohl  Man- 
chen in  die  Opposition  gegen  Sigmund,  der  sich  sonst  mit  ihm 
in  kirchlicher  Hinsicht  \'ielleicht  gerne  verglichen  hiitte."  Es 
I  wird  sich  diese  Annahme  wohl  kaum  thaU^Jlchlich  erwci«'n 

I  lassen.  Nur  auf  Siute  König  Sigmunds  herrschte  in  dieser  Zeit 

'  die  Sehnsucht  nach  Frieden  mit  den  Böhmen  vor.  Der  Pre8b>"ter 

.         .  .        .  ' 

I    '  Andreas  von  Regensburg,  ein  gleichzeitiger  Chronist,  gibt  als 


•  G«Kchichto  Ton  Böhmen,  Bd.  3.  Abth.  2,  8.  344/5. 


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307 


Grand  des  Millingens  an,  die  Hnaiten  hAtten  anter  Anderem 
den  Vondte  bei  den  VerhancUnngen  in  Brttnn  gefordert,  — 
eine  für  den  König  an«nnebmb«re  Bedingung.^ 

Der  Krieg  in  Milhrcn  spielte  sich  in  den  folgenden  Jah> 
Ten  mit  wochselndcin  GlUcke  ab.  Für  Herzog  Albrecht  war  es 
f\n  gllnstigcr  Zufall,  das»  2i2k;i,  eben  als  er  mit  aller  Macht 
im  Herbste  des  Jahres  1424  Mähren  anErrciffn  wollte,  an  der 
♦  trenzo,  noch  auf  böhmischem  Bodeji,  zu  Pri bislau,  am  11.  Oc- 
tubcr  eiuer  pestartigen  Krankheit  erhig.   Sein  Heer  zo«r  aller 
dings  nach  Mähren,  eroberte  und  verwüstete  Stildte  und  Kltistcr, 
doch  glich  Albrecht  diesmal  sowohl  wie  spaterbin  das  Ueber- 
gewicht  der  Husiten  in  Mähren  theilweise  wieder  aus.  Und 
wenn  aueh  der  fisterreiehiache  Heraog  im  October  des  Jahres 
U2G  bei  Lundenburg  2i2ka's  Nachfolger,  dem  Oberfeldberm 
Prokop  Holy,  im  Felde  weichen  musste,  wenn  <!r  auch  in  den 
folgenden  Jahren  sogar  in  Oesterreich  die  Alacht  des  husiti- 
schen  nr-orcs  nnt^r  diescin  AntTihrer  schwer  zu  fühirn  brkam, 
so  mas$  doch  auch  ilcr  talxM'iiische  Feldherr  in  diesen  Kämpfen 
den  Her/.o-  Albrecht,  der  sich  Rein«m  KroberungszUgen  in  Mäh- 
ren und  Oesterreich  stets  tapfer  entgegenstellte,  als  Gegner 
schätzen  gelernt  haben;  denn  nur  der  Unmuth  spricht  aus  den 
Worten,  die  Prokop  H0I7  mit  Beziehung  auf  Ueraog  Albrecht 
auf  dein  Egerer  Tage  im  Jahre  1431  ausspricht:  ,Specialiter 
com  eo  treugas  non  habemns/ 


M . .  ipei  Hufwi.stno  inter  caetem  {trao^entiAtn  In  mdientinm  partintn  p«ti^ 
▼enmt,  uf,  .-i  |>arti\«  nort  possotit  convcniro,  qiKvd  tnnc  quidqiiiil  l>Amnes, 
(^uo8  ip.st  tiiltile»  regln  Üohouiiae  a|>^ellaliaait,  apiiroUareut,  osmt  appro- 
bttom;  quid  aateat  reprobarant»  «0Nt  reprobstnm.  In  quo,  aicat  decnit, 
non  fueniDt  auditi  . . (FoatM  rar.  Auatr,  SS.«  Bd.  6,  8.  438). 


BEILAGEN. 


I 

König  Wenzel  von  Böhmen  bestätigt  die  Rechte  und  Freiheiten 
der  Markgrnfschnft  Mähren,  insonders  die  drei  in$erirten  Privi- 
legien König  Johanns  von  Böhmen  aus  den  Jahren  1311,  1323 

und  1327. 

Trag,  1411,  Februar  16. 

Wenceslana  dei  gratia  Romanornm  rex  f^emper  angustiis  et  Boemi« 
rex  notificamas  t«nore  praesentium  univerHis:  toties  regia«  celsitndinis 
sc«ptrum  extollitur  ot  ipsiiis  Rtatus  solidins  roboratur,  quoties  derotorum 
et  fldflliutn  vota  benigno  re«piciuutur  afTectu  et  ad  ipsonini  iura,  libertat«s 
»ervandau  oc  commoditates  augcndas  gratiosus  et  pius  principis  auiinus 
invonitur.  Cum  cnim  omnis  gloria  Hive  potontia  principatuK  in  subditorom 
praecipue  consistat  Botidata,  fortunis  expediens  arbitramur  et  congninni. 
ut  simus  subiectis  et  praecipue,  qni  nobili  et  generosa  fnigent  iuHtitia  «i 
dignitatp,  faciles  et  ad  gratiani  liberalfs.  Noverit  igitnr  praesons  aetas  rt 
futuri  temporis  succi'u.siva  post^u-itas,  quod  vcuietites  nuper  ad  uostw 
maiestatis  pi-acsentiam  nobile»  I^ko  de  Krawarn,  magist^r  curiae  DOi>tne 
rpgali»,  Hanuiius  de  Lichtenst^in,  Wilheltnus  de  Pernstein,  Erbardn»  if 
Skal,  Erhardus  de  Cunstat,  lohannes  de  Lipnik,  Petrutt  de  Strainic  et  alii 
ceteri  nobiies  marcbionatus  MoraTiae  barones,  fideles  nostri  dilocti,  qni 
unacum  ceteris  eiusdem  marcbionatus  Moraviae  baronibus  et  aliis  tarn 
spirituaÜH  quam  doculari»  Status  ot  conditionis  incolis  nnirorsts  ad  do8, 
velut  regem  Boeniiae,  post  mortem  quondam  illustris  lodoci  marchionis 
Moraviae  etc.  principis,  patrui  nostri  carissimi  divae  memoria«  legitimi 
devoluti  existunt,  dum  colsitudini  nostrae,  veiuti  vom,  iustn  et  naturali 
eorum  domino,  suo  et  aliorum  omnium  praedicti  marcbionatus  MoniTiw> 
baronum  vice  et  nomine,  debita  fidoi  atquc  subiectionis  promissa  prafsta- 


309 


TVkt,  nobis  bumiliteretcnm  nutgiutprecuui  instantia  8upplicav«ruiit,  qu:i- 
tenas  jpsis  baronibns  eeterisqne  nobiUbas,  militibus,  clientiboa,  praelutis 
et  gencmliter  omni  cloro  rt  terricrenis  marcbionatns  Morariae  praedicti 
uniTti>a  f^ing^uliuiut'  iura,  juiviloffia,  litonis  et  libi-rtatos  n  Ai\\a  praede- 
cefeeoribub  uostiis  legibus  [{.u'iiiiae  et  inarchionibiis  Moraviai-  i't  pracpertim 
a  serenissimo  priacipe,  doiuino  loUaune  rege  Bütimiuo,  avo  uuhUo  chlib- 
äimo,  ipsis  concessa  et  couccssas  approbaie,  ratificare,  ianovai'e  et  con- 
ftnnara  de  nottne  benigvitetis  etementta  grationi»  ^^pmmm,  Qaomm 
privilegionim  et  literamm  tenores  praeeentibiu  sunt  inaerli  et  primi  qui- 
dem  tenor  aeqnitiir  per  mnnia  in  baee  Terba:  Noe  lohannea  dei  gratia  . . . 
(firtnn,  1811,  Juni  18,  a.  Cod.  di|d.  Mofav.,  B.  6,  8. 87,  Nr.  49).  Tenor 
ieeiuidi  priTÜegU  esttalis:  Nosloluuuies  dei  gratia Boemiae  . . .  (Braon, 
1323,  Aogaat  38,  B.  a.  0.  S.  175,  Nr.  284).  Tenor  vero  tertii  privilegU 
gequitar  et  mt  tnlis:  Nos  loliannes  dei  gratia  Ropmiae  .  .  .  (Brünn,  1327, 
Jan.  31,  a.  a.  O.  S.  250,  Nr.  323).  —  Nos  if,ntur  pcnsatis  attontp  multa- 
rum  virtutum  et  probitalis  luoritiB  necnon  imiefesHsie  lidei  übBequiorum 
puiitate,  quibus  pra^fati  nidiilcs,  baronts,  ntilites,  clientes,  praeiati,  clerus 
etterrigeuae  uaiveräi  marchiouatus  austri  Muraviae  a  nobis  etpraodeces- 
«Mribna  aoatris,  rogilniB  Beemiae  et  nnreblonibna  Morafiae  et  signanter  a 
praefoto  domino  lohanne  avo  nostre  eoneeua  et  oonoeaeas  cum  omnibn« 
■Bit  pnnetia,  claoaulia,  sententüa  et  articolis,  prent  de  verbo  ad  Terbnm 
eipreasantnr  snperins,  sieat  rite  et  Fatienabiliterpffoeenvnnt,  aninio  de- 
blerato,  sano  fideliom  nostrorum  accedente  consUio  et  de  certa  noetra 
idMitia  apptobavinraa,  ratificaTimna,  üinovavimaB  et  eonflrmaTtmnB,  ap- 
probamue.  ratificanius,  innovamus  et  yirtnte  praesentium  regia  anctori- 
tato  Bfi»;iniae  gratiosius  conftrmamns,  doc^rnentes  auctoritate  regia  prae- 
dicta  et  voleütes  expresse,  qiiod  praedicta  privilegia,  iura  et  literae  ipsonim 
ei  nunc  et  in  antea  poi  petuam  debeant  obtinere  roboris  flrmitateui  prae- 
sentium üub  legia^^  iioi^tiau  iuaie:>tati8  sigillo  teätimonio  literamm. 

Datum  Pragao,  anno  domini  MGCCCXI,  die  XVI.  mmsia  f^bnuudi, 
ngnonim  noftromm  anno  Beemiae  XLTIII,  Bomanomm  ftm  XXV. 

Nach  einer  Abschrift  in  der  Bo^ekVhen  äammluDg  im  mährischen 
ItfuhMidiiT  ans  einem  nicht  niher  beielehneten  Oodoz  dos  Pnger  Capltel* 
n^FoL38. 


aio 


Das  Ontcil  von  Cujisfauz  mahnt  die  Stadt  Olmütz  unttr  Bt- 
lobung  ihre«  bithirigm  Eif<  r»  zum  teetteren  Kampfs  gegen  dk 

llärttikvr. 

Conitaax,  141 G,  HXn  Vt. 

Sacroi«ancta  et  geiUfi-uLt»  ttynodiiH  Cunstaacicaäie  dilectis  Kcl««i« 
6Ii»  . . .  magirtro  ciTinn,  eoaMiUbiui  ot  Mmmiiinitati  civitatis  Olimtaem« 
ai»  Mlnten  et  dci  omnipotentiit  benritictioni'in. 

I.ctati  »iiiiiitiv  in  (pio  d»>  vol'is  fm|nt'iit«'i'  iiiiiliviiiiuH,  sfilift 
(|Ui»d  auibulatis  lu  st-iuitii«  iuslici«  ut  tidoi  oithtxioxe,  qut>Jiiu«)  ui  veri 
catitolici  non  pemiMtitb  neo  pormittitiB  tob  Beduei  ii  compticibi»  «i 
8«ctatoriliiis  flaninate  memorie  loluuiiiis  Huaa  dam  vlxit  ««lenitissimi  M 
in  npfitihsiuiis  lu-ivsmii  fDUH-iifi''  i'pr'lipnsi  |i:irit*ir  vi  coiividi.  ']ni  'riifs- 
(liiiii  orriircs  wntra  poritatem  'i\m\xA  UJei  augvlu  ienebraruu  prvcuntnte, 
per  (luundam  lobannflin  Wideff  d  avndrai  lobKHmiB  Huaa  hereBlardM 
damoabilitor  editoa  sfta  va.  mediain  d«  calieo  BsbiloniB  «ducios  ac  dudam 
cciaiii  \>ov  (>cclcsiam  et  do  novn  in  piTHcnti  siuto  conrilio  siiinmis  inkr- 
veni<'iitibus  rmiH  «t  laluMihns  ac  iustf  snnctc  j(>i»r»l>ati>s,  k-mpörilms 
IflliK  in  tfguu  Buuiuiii  ot  Uli  cimtiguu  luurchiuuatu  Moraviu,  du  quibm  per 
prins  Ifltabnnd«  dicer«  potnit  «edesi«  CJittsU  itiiiv«r«taa:  natiiB  in  Boeaii» 
et  Moraria  Jens,  niiniuin  periculoH«,  ut  animii«  Christi  fidoliuiii  ot  simpli- 
ciuui  illiiqucaroiit,  dumuubiliti'r  asson-ro  a^iio  dojpmatizare  ociam  |tnWirt' 
in  coutuoKsliam  uostri  creaturiii  prui>uiupticruut  et  ipsi  euniiidum  lübauui« 
Wideff  et  lobannia  Hubs  BsqanceB  adbuc  pTesnmaiit;  sptetisiin«  sau 
dadrine  atndiia  et  tradiciuiiibut>  tsiuctonun  pakoni  contemptiH  aJ  ipso- 
rnm  sp<[ii»riiim  et  iniilti  nnii  alinnim  ipsi.s  cri'dwaciuiu  et  faveiiciuTB 
daiupiiacionein  auiniaruiii  ud  vauitate»  et  insjuiia«  falsas  converst,  et 
«vaoeptia  da  maiiu  nthana  eirernm  pocnlia  de  Ulie^nedain  m  ipaos  isM- 
citer  impkTOrunt,  sed  qaod  anpliii»  dot«^standiini  o»t  in  plurv»  minai 
providos  seil  iiiran*  ■!>  iitrinsqiio  soxns  lioinin>'S.  vi-i.  Iii  .'t  nobiles  et  plfboos 
iu  prefttUs  J'v^uo  et  luarctüoiuitu  dogeutes,  pubüci»  pruclaiuacioiiibtts 
haiuBmodi  arroinm  auoram  poenla  iBfefidaa  Infcndera,  quibiu  illoB  eeias 
inebriara  non  Terentor;  per  qne  staitia,  rilus  et  oido  «edeaiastid  per 
sjinctos  palrcs  spiritu  sancto  afllatos  pn»  tcmporum  variotatc  ot  utilitat^ 
iidolium  duduiu  laudabilitor  iutroducti  et  por  ipsam  ecclesiaui  approbali 
Doa  sulum  prupbauautur,  eod  et  tutuui  Duätro  Udoi  docu»  por  eus  in  illu- 
BioBem  et  ridicalam  Yertitvr  acmdaloBe. 

IIoc  ita^jiio  <liscrociouibu8  TMtria,  filii  carisi^iiiii.  qtios  oninium  raris- 
matum  lai]ptore  impartiente  domino  tu  dei  et  miliUmtis  ecdesie  diieccion« 


311 


■tqu«  iilM'Jitincia  sti|ijit<)s  atquu  fiTvidon  eiu^Jfin  fidei  e.vit-tcr«  zelatuit-s 
»[ifiti^oiniis  instructi  »h  h<-c  '  xcniplis  quam  j>luribii8  lamlabilibiis  j)r«>ütfl- 
ornr,  ad  bunc  effectum  siguificaada  deerevtmu«,  ut  ad  viiplautiorem  cir- 
cniiipeccioiiis  e«iit«bun  a  v«ii«0cis  Iwreticomm  pnflitonim  tos  reddunm 
aflhtibiifl  prent  conTenit  premnmtos  et  ad  oODsnigendiini  mana  valida  in 
a-iintiriom  sppodicto  fidei  orthodoxe  coutra  pseudodoctoies  et  heresum 
bKin^moidi  secfcitorcs  pfistif«ro.s  oorumque  defiinHoros  et  recoptator«»  uua 
twbiscnm  zelo  fortitudiuie  C'\ciU«mus.  Nos  enim  tuutas  dci  et  ecciflsio  flne 
koinsmodi  luiiiHas  diwimotue  p«r  amplitw  nolumiu  nequ«  debemna,  sed 
aniinicTi];uit>'  n  >l'i>  sopwna  gnicia  ut  !<]>9nMnu8  capita  iiiipioniin  scilicet 
••r.rnti  leiu  sectat  lum  ad  pptrniu  alidoie  curabimus.  Kt  prupU-ipa  fcclesia- 
?taü  vibraU)  iain  per  iws  niucrouo  coutra  büjcticu»  et  ip)>oruii]  fauUircs, 
rac«ptatoreB  etdefenBorMtaniaBmodi  mcnndum  caDonicas  Ranceiones  daii- 
mii!)  prucodundum  et  prout  eoniiii  ri'bellio  et  pertinacia  *'X('<rmt  in  nomine 
l'inini  fciam  prout  sui  l  't  mi»  procodomn?,  |niid<  nriain  voslrain  p»^r 
vi^cera  mij>«M-icordie  düuiiiii  uottth  IoüU  Chr)!<ti  et  per  atip<ii't»iuufiu  prticiusi 
nngniais  ip.<iiiis  parittr  obtecrantM,  nqntrontM  «t  exhortantc«  tn  dsmüio 
ntin  rea  agitar,  quatonus  in  7.oli  n-ctitudino  et  i\<Wi  pnrit^it«  huiiisinmii, 
{•ntut  const!uit»«r  incepistis,  pf  i  si^tcnt.'s  lau  hbilitor  sie  curratis  in  stadio, 
at  promiesaia  fidiliter  operautibuti  et  coi  bntibuB  coronaiu  ab  ipiH)  dvtuino 
etaprahend«!'«  valestifl,  mnnea  Irainamodi  psMidodfletMm  et  Bectatwei  eo- 
nm,  quo«  in  veetn«  Umitibae  rep^rire  contigerit,  ut  ovea  mmbidae,  ne 
tTi'a^eni  dominiritm  illic  Hiiis  piavis  et  falsis  dopinatibus  iiiliciant,  ]>•  uitu« 
M[i«l)<'nd>) ,  nnllnni  pn-boiitHS  liuiu^inodi  jx^stifoiis  hoininibiis  auditiiiii, 
miliiun,  coiihiliuui  vei  favorüin,  svd  uua  nobiiscuui  ad  üuruui  pur^^ecuciu- 
un  atqae  eztensiDtnia  ad  dei  ploriam  virilitcr  aasatgatis  et  ad  illad 
l'fni  ^t  operniii  efBcaces  qu&ntinn  v  >M<  fuftit  poagibile  impeudentcs,  ut 
l'Mi-r  Halutis  promium,  qnt»d  ieidf  robis  i  d'  miin>  annn<'iit"  ]ii'rv<'tiift, 
it  vestri»  ob«diencia  et  ztdi  i'««titudine  humsiiuidi  ociani  a  nobis  «t  tutvno 
Mmmo  pentifloe  posaitia  merito  eemmendari. 

Datum  Constanei«  Tl.  kaL  aprilis,  anno  «t  nativitate  domini  mOt*- 
imo  quadringantennio  sento  decinidi>  apostolica  Bede  vacante. 

Baeeianns. 

G.  de  Perasio. 

DUecti»  eceleaift  fliiie  . . .  ina|p«tro  dvinui  oonsuUbus  ei  eominnni- 
Mi  cintitiB  Olomnoenait. 

Ulkr,  Leiutoiretoy,  Cod.  MS,  p.  971  (minier  gut  «ad  obn»  die  Uiiitar> 
iAiiAee  nad  Admie  aoob  p. 


312 


IIU. 

Die  Canoniker  de»  OlmUtzer  Bisthums  vmi  der  Partei  de*  Bitchofi 
Johann  von  Leitomischl  klagen  beim  Concil  von  Constauz  unter 
genauer  Darlegung  der  Zustände  in  der  DiöceJte  und  der  Vor- 
gänge bei  der  Wahl  nach  Wenzel  Kralik's  Tod  den  ertcählten 
Also  und  seinen  Anhang  der  Geicaltthätigkeit  an  und  rufen 

um  Schutz. 

|14I6,  zwiaclicn  39.  November  und  14.  D«c«iiiber.|' 

HovorcndiHsiuii  patres  ac  prestantissimi  domini!  Expooitur  XMine 
patt-rnitati  pro  parte  venerabiliiim  vironini  decani  et  capituli  ecciesic  01i> 
muccnsis  cum  gravi  curdis  amaritudine  contra  et  adversuä  perHonas  infra- 
scriptaH  et  dicitur,  quia,  cum  *  niultiplicata  funrit  heretica  pravitas  Wykle- 
fistarum  et  Husrstarum  in  marchionatu  Moravie  et  in  diocesi  Olomac«n»i 
dictiuiue  heretica  pravitas  fuisset  tcnta  et  defensata  per  plures  barones  et 
nobiIcK  ac  militare»  armigeros  et  nonnallos  populäres,  per  quam  qnidem 
hereticani  pravitatom  gravii«sime  fides  kathulica  fuit>set  et  de  preseuti  es^t 
iuipuguatu,  sacramenta  ccclesie  per  dkU»  WjcleGuta«  et  UusintaH  in  levi- 
tatem  et  quasi  in  ludibrium  verna,  clavos  eccle^in  et  ccnsnre  ecclesia«tic<> 
per  eüsdem  in  dcriüum  posite,  obediencia  Komane  ecclesie  et  sedi  aposto- 
lice  nec  nnn  aliis  epi^copis  et  prolatis  per  eoudem  tutaliter  sublata,  ei 
quibu8  dicta  ecciesia  Olomucensis  est  multipliciter  et  nimis  ci-udeliter 
nnacuro  canonici»  et  clero  dioccsis  predicte  gravistiimc  oitpresiia.  Et  at 
ad  specialia  descendam:  nam  quidam  barones  laici  tonent  presbjtero«  a 
4|uibus  ci»mmunicant  sub  utraque  specie  sacramcntali  corporis  Christi  in 
cont4>niptum  sacri  concilii  Coustancionsis  et  sedis  apostolice  et  Boinaae 
ecclesie;  quidam  ante  elcvacionem  corporis  Christi  sine  consecracione 
frangunt  oblatam  in  tres  partes  et  unam  partem  tantummodo  elenot 
populo;  quidam  in  pisrinis,  alii  in  fluminibus  baptizant,  ubi  nullum  peri- 
culum  mortis  adest  parvulis;  alii  excommunicati  tarn  a  canonibus  quam 
ab  homiuo  et  intorJicti  ceiebraut  eciam  in  campis  et  doliis  et  horreis  in 
nnllo  altari  cunsocrato;  alii  nec  horaa  canonici  dicunt  et  sie  se  dinnis 
ingonint,  neque  aliquas  confessiones  faciuut  prcdicantes  populo  commtioi 
laicali,  quod  non  teneantur  confiteri ;  alii  pro  lohanne  Uuss  et  leronnoo 


'  Die  enitor«  Zeit^cnie  er^bt  sich  darauH,  daM  in  dorn  Brief  selbst  eiorr 
htiKitim-hen  Mei«s«  Er»ähnnn(f  ^e«chiebt,  die  an  einem  Advent»onnt»< 
im  OlmUtzer  Domo  ab|<:ehaltcu  wurde.  Die  letztere,  dass  an  dieteiB 
Ta^  da«  Concil  von  Cunatans  BiMihof  Johanna  Wahl  beaUtigt«. 

■  So  die  Ha. 


313 


dupnatw  bmlicii  pablidi*  flMduit  in  mcImüi  «omn  nidtitiiiiiiie  populi 
tieqnias,  tunqnan  pro  fliMitHis  d«ftutetis,  »Iii  fMinni  ftatiritetee  et  caii- 

tint  .Gandßamns'  et  alia,  taniqTiiun  de  martiribus,  comparantes  eap  lcm 
Di«hU8  et  p«jus  8.  Laureucio  martiri  et  ipsos  preferetiteu  h.  Petro  et  alik 
■mcÜB;  et  sie  nnlto  grayi«  et  terribiUa  ac  bomnda  contr»  fidem  katboU- 
CMB  et  atatom  eoolaaie  Aeri  procmmTwiuit  et  die  bedierna  proenraikt, 
ynipter  que  dicta  ecclosia.  ut  prt  riictum  est,  mulliplicitcr  extitit  oppreHsa. 
Kwn  plebani  kathr.Üfi  r\pi  [liintiii  do  parochiis  propriis,  spoliaiitur  pecu- 
tübas  et  pecoribus,  graiiii>,  frumentis  et  bladis  ei  ceteris  Teätiineatis,  su- 
peOeetiblnia  ae  ceniib«»,  radditibns,  ebveneionibiia  et  enolnnentia  eirnt 
spoliati  et  üpoliantur,  ita  at  oinlti  sunt  coacti  et  coguotur  suas  parochia- 
l'-s  ecciesias  derelinquere  noii  babentes,  quibus  posseut  circa  "Pisiioin  ec«le- 
»as  siwteutari.  Harn,  et  decimas  ad  ipsa«  spoctaates  quidam  patroai  eis 
tottgamt  et  aliia  probibrat,  ne  ipsia  deeinas  peraolvant.  Alii  oblataa  deei» 
MS  ab  aliis  paruchianis  ipsis  rectoribus  pcclesiarntn  auferuat  et  eosdem 
^poliant  ot  pns.jcm  ili-titifiit  sp'ilintAs;  iilii  pnr  liirt.'S  Hnsistas  vf>rh^- 
rautar,  captivantur  et  pro  pecumis  exaccionautur  et  torquentur,  alii  sub- 
ansiintiir.  alii  intarfieiintQr,  ita  quod  preiHti  H«ai«t«  «t  WyUefist»  to- 
tu  iaatehi«ik»taiii  dadueeiit  in  enona  beretioa  pi»Titatis,  niai  p.  t.  cele- 
vUer  provideant  de  remedii'  opDituiin 

ündo,  reverendissimi  imtros,  vacantfl  ecclesia  Olomucensi  nnpnr  per 
nortetn  «lim  domini  Weuceslai  patriarche  Aathioceai,  perpctui  commea- 
Marü  dicte  «oclMie,  capitaium  pndietan  attendens  et  advwtan»  pndiet» 
[••  ricula  in  flde  katholica  ot  erroros,  qui  invaloenint  per  Haaistaa  et 
Wjklefistas,  et  subvenirc  katholicp  et  frclosip  prediot^»  volftitn^M  nt 
dm  ita  crudeliter  et  tniserabiliter  oppresso  et  depi  esso  hinciiide,  cogita- 
tenmt  mvttia  diebaa  ei  noctibBa,  qoaliter  peaaent  eedeaie  et  diele  fidei 
btholic«  conHulere  et  ut  talom  posftent  roporirn,  qui  ydoneas  et  atUia 
'N»*t  ecciesie  antedicte  et  ipsam  ecclesiani  multipliciti  t  ("«illnpsaiii  rcfnr- 
aur«  ac  clerum  a  rioleuciia  et  ixiiarüii  eiedein  illati»  defcn^are,  hereticam 
ptaritaiem  extirpare;  et  wm  valentea  in  tote  regno  Boeraie  aliqueni  talem 
fperir«,  concorditer  vota  sua  in  reverendom  palram  dominnn  lobannMii 
cpiswpom  Luthomyslenscm  Jf-dc'nmt  ot  in  rnnilr-ni  (•Dnvr-iicnint  ipsumqnn 
la  paatorem  ecclesio  preßte  cuoeoice  postulanmt,  ipsam  postnlacionem 
id  Baeram  oandliiun  OoBaianeieDae  et  ad  p.  t.  eonfirmandam  «t  ftppre> 
baadtta  trawHniaerant  Et  Taeante  eceleaia  Olomueeiiai  oonaaalodo  fbii, 
ijt  fivitate?,  opida.  ca«tra  et  alia  bona  debuernnt  hnhnre  rcHpectuin  ad 
capitalom  et  ad  illoe,  qui  eweut  deputati  adioiuistratoras  a  capitulo  in 


*  B$.  daaipaatanaa  hcfetteoma  pnbUeofoni. 
Mir.  B«.  LUX.  n.  aflft«. 


81 


314 


temporalibiis  nsque  aii  fiituniin  opisropnm  prr  sctleni  apootolicuu  ronfir- 
matum  et  approbstum.  Et  lic«t  concordit^T  fuisscnt  depntati  nuUo  contra- 
ilicentp  in  temporalibiiH  administratoro.«,  vidolicet  dominiiR  Haciko  de 
Trpenowicz  et  niagistor  Jessko  dt>  Dubczan  canonici  prebendati  wicsie 
01<>muc«nsiH,  roccpiHsentque  promissa  a  larotilao  de  Kozoutal  purgrario  in 
Meraw,  qnod  vcllet  habere  rcspectum  ad  ipKuni  capitiilnm  et  ad  eos  depo- 
tatos  |K-r  capituliim  {in  marg.  ot  realiter  condescendit  ipsi  doniino  Raakoni 
uomiue  Hupradicto),  tarnen  dictus  laroslau«  oblitus  proniisso  suo  quandara 
facioDH  colluRionem  unacum  quodam  Przrbittlao  dicto  Schopp  de  Schelberj; 
omagiaii  eccle»ie  de  consiliu  Ubaldini  receptis  trecentis  et  XXVI  mareis 
Moravicalibus  gross.  Pi'ajtreusium,  ut  direbant  pro  dampnis,  inpensis 
et  expenHi8,  dictum  Castrum  ipso  larosilaus  tradidit  in  niauus  Äl»s(>ni«. 
ßaczkonein  administratorem  in  temporalibus  predictum  tur]>iter  et  in- 
houet-t«  de  Castro  expclleudo.  Et  licet  predicta  postulacio  canonice  facta 
fuissot,  tarnen  predictns  Nicolaus  Ubaldini  et  lanko  de  Sternborg  se  alie- 
nantes  a  predicta  postulacione  associatis  sibi  canonici»  et  de  civilat»- 
Pragensi  vocatis,  videlicet  domiuo  Wenceslao  de  Hadecz,  Nicola«)  Henzlini, 
Francisco  preposito  Boleslaviensi,  lacobo  de  Wcrona,  Lodwico  de  Holesi»w, 
et  nonnulli  alii,  ut  in  preten^a  litera  eleccioniti  eorum  continetar.  post 
postulacioueni  de  prodict<i  domino  lolianne  episcopo  Luthouiyglensi  celebr«- 
tam  et  c^msummatam  et  post  XII  dies  a  diu  postulacionis  facte  computa- 
tns  quendam  Alssonem  canonicum  ecclesie  8.  Petri  Wissegradensis  prop« 
Pragam  de  fact<»  elegeruut  ipsiusque  pretensam  elecciouem  revorendi^iax* 
patri  domino  Conrado  archiopiscopo  Pragonsi  prescntanint.  Et  licet  a 
prefata  pretensa  eleccione  fiiisset  per  aiitedictos  decanum  et  capitaintn 
occlesie  Olonniceusis  ad  sacrosanctum  concilium  Cunstanciense  ot  apuät*>- 
licam  sedom  debito  tompore  appellatum  dicta<iue  appcUacio  et  postulacio 
tarn  domino  Conrado  archiepiscopo  quam  parti  advei-se  videlicet  Alssoni 
ot  aliiä  intimata,  nichilominus  tarnen  ipso  dominus  archiepiscopus  ad  ixn- 
portunam  instanciam  prefat-orum  canonicorum  et  contra  postuiacionem  *t 
appoUacionem  ad  sacrum  concilium  et  ad  apostolicam  sedem  interp4>sitamet 
per  ipHum  antea  dolatam*  ipsum  Alssonem  ad  dictam  occiesiam  de  facto  con- 
firmavit  pretensosque  processns  pönales  censnras  ecclesiasticji«  continenU'S 
tarn  contra  clenim  quam  contra  omagiales  et  alius  episcopatui  Oloniucensi 
subditi>8  fulminavit  et  cetera  focit,  pront  in  dictis  pretousis  processibm 
lacius  continetur,  quos  hic  p.  v.  dignemini  hahiTc  pro  sufficieut4'r  expre»- 
818;  ac  domum  dictt  canonici  eundem  Alssoucm  suffulti  potencia  laicsli 


■  Iis.  intorpusiUriim  .  .  .  dolatiiruiii. 

<>  Vur  laicali  ist  rogali  goatricheu,  oiue  bövkftt  bezeichnende  Correctur! 


815 


^Vyklefistarutn  et  lluüistaruni,  lohaiiniH  dicti  Sadlo  ac  I>aczki»ni8  ac  Pe- 
tn  de  Straznicz  et  lobannis  Je  Lompnicz  «t  R.  de  Wlussyiii  iiübilium 
«•t  baroDuni  ac  Ulrici  subcaiiiomrii  et  llaykouis  et  alioruni  armigcro- 
niin,  iiisam  potenter  et  Tioleutur  ad  ei-rlcsiani  Olomucenscm  iiitruserunt. 
Kt  qnamvis  antedictns  dominus  lobannes  postulatu»  sie  ut  premittitur 
{H>tQi»«et  resistere  talibus  violeuciiM,  uichilouiiuits  tarnen  sanius  decre- 
vit  pri)  illo  tempore  siipersedore  et  dissiinularc  eo,  qnod  litt*«ras 
soe  approbacioni»  nondum  babuis»et:  dictu^que  Ahao  uuactnii  prcuo- 
ininatis  canonicis  et  poteacia  lalc^irum  prufatonim  ilusistarum  et 
Wyklefi.>;tarum  civitates,  castra,  opida  et  villa»  occiipavit  et  occupat  die 
iiodierna,  ac  cum  temu  ibus  et  comiuaciouibus  sub  peua  perdicionis  cnrpo- 
nim  et  rerum  iidem  conati  sunt  avei-tero  decauuui  cum  nünnulÜH  uliis 
canonicis  a  postulacione  predicta  et  in  eundem  Alssonem  pretenenm 
electum  et  sie  de  facto  conßi-matum  cousentire,  propter  que  quidam  cano- 
Dici  postulantes  coacti  sunt  de  civitat«  OKmnirensi  rt-ceJuro  et  alii  biti- 
tare  liraentes  periculum  mortis.  Unde  et  illi.  iu  quos  propter  metum  et 
msaltnm  dictorum  Wyklefistarum  et  Ilusistarum  pot«»tas  et  auctoritas 
rapiiularis  fuit  ti-auslata  et  transfusa,  in  toto  maix-bionatu  non  potuerunt 
bibcre  locum  tutum  et  secunim,  sed  coacti  sunt  exulari  de  terra  propter 
icctiictos  hereticus  violentoü.  Et  ea  de  causa  maxiuia  dampua  sunt  per- 
l<«!si.  que  tarnen  ad  estimacionom  et  intoresse  dncentarum  marranim  et 
ultra  se  extendunt;  bona  qiioque  ad  mensam  episcopuloni  pertinencia  sie 
occDpata  sunt  et  dampntficatit  plus  quam  in  duobus  niilibus  marcarum; 
inipensas  et  expcnsas  coacti  sunt  occasione  huius  facore  ad  valorem 
»imiliter  ducentaruni  marcaniui;  iniurias  quas  sustiuuerunt  et  sustinent 
ft  quas  noluis^ent  sustinere  ad  estimaciDnem  millu  marcarum.  ita  quod 
n  prcmissis  pars  Wykletistanim  et  Husistanini  videlicet  ex  pretensa 
♦Iffcione  et  subsecuta  pretensa  coufirmacione  et  bonorum  episcopalinni 
K  i'astrorum  occupaciono  maxime  animata  et  fortiticuta  cxistit;  ita  quod 
n  quadam  presnmpcione  in  adventu  domini  proximc  ]»reti<rit«i*  quidam 
inti-avernut  ad  ecciesiam  Olomuceusem  Ilusiste  et  ibidem  Kub  utraque 
jpKie  sacramentt  a  quoJam  presbytcro  nouiinc  lolianne  prcsi'iite  dicto 
pretenso  electo  Alssone  conimunicavcruiit ;  qui  qiiidi'in  presbytor  nova 
qaadam  prophanacioue  ante  elevaciouem  fre^it  oblatam  in  tres  partes  ot 
rum  una  ex  eisdem  partibus  fccit  elevaciouem;  et  licet  dicti,  tarn  presbyter 
C'Jiamunicans  et  verins  propbanans  quam  illi,  quos  oommunicavit,  fuissent 
[x  rcivesolomucenses  katholicos  detenti  et  dicto  Alssoni  preseiitati,  tamen 
\)>.<iU:i  dicti  Wyklefistc  ot  Husisto  et  alii  plures  herotici  fueruut  per  dictum 


*  IU.  preteriti. 


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316 

Alssunem  absqne  aliqua  punicione  et  pena  libeie  dimissi ;  iU  qnod  ucto 
tone  in  nuuiero  fueruut  per  dictum  Alssonem  liberati,  qui  faenrnt  nota- 
biliter  de  heretica  pravitate  confi'ssi  et  convicti. 

Quare  supplicatur  p.  t.  pro  parte  dictoram  decani  et  capitnii  et  ob 
amorcm  et  zelum  fidei  katholice  et  ne  ita  turpitor  et  miserabiliter  dicta 
ecclesia  iam  multiplicitcr  oppressa  finaiiter  unacum  canonicis  et  clero 
opprimatur  et  destruatiir  per  Hosistas  et  WykleflsUis  et  dictus  marchio 
natus  et  terra  Moravie  graviter  infametur,  dignetur  p.  v.  de  remediis 
oportmiis  proriderc  et  committere  et  mandare  alicni  ex  reverendisbitniä 
patribus  ac  domiuis  cardinalibus  aut  alicui  ex  venerabiiibus  sacri  palacii 
causarum  anditiiribus  omnia  prodicta  et  .singnla  ac  causam  et  can&as 
appellacionis  et  appellacionum  ad  sacrum  concilium  Constanciense  et  ad 
sedem  apoHtolicam  pro  parte  dicti  capituli  iuterpositus  ac  causam  et 
cansas,  qnas  prefaiti  decanns  et  rapitulum  movent  et  movere  iutendunt 
prefntis  videlicet  reverendo  patri  duuiiiio  Courado  archiepiscopo  Prägens! 
necnon  et  Aisjsoni  pretenso  electo  necnon  honorabiiibus  viris  canonici." 
scilicetWenceslaoKmlerz  etc.,  tarn  coniunctim  quam  dirisim  audiendaü,  de- 
cidendas  et  fine  debito  temiinandas  et  cum  omuibus  et  Singlis  dependen- 
tibus,  inciJentibufl  et  conuexis,  ut  so  de  premissis  sunimai'ie  et  simpliciter 
ac  de  plauu  informet,  et  si  predicta  aut  aliqua  repercrit  Tora,  dictum 
dominum  revereudum  patrem  urchi«>itiscopum  ac  dominum  Alssonem  pre- 
tensum  elot'tum  necnon  prefatos  dominos  videlicet  Wenccslaum  etc.  com- 
pellat  a<i  satisfacieudum  de  iupensis  et  espensis  ac  de  dampnis  et  in- 
iuriis  per  ccusuras  ccclesiasticas  et  per  sequestracionem  et  arestacionem 
frurtuum  et  redditunm  beneficiorum,  prebendarnm  et  dignitatum  decan« 
et  capitulo  pro  impensis  et  expensis  factis  ac  dampnis  et  iniariis  occa- 
siono  premissorum  illatis  et  passis  dandum,  assignandum  et  applicandum 
et  8ub  pena  iiltorius  privacionis  beneficinrnm  obtentorum  et  ad  futura  in- 
habilitaudoniui,  eciam  si  opus  fucrit  cum  iuvocacione  brachii  secularis  et 
cum  putestat4^  citandi  omnos  et  singnios  supradictos  tarn  coniunctim 
quam  divisim  in  curia  Romana  et  extra  et  ad  partes  et  tocicus  quocien^ 
opus  fuerit  et  persoualiter  in  propriis  i»ersoni«  uciam  ex  ufBcio,  cum  pn- 
dicta  sapiant  favorem  et  promocionem  et  defen»ionom  horotice  pravitatis. 
et  per  edictum  in  Komana  curia  et  in  vicinis  loci»  sive  pai-tibus  affigeu- 
dum,  cum  ad  eos  non  patcat  tiitus  accessus;  non  obstante,  »i  hainsnuKli 
canse  non  sint  legittimo  ad  curiam  Romanam  et  ad  sedem  ap<»Btolican) 
dcvolut^i  svu  in  ca  de  sui  natura  tractande  aut  finii>ude,  ac  aliis  in  C4)0- 
tmrium  «ditis  non  obstantibus  quibuscumque. 

Cod.  368,  p«g.  X97— )i98.  furtgcwitzt  pag.  911. 


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317 


mb. 

Kotariatsimtruvient  über  die  Appellation  de«  künifjUchm  Haupt- 
mamn  tn  lÄtUm,  Pfihieo  von  Othloehombs,  an  da»  Caneil  von 
ConiianM  wtgeu  der  Androhung  de*  Banne«  von  Stittm  Bischof 

Jvhannx  rnn  Lt  ifounxi'lil.  fKnfhnJt  riin'  Dunifr'fltnifj  der  D<ipj>i  !• 
KaM  in  Olmülz  und  der  darauf  foLjendm  Kämpfe  in  einem  dtm 
Gegenhutihof  ÄthrwAt  gilniiihj<'n  Sinne.) 

Littan,  1417,  Febnur  17. 

In  nomine  domini  amen.  Anno  nativitatis  eiusdeni  M*  qnailria- 
^"»ntesimo  dectiuo  ^«iptiiuo,  iuJicioue  decima,  dio  deciuia  scptima  mensis 
Febniarü,  horis  vesperorum  vel  qua«i,  scdo  apoätoUca  curoute  pa^tore,  lu 

LnthoTia  OlonniosnBifl  dicoeds  et  in  domo  bBbitadoDiB  pro?idi  viri 
~  dicti  Loes  opidsni  eiuüdetn  opidi  in  estuario  sive  in  stubella  »uperiori, 
iu  m'x  notarii  publici  infra^cripti  tnstiumqiio  prosonciu  sabscriptorum  ad 
bgc  Tocatonun  specialiter  et  rogatorum  coustitutus  pci'suualiter  validus 
lir  Fnibieo  de  OtUechowiei,*  Ptagenn«  dieoMle  fluuÜRm  «t  Bervitor 
imoisBinii  principis  et  domini  domini  Wenceslai  dei  gnda  regis  Bona- 
iii>nim  pt  Boomic  if£!:i!5.  quandau  appellacioueiu  in  papiro  scriptam,  quam 
uiftc  in  SQis  manibus  tcnebat,  eandem  interpusuit,  intonecit  «t  publicavit 
ae  «udetn  per  tne  noterinm  pabliCBm  infraseriptom  le^  prücuravit,  cmns 
l«nv>r  de  verbo  ad  Terbiim  sequitur  per  omnia  ei  est  talis : 

In  nomine  ili>niini  amen.  Cum  apppllacionts  remediuni  in  rulevamen 
vppressorum  a  iuro  et  a  sacris  canoaibus  sit  salubritor  institutiun  ac  in- 
wütllffl,  ut  ea,  qne  ooubs  n»  et  iutidun  Itaerint,  valMBt  in  etitui  de- 
Ktann  refimnari,  pninde  ego  Pnibieo  de  OiUocbowici  naidena  ia  Lothe* 
»^ia  Olmuconsi»  diofpsis  <  r>ram  vobis  honorabilibns  ot  rirnimspectis  viris, 
d'nuiniä  t€8tibu8  hic  astantibus  et  piesentibus  et  coram  t«  notario  publice, 
tuqoaiu  persona  auteutica  et  fidcli,  auimum  ut  iutcucionoui  provocaiidi, 
imiB«  ferins  appelUndi  propono  et  diso:  qoed,  qnamvia  mereDdisalme 
in  Christo  patre  et  domino  domiuo  Wenceelao  dei  {pncia  patriarcha 
Anthiix^no,  perpetuo  commendatario  eccksie  Olomucensis  mortuo  et  eius 
«orpnsculo  Bepulthure  ecclosia»tice  tradito  per  honorabüea  viros  dumiua» 
«tionioi»  eedesie  Olesniceiia»  more  aoUte  et  ex  eensnetadine  «ntiqaa 
apad  ipsam  Ülomucent-eu  occltsjam  eleecienem  servata  et  tenta 
'  n'ii'MÜ.-i  vir  dominns  A!«so  ranoniniH  WiR«f»t»rnjl<'nKis  ec-clesie  propo 
\'siugsua  ad  ipsam  eccieäiam  Oiomaceosem  in  epit^copuin  et  pa»U>rem 


»  Ma.  Othoohlowii». 


318 


fuisset  electUH,  quem  quidem  dominnm  Alssoncm  prefati  domiui  cauoDici, 
prout  ox  comiuuni  fama  fuit  publicum  (>t  notorium,  cum  decreto  sue  elec- 
cionis  roverendishimo  in  Christo  patri  et  domino  domino  Conndo  dei 
gra<-ia  saut  te  Pi-agoiisis  ecciosio  archiepiscopo  «edo  apostolica  vacante  sun 
uietropolituuo  cuufiruauJum  et  institueuduiu  in  et  ad  dictom  occleilam 
Oiomucenscin  proseiitarunt,  quem  douiiiiuH  arcbiepiscopus  virtnte  sne 
oleccionis  ad  ipsaiu  ecclesiam  Olumuceusem  confirmavit  preficieiido  ipsum 
dominum  Alssouem  eidem  ecclesie  iu  episcupum  et  pastorem  ac  per  su«ä 
certos  exfcutoies  sub  modi»  et  fiu-mi»  oportunis  circa  ipsam  ecd^siam 
ab  autiquo  tentis  iuvcstiri  et  iustallari  procui'uvit,  dans  sibi  curam  et  O'U 
ministrucioiiem  in  spiritualibus  et  t«mporalibus  in  eadem  ac  de  universiä 
fructibus,  i>ri>vcntib«s,  consibus,  rt-dditibus  sibi  mandiuis  inte^litcr  le- 
spondere,  qui  dnminus  Alsso  virtute  huiuBUiodi  coufirmacionis  et  institn- 
ciouis  ipäiuH  ecclesie  Olümuceusis  ac  quoruudam  castronini,  civitatum, 
opidorum  et  aliorum  pociorum  iocorum  com  revoroncia  et  obediencia  cleri 
et  populi  civitatis  et  diocesis  Olomucensis,  nt  tunc  publice  famabatnr. 
realem  et  actuulem  possessionem  est  adeptus  et  assecutus:  ex  adver*i> 
vero,  Tidelicot  per  aliam  i>art«ra  canonicorura  eiusdem  ©cclesie  Olomuceu- 
siA  circa  eleccionem  discordancium,  reverendus  in  Christo  pster  et  domi- 
nus dominus  lohauues  episcopus  LuthnnuKlenHis  fuit  in  episcopom  et 
pastorem  dicto  ecrlesie  Olomncensis  pi-stulatus.  cuius  postuhwidn*  non 
publicata  doininis  canonicis  electuribus  ut  asseiitur,  dicti  canonici,  qui 
ipMum  dominum  Iidiannem  episcopum  postularunt,  cum  sno  decreto  po«tu- 
liicionis  sacrosancto  Coniftancinnsi  conrilio  vel  forte  futuro  pape  ut  moris 
est  in  et  nd  dictaui  erclesiam  virtute  sue  postulacioniH  confirmaudnm 
similiter  et  iustitueudum  preseutainint.  Cui  sacium  c^ncilium  Conetan- 
cionso,  non  providentes  sibi  de  ea<lem  occlesia  virtute  sue  pustulacionis. 
exiKt4»ntes  ut  verisimiliter  presuraitur  male  informati  ad  quorandam  dicti 
lioinini  Alssonis  emulorum  su^estioneui  i»er  suppressionem  veritatis,  cre- 
dentes  ipsam  ecdesiam  certo  modo  vacarc,  sibi  bullas  certi  tenoris  iireit- 
niiit,  dantes  sibi  nudam  administracionem  ipsius  ecclesio  Olumucensis 
tarn  in  spiritualibus  quam  temporal ibus,  prout  in  ipsis  bullis  lacins  c«d- 
tinetur.  Qui  reverendus  pater  dominus  lohanues  luiiusmodi  bullis  re- 
ce])tis  HO  de  administracione  ipsius  ecciesie  Olomncensis  ingorens,  id 
quam  administracionem  non  est  realiter  assumptus  neque  ad  ipsius  eccie- 
sie possessionem  admissus  sibi  omnino  dicto  domino  Alssoue  legittim« 
possessore  obsistente  et  se  in  sua  possessione  ecclesio  existente,  quo^djun 
suos  priM:essiis,  nt  fama  veriloqua  testatur,  ad  ecclesiam  Olomuceusom  di- 
roxit,  mandans  in  ipsis  processibus,  quod  decanus,  prepositiis,  aicbidia^^' 
Dus  cbterique  canonici  ac  mluistri  oiusdem  ecciesie  Olomuceusia  ip^1U>> 


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319 


domünnni  lohannwn  eam  hIüh  pcrsonis  riritati^  pt  dii»ce8is  Olomaeenaia 
dtbite  nTenDcia  et  obedieucia  in  aduiiuititi-aturem  eiusdem  occlesie  OIo- 
■BctMM  reciperent  t/t  adnütterent  cnm  effectu,  que  mandata  lacius  ia 
tm  imeeflsibiw  continMtar.  Bz  ipiflmB  qoidMi  mudatii  prslktaa  dooi- 
ni  lokaoiMS  «piscopus,  amtraTeaiuido  prooearibns  dommi  arehiepiMOin 
Pngcnsis  supradicti  et  obcdienci*'  *  ac  pos^tt^sRioni  dicti  dnmini  AlHHonis 
electi  et  confirmati,  ex  sui  odio  iu  iptui  eccleäia  Olomucensi  inUn*  perso- 
ut  Mdasi«  <i  oztas  per  totim  dioeanm  «t  dfitattm  OlomiNjeDseiiii  noa 
■odicMil  ftett  Missorim  et  magauni  cicisroa  in  clero  et  populo,  propter 
quam  fluidem  scisstiram  per  tirannos  »ibi  et  dicte  ccrlfsie  adTcrsanciam 
pluriiua  boua  ecclettio  Olomuceuniii  et  ad  ip8am  upectuncia  ac  aliorum  mo- 
lutnknm  tl  pkram  loeonia  iiüniBMait«r  (btnut  ixnm,  depndat» 
Mm  violuiiB  ei  ipc^sta,  hominae  eiptin  abdnaekuitiir  per  eoedein 
tyniUlM  et  ahducniittir,  (|tii  paupcres  hi>mint>s  taximtnr  pro  pocuniis, 
dwiwiiuig  carceribtu  teueotur  et  craciautur  ia  compedibus  et  manicis 
ftmii  die  hodienM  in  dailraMdoiiMB,  daeeluimefli  et  ■nehMilriMieiii 
todu  eleri  et  popnli  eeelarie  OUnnuwenaii  prediete.  SeranisaimiM  vero 
prioceps  et  dOBÜDlU  dominus  Wenccslans,  dpi  e^nciu  d  x  Romanonim 
Semper  augustas  et  Boemie  rex,  qui  ipsius  iccifsip  ulduiuccusis  est  su- 
pranus  patronuB  et  totor  ex  fondacione  et  dotaciono  ac  ipsin»  ecclede 
•rMtfame,  snomm  predeeeaaemm  ngam  et  prineipain  non  infi-iogens 
p«r  hoc  libertates  et  priTÜagia  ipains  ecclesio,  iungena  se  paiii  electomm 
•-t  adhi'rpns  ipnorum  ol«^ctioni,  videns  et  conaiderans,  (piod  n  jueinicsis 
foiet  magna  scissura  in  ip«a  ecclesia  ex  dictorum  duiuinoniiu  Altuionis 
diett  eonflnoBti  et  Tohannhi  «piaeopi  poctolati  anpiadicti  litigiadoin,  et 
fied  «X  lue  iouniiMiet  dicte  ecclesie  et  peraonarnm  dostnictio  et  bono- 
rom.  Tolens  omirrere  predicte  sedicioni  tanqiiam  rex  et  patronus  ao;  do- 
minus naturalis  marcbionattts  Horavie,  in  quo  territorio  iptia  ecclesia 
OtonncMMis  oonajatit^  miehi  Pnilneom  enpradicto  tanquan  ano  ftdeli  aer- 
Titori  vire  vocis  oracalo  ac  eciam  per  certaa  Saas  regales  littei-ae  et  sub 
"M<'ntu  rf'irie  tiiaiestatis  mandavit,  ut  mi-  de  omnibiis  et  siii|LMilis  boiiis 
ad  ipsam  ecclesiam  iu  terra  Moravie  »pectautibuD  causa  rei  »t'i  vaade  no- 
■Im  ano  intronittarMii  et  ipea  bona  regerem  et  ab  inanltibuH  tyranno- 
nu  et  umaiono  et  depredadone  ac  eqieioDe  hominnni  et  ipaonun  de- 
stnccione  prohiberem,  quoiisque  Iis  et  cansa  inter  dictos  litigantes  super 
eedem  ecclesia  Olomucensi  per  sodem  apoatolicani  omnino  non  discuteretar 
et  difBniretur,  et  habenti  ins  alterius  conti-adiccione  non  obatante  quod 


*  H«.  obedil. 

*  Ha.  mbolSI«. 


320 


de  illiR  bonis  ppr  mn  tcntis  nomine  domini  rt^^'s  snpradicti  ot  n  mu- 
dato  ipsius,  tanquam  supromi  patroni  et  tutoris  eiusdem  ecclesie  Olomn- 
cenHis,  mox  wdtro  doberem  cum  effoctn.  Dp  qiiibns  qnidom  bonis  skut 
prefertur  causa  rei  serrande  ex  mandato  prefati  Serenissimi  domini  Wen- 
ceslai  regis  ox  cauHis  promissis  dum  mo  iutromiKissi^m  et  michi  certaä 
gentes  armorum  necessarias  pro  defensione  dict«  ecclesie  ««t  bononuii 
eiusdem  iunxissem,  ne  ipsa  ecciesia  et  bona  eiusdem  et  p^rsone  per  ty- 
raunos  iuvaderentur,  modica  subsidia  pro  expensis  dictnrum  armigemnim 
ab  hominibus  ecclesie,  de  quibus  me  intromisi,  postulando  et  pro  susten* 
tocione  ipsorum  recipiendo,  ipsis  tarnen  hominibus  ecclesie  in  nnllo  in- 
iurando  nec  oos  quorisniodo  opprimondn,  sed  pocius  ab  oppressiooibus 
qnorumcumqae  tyrannorum  ipsis  iniurias  inferre  volencium  dcfondendo 
mediant«  subsidio  et  presidio  dicti  domini  regia  domini  mei  graciosissimi 
et  favoro,  profatus  vero  reverendus  pat«r  dominus  luhanncs  episcopus 
snpradictus,  lic«t  prius  me  Frzibiconem  per  suas  litteras  missivas,  in  qui- 
bus scripsit,  quia  ipso  iam  essot  npiscopus  conürmatus  dicte  Olomucensis 
ecclesie  per  sacrum  conciiium,  rcquisirissot,  nt  de  dictis  bonis  sibi  cede- 
rem,  cum  tarnen  hoc  minime  nou  erat  faciendum,  nisi  primum  hoc  ob- 
tineret  apnt  regiam  maiostatem,  cuius  nomine  ipsa  bona  guberno,  rego  et 
teneo  causa  rei  serrande  sicut  est  premissum  et  responso  a  me  super 
suis  litteris  congruo  habito  ot  honcsto,  büs  non  conteutus,  per  hoc 
Tolens  se  ad  dictam  ecciesiam  Olomncensem  per  me  intrudore  ipsins 
ecclesie  possessione  non  habita,  nuper  de  anno  domini  M'CCCCXVII" 
die  XUII.  mensis  Pobruarii  per  suum  cortum  executorem  quosdam  Pro- 
cessus 8U08  contra  iuris  disposicionem  valris  ecclesie  Olomucensis  anne- 
xit,  in  quibus  deducit  in  dcdecus  et  confusionem  meam  michi  non  modice 
exinde  iniurando  non  attendons  mandatum  regium:  Qualiter  ego  Przibico 
postposit«  honoro  dei,  timore  et  hominum  verecnndia  ac  conti-a  mea  pro- 
missa  veniendo  per  violenciam  cogendo  dictos  homines  ecclesie  et  peca- 
nias  michi  dando  et  eosdem  captirarcm,  intruncarcm,  tormentisarem,  spo- 
liarem  et  alia  plurima  gravamina  ipsis  inferrem;  quod  tarnen  in  re  falsuni 
existit,  quod  ego  in  talibus  compertus  essem  et  huiusmodi  graTamina 
ut  ponitur  dictis  hominibus  inferrem  ot  procurarcm,  sed  pocius  ipsos 
protego  et  defendo  contra  alios  violentos  oppressores  et  tyrannos,  qui  eos- 
dem  homines  accioae  dicti  episcopi  et  sue  iutrusiouis  pretense  mo\<^ 
stabant,  spoliabant.  captivabant  per  tormonta  ab  ipsis  pecunias  sicot 
premissum  est  ext^rquendo.  Ipse  vero  dominus  episcopns  supradictu« 
pouens  in  suis  pHKCssibus  accione  sue  preteuse  administracionit«  asseren.« 
se  talia  a  me  non  posse  toloraro  contraveniendo  regie  maicstatis  aupra- 
dicto  d«'  premissis  disposicionem  et  orilinacinuem  a<?  ipsius  provisionem, 


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321 


IrahMiDOdi  Ute  panduite  ipw  bonft  «eelene  Olomacensia  per  tynnnos 
inTftderentur,  ine  et  complices  meoe  per  MMdem  proeessns  suos  publice 
p«r  «fiQxioAvni  indebite  et  ioinate  monere  procuravit,  ut  ab  huiusmodi 
Teiaciombus,  captivaeioiiibnü,  taxacionibus,  iormeutisacicmibus  dictoram 
hominum  df'si.ctcioiu,  alias  so\  lütbus  elapsis,  qnrtl  ipso  facto  deberem, 
in  senteucias  la  ipsiiis  proct  hsibus  contentiis  inciii  rt'ro  t-t  involvi  et  ni- 
chüominns  loca,  iu  quibut^  dego  una  cum  cotnplicihus  iin  is,  qiiod  ecclesia- 
siico  subiciantar  interdicto;  que  omnia  et  binguhi  Jiciub  duiuiuus  oplsco* 
put  in  preindieimn  mei,  ymmo  ▼«rius  pnfirte  regio  maiMtaliB  »t  ipaius 
nandali  *  de  facto  et  eontra  ioxia  diapoaicionem  procnnTit  et  grft?flmen. 
Bt  qvaboB  omnibna  et  aingolia  ego  Pnibioo  enpradictaa  aeDcieaa  me, 
jnuDO  veriuB  prebtnm  dominiun  mewn  dominoiii  regem  eupradiotnm, 
cuiu  mandato  ptemissa  geruntur,  in  proniissis,  circa  premissa  et  qoae- 
libit'  prenuaeonm  de  facto  indebite  et  inioete  per  prefatum  dominiim 
epigcopom  et  per  snos  iniquos  processus,  si  dici  sie  merentur,  gravatum 
timpnf'qnf'  hnfMi.stcruiii  plus  forcius  per  eundem  vel  suoh  exocutores  pogse 
^ravaii  ab  ouiiiibu«*  et  biuguliü  causis,  jrravaminibns,  Hcntf^ncÜH  ft  intor- 
dictis  supradictis  pt  winim  myi  qiidliti'  t  curuiu,  tauquam  uullib  luiusfis,  in- 
Talidi»,  t«iuerariib,  luJebitist  et  iuiquj8,  pro  me  et  omnibus  aliis  et  i:>iuguliä 
laut  mee  appeUacioni  adlierentibuB  et  adherere  TDlentibna  in  fittnnim  In 
hüi  seiiptia  ad  aanciam  sedem  apoatolieam  et  ad  aacroBanctnm  presens 
C^utancienae  oonetliam  et  ad  fatamm  papam  provoeo  et  appello  et  si 
qnatenna  eat  necease  apoatoloa  primo  aecnndo  et  tercio  instantiflaime 
sab  UDO  contexta  mibi  dari  peto  et  ooncedi,  si  qiiis  Bit,  qui  michi  eosdem 
liare  velit  vel  possit  vol  saltem  a  vobis  dominis  testibus  et  te  notario 
puMic.)  littt^ras  testimoniales,  subiciens  me  il»-  cr-tero  et  umnia  bona  mea 
h'in<»ris  iuni  inra  nfcnon  nmnfs  iiiichi  t-t  liuic  appeUacioni  mco  ad- 
iäereütej»  Seil  adhf'i  eie  in  futurum  volentes*^  proteccioni  et  presidi'»  so  Iis 
apo8tolice  et  bacio  concilio  memoratis,  ui  protestor,  quod  baue  meam  ap- 
peUacionem  volo  prefato  domino  lobauui  episcopo  intimare,  insinuare  et 
ad  ipnea  notidam  deducere,  quanto  eicius  potero  ipmi6  preaenciam  adire, 
«t  poUice  in  eodeaia  Olomoeenai  pablieare,  eeiam  proteatort  qned  aalvnm 
iH  rnidii  ina  proaenten  meam  appellacienem  corrigere,  eoundarB,  mi- 
auen, diminnere  aliamqne  de  novo  interponere  tociens,  quoeiena  miehi 
Tinua  fberit  eipedire,  ceteria  inria  beneficüs  miehi  aemper  salTis. 

Qoa  quidem  ^ipeDacione  aic  lecta  et  interposita  prefatua  famoKus 
PtBbico  petivit  aibi  per  me  notarinm  pubiicom  infiraecriptnm  nmun  vel 

*  Hg.  mrnH  H«.  qaalibet 

*  B«.  «dheranttbiu  .  .  .  TolenÜbiu. 


322 


plura  publicum  neu  publica  confici  instrumentuin  sen  instrumenta.  LerU 
ot  interposita  e»t  hoc  uppellacio  anno,  tuiiicion«.  die,  mons«',  horisetloco. 
qnibus  supra,  pmentibus  honorabili  viro  domino  Lndwicu  de  H»let»sa« 
canonico  ecciesie  OlomuccnBis,  necnon  famoiiis  viris  lohanne  dicto  Svrct- 
lik  de  Kakusku,  Welikoue  de  Olomucz,  St«phano  Czb<>l  et  Michcone  it 
Naussedlicz  Olomuceusis  diocesis  et  aüis  plurlbus  tcstibus  circa  premisa 
constitutis. 

Et  ego  Gabriel  natu»  quondam  Michaelis  de  Grecz  Pi-a^^en^is  dioce- 
Hiä  publicus  auctüritate  imperiali  notarius  predicte  appellacionis  inter- 
posicioni,  int4'rieccioni  et  notiticacioni  presens  interfui  »"atiu«  omnia  et 
singula  sie  fieri  vidi  et  audivi  eand>Mnqi)e  legi:  arduis  tarnen  negociiü  «- 
cnpatus  per  alium  notarium  Hcribi  pntcuravi,  hic  nie  mauu  propria  »ub- 
Hcripsi  et  in  hanc  publicam  formani  rodegi  Kignoque  et  nomine  meis  wli- 
tia  et  consuetis  conHignavi  requisitus  in  fidem  et  tefitimoDium  omniun 
prcmisHorum. 

CocI.  358,  |i«g.  9C7  —070,  8ehlaiiii  pag.  977. 


mc. 

Cardinal  Branda  vovi  Papste  ^fnrt!n  V.  mit  der  Untersuchung  der 
Appellation  All/rechts,  Bischofs  von  Olmütz,  betraut,  entscheidet, 
dass  dieser  und  seine  Anhänger  binnen  12  Tagen  die  sämmtliche» 
Güter  der  Olmiitzer  Kirche  an  den  vom  Papste  bestätigten  Bischof 
Johann  abzutreten  haben  und  droht  im  Weigerungsfalle  mit  dem 

kirchlichen  Banne. 

Constanz,  1418,  Mai  7. 

Univeniis  et  singulis  ChriHti  iidelibns  ot  presertini  Roemie  nacionis 
Rranda  niiseraciuno  diviua  tituli  saucti  Ciemeutis  sacrusancte  Boman«' 
ecclesie  presbytcr  cardinalis  Placontinus  vulgariter  nunciipatus,  iudex  ft 
coinmissarius  ca\i8anim  et  cause  ac  partibuH  infniscriptis  a  domino  no»^'< 
papa  spcctalitcr  dcputatus  salutem  in  domino  et  mandatis  nustris  huins- 
modi  ymmo  verius  apostolicis  Ünnit^^r  obedire. 

Noveritis,  quod  nuper  sanctiHsimns  in  ChriBto  pater  et  dominu» 
nostcr,  dominus  Martinus  divina  providencia  papa  quintus,  quandam 
commiiisioDis  sive  supplicacionis  cedulam  nobi»  per  certum  üuum  cun^o- 
rem  preseutari  fecit,  quam  reverenter  prout  docuit  rocopimus  huiusuKKÜ 
»ub  tenore: 


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383 


Beatissime  pator!   Vacaiit«'  ;ilias  ccclpsia  Olomiironsi  ]»or  (il>itum 
boue  memorip  tli^mini  Wonceslai,  qnoodain  patiiairli«'  Aiitliioroiii  >■{  dicte 
ccolesie  dum  vixit  cotnendatarii,  vcnerabilcs  viii  duiiiiiii  cuuouici  ipsius 
ecclosie  devotun  creatorau,  scilicet  AlsBouem  prcgbyteiuin  de  militari 
genere  procrMtom»  tone  eoclesie  aaneti  Petri  WisaegnMteniis  PFBgensis 
canonicum,  in  suum  eltgernnt  episcopam  et  pastorem,  licet  nonnnlU  cx 
dnadem  ecctesie  canonieiB  ante  terminum  elecdonis  indicto  aliis  canonidB 
absentibuB  et  in  civitate  et  provincin  Pragensi  oonstitutiB  minime  Tocatis 
Ben  ealtem  debite  ei^peetatis  rcvoreudura  patrem  domioiim  lohannem  epi- 
Koptun  Luthomyslensem  ad  eandein  ecclesiain  ut  dicitar  postularunt.  Et 
licet  precodente  proclamacione  scu  criJa  sditis  rt  ronsuetis  olocrio  dicti 
doinlni  AIhsohIh  por  diitiiiniim  Oonnhinm  ai-cliii'jiiscojMiiii  rnif^onsf-m,  in 
ciiiiis  liR'tiMpoii  dicta  eccU'sia  ()loiiiui-eii!<is  tiiui  exibttt,  vaca.utt«  sede  apusto- 
lica  «outinnata  fuisset  ipstqiiü  doiuiuus  AIsso  dicte  («cclosie  Olomucouais 
pössüssionem  assecutus  extitisset  ac  teaeat  de  prosonti,  prefatos  tarnen 
dominnB  episeopas  LntomTslenais  dicta  tall  qnali  Boe  pretense  postnla- 
tiene  innitens,  miseiB  per  enm  onüB  anis  nnncciis  ad  aacram  generale 
Cenatancienae  concilinm  tacitoqne  de  eleccione  et  conflrmacione  domini 
Alsaonia  predicti  folso^ne  per  eos  conflctOr  ^inod  dictns  dominuB  AIbbo 
danpnate  Wiklcfistarum  secte  adhercrot,  intenrenientibns  ut  creditnr 
nonnullorum  dicti  domini  AlBBonis  emalomm  8agg<>st[i>nibu»,  dictam 
fcd<^?!am  Olornucensem  ail  rerttim  tompus  iam  diidum  i-fliuxuin  p*'r  dirtnm 
sacrum  ri»i)(  ilium  sibi  obtiuiiit  comrnoudari  etvigore  commt'ii  lf  admioistra- 
cioaeio  huiusuiodi  contra  prefatnm  dominum  Alssonem,  carumicos  ccclesie 
OlomuccQsis  et  ipsis  adhfrpntf^'S  ut  dicitur  certoü  preteusos  processus 
pauleafulminavit;  a  (^uibuä  jti  o  parte  dicti  domini  AlBBonia  ad  prefli^ini 
BacroiD  concüinm  appellato  et  causa  appeUacionis  hninaniodi  et  negocii 
(TindpaliB  primo  venenbiU  wo  domino  Bertholdo  de  Wildungen  Bacri 
peladi  apoatolici  eaasarum  auditori  et  deinde  re?."**  patri  domino  A/fe- 
manno/  cardiuali  Pisano  dicitur  faissc  commissa,  quique  domiuaa  A.  car- 
ünalis  Pisanus  forte  cause  meritia  minus  rite  examinatis  por  suam 
pretensam  sentenctaui  confirmacionem  eleccionis  Jirti  doiuiiii  Als.sDiiis 
»xpcmfnti?!  per  dictum  duminura  archippiscopum  Pragtnsi'in  lactam  cum 
«uiaibus  iiide  spnitis  ut  dicitur  annullavit  et  cassavit  cam  l  uudi'iüpnaciono 
expensaruiu;  a  (\nn  apj^ellato  «t  causa  appollacionis  commiüsa  icverendiRsi- 
B*0  patri  domino  ¥.  cardiuali  Voneciarum;  ipseque  dominus  h\  cardinalis 
CBQsa  ipaa  rite  et  maturo  proccdens  prelkti  domini  cardtnatiB  Piaani 
aeateneiam  pretensam  per  suam  aentenciam  annullavit  ipaomque  dominum 
lobaimemepiacopumLuthomyBtenBem  in  «tpensiB  coram  ee  et  dicto  domino 
**nUiiali  Pieano  factta  condempnavit;  a  quo  appellato  et  causa  appolla- 


i 
I 

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I 

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1 


cionis  huiusmodi  commiHsa  rcv."'  patri  domino  cardinali  Plac^ntino.  c<->nini 
quo  ad  nonuullos  actus  dicitur  proc«!^sum,  cuius  cause  statum  s.  t.  digne- 
tur  haboro  pro  pxprossis. 

Et  licet,  bRatissime  pater,  8.  t.  dicto  domino  cardinali  V^enecianim 
cciam  iut«r  cetera  commiserat.  ut  se  de  eleccione  et  coufirtnacione  ac  ha- 
bilitaU)  et  ydoncitate  perHone  dicti  domini  AlsHunis  exponcutis  informaret 
et  8.  V.  refenet,  finniterque  testes  super  premissi»  per  eum  recepti  et  ei- 
amiuati,  iuteriui  tumeu  dicta  lit«  sie  pondcute  indecisa  dictu»  cardiAalis 
Pisanus,  qui  iam  dictum  Al»sonero  gravavit,  eum  plus  ^avando  testes  pro 
parte  dicti  domini  lohannis  episcopi  ut  dicitur  recepit,  pro  parte  dicti 
AlHsoniB  ad  hi^c  minimc  vocatji;  ad  cuiuH  relacionem  eciam  dicta  Ute  prn- 
dcnte  8.  T.  ut  dicitur  factam,  8.  t.  dict4)  domino  lohanni  opiscopo  Lntho- 
misBlensi  de  dicta  ecclesia  Olomucensi  Ute  huiusmodi  adhuc  curam  dicto 
domino  cardinali  pendonto  indecisa  dicitur  providisso.  Supplicatur  igitur 
humiliter  k.  v.  pro  parte  prefati  domini  AlsHonis  electi,  quatenns  causam  H 
causas  huiusmodi,  quam  seu  qua»  movet  seu  movere  intemlit  prefato  domi- 
no lohanni  episcopu  tarn  .super  ecclesiaOlomucenHi  ijuam  cciam  pretensepiv 
stalacionis  ac  nullitatis  et  iniusticie  ipsius  ac  processuum  indo  secutorum. 
quam  nullitatis  processus  per  dominum  caidinalem  Pisauum  in  recepcio- 
nem  pretensorum  testium  partis  advcrse  habiti,  committere  alicui  ex  rev.*" 
patribus  sancte  Romane  occlesie  cardinalibns  audiendum,  decidendum  et 
flne  debito  terminaudum  cum  omnibus  et  singulis  emei'geuciis,  iucidencii«, 
dependencÜH  etconnoxis  cum  iHttestato  citandi  ipsum  dominum  lohannen 
episcopum  prcfatum  omnegquo  alios  et  singiilos  sna  commnniter  et  divisim 
Interesse  putanteu  per  edictum  publicum  in  Komana  curia  et  in  partibas 
in  civitato  Olomucensi,  cum  ad  eum  non  patot  tutns  accossus,  tociens  qn»- 
ciens  opus  fuerit  aflBgeudum  necnon  inhibeudum  dicto  domino  epi8Cop<>. 
ne  Ute  huiusmodi  pendento  indecisa  aliquid  innovot  vol  attemptet,  eciun 
Bub  peuis  ecclesiasticis  de  quibus  sibi  vidobitur;  nun  obstantibus,  qui><l 
causa  seu  causa  huiusmodi  forsan  de  soe  natura  non  sint  in  dicta  carii 
tractande  seu  finiendo  aut  ad  eam  legitime  doTolute  stilo  palacii,  wüiii- 
tucionibus  apostolicis  et  aliis  in  contrarium  editis  non  obstantibus  qoi- 
buscanquc. 

In  fine  vero  dict«  commissionis  sire  supplicacionis  cedule  8cri|iU 
erant  de  alterius  maniis  littera  superiori  litt«re  ipsius  cedulo  penitus  et 
omnino  dissimili  et  diversa  hec  verba  videUcet:  De  mandato  domini  nu^tri 
papo  audiat  rev.'"""  pator  dominus  cardinalis  Placentinus,  moneat  diclum 
Alssouem  iutrusum  et  eius  adhcrentcs  sub  pcnis  et  censuris  etc..  q<i<^ 
desistant  ab  occupsicione  etc.  cum  citacione  oportuna  in  casa  etc.  ecitu» 
per  edictum. 


8S5 


fiost  eoins  qnidem  oomniasioiik      rapplicMsionis  evdnl«  presmt»- 

cmm  et  rHrepcionem,  proJuctis  pcinm  nobis  per  bonorabilem  virum  ma- 
giütmiu  Gerarduni  lie  Werdeua  iu  lUtmaua  curia  et  dicti  rererendi  patrit« 
domini  lobanois  episcopi  LuthomisleDsis  priucipolis  in  dicta  nubis  facta 
<i  presratata  eommiasion«  prmdpaliter  iMmioatl  procnratonm,  d«  eaioB 
pn^cumtono  mandato  noblt  UgitillA  »titit  facta  GdoH,  aonnwllibt  iMÜblW 
fii?f  f:VTii<  A^  inf  itniiiiiilum  aniinum  ii<'«tntm  1«  non  tuto  accocsn  ad  ipsnni 
AU«<iDpm  et  aüos  adbereuUui,  ipeisqui«  toHtibuä  per  uoü  rite  receptis,  ad- 
■Bm,  inmtis  et  fidalitor  «ximioati«,  aabseqiiMiter  fidmiM  per  enndeni 
mgütram  Geiwdiun  de  Werdena  procuratoreci  quo  anpra  uomine  coram 
noliü  constitutum  dfbit^»  nun  inst:inrin  n'quisiti :  'iiiatonns  ^ilii  littfTim 
moaitona»  et  ia  eTentnoi  citutoria«  contra  et  a<lToräus  AUi^ouem  princi« 
pal«  in  eadem  nobia  beta  et  preaantata  oemmiaaione  principaliter  do> 
aUntiuD  aiiwitt«  ooeaeiooe  prediete  eedleaie  Olomaoengia  «dhereiitee  per 
»■dictnm  [nibHcnm  in  Romann  rnria  et  in  partibus  in  locis  circumvicinis 
ijieqnenduin  iuxla  vini,  forinain  et  effectum  ugoatur«  comuuKBioma  ftupra> 
dict«  decernere  et  concedere  dignaretuur. 

Nes  qpitnrBmida  eardinalia  index  et  ewnmiaaariua  prafataa  atlen« 
dent<>>  huinf<niodi  reqiiisicionem  fore  iiistam  et  conHonam  rnciuni  volentcs- 
que  in  caasa  et  causis  ac  uei,'f>cio  hniu'-inotif  rite  et  legitime  pror»  ilcr»'  :ic 
partibu»  ipäiä  dante  dominu  iusticion  miniKtraru  ut  ti'ueiuur,  et  quia  ex 
iafeniMiaone  teattam  predktoinitn  repenmsa  «d  ipram  Aheooem  et  tarn 
adbemitee  tntnm  non  patere  aeeeBaum,  idcirco  anetoritnte  apostolioa  nobia 
in  hac  part«-  <"An<r!i>^«!i  p«r  lux-  jiresens  publicum  r  lirtüm  in  jimiicucia 
|iublica  litterarum  rantnulictarum  «licti  domiui  nontri  pape  legcudum  ac 
lalm  Mn  portia  eancti  Stepbanni  Constaocie  pro  loco  andieiicie  canearum' 
apMtoKee  apecialiter  depntato  ac  catbedralix  Constanciensin  necnon  in 
[lartibiis  et  loci»  circumvicinis01oiiiii(-i  :i-;.s  vi  Liit.liiiiii\>l''n-is  cathf  lrnliiim 
«cclesiarum  affigendum  prufatoü  AUsouem  iulruHum  eiuMquo  adhereuto« 
tcaei«  pneenciiun  letairiniiM  et  noneinns  primo,  secaodo,  terci«  et  per« 
«üptoiie  eiaqve  niehibnünaa  et  eomin  CDilibet  in  rätnte  eanete  obedien- 
li»  «t  üub  excommuuicacioniH,  agravaciouis,  reagravui  iniüs  iw  t  er!' stastici 
ijilerdicti  in  loca  ponendi,  ad  quo  talos  dociinari  contigerit,  ac  privacionis 
tt  inhabilitaciüuis  beneficiorum,  dignitatum  et  bonorum  feudalium  ecclesia- 
«tieoran  qoemmennque  ebtentomm  et  obtinendonm  penis,  qnaa  ipaoa  et 
e-imm  qiiemlibet  contrafncientem  incurrere  volumus  ipso  facto,  nisi  fece- 
rint  qup  mandannis.  listricte  procipiendo  raandantrs:  «juatenug  infra  duo- 
ircisa  diemm  Kpaciuni  post  lectoiam  in  audiencia  publica  et  aftixioncm  et 
ipineidonem  in  valvia  «en  portta  antedictia  necaon  pabUcadonem  et  exe- 
cadoBen  preeeneion  modo  et  fimn*  ptemiaaia  fiMstia  inmediat«  eeqneo- 


326 


cinm,  quiiruin  (iiioilocim  dicron  qoatuor  pro  primo,  quatuor  pru  liccunlH 
«t  reliquos  quatuor  dies  eis  et  eomm  cuilibut  )iri>  tcrcio  et  peremptorio 
termmo  ac  monicione  canouicu  asbiguamus,  iyau  Alsso  et  alii  sihi  ad- 
htrantM  aea  aliu  bonomm  diete  ecclMi«  OkmracMiBU  oocopstom  ab 
occupacione  et  detoncione  eccleeie  OlomucenBi-s  possesaioneqne  eiosdem 
occipsio  necnnn  civitadim.  toirarum,  castroruiu,  vilhirum  ot  aliorum  qi;  • 
rumcuuque  bouoium  aJ  eaudeiu  ecclesiaoi  spectauciuui  et  pertineucium 
deustant  illisqiie,  prehto  domino  lohaiini  episo^o  sen  «im  lagitiino  pro- 
eonitorio,  le^itimo  <  *  <]ant  et  illam  sen  tUa  dimittaot  realit4>r  et  cum  effeetn 
et  iiiiipliiis  f-i-  viu  fij^ilviii  nmi  iiitromittant  nei;  de  cetiTn  •■iiinl.'ii)  .ionunnm 
lobauneu  epiMcopuui  su|>er  illiü  impediant,  uiuleätcut  vel  purturbeut  hü 
per  aUos  impediri  procurant  neenOD  infr»  triginta  diM  dictoe  doodeoB 
diefl  inmediite  aoqnentM  m  noitrii  hninmiodi  monieioDibua  parniiM  nos 
▼el  aliiitii  loni  nostri  fursiin  snrrogandutn  iudicem  et  comiiiissarium  certi- 
Aceat,  aiioquia  dictis  tenuinia  eli^is  per  simile  edictum  modo  et  forma 
praninii  «n^Biodiiai  pnfiitaiB  AIimiimb  et  liki  idhanstM  cilnu: 
qnatenuB  vioeflimA  die  post  pnbUcKienem  presenoium  modo  «t  fonu  pro* 
nÜMis  faetUB  et  termiuos  antedictos  inniodiate  »<i'queutos,  dies  ipsa 
trieesiina  inridica  fnerit  et  nos  vel  alias  loco  nostri  forsan  surrogandus 
iudex  et  commissaiiuä  ad  iura  reddeuda  pru  tribuuali  sederimui>  vel  sede- 
rit,  alioqain  proxiiiia  die  inridica  ex  tone  ininediate  aeqnuite,  qua  bos 
.  Tel  surrogandum  iudicem  et  commiseariBm  |Cedictiim  Coostancie  vel  alibi, 
ubi  tunc  forsan  dictiis  dominus  nostfr  papa  cum  sua  curia  re«idebit,  hora 
vcsperorum  vel  quasi  cousueta  ad  iura  reddeuda  pro  tribuuali  sedere  cvd- 
tigerit,  comparemt  in  iudieio  corau  nobia  Tel  ramgando  pndicto  ptr 
so  vcl  procunitoreu)  seu  procuratoree  buos  idoneos  ad  oaniam  aaa  canHt 
liuiusuiodi  suffici'-uter  iM^itruct<>s,  se  seotencias  et  penas  ae  eeniiiaapn- 
dictas  doclarari  viauri  ac  causaui  racionabilem,  quare  id  flMi  HÖH  dabeak« 
aUegatori  aliaaqae  didnri,  ftetoii,  anditnri  et  reoeptori,  quod  inaticia  wa- 
debit  et  ordo  dietaverit  raciouis.  Coi-tificantes  nichilominna  aoadan  MUii* 
tos  et  citat^is,  «luod.  sivc  in  diclo  citacionis  tf'rmino  ut  premisstim  «'st  com- 
parero  coravuriot  aive  nou,  nos  uichiloniiuus  vel  surrogaudus  predicius 
ad  deelaracionflm  liiiaaBBadi  alias  ad  premiaaa  «BBaia  et  eiugula,  proat  de 
ior»  poteriatua  sive  poterit,  prooedemm  aire  proeedet»  di«toniin  nMniteran 
et  (■itat«>runi  ahsoncia  seu  contnniaeia  in  aliquo  non  obstante.  Locn  \m 
audieucie  publice  c«utradiclarum  ac  valvarum  seu  portaruni  ]irt'di(-tarum 
ecclesiarum  tamquam  publica  et  jdonea  ad  mouicionem  et  cilacionco 
noatras  bnioamodi  pnblicaiidniB  ad  inatar  edidomm  pnblicomm,  qnedÜB 
in  albo  pretorio  scribebantur,  duximua  el^(aBda»  qne  pnaentes  nostnt 
citacionem  et  mouicionem  auo  qnaai  aonoro  preeooio  ac  patnlo  indid« 


Digitized  by 


3S7 


paMkabont,  in  qnitnu  IpsM  monidoiitin  «(  dtadonrai  modo  pranisso 
d<H:r«Timas  publicuidas,  ne  prenominati  AUso  ex  adveno  principAlis  et 

itJhfn'iites  sie  moiiiti  et  citati  do  jireniiBHis  ijjnnninciam  aliqimlitpr 
^t«Ddere  valeajit  seu  inpostorum  qaomodolilHit  allegare,  ciitii  tion  sit 
luiiinile  «pot  die(M  aie  nimloi  «t  ^Ma»  nma»»  iacognitum,  qnod 
tat  patantsr  et  notorw  «stitit  omiubaa  pnblkatimi,  volantaa  niehiloininiu 
ft  Jitta  anctoritatp  apogtolica  dMeniPiitfs .  qtM.i  huiiismodi  monicio  et 
citatio  prefatos  niouitos  et  citatos  taliter  arceat  vt  asti  ini^it.  ac  si  eis  et 
•oniD  cuUibet  fuisseut,  essent  proueucialiter  et  personaliter  iutiinate  et 
indDaato.  In  qnorani  omnioni  at  singnlomm  fldan  et  (aatinuniiinn  pre- 
■liiBUiim  presentes  nostras  littenu  Hive  preeana  publicum  instnimantnm 
huiuiimodi  nostras  nionicionpin  et  citacionpm  in  m  continonto'S  sivo  con- 
tinens  exiude  äeri  ut  per  üuaricum  uotarium  publicum  uustrumque  et 
kainoMdi  eanaa  wtm  nobia  aeribam  infinweriptuai  aabseribi  et  pnblicari 
naadanmna  nostrique  sigilli  iussimua  et  fecimus  appcnsione  communiri. 

Datum  '-t  actum  ('onstancic  pruvincio  Maguntiiic  in  Jouiibus  imj-trp 
sollt«  residencie  buh  aauo  a  oativitate  doiuini  M°  quadriageutesimo  do- 
eiBM  octBTO,  indieiona  nndaeinu,  die  vfiio  aaptima  manaia  Uaif  pontiflcaioa 
dieti  donini  naatd  doniiii  Martini  papa  qvinti  anno  primo,  pnaantibus 
if'il'm  rpvfrondo  in  Christ»  patrf'  doniino  AUexio  episropo  PlacentiiM 
D«ciiuu  veucrabili  viro  doiuinu  Niiolao  de  Liptdvia  prepOHitu  Wespriiueuiii 
tialänu  ad  premissa  vocatia  specialiter  et  rogatis. 

Et  ag»  Henriaui  Bannar  darieoa  Padabnmenaia  diac.  pobUena  apo* 
stolica  auctoritate  notariu»  dictiqne  ravereadisHimi  in  Christo  patris  et 
dijinini  doinini  Brande  cardinulin.  indicis  et  oontniissarii  causanim  et  cause 
boittsmudi  coiani  eo  »criba,  quia  pre»euti»  luuuiturii  peticiom  eiusque  de- 
ento  gnuiibnaqaa  aliia  et  aingalia,  dum  aie  at  pranittitar  agarantur  et 
ferent,  unacam  pranominati:!'  t^stibna  presens  interfui  eaqne  sie  iicri  vidi 
't  aiidivi,  iJe<i  preseiis  puldiciuii  instruniciilimi  liiiiiistniMii  in<iiiitiiriiiiii  in 
^  ci.iutiiiens  per  alium  me  aliunde  occnpatu  üdeiiter  scriptum  de  ntaudato 
VMBadom.  eardinaüa  indida  ateonuniaaarii  «xinde  oonfeci,  pablieaTi  at  in 
haue  poMicam  formam  redefn  sipnoriup  et  nomine  meis  Kolitis  ot  c^msue- 
tis  unacum  prefati  .li>!nini  i  aiiliiialls  iudicit*  et  comniisfui  ii  stirilin  sitjnavi 
rogataa  et  requisitus  iu  fidom  et  teBtimonium  oomiuiu  et  siugulurum  pre- 

Ood.  860^  pag.  879— BB8. 


328 


IV. 

Bischof  Johann  und  das  Capitel  von  Leitomtschl  schUessfti  ein 
Bilndnis«  mit.  Wenzel,  dem  Administrator  des  Olmiltzer  Bistkams, 
und  dem  dortigen  Capitel  zu  gegenseitigem  Schutz  und  zur  Ver- 
theidigung  gegen  W'ikleßten  und  Husiten. 

Leitomischl,  1416.  Jnni  25. 

lobannos  doi  gracia  cpiscopus  Liithomislonsis.  Ad  motnoriam  et  eri- 
denciain  iufi'a.scriptoruin  notum  ess«  volumus  universiK,  quod  nos  unacnm 
honorabilibus  viris,  prioiT  et  capitulo  ilicto  ccclesic  Lutliomislensis,  mstni-a 
et  exacta  deliberaciono  prehabita  animadvertimus  et  rito  ponsavimus  ern)- 
ri*s,  disBensiones  et  scandala,  que  proch  dolor  temponbus  nostris  sunt 
exoi-ta,  sathagentes  adveiHOs  talia  occurrere  viis  et  modis  opportun». 
Quamobrem,  cum  quidam  lohannes  WiclefT  Anglicuf«  malMÜcte  memori« 
heresiarcha  quandani  heieisini  dudum  ante  datnpDatam.  ex  quam  pluribas 
collectam  et  r^novatam  plurimorum  fidolium  tu4>ut«s  infecerit  et  non  solnm 
in  regne  Anglie,  verumeciam  ad  extei-as  partes  perrenerit  eius  perniciosa 
doctriua,  nominatim  ad  regnum  Boemiae,  cui  subest  marchionatus  een 
principatiis  Moravie.  cuiuR  errorem  et  hcrejsim  quidam  lohannes  Hus  iam 
condempnatiis  bereticus  per  sacrosanctum  concilium  Constanciense  quisi 
pro  ceteris  apprchendit  et  prout  videtur  experiencia  («staute  magoam 
paii^mi  Boemie  r^ni  ac  eciam  marchionatus  Moravie  p«rniciose  infccit 
et  tarnen  effecit,  quod  multitndinem  spiritualium  et  secularium  et  quam 
plurinm  aliorum  utriuHque  sexus  in  devium  et  in  rebellionom  eccl6«ie 
catholice  induxit.  qui  ociam  a>l  tantani  vesaniam  di'venerunt,  ut  errorw 
tales  eciam  usque  ad  sauguineni  defeusare  conentur  et  Universum  cleran 
atque  fideles  conculcare  vclint  et  dolere,  prout  iam  ex  quihusdam  prow- 
dentibuH  ipHa  experiencia  docet.  Np  igitur  in  tarn  periculosa  certamini' 
deßcere  videamnr  aut  tanta  et  talia  conniventibus  oculis  pertransire,  cum 
auctoritas  canonica  dicat:  error  cui  non  rosistitur.  approbari  videtur.  cl 
cum  omnis  virtus  collecta  forcior  sit  so  ipsa  divisa,  ad  honorem  igilor 
omnipntentis  ac  pro  defeusione  fidei  orthodoxe  statnimus  tantlH  malis 
nostro  posse  obviare.  Nam  memores  sacre  scripture  esse  debemus,  w 
quod  omnia  quo  scripta  sunt  ad  nostram  doctrinam  sunt  scripta,  und« 
nisi  vir  furtissimus  ludas  Machabeus  ecciesiam  fidelium  congroga.s8et.  in 
quo  pcriculo  oranes  fideles,  qui  tunc  erant,  reraansissent.  (|uia  priwiii 
dubio  extorminata  et  a  luce  presenti  deleti  fuissont.  Idcirco  nos  unacum 
nostro  capitulo  ac  reverendissimo  iu  Christo  patre  et  domino,  domino 
Wenceslao,  patriarcha  Anthiocensi,  commendatario  perpetuo  ecclesie  Oli*- 


329 


DBceosiB»  domuio  nostro  fndoto  cA  capitulo  ipsius  ecck'Hie  OlomaoMatü 
iopra^lkte  conoirdiaiu  seu  moilTira  cnni  nriiii-  iüi\iiiius  ft  id  ipHum  vigorc 
ff««eBciiim  stttbilioiiu,  at  omocs  otriusquo  eoxuii  et  coiascumque  coa- 
Saarn  «xiatent,  non  lotoiD  deriow  T«iiiin  edsm  lucoi  in  pnMnti 
■itaris  tdmnnt  qnoaeamqiM  iafBaores  at  p«rturtetoir«s  4«f«nd«ra  vali- 
OOS  ipsosque  in  nostram  äffflnsionm  assiiniininius.  volentosi  eo»  non  so- 
!um  «pirituali,  quiuymo  et  tetnporali  gladio  prutcgere  (iimutum  posHunuiä 
«tmh;  et  iii  firmitatia  »iguuiu  «t  rubur  decrwimuti,  prouiüimuti  et  viguro 
praantinni  HaorniiBM  «t  promittumu  svb  pnritata  fidai  «i  boii«ria  {tn- 
djcto  domino  nostro  gracioso  et  capitiilo  ipsius  piefato  iidcliter  asnisten, 
ioTarf  et  adherere  am  b.inis  nostris  iiuacum  capitulo  uustro  pielibato 
tarn  diu,  quousque  lata  perniciosa  doctrina  predictorum  hvrtiUctiram  non 
Aufit  finaliter  de  ttga«  «t  uarehioiittD  pradktlft  «Uniinata  •(  entdkate  m 
toto.  Id  quoque  simili  modo  prefatus  dominus  no«ter  graciosus  uobis  et 
capitolo  nostro  prf.tiiisit  fideliter  a^srstctv,  iuvare  et  adhcn  n-  c'nin  honh 
ma  ac  capitulo  buo  iam  dicto  sab  puritate  fidei  et  buuorie,  screniMäimiH 
prineipibH  et  doniius  iM»tr»  videlicet  WeooaslM  at  SigianniDdo  Roma- 
nonua  etc.  ragibni  doBtuat  exceptis,  qui,  ut  speramus  in  domiuo,  tali 
wntagione  non  <>xintiint  macuiati,  sed  pocius  coufidiinu»  et  sperarf  ilclip- 
atm,  qtiod  et  ipm  odversue  tarn  iasenaatoi»  et  erroueoü  uobia  »uxilientur 
•t  opertVA»  raeoimal  St  not  WeneedaoB  prior,  MaryniiB  caatoa,  Im> 
ftodiiB  cankr,  PetniB  aoolistkiis  aaenoo  totvm  cftpitilnn  LodwodslanM 
«de«!«  predict«  ad  ouinia  et  sln^tln  fiipradicta  nostruin  consensnui  ma- 
tura  deliberacione  prehabita  prebemus,  volenteü  in  fide  catholica  coDstaater 
iienuauere  et  adveniut»  pertarbatorae  aluadem  predietoa  dominoa  et  patraa 
owtroa  aiA  «iadem  penis  laboi  et  coipwe  invaw  et  «is  fldelit«r  aaaiatare 
Mo  {Kiese.  In  quorum  evidenciaui  et  robur  iiiai  ris  fu  mitatis  sigilla, 
vt4elic«t  domini  nostri  epiHcopi  et  nofltnim,  du  ci«rtä  nogtra  nciencia  et 
volaatate  prosentibus  sunt  appeusa.  Datum  et  actum  LuUiomiäsil  ia  ca- 
pitnlo  nwlro  aono  doniiid  miUaauno  qoadriiigeiitaainio  aezto  dedmo»  feria 
9n»t»  in  octafa  oorpom  dirüti. 

N';i>')i  o'iiK-r  AVischrifl         (lern  Ori^'iii.il  iltw  OlMUtiar  CeplleUralliv  im 
BüUkrijcbeQ  LandeMirrhiv  iBoiek'scho  Saoinilung). 


Xnhir.  Bi.  LXXX.    U.  Htm«. 


330 


V. 

Da«  Concil  zu  Constanz  überträgt  Bischof  Johann  von  Leito- 
misckl  die  Administration  der  Olmützer  Kirche  bis  zur  Wahl 
eines  neuen  Papstes  und  drei  Monate  darüber. 

Constans,  1416,  D«cember  14. 

Sacrosancta  et  generalis  Hyiiodus  Constancionsis  dilcctis  e€cle«ic 
filiis  univeriiis  vasallis  ecclesie  Olomnconsis  salutem  et  dei  omnipot«ntU) 
beuedictionem. 

Quo  ex  iuspiratione  gratie  divine  proveniunt,  deb«nt  derotonuo 
Totis  accedere,  nt  ex  illis  et  spiritualo  consequantnr  gaiidiam  et  ipsi. 
quantuin  in  eis  est,  deducant  proprie  ad  effectnin.  Sane  dodum  eccle»ia 
Olomuccnsi  tunc  certo  uiodo  vacant«,  Baidassar,  tunc  Johannes  papa 
XXIII,  predictam  ecciesiam  sie  vacantem  b.  in.  Wencesla<i,  patriarcbe 
Anthioc«no,  per  eum  tenendam  ac  etiam  gubernaadam ,  qui>ad  viveret. 
per  suas  littenis  auct<iritat<>  aivostolica  commondavit.  Cum  itaque  p«6t«a 
dicta  commenda  per  obitiim  prefati  patriarcbe,  qai  in  partibus  illia  de- 
cessit,  expirasset  dictaque  ecciesia  Kecundum  premissa  fnisset  et  e»«et 
paRtoris  rcgimine  destituta,  noH  attendentes,  quod  Lutbonilslenüis  et 
Olomucensis  dioceses  essent  contigue  quodque  venerabilis  frater  lohannes, 
opiscopus  Luthomislensis,  qui  ecciesie  Luthomislensi  eatenus  laudabilitu 
preenit.  prout  tunc  etiam  preesse  dinoscebatur,  administrationeni  ipsiiL« 
ecciesie  Olomucensis  in  spiritualibus  et  teniporalibus  usque  ad  prefinituic 
tempus  infi-ascriptum  posuet  landabilit«r  et  utiliter  exercere,  ac  spersntes, 
quod  ipso  propter  conversationem  laudabilem  et  monim  placidam  honf- 
statem  ac  in  spiritualibus  provideutiam  et  in  temporalibus  circumspectio- 
nem,  quam  uedum  ex  fide  dignorum  testimoniis  sed  etiam  couversatione 
ac  actibus  suis,  dum  hic  apud  nos  et  unus  ex  nobis  existeret,  oimproba- 
vimu8  evidenter  et  pro  quo  etiam  dUecti  ecciesie  filii,  capitulum  ccciesif 
Olomucensis  per  corum  patent«»  litteras  asserentium,  so  enndem  loban- 
nem  episcopum  in  ipsorum  et  ecciesie  01omuc«n6is  prefate  sie  racaiili" 
episcopum  et  pastorem  concorditer  postulasse,  super  hoc  nobis  hamilit«' 
supplicarunt,  [ut]  idcm  lohaunes  opiscopus  ipsi  ecciesie  Olomuccnsi  esM 
posset  multipliciter  fructuosus:  prefatum  lohannem  episcopum  admioi- 
stratorem  ipsius  ecciesie  Olomucensis  per  eum  usque  ad  electiouem  sununi 
futuri  pontiticis  et  postea  per  tres  menses  duntaxat  regcndam  et  etiam 
gubernandam  in  eisdem  spiritualibus  et  temporalibus  per  nostras  litten! 
premissorum  intuitu  constitninius  et  ordinavimus,  curam,  regimen  et  od- 
ministrationem  ipsius  ecciesie  Olumuceusis  in  eisdem  spiritualibus  «t 


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331 


tanpondibna  aihi  intarim  plenarie  oommitiBndo,  nt  ipse  dictun  ecdesiam 
OlomncenMiii  hmiuniiodi  administnunon«  dmnte  ■piritnftliter  «t  iempo- 
nltter  inxta  datun  sibi  a  Deo  pradeniiam  ngtret,  dirigarvfc  et  aiigman« 

iaret,  ao  J)>  fhictibus,  redditibus  et  proventibas,  inribns  et  obTentionibug 
univ«  isis  iid  meusam  episcopalem  Olomvoenaeni  speetantibus  ordioant 
vi  dispon^  i  ot,  proiit  vcri  Olomacense»  ppiscopi,  qni  fuorunt  prn  tempore, 
de  ilUs  di^ponere  potuprnnt  et  ptiain  ilf^buorunt,  ulienatinnp  tanion  bono- 
rum immobiliom  ot  pretiojsorum  raobilium  iiisius  t'c<l<^>i('  silii  penitiis 
interdicta.  Quocirca  discrotioni  vestre  per  notstm  Hcripla  muudamus,  qua- 
teDU£  eimdem  lohanuem  episcopum  pro  nostra  revorootia  dicta  darante 
toumukäM  dabüo  proseqnentea  bonore  ac  ipsius  monitia  «t  mandatia  affi- 
cadier  intendentea  «i  ftdalitatem  solitam,  necnon  eonaneta  aervitia  et  iura 
a  nobia  ddem  epiaeopo  Olomvcenn  enstenti  pro  tempore  debita  ezbibere 
integre  studeatia»  alioqnin  aeatentiam  sive  penam,  quam  idem  epiacopna 
rite  tolerit  aeu  statuerit  in  rebellea,  ratam  babebimns  ot  faciemus  auctoro 
(Domino  usquo  ad  Siiti^factionem  condignam  inviolabiliter  <  i  vuri.  Da- 
tum CiinstÄntie  XVIII.  kalendas  lantmrii,  anno  a  nativitate  «Intitini  mil« 
lesimo  quadringeateeimo  sexto  decimo,  apostoUca  sede  vacant>> 

B.  de  JBoBsiB. 

Kaeh  einer  Abaehrift  in  der  Boiek*iohen  Semmluiif  im  mihriielieD 
IJMiJawareldT  ena  dem  Origlaal  im  enUMhOflieben  Aidiiv  in  Kremiier. 

VI. 

Krhtig  Wenzel  von  Böhmen  freist  diu  Wahl  Martins  V.  zum  Papste 
lUid  bittet  ihn  um  ßestätijfuuy  des  yewählten  und  vom  Prager 
EnAiiehof  Conrad  wdinirUn  Albreeht  aU  BUehof  von  Oimütx. 

[1417.] 

Sanctissime  pater  et  domine  reTerendissimet  Poatqaam  anriboB 
BOBtria  ittwiiTiit,  quod  S.  V.  nntn  epiritua  sancti  ad  apieem  aedia  apoatoliee 
loret  sttbUmatai  beata,  iocnnda  et  plarimam  grata  eiHrdi  noatro  gaadia 
MGrenrant,  w  eo  predpne,  qnod  benedietoa  dotniniiB  deaa  larael  nedmn 
nbi  Terum  et  urbi  patrem  contnlit  et  pastorem,  qni  sue  roctitudiuis  virga 
nget  popnliim  in  oqnitat«,  splendorc  sapiontie  corda  fidelinm  illustrabit 
fiponsam  Christi  liberabit  ab  incursibus  emulonim.  TTiinc  exspoctabat 
*c<lesia,  huuc  cleri  «l^votio  postnlabat,  hunc  omnes  ot  singuii  ana  nobis- 
cttm  toUfi  affeetibus  peroptabaut;  gaudet  imperium,  exultant  regna  et 


332 

siugule  pritviiicie  C4jlletantur,  qiiouiaui  ipse.  qui  prius  coliunpna  fuit  eccl«- 
sie,  factns  est  vicariuK  Christi,  quem  oxornat  Nipientia,  quem  venostai: 
moram  facit  luce  clarius  prepollere.  Congnmlont  genes,  iuvenes;  tripudiaot 
et  virginog  cum  iuvenibus  et  vocum  modulamiua  prorumpunt,  quoniam 
illum  patrom  ko  habere  agnoscunt,  qni  iusticiam  confovet,  caritatis  opera 
imitatur  et  unicuiqne  jus  proprium  nititur  r«ni<ervare.  Verum  P.  B.  ob- 
Burgentis  atnoris  affectum,  quem  aü  personam  nostram  hacteniig^habuistis, 
astsiduo  aJ  iiostro  petitionis  instantiam  negotia  nostra  promovere  et  pii» 
mentibug  et  affectibus  dirigere  non  sprevistis.  Ideo  S.  V.  devotis  et  httmi- 
Ubus  precibUB  duximus  preseutibus  exuraudum  in  de^idcriis  cordis  obti- 
nont«s,  quatcnns  personam  nostram,  quam  S.  V.  unacum  inc^lis  et  in- 
habitatoribuH  tani  spiritnalibuK  quam  secnlaribus  coroue  et  regni  nostri 
Bobemie  et  aliorum  principatuum  noKtrorum  humiliter  et  attent«  recom- 
mendamus  robis  recommissos  snsripiendo  nos  et  ipsos  more  pii  et  benigni 
patris  et  domini,  qnemadmodum  prins  benigniter  facere  consnevistis,  »in- 
ccris  affectibus  prosequeudo;  et  specialiter  venerabilem  A.flbfrtumj  t/i 
ecciesiam  0[/omucen*em}  eku-tum  et  per  venerabilem  Cfonradumj  archi- 
episc^pum  Pragensem,  apostolice  sedis  legatum,  l«Ki  urdinatum  principem. 
conHÜiarium  devotum  not^trum  dilectum,  sede  apO!<tolica  pro  tunc  vacanU 
confirmatum,  capellanum  devotnm  nostrum  dilectum,  nostre  c^mtemplaci'» 
nis  intuitu  tamquam  benenieritum  conftrmando  et  si  opus  fuerit  sibi  de  ea- 
dem  ecclesia  de  novo  miniiiterio  pmvidendd.  Nam  cousimiles  confirmatio- 
nes  sede  apostiilica  vacante  ex  sacro  concilii  decreto  in  aliis  regnis  et 
principalihus  obtinuerunt  et  obtinent  inviolabilis  roboris  firmitatem,  qnod 
etiam  nobis  non  ambigimus  fieri  debere  et  nos  et  regnum  nustrum  circa 
talia  effectualitor  consenare,  (qnia]  per  einsdem  etiam  A.  promotioneni 
procul  dubio  plus  providebitur  ecrli-sie  quam  persone  Ktiam  si  regia  nostra 
serenitas  ajKTte  n<in  agnosceret  prefatum  A.  ad  predictam  ecciesiam  l'>n 
ydoneuni  et  Kuflkientem,  nequaquam  pro  ipsius  pnmiotione  v^ibis  et  socr' 
Constantiensi  concilio  tot  et  tantis  vicibus  prius  scripta  sua  direxis^. 
Pot«rit  namque  ea<1em  0.  ecclesia  in  suo  felici  regimine  salubria  i!a«ti- 
poro  incremeuta,  ad  que  sibi  cuoperare  proponimus,  pront  fuerit  op^Mlu- 
num.  In  casum  etiam  si  tempore  medio  apud  S.  V.  aliqua  contra  matrem 
nuHtram  et  A.  supradictnni  modo  etiam  quocumque  attemptaretur  per 
quempiam,  oadem  non  advei-t«nte8 ,  sed  pro  nihilo  habent«s.  quoasque 
Serenissimus  etc.  frator  noster  carissimus  uobiscum  constitutus  fuerit 
propria  in  persona,  qui  S.  V.  porsonam  nobis  multum  gratam  de  pre- 
missis  et  aliis  nostris  peragendis  negotiis,  super  quibus  sibi  ad  prown« 
scripta  nostru  dire\imu6,  uostro  nomine  clarius  et  lucidins  iufonnabit, 
specialem  in  eo  P.  V.  maiestati  nostro  gratiam  faciendo.  Persouam  vestnun 


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833 


»anam  et  incolumpn  consenrare  di^^netar  »ItiMbnus,  ngünini  eccleSM  sae 

sauet«  feliciter  et  longeve  etc.  etc.  etc. 

Nach  einer  Abacimft  in  der  Boäek'schen  Sammlung  im  mfthriaehM 
fwifeiifchiy  au  tiam  Maanieiipt  1b  OlmlUMr  Capitebudihr. 

m 

Articuli  concepti  per  dominum  e^Ucopum  LuthomüiUiutein  pro 
hanor»  domün  regi$  ad  promoeioMm  dieU  Äl»$onx§. 

Primo:  ai  et  in  cäsu  dominum  rex  null!  velkt  cunHentire  dumino 
>  p,rco(m  de  ecclesia  01omacen»i,  ud  quam  per  aedem  apostolicam  est  pro» 
nnnt,  tan«  into  omnia  dominns  nostwr  m  nrnndat  restitai  nniTem  et 
i^iiignla  boua  caii*iuicis  et  clero  occupatu  per  quoscuuqite,  ue  ultarionfl 
tlainoiesi  voniant  in  curiani  et  qutMl  amplius  eos  non  tnolestont. 

Iteiu:  saut  treugo  ab  utraqu«  parte  äerviit«  usquu  ad  fetttuiu  b.  Galli,' 
«I  M  qnia  neseitor,  n  cito  ponlDt  fkela  in  eoria  aedis  apostolicft  tenui- 
nari  et  slgnanter  projitci  n  cessum  domini  pape  ad  remociorem  locnm. 

It*m:  inteiiin  .1  AIsm'  non  inpmt  se  ad  regimen  eccl.  sit'  Olinnu- 
(«osis  tarn  in  spirituaiibus  quam  in  temporalibus  excepto  Castro  Melicz 
<t  opido  WiMhaw  com  omnibot  p«rtin«ndi8  tnii  «t  alia  naignvt  domtno 
t^UMStit  tamqaam  filius  obediencie  sedis  apostolice,  qaod  p^ssit  d.  «pi- 
Kopns  nnacum  <:a|iituli>  a<l  iioticiam  domini  pape  deducere,  qnaiiter  pa- 
niuset  d.  Alsso  maadatlB  apostolicis. 

Item;  tane  d.  noeter  rex  dirigat  nondos  aooa  ad  d.  qioatdieam  pro 
ftmodmo»  domini  Alssonia  ad  ecdesiam  Olomneeaaem  vel  Lnfhomislen- 
•füi.  secandum  ijuiKi  videliitur -sihi ;  et  il.  opiscopus  pro  Toliintate  regia 
donuni  dirigat  auacins  suos  cum  ph  iio  inaudatu  eciam  ad  aedem  apostuli- 
OB  dans  pleniim  etaaeaamn  anum  pro  promocioue  domini  Aiasonie  ad 
fMimmqae  ecdeaiam  es  istia  dnabna,  ita  qnod  d.  epiacopo  maneat  nna 
Mcbaia  et  domino  Abaoni  aecunda  etc. 

Nach  einpr  Aliritlirift  .iiiü  (Ihiti  Wittinj».iii(>r  .\rrhiv  im  mHhriwhcn 
l.aadc*ari:hiv.  ( llorckM  in^  S.numJiiiig.j  —  Kiiutot  «icli  »uch,  worauf  icb  xu 
'['At  aafmKrksani  »iir<l>',  im  c->i\i-x  Nr.  251  den  mlhrteclieu  LandosarahlYi  im 
^■"'intnliiiig  mit  anderen  auf  die  Olmatier  Wahl  Benif  babandea  Stflekoa. 


>tS.  April. 


354 


vm. 

Bischof  Johann  von  I^iiomuchl  ladet  eine  Anzahl  geistlicher 
Pertonen  au«  der  Ohnützer  Diöcete  vor  sich  nach  I^itomischl, 
damit  sie  sich  von  der  Anklage  husitischer  Ketzerei  reinigen. 

Leitomiiichl,  1418,  FebniAr  6. 

Citatio  (>piscopi  Luthamislensis.  lohannes  dei  gracia  epitcn- 
pus  Luthi>init<l<»nsiB,  iudex  commiusarius  nt  ox<>cakir  otnniuni  ot  sin^la- 
rum  cansarntn  horosnm,  scismatum  et  emirum  dampnat«  memoi  ie  lohanni« 
Wicleff  et  Lihaniiis  Hus  heresiarcharum  in  provincia  ot  dioc<>«i  Pra^nsi, 
Olomucensi  et  LuthotnislenHi  quolibttt  exortanim  et  pnlalanriam  contra 
quaHcunquo  personas  ac  fantores  et  defensoros  seu  mutatores  conindtm 
a  sancta  sinodo  Constanciensi  universalem  ecclesiam  reprosentante  ifi 
spiritu  sancto  legitime  cvngrogata  8p<>cialit(T  datns  et  deputatns,  pront 
in  literis  dicte  sacrosancte  sinodi  CimstAnciensis  vobis  factis  et  directis 
picnius  continotur  et  est  expn-ssuui,  quoruui  copiam  proptcr  earum  nimiain 
prolixitatem  hic  inseri  obmifiimus.  Heresitute  (f)  tamen  de  iurigdicione 
nostri  parati  sumus  facere  plenam  ßdem  requisiti  (tie),  honorabiiibus  et  di$- 
cretig  viris  dominis.  n.  universis  et  singulis  ecciosiarum  plebaais  siv«  rect<:>- 
ribus  aut  vestra«  viccs  gorontibns  per  et  infni  civitatem  et  diocesim  Olo- 
mucensem  ubilibet  constitutis,  ad  quos  presentes  nostre  litere  penreneriDt 
et  qui  presentes  fucritis  reqiTisiti  seu  alter  vestrum  fuerit  requisitas,  a- 
iutem  in  doniino  et  mandatis  nostris  rmo  verins  dicte  sacrosanct«  sin<xü 
et  apostolicis  firmitt-r  obedire  vobisque  et  cuilibet  vestrum,  qui  ut  pre- 
misHum  est  preseutibus  fueritis  requisiti  seu  alter  vestrum  fuerit  requisi- 
tus  in  virtute  sancte  obediencie  et  sub  escommunicacionis  pena,  quam  in 
voH  et  vestrum  qnemlibet  trium  tantnm  dierum  canouica  monicione  pr^ 
missa  exuuuc  firmius  in  hiis  scriptis  si  non  feceritis  quod  mandamo^, 
auctoritate  apostolica  predicta  districte  precipiendo  mandamua:  qnatena« 
V'itum  de  Lumnicz  pretensum  ofßcialem  Olomucensem,  Sigismundum  olim 
capellanum  Laczkonis  do  Crawarn,  Nicolaum  Paulum  dictum  KajüDsr 
occupatorera  ecclesio  in  Straznicz,  lohannem  dictum  Nalucba,  Thomam 
et  duos  Blasios  occupatoies  ecclesia  iu  Paczlawicz,  Petrum  occupatorein 
ecclesie  in  Quaczicz,  Paulum  occupatorem  wclesie  in  Velika,  Lewstsch  et 
Lucam  occupatores  ecclesie  in  Wessel,  Andream  et  Wenceslaum  occa- 
patores  ecclesie  in  Ratay,  Martinum  occupatorem  ecclesio  in  Wnoroir, 
Thomam  Kleczkam  occupatorem  ecclesie  in  Lipow,  lobanuem  Bedrici 
filiam  occupat<irnm  ecclesie  in  TImaczow,  Nicolaum  occupatorem  ecclesi»" 
in  Napagedl,  Wenceslaum  dictum  Sklebong  ficcupatorem  ecclesie  in  Saro«, 


335 


Bartliolomeimi  ocoQ]»torem  «odeBie  in  Quamics,  lohAnnem  Bledong  mm- 
rinm  ibidem,  Pralnm  plebtnimi  in  Stn^lka»  JMolnim  piclwniiin  in  Bo> 
lies  OlamunnolB  dioeeiü,  IDurcam  oecapatoxvm  mcImi^  ia  Hradcnirict 
penttDilitar  inventis  alias  ]>iiMice  in  douibus  sive  in  locis  hnbitoeioniim 
ipMmuB  eoinm  ftunilia,  si  ad  ipsos  tntus  pateat  accessus,  alias  per  affic- 
tion^m  in  portis  occlesianim  vicinarum  ar  per  edictum  publicum  ad 
nostrara  peremtorie  citf'ti^^  jtn'Spnciam.  (juiis  ft  nos  tenore  prosonciiim 
citamns,  ut  die  duodetima  a  di«  citÄCJonis  vostr*'  ijisis  per  nos  facto  a»ni- 
pntaudu,  si  ipsa  dies  iuridica  fuerit,  alias  prima  die  iuridica  iumt^diate 
Beqaenti  coram  nobis  Luthomissl  in  Castro  nostro  procuratore  nun  ob- 
rtiat»  hon  torcivnm  compan«nt|  cartia  artiailiB  in  mkiefia  fidei  ipsis 
par  nos  obidendis  responanri  at  alia  ÜMtori  at  Tecaptmri,  qna  da  inra 
fbarint  fhciandn  at  radpianda  at  aieommnnicadona  bninamodi  qnis  Ta- 
rtnun  qw  dia  aoadem  dtavarit  par  scriptnism  yestrsm  dabitam  at  dgfl- 
lonun  Testroram  appiaiaiona  ad  piaaans  &dta  nobia  planam  fidam  ad 
tennianm  memoratum. 

Datum  Latbomisl  anno  dondni  MCCCCXVIU*^  die  qainta  manaia 
fabraarü  uostro  maiori  sab  sigillo. 

AbMshrift  im  mlbruehen  Landatarchiy  (auch  im  Codas  Nr.  861). 

IX. 

Herzog  Premek  von  Troppau  und  Beiwsch  von  Krnvaf'  hmfnnmi'n 
die  Bedingungen,   unter  dtnen   der  hmsiti^ch  ijesinnfe  Jiaran 
Aler  con  Kravaff  Herr  auf  Straznilz  die  Verztiihuny  K'Onigs 
Sigmunde  erlangen  k9nne. 

Hxsdiicb,  14S1,  Ootober  88. 

My  Przemek  z  bozie  milosty  knyezp  n  pan  Opawski  a  Beness  z  Cra- 
WZ  o«%inad  z  Knimpnowa  wiznawiimc  tipiiit)  listi-ia  przied  kn/.>litn.  ze 
gsme  pro  pokoy  a  pro  zeuisko  a  (ibcozuo  »iobre  mezi  niiyjasrvoyssim  kiiyo- 
Mtem  a  pan<^m  panem  Zigmundem  rzimskiin  kralem,  rozunozitelein  powäso 
OMi  rziggye  a  uherskim  a  czeskim  etc.  kralom,  panem  nassiin  mylosty- 
räi  B^cdna  a  a  urozenim  paoem  Fetrem  z  Crawarz  odginad  z  Straznicze 
t  dmha  atrani  a  gich  abn  dobra  voli  a  prawim  wiadomym  fakownto  nvda- 
acdayli  a  oinyma  mocii  taboto  liatn.  Nayprwa  yakoa  pan  Patr  po- 
■■dil,  abi  nyal  rok  ertjm^  nadyala  od  tato  atnadi  prwny  po  gadanaezti 
^ywci  dyaviaa  ^  ka  pnigiaty  pokanj  a  w  tiadi  crtynadi  nadyaladi  pfoto 


'  2t  üctober. 


336 


abi  gjm  poczatek  nebyl,  abi  sio  tnohl  sgiety  sticmjto  pan.T,  s«  pancm 
Janem  z  Lompnicze,  se  panem  Hasskeni,  se  panem  Milotii  z  TravrnTki 
a  se  panum  Zbynkom  Üubrawku  a  ma  t»  nanye  wzuezty,  a  chtieli  onv 
kt«iDuz  przistupity,  magi  pntitfmz  osUity  yako  pan  Pfitor:  paklibi  ony  ne- 
chtieli,  ale  pan  Peter  chtze  y  s  syny  pokany  przigytr,  paklibi  sie  pan 
Peter  y  s  gyny  rozpaczil,  a  pokany  przigyty  nechtiel  (?)  podle  n^in  kostel- 
nyeho,  tehdi  ya  knyoz  Przemek  mam  stiom  hradom  Holfstanem,  kt<?rehoi 
my  gest  pan  Petr  k  wierne  rucze  postupyl,  na  Bwrchupganeh.»  krale  Sig- 
munda  hlediety,  nez  czozby  tarn  na  hradye  bilo  panye  Petruwi  wieczi,  ti 
nui  pan  Petr  swobodnye  odstiohowaty  na  8we  gine  twrze  beze  wssy  la- 
wady  a  my  knyez  Przemok  manie  gemu  ti  wieczi  widaty.  Pakli  pan  Petr 
hwrchupsaue  umluwi  w  toui  czasu  dokuua,  tehdi  gemu  geho  hrad  swrchn- 
pgani  ma  zasie  wrai-zon  bity  beze  wsüioho  zmatku.  Item  pan  Petr  ma 
obeslaty  ty  pany  swrchtipsane  bezmesskanye ,  chtiely  pokoy  od  kralowit 
miloety  a  gieho  moczi  myety,  abi  ony  take  kralowie  milosty  y  geUo  moai 
pokoy  dali.  Nayprwe  spiessnyo  pan  HasHok  a  pan  Milota  magi  obeslanr 
bity  a  czoz  odpowiedy  dady,  to  ma  pan  Potr  bozmesskany  we  dwu  Jnr 
ztLyir&  a  pozagyti-zi  kralowie  milosty  wiedyety  daty.  Pak  o  paun  Janoni  | 
z  Lompnitzo  a  o  Zbyukoni  Dubrawcze,  o  ty  ma  pan  Petr  w  tera  dny  od- 
powiod  daty.  Item  ktomu  sme  tu  smluwn  zwedii,  zo  pan  Petr  proeil 
ki'alowi  milosty,  abi  gemu  raczil  swoy  hnyew  odpustyty  czozby  proty  geho 
milosty  nczinyl  a  rzekl,  ze  nemyony  any  myenyl  proty  geho  milosty  ginak 
uczinity  nez  yako  proty  swemu  przirozenemu  panu  podle  rzadu  zemskeho. 
Item  take  ty  wssechni  wieczi  a  uechuti  a  nepniczny,  ktere  gsu  zasslj 
mezi  swatim  rzim^kim  kustelem,  mozi  kralowu  miloHty  a  gieho  sluzebnyki 
a  pomocznyki  s  gedno  a  panem  Petrem  a  geho  sluzebnyki  a  pomoczny^ 
strani  dnihe,  ty  magi  wssechai  pomynuty,  budU»  mezy  swietskimy  nebo 
duchownymy,  kterai  wzrzissenye  a  pokany  przigmu,  yako  pan  Pct^r 
swrchupsaui  podle  rzadu  kostelnyoho.  Item  kcozbi  koliwick  h  Btranv 
swrchupsanich  myely  spoln  czo  gineho  czinyty,  ti  magy  ssebu  mIairitT 
przied  kralowu  milo.sty,  przied  pani  morawskimy  a  nebo  przied  prawem, 
kazdi  podle  Hwoho  prawa  zasazonye.  A  ze  »ie  Hwrchupsana  umlnwa  tak 
Htula  a  od  swrchupsanich  krale  Zigmunda  a  pana  Petra  przigiatta  a  d«- 
paH.styona,  protoz  na  potwrzeuye  a  naswieJomye  dali  gsme  kazde  »t.na}* 
tento  nass  Vnt  pod  na«äymy  wisutymy  peczetmy  zapeczetyeny.  Genz  f*^^ 
dau  w  Uradysstzi  leta  po  bozim  narozenym  tysitzeho  cztyrsteho  a  potom 
w  giedemnostzietnu'in  letyo,  den  8watich  aposstolow  Symouysse  a  Judv 

Ori^.  im  Hfauitniirchiv  in  Wien  mit  xwui  aiihari^ouden  Biegvlii. 


337 


X. 

König  Sigmund  Uberträgt  dem  Jhtrggrafin  /»  Klrlihnm.  l'eter 
Kutyeg,  die  Criminaljuttiz  (das  l'oprarceitiimf/  ilastlhut  und 
beauftragt  ihn,  gegen  die  Ketzer  mit  niler  Strenge  einzuschreiten 
igegen  alle  diejenigen,  tcelche  die  vier  Artikel  haltai  oder  an- 
deren Irrlehren  folgen,  tcelche  ihnfti  nicht  tnitgaijen  und  Uitsse 
thun  wollen,  oder  nachdem  sie  Bttsne  guthiiH,  sich  ihnen  wieder 
zu^ttendet  haben  und  sie  noch  fördern).  Ebenso  befiehlt  er 
ihm  auf  die  Wegelagerer  Acht  zu  haben  und  i/nfür  zu  sorgen, 
dau  die  geraubten  Sachen,  wenn  sie  auch  auf  eine  liurg,  ein 
Schlots  oder  eitlen  anderen  sicheren  Iht  furtgct ragen  würden, 
dem  rechtmässigen  Besitzer  zurück  gestellt  würden;  die  Räuber 
aber  toll  er  foltern  und  strafen  nach  Ijandf rledensrecht. 

Ilradiüch,  1422,  Februar 

Mi  Zigraund  z  bozie  miluKty  nimski  kral  |hi  wsüe  czoiti  roztiuiozitel 
nim«  a  uheraki  a  czeski  etc.  kral  wzkuzugi'in  Htutcrzn«>tnu  Potrowi  Ku- 
tjergowt,  purkrabye  na  Wewei-zie,  wienieiiiu  ltil^^elllll  niili-inii  uiilost  kra- 
low«kii  a  wsse  dobre. 

Wierni  mili!  Takoz  gest  dn«wf>  |Mi]»rawii  bila  g<t>ina  iiu  Spilii- 
bertie  a  na  Wewerzie  a  tu  puprawn  geJ^n  urxctliiyk  /pniwxwnl.  Uik  niy 
imuDenagicz,  ze  sie  nani  k  puprawio  hmiyss  na  Wowcntie  u  hoilyty  Itihletis, 
prrttoz  moczi  tohoto  listu  dawame  plnii  iihk-z,  abi  poprawu  i>;i  Wi'wiTzit- 
wedl  a  nad  zlimy  lidmy  poprawowal.  yakoz  zcsjumI  psiiiK»  i«taj,'i.  Xiiyppw«', 
tbi  ti  WBsichni,  kterziz  ti  czyni  kuxi  (ir/ii>  w  Czvchitch  wznykl«,  niOntli 
kt«ri  gine  bludne  kusi  wedu  a  ku  pokaiiy  .i  k  wzhrziesHeny  o  t<»  ni'pi-zissly, 
u«bo  gesscze  bozprzinuczeuy  pnsiiafity  ueclitit»,  an««bi>  pcssti»  «io  toho  po- 
kiTwe  zasie  sie  ktomuz  nawnityli,  an«bo  pessoz<»  ijif  fOrdniiiri.  nany<-  kib-z 
mozetui  Hie  ptal  a  nanye  strahowal  a  straliMWuty  kazal  a  na  gicli  liiilla  y 
ibozie  t«hal  a  Hahnuty  kazal  a  k  nyni  ])onistyl  a  pnprawowal  püdl«  iunt- 
frida,  abi  sie  ta  czi  nerzadowe  wieczo  w  nansy  Zfiny  Mtiruwsk«  ni-ilali. 
Tak«  daraiDf*  pinu  mocz,  abi  strahowal  a  strali-iwaty  kazal  na  ti  wst^ioiini. 
klerzibi  zemy  inpily,  aneb«  komu  ua  silaytziH'h  pizokaz»-!!  a  sskmin  czi- 
njli,  badto  dnchownyemu  nebo  8wieczk<  iuu,  ktomii  takc  abi  poprawil  ya- 
kozVo  k  zemskemu  zhubczi.  Geätli  pak,  zebi  to  iirano  na  kteri  \u-jA,  twrz 
Dtbf>  miestii  nesseno  bilu  a  ty  lupeznyczi  tu  tak  staw  ^niicli.  nato  abi 
patnii  a  kazal  sobie  t»  brane  a  t»tiemy  liipxznyki  wiilaty  a  i»  brai»'  toniii, 
aiz  gest  bilo,  abi  uawratyl  a  ti  lupeznyki,  abi  k:ual  iniiczity  u  »ilpia- 
«ity  podle  zasluzeno  tu,  kdez  nalezony  bude  pi*dl<i  launtfriiiu.  'l'uk«) 


338 


b«zallibi  kto  w  myestech  a  wewsech  zemye  Morawske  a  saad  Udskeho 
nessczost}'  bledali  neinagicze  svoho  pana.  natoho  kazdeho  take  dawame 
mocz,  kdiz  giea  zwioHs,  ubi  gwy  zdwibl  a  Ktawil  a  nanjem  cznz  ^cst  de 
nyeho  zwiedjel.  A  toho  naswiedomy  dawame  tento  list  pod  naä«y  przi- 
tyssczenu  peczety.  Geuz  gest  dan  w  HradysHczi  leta  od  bozieho  narozenj 
HOCCCXXII,  w  tu  nodyeli  massopustno,  l(>ta  kralowütwio  nasüich  uher- 
skeho  etc.  w  XXXV,  rziniäkeho  w  XII  a  czeukeho  w  druhem  letye. 

Ad  mandatum  dotnini  regiä 
Michael  prat^posittis  Boli^laTif'nsU. 

Orig.  im  8uataaivhiv  in  Wien  mit  anhangendem  kleinen  Siegel. 

XI. 

König  Sigmund  befiehlt  Peter  Kutyeg,  Burggrafen  auf  Eichhorn, 
die  Guter  der  Wiklifeten  und  anderer  Ketzer  in  Mähren  in  de$ 
König»  Namen  zu  confitciren  und  die  aus  dem  Jleimfall  dem 
Könige  ericachgenden  Rechte  zu  wahren. 

Woesel,  1422,  April  8. 

Sigismundns  doi  gracia  Komanorum  rox  sempc^r  angnstus  ac  Hun- 
garie,  Boemie,  Dalmacie,  Croacie  etc.  rex  strenuo  Petro  Kutyeg,  buif* 
gravio  in  Wewerzy,  fidcli  nostro  dilecto,  graciam  rcgiam  et  omne  bonum. 
Fidelis  dilecto!  Sunt  nonnulli  terrigene  et  incole  marchionatus  nostri 
Morayie,  qui  Wiclefistis  et  hereticis  Christi  inimicis  ac  sancte  Romane 
ecciesie  et  nobis  ipsorum  domino  natural!  rol>ollantibus  adhei'ent  totis 
conatibus  et  consiliis  ac  auxiliis  favorosis  ipsorum  dampnatam  sectam 
defendendo,  nec  hiis  content!  ultra  hoc  t«rram  nostram  Moravie  et  fidelcs 
nostros  dampui&cando,  molotitaudo  et  graviter  offondendo  incendiis  et 
rapinis  variis  et  diversis,  quonim  bona  dicta  de  causa  de  iure  cam^rc 
nostre  regie  sunt  confiscanda,  ymmo  defacto  confiscata.  Ne  igitur  tale^ 
sie  impunes  manoant  et  in  suorum  iniqnitatibuB  glorientur,  animo  de 
liberato  et  ex  certa  nostra  sciencia  tibi  Petro  predicto  auctvritate  regit 
et  tenore  prcsencium  seriöse  committimus,  iniungimus  et  mandamui 
dantes  tibi  desnper  plenam  et  omnimodam  facultatem,  ut  te  de  aniversi« 
et  singulis  hereditatibus,  villis,  curiis,  censibus  et  aliis  quibuscomqne 
bonis,  que  Wicleilstoruui  et  heraticorum  suut,  ubicumque  ea  repererii, 
nostro  nomine  et  ad  nostras  manus  intromittas,  tenoas  et  guberse« 
nsque  ad  beneplacitum  nostre  voluntatis.  Ceteruni  multe  deToluciones  io 
dicto  maixbionatu  nostro  uobis  obticentur  post  mortem  et  decossus  pos- 


339 


SMaonmi  earan^em,  per  qne  eeiun  nobis  videninr  dimimii  im«  nosfen. 
Iddroo  ▼olmrnia  «t  tibi  Gonmiittimiis,  ut  U  mtm  de  BtngnlM  iniibiifl,  que 
Bobis  in  qnibuseaiiiqii«  bonis  per  devolneienem  competere  potenmtr  intro« 
mitlas  6i  ipsa  teneae,  qaougqtie  id  non  doxerimiift  reToctndiim. 

Mandamiis  igitnr  niUTersis  et  siogulis  baronibiii^.  nobilibas,  müiti- 
bas,  clientibus,  et  communitatibug  predicti  marchioDatiis  Moravie  fiiniiter 
pt  districto.  qnatenns  tc  in  occupacione  et  gubernaciono  dift^iruin  bono- 
rum nallat«aut>  impediaut,  qniupocius  te  circa  i-adom  iKistro  nomine 
tneantur  fid<>liter  et  defendant,  pront  indij^uaciouem  iioatram  vohiprint 
arcius  evitare.  Presenciiun  äub  nostri  regalis  sigilli  appensione  testi- 
monio  litterantn. 

Datam  in  Weasele,  quarta  feria  proxtnia  ante  feetuia  pasche,  anno 
domlni  miUeeimo  qnadringeiiteniiio  Tigenmo  eecnndo,  regnomm  noetronim 
anno  Hmigarie  eie.  XXXVI,  Bofnanomm  dnodecinio,  Boemie  vwo  aeeando. 

fm  ver$oJ  S*".  Ad  mandatam  domini  regia 

Mtcbael  praeporitni  BoteBlavieneis. 

Orig.  im  fitulMMdÜT  in  'Wien  nüt  anhaugaiidem  Ueiaeo  Siegel. 

xn. 

KSnig  Sigmund  übergibt  dem  Herzoge  Albrecht  von  Oesterreich 
die  StatthaUerechaft  in  Mähren. 

Nikolibug,  142«,  lOn  28. 

Wir  ^nuand  yoa  gotM  gnaden  romiaciier  binig  so  allen  aejten 
atrer  des  reycha  und  so  Ungeran,  an  Behem,  Dalmacien,  Croatien  eto. 
taiaig,  bekennen  und  tan  kont  olbmbar  mit  disem  l»ie?e  aUen  den  die 

in  sehen  odir  hören  lesen:  wann  uns  der  almechtig  got  von  seynen  milden 
gnaden  mit  prosscn  mfchtigfin  kunigrcyclipn  erhöhet  und  boladon  hat, 
nemlich  mit  dem  ln-iligt'n  romiscbeu  reyche,  mit  dem  wirdigeu  kuiii-i;- 
reychö  zu  üugera  und  der  namhuftigen  crnnen  7,n  Behem,  und  synd  wir 
Qit  nach  menschlichen  gebrechüii  uicht  nberal  geseyn  mögen,  noch  unsern 
<(fgNien  leib  nicht  oberal  geteylen,  als  wir  gern  teten  Beliehen  grossen 
Mdwn  naeb  irr  gelegenheyt  fiimaeTn  ond  den  genug  zu  ton,  aia  billieli 
aad  iMglicli  weia,  nraasen  wir  redliebe  und  erdeoliebe  wege  fbr  vna 
amen,  wie  wir  aolidie  nnsete  loigen  mit  anderen  lauten,  an  den  wir 
^e  and  redüekeyt  legen,  nna  helfen  an  tragen;  nnd  dovon  ao  haben  wir 
ADg^ehen  soliche  trew  und  lieb,  Temumft  nnd  weysbejt,  die  wir  an  dem 
hofh5n.bomen  Albrechten  herczogen  zu  Osterreych  etc.  unserm  lieben  sun 
QQd  forsten  gencalieb  erkant  und  befanden  haben,  ao  wollen  wir  im  mit 


34« 


wolbe^lachiem  mut«,  gut«m  rate  unsorer  forsten,  edlen  nnd  getrew«n  und 
rechter  wissen  unser  land  und  marggrafschaft  zu  Merhern  mit  herschef- 
ten,  steten,  Herren,  rittern,  knechten,  lnud>-n  und  leuten  als  eynetn  stat- 
halter  von  unseru  wegen  mechticlich  bevclheii  und  eingeben  und  gnncze 
macht  und  gowalt  geben  das  zu  verwesen  und  zu  befryeden  an  unserer 
stat  noch  seyneni  vermögen  und  das  zu  ordnen  gieicherweyso  als  wir  das 
selber  teten;  doch  so  sol  er  nichts  verpfenden  noch  vorgeben  an  nnsem 
wissen  und  willen  unengolton  der  verschreibung,  so  vurmais  zwischen 
unser  beyder  sejrt  beschehen  sint.  Ouch  ist  beredt  worden,  wenn  wir 
demselben  unsenn  sun  herczog  Albrechtou  unsere  stete  und  singse  Spil- 
berg,  Brunne,  Eychorn,  Eywanczicz  und  Trebicz  eingeben  werden  als 
unsenn  stathalter,  das  er  dann  die  in  pflegweyse  ynnehat>en,  verwesten, 
besiezen  und  beseczon  solle  also  vernemlich,  das  er  in  denselben  Bli)$»eD 
und  steten  lente  haben  solle  zn  ross  and  zu  fuss  eyn  notdnrft  zu  be- 
waren,  zn  befryeden  und  zu  behalden  dieselben  Blosse  und  stete,  als  in 
des  beqwemlich  und  notdurft  dunkcn  wirdet  und  als  wir  des  mit  im  uber- 
eynkomen  seyn  und  des  genczlich  im  glauben  nnd  gotrawon  und  di» 
teyle  in  den  obgeuauteu  sluss,  wo  in  das  nach  gelegenheyt  der  sachen  aller- 
notdurflichst  und  am  besten  bedunkeu  wird,  dieselben  slosz  und  uiicb 
unser  land  zu  verwesen  und  ouch  zu  befryeden;  und  zu  widerstattung 
solicher  kost,  die  er  also  tragen  sol,  wenn  er  seyn  volk  in  dieselben  slus« 
leget  und  wir  des  begeren  werden,  so  sollen  wir  im  ye  auf  eyn  gaucz  jar 
zwelf  tausent  schok  grosschen  odir  pfennyng  geben  nach  lauffe  der 
muucze,  die  dann  doselbs  geuge  und  geh  ist.  aislang  wir  solicher  leot# 
und  pferd  in  denselben  steten  und  slosson  boilurfen  werden.  Wer  aber 
Sache,  das  wir  solicher  lente  in  den  selben  slossen  nnd  steten  nicht  be- 
dürfen wurden,  was  sich  dann  verlaufen  hette  in  der  zeyt,  alslang  « 
die  leut«  gehaldeu  hette,  das  sollen  wir  im  pflichtig  seyn,  was  er  aber 
leute  nicht  gehalden  hotte,  des  sollen  wir  ledig  nnd  loze  seyn.  Su  sol 
ouch  der  egenant  nnser  sun  solich  gelt,  doruff  er  so  lente  haben  wirdtt, 
auf  den  egonanten  slossen  und  steten  haben  und  uns  des  stathalder- 
ampts  des  lands  zn  Merhern  und  derselben  stete  nnd  slosse  nicht  ab- 
treten, wir  haben  dann  zuvor  an  im  und  seynen  erben  dieselben  summen, 
alslang  er  soliche  leut«  haben  und  wir  der  bedürfen  werden,  genczlich 
beczalet,  als  oben  geschriben  steet.  Onch  so  sol  noch  mag  unser  son 
herczog  Albrecht  der  stathaldnng  des  landes  zn  Merhern  nicht  absagen, 
ee  dann  wir  die  egenanten  geslos  nnd  stete  von  im  geloset  haben.  W«r« 
ouch  Sache,  das  des  vorgenanten  nnsers  suns  herczog  Albrcchtti  leute  tod 
den  feynden  donyder  legen  und  redliche  schaden  empfengen,  an  solicben 
Schoden  wollen  wir  mit  demselben  unsorm  sun  gnediclich  mitleydnag 


341 


haben  und  in  das  fhmtlicli  eigwien;  legaU  alMr  die  feinde  gen  sejnen 
lenten  donider,  des  sol  er  uns  onch,  was  er  an  redlkhen  g«Auigen  ge- 
wönne, Buitaflan.  Oncli  ao  wollen  wir  taaaent  ^^jasi  nnaeia  TOlka  in  dem 
lande  an  Merhem  haben  und  wollen  mit  denselben  achieken  und  be- 
stellen, das  sy  dem  egenanten  nnserm  sun  zo  befVyednusz  unsere  ege- 
nanten  lands  zti  Mprhorn  auf  unsere  8elbf<  z^ning'  nnd  !5cha<1on  i^fhorsam 
nnä  i?efolgig  aeyn  snlloa  und  nachf<tlir«  n.  wo  er  irr  bedürfen  wirt  und  als 
ft  im  not  seyn  wiiii.  on  alles  t^fvordo  und  areelist,  Onrh  zu  hehaldung 
uubers  sloss  zu  äpilbei-g,  wenn  wir  das  deui  egtiuiiüteu  auHorm  sun 
herczog  Albrecbt  eingeben  werden,  wollen  wir  im  acbtbnndert  schok 
grosechen  jerlich  geben  on  Tero^ben,  domlt  er  daaaelb  atoea  balden  m»1 
und  nna  doranff  nicht  mar  riehen  noch  achadoi  rechen.  Wer  aber  aaehe, 
das  wir  im  aolicbe  achthundert  achok  jerlich  nicht  geben  als  Torgeacbriben 
ileet,  ao  aol  er  diae  aditfanndert  schock,  wye  oft  im  die  anaiateen  und 
nicht  gerejcbet  werden,  ouch  auf  denselben  slosse  habon  und  uns  des 
nicht  abtreten,  wir  hotten  im  dann  dieselben  achthundert  schok,  wif  oft 
im  dio  ans7stfpn.  zn  voran  bf^rzülot.  Ourh  wr-nn  ab  p"i>t  wil  das  land  zu 
^'i-ihnrn  in  frycd  'iweiiu!  und  dcrsrdh  iinsiu'  sun  herczog  Albrt'ctil  in  den 
egtüaut^u  slosscn  zu  bofrieden  uad  la  behnlt>'n  uicht  leute  halten  wirdet 
und  wir  der  uicht  beJuifen  worden,  so  wollen  wir  im  alle  jar  vyerhundert 
schock  groBschcn  geben  an  behalden  die  featen  den  Ejridiom  und  er  aol 
oDch  dorauf  niclit  mer  alahen  und  kejne  acheden  rechen.  Wer  aber  aache, 
dM  wir  im  soliche  Tjerhundert  aebok  ierlicb  niclit  geben,  ala  ror  geachri- 
Iwn  steet,  so  sol  er  dieselben  vierhundert  scliok,  wie  oft  im  die  ausssteen 
QQd  nicht  gereychet  werden,  anch  ufF  demselben  sloss  haben  und  uns  des 
Dicht  abtreten,  wir  betten  im  dann  dieselben  vyerhundert  achok,  wie  oft 
im  die  anszsteon.      voran  bpczalet.  Ouch  wurde  dem  egenante  unserm 
snn  h<>iv7.,i^  Alhrctliton  ndir  st-jupn  amptleuten  der  ^»e(»nauten  sloss  eyns 
(dir  miT  von  d»'U  feyuden  uiii<<  vot  lich  angewnnnen  odir  ahgenott,  dos  sol 
er  uud  seyuc  erben  gen  uns  und  uusern  erben  und  nachkomeu,  knnigen 
m  Bebem  und  marggraven  zu  Merbern,  onengolteu  bleiben.  Ouch  wer  es, 
die  die  fejnde  das  land  zu  Merhern  uberxitgen  odir  eynen  furabig  dorynn 
tau  wurden,  so  wollen  wir  demsdben  unsenn  aun  heroeg  Albrechten 
IwMsn  nadi  allem  nnaerm  Termcgen  nnd  euch  allen  den  unsern  empfel- 
beo,  ab  wir  nicht  zu  land  weten,  das  ay  demselben  nnaerm  aun  und  aey- 
am  baupUeuten  helfen  und  beystendig  aeyn,  doroit  das  land  gerett  werde. 
Wer  ouch  sache,  das  der  egenante  unaer  ann  herczog  Albrecht  dheyue 
sloss,  stete,  merkto  und  gtitere,  die  unsere  voifaron.  knnige  zu  Bchem 
un^  Marggraven  zu  Merliern.  oder  wir  versac/.t  hetten,  in  dem  hiude  zu 
Berbern  lozen  wurde,  des  wii*  im  sollen  gewalt  geben  in  disem  brieve  zu 


342 


tun,  dieselben  sloss,  stete  und  gutere  »il  er  uns  und  unsern  erben,  wenn 
wir  des  begoren  werden,  wider  zn  lozen  gpb€n,  doch  nicht  hoher,  wann 
gye  vorhyn  verschriben  weren;  loset«  er  sye  aber  neher,  wenn  sye  ver- 
sohriben  wereu,  so  sol  er  eye  uns  euch  neher  zu  losen  geben,  als  er  sj 
gelozot  hott«  on  alles  geverde.  Onch  so  mag  derselb  unser  sun  berczr>g 
Albrecht  alle  amptleute  und  burggi-aven  zu  Merhern  entseczen  und  seczeo, 
als  oft  in  des  notdurftig  und  gut  dunken  wirdot,  auszgeuomen  an  den 
slosseu  und  steten,  die  wir  unsern  Ungeren  eyngegeben  und  bevolhen 
haben,  der  sol  er  nicht  verenderu  an  unsern  wissen  und  willen.  Mit  ur- 
kund  disz  brieves  versigelt  mit  unserer  kuniglichen  maiestat  insigel. 
Geb« n  zu  Niclaspurg  nach  Crists  geburt  ^7erzehenhnnde^t  jar  und  dor- 
nach  in  dem  zwey  und  zwenzigisten  jare,  am  nechsten  montag  vor  unserer 
lieben  frawentag  annuuctiacionis,  unserer  royche  dos  ungriscfaen  etc.  io 
dem  fumf  un<l  drcissigisten,  des  römischen  in  dorn  zwölften  und  de« 
behomischen  in  dem  anderen  jaren. 

/m  tv^^»t)/  R.  Henriens  Fye.  Ad  mandatum  domini  regis 

FYanciscus  praepositus  Strigoniensis. 

Ori);.  im  Sbutsarchir  in  Wien  mit  aiihan^ndem  grossen  Siegel.  — 
Im  Kegistrsturbucb  0,  Fol.  117*. 

xin. 

BUrgermeitter  und  Rath  der  Stadt  Znaim  an  Herzog  Sigmund 
Korybut:  sie  iciirden  der  Aufforderung,  zur  Versammlung  am 
7.  Juni  ihre  Bemllniächtigti'n  zn  schicken,  nicht  nachkommen, 
da  sie  treu  zu  König  Sigmund  tind  Herzog  Albrecht  zu  kalten 

gewillt  seien. 

Znaim,  U'J2,  Juni  i. 

Hochgeborner  fürst«  und  lieber  gnodiger  horr.  Als  uns  ewr  gn*l 
geschriben  und  an  uns  begeret  hat  ettleich  ans  uns  mit  vollem  gewalt  zu 
ow  zu  schiken  auf  den  suntag  der  heiligen  drivaltikait  necbst  kömenC 
[7.  Juni],  das  haben  wir  wol  vorstanden  und  lassen  ewr  gnad  wissen, 
daz  uns  weilont  der  durleuchtigist  fflrste.  her  Wenczlaw,  ettwenn 
Rilmischer  und  zu  Behem  et«.  kDnig,  erbleich  von  seinen  vorvordeni 
künigon  zu  Behem  seliger  gedechtnösse  inngehabt  und  besessen  hat- 
Nach  seim  abgang  haben  wir  seim  bröder,  dem  allerdnrleuchtigist«n 
fQrsteu,  unserm  Hoben  gnedigcn  herru,  herrn  Sigmunden  RömischeD, 
zu  Ungern  und  zu  Behem  etc.  kQnig,  der  yocz  in  leben  ist,  als  eim  erben 
und  kunig  zu  Behem  gesworu  und  huldigung  getan.  Nacbmaln  bat  sich 


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H43 


Jerwlb  unser  pnediger  hör  könig  Sigmund  mit  seiner  toohter  gpfreiintct 
10  dem  hochgeboren  fürsten  anch  unsenn  liebon  giifdigon  herren,  h<*rcz<ip 
Albrechten,  herczogen  zu  Österreich  etc.  und  bat  im  diu  stat  zu  Zn^im  und 
Uder  stet  in  den  landen  zu  Bchm  und  zu  Alirhcru  zu  derselben  seiner 
tflchter  für  ir  heyratgfit  ingegeben  und  rerschriben,  dem  wir  nach  ge- 
sch«fft  und  haitisen  des  egenanten  unsers  herren  de^  ktlnigK  geswom  und 
f«hnldigt  haben.  Und  nach  si'dichor  erbschafft,  sk  die  land  zu  iJeli^m  und 
la  Mcrhern  an  denselben  nnsern  herren,  den  kunig  go-rhet  hiibi  ut  und 
auch  nach  solicher  huldigung  und  swern,  so  wir  unserm  herren  \i>u  Oster- 
reich nach  seim  haissen  getan  haben,  gepQrct*  uns  mit  ereu  nicht  zu, 
n»ch  stünd  uns  wul  an  yemant  andern  denn  df<m  yeczgeniinten  unscrnt 
herwn  von  Österreich  gehorsam  und  gewärtig  ze  sein  uml  bitten  ewr 
^lUki  vleissicleichen  uns  das  in  arg  nicht  zu  merken,  wun  wir  nicht 
anders  versteen,  denn  daz  wir  daran  recht  thü.  Denn  als  unü  ewr  gnud 
verschriben  hat,  ob  wir  auf  den  vorbenanten  tag  mit  vollem  gewalt  zu  ew 
Dicht  schikten,  so  wesset  ir  wol,  daz  wir  unseni  will(>n  woiteu  luiben  und 
iaz  uns  die  Verderbnisse  der  land  Behem  und  Mi-rhcrn  Hob  w«-r  und  daz 
vir  zu  dbaim  geleicben  nicht  mainton  zu  treten;  und  ir  wult  mit  rate  der 
iantherren,  der  von  Prag,  rittern,  knechten,  stften  und  andern  gemainen, 
die  zu  der  andacht  und  dem  gepot  gots  genaigt  sind,  darczu  g>'denken. 
laz  das  undei-standen  und  die  andacht  und  das  ge]n>t  gots  nicht  under- 
gedmngen  wurde:  lassen  wir  ew  wissen,  daz  wir  der  land  zu  Ikdiem  und 
ta  Merhem  ere  und  nucz  gern  sehen,  und  ist  uns  zuuial  laid,  daz  die  in 
»Mich  abnemen  und  verderben,  darinn  sy  yecz  st<>t<nt,  konien  sind.  darai> 
wir  als  got  wol  wais  dhain  schuld  nicht  haben.  Wir  verstp^n  und  wisson 
uch  nicht  anders,  denn  daz  wir  uns  nach  der  «rdnung  gots  und  d<>n  go- 
ieczten  der  heiligen  kristenhait  halten,  als  dajj  woilent  die  heiligen  veter 
und  die  gemainschafft  der  kirchen  zu  Rom  un<l  di-r  krist<-nhait  gidialten 
and  anfgesaczt  habent.  Und  ob  ew  yemant  fihbracht  hiet  oder  ntwh  für- 
bringen würde,  daz  wir  solich  Ordnung  und  g<'spczt  d^r  krist>'nhait  nicht 
fthallen  bieten  oder  noch  halten  wtdten,  bitt.  ii  wir  ew  mit  vieisse  das 
nicht  zu  gelanben,  wan  wir  hincz  got  hoffen  uncz  an  unser  end  darinn 
IQ  besteen  und  ze  beleiben.  Datum  feria  III.  infra  octavas  iicntiiei'osli's, 
ano«  etc.  XXU*. 

Bürgermeister  und  der  rat  zu  Zn»ym.'' 


'  jm'  Tor  ,^epUrot'  iat  durchgestrichen. 

*  Datnii),  ITnterfertii^ng  und  DornnlndresiK!  sind  mit  ni-liwJinterer  Tint« 
spttter  hinziifcetuf^,  was  sich  auch  daraus  eruilil,  lia-ia  An.*  W'orl  ,I)iituiii* 
Ober  dea  ursprtinf^lichen  SchluMHtrich  c\;  ^«.'SL-brioboii  ixt. 


344 


[in  verto]  Dem  hochgeboren  furstfn  und  hemn,  herczo^n  Sigmun- 
den von  f^otes  genaden  fünften  in  der  Lyttaw,  unserm  genedigeu  herr«a. 

Concept  (violh'ii'ht  vertlorbpnei»  Oripin«!)  »uf  einem  Qu»rtblatt  im 
mShriM-hen  LandeMrchiv  (Art.  Znnim  Illb),  stAmrnt  au«  ZnAim  (Sanioilnn^ 
Cibnlka'i).  Bs  Ut  urtprttuglicb  der  Lüngo  und  Quere  nach  einmal  ^£alt«l 
und  trS^  auMvn  die  Adrewo  ganx  wie  bei  Oriffinaibriefen ;  dagegen  kein 
Vemckluiui  und  keine  SiegeUpur. 

XIV. 

König  Sigmund  gibt  auf  Wunach  der  mähritchen  Herren  dem 
Landeshauptmann  volle  Gewalt  statt  seiner  Recht  zu  sprechen 
in  allen  Dingen,  die  nicht  unmittelbar  dem  Könige  zustehen, 
und  Giltergemeinschaften  zu  ertheilen;  doch  sollen  diejenigen, 
die  gegen  die  christliche  Kirche  und  gegen  den  König  sind, 
von  jeder  Freiheit  und  vom  Rechte  ausgeschlossen  sein  und  die 
Landesordnung  für  sie  nicht  gelten. 

Alt«ubur^,  1422,  Juli  4. 

Siginuuii  z  bozie  inilüsti  Uzymski  knil  a  Uhorski,  Czogki,  Dal- 
niaczRki,  Charwatczski  etc.  kral,  wyznawamy  prziede  wssyemy,  le  kn  pros- 
byo  panow  zemye  Morawske,  wyernych  nassich  mylych,  »wolugotn  y  da- 
waniy  pluii  uiocz  y  poniczieniy  m<iczi  tohoto  listu  na«Keho  vrozenemu 
pptrowy  z  Crawarz,  odgynud  z  Traznyczie,  han]>nianu  markahstwye  5Io- 
rawskeho,  wycrnenui  naitsomu  mylemu,  aby  na  nassem  myestie  spraweiil- 
nutit  cziuil  chiidcmu  y  buhatemu  podle  paiisku  rady  y  nalpzu;  nez  taki^ 
wye,  ktcrez  by  wypczi  przisliisKily  na  na»,  aby  to  odlozono  hylo  do  na*. 
Wyecze  dawamy  mocz  Hwrchupii.aneniu  haupmanowy  nassemu,  aby  na 
nassem  myestie  muhl  spolkuov  HWoluwati  y  dawaty  tyem  VKsyem,  kU>i 
by  toho  zadaly,  dobrym  lydcm,  ktcrzyz  nnygüu  prnti  koistelu  gwat^mu  a 
proti  nam;  a  ty  wssychny,  kterzyz  w  tioch  norzadoch  gsu,  ktcrzyz  eye 
dyegi  proti  wiei-zio  krziestanskey  y  proti  nam,  aby  tyem  Wfsyom  y  zailoa 
tiwoboda  auy  prawo  any  rzad  zemsky  prospyessen  any  platen  bjl.  A  l<>ho 
na  potwrzenyo  nassi  peczet  k  tomiito  lyHtii  gsmi  przyvriotiily,  gyenz  ge:>t 
dan  Inta  od  naroz*>nye  Rozieho  tysiczioho  cztyrstcho  dwudczateho  druh^ho. 
tu  svobotu,  w  Ältmbiirgu,  na  swateho  Prokopa,  lata  kralowstwy  nasBjch 
VhorHkeho  XXXVI,  Uzimukobo  XII,  Czcskcho  druhcho  Icta. 

Orig.  im  Wilttugauor  Archiv  mit  kleinem  Siegel. 


XV. 


AUtrtekt  «m  OnKfern-ich, 
in  dem  BeiclMregiitnitarbach  O,  i  i  177'. 

Donacio  marohionatiu  Motwk  Albt-rt«  dix  i  Austrü'. 

Wir  Sigmund  etc.  bekennen  etc.,  '..im  wii'  viirviitlldi  '  '  i  r  umi 
3ng*«eh?n  halwn  .  /a>'f  rö'!<'/j  gltifli'-  '-w}  mit  -Itv  >i<)iiti'„i,',i  »'■luv- 
gtibturhinde,  «.  tifUagt  X  VI.  big  zu  de»  IW-r/ni  (S.  /..  Oj:  w  jo  nft  tl«>s 
mtluftgMdliclltllDgVTWÜcb.  NmiauM  der  Text  >r<-'<er:  AilcJi  ausgf'no- 
B«n ettlicher  slosger  und  hemheft,  die  ai>  Jt-ii  imm  u  un  ui  z  -ü  siml 
r"!'!'?!!,  derottliclie  zudemsolbfn  liiml  ^'i  l.    i  iiM.  i  ■      \>  .  .  i-'r  ',    ,  m- 

H-jb«n  laad  geküoft  haben,  die  genaut  l  uui  ii.imi  n  mk  tk•  La^cik, 
Ii»  ilit  ÜQgcifdi  ftod,  4m  ilon  W^se^cIs.  «las  sKwz  «ÜtKliiii;.  lisuv  üKisz 
BiNBO,  du  sloM  Bndilow,  das  Am  'fAvf\V»,  da»  kIisz  Orl  -wia,  lias 

sl  -s  Czimburg  mit  iren  zugeburungen,  im    w  :  ; ,  I    i  -  r  »  - 

iicluUten;  und  uinb  dieselben  geslosz,  vi  'i  u  uaa  >tt'i>-,  .In-  ujj  i.ü  > 
tab«  votbebaltcQ,  haben  wir  die  grean.>  aiisjrowijü-t  in  vilii  lkr  niiiszv : 
Waem  dai  mam  iIb  das  g«t  im  die  Marich,  :in  <K>t'  :iti<t<'rn  ^t•tt«>ll  «{(^r 
Marich,  gen  Brunn  wert«  das  waaspr  Ii  i  \  ;  i  n  !i  uj.t  -A-  ■ 
hitiz  da«  fleuszet  in  die  Maricb,  un  1  ..i  i«  i  ll.ni.i  u.>||<  n  wii  liuilui 
greni«  gen  Osterrich  Worts  vener  u^iiMMiu.  (Jit-iij^vu  ,\Wy  wir  ab  •n 
MlMiteiB  du  »QU  ir«rn»  W  B0U«II  diMollu-n  s1i»sz«t.  v4>sO>ii  und  stet  mit 
ir<>n  zugehArungen  oncb  an  unsern  »un  und  un<»r  tikhl«')'  und  ir  IvIUk- 
'rU>n  in  dem  rechten  als  vor  hmirt  m  l  i"  i  ;  '  '  i  n  i 
iclien  Ungei'Q  und  Herhern,  als  duH  von  i  >i>  i  n<  i<iiii> n  W  w  .i.iip  u 
•Mb  ditwlbau  sloanft  veitcn  und  >tet  mit  iron  zn^'diHniii«»?» ,  lii«'  ivh- 
Qsi  zn  Herbem  vorbeihBltcii  liaben,  dem  'iifreuuiit  unsfuu  miii  iitxi  un^fi- 
t'<-hter  iricr<'1i<:/ii  in  8olich(>r  inHHrc,  das  -\  .i  'M-si'rzi'u  h-m  Ii"  '  i  .  \\-  v.  il 
itrkri^  wert  und  alle  mouat  ij"  ungri.-  ;  ^ul.li  n  diii  ;<  ^.  ii  iin.i  >,nu'u 
i«imdiM«Ib«n  flloner, Tutan,  stet,  leot  <iii.i  guti<r  mit  irvii  '/.i)|^'eb«>t'U]it^;n 
tk  lifandl  weis  dafür  inilhtbMl,  nnCMn  und  nii-si^cn.  als  lang  naiv,  da:« 
«V  odtr  uiiMr  laibMirben,  daa  aan  w«m,  die  unib        ir  darkgt-ii  widvr 


'  ▼MtBfdit  6ilM  Vrkapde:  Datum  Posouii  XVI.  <li<«  Janonrii,  imcliiVilyt 
•Im,  die  aoagfiitellt  ürt:  BlindMilniri;  am  iuH-li.<t<«ii  «IiriHTsta^  vor  «Um» 
fontag,  «lit  man  in  licr  UeilifMi  UrcJicij  Mittet  I»v<icavit  ]rVbru:kr|. 

tokn.  M.  1.XXX.  IL  Hilfte.  tA 


346 


von  in  losen,  derselben  losungsy  uns  atat  sollen  tun,  wenn  wir  der  an 
begoren.  Mit  urkund  etc.  niai***.  Geben  zu  Koczsec  nach  Cr.  etc.  am 
nechsten  donerstag  nach  unserer  lieben  frawentag  purificacioui«. 


XVI. 

König  Sigmund  ilbergibt  Herzog  Albrecht  von  Oesterreich  und 
dessen  Gemahlin  Elisabeth  die  Markgrafschaft  Miihren. 

Ofen,  1423,  October  1. 

Donacio  marchionatus  Moravio  Alberto  duci  Austrie. 

Wir  Sigmund  etc.  bekennen  etc.,  wann  wir  eigentlich  hcti-acht  und 
angesehen  haben  solich  lieb,  trew  und  dienst,  die  wir  an  dem  hochgebor- 
nen  Albrechten,  herczogen  zu  Osterreich  etc.,  unserm  lieben  sun  und 
fursten*  befunden  haben  und  noch  steticlich  befinden  und  spuren  und 
sunderlich,  das  wir  nachdem  und  wir  im  die  hochgebornen  Eizbet«a. 
unser  liebe  tochter**  zn  gemahel  geben  und  uns  damit  zu  im  gefnindel 
haben,  das  wir  beydersoit  in  stetiger  und  ewiger  fnintschaft  und  lieb  bej 
einander  muglich  und  billich  beliben  sollen,  und  haben  im  und  derselben 
siner  gemuhein  und  iren  leibsorbon  dorumb  und  von  sundorn  guaJi'n 
geben  und  geben  onch  mit  rechter  wiszen  und  wolbedechticlich  in  craft 
dicz  brieves  unser  land  und  fQrstentum  und  marggrafschaft  zu  Merbom 
mit  allen "  herschefton  .steten,  ortrnichen,  gebieten,  dorffern,  clostern.prob- 
styen,  lanthorren,  manscheften,  edeln,  rittern,  knechten,  burgern,  bawren. 
leibgedingen,  ackerleuten  und  czinsen,  die  zu  dem  ertreich  gehören,  vesU^n, 
gininden,  ackern,  gebawten  und  Angobawten,  perigen,  tälon,  ebnen,  weiden, 
puschen,  waidachnn,  wayden,  wisen,  gegeyden.  fogelgeyden,  weyern,  tei- 
chen,  fischweiden,  Weingarten,  waHseru,  wasserlouften.  mulen,  mit  bergwcr- 
ken,  golt,  Silber,  blcy,  czin  und  aller  anderer  bergwerk,  gewalten,  gebietco, 
gerichten,  herecheften,  lantsteuren  ouch  auf  des  erwirdigen  des  biscbofe 
zu  Olomuncz  nnsers  furston  und  siner  nachkommen  gutern  und  euch  auf 
der  andern  lantherren  und  inwonern  des  landes  zu  Merhern  püter  mit 
güoten,  rentcn,  uherczinsen,  robotten,  fällen,  wandeln  und  mit  allerley 
gericht  gemeinlicb  und  sunderlich,  lehenscheften  der  kirchen  und  anderer 


Varianten  in  der  ersten  Faiwnng  vom  5.  Febniar: 
»  fehlt:  und  fureten.        fi>l(ft:  und  funtiii.       Die  PertinennformBl  Unli'tt 
viel  kürzer:  benicheft«ii,  viutun,  ntotuu,  murktvu,  durferii,  herren,  ritteiVi 
knei-hten,  lenten,  gutem,  nflczen,  pilten,  eren,  »irden  und  recht^o 
•Hon  andern  r.ug:eliuruugon,  (fvirtliclien  und  wemtiichen,  die  dann  fro* 
boren,  als  das  vormals  dio  marggravon  zu  Merhern  tic. 


got^ben  und  ouch  mit  allen  ri>  in  i.  i  n,  winlikciii'n.  iniizm.  iji-wnii- 
heitcn  nnl  mit  allon  anderen  zutn  h  i  i  «i«-  •ii«'  >nn  l<'il!i  )i  src|n>i>>f!i 
oderjj^euaut  mögen  werden,  nichts  .Lu>;,"  iu.i:iiu!iii.  ai.i  .ui»  ^ci  iuiii-^  ii«-  tiKvrtr- 
gmm  ta  Ifolnni  wUfW  g«declitnuG  iinto^phabt  uml  l>rsi>ssi-ii  hiihon 
«■^verlieh  in  solicher  roasz,  d:.-  k'ü-^'Ri  iiiisvi  i  i  >  :  'iiuib«'! 
iiDs*r  liebe  twhtfr  ini'!  ir  loib^- 1  i-iK  l;-  i:  '  '        i- ■  '^'a'k'  I 

werdeot,  dass«lb  land  zuMerbtia  ,tir,  .tll.-;  .-  su-:        ;i.  r.n.i: 

imilMlNii,  b«0icwn,  nnewii  und  iiii>sxi-ti  nAU-n  nnd  tiitiur»-»  mit  r»ll<>ii 
und  ganzen  gewalten,  als  die  die-  i  martcffi'iivvii  /.«  .M. ;  i :  ini  wir 
innegehabt:  im.lVifsi's^<>ii  IiuImti,   l-r:  ■in<^^^•u,^mhi  \   !  i  i  .••  i  • »'..  - 

moa  und  herczog  Przemken  von  •  i  'i  i'inv  umi  ir  n  u  uk<  ;iiu.>'ii.  >i  <  w.i 
ui  nnd  dtf  «roa  to  BahMm  als  cineni  kunit;  /■>  Hibrim  MialtiMt.  \hu'h 
WM  mA«»  dM  wir  «bgiMigiBii  un  leibsvrbeji  <1ii>  snn  wi  t>  ii.  so  suDm 
ders*lh  hi«rhof  »infl  herczog  Prz- n  I  ir  crUi'ii  tin>.i  n.i  ii i'  :i  ■  n  !■ 'n- 

s«Ib«n  aniterm  »un  herczog  Albni  lic<.u  uitd  un«'n«r  tulib  i  u  >!Mtiiiii' 
geben  la  einem  konig  sa  BehMin  und  in  lU'S  ij4'U"lf<>ti  si  iii:  Fullen  in 
«wk  dM  «gmaatea  biMhoff  und  hmz<>^  Prznuk  und  ir  «'rlw^u  und  u:u:b- 
komen  in  dem  land  zu  Merbern  n  i  l  i'bolfi'ii  soin  nnii  iitiscv 
herczog  Albrecbt  in  widerumb  im  i  -in  u  'U  >  «'iiiaii  liM  bi\vJi'r>iit  wr- 
schribeu  als  das  notduiftig  sein  >.utd<'t.  W^-r  ubt-r  d:ih  wir  im  ktiuniß«'» 
CMÜai,  all  wir  n  gothofftn,  lAihsnrbon  ^r^wuniutn,  das  sun  wer«'»,  und 
wir  'lii'iiu  iiiler  dieselben  nnaer  h  -  i  n,  dii^  xuii  wi.'r<>ii,  \  ;  _-•  !■  nt..' 
land  zu  Merbern  mit  sinor  zugeb  i  i; -  i  r  v  !.  I  .il  .  :;  v  iiin.  .Ja-  ili  « 
<ui8  der  egenanto  herczog  Albre<jlit',  >''iü  j;<-iiiUii<'[  iu>  ir  Ifilfsi'rtM-n.  «»ij 
ff  dia  mit  mit  einandir  bieten,  irid«*!*  abtrnti-n.  wr>nii  wir  d«>K  au  sy  in- 
gem.  Dofb  ob  Hy  Ton  desselben  I  m  1-  n  •  ifti  n  «.-i^i  n  iibiT  sxlii'b  niicx 
•od  roßt,  di«»  dasselb  land  bat,  i.ir.'  I"-"  .>  !  -'i  bi'-'  •  . 
4its  mit  äomni  brecht  und  dos  sy  »l^^<■Jl'.lll  ti  ,t:i  ti;a>  ii< ü  iu"<.  iii<  .t  tm^  x  i- 
Udi,  donuDb  BoUen  wir  oder  diwellieu  inii>cr  b-ibsprlKiu.  das  suu  sind,  sy 
nr     diB  ^  ans  daneHien  landN  stlttroti-iu  iiuiinuht^n  und  biH  ^ali'u.  Ol 

wir  ab>T  il<'s  nicht  t«'ti?n,  so  soll-  ii  m.  i  ■  .r  'j-'i  ■!  -  -•■  I  i  i  :  i  .  '  -  i' 
ngehoruQg,  als  vor  berürt  ist,  .si  pljud*-:-»'  !-,  ii.ini;  nnn  ji.iiH  ii.  iiin  /.rii 
ni  messen,  aislang  uncs  das  sy  i^^rlicb»  d:irl('^«'iis  tj;oii«'zli«'b  lH^c■xa1t  und 
•Uftridit  werden  und  wann  das  g«;(cbi<l)t.  sn  s>dK  ii  »y  auf-  iIi-n  ^■^^r^^^- 
naoten  lands  zu  Merbern  denn  a H  i  i  n  i  I  ^  .  ^nnii.'*  im.l  \  i 
b»n.  ihvb  imvi'rgrrifFenlich  der  ■. ■  niriliimt,'-  ü  i  vi»'r  ff«'sloss*ii  l^^u, 
Zaojin,  Jempnicz  und  Poherlicz,  >U>  wir  di  in  tg<itiijut«'ii  HUsspnn  Kiin  und 
MMr  iSebter  getan  beben,  die  si»)  bi^y  ir^u  cf-ftr-n  Ix-b'ilMtu  nncb  iim- 
Utmg  der  brief,  die  wir  in  vtiriital«  diimlK-r  iri  LCidwii  Imii*  it  oii  ;iiM>r 
(genante  beicsag  Alttrecbt  vor  siun  ;i«>niiilu*lik  ihim<i  tiM.bt«L  mit  <l<-iii 


348 


tod  abgieng  nnJ  nicht  leibRorb<>n,  die  er  mit  ir  biet,  hiniior  im  liesz,  eo 
sol  dasscib  lanJ  mit  siuer  zugehorung  in  dem  rechten,  als  vorgeschriben 
Bteet,  dennoch  he<y  dt^rselbeu  unser  tochter  beleiben,  wenn  »j  aber  mil 
dem  tod  abget,  so  gol  es  wider  auf  uns  oder  unser  uechste  erben  gevalleD 
und  erben.  Zu  gleicher  weis,  ob  dieselb  unser  töchter  für  demselben 
unsorm  sun  horczog  Albrechten  mit  tod  abgieng  on  leibserben,  die  sj 
miteinander  bieten,  so  sol  er  dennoch  dsts  vorgonante  land  zn  Merhem 
mit  siuer  zugehorung  in  dem  rechten  als  vorgeschriben  stet,  innhalten, 
nuczen  und  nieszen  unverkümmei-t,  weun  er  aber  mit  dem  t(»d  abget  ond 
da^selb  land  in  siner  gewalt  ungelöst  blib,  so  sol  es  herwider  auf  uns 
oder  unser  erben  gevallen  uud  erben  ungeverlich.  Wer  aber  das  derselb 
nnser  sun  herczog  Albrocht  nach  abgang  der  vorgenanten  unser  tc>chter, 
siner  gemabel,  elich  leibserben,  das  sun  wcren,  bey  einer  andern  siner 
gomaholn  haben  wurde  uud  die  nach  sinem  abgang  hinder  im  liesze  and 
das  egenante  land  ungelöste  in  siner  gewalt  belibcn  wer,  als  vor  bemrt 
ist,  dieselben  sein  leibserben  sollen  dennoch  dasselb  land  zu  Merbem  mit 
siner  zugohorunge  innehaben,  besitzen,  nflczon  und  niessen  in  den  rech- 
ten als  vor  b^iffen  ist.  Doch  ob  wir  leibserben,  das  sun  wern,  gewunnen 
uud  dasselb  land  herwider  haben  wolten,  das  sy  sich  mit  dem  abtreten 
und  loBung  und  in  allen  andern  stucken  gen  uns  halten,  als  vor  an  dem 
brief  begriffen  ist  ungeverlich.  Oeschee  aber  das  desselben  unsers  sunes 
leibserben,  di«  er  hinder  im  liesz,  ouch  on  leibserben  abgiengen,  so  sol  (k« 
vorgenante  land  zu  Merhern  dann  ouch  an  uns  oder  unser  erben  gevalUo 
in  dem  rechten  als  vor  begriffen  ist  on  geverd.  Es  sol  ouch  der  egenant* 
unser  sun  dasselb  tand  zu  Herhern,  wenn  er  das  inuhat,  als  vor  bernrt 
ist,  und  alle  iuwoner  daselbs  bey  allen  iren  gnaden,  friheiteu  und  rech- 
ten behalten  und  die  stra-szen  durch  Merhern  gen  Hungern  lassen  gen, 
als  das  bey  unsers  vattttrs  seligen,  keyser  Karls  und  kunig  Ludwigs  von 
Hungern  czeiten  gangen,  gehalten  und  herkomeu  ist  ungeverlich.  Wir 
geben  ouch  dem  cgenanten  uuserm  sun  unser  tochter  und  iren  leibserben, 
ob  sy  die  miteinander  gewunnen,  vollen  und  ganczen  gewalt  soliche  vcr- 
saczto  und  verpfendte  slosser,  stete  vesten,  leut  und  güter,  die  zu  d«r 
vorgenanten  marggi-afscbaft  zu  Merhern  geborent  und  von  unsern  vor- 
dem  oder  uns  kunigeu  zu  Behoim  oder  roarggrsven  zu  Merhern  sin  vtr^ 
saczt  worden,  in  ir  gewalt  zu  losen  nub  diesolb  aumm,  dorumb  sy  rer- 
saczt  sind,  oder  ob  sy  die  umb  myuner  denn  umb  dieselb  summ  in  ir 
gewalt*  bringen  wolten,  als  vor  boi-uii  ist,  das  sy  uns  oder  denselix'O 

•  brini^en  mochten,  <loch  al»<>,  ob  on  tu  schulden  kt>m,  dnji  wir  loibwr'*" 
iIm  »un  wuni  ^wiiniiun  und  dawielb  Und  wider  in  un««r  gew«lt  bf"" 
^n  wolten,  aU  vor  berurt  ist,  etc. 


349 


aiisem  eiboii  dfiin  dicselbon  gcloy.tcn  slossor,  stote,  voste,  leut  und  guter 
zu  lözen  ir>  :i.  ii  nmli  tlifi-t  lt)  suuiui,  danimli  sy  die  gelözt  bieten  <«n  jro- 
terde.  Oucb  »ul  uuä  dor  vurgouante  unser  »ua  mit  dem  egenanten  laud  zu 
Stwheni  und  ainer  zngebonmg  in  allen  Sachen  beistendig  und  geholfen 
sein  gen  aUermeinclich  nyemaiit  ftUBgenoinmen,  wenn  nnd  wie  oft  dee 
notdnrfb  geochicht  iinge?erUch;  sn  glicher  weis  aollen  nnd  wollen  wir  im 
in  allen  sadien,  die  dea  land  zu  Merhem  berOren,  beiattndig  und  ge> 
helfen  sein  gen  allemieiigiich  njemant  ausgenoiiimen,  wenn  nnd  wie  oft 
noidiirft  geschieht  ungeverlich.  Auch  babeu  wir  ana  die  awey  aloai 
mit  namon  Brunnaw  (gic)  und  Swietlow  mit  iren  zugobornngen,  die  rn  dorn 
niarfTirraftiiTTi  und  land  zu  Morhern  \<m  aldors  peh^ren,  behalden  zu  b«- 
^un  i»M  lirbuiig  und  zu  unBerm  leib.  Wer  aber  sachc  da  got  lang  vor  soy, 
das  wir  i>n  hibmrbm  mannps  g'pslpcht  abg^ipng'»»n.  m  nnWf^n  dio  «genanten 
älösz  Bruniuw  und  Swietlow  mit  ulieu  irt^u  ^ugeburunguu  lediclicb  an 
dm  Torgenanten  nnaern  ann  nnaer  iOehter  ire  erhen  getanen  in  aller  der 
maas,  als  er  das  egenante  marggraftmn  und  land  innhat.  llit  nrknnd  ete. 
maiMtaa.  Geben  in  Ofen  nach  crists  etc.  XXHI,  am  freytag  nach  aant 
Midielatag,  iniBer  riche  des  hongriachen  etc.  in  dem  XXXYHt  dea  romi- 
■eben  in  dem  J3SSL  ond  des  hehemischen  in  dem  Vierden  jaren. 

Ad  mandatom  doniini  regia 
Johannes  episcopna  Zagnbienaia. 

Heicturegifltiatiirlnich  Ii,  Fol  ü\ 


« 


i 


i 


ZUR  GESCHICHTE  l  NliAKNS 


(1671— n;83). 

MIT  BESONDEKKH  ItrCKSlCHT 
AUF 

DIE  THÄTIÜKEIT  UND  DIE  (JESCIUCKE 
JESUITENOKDENS. 

D"  FRANZ  VON  KIIUNE.S. 

uxivxKMTti»  rnoftssnii. 
rounpoxbiHiuibta  hituuux  »tu  kM>  aku>uiic  i>ui  wi»!ii:Nm.'tum>. 


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Yorwort 


Der  Vei&MW  dieser  Studio  bietet  einen  Beitrag  bot  Qe> 
scbiclite  jener  Krise  im  ungarischen  Staatsleben,  die  innerhalb 
der  Jahre  1671  und  1683  li^  und  uns  den  Versuch  einer 
politischen  und  kirchlichen  Neugestaltung  Ungarns  seitens  der 
Wiener  Regierung  gewahren  lUsst,  wider  weU-he  die  Bewegungs- 
partei, die  Kuruzzcn,  im  Bunde  mit  Siebenbürgen,  Frankreich 
(iTid  der  Pforte,  mit  wechselndem  Erfolge  ankämpfen  und  die 
KroMi-  allgemacli  zur  Acnderung  ihn  s  Svstruis,  zur  Paeification 
Ungarns  drängen,  deren  wirksamster  Hcbi  l  bt  hliiöslieh  die  Kr- 
fülge  der  kaiserlichen  Waffen  vor  Wien  1683  und  dann  aid 
dem  Boden  des  Karpathenreiches  wurden. 

Bis  zu  diesem  entscheidenden  Umschwung  bewegt  sich  die 
vorliegende  Studie,  und  ihr  Schwerpunkt  ruht  wieder,  gleichwie 
dies  bei  der  vor  Kurzem  an  gleichem  Orte  erschienenen  Abhand- 
lung über  die  Jahre  1645—1671  der  Fall  ist,  in  der  grossen 
Rührigkeit  des  Jesuitenordens  als  Trflger  der  Rekatholisiriings- 
tendenzon.  Demgemilss  bilden  nuc-b  die  ,Briefe  odor  Bi-riehto 
der  üst^rri'icliisc'lK-n  Ordensproviu/.'  in  gewissem  Sinne  die  Grund- 
lage, doch  wurde  der  ganze  Kreis  mussgLbender  Quellen  beider 
Glaubcnslager,  Gedrucktes  und  Handschriftliches,  herangezogen, 
soweit  es  dem  Verfasser  zugllnglicb  war. 

Die  Natur  der  Aufgabe  bedingte  zunächrt  A)  einen  vor- 
laufenden Abschnitt,  der  den  ,QAng  des  ungarischen 
Staatslebens  in  den  Jahren  1671—1683'  mit  Rttcksicht  auf 
die  politischen  und  kirchlichen  Zustände  darlegen  soll.  Ihm 
sihliesst  sich  B)  ,die  katholische  Gegenreformation  und 
der  Jesuitenorden*  als  allgemeine  Charakteristik  der  Ordens- 
bestrebungen, ihrer  Mittel  und  Weg«  an,  wiihrend  der  au?fiibr- 
lichste  Theil  C),  ,die  örtlichen  Geschicke  des  Kirt  lun- 

wesens  and  des  Jesuitenordens'  betitelt,  den  Gang  der 
inUr.  «4  LXXX.  D.  Hilft*.  2J»** 


354 


kathobsclioii  <  Jefrenrcformatioii,  den  Kückschl/i^]:  derselben  und 
die  RoUe  des  Jesiiitciiordeas  in  diesen  wechselnden  Vorgängen 
an  den  wichtigsten  Stätten  seines  Wirkens  erörtert. 

Der  Anhan<r  bietet  als  Auszüge  aus  den  ,Litt.  ann.  S.  J. 
prov.  Austr.*  I. — III.  Nachweise  über  die  Mittel  und  Wege  der 
Glaubensmission,  den  Stand  der  Bekehrunjren  1671-  1  BIS  nnd 
des  Jesuitenordens  in  Ungarn  1(>74,  woran  sich  IV.  ein  eharak- 
terisiiscber  Brief  aus  Kas(;hau  vom  Jahre  lülb  zur  Geschichte 
des  KtmiBsenkrteges  schliesst. 


1)  Der  ^ng  des  nngariselieii  SUatsleliens 
in  deD  Jahren  1671—1688. 

I. 

Die  Magnatcnversehwöning  hatte  ihr  gewagtes  Spiel  ver. 
loren.  Uneinig,  widerspniclisv  oll  in  ihren  Zielen  und  Zwecken, 
erlnp:  sie  im  ersten  Augenblick  des  überhasteten  LosschlageDS. 
Die  Schilderhebung  Zrinyi's  und  Frangepani's  niisslang,  und 
der  Versuch  Franz  Räköczy's,  im  ostungarischen  Berglaode  die 
Fahne  des  Aufstandes  zu  entrollen,  nahm  auch  bald  ein  klfig- 
Ücbes  Ende. 

Die  gesetzliche  Gewalt  enang  ohne  grosse  Opfer  den  Sieg 
über  die  weitverzweigte  Bewegung  utid  1«  >tieg  den  Richter- 
stuhl, um  zu  untersuchen  und  zu  strafen.  Zrinyi  und  Frange- 
pani  bttflSten  in  Wi  .  Neustadt,  Niidasdy  zu  Wien  unter  dem 
Schwerte  des  Henkers  ihre  Schuld.  Den  Sohn  des  Fürsten 
Siebenbürgens  bewahrte  als  , Verführten*  der  Einfluss  der  loyalen 
Mutter,  Sopliie  Bathory,  und  die  Ftirspraehe  dt  s  Heiden  hoch 
verpflichteten  Jesuitenordens  vor  einem  ähnlichen  Loose.  ^  £r 


*  lieniürkuuswcrth  ist  dio  Acusseniug  iu  der  1675  latciuiäcb  und  deutscli 
in  Tyinaii  gednickten  Apologie  des  PreMboigor  Tribunale«  ans  der  Feder 
de«  Johannet  Laptanasky  (s.  w.  «.)>  *ti*  ^        der  deutaehen  Am» 

gäbe,  8.  0—10,  <>itiro:  ,Ams  wo»  Ursachen  aber  Zrini  uud  mittels  aeiiicr 
ancli  Fürst  Rnkoczi  denen  Prädicnnten  zu  wilfalireii  »ivh  bereden  las^Pii- 
L'rl)f'1!(>t  klar  au.«s  dem:  dass  nls  cedaehter  Fürst  da«  vor  dison  lauflFcn<lo 
jührliolie  Eiiikoninicii  dcuuu  rriidii-auteu  auQ'  ein  neues  verwiUigot,  auch 
jhnen  an  Abatattnug  der  vor  etlieh  Jahren  hero  hindenteLUg  verblibenw 


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sühnte  seine  Verirmng  mit  luterniruiig,  .ohne  seine  Rangstcllung 
als  Magnat  einzubUssen  und  seines  wesentiiohen  Besitzstandes 
entäussert  zu  werden.^ 


Besolduug  tauseud  DucAten  iu  Gold  paar  ausssalilea  lassen,  einer  auss 
den  Tomeliiiisteii  CkMnbten  mit  heller  Stüntn  berlBr  gebroeben  vod 
geaprochen:  Hftttt  hat  Fili»t  Rskocii  20.004)  Stbel  «o  «ein  Seiten  ge- 
hangen. 

Sehet  hier  der  treulosen  AuffruUr  und  Kebeliion  aigontliche  Wurzel 
und  grflndlieben  Vrsprungl  Hauen  dann  diie  Warbeit  an  be- 
kr&fftigen  auch  noch  heutigei  Tag«  Franz  Rakocsi  bezeuget 
vnd  auffrecht  bikonnnt.  flasi»  vnil  sein  Schwähor  fPetor 
Zrtuyi)  einsig  und  allein  durch  güttvergussene  Auatifftuug 
•o  ansi  der  Pridicanten  rnbillicber  Anforderung  endsprnn* 
gen,  zur  Auffruhr  angehetxet  vnd  nchändlich  hinterführt 
worden.    Diosea  Ftlrstens  Fraw  Mutter  pch  BAthory'!  aber,  als 

ein  sehr  kluge  verständige  Fraw,  vermerckte  der  Sachen  Ansagang  »ubr 
weivliob,  aandte  alio,  ibrM  SohnM  kdflhtM  Naehgaben  vnd  Bewilligung 
etlichemiawBn      bintertieiben,  ejrlfertig  einen  naeb  den  kaiserL  Hoff 

mit  dfinütliif^stor  Bitt.  Ilir  Kaysorl,  Majestätt  wollten  jlnicn  kpinn«wogs 
gQruhen  laman,  solche  durch  Jhrcn  königlichen  Gewalt  und  Autoritet  au 
bekrifftigßu,  weilen  hllcbft  an  befiihren  w&re,  da«  nldit  etwan  aoM  Br^ 
firfinimng  diser  ■»  nnbillicben  und  niebt  im  geringsten  lebttldmisrigen 
Besoldung  eine  Tfolx-Hinn  vnil  Anffruhr  ondstnndp'  .  .  , 

Mau  sieht,  wie  vun  kathoHiichor,  und  zwar  officiiiser  Seit»  Kilköcay 
als  Opfer  der  Verführung  von  Seiten  der  lutherani8ch-calTini«cben  ,Pri-> 
dicanten*  entacbnldigt  wird,  der  doeb,  wie  es  nns  die  Jabieabericbte  des 
JesuitenordonA  vor  IfiTO  besagen,  mit  dem  Protestantismus  zu  Pat.nk  nuf- 
zuräunien  sirVi  hi-flissfn  zeigt.  Das«  Franz  Kikdczy  nur  dem  Zwange 
der  Umstände  nachgab,  wenn  er  die  proteetantischen  Forderungen 
befiiadigte,  weil  er  den  protestantiseben  Adel  fUr  seine  poli- 
tischen Zwecke  brauchte,  zeigt  sieh  klirlich  dargelegt  in  dem  Bu- 
richt«^  der  '^tfrrwirhiwhen  Ordonsprovinj!  Tint»>r  ijor  Rnl>rik  ,.\dvr-r?:n'  r.nm 
Jahr«  .  .  .  ,8tephauu«  Bocskay,  snpromus  comes  hujus  cumiiatus 

stipatns  praecipnis  e  Xni  baram  partinm  oomitatibns  baeretids  omiü- 
bus  coögit  principem  Itakoczium  reditus  omuos  annnos,  qui  mnltorum 
milHnm  sunt,  restituere  Praedicantibasi  Professoribas  et  ladimagistris 
baereticü«  .  . 

*  Qemeittbin  wird  die  Snmme  Ton  850.000  Ooldgalden  nnd  der  Yenicbt 

taf  die  Trentschiner  Gilter  angeführt  Uebor  diu  Vermittlung  seiner 
Matter  nnd  st  iiu'  HoroitwillJfjkclt,  mit  reichlichem  Golde  die  eigene  Ver- 
irmog  SU  stthnen,  s.  Wagner,  Uist.  Leupoldi  (Aug.  Viudelic.  1719,  I, 
8.  SM«  a.  a.  1670).  Was  ^e  Haltong  der  raseb  eingesebflebterlen  Zem- 
pliner  Qespanseblft  betritt»  so  s.  darüber  die  zeitgenössischen  Anfzeicb- 
nniigen  in  dor  jriaj»)'ari!«cli  ppsrhrlr-lu  non  Chronik  des  Babocsay  ,Fata 
Tarcxaleusia'  iu  der  Sammlung  vun  Kumy,  Mouumeata  Huugarica,  axaa 
Usgyar  emtfluaetes  irfsok  (3  Bde.,  Pest  1816-1817).  L  Bd. 


356 


Die  Bestrafung  der  Hilupter  des  Wagnisses  war  nur  ein 
Vorspiel  ssu  weitsehiclitigen  Untersuchungen  des  Thatbestandes 
und  zu  gerichtliclieu  Verfolt^tinjr^n  durch  ausserordentliche  Tri- 
bunale, die  seit  1072  in  Thiitigkeit  treten. 

Anderseits  hält  sich  aber  aach  die  siegende  Macht  filr 
ber<  <  Vitia^t,  den  Sieg  auszunützen  tind  das  nene  Einrichtung^?- 
werk  rnirarns  in  die  Hand  zu  nehmen.  Der  entschiedenste 
Anwalt  dieses  folgenschweren  Entschlusses  war  der  Hof  Kanzler 
Hocher.  Ans  seinem  bekannten  Gutachten^  athmet  die  Ueber- 
zeugun<r.  dass  nnr  unnachgiebige  Strenge  den  nnbotmässigen 
Geist  der  Magyaren  bannen  könne.  Man  müsse  ein  »deutsches 
Regiment'  errichten,  und  dem  wohlthätigen  Zwange  werde  sich 
der  Magyare  auch  fUgcn  lernen.  Kaiser  Leopold  I.  selbst  hatte 
schon  während  der  Krise  dem  Vorhaben,  Ungarn  auf  einen 
anderen  Fuss  zu  setzen,'  Ausdruck  gegeben,  denn  im  Rathe 
der  Krone  war  der  damalige  Vordeimann,  Fürst  Lobkowitz, 
gleich  Hocher  der  Ansicht,  Ungarn  habe  seine  Verfossong  und 
Sonderstellung  verwirkt  und  müsse  den  deutschen  und  böhnu- 
schen  Erbländem  angeglichen  werden. 

So  beginnt  ein  Aosnahmszustand,  das  Octroy,*  eine  Wiener 
CSabinetsregierung  fUr  Ungarn^  und  ihr  Vertrauensmann  und 
Yollmachtstrfiger  im  Karpathenreiche  der  Stefanskrone,  so  weit 
es  noch  habsburgisch  geblieben  war,  Kaspar  Ampringen,  der 
Deutschordensmeister,  ein  Fremdling  im  Lande,  yoU  redlichen 
Willens,  dem  es  jedoch  an  allen  Vorbedingungen  eines  ge- 
deihlichen Erfolges  gebrach,  sollte  als  kaiserlicher  Statthalter, 
Gubernator,  Ungarn  in  das  neue  Gkleise  drangen  und  des 
schwierigen  Amtes,  nach  oben  hin  gefügig,  nach  unten  hin 
unbeugsam,  walten.^ 


'  8.  den  Abdruck  diesei  hockwichtigeii  Gntaehtens  bei  Firnbaber: 

ActenstUcke  tnr  Äufhellung  der  ungariMhen  Geschichte  des  17.  nud 
18.  Jahrhunderts,  ,Archir  Ittr  Kunde  Iteterr.  GeechichtwitteUen*,  S.  Bi. 

(1862),  8.  1—75. 

*  Vgl.  darüber  Bidermaun,  Ge.schichto  der  rtsterr.  CtesaiiiintsUAteidee, 
I.  Abth.  (Iniubrack  1867),  S.  117-119,  123—124»  126—128,  U7  .  .  . 

*  Vgl.  Kirely,  A  magyar  alkotminj  felfUgesstte,  1678^  Akad.  Mkt»-* 
188S  (Bndspeat).   Sehr  beaebtennrerth  sind  die  AnsfttbniiigeD  Kat/'* 

(S.  J.)  in  seiner  Hist.  regni  Hunjf.,  III.  Abth.,  S.  127  f. 

*  Das  Dern^t  d.  r  T^i^stallung  Am|iriii<,'<  irs,  datirt  von  Wien,  27  Frhniar 
1673,  s.  bei  Katona,  Hist.  crit.  r.  Huug.,  XXXIV  (1804>.  S.  KCJ-IÜJ!. 
Der  ufficiollc  Titel  Ampringon\s  nadi  einer  Denkmünze  (Sfhünwisnö'i 


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857 


n. 

Die  Neuerungen  warfen  ihren  Schatten  schon  frühzeitig 
voraus.  Schon  den  24.  April  1671  schrieb  Teleky,  der  hoch- 
-rr»1if  Ti'le  Anwärter  einer  bedeutenden  Zukunft,  nn  seinen 
Dienstherrn,  den  Fürsten  Siebenbürgens,  Michael  A])aty,  er 
könne  urtheilen,  wie  sehr  niun  die  ungarische  Kation  unter- 
drücken wolle,  wie  man  allerlei  Steuern  eiutordcrc,  als  habe 
num  tt  mit  fiauBin*  m.  thtm.  I&  Mttbren  und  Böhm«!  sei  es 
Brauch,  das«  man,  wenn  es  dem  Kaiser  nnd  dem  Hofe  be- 
liebe, eine  Steuer  nmsalegen,  gedroekte  Scbreiben  ins  Land 
Mshieke,  denen  man  Felge  Idsten  mUsse.  Ancb  in  Ungarn 
klebe  man  sclion  solche  Welanngcn  an  die  Thore.  Der  Schrei- 
ber dieser  Zeilen  meint,  es  wäre  im  Interesse  Ungarns,  eine 
Biitsehaft  an  die  Pforte  ausr>ufertif:;-cn  nnd  sicli  besonders  an 
den  (Irossvezier  zu  w  enden,  weil  ja  auch  der  (protestantische) 
Glaube  in  (iefalir  .sei.  ^ 

So  finden  sich  denn  in  diesem  Schreiben  gleichsam  in 
Schlagworten  die  damalige  Krise  und  ihr  Gegengift  angedeutet. 
Ein  WortAihrer  des  magyarischen  SiebenbUxgens  nimmt  für 
die  gemassregelten  Stamm-  nnd  GhtobensgaioBsen  joiseitB  des 
KitaigRwaldes  Partei  nnd  weul  anf  die  Pforte  bin  als  wohl- 
woDende  Haeh^  die  sich  entscheidend  ins  Mittel  legen  könne. 

Noch  war  jedoch  die  hohe  Pforte,  bei  aller  Willfährig- 
keit, inc^eheim  oder  nebenher  den  Gönner  einer  magyarischen 
Gegenbewep^inej  zu  spielen,  weit  davon  entfernt,  «sich  offen  den 
von  ihrer  siebenbürgischen  Zutluehtatätte  aus  zum  kleinen  Kriege 
rüstenden  Malcontenten  anzunehmen,  den  ihr  so  bequemen  und 
Vorth eilhaflen  Eisenbui  ger  1^'riedeu  zu  brechen  und  das  ihr  damals 
mehr  denn  je  verfeindete  Pulen  Oesterreich  in  die  Arme  zu  trei- 

M«tit  ni  nnmin.  ab  orig.  ad  praesens  temptu,  Ofen  1808,  p.  563)  lautet: 
.Joannes  Casparas,  Dei  p*"**'-'^  ndministrntor  Prussici  ordints  Teutonici 
magnus  mallster,  domiuus  in  Freudenthal  et  Eulenberg,  caeoareae  maie- 
•taHs  rtgid  Hiugulaa  ptenipoteotiariw  fobcmator.*  Tgl.  flb«r  die  Ad» 
ministration  Ungarns  auch  die  Bemerkungen  bei  i^zalay,  Magyarorsxig 
tÖTtinete,  2.  Auag.,  V.  Bd.  (1866),  8.  160— IGl,  wm]  den  oben  citiHen 
Aufiats  TOD  Kiroljr.  Von  deutscher  ^ite  A.  Wolf,  Lobkowita,  S.  335 
Vi»  861,  UÜMolute  Rc^erung  in  Ungarn*. 
'  Török  magyar-kori  okmänyt.ir,  herausgegeben  v.  Sziligyi  u. 
Szilädi  durch  die  ungar.  Aka(l< mio,  MI.  Bd.,  1871,  S.  84— 26,  Nr.  XVI. 
Uichael  Teleky  an  Apafy,  24,  April,  Uusat. 


d5b 

bcn,  wie  dies  das  Schreiben,  des  moMclitigen  Grossvezicrs  Ahmed 
Köprili  vom  1.  November  1672  klar  andeutet,  und  auch  Apafj, 
durch  den  ersten  Älisserfolg  Te]ek  \  's  Gunsten  der  , Heimat- 
losen' gewitzigt^  Hess  sich  erst  allmUhg  liir  ein  entschiedenes 
Zusammengeben  mit  der  ungarischen  ogrungspartei  gewinnen 
und  dann  erst  dabei  festhalten^  als  ihm  r'rankreieh  und  die 
Pforte  in  ihrer  PoUtik  einen  festeren  KUckhait  boten.  ^ 

Der  Kampf  der  Aufständischen  gegen  die  kaiserliche 
Herrschafl  und  ihre  Fcldhauptleate  war  bereits  seit  dem  Hoch- 
sommer 1672  im  Vollen  Gange  and  sachte  das  ganze  ostunga- 
riscbe  Bergland  heim.'  In  der  Saroscher  Qespanschaf^  im 
Zipser  Lande,  namentlich  jedoch  um  Kaschaa  im  Abaajvirer 
Comitate,  setzte  es  heftige  Scharmtttzel  ab,  und  mancher  Ort 
fiel  in  die  Hände  der  Malcontenten;  aber  das  llanifeet  der 
Häupttinge  Kende,  Sznhay  und  Szepessy  23.  September  d.  J. 
hatte  keine  Massenerfaebung  des  ^freiheitsliebenden'  und  ^^MXt 
bensstarken'  Magyarenthums  bewirkt,'  und  die  Schlappe  vor 
Kascbau  vom  26.  October  1672  zwang  das  kleine  Heer  der 
buntgemischten  Freiheitskämpfer  zum  Kttckzug.  Aber  der  Be- 
stand einer  solchen  Bewegungspartei,  die  das,  was  1670 — 1671 
missltmgen  war,  wieder  aufgr^,  war  und  blieb  eine  Gefahr, 
und  das  Mittel  ihrer  Beschwörung,  die  kaiserliche  Soldatesca, 
eine  Nothwendigkeit^  immerhin  aber  auch  ein  Uebel,  weil  es 

1  Zu  dem  Material,  welches  Uber  die  Anflbige  des  Kuronenluieges  vai 
Apafy*i  rttokhal^e  Politik  —  dem  Aufetanda  aad  der  Pforte,  anderaneito 

Oesterreich  gegonüber  —  bei  Katona,  XXXIV,  anfj^jospeichert,  in  S«ir 
)ny,  V,  H-rvath,  VI,  Kereksry .4rt6,  IV,  Fc:^.sl.  r  Klein,  IV,  ver- 
.itlii  itct  i'iliT  ruiL'^M'-utot  orsdieint,  gesolltc  sit  h  in  ilon  letzten  Dticennioi' 
reich  lieh  nouos,  so  im  Török  magyar-kori  okmauytär  (s.  oben),  in 
Tbnly  s  AdalAcok  a  TbVMly  BIkMkor  indelom  tOrtineltt» 
(I.  Bd.|  Budapest  1878«  die  eonfiMMionell-polltiMlie  Dichtani^  der  Amf- 
standspartiu),  in  den  Briefen  Tököly'a  herauHgegeben  von  Deak  (Ak»J. 
Verlag,  Btidapest  1887)  in  der  Correspondons  der  Kuruzson  (a  Bujdosek 
If-voltAra),  herausgegeben  von  demselben,  ebenda  1883;  insbesondere 
aber  von  Alex,  ^zilägyi  (im  XV.  Bde.  der  Monuni.  comitiHÜa  rcgui 
Transsylvaniae  [1669—1674],  Budapest  1892),  der  bejreits  iu  saniiii 
Werke  Srd^lyorszag  tffrtteete,  II.  Bd.,  einen  klaren  Einblick  in  die 
Secblage  bot. 

«  Vgl.  J.  l'auler,  A  biqdoeök  Ouadtoi  ie72lMa  (Siisadok  1869  in  A  Abtb. 

1,  85,  166). 

*  Daj*  Mnnifcsit   \un   K.  VVa^MM-r,  Anal.  Jäcepusü  sacra  et  profaua  l'o 
4.  Abtli.j,  IV,         und  daraus  bei  Katuua,  a.  a.  O.,  "M — dO. 


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359 


den  alten  (iroU  fge^n  die  detttochen  Miethlinge  beim  Adei, 
Börger  tind  Bauer  mehr  denn  je  wachrief.  Auch  die  Banern- 
unruheii  in  der  Arvaer  und  LIplauer  Gespanscbaft^  waren  be- 
denkliche %niptome. 

Und  in  dieser  schwülen  Zeit,  als  pnnz  Ungarn  in  den 
XachwchcTi  dov  Ercis'nis'^p  von  lf>7() — 1()71  bebte  und  ziickfc 
und  einen  Ticiun  Bürgerkrieg  auflodern  sah,  der  Krieg  gegen 
Frankrcicli  drängte,  und  die  Pforte  immer  deutlicher  den  Gön- 
ner des  Aufstandes  in  Ungarn  abgab,  erliess  der  Kaiser  <laa 
Patent  vom  37.  Februar  1673  zu  Gunsten  der  neuen  Ordnung 
der  Dinge,  und  die  ^Stattbalterei',  mit  Auipringen  an  der  Spitze, 
nahm  in  Pressbuig  nun  alsbald  ihre  Thtttigkeit  auf. 

Das  griff  den  Autonomisten  Ungarns  in  beiden  Glaubens- 
lagem  ans  Ilerz;  es  traf  auch  hart  den  Ehrgeiz,  das  Selbst- 
h.  wuaetsein  des  Graner  Primas  Szelepcs^nyi,  der  sich  bisher 
als  ,Locumtenen8  regia',  Stellvertreter  des  Königs,  gefUhlt  und 
die  Leitung  der  Hochverratlvsprocf  sse  Ubeniomraen  hatte. 

Der  Primas  säumte  auch  nicht,  als  1G72  dio  Oubemators- 
frage  auf  der  Bildflächc   eröcliienen   war,   in   der  entschie- 
densten Weise  für  sein  Loeumtencntiat  einzutreten,  eine  mo- 
raKsch'politisdie  Denksebrift  einzureichen  und  Ungarns  Lojalitit 
gegenüber  dem  geplanten  Staal^treich  zu  Terfechten.*  Was 
Einige  behaupten  mOgen,  dem  Ueberwinder  und  Bächer  des 
Anfstandes  stünde  es  firei,  in  Ungarn  das,  was  ihm  beliebe,  au 
TerfUgen,  sei  von  der  Wahriieit  weit  entfernt  —  heisst  es  darin 
~  die  Empörung  das  Venbreclicii  nur  Weniger  gewesen,  das 
Ungamvolk  in  der  Treue  beharrt.   Da  es  sich  nicht  in  Waffen 
gp^'en  «einen  K'iiiij;  erhoben.  dUrfe  man       jiicht  lie^icLrt,  nicht 
stratliilhi:  nennen.   Habe  man  doch  vor  anderthalb  Jahren  nach 
der  Niederwerfung  der  Kebellen  und  ihrer  Bestrafung  als  lioch- 
verräther  die  wiederholte  Versicherung  unter  Königswort  em- 
pfangen, die  Uebrigen  würden  bei  ihrer  Terfessungsrnnssigen 
Freiheit  belassen  und  nichts  Gesetzwidriges  verfügt  werden. 

So  traf  denn  der  neue  Gubemator,  die  richtige  Yerkör- 
P«ning  des  Ansnahmszustandes,  des  Octroy,  Überall  auf  sauere 
Ifisnen,  auf  den  stillen,  aber  merklichen  Antagonismus  des 


*  Dar  AoAtatid  unter  der  FUirang  des  Ktupar  Pik«,  den  General  Spork 

Von  Trcnl.-chin  an<?  mit  nlloM-  Härte  bewUtigtO. 
'  Vgl  Katona,  a.  a.  0.,  94—116. 


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360 


Hauptes  der  ungarischen  Kirche,  auf  passiven  Widerstand  aucli 
dort,  wo  Ampringen  auf  Untorstützong  in  seinem  dornigen  Be- 
rufe rechnen  durfte.  Anderseits  aber  gewann  die  l.iTii:  *  vorhan« 
dene  Aufstandspartei,  gewannen  die  ,Verbannten*,  , Heimatlosen', 
^Flüchtigen'  als  bewaffnete  Anwälte  der  ,bedrohten  Liberttt 
Ungarns'  an  Credit;  jetzt  gelangen  die  Partcinamen  yKnrad' 
und  ,Labancz'  ^  flür  die  Aufständischen  und  deren  Gegner  zur 
Geltung,  und  ein  wüster  Krieg  aufs  Messer  beginnt,  dessen 
beiderseitige  Greuel  zu  schildern  nicht  unsere  Aufgabe  bilcUt 
Und  gerade  damals  mehren  sich  die  bereits  1671 — 1672 
eingeleiteten  Zwangsmassregeln  zur  BekathoUsirong  de«  pro- 
testantischen  UngamSy'  treten  zu  Tymau  und  Flressbnrg,  am 
Sitze  des  Reichsprimas  und  der  Regierung^  in  volle  Tfaltigkeit, 
jene  ausserordentlichen  Tribunale  oder  Gkrichtshöfe,  die  das 
politische  Verbrechen  der  sogenannten  MagnatenTerschwitnuig 
im  Protestantismus  aufzuspüren,  an  Lutheranern  und  Calvineni 
zu  rSchen  bestimmt  waren.  Hatte  man  schon  im  Mai  1672  mit 
der  Vorladung  der  Pressbuiger  nach  Tymau  begonnen,  so  er 
reichten  die  Criminalmassregeln  im  Herbste  1672  und  im  Früli- 
ling  1674  ihren  Höhepunkt  und  zogen  das  Protestantenthnm 
des  ungarischen  Beiglandes^  insbesondere  des  westlichen,  in 
Mitleidenscha^  * 


*  In  der  Sammlung  Thaly'»,  ».  oben  I,  31  t.,  findet  sich  zum  Jalire  1672 
ein  uemlicb  scIiwiiiigvollM  Lagarlifld  der  Kniniien  oder  ,annen  G«- 
aellen*  (stegteylegteyek).  Da  hebst  es  beieptebw«^  In  der  SehlnaMtcoplM: 

Bort  kupimba,  bort!  embert  a  gitral 

Tyi'ikody  p.'ijt.i.x,  iiiduljunk  raja! 

Verjiik  ältal  az  labanczot  a  misviiä^a 

Ugy  ad  isten  bekessijget  6d©s  bazaiikra  — 
Sodann  folgt  S.  39  zu  Ende  1672  ein  Spottlied  der  Lnbencser  «nf 
Paul  Ssepeaey,  Vicegespan  Ten  Bon6d  u.  w. 
'  Ikrer  weiden  wir  gelegentUch  im  dritten  Hauptabeehuitle  gedenken. 

•  IMe  zeitgenössische  und  aucli  die  spätere  Literatur  über  die.se  Vorginge 
ist  ziemlich  umfnnpTr^u-h.  In  erste  Linif  tn^teji  Kwei  (M'^'t-iisihritt«?»! 
Die  officiello,  katholische  RechtfcrtipitTi*;  des  gi  riehtlii  heii  Eiii.'-clireitens 
gegen  den  Protoatantismus  als  liauptsehuldigeu  au  der  Ven«chwOrungi 
nns  der  Feder  de*  PrinintlnlMeretirB  Lapsantsky  (s.  oben  An».  I)« 
der  als  ynotsrins  pabliens  indicU  delegati  Poeoniensis*  fttngicte  (Tgl.  Ho- 
rinyi.  Memoria  Hung.  ..  .,  II,  -liU'i,  im-sl'Iuoh  in  lateiniseher  ond 
deutscher  Sprache  inTf)  in  der  JesuittMidrnckerei  zu  Tyrnan.  dann 
wiodi^rli'dt  narliprdruckt,  in  deutscher  Aus^abo  1683,  in  lateiuiäK'tier 
noch  1(21.  Dur  latoiuücbe  Titel  lautet:  »Extractua  brevis  et  veru's 


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861 


Bot  Bchon  die  Ztmtimienseteiii:^  des  Gtericbtstribtiiiiils, 

des  judiciuni  delcgatum,  allen  Orund  zur  Uebenengung  im 
prot^tantischen  Lager  beider  Bekenntnisse,  dass  es  auf  eine 
Vernichtung  des  Protestantisinus  abgesehen  sei,  so  erweckt 
auch  der  Verlauf  des  ganzen  Geriohtshandels,  die  Anklage  des 
Kroutiscus  auf  Gotteslftsterung,  Keligionsstörung  und  TIkü- 
nahme  an  der  Mngnatciivei-öchwürung,  die  Erzwingung  der 
Laterschrift  eines  das  Schuld bekcnntniss  formulirenden  Rever- 
seSy  andersMts  die  Einkerkerung  der  dies  verweigernden  Mehr- 
saU  und  gar  die  Deportimng  von  39  R^ormirten  nnd  32 
Lmberanern  (15.  Msra  und  1.  Juli  1676)  nach  Neapel  aar 
Gaieermstrafe  den  gerechtesten  Zweifel  an  der  Unbefangenheit 
des  Gerichtshofes  und  das  gemeinmenschliche  MitgeAkhl.  *  Die 


quo  candide  deinuiistratur  Acathrilicunim  Praedicnntiuin  e  regno  lltiii- 
guriae  pruscriptiu  et  degradatio  £acta  08M  renpectu  KebeUitfois,  uun 
»ntem  Reli^ponU,  «owieiBqtte  Frasdioaiitw  non  in  gener»  ««d  in  «pecie 
eonvietoa,  jndiealoe  M  Icgitiae  eoiid«na«to«         dedtestns  Begio 

delegato  judicio  Powoniensi*  .    .,  ü7  SS  ,  12"  (in  flrr  mir  vorlippon- 
den  Tymauer  Ausgabe  von  1721);  der  deutecho  Titel:  .Kurtzer  vnd 
warbaffter  Bericbta-Auaazug,  wotuit  vavarboleu  vud  Sonnenklar  erwu«n 
wird* . . 60  88^  kl.  4*  (ha.  der  mir  vediegenden  Tjnaner  «raten  Atu- 
Urabe  vom  Mürz  IfjT.'V    Gi>£jen  Lapsanszky^s  Schrift  erschien  zunächst: 
,Hiin(r'i  rinche  Frädicanten- Unschuld  wider  die  dreissi^fach  un- 
wahre Üe»chuldigang,  damit  allem  Ansehen  nach  ein  Jesuit  unter  dem 
Namen  Jobann  Lapeanski  des  delagirfeen  kSn.  Ctariehte  in  Hnngam 
Seoretarii  in  einem  Gerichte-Auszug  ganz  unb^ründet,  falsch  und  ver- 
ISumderisch  filrjriht,  clatfs  die  im  K.  Hungam  nnkatbolischpii  PrHdicanton 
nicht  in  Ansehung  der  Keligiou  sondern  der  Rebellion  wegen  abgo- 
tdmllet  nnd  des  KBnigreldiee  Terwieeen  worden.*  Gedmdtt  Im  Jakre 
Christi  1G75,   4**,  und  unter  dem  Pseudonym  Job  Krzestyansky  aus 
Frey  borg:    ,Kurtze  Nachricht  pntfreponfjo.-tftzt  dem   I,<i;'<'iih;ifft(Mi  15*»- 
richt  oder  wie  er  genannt  %vird  dem  kunseu  und  wuruailU-ii  Goriehtj<- 
Anasqg  eines  wohl|peaogenen  Pnlli  Jendtioi  Nunene  Joliann  Iitbaansky' 
o.  8.  w.  .  ,  .  ,zn  gebührender  l^nschnldsvertheidignng'  .  .  .  (gedruckt  1683 
III  Verbindung  ?nit  doiii  Wit^flprabdrucke  des  L.Hpsan»Kli.v'^(  li<  ii  Tcxtnto«; 
eineu  fnilieren  Jiruck  kenne  ich  nicht).  Dieser  sogenannte  Krzustyansky 
verBffendielite  im  Jakre  1888  eine  Sokrift  gegen  Btoony'»  .Veritae  tot! 
nrande  dedarata'  oder  «Entlarvte  Wahrheit',  und  zwar  unter  dem  Titel: 
,Au«finirlichc  Aiifwort  auf  Aic  entlarvte  Wahrheit'  .  .  .  ^V'    \v<  it.  r  tiiitcn. 
'  Die  wichtigsten  iui  Auslände  vielverbroitoten  Behritttm  sind  die  von 
H.  Qeoig  Linyi  (LealnB),  Beetor  der  fickule  ni  Karpfen:  ^wratio 
captivitatis  et  liberationis'  .  . .,  doutscho  Avqjabe  1878  (1877  neu  aufge- 
legt): .  .  .  .Kiir/.o  iirnl  wahrhaffte  Ereehluug  von  der  «rrnnsamf^n  uml  f.ist 
uuerbürten  papistischen  Gefäuguuss  wie  auch  von  der  wundcrbahreu 
AiCUv.  L»X.  JM.  O.  BUft«.  24 


362 


gesamiutc  öflcntliche  Meinung  des  protestantischen  Auslandes 
brach  Uber  diese  Massregeln  den  Stab  und  verbalf  den  Konu- 
sen  zu  einem  besseren  Credit.  Der  Aufstand  erschien  am  so 
b^reiflicher,  ja  gereclitfcrügter,  je  dunkler  sich  die  Schatten 
Uber  dem  kaiBerliclicn  Kcgiment  in  Ungarn  zusammenzogen. 

IS»  war  mehr  als  bedenklich,  dass  die  Krone  sich  ge- 
wiasermasBen  in  den  Dienst  einer  Partei  stellte  und  den  Hass, 
welchen  das  Verfahren  dieser  Parlil  erweckte,  wider  sich 
kehrte.  Denn  dass  die  katholische  Hierarchie  Ungarns  und 
hinter  ihr  der  Jesuitenorden  auf  diesem  Wege  das  grosse  Ziel 
erreichen,  das  Testament  Päzmän's  verwirklichen  nnd  den 
Protestantismus  aus  allen  gedeckten  StelliuigeD,  die  ihm  nocb 
seit  dem  Linzer  Frieden  verblieben  waren,  drangen  wollten, 
erschien  dem  F^testantismus  als  ausgemacht.  Das  im  Jshre 
1671  erschienene  Büchlein  des  Probstbischofe  Georg  Birsony, 
die  yVeritas  toti  mundo  dedarata',  führte  eine  sa  dealliche 

Erlüesuug'  u.  s.  w.,  wrvrin  »t  soim?  cifjonon  Erlebnisse  schildert,  und  «iie 
des  Schulrectors  von  Kiinabrezü  in  der  Gömörer  GespanscbÄfl,  vormaU 
Pwton  in  Nmuohl,  Johannes  Simonides,  der  mit  anderen  GeimMn 
den  Weg  aiif  die  Qaleeran  Neapel»  einschlagen  miuute»  unter  dem  Titel 
yOaleria  omninin  »anctorum  catenis  chrittiaiiAe  rirtnÜB  nbi  deTioetoniii 
nominibuB  et  »ymbolis  in  procelloso  mundi  pelago  secure  et  cum  bo- 
nore  cironmveliniidis*  .  .  .  (neu  heranf{rp{rebpn  von  Fab6  in  den  Mo- 
num.  evangpelic.  ang.  Contess.  in  Hungaria  historica,  III,  1865,  S.  3oI 
bis  386),  verdeatscht  in  dem  von  Qrellmann  herausgegebenen  Ibr 
gaiin  Mr  Oeschicbte,  Statistik  und  Staatmeht  der  Qslerr.  IIonBi<die,  I 
(OOttingen  180«),  8.  IM— 814.  —  FQr  die  Oesehichte  der  gerichtliehci 
Vorfolgnng  des  Protestantismus  als  Mitschuldigen  der  Verschwörung  irt 
einer  rlor  {r<*nft«rsten  Berichte  aus  der  zeitponüssischoii  Feder  des  exilirfi'r 
deutschen  l'astors  von  K.nq>fpn,  Johanne»  Buriu»,  unter  dem  Titel  ,.Iesu  ik- 
nedicente  l&bori  pio  Micae  historico-chronologicae  evaugelico-panuoaicM 
ZKUrPA^IKfiS  oolleetae  et  adtunbratae  opella  vigilaci  dintina  JoannisBniü 
LanreaUPoStae  tone  pastorisOennaaiCarpoaensis,  nunc  Jeen  Chiistiexolif 
dnodecennis  anno  vero  Oiifiati  MDCLXXXV  et  insequentibus  in  ordinMü 
redigi  coeptae'  ex  antographo  Posoniensi  edidit  Paulus  Licbner  (Press- 
Itur^r  1Hf54).  Den  Hauptiboil  mnrht  dip  (Joschichte  des  ,.liidirintr.  P'^ 
äoiiieuse  auno  1678'  und  der  weitereu  Mu^inregeln  bis  1677  ^u»it  will 
reichen  Persoualnotizeu)  aus  (S.  1 — HO);  dann  folgt  ein  Catalogus 
exttlttm  ex  Hungaria  vom  Herbste  1678  (8.  tlO— 148);  ein  Cata- 
logus exulum  Hungaricorum  vom  Jahre  1674(8.142—170;  ein  Ca- 
talogus exulum  Hungarine,  qni  in  TnuissIWania  perfuginm  qn<^rcre 
con'  ti  oniiit  (S.  170  — 179);  .'iiulfr**  und  solrbe  Vprrp?cbTii?'«e  mit 
Additanionta  .lohanni^  Hurii  auctoris  ortsgeschichtlicher  ood  bio- 
graphischer Natur  (S.  109—220). 


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363 


Spraebe. '  Lutheraner  und  Calvincr  sahen  in  dem  Herein- 
lerren  ihres  Gkubens  in  die  Magnatcnversehwörung,  im  Ans- 
beaton  and  BreitscUagen  der  unseligen  zwei  Briefe  Witnyedy's 
aa  Ambros  Eecaer  und  Niclaa  Bethlen  von  1CI>8  und  1069^ 
and  eines  Schreibens  aus  der  Eansslei  des  Ofncr  Veziorpaschas^ 
aar  ein  mdauteres  Mittel  zu  jenem  Endzwecke.  Dcnn^  wenn 
man  auch  die  Echtheit  dieser  Correspondenzcn  nieht  anfechten 
mag/  eines  vor  Allem  darf  nicht  ttberschen  werden :  die  Leidcn- 


*  Wir  WOTin  diMM  wiebtig«n  Bttchteiiis  a»  anderer  Stolle  (Ior  Naliereti 
gvdankttt 

*  Di«ee  vmti  Briefe  finden  sich  bei  LA))!4anszk y  in  der  latcinisi  la  ii  mul 
deutschen  Ausgabe  abgedruckt  (di>rt  S.  7 — 11,  hh  r  .  Ucido  sollen 
in  ChLffrf'nj'chrift  abtrefasst  jji^pwo';.  ti  ^t  iii  .  .  .  .<iiianiin  «  itVas  in  aliiiui-t 
philoris  fxplanatas  Döus  mirabili  iii<Mii>  |iatt  ri'  voluit  per  iuti- 
muiu  4UtimdHm  Com itiii  Nad.is t ü  fa in ili ar e m' vom  Hofgesinde 
des  hiogerichteleii  Magiiateii  Franst  Näda!«dr.  zu  dessen  Minirtcrialon 
bekanntUeh  «aoh  di6  Faniili«  Witnycdy  xäbUe) ;  von  dem  Briefe  Wit- 
ajMy's  an  BaUilmi  beiait  «•  bei  Lapsanszky ;  ,)ier  cifras  scriptarmn 

.    f'X   Unc-nrico    in   Latinum    versnrnm    ar    uti   ex  »»»ntextii 
apparet   meuso  Maio  anno  lt>r.',t  Kporicsini   dataruin'  ... 
finden  «icb   auch   bei   Burius,   MKao   ^S.   17    16).    in  der  Au^galte 
Liebner's»  bei  Kraeatjanakj  u.  a.  O.  abi^eilnivkt. 
'  Den  Brief  an  den  Ofner  Veraerpascha  citirt,  aber  nnr  inlialtUch  ohne 
nihere  Angaben,  Wagner  in  der  Ili.Ht.  Leop.,  I,  33ß— 3;i7  iiikI  1H  ilni 
'-.irnrnt  den  Untemcliriften  tuad  Si<'^'«  hi  ih'V  i.ri<t(.'.«.tantis<  l:t'ii  <  Jt-i^tlit  licn) 
ileiu  ('otnin.indaiitcu  von  Komnrn,  Fr>  lln  rrn  v.  1  ( <>  t'k  i  n- In' n  ,  iiln'r-tndfn, 
W'Mliirch   ili>.':  Hegienuig   zur  KeHnJni.«^.-*   »ler  Sa»lic  j^Lk«Mnnieii  hi'i.  Uci 
LHpsHuüxky  find<jt  er  sich  specioU  gar  nicht  i-rwübut«  In  der  Anklage 
dei  FiiGab,  welch«  rfeh.  da  (lateintaclio  An^be  S.  14— 15«  dent«ctio 
Angabe  6.  16 — 80)  veneiiehnet  findet»  hoiMt  «»  nur:  J-'rcquento)«  cor- 
respondentiae  cnm  Tu  rei  s  .  ,  .  Tiircaa  in  {«ub.sidiuui  dati  pecunia 
sollicitaverint,  Turcis  et  lioliollibus  sai  onlntes  ventlideiinC  .  . 
*  Man  begreift,  dn«s  Mch  die  Apolofrie  des  K  r  z»'st_v  an  sk y  (drutx  jie  An- 
gabe S.  lö  f.)  besonder»  gegen  die  abMulute  IJe^i  i.skralt  lU  r  eliitVrii  ten 
Britfe  Witny^j'a  stemmt  und  nicht  obn«»  Geschick  (S.  23)  darlegt, 
«elcbee  Hanptgebreehen  tfnem  solchen  RowciMverfahron  anhafte.  .Nnn 
*nll  ich ...  geftagt  haben:   Ob  man  einen  citirt  mid  vui-  dem  (iei  ic  bt 
•chon  stehendra  Beklagten,  und  zwar  in  einer  liv\  ieiiti^'eti  Saeh 

Criminis  la»»!«ap  majestatij*.  darnt»  I^t  ih  und  Lebi  n,  Klir  nnd  Kedlii  likeit. 
ja  alle  zettliehe  Wohlfart  hanget:  Oli  man,  «ig  ieh,  aul  Anlialteu  de.^ 
Actoris  und  Qegenpart,  welche  «loch  ui^hts  ander:«  xiiui  Kcweis»,  als 
«twa  einen  mit  Chankieran,  nnd  zwar  nicht  an  den  B<^klagtcn,  sondern 
einen  andern  geiehriebeaen  Brief  dem  Gericht  vorlegen  kann;  selbigen 
ia»  Jadicea  Hlr  schuldig  erkennet»«  daran»  couviitciren  und  verdammen 
kteae  von  Bechte  wegenT*  n.  s.  w. 

24* 


364 


schaftlichkeit  und  masslose  Projectenmacherei,  der  Sangiimismus 
des  Heisssporns  Witnycdy,  *  der  von  den  grössten  £rfo%en 
träumte^  Uber  die  reichlichsten  Mittel  zu  einer  Revolution  ver^ 
fügen  zu  können  glaubte  und  in  der  pentfnlichen  Bcfreundimg 
mit  protestantischen  Geistlichen  des  ungarischen  Oberlandes, 
in  der  confessionellen  Interessengemeiuschafit  schon  die  Bereit- 
willigkeit zum  fertigen  Aufstände,  zur  bewaffneten  Massen- 
erhebnng  ▼erbttrgt  sah. 

Es  war  unter  allen  Unisiiiiiden  misslich,  dass  die  ver- 
traulichen Briefe  Witny^y'»,  die  doch  den  Zweck  hatten,  mit 
seinen  Hüfemittehi  zu  prunken,  zu  Terbut  lH  Ti,  was  er  Alles 
zurVerfbgnng  habe,  um  den  ,papistischen  Hunden'^  die  Wege 
zu  weisen,  den  auf  Umwegen '  in  mysteriöser  Weise  erbeuteten 


1  War  «•  doch  WiteyMj,  der  %ta  Zeit  der  ricli  voTbereitMidOB  Ifagnatm- 

verschwöning  den  tollen  PUtn  entwarf,  den  Kaiser  auf  setner  damali^n 
Hochzeitsreise  gefanpf*n  zn  nehmen,  wns  flcn  Palntin  Wee5ol6nyi  rlprart 
in  Harnisch  gebracht  hubeu  »oll,  da^H  er  den  (Querkopf  kalt  gtjiuacbt 
wünschte.  Die  ganze  von  Fabö  herausgegebene  Correspoudenz  Wit- 
ny6dy*t  athmet  eine  aolcbe  aidi  und  die  Mittel  flbenebttieiMle  Leid«»* 
■ehaftlidkkeit 

*  ,Nos  omnes  pro  Deo,  ecciesia  et  Uberlate  pvgnaturi  et  moritnri:  Et 

papistas  ranes  d oc  nli  i  nui  s,' .  ,  .  beisst  es  in  dem  Schreiben  WU» 
nyt^dyN  an  Ht'thl*>n  i  L .1  ]< -^ans^ky,  lateinische  Ausgabe  8.  II). 
'  Bei  LapHauszky,  a.a.O.,  S.  6,  beLut  es  darilber:  ,De  mortuo  Witt- 
nyedio  ephebns  quidam  praeclpai  Rebeltinak  Hangarioriim 
Donini,  6k  TnuunylTaiiia  In  patriam  lednz»  idemqne  Predieaati«  fiUu 
et  ideo  conseiui  qnaeoam  tractaTerit  cum  PrejUsantibne  acstiiolid» 
Wittnyedius:  sciens  praeterea  idem  Epbebus  secretlores  Wjtt- 
nyedi.nnas  literas  osse  penes  nnum  Dominum:  !»popondit  cor«ro 
inflyli  pnhprnii  oxcellenti^siniis  et  illustrissiniLs  coiiisiliarm,  »e  redi- 
turum  in  Trausy Ivauiiuu  et  originales  Wittnyedi  literas  secretti 
allatnram  (es  muMte  der  Brief  an  Andveae  Keeser»  einen  dem  Eaatt 
TskOlyi  nabeetebenden  Adeligen  Obemnganw,  ancb  nadi  Siebeobtlifw 
gerathea  lein.  In  den  Briefen  Emerich  Toknlyi's  kommt  Ambroa  Kecier 
nur  einmal  lfi70,  25.  Dccomhor,  .il.><  ,ss?eg^ny  ap&m*,  iii  '^'t  Corre- 
spoiulenx  der  unf^^uriscbe«  Kuruasieen,  ,bujdos<5k*.  gar  nicht  vor,  hänfig 
dagegen  Meinhard  Keczer)  iuductus  ad  hoc  mille  Imperi»- 
linm  promitsione;  datiaqne  moz  illi  ceninm  imperialibui» 
profeetne  e«t  itatim  ei  binamm,  prent  bie  aequnntnr,  copialanuD  liti*- 
rarum  originales  juxta  promissam  exhiboit'  . . .  YgL  die  Uttoren  Aus- 
fälle Uber  diesen  Anonymus  bei  Krzestyansky  (deutsche  Aiiü;:'' ' 
S.  .  ,  .  , Erstlich  kann  niemand  wiesen,  wer  df  r  hekanridtc»  und  nnjron.'in"'' 
Diouür  uud  wer  min  Herr  geweseu,  hay  deiu  or  gedient,  dessen  Naiufo 
man  wol  eines  Mit  Kebellon  uud  CompUcis  hätte  aufzeichnen  köiuitB, 


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365 


Niehlus  eines  todten  ManneB  ausmachten,  den  keine  Gewalt  der 
£Me  TW  die  Gerichtsschranken  zerren  und  seinen  angeblichen 
VenehwQmngsgenoasen  Aug'  in  Aug'  gegenüberstellen  konnte. 

Die  Anklagepunkte  stehen  überhaupt  mit  dem  Heweis- 
Dsteriale  und  mit  der  Verantwortung  der  Angeklagten  in 
kauern  richtigen  Verhältnisse,  nnd  wenn  man  die  Hast  crwUgt, 
in  welcher  man  sie  sa  den  ^Reversen'  über  ihre  Schuld  drilngte,  ^ 
so  wh^  der  Eündmck  noch  ungUnsti<?er.  Jedenfalls  dürfte 
nicht  der  gesammte  Protestantismus  als  Mitschuldiger  an  den 
Plänen  einer  Minderheit  von  nichtkatholischen  Magnaten,  Edel- 
and  Bürgersleuten  gelten.    Dass  sich  die  Masscnvcrhürc  und 

so  etwas  daran  gewesen  wäre,  Itom,  wie  der  innerste  Freund  Nadasdy, 
der  die  verborgene  Ziffern  an  Tage  gegeben,  seinen  1(«  rni  zwar  wie 
JikIa.i  verrathen,  aber  sich  gleichwol  mit  Petm  bek«'lirt,  wio  or,  sa^  icli, 
mit  seinem  Namen  geheissen?    DesHcn  allen  man  koinun  .Scheu 
bitte  tragen  sollen;  doch  steht  es  frey,  der  Sachen  genaaer  nachzu« 
•iimeB.  Entlieh  stehet  im  Gerichtaftuszng  (Latwaiwzky's),  dass  gedachter 
BeditBar  ans  Siebeikbtirf«n  in  lein  Vatterland  zurttck  gereiset:  wohin 
aber  und  in  welch  Vatterland?    Niemand  weiss  es.    Ilom  ist  er  eines 
Prädicanten  Sohn  g^ewesen,  vrM  macht  er  aber  zu  Wien  oder  zu  Press- 
bnr<:  bey  den  päbstischen  Pfaffen?*  .  .  . 
'  Bei  Läuyi  (deutsche  Ausgabe  C)  heisst  ea:  ,Em  wurde  auch  vtm  denen 
dürlBD  nichts  andera  begehrt,  als  bloss  die  öubscription  oder  Unter- 
sdifdtrang  der  Berenalen,  und  wenn  das  geschehen,  so  wäre  die  Sache 
■eben  richtig*;  dann  folgen  die  Fürinularii  ii  di>s  Kgvlmso.>  •Irn  r,  a)  so 
•as  dem  Lande  zogtin,  und  b)  so  im  Lande  Lr«-ldi«'biMi.    V;.'!.  clt-ii  im- 
pleich  genauer  und  ruhiger  schreibenden  Hurius  ir.  scint-n  .Micae'  übt^r 
die  Holle  des  Convertiten  Grafen  llleshnzy,   als  Mittels|)erson  des 
Judicium  delegatum*,  8.  30  ff.;  insbesondere  die  Stelle  S.  33.  Simonides 
boBerkt  darüber  in  e^ner  ,Oalleria  Sanctoram*  8.  36i  (Ausgabe  Fah6) : 
(Variae  erant  rereivalinm  formulae  saepiusque  mutatae,  ro  tarnen  et 
materia  eadem  aemper  manente,  nempe  fassione  rebellionis  et  vcl  inini- 
rterii  abdicatione,  vel  spontanea  o  ro{riii>  mitTrationo  .  .  .  Iiis  n-versalibus 
cnin  in  judicio  anni   1673  onines  sultx  ripsfriiit,  in  hoc  iiukhuu  ultimo 
jadiciü  (1674)  ante,  in  et  yostj  variis  niudis,  miuis  et  |>romis.sis  ad  sub- 
Mriptionem  eitati  compellebantor.*  —  Lapsanszky  (S.  25—26,  33—38) 
kann  mis  in  seiner  gewandenen  Barstellnng  nicht  glauben  machen,  dass 
Alle^  ^6  solche  Reverse  nnterscbrieben,  sich  für  überwiesene  und  be- 
pnadigte  Uebelthater  hielten.    Und  ebensowfnifr  vormair  uns  Wagner 
(ni<t  Leopoldi,  I,  337— H38)  davon  m  übcrzciigcn.    ( EjiiMinxli  scripto 
daceuti  triginta  et  sex  ministelli  [=  rrndicantcn],  nouiina  .sua  inseruere, 
vti  in  Posoniensi  Chartophylacio  hodiuduin  exstant.)  Das  manche  Ueber- 
tnibangen  im  Sohlldeni  der  Kerkerleiden  z.  B.  (vgl.  Lapsanszki, 
a.  s.  0^  4S— 67),  nnterlanfen  mochten,  mag  richtig  sein,  insbesondere, 
was  die  Karkermeitterrolle  des  Jeeniten  Kell  ins  betrifft. 


366 


Verurthcilimgeii  vor  Allem  auf  protestantische  Priester  imd 
Lehrer^  bezogen,  steUte  den  ganzen  Handel  in  ein  um  so  ge- 
hässigeres Liebt  und  schien  zu  beweisen,  wohin  eigentlich  der 
Sehlag  zielte. 

Kaiser  Leopold  I.  war  bei  aller  Stärke  seiner  katholischen 
Ueberzeugongen  eine  rechtlich  denkende  Natur.  Dm  erittihe 
in  der  Feme  der  Glaube  an  die  Unbefangenheit  jener  Minner, 
in  deren  Hftnden  die  Gerichtsverhandlungen  lagen,  und  er 
hatte  keine  Ahnung  von  der  Grösse  des  Hasses,  d^  sidi  im 
protestantischen  Lager  ansammelte  und  den  Deutschhttiger, 
den  natürlichen  Schutasbefohlenen  und  Interessenverbündeten 
der  Krone,  kopfscheu  und  unzufrieden  erscheinen  fiess. 

m. 

Tiefer  blickten  manche  Zeitgenossen,  und  das  Wort  dürfen 
da  mit  Fug  und  Becht  die  Vertreter  der  Signoria  Venedigs 
beanspruchen,  welche  in  der  Regel  ein  scharfes  Auge  nament- 
lich ftlr  die  Zustünde  im  Nachbarstaate  Oesterreich  bekundeten 
und  als  gute  Katholiken  gewiss  keiner  wannen  VoreingenommeD* 
heit  für  den  Protestantismus  gesuehen  werden  können. 

So  schreibt  der  Cavaliere  Maria  Zorzi  in  seiner  Finsl- 
relation  Uber  das  Jahr  1670: 

,In  Ungarn  erfolgten  die  wohlbekannten  Neuerungen.  Du 
Land  besitzt  gemeinsam  mit  Croatien  das  Vorrecht  der  Königs 
wähl.  Vielleieht  wird  man  geltend  machen,  es  habe  diese  FM- 
rogative  verwirkt  und  man  könne  Ungarn  als  mit  den  Waffen 
erobert  behandeln.  Bis  zur  Stunde  schritt  man  noch  nicht  ss 
einer  solchen  Kundmachung.  Immerhin  bewegen  sich  die  Vor 
gänge  bis  zum  halben  Wege,  die  Absicht  zu  erreichen.  Die  Un- 
garn werden  ihrer  Vorrechte  entäussert,  mit  Auflagen  bedrückt 
Man  führt  Söldner  ein,  erbaut  Festungen,  klare  Anzeichen, 
dass  man  sich  das  Herz  und  den  geheimen  Plan  erleielitem 
wolle.  Die  Ung^arn,  jeder  Unterstützung  entiiiisst  it  und  der 
Heraubung  elendiglich  überlassen,  beweinen  ilir  Missgeschick, 
indem  sie  den  inneren  (Jroll  verhehlen.  Es  ist  wahrscheinlicb. 
dass  beim  ersten  Anlasse  die  Flammen  der  Entrüstung  und 
Kaehe  auliodern  werden.  Wcim  die  Türken  den  AutYorderungen 


'  Die  genauesten  Daten  bei  Buriua,  a.a.O. 


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367 


der  Rebellen  ihr  ^  Mir  leihen,  so  ist  eine  allgemeiuc  Bewegung 
auch  unter  den  Uehorsamen  zu  befürchten,  da  sie  dui'ch  die 
Strenge  der  Massregeln  erbittert  sind,  überdrUssig,  ihre  Frei- 
heit unterdrückt,  \hrv  ältesten  Rechtsordnungen  verwirrt  und 
ftr  das  Verbredien  Weniger  die  Strafe  allgemein  verhängt  zu 
sehen/  ^ 

Der  venetianische  Botschafter  rOhmt  allerdings  die  mit 
geringem  Anlande  von  Mitteln  gewonnenen  Krfolge  Leopolds^ 

nachdem  es  ihm  geluii^^en  sei,  die  ,treuloseste  KebelHon'  nieder- 
zuwerfen; er  bcgliickwiiiiseht  den  Herrscher,  der  seine  Auto- 
rität ,ohne  B]utver«2:iessen*  aufrecht  erhalten  konnte.  —  Indem 
er  insbesondere  auch  Croatiens  gedenkt,  frohlockt  er  über  die 
glückliche  Bannung  der  durch  den  Aufstand  dem  Christenglauben 
damals  drohenden  G^efahren  und  bricht  über  die  Rebellen  den 
Stab.   Aber  er  kommt  auch  auf  die  Gefährdungen  der  Sach- 
lage durch  die  zweifelhafte  Haltung  des  Siebenbürgerfürsten, 
des  Schützlings  der  Pforte,  und  auf  Frankreich,  ,den  Dom^, 
das  ,Damoklesschwert',  den  für  das  Haas  Oesterreich  nnselicren 
, Kometen',  zu  sprechen.    Die  Freundschaft  Polens,  lutbc  luaii 
durch  «lif  Vermählung  der  Schwester  des  Kaisers  mit  dem 
Polenküuige  gesichert. 

Als  der  Botschafter  Cavaliere  Zuanne  Morosini  seinen 
Schlussbericht  26*  Juli  1674^  erstattete,  stand  es  in  Ungarn 
längst  so,  wie  es  Zond  befürchtet  hatte.  —  Bedeutsam  zunächst 
ist  das,  was  der  venetianische  Kobile  Uber  das  Wesen  Leo- 
p(dd»L  aufzeichnet. 

Der  Kaiser  sei  klug,  fHhig,  das  Wesentliche  aller  Begeb- 
nisse, die  eigenen  und  die  fremden  Interessen  zu  unterscheiden, 
die  Absichten  und  geheimsten  Angelegenlieiten  seiner  Minister 
herauszufinden,  und  er  wilrde  auch  ruseli  zu  Entschlüssen  <;e- 
Wgen,  wenn  er  mehr  Selbstvertrauen  besässe,  sich  von  einer 
gewissen  ihm  angeborenen  Unsicherheit  frei  machen  könnte 
und  nicht  aUzuschr  bedacht  wäre,  sich  der  Stimmenmehrheit 
im  Rathe  der  Krone  anzuschliessen.  Seit  den  Anflingen  seiner 
H^rung  hätten  seine  Beichtväter  aus  dem  Jesuitenorden  ihm 

^  Fiedler,  Die  BeUtionen  der  BotMshafker  Venedigs  ttber  Dentachland 

und  Oesterr^ch  im  17.  Jahrhundertt  IL  Bd.  (Fontes  rer.  Austr.,  2.  Abth., 
XXVII.  Bd.),  1867,  S.  119  ff.  (datirt  Tom  19.  JSnner  167),  insbesondere 

8.  123—125. 

*  A.  a.  O.,  B.  143  ff.,  insbesondere  8.  144  und  153. 


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! 


368 

diese  allzu  kluge  Zurückhaltung  ciugeflösst,  unter  dem  Ver- 
wände, in  solcher  Weise  sein  Gewissen  bicher  zu  stellen,  aWr 
vielleicht  ^mit  geheimeren  und  weltlicheren  Absichten^,  wie  diei 
mehrmal  die  Erfahrung  gelehrt  habe. 

Die  Saclila>re  in  Ungarn  kemiEeiclmet  der  Schlaaibencbt 
mit  folgenden  Worten: 

,Ungam^  von  seinen  alten  liebeln  aufgeregt,  gegenwfirlig 
seiner  Priyilegien  entkleidet,  in  seiner  Regierungsform  sur  ezem- 
plarischeu  Strafe  umgeBtaltet,  wird  vom  Hofe  nacb  der  Be- 
bellion als  Krbreich  ungesehen  und  ist  in  SL-iiliuimcivr  La^e  in 
Folge  der  äusserst  gewaltsanu  n  Mittel,  die  man  zu  seiner  Hei- 
lung in  Anwendung  brachte.  Man  kann  nicht  genug  wieder- 
boleUi  wie  gross  die  Erbitterung  der  Völker  anlässlich  der  in 
Anwendung  gekommenen  Strafen  und  vor  Allem  der  Groll 
der  Protestanten  zufolge  des  bethätigten  Entschinsses  sei, 
ihnen  die  Kirchen  zu  entsiehen  und  einen  anderen  GUaben 
aufzudrängen/ 

Dennoch  sollte  der  Wiener  Hof,  wie  fest  auch  sein  Glaube 
an  die  Stärke  seiner  Stellung  in  Ungarn  war,  allmälig  tm 
leidigen  Erkcinitniüs  kommen,  dass  die  inneren  Gefahren  uiii; 
den  äusseren  wüchsen,  und  dass  ang«  sielits  der5.eil>en  und  der 
lähmenden  Gewalt  des  passiven  Widerstandes  der  ungarischen 
Verfassungsfreunde  —  des  Kernes  der  Nalion  —  gegen  das 
Octroi  letzteres  bald  den  Boden  unter  den  Füssen  verlöre  imd 
die  einzige  Bürgschaft  eines  dauernden  Erfolges  vermissen  liesse, 
das  Gefühl  kraftvoller  Sicherheit  in  der  VoUendung  und  Wah- 
rung dessen,  was  man  begonnen. 

Den  Ausgangspunkt  der  äusseren  Krise  bildet  das  Ab- 
leben des  Potenkönigü  ^Michael  Wisnowiccki  und  (20.  ]Mai  1674) 
die  Wahl  eines  neuen  Herrschers  in  der  Person  Johann  So- 
l)ie.ski's.  Nnn  konnte  mit  besserem  Erfolge  zu  Gunsten  der 
Kuruzzensache  in  Polen  und  Siebenbürgen  gearbeitet  werden. 
Marquis  Bethune,  der  Schwager  des  neuen  Polenkönigs,  wird 
als  Vertreter  Frankreichs  in  Warschau  die  treibende  Kraft  der 
beiderseitigen  Action,  die  in  Siebenbürgen  den  rührigsten  An- 
walt an  Michael  Telekj  besitzt  So  kommt  es  schon  1676  snr 
Einftldelung  der  späteren  Fogarascher  Liga  zwischen  den  Kn* 
ruzzen,  Siebenbürgen  und  Frankreich,  das  von  Polen  herüber 
die  Anfständischen  nntcrbliit/.t,  und.  wenngleich  (irossvezier 
Köprili  noch  immer  einem  Bruclic  mit  Oesterreich  ausweicht, 


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369 


denooch  m  geriuschlosen  FreundBcluifbdieDateo  der  Horte 
in  der  gleichen  Riehtung.  ^ 

IV. 

Diese  Yerwicklmigeii  und  die  unerquickliche  Sachlage  in 
Ungarn  hatten  schon  anfanga  1675  den  Wiener  Hof  zum  Ein- 
lenken beetinimt  Spricht  schon  dafiir  die  Thatsache,  dass  man 
den  Besatzungen  der  Ch^nsfesten  des  kaiserlichen  Ungarns, 
wie  Vessprim,  Fäpa,  TShAnj,  VasonkGi  L^va,  Ftllek,  prote- 
stantische Glaabena&bung  einräumte,  daaa  von  Kaachau  aus, 
woaelbet  Spankau  ala  kaiserlicher  Obercommandant  des  nOrd* 
liehen  Reichatheilea  aeinen  Sita  hatte,  Verordnungen  ausgingen, 
welche  einerseits  den  Knrusaen  bedingte  Amnestie,  anderseits 
den  Evangelischen  in  jeder  Gespanschaft  einen  Frediger  auer- 
kannten^  so  erscheint  als  massgebend  vor  Allem  die  Berufung 
TOD  Bischöfen  und  Magnaten  als  Delegirter  nach  Presaburg 
and  Wien  zur  Berathung  über  die  Sachlatre.  * 

Was  da  die  Vertreter  Ungarn .s  als  Heilmittel  vertraten: 
die  volle  HtTstelluii^^  der  uiif^arisolirn  Verfassunf?,  die  Einbe- 
rufung eines  Reichstairi-s,  die  Wahl  eines  Palutins.  die  Ver- 
legung'- der  freiiidiȟrtiireii  Soldtruppon  aus  dem  hauJr.  die 
aQSschliehsliche  Besetzung  der  öffeiilli».  lien  Aemtcr,  war  aller- 
dings so  viel,  dasü  die  lüithe  der  Krone  zur  cutseliiedenen 
Kinsprache  herausgefordert  wurden  und  nicht  gewillt  wann, 
das  so  entschlossen  in  Angriff  genumnienc  Einrichtnn<;swei  k  mit 
einem  Male  fallen  zu  lassen.^  Immerhin  Hess  jedoch  die  Krouc 


*  lBtereA«ant  Ober  die  ;iusserUcho  H/iltiuv  (1«t  TtVirti'  ist  «las  Schroibon 
des  kaiserlicbeu  Fuidhauptmauiu  bpuukau  an  den  i«iebeiibiirgi»clioii 
Magnaten  HUmy  Binffj  ans  Ksadiaii  (18.  Februar  1674).  Die  Pforte 
«olle  hintertreiben,  daaa  der  kaiserliche  Hof  Polen«  Verbündeter,  Gorre- 
fpondeut  und  Helfer  werde  . . .  ^Qnoiid  rebellee  —  conipromi.s.sionee  fiacit, 
qaod  illos  vel  ex  ditiouibuH  suis  pelloro,  toI  vero  tnicidare  omnino 
rnrabtt,  Jtaec  sjvnndet  f»t  Yovct,  pront  magnificus  dnmimis  px  inchiso  certo 
htUrariiin  extractu  p<;rcipere  uberiua  potorit  ^TOrOk-magyarkori 
okmauytar,  8.202—203). 

*  Vgl.  Feaeler-Kleln,  IV,  369. 

'  &  die  bemerkenewertiie  Stelle  in  Wmgner,  Hiet  Leopoldi,  I,  548.  «Erat 

boc  consilium  ejus  persimile  qni  naufragü  evitandi  apem  nuliam  diceret» 
Bin  flncübna  gnbemacala  pennitterontor* . . . 


m 

ihre  Geuci«rtheit  zum   Lrlasse  einer  Amnestie  uud  für  Zuge- 
ständnisse kundgeben,    üeberdics  bemühte  man  sich,  bei  dea 
Unterhandlungen  mit  dem  Fürsten  von  Siebenbürgen  die  con- 
fessionelle  Tendenz  der  bewussten  Strafmassregeln  in  den  JahrcD 
1672 — 1674  entschied«'!!  in  Abrede  zu  stellen,  wie  dies  das 
Schreiben  des  kaiserlichen  Vertrauensmannes,  Stetan  Orbäo, 
an  den  Vr  rti  t  ter  Michael  Apafy's,  den  Obergespan  von  Doboka, 
Ladislaus  Csäky  darlegt.^  Jedem  stünde  es  frei,  seinen  eigenen 
Glauben  zu  bekennen,  Niemand  werde  zum  Glaubenswecksel 
gezwungen  oder  verliere,  wenn  er  sich  nicht  dazu  bequeme, 
die  Gnade  des  Herrschers.    Kur  jene  Kirchen  habe  man  den 
Katholischen  zurückgegeben,  auf  welche  sie  berechtigter  Weise 
Ansprucb  machen  konnten.   Kirchen,  die  von  Protestanten  e^ 
baut  wurden,  seien  aus  triftigsten  Anlässen  und  Recht^grUndeD 
in  Besitz  genommen  worden,  und  auch  dabei  habe  die  k.  k.  Ma- 
jestät ihre  Milde  nicht  vermissen  lassen.    In  Bezug  der  Aus- 
übung des  Glaubens  könne  man  sowohl  dies-  als  jenseits  der 
Theiss  Oertlichkeiten  oder  Confinien  anführen,  ailwo  die  ,eni' 
zelnen  Prttdicanten'  ihren  Unterhalt  f^den  und  ihres  kirch- 
lichen Amtes  walten  könnten.  Was  die  in  Haft  gesetzten  oder 
vertriebenen  Prildicanten  beträfe,  so  habe  man  sie  nidit  am 
confessionellen  Beweggründen,  sondern  als  Rebellen  und  Mir 
jestKtsverbrecber  vor  den  ktfniglicben  Fiscus  belangt,  auf  ge- 
wohntem Rechtswege  ttberwiesen  und  als  dieser  Verbrechea 
schuldig  verurtiheüt.   Man  könne  daher  ihre  Wiedereinsetsnng 
und  Rttckkehr  rechtmässig  nicht  fordern.   Alle  weiteren  svi* 
sehen  der  ungarischen  Krone  und  Siebenbürgen  scbwebendai 
Angelegenheiten  werde  die  dazu  in  Kaschau  bestellte  Gonmus- 
sion  austragen. 

Wilhrend  der  Bürgerkrieg,  die  wilde  Fehde  zwisches 
Kuruzzen  und  Labanczen,  in  Ostungam  hin-  und  herwogt,  and 
der  Nachfolger  Spaukau's  im  Kaschauer  Obercommando,  Onf 
StrasBoldo,  mit  einem  neuen  Aufrufe  vom  20.  Februar  1676,* 


*  S.  den  lateiniaeh  geaehrielMnen  Biief  in  d«m  von  Deik  herau«gegebeiiMi 
^i^doadk  lev^tua*  (Budapest  1883),  8.  243— dalirk  vom  27.  Kova» 
her  1676. 

•  Katona,  XXXIV,  S.  242  f.  Vgl.  die  Fragm.  hist.  Hung.  (2.  Abth.  mm 
Jahre  167G,  S.  535  f.)  flir  tli«-  .I^hro  1607  ICSI  zu  Kaschan  von  citT:>m 
Jesuiten,  Cornelius  (Koruelj),  auouyui  hurausgegebeii,  oiiu-in  ZtMt^üm'Siien 
seiner  OrdeuabrUder,  des  magyariAci)  suhreibeuden  Chronisten  8[iangäri 


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371 


worin  Amnestie  in  Aussiclit  gestellt  wird,  die  Rebellion  be- 
schwören soll,  hatten  wieder  Versuche  stattgefunden,  du-  hcliwe- 
bende  politische  Frage  einer  Lösunf^  cntgegenzutühren.  Sie 
knüpften  sich  an  die  Verhandlungen  B&rköczy 's  mit  den  Käthen 
der  Kione  sa  Wien.^  Allerdinga  erlangte  er  nicht  die  begehrten 
ZogeetandnisBe,  doch  aber  die  Ermllcbtigung  zu  weiteren  Ne- 
gotiationen  mit  der  Bewegungspartei 

Eine  günstigere  Wendung  schien  die  Annahme  der  Amne- 
stie seitens  des  KuiHizzentiüircrs  Kendo  und  seiner  Waflfen- 
genossen  in  Aussicht  zu  stellen,*  aber  der  Kern  der  Aufstan 
dischcn  war  und  blich  von  einem  solchen  Schritte  weit  entfi  rnt. 

Gegen  den  Vertrag  i^^ifler  Leopolds  I.  mit  Sobieski  vom 
24.  April  1677  ^  spielte  die  nngarische  Bewegungspartei  den 
Eittflofls  der  Polenktfnigin  aus  und  behauptete  die  Erlaubniss, 
Trappen  in  Polen  za  werben.  Die  firanaOeische  Botschaft  nach 
SiebenbQrgen  und  Apafy's  Gegengesandtschaft  ftlhrten  27.  Mai 
1677  zu  neuen  Vereinbarungen  zwischen  Franlseich  und  Apafi, 
denen  zufolge  der  Ftlrst  Siebenbürgens  als  Oberfeldherr  der 
Föderation,  Tclckv  als  Stellvertreter  mit  einem  Beirathe  von 
zwölf*  Vertrauensmänueni  der  Kuruzzen  den  Kampf  aufnehmen 
sollten.  Ohne  Genehmigun«^^  l'Vankreichfi  dlU'fo  kein  Separat- 
friede  abgeschlossen  werden.^ 


und  dM  lateiniaeh  sclireibendeD  Pragmatiken  F.  Kasy  ans  der  Zeit 
Karls  YL  und  der  Anfluge  Maria  Theresiaa. 

*  Wagner,  Hist  Leopoldi,  I,  562. 

'  Vgl  Fessler-Klein,  IV,  861,  der  sieli  auf  die  Htst  des  troubles 

d'Hongrio,  II,  61  f.,  stützt.  Wagner,  Mist  Leopold!,  I,  652,  bo- 
handelt  da»  Gleiche  als  Ftl  ^  ^ ni^  lor  Unterhandlungen  Bark/^czy's  mit 
den  Rebellen  «u  Eperios.  ,Eiu8  iudustria  rediere  ad  fi<Iem  1500,  eetori 
ad  10  millia  condttioncs  scripsere  tarn  nbhorrentes,  ut  vt-l  adscrihor»^ 
padeat:  Jesnitarum  lio.s  o.sse  laquoos,  atebant:  hanc  caiitib-iiani 
non  velle  aliud  ao,  ut,  pruiecli»  stulta  crL-dulitato  .'irmif,  in  cruce»  ac 
iwcurfs  sö  ipsi  induant.  Itaqae,  ut  provisum  fuorat,  trustra  id  conventi- 
culum  fuit.' 

'  LUnig,  Keichsaichiv,  P&rs  spec.  cont,  444 ff.  Katona,  XXXIV,  268 
Us  271.  Der  Schwerpiinkt  dieses  Vertrages  lag  in  der  gegenseitigen 
Verpfliditiing,  jede  Untenrtlltaiing  rebelliselien  tJnterthaaen  an  ent- 
liehen und  alten  Gewaltthaten  Tonabeogen.  Vgl.  über  die  Beaiehnngen 
Polens  SU  den  Knnissen  1674—1677  die  Act«  hist.  res  gestas  Po- 
loniae  illQStranti«,  VoL  TU  (Krakan  1879) 

*  8.  den  Vertrag  in  TSrOk-magyarkori  okminjtir  (VII.  Bd.,  818 
bis  419). 


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372 


Anfangs  des  Jaliros  1678  gestalteten  sich  die  Beeiehangen 
Frankreichs  zu  Michael  Apafy  und  den  Kurozzen  noch  enger, 
und  der  Versuch  einer  Gegenrevolution  in  Siebenbürgen  unter 
der  Führung  Paul  B^ldy's  and  Ladislaus  Csdky's,  auf  welche 
Oesterreich  manche  Hoffnungen  set/.tc.  misslang  ebenso  wie  der 
Versuch  dieser  Gegner  Teieky's,  die  Gönnerschaft  der  Pforte 
zu  gewinnen.  Denn  der  neue  Grossvezier  Kara  Mustafa,  der 
Nachfolger  des  (20.  October  1676)  Yerstorbenen  Ahmed  Kö- 
prili,  neigte  weit  niclir  zu  einer  Schilderhebong  gegen  Oestor 
reich,  wenngleich  sein  Entschlusn  erst  später  reifte. 

Der  Wiener  Hof  hatte  seit  Ende  1677  die  Pacifications- 
angelegenheity  die  ungarische  Ausgleichsfrage,  wieder  in  AngnS 
genommen  und  im  December  yon  den  Bischöfen  and  Staats- 
räthen  Gutachten  begehrt.  Nicht  Alle  dachten  so  stair  und 
unyersOhnlich  wie  der  alte,  dem  Tode  nahe  Prohetbischof  Georg 
Birsony,  der  nur  von  der  Vertilgung  der  Ketzerei  wissen  wollte. 
Staatsmttnmscher  äusserte  sich  der  Neutraer  Bischof  Gubasöcsj 
(Januar  1678},*  der  angesichts  der  drohenden  Eriegsge&hr  von 
Seite  des  ^Halbmondes'  und  des  ^gallischen  Hahnes'*  aunilchrt 
die  Einsetzung  einer  yPacifications^Oommission'  anriedi  und  den 
Ton  darauflegte,  dass  sich  das  Ungamvolk  am  besten  durch 
Güte  beherrschen  lasse. 

Dass  die  Gemüther  ziemlicher  Erregung  voll  waren  und 
es  nur  eines  Anlasses  bedurfte,  um  zwischen  den  ungarischen 
VerfasBungsfreunden  und  den  Vertretern  des  Octroi  eine  Btll^ 
mische  Auseinandersetzung  herbeizuführen,  beweisen  am  besten 
die  Vorgänge  in  der  Pjressburger  Ifaiconferenz  (1678).  Als  der 
österreichische  Hof  kanzler  Hocher,  seit  dem  Sturze  des  Fürsten 
Lobkowitz  (167&,  4.  Oct)  noch  massgebender  im  Rathe  der  Krone 
mit  seinen  unentwegten  Anschauungen  yon  der  Nothwendigkeit 
des  Octroi,  dahin  abging  und  den  gegentheiligen  Forderongen 
der  Ungarn  schroff  begegnete,  erhob  der  ungarische  Hofkaad^^ 
Magnat  Thomas  Piilffy,  seine  Stimme  zu  Gunsten  der  Verfassung 
und  Freiheit  Ungarns,  und  als  Hocher  der  angebliche  Avsraf 


>  Vgl  K«B7t  Hut  reeni  Bvag^  Ula,  166S— 1681  (260  ff.),  und  Katoe«. 
a. «.  O.,  290f.  Das  Ontachton  BArsony*«  bei  Kasy,  8.  996,  bei  K«p 

tona,  305. 

'  ,ITr.sti3  noc  in  hieme  est  otiosus,  Lima  Ottoraanica  de  nortp  «»TiiTrit,  nt 
ChristiaiKiH  inprnlet.  Gallus  siiuiliter  vigilat  et  aocius  querit  coufoede- 
rationis'  (Katoua,  iS.  SOO). 


I 


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373 


entschlttpfte:  Leopold  würde  glücklich  sein,  wenn  er  nur  Knien 
Ton  «ehn  Ungarn  treu  bcfHnde,  brach  Pdlffy  jrogen  den  ,Hof- 
diener*  loB  und  nannte  ihn  schliesslicli  einen  /Windbeutel'  (ne- 
bnlo),  worauf  die  Oonferenz  in  heftiger  Aufwallung  und  ohne 
Ergebnias  abgebrochen  wnrde.^ 

V. 

Aber  aucli  im  Laf»'er  der  Kuruzzen  und  ilir«r  sicbenbür- 
gischen  tVeuude  fehlte  es  nicht  an  ernstlichen  Zerwürftiissen, 
wohl  aber  an  ausgiebigen  Waffenerfolgen.  Paul  Böldy  hatte 
sein  gewagtes  Spiel  verloren,  dafiu-  entstund  ein  ernstliches  Zer- 
wQrfhies  zwischen  Teleky  und  Wess^euTi,  dem  Feldhauptmann 
der  Kuruzzen.  Die  Truppen  der  säumigen  Franzosenofficiere: 
Böham  und  For^ral,  waren  weit  schwächeri  als  man  erwartet 
hatte,  und  der  Verstoss  Teleky's  gegen  KascHau  und  das  Si- 
roscher  Comitiit  schloss  bald  (Mitte  August  1678)  mit  dem 
EUckzuge  des  l^Iinisters  Apafy  nach  Kövar. 

Um  diese  Zeit  tritt  bereits  Graf  Kmerich  Tökolyi,*  der 
Sohn  Stefans,  des  Genossen  der  Magnatenver&chwörung,  in  den 
Vordergrund.  Geburt,  Besitz  und  äussere  Vorzüge  liessen  ihn 
zu  einer  fuhrenden  Rolle  wie  geschaffen  erscheinen,  und  die 
Gunst  Teleky's  ebnete  ihm  hiesu  den  Weg.  Hinter  ihm  lagen 
die  schlimmen  Jahre  der  Flucht  und  Verborgenheit;  die  Zeit^ 
läge,  die  Gesinnung  Frankreichs  und  der  Pforte  schienen  gün- 
stig, die  Abberufung  des  gransamen  kaiserlichen  Generals  Kobb 
von  Neudingcu,  eines  stalilharten  Kriegers,  den  weder  Wurm, 
Güth  »päter  Leslie  ersetzten,  vei'sprach  den  Kuruzzen  Erfolßre. 
Tökulyi  gewinnt  im  üstlicheu  Berglande  Boden,  er  kann  sich 
vom  Gömörer  Comitate  aus  bis  in  die  Bergstädte  vorwagen, 
im  October  1678  dort  bereits  den  Herrn  spielen,  Münzen 

'  Vgl.  (Cornelias)  Fragm.  hint.  Hunjar-,  IV.  Abth,  von  1676  an, 
S.  55  ff.  .  .  .  ,Ad  extremnm  Nobulonom  rompellat  et  aliis  ejusmodi,  quao 
IäUs  abuudo  irufticit,  malodictii^  copiose  exagitat/ 

*  IMe  Tagebücher  TokUl^rs  waren  braehstOckweise  in  KoTacsöczy's 
ZeitKhrift  ^rpAdia*.  I,  68 f.  im  TndomAnyos  gyüjtom^ny  1830,  V, 
8.S7f^  milgetiieilt  wordtn;  Tor  ms  gab  sie  von  November  1676  bis 
16,  Hai  1678  in  den  Monnm.  Hoog,  bist,  %.  Abth.,  18.  Bd.  (1866)  berans, 
den  wichtigen  Brieftreebsel  TSkOlyi^s  mit  Teleby  1668—1687  Deik 
(1882),  die  Ta^.  bflcber  fttr  die  spitere  Epoche  1689  und  1698^1694 
Thaly  and  J.  liagy. 


374 


schlap:en  lassen,  die  ihn  als  , Fürsten  der  Ungarischen  Reichs- 
theile'  und  den  FransoseDköiug  als  ^Vertheidiger  Ungarns^  der 
Welt  ankündtg:on.* 

Eine  abeateuerliche  Erscheinung,  der  ehemalige  Cano- 
niker  von  Ei  lau  und  Pfarrer  sa  TiUya  in  der  Hegyallja  des 
Zcrapliner  Comitatcs,  P.  Jözsa,  greift  als  KuTUZzenführer  zn 
den  Waffen  und  streift  bis  an  die  Nordwestgrenze  Ungarns.' 

Angesichts  all  dieser  bedrohlichen  Vorgänge  musste  die 
Wiener  Regierung  den  immer  wieder  abgerissenen  Faden  der 
Unterhandlungen  nach  zwei  Seiten  hin  wieder  emstlichst  auf- 
greifen, ja  es  schien  die  Sendung  Paul  Szalay's  aus  dem  Ka- 
ruzzenlager,  December  1678,  an  den  Wiener  Hof  einen  Atts> 
gangspunkt  filr  die  Anbahnung  des  inneren  Friedens  bieten  za 
können,'  und  dies  umsomehr,  als  die  Niederkge  (November), 
welche  Töktflji  im  Waaggebiete  von  den  Kaiserlichen  eriitten 
hatte,  anderseits  das  Gerücht,  der  Friedensschluss  Ludwigs  XIV. 
mit  Kaiser  Leopold  1.  sei  nahe,  den  Knrozzen  die  Annahme 
eines  Waffenstillstandes  bis  Ende  Februar  1679  aufdiingteiL 
Die  Forderungen  der  Kuruszen,  welche  Ssalaj  ttberbracht 
hatte,  mussten  in  ihrer  Gänze  allerdings  unannehmbar  erscheinen, 
denn  sie  betrafen  eine  allgemeine  Amnestie,  die  Rückgabe  der 
confiscirten  Gtlter,  Wahl  eines  Palatins,  Wiederherstellung  der 
ungarischen  Veriassung,  Bewilligung  der  gesetzlichen  GlaubeDS* 

*  Wag^oer,  Biafe.  Leopoldi,  I,  S.  667;  Toll  int  tn  Mineu  £pi«t  ittneranas. 

V,  176,  uikI  Math.  Bei  in  acinou  Notit.  Hung ,  IV.  Bd.,  S.  19ö.  der  «ch 
dabei  auch  auf  Farschitsiaa'  ,Hi8t.  comitt.*  und  ,Tabella  UuniganM^ 

stützt. 

*  V.  Jözsa  und  Szepessi  waren  dahin  »ammt  dem  Hanptmanno  Bakos  ab- 
gesendet worden.  Vgl.  Aber  den  kttlmeii  Handstreieh  J^saa*«  gegai 
Kremnits  und  Schemnita  inabeiondere  den  Brief  dea  Toll  ine  an  Koip- 
hauaen  (Epiat  itiner.,  Y,  156)  nach  Mittheilongeii  von  Augenaeagen, 
die  Anfieiclinung«u  dos  Parschitzins  (Hist.  cotnit.  Hung.,  8.  239)  and 
Wairnor.  TTi.st.  Leopoldi,  I,  558-561.   B^l,  Notit.  Tin njr  ,,  IV.,  a.  a  0 

'  Uelor  ili.>:40  Sendung  Paul  Szalay's  iiudut  sich  auch  im  ,Btijdt»sök 
leveltära',  herausgegebon  von  Do&k,  S.  89—91  eine  bemerken«» erthe 
Coireepondens,  daürt  ans  dem  Lager  der  Kurttzaen  vor  Kremnita,  20l  Odo* 
bor  1678,  und  awar  ein  Sdireiben  an  den  aiebenbfiigiiQhen  Magnatea 
nnA  BtaatHniann  Telek y.  Darin  erklären  die  Kuruzzpn  tinter  Anderem, 
ohne  Zustimmung  der  Pforte,  Apafy's,  Ludwi^^s  XIV.  in  keinerlei 
Au.sgleich  mit  dem  Wienor  llofo  n'ich  oinlas.<«en  zu  wollen.  Im  P  ^- 
heisst  es:  ,T(}kOli  uramnak  akara^a  ebben  imuittAltuk  magunkAt 
«bbon  az  dologban.* 


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Mi} 

freiheit  für  die  Kvangelischen  und  die  Laiidesvcrwoisnng 
der  Jesuiten/  aber  die  Krone  fand  Gelegenheit,  mit  den 
loyalen  Ungarn  über  die  Grenaen  der  Zugeständnisse  in  einen 
GedaQkenaostausch  zu  treten. 

Die  Minister  Schwarzenbeiig  und  Nostiz  trafen  zu  diesem 
Zwecke  in  Oedenburg  ein,  wo  sich  die  Magnaten  mit  dem 
Primaa  an  der  Spitse  yersammelten.  Die  Regierung  gab  zu- 
siehst  die  Erklärung  ab,  dass  sie  mit  den  Rcbcllon  nur  dann 
in  ernstliche  Unterhandlungen  treten  könne,  Avcnn  sie  ssnvor 
die  Waffen  niederlegen  wOrden.  Man  sei  bereit,  das  Palatinat 
SD  erneuern,  aber  mit  Einschränkung  seiner  bisherigen  Gewalt- 
befbgnisse,  auf  die  Besteuerung  an  Terzichten,  wenn  sich  das 
Land  zur  Zahlung  einer  Jahressnmme  Ton  1,700.000  Gulden 
bequeme,  und  den  Protestanten  jene  Elirehcn  zu  überlassen, 
welche  sie  errichteten  oder  noch  bauen  würden.  Dies  Angebot 
kam  allerdings  den  Forderungen  nicht  im  Entferntesten  gleich 
und  befriedigte  auch  die  ungarischen  Autonomisten  äusserst 
wenig.' 

VI. 

So  bUeb  die  ungarische  Frage  wieder  in  der  Schwebe, 
der  Euruzsen*  und  Labanczenki-ieg  begann  von  Neuem  zu 
toben,  und  dn  entsetzlicher  Gast,  die  Pest,  gesellte  sich  zum 
Immer  des  Bürgerkrieges,  dem  der  NymwiMr«  r  Frieden  keinen 
Siegel  Torgeschohen  hatte.  Frankreich  zog  sich  nur  äusscrlich 
TOS  der  Knruzzensache  zurück. 

Der  Aufbruch  Tökölyi's  im  Herbste  167J>  von  Gyönjryös 
g^n  die  Bergstädtc  hatte  wohl  keinen  nanilinfton  Kii.  l-, 
P.  Jozsa's  abenteuerliches  Krieger-  und  Frciht  iitcriclu  ti  <  ii 
«ligte  mit  seinem  Fahuenwechsel  und  poreclitcn  riitrrpmi;«* 
r22.  October),^  aber  der  neue  Waft'eugang  Tökölyi'si  und  sein 


*  Wnrrner,  Hiüt.  Leopoldi,  I,  656  ...  vBAcerdotutn  <jitu<l«lani  genus  ^Jo- 

saita««)  regiio  amovendos'  .  .  . 
'K«iy,  Hist  regni  Hung.,  IH  Abth.,  229  f.    W;i{,'iior,  IHst.  Lüopoldi, 

I,  568^(69. 

'  Chandrtertatiidi  Imatet  die  fltellftder  (handflebr.)  Lentüchnnor  Clironik 
nn  Oolober  1679;  ...  ,Iat  der  beschrioene  Kiihdlob,  V.  Jownn,  Wi 
Talya  von  dem  Uofank,  weil  ihm  nicht  zu  trauen,  iiiederprcsäiielt 
worden.' 


376 


Novembersieg  an  der  Ilci-ndd  gegen  die  Kaiserlichen  bedeutet 
eine  neue,  geftiliiHche  Wendung  zu  seinen  Qiinsten. 

Das  Jahr  1679  Hess  auch  den  Qubernator  Ampringen  au 
seiner  undankbaren  Stellung  scheiden.  Er  sah  firUh  genug  das 
Unfruchtbare,  Gebundene  seines  Amtes  ein.  Sein  angebliches 
Schreiben  an  den  königlichen  Personal  Majth^nyi  Ton  EeseldkS 
vom  Jahre  1675  tLberfliesst  YOm  Eingeständnisse  seiner  schwie- 
rigen Lage.^  Die  Massregelung  der  Glaubens-  und  Kirchen- 
verhttltnisse  Oberungarns  erzeuge  Erbitterung,  hetse  ihm  die 
Beschwerden  der  betroffenen  Gemeinden,  ihre  Bitten  um  Schuti 
vor  der  bewaffneten  Macht  der  Glaubenscommissionen  an  den 
Hals.  Betheuere  er  sein  Unvermögen,  so  ,prostitmre  und  dts* 
credltire'  er  seine  Stellung,  und  wllrde  er  sich  der  Sache  an- 
nehmen, so  hiesse  es  gleich,  er  stflnde  den  Absichten  Seiner 
Ifajestät  im  Wege  und  unterstlltse  die  Lutheraner  yielmehr  ab 
deren  Bekehrung.  In  so  gefthrlichen  Zeiten  müsse  man  mit 
Neuerungen  äusserst  Torsichtig  verfahren. 

Wie  es  sich  nun  auch  mit  der  Anthenticität  dieses  Schreibens 
und  der  Antwort  Majtlienyi's '  verhalten  möge,  der  Inhalt  ent- 
spricht ganz  der  Sachlage. 

'  S.  Andreas  Schmal  (evangelUcIior  Pastor  zn  Rnth<>),  Adversana  i4 
illustr.  bist,  occlcs.  evang'el.  liun^ariam  pertinontia  ...  bis  1765,  heran«- 
peg^ebcii  von  Fabo,  Monmn.  ovang'.  A.  f.  in  Huiig.  historica,  U  (1(^63), 
8.  230,  dio  Briefe  Ampringon's  und  Majlhonyi'a. 

*  Oami  studio  et  oonata  dominus  guberaator  in  negotio  religionb  ütM 
majestatis  regnioolas  qnietos  reddere  et  reeoncUiara  offenaoiqae  qoietM 
et  paeatos  facere  iniendat  in  hoc  quoqae  paasiit  ne  juzta  dietaman  eom* 
mnnis  proTerbii:  ttufarea  omnia  poaeint.  Legos  indo  datae  sunt,  quas 
.iiibjnnq'flro.  consensu  rognicolanira  rrtjulita-s  et  ipsa  fido  rftris  confir- 
niataa,  hie  luei  censui.  Et  priniu  quidoni,  »\  in  diaotis,  iibi  <>mnium 
(|uerelarum  locus  e»t  et  tenipns  propunendi  et  quorulaudi,  eantnm  t»t, 
ne  temerarie  qoispiam  negotium  religionis  movere  auit»  innvenie  id 
aiticalo  22  anni  1604,  qnodve  Ubentm  dt  ezerdtium  eoncaasnm  trirnn 
religioDum  in  Hungaria,  patet  id  ox  articulo  Viennimsi  1.  et  anni  IßuS 
art.  1,  itom  anni  1618  art  77,  anni  1628  nrt  22,  .uini  ir,:50  .irt  3,  anni 
1635  art.  29,  item  anni  1647  art.  6.  7.  8.  .iiiiii  164y  art.  10,  auni  1655 
art.  18  et  anni  1669  art.  1.  quibua  evolutis  et  bene  perpeusis 
facile  coiligi  potest,  qnidnam  exinde  emergere  qneat  eam 
manifeste  fegts  et  regni  detrimento.  Pinta  de  bis,  si  liceiet, 
seribere  poraem,  sed  per  aliqnos  dicerotar,  qnod  sanctiarfmae  easnri* 
intentäoncs  praepediantur,  cum  tarnen  edocemur,  uon  religioni« 
hic  •■»dtciidi  piotntem,  -»ed  parocltiarnm  et  )-»»•'>■  f; ei  ornm 
utilitatom,    quibus    habitits    et    perceptis    tumpla  de$o- 


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377 


^mpring'cii  stand  vom  Hause  aus  auf  cinoin  verlorenen 
Po?trn;  die  Ungarn  waren  gegen  den  octroiirten  iStattliaher  und 
Fremdling  eingenemmen,'  der  Primas  suchte  Ilm  .in  die  Wand 
zu  drücken,  immer  und  Überall  seine  Geltung:  als  ^^eistliehes 
Magnatenhanpt  und  J^ocumtenens'  vnrziisc  liirbcn,  -  tmd  der 
Wiener  Hof  liess  seinen  Gubernator  in  ohnmächtigeni  Kampfe 
mit  dem  passiven  Widerstände  sich  abnützen,  ohne  Am« 
pringen's  Autorität  zu  kräftigen.  Die  wichtigsten  Angelegen- 
heiten spielten  sich  Uber  seinen  Kopf  hinweg;  nirgends  und 
niemals  tritt  er  in  den  Vordergrand.  Mtide  einer  solchen  Rolle, 
gewahrte  Ampringen  in  der  damaligen  Seuche  einen  willkom- 
menen Yorwandy  um  dem  Lande  ftlr  immer  den  Rücken  zu 
kehren. 

m 

Der  Wiener  Hof,  je  weher  desto  mehr  von  der  Unvcr- 
meidliehkeit  eines  Tttrkenkrieges  aufgeschreckt,  der  dann  die 
Konusengefahr  unabsehbar  und  unüberwindlich  machen  wUrde, 
wollte  nun  in  vorgerttckter  Stunde  an  die  Pacification  Un- 
ganis  schreiten,  und  zwar  sollten  Jetzt  Ungarn  als  Vertrauens- 
rnftnner  der  Krone  die  Berathungen  vom  "Marz  1680  in  Fluss 
bringen. 


latA  vaeva  pasaerain  atrepitibus  pro  vuiicioinbiis  romit- 
tttatiir. 

Vpl.  Waguer,  Hist.  JLeojH>ldi,  I,  ößl  56J.  Cti;iiakl«'i  i-tisrli  siinl  die 
Benaorkiiiigen  des  Jesuiten  Kornr-Ii  in  seinen  Fr.i^'ii»  hi-t  lluii;.'., 
III.  Ahth.,  S.  480 — 482  (der  sich  ;ilh'i'liiifr?«  dabei  riin-H  -.tarkni  .  iirnif». 
logischen  Verstos»  zu  6chuidon  koinuien  iäwit,  iii<leni  er  lias  Eixlu  der 
Qnbttitatar  dem  Jabie  1675  suweiat,  wie  dies  aneli  Katona,  a.  n.  O., 
8.  9X7 1  bemerkt,  ihn  aber  an  epftterer  Stelle  vcrbositort  zoi^i).  tG7t>, 
6.  Hai,  atarb  Hoeher'a  Widenacher,  Kanaler  Thomas  Pnlffy,  doch  (^fU' 
lang  ea  der  Part^  Hocher*«,  die  bcreiü«  htnrk  /tisaiiiiiH-n^tv'.clinitd/.cii, 
<Jen  strammen  Reg'iertuiß'^mHiiri  Kul  1  o  n  i  t  s r  h  an  «lic  St«  !!«-  Aiii]ii  iii'^etrs 
lu  bringen.  Er  ver«<nb  mir  pnivisoii^il»  d.-is  Amt,  (la<  seimMii  i'al<li;reii 
Ende  verfiel  (vgl.  liiiiormann,  iieHcbiebte  der  i»>tt'ri-.  (n->amint.stjkat.'>- 
idee,  I,  1S8).  Schade,  daas  der  meist  wohl  ttntemcbtoto  Jim%\t  Knzy 
(nrl-  Mine  Eist  Hung.,  HE.  Abtb.,  S86)  Uber  diese  Augclegciihoit  »iah 
ätuserst  zurückhaltend  äussert. 

Die  Fehde  des  Prima«-Lonimtenen'«  Szeloju'sönyi  ?o<ri'M  deu  Gubernator 
deutet  Kazy,  a.  n.  O  ,  III,  1-27  — l-'s,  vnrsiehtiir,   il-er  «iemioob  doutlicli 
g«iiug  an.  Vgl.  Katoua,  XXXiV,  zum  Jahre  1«>7J,  8,  lui»  tf. 
iickiv.  UXX.  M.  IL  Bilfto.  Sö 


378 


Zu  Tyrnau  trafen  der  Obcrstlandrichtcr  Adam  Forgäcs 
und  Paul  Eszterhdzy,  Obcrcapitän  des  Keichstheiles  jenseits  der 
Donau,  ein,  um  mit  den  Vollniachttriigern  der  Aufstandspartei 
zu  unterhandeln.^  Da  diese  jedoch  auf  der  Wiederherstelhmg 
der  Verfassung,  auf  der  Beseitigung  des  Aasnahmszustandes 
und  auf  der  Bückgabe  aller  Kirchen,  Pfarn^n,  Schulen  und 
»Stiftungen  an  die  evangelische  Kirche  bestanden,  flir  deren 
volle  reichagesetzliche  Freiheit  sie  das  Wort  erhoben,  so  glaubte 
dir  Regierung  auf  dem  Standpunkte  der  Ablehnung  des  Unan- 
nehinbaren  beharren  zu  sollen. 

Nicht  anders  war  das  Ergebniss  jener  VerhandluDg^ 
wckh(?  im  Namen  des  Wiener  Hofes  Gleneral  Oapnua  däi 
17.  Mai  1680  in  jUeut^cliau  -  mit  den  Exulanten  anknüpfte,  und 
ebensowenig  hatten  die  Negotiationen  des  Titularbischofe  von 
Siebenbürgen,  Sebesty^n,  einen  gedeihlichen  Erfolg.^ 

Dagegen  schien  die  Zerfahrenheit  and  Zwietracht  im  Lager 
der  Knruzzen  und  ihrer  siebenbUigischen  Genossen,  welche  seit 
1678  nur  aUsu  heftig  gewaltet  hatte,  jetat  beschworen  sa 
sein.  Vorerst  hatten  sich  der  Kunuzenfllhrer  Wesseldnyi  md 
Teleky  befehdet,  dann  woUte  Ersterer  das  Uebergewicht  T5- 
kttlyi's,  des  aufgehenden  Gestirnes,  nicht  fügsam  hinnehmen, 
erlebte  im  Juli  1679  seine  Veriiaftung  und  bald  darauf,  als  er, 
entkommen,  auf  eigene  Faust  wieder  zu  den  Waffen  griff,  eme 
empfindliche  Schlappe,  die  sein  Ansehen  doppelt  schädigen  mosste. 
Jetzt  kam  es  zu  einer  Versöhnung  Wesselänyi's  und  Tökölji's, 
und  die  Erbitterung  Telcky's  gegen  Letzteren,  als  undankbaren 
Streber,  soUte  durch  die  Zusammenkunft  in  SomlyiS  beschworen 
werden.  Allerdings  trennten  sich  die  Beiden  einander  so  ent- 
fremdet wie  zuvor. 

Teleky  hatte  mit  Bestimmtheit  auf  die  Vermählung  seiner 
verwitweten  Tochter  mit  Tökölyi  gerechnet,  Letzterer  aber 
schon  im  Hochsommer  1678  den  Entschluss  g^fasst,  die  Witwe 
Franz  RAkiSczy's,  Helene,  die  Tochter  des  hingenchteten  Banns 
Peter  Zrinyi,  zu  ehelichen,  und  eine  Reihe  unverdächtiger  That- 
Sachen  ftüirt  den  Beweis,  dass  ihn  mehr  noch  ab  die  SchiMiheit 


*  Uobor  die  Tyrnauor  Verhandlungen  lam  und  aaehgemlw  Wagner,  BuL 

Leopoldi,  I,  562. 

*  Knzy,  III.  Ahtli.,  8.  243. 

*  Katuua,  &.  a.  O.,  306  f. 


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der  gwamifien  Miignatin  das  Begehren  nach  den  grossen  Gütern 
reute,  wdehe  der  erste  Gatte  Uelenens  zurückÜess.^ 

Das  nahe  Ableben  ihrer  Schwiegermutter/  ^tic^  der 
Letzten  des  Haoses  Bäthory,  liess  ausserdem  ein  weiteres 
reiches  Erbe  voraussehen,  und  wenngleieh  die  Kinder  üelenens 
ins  ihrer  Ehe  mit  Raköczy^  Franz  und  Juliane,  die  Anwärter 
all  dessen  waren,  so  bot  sieh  doch  Töktilyl  als  künftigem  Stiof- 
vater  die  erwünschte  Gelegenheit,  zunächst  als  Nutzniesser  des 
retcben  Erbes  die  Mittel  fUr  seine  bochfliegenden  Entwürfe  an 
mehren. 

Die  um  einige  Jahre  filtere  Witwe  fasste  schon  im  Sonmier 
1678  fUr  den  jugendlichen  KnmzsenfUhrer,  nocl)  ohne  ihn  per- 
sönlich za  kennen,  ein  gewisses  Interesse;'  die  Gefangennehmung 
des  Biuders  Hel«aens,  Johann  Zrinyl,  int  SpAtjahre  1678,  im 
Gefechte  mit  den  Kuruasen  bei  Vöke  anf  der  Bodroginsel, 
seine  ^firOhliche'  Haft  in  SiebenbQi^en  und  in  Gesellschaft  Tö* 
kölji's  bewirkten  einen  Brie^echsel  Helenens  mit  dem  Ku- 
nusenfbhrer.  Bald  tausehte  man  die  Bildnisse,  und  schon  im 
Febniar  1679  erhielt  Tokolji  von  dem  Vertranensmanne  der 
Witire  Bäköczy'e  die  bestimmte  Erklfirung,  sie  sei  bereit,  ihm 
die  Hand  zu  reichen.  Zwei  gewaltige  Hindernisse  standen 
jedoch  den  Wünschen  Helenens  und  Tökölji's  entgegen:  der 
Wiener  Hof  und  Sofie  Bithory.  Jener  betrachtete  sich  als 
Yormuid  der  Kinder  Franz  Bäkdczy's  und  konnte  nicht  ruhig 
«liehen,  wenn  das  protestantische  Haupt  des  Auistandes  mit 
der  Witwe  reiche  Güter  und  Mittel  in  seine  Hfinde  bekam, 
wihrend  diese  als  Mutter  des  im  Spfttsonmier  1676  hinge- 
achiedenen  R^öczjr  das  neue  Heiratsgelttste  der  Schwieger- 
tochter und  Tcnr  Allem  ihre  Verbindung  mit  einem  ,Ketzer'  als 
schwere  Kränkung  empfand. 

Schon  im  Jahre  1679  hatte  der  Vertrauensmann  Tökdlyi's 
Paul  Szalay,  neben  der  Kuruzzensache  eine  geheime  Angelegenheit 


'  S»lir  cnitroheiicl  beschäftigt  sieh  mit  der  Heirat-aiiirplofirenhcit  T<ik<"!yi's 
K-j1.  Thaly  iu  seiner  Monographie,  ,11.  Uakoczi  Foroncz  fcjodeleiii  iQu- 
siga  1676->1701'  (Frsni  lUkÖcsr»  IL  Jugend).  Frewliucg  1881,  1.  Ckpitel. 

*  Thaty,  %. «.  O.,  8.  Uf.  Interemmt  ist  der  Unwtuid,  diiM  d«r  Reotor 
des  Ungvarcr  CoUegidllM»  Georg  Tyukody,  und  der  Mnnkicser  Hof* 
CAplan,  sein  Ordeiuigeimsse,  der  Witwe  ZriTiyi'-^  \\\wr  f!ic  ihr  noch  ttnbo- 
kanute  PersOalicbkeit  T5k0l/i'a  Auskuuft  gabeu  (1678).  S.  Thal/, 
».  a.  0.,  15. 

2ft* 


380 


am  Wiciii-r  Hof«  zu  vortn-ti  n.  Si  in  1  I<  it  sei  bereit,  die  Waffrn 
nied«  i/.ulrw;<  r!,  wenn  «1er  Kai-*  )-  dir  Heirat  Tökölyi's  mit  Kä- 
kr'r/.\  s  WitW<:  genrlmiiiif  iin  l  die  Einwilligung  ihrer  Schwieger- 
mutter erwirke.  Man  lehnte  d\>  -  in  (l<  r  entsprechendsten  Weise 
zuvor  Miiissc  T')k-'»I\ i  vnm  Aulstnude  suitLck treten  und  Seine 
üntrrt !i;Liiriitr(  uc  Ijcwäln'»  ii. ' 

Wenige  MMuatc  naeii  der  ersti  n  Begegnung  Tökölyi's  mit 
srln«'r  n*MU'ii  Braut  zu  Mako^vic/  i  <  1\  l)ruar  1680)  — der  Tochter 
Teleky's  l)att<'  f  r  s<  lniii  ,1(  n  X'-  Hobungsring  zurtlckge- 

SMi<l*  t  —  >t  irb  Sofi'  l'.  ilhory  {  l  \  I  mi  l (WO)  auf  ihrem  Witwen* 
sitze  Munkiics^  und  ihi  I- t/f  r  Wille  nnisste  dem  künftigen  Ehe- 
paare, insbesnii.1,  rc  dem  .1  irsten*  Ungarns,  Tökölyi,  sehr  im- 
angenehme  Aufschlüsse  In  «  Ii*  .  i  n 

Dies  Testament  vom  1 1 .  A]m  il,  1x1  dessen  Abfn^siing  der  Je* 
suitenpatcr  Emerich Kis  und  die  N  onn»  Lupstowska,  die  verwitwete 
Schwester  ^  der  Matrone,  sieheriich  Antheü  hatten,  ist  in  doppelter 
Beziehung  denkwürdig:  einerseits  durcli  die  namhaften  Stiftungen 
zu  Gunsten  der  OesoMschafl  Jesu,  die  an  Sofie  BAthory  ihre  bedea- 
tcndste,  unvergessliche  Gönnerin  verlor,  and  deren  an  anderer 
Stelle  gedacht  werden  wird,  anderseits  durch  jene  letstwilUg«!  Be* 
Stimmungen,  welche  über  das  reiche  Leibgedinge  der  Witwe 
Georg  KAkoczy's  IL  von  Siebenbürgen  yerftlgten,*  Die  Gnt* 
herrschaften  Munk^tcs,  £cscd  und  Borsi  im  Bereger,  Ssst- 
marer  und  Zempliner  Comit^ite  werden  unter  bestinimten  Be> 
dingungen,  vor  Allem  gegen  Entrichtung  der  Summe  tob 
oO.OOO  Gulden  an  die  kaiserliche  Kammer,  den  beiden  finkeb, 
Franz  und  Juliane,  vererbt,  unter  welche  auch  der  gosanunte 
bewegliche  Nuchlass  zur  Vertheilung  kommt.  Die  BAthoiy'schen 
Güter  in  Somly<»  gelangen  gleichfalls  an  das  Geschwisterpaar, 
die  Herrschaft  Sz.-jNIiklos  tiillt  dem  Enkel  Franz  xa  und 
bei  seinem  Ableben  ohne  Krbeu  an  die  Schwester  Juliane  und 


•  HciJvvij^  uml  .Sotit;  w.uou  dir  l'n  liios  Aiulrca»  V.  von  Bathory-Soniljö, 
eines  Briulors  Ualtriel  Hxlliory'üf  Filn^ton  voo  Siebenbürgen  (f  1613)- 
HedwifT  ellelichte  fleu  |M»)iiisclieti  Magnaten  Lupntmrasky,  nahm  dutf 

deu  8r)iIeiot-  viiid  iiltr-rlulitu  tiiflii  Inii^u  ilird  Schwester;  ne  rtarb  nxcli 
ir.>i  Uli  Kl.i^irr  >t,iii_;n^k,i    \      •ifir-r  'lu   Üiwitzorgreifuiig  von  Miuikic* 
liiiidi  il(  l«iu<  Zrinyi  aU  Mutt«r  Frunz  und  Jalianeiu  Kikdciy  Th^lji 
a.  a.  <      S.  22. 
"  8.  Katooa,  XXXIV,  S.  372—374. 


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deren  Nachkommenschaft  beiderlei  Geschlechtes.  Die  Ober- 
▼ormundschaft  der  Minderjährigen  nahm  Kaiser  Leopold  L  in 
seine  Hand. 

Als  nnn  TOkOl^ri  die  Umstossnng  des  ihm  anbequemen 
Testamentes  begehrte^  gab  ihm  der  Wiener  Hof  in  einer  ähn- 
lichen Weise  wie  damals  eine  ausweichende  Antwort,  doch 
k.ua  es  zu  einer  Vcrlungerimg  des  Waflfeiiötillötandes  bis  Ende 
Juni  1681. 

vm. 

Dieses  Jahr  bescheerte  endlich  angesichts  der  drohenden 
Qefahr  eines  Doppelkrieges  gegen  Frankreich  und  die  Pforte, 
deren  Sehtttzling  Tökölyi  zu  neuem  Waffengange  rüstete,  einen 
entscheidenden  Schritt  der  Kogicning  in  der  dringlichen  Ans- 

gleichsfrage.  Längst  schon  hatte  sich  die  llcbcrzt'uuung  den 
massgebenden  Kreisen  aufgedrängt,  (l.iss  man  den  Ausnahms- 
znstand  Ungarns  nii-ht  aufrpc!itlialtt?n  kr>iiiic.  \\ Ohl  behauptete 
sich  noch  Hocher  in  der  kaiserlichen  Gunst,  aber  die  entgegen- 
gesetzte Meinung  beztiglich  der  ungarischen  Frage  überwog, 
und  ancb  ein  KoUonitsch,^  der  Wieuer-Neustädter  Bischof  und 
P^essburger  Kammergraf,  wie  behairlich  er  auch  ftir  seine 


Diene  bedentendc  Persönlichkeit  der  Vorkäuipfer  des  Katholicifüima  und 
der  Reform  Ungarns  in  monarchischom  Sinne,  hat  nun  in  Maurer 
ein««  nodemen  Biographen  geftmdeti.   Dsb  fleissige,  auf  hsnciflchrift- 
Itdiam  Apparats  beraheode,  aber  gemischtwerthige  Bneli,  tiieib  Bio- 
giaphie,  theÜB  Chronik  und  tlieils  Excerpt,  ftthri  den  Titel:  «Cardinal 
Gnf  Leopold  KoUoniticb,  Primas  von  Vapan,  sein  Leben  und  sein 
Wirken.*   Innsbraek  1887  (XV,  674  88.)-  Sein  Schwerpunkt  mht  in 
•It  r  späteren  Epoche,  seit  1683.  — •  Kollonitsch  entstAnimte  der  Ehe 
Eriut  T.  Kollonitoch*  mit  Anna  Freiin  von  Kufstein;  der  Vater  wnrde 
1621  aus  einem  Protestanten  fin  Katholik.    Lropold  Kolonitsoh  kam 
1681  in  Komorn.  wo  »ein  Vater  Coranjandaiit  war,   zur  Wi*lt  und  wurde 
Vom  Cardinalprinias  rä/iiuin  aus  der  Taufe  gehoben.  Iö65  nahm  »  r  als 
Maltese rritter  an  oiiM  in  S»  «  Kriege  gegen  die  Kreta  bedrohenden  Tiirkt  u 
Tlieil  und  erlangte  daau  1(159  als  Pfründen  diu  Commenden  Äiailberg 
in  KiederOsterreich  und  Egor  in  Böhmen.    1666  wurde  er  Bischof  von 
Nentrn  und  betbitigte  feinen  Eifer  im  Bekehmogewe^  dartrti  dam 
«ngedehts  dee  ittrken  Widentaade*  es  vonog^,  1670  den  ungarischen 
BisehofiMtnhl  mit  dem  Wiener-Nenstldter  an  Tertanschen.  1672 
inude  er  flbeidiea  Viceprlaes  nnd  1677  PriaeR  der'  langariscben  Hof- 
baoutter  in  IVembnrg. 


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382 


Person  die  Idee  einer  durchgreifenden  Rekatholisinmg  und 
Neugestaltong  Ungarns  festhielt,  mussten  zusehen,  wie  die 
herrsehende  StrOmung  zum  Ausgleichswerke  trieb.  Btscbof* 
kanzler  Ghihassöczy,  Rüdiger  Ton  Starhemherg  nnd  fVeiheir 
Heinrieh  HOrwart  erscheinen  als  Boten  der  Regiening  in  Vrm- 
bürg  (Anlang  Februar  1681),  um  hier  mit  dem  Primas  Szelep* 
cs^nyi,  Adam  Forgacs  und  Paul  Eszterhäzy  die  Grundlage  einer 
Verstllndigung  zu  schaffen.^ 

Der  Reichst^ig  zu  Oedenburg,  durch  das  kaiserliche  Rund- 
schreiben aus  dem  Hoflagcr  zu  Linz  (28.  Februar)  auf  den 
28.  April  einberufen,  sollte  die  Werkstätte  der  schwierigen 
Arbeit  des  Ausgleiches  bilden.* 

TOkölyi  yerschmMhte  es,  der  Einladung  zu  folgen,  obachon 
Paul  EszterhÄzj  Alles  aufbot,  um  ihn  zum  Erscheinen  au  be- 
wegen, und  den  eigenen  Sohn  als  Geisel  und  Bürgschaft  des 
sicheren  Geleites  angetragen  hatte.  Der  KuruzzenfUrst  war  auf 
seinem  Wege  zu  weit  vorgeschritten,  als  dass  er  sich  ent- 
schliessen  konnte,  das  Ziel  seines  Ehrgeizes  und  die  Hoffnuncren 
der  Aul^tandspartci  zu  opfcrii.  Die  März-  und  Aprilaltiuachuiigen 
lUiL  der  Plortc  fuhren  vhw  deutliche  Sprache.  Hinter  Tökölyi 
stand  die  Kricgülust  der  Pforte;"'  auch  au  Aut'niunteruniren 
Frankreichs  t'eidte  es  nicht.  Apafy  seihst  drängte  ihn  zum  Los- 
schlagen. 

Als  daher  am  25.  Mai  l<iSl  der  ( )rdeaburger  Reichstag 
eröffnet  wurde,  hatte  hereits  [^20.  Mai)  Tükölyi  dem  General 
Caprara  angezeigt,  dass  nach  Ablauf  des  Waffenstillstandes  die 
Feindseligkeiten  wieder  heginnon  würden. 

Die  Einberufung  des  IJciehbUges  bildet  den  ersten  Schritt 
der  Rückkehr  zu  vcrfasäungsmüs^igeu  Zuständen}  als  zweites 

*  Vgl.  Kazjy  Uist  IluDg.,  III.  Abth.,  S.  2-17,  und  Kovacliich,  VestifU 
comitioinm  r.  Hunfr-*     80Sf.  Katon«,  XXXIV,  896— 40d. 

*  Dm  weitBeliiehtige  Material  lur  Gesdiiehte  des  Oedenbofger  Reicbitiv** 
in  der  Bammluiig  von  Franz  Bulyovasky'a  Acta  oomitäoinin  dftpnh 

nensiom  anni  1681  und  daraus  bei  Katoun,  XXXIV,  410 — 670. 

*  Vgl.  da«  Atnameh  der  Pforte  au  die  Knniz/.eii,  die  Weisuugon  an 
Apafy,  die  Hospodare  der  Moldau  und  Wnlachei,  dio  Paschas  von  Tp- 
meavar  und  Grosswardein.  ,Epistolae  procenun  Huugariae*,  berau»- 
gegeben  von  Pr«yt  HI,  478  ff.,  «nden^ti  die  Goireepondenfeii  hd 
Deik,  3^idoe6k  levät&raS  S.  283  ff.,  and  «war  den  Brief  dei  Erlaner 
Pascha«  au  Em.  TOkMyi  vom  17.  Decemlier  16S0t  Cceden» 
Michael  TtfkOlyi  vom  5.  Mira  1681,  u.  A. 


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383 


müssen  wir  die  Palatinswahl  verzciciinen.  Kaiser  Leopold,  der  im 
Gefolge  dreier  Regimenter  mit  s(  inem  Hofstaate  nach  Oedenburg 
gekommen  war,  stellte  in  der  ül  »liehen  Weise  vier  Candidaten 
auf:  Johann  KoUonitach^  Banus  Niclas  Erdödy^  Paul  fissterhäzy 
und  Peter  Osikj.  Die  einstimmige  Wahl  fiel  (13.  Juni)  Auf 
Paul  Eazterhisy. 

Die  Ständevereammlung  hatte  zunächst  die  Zuschrift  der 
Exulanten  vom  7.  Mai  aus  dem  Lager  ,bei  Kapos  zu  erledigen, 
welche  Martin  Izdenczy  als  Abjjronlnctcr  der  Aul'standspartei 
den  14.  Juni  eingereicht.*  Die  Antwort  der  SUiiidi',  driu  Pal;itin 
überwiesen,  lud  zui-  lieschickung  des  Reichstages  ein  (18.  Juni), 
da  so  wichtige  Angelegenheiten  eine  mündliche  Erörterung  er- 
heischten. Die  Erklärung  Tükölyi's  vom  6.  Juli  aus  dem  Lager 
bei  P41yi  schnitt  ab  richtiger  Protest  den  weiteren  unfrucht- 
baren Schriftwechsel  ah.  So  blieh  der  Oedenbuiger  Reichstag 
auf  die  Lösung  der  Fragen  beschränkt,  die  das  loyal  gebliebene 
Ungarn  betrafen^  und  ihrer  gab  es  vollauf.    Der  Schwerpunkt 
ruhiü  begreiiÜcherweisc  in  den  Glaubens-  und  Kircbeuange- 
legenheitcn. 

Vorerst  müssen  wir  da  das  Zahlcnvcrhältniss  zwischen 
den  Vertretern  der  kathoUschen  Kirche  und  denen  der  beiden 
protestantischen  Bekenntnisse  ins  Auge  fassen. 

Unter  den  Abgeordneten  der  GesiNmschaften  gab  es 
3d  Katholiken,  14  Caiviner  und  13  Lutheraner,  unter  den  Ver- 
tretern der  landesftirstliehen  Städte  33  Katholische,  2  Calviner, 
16  Lutheraner.  Die  Vollmachtträger  der  Abwesenden  hatten 
16  Katholiken^  6  liUtherancr  und  1  Calviner  unter  sich.  Da 
die  Ablegaten  dv.r  Capitel  selb.stverständlich  der  römiselien 
Kirche  angehörten,  so  war  letztere  dnreh  mehr  als  zwei  Dritt- 
theiie  der  ganzen  Ständeschaft  vertieten,  und  die  Akathoiiken 
saheU  bald  die  Schwierigkeiten  ihrer  Stellung  als  Minoritilt 
wachsen.  Denn  als  ihre  Eingabe  an  die  Krone  vom  25.  Juni 
des  harten  Geschickes  gedachte,  das  der  evangelischen  Kirche 
seit  1671  beschieden  war,  und  bei  der  ErOrtemng  der  erlittenen 
Drangsale  und  Verluste  auch  die  £«inbu8se  hervorhob,  welcher 
man  durch  die  Uebergabe  von  Kirchen,  Pfarren  und  Häusern 


'  Acta  comitiorniii  Soproneniiiiiin,  B.  8 f.;  Katona,  424 f.  Wieder- 
lioU  wird  darin  der  Jesuiten  als  derer  gedacht,  sn  deren  Vortheile  der 
«ngerisehe  Proteetantiiini»  Schaden  litt. 


384 


an  die  Väter  der  (jesellscliaft  Jesu  theilhaftig^  wurde,  Ueasen 
es  die  Katholisehon  ^  an  einer  geharnischten  Erwidcrunsj  nicltt 
fehlen.  Ihr  Memoriale  erging  sich  in  einer  historisclieu  Dar- 
legung der  Gcucinschädlichkeit  des  ProteBtantismus,  da  er  die 
Glaubenseinheit  Ungarns  zerrissen  und  innere  Kriege  erweckt, 
die  römische  Kirche  dem  Verfalle  preiszugeben  angestrebt  liabe. 
Der  Jammer  der  gegenwärtigen  Lage  sei  von  ihm  verschuldet 
Der  Katholicismus  erscheine  den  äussersten  VcrungUmpfungeii 
ausgesetst  and  in  aahlreichen  Comitaten,  so  in  Liptau,  Szatmar, 
SsabolcSy  Zemplio,  Ungvdr,  Bereg,  Ugoesa,  Abaujvir,  Zips, 
Torna  und  Gömör  su  einer  Ausnahmsstellung  herafagedrfickt 
Auch  in  Veszprim,  Sümeg  und  Biranya  bestünde  ein  solches 
Mtssverhtfltniss. 

Während  die  Krone  mit  dem  Wiener-Neustädter  Mandate 
▼om  19.  Juli  die  Stände  zur  raschen  Inangriffnahme  der  rdchi* 
täglichen  Aufgaben  drängte,  rüsteten  die  Protestanten  sur  Ab- 
wehr jener  Anwttrfe  der  Katholischen  (1.  August).  Der  fcaiser 
liehe  Commissbr  Graf  Nostiz  suchte  (6.  August)  die  VOThandiong 
der  Religionsangelegenhoiten  als  Aufgabe  einer  besonderen  De- 
putation auszuschalten,  doch  gelang  es  ihm  nicht,  und  die  Pro- 
testanten reichten  den  18.  und  26.  August  ihr  drittes  und  viertes 
Libell  mit  der  Schlusserklärung  ein,  auseinandergehen  zu  wollen, 
wenn  sie  keiner  schriMchen  Genugthuung  theilhaftig  würden. 
Sie  gaben  auch  alsbald  die  Erklärung  ab,  sie  wOrden  von  den 
Sitzungen  so  lange  fernbleiben,  bis  ihrem  Begehren  wilUahrt 
sei.'  Wohl  s})rach  der  Kaiser  (28.  August)  sein  Misslallen  äber 
diese  Haltung  der  Evangelischen  und  Reformirten  ans,  stellte 
ihnen  aber  anderseits  die  ,Yäterliche  Ffirsorge'  in  Hinsicht  der 
Abstellung  ihrer  Beschwerden  in  Aussicht.'  Die  protestantisches 
Stände  Hessen  jedoch  30.  August  durch  ihre  Bevollmächtigten 
dem  Palatin  und  Personal  die  Erklärung  abgeben,  durch  diesen 
Bescheid  seien  sie  keineswegs  befiriedigt  und  wttrden  sich  daher 
in  keine  weiteren  Verhandlungen  einlassen.^ 

So  schleppte  sich  der  Oedenburger  Reichstag  in  unfnicht- 
barem  Hader  weiter,  und  die  Krone  fand  sich  durch  die  Haltung 
der  Protestanton  und  dui'ch  die  Kriegsgefahr  veranlasst,  deu 

'  Art.i  cntniti<irtim  Suproiieiislam,  6. 183 f.;  Katona,  431  ff. 

«  Ibid.,  S.  173  ff.;  Katon.n.  150. 

•  Ibid.,  S.  176  f.;  Katon.i,  J. 10-462. 

*  Ibid.,  ö.  178}  Katoua,  iifi. 


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385 


\\'eg  von  Zugeständnissen  zu  betreten  und  so  dio  Kriae  zu 
beschwören.  Der  Sommerfeldzug  Apaffy's,  io  Verbindung  mit 
den  Kuruzzen  und  von  tllrkiscbon  Schaaren  unterstiltst^  nahm 
wohl  ein  klägliches  Ende,  und  der  völlige  Brach  zwischen 
Telekj  und  TOkölji  schien  auf  die  Entwürfe  des  LetEteren 
eme  schlimme  Rückwirkung  ausüben  zu  können.  Dennoch  blieb 
angesichts  der  immer  deutlicheren  Kriegslast  der  Pforte  die 
Gefahr  f^ross.  und  der  Ueberfall  von  Strassbur^  »iuiifi  Lud- 
wig XIV.  niusste  als  Wetterschlag  im  Westen  die  »Sorgen  des 
kaiserlicbeii  Hofes  steigern. 

So  versuchte  es  denn  Leopold  l.  mit  der  Resolution  vom 
9.  November.*  Sie  ^ift  auf  den  Wiener  Frieden  vom  Jahre 
160t>  zurttck  und  betont  im  Ii,  Artikel  gewissermassen  als 
yAnhang^  zn  diesem  Tractate  das  Zogeständniss  der  Ireien 
Qkubenslibung  an  die  BUiger  der  königlichen  Freistttdte  femer 
an  die  Soldaten  und  Reichssassen  der  Grenzbezirke;  die  nächste 
Bestimmung  verbietet  die  Anwendung  alles  dem  evangelischen 
und  calviuischen  (iiaubriK^lK  k*  imtni-Söc  widerstreiten  den  Cere- 
monienzwangrs.  Während  der  IV.  Artikel  diu  UlaiifH'nsilbunj:: 
der  Protostanten  mit  der  zu  Gunsten  der  grundheiTliciien 
Rechte  lautenden  Einschränkung  gewäbrleistety  schützt  der  V. 
die  Pastoren  und  Pfarrer  gegen  Vertreibung  und  Störung.  Der 
VI.  Abschnitt  verbietet  alle  weiteren  Eorchenentfremdungen,  und 
der  nächste  Artikel  setzt  bezttglich  der  Besitzergreifung  der 
Kirchen  und  der  mit  ihnen  verbundenen  Einkflnfte  als  Kormal- 
jilir  1670  fest 

Die  weiteren  vier  Abschnitte  haben  es  mit  der  Üe^elung 
örtlichLi  \  erhältnisso  zu  thun.  Die  Bür«rer  von  Pressburg  er- 
halten die  Krhiuhniss,  ein  protestantisches  liettiaus  auf  ihre 
Kosten  in  der  X'orstadt  aufzurichten.  Den  Oedenburgern  wird 
die  bestehende  kircldiclie  Verfassung  gewährleistet^  die  Befug- 
niss,  protestantische  Gotteshäuser  zu  errichten,  den  königlichen 
Städten  Trentschin,  Kremnitz,  Neusohl,  Bartfeld,  Leutschaa, 
Kperies,  Kaschau  und  Kag}  banja  eingeräumt  Ausserdem  er- 
acheint  eine  Reihe  von  Ortschaften  in  verschiedenen  Oomitaten 
Mmhaft  gemacht,  eine  Zahl  von  Gespansebaften  im  Allgemeinen 
SDgcftlhrt,*  und   ebenso   der  Grenzfestungen  gedacht,  allwo 

'  Acta  eomitiomin  Soprononsiitiii»  8. 191  f.;  Katon«,  468 f. 

*  VIII._XI.  Abschnitt,  betrifft  1* res« bürg,  Oedenborg,  die  anderen 
i^'reistidte  and  die  einMlnen  Comitate  (Bpecifieiii  und  auch  die 


a86 

uberall  die  bestehenden  confessionellcn  Zustüiul»'  nufirecht  bleiben 
sollten.  Der  XII.  Artikel  gewäbrt  den  Magnaten  uud  Edel- 
leuten  beider  (Hrotestautiscber  Bekenntnisse  die  Erlaubniss,  ihren 
Glauben  aoasnüben  und  auf  den  Schlüsseni  Bethäuser  und  Ca- 
pellen einzurichten,  während  der  XIU.  die  Glaubensfreiheit  der 
Katholischen  schützt.  Die  beiden  letzteren  Abschnitte  der 
kMlserlichen  EntschliessoDg  behalten  den  Austrag  von  Re- 
iigionsbeschwerden  dem  Könige  vor  und  verbieten  den  Stän- 
den jedwede  Schmähang  oder  Veronglimpfung  der  Anders- 
gläubigen. 

Ubschon  der  Inlialt  dieses  küiiigliclien  Reseriptcs  beweist, 
dass  die  Krone  allerdings  den  Glaubensfrieden  wollte,  aber 
dui'chaoB  nicht  gesonnen  war,  den  Protestantismus  auf  den 
Boden  von  Errungenschaften  zu  stellen,  wie  solche  der  Wort- 
laut des  Wiener  Friedens  oder  gar  des  Heichsdecretes  von 
1608  und  1646  verbürgte,  so  beeilten  sich  doch  die  Katholi- 
schen, am  22.  November  und  3.  December  gegen  die  ihre 
Interessen  schädigenden  Bestimmungen  Verwahrung  einsdegen. 
Um  so  entschlossener  waren  denn  die  Protestanten,  am  Krfinungs- 
tage  der  dritten  Gemahlin  Kaisers  Leopold  I.,  EUeonore  von 
Pfa]z*Keuburg,  die  Gunst  der  Monarehin  für  sich  anzumfen, 
und  gewahrten  in  der  vom  Palatin  mttndlich  gegebenen  Er- 
klärung der  Krone  eine  allzu  karge  Gabe.  Sie  remonstrirten  denn 
auch  am  17.  December  neuerdings  mit  der  Kundgebung,  dass  sie, 
wenn  man  ihnen  nicht  mehr  gewähren  wolle,  die  Ständever 
Sammlung  nicht  weiter  besuchen  würden.*  Und  so  währte  dieser 
stille,  unfruchtbare  Krieg  bis  30.  December  1681,  der  den 
Oedenburger  Reichstag  zum  Abschlüsse  brachte.  Die  ArtOtel 
XXV — XXVII  enthalten  in  Uebereinstimmung  mit  der  konischen 


betreffenden.  OertUehlcMten  in  denselben).  Sodann  heiiel  «•  in  Binriekt 

der  pretestantischen  l^i  tliäust  r:  Szaladiensi  .niquidein  Vcspriniien:«!, 

Com.iroiniensi.  Aba-Ujvariensi.  Vnphensi,  liereghieiisi,  Noogradieiisi,  -Szol- 
n(»k  i>t  Heve^Hieiisi,  Post  et  Pilisiensi,  Szab  -ltsr-ii«?,  Szatiiiariousi,  Zoni^>Ii- 
nctiHi  et  de  Vgotsa  ac  Hontensi  comitHttbuK  de  pracainiti  essent  Ia 
'  «sUf  tandem  in  confiniis  etiam  rcgni  et  quidem  in  genereletn eontit 
Guusam,  in  Egeme?  et  Sa.  Oroth,  in  generalatn  Jaorinenali  in  Tjktaj, 
VeMin»  Papa»  Vessprim,  Janrini  et  Comaromii;  in  generalatn  aatenum* 
tano  Leuae,  Carpoiiae  et  Fillekiiii;  in  generalatn  superioris  HungJtrisc 
hl  Putnok,  Onod,  äaendrO  et  Tokay;  trana  Tibiacnm  in  Sillo 
Szathm.ir.* 

*  Acta  cumitiorutu  iSupronenai  um,  6.  21ö  f.;  Katona,  4öy. 


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387 


Resolution  vom  9.  November  die  Eiiizelbestimmuageu  über  die 
coiifesaioiieUeii  Zugeständnisse.  ^ 

IX. 

Der  Oedenbnrger  Reichstag  hat  wohl  Ungarn  den  Frieden 
nicht  wiedergeben  können,  er  vermochte  nicht,  den  Protestan- 
tismus zu  befriedio;en,  aber  er  bewies  deutlich  genug,  dass 
Leopold  I.  mit  dem  Oetroi  gebroehcn  habe  und  in  die  früheren 
verfassungsmässigen  Hahnen  wieder  einlenke. 

Der  Wiener  Hof  mnsste  auch  den  loyal  gebliebenen  Un- 
garn diese  Gesinnung  an  den  Tag  legen,  denn  die  Gefahr 
stieg  ihm  sa  Häupten.  Das  Jahr  1682  sollte  eines  der  schwer- 
sten werden  and  noch  Schlimmeres  vorbereiten. 

Im  Mai  kommt  es  zu  den  Abmachungen  Tökolyi's  mit 
dem  Ofoer  Pascha.  Im  Vorgefühle  wachsender  Erfolge  beg(dit 
der  KuruzzcnRlrst  seine  Vermählung  mit  der  Witwe  Franz  Kii- 
koczy's  auf  dorn  Munkaeser  SchlDssc  (15.  Juni),*  und  der 
Wiener  Hof  lüsst  sich  dalx  i  durch  (»ciu  ral  Saponara  vertreten, 
um  jeden  Anlass  zur  Beschleunigung  des  liruches  zu  ver- 
meiden. 

Einen  Monat  später  erhebt  siehTökölyi  in  \\  ati'<;n.  Kr  rückt 
vor  Kaschau  und  erlässt  am  26.  Juli  aus  dem  Kriegslager  ein 
Hinifesty  worin  er  sein  Zusammengehen  mit  den  Tttrken  als 
Qebot  der  Kothwendigkeit  und  als  Bürgschaft  der  Freiheit 
Ungarns  zu  rechtfertigen  bemüht  ist.  Bald  erscheint  auch  die 
Kriegsschaar  des  Ofner  Vezierpasehas  vur  Kaschau  (11.  August  ), 
iiüd  die  Ansi  hliige  der  vereinigten  Gegner  auf  die  wichtige  Fe- 
stangsstadt üiiden  in  der  verbitterten  Stimmung  der  Bürgerschaft 

*  Cftrpiia  Juris  Hung.,  II.  Katnna,  a.  a.  O.,  S.  66«»  -671. 

*  Thaly,  II  RÄknc7.y  Ferencz  fojt'de'k'in  itjit.Mä^'.-i,  8.  24.  Vgl.  die  Auto- 
biographie Frau/  K}ik('>c^y'8  11.  unter  dem  Titel  ,Cr.iitt'ssiiini»s', 
beratisgegebeu  von  der  küuigl.  uugar.  Akademie  der  Wisjiousch.,  1H76, 
8. 6—7,  und  insbesoudero  die  bezeichnende  Stelle,  worin  der  Verdacht 
aoBgesprocheii  encbeiot»  cUiia  dem  Stiefvater  TOkOlyi  der  Tod  dm  na^ 
ba^iMniMi  Erben  Frans  lUköcsy  I>  und  Sofien»  Bitbory  willkommen  ge- 
««■en  wire«  (S.  8<->9) . . .  »saepe  enün  nnam  et  alteram  tentavit,  nt  me, 
«Uibo  Donmt  meae  snblato  et  retentia  «rcibna  et  fortaliciia  baere- 
ditario  jure  Domni  meae  app^tinenlibiu»  Begnnm  et  coionam  Hnn- 
{^ariae,  quam  affeetibnt,  aoBeqni  et  manutenere  poetet.  Eo  tendebant 
conaUarioram  ejua  conailia  . . .  qni  me  perditnm  enpiebant/  . .  • 


388 


den  envünschten  Verbündeten.  Kaschau  ftlllt  in  die  Hände  Tö- 
kölyi's,  (')nod,  Tokay,  Szendri),  Eperies  und  Leutschau  (Ifihen 
die  Thorc  den  Kum7/'Mi 

Von  Kaschau  breclien  TökOlyi  und  Ibrahim- Pascha  gegen 
Westungarn  auf.  Filek  kann  nicht  lange  widerstehen,  denn 
auch  die  siebenbllrgisclien  Sehaaren  fanden  sieh  ein.  Aber  mit 
dem  jSchlepptrliger  der  Türken',  mit  dem  ^Feinde  des  Vater- 
landes' wollte  Fileks  Vertheidiger,  Kohdry,  um  keinen  Preis 
jBusammen  gehen,  er  zog  es  vor,  als  Gefangener  nach  Man- 
kAcBf  dann  nach  UngvAr  und  Patak  zu  wandern.' 

19.  September  Hess  der  Vezierpascha  vor  dem  «er- 
störten Filek  den  Vertretern  der  dreizehn  Comitate  Oberungams 
die  Erhebung  TökOlyi's  znm  ^Könige'  verkünden  nnd  ging 
dann  nach  Ofen  zurück,  während  Tökölyi  die  Bergstädte  zu 
besetzen  sich  anschickte.  Bald  waren  die  Waaglinie  nnd  der 
Thallauf  der  Gran  den  Kuruszen  offen.  Im  Osten  behaupteten 
sich  die  Kaiserlichen  nur  in  wenden  Punkten. 

Wenn  Tökölyi  im  Spft^ahre  1682  durch  seine  Boten  Sur- 
maj  und  Jiinok;'  dem  Wiener  Hofe  einen  Waffenstillstand  an- 
tragen tiessy  so  hatte  er  hiefiir  seine  guten  Gründe.  Es  kam 
auch  zu  einer  TierwQchentlichen  Waffenruhe,  welche  der  Ku- 
ruzzenfürst  zur  Einberufung  der  oberungarischen  Stände  nach 
Kaschau  (12.  December)  benutzte. 

Dieser  Ständetag  fand  den  13.  Jänner  1683  sUtt,  und  be- 
zeichnend fUr  die  Selbstverleugnung  des  kaiserlichen  Hofes  ist 
die  Thatsache,  dass  Kaiser  Leopold  I.  kein  ausdrückliches  Ver- 
bot seiner  Beschickung  erliess.' 

X. 

Am  31.  März  1683  begann  das  riesige  TUrkenheer  unter 
der  Führung  des  Grossvezters  Kara  Mustafa  den  Ansmarsch 
nach  Ungarn,  und  Tökdlyi  durfte  nicht  säumen,  die  Ergebenheit 
eines  Vasallen  an  den  Tag  zu  legen.  Zu  TAllja,  in  der  Zem- 
pliner  Gespanschalt,  wohin  er  auf  den  26.  Mai  die  Stände 
Oberungams  einberufen,  liess  er  die  Phrase  aussprechen,  er 

'  Wa^rner,  Ilist.  T.iv.jioldi,  1,  673. 

«  Uml  ,   575.    Vpl.  Kntuna,  XXXV.  Hd.  zum  Jahre  1683;  S»alAy,  V, 
•244  1.;  Fe»8ler  Klein,  IV,  3y5— 396. 


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389 


ho;X^  die  feste  Hoffnung,  ,das8  der  Friede  zu  Stande  koniiiu'u 
\vordc',  aber  er  kehrte  zugleich  den  ^Herrn  und  Fürsten  des 
Landes^  herauf  * 

Anderseits  hatte  bereits  d(m  18.  Marz  der  Palatin  die 
Insurrection  aufgeboten;  was  lialf  dies  aber,  wenn,  wie  am 
30.  Juni  EfizterhAzjr  klagte,  Pressburg,  Trentschin  und  einen 
Th^  -von  Neutra  ausgenommen,  alle  Qespanscliaften  Ober- 
ongams  in  Tokölyi's  Gewalt  seien,  und  der  Türke  (in  dessen 
Lager  vor  Eesegg  10.  Juni  der  KumzzenfUrst  eingetroffen  war) 
alles  Gebiet  jenseits  der  Donau,  die  Gespansehaften  Wicscl- 
burg  und  Oedenburg  ausgenoniiiicn,  iilxTschwemmt  habe. 

T<ikülyi  nistete  alsbald  zum  An;i,rif]V  auf  Pro«sburg  und 
Tvrriau.  ]>*'V  Oomitatsadel  beeilte  sich,  von  Pöring  aus  dem 
Gewalthaber  des  Augenblicks  die  Huldigung  nn  zu  bieten  (1.  Juli); 
am  19.  war  Tymau,  den  26.  Juli  Pressburg  in  Tökölyi's  Gewalt. 

Doch  sollte  der  Knntzzenfbrst  den  Weg  nach  Gestenreich 
nicht  offen  finden.  Herzog  Karl  von  Lothringen,  der  kaiserliche 
Oeneralissimus,  dem  es  gelungen  war,  den  Anmarsch  der 
Türken  vor  Wien  thunlichst  zu  verzögern,  hatte  sich  dann, 
seiner  weiteren  grossen  Aufgabe  eingedenk,  in   das  Marehfeld 
gewendet  iiiul  hemmte  den  Siegeslauf  Tökülyi'b.    Mit  l*»ichter 
Mnlie  braehtt-  «  r  i'n  isbljur;^  wieder  in  die  fTPwalt  des  Kaisers 
und  nöthigte  den  KuruzzenfUrsten  und  seine  türkische  Hilfs- 
schaar^  zurückzuweichen.  Allerdings  brach  dann  wieder  Tökülyi 
TOT,  und  die  Flammen  von  Tjrnau  (8.  August),  das  sich  er^ 
geben  musste  und  seine  Verschonung  erkaufte,  um  schliesslich 
dennoch  einem  Schadenfeuer  zum  Gpfer  zu  fallen,  schienen 
eine  schlimme  Vorbedeutung  des  Geschickes  zu  sein,  dessen 
Ungarn  theilhaftig  werden  müsse.    Aber  den  Weg  Uber  die 
March  fand  Tökölyi  versperrt,  und   bald  traf  ihn  die  niedor- 
i-rhiih'tteriid»'  Nat-l!ri<'lit  von  der  Niedfrlage  des  TiirkcnlieerL-ö 
vor  Witu  (1:^.  Septembar  Die  grosse  Wendung  der  Dinge 

in  Ungarn  bereitet  sich  vor. 


*  8isUy,  V,  358  f.  (nscb  bittoriKhen  Aufxelchnungen). 


390 


B)  Die  katholische  6egeiirei'ormaüuu  uud  Uer  JebUiten- 

Orden. 

L 

Wenngleich  die  katholische  Gegenreformation  der  Jahre 
1670 — 1674  in  erster  Linie  den  ungarischen  Episcopat  als  Vor^ 
kämpfer  erscheinen  Utsst,  so  war  es  doch  im  Grossen  and 
*  Ganzen  die  VerwirkUchung  einer  Aufgabe,  die  der  Jesuiten- 
orden seit  seinem  Eintritte  in  Ungarn  yerfolgte,  das  kirch- 
hch-politische  Testament  Fizm&n*s,  der  auch  als  Primas  von 
dem  gleichen  Geiste  beseelt  blieb,  der  ihn  ab  Genossen  der 
Geselischaft  Jesu,  als  Rathgeber  des  Graner  Erzbisehofs  Franz 
Forg4cs  erfUIt  hatte. 

n. 

Niclits  kennzeichnet  die  SachUge  besser  als  jenes 
DUclilein  de»  streitbaren  Kirehenfiirsten  Georg  Bdrsony, 
Zipser  Prop:st('s  und  Titularbischof  von  Grosswardein,  das  unter 
dem  Titel:  ,Veritiis  toti  mundo  declarata*  (, Wahrheit,  der  ganzen 
Welt  dargrtlum'):  ,die  k.  k.  Majestät  sei  zur  Duldung  der  Lu- 
theraner und  Calviner  nicht  verpflichtet',  im  Jahre  1671  er- 
schien und  nachstehenden  Anschauungen  den  schär&ten  Aus- 
druck lieh:  ^ 

L  Die  k.  k.  Majestät  sei  zur  Duldung  der  lutherischen 
und  calvinischen  Secte  nicht  verpflichtet,  da  der  Wiener 
Friedenstractat  (1606)  auf  Andringen  Bocskay's  zu  Stande  ge- 
kommen sei,  und  einige  später  hinzugefügte  Bestimmungen 
keine  Geltung  hätten,  anderseits  die  vorgenannten  Sectirer  die 
darin  enthaltenen  Bedingungen  nicht  einhielten,  und  dieser 
FriedensschluBS  unter  einer  unmöglichen,  daher  den  Vertrag 
naturgcmäss  störenden  Voraussetzung  erfolgte,  so  zwar,  dass 
wenn  ihn  auch  ihrerseits  die  Sectirer  erfreu  wtlrden  und  der 
Vertrag  an  sich,  d.  h.  nach  seiner  Wesenheit  und  seinem 
Gegenstande  giltig  wäre,  er  doch  bei  Abgang  der  angestrebten 


,^'oritaH  toti  inuiido  »U-clarnta  sacram  Cjicoareain  rppiain<jin'  inaii'.'it.itcin 
nou  obligari  ad  toleraudo»  in  Uugaria  Lutherauus  ot  CHlviaistaä'  .  .  . 
1671,  1672  (4^  20  88.),  auch  in  deutadier  Sprache  enehienea. 


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391 


Znstimmaiig  (des  katholischen  Thcilos)  ungiltig  und  nichtig  sei. 
Diese  ,unmö^Uche*  Voraussetzung  tindc  sieh  in  der  ClauBel 
,ohne  Nachtheil  für  die  römisch-katholische  Kirche'  (sine  danmo 
ecclesiac  catholicac). 

Aach  lültte  sich  der  Protestantismus  an  die  zweite  Be- 
dinpinsr  des  Wiener  Friedens:  Clerus  und  Kirchen  des  römisch- 
katholischen  Bekenntnisses  sollten  unversehrt  und  im  Genüsse 
der  vollen  Freiheit  bleiben,  ebensowenig  als  an  die  Forderung 
gehalten,  dass  das  in  jenen  Wirren  occupirte  Kirchengut  zurück- 
gestellt Averdo. 

II.  Die  k.  k.  Majestät  sei  zur  Beobachtung  von  Reichs- 
artikeln keineswegs  verpflichtet,  welche  nicht  auf  der  Zustim- 
mung und  einhelligen  Beschiussfassung  der  vier  Reichsstände 
beruhten.  Da  sich  dies  bezüglich  der  Artikel  zu  Gunsten  des 
lutfaeriscben  und  calyinischen  Glaubens  thatsftchlich  so  ver- 
halte, entfalle  auch  für  die  Krone  jedweder  Rechtszwang. 

m.  Wenn  die  Oalviner  und  Lutheraner  in  Ungarn  der 
Duldung  theilhaftig  sein  sollten,  so  konnte  dies  nur  eintreten, 
wenn  die  Calyiner  sich  an  die  helvetische,  die  Lutheraner  an 
die  augsbuigiscbe  Confession  halten  wUrden.  Da  dies  aber  bei 
den  Calvinern  und  Lutheranern  in  Ungarn  der  Fall  nicht  sei, 
jene  Reicbsartikel  zu  ihren  Gkmsten  hinwieder  nur  von  einer 
helvetischen  und  augsbnrgbchen  Confession  handelen,  so  hätten 
weder  Calviner  noch  Lutheraner  in  Ungarn  Anspruch  auf 
Duldung. 

Es  war  allerdings  nicht  sonderlich  schwierig,  die  Schwächen 
der  Syllu^^istik  Birsuiiy\s  herauszufinden,  wie  dies  auch  sein 
gleichzeitiger  Gegner,  der  Verfasser  des  gleichfalls  niehts  weniger 
als  zahmen  Btlchleins:  ,Die  der  ganzen  Welt  dargelegte  Falsch- 
heit*' ...  als  Vertheidiger  des  ungarischen  Fh)te8tantenthums 
beider  Bekenntnisse  nicht  ganz  ohne  Glück  versuchte.* 

*  jFalKitas  veritatis  loti  mundo  declar.nta'  .  .  .  (der  anonyme  Verfasser  war 
ein  Prufe.«i»<»r  der  Säros  Tatakor  Calviuur-Uuclisckule).  Vgl.  lIurHuyi« 
Memoria  Huug.,  ...  1,  122—126. 

'  Q«geii  ihn  and  fttr  BAnony  trat  sur  Zeit  des  Oedenbnrger  Reicha- 
tagM  (1S81)  ans  den  Bethen  de*  Jeenitenordeui  ein  Verfechter  de« 
Katholit'ismua  mit  einem  ziemlich  nmfaugrciclien  Büchlein  anf  Unter 
dt'in  Tift'I:  ,Verita«  toti  nminii»  d  i- c  1  a r.i ta  .  .  .  anthnri'  iirimum  revcreiv- 
dimmu  Domino,  Domino  Gfnririn  Harsoiiy  .  .  .  impugnata  deimU'  ali  han- 
reticü  t^uodmu  Prot^tantium  tautoru  sed  praosoutl  iicripto  vindicata 


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m 

Immerhin  liirlt  der  (laiii:ili<j:c  Kpiscnpat.  der  aus  den  Zeiten 
PjlzmrlTi's  li('rvi»ri^<'i:ajmTn  war  und  vor/n^sweisL'  dio  .Ic.^niten 
zu  Lidirerii  hatte,  die  Logik  Bärsony's  fest,  nnd  dieser  blieb 
unentwi'2rt  in  seinem  Ketzerliasse.  als  ihm  nach  dem  Tode  des 
Erlaner  Tilularbischofs  Leonhard  .Szegedy,  des  Gönners  der 
Kaschaiier  Jesuiten,  diese  Würde  zufiel.*  Koch  in  seinem  Todes- 
jahre 1()78  erstattete  Bdrsony  ein  Gutachten  für  die  Krono, 
worin  er  als  einzigen  Weg  zum  Heile  die  Verbannung  der  pro- 
testantischen Geistlichkeit  vorschlug  nnd  anpries.*  Auch  sein 
Nachfolger  in  der  Würde  eines  Erlauer  BischofS|  Graf  Ferdi- 
nand Fälfij,  zählte  zu  den  Eiferern  im  ,marianischen  Keiche', 
wie  er  Ungarn  mit  besonderer  Vorliebe  bezeichnete,  und  sa 
den  Gönnern  des  Ordens.^ 

III. 

Die  Jahresberichte  der  österreichischen  ^)rden8provinz 
kennzeichnen  seit  1(>71  vor  Allem  die  Thiltigkeit  der  GeseU- 
Bchaft  JesUi  um  dem  Protestantismus  in  jeder  Richtung  Boden 
abzugewinnen,  denn  die  Zeitkge  erwies  sich  glinstiger  ab  je. 

Bevor  wir  den  Weg  durch  Ungarn  nehmen,  um  der  9rt* 
liehen  Zustände  des  Glaubenswesens  und  der  Erfolge  des  Ordens 
im  Eänselnen  zu  gedenken,  sei  nur  im  Allgemeinen  bemerkt^ 
dass  die  Buchftihmng  Uber  Bekehrungen  da  und  dort  namhafte 
Ergebnisse  verzeichnet,*  und  dass  die  allerdings  seltenen  Glaubens- 
wechsel protestantischer  Geistlichkeit  vor  Allem  mit  merklicher 
Ausführlichkeit  besprochen  werden.  Ycrhältnissmässig  am  be- 
deutendsten war  dio  bezQglicho  Bernte  im  Jahre  1674. 

Dem  Kammergrafen  Bischof  Kollonitscb  gelang  es,  den 
Prediger  des  Marktes  Sommerein  sammt  Frau  und  fünf  Kindern 
dem  Schoose  der  römischen  Kirche  zuzuAlhren.^  Nachdem  der 

per  Catholicum  Pa«  !>.  I'afri.u'.  Majcstali.«  (';ips;imu»  Hc^'iaoqii»»  et  nxiti- 
ijuae  rt'lijrifiriis  ('.-itlinlitatJ  HC  Hiuiparii'.'it'  >tuili"Mnii.  snb  ip^is  cinii- 
tiis  Sopronion.Hi  bus  an  Iii  IGöl,'  1-  ,  22  4  88.  \^Tyniauer  Druck,  go- 
lf>gentUcli  einer  thecilogidchen  Promotion  rom  Jahn  1787.) 

>  Vgl.  Katona,  XXXtV,  237  f. 

*  Ka>7,  Hist.  Hang.,  III.  A.  xnm  Jahre  1678,  8.         und  (Cornelius), 
Fratrm.  hist.  Huuf;  (Abtü  IV,  1743),  S.  11  f.  Vgl.  o.  AiMchn.  A),  IV. 

3  (CornoliuH).  a.  a.  O,,  Ü.  U-ib. 

*  a.  Aulianjr  Nr.  II. 

>  S.  dArUber  die  Litt.  auu.  iS.  J.  Prov.  Auflir.  a.  «.  1674. 


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m 


Convertit,  eine  brennende  Korzo  tragend,  das  katholisclie 
Glauhensbekenntniss  abgelegt,  muclitc  er  in  der  Kiiclie  die 
Runde,  um  AliiK  srii  fllr  sieh  und  die  Seinigi'ii  in  ein  silljernes 
Becken  einzusammeln.  Um  das  Krtriigniös  zu  vergrössern.  nahm 
der  Bisrliof  selbst  das  Becken  zur  Haud  und  liesb  es  mit 
iroujuueii  ijpcuden  ftillen,* 

Bedeutsamer  ersehien  die  Bekclirung  eines  calvinisrlu  n 
Predigers  aus  Säros-Patak,  der,  zu  Dresden,  Leipzig,  Grönii  L':« 
Utrecht  und  Leydcn  geseliult,  des  Ungarisclien,  Slavischeu,  der 
lateinischen,  griecliisehen,  hebräischen  ujul  arabischen  Sprache 
mächtig  gewesen  sei  und  trotz  des  Ansehens  eines  Coeecjus,* 
den  die  Calviner  die  ,8onne  seines  Jalu-lninderts'  zu  nennen 
beliebten,  durch  das  Buch  des  Jesuiten  P.  Becanus:  ^  ,l)e  fide 
controversiis*  auf  den  rechten  Weg  gebracht,  dem  Erzbischof 
von  Kalocsa*  seinen  üebertritt  zum  Katholicisraus  versprach 
und  im  JesuitencoUegium  zu  Wien  der  gründlichen  Belehrung 
theilhaf^  geworden,  am  12,  Juli  (1674)  das  fiekenntniss  öffentlich 
abgelegt  habe. 

Noch  höher  musste  man  den  Glaubenswechsel  des  ,be- 
rilhmten  Lutheraners'  Adam  Lassius  anschlagen,  den  einst 
Graf  Stefan  Csaky  an  die  Wittenberger  Hochschale  sandte  und 
der,  des  Deutsehen,  Lateinischen,  Magyarischen,  Griechischen  und 
Hebräischen  kundig,  an  der  £perieser  Protestantenschule  wirkte,^ 


'  Litt.  nm.  S.  J.  Pn>T.  A     r.  a.  a.  1674. 

*  CoccejM««  Johanne?«,  f  fj.  NovcniTuT  infiO,  ein  beiloiitfiidpr  protestautiMcher 
Thfolo^»',  8<ihn  (li's  Bremer  s»,-i<lt«irlu».>ibers  Theodor  Kucli,  PrniV.'isor  xu 
Franuker  in  WestiViosland,  d:i,uu  211  Leiden.  Vgl.  über  ihn  iiuppe. 
Die  Dognuktik  d«s  deatuhen  ProtMtimtumiUi,  I,  188—804,  nnd  Minen 
AnfMti  in  der  Allgemeinen  dentschen  Biographie,  IV  (1876)»  376—378. 

'  Martin  Verbeeck  oder  Tan  der  Beock,  Uecanus,  geb.  eu  Hilverenbeeck  in 
Nordbrabant,  seit  1583  dem  Jesaitenorden  au^h((rend,  wirkte  an  den 
Universitäten  zu  Mainz,  W(irzl>nrg-  und  Wien  und  bekleidete  die  Stelle 
eines  Beichtvaters  Kaiser»  Ferdinand  II.,  in  welcher  Eigenschaft  ihm 
(t  24.  Jlnner  1624)  Laniomiatn  folgte.  Seine  vorzugsweise  controversi* 
sCisehen  Schriften  venraidinet  Baeker  in  aeiner  Bibt.  dee  torivains  de 
ta  Comp,  de  J^i,  I,  55  f.  TgL  aveh  Dndik,  Cbnespendems  Kaisera 
Ferdinand  II.  und  seiner  Familie  mit  P.  Martin  Bocanus  und  P.  Wilh. 
LiBmormain  im  AnduT  fttr  Ostecr.  Geflchicbtsqnellen,  Wien,  54.  Bd. 
(1876). 

*  Georg  (IV.)  Szechdnyi  (16^8— 1686). 

*  Luelne  odorLnains  warProf««or  der  Beredsamkeit  an  der  Bperieaer 
AJudemittf  iMTor  er  nack  Afra  sa  den  Hof  SteAn  TskQlyi^s  alt  Bnig- 

AmUt.  LXIZ.  B4.  n.  OUfte.  M 


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394 


dann  zu  dem  Vater  Emerich  Tökölyi's,  Grafen  Stefan,  als  Hans- 
geistlicher  kam  und  in  der  Festung  Arva  nach  dem  Ableben 
seines  Gönners  mit  anderen  Glaubensgenossen  in  die  TTilnde 
der  Kaisorlichen  fiel.  Freigegeben,  empfand  er  die  wachsende 
Hiniif  lu un:^  Äum  Kntl  olicismus,  und  obschou  er  in  Schlesien 
von  seinen  Verwandten  zur  Uebcrnahme  eines  lutherischen 
Kectorates  aufgefordert  wurde,  kehrte  er  dennoch  nach  Ungarn 
mit  dem  festen  Vorsatze,  kathoh'sch  zu  werden,  zurtiek,  stellte 
sich  dem  Priiuas  vor  und  vollzog  dann  in  Wien  den  Glaubeu»- 
wechsel. 

Der  Ürdensbericht  der  österreichiselicn  (und  ungarischen) 
Provinz  gesteht  allerdings  ein,  weshalb  um  das  Jahr  1G74  die 
,fröhliche  Ernte'  der  Bekelirungsarheit  so  reichhch  entsprochen 
habe :  Die  ,Prädicanten*  mussten  aus  den  verschiedenen  Städten 
und  Märkten  weichen.  Lange  hätten  sie  , hartnäckigen  Wider- 
stand geleistet'.  ,In  diesem  Jahre  jedoch,  wurde  zum  riesigen 
Vortheile  der  katholischen  Frömmigkeit  jene  Pest  von  Strölchen 
aus  dem  apostoHschen  Reiche  gänzlich  verdrängt  und  ausge- 
trieben,' ^  was  längst  von  frommen  Wünschen  ersehnt,  dennoch 
aber  nicht  aagehofft  werden  durfte. 


C)  Die  (Ertlichen  Gcschfeke  des  Kirche invetücus  und  der 

Jesuitenorden. 

I.  Pressbnrg. 

Unter  den  Deutschstädten  Westungams  ward  Press- 
burg, woselbst  trotz  der  früheren  Einbürgerung  der  Jesuiten 
als  CoUegium  die  Bürgerschaft  in  ihrem  Kerne  protestantisch 
blieb,  von  den  Folgen  des  ßeweguugsjahres  1670  zunächst 
heiingesacht^  £s  schien  für  den  Akathoiicisnras  alihter  yon 

pfarrer  abging.  8.  Fab6,  Monum.  evangel.,  III,  84.  Die  Bekehrung 
venelohnen  die  UlL 

*  Litt  aniL  S.  J.  Prov.  Autte.  e.  a.  1674. 

•  Vgl.  über  das  Weitere  ausser  den  Litt.  ana.  S.  J.  Prov.  Austr.,  seit 
1670  .  .  .  (Cornolitis)  Frnfrm.  hiat.  Hung.,  seit  1067  >^  ls2ff., 
von  protestaTitischer  Suite  die  Zeitgenossen:  Job.  Li  eh  ergo  tt,  Tagübuch 
von  der  Wuguabiuu  der  evangelischen  Kirchen  \md  Schulen  im  Jahre 
1679,  hersiugegeben  im  Jslim  IMl  (Preashiug)  und  Rajminnd  Bi- 
mnndtts,  »Von  der  Prenboiger  Kirohen«  nnd  Sehiilverliuf  (167S). 


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395 

• 

schliiunistei-  Vorbcdeutunir,  daas  alsbald  die  kaiserliclu'ii  Com- 
inissäre,  CJnif  .lolmnues  liottal  und  Graf  Heister,  dw  kaiser- 
liche General,  in  IVessbiirg  eintrafen^  und  der  köni^liehe  Pro- 
curator  jene  Aukia^j^en  wider  dreihundert  Adelige,  fast  durchwegs 
Protestanten,  erhob,  die  mit  der  Verurtheilung  zum  Gutervor- 
lust  zur  Kerkerlmft,  zur  Verbanuiuig  und  auch  zur  iiaurichtung 
schlössen. 

Dass  ein  ,ketzeri8cher  Drucker'  in  Pressburg  aus  Anlass 
der  Enthaujjtung  Nddasdy's  ein  Marienlied  anzügh'chen  Inhalts 
veröffentlichte  und  dann,  katiioiisch  geworden,  nach  Tyrnau 
übersiedelte,  zahlte  wohl  auch  zu  den  Ertoliren,  deren  bich  die 
Jesuiten  rühmten.  Man  batt*»  damals  das  Pressburger  Collegium 
von  Tyrnau  aus  verstärkt,  um  aul'  die  zum  Tode  Verurtb«M!ten 
bekehrend  einzuwirken,  und  zweier  voü  üiueu,  des  Franz  liuuis 
und  des  Andreas  Nagy  de  FUged,  gedenken  sie  lobend  als 
Proselyten. 

Die  eigentliche  Gefalu-  für  den  Protestantismus  bescheerte 
jedoch  das  Jahr  1672,  da  nun  der  Hauptsclilag  wider  die 
deutsche  Kirehe  di  r  Presshur^^er  Protestanten  «jeführt  wurde. 
Seit  VAzmAn  hatten  die  Graner  Kirehenfiirsten  geilen  ihren  Be- 
staun! freeifert  und  nicht  minder  die  mit  ihr  vcritandc'nc  Prote- 
stant«'n.seliul('  ani^cfoehten,  schon  zur  Zeit,  als  die  Bürj^'rrschaft  den 
Bau  in  Au«rrill  nahm,  und  noch  melir  dann,  als  ertrotz  dcr(ie£^en- 
mandate  Ferdinands  Ii.  und  seines  Nn  eh  folgers  vollendet  wurde. 

Die  Berathungen  der  Vordermänner  der  evangelischen 
Gemeinde  erregten  durch  ihre  mit  Ausschlug  der  Frauen  und 
Minderjährigen  in  der  Kirche  abgehaltenen  Berathungen  den 
Verdacht,  dass  es  sich  um  eine  Verschwörung  handle.  Primas 
Szclepcsenyi  als  ,Locumtenens*  beeilte  sieh,  Anfangs  F'ebruar 
darch  den  Waitzncr  und  Fünfkirehner  Bisehof  verkündigen  zu 
lassen,  dass  die  Prot^süinten  das  auf  küuiglichem  und  erz- 
bisehOflichem  Grunde  widerrechtlich  Erbaute  zu  räumen  hätten. 
Dagegen  sträubten  sich  nun  entschieden  die  evangelischen 
Gemeindegenossen,  und  die  wachsende  Verwicklung  der  Ange- 
legenheit ftihrtc  zu  einem  förmlichen  Stadtkriege,  in  welchem 
die  £vangelischen  sich  zum  Schutze  der  Kirche  imd  des 
ClTmnasiumB  schlecht  und  recht  waffneten  und  auch  von  den 
Frauen  hiebei  unterstützt  wurden  (März). 

Ueberdies  gaben  die  aus  Wien  zurückkehrenden  Send- 
Voten  der  Protestanten  an:  der  Kaiser  wisse  nichts  von  den 

86« 


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396 

Vorgängen  in  Pressburg,  die  Anschlage  aul  das  (Jyinnasium 
seien  ein  Werk  der  ,katliuliselii'n  PtatVon*.  Da  If^ten  bieli  der 
Primas  Szelepcs^nyi  und  der  Kammergrut  Bisriioi"  Kollonitsi'h 
ins  Mittel  und  erlangten  mit  leichter  Mühe  ein  kaiserliehos 
Mandat,  daa  dem  (Irafcn  Nigrelli  auftrug,  mit  vier  Compagnit  ii 
des  llciblcr  scheu  iiml  Pio'schen  Hegimentes  einzuschreiten.  1  )ir 
Soldateska  besetzt  die  Stadt,  worauf  «'in  ausserordentlicher  (te- 
riehtshof  zu  Tyrnau  über  die  Kadelst'ührer  des  Pressburger 
Aufstandes  die  Todepstrai'e  aiisspneht.  Virr  der  vorgeladenen 
Protestanten  werden  freige<ri  l)rii  und  nach  Pressburg  zurück- 
gesendet^ um  die  Oomeindi/  willtahiig  zu  machen,  nbrr  ohne 
Erfolg.  Ancli  Kolloiiitseh,  mit  starkem  Priestergefolge  aus  Tyr- 
nau herbeieilend,  vermochte  nicht  die  Heransgabe  der  Kirchen-  r 
Schlüssel  zu  eiwirken,  und  Primas  Szelepcsenyi  musste  in 
Wien  so  manches  herbe  Wort  über  das  Unzeitgemässe  von 
Zwangsiiiassiegeln  vernehmen.  Doch  gelang  es  seinem  Ein- 
flüsse und  dem  Drängen  des  Kammergrafen  Bischof  KoUonitseh, 
ein  neues  kaiserliches  ^landat  herauszuschlagen,  wonach 
die  unweigerliche  Uebergabe  der  Kirche  und  Sehlde  statt- 
finden und  die  Todesstraie  in  Q Uterverlust  verwandelt  wer- 
den sollte. 

Den  18.  Juni  rücken  in  aller  Stille  sechs  Compagnien 
ein,  consigniren  die  BUfger  und  stellen  sich  dem  Bischof  KoUo- 
nitseh zur  Verfügung.  Da  nichtsdestoweniger  die  Kirchen- 
Bchlttssel  vorenthalten  wurden,  so  blieb  nichts  Anderes  übrig, 
als  unter  Geschrei  und  Verwünschungen  der  (ivangelischen 
Bevölkerung  die  Kirchenthür  zu  erbrechen.  So  betrat  man  in 
langem  Zuge  zuerst  das  Gymnasium,  dann  die  Kirche  und 
nahm  von  Beiden  Besitz.  (Jleiehes  verhUngte  der  Fiscus 
Uber  die  Häuser  KÄdasdy's  und  der  Bttiger:  Fischer,  Kamer 
und  Auer. 

Den  7.  August  mussten  die  protestantischen  Frediger  mit 
Weib  und  Kind  abziehen,  und  einen  Monat  später  wurde  die 
evangelische  Kirche  der  Deutschen  vom  Primas,  die  der  Ma- 
gyaren von  KoUonitseh  für  den  katholischen  (lottesdienst  neu 
eingewebt.  Die  deutsche  Kirche  samrat  dem  Gymnasium  der 
Protestanten  ttbeigingen  in  die  Verwaltnng  der  Jesuiten,  und 
so  gestaltete  sich  das  confessioneUe  Gepräge  der  Stadt  äussere 
Kch  anders,  wenn  auch  die  (Besinnung  der  protestantischen 
Bttrger  unentwegt  blieb. 


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897 


IL  Oedeiiburg. 

Einen  nicht  minder  durch^^roif  .  jidiMi  Wechsel  des  Geschickes 
zeigen  —  und  zwar  unter  hi  t'ti^jtai  Krisen  —  die  (ilaubens/^usLände 
der  Schwesterstadt  Oed en bürg ^  seit  1  <??!:?.  • 

1G3G  hatte  der  Jesiuitenordenj  dank  dei'  Gönnerschaft  des 
Kaaber  Rischofs  Georg  Draskovich, *  in  Oedenl)urg,  der  pro- 
testantischen StAdt  deutschon  (Te])r;lge8,  nicht  ohne  Schwierig- 
keiten Jiodeu  gcfasst.  und  durch  die  Schenkung  der  gewesenen 
Cisterzienseraljtui  Peniau  i  lNinu'O^  gewann  sein  Bestand  eine 
willkomniem;  raatericUc  Frn-dfiung.  Immerhin  konnte  seine 
Thiitigkf'ii  keine  tieleren  \\'ur/,(  ln  schlagen,  da  die  evangelische 
Bevölkerung,  Ratli  und  Gemeinde,  den  passiven  Widerstand 
^ufrechthielt. 

Anders  iiiu.->ste  es  soit  1672  konimon,  denn  die  confcssio- 
nellc  Politik  des  Wiener  TTnfes,  vor  Allen  von  dem  Pressburger 
Kararaerpräses,  Hiseliuf  K  II ouitseh,  auf  das  Entschiedenste  ver- 
treten, zog  auch  Ucdenburg  in  das  Bereich  der  Katholisirungs- 
maftsregeln. 

Am  (jleorgstage  1672  rn^chienen  als  Ueberbringer  eines 
kaiscrlielien  Mandates  Biscliof  Kollonifsrh  und  Paul  Eszterh.-i'zy * 
mit  dem  uiu*rfreuli(dien  HV^M'hren,  dass  der  halbe  Rath  der 
Stadt  mit  Katholiken  brset/.t*  werde.  Diefimal  mussten  sie  aller- 
dings unverhcbteter  Sache  absieben. 


*  Darüber  f^'mä  von  dorLT  Au^fmuliclikoif  tlio  Litt.  ann.  8.  .T.  Prov. 
An  Str.  n  a.  und  öiii«-»villkoiiimeiio  Erpniizuug  bietet  d.ns  sfhr  um- 
stäudlich  erBäUloiidii  Tagebuch  de»  ZHitgeuossen  Jokanues  THchany,  pro- 
tectautiaelifiii  Bürgers  von  Oedenbuig,  antor  dem  Tital:  «VeriaieliBiiB 
Etlicher  Historien,  «o  vön  deti  1670  Jahr  her  geschehen  Ihn  den 
KSnigreich  Ungarn  und  aheonderlich  boy  nii«er  Stath  Oedeubnrg,  welche 
ich  Hanns  Tschany  %ur  sonderlichen  Nachrieht  den  NachkOiuUngen  hab 
auffgenchriben;'  heran«i|re^'*hf'n  von  .T.  Paar  im  Magyar  tr.rf.  tÄr .  ß.  Bd. 
(IH&d),  S.  17—220;  die  Chronik  reicht  bis  Ende  170H  und  ist  gerade  filr 
den  in  Rede  stehenden  Zeitraum  ungemein  detailreich.  Ueber  die 
Bealtsrerhlltnisie  der  Jeaniten  in  Oedenfani^  a.  Kupp,  Magyaronw. 
helyrajai  tOrt^nete,  I,  MB— 618 

«  1635—1661. 

*  Abb  8  Marg.  de  Poroo-Beman,  tu  d.  Piaka,  im  Eiaenboiger  Gomitate, 

gegniiKlt't  vor  1'23S. 

*  Tschany  spricht  iy  21  vom  »Kroisabockerische«  pischoff", 
womit  wohl  Kollonitsch  als  Bischof  von  Wiener- Nenatadt  gentinl 
•ein  wird. 


398 


Kollonitsch  erneuerte  aber  bald  {20.  Juni)  seine  Sendung 
im  Gefolge  des  vorgenannten  Magnaten,  unterscliiedlicher  ka- 
tholischer Geistlichen  und  Kammerherren.  Der  Rath  und  alle 
EhrenUmter  sollen  zwischen  beiden  Bekenntnissen  getheilt  wer- 
den. Zur  Sühne  für  ihr  hartnäckiges  Abwehren  der  KathoHschen 
müsse  die  Stadt  eine  jÄh fliehe  Strnfsiunme  von  2fHK)  Guldeu 
entrichten,  und  zwar  vom  Jahre  1609  an  gerechnet.  Allerdings 
wurde  von  dieser  harten  Busse  im  Gnadenwege  etwas  nach- 
gelassen. 

Noch  trilber  sollte  sich  aber  für  die  Oedenburger  der 
Jahresschluss  1673  und  das  n&chste  Frühjahr  1674  gestalten. 
Hier  setzt  der  Ordensbericbt  ausführlich  ein  und  ihm  geben 
wir  das  Wort. 

Zunächst  wird  der  löbliche  Eifer  des  Raaber  Bischofs 
Georg  Szechenyi  ^  gerUlmitj  der  zufolge  der  kaiserUchen  Man- 
date und  von  eigenem  Reformdrange  beseelt  die  Sprcngelgcbiete 
von  Stuhlweissenburg,  Rechiiitx..  Piukaleld,  Körmönd,  Bük  und 
Güns  durchzogen,  mit  Hilfe  von  Soldaten  an  achtzig  Piil- 
dicanten  vertrieben  und  die  seit  huncU  rt  .lalnvn  den  Ket/i  rn 
verfallenen  Kirchen  wieder  zurückerobert  li.ilje.  Ks  gult  nun 
Oedenburg,  die  Zullucliltitättc  der  Ketzerei,  von  dieser  ,Pest* 
frei  zu  machen, 

Szf^chonyi  reiste  nach  Wien  und  erlangte  die  kaiserliche 
Weisung,  wonach  die  Stadt  und  die  ihr  zugehörigen  Dörfer 
bei  Strafe  kaiserlicher  Fnjrnade  den  Sprengelbischof  zur  Kirchen- 
visitation zuzulassen  und  ihm  die  mit  den  Gotteshäusern  ver- 
bundenen Kinklinfte,  Schätze  und  sonstigen  Besitzgegenstände 
auszuliefern  hätten. 

Kollonitsch  hatte  bereits  yoigearbeitet.  Er  war  wieder  am 
Georgstage  (1673)  in  Oedenburg  eingetroffen,  setzte  den  bisherigen 
evangelischen  Stadtrichter  Johann  Serpilius  ab  und  bestellte 
zu  seinem  Nachfolger  den  Katholiken  Mathias  Preiner,  der  auf 
dem  Rathhause  als  NichtbOrger  zuerst  den  Btti^ereid  ablegen 
musste,  bcTor  man  ihm  das  ^Scepter^  übergab.'  Tags  darauf 
wurden  die  Besetzungen  des  Rathes  und  anderer  Stadtämter 
mit  Katholischen  voi^enommen. 


"  Georg  (VI.)  166S— 1686. 
■  Taeb«n7,     s.  O..  S.  85. 


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S99 


lI»'l)or(lies  -  erzählt  weit(;r  der  Ürdensberieht  —  erlangte 
Szecseuyi  eine  Vollmacht  beim  Hofkricgsrathe.  derzufoige  ihm 
das  Kegiment  Wopping  zur  Unterstützung  beigegeben  ward. 
Mit  militäriscbor  IMacht  tarieb  er  nun  die  Pastoren  aus  der  Um- 
gebung Oedcuburgs. 

Am  23.  Dectinber  1073  (M'scliicii  (Ut  KuThcnfiirst  mit 
seinem  Soldntenf^'ei'olge  vor  ( )('d(!nl)urg  sen)st.  Die  Stadtthore 
bleibe]!  jedoch  verscidossen,  und  die  unwillkommenen  (iäste 
müssen  zweieinviertel  Stunden  unter  freiem  Himmel  warten,  was 
den  Aerger  des  Kirchenftirsten  über  eine  solche  Behandlung 
erregte.  Endlich  zeigten  sich  der  Bürgermeister  und  Stadtrichter 
am  Thore,  begrüssten  höflich  die  Ankommenden  und  geleiteten 
sie  in  die  Stadt.  Die  Soldaten  aber  mussten  draussen  bleiben, 
indem  man  nur  die  beiden  Obersten  cinlttsst.  Alsbald  wurde 
der  Rector  des  Üedenburger  Jesuiten eolleginma  zur  Besprcchimg 
enlboten  und  mit  beiden  Militärbefehlababeru  der  groBse  Glaubens- 
sweck  verhandelt 

Die  Glauben sconunttsion  besehliesst,  in  aller  Stille  vorzn- 
gehcn.  Als  sich  der  gesammte  Rath  der  Stadt  in  Folge  der 
Vorladung  eingefunden,  wird  ihm  das  kaiserliche  Decret  vor- 
gewiesen. Der  Bürgermeister  kttsete  es  ehrfurchtsvoll,  las  ei 
mit  lauter  Stimme  den  Anderen  vor  und  htodigte  es  wieder 
dem  Bischof  ein.  Der  liath  begab  eich  dann  in  das  Stadthaus 
zurück,  um  über  die  Antwort  einig  zu  werden.  Dann  gaben 
sie  vor  dem  Bischof  nachstehende  Erklttnmg  ab:  Sie  lassen  die 
Kirchenvisitation  zn^  aber  erst  nach  den  Feiertagen.  Niemals 
seien  sie  bisher  hiezu  aufgefordert  worden.  Da  sie  bereit  seien, 
zu  gehorchen,  bedürfe  es  der  Soldaten  nicht,  die  man  auch  nicht 
in  die  Vorstadt  einlassen  würde,  da  dies  dem  Freithum  und 
der  Schuldlosigkeit  der  Stadt  widerstritte.  Sie  blieben  auch  trots 
dreimaliger  Aufforderung  bei  diesem  Entschlüsse. 

Während  sich  all  dies  abspielte,  hatten  die  Soldaten  Yor 
der  Stadt  sieben  Stunden  in  der  Kälte  subringen  mUsaen.  Dem 
Bischof  reiset  nun  die  Geduld,  und  er  lässt  die  Mannsdiaft  durch 
ihre  Befehlshaber  snm  £inrttcken  in  die  Stadt  aufinahnen.  Ge- 
sagt, gethan;  die  Soldaten  reissen  das  Vorstadtthor  aus  den 
Angeln  und  dringen  in  hellen  Haufen  ein.  Die  Bürgerschaft 
bewafihet  sich  eiligst,  ein  Theil  wirft  sich  den  Soldaten  ent- 
g^^n,  ein  anderer  besetzt  den  Friedhof  und  die  St.  Micluiels- 
kirche;  die  Einen  richten  ihre  Büchsen  auf  die  Of&ciere  an 


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400 


der  8pit/.c  der  Mannschaft,  die  Anderen  muntei  u  sich  gegen- 
seitig auf,  die  kaiscrliclien  Kricgsleute  nicderzumaehcn. 

Doch  kam  es  nicht  zum  Blutvergiesscii,  indem  sich  das 
KriogsvolU  inmitten  di.s  Aufruhrs  ,sehr  bescheiden,  aber  ohne 
Furelit'  voi  wüi  tsbewcgte.  Man  kommt  ans  Thor  der  inneren 
Stiidt.  Als  diuch  dasselbe  der  erste  Officicr  mit  zehn  Gemeinen 
eindrang,  ohne  auf  eine  Wache  zu  stossen  —  das  \'eli<  lialte 
sieli  hinter  dem  Tliore  angesammelt  —  wurde  din  Zugbrücke 
aufgezogen  und  die  übrige  Mannschaft  ausgeschlossen.  Das 
vereitelte  die  Ansehlage  der  Soldaten;  sie  gericthen  daher  auch 
in  A\  utli  und  wollten  gewaltsamer  aufbieten;  der  Bischof  hielt 
sie  jedoch  davon  ab,  und  so  bezogen  sie  ihre  früheren  Quar- 
tiere. .Und  also  wurde  die  Ausführung  eines  so  heilsamen 
Werkes  uiilerbroehen,  ohne  jedoch  ganz  aufgelassen  zu  werden/ 

Denn  die  g<*gen  den  Befehl  und  die  Mihz  des  Kaisers 
und  wider  die  Person  des  Kirchenfürsten  verübten  Unbilden 
schienen  den  Stoff  /.u  einer  derart  griindÜeheu  Anklage  darzu- 
bieten, dass  man  ohne  alles  Waffengeriiusch  einzig  und  allein 
mit  Kichtersprueh  den  Oedenburgern  ihre  Kirchen  und  Prädi- 
canten  entziel»en  könne.  Kaehdem  sich  Szccheuyi  mit  dem 
Wieuer-Neustüdter  Bischof  KüUouitseh  ins  Einvornohmen  ge- 
setzt, reichte  der  beherzte  Kirehoniurst  beim  Kaiser  eine 
Supplik  ein,  beleuchtete  dir  ihm  und  der  Majestiit  an;:ethane 
Schmach  und  erlangte  ein  verselmrftes  Decret,  denigmiäss  die 
Bürger  von  Oodenburg  und  die  ki  tzeriVeundlichen  Ivjithsherren 
allda  bei  schwerster  StraiV-  vor  das  (Jericht  der  Krone  zur 
Verantwortung  ihrer  Handlungen  gefordert  wurden.  Zu  dieser 
Amtshaiullung  wurden  Georg  Kados.  Diuuherr  des  Capitels 
von  Steinamanger,  und  Johannes  Horviiih,  Oberst  vom  Keiter- 
regimente  des  Grafen  Batthydny,  ausersehen.  Diese  beschieden 
nach  dem  Herkommen  des  Reiches  den  Rath  und  die  Gemeinde 
auf  den  15.  MUrz  des  laufenden  Jahres  vor  das  konigliclie  Ge- 
richt und  schrieben  die  Vorladang  an  die  üaufitliüren  Jener, 
die  nicht  bei  Hause  waren. 

Nun  wurden  die  Büi^er  sehr  besorgt,  und  da  sie  ihre 
Pastoren  behalten  wollten,  so  fassten  sie  nach  dem  Beispiele 
einiger  Städte  den  Beschluss,  durch  Ucbei^abe  der  Kirchen 
die  Strenge  des  königlichen  Tribunals  su  mildem«  Sie  wandten 
sich  an  den  \  '  r^tand  der  königlich  ungarischen  Kammer  mit 
der  Bitte,  dem  i;'iscus  gegenüber  eine  güthche  Vereinbarung 


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401 


einznleitdi j  dcrzufoljjjc  ilmen  die  fmwilli'^'-c  Atislieferiing  der 
Kirc  hen  an  die  Kutliolisclicn  weitere  Alindun^ün  erspare.  Das 
erreich  teil  sie  endlich.  Der  Kaiser  bestellte  zur  Durchführung 
dieses  Handels  als  Comniissttre  den  ungarischen  Kanzler  Thomas 
YiXSj  und  den  Kammerprftses  Bischof  KoUoDitBchi  die  nach 
reiflicher  i^rwUgimg  nachstehende  Bedingungen  der  Amnestie 
den  Oedenburgem  vorhielten : 

I.  Seien  alle  IGrchen,  Capellen  nnd  Beneficien,  Pfarreien 
und  Schulen,  die  altcrsher  den  Katholischen  gehörten,  mit  allem 
Zugehör  und  Hausrath,  wie  er  sich  gegenwärtig  vurtiiiidc,  dem 
königlichen  Fisens  gewissenhaft  auszulieieni. 

IT.  Die  i'rädii-anton,  CaplUne,  Schulmeister  und  Gehilfen 
sollen  binnen  fünfzehn  Tagen  nach  Verlautbarung  des  Decretes 
ans  der  Stadt  und  Vorstadt  wandern.  Wer  aber  von  ihnen 
bleibe^  müsse  das  schriftHche  Versprechen  leisten,  keinerlei 
Eärchen-  oder  Lehramt  wllhrend  seines  Aufenthaltes  ausüben 
sn  wollen. 

m.  Das  Hans  Witnyedy's^  in  der  Nachbarschaft  der 

St  Georgskirche  sammt  allen  Gründen,   Zugehörungen  und 

Bürgerrechten,  die  ilaiaii  iiafttMi  oder  haften  könnten,  sei  dem 
königlichen  Fiscus  ganz  und  gar  zu  ewiger  innchabung  aus- 
zuantworten. 

Dem  entgegen  mache  ihnen  der  k(inigliche  Fiscus  Hoff- 
nong,  bei  der  königlichen  Majestät  die  gnadenweise  Genrhnii- 
gong  za  erlangen,  dass  an  einem  von  der  Krone  festzustellenden 
Orte  eine  sichere  Behausung  für  zwei  PrAdicanten  zugestanden 
werde,  von  denen  der  Gottesdienst  im  Sinne  des  Augsburger 
Bekenntnisses  ftlr  die  letzterem  angehörigen  Kronbeamten  und 
Hofwürdenti'Äger,  Käthe,  Residenten,  A1>K  g.uun,  Stände  und 
Flirst.  n  dos  Heiilies  gleichwie  für  anrh  re  Ulaubensverwandte 
zu  Versehen  wäre.  Da  die  verwitwete  Fürstin  von  Eggenberg* 
ihren  ständigen  Aufenthalt  in  Oedenburg  gcnuiuuien,  so  sei  ihr 
zu  gestatten,  so  lange  sie  hier  wohne,  einen  Prädicantc^n  fiir 
den  Gottesdienst  im  Hause  zu  beherbergen^  welchem  auch  die 
Borger  von  Oedenburg  anwohnen  dürften. 

*  Der  bekannte  J^tofan  Witnyödy. 

*  Anna  Maria  Markgrilfin  von  Ii r a nii o n  1»  ii  r ^'  B n i  r e u t h ,  Witwe  dm 
Epgenberger«  .Tobanii  Anton  I,  Fürsten  von  Gradinca  (t  1649,  19.  Fobruur), 
1649—1658  Vornitiuderin  ihrer  Si^hne  Jobann  C'brisUan  Herzog  von 
Rnauia  and  Johann  8eyfried  Fürsten  von  Oradisca. 


402 


An  Stelle  des  Witny^dy'sehen  Hauses  werde  der  Fiscus 
ein  anderes  (Gebäude,  das  jetzt  die  Fürstin  von  Kg^enberg  be- 
wviluie,  der  Stadt  Oedeiibui-f^  zu  immerwährcüdem  Besitze  ein- 
antworten und  von  alku  biöiierigen  Lasten  frei  machen. 

Der  Fiscus  wolle  die  schwebende  Gerichtsangelegenheit 
f[\r  immer  abseticen,  so  zwar,  dass  kein  Oedenburger,  wosb 
(n'seiileclite.s  und  Standes  er  auch  sei,  aus  Anlass  jener  Klage 
von  einem  ob  ordentlichen,  ob  ausserordentlichen  Gerichte 
belangt  oder  beschwert  werden  dürfe. 

IV.  Der  Fiscus  wolle  (b"e  Freiheit  der  Olaubeusübung 
und  <Uis  Gewissens  allrn  AnLcehilrifren  des  Augsburger  Bekennt- 
nisses in  der  Suidt  einräumen  und  nicht  gestatten,  dass  Jemand 
von  ihnen  zur  katholischen  lu'h'^^jon  oder  zur  Auswanderung^ 
wider  s(M*nen  Willen  fjenfUiuL^'t  wenb^  Jenen  aber,  welche  aus- 
wandern \\'ollea,  stünde  es  Irei,  ihre  Habe  zu  verkaufen  und 
zu  veräussern. 

Diese  Zugeständnisse,  welche  der  Fiscus  zu  Gunsten  der 
Oedenburger  beim  Kaiser  in  Vorschlag  zu  bringen  bereit  sei, 
sollten  jedoch  nicht  als  Ergebnisse  eines  Vergleiches,  aondem 
als  königliche  Guadenacte  angesehen  werden. 

Die  Bürgerschaft  bequemte  sich  zur  Annahme  all'  dessen. 
Am  27.  Februar  trafen  die  Bischöfe  von  Wiener-Neustadt  und 
Neutra  in  Oedenburg  ein.  Der  Kath  erliess  au  aUe  protestan» 
tischen  Bürger  die  Weisung,  dass  nächsten  Tages  alles  Gesinde 
innerhalb  der  vier  Wände  zu  bleiben  und  sich  ruhig  zu  ver- 
halten habe.  Es  war  dies  der  28.  Februar,  an  welchem  die 
Uebei^abe  der  Kirchen,  (  ine  glänzende  katholische  Procession 
unter  Betheilignng  zahlreichen  Adels  aus  der  Nachbarschaft 
stattfand,  Messen  und  Predigten  gelesen  und  gehalten  wurden. 
Dabei  wirkten  die  PP.  Franciscaner  mit. 

Aus  dem  Jesuitenorden  wurden  zwei  deutsche  Prediger 
Itlr  die  Kirchen  sum  heil.  Michael  und  heil.  Johannes  auS' 
erschon. 

Während  so  die  Jesuiten  der  katholischen  Mission  unter 
80  günstig  neu  gestalteten  Verhältnissen  oblagen,  versuchten  die 
Oedenburger  Protestanten,  ihrem  Gottesdienste  an  Stelle  der 
beschränkten  Behausung,  die  ihnen  angewiesen  worden  war, 
ein  geräumigeres  Heim  zu  echaffeiv  mid  swar  auf  dem  Wege 
eines  förmlichen  Umbaues,  so  dass  die  Kirche  nahezu  6000  Men- 
schen fassen  konnte.   Ueberdies  kaufte  auch  die  verwitwete 


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403 


Fttrstin  Eggenherir  f^in  neues,  ihrer  Kesidenz  benachbai  tt.s  Ge- 
biiiule  und  s^nh  ilmi  die  Form  einer  Kirche,  in  w*  lcht^  nicht 
blos  die  Uedenburger,  sondern  auch  die  ,ketzerischcn'  Bewohner 
entl^ener  Orte  allwöchentlich  in  groBser  Zahl  sosammeii- 
strOmteD.  Das  beunruhigte  den  Kector  des  CollegiumH  auf  das 
AeosserBtey  and  vor  Allem  war  es  dem  Sprengelbischof  nnwill- 
kommeiiy  da  man  die  ^Ketzerei'  wieder  zu  Kräften  kommen 
■ah,  während  man  doch  ihren  Untei^ang  anstrebte. 

Um  dem  ,kecken  Hiflsbrauch'  der  kaiserlichen  Gnade  za 
steuern,  wandte  man  sich  abermals  an  den  Kaiser.  Es  erfolgte 
nun  eine  schriftHrhe  WeiBuiif^  au  den  Propst  von  Steinamanger, 
die  er  dem  Staduadic  von  Oedenburg  eröffnm  sollto.  Dviiv/ai- 
folge  hätten  die  beiden  i*rädicanten,  welche  in  den  bezeichneten 
Häusern  den  Gottesdienst  besorgten,  innerhalb  dreier  Tage 
Oedenburg  zu  verlassen  und  sich  nach  Eisenstadt  zu  begeben, 
woselbst  sie  ihren  geistlichen  Verrichtongen  in  den  ihnen  vom 
dortigen  Stadtrathe  anzuweisenden  Häusern  obliegen  sollten. 

Als  die  Oedenburger  diesen  kaiserlichen  Auftrag  ver* 
nahmen,  waren  sie  sehr  bestQrKt  und  allgemeines  Wehklagen 
erseliuU;  ,uoch  nie  sah  Oedenburg  so  viel  Thriiuen  als  an  diesen 
drei  Tag-cn^  bemerkt  etwas  hämisch  der  Ordensl)criebt. 

Alsbald  sendet  man  Ab<;eordnete  nach  \Vien,  um  mit  Ge- 
schenken auf  die  Gesinnung  der  hohen  Herren  «  inzuwirken 
and  von  der  kaiseiüchen  Gnade  einen  Aufschub  der  Aus- 
ftüumngsmassregel  zu  erlangen.  Aber  sie  kehrten  unverrich- 
teter  Sache  zurück;  die  Oedenburger  müssen  sich  fügen  und 
ydie  Wolfe,  die  sie  bisher  als  Hirten  der  Schäflein  verehrten, 
ans  den  Hürden  entfernen'.  Der  Abzug  der  protestantischen 
Qeistliehen  erfolgte  am  St.  Michaelstage. 

Nunmehr  blieb  die  Fürstin  von  Eggenber<r  der  letzte  Trost 
der  Oedenbiir<;er  Evangelischen.  Sie  hatte  bekanntlich  vom 
Kaiser  die  Erlaubmss  erhalten,  einen  .liot'prediger*  fllr  ihre 
religiösen  Bedürfnisse  zu  beherbergen^  und  lUr  gottesdienstiiche 
Zwecke  ein  eigenes  Haus  bestimmt  und  eingerichtet.  Dieser 
,Ho^rediger^;  Mathias  Lang,  versah  denn  auch  den  Gottes- 
dienst für  die  Bürgerschaft  vom  Tage  der  Verbannung  jener 
zwei  evangelischen  Seelsoiger  bis  zum  Jahre  1675.  Die  prote- 
stantischen  Taufen  besorgte  er  heimlich  zur  Nachtzeit,  wie  sehr 
sich  auch  der  katholische  Stadtpfarrer  abmühte,  diese  Taufen 
für  sich  zu  erzwingen. 


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404 


Die  ()ster5^,oit  de»  Jjihrcs  1075  bcschcerlo  den  Oeden- 
Imr^er  Protestanten  die  kaiserliche  Genehmigung,  dass  die 
beiden  nach  Eisenstadt  intornirten  Seclsorg-er  wieder  zu  Ocden- 
bnr«;  ihres  geistlichen  Amtes  walten  konnten.  Das  Bethaus  der 
Fürstin  von  Kggenburg  blieb  die  Stätte  ihres  Wirkens. 

Dagegen  brachte  der  St.  Oeorgstag  dieses  Jahres  die  ka- 
tholische lleformation  der  Gcincindcverwnltung  nm  ein  gut 
StUck  weiter,  indem  an  Stelle  des  bisherigen  Stadtrichters 
Nötl  ywider  die  Fieilieiten*  von  Oedenburg  ein  katholischer 
Mniryar,  Namens  Pisztor,  eingesetzt  wnrde  und  bald  Gelegen- 
heit fandy  den  Evangelischen  ihre  GlanbensUbung  zu  verleideni 
vor  Allem  den  Zuzug  von  auswärts  zu  dem  Gottesdienste  in 
Oedenburg  gewaltsam  abzustellen. 

Im  Mai  wurde  auch  das  kaiserUche  Edict  an  die  Stadt* 
thorc  befestigt,  demzufolge  niemand  Auswärtiger  ^n  prote» 
standschen  Gottesdienst  in  Gedenburg  besuchen  dürfe,  es  w&re 
denn  ein  kurfürstlicher  Minister,  Besidenty  Agent  oder  ein 
anderer  ,privilegirter'  Herr. 

Die  Feuersbrunst  vom  28.  November  des  Jahres  1676, 
die  auch  das  protestantische  Bethaus  einäscherte,  das  Mandat 
der  ungarischen  Kammer  vom  Jahre  1677,  wonach  die  prote- 
stantischen Handwerker  bemllssigt  seien,  an  dem  Frohnleich- 
namsumzuge  theilznnehmen,  and  die  Strenge,  mit  der  man 
jedem  Versnche  eines  Auswärtigen,  an  dem  protestantischen 
Gottesdienste  theilznnehmen,  begegnete,  waren  für  die  Evan- 
geÜBchen  Oedenburgs  unwillkommene  Prüfungen.  Aach  wachte 
das  Jesuitencollegium  mit  aller  Schärfe  darüber,  dass  die  Ver- 
sache  der  Andersgläubigen,  ihre  Kinder  von  unterschiedlichen 
Leuten,  vertriebenen  Schulmeistern  n.  dgl.  insgeheim  unter- 
richten KU  lassen,  nicht  um  sich  griffen.  Da  man  nämlich  die 
städtischen  Protestantenschulen  abgeschafft  hatte,  so  glaubten 
die  Väter  der  GeseUschafl  Jesu  und  ihre  Gönner,  das  beste 
Mittel  in  den  Händen  zu  haben,  um  den  Nachwuchs  der  Be- 
völkerung katholisch  zu  machen,  da  dieser  Mangel  an  eigenen 
Schulen  die  akatholisehen  Eltern  zwingen  würde,  ihre  Kinder 
den  Jesuiten  in  die  Lehre  zu  schicken. 

Seit  dem  Jahre  1681  gingen  die  Zustände  in  Oedenburg 
einem  durchgreifenden  Wechsel  entgegen.  Wohl  erschien  am 
St.  Jöigentage  der  stramm  kathdische  Vicepräses  der  ungari- 
schen Kammer,  Graf  Volkra,  mit  einem  kaiserlichen  Mandate, 


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405 


das  die  völlige  Entfornunj?  der  Protestanten  aii^  dem  Stadt- 
rat Ik'  und  die  Bes<Mziuig  aller  Stellen  mit  Katiiolischen  vor- 
schrieb. So  ^elaniitm  auch  alle  Gemeindeämter  in  die  Hände 
der  Lotztcrcii.  Docli  nun  inaclite  sich  der  Umschwung  schnell 
und  um  äo  greller  gtiUeiul.  Denn  kaum  hatte  eine  kaiserliehe 
Vertiij^nnp'  vom  2.  Juli  1(581  —  mitten  in  der  Zeit  des  un^irari- 
schen  l\i'icli.sta«rrs,  den  jetzt  <  >ed('nbur;Lr  beherbergte  —  den  lie- 
aueli  des  protestantiscln  n  Gottesdicn-itt's.  ohne  besondere  Gc- 
neimiii^uHij:,  scharf'  vei-pünt,  so  ward  das  Vcrliot  auch  schon 
in  Fol<XL'  der  Beschwerde  der  cvani^clisflK'ii  Stünde  vom  4.  Juli 
wieder  zurückfr^  noiiimen  und  allen  Ulaubcusgenossen  der  Ein- 
und  Ausgang  lVeii,'-c_i;fben. 

So  «xestr.ltrtcii  sicli  denn  die  Ostern  dos  Jahres  1(362  zu 
einem  wahrt  ii  Auterstehungsfeste  des  Oedciiburger  Protestan- 
tismus. Kurz  zuvor  hatte  seine  Gönnerin,  die  Filrstin  von 
Eggenberg,  das  Zeitliche!  gesegnet.  Ihre  Leiche  wurde  den 
April  in  ihr  Ei'bbegräbniss  nach  Baireuth  in  Üstüranken 
ttbei-flihrt. 

Die  Oedenburger  Gemeinde  begann  sicli  wieder  zu 
üUhlcn.  Als  am  Jörgentage  Bischof  Graf  Kollonitsch  die  Wahl 
des  Evangelischen  Uans  äerpilios  zum  Ötadtriehter  verhindern 
und  dann  —  nachdem  sie  vorgenommen  war  —  nichtig  erklaren 
wollte  und  den  Katholiken  Niclas  Horrith  au  dieser  Würde 
bestimmte,  berief  sich  die  Wählerschaft  mit  aller  Entschieden- 
heit auf  den  DiJltalartikel,  und  es  gelang,  die  Hillfte  der 
Rathssteilen  mit  Evangelischen  zu  besetzen.  Auch  der  Öe« 
meinde-Obervormund  zählte  zu  den  Ihrigen.  Ebenso  hartnäckig 
wahrten  sie  ihr  Recht,  als  Kollonitsch  am  8.  Getober  den 
früheren  Versuch  erneut  it«  und  am  10,  II.  Deceniber  die  Grafen 
Draskovich  und  Erdüdy  in  Gesellschaft  eines  Kammerrathes 
eischienen,  nm  bei  dem  Stadtrichteramte  eine  Aenderung 
durchzusetzen.  Die  Evangelischen  Hessen  sich  nur  zu  einer 
Neuwahl  herbei,  die  auf  einen  früheren  Inhaber  des  Amtes, 
ihren  Glaubensgenossen  Gregor  Nötl,  fiel,  aber  unter  der  Be- 
dingung, dass  dies  ihrem  Wahlrechte,  das  sie  den  24.  April 
ausgeübt,  keinerlei  Abbruch  thun  solle. 

Der  Tarkenkrieg  und  der  Heereszug  Tökolji's  nach  dem 
Westen  (1683)  drängten  auch  das  Gemeinwesen  Oedenburgs 
in  ein  neues,  geiUhrliches  Geleise.  Schon  den  10.  Juli  erhielten 
die  Oedenbnrger  ein  Schreiben  Tökölji's,  worin  sie  aufgefordert 


400 


wurden,  sich  unter  seine  Herrschaft  zu  stellen,  ,(licweil  sie  der 
römische  Kaiser  schon  dreizehn  Jalire  lang  hart  geängstigt  und 
bedrängt,  sie  uui  weltliche  Freiheiten  und  um  ihre  Priester- 
schaft gebracht  habe'.  ^  Da  sich  die  Nachbarn  der  Stadt,  Graf 
Draskovich  auf  Sarvär  und  Graf  liatthyanj,  zur  Huldigung 
an  (U  ii  ivurnzzenftirsten  bequemten,  so  schien  dies  angesichts 
der  Sachlage  auch  für  die  Oedenburger  unvermeidÜch  zu 
werden.  Sie  steckten  am  12,  JuH  eine  doppelte  weisse  Fahne 
auf  und  scLickteu  zwei  Tajire  spMter  ihre  Bevollmächtigten  zur 
Besprechung  mit  den  Commissären  Tr>kölyi'ö  ab. 

Die  Jesuiten,  deiicii  begreiflicher  Weise  der  Be(l>»n  nnter 
den  Fussen  brannte,  wollten  schon  am  15.  Juli  (K  tlüiburg 
räumen.  Sie  be<ral)eii  sich  theils  zu  Wniren,  theils  zu  Fuss  aus  der 
Stadt:  die  Ev-nii^clischen  Hessen  ihnen  jedoch  nachsetzen.  Ihre 
Wagen  '.vuxlen  mit  Jicschlag  belegt  und  die  OrdenBvüter  wie- 
der naeli  (  ^  denbur^^  zurt'iekgeschafft,  bis  auf  drei,  welche  be- 
reits entwichen  waren.  Erst  den  16.  Juli,  an  welchem  Tage 
die  Oommissäre  Tökölyi's  die  Stadt  betraten,  kam  es  nach 
langathmigen  Verhandlungen  zur  fürmhchcn  Ausweisung  der 
Jesuiten,  die  sich  grossentheils  auf  die  Guter  ihres  Gönners, 
Franz  Grafen  von  EszterhAzy,  nach  Lakenbach,  Landesere, 
begaben  oder  in  der  benachbarten  Steiermark,  zu  Friedberg 
und  auf  der  Ordensherrschaft  Thalberg  unterkamen.  Auch 
liessen  es  der  Frovüuial  und  der  liector  des  Oraaser  Col- 
legiums  an  Unterstützung  der  verbannten  Genossen  nicht 
fehlen.  Gleiches  Loos  ereilte  die  Jesuitenrof^idcnz  in  Güns, 
die  im  Jahre  1G77  auf  Kosten  der  Oedenburger  Stadtge- 
meinde dotirt  worden.  Die  Ordeusgenossen  trafen  in  Lande- 
sere zusammen.* 

Oedenburg  musste  den  10.  und  17.  Juli  dem  Kurnzzen- 
fiirsten  huldigen.  ISIan  ftigte  sich  <lem  Zwange,  gleich  den 
Nachbarorten  GUns,  Eisenstadt  und  Kust,  ftihite  aber  r\nr  zu 
sehr  das  Drückend«  der  Lage  und  begrüsste  erleichterten 
Herzens  den  Christcnsi(  ir  vor  Wiens  Mauern  {12  September) 
als  rettende  That  fUr  Aile.^  Die  Alleinherrschaft  des  Protestan- 


»  Tirhany,  a.  a.  ().,  S.  72. 
■  Tschany,  a.  ».  O.,  S.  34. 

*  Tschany,  a.  a.  O.«  S.  80: . .  Uo«Mr  LtolMr  Heer  Ooth,  hat  ▼oa  Hinimel 
4i«ea  T«^  der  Chrtstliehen  Amme  (sie)  einen  aolchea  Bjg  fafeben  viidt 


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407 


tismus  ging  allerdings  bald  zur  Neige,  denn  schon  am  23.  Septem- 
ber erschienen  die  Commissäre  des  Palatiiis  '  und  forderten 
unter  An<lerem:  1.  die  Wiedereinräuuiuu^^  des  CoUcgiums  und 
des  Cüüvietes  ^  an  die  Jesuiten:  2.  ilie  AViederbcsetzung  aller 
Stadtlimter  mit  Katholischen,  wovon  man  aber  Umgang  nahm, 
da  während  der  Tökölyi'schcn  Episode  kein  Einziger  von  ihnen 
seines  Amtes  war  entst  i/.t  ^vorden,  und  3.  die  Absehaffung  der 
evangelischen  Priidieanteu  und  Schuldiener,  die  in  der  gleichen 
Zwiselienzeit  eingesetzt  worden  wären,  womit  es  aber  vorder- 
hand sein  Bewenden  haben  solle. 

Bald  traf  auch  eine  Zuseluift  der  auf  diese  Weise  relia- 
bilitirten  Jesuiten  an  die  Oedenburger  Stadtgemeinde  ein,  worin 
das  Ersuchen  gestellt  wurde,  jeder  Bürger  wolle  das  von  ilmi 
den  Jesuiten  entfremdete  Gut  freiwillig  zurückstellen,  was  man 
mit  bestem  l)anke  entgegennehmen  würde,  im  Gegeufalle 
milästcD  sie  den  Geriehtsweg  betreten.'' 

Der  neue,  bestliwerliche  Ausnahmszustand  Oedenburgs 
wurde  1*1^4  dureli  das  kaiserlich»'  .liinncnnaiiift  st  Leopolds  I. 
seinem  Kiide  zugetl\lirt  und  die  Stadtnenieinde  zu  dem  Press- 
burger Commissionstagc  (24.  Februar  )  <'ntl)ot('u.  Die  ( )L'deu- 
burger  sollen  t'iiuMi  , körperlichen  Kid'  der  l 'ntertbaut-utreuc  ab- 
legen und  um  Wiederaufnaliuie  in  die  Gnade  de»  Kaisers  i)itten. 
Die  Kirchenfrage  bleibt  in  ilirer  Lösung  dem  nilchsten  Land 
tage  vorbehalten.  Jedoch  dürfe  kraft  der  Diätalbeschlllssc  vom 
Jahre  1681  Niemaad  in  seinem  Glauben  angefochten  werden. 

m.  Oüns. 

Wir  haben  in  der  Chronik  der  Religionsli-lndel  Oeden- 
bui^  die  Ordensstation  GUns  gestreift  und  wollen  nun  die 

beschertli,  das»  ayo  den  Erbfoynd  Chri!<tHchcs  Nammbcns  dc>ii  Tiirckeu 
-von  der  Stadt  Wyun  wegh  geschlagen. . .  / 

*  Tseliany,  a. «.  O.,  8.  92. 

*  Mit  dem  Jesnitengymnasium  verbunden. 

*  Tiitt.  ano.  S.  J.  Prov.  .Vnstr.  zum  Jahro  K'S.'}.  Die  Heliabilitirung 
fan'l  in  Folge  der  VerhaudlMnfrfn  des  PalntuH  mit  den  Oedenburgpern 
und  nach  Ankunft  der  FP.  Franz  Fabiaukovit«  und  Peter  QOdj  den 
21.  September  atett;  in  Gttns,  23.  September  in  Folge  der  Palatinate- 
weisany^.  Der  Jeraitanrector  &nd  alle  Wohnrlnme  der  Reddena  ye^- 
mietfaet 


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408 


wichti*r<'Ti  Vorj^äuge,  die  öich  hier  beit  l(i70/7l  abfipieltoo,  ins 
Auge  lassen,' 

In  dieser  8tadt  i'n^^to  der  Protestantismus  bereits  um  die 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  festen  Fuss.  Die  Ortspfarre  mit  den 
beiden  Kirchen  zum  heil.  Jak« »1»  und  Emerich  ginjjf  ftir  den 
Katholicismus  verloren;  ja  auch  der  Calyinismns  bürgerte  sich 
neben  dem  Lutherthum  ein. 

D.er  Raaber  Bischof  Georg  Sz^oh^nyi  erwirkte  nun  ein 
kaiserliches  Mandat  und  erschien  alsbald  in  Gesellschaft  des 
Neutraer  Bischofs  und  königlichen  Kanzlers^  Tbomss  Pilffj,  und 
des  Burgherrn  von  Güns,  des  Eisenburgcr  Obergespans,  Petrus 
Szdcsy  von  Rimaszdcs,  in  der  Stadt  Sofort  rückten  25  deutsche 
Musketiere  ein,  denen  weitere  300  folgen  sollten.  Die  Bttrger  von 
Gllns  Qberlegten  lange,  was  zu  thun  sei,  denn  ohne  Verzug  wollten 
sie  auf  die  anbefohlene  Räumung  der  Pfarre  und  der  beiden 
Kirchen  nicht  eingehen,  sondern  baten  um  die  Erlaubniss  einer 
Audienz  beim  Kaiser,  dessen  Auftrage  sie  dann  unyerztkglich 
Folge  leisten  wUrden. 

Bischof  8z(5(  henyi  erklärte,  dies  sei  ein  nutzloses,  kost- 
spieliges Beginnen,  der  kaiserliche  Befohl  klar,  und  rtigte  dann 
mit  scharfen  Worten  die  .Winkclzüge'  und  die  ,lTnbotniäasig:- 
kcif  der  Bürger.  Diese  aber  erklärten  schliesslich,  das,  was 
sie  durcli  so  lange  Jahre  behauptet,  nicht  preisgeben  zu 
wollen.  Das  gemeine  Volk,  eine  geheime  Abmachung  fllrehtend, 
drängt  sich  tumultuarisch  ins  Rathliaus,  verschliesst  das  Ge 
bände  und  iHsst  Niemand  heraus.  Man  will  (laim  /,u  den  Waffen 
greifen  und  iilx  r  die  Adeligen  im  (lefolge  der  Kirrlu'iifiirsteu 
und  tlic  Maim.'iclud't  herfallen.  Der  Kanzler  muht  sich  ab,  die 
Menge  zu  beschwichtigen  und  durch  Hinweis  auf  eine  strenge 
Ahndtmg  einzuschüchtern.  Dann  versuclit  man  es  mit  einigen 
Kathsherren,  welclie  die  toliciidc  Menge  zur  Vernunft  bringen 
sollen.  Das  gelingt  endlich,  und  am  nächsten  Tage  übergibt 
man  tli«  Seliliissel  der  Kirchen  sammt  allem  Gerdtho,  die  Pfarro 
und  alh  s  (la/u  Gehörige. 

Mit  \  iclem  Gc[>ränge,  unter  Oloekenschall  und  Flinten- 
salven, rindet  die  Einweihung  der  Kirchen  statt.  Der  Komorner 
Erzpriester  und  liaaber  Domherr  Peter  Kuszenics  übernahm 


I  (Corndlius),  Fnigm.  bist  Hung.,  III.  Abtii.  (1740),  a  194-211. 


409 


die  Pfarre  and  sorgte  filr  die  gründliche  Geltendmachung  seiner 
Rechte  und  Bcfuguisso. 

Unter  solchen  Umständen  gewann  auch  der  Bestand  der 
Jesuitenresideuz  seine  bereits  seit  lüOO  angestrebte  Sichemng.* 
Bischof  Szechönyi  schloss  im  Jahre  U>74  als  BevoUmäch- 
tiiTttT  (lor  Krone  mit  der  Stadtgemeinde  einen  \\'rtra^\  dem- 
zufül-^o  ])ehut's  (jründunü:  einer  ( )rtlen  sreside n /.  li  e  r 
Jesuiten  im  Wcichbilde  von  (tüns  die  Jakobskirehe  sammt 
dem  Ptarr^^e bände,  sodauu  der  BodentiHehe  inuüLun  beider 
und  dii'  anschliessenden  drei  kleinen  lliuiser  mit  ewiger  Frei- 
heit von  (Jeiucindelasten  den  Jesnit<  n  iilierwiescu  wnrden,  unter 
Bedingungen,  die  gli  ieli  der  Haupibestimmung  im  Jahre  1678 
die  BestÄtipfung  der  Krone  erlan<;teii.  I<)7'J  kam  es  zur  Bcsitz- 
einweisunj;  dt»s  Ordens.  Bald  bei,'(gueu  wir  jedaeh  i^treitig- 
keilcn  mit  der  Stadt,  die  sieh  um  so  scharfer  zuspitzten,  je 
kritischer  die  Lage  ward.  Der  Weehseltalle  der  Jesuiten- 
residenz, der  Vertreibun<r  und  \\'i( dereiniUhrung  der  Jesuiten 
wurde  bereits  au  anderer  Stelle  gedacht 

IV.  £o2iiom. 

Die  Festnngsstadt  Körnern  beherbergte  eine  rllhrige  Nieder» 
lassung  des  Ordens,  dem  die  Vorgänge  des  Jahres  1672  auch 
hier  äusserst  günstig  werden  mnssten.  Primas  Sselepcs^nyi  sorgte 
daftlr,  dass  Mitte  September  der  calvinische  and  lutheranische 

Pastor  den  Ort  räumen  mussten.  Während  die  Franziskaner 
das  Bethaus  der  Calviner  zugewiesen  erhielten.  Ubernahmen  die 
Jesniten  als  Verweser  des  Pfan'amtcs:  die  St.  Johannskirche, 
die  deutsche  Schule,  das  Pfarrhaus  mit  20  Joch  Fehlgrund,  was 
Alles  bisher  den  Lutlierancrn  zustand.^ 

V.  Tymau  imd  sein  Misaionsgebiet. 

Der  Hanptherd  der  TfaXtigkeit  des  Jesnitenordens^  Tyr^ 
nan,*  seigt  schon  im  Jänner  1672  die  Thätigkeit  des  Primas 

*  Riipp,  Ma^yarons.  holyrnj/i  tr.rf/n.  t.<,  I,  563  f. 

*  Litt.  ADD.  S.  J.  Prov.  Auätr.  a.  a.  1672.  (Curnelius),  FrAgm.  bist 
Hung.,  S.  282;  Hupp,  a.  a.  O.,  156. 

*  Litt.  «DB.  8.  J.  ProT.  Aaitr.  a.  m.  167S.  Kai 7,  Eist  Bvag^  UL  Abth., 
vni  Bkt  TwiTwrt.  TyiiuiT.  (Cornelitt«),  Fragm.  hist  Hang;,  lEL  Abth. 
(1740),  8.  259  f.    Katona,  XXXIY,  84f. 

AnUv.  LXXX.  Bd.  II.  Hilft«.  97 


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410 


Sselepest^nyi  in  TolleiD  Zuge.  Man  erlangt  die  Eirehen  der 
Lutheraner  und  Oalviner  für  den  Katliolietsmua  zurUck  und 
geht  dann  ihrer  Friesterschaft  za  Leibe.^  Die  Prediger  werden 
in  der  schärfeton  Weise  verhalten,  im  Verlanfb  von  Ain&ehn 
Tagen  die  Stadt  an  verlassen.  Sämmtlicho  Protestanten  ver- 
schwinden ans  dem  Sudtrathe  und  duu  GeiueiudeUmtcrn  und 
rftumen  den  Katholischen  ihren  Platz. 

Die  Jesuiten  Hessen  es  unter  solchen  Umstilnden  au  ver- 
stllrktcra  Bekchrunfj:seitV'r  niclit  fehlen.  Unter  den  Konvertiten 
befanden  sich  auch  drei  aus  einem  ili  11  Türken  trihutpflichtipcn 
Dorfe,  an  deren  Glaubenswcehsel  die  Bekehrung  des  plauzen 
Dorfes  hini:.  ^Ut  Zustiuiniun<r  des  tllrkisehen  Orundlurrn 
gelang:  <*s  aucli  zum  Verdruss<i  der  Lutheraner  und  Calviiicr. 
Auch  war  man  bc.^treht,  aus  einem  anderen  Vorfalle  <\i|utnl 
zu  schlagen.  Es  wurden  uäiiiliili  H7  Prossburger  rrott-sUinton 
\v(\i:(^n  eines  in  ihrem  Betliiiusc  veranlassten  .Aufstandes*  zur 
Krrkrrhai't  in  1  v  i-nau  vcnirtluMit.  Von  dii^sen  machten  die 
.Jesuiii'U  drei  kathtdiseh,  darunter  einen  Beisitzer  der  könig- 
lichen Tafel,  der  damals  im  Pressburger  (lotti'shause  ausge- 
rufen habe:  .Kiner  fiir  Alle.  Alle  flir  Kinen.' 

Da.x  Tvnifun  r  (  ollcmuni  war  und  blieb  die  Hiistkammer 
für  das  Bek«dininu>\vi  ik  im  weiten  l'niknM>o.  Vor  Allem  galt 
es.  d.is  Netz  der  Mi^.sion  auf  dem  Poxli  i)  der  ])rotei>tan- 
tiüchen  Slovakei  mögliidist  weit  zu  .Hpaniien.  Miawa.  Ver- 
bovee,  Brezo,  Turahika  und  Szenieza  im  Neutraer,  —  Hosenberg, 
Li|)t<'»-Szent-MikIos,  Ternovee,  Kisjuiliigya,  Tepliea,  Szelnicza, 
Deutseh-Lipese.  Geib  im  r^iptauer,  —  Niezna  im  Arvaer  und 
Sillein  (Szolna)  im  Trentsehiner  Comitate  wurden  bald  in  die 
(Jeleise  der  J^<'Ueliiiniir>arbeit  gezogen*  und  letztere  von  be- 
watfneter  Macht  unterstiUzt. 

1  »iese  \'ersueli<-  liefen  uicht  immer  glatt  ab,  wie  schon 
der  iiettige  \V  iderstaiul.  den  bcispiidsweise  die  Weiber  in  Mlawa** 
an  den  Tag  legten,  dartlmt.   Besonders  ernst  gestalteten  sich 


*  Beaottd«»  taigt  sich  in  dieser  Sichtung  thätig  der  hiezu  bevollmichtsgte 
Bischof  von  Wsttsen»  Georg  PongrAcs. 

*  Litt.  «an.  S.  J.  Fror.  Austr.  a.  a.  1673. 

*  (Cornelius),  Fnigm.  bist  Hung.,  a.  a.  O.,  6.  407  f.,  som  Jahre  1674. 
Vgl.  auch  Kate  na,  XXXIV,  194,  der  die  Fragm.  hist  Hang,  dtiirt  und  ' 
ansscbreibt. 


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411 


die  Vorgttngc  in  Ssenicza  und  im  benachbarten  Tura- 
laka.' 

In  Szeniesa  hatte  schon  im  November  1670  Valentin  Ba- 
lassa  von  Pressburg  aus  einen  solchen  Versuch  angestellt.  1672 
zog  eine  bewaffnete  Commission  mit  dem  Propste  Georg  Bdr- 
sony  und  seinem  Brutler,  dem  neununddreissig-jilhrifren  Proto- 
notar  Johann,  an  der  Spitze,  nach  Szenicza,  um  sich  der 
Schlüssel  des  protestantischen  liethauses  zu  bemikhtigen.  Da 
erhoben  sich  aber  die  Älarktbewohuer  und  die  benachbarten 
Uaurrii.  insbesondere  die  von  riuiihikn,  sehossen  den  Proto- 
notar  nieder  und  Helen  ühor  den  Propst  lier,  den  nur  der 
Pastor  von  'ruraliika,  Daniel  Krman,  vor  dem  Tode  bewahrte, 
indem  er  ihn  mit  dem  eigenen  Leibe  gegen  die  todüichen 
Streiche  deckte.* 

Die  Strafe  blieb  allerdings  nicht  aus,  doch  überschritt  sie 
weit  das  richtip»  Mass.  1673  drangen  Starhemberg  und  Cullalto 
mit  Truppeuuiaeht  ein,  ihre  Oroaten  steckten  die  Ortschaften 
Szenicza  und  Turaluka  in  Brand,  nachdem  Plünderung  und  Ge- 
metzel vorangegangen  waren,  und  die  Tyrnauer  Jesuiten  sollten 
nun  das  Bekehruugswcrk  vollenden.^ 


^  8.  (Cornelius),  Fnigm.  bist  Huitp.»  «.  tu  O.,  8.  S87  f.  (anm  Jahre  1678)« 
Katon«,  XXXIV,  87  f.  (schreibt  ate  snt)  Wagner,  Anal.  8cep.  ».  &  pr. 
III,  115;  von  protuMlautischor  Seite  s.  Andr.  Sclinial,  Adversnria  ad 
ill.  hist.  eccl.  £v«ngeUco-Uangnricaiii  ...  (Fabö,  Monmo.,  IJ,  218 

bis  223.) 

'  (Cornolius),  Fragiu.  bist.  Hung.,  a.  a.  O.,  8.  2o7  ff.,  544,  wo  vom  Ab- 
leben des  Biachofs  Bknonf»  die  Rede  ist,  wird  «her  den  Vorfall  b«>  • 
merkt:  «Antistitein  Geoipnn  e  coneitata  nnper  ad  IfiaTani  tompestate, 

mulier,  Samueli  German,  Lutberanici  ministri  nuper  Peaonii  ca- 
tliolicf  vit.i  fiiiuti  nxnr,  »ccnndum  Deuni  ao  Coclitea  »orvasHO  ecclesiae 
terlur.  Ne  niiu  (ii  ruianu  (sein  lirudpr  .TohanneH)  conficeretur,  cruentum 
et  vuliioribiis  liianteiu  8uo  corpore  texit  ndvor^ius  Uurbaram  plebem'  . .  . 
8o  wurde  nacbtrif  lieh  das  Ebeweib  eines  katholischen  Gonvertiten  als 
Lebensretterin  Georg  Binony's  in  die  Geicbiebte  jenes  Vorfalles  einge- 
schoben, und  doch  war  es  ihr  Gatt«,  der  evangelische  Pastor  Daniel 
(nicht  Samuel)  Krinan,  von  Turaluka.  &  Andr.  Schmal  (Fabö, 
Monum.,  II,  Jl«). 

'  Eis  waren  dies  snnächst  die  PF.  Job.  Simouides  und  Nicol.  Bl.Oi^kovicA. 
Vgl.  Klauicsa,  Fata  ang.  tund»  eeel.  ...  in  eett,  Hung.  (Fab6,  Mo- 
num., m,  107).  Simonides,  dessen  Bekebmngs^flsr  680  ,Ketuer*  dem 
Sehoosse  der  Kirche  gewann,  vermoobte  in  dem  nnausHlgharen  ,Ketaer* 

neste*  Turaluka  nur  drei  Convertiten  beranansiehen.   1674  wurde  er 

27« 


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412 


Im  Arvser  und  Liptauer  Comitate  bot  die  Kirchen* 
TiBitatioa  dem  Ph>p8tbiBchof  Bärsonj  den  geeigneten  Anlass, 
die  JeBuitenmiasion  anzubahnen.  So  wurden  den  Protestanten 
schon  im  Wkn  1672  die  Kirchen  in  Bosenbwgy  Deutsch-Lipcse, 
Saelnicza  mit  Gewalt  abgenommen  und  den  Jesuiten  Kirche 
und  Pfarre  übergeben.^  >  Dem  geistlichen  Haupte  der  Commis- 
sion  stand  ein  Tymauer  Jesuit  als  Oewtssensrath  und  Vertrauens' 
mann  zur  Seite.  In  Teplicza  wurden  die  KirchenschlOssel  den 
Ortsfiltesten  bei  strenger  Ahndung  jedes  Widerstandes  abver^ 
Uogt.  Sie  werden  ausgeliefert  und  die  Kirche  neu  eingeweiht. 
Der  Jesuit  liest  sofort  die  erste  Messe  und  httlt  dann  Tor  der 
Menschenmenge  eine  Predigt  Als  er  dann  an  die  Versammelten 
die  Frage  richtet,  wie  ihnen  diese  Rede  aus  dem  St^retf  ge- 
fallen, sollen  sie  geantwortet  haben,  mit  emem  solchen  Prediger 
seien  sie  zufrieden. 

Das  Abendmahl  unter  einer  Qestah  nehmen  zunächst  die 
Familienväter,  ,ihnen  folgen  die  Frauen,  Sohne  und  Töchter*, 
so  wird  das  ^vorher  ganz  lutherische  TL})licza  innerhalb  nenn 
Monaten  katholisch',  heisst  es  im  Ordensberichte.  Die  reiche 
Ernte  im  Liptauer  Comitate  findet  sich  hier  erläutert.  ,Der  Be- 
kehrung nützte  am  meisten  die  Anwesenheit  der  Soldaten, 
welche  in  den  Dörfern  und  Märkten  so  lange  hausten,  bis  die 
längst  geplante,  aber  bisher  nieht  durchgesetzte  Keforniation  er- 
zielt wurde/  Das  Weitere  besorgte  der  ,rastlo8e  Eifer  unserer 
Missioiuirc'. 

Der  Erfolg  gipf'cito  im  Jahre  li>T4,  ,als  die  siegreieheu 
Waffen  des  Kaisers  Leopold  die  hartnäckige  Ketzerei  Ungarns 
bewältigten'. 

Die  Jahro  — lG>>lt   wurden  für  den  TIauptsitz  der 

GeselUehaft  Jtv>u  auf  dem  Buden  rn-anis  verhängnissvoll,  und 
der  Hochsommer  des  letzteren  Jahres  besiegelte  die  Vertreibung 
ihrer  Genossen.* 

von  uDb«]uuinteti  Leuteu  oreehla^on  {».  Corneliut,  Fragm.  hiaL  Httog., 
m.  Abtb.  »lim  Jahre  H>74,  S.  412—417). 

*  Darüber  uud  das  Fol|^ende  Litt.  ann.  8.  J.  l'ruv.  Austr.,  litiMuiJer» 
a.  a.  1674;  (Cornelius),  FrHgiii.  lÜKt.  Ilung.,  a.  a.  O.}  KiauicasH,  6.  ö2fi'. 

*  Bm  Folgende  nach  den  Litt.  «nn.  8.  J.  Prov.  Auatr^  der  Chronik 
dea  Tyrnaner  Jeaaiteneolleginmay  in  der  Sammlung  von  Hove- 
nessi,  (Cornelia«),  Fragm.  luat  Hang.«  IV.  AKtli  m  den  Jahren  16S0 
bis  1(182;  Math.  B^l,  Notit  Hmi?.,  II  Kd.,  59  ff.  (ßenUtate  hieftr  die 
ha&dschriftUche  Hutoria  den  YiceuoUur»  Fraiu&  Koller.) 


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413 


ScKon  vor  der  Uebergabc  der  Stadt  Tyniau  ;m  Tökölyi 
.hih)  war  das  Oollppum  grossenthcils  gerUumt  worden. 
Den  2.  August  crsc'b*'inen  die  rcuninissfire  des  Kuruzzenftirstcn. 
Man  schliesst  die  ( >rden8vätcr  im  Speisesaale  ein  und  lässt  sie 
von  sechzig  Haiduken  bewachen.  Der  Reetor  wendet  sich  an 
den  Bevollmächtigten  Tökdlyi's,  Atidrens  Kcczer^  und  erfahrt 
ni  seiner  Besttlnsimg  Nachstehendes:  Man  habe  den  gemessenen 
Anftrag^  aUe  Ordensleute,  auch  die  Kranken,  ins  Lager  zu 
schaffen,  unter  die  Türken  zu  vertheilen,  in  Kerkerhaft  und 
auf  die  Ckleeren  zu  bringen,  oder  50.000  Goldgulden  dem  Col> 
legium  als  Schätzung  aufzulasten. 

Der  Kector  versuehte  Alles,  um  die  türkische  Gefangen- 
schaft abzuwehren  und  die  iinersehwingliche  (Johlsunime  herab- 
zumindern, erreichte  jedoch  blos  die  Ermässigung  aiii' 32.000  Gul- 
den, welche  innerhalb  zweier  Monate  in  Weeliseln  zu  erlegen 
seien,  und  war  hemfissigt,  den  Weg  ins  feindliche  Lager  ein- 
TOSchlagen,  um  hier  diese  Angelegenheit  au  ordnen.  Im  Wei- 
gerungsfälle wollte  man  die  Jesuiten  gefesselt  dahin  schaffen. 

Inawischen  erbarmte  sich  der  Qn(  Adam  Czobor  der 
hart  geprttften  Jesuiten  und  veranlasste  auch  die  Grafen  Sigis- 
mund llomonnay,  Georg  Erdody,  Stefan  Kiidasdy  und  den 
Freilierm  Niclas  Bercsenyi,  filr  das  Collegiura  in  Hinsicht  des 
Löse rrel des  gutzustchcn,  so  zwar,  dass  die  Ordensviiter  und 
Genossen  auf  ihren  Schlössern  als  Geisein  verthcilt  blieben,  bis 
der  Rector  mit  einem  von  den  Ordensbrüdern  an  die  Vorge- 
setzten abgegangen  wäre  und  mit  dem  Lösegel  de  znrttckkftme. 
Auch  erlangten  sie  eine  Verlüngerung  der  Zahhingsfirist  auf  awei 
Monate. 

Nach  •  der  Rtlckkehr  des  Rectors  aus  dem  fdndlichen 
Lager  wurden  die  Jesuiten  in  sechs  Wagen,  denen  zwei  Reiter- 
^^ompagnien  das  Geleite  galx  ii,  nus  Tyrnau  fortgeschafft,  und 
zwar  12  Geistliche  und  G  Laienhrüdei-  auf  das  8chloss  des  Frei- 
Herm  Nielas  Bercsenyi,  wo  sie  mensclientVeundliche  Aufualinie 
fanden,  3  Jesuiten  nach  SzomoMn  auf  das  Erdödy'scbe  Schloss, 
B  nach  Jökö,  im  gleichen  Besitze,  und  2  auf  das  Schloss  des 
Orsfen  Czobor  in  Bleskö^ 

*  Zu  all  den  lloinisuchmigfen  Tyrnm-s  kam  noch  dio  Fenf'r'<bmnst  vom 
8.  A«frtJ«t,  welcher  an  4(*00(?)  Mensclion  /.um  Opfer  gi'fallen  ^ciii  sollen. 
Nor  der  Stadttheil  7.\s  isdieii  dem  .Tpsnitencolleginni  und  der  Hauptpfarr- 
kircbe  blieb  verscliuut.    (Dazu  büiiierken  die  Litt.  aitu.  S.  J.  Prov. 


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414 


Der  litictor  des  Collr^nunis  bo^ab  sich  mit  «Mnt^m  Laien- 
])ni(ler  nach  HoUtsch  und  von  hier  zum  Ordenspro vinzial  nach 
Wien. 

Die  Ereignisse  gingen  rasch  Uber  diese  Katastrophe  hin- 
weg. Die  Niederlag-e  der  Türken  vor  Wien  xmA  dap  ZuHlck- 
we'ulion  Tökölyis  niachteii  es  möglich,  diit>s  Tyrnau  schon 
Ende  Dccember  von  23  Jesuiten  wieder  bessogen  wurde. 

VI.  TrentMhfn»  SiUeiii,  Skallts. 

Wenden  wir  uns  norduiirts  dem  Trentseliiner  Coniitate  zu. 

In  der  Stadt  Trentsehin  orwios  sieh  der  ( ^ber^respan 
und  CTobietsherr  (tabriel  Illeshäzy  als  eifriger  Kathohk  und 
Ktirderer  der  .lesuitenmission.  Am  16.  December  1(371  besetzte  er 
mit  liewatfneten  die  obere  Kirche,  vertrieb  den  Pastor,  Diakon 
und  Schulmeister  und  sehloss  und  versiegelte  hierauf  die  untere 
Kirche.  Iliemit  war  das  Geschick  des  Protestantisnnis  ent- 
schieden. Im  August  UMo  wurde  der  Pastor  Sinapius  nach 
Press) >nrg  vorgeladen  und  verbannt.  Der  Oedenburger  Land- 
tag (liiSl)  stellte  den  protestantischen  Gottesdienst  wieder  her, 
aber  der  Stadt-  und  Burggraf  Jobann  Prosper  Burgesel  war 
den  Evangelisehen  nicht  günstig. 

Das  Collegium  und  Seminar  der  Jesuiten  flihlte  erst  lt)82 
den  Boden  unter  sich  schwanken.  Der  Sommer  H383  bedrohte 
die  Existenz  der  Ordensväter  schon  ernstlieh.  Wold  vermocht© 
der  kaiserliche  Befelilshaber  den  Ausbruch  des  leidensehaftlichen 
Grolles  gegen  die  Jesuiten  einzudämmen,  aber  ihr  Grundbesitz 
lag  in  der  Hand  der  Aufstilndischen.  Mathias  Ruckmann,  ein 
Protestant  von  Ansehen,  hatte  den  Kuruzzen  gerathen,  allen 
Gmndholden  des  Collegiums  bei  Strafe  der  Plünderung  dessen 
Versorgunjr  mit  Lebensmitteln  zu  untersagen.  Das  geschah 
denn  aiicli.  ,Gott  geruhte  jedocli,  Air  seine  Diener  nichtsdesto- 
weniger zu  sotten.'  Denn  der  W^einschank  der  Jesuiten  in  der 
Stadt  reichte  mit  seinem  Eklrage  fUr  die  Bedürfnisse  der 
Ordensvilter  vollkommen  aus,  obschon  das  Jßaaigeld  des  Col- 
iegtums  bereits  in  Sicherheit  gebracht  worden  war. 

Austr.:  ,Co11egiiun  tempiuinrjuo  Academicnra  prodigio  »ervata  fnisM, 
ipri  §eetarü  coguov«rant.*  (Zwei  w«iM6  Tauben  «cliweblen  darflber!) 
Litt  «iin,  8.  J.  ProT.  Anatr.«  1671  AT.;  K  In  nies»,  Psta  an|f.  conf. 
eecl  (Fab4,  Monnm^  III»  97,  107^108.) 


415 


Die  Katholisiruiig  Sil!  ei  üb  (Szolnas)  *  ging  im  Jahre  1673 
nicht  ohne  Widerstand  vor  sich.  Im  Milni  dieses  Jahres  Übergab 
der  Dreissigstrerwalter  Caspar  Zirczius,  yon  Soldaten  begleitet^ 

die  protesumtiscliü  Kirelie  den  Jesuiten,  wahrend  das  hülzerno 
ßethaiis  in  der  Vorstadt  den  Fninzi»kauern  ausgeliofert  wnrde. 

Um  den  Jesuiten  zu  ent^'elien,  liatten  die  Mnrktbürger 
den  Auftrag  der  Pressbui'ger  Kammer,  sich  der  katliolischen 
Restauration  zu  bequemen^  dabin  deuten  wollen,  dass  ibnen 
die  Wahl  der  Priester  freistünde,  und  um  katholische  Welt- 
geiatliche  angesucht,  der  Rath  yerschanste  sich  auch  hinter  die 
Erklärung,  dass  er  bei  £infUhrang  der  Jesuiten  den  voraus- 
sichtlichen  Aufruhr  nicht  beschwichtigen  konnte.  Als  nun  die 
o\>en  erwähnte  Uebergabe  der  Hauptkirche  an  die  Jesuiten 
vor  sich  ging,  fügten  sich  wohl  die  Männer  der  iMassregel  ohne 
Widerstreben,  die  Frauen  aber  drangen  wUthond  iu  Jielleii 
Haufen  zur  Pfarre,  und  hatte  sie  das  Militär  nicht  auseinander- 
gesprengt, so  wäre  die  Sache  missglUckt.  Ein  Hauptgrund  zu 
diesem  Aufruhr  war  die  Anhänglichkeit  an  den  Prediger,  der 
in  dieser  Kirche  durch  33  Jahre  gewirkt  hatte.  Die  förm- 
liche Uebergabe  der  Kirche  an  zwei  Jesuiten  fand  den 
5.  April  167a  statt.*  1682—1683  begünstigten  die  Tfikdlyischen 
Wirren  die  Wiederaufnahme  protestantischer  QlaubensUbung.' 

Der  Grenzort  Skalitz  (Szakolcza)  an  der  March,  im 
Keutraer  Comitate,  verfiel  gleichfalls  der  Gegenreformation. 
1072  überwies  der  Primas  die  evangelische  Drcifaltigkeits- 
kin  he  den  Jesuiten,  welche  bereits  seit  1G60  Eingang  in  das 
Städtchen  gefunden  hatten/  aber  keinerlei  namhafte  £i*fulge 


*  »Ilnereseos  nidnni  et  asylum'  (nennt  es  der  Jnliresborirht  der  ö.^terr. 
Jesuitenprovinz  zum  Jahre  1673),  ,in  quo  5U  conipani  (itn  vocatit,  i}ui 
Utoris  etUmtiQiii  ▼■eaittss  in  fiitnros  Tdibi  ndnistroe  ^ncjuitur)  ad  iiicre- 
nenttini  haoreticae  prsTitatis  alebnutor.* . . . 

*  Litt.  ann.  8.  J.  Prov.  Austr.  «.  a.  1678. 

^  Kl.uiicza,  Fata  ang.  conf.  ccc-1.  .  .  .  (Fabo,  III,  119.) 

*  I)<  r  daiualig^e  Kalocflaer  Erzbischof  {>/.ele|»c.^enyi  (uachnial.s  rrim.-is) 
tcrtigte  den  6tittungsbrief  für  die  Skalitzer  JeHuitunresiden/i 

nnd  1660  erfolgte  die  Niederlassung  der  OrdeuHtnännor.  Die  Btadt« 
gemeiiide  aehloM  mit  UuiAB  einen  Vertrag,  demsufolge  den  Jeauiten  ein 
Hatiwntheil  ttberlaaaen  nnd  unter  Wahrung  des  Oemeindepatronates  die 
Benfitonn«:  der  8t.  Micliaelfliürche  und  Sacriatei  für  ihren  GotteadteMt 
K«tattek  woide.  fiupp,  Magyarofaaa^  helyn^ai  tOrtinete^  1,  199  f,  wo 


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416 


anMeaen,  wftbrend  das  cahnnwche  BetfahauB  den  Paufiner 
Eremiten  anfiel.  Bischof  Kollonitsch  suchte  1681  die  Zuge« 
stündnisse  des  Oedenburgcr  Landtages  den  Skaiiiaer  Prote- 
stanten zu  verleiden.  Die  R&ckkehr  des  Pastor»  fand  erst 
4.  September  1683  statt,  nachdem  die  Jesuiten  den  ungastlich 
gewordenen  Ort  verlassen.' 

Vn.  Die  westongarisohen  Beigatadte. 

Indem  wir  uns  im  westungarisclicn  Oebii^filandn  weiter- 
bewegeUi  Stessen  wir  auf  das  Qebiet  der  Bei^tädte,  deren 
Gemeinwesen,  trota  der  bereits  vor  1()70  vom  Jesuitenorden 
hierorts  gewonnenen  Uusscrlichen  Erfolge,  noch  immer  zu  den 
aähesten  Verfechtern  des  Protestantismus  zählten.  8eit  1 672  ging 
man  ihm  nun  ernstlich  zu  Leibt*.  So  licss  schon  18.  November 
1672  General  Strassoldo,  der  den  Aufstand  Pica's  im  Arvaer 
Comitate  gedämpft  hatte,  durch  Leslie  die  Burgkirche  in  Alt* 
sohl  besetzen.* 

Angesichts  der  drohenden  Sachlage  unterbreiteten  die 
sieben  königlichen  Freistädte  des  Berggebietes  im 
Jahre  1675  eine  Bittschrift  an  den  Kaiser,  worin  sie  um  Oe* 
nehmigung  je  eines  deutschen  und  slavischen  Predigers  evan- 
gelischen Bekenntnisses  oder  wenigstens  um  die  Erlaubniss  an- 
suchten, an  Sonn-  und  Feiertagen  Gottesdienst  in  Privathäusem 
abhalten  und  Begrilbnisse  mit  Qlockengeläute  veranstalten  zu 
dürfen.  Bios  Gesuch  blieb  begreiflicherweise  vergeblich;  denn 
seine  Begutachtung  wurde  dem  Primas  zugewiesen.' 


sich  auch  die  Priratettftiiqg«&  su  Onintea  der  JeaniteurMideiis  ver- 
zeichnet finden. 

*  Klanicza,  Fata  Ang.  conf.  occl.  ...  (F ab 6,  III,  152—153.)  Zur  Wicder- 
oratarkung  des  Luthvrthums  in  Skalitr.  1683  ersähl&u  die  Litt.  ann. 
8.  J.  Fror.  Austr.  uachatehendos  Histörchen.  Ein  Lutheraner  habe 
die  Statoe  dee  heil.  Frai»  XaTeriiu,  des  cmnonidTten  Ordensmaimes,  ge- 
hSlmt:  fQuid^bie  «gis,  tn  Jeiulta,  qnare  cum  alii*  non  fngiTiati?* 
Tandem  vibrata  »ecuri  a]i<|ii<<tii-s  ><tatnam  eoncnsKit,  dicens:  ,Eg'i^<lere  tu 
ncquam  JcMiita  ex  ti  iiii>lM  iiostm,  eanK^io  .id  plato.nm  oiiecit.'  (Der 
Stadtiint.'ir  habe  dio  m>  ;,^t>niis8handelte  8tatuc  in  Vcnvahruug  genommen.) 

«  Klanicxa,  a.  a.  O.  (Fab«S,  III,  276  ) 

•  Bibinji,  Memorab.  ang.  Conf.  in  B^pu>  Hang.  (I7«7)»  22-37. 


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417 

All  der  Sjjitze  Her  BittiJteller  standen  SclioniTiitz  und 
Neiisohl.  wo8cll)i>t  «1»  r  .Icsuitenorden  feste  bleliungen  gewoDueu 
hatte,    liepmicn  wir  mit  Schemnitz.* 

Per  Ordeiiöbericht  über  das  Jahr  1071  froldockt.  dass  es 
keinen  Festtag  oder  Sonntii^^  pil).  an  welchem  nicht  irgend 
eine  ,B®w^*  Bekehmngswerk  abfiel.    Zwei  Ursachen 

seien  hiebei  förderlich  gewesen:  die  Besitzergreifun«;  vuu  den 
Kirchen  fUr  den  Katholicisinns  vom  Jahre  KiOH  und  die  im 
Jahre  ir>71  von  dt;n  Jesuiten  erwirkte  Ju'>.tauration  der  (Je- 
meiu(leverwalttin<i.  Der  innere  und  dvr  äu.s.scre  Kath  sei  zur 
Hälfte  aus  Kallioliken  zusammeii^'-cöetzt  wtirdeii,  welehc  das 
ihnen  tibertrapeiic  Amt  als  vertrauenswürdige  Ptrsuneu  aus- 
übten, so  zwar,  dass  sich  die  ijutheraner  selbst  dazu  beglück- 
wünschten und  in  vielen  anderen  Stadtgemeinden  den  gleichen 
Vorgang-  herbeisehnten.  Mit  Befriedigung  erftlllto  im  Jahre  1G74 
die  straninikatholische  Haltung  des  damaligen  Stadtrichtei-s,  der 
es  dahin  brachte,  dass  den  Andersgläubigen  die  Möglichkeit, 
ihren  Cultus  auszuüben^  fast  gänzlich  entzogen  wurde. 

So  schien  die  Sache  der  Evangelisehen  in  Schemnitz  hoff- 
nungslos zu  bleiben,  und  auch  der  kecke  Handstreich  des  da- 
maligen Kuruzzenhauptmannes  P.  Jozsua  gegen  die  B*  rgstiidte 
*  (H')78  April)  bewirkte  nur  ein  kurzes  AufÜackem  des  Prote- 
BtantentbumB.^ 

£inen  naehhaltifren  rmschwung  schien  das  Jahr  1682  be- 
wirken zu  sollen.  Aber  die  Wirthsckall  desTr.kr.lyisehen  Kamraer- 
grafen  Jänoky,  der  einerseits  den  Evangelischen  die  Kirchen 
und  Schulen  zurückgab,  anderseits  aber  alle  Bergämter  nach 
Willkür  besetzte,  konnte  keinen  Segen  bringen,  da  sie  nur 
HasB  und  Zwietracht  in  die  Bürgerschaft  trug. 

Die  Jesuiten  müssen  weichen,  docli  ftihrtc  sie  der  Wechsel 
des  Kriegs^liu  kes  den  0.  December  1Ü82  wieder  nach  Schemnitz 
rarttck.   Kaiser  Leopold  erledigte  das  Bittgesuch  des  (toter- 


>  Litt.  ann.  S.  J.  Pr«v.  Aiittr.  167 1^1  ASS;  (CornelUs),  Fngn. 
liiBt  Bvatg^  ni.  Abth.  KU  1671  f.,  S.  212    229  (sehr  aitsiabrUch  Uber  die 

Vorgeschichte).  Math.  Notit.  llung.,  IV,  5'.I2  ff. 

•  Die  charakteristische  Btelle  ia  dem  Briefe  drs  fr<'lt'hrten  Kei.sonden 
Tollius,  der  im  Jahre  1687  Hehemuitz  be«uchte,  au  Kniphausett  (£pi- 
stolae  iüuerariae,  V,  lu6),  über  da^,  was  er  von  Augeuzeagen  davfilMr 
«vfnhTi  bietet  TolKnlMiaicb  BAI,  a.  a.  O.,  der  au  den  Eist  eomitetaum 
▼OD  ParschitsiuB  (B.S8S)  «ne  andere  AnfiMichnuiig  beibringt 


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418 


reicliisclieii  l^rovinziials  dahin,  dass  die  OrdcnsvÄtcr  mit  den 
IvHiserliclicn  als  ,Caplftne*  der  Montanstftdtc  einziehen  küuuten. 
80  bezogen  denn  ztsei  Jesuiten  die  Schemnitzer  Residenz  und 
be^rannen  den  ,von  dun  Ketzern  zerstörten  Weinberg  des  Herrn' 
lu  uerdin^'s  zu  oi  stt  llen.  Sie  fanden  nllralich  alle  Kirchen  in  der 
Hund  (kr  Gegner  und  die  Frucht  der  Missionen  in  den  Nachbar- 
dörteru  vemiehtet.^ 

Schlimmer  noch  gestaltet  sicli  der  Öouinicr  des»  Jalircb  l6S'd, 
als  Sehciunitz  die  Kuruzzen  neuerdings  vor  seinen  Mauern  sah 
nnd  die  Jesuitenresidenz  aufirelöst  wurde.  Dem  Siege  üIkt  die 
TUrkt'ii  vor  Wien  folirt»'  dann  die  Wiederbesetzung  der  Stadt 
von  Seite  der  Kaiserlichen  und  der  poluisehen  Hilfstruppen. 

Aehnlich  verliefen  die  Geschicke  des  Ordens  in  Neu- 
sohl. Hier  beseheerte  das  Jahr  1674  der  Jesnltenresidenz  die 
willkommene  Gelegenheit,  einen  mne^sgebenden  Eintluss  auf  die 
Genieindeyerwaltttug  auszuüben.  Bisher  nümlich  habe  die  Be- 
fitätigung  des  gewählten  Stadtrichters  dem  Oberpastor  zuge- 
standen. Seit  der  Vertreibung  der  ,Prä(IIeanten'  (eine  Folge  der 
gerichtlichen  Verfolgungen  und  ürtheile  s  Pressburger  Tri- 
bunales) wies  ein  kaiserliches  ^fandat  dem  Jesuitensuperior 
diese  Heingniss  zu.  AU  daher  die  Jäunerwahl  des  Neusohler 
Stadtrichters  erfolgte,  fand  sie  im  Beisein  des  Ordensmannes 
statt  und  traf  —  was  seit  hundert  Jahren  nicht  der  Fall  war 
—  einen  Katholiken,  den  der  Superior  in  seinem  Amte'  be- 
stfttigte. 

Von  Neusohl  ans  griflP  die  Mission  in  das  benachbarte 
Kupferbei^werk  Herr  engrund  (Vallis  dominorum).'  Kan 
sollte  für  die  Unterbringung  zweier  Jesuiten,  die  dort  die  ka> 
tholische  Seelsorge  in  Angriff  nahmen.  Mit  Selbstgefühl  ver- 
zeichnet der  Ordensbericht  die  Thatsache,  dass,  während  früher 
unter  allen  Httuem  des  Kupferbergwerkes  kaum  ftlnf  Katho- 
liken aufgefunden  werden  konnten,  jetzt  kaum  so  viel  Anders- 
gläubige vorhanden  seien.  Mit  den  Weibern,  ,dte,  als  minder 
verständig,  spröderes  Qemttth  ftlr  die  Bekehrung  aufwiesen', 
habe  man  einen  härteren  Stand.   Dennoch  seien  auch  schon 


'  Litt  «nn.  8.  J.  Fror.  Austr.  a. «.  1682. 

*  Ibid.  1674. 

*  Ibid. 


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419 


manche  von  ilmen  iur  (Kmi  bossereu  Gluubön  guwouatio,  und 
mehrere  wiir(k»n  noch  ii.ic  hi()lji;fen. 

Flir  die  Spernm;^^  der  protcstautischcu  Schulen  habe  mau 
Sorpre  «r^tra^^t'ii  uud  überwache  scharf  das  Treiben  der  ketze- 
rischen jStliolaren*. 

Den  Neu  sohler  Katholiken  sei  es  sehr  erwünselit  «ge- 
wesen, dass  den  Protcst.nnton  auch  die  Heiligenüt-ist-  uud  die 
St.  Elisabetli-Spitalkirche  entrissen  wurdtsu.'  Als  BejLcrül>uiss- 
sUitte  erscheint  den  , Ketzern'  ein  kleiner  Acker  ausserhalb  der 
Stadtmauer  angewiesen. 

Im  Juhre  ItiTü  zei«rte  sieh  unter  den  Keu.-juldt  r  Käthe»- 
liken  eine  lebhafte  Agitation  zu  Uunsten  dw  L'eberlragung  des 
Pfarramtes  an  einen  der  Ordensniänner.  Der  Frimaa  kam  auch 
diesem  BejL''elircn  bereitwilli^^.st  enti;ri,''en.^ 

Das  Jahr  lt>82  bescheerte  der  >«eu8oliler  Jesuitenresidenz 
das  <,deiehe  wechselnde  Gesehiek  wie  der  Schemnitzer  Ordena- 
ansiedlunii:.  Die  Jesuiten  waiidcrtrn  aus  und  kehrten  als  .Oa- 
pläne'  der  Montanortc  zu  rück,  in  Keusolil  wirkten  dann  drei 
Genossen  unter  den  neuen  schwierigeren  Verhältnissen,  die  im 
Sommer  lb83  einen  neuen  gefahrdrohenden  Umschwung  im 
Gefolge  hatten.  Der  Tökölyische  Kammergraf  Janoky  begann 
in  Neusohl  jene  Neuerungen,  welche  er  dann  in  Schemnitz 
fortsetzte,  und  lieh  den  Klagen  der  Evangelischeu  über  die 
Jesuiten  ein  wiUiges  Ohr.  Sie  mussten  dem  Sturme  weichen, 
his  das  Jahr  lt>Ö4  die  Sttidt  wieder  den  Kaiserlichen  zuflährte. 

Tm.  BoMnan-Jölsva  Im  GömÖrar  Oomttate. 

Während  die  Chronik  der  Rosenauer  Ordcnsansiedlung' 
besonders  seit  dem  Mai  des  Jahres  1U71,  in  Folge  der  Ver- 
treibung des  deutschen  und  ungarischen  Pastors,  die  Vorherr- 
schaft der  Jesuiten  im  kireldichen  Leben  dieses  Priinatialortes 
befestigt  zeigt  und  flir  1G81  ihren  Niedergang,  die  Fhu  ht  der 
Ordensväter  vor  den  T  »!;  ilyianern  bis  auf  Kinen  (Valentin  Ba« 
logh)  venseichnet,  der  im  Jahre  1082  den  Wanderstab  ergreifen 
mnaate,  macht  uns  der  Jahresbericht  des  Ordens  von  bis 

'  (C«riit*liu8),  Fnigm.  lii»t.  Ilung.,  III.  Abth.  znm  Jnhro  IC76,  S.  07G 
bu  (»7a 

*  LitL  ann.  8.  J.  ProT.  Auttr.  «.  a.  lB88^16ii$8. 

*  Rotenaaer  J«f  uiteacliroaik  (Hevonetsi't  SuDnüttog). 


420 


lt»T4  mit  einer  neuen  Mission  im  CJömüicr  Com i täte,  zu  Jöl8va,* 
Wekaimt.  einem  Orte,  der  wohl  zum  kaiserlichen  Ungarn  ge- 
h(trte,  den  Türken  jcdocli  zinsjiHiclitiir  war. 

Das  .liartTiftcki-re  KcUernest"  sollte  schon  im  Jahre  1671 
rekathdlisirt  werden.  Als  die  Prosshnr^tTer  Kammer  dnroh  die 
Muränyer  Burgvcrwaltuniar  die  Kirohcnschlüssel  abverlangen 
Hess,  kam  es  zum  förmlichen  Aufruhr,  so  dass  man  von  der 
Schiesswaft'e  Gebrauch  machen  musste,  nni  Hio  ]{<«w(  f^iing  im 
Blute  zu  ei-stickeu.  Die  Kirche  blieb  nun  geraume  Zeit  pre- 
schlossen  und  der  protestantibrlic  ( iottcsdienft  auf  ein  hiil/.ernes 
Kirchlein  beseliränkt.  Mau  sorgte  auch  für  die  Katholisirung 
des  Magistrates. 

Die  Jesuitenmission  wurde  im  Jahre  1073  mit  Geneh- 
migung des  Provinzials  und  des  Zipser  Kammergrafen  Volkra 
vom  Kaschauer  CoUegium  eingeleitet^  Sie  sollte  wenig  dankbar 
werden. 

Das  Jahr  lö74  ftlhrt  die  Kuruzzen  in  die  Nähe.  Ihre 
SpUher  werden  von  den  Kaiserlichen  aufgegriffen;  Soldaten 
und  bewaffnete  Marktbewohner  vertreiben  den  Feind  fllr  karse 
Zeit.  In  der  Nacht  vor  Himmelfahrt  Manä  brechen  drcissig 
^fartolosen'  das  Thor  des  Castells  ein,  woselbst  der  Missionär 
wohnt,  und  bedrohen  ihn  mit  Schüssen  und  SteinwUrfen.  Der 
snveite  Ortsrichter,  ein  würdiger  Greis,  rettet  den  Ordensmann 
durch  das  Angebot  von  40  Gulden,  anderweitige  Geschenke, 
reichlichen  Trunk.  Ermnlinnngen  und  Thrftnen  vor  einer  Ge- 
waltthat  der  Strolche.  Als  er  am  16.  Octolun*  zur  Messe  läuten 
lässt,  will  ihn  ein  Trupp  Kuruzzen  überfallen.  Der  mit  swölf 
Dienern  zur  Weint(  sc  nach  Tokay  reisende  Schloflsverwalter 
stOsst  zuOlUig  auf  die  Bande  und  zersprengt  sie. 

GefUhrlicher  noch  gestalten  sich  die  Zustttnde  im  Orte 
selbet  Die  protestantischen  MarktbUrger  meutern  gegen  die 
von  der  ungarischen  Kammer  verfllgte  Restauration  des  Magi- 
strates. Zweimal  werden  sie  auf  die  Buig  MurAny  citirt,  bleiben 
jedoch  hartnäckig  in  ihrem  Widerstande.  Da  sendet  die  Kammer 
Soldaten  ab,  die  Bürger  weichen  der  Gewalt,  begeben  sich 
nach  Muriny,  bequemen  sich  aum  KathoHoismus  und  werden 


'Litt  ann.  8.  J.  Prov,  Austr.  a.  a.  1673—  1674.    Vgl.  Klanicsa 

(Fabd,  Monnin  in.,  17—19). 
*  Litt.  «DU.  8.  J.  ProY.  Austr.  s.  a.  1678- 1674. 


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421 


80  von  der  Strafe  lost^esproclK  ii.  Dies  naliiii  alter  der  Pascha 
von  Erlau  krumm,  lud  sie  vnr  .sii  h.  um  dem  (ilaubenswechsel 
auf  den  (trund  zu  kommen,  un<l  als  sie  in  die  Türkenstadt 
eintraten,  rettete  sie  nur  Besteehnnff  vor  einer  liastcmade.  Der 
Pascha  verübelte  es  ilmen.  dass,  wilhrend  die  Kosenaurr,  vor  das 
Pressburper  Tribunal  eitirt,  an  dem  inotestaTitischcn  Glauben  fest- 
hielten, die  Jolsvarer  durch  die  blosse  Wirladung  nach  ilurany  zum 
Abfall  von  ihrer  Uelij^ion  veraulaisst  worden  seien.  Sodann  le^e 
er  ihnen  zur  Last,  dass  sie  einen  ,Pfaflcn^  als  Kildelsllihrer  des 
Ganzen  in  ihren  Mauern  beherbergten.  Der  Tllrke  droht,  er 
werde  600  Reiter  absenden,  um  diesen  zu  ergreifen  und  der 
verdienten  Strafe  zuzuführen.  Alle  Bitten  und  Thrünen  helfen 
nichts.  In  Jöbva  ist  Alles  voll  Angst;  man  räth  dem  Jesuiten, 
sich  ni  verbergen;  er  irrt  nun  IlUcktig  in  Waldungen  berum, 
und  sendet  eine  llechtfertigung  nach  Erlau;  ,mit  welchem  Er- 
folge ist  noch  dunkel^,  heisst  es  im  Ordensbericht 

IZ«  Gyöngyjto, 

Zu  den  voigeschobensten  Punkten  der  Ordensthätigkeit 
an  der  Grenze  des  ungarischen  Berg-  und  Tieflandes  sfthlto 
Gjöngyös  in  der  fruchtbaren  Hevescher  Gespanschaft.^ 

Hier  gab  das  entschiedene  Auftreten  der  Jesuiten,  die  es 
anch  an  kirchlichen  UmKÜgen  oder  Processionen  nicht  fehlen 
Hessen,  der  calvinischen  Bürgerschaft  den  triftigen  Grund,  sieh 
auf  den  Kriegsfuss  mit  den  geflthrlichen  OrdensmKnnem  zu 
stellen.  Man  stockt  sich  hinter  die  Türken  als  Gewaltherren 
des  Gebietes  und  verklagt  die  Jesuiten.  Sie  hätten  die  Absicht, 
den  Akatholiken  die  Kirchen  zu  entreissen,  die  Flrttdicanten  zu 
erschlagen  und  die  in  ihrem  Gotteshause  versammelten  Cal- 
viner  in  Masse  morden  zu  lassen  —  Beschuldigungen,  ftlr  deren 
Thatsächlichkeit  der  Ordensbericht  zum  Jahre  1611  ein- 
stehen mnss. 

Der  türkische  Beg  rüstet  alsbald  40  Mann  zu  Fuss  und 
ebensoviole  Reiter  aus  und  Itfsst  den  katholischen  Ffairer,  den 
Jesuitonsuperior  und  einige  Rathsherren  nach  Hat  van  escor- 
tiren.  Als  die  Gefesselten  den  Wagen  entstiegen,  werden  sie 
eingekerkert  —  mit  Ausnahme  des  Pfarrers  und  Superiors  — 


*  Litt.  aan.  S.  J.  Ftov.  Aaatr.  a. «.  1671->188d. 


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422 


welche  der  Beg  in  sriiie  Bcliiiusunfi:  fRLren  lUsst,  ,ans  klufjer 
Besorgniss  vor  oinom  Aufruhr  der  (Hatvaner)  KathoHkcn',  heisst 
©8  im  Berirliti  ,  Nach  sechs  Tagen  werden  die  Verhaftet»  n  frei- 
gclassooy  doch  müssen  sie  dem  Beg  suYOr  60  Reichsthaler 
LöscgeUl  entrichten. 

£in  schlimmes  Gonrittcr  zog  sich  im  .lahrc  \(>12  zu> 
sammen.  Die  Ketzer  sei«  n  dem  Ofner  Vezier,  dem  Pascha  von 
Erlau  und  den  verschiedetien  Begs  in  den  Ohren  gel<^en,  man 
wolle  sie  mit  der  Verhaftung  der  Jesuiten  betniuen^  die  den 
Tttrken  selbst  vordttchtig  geworden  waren.  Die  QyöngyOser 
Katholiken  waren  jedoch  auf  der  Hut  und  zur  äussersten  Ver* 
theidigung  der  Jesuitenresidenz  bereit.  Ja,  der  Krlauer  Pascha 
liess  insgeheim  den  Ordensvätem  die  Weisung  zukommen,  sich 
ruhig  zu  verhalten,  denn  eine  gewaltsame  Entführung  aus 
der  Residenz  würde  er  nicht  gestatten.  Von  dem  ihm  befreun« 
deten  Hatvaner  Beg  wurde  der  Superior  überdies  yerstündig^ 
es  sei  im  Lager  der  Aufständischen  beschlossene  Sache,  ihn, 
wenn  man  seiner  habhaft  würde,  bei  lebendigem  Letbe  zu 
schinden. 

Die  Lage  der  Jesuiten  wurde  immer  schwieriger;  auch 
die  Feuersbrunst  des  Jahres  1674  trug  das  Ihrige  dazu  bei. 
Das  Hauptquartier  der  Oegner,  das  Wirthshans,  widerhallte  von 
harten  Worten  gegen  die  Ordensleute.  Dennoch  harrten  sie  aus, 
versuchten  überdies  im  Jahre  1677  eine  Mission  in  den  Pfarr- 
sprcngcln  um  Erlau  und  jenseits  der  Theiss  und  zogen  auch 
JAszbereny  In  deren  Bereich.  Bezeichnend  ist  es,  dass,  als 
1683  Tokölji  die  Gyöngyöser  Jesuitenresidenz  besetzen  will, 
dies  der  türkische  Tschausch  hindert  Doch  fehlte  es  nicht  an 
Drangsalen  und  Schäden. 

Z.  Fünfkirchen. 

Das  Seitenstilck  der  QyOngyöser  Residenz  ist  die  Ordens- 
ansiedlung in  Fttnfkirchen,  mitten  in  der  türkisch  gewordenen 
Stadt  Westungams,  ein  geftlhrliches  Feld  seiner  Thätigkeit  Der 
Jahresbericht  von  1671  frohlockt  über  die  Einführung  des  gre- 
gorianischen Kalenders  in  Hettin,  dem  volkreichen  l^Iarkte 
der  Nachbarschaft,  da  steh  zu  diesem  nützlichen  Vorgange  auch 
andere  Orte  bequemen  würden.  Den  Tttrken  wurde  aber  die 
Mission  in  Hettin  verdächtig  gemacht  Der  Beg  von  FUnfkirchen 


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42S 


wollte  den  Jesuiten  nach  Ofen  sebaffen  und  liier  vor  Gericht 
stellen,  aber  der  türkische  Ortsvorsteher  von  Hettin  dies  nicht 
zugeben,  um  sich  selbst  des  Ordensmannes  zu  bemttchtigen. 
Die  Hetttner  Katholiken  schössen  daher  300  Reichsthaler  stt* 
sammen  und  bewirkten  so  des  Paters  Freilassung.' 

XI.  Die  Zips. 

Eines  der  bewegtesten  Wandelbilder  in  der  Geschichte 
der  katholischen  Bestauration  Obcrungams  tritt  uns  auf  dem 
Boden  des  Zipser  Landes  vor  Augen. 

Hier  bildet  noch  immer  das  Jesnitencollcgium  zu  Kirch- 
drauf  (^Szepes-Vdrallyn),  im  Borciche  der  sogenannten  dreizehn 
Zipser  Orte  den  Halt-  und  Ausgangspunkt  der  Ordensmisston, 
deren  Frtlchte  bisher  den  Erwartungen  der  Väter  keineswegs 
entsprachen,  während  ihre  Concurrenten,  die  Piaristen  zu 
Pudlein,  einem  der  burghenschaftlichen  Orte  der  polnischen 
Zii>s,  an  das  Bekehningswork  rtbtig  gingen,  aber  auch  manche 
Enttäuschung  einheimsten.' 

Das  Bewi'<,Min^sjahr  1670  hatte  dom  Zipser  Josuitencolle- 
giiim  an  3000  Gulden  Sehadcn  zup^ofligt  und  noch  Schlimmeres 
in  Aussiolit  gestellt.'  l'iu  so  willkommenor  war  der  Sieg  der 
kaiserliehen  Saelu',  denn  er  verbürgte  zuglcieli  den  Ei'folg  der 
Ordensliestre  hu  1 1  ^  r  u . 

liald  nach  der  Capitulation  V(m  Kaseha«  trafen  d<*r  kaiber- 
liehe  Commissilr  (iiaf  Hothal  und  General  SjH.rk  (^10.  August 
lti70)  in  liculöclit'inlnrl"  ^l*u[»rad)  zusannnen,  um  sieh  üher  die 
Massregeln  zu  ver.stiiudigen,  welche  lür  LeutsehaiF  zu  er- 
greifen wären.*    Am  20.  des  Erutcmonuts  traf  die  kaiserliche 

>  Litl.  aiiii.  S.  J.  Prov.  Au^tr.  1671,  1G74. 

*  Pud  lein  er  PUriateucliroiiik  (HUt.  Provinci«e  Scholwrum  Piarum 
Palonae  1642-- 1086  «.  P.  Mich.  a.  V.  M.  M.  V.  (Proviociatis)  con- 
s>  riptite.  (Miser.) 

Litt,  an  II.  S.  J   Prov  Anstr. 

*  i>as  Weitere  «tiltist  sich,  aliLreselien  von  tlen  Litt.  ann.  S.  J.  Pruv 
Austr.,  auf  die  Leutschauer  Chronik,  und  %\var  auf  die  Hand- 
■chrifk  denelbea,  welche  der  gelehrte  Jesuit  O.  Wagner  in  «etuen  stoff- 
reichen ^nslecta  Seepnaii  sacri  et  profeni*  (L,  n.  Put.,  1778—1777  ett 
Wien,  m.  und  IV.  au  Pressburg,  Kasckau  1778),  die  die  wichti^to  Ma- 
terialsanunluug  zur  Geschichte  de«  Zipser  Landes  bieten,  in  der  Pars  II, 
I.  AbtU.,  ä.  1—46,  «USX ags weise  bis  zum  Ende  des  Jahres  1679 


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Commissioii  in  der  Hauptstadt  des  Sachsenlandea  ein  und  yer- 
blieb  Hier  bis  Anfang  November  dieses  Jahres.  Es  waren  dies: 
Graf  Rothaly  General  Heister,  Graf  Volkra,  Graf  EssterliAsy  und 
Bischof  Gubas6czj.  Im  October  begannen  Vorkehrungen,  die 
der  protoBtantisohen  Bürgerschaft  ünsserst  bedenklich  vorkommen 
mussten.  Man  besetzt  die  Stadtthore  mit  Soldaten,  nimmt  dem 
Rathe  die  Schlüssel  ab  und  trifft  dann  Anstalten,  die  windiscbe 
Kirche  sammt  den  Nebengebäuden  fllr  die  fVanziskaner  ein- 
suräumen.  Die  Lentscbauer  protestiren  und  ergreifen  die  Be- 
rufung an  den  Kaiser. 

Das  war  nur  ein  Vorspiel  der  Ereignisse,  die  der  Frühling 
des  Jahres  1671  bescheoren  sollte. 

Den  26.  April  trafen  der  bekannte  Vordermann  der  katho- 
lischen Gegenreformation,  Probstbischof  BArsony,  und  Kammer- 
rath Sigismund  HoUö  in  Leutschau  ein,  um  das  für  die  Jesuiten 
bestimmte  Franziskanerkloster  in  Besitz  zu  nehmen.  Da  sieh 
die  Bürgerschaft  beharrlich  weigert,  so  lisst  der  Zipser  Pkx>bst 
am  12.  Mai  die  Klosterthore  sprengen. 

Die  zur  Gegenwehr  bereite  Bürgerschaft  wird  vom  Bathe 
nicht  ohne  Mühe  beschwichtigt  Endlich  bequemt  man  sich 
(16.  Juli),  das  Kloster  den  Jesuiten  auszuliefern.  So  werden  sie 
in  Leutschau  heimisch,  und  die  Verttnderung  des  confessiO' 
nellen  Gepräges  zeigt  sich  schon  darin,  dass  am  2.  Juli  eine 
feieriiche  Frocession  der  Katholiken  aus  den  benachbarten 
Dörfern  vor  das  Kloster  auf  dem  Marienberge  in  Scene  gesetzt 
wurde. 

Die  Sachsenstädtehen  Hundsdorf,  Donnersmarkt,  Dirn, 
Kabsdbrf  verfallen  den  Katliolisirunf^smassrefjjehi  des  Zipser 
Frohstes,  nicht  ohne  Widerstand,  den  an  letztgenanntem  Orte 
insbesondere  die  W  eiher  an  den  Tag  legtt^n.' 

Auch  im  jOriuidner  Gebiete*,  so  in  Reichenau  (Riehno), 
bürgert  sie  sicli  ein.* 

Weniger  Glück  hatten  die  Pudleiner  Piaristen  mit  ihrer 
Mission  in  Wallendorf,  ja  dies  Missgcschick  zoi;  ihnen  sogar 
—  wenn  auch  vorübergehend  —  den  sclnvereu  Groll  ihres  Ginind- 


hemugab,  wlbreud  ihr  TolUtSndiger  TexUbdmck  imGlIttingerMa- 
g-nziu,  hernusgc^cbon  vuii  Oeellraann,  II,  nicht  m  weit  gedieh. 

'  LentHchauer  Chronik  sum  Jahie  1671. 

»  Ibid. 


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425 


heim  und  Gönners/  des  Erbstaiosten  Lubomii-ski,  zu,  dessen 
Mandate  vom  Juni — Juli  KiTl  den  Vütern  der  l'rommen  Schulen 
Ansprüche  auf  die  Hähto  der  kirclilichen  Einkünfte  und 
Zehenten  und  die  Capellen  zu  Walleudorf,  Kirchdrauf, 
Iglit  (Neudorf^,  Miehelsdorf,  St.  (i eorjji'cnbero^,  Leibitz 
und  Bela  eröffnen.  ThntsHelilieh  «jelan^'ten  atuli  die  Piaristen 
in  den  Besitz  der  cvang-elisclien  Kirchen  zu  Bela,  Leibitz,  Neu- 
dorf, Kirchdrauf  und  der  Capelle  von  W  allendorf.-  Daflir  ver- 
sprach der  Zipser  Erbötarost,  die  Protestanten  der  dreizehn  Ort- 
schaften unbehelligt  lassen  zu  wollen. 

Das  bewegte  Jahr  1(572,  das  die  Zips  bereits  in  die 
Wirbel  des  beginnenden  Ivtiruzzenkrieges  reisöt  und  iiu  Herbste 
die  Insurgenten  unter  dem  Befehle  Petri^czy's  vor  die  Thore 
Leutschaus  führt,  allwo  die  kaiserlichen  Söldner,  das  Regi- 
ment Spankau,  unter  seinem  Obersten  Die]>enthal,  anfilnglich  in 
der  Vorstadt.  d;uin  auch  in  der  inneren  Stadt  LiL'^rn,  stellt  uns 
vorerst  die  Rührigkeit  der  Jesuiten,  die  Erütlnung  ilirer  Schule 
in  der  Hauptstadt  des  Sachseulaudes  ['2'J.  .lull)  vor  Augen. 
Hier  wie  überall  suchen  sie  durch  das  geistliehr  Schauspiel 
ihrem  Schulwesen  <  ilanz  und  gerHuschvolle  Geltung  zuzuwen- 
den. 1<373  (4.  ,lnni  I  fand  bei  Pauken-  und  Trompetenschail  auf 
offenem  Markte  eine  ,Comoedia'  statt.' 

Das  allgeiueine  Geschick  der  Protestanten  Oberungarus, 
1613 — 1674^  gerichtlich  Ycrfoigt  m  werden,  ereilte  Leutschau 

*  S.  oben  4i*.'i,  Anm.  „'  iihortüe  Pudleiiier  Piarif»tt!m  lii  nnik.  UkI  dor  VVallon- 
dorfer  Miiutiua  k«ini  uh  zur  Veningliiupfuiig  eiuer  MarieiiHbttiie;  die«  ver- 

uilaMte  die  Piamfeen  w  «o  gerioaehvoUen  Beschwerden,  deae  ihr  OVnner, 
der  Zipser  firbeteroet  LabomUaki,  darttber  auf  das  Aeuaaerate  erbittert, 

die  Plartsten  der  uuTerautwortücluteu  Tactlosigkeit  sieb,  ja  aogar  an 
den  Lublauer  Vicopräfocten  die  Weisung  ergehen  liei«,  er  »olle  den 
Kiclitorn  der  13  Ortschaften  (der  polniHchon  Zips)  verbieten,  die  Pi.nri«tt>Ti 
antV.unehmen,  ja  ihnen  ,nur  einen  Biseen  Brot  zu  reichen'.  Er  drohte 
aogar,  das  Pudleiner  Kloater  an  zerstören,  so  daaa  kein  Stein  auf  dem 
andem  bleiben  aolle.  Dieaer  Stnrm  legte  ü»h  aller^ga  bald  wieder. 
1674  flbemahmen  die  Pndleiner  Piariaten  die  Ffiunre  in  Bdla,  naebdem 
der  dortige  Pa.ntor  weichen  muaste. 

*  Vgl.  auch  die  Hi»t.  orrl.  fvan*».  Anpsb.  conf.  «ddirtornm  in  HnnpariA 
uni versa,  praocipuo  vero  iu  Xlll  oppidis  Scopusii  {HalborsLaill  1830), 
25.  Ibl  d'.  und  Sam.  Weber,  Die  evaug.  Getuoiude  Bela  (Käsiuark  1885). 

*  Litt  ann.  8.  J.  ProT.  Auatr.  a.  a.  1678,  1678. 

*  FQr  die  katholiacbe  Gegmrefonnation  in  der  Zipe  bieten  von  prote- 
stantischer  Seite  zw^  Zeitgenossen  Qnd  Zäpaer  Pastoren  An&eieh- 

AnAkt.  LUX.  Bd.  IL  HiUls.  28 


426 


im  Frühjahr  1674.  Man  bdani^t  seine  Vertreter  unter  der 
Anklap^e  auf  Bcthcih;^un^  an  d<-r  .Rebellion'  des  Jahres  1()70 
vor  das  Pressburger  Tribunal  {6.  Februar);  Kammerpräses  Bi- 
schof Graf  Kollonitsch,  fordert  (25.  Februar)  die  Leutschaner 
auf:  alle  Kirchen,  Schulen  und  die  Pfarren  den  Katholischen  zu 
übergeben  und  den  protestantischen  Gottesdienst  aafzulassen. 
Dann  werde  man  sie  von  der  Anklage  lossprechen. 

Die  Stadt  fertigt  nun  Gesandte  nach  Pressburg  ab,  welche 
durch  das  Angebot  von  Kirchen  die  fiscalischc  Klage  ab- 
wenden sollten.  Man  scheint  Willens  zu  sein^  darauf  eimsugehen. 
Doch  zeigte  schon  die  Weisung  der  Pressburger  Kammer  vom 
13.  März,  wonach  die  protestantischen  Geistlichen  ihre  Func- 
tionen einstellen  sollten^  und  die  Massenvorladungeu  vor  das 
Pressburgcr  Tribunal;  wessen  man  sich  zu  versehen  hätte.' 

Nun  bequemte  sieb  der  Stadtrath  zur  Einstellung  des 
evangelischen  Gottesdienstes,  was  unter  , Wehklagen'  der  Be- 
vc'tlkerung  vor  sich  ^Inp:,  und  liarrte  in  unruhiger  Spannung 
des  Eintreffens  der  kaiserlichen  ^Glaubenscommission'.  Abends 
(5.  April)  trafen  Probstbischof  Bärstniy,  Kammeri^raf  Otto  Volkra 
und  Dr.  Grandel,  der  Leutschauer  Dretssiger,  in  Leutschau  ein^ 
▼on  croatischer  Miliz  begleitet»  und  stiegen  in  der  Jesuiten« 

nungeu  vou  Belange,  uud  zwar  Christoph  Klosuh  (Pastor  tu  Goorgeu- 
bmg)  in  dem  Tractote  ,Saccincta  papiaticae  io  Xm  Seepiiaiad« 
HungwiM  oppidiB  anno  1674  inatitutae  deformationis  enarratio* 

(Jena  1679,  4°,  4  BIl.)  und  Michael  Kloin  (Patitor  zu  Orow-Lomnits, 
Sohn  de»  Georgenberger,  dann  Michelsdorfer  Pa/itors  Clement  Klein), 
wflclifr  da''  Tan-pbnch  seines  Vaters  von  1R50 — 1674  fortsptztf».  Er 
selbst  wurde  am  17.  Jänner  1072  verjagt  uud  lebte  in  der  Vürbannung. 
AusKttge  daraiu  bietet  Wagner,  Anal.  Scep.,  P.  III  (Kircheugeschiubt- 
lifihe»)»  lt5f.,  und  Joliann  Sam.  Klein  in  aeinen  ,Na«]iricbten  nm  den 
Lebennimatilnden  und  Schrillen  evaageliaeber  Prediger  in  allen  Ge- 
meinen des  Köuigreiehea  Uogtum*,  III.  Tb.  (gesehrieben  sa  Kaschau, 
25.  Mai  17?*9\  herauAgegebeu  von  Fabr^>  in  dfn  Motinni.  erang.  A.  C.  in 
Hnng.,  IV  212,  mit  AuszUgun  aus  dem  Tjifrt'^nrhe  214—219. 

,1672,'  hciast  es  da,  ,den  12.  Jänner  ist  denen  zu  Sperndorf,  Palm»- 
dorf,  SchmOgen,  Eisdorf,  Behlagendorf,  Mablbacb,  Hnne- 
dorf.  St  Andri  die  Kirche  weggenonunen  worden,  aneh  dureh  den 
Bischof  BAraohonj  mit  Hilfe  der  Soldaten  und  vielen  rftuberiachen 
Gesindel.* 

*  Vgl.  über  die  Ki  rohdraufer  Aprilverh»re  1674  der  Protestanten  derl.SOrt- 
Bchaftea  vor  einer  gemisohteu,  ungarisch-polnischen  Gerichtscommission 
unter  dem  YMiitM  dea  Bitehoft  BAieony,  wobei  ein  gewiaser  Beier  die 
Yertheidigang  fttbrte,  die  oben  8. 426^  Anm.  8  eltirte  Hiat  eecL  evaag. 


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421 


ref^idena  ab.  Stadtrichter  und  Rath  stellen  die  Uebergabe  der 
Kirchen  und  Scholen  in  Aussicht^ 

yDocb  es  sollte  ganz  anders  kommen/  heisst  es  im  Ordens- 
berichte.  Als  nftmfich  das  Volk  witterte,  nm  was  es  sich  handle, 
liess  es  nächsten  1f  orgfen  um  6  Ühr  aussergewOhnliche  Glocken- 
zeichen geben,  sammelte  sich  auf  dem  Friedhof,  die  Miimier 
mit  Schwert  und  Büchsen,  die  Frauen  mit  Heugabeln  und 
Knitteln  l)ewaÜnet,  und  bewachte  diesen  Ort  ))ei  Tag  und 
Nacht  derart  scharf,  dafis  sich  ihm  Niemand  nähern  durfte.  Die 
Kachtwache  verbrachten  sie  bei  Lampenlicht  und  ,wunderUchen 
K]ageUedem^^ 

Die  kaiserlichen  Commissttre  entbieten  nun  den  Stadt- 
richter und  Senat  vor  sich  und  fordern  ihn  auf^  das  Volk  ssu 
beschwichtigen  und  die  Kirchenschlttssel  aussultefem.  Sie  er- 
klären, gehorchen  zu  wollen,  wenn  es  die  UnbotmRssigkeit  des 

Volkes  gestatte,  vor  der  sie  selbst  nicht  sicher  seien. 

Diese  Tumulte  hielten  volle  acht  Tage  an;  deshalb  begab 
sieh  (iraf  Volkra  als  Zipaer  Kamniergraf  nach  Käsmark  und 
sammelte  hier  MiHtärmacht,  um  den  Wideistand  der  Leut- 
schauer  zu  brechen.  Inzwischen  ündet  sieli  der  Rath  d  r  Stadt 
ein  und  übergibt  dem  Prohsthis»  lief  die  Schlüssel  der  Kirchen, 
Schulen  und  der  Pfarre.  Als  aber  BÄrsony  Leute  absendet,  um 
die  Pfarrkirche  in  Stand  ssn  setzen,  werden  sie  beim  Betreten 
der  Pfarre  vom  Volke  ergriffen,  misshandelt  und  das  Gebäude 
mit  Stdnhagel  tlberschUttel  Die  Rathsherren  eilen  herbei,  um 
den  Aufruhr  zu  stillen,  aber  sie  haben  es  mit  einem  förmlichen 
Kriei:sheere  zu  thuu,  das  sie  mit  Geschrei  und  einem  ftirmiicheu 
J^teioimgel  empfiingt. 

Da  trifft  mit  einer  Keiterschwadi*on  der  Uberstlieutenant 
des  Regimentes  Dünnwaid  ein.  Sein  Erscheinen  wirkt  auf  die 

Hnlberstadt  18;^o)  znin  .Jab.n^  lt»T  I  itml  Fessle r- K  I  e  i  ii ,  Ooschiehto 
Liiffanis,  IV,  366.  Vgl.  im  Ailtri'iiifiiieu  auch  die  Litt,  aiiii  S  J.  Prov. 
Austr.  a.  a.  1674  niid  iCurncli  iis\  Frag'm.  liist.  Huu^'.,  :iC)4  f,  395  f. 
xum  Jahre  1073,  1G74,  oft  sülir  geuau  mit  den  Litt.  ann.  t?.  J.  Prov. 
Aastr.  ztutammeoBtimmend. 

*  Dto  lUthsherren,  «eiche  unterhaiidelten,  waren:  David  Spilenbefger, 
Bmib«  Lerche,  Ctqpar  Zeltner  und  der  OemeindeTorsprech  Daniel  Pfan- 
lehmidt. 

*  noetemqne  ilhun  inter  QoUacentee  lychnos  et  ineonsnetorttm  nae- 
niarum  modnlationes  dojcere  inwmnem  (Litt,  ann,  8.  J*  ProT. 
Aaitx.> 


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428 


Hftnncr  einschüchternd,  aber  die  Weiber  halten  den  Friedhof 
mit  Hartnäckigkeit  besetzt  und  eifern  mit  Wort  und  Beispiel 
die  Männer  zum  Widerstände  an.  Graf  Volkra  fuhrt  nnn  aus- 
giebige ililitUrmacht  herbei,  und  so  legt  sich  endlich  der  Auf- 
ruhr. Am  13.  April  ziehen  die  .Testiitrn  mit  starkem  Militär- 
gefolge zur  Pfarrkirche  St.  Jakob,  und  so  eröffnen  sich  die 
Pforten  äc^  r^pttegbanies  dem  KatholiciBmus,  welchem  sie  Uber 
ein  Jahrhundert  lang  verschlossen  waren.  Der  feierlichen  Hesse 
folgt  ein  Gastmahl  im  Jcsuitencollegiura. 

Die  Väter  der  Gesellscbaft  rechnen  auf  die  Sinnesände- 
rung der  Bevölkerung,  deren  junge  Nachkommenschaft  den 
OrdensmäninTii  zuzulaufen  und  ihnen  hdflich  die  Haiifl  zu 
n'iclien  anhub.  Am  20.  April  vi  i  l.isst  der  evangelischo  Prediger 
Selen  sammt  Weib  und  Kindern  Leutschau,  um  den  Weg  nach 
Schlesien  einzuschlagen.  Der  Kath  gab  ihm  bis  ?:ur  Orense  das 
Geleite,  und  es  fehlte  nicht  an  Klagen  über  seine  \'orbannung. 

Der  Stein  war  nun  im  Rollen.  Bald  nach  Neujahr  1676 
crlHsst  die  Zipser  Kammer  den  Befehl  zur  Wahl  katholischer 
Riithsherren  und  Gemeindevcrtretor.  Alles  Sträuben  hilft  nicht 
f\lr  die  Länge,  denn  ein  kaiserliches  Mandat  vom  1.  Juni  yer* 
schürft  jene  Massregel. 

Den  27.  d.  M.  findet  sich  Kammenath  Sigismund  HoH6,  ein 
rücksichtsloser  Gewalttrilger,  ein,  und  seine  Forderung  an  den 
Rath  der  Stadt,  seinetwegen  und  der  ihn  begleitenden  Dom- 
herren willen  ^ungarisch'  au  sprechen,  yerrätb  am  besten  den 
Geist  seiner  Sendung.* 

Die  LeutBchauer  machen  alles  Erdenkliche  geltend,  um 
sich  der  Zumutbxmg,  EdeUeute  in  den  Rath  aufzunehmen,  zu 
erwehren.  Sie  wenden  sich  an  ihren  Gönner  und  Glaubens- 
genossen, den  Obercommandircnden  Grafen  Paris  von  Spankau, 
in  Easchau,  der  ihnen  rathen  lllsst,  einen  eigenen  Boten  an 
den  Kaiser  abzusenden.   Hollö,  der  in  Leutschau  bei  den 


Lcntfcbaner  Chronik  sum  Jahre  1675.  HoUd  fordert  tob  den  in 
»deutMhon  Hinteln*  sieb  einfindenden  Katlulierrett,  Stadtrichter  und 
Yoimflndern  der  Gemeinde,  man  solle  ,ungari8ch*  sprechtMi,  ,weil  wir 
nnter  einem  nng^ariockeii  König  im  K<(nigreich  Ungarn 
lebton'.  Darauf  ihm  znr  Antwort  p'f>».'«''"'n  r  .i^n«;«  wir  aln  Deutsche, 
wie  or  hu»  dem  Habit  entnehmen  kann,  keine  andere 
Sprache  als  Deutsch  rodon  kOuntou,  welches  er  wiewohl  ungern 
feieheben  laaeen.' 


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499 


Jesuiten  ein-  und  anspHg-,  begibt  sieh  (19.  Juli)  nach  KUsmark, 
wü  er  die  Kathsstellen  in  seinem  Sinne  he^Gtsaen  lässt,  und 
kehrt  dann  nach  Leu  tschau  zurilck. 

Spankau  liutle  zum  Schmerze  der  Stadt  das  ZeitHche  ge- 
:3egnot/  und  ein  IMoniit  später  (15.  August  i  vollzog  Hollö  die 
Restauration  des  T^eutseliatior  Magistrates,  denn  hinter  ihm 
standen  60  ^lusketirc  und  oOO  (Jroaten.  Die  Neuwahlen  ti'afen 
fast  durchwegs  Magyaren,  und  so  versehwand  bald  die  alther- 
kömmliche dcutsclie  Tracht  im  RathscoUegium. 

Die  Jesuiten  hatt<Mi  allerdings  an  Kirchdrauf  und  Leut- 
schau  /Avei  wielitige  Stutzpunkte  tVu-  die  Zipser  Mission  und  den 
besten  Anwalt  in  dem  Frohste  Jiärsony,  der  (15.  März  ItJIti)  als 
neuerwählter  Erlauer  Bisc  hof  den  Einzug  in  Leutschau  hielt,  ge- 
willt, seine  Residenz  auf  dem  benachbarten  itute  Schauuik  zu 
nehmen,  aber  immer  näherte  sich  wieder  der  Kuruzzensehrecken, 
und  die  Vorstellungen  der  Ordensmänner  an  den  Erbstarosten 
Lubomirski,  die  Gegenreformation  durch  sie  in  der  polnischen 
Zips,  im  Gebiete  der  dreizehn  Orte  besorgen  zu  lassen,  brachte 
sie  in  ein  schiefes  Licht  als  ,Störer  des  Landfriedens-^,  00  dass 
aie  Mühe  hatten,  diesen  Sturm  zu  beschwören.^ 

Immer  drangroller  werden  die  Zeiten,  die  nächsten  Jahre 
verwandeln  das  Zipser  Land  in  ein  Kriegshiger,  und  der  Tod 
des  streitbai*en  Jesuitengönners  Bärsony  (IH.  Jänner  1G7Ö)  fiült 
aach  als  schwerer  Verlust  fllr  den  Orden  in  lie  Wugschale. 

So  lässt  uns  das  Jahr  1()80  in  dem  Aufruhr  der  er- 
bitterten Weiber,  in  den  Steinwürfen,  die  man  den  Jesuiten 
xadackte,  das  -Wetterleuchteu  einer  Krise,  einer  Entscheidung 


'  ,1S.  Juli  t  in  Kaachaa  Graf  Paris  von  Spankan,  eis  alter  Herr«  aonder- 
lieher  Patron  der  Stadt  Leutaehan,  dämm  uniere  Widenacher  hSbniach 

sich  verlAuteii  laMseii.  duss  il«  r  T. f n fHc haner  Abgott  todt  sei* 
(Leutachauor  Chronik  zum  .)a)iii>  1676). 
•  Litt.  nun.  8.  J.  Prov  Au.«tr  a.  a.  1076.  ,.\dvorsa  mnlevolorum.'  d^uod 
a  CHlüititiiniu  Principe  LuboiuirHki  retoriuatiu  SviihMih  Leteroduxi  in  XIII 
SeepnaBanis  oppidis  per  nostroe  impetrata  sit,  graves  contra  nos 
pnblieosqne  nnotus  ezcUavit,  ira  HaeretiooraDi  nos  nndiqne  ineu- 
•sntiiioi  et  proetaioantiQiii  tamqaam  torbatorea  paeis  eommunifl 
et  ambitiosofl  omniiim  gubernatoroH  etiam  quae  forum  Toli- 
tienm  roncernnnt.  Suhsidit  antrrn  (]tirint<it  iiirs  haßc  raltimnii»s.»niiii 
procelia,  quando  benevuli  reipublic-ao  niodoratore»  poiidt'ni.s;i«  no^tras 
excalpatioDi«  declarattoue»  approbanrot  oosqae  in  coeptis  püs  exenatiis 
pergere  josseninl 


430 


gewahren,  die  dem  .Jahre  1682  /.iilalit.  Zunächst  sind  es  That- 
sachon,  welche  bt'weiäeiij  dass  man  ang'esichts  der  Kuruzzen- 
get'ahr  von  Seite  der  kaiseilicheu  Coininandanten  in  Iliusicht 
der  Glaiibcnsfragc  einlenken  will,  wie  dies  schon  der  Oedcn- 
burger  Landtag  ankündigte.  80  konnten  die  protestantischen 
Leutschauer  im  Frühjahre  lü82  an  die  Berufung  zweier  evan- 
gelischen Prediger  denken.  Adaiui  und  Lazari  aus  Breslau  er- 
langen vom  kaiserlichen  Stadtcommandanteu  Öaponara  die  Er- 
laubniss,  am  Gründonnerstage  in  Leutschau  einzutreflFen.  Sie 
wählen  inzwischen  ihren  Anfentlialt  zu  Topporcz  bei  dem  Zipser 
Adeligen  Michael  Görgey.^  Im  Mai  nimmt  schon,  vom  Oom- 
nundanten  Saponara  gedulde^  der  protestantische  Gottesdi(>nst 
seinen  Anfang;  vom  2d,  Mai  gestattet  ihn  lÖrmUch  ein  Bevoll- 
mächtigter  des  Kaisers. 

Nur  2tt  bald  verlieren  die  Kaiserlichen  jeden  festen  Halt  in 
der  Zips,  und  die  Leutschauer  Jesuiten  fühlen  anter  solchen 
Verhältnissen  den  Boden  unter  ihren  Füssen  brennen. 

Zur  Zeit,  als  Tökölyi  die  Lisurrection  des  Zi{)6er  Co- 
mitatsadels  aufbot  (Mitte  August  1683),  verliess  die  Orden»- 
colonie  bis  auf  zwei  Priester  die  ungasthche  Stadt.  Gerftchte 
werden  laut,  in  £peries  und  Kascbaa  seien  die  Jesuiten  von 
den  Tökölyianeni  erschlagen  worden;  man  habe  sie  durch 
solches  Gerede  einschttchtem  und  verscheuchen  wollen.^  Doch 
sie  harrten  aus.  Das«  sich  auch  der  Zipser  Pkobst  nnd  das 
Capitel  zum  Pactiren  mit  den  Tökdlyianem  bequemten,  kenn- 
zeichnet die  Bachlage. 

Schon  am  1.  September  erlfisst  der  Fisealpräfect  des  Ku- 
mssenfÜrsten  die  Weisung  an  die  Insassen  des  JesuitencoUe- 
giumSy  dasselbe  mit  Zurttcklassnng  aller  beweglichen  und 
unbeweglichen  Habe  zu  räumen,  da  sich  die  Jesuiten  als 
Feinde  des  Vaterlandes  benähmen.  Den  3.  September  werden 
die  beiden  Ordensvilter  von  den  Commissftren  Tökölyi's  ausge- 
wiesen. Er  selbst  halt  den  25.  November  seinen  Einzug  in 
Leutschau.' 

Der  Rttckschlag  knttpft  sich  an  den  Jahresschluss  1683. 
Die  IVuppen  des  aus  den  ungarischen  Türkenkämpfen  heim- 


'  Leut8cliHuor  Chrunik  zuui  Jahre  1G82. 

*  Litt  aiin.  S.  J.  Prov.  Anstr. «.  a.  1683. 

*  LenUchauer  Chronik  «ain  Jahre  1668. 


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431 


ziehenden  Polenkönigs  Sobieski  vereinigen  sich  am  4.  December 
bei  Keudorf  mit  den  Kaiserlichen  unter  Dttnewald,  am  6.  De» 
eember  beginnt  die  Belagerung  und  Beschiessong  LeutBchans, 
das  sechs  Tage  spAter  seine  Thore  Offhet^ 

Xn.  Speries,  Bartfeld.* 

Auch  die  Sdrosoher  Oespanschaft  war  kein  dankbarer 
Boden  fttr  die  Jesmtenmission,  denn  die  alten  königlichen  Frei- 
stfldte  EperieSy  Bartfeld  und  Zeben  mit  ihrer  deutschen  Alt- 
bttrgeischaft  erscheinen  frühzeitig  als  ausdauernde  Bollwerke 
des  Fh>te8tantismu6y  und  die  beiden  erstgenannten  Orte  bleiben 
namhafte  Sttttten  seines  Oultes  und  Schulwesens. 

Um  80  entschiedener  musste  daher  in  den  streitbaren  und 
rührigen  Trügem  der  katholischen  Gegenreformation  der  PUn 

*  Ii6Qt«chauer  Chronik  zum  Jahre  1683.    Vgl.  die  knrzen  Andoa- 

tnngeu  bei  Wapfiier,  Hi8t.  Leopold!  I.,  629—630.  D(>n  25.  November 
traf  Sobieski  mit  4o,000  Mann  vor  (Mn!f!;i\va)  iu  der  Abaujvjlrer 

Gespaitöchatt  etu,  irmrscbirto  dann  aut  Kasciiau,  zog  nacl)  Eperiea, 

von  wo  ans  die  Polen  beschoMen  wnrdent  nnd  wandte  ri«h  dun  über 
den  BrmnitekoMttel  in  die  Zips.  Der  ErbsterMt  Stanialaiu  Hersklina 

I.ul)<>riiir>kl  li.itte  inzwiscben  (84.  November)  Käsmark  besetzt,  der  Btldt 
«Icn  Eid  der  Treue  ahs^onooimen  nnd  1m«i,m1>  s'uh  (Linn  nach  Piilen. 

*  Für  daa  Weilero  ausser  deu  Litt.  ann.  S.  J.  l'rov.  Austr.  die  Chronik 
der  Eperieaer  Jestiitenmlaaion,  deren  Uesideiiz  in  der  Saiumliuig  von 
Herenesti,  die  Bperieeer  Chronik  etnee  proteatontiachem  Zeit- 
genoMen  (Bndaperter  Nat.-lfiumim»  Germ.  q.  94)  und  daa  ^«EclkAilla 
handschriftliche  Denkmal  der  katholuchen  Oegenrefomiation  attda  tinter 
dem  Titel:  ,Warba0tig  vud  vmbständliiito  rioschretbang  der  grausahmen 
Reforin.itjon  p'mfs  wohlrrwirdigeu  Miuiütt^rii  und  If^blichen  Landps- 
g^iiinattii  auch  eiiicsi  wobledlcn  Ebrcnvesten  Magi»trati»  und  loebltchea 
Gemeine  der  kOn.  Freystadt  Eperies  durch  Grafen  Yolkra  ab  ka,ys.  Com- 
iniMario  und  Pimipotentiario  mit  hoeebetem  Vngectflm  Terabet  im  Jahre 
des  Herrn  1678  im  Monat  Martio  durch  Martin  Bohert  damaligen 
Snbdiaccinum  der  dentacbeYangeUwben  Gemeine  alda  mit  allem  Flein 
und  ]triostorlirlit'r  Trone  5rn!«nmmpnpr'*s<'?iri'^b*»n  in  s^in^m  Fxilio  zu 
Lontscbau.  EtKium  anno  <>t  nii>ns.>'  12  Bil.  fo.  (der  .Sciilus»  fehlt).  Icli 
gelangte  1&Ö9  in  Kaschau  durch  meinen  damaligen  Collegou,  den  vor- 
Horbenen  Prof.  Dr.  H.  Bidernann,  znr  Benützung  dieser  Handschrift  und 
eopirte  sie.  Der  Inhalt  findet  sieh  siemlieh  wortgetreu  in  meinem  Anf- 
satie:  «Ans  der  Kuni/./t'it-  und  Labanc/.ouzeit  Unj^rarns',  in  di  r  Ootterr.- 
Ungar.  Kerne,  XIV.  .lahrp,  1  Hoff  (Wien  lH(i;}),  J^.  2G— HC.  Vgl.  auch 
(Corneliuj*),  Fratrm.  bist.  Hmig.,  iU.  Abth.  zum  Jahre  1673,  S.  349  f, 
und  »56  f.;  Kazy,  iüat.  Uung.,  F.  III,  ä.  132—133. 


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432 


reifen,  ihre  Thätigkcit  m  diese  Hanj)torte  zu  verpHanzcn,  und 
zwar  in  einem  Zeitpunkte,  der  <,Minsti^  war.  Denn  die  Nieder- 
weH'uDg  der  , Rebellion^  des  .laliree  1070  bedrohte  in  ihren 
nächsten  Folgen  den  Protestantismus. 

Schon  im  Jahre  1670  konnte  der  Erlauer  Bischof  Szegedy 
die  Gunst  der  Umstände  für  die  Katholisirung  der  Stadt  Epe- 
ries verwerthen.  Die  protestantische  Hochschule  wird  ge- 
schlossen, die  Pfarrkirche  den  Evangelischen  entzogen.  So  war 
der  Boden  fUr  die  Jesuitenmission  vorbereitet,  welche  vom  Ka- 
schauer  Collegium  ausging  und  den  Ordensmann  P.  Valentin 
Balogh  als  Superior  an  der  Spitze  zeigt.  Sie  habe  —  erzUhlt 
der  Ordensbericht  —  eine  gastliche  Aufnahme  bei  KathoUschen 
und  yHeterodoxen^  gefunden  und  sich  auch  des  Entg<^;«ii- 
kommens  Ton  Seite  des  Stadtrathes  zu  erfreuen  gehabt^ 

Gerade  jedoch  als  die  katholische  Restauration  In  der 
Hauptstadt  des  Säroscher  Comitates  vollzogen  war  und  —  wie 
ein  protestantisclier  Zeitprenosse  bitter  bemerkt  —  die  deutsche 
protestantische  AltbUrgerschaft  zusehen  musstc,  wie  aus  dem 
gegnerischen  Glaubenslager  ,Taglöhner  und  Bierbrauer'*  Site 
und  Stimme  im  Stadtrathe  erhielten,  die  Pfarrkirclie  den  Evan> 
gelischen  entzogen  ward,  erschienen  (20.  September  1672)  die 
Kuruzzen  unter  der  AnfUhrung  Petröczy's  und  Pika's  Tor  Epe- 
ries, und  die  verzagt  und  verdrossen  gewordenen  Bürger 
Bchhessen  alsbald  einen  ,Accord'  mit  den  Insurgenten,  welcher 
dem  Protestantismus  abermals  Kirche  und  Schule  in  die  Hände 
spielt.   Dit;  .Jesuiten  hatten  flUchtcn  müssen. 

Aber  bald  entreissen  die  KaiscrHchen  (3.  Jänner  1673) 
dem  Feinde  die  Stadt,  und  im  Frühling  1673  sollte  mit  dem 
Protestantismus  allda  gründlich  aufgeräumt  werden.  DerKammer- 
graf  Volkra,  der  den  B.  !\Tärz  in  Kperics  mit  seinen  Amtsge- 
nossen  eintraf,  und  dem  tler  Jjiszcier  Probst,  zugleich  Titular- 
bischof  YQü.  Erlau^  auf  dem  Fusse  folgte^  war  der  Mann,  dies 


'  Litt.  apD.  8.  J.  Prov.  Anatr.  «.  s.  1678.  ,HinniuiiiM  «xcepü  et  luAitt 
sunt  PP,  nostri  tom  a  CathoUeia  tom  ab  Heterodozis  £peiisaini»  qni 
priini  CaWNlvia  evocati  mituiionem  illajii,  (luandoiiue  in  «tebil«  domicUram 

origenduin  nuflpicAti  Hiiiit.    Ho»  oiiiiu  nun  MagiKtmtua  soluni  seil  etiain 
privat!  civo»  »infrnlari  !>onoTol«>ntia  protHJcuti  Munt,  jäiibmisgiKqne  saepiuH 
ac  liberaliter  ^uutidiano  victiii  necessariu  labore«  et  indigeutiam  uustru- 
ram  recreaniDt* 
'  Bperieser  Ghro&ik  (proteat). 


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433 


unbedenkÜch  durchzuführen;  verfügte  er  doch  über  müitärischen 
Beistand. 

Schon  am  9.  Mlirs  worden  drei  Jesuiten  des  Kaschauer 
Collegiums  mit  der  Bestimmung,  das  deutsche,  das  magyarische 
Predigeramt  und  den  Jugendunterricht  su  übernehmen,  einge- 
f^lhrt  und  ihnen  zugleich  die  ungarische  Kirche  Übergehen, 
während  der  Erlauer  Titulardomherr  Geurg  llorväth  zum  Stadt' 
pfarrer  bestellt  erscheint. 

Die  Abschaffung  der  protesUiu tischen  ( Jeistlichkeit  und 
der  akademiBchen  Lehrerschaft,  die  l^csitzergreitung  von  den 
swei  Kirchen  der  Lutherauer  uuil  die 

Stadtrathes  und  aller  Gemeindeämter  folgten  am  9. — Ii.  Mär^ 
Schhig  auf  Schlag.  Qrttndlicher  und  rascher  war  nicht  so  leicht 
eine  ^^stauration^  durchgeführt  worden.^ 

So  wurden  die  Jesuiten  in  Eperies  heimisch,  verstanden 
es,  ihre  Mission  populär  su  machen,  und  konnten  nach  Eröff- 
nung der  Schulen  am  18.  März  1673  bald  von  300  Schalem 
sprechen.^  Dlmiü  MÜtdem  die  protestantische  Hochöchulc  in 
Kjtcrits  Ix'Sf'itii!"!  worden  war.  I»eherr8chten  sie  allein  das  Feld 
des  IJuicn  Rliteö.  Al»ljald  übertmg  man  ihnen  auch  für  fünf 
Jahre  die  Stadtpfarru  mit  einer  gestifteten  Einnahme  von 
eOO  Gulden  und  100  Thalem  Stolgebtthren.'^ 

Im  Juli  1677  bezogen  sie  das  protestantische  Collegium- 
gehäude.    Das  war  der  Höhepunkt  des  hierortigen  Missions- 
erfolges.  Seit  1678  wuchsen  die  Bedrängnisse  von  aussen,  die 
Kriegsgefahren,  und  1682  kam  der  Bestand  der  Jesuitenmission 
in  Frage.    Sie  muss  sich  von  Mitte  Mai  ab  die  Nachbarschaft 
des  verhasöten  evangelisc-lien    Gottesdienstes  gefallen  lassen. 
Drei  Monate  öpittcr  verhandelt  bcn^its  die  schwat-lic  kaiserliche 
H«  >atzunor,  vierhundert  FuHsknechtc  vom  Kejj^iiuente  Stnissoldo, 
iiiit  den  Kuruzzen  die  Auslieferung  der  Stjidt,  deren  Schlüssel 
am  IG.  August  1G82  den  Bevollmächtigteo  Tökölyi's  übergeben 
werden.    Die  Lutheraner  nehmen  nun  unter  dem  Gelftute  der 
Glocken  Besitz  von  der  Pfarrkirche  und  Schule.  Die  Jesuiten 
mässen  auswandern  und  treffen  mit  den  gleichfalls  verbannten 
Ksschauer  Ordensgeuossen  auf  dem  Wege  nach  Polen  zusammen. 


'  Martin  Hoher'»  ,  Besch  reib  ung*. 

'  Chronik  iWr  E[teriosr>r  .1  o.sii i  tenr Oxiden s  (Hevenesar«  Sammlang). 
*  I^itt  auu.  S.  J.  Prov.  Austr.  a.  a. 


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434 


Die  Mission  in  Bartfeld  knüpft  sich  an  das  Jahr  1673.* 
Mit  kaiserlicher  Vollmacht  erschienen  Probstbischof  Saegedy 
und  Kammergraf  Volkra  in  der  hart  mil^enommenen  Stadt  und 
begannen  die  Restauration  mit  der  Absetaung  des  lutheranischen 
StadtrichteiSy  an  dessen  Stelle  ein  Katholik  trat^  nnd  mit  der 
Einfbhmng  des  Sendboten  des  Kaschauer  JesnitencoUegiuns. 
Bald  verwandelt  sich  der  ganze  Magistrat  in  einen  katholischen 
nnd  leistet  den  kaiserlichen  Commissilren  den  Handschlag  mit 
den  Worten:  , Waren  wir  bisher  schlimme  Lutheraner,  so  wer- 
den wir  jetzt  gute  Katholiken  werden/  Der  Ordensbericht* 
rühmt  die  werkthätige  Gönnerschaft  der  ungarischen  Kammer 
und  unterlässt  nicht,  hervorzuheben^  dass  das  Ansehen  des  Je- 
suitenmissionttrs  wesentlich  stieg,  als  er  bei  der  Disputation  mit 
einem  gewesenen  Professor  der  £perie&er  Protestantenakademie 
den  Sieg  davon  trug. 

Die  Bartfelder  Mission  unterlag  den  gleichen  Wechsel- 
fkUen  wie  die  in  Eperies,  ohne  die  Bedeutung  und  den  Umfang 
der  letzteren  zu  gewinnen.  Die  Stadt  selbst,  deren  deutscher 
Qrundcharakter  ausharrt,  litt  unter  den  Gh^ueln  des  Kuraszen* 
krieges  unsttglich.  Das  Jahr  1683  bescheerte  dem  Protestan- 
tismus  einen  vorübergehenden  Erfolg,  wie  dies  nach  der  Räu- 
mung der  Stadt  seitens  der  Jesmten  die  Abhaltung  einer  Synode 
der  königlichen  Freistadte  in  Bartfeld  (27.  Juli)  beweist* 

TTTT,  Kasohau. 

Seit  der  Capitulation  von  Ejule  Juli  1(»70  befand  sit-li  in 
Kascluiu*  eine  starke  Süldnerbesatzung  und  General  iSpankau 

'  Litt.  ann.  S.  J.  Prov.  Aiistr.  a.  a.  1S74.  Die  katholische  Gdgonvefitt^ 
niation  hatt«  in  Bartfeld  InTt  its  im  Sominer  i!i  .s  .Tnhres  li>72  l»ef»'onn(>n. 
Srh<ni  Endo  Mai  nuA  Anfangs  Jnni  wolUu  »lor  Erlnuer  Grossprobst 
Euiorich  Koloz.sväry  die  protestantiscbeu  Kirchen  oecupircn,  erhielt  aber 
Toin  katwrlichen  Comnumdlrandes  Ifolehior  Hitter  die  fewttnsdite 
militlrlBche  ÜntentOtmuig  niebt  Der  ErUiner  Biachof  SaMgttdy  nahm 
unnmeiur  die  Sache  in  Angriff,  indem  er  am  6.  Juli  die  Thür  der  ver- 
sperrten TT.uiptkirche  crlutM-hon  lies«  (».  Ribinyi,  Menior.  Anpib.  T'-iif . 
II,  IG),  .(|uo(l  pHset  a  cÄtholicis  pxfiodifirntnni,  nee  poMet  »ine  prae- 
iudieiu  cathnlicae  religiunia  a  Lutht'ranis  possideri'. 

'  Litl  ftnn.  8.  J.  ProT.  Aiistr.  a.  a.  1674. 

'  Lautaefaaiier  Chronik  snm  Jahre  16S8. 

*  Für  das  Fol^nde  hanptsXchlich  die  Litt.  ann.  S.  .1.  Pr<iv.  Anstr. ; 
KaKy,  Hist  llqng.,  P.  1II|  (Cornelia«),  Fragm.  hiet.  Hung.,  III.  Abth. 
^1671— 1062). 


435 


tibeni&lim  die  Feldhauptmannschaft  Oberungarns.  Nor  mit 
Widerstreben  hatte  sich  die  protestantiBohe,  mit  magjrarischem 
Volksthum  stark  gemischte  Borgerschaft  in  das  Unvermeidliche 
gefügt,  and  die  Ueberlieferang  berichtet  von  dem  vereitelten 
MordanscUage  gegen  die  verhasste  Besatzung.^ 

Das  Jesnitencolegiom  hatte  die  Wirren  des  Jahres  1670 
ohne  schwere  ScbAden  ilberdauert,  nnd  die  kaiserlichen  Ver> 
fbgungcn  vom  Jahre  1671 — 1672  schienen  dem  Wirken  des 
Ordens  an  dieser  Stätte  den  Boden  noch  günstiger  zu  gestalten. 
Im  November  1671  wurde  der  Kammerrath  Leopold  Borsicaky 
beauftragt,  die  Elisabethkirche,  den  alten,  schonen  Dom,  den 
Protestanten  abannehmen.  Diese  hoffken  noch  im  lotsten  Augen* 
blicke  auf  eine  günstige  Intervention  des  Commandirenden  Span- 
kau, doch  dieser  ftüilte  nur  als  Soldat  und  soll  —  wie  die  Je- 
suitenchronik  ensählt — den  Bittstellern,  seinen  Olaubensgenossen, 
erklärt  haben:  Würde  ihm  sein  kaiseriioher  Herr  den  Auftrag 
geben,  Luther  selbst  in  Eisen  sn  legen,  so  thttte  er  dies  ohne 
Widerrede. 

Im  Jinner  des  nächsten  Jahres  1672  meldete  sich  die 
Katholisirung  d^  Rabies  nnd  der  Gemeindevertretung  an,  und 
der  Erlauw  Bischof  Leonhard  Ssegedy  entzog  den  Reformirten 
ihre  seit  1650  erbaute  Kirche.' 

Die  RurnzzengefSedir  des  Jahres  1672  bedrohte  vor  Allem 
Kaschau,  in  dessen  Nähe  die  Kuruzzcn  ihr  Lager  aufschlugen 
und  von  hier  aus  Kundschreiben  und  Drohbriefe  erliessen. 
Spankau  erlitt  bei  Enyiczke  eine  Schlappe  und  musste  sich  in 
die  Stadt  zurückziehen,  doch  ging  der  Erfolg  der  Au&tändischen 
bald  in  die  Brüche. 

Nicht  unbedcnklicli  war  Ende  Juni  1G73  der  Aiifrulir  des 
Spaiikau'scheii  Kt'<;iinentes  aul;i."?tilR-h  der  Soldriiekstilude.  ^Viler- 
din<rs  wurde  er  dureli  die  Zahlung  von  1000  Gulden  an  jede  Com- 
pafjnie  heseliwiehtigt,  doch  .schien  es  nothAVi-udiir,  die  Schuldii;ru 
zu  strafen,  um  der  Disciplin  aufzuiielfen.    Alan  zog  daher  ein 


'  Für  dieso-  Ueberlieforuttg,  die  Mich  xu  dem  Jahre  1670  gestellt  findet 
(s.  B.  B.  Tntko,  Sz.  kir.  Knam  varotiävuik  tttrt  ^vkOiiyvo,  löO)  and 
•ach  in  Hieran  Gironiken  anfüradili»  IsMen  sieh  keine  manfgebenden 
ZengniMe  auf  bringeo.  file  bXngt  gewi»  mii  den  TlialMehen  dee  Jahres 
1674  (s.  weiter  nnten)  zuHanimeu. 

*  Litt,  nun  .1.  Pr.iv.  AuHtr.  a.  a.  1«.7'2.  Vgl,  (C'ornelton),  Fragni. 
hist.  Uuug.,  Iii.  Abth.,  S.  a6j(— it64,  2»»— 2»4. 


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436 


croatischcs  Regiment  ond  eine  Schwadron  Reiter  in  dif  Stadt, 
beaetste  die  Thore,  warf  100  der  Schuldigen  in  den  Kerker 
und  venirthcilte  23  zum  Tode,  den  17  (Anftmgs  August)  that- 
silchlich  erlitten;  6  morden  begnadigt^ 

In  80  bewegten  Zeiten  konnte  auch  (1674)  das  Gerücht 
Glauben  finden,  dass  die  protestantische  Btirgei-schaft  Verrath 
gegen  die  Katholischen  plane.  Da  thaten  sich  diese  zusammen, 
vor  Allem  die  Akademiker  der  Jesuiten,  und  hielten,  von  der 
kaiserlichen  Besatzung  unterstützt,  drei  Tage  lang  die  Umfrie- 
dung der  Domkirche  wie  ein  Feldlager  besetzt.' 

Der  Jahresbericht  des  Ordens  .(1674)  thut  sich  nicht  wenig 
auf  die  Bekehrung  des  Freiherm  Sigismund  Tökülyi,  des 
nächsten  Verwandten  Emerichs,  an  Gute.  Er  sei  ein  ebenso 
geriebener  als  aäher  Lutheraner  gewesen  und  habe  unter  seinen 
Olaubensgenoasen  das  Ansehen  eines  Patriarchen  gehabt.  Seine  Be« 
kehrung  zur  Wahrheit  sei  vornehmlich  dadurch  erfolgt,  d«8S 
man  ihm  aus  protestantischen  Oesohichtschreibem  den  Nach* 
weis  erbrachte,  alle  Dogmen  der  katholischen  Kirche  seien  in 
den  fünf  ersten  Jahrhunderten  von  den  Christen  geglaubt 
worden.' 

Das  Kaschauer  CoUegium  betrieb  auch  Missionen  in  der 
Nachbarschafl,  aber  in  diesen  Zeitlttuften  mit  sehr  geringem 
Erfolge.  So  wurde  das  Bekehrungswerk  auf  der  den  Türken 
tributpflichtigen  Herrschaft  Balog  (im  Gtömörer  Oomitate)  ver- 
sucht.  Die  ,Rebe]len^  yerhinderten  jedoch  ein  regelrechtes,  stän- 
diges Bekehrungswerk.  Ueberdies  machte  man  dabei  eine  eigen- 
thtUnliche  Erfahrung.   Ein  alter  Hann  äusserte  sich  nämlich 


*  Kasy,  «.  «.  O.,  8.  13S. 

*  Kasj,  a.  a.  O.,  S.  168;  (Corneliui),  Fragm.  bist  Honfr«* 

Wie  «ehr  tlberhaupt  der  kafholiwhe  Clenu  Kfuscbanfl  militiruiche  Haltnup 
an  den  Tag  legten  adgt  eine  Stelle  bei  «loiii  Letztfreiiannten,  S.  28S: 

.K|»isro]ii,  Cniuiüi^'ornm,  fpiMi  SotTiiimrii,  quod  Cnssriviai'  t  >*t.  f'lpricornni 
iinperiu  dtH  e<li-b.Hiit  (eci  leKia«» ;  )iliiniim  anuKi  iim  nossesüione.  H  i,  q  u  u  ii  i  .i  in 
mile»  pro  templis  operam  cuuferrc  abnuerot  (Spatikau,  der  C«»m- 
maadirendei,  war  selbit  Pretmtant)  cum  aareinatore  domn»  TeutoBicoram 
habitn  et  annia  aeito  militem  aarimulante  pagoa  obibant  cireum  Caaao- 
viani.  ParaocÜH  rainifttros,  Hterarüs  pueroroin  India  Magiatroa  abigebant, 
atutnm  demigrabatur.  lubebant  reeludi  luicras  aedeM;  pnndebantur.  Bu- 
pelloctilcin  et  clave^  nnTU[ti;un  rf^ddendas  poatnlabant;  mos  gerebatar. 
Uude  plurimus  dolor  et  acerbitan  acatbolicia. 

*  Litt.  ann.  8.  J.  Prov.  Aaatr.  a.a.  1674. 


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437 


folgendemassen.  Wenn  die  Einwohner  durch  ein  k^nigKches 
Mandat  Teranlaaet  wttrdeo,  den  Calyinismua  aufzngebeny  so 
möchte  er  ee  darin  AUen  suvorthun  und  als  Erster  uch  zn  den 
Katholischen  schlagen.  ,So  wünschen  denn  die  Aermsten  eher 
auf  Befehl  als  freiwiUig  in  das  ewige  Leben  einzugehen'^  heisst 
es  im  Ordensbericht  Da  bei  den  Erwachsenen  die  Bekehrung 
nicht  sonderlich  verfing,  so  entschädigte  sich  der  Missionttr 
durch  Kahlreiehe  Kindertaufen.  ^ 

Die  Zeiten  Tcrdüsterten  sich  immer  mehr,  der  Knruzzen* 
krieg  verschürfte  sich.  Den  13.  Juli  1675  starb  der  Oomman- 
dirende,  Graf  Franz  Peth6  trat  an  Spankau's  Stelle,  um  bald 
darin  von  General  Strassoldo,'  1677  von  General  Kobb,  dem 
Inbegriff  soldatischer  Hlirte,*  und  dieser  wieder  von  Schmidt 
abgelost  zu  werden.  Dann  taucht  abermals  Kobb  auf,  und 
diesem  folgt  im  Spätjahre  Graf  Wrbna. 

Seit  dem  Jahre  1678  wurde  Kaschau  von  der  Kumzsen- 
gefahr  enger  denn  je  eingeschnürt;  es  kam  zu  Vorzeichen  einer 
Katastrophe^  die  nur  wenige  Jahre  auf  sich  warten  liess. 

In  den  Jahren  1676 — 1680  erlitt  namentlich  das  Ka» 
schauer  JesnitencoUegium  den  Verlust  zweier  GOnner,  die  fyr 
die  Ausbreitung  der  Ordcnsthätigkeit  und  für  den  materiellen 
Halt  derselben  Unvergessliches  geleistet  hatten. 

1676,  den  8.  Juli,  war  auf  seiner  Burg  Makovicza  Franz 
Riköczy  gestorben,  sechs  Jahre  nach  dem  Zusammenbruche 
jener  Hofinnugcn,  die  ihn  und  seinen  Schwiegervater,  Banus 
Zrinyi,  der  MagnatenYerschwOrung  zogeftihrt  hatten. 

Das  Geschick  veiigOnnte  ihm  noch,  die  Geburt  eines  Sohnes, 
des  Stammhalters  (27.  März)/  zu  erleben,  dessen  Dasein  sich  der- 
einst allerdings  glänzender  gestalten,  aber  von  langen  Jahren 


*  Litt.  ADD.  8.  J.  Prov.  Auttr.  m. «.  1674. 

*  Vgl.  (Coroeltiis),  Friigm.  hi«t.  Rvmg.  a.  a.  1676,  8.  SSO.  Ueber  die  Auf- 
tudtma  8tra!«Hol{1o'i  in  Kaadiaa  hcusüt  m  in  der  crstniigeführten  Stelle: 
,.  .  .  Cu880vi;uii  iiKMinft'  hoc  auiio  ijulnritiir,  mi  II  f»  f|Hod  »ciain 
ponipn,  iiiilla  iU>  iiiept«t  Mafjist  r;it  u  iiobilittiu  civiumvo 
gralMtiuue,  pra(>ten[iiaiii  t^iiod  in  Ai-ademico  iSociotatis  Ju8U  Col- 
leglo  com  nommllis  Firacentnui  et  Nobttlbn«  enm  qnaestnne  eousiliarib 
es  militiM  praefeetis  acceptns  finigatibaa  epnlia  et  a  eebolastiea  jnven- 
tiiti^  ludii)  thoatralibuB  recreatiis  saIutatii8C{ue  est/ 

^  1  eher  tUc  Grauaamkoiten  Stra-^^^oMMS  und  Köhli  s  >  ('(irnelius),  Fragm. 
Uiüt.  Illing.,  S.  508  f.,  der  da  deu  ualiuualtiu  Magyarcu  liervorkehrt. 

*  Vgl.  Thaly,  a,  a.  0. 


438 


der  Verbannimg  in  tfder  Fremde  bescUossen  werden  sollte.  Der 
Leichnam  des  verstorbenen  Magnaten  wanderte  im  August  des 
Jahres  1677  nach  Easehau  und  wurde  vom  Erlauer  Bischof 
Georg  Birsony  in  der  Gruft  des  EHsabetfadomes  beigesetat* 

1680;  14.  Juni,  starb  Räköczy's  Mutter,  die  Letate  des 
namhaften  Hauses  BAthory,  auf  ihrem  Witwensitsc  Munkics, 
und  ihr  letzter  Wille  '  zeigt  am  besten,  welche  bevorzugte  Stelle 
darin  dem  Kaschauer  JesuitencoUegium  eingeräumt  worden  war. 
Es  ist  dies  ein  Codicill  vom  11.  April.  Abgesehen  von  der 
Heimzablung  von  Schuldsummen  an  das  Kaschauer  GoUeginm 
und  Pismaneum  (die  Summe  von  50.000  Gulden  wird  ihm  auf 
die  CKlter  Munkics  und  Borsi  verschrieben),  orhillt  das  Erstere 
10.000  Gulden  für  den  Ausbau  der  Thürme  an  der  Jesuiten- 
kirche  und  ebensoviel  werden  ftkr  die  Ausweihung  von  Prie- 
stern legirt.  Das,  was  die  verewigte  Sofie  mit  ihren  rächen 
Mitteln  ermöglicht  hatte,  der  Bau  der  E^aschauer  Jesuitenkirche, 
erschien  im  Jahre  1681  vollendet  und  zeigte  an  der  Stirnseite 
ihr  Wappen  und  die  das  Werk  der  Hingeschiedenen  verewigende 
Inschrift.^  Ihre  sterblichen  Reste  waren  auch  die  ersten,  welche 
in  der  Gruft  der  ,l)reit'alti|^keitskirche'  beigesetzt  wurden. 

Das  Jahr  H)81  boscheerte  dem  JesuitencoUegium  schwere 
(lüterschiiden  und  seinen  Genossen  wachsende  Sorgen.  Zwei 
.kbiiiten  wurden  auf  ihrer  Berufswanderung  von  den  Kuruzzeji 
augehalten  und  ausgeplündert. 

Die  Kilt'hnisse  des  Jahres  1682  sollten  aber  Alli  .s  fVülu  ro 
an  Drangsal  überbieten  und  dem  Kaschauer  (Kollegium  eine 
Katastrophe  bereiten.  Als  Vorliotf  derselben  konnte  schon  der 
Streit  zwischen  der  Witwe  l{ak<»(  zy's.  Helene,  der  Braut  Tö- 
kölvi's,  einerseits,  anderseits  den  Krctoren  des  Kaschauer  Col- 
IcgiuHis  und  l'ilznianeums,  Nietdaus  lli-al)ov>/.ky  und  Andreas 
Fugatäch,  über  das  Testament  Sotic  Bäliiory  s  angesehen  werden.* 


*  Die  Inacbrift  ImUeN*:  .('ßli^is.'^imiiH  LKiiniulU  Domini»  FnnciMui.H  RAkoozy 
de  Ffhn-Vnrl.Hj:,  olectii.«»  Traii-^s\  1\  .iniao  Priiionj»».  partitini  Rf><r"i  Huii- 
fr.iri.u'  1  >. »minus,  ac  Sicul<»ruiii  t  oiiie»  jK*ii»otüns  de  Säros,  ejuwlenniue 
t'oinitatiw  siipremuü  ac  porpotuus  conio«  etc.  obiit  auuo  Do  mini 
1676,  8.  Juli  aelati«  »nae  anno  31/ 

*  Katona,  Hiflt.  erit  r.  Hang.,  XXXIV,  8.  87Si 

*  ,Houori  sanetifliimM  Trinitati«  Frincep«  Sophia  Bllboiy  poannit  anno 

Domiui  1681.' 
«  Katona,  a.  a.  O.,  8.  727—729. 


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439 


Letstere  hatte  nMmfich  den  1.  Hitre  1672  23.000  Ghilden  yom 
Kaschauer  GoUegiam^  1678,  1.  Jänner,  15.411  Gulden  voni  Pis- 
maneom  ab  Darlehen  genommen  und  dieae  Summen  auf  Gtttem 
siehergeateUt  Wir  haben  sie  in  den  60.000  Qulden  su  suehen, 
welche  im  Testament  and  im  Codieill  Sofie  BAthoiy's  vom 
Jahre  1680  su  Gunsten  des  Easchauer  CoUegiums  und  des 
PAsmaneums  ausgewiesen  erscheinen.  Der  Rector  des  einen 
und  der  Regent  des  anderen  klagten  nun  bei  dem  Kaiser,  dass 
Helene,  Terwitwete  BAAczy,  weder  die  Zinsen  entrichten,  noch 
die  Gapitalien  ausfolgen  wolle  und  AUes  auf  die  lange  Bank 
schiebe^  um  beim  Wiederausbruche  des  Kumasenkrieges  den 
Anwälten  der  JesuitenansprUche  das  rechtseitige  Eintreffen  vor 
Gerichtsverhandlung  unm^lich  au  machen  und  so  die  Sach- 
fiilligkeit  Jener  Ansprüche  au  erlisten.  Kaiser  Leopold  L  er^ 
theilte  nun  als  Oberrormund  der  hinterlassenen  Kinder  Rikö- 
czy's  und  Cnrator  des  TestamentSTollznges  (3.  März  1682)  dem 
Protonotar  des  Judex  curia«,  Stefan  KalmanczaV;  den  Auftrag, 
die  Bzecution  vorzunehmen. 

Sieben  Tage  yor  der  VermAhhmg  mit  Helene,  RAköczj's 
Witwe,  8.  Juni  1682,  erliess  TttkOlyi  an  die  Jesuitenoberen  ein 
Schreiben,  worin  or  sie  emstlich  abmahnte,  den  Rechtsweg 
weiter  sn  ▼erfolgi'u,  widrigenfalls  sie  zu  ihrem  Schaden  er- 
fahren würden,  dass  er  ,Ihre  Gnaden  die  Fürstin'  solchergestalt 
zu  bedriingcn  nimmer  gestatten  wolle.' 

Uns  liegt  Jedoch  noch  ein  anderer,  früherer,  wichtiger 
Act  vor,  der  uns  darlegt,  wie  sehr  man  im  Kreise  der  unga- 
rischen Notablen  bemüht  war,  den  ilrgerliehen  Handel  vorder- 
hand bei  Seite  zu  schieben.  Am  2J).  April  1(582  gal)en  nämlieh 
der  Primas,  der  Kanzler  und  viele  ungariselie  Maguattii  aaeh- 
stehenden  Erwägungen  Ausdruck.  I  )a  8e.  Majestät  beabsiehtige, 
den  Frieden  des  Keiehes  herbeizulYihmi  und  den  Grafen  Tö- 
kölyi  zur  Treue  und  Dienstpflicht  zurik-kzubiingcu,  Tiikölyi 
aber  seine  Heirat  mit  der  l'iirstiii  Hfikoczy  bereits  gesehlosscn 
liaboTi  soll,  und  falls  LtUtcre  saehfiillig  und  der  Kxccution  auf 
ilircu  Gutem  aiisi,a>.s('tzt  würde,  uIü  Gatte  Gewalt  wider  Gewalt 
setzen  und  derart  zum  Schaden  des  Gemeinwohles  und  der 
Religion  seinen  guten  Vorsät/xn  abtrünnig  gemacht  werden 
könnte,  so  habe  man  beschlossen,  das  allgemeine  Beste  über 


^  Katona,  a.  a.  O. 


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440 


den  Privatvortheil  zu  stellen,  und  dies  um  so  mehr,  ais.  es  ja 
ungewiss  sei,  ob  die  genannten  Jesuitcncolleport,  auch  wenn 
sie  den  Process  gegen  die  Fürstin  gewännen,  die  ßefriccliin^ng 
ihrer  Ansprüche  erlangen  wllrden.  Es  sei  daher  das  Käth- 
licliste,  vorderhand  von  jeder  Verfllgung  Umpani]^  sn  nehmen 
und  der  Fürstin  einen  Aufschub  von  drei  Wochen  mit  der 
Mahnung  zu  gewähren,  dass  sie  vorderhand  die  aufgelaufenen 
Zinsen  entrichte.  Die  Kückzahlung  des  Oapitals  wolle  fried- 
licheren Zeiten  aufgespart  bleiben.  Erst  wenn  die  Fürstin  diese 
Zahlung  nicht  leiste,  möge  der  Prooess  gegen  sie  im  Sinne  der 
Schuldverschreibungen  an^rostrengt  werden.^ 

Jenes  Schreiben  Tökölyi's  vom  8.  Juni  logt  uns  nahe,  dass 
diese  ganze  Angelegenheit  auf  keinerlei  Weise  zum  geränsch* 
losen  Austrage  gebracht  werden  konntcv  Bald  sollte  man  den 
Knruzzenftlrsten  im  Ejiiegslager  vor  Kaschau  erblicken. 

Wir  besitzen  die  massgebendste  Schilderung  von  den  Er- 
eignissen, die  mit  dem  Verluste  der  Stadt  für  die  Sache  des 
Kaisers  schlössen,  aus  der  Feder  jenes  Andreas  Szirmay,* 
der  dem  Qrafen  Emerich  Tökölyi  die  Besitzergreifung  von 
Kaschau  als  vorderste  Aufgabe  anrieth,  denn  dann  sei  man  des 
Anfalles  von  ganz  Obemngam  sicher.  Dies  zeige  am  besten 
das  Vorgehen  eines  Bocskay,  Bethlen  und  Georg  Ri&kdczy  I. 
Szirmay  kannte  die  Kaschauer  Citadelle  durch  längeren  Auf- 
enthalt und  hatte  zu  Frankfurt  an  der  Oder  die  Kriegsbau- 
kunst stndirt.  Sie  sei  ftlnfeckig,  nach  modemer  Art  angelegt, 
kugelfest  zufolge  der  Ungeheuern  Breite  des  sie  umgebenden 
Walles,  unzugänglich  fUr  Minonlegung  vermöge  des  Wasser- 


*  Kfttona,  a.    O.«  7S9— 730. 

*  jAndreae  Ssirmaj  de  Szirma  accnnita  dORcriptio  ciUdelUw  Cmm- 
Tiensis  suo  dactu  auvpiciU  «ntom  Emeriei  TOkOli  ^nteroeptae.*  Anno 

CMDCLXXXII,  in  Kovat-Iiicli ,  Si-ript'tms  reruiu  Hung'.  minores,  I 
(Uud.no  ITIis",  S.  H(i(»  — ;!14.  Dh-ho  Anfzoicliiiint'^r  üliorniLTt  alle  ainlorpn 
an  (tenanij^koit  nn«l  Aubnilirlichkcit.  Von  \Viiiitigkt«il  i>t  aueli  die  Mit- 
thuiluiig  iitis  Magnaten  Alexander  Kärol^'i,  der,  damals  vierzehnjährig, 
in  KmcIwu  Schttler  der  Jesuiten,  und  «war  ,6rammatist*  war.  8.  die 
Auagabe  der  8e1bBtbio|^raphie  Kirotyi's  tou  Ludütlaiis  Ssalay: 
Magyar  t^'rt.  omlrkck,  IV.  Ahth.,  Grof  Karolyi  Saudor  nn<^l»itirä»a  6» 
napI<^jO}ryzi>tei,  I  i^Hutlap '-t  1S(k'.\  S.  s  ff  Schon  Kalo  na  hat  diese  Stelle 
au»  einer  Handschrift  in  hittiuischor  Spracht?  (XXXIV,  S.  737  --740) 
verzeichnet.  Vgl.  auch  die  Fortsetzung  der  ,Magyar  kronikn'  vnu  Pethö, 
fortgesetst  von  dem  Jetuiten  Spangdr  (Kaaefaau  1734,  17dB). 


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441 


j»rabens:  die  armirten  Werke  widerstünden  d«n  (Jiuiiaten  und 
dem  Feuer,  und  auf  verrätberische  UclxTi^-abe  sei  nicht  zu 
fltthleu.  Szirmay  r<'chnete  nur  auf  einen  günstigen  Umstand:  auf 
den  MftDgel  eines  gedeckten  Ganges  westwärts,  auf  die  Seichtig* 
keit  des  Grabens  und  die  Uebersteigbarkeit  des  unteren  ^^'alIes. 

An^Migs  Juli  soUte  der  neue  Commandant  Graf  Herber- 
ateiii  nach  Kaschau  abgehen,  wo  derzeit  Lamb  befehligte^  wurde 
jedoch  auf  seinem  Ritte  von  Eperies  aus  aammt  150  Reitern 
von  den  Rurnzzen  Überfallen  und  festgenommen.  General  Sa- 
ponara  hegalj  sicli  in  dieser  Angelegenlieit  vi»n  Säro.s-Patak  iu 
das  L^iger  Tökülyi's  bei  üjfalu.  Als  er  in  Erfüll nui^^  l>rachte, 
man  bereite  einen  Ausehlap^  auf  Kaschau  vor,  bestach  er  die 
ihm  zum  Geleite  nach  Epeiies  beigegebenen  Kuruzzen,  bog 
nach  Kaschau  ab  und  verständigte  den  Commandanten  Lamb 
von  der  Sachlage.  Dieser  pochte  jedoch  auf  die  Befestigung 
und  yerabsinmte  es,  die  Besatzung  zu  verstärken. 

Sairmay  war  dreimal  unter  dem  Verwände,  im  Namen 
TGkÖlTi's  Verhandlungen  pflegen  zu  sollen,  in  die  Kasehauer 
Citadelle  gekommen  und  fand  so  Gelegenheit,  sich  noch  besser 
zu  Orientiren.  Den  V.K  .luH  entbot  ihn  der  KuruzzenfUrst  aus 
dem  Lager  vor  Ujfalu  mit  lÜUÜ  Mann  zu  Fuss  und  oOi)  Heitern 
zum  Ueberfall  Kaschaus.  Er  nahm  den  Weg  über  Szaiancz 
und  äzeplak  und  Hess  auf  dem  Marsche  von  Muilersleuten  drei 
Ellen  hohe  Stunnleitem  anfertigen.  Auf  dem  abendlichen  Zuge 
durch  Ba^lek  vernahm  er  von  Leuten,  die  aus  Kaschau  heim- 
kehrten, dass  der  Festungsgraben  mit  Wasser  vollgefüllt  sei. 
Das  erflüite  sein  Fussvolk  mit  Unmuth  und  Sorge  ^  da  beim 
Durchwaten  des  Grabens  ihr  Pulver  nass  werden  mttsse.  Schon 
wollten  sie  den  Marsch  aufgeben.  Szinnay's  Gegenvorstellungen, 
man  könne  dann  den  8äb»  l  brauelien,  und  er  werde  sich  an 
ihre  spitze  stellen,  beschwichtigten  den  Unmuth. 

So  überst  liritten  um  11  Uhr  Nachts  die  Kuruzzen  den 
HemadAuss  und  machten  auf  Schussweite  vor  der  Citadelie 
Halt.  Die  Reiterei  besetzte  die  westUche  Anhöhe  vor  Kaschau 
und  erhielt  den  Befehl,  sobald  die  Scbtisse  ihrer  Kriegsge- 
Bossen  ertOnen  worden,  den  Kordtheil  der  Stadt  zu  ttber&llen. 
Ste&n  Kassay  sollte  die  der  Citadelie  ostseitig  benachbarte 
Mühle  angreifen  und  so  einen  verdeckten  Ueberfall  ermüghchen. 

Um  Mitternacht  befand  sich  das  Fussvolk  Szirmay's  vor 
der  Citadelie  auf  BUchsenschussweite,  nicht  ohne  Fui'eht  vor  dem 

ArchiT.  LXXX.  Bd.  Ii.  U4if4«.  29 


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44? 


Trommelgewi rbel  in  der  Stadt  und  Citadelle.  Bald  durehwatetea 
200  Mann  den  Oraben,  halben  Leibes  im  Was<ter.  Sieben  Sturm- 
leitern wurden  angel^,  und  nun  erschallt  von  der  Ostseite 
der  Citadelle  her  der  mit  Schüssen  vermengte  wilde  Schlacht- 
ruf der  Genossen. 

Der  Ueberfall  gelingt,  der  Befehlshaber  der  Citadelle  fäXii 
im  Handgemenge  von  einer  Kogel  getroffen  als  tapferer  Soldat; 
and  binnen  einer  Stunde  ist  der  Feind  Herr  des  festen  Platzes 
ohne  nennenswerthen  Verlust.  Mittags  den  20.  Jult  trifit  To- 
kolyi  mit  dem  Hanptheere  ein  und  lagert  an  der  Hemid.  Aaloa 
Sairmajy  der  Eroberer  der  Citadelle,  wird  anm  Befehlshaber 
allda  ernannt  und  der  «weite  Theil  der  Aufgabe,  die  Eroberung 
der  Stadt,  in  Angriff  genommen.  Der  Commandirende,  Lamb, 
rechnet  jedoch  auf  sicheren  Entsata,  den  ihm  von  Leutsehau 
her  Graf  Strassoldo  bringen  werde. 

TökGlyi  sandte  nun  NemessAny  nach  (>n6d,  um  den  Zu- 
zug der  Türken  zu  beBchleunigeu,  und  den  Kuruzzenhaupt- 
mann  Fetröczy  mit  drei  Kegimentern  in  die  Zips,  um  den  An> 
marsch  Strassoldo's  aufzuhalten. 

Drei  Wochen  währte  der  Kampf  um  die  Stadt  Kasckau, 
welche  aus  der  Citadelle  beschossen  und  von  den  Knruzzen 
belagert  wurde.  Lamb  erwiderte  das  Feuer  nach  KriAen  und 
bot  den  Angriffen  Trotz.  Das  Zurllckweichen  des  kaiserlichen 
Heeres  und  der  Anmarsch  der  Tttrkcn  vor  Kaschau  schien 
das  Geschick  Kaschaus  hoffnungslos  zu  gestalten.  Aber  auch 
jetzt  noch  wies  Lamb  alle  Aufforderungen  des  Feindes  zur 
Uebergabe  ab  und  nöthtgte  den  Kuruzzenfilrsten,  am  12.  Augast 
die  Laufgräben  zu  eröffnen,  die  Stadt  mit  Granaten  ttbersehtttten 
zu  lassen  und  also  eine  regelrechte  Belagerung  einzuleiten. 

Der  beste  Verbündete  Tökfflyi's  und  der  Türken  wurde 
jedoch  die  Gesinnung  der  Einwohner,  welche,  der  Belagerung 
müde,  den  (Jommandanten  und  die  Besatzung  zwangen,  am 
14,  Augast  der  Uebcr;4abe  Kaiichaus  zuzusehen.  Doch  muaste 
man  den  Herrschafts  Wechsel  thoucr  bezahlen. 

Hier  setzt  nun  der  Ordenabericht  ein  und  crzillilt  Nach- 
stehendes Uber  das  Geschick  des  Jesuitencollegiums.* 

Am  Tliore  der  Stadt  stund  unter  den  Anderen,  denen  es 
die  Sacldagc  nahelegte,  der  licctor  des  CoUegiums.  Graf  Tö- 


*  Litt,  an  II.  8.  J.  Prov.  Austr.  a.  a. 


443 


kirtyi  reichte  ilim  in  auszeichnender  Weise  die  Ueehto.  Nach- 
dem eine  und  die  andere  Stunde  seit  dem  Einzu<ro  verstrichet» 
war,  kam  Einer  mit  zehn  unficariöehen  Fusssohlaten  von  der 
Leibgarde  Tökölyi's  and  erklHrte,  von  ihm  zum  Schutze  des 
Colle^unis  abgesandt  zu  sein,  damit  die  Kirclje,  die  Inwoliner 
and  der  Hausrath  nicht  irgendwelchen  Schaden  nähmen.  Fünf 
TOQ  ihnen  warden  am  Kirchenthor  au^estellty  fUnf  Andere  auf 
dem  Gange  sur  Sacristei. 

Wfthrend  dieser  Zeit  wurde  Niemandem^  auch  den  Je- 
suiten nicht,  der  Zutritt  in  die  Kirt  he  gestattet,  so  dass  die 
Ordensväter  voMe  vier  Tage  —  his  zu  ihrer  Aus\van(h^ning  — 
die  Messe  theils  ])ei  den  Franziskaner!),  tlieils  in  eineni  Krenideu- 
zimmer  lesen  mussten,  zu  welchem  Ende  sie  einen  Kelch  heim- 
lich aus  der  Kirche  schafften.  Jene  Vorkehrungen,  die  unter 
der  Maske  der  Beschirmung  getroffen  wurden,  zielten  dahin  ab^ 
die  vermeintlichen  grossen  Schätze,  welche  im  CoUegium  von 
den  Jesuiten  und  Anderen  untergebracht  wären,  zu  erlangen. 
Da  sich  jedoch  nichts  Anderes  als  etwas  Kirchengeräth  und 
einige  Kisten  unbekannten  Inhalts,  die  von  einer  Frau  hinter- 
legt und  im  Collegium  veruahrt  uurdcii,  vorlanden,  so  dürfte 
man  wohl  sehr  enttäuscht  gcwetjen  sein. 

TökOlyi  le^te  der  Stadt  eine  Zahlun«;  von  H().(HM)  Keichs- 
thalern  auf.  Die  Gemeindevertretung  besteuerte  hiezu  das  Je- 
suitencollegium  mit  4000,  das  Convict  mit  500  Gulden  und  das 
Kisdy'sche  Seminar  mit  einer  gleichen  Summe.  Als  Grund  fUr 
diese  starke  Forderung  wurde  hervorgehoben,  die  Jesuiten  seien 
die  Urheber  der  CapitulationsverzOgerang  gewesen  und  hätten 
die  Besatzung  durch  Reden,  Geldspenden  und  andere  Hilfs- 
Wittel  angeeifert.  Zufolge  dieser  Hartnäckigkeit  im  Wider- 
stände habe  Tökölyi  die  lUi  kcn,  seine  Helfer,  zur  Plünderung 
Kascliaus  ormäeliti<rt.  dRim  aber  den  Rarharen  eine  Ablösunpfs- 
bUDHiie  von  GO.UOU  Ucichsthalern  aufgedriingt,  weiche  Snnnne 
die  Bargerschaft  endlich  durch  wiederholtes  Bitten  auf  die 
Hälfte  ermässigte. 

Wie  sehr  sich  auch  die  Jesiuten  sträubten,  so  mussten 
>ie  sich  doch  zur  Entrichtung  von  2400  Gulden  im  Baaren 
lind  in  Metallwerthen  bequemen.  Allein  man  bestand  auf  der 
2aUu&g  des  Restes  und  bedrohte  im  Weigerungsfalle  den 
Rector  mit  Einkerkerung.  Und  es  wäre  sicherlich  dazu  ge- 
kommen, heisst  es  im  Berichte,  wenn  nicht  die  Tökölyi'sehen 

29» 


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444 


(Jommissflre  anfrcdcutet  hftttcu,  es  sei  zw.  <-k(li«inlieher,  die  Je- 
suit^^n  MUS  dor  Stadt  und  aus  dem  Lan<lt'  zu  weisen.  Tökülvi 
•MiipHu^'  (1(11  Kector  &h  Bittsteller  mit  s(;heinbarer  Güte:  da 
»Tdclilfin  plötziic  li  ein  Mandat,  dm  div  Jesuiten  als  .Unrulit - 
Stifter*  über  Nacht  und  niit  Znrücklassung  aller  Habe  auszu- 
wandern zwanir.  Nur  dem  kranken  Ordensbruder  P.  Niclas 
.Szecsenyi  wurde  eine  A ut'entbaltsfrist  vergönnt  und  derselbe 
zu  den  Franziskanern  übertragen.  Am  H*.  August  verliessen  die 
V^ilter  der  riesellsehatt  Jesu  die  ungastlich  gewordene  Stadt  im 
(Jetolge  von  anderthalb  Hundert  entwaftneten  Söldnern.  Zwei 
Jesuiten  folgten  etwas  spiiter  nach  und  erfuhren  am  Stadtthoixj 
gröbliche  Behandlung.  Auf  dem  Wege,  trafen  sie  mit  ihren 
aus  Eperies  verbannten  Ordensgenossen  zusammen.  An  der 
pohliaelien  Orenze  mnssten  sie  (Jeleitgeld  zahlen. 

l  >er  ( )rdt;nsbericht  verzeichnet  die  Schaden,  welche  da- 
mals  das  Kaschauer  (/ollegium  erlitt,  i^ic  betrafen  dessen  theils 
angekaufte,  theils  durch  froniraes  Vcrmächtniss  erworbene  Be- 
sitzungen und  d'v  Nielas  Probstei  von  Mislc  mit  sieben  Dörfern. 
Die  Bibliotliek  des  CoUegiums,  die  Apotheke,  die  Kirche  wor- 
den sehwer  heimgeBttckt. 

Schlagen  wir  nun  den  Weg  südwärts,  in  die  Zempliner 
Oespanschaft,  ein. 

xnr.  8iroe*Patak,^  TaresaL 

Die  (junst  rler  UAköczy's,  der  Mutter  und  des  Sohnes, 
hatte  die  Jesuiten  hier  heimisch  gemacht,  und  die  Gefahr  des 
Aufstandes  von  1610  ging  wieder  vorUber.  Bald  aber  (1672)  zog 
der  Kuruzzenkrieg  Patak  und  seine  Ciegctnd  in  Mitleidenschaft. 
Der  Calvinismus  konnte  wieder  sein  Haupt  erheben,  und  in 
der  Stadt,  welche  eine  Hochschule  des  reforrairten  Bekennt- 
nisses barg,  den  ilerm  spielen.  Die  Jesuiten  mussten  die 
höheren  (  'lassen,  Poesie  und  Rhetorik,  schliessen  (1070),  denn 
ganz  Patak  wurde  von  d<>n  Kuruzzen  dem  Erdboden  gleich 
gemacht,  und  die  Burg  alN  in  blieb  die  Zufluchtstätte  der 
Insassen.^  Man  konnte  die  Schulen  nur  bis  2ur  ^Orammatik' 
eröffnen  und  musste  einen  weltlichen  Lehrer  anstellen. 

*  pRtaker  Jesuiteiichronik  (vuii  IHiKi  nii  ,Ui(tt4>na  Kesidentiae  Pata- 
kienils*»  1663—1758.  Bu<ia]ie.st«r  Nationalmas.,  Handsehr.,  f.  IX  f.).  Litt, 
ann.  8.  J.  Prov.  Austr  a.  a.  1673—1677. 


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445 


Mit  doppelter  Befriedigung  erzählt  der  Jahresbericht  (1677), 
wie  sehr  die  aufopfernde  Seelsorge  der  JeBuiten  die  Gemlither 
der  ^Rebellen'  den  Ordensyätem  sugewendet  habe.*  Sie  hätten 
darum  auch  die  Weingärten,  Felder  und  Landhäuser  derPataker 
Residenz  gegen  alle  Unbilden  Tertheidigt 

Das  Testament  der  bewährten  Gönnerin  Sofie  Bdthoiy 
(1080)  bedachte  auch  die  Pataker  Jesuiten  mit  einem  Gttter- 
antheile  von  Nagy-Biiry,  mit  Weingärten  im  Hegyalljagebiete 
SU  Tarezal,  Tolesva,  B^nye  und  DJhely.* 

Das  Jiilir  1082  vorUberjjelieiul  stellte  den  Fortbestand  der 
Jesuitenresidenz  in  B'rage. 

Zar  Oeschiclite  der  Greuel  des  Kiiruzzciikrii  ucs  bietet 
einen  Beitrajr  das,  was  y.nm  Jubro  1B72  von  der  nt  liaiidlung 
eines  Jesuiten  in  Tarczal  verzeichnet  wird,  den  man  auf  den 
Markt  sebleppte.='  Der  türkische  Bef<"hlshaber  schrie  alsbald, 
als  er  ihn  erbHckte,  ob  man  dem  rebellischen  Pfaffen  den  Kopf 
vor  die  Füsse  legen  wolle.  Als  man  dies  verneinte,  gab  ihm 
der  Tl\rke  acht  Strciclit».  Der  <  )rdensmann  wurde  hierauf  durch 
den  Ort  geschleift  und  vorspottet,  zur  Eisjirobe  verurtheilt,  in- 
dem man  ihn,. nachdem  die  Hisrinde  durchbrochen,  bis  zum  GUr- 
tei  in  das  Wasser  tauchte.  Vier  ungarische  Meilen  währte  dies 
quälende  Possenspiel  und  Überall  hörte  man  die  fketzeriscben  Re- 
bellen^ den  höhnenden  Ruf  anstimmen:  , Dominus  vobiscum,  per 
omnia  secula  seculorum*  u.  s.  w.  Unter  solchen  Beschimpfungen 
ging  es  bis  an  dou  Ort,  wo  er  kriegsrechtlich  behandelt  werden 
sollte.  Doch  kam  er  mit  dem  Leben  davon  und  erlangte  am 
ö.  Februar  1673  seine  Freiheit. 


*  LUt.  «nn.  B.  J.  Prov.  Aaatr.  s.  a.  167d.  . .  Urb«  enim  tota  in  pla- 
num aolnm  redacta  propter  Rabellaa.  Snperest  apex.  aola,  inquiUnoniiu 
refngimn. 

'  Litt.  ann.  S.  J.  Prov.  Atistr.  a.  a.  1677:  ,Patakini  ipsiniet  Rebelles  iiobi.s 
facti  sunt  fidele»:  audieiite!«  fniip]if  rh;»rit,item  illntn  a  iiostro  Patre  in 
»ocios  {»«idiiiunifl  oxercitaiii,  4Umiic1u  pro  ctira  .solamiiiis  fumautett  rogoa 
iuacendit,  ardentesque  ad  patientuim  fractiferam  animiirit:  ben«fieium 
illad,  paneia  foctnm,  omnibas  impntatuin  Toluenint  oommniüqQe  bene» 
Tolentia  nobia  gnSi  «Me  atnda«rant»  dum  Ttneaa  nottra«  rMideatiao  pro- 
prias,  agrog  c|aofiue  et  alios  feudos  domosqtie  praediales  a  eunetis  in.'» 
comtnodis  defendemnt.' 

*•  S.  obc-n  das  Testament  SoHe  Bathory's. 
Litt.  ann.      J.  Prov.  Austr.  a.a.  1672. 


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446 


XV.  Unghvar. 

Die  Erfolg«  in  ünghvAr  konnten  bei  der  ^HalesUrrigkeit' 
derCalviner,  ^wdlche  die  der  Juden  Übertreffe',  und  angesichts 
des  Aufttandes  keine  namhaften  sein.  Umsomehr  Gewicht 
musste  das  CoUegium  auf  die  Bekehrung  des  Grafen  Andreas 
ForgAcs  ^  legen,  der  nach  dem  Tode  seiner  Mutter  als  junger 
Mann  von  viorundzwanzig  Jahren  und  als  ,einaiger  Verfechter 
des  Calvinismus  in  Oberungam'  aum  Aerger  des  Fürsten  von 
Siebenbtlrgeo  und  der  Stünde  jenes  Landes  fUr  die  römische 
Kirche  gewonnen  wurde. 

Die  seit  Jahrzehnten  bcti'icbene  Union  der  ,gricchischen 
Schismatiker'  mit  der  römischen  Kirche,  auch  ein  wichtiger 
Gesichtspunkt  der  Ordensbcstrebungcu,  bot  allerdings  nur  eine 
schwache  Ernte,  denn  nur  acht  Proselytcn  verzeichnet  der  Ordens- 
bericht zum  Jahre  1G75.  Umsomehr  war  man  bemttht,  die  Gräfin 
Maria  Eszterhüzy  fdr  diesen  Zweck  zu  «j^cwinnen.  Und  auch  die 
Zahl  von  einigen  Siebenzi«^,  die  dem  Calvinerthum  entrissen 
wurden,  ,sei  Äusserst  spärlich  angesichts  der  Masse  des  Ketzer- 
volkes, in  dessen  Mitte  das  Unghvarer  Colic^^iiiiu  bestände.' 

XVI.  Munkacs. 

Auf  den  Hiiköczy'schen  Herrschaften  MunkAcs  und  Ma- 
kovicza  sollte  nacli  dem  Ordensplanc  vom  Jahre  1671  für  das 
Werk  der  Bekchrun«;  unter  den  Sehisniatikerii  und  anderen 
Ketzern  eine  bewährte  Kraft  verwendet  werden^  um  mit  Einem 
iSfhlage  die  jlrrtliUnier*  auszurutt^'n.  Fran^  Käk<)ezy  lie.ss  sich 
herbei,  einen  glaubenscitVigen  und  hoeligebildeten  Theologen 
aus  Polen,  von  adeliger  Herkunft,  der  Seelsorge  zuzuiuhieii, 
und  seine  Mutter,  die  Fürstin -Witwe  SoHe,  wies  ihm  1000  Gul- 
den an,  damit  er  ohne  materielle  Sorgen  »ich  ganz  diesem 
Zweek<'  widim'n  könne. 

l\äk«'jezy  vertrieb  die  protestantiselu  ri  i'n  digcraub  Iviräly- 
Helmeez;  seine  ^Mutter  begltiekwUnscltte  den  Sohn  zu  diesem 
Erfolge  und  utaelitr  ihn  bald  wett,  indem  sie  den  Munkäcsor 
PrMdicanten  die  Weisung  ertheilte,  binnen  drei  Tagen  auszu- 
wandeiii.    Mit  der  Bekehrung  der  Ketzer  ging  es  allerdings 

'  Litt.  «uu.  Ö.  J.  l'tvv.  Austr.     a.  14)76. 


447 


nicht  vorwärts.  Da  Hess  Sofie  die  KirchenthUr  sperren  mifl 
durcli  don  Burf;liau]>tiaann  die  SchlUßgcl  den  .Jt-Miitniniissionärcn 
ausfolgen.  Die  den  Protestanten  soleher^estalt  entrissene  Kirche 
wurde  gereinigt  und  iuii  17.  Novcinlicr  1G71  für  kathoHsche 
Zwecke  feierlich  eingeweiht.  Auluiiglich  fanden  sich  ausser 
der  Jugend  nur  wenige  Ketzer  ein,  aUmäli^^  aV»er  erschienen 
auch  Erwachsene,  ins^M -  ndere  als  die  Morgen-  und  Ahend- 
gebete  in  der  Muttersj)rH<  he  eingerichtet  wurden,  und  homit 
die  Beschwerde  aufhöite,  man  verstände  nichts  von  der  Messe.  ^ 

Als  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  ilcr  .)»^siiitenmission 
im  fernen  Osten  T^ngarns  musste  die  l^ekelirun«:  der  Bergstadt 
Nagvhdnya-  im  S/.atmarer  Comituti*  Lr<lten.  W'ur  hnttv  sieh 
seit  achtzig  Jahren  der  Calvinisuius  eingebürgert  und  mit  Ilart- 
nÄckigkeit  aufreelit  fM-lKilten. 

1074  erHess  nun  die  Krooe  den  Befehl  zur  Einfdhrung 
des  kathoHschen  Gottesdienstes,  was  für  die  katliuHsehen  Dorf- 
bewoliner  der  Nachbarschaft  sehr  ti'östUeh  war.  Die  Mission 
übernahm  das  Kascliauer  CoUegium  und  sandte  einen  der 
Ihrigen^  nach  Nagybiinya,  woselbst  er  auch  trotz  der  Gefahr, 
den  Knnizzen  in  die  Hände  zu  fallen,  am  7.  März  wohlbehalten 
eintraf.  Angesichts  dieser  Oefahr  fVir  das  c  alvinische  Bekennt« 
ntss  hatten  die  Gemeinde  und  der  Hath  beschlossen,  sich  jedem 
Anschlage  auf  ihre  Kirch <  iiiir  1  f-waffneter  Hand  zu  wider- 
setsen.  Am  Thorc  wurde  der  Drdensmann  von  etwa  26  Leuten 
aus  dem  Käthe  und  der  Gemeinde  höflich  begrUsst  und  er- 
sucht, daAir  zu  sorgen,  dass  die  kaiserlichen  Commissäre  den 
kirchlichen  Zustand  nicht  gewaltthätig  stören  mögen.  Darauf 
habe  der  Jesuit  erwidert,  er  sei  nieVit  zur  Aufstdnmg,  sondern 
vielmehr  cur  Unterstütanng  nnd  Trtiatang  der  Bürger  er- 


'  Litt.  ann.  B.  J.  Prov.  Atistr.  a.  1671. 

*  Ibid^  1674;  (Corneliv«),  Fragm.  hiat  Rrnig.,  IIL  Abth.  a.  a.  1674,  1676, 

S.  426  ff.,  521  f. 

'  Valentin  Halotrh.  (Cornelius),  Fraptn.  liist.  TTrinpr .  a   a.         S  127. 
l>j»'s«'  l)ai>ti3lluug  Iä.s.>»t  allerdings»  nicht  lit  li  rt^n  Kinbliik  in  die 

Nag^ybAiiyaer  Mksiuu  werfen,  welchen  die  Litt.  nun.  S.  J.  Prov. 
Attstr.  gewibren.  Eine  Pridicantenbekehrung  behandelt  (Corneliv«), 
a.  a.  O.,  6.  488-489. 


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448 


schienen,  uiirl  don  UnlU  gebeten,  ihm  im  f^inno  der  köni^'^lichen 
KaninifM-  i-iau  Wohminir  anzuweisen.  Das  sclilu^on  sie  denn  aber 
ab,  indem  sie  ,in  aller  Bescheidenheit*  •  rwiderlcu:  dein  ( )rclens- 
manne  stunde  der  Eintritt  in  die  Stadt  tVei.  aber  zur  Anweisung 
eines  Quartiers  iu  der  Stadt  sei  man  nicht  verpfliehtet. 

Endlich  nahm  den  Jesuiten  ein  .schismatischer  Inmanii, 
nicht  Kinwolmcr'  in  seine  Hchausunp^  auf. 

Am  nächsten  Tage  hielt  man  die  Kirchen  geschlossen  und 
die  yPrädieanten'  entliielten  sirh  des  Gottesdienstes.  Der  ( )rdens- 
raann  verriehtote  in  seiner  Behausung  vor  vier  Katholiken  dio 
Andaclit  und  Hess  heihge  GesUnge  in  der  .Mutters[»nu-he  ab- 
singen. Dann  verfügte  er  sicli  in  das  städtische  Krankenhaus, 
woselbst  er  geistlichen  Trost  und  Almosen  spendete.  Als  er 
dann  auch  den  Kerker  besuchte,  fanden  dies  die  ,Prädicantcn' 
und  die  , Kitigeren*  in  der  Gemeinde  sehr  verdächtig:  ,.Seht,* 
sprachen  sie,  ,welchem  Ende  die  jesuitischen  Praktiken  zu- 
steuern!' Als  der  Sonntag  (Passio  redemptoris)  herankam, 
wurde  die  katholische  Feier  in  eine  gerilumigere  Statte  ver- 
legt. Es  war  dies  vormalB  eine  adelige  Behausung  auf  dem 
Hanptplatze,  die  aus  Anlass  der  Theilnahme  der  Besitzer  an 
der  , Rebellion*  dem  Fiscus  verfiel.  Es  kostete  keine  Schwierig- 
keiten, diese  Behausung  dem  Ordensmanne  anzuweisen.  Der 
▼on  Musik  begleiteten  Mosse  wohnte  eine  sahlreiche  Voiks- 
mengB  an. 

Bis  zum  Ostersonntag  hatte  dry  Missionär  seinen  früheren 
ünterstandgeber  und  drei  ,8chismatiker*  bekehrt  Als  er  am 
Ostermontag  einen  (^alviner  zum  Proselyten  machte  und  dieser, 
ein  ,Arcularius*  (Stjiffirery)  von  Gewerbe.  s(>inc  geschickte 
Hand  zur  schmucken  Ausführung  von  Heiligenbildern  her- 
geben wollte,  wurde  er  aus  seiner  Zunft  gestossen,  mit  Schlägen 
Kart  gezüchtigt  und  war  nahe  daran,  in  den  Kerker  geschleppt 
2U  werden,  wenn  nicht  der  Ordensmann  mit  dem  ganzen  Aul- 
gebote seines  Ansehen.s  sich  dawidergesetzt  und  die  ,An8chl8ge 
der  Uebelwollenden*  also  vereitelt  hätte. 

AU  das  Begräbniss  eines  Katholiken  sich  ergab,  wurde 
anch  die  Gestattang  des  Glockengeläutes  durchgesetzt  Während 
dabei  nahezu  die  ganze  Stadtbevölkerung  erschien,  um  dies 
ungewohnte  Schauspiel  zu  sehen,  hielt  der  Hisstonär  am  Grabe 
eine  Ansprache,  worin  er  vor  Allem  das  Lob  des  Verstorbenen, 
sodann  die  katholischen  Leichenbräuche  umständlich  erörterte. 


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449 


So  brachte  er  bis  Mar»  Himmelfahrt  42  £inwohner  sur  Beichte 
and  zur  Communion. 

Bald  wurdeo  die  Jeeaiteii;  dank  der  Umsieht  und  Muhe- 
waltnng  ihres  Ordensgenossen  und  der  Gunst  der  Krone,  Herren 
der  Sachlage.  Es  gelang  ihnen,  die  Pfarrkirche  und  die 
Martinskirehc  sammt  dem  Spital  zugewiesen  zn  erhalten,  so 
dass  die  Protestanten  sicli  mit  einem  bescheidenen  Rethausc 
begnttgen  mnssten  und  1675  die  Gemeinde  einen  dem  Katbo- 
licismus  sehr  günstigen  Vertrag  einzugehen  gezwungen  war. 
Ueberdies  mosste  der  ,Prädicant'  Stefan  Q.  Szersin  1076  einen 
förmlicbeii  Revers  ausstellen.' 


So  bieten  uns  die  Clnonik  der  Ortlichen  Wandlungen  des 
Kirchenwesens  und  die  vielgestaltigen  Wt'ge.  die  dabei  der 
Jesuitenorden  einschlugt,  eine  Fülle  wechselnder  Tliatsachcn, 
die  das  Oeschichtsleben  Ungarns  in  einer  seiner  bedeutendsten 
Epochen  beleuchten  und  gründlicher  erfassen  lehren. 

*  (Cornelius),  a.  a.  O.,  S.  421» :  ^uro  por  Deiim  vivuin  ine  in  tide  ergo 
CaeMurem  R^iAinque  mai«stattiui  peratiturum,  ueque  convitfum  RonuuMM» 
religtoni,  ^tuB  Bcgis  Mt»  verbo  sut  aseu«  faotanwi.  Si  fsUam,  rena 
majMrtsM«  bsbetr.* 


üiyiLizea  by  <^OOgle 


ANHANG. 


Die  erste  Abtheilunj^  bietet  Aussig  ans  den  ^Litterae 
annoae  S.  .1.  Prov.  Au^triaeae'.  aus  <leiien  mancher  nicht  un* 
wichtiger  Aufseliluss  Uber  (ti(>  Mittel  uud  Wege  der  Ordena* 
mission  im  Bereiche  dvs  liokclinni^jsworkes  «jowonnen  wird. 

gilt  die  AiifspilrnnfT  ufid  Ve  rnichtung  ,ket2erisili(  i'  BUcher, 
die  Eiuflussnnlnue  auf  die  dienende  Ulasse  und  die  Pflege  der 
katholischen  Gesinnnng  bei  den  yvon  ihren  Gatten  gekränkten' 
Frauen. 

Die  sswette  Abtliciiung  Uef<>rt  uus  der  g:leichen  QoeJIe 
siffermilssige  Ausweise  über  die  Bekehrungen  an  den 
einzelnen  OHen  der  < )rdensmiBaion|  während  die  dritte  den 
Personalstaud  des  Ordens  vom  .Tahre  1(574  nach  den  ein- 
seinen  rnIl<Mrien,  Residenzen  und  Missionen  auf  ungari- 
schem Boden  bietet. 

Den  Schluss  bildet  (IV)  ein  für  die  Zustände  Ungarns 
charakteristischer  Bnef  vom  Jahre  liilö,  aus  der  wUsten  Zeit 
des  Knruzzen-  und  Labanczenkrteges. 

I. 

ÄU8  den  ,LittemB  annuae  S.  «7.  Provineiae  Auttnaeae*  ffdsr  doB 
B€kekrung$wß8€n  im  Jahre  167i, 

.  .  .  A«i  constauti;im  lominn  iu  tido  catholica  ^it^rvaudaui  sutniuctio 
lihi  oriim  haoroticorum  nivit  pluriininii.  Quovi  »»pere  8aga<!itas  ojuTa- 
rum  Collogii  VionnonslR,  Styrciisis'  et  Tri iichi ihuimIs*  A  Kesidcntiao 
NeoHtadiensif!  probats  est.  lila  vei-o  qua«  in  missiuue  patrum  tertia«  pro- 

*  StJt'lt  Sft^yr  in  OhArdatorreicb. 

*  Tr4)ul««:hiu  in  Oberangani. 


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4&1 


batioDig  Judenbnrgensis '  in  oj>j*ido  et  castro  Snniar-  exercita  phiii- 
buß  profiiit.  Noll  iU  multoß  annoß  pulso  jn  aedicante  couverMiui  id 
fiierat  et  intcv  illos  Pra^dicantis  uxor,  apud  quam  i&  mortoufi  biblio« 
tbocam  libris  sat  ciijiiosis  iffin-tani  reliqnit. 

Apiil  ilhiiii  igitur  taiii  ficti  ({uuiii  tanguidi  catholici  rx)U- 
TPnticala  frequf'ütia  iiistituobant,  nt  so  \ol  in  haon'si  confirmabant  vel  ad 
Aomitutn  «»oniin  lootiono  dinpc<iiob;int.  In  cniiip  if-i  nostor*''  vnnit  rngni- 
tionem,  dum  illins  honpitio  in  miHüiono  utitnr.  I)it  f'ntem  enini  audivit  bo 
übros  haboiT,  ex  quibus  etiam  ipsi  I«iHuitae  haurire  do«;trinam  possint. 
DissiiDuIatn  1*0  proxima  Dnrnini*  ;!  ;n1  illaiii  rinn  socio  et  Parooho  venit,  so 
libris  pinsinodi  egere  siniulaiis  et  iiiiitiio^s  obtiniiit,  secunKpK»  acoepit,  ex- 
ceptis  quibiisdani  sdiolaKticis,  i?t  Viilcano  Ira^lidit  •  sei  vatis  tamoii  bibliis 
tanietKi  nonnihil  coniiptii;  et  cathaUiK**  libroiuin  arcis  inscriptis,  pro 
nostris  Bubindt^  illic  sigentibiis  et  iiiin  hiifK^icis  acturis,  qiiod  magno 
catholiconim  et  praecipne  ciiiionis  factum  gandio,  qiii  (am  |>erniciot!;am 
sub  cinere  latere  favillam  ignoravemfc.  t'urontom  denao  proptei'oa  femio 
juun  landem  etiam  dextre  sedavit. 


PLnres  deinde  efamnloramsortead  haereticonim  deeerveDda  86r- 
Titia  indttcti»  11t  fidei  catholicae  et  anae  profMstoni  conformiter  sine  peri- 
colo  TiTerant,  quod  amptina  fiutam  Poaonii  et  Sopronii,  qiiibas  looia 
com  doDunoroni  pennntatio  non  Um  facilia  ait,  eo,  qnod  pnecipui  quiqne 
liaereBi  infecti  aint,  primum  effectum,  nt  niai  ea  conditione  seiritia  et 
ancillatna  reciperatur,  ut  in  exereitiia  eathulicia  nulla  ratione  irapediren- 
tur.  A  quibiia  deinde  id  non  semttim,  ab  Ua  disceaaus  pamaaua»  in  quo 
qoorttmpiam  her<ma  aeae  animna  extulit.  Non  dabitarunt  enim  rei  tempo» 
ralis  propierea  iactnram  facere,  qnos  inter  etninait  adolesoena,  qni  non 
aolum  commoditatea,  qnaa  babait,  sed  etiam  parentem  ipanm  deaernit,  cni 
tarnen  proviaom  apud  oathollcoa  de  anatantatione  honesta. 


Tain  a  Sz a 1 1 marieusi  quam  a  Thuroczien;?!  Residentiis  idcm 
et  viciuui  piühtiuiiii  et  10  dispertitos  per  couiitatuiu  Thurocziensem  a 
maritis  afflictae  matronac  succumberent  opportuno  recreatae  auxilio 
et  ne  ah  illis  pervcrtcnmtur  luboratae:  illic  evocatae  taui  diebn?»  <l<»miui- 

'  Zu  Judenburg  in  Oberste ierinark  «.-.utwickehe  seit  1620  eint»  der 

grüssten  Jesuitencollegien  und  xugleicb  PrubaUousbatu. 

*  Im  Eiaenburger  Comitate  an  der  Mflndnog  der  Ottus  in  die  Kaab. 
'  Der  Jevoit,  der  mit  dem  Miarion«werke  in  Sdrvir  lieCrattt  war. 

*  d.  i.  verbiaonte  «e. 


463 


eis  qnam  fMfcis  ab  iis,  qni  haeretieos  inter  mere  cngebantur,  non  sthn 
ad  invictuin  in  Ado  robiir  sod  ad  vogctam  etiatn  et  solidam  in  mediu  pn- 
vao  gcntis  piotatem  äervandam  excitaii.  • 

n. 

Zur  Statistik  der  Bekehruiu^eu  durch  den  Jttuitenordtu.' 

1671. 

Uiighvar  49  (rorsonon);  Agrain  H;  Königin  h3;  Gyönevö«  45; 
Neusohl  8;  PaUik  72  Lutheraner,  45  Calviner,  2  Anabaptist^u ;  Zip* 
80  Lutheraner  und  Calviner,  9  Schismatiker;  Szatmar  21  und  1  Muham- 
medaner;  Thuiöcz  14;  Warasdin  36  (Legnider  Mission);  Andok  ii\ 
Leopoldstadt  40;  Hunkacs  14  und  2  Schismatiker. 

1672. 

Raab  170;  Pressbnrg  161  (darunter  ein  Greis  Ton  86  Jahren); 
MunkacB  12  (2  Rnthenen,  10  Calviner);  Neuflobl  60;  Schemnitz  ftier 
100;  Patak  58;  Rosenberg  140;  Rosenau  45;  Zips  64;  OedenbaigSO; 

Szatmär  59;  Tarczal  34. 

Beichten  fautl*ju  >tiitt  lu:  Kaschau  19.n4:i;  tiyöngryös  954U; 
Kanb  19.800;  Presshurg  19.100;  Munkäcs  1027;  Zips  .'»ouo;  Tr^ntschiß 
lo.öoo;  Tjrnau  37.400;  Warafidin  21.500;  Vessprim  18.200;  Agna 
82.260. 

Im  Gänsen  4886  (daruntor  6  Joden,  8  Tfirken,  19  AnabajitMi 
2  Schismatiker»  29  Apostaten).  —  Kaschau  98;  Raab  118;  Fressbu; 
243  (21  Apostaten,  4  Anabaptisten,  3  Juden,  1  Türke);  Oedenbvigl9; 

Trentschin  1952;  Untfhvär  38;  Thur^^cz  15;  Warasdin  37;  Andok87; 
J»ilbVii  S4;  K«»iii<'in  ;;7;  Leutschau  167;  Neusohl  IftO;  Szatui.n 
Liptan  320;  Le-ijinldstadt  1»>;  Munkäcs  18:  Ko.seuberg  320;  liob^iiä«J 
:  Zips  80;  Özeuicza  813;  Verovicza  (Veröcze,  Verbeucze)  35;Vesipr"'' 
30;  Siilein  (Szolna)  2G2. 

Beichten:  Agram  82.780;  Pressbarg  27.000;  Warasdin  31.000; 
Trentschin  14.050;  Zips  9550;  Leutschau  3200. 

iU74. 

Veröcze  580;  Tjrnau  880  (8  Prftdicanten);  Jdlsra  857  (1  Fii^' 
cant);  Hissio  castrensis  835  (2  Pradicanten,  6  Juden^  1  Türke);  ^ 

'  Nach  den  »Sutnmarion  iu  den  Litt.  ann.  S.  J.  l'ruv.  Auntr. 


Digiti/Cü  by  C_ji.Jv.Kii^ 


453 


JtJU;  Press burf?  264  (16  Prädicanten.  A ii;il)aptist<'Uy ;  Leutschau  lüii 
ü  Präditiinteu);  Gyüugyös  7H:  Silleiü  Ibi;  Kasehaii  128;  Komorn  72 
(ir>  I*nulicantpn,  3  Türken);  Zips  Gf)  (4  Piüdicautoii,  '6  Tinken);  Thu- 
Kic2  62;  Skaliiz  57;  Leopoldstadt  45;  Oedenburg  iU;  Nagybanja  5. 

1675. 

Komom  29;  GySngyös  28  (von  denen  Einer  dum  wieder  100 
katholisch  machte);  Lentschau  und  in  den  13  Orten  2100;  NeuBohl  nnd 
SchenmitE  1400:  Patak  26;  J^Isva  (von  Patak  aus)  SOO;  Szatm&r  Ober 

100;  Thnn5cz  44;  Warasdiii  2  Juden  und  2  Schismatiker;  Andi>k  48; 
Leopoldstadl  18;  Fiiiifkiichea  22;  Kosenherg  165:  K4»8euau  (ihav  UO. 

Von  der  MiHsiun  bei  den  Kakocz3-'s  im  Herrschaftsgebiete  Mako- 

  ' 

Ticzas  heisst  es:  »Evicei-unt  noatri  visitationem  ab  eptscoo  onito  gnMci 
«rdinis,  imde  apes  secntnri  fractoa'. 

(1676  nnr  allgemeine  Sammarien.) 

1677. 

Kaschau  169;  Raab  491;  Trentschin  97  (daronter  12  Anabaptt* 

äteu);  Pressburg  137;  l  ughvär  4ü  (5  Schismatiker);  Oedenbui^  9; 
Agraiii  1:  Wanisdin  4  Schismatiker;  Funfkirchen  11  (2  Ariaiit  i ) :  (lyAn- 
•iyf>6  17;  LeopoMsta.ll  17;  Patnk  22;  Thiir-cz  24;  Komorn  37;  Sellye 
58;  Rosenau  69;  Kosenberg  75;  Andok  75;  Leutschau  247 ;  Neusohl  491. 

1678. 

Im  Ganten  1184  bekehrt. 

,Der  grtaere  Theil  von  Kirchdranf  ksthoüflch  gemacht,  besonders 
mit  Uoterstatxnng  des  dortigen  Pfarrers.  Gnter  Schnlbesnch.' 

Kaschau  164;  Neusohl;  Schemnitz;  EremnitK;  Heirengrand;  Tyr- 
UM  72;  Leopoldstadt  (ThuriSczer  Mission)  12;  Kaab  r>8;  Tt-eutscUin  58; 
Komorn  302;  Gttns  29;  Gyöngyös  25. 

Iii. 

DU  ärüiekm  Betiände  de»  Jetuitenordens  tm  Jahre  1674* 

Die  ganis  Mertsichische  Ordenspnrrins  zihlie  in  dem  angegebe- 
tMii  Jahre  1161  Jesuiten  (darunter  11  auswärtige).  In  dieser  Zahl  er- 
tt1i«in«n  inbegriffen:  620  »socii*  (Ordensang'  hörige  im  »^ngeren  Sinne), 
,5*cholastici',  275  ,NoTitii  scholastici'  und  der  Best  »coadjutores'. 


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454 


Auf  Ungarn  entfallen  aji  Zahlen  für  die  Ordensgeuossen  im 
tianzen: 


.    .  64 

15.  Sobemnitjc  .    .  . 

.    .  5 

16.  Bosenan    .    .  . 

.    .  49 

17.  Skalite  .... 

.    .  25 

18.  Gyöügyös  .    .  . 

ß.  Baab    .   .   .  . 

.    .  23 

19.  Fatak  .... 

.    .  22 

20.  Ssatmar     .    .  . 

.    .  16 

21.  Thorrs     .    .  . 

.    .  12 

22.  Fanfkirelien    .  . 

.    .  S 

23.  Leopoldstadt   .  . 

.    .  2 

.    .  11 

24.  Tessprim   .    .  . 

.    .  2 

.    .  7 

25.  Nagybanya .    .  . 

.    .  2 

.    ,  7 

26.  Andok  .... 

.    .  2 

13.  Zip8  

.    .  6 

27.  Zelen  (Sitlein) .  , 

.    .  1 

Von  diesen  Sitzen  des  Ordpiis  wareti  1 — S  Oollegien  (Waras- 
din  wurde  es  erst  1678  zufol|?e  der  Stiftung  der  Ordensg-nnneriTi,  Anna 
Maigaietha,  Gräfin  von  Thanhausen),  9 — 21  Residenzen,  22 — 27 
Missionen. 


IV. 

Sekreihen  etne$  Ungenamtm  au$  Katchau  vom  1.  Mai  1675.^ 

Neues  passiert  alhier  wenig,  ausser  das  negster  Tegen  Ihro  Kx- 
cellenz  mein  Herr  Hcnoral*  sambt  Hein  Graff  Csakhy,^  Herrn  Hardiani* 
und  Herrn  Hollo  alü  ptenipotentiariis  nacher  Munkh.'iz^  verreißen  vnnd 
iilda  mit  dennen  liebelten  fridt  tractieren  werden;  wie  man  in  gemain 
spargiert  sollen  deren  petita  sein:  Expellantur  Jesnitae,  educatur 
niiles  Germanus,  restituantur  privilegia,  bona  immobilia  et 
templa  liUtheranis  et  Calvinistis  in  tota  Hnngaria. 


^  Dieser  Brief  findet  »ich  in  den  Ifiacellaneen  des  Oraxer  Joannram-, 
jetzt  Laiiflo.Harcliiv.H;  ohne  Adresse  und  Namen  de«  Correspondenten. 

*  General  Spankan  (f  13.  Juli  1676  ak  Obercommantlant  in  Ungarn). 

*  Offenbar  Stefan  (VllL)  Graf  Csakj,  geb.  16äö,  Ubergespan  von  Bereg, 
kab.  Batli  nnd  KimmeNr,  Feldbaoptmann  und  Gonuna&daal  in  Siattnir 
(t  1<I99). 

^  Johann  von  Harkyin,  1670—1676  Vicegespan  des  Ugocaaer  Comitataa. 
»  Manliia«. 


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455 


Verganngnen  Sonnabendt  Bc'iüdt  allhier  22  Rauher  so  vnter  ddm 
prtteit  der  Bebellen  vil  ybel  gestifflet  alle  leben ndig  gespiest,  vorher 
aber  mit  glüenden  eysernen  schienen  bi8  auf  die  Deiner  erschrecklich  ge- 
prennt,  ia  gleichttunb  lehendtig  gebraten  worden.  Defigieifihen  hat  man 
selbigen  Tag  einen  dOj&hrigen  Haan  wegen  Sodomiterej  sa  pnlner  ge- 
prennt. 

Herr  P.  Josna^  hat  widemmb  40  solche  eehelme  gefimngen;  wer- 
den alle  negster  "nigen  alhero  geflihrt  vndt  ihren  Cammerrathen  an  den 
Spifi  GeseUaehaft  leieten  mflssen. 


Vor  Knnem  erschien  der  jüngste  (16.)  Band  der  Honnmenta 
comitlalia  regni  Transsylvaniae  (Grd%l  oroi^iggyfll^i  eml^kek), 
berattflgegeben  Ton  Aleiaader  SslUgyi,  Budapest  t898,  699  SS.,  8^ 

Denelbe  umfoest  die  wichtige  Epoche  der  siebenbüiigisch-ungari- 
sehen  Ereignisse  Yon  1676 — 1679  und  bietet  (S.  4 — 114}  eine  klare 
nnd  sachgemässe  Darlegung  des  Ganges  der  fiffentlicheu  Angelegenheiten 
und  (8.  116 — 699)  149  Aetenatflcke,  welche  fftr  die  Geaohichte  der 
Kriegs-  nsd  Friedensfrsge,  des  Zosammengehena  Siebenbflrgena  mit  den 
Kumizenr  der  Diplomatie  Frankreichs  und  Polens,  der  Haltong  des  kai- 
serliehen Hofes  u.  s.  w.  eine  breite  nnd  sichere  Grundlage  bieten. 


Der  bukaunt«  Titulardoiuherr  vüq  Erlau  uud  Pfarrer  von  Täll^a,  der 

sieh  qiiter  als  kecker  KriegMnaaa  an  den  KBraiaam  fcLlug  uud  safolge 
«•inee  FahneHweaheelB  ihrer  Sache  erlag. 


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Inhaltsübei'äxcbt. 


Vorwort  353 

A}  Der  Gang  des  onirarlfdi«i  StMttilebeiM  ta  ieii 
Jahres  1671-M8S. 

I.  Die  Fiilgon  der  Magnatonveracliwürung.   J)ie  Bestrafung  und  dag 

Oetroi  354 

n.  Siebenbtlrgm.  Die  Pforte.  OabernAtor  Amprlngen  und  Prima»« 
LocnniteiieiM  Szelepes^nyi.  Der  Knruzzenanfirt&nd.  Die  0ericbt8> 
tribunnle  und  der  Protejit.nntismnx.  Die  Haltung  der  Krooe.  Die 

Anklnpc  nuf  Hochverratli  iinrl  ilir  Keweiamaterial  3ö7 

III.  Venezianische  Finalrelationen  von  IGiU  uud  1674.  Die  lUuMre 

Oefabr.  Polen,  Frankreich  und  ifie  Knrossen  (1676)  ....  366 
IT.  Das  Einlenicen  der  Regierung  und  die  PadBeaüonaflrage  (1675— 

1678)   866 

V.  Die  Kunizzen  und  Siebenbürgen.    Graf  Kmoricb  T(5k<ilyi.  Die 

Unterliandlnnfrrii  der  Krone  mit  d^ti  Kiituzzen  (1678 — 1679)  .  373 
Vi.  Di«  üinlielir  int  iiegieruDg»8yijtetu.   üubernator  Auipringen  ver- 

iXmt  Ungarn  (1679) .    .   .  '.  375 

>VI1<  Di«  Tymaner  und  Lentocbauer  Negotiationon.  WetMwUnyi,  Telelty 
nndT6kßIyi.   Dcsnon  Hoirateplan.  Helene,  verwitwete  BAkdeay. 

TesUnient  der  Fürstin  Sofie,  geb.  lUtlinry  (1680)   377 

Vlil.  I>i*^  Tlirkonn:ef;ilir  und  der  Oedenbnrger  Keicbstag  in  aeinem  Ver- 
laute und  ÄbHchiode  (1681)  381 

IX.  Die  KriM»  der  Jahre  1688--1688.  Die  Wendnof  vor  Wien   .   .  8S7 

X.  Schluae  388 

ll>  Dte  kathelisehe  tieffenrefemiatieH  uttA  der  Jestttteaeriea. 

I.  Liie  Stellung  und  Aul'gabe  de«  .Te«niteni<r<b-ii.s  390 

II.  Prubstbisehof  Caeurg  Bärsouy  und  seiu  BUchleiu:  ,Veritaa  toti 

nrando  daelarate*  390 

IIL  Die  Jahreibericbte  der  (Merreieiuachen  Ordemqfwovina  Aber  die 

Mittel  nnd  Wege  dea  Bekehrnngawerkes  und  deeMo  ESrfSolge  .  892 


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45? 


C)  Die  örtlic  iu  rt  (ü  schicke  des  kircheuwebouK 
uud  des  Jesuit«iiordeiii. 

I.  Pressburg   IHM 

II.  Oedenbttit   397 

lU.  QUns  -   407 

IV.  Komorn   409 

V.  Tyniau  und  sein  Miit«iuusgeblet   409 

VI  Trent.sciuu,  Sillein,  Skalitz   414 

VII.  Die  westungarischen  Bergstädte   416 

Tm.  Rosenan  und  JuLnr«  im  üömOrer  Comitate   419 

EL  Oyöngyös   481 

X.  Fttnfkiniliaa     428 

XL  Di«  ZifM   483 

Xn.  BperiM,  Bartfeld   4SI 

XIII.  Kaschan   484 

XIV.  SArofl-Patak,  Tauvaal   444 

XV.  Unghvar    ,    .    .    .   446 

XV!   Munkacfl     .    .    .    .    !   446 

XVII   Nr»irybanjr«   447 

»chlus*Hort  ^   449 


Anhang. 

I.  Ans  den  ,Litterae  annuM  S.  J.  Provinciae  AnaftriMae*  Aber  daa 

BakahningsweMn  im  Jahra  1671   450 

II.  Zur  Statiatik  dar  Bekoliraiigan  durch  dan  Jasoitenordaii  ....  458 
HI.  Die  Ortlirlieo  BaitMnda  daa  Jeauitanordana  im  Jahre  tH74  .  .  .  458 
IV  Schreiben  einaa  Unganannten  aiia  Kaacban  vom  1.  Mai  1675  .  .  454 
Machtrag,   t   455 


iicUr.  LIXZ.  M  n.  BUfl«.  80 


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BRIEFE 
KAISER  LEOPOLD 

AN 

WENZEL  EÜSEB 
HERZOG  IN  SCHLESIEN  ZU  SAÜAN, 
FCßSTEN  VüN  LOBKOWITZ 

1657—1674. 

NAC?I  DEN  ORIGINALEN 

FÜRSTLICH  VON  LOBKOWITZ'SCHEN  FAMILIENARCHIVBS 
BAÜDÜITZ  AH  DKH  £LB£  IN  BÖHMEN. 

HEKAUSUEGEBKN 
VOM 

MAX  DVOÄÄK, 

BIBUOTHRKAB  OMD  ABCHITAR. 


30* 


Vorwort. 


Die  Briefe  Kaiser  Leopold  I.  an  Beinen  erftten  geheimen 
Rath  und  Obersthofineister  Wensel  £uscb  Herzog  in  Sohleaien 
zu  Sogan,  Fttrstan  von  LobkowitSi  welche  «ch  im  fUrstliohen 
Arohiye  an  Raudniti  befinden,  umiasgen  den  Zeitranm  von 
1657  bis  I.  October  1674,  also  knra  bis  wenige  Tage  vor 
seiner  ungnädigen  Verabschiedung  vom  kaiserlichen  Hofe, 
welche  den  17.  October  1674  erfolgte.  Die  meisten  sind  nicht 
bloe  von  persönlichem,  sondern  auch  von  politischem  Interesse, 
und  nur  der  geringere  Theil,  der  von  der  Veröffentlichung  aus- 
geschlossen blieb,  enthKlt  unwichtige  Dinge,  Einladung  au  einer 
Conferenz  u.  dgl. 

Im  EVflhjahre  des  Jahres  1657  wurde  Fttist  Wensel  von 
Lobkowita,  damals  kaiserlicher  geheimer  Rath,  Fddmarsohall 
und  Hofkriegsrathspräsident,  vom  KOnig  Leopold  als  Haupt 
der  königlich  böhmischen  Oesandtschaft  zur  rOmischen  Kaiser- 
wahl und  Krtinung  nach  Frankfurt  entsendet,  wo  er  durch 
kJuge  Unterhandlungen  sur  römischen  Eaisenrahl  Leopold  1. 
dUitigst  mitwirkte.  Der  neue  Kaiser  Leopold  L,  das  wesent* 
liehe  Verdienst  des  Fttrsten  um  seine  i^hebung  erkennend, 
schenkte  ihm  fortan  sein  unnmsehxftnktes  Vertrauen  und  Über- 
häufte ihn  mit  unausgesetsten  Zeichen  seiner  Gunst.  Als  im 
Jahre  1665  der  kaiserliche  Obersthofmeister  Johann  Ferdinand 
Fttrst  von  Portia  gestorben  war,  ernannte  der  Kaiser  noch  im 
selben  Jahre  den  Fürsten  Wenael  von  Lobkowita  zu  seinem 
Obersthofmeister. 

Die  Briefe,  welche  in  den  Jahren  1659 — 1664  sich  noch 
meistens  in  dem  Rahmen  der  Angelegenheiten  des  kaiserlichen 
Hofkriegsrathes  bewegten,  werden  vom  Jahre  1666  immer  um- 
fassender und  ausgebreiteter,  behandeln  nicht  nur  die  Ange- 
legenheiten des  kaiserlichen  Obersthoftneistoramtes,  sondern  auch 
jene  der  inneren  und  äusseren  Politik. 


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462 

Gleichzeitig  mit  der  am  Dcceinbor  1669  verordneten 
Verbannung  des  Fürsten  Johann  Weichard  von  Auerspcrg  vom 
kaiserlichen  Hofe  wurdci  Fürst  Wenzel  von  Lobkowits  zum 
ersten  gebeimen  Bathe  ernannt,  und  swar  in  Anwesenheit  des 
Kaisers  mit  dem  ersten  Votum,  in  Abwesenheit  des  Kaisers 
mit  dem  Präsidium  des  geheimen  Rathes  betraut,  nachdem  ihm' 
der  Kaiser  die  Anwartschaft  darauf  schon  den  6.  September 
1666  und  wiederholt  den  27.  Marz  1668  versprochen  hatte. 

Kun  war  der  Fürst  erster  Minister  des  Kaisers  und  hatte 
den  mächtigsten  Einflnss  auf  die  Leitung  der  Hof-  und  Staats- 
angelegenheiten geübt,  was  nicht  allein  die  Briefe  des  Kaiser« 
selbst,  sondern  auch  eine  reiehhaltige  Folge  von  Original- 
Correspondenzen  des  Bandnitzer  Archivea  mit  Souveraineii, 
Kur-  und  BeichsAlrsten,  kaiseriichen  und  fremden  Gesandten, 
Ministem  und  Staatsmännern,  Statthaltern  und  Stünden  der 
kaiserlichen  Erbländer,  Generalen,  Cardinälen  und  anderen 
KireheniUrsten  beurkunden. 

In  der  ersten  Hälfte  des  Juni  1673  bat  der  Fürst  den 
Kaiser  um  die  Entlassung  aus  dem  Dienste,  welche  Bitte  ihm 
jedoch  vom  Kaiser  nicht  gewährt  wurde.  Fürst  Wenzel  von 
Lobkowitz  verblieb  daher  im  Amte,  aber  mit  jenem  Briefe  vom 
1.  Ootober  1674^  in  welchem  der  Kaiser  die  Emsendung  des 
grossen  Buches  des  Hofprotokolles  veriangte,  war  auch  das 
Buch  des  ersten  Ministers  des  Kaisers  geschlossen,  denn  schon 
am  16;  October  1674,  publicirt  den  17.  October,  wurde  die 
Verbannung  vom  kaiseriichen  Hofe  ausgesprochen. 

Die  Briefe  Kaiser  Leopold  I.  sind  bisher  nicht  veröffent- 
licht worden,  und  so  mögen  sie  denn  als  ein  Beitrag  sur  Quellen- 
geschichte  des  17.  Jahrhunderts  bestens  dienen  und  emf^hlen 
sein. 

Kaudnitz,  im  Mai  18'J3. 

Xax  DvoMk. 


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I. 

Prag,  27.  August  1667. » 

Hodtgeborner  Heber  Oheim  und  Fflnt.  Mit  was  ffkr  vfttorlicher 
BenedicÜOB  die  pftpstUohe  Ueiligkeii  meine  «igetretene  Befl^ienug  njid 
letiones  segnen  ond  welchergestoU  dieselbe  mir  und  meinem  Hans  alles 

Aufnehmen,  Amplification  und  Erhöhung  anwünschen,  das  haboii  Euer 
Lieb'ien  aus  copeilichen  Beischlnss  Ilirer  Heiligkeit  au  mich  abpolassenon 
brwis  apostoHci  mit  mebrerem  zu  i-rsebca.  Und  ist  darauf  meiu  Lnm<ii|,^j>tor 
Bt'tehi  an  Euer  Liebden  hiemit,  dass  Sie  mit  dem  ehistcn  Ueiegenheii 
suchen,  den  nnnciiim  allda  sn  visitiren  und  demFcIben  ob  «iioser  Ihrer 
Heiligkeit  gegen  mir  tragenden,  sonderbaren,  T&terlichen  Affection  ge- 
tichOpfte  Freude  mit  mehrerem  contestiren  nnd  dabeinebens  anlAhren 
wollen,  dass  ich  Ihrer  Heiligkeit  Intention  nnd  Meinung  unter  denen 
Worten  toam  toaeqne  domus  amplifleationem  mit  hi^shstem  Bsnk  nnd 
anderster  nicht  aaftiehme,  als  dass  Sie  mir  die  kaiserliehe  Hoheit  viter- 
lieh  gönnen  thäten:  und  liesscn  (Uihci  j?<'dachten  nuncium  ganz  beweglich 
ersuchen,  sintpmalen      nun  drtlini  ki^uiiiieii,  dass  die  Wabl  pines  Komi- 
schen Kuüig.-  iiiK  li^-ti  r  Tage  ihren  Fortgang  ci  rcichen  solle  und  des  Heri'n 
Kurtürsten  zu  UaiüA  Liebden  hierbei  einige  Ketlexion  auf  die  in  der  Nähe 
und  auf  denBeichHgrenzen  sich  befindende  Französischen  Waffen  machten, 
tammt  man  doreh  Erwfthlong  meiner  Person  mit  Frankreich  in  einigen 
Krieg  genthen  k<)nnte,  dass  Seiner  des  nnncü  nnd  Ihrer  Liebden  mit 
mehrerem  representiren  woHe,  welchergestalt  nicht  allein  allen  diesen 
tofs  Ihrer  Liebden  besofgenden  GefiUirlichkeiten,  wenn  man  sich  nur 
darfiber  ?ertrenUeh  Temehmen  nnd  TerBtehen  wird,  zu  Deroselben  nnd 
^  Reiches  Sicherheit  und  Satisfaction  lemedii  t  und  abgeholfen  werden 
küiiiie,  sondern  dabeineben  auch  zu  G«'müthe  führen,  was  für  Gefahr  so- 
wohl dem  heiligen  Reich  als  der  ^'anzen  Christenheit  zu  gewärten  stünde, 
weon  der  Erbfeind  hören  und  in  der  Tbat  erfahren  würde,  dass  die  Üobeit 

*  I>ie  Brieife  Kaiaer  Leopold  L  von  I.— XIL  sind  nur  aaterfertigt,  alle 
librigen  gaas  eigenhündig. 


464 


des  RAmisehen  Evserthnms  toh  meinem  Erahans,  so  das  heilige  EO- 
mische  Beieb  von  M  viel  langen  Jahren  her  bis  auf  gegenwftrtige  Stande 
als  die  einsige  Y<Hrmaiier  deesethen  mit  Anfsetanng  Guts  nnd  Blnta  de- 
fendirt  und  beflchfltsthat,  auf  diesmal  hinweg  kommen  w&ret  dassmaa  hier^ 
durch  dem  TOrken  (welcher  dasselbe  vornehmlich  auch  danim  nnangefochten 
gelassen,  dass  er  besorgt,  er  wQrde  e«  nicht  allein  mit  eratgedachtem 
meinem  Erzhans  allein,  sondern  auch  mit  dem  Boich  zn  thnen  haben) 
Anhus  geben  wflrde,  sein  vielmals  versnchtes  blutiges  Vorhaben  auf 
die  von  ihm  so  lang  erwünschte  Gelegenheit,  bei  erfolgender  meiner 
Praeterition  mit  höchstem  Nachtheil  nicht  nur  des  BSmischen  Boichs, 
sondern  anch  der  ganzen  Christenheit  lu  Werk  zu  setsen;  mehrberagtes 
KnrfQrsten  zu  Mainz  Liebden  dabei  ersachend,  sie  wollten  diesfalls  das 
Interesse  der  ganzen  Christenheit  allen  anderen  Considerationen  Tor* 
ziehen,  nnd  sich  auch  ihres  Orts  mit  Ihrer  päpstlichen  Heiligkeit  Inten- 
tion bei  der  mir  und  meinem  Erzhaus  gönnenden  Amplillcation  confor" 
miren»  wie  dann  Euer  Liebden  der  Sachen  schon  weiter  Bechts  ta  thnen 
wissen  werden,  Dero  ich  mit  königlichen  Gnaden  und  altem  Guten  wohl 
gewogen  rerbleibe. 

Leopoldt. 

n. 

Png,  30.  Angittt  1667. 

Hochgeborner  lieber  Oheim  nnd  Fflrst.  Aus  der  Beilage  A  werden 
Buer  Liebden  ersehen,  welchergesialt  nicht  allein  die  SiebenbUrgische 
Besataung  aus  Krakau  ausgezogen,  sondern  auch  mit  der  Sehwedischen 
dergestalt  accordirt  worden,  dass  sie  auch  bereits  ausgezogen  sein  wird. 
So  weiset  Idtera  B,  C  und  D,  dass  sich  der  FArst  von  Siebenbflrgon  zu 
Haltung  des  mit  ihm  aufgerichteten  diplomatis  erbietet;  wie  nicht  weniger 
sub  E,  was  die  rerwitwete  Fftrstin  dem  Palatino  auf  das  an  sie  gethane 
Sehreiben  wegen  Einstellung  Hirer  Torgehabten  Werbung  för  ein  Antwort 
gegeben  hat.  Welches  slles  ich  Euer  Liebden  hiemlt  zur  Nachricht  zu 
commoniciren  für  eine  Nothdnrft  befondai  und  verbleiben  Deroeelben 
mit  königlichen  Gnaden  wohlbeigethan.  Geben  auf  meinem  kdniglichen 
Schloss  zu  Prag  den  dreissigsten  Monatetag  Angusti  im  Sechzehnhundert 
sieben  und  fllnftigsten  Jahr.  Euer  Liebden  gutwilliger 

Leopoldt. 

P.  8.  Nach  Vollendung  dieses  ist  ein  Kurier  von  Malland  kommen, 
welcher  berichtet,  dsaa  Aleiandria  Gott  Lob  mit  grossem  Spott  und  Ab- 
bruch der  Franzosen  entsetzt  sei. 


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465 


m. 

Prag,  2.  Septembttr  1667. 

Hoohgeborner  UelMr  Oheim  nnd  Fürst.  Nachdem  des  Heim  Knr- 
AnteD  zn  MaiDs  Liebden  die  Ihro  meiner  Peieon  halber  bei  der  Wahl 
eines  BAmischen  Königs  fttrgebüdete  difflenltates  noeh  immerfort  fBr  nn- 
Uberwindlich  halten,  auch  durch  Dero  an  meinem  königlichen  Hof  an- 
wesenden Abgeordneten  Blnem  meinen  geheimen  R&then  anderweit  an- 
zeigen lassen,  dsss  sie  die  jetsigen  Co^jnnctiirett  also  beschaffen  befinden, 
dasB  sie  bei  ihrem  vorigen  Temperament  Terbleiben  mfissen  nnd  dieses 
nicht  so  sehr  wegen  der  mir  in  Weg  gelegten  Hinorennitit  und  anderer 
Einwurfe,  als  ans  Furcht  auf  des  Beiches  Orensen  sich  befindender 
FranxOsischen  WalFen,  nnd  dass'sie  etwa  einsigen  FranillsiBchen  Ffirbrachs 
der  Enden -besorgen,  wie  Euer  Liebden  aas  dem  eopeiliclien  Beischlnss 
mit  mehrerem  w  ersehen. 

Also  ist  mein  gnSdigster  Befehl  an  Ener  LietHlen  hiemit,  dass  Sie 
sich  nichtsdestoweniger  so  vorbesagtes  Herrn  XorfOrsten  Liebden  be- 
geben nnd  Beroselben  gans  glimpf-  nnd  beweglich  zu  Gemflth  fbhren 
wolle,  ich  hfttte  ans  demjenigen,  was  dieselbe  obgedachtem  ihrem  ge- 
heimen Bath  Bhiem  aufgetragen  Aber  die  wegen  des  Wahlwerks  sn  Ge- 
mfith  gehenden  DifBcnlteten  gegen  meinen  geheimen  Bftthen  fAr  ander* 
weite  ErwShnnng  zn  thun  und  was  sio  dabeineben  wegen  ihrer  sn  mir 
tragenden  Affectton  contestiren  wollen,  dass  sie  hiem&ehjBt,  was  rieh  die 
Sachen  hier  anschicken. wfirden,  gern  cooperiren  wollten,  dam  ich  znm 
B9mischen  König  helftidert  werden  mlW^hte.  Wie  ich  nnn  der  guten  nnd 
hocherspriesslichen  Dienst  und  Freundschaft,  welche  Ihre  Liebden  meinem 
Erzhans  bisher  in  der  Tbat  ganz  rflhmlich  erwiesen,  mich  wohl  infor- 
miren  lassen,  also  hielte  ich  mich  Tersichert,  wann  Ihre  Liebden  das 
Werk  recht  flberlegten,  Sie  wtlrdett  nicht  allein  selbst  befinden,  da  man 
fiber  die  vorgewandten  Difficulteten  sich  nur  Tertrenlich  unterreden  und 
vernehmen  wfirde,  dass  dieselbe  meinerseits  mit  Ihrer  Liebden  und  des 
gesammten  kurfArstlichen  coITegii  Sicherhett  nnd  Satisfaetion  aus  dem 
Wege  sn  rftumen,  sondern  auch  Ihr  Liebden  derjenige  sein,  der  meine 
Intention  am  meisten  befördern  werde,  wie  ich  dann  diese  von  Ihrer 
Liebden  movirte  Difficulteten  auch  anderer  Gestalt  nicht  anfoehmen 
thSte,  als  dass  sie  solche  zu  dem  Ende  anderweit  bertthren  lassen,  dass 
idi  mUHi  desto  mehr  befleissen  sollte,  dieselbe  zu  überwinden.  Sollten 
dann  Ihre  Liebden  nochmalen  auf  die  androhende  Qefiihr  gegen  den 
Bheinstrom  sich  bexiehen,  item  dass  die  Fortifioation  Ihrer  Stadt  Mains 
noch  nicht  vollendet  und  sie  bei  ihrem  Erzstift  nicht  sidier  sein  kannten, 
so  haben  Ener  Liebden  hinwiederum  zn  antworten,  dass  ich  mich 


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erinnerte,  w«  Ichor  (lestalt  ineinos  in  tiott  ruUeinl«  n  Herrn  Vaterb  Ma- 
jestät sich  noch  im  Octobri  vei-wicheuon  l654Kti'n  Jahren  gegen  dieselbe 
erklärt,  Ihrer  Licbden»  wann  Sie  in  Dero  Kr»-  und  Stiftern  angegriffen 
werdfo  8o)t(en»  von  10  bis  switlilaiisend  Mann  in  HOlfe  an  achioken,  wo- 
zu ich  mich  dann  nicht  weniger  erboten  haben  wollte»  oder  wann  Dero- 
selben  mehr  mit  einem  Stuck  Geld  xur  Forteetrong  der  FortiBcation 
gedient  wftre»  daaa  ich  Ibro  auch  mit  selbigem  an  die  Hand  gehen  und  au 
allem  dem  gern  concurriren  wflrde,  was  au  ihrer  Land  und  Leute  Sidier- 
heit  vertr^lich  wfirde  sein  kOnnen.  Däfern  aber  Ihre  Liebden  auch  avf 
diese  offerta  sidi  von  ihrer  vorigen  Meinung  nicht  dimoviren  lassen 
wollte,  so  sollen  Euer  Liebden  dagegen  auf  Ihrem  Tortnig  constantiflsime 
verharren,  sich  von  meiner  Ihre  bekannten  Intention  aof  keinerlei  Weise 
abwendig  machen  lassen  und  mich  des  Erfolges  alsbald  berichten,  Dero 
ich  beinebens  mit  königlichen  Gnaden  und  allem  Guten  wohlbetgethan 
verbleibe.  Geben  auf  meinem  königlichen  Scbloss  an  Prag  den  2.  Septem- 
bris  Anno  1657. 

Leopoldt. 

IV. 

Prag,  27.  December  16&7. 

Hochgeborner  lieber  Oheim  und  Fflrst.  Euer  Liebden  wird  unge» 
sweifelt  bekannt  sein,  was  für  Comnüssion  des  Herrn  Eurfftrsten  au 
ICaini  Liebden  meinem  geheimen  Bath  dem  Grafen  von  Dettingen  an 
mich  wegen  Beförderung  meiner  Beise  nach  Frankfurt  auftragen  and 
Ihre  Liebden  sich  dabei  in  hohem  Yertrauen  erboten  haben,  dass  Sie 
nicht  allein  ihres  vornehmsten  Orts  die  Wahl  beschleunigen,  sondern 
auch  des  Herrn  KurfQrsten  au  K61n  Liebden  (weilen  Kur-  Triers  Liebden 
ohne  das  von  selbst  dasn  indinirt)  an  einem  gleichmfissigen  disponireii 
und  vermögen  wollten. 

Wie  ich  nun  diese  woUmeinende  olferta  billig  mit  hohem  Dank 
annehme,  also  bin  ich  nunmehr  beständig  entschlossen,  ausser  Gottes 
Gewalt  auf  den  14.  schierkllniligfin  Monates  Januarii  von  hinnen  au&u- 
brechen,  auch  meine  Beise  soviel  als  immer  m(iglich  zu  beordern,  setze 
dabei  ausser  Zweifel,  vorbesagtes  Herrn  Kurfürsten  zu  Mainz  Liebden 
werde  des  Herrn  KurfArsten  zu  Köln  Liebden  auf  Dero  Seiten  zu  bringen 
und  des  Herrn  Kurfttrsten  an  Trier  Liebden  in  Dero  guten  Intention  zu 
bestärken  nicht  ermangeln.  Dieweilen  aber  dieselbe  mit  so  vidfidtigen 
Obsorgen  beladen,  dass  sie  dieses  Werk  nicht  allemal  in  steter  Gedicht- 
niss  haben  mfichten,  und  dahero  leidit  <*in  Verzug  verursacht  werden 
könnte,  also  wollen  Euer  Liebden  die  Gelegenheit  an  Hand  nehmen  und 


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irorbesagti'i;  Herrn  Kurfürnton  Licbdon  von  meiner  nunmehr  rr-  »!virten 
Reise  md  das«  ich  dasn  den  Tag  auf  den  14.  schierkflnfUgeji  Monats 
J&iuiani  beBtimmty  auch  diese  meine  Besolntion  dea  Herrn  KnrArsten  zn 
Sachsen  Liebden  durah  Abordnung  de«  Grafen  Ton  Wolkenatein  su  dem 
Bnde  nottficirt,  geatalt  ans  des  Aufbroehes  mit  einander  za  Tergleieben, 
von  meinetwegen  parte  geben  and  zugleich  entschuldigen,  dass  ich  wegen 
Beschreibung  der  zu  Fortsetzung;  derselben  bcnöthigten  Fuhren,  den 
Termin  nicht  oneror  oinzir-liou  kuuueu,  dubcini'bt'ns  jibor  Ihn-i- lickiinEiten 
DexU-rittt  nach  ^'liiiijiliuh  insinniren,  dass  Ihre  Liebden  Dero  Erbi«»tens 
eingedenk  verbleiben  und  bemühet  sein  wollten,  obgedachtes  Herrn  Kur- 
fürsten zu  K6ln  Liebden  auch  auf  diese  8eite  zu  bringen.  Waa  des  Herrn 
KorfÜraten  zu  Trier  Liebden  anlangt,  wann  dieselhe  nur  von  Ihrer  des 
Herrn  Kaifttraten  zn  Mainz  Liebden  guter  Intention  Nachrieht  haben, 
zweifle  ich  nicht,  Sie  werden  um  so  viel  mehrers  zu  allem  dem  gern  con- 
cnrriTen,  waa  zur  Beorderung  der  Sachen  wird  gereichen  kennen.  Bin 
hierfliber  Buer  Liebden  Terlftsslichen  Antwort  gew&rtig  und  rerbleibe 
Deroselben  mit  beharrliehen  ktoigUehen  Gnaden  wohlbeigetban.  Geben 
auf  meinem  königlichen  Schloss  zu  Prag  den  27.  Decembris  Anno  1657. 

Leopoldt. 

■ 

V. 

Prag,  i.  Januar  1668. 

Hochgebomer  lieber  Oheim  und  Fflrst  Euer  Liebden  thne  ich 
gnftdigat  nicht  Terhslten,  dass  ich  gftnzlichen  entschlossen  bin,  meine 
Belse  nach  Frankfurt  mit  nächsten  fiMionsetsen  und  den  Weg  auf  Eger, 
sodann  Schweinfurt  und  weiter  dahin  gegen  gedachten  Frankfurt  zn 
nehmen.  Diesemnach  wollen  Euer  Liebden  solches  dem  Herrn  Eurfftrsten 
zu  Mitmz  unverlangt  hint(-rbrinu:<'n  und  zu  verstehen  geben,  dass  wir 
bereits  einen  eigenen  Kurier  dabin  abgefertigt,  weiclifr  dor  benöthigti^u 
Quartier  und  anderer  Requisiten  halber  die  Nothdurft  v<»i  k»  Iik  u  sulle. 

Nachdem  aber  auf  uiein«*  und  der  Meinigen  Securitet  bei  dieber  be- 
vorstehenden Reise  absonderlich  zu  gedenken  und  nun  zwar  des  Herrn 
Kurfürsten  zn  Mainz  Liebden  durch  den  Gi'afen  von  Dettingen  sich  au- 
erboten, mich  mit  genügsamen  Geleit  zu  versehen  und  alle  Sicherheit  zu 
verBchaffen,  so  möchte  ich  doch  gern  vorher  eigentlich  wissen,  wie  und 
welcher  Gestalt  ein  und  andere  Verordnung  diesfalls  geschehen  und  ein* 
gerichtet  werden  solle.  Welchemnach  Euer  Liebden  mit  Gelegenheit  der 
jetzt  ferstandenen  Anzeige  des  abgefertigten  Kuriei*».  gegen  des  Herrn 
Kurfoiiiten  Liebden  auch  dieses   unisUintllieh  «gedenken,  Deroselben 


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468 

eigentliche  Meinung  hierüber  erkundigen  und  mir  sodann  ohne  einige 
Zeit  Verlierung  dnrch  Ueberbringern  dieses  wisslich  machen,  dabeinebens 
aber  avch  des  Herrn  Knrfflrsten  Liebden  vermelden  wollen,  dasa  ich  tu 
meiner  Begleitung  bie  in  die  sechshundert  Reiter  mit  mir  xa  nehmen  in 
Wittens,  selbe  aber  ohne  m&nnigliches  Kaehtheil  nnd  Schaden  vnterhalten 
nnd  bei  meiner  Anknnft  aaf  Frankfurt,  sodann  zn  Mergentheim  einlostren 
wollen,  massen  dieses  nicht  allein  meiner  Königlichen  Hoheit  gem&sg, 
sondern  es  werden  sich  Seine  Liebden  ohne  dies  wohl  mrfiekerinnern, 
dass  weiland  Kaiser  Mathias  bei  damals  fHedsamen  Zeiten  an  dem  Wahl- 
tag Anno  Sechzehnhandert  und  zwAlf  bis  tn  swölfhnndert  Pferde  in 
seiner  oomitina  gehabt,  welches  alles  Kner  Liebden  mit  dienlichen  Mo- 
tiven in  repräsentiren,  meine  diesorte  angezielte  Sicherheit  mit  des  Herrn 
Karfftrsten  Liebden  wohl  so  stabiliren  und  sodann  mich  unverlangt 
dessen  zo  berichten  wissen  werden.  Sollte  sich  anch  des  Herrn  Kur- 
fOnten  Liebden  bei  Ankunft  dieses  Kuriers  annoch  zu  Mains  befinden, 
so  werden  Euer  Liebden  unter  d^  Yorwand  einer  visita  alsobald  sich 
dortbin  an  begeben  und  eines  und  anderes  obverstaiidenennasaen  su  bo- 
f)$rdem  Dero  angelegen  halten  und  ich  verbleibe  im  flbngenKuer  Liebden 
mit  kftniglichen  Gnaden  wohlbetgethan.  Geben  auf  meinem  königlichen 
Schloss  SU  Prag  den  vierten  Monatstag  Jannarü  im  Sochsehnhundert  acht 
und  fDnfzigsten  Jahr. 

Leopoldt 

VI. 

Prag,  12.  Januar  1668. 

Htfchgebomer  lieber  Oheim  und  Fflrst.  Aus  meinem  an  Euer 
Liebden  unter  Dato  den  27.  Decembris  abgelassenen  Schreiben  haben 
dieselbe  seither  nngeaweifelt  vemommeu,  was  ich  Ihre  aufgetragen  habe 
bei  des  Htfrn  Kurfürsten  su  Maina  Liebden  wegen  meiner  gescliApften 
Resolution  zu  Fortsetzung  meiner  Beise  nacher  Frankfurt  und  sonsten 
von  meinetwegen  anzubringen.  Ob  ich  nun  wohl  der  Zuversicht  gelebt 
gehabt,  es  wftrde  des  Herrn  Eurftkrsten  zu  Sachsen  Liebden  der  von  mir 
bestimmte  Termin  zn  unserem  auf  eine  Zeit  venuüassten  Aufbruch  auch 
gelegen  gewesen  sein,  so  ersehen  doch  Euer  Liebden  aus  dem  Einschluss 
sub  lit.  A,  wessen  dieselbe  sich  auf  die  von  dem  Grafen  von  Wolkenstein 
derentwegen  in  meinem  Kamen  abgelegte  Werbung  erklärt  haben.  Also 
dass  ich  verorsacht  worden,  gedachtes  Herrn  Kurfürsten  zu  Sachsen 
Liebden  durch  ein  anderwftrtige  eigene  Absendung  nochmals  nm  Fort- 
setzung ihrer  Beise  nach  Ausweisung  eopeilich  beigefügter  Instruction  B 
aulb  beweglichste  zu  requiriren  und  lebe  der  bestftndigen  Hoffnungi  Sie 


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worden  sich,  nachdem  icli  veruehme,  daäs  Dero  gewester  Abgesandter  zu 
Frankfurt  Dr.  Strauch  nunmehr  zu  Dresden  auch  ang»^langt  und  Ihrer 
Liebden  von  vurbesagtes  Herrn  Kurfürsten  zu  Mainz  Liebdeu  guten 
intflntionibui»  zu  Rosrhleunigung  des  Wahlwerks  selbst  noch  mehrere 
Sichcrhftit  gebracht  hab<'ii  wird,  deötu  mohrors  zu  fürdorsamstfr  Fort- 
setzung Ihrer  Reise  beweguu  lassen.  Auf  deren  l  iiilangeiido  Antwort, 
um  die  ich  hoffentlich  zu  meiner  Intention  von  meiuem  Gesandten  bei 
eigen»  III  Kurier  erwarte,  ich  nicht  unterlassen  werde,  mich  unverlangt 
auf  den  Weg  zu  begeben  und  meine  Koise  also  zu  maturiren,  damit  ich 
sammt  obgedacht^'S  Herrn  Kurfürsten  zu  Sachsen  Li(  ])den,  sobald  als 
immer  möglich,  zu  einer  Zeitdaselböl  zu  Fiiiukt'uiL  t'iiilanjtjfii  iiiü<^c.  Wie 
ich  .iarin  d*'S  Herrn  KurfOrstens  t\\  Rnuult'iihmii-  Lii'l)ili'ii  ,liir<-h  meine 
Abgeordneten  «icn  tirufen  von  MMnti-(  in  i  oli  mnl  Lisnla  Inhalts  hiebei- 
gefiigt>*r  Absrlirit't  lit.  C  um  Ab&chickutiL'-  iliit-s  l'iinfipal  Oesandtens 
niolit  wfiiii^cr  hfweglich  ersuchen  laMscn.  weklu.'s  ich  V.m-v  Liebden  zu 
dem  Knde  nicht  bergen  wo||f>n,  dass  8ie  hiervnn  »ifs  llei-in  Kurfürsten 
zu  Mainz  Liehdt'U,  dunüt  Sie  die  Ursache  dieses  Verauges  wissen  mciu""!!, 
Von  meinetwegen  auch  parte  tj^eben  und  Sie  versichern  köiuten,  datss  j^o- 
bald  mir  die  verlangte  weiteie  Krkluruug  von  den  Herrn  Knrfürstens  zu 
Sachsen  Liebden  einkommen  wird,  ich  nicht  ermangeln  wenie.  meine 
Reise  na^'hster  Ttige  unfehlbar  fortzustelleo.  Und  ich  vi  ibleibe  Kuer 
Liebden  mit  koniglii  ben  (inaden  und  allem  Outen  wohl  beigethan.  Geben 
auf  meinem  königlichen  Schloss  zu  Prag  den  12.  Jauuarii  A" 

L«opoldt. 

VH. 

Pnff,  16.  Januar  1668. 

Hochgfborner  lieber  Oheim  und  Fürst.  Demnach  der  Obrist  Schle- 
busch nach  verflossenen  Werbungs-Termin  gar  schlecht  aufkommen  wnd 
nur  etliche  wfnisre  Mannschaft,  nämlich  zweihundert  drei  und  seohzitr 
Köpfe  lant  der  den  zwanzigsten  Decembris  einfresrhirkten  Listen  in  (ieiifn 
Quartieren  gesteilt  hat,  ich  aber  vernehme,  dass  er  sich  nach  IVankfurt 
nnd  Mfmster  begeben,  um  zu  sehen,  wie  er  ilaselbst  einige  Volkei  au  sich 
bringen  könne,  als  habe  ich  Euer  Liebden  snjchos  hiomit  zu  dem  Ku.ie 
zu  erinnern  für  nothwendig  befunden,  dass  Sie  gedachten  Obristen 
Schlebusch  zu  sich  erfordern  nnd  demselben  wohl  zusprechen  wollten, 
damit  ei-  seiner  Capitulation  nachkomme  und  sein  Regiment  bis  Ende 
Februarii,  weh.-hor  Termin  allen  in  niein«Mii  Krbkonii^ieich  uml  T/nnden 
werbenden  und  reci'utirenden  Obristen  gegeben,  auch  au  selbigen  Tag 


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eine  Generalmusterung  angestellt  wordeu,  unfehlbarlich  complet  stellen 
solle.  Wie  Euer  Liebden  ohne  das  wohl  zu  Uran  wissen  und  ich  verbleibe 
Deroselben  mit  behanlicheu  königlichen  Halden  und  Gnaden  wohlbei- 
gethan.  Geben  auf  meinem  kuuiglichen  Schloss  zu  Prag  den  fünfzehnten 
Monatfitag  Januarii  im  Secbzehnhundert  acht  und  fünfzigsten  Jahr. 

Leopold! 

vm. 

Fngf  19.  Januar  1668. 

Hochgebor ner  lieber  Oheim  und  Pftret.  Hiebei  gefügte  Einschlüsse 
geben  Euer  iJebden  mit  mehrerem  zu  vernehmen,  was  auch  an  der  Otto- 
manischen Porten  für  Reflexion  auf  die  Römische  Wahl  gemacht  und 
welcher  Gestalt  sich  meines  Erzhauses  widerw&tüge  dieser  Dihition  zn 
Nutzen  zu  machen  wissen.  Davon  ich  Euer  Liebden  zu  dem  Ende  parte 
zu  geben  der  Nothdurft  erachtet,  dass  Sie  hiervon  auch  des  Herrn  Kur- 
fürsten zu  Mainz  Liebden  verlässliche  Nachricht  erstatten  m^^gen.  önd 
ich  verbleibe  Deroselben  benebens  mit  beharrlichen  königlichen  Gnaden 
wohlbeigethan.  Geben  auf  meinem  königlichen  Schloss  zu  Prag  den 
19.  Januaiü  Anno  1658. 

Leopoldt. 

IX. 

Prag,  83.  Januar  1658. 

Hochgeborner  liebei-  Oheim  und  Fürst.  Mir  sind  beide  Euer  Liebden 
gehorsamste  Relation-  und  Antwortschreiben  vom  8.  und  16.  dieses  ab- 
laufenden Monats  .Juiiuarii  wohl  einkommen  und  aus  denselben  mit 
mehrerem  referirt  worden,  wessen  des  Heiiii  Km  fiiisten  zu  Mainz 
Liebden  auf  Kiiei  Li<»bden  bei  Deroselben  wegen  meiiie.s  auf  den  14.  hujus 
desigüirteu  Auüiruchs  und  F'^itieise  über  Eger  und  Schweinfurth  abge- 
legte Werbung  erklärt,  w.is  fiir  unterschiedliclie  Wege  Sie  mir  von 
Schweinfurt  bis  nachcr  Fiankfurt  vorgeschlagen  und  sich  dabei  für  An- 
stalten m  ein  und  anilt-reni  zu  niaclien  erboten  haben. 

Wie  ich  nun  alle  dit-su  mir  dicborts  gethane  Offerten  mit  sunder- 
baiem  hohen  Dunk  annehme,  also  werden  Euer  Liebden  aus  uieüiem  an 
Sie  unter  Dato  den  12.  dies  abgelassenen  Comiuunicationschreiben  in- 
dessen schon  vernommen  haben,  aus  wiui  für  eingefallener  Verhinderung 
ich  meine  Reise  auf  den  bestimmten  Tag  nicht  fortsetzen  können,  sondern 
verursacht  worden,  mich  des  Herrn  Kurfürsten  zu  Sachsen  Lif.hdi^n 
persönlicher  Erscbcinujig  durch  eine  eigene  Absendung  anderweit  zu 


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471 

versichern  iiiid  Jn  ^eib*-  zu  schleuniger  Fortpotzimtr  D'm -  ll.  isc  uiii  sn 
vui  mehr  zu  .iiöponirpn.  Nachdem  ich  aht-r  d  >  -i  Iii.  Ilm-  Aufhniohes 
gegen  den  4.  Febi-uarii  heKUlndig  as.>^eciuirt'n  hissen,  allerrnjusscn  Huer 
Liehden  aus  d<ir  Üt^ilage  sub  lit.  A  weitifiufiger  zu  y(  i  iiclmicn.  albu 
habe  ich  nicht  vscriiijt  r  lueiue  Fortieiise  von  hinnt-u  auf  den  26.  hujuB, 
nämlich  den  uäi  hstkummendi  ii  Muütag,  uunuiebr  pnhiiciren  lassen, 
solchen  Tag  auch  Ihn-r  d<»s  Hwru  Kurfürsten  %n  Mainz,  wu-  nicht  weniger 
Kur-Trier.  Köln  und  Pfalz  Liebden  seihst  niditit  ii  t.  wif  aus  beigeffltrtcn 
Abschriften  sub  C.  I>  unil  K  mit  ni.hrerem  zu  ersehen.  An  iin  i 
Liebden  dabei  gnädigst  bogeliicnd,  Su-  wulb-n  ilas  an  Kur-Mainz  lautende 
verschlossene  Oritrinal  Demselben  nicht  allein  gebühiend  einliefern, 
Fondern  Ihn»  auch  von  meinetwegen  n««  linials  nni  die  gethano  treu- 
herzige conto.stationes  und  MfUTten  irt  biihi Midi-u  hidn'u  Dank  erstatten, 
die  Ursachen,  wanim  irh  nu-ine  Abreise  bi^  auf  diesen  jet/t  iiuldi<-iil<'ii 
Tag  zu  verschi'  bi  u  a  i  Nnthdurft  erjichtet.  anderweit  vnrfslellen  and 
nächst  romniuniciiung  hieheikommenden  lista  Deiosjdben  GutbeHnden 
anheimstellen,  wie  und  wuh  Sie  v«'inieineu,  w.iun  n  h  Dero  Landen  er- 
reichen werdf.  dass  ich  für  einen  Weir  am  besten  und  gi  jet'ensten  zu 
nehmen  haben  luixhie,  dem  ich  uiich  ilaiui  auch  uifin-  v  oits  albidiiisrs 
bequemen  werde.  Was  die  ;iuf  all«'  bessere  Kürsorg  niiinidun<  ii,ii 
600  Pferde  anlangt,  werde  icli  sein  n.  wann  ich  der  Knds  anlangen 
werde,  ob  und  wie  weit  die  Nothiliii  ft  .  i  foi  ib  rn  möchte,  dieselbe  in 
di'i-  Xalie  bei  mir  ZU  halten  iKb  i  sie  entwedei  ganz  «'der  zum  Theil  nach 
Mergeiitheim  zu  schicken,  rntenlessen  wird  mir  zu  hnhenj  Dank  ge- 
reich.n.  wann  Ihre  Lielnlen  die  weitere  Vei«n,liiiiii'-r  ergehen  zu  lassea 
sich  b<'lielten  lassen  wollten,  auf  tlemjenigen  W'e^'.  welchen  Sie  am 
besten  und  i)et|uemsteu  ei;i«  bten  werden,  weilen  ich  isiunmt  nndner  Hof- 
statt und  iiuaidi  libei  20(MI  IMerd  Mtark  reisen  und  mich  wegen  des 
Hntorkomniens  hei  dieser  grossen  Kalte  etwas  niehr»Ts  als  Mnnst^'n 
düntiren  muss,  die  Nothdurft  für  Mann  und  Pferd  um  die  »J 'I^Olir  bei 
/eiteii  verschafft  werden  niAge  Wie  dann  Euer  Liebiien  lur  Sai  hen 
weiter  rechts  zu  tluien  wissen  werden,  l^nd  ich  verbleibe  Deroselbeu  mit 
königlichen  tinaden  w(dilgewogen.  Geben  auf  meiaom  königlichen  Schloss 
SU  Prag  den  23.  Jaouarü  Auao  1668. 

Leopoldl. 

KOuigshofen,  SO.  Jantinr  1658. 

Hochgeborner  lieb<»r  Oheim  und  Fürst.   Aus  Euer  Liebden  gohor- 
samsier  Eelatiou  vom  zweinodzwauzigstoii  Jftuaarii  habe  ich  veraommeii, 


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472 


wasgestalten  des  Herrn  Kui-frirstpn  zu  Mainz  Liebden  auf  die  von  Kuer 
Liebden  eingpwandto  Entschuldigung,  warum  ich  inciut-  K«»isc  bisher 
etwas  austfhfui  hissen,  sich  gegen  Euer  Liebden  neben  ab^'iinaligor  Con- 
testiruüg  ihrer  beständigen  Affection  gegen  mir  getreulich  ciuiathen, 
dass  irh  solche  länger  nicht  differiren  sollte.  Nachdem  nun  des  Herrn 
Kurfürsten  zu  Sachsen  Liebden  mich  Dero  unfehlbait-n  Aufbrudis  auf 
den  vierten  Ffbinaiii  uiisei.-s  Kalenders  versichert.  als<)  habe  ich  mich 
heut  Dato  zu  Mittag  von  Trag  eihobeu  und  meine  Kuic»e  bis  anlier  foi  t- 
gesetzt,  auch  Fhrer  Liebden  solche  notiticiii,  wie  aus  der  Abschi'ift  liiobei- 
kominenden  Oiiginals  mit  mehrerem  zu  ersehen. 

Und  dieweilen  diesHbc  mich  zum  andeii:^  iiiiial  unter  Dato  den  7. 
nnd  12.hiiius  zu  <j:utlicliei-  Heib-gung  der  oc^asione  des  l\)lnischen  Krieges 
durch  den  der  Krön  Pub-n  vi  pjictorum  geleisten  Suicur}»  besorgt- n der 
Missverständniss  und  anderer  Krieg^nnruhe  aus  Ihrer  Liebden  männiglich 
bekannten  Fru-dbegierdv  wohlnieinend  erinnert,  uhu  wollen  Euer  Liebden 
Deroselben  von  meinetwegen  auf  dieses  ilin  r  b.-kannt.'U  Dpxteritet  nach 
so  viel  anzeigen,  das«  jcli  nunntelir  in  Aufbruch  und  Hinreise  begriffen 
und  solche  nächst  di-m  \V;ilihve>,'U  auch  dannu  uui  so  viel  mehrerus  'in  be- 
fordeiii  mir  ani^eb-gfu  s»-in  lassen  werde,  damit  ich  auch  hierüber  mit 
Deroselbeii  müniUii  li  mit  meliicit-m  vtsrnehmen  kr>nnt(».  da  ich  mich  also 
erklären  und  erweisen  werde,  da>s  daraus  nuin  friedUebend«'s  (ie- 
müth  niclit  weniger  zu  verspüren  haben  werden  unil  ieli  verbleibe  Euer 
Liebden  mit  königlichen  Gnaden  und  allem  (Tuten  w  .hlgewo>i:('n.  Gebeu 
711  Königshofen  den  dreissigsteu  Jauuarii  Anno  Sechzehuhuudert  acht 
und  fünfzig. 

Loopuid  t. 

XI. 

Pilaem  8.  Februar  1668. 

Hochgeborner  lieber  Oheim  nnd  Fürst.  Ans  meinf»m  an  Eiter 
Liebden  ans  Prag  den  :30.  näcbstabgewichenen  Monats  .l;inuarii  abge- 
lassenem gnadigstem  Schreiben  haben  dieselbe  nn-inen  Aufbruch  von 
danneu  seither  ungezweifelt  vernonnnen.  Nachdem  aber  meine  convoi 
wegen  des  eingefallenen  tif^fen  Selmees  nifht  fortkommen  und  bis  Dato 
bei  mir  nicht  anlangen  können,  habe  ich  dahipr  zu  Pilsen  nicht  allein 
derentwegen,  sond^^rn  auch  diewei!  ich  die  meinige  zu  dem  auf  den 
12.  dieses  zu  Warschau  ausgeschriebenen  Oonvent  der  Notlidurft  nach 
zu  instruiren  gehabt,  in  etwas  suhsistiren  müssen.  Dieweilen  uun  dieses 
auch  seine  Richtigkeit  in  so  weit  ei  reicht,  dass  ich  dieser  Sorge  unter 
Wegs  ferner  überhebt  bloibe  und  meine  Ueise  hinfür  desto  schleuniger 


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473 


fnftsi'tzvn  kann.  S'i  htech»  ich  jetzt  gleich  von  hinnen  weiter  ;inl'  noch 
Teinitz  nntl  werde  an  mir  nichts  prwiinien  liussen,  diiniit  ich  sr.  haM  als 
immer  uiöplich  zu  Frankfurt  einlaugeii  möge.  W^lche^  ich  Kner  LiohJea 
zu  dem  Knde  niclit  herfr^n  woH(»ti.  damit  Sie  hiervon  mit  (ielct^enheit 
a»ich  df'S  Herrn  Knrfiirsten  711  Mainz  Liebdcn  parte  geheu  uiöt^on.  I'nd 
ich  verbleibe  Deroselben  Iteineliens  mit  behaiTlirlipn  kf>nijGrliphen  (iuadeii 
wohlbeigethaii.  Geben  ia  meiner  Stadt  Pilsen  den  8.  i'obruarii  Anno  1658. 

Leopoldt. 

XII. 

Wien,  9.  November  16fi8. 

Tiieber  litTZüg  zn  Sagan.  Deumücli  i'  b  für  meine  I>ienste  zn  Fein 
betunden,  dits  vacirend«?  Hofkriegsraths-Vi«  t'ja.i.sideiitüiistellf  zn  erft  izen, 
als  habe  ich  selbige  Stolle  motueni  ireheimen  Kath  und  Feldmai bchall 
Don  Hannibal  Marchesen  von  Honziiga,  Kitt«rn  dos  güldenen  velleris 
gnädigst  cont'orirt,  *lergestalt,  dass  er  von  Kuei  hiehden  als  meinem 
H"fkriegf5raths-Präfid<^nten  «eine  Depondoiix  haben  und  solche  Stelle, 
wie  sie  der  verstorl>ene  Feldmarschall  (Jiat  v<in  l'nchaim  gehabt,  bedinnon 
solle.  So  ich  Kiu'r  Liebdcn  zur  Nachricht  nicht  veriialten  wollen  und  ver- 
bleibe Deros.dbeu  beiuebens  mit  beliarrlichen  kaiserlichen  Hulden  und 
Gnaden  wolilbeitrethan  Geben  in  meiner  titadt  Wien  den  Neunten  Novein- 
bris  im  Seclizuhnhundert  acht  und  fünfzigsten  Jahr. 

Leopoldt. 

XIU. 

Ebersdorf,  7.  October  1664. 

Liober  Fflrst  von  liObkowitz.  Weilen  moin  Dienst  erfordern  thuet, 
dass  die  dnrch  Ablehon  des  Grafen  \>>n  ]*nchaini  orieditrle  Grenzobrist- 
siello  zu  Koniorn  bei  die.sen  Zeiten  bald  ersetzt  werde,  also  habe  ich  in 
Gnaden  resolvirt.  diese  Stelle  dorn  Feldmarsrhall  Grafen  von  Souches  m 
verleihen;  und  Aveijen  auch  durch  seine  Promotion  da«  (Kommando  auf 
dem  Spielbersr  eiött'net  wird,  also  ich  entschlossen.  Hclbigos  Commando 
dem  Obersten  Grafen  von  Hofkirchon  zu  conferireü.  Welches  Ihr  also 
den  Parten  notificiren  und  die  f^ewrdinlichon  expeditiones  ausfertigen 
lassen  wollet.  Die  Besteliuntr  der  neuen  Grenzen  freien  Nenhäiisel  bleibt 
noch  der  Zeit  in  suspenso  bis  nach  reifer  Deliherirung  ich  mich  eines 
Beständigen  entschliesse.  Bei  Andentune:  dieser  meiner  Resolution  wollet 
Ihr  anrh  den  Grafen  de  Souches  zu  guter  Correspondenz  und  nachbar- 
lichein Vernehnien  mit  den  andern  Grenzobiisten  und  absonderlich  mit 

▲rehir  .LXXX.  Bd.  U.  Hüft«.  31 


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474 

dem  GenorallioutPiKint  M>tuk»cuccoli  ermahnen  und  uufnjicbfn.  So  ich 
Euch  guiidigst  iiii-lit  vt'ihalt<  u  woll<  ii  und  verbleibe  Euch  allzeit  uiit 
kaiserlicheu  Huld^n  uud  i-inaden  wohlgewogen. 

Loüpuldi. 

XIV. 

8.  Oetober  1664. 

P.  S.  Auch  lieber  Fürst.  Jain  sequituj-  explicatio  des  Billets 
wegen  Komoru : 

1*.  Habe  ich  das  J>alum  auf  gestern  gesetzt  und  cum  voriute  me 
possem  excu8ure  cum  aliis,  dass  es  nimuier  les  integra  sei  und  habe 
geeilet,  w.  il.  n  ich  genierckt,  dass  man  bat  wollen  wider  den  ehrlichen 
Sui»a  cabaliks  iiiarliiu.   De  quo  |)liir;i  «U'etenuB. 

2**.  llalfi'  ich  Spielberg  biiu;iugesetzt,  ut  saltem  in  alitiuo  satis- 
fiat  dem  anu«  ti  TeutVl  «h  in  Hofkircheu  uud  weilen  ich  ein  Gesehmack 
bekommen,  dasb  Susa     \n<>  ülio  legen  wolle. 

8".  Habe  ich  dii  Grenzen  an  dvi  Wag  in  suspenso  gehalten, 
weilen  ich  gemorckt,  wo  mau  damit  hinauswolle  uud  musa  e8  beut  so- 
gleich debattirt  werden. 

4*.  Wegen  guter  (^orrfiRpoinu-nz  mit  Montecuccoli  id  [losui.  weilen 
ich  gumtuckt,  hoc  imiltcs  ipsi  np^posuissn  auch  dann  küuue  Launea  haben, 
cum  sit  in  aperia  ininiioitia  rmu  Montecuc<!oli. 

Und  dies  habe  ich  v->i  gut  befnnd*»n.  das»  die  Quartier  Sailie  noch 
muss  recht  debattirt  werden,  dahpi  sollt  Ihr  morgen  früh  eine  Conferenr 
halten  bei  Euch  praesentibus,  si  vobis  it;t  si<lebiiur,  Gonzaga,  Lessei, 
Nostitz.  Kammei-präsident.  Hofkunzler  und  Hohenfeld.  Zu  diesen  habe 
auch  'i«  ni  Thürhüter  Auuibal  befohlen,  er  soll  sich  bei  Euch  um  Ordonnanz 
anmeldeu. 

Letztlich  wollte  ich  gern  wissen,  ob  Schwarzenborn  schon  citirt 
worden  proptei*  tui  cica,  si  nun  est  factum,  fiat  hodie.  Uud  ich  verbleibe 
Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

XV. 

18.  Jmnnar  1666. 

Lieber  VniA.  Weilen  ich  verlangte,  bald  des  Carlingfordt  proposi- 
tiones  zn  vernehmen,  ich  auch  vernommen,  dass  er  schon  bei  Euch 
gewe&eij  st  i.  also  wollte  ich,  dass  auf  das  eheste  Ihr  sammt  dem  von 
LiunberiT  vorb  iib  i'tf't  (mit  /iU/Jehuutr  'It  s  ^\  aMerode  zum  protokolliren, 
welches  ich  aber  Euch  auheim  gebe;  uud  sodaun  seine  propiisiiiones 


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475 


formaliter  anhörtet.  Und  w^iilon  ich  nini^'cn  Voniiittag  zu  nüsen  ge- 
denke, so  könnte  dcinials  füglirli  bebdiehen,  dann  abends  wollte  ich 
eine  Conferenz  halten.  Si  vobia  iUi  placet.  krmnet  Ihr  es  mit  dem  Lam- 
berg  vergleichen.  Wollet  mir  aber  mit  ein  paar  Zeilen  hieiunf  eine 
Aatwori  geben.  Und  ich  verbleibe  allzeit  Euer  gn&digster  Herr. 

Leopoldt. 

XVI. 

Laxeubarg,  6.  Mai  1666  um  97,  Uhr. 

Lieber  Obersthofineister.  Aus  den  Beilagen  ersehet  Ihr,  WM  Prinz 
Aleiander  Ton  Portngall  durch  seinen  enyoy^  (so  gestern  bei  mir  Andient 
gehabt)  anbringen  lassen,  daher  gleidi  wohl  mnss  resolvirt  werden.  Ver- 
meinen also,  Ihr  sollet  selbe  Schriften  wie  auch  die  Vorigen  von  Ki^ln 

und  Sachsen  in  hac  materia  dem  Schidnitz  (iilcr  Walderode  zustellen  et 
primo,  occasione  consiiltationis  hispanicac  seihe  zugleich  könne  resolvirt, 
si  Vobis  fortp  aliud  vi.leatur,  so  bernhU'L  es  nur.  2^°.  Weril«'  ieh  lieute 
dem  lieben  iLovdt  dem  Keiflenberg  Audienz  geben;  mi  dicono  ch  egli  vuol 
eojkfertür  alla  nostra  religione  il  elettore  di  Sassonia,  ma  la  sua  vita  non 
troppo  eaemplare  non  mi  pare  habile  a  simile  intrapresa.  Vi(lel>o,  qnid 
dicei  3*^.  Wird  der  CroUo  Lanzia  ein  eingebundenes  Bnch  bringen, 
wettet  selbes  dem  Plettenberg  schicken,  nt  tradat  electori.  Ist  ein  cambio 
aof  den  Seinigen.  4*.  Habe  ich  heute  keinen  Bath  gehabt,  qnia  nnllns 
Tiennensimn  Tenit  ad  nos.  Hiemit  yerbleibe  ich  Ener  gnftdigster  Herr 
illieit. 

Leopoldt 

# 

xvn. 

Wische,  19.  August  1666  um  7*/,. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  Als  ich  dahier  ankommen,  so  hat 
mich  der  Hofmarschall  gebeten,  ich  wollte  ihm  erlauben,  auf  3  oder 
4  Wochen  auf  seine  Oflter  zu  Terreisen  occasione  des  Linzer  Bartho* 
kmiei,  et  nt  ait,  dass  er  ktone  Geld  machen  za  meiner  Hochzeit.  Ich 
habe  es  ihm  auch  nicht  absdilagen  kOnnen.  Obtenta  licentta  hat  er  mir 
aUsogleich  fttr  seinen  Angeset^n  in  dieser  seiner  Abwesenheit  votge- 
schlagen den  Ferdinand  von  Harraeh.  Nun  wollte  ich  es  ihm  wobl  geben, 
allein  omnes,  so  ältere  KanimeiiieiTeu  sind,  sunnne  ili,st,ni.star»'ntnr.  Ich 
▼ernehme,  dass  Sprinzenstein  es  auch  verlang"«,  das  ka,uu  aber  wohl  nicht 
8«^iu,  weik'U  er  zugleich  würde  judex  f>ein  in  inferiori  et  supenori  in- 
stantia Es  hat  mich  auch  Graf  Wilhelm  von  Oettingen  darum  in  Ver- 
den augeredet,  allein  non  vnlt  publice  praetendere,  ne  offendat 

81» 


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476 


Laiiihorjr  et  mos.  Er  ist  anjetzt  der  ult^'si'-  K;miinoi>r;  wahr  if?t  es,  dass 
<  r  nicht  gar  zu  ^estudiit  hat,  allein  iu  eiütu  so  kurzen  Zeit  von  4  Wochen 
weiden  ja  ukhi  m  schwere  casus  bei  dieseni  Amt  v<:>rfallen.  Weiss  also 
nicht,  was  ich  thucn  .snllf.  Jit'denkt  Kiich  darüber  und  kommt  morgen 
IUI»  iiall»  5  ühi"  gi  ii  Hilf,  allwo  wir  davon  reden  und  einen  Schlnss 
machen  wollen,  dann  unser  alter  Satl  will  übennorj^en  abreisen.  Hic  de- 
bemus  ire  sine  rfspet-tn  per^onanim  et  secundiini  jiistitiani.  Sodann  ist 
Roxas  bei  mir  ^'ewesen,  habe  ihm  befohlen,  mit  Km  Ii  weiters  zu  reden, 
quid  cum  Kalbitzio  agendum.  Stuiann  kann  man  sehen,  an  et  qnid  aliis 
consiliariis  della  giiinta  fit  coinniunicandum.  Hiemii  wünsche  ich  von 
ganzem  Herzen  Euch  eine  gute  Nacht  und  verbleibe  wie  allzeit  Euer 
gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

xvm. 

S9.  Augiut  166«. 

LieboT  Ffirat  von  Lobkowitz.  Weilen  die  Zeit  verlauft  und  ich  heute 
mit  Ench  nicht  mflndlich  habe  reden  können,  als  habe  ich  hiermit  etliche 
pnncta  erinnern  wollen.  Und  zwar  1^  hat  eowohl  der  Fttrst  von  Dietrich" 
stein,  als  Graf  Carl  von  Waldstein  unterschiedliche  puncta  eingegeben, 
wie  sich  in  der  bevorstehenden  Reise  lu  verhalten.  Weilen  nun  morgen 
ohne  dies  nur  eine  Stunde  Bath»  also  wollte  ich  selbe  in  der  ordinären 
giunta  consultiren,  zugleich  auch  die  infantica  des  Ffirsten  und  etiidie 
andere  puncta  (so  zu  diesem  nogotio  gehörig  sind)  proponiren,  si  Yobis 
tarnen  hoc  ita  videatur,  quid  subito  libenter  sdrem. 

3^.  Wollet  Ihj'  alles  also  disponiren  und  austheilen,  dass  die  Hof- 
statt gewiss  fiber  8  Tag  abreisen  könne.  Auch  nachfragen,  ob  alle  be- 
stellten Sachen  in  semitis  sind,  und  dass  Alles  a  tempo  komme.  Dann 
jetst  in  nichts  keine  Zeit  zu  verlieren  Ist. 

3".  Wird  nunmehr  auch  Zeit,  den  Oberst^Silber-Eammerer-Dienst 
zu  ersetzen,  wollte  also  gern  wissen,  ob  Ihr  noch  auf  den  Faravidni  ver- 
meinet. Und  ob  sich  vielleicht  Jemand  um  den  Unter-Silber-Eammeier- 
Dienst  angemeldet  hat  Erwarte  also  Euere  dieste  Antwort  absonderlidi 
ad  1""  punctum.  Und  verbleibe  best&ndigst  Euch  gnftdigster  Herr,  so  lang 
ich  lebe. 

Leopoldt. 

XIX. 

Wien.  r,.  K(>iittember  1666. 

Lieber  Fürst  mn  Tvobkowitz.    Nachdem  ich  den  Fürsten  von 
Anerspeig  auf  sein  inständiges  Ansuchen  ad  cardiualatum  recommandirt 


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477 


habe;  ich  aber  auch  Enero  getreue  Dieusie  (welche  nur  vor  allen  andern 
li»  b  nnä  anfrcnohm)  gtnn  in  Gnaden  erkennen  wollte;  als^  hal.c  irh  bieinit 
Euch  diese  absonderliche  Gnade  thuen  wollen,  dass  sobald  (U  r  Kürst  von 
Auersperg  von  liir  päpstlichon  Heiligkeit  7.11  <h'm  Caniiiialat  dcdarirt 
sein  wird.  i«  h  sodann  alsobald  ipso  facto  de^  lai  ii  t-n  und  resolviren  werde, 
dass  Ihr  im  geheimen  Kath  und  anderen  Conferentieu  me  praosente  das 
erste  votum,  in  meiner  Abwesenheit  aber  die  Directii>n  haben  sollet. 
Dessen  ich  Euch  hiemit  zu  Euerer  Cousolation  gnädigst  versichern  und 
dabei  ersuchen  wollen,  dass  Ihr  von  dioser  meiner  Versicherung  keiner 
lebenden  Seele  etwas  sagen,  noch  selbig»'  einem  Mensch^-n  weisen  sollet, 
weilen  ich  es  absonderlich  verlang'  .  ■^^'u■h  mein  Dienst  es  also  erfordert, 
wie  dann  hicvon  Niemand  weiss,  als  loh.  die  Kaiserin  und  Ihr.  Ver- 
bleibe anbei  Euch  mit  beharrlichen  Hnldea  ailteit  wohl  gewogen. 

Leopoldt. 

XX. 

Eh»»rs<biif,  «,  October  1666. 

Lieber  Fflrst.  Hiebei  ein  Brief!  an  frater  Gabriel,  wollet  ihm  selbes 
zukommen  lassen.  Des  Wicka  Abreise  deuuo  recommendo.  Senaten  bin 
ich  wohl  allhier  angelangt,  bin  zwar  mit  dem  Zahnwehe  von  Wien  abge- 
reist,  die  Luft  aber  hat  mir  si>lbe  vertrieben.  Hiemit  verbleibe  ich  Euch 
allzeit  mit  beharrlichen  kais.  Mulden  wohlgewogen. 

Leopoldt. 

Heute  ist  des  Grafen  Schlickfn  Tag,  dann  ihn  alle  ironice  den 
pater  Bruno  heisren  ob  ordinem  a  divo  Bi-un  tn«'  fandatum,  cujos  hodie 
BOlemnia  celebramoSi  also  spricht  die  heilige  Kirchs. 

XXI. 

16.  October  1666. 

Lieber  Fürst.  Der  Walderode  ist  mit  den  Jarosinischen  Schriften 
schon  fuüg  und  also  bereit  zur  Carlingfordt'schen  Conferenz.  Weilen 
ich  nun  sehr  vsrlang^i  dass  salbe  bald  geschehe,  als  wollet  Ihr  machen, 
dass  selbe  ohnfehlbar  bente  ins  Werk  gesetst  werde.  Und  kann  ad  ma- 
terialia  foederis  nur  praeparatoria  machen,  nur  daes  man  den  Carling- 
fordt  allhier  erhalte.  Mein  Fürst  haltet  noch  heute  diese  Conferenz.  Und 
ich  virbleibe  allzeit  Euer  gnAdiger  Herr. 

Leopoldt. 


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478 

xm 

12.  November  1666. 

Lieber  Füist.  Ich  üi^clit.-  wohl  wissen,  ob  morgen  nwch  di*»  Con- 
fereuz  solle  voi"gehen  iü  auiicis  und  was  dorn  anhängig;  nnd  ob  Ihr  m 
annoch  vermeinet,  auch  ob  morgen  dann  Naihuiittag  wieder  wir  das  Koss- 

probiroü.  Erwarte  also  eine  Antwort  durch  Bringer  dieses  den 
üiMlrus.  Und  ¥erbleibe  mit  Icais.  Gnaden  allieii  gewogen. 

Leopoldt. 

Dt^ei  folgende  Dauqutt-Funktation  von  des  Kaisers  eigener  Hemd: 
Cacsari  schenckt  Markgraf  Leopold  von  Baden. 
Imperatrici  regnanti  der  Fürst  von  Dietrichstein. 

Inipt-ratrici  viduao. 

Archiducissae  Leonorae  Graf  Willielm  von  Oettinguu. 

Archidui  issae  Mariannae  Graf  von  Sprinzeusteiu. 

Diesen  tliuen  vor.schiii'idt'n : 

Dif  Grafen  Kin^ky  und  Skiwata. 

Und  die  der  Silberkammerer  G.  v.  Mollar. 

Legaüs  schenken  aus  der  Aussen  Hofstatt. 

Cardinali  einer  de  nascitii.  Und  schneiden  vor  2  kais.  Vorschneidor. 

Wartet  auch  auf  der  Faravicim  als  Untorsilberkammerer. 

XXUI. 

;j.  März  1667. 

Lieber  von  Lobkowitz.  Sprinzenstein  es^t  valde  afflictus.  tarnen 
dicit  se  esse  filium  obedientiae  et  omnia  se  facturum.  Tn  1  wnlh^  lifb»  r 
einem  Freiherrn  als  einem  Doctor  weichen.  Er  wolle  aber  noch  einmal 
mit  mir  selbsten  reden.  Petit  etiam,  si  esset  possibile,  ein  Billet  von 
mir  mit  einer  Vertröstung  auf  die  Nieder-Oesterreichische  Statthalter- 
oder Landmarschallstelle;  si  Vobis  hoc  videretur  factibile,  habe  ich  ein 
Concept  ^  ä  huon  conto  veiDasst,  si  vobis  placet,  dicite  mihi.  Und  wollet 

1  CoDcept-l^et  ftu  Kadttr-OMtarraieliiKken  RoffiMkMisler  Ferdiaaad 
Mu  Qmitxi  von  Spfiiweaitoiii  dato  Wien,  6.  Min  1667 1 

Lieber  6priiU6«Utein.  In  gnädigster  Consideration  Euerer  von  M> 
vielen  Jahren  mir  sowohl  in  Justicistellen,  als  in  der  Kammer  ge- 
leisteten, erspriesslichen  und  angenehmen  Dionsteu,  und  auf  da.-s.s  Ihr 
verspüren  mOget»  dass  ich  annoch  bestündig  in  meiner  g^^  Euere 
Person  tragender  Wohlmeinuug  verharre,  habe  ieb  Euch  hiemlt  gnidlgat 
veniclieni  wollen,  daaa  bei  sieb  ereignender  Yaoaae  der  Nteder-Oealer» 
i^iebiecben  Statthalter*  oder  LandmarBchalldienrte,  ieb  Euere  Pevmt 
in  abeonderllohe  Connderation  >iehen>  and  Euerer  vor  anderen  sieb 


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479 


mir  alsbald  antworten,  oder  si  non  amplius  hic  essem,  mir  die  Ant- 
wort durch  einen  Beitenden  nachschicken.  £  con  qaeeto  ü  buon  d^. 

Leopoldt. 

XXIV. 

fix  piüiitio,  26.  Min  1667. 

Liebor  lurst  von  Lobkowitz.  Weilen  ich  vernommen  habe,  diii^s 
Ihr  Euch  was  übel  auf  bclindet.  als  erkundicre  ioli  midi  hitinit.  wie  Ihr 
Euch  befindet  und  wie  bald  Ihr  vvtrJet  .tuskonuuen  können.  lla<-  occa- 
gione  remittu  inclubu.  Was  des  Windisch-dnitz  Holation  anlanget,  gebe 
ich  Euch  anheim,  ob  Ihr  wollet  auf  den  ReicJjsii.  li.rJi  geben  lassen. 
Was  aber  den  Wicka  anbetrifft,  weilen  dergleichen  Privatschreibon  den 
ajiUeren  Käthen  nicht  pflegen  communicii-t  zu  werden,  putarem  non  fore 
abs  re,  wann  Ihr  ihn  Wicka  dahin  weiset,  dass  er  alle  Posttat^e  ex  i^fliciu 
eine  Kelation  uu  mich  abgehen  Hesse.  Und  alHu  Ideiheu  wir  iu  solito 
stylo.  Den  Gisen  müssen  wir  besser  ausnehmen  lassen,  er  ist  neulich 
nur  in  terminis  '/i  ntralibus  geblieben.  Hiemit  verbleibe  ich  Euch  mit 
kais.  Huldeu  wuhlgewogen. 

Leopoldt. 

XXV. 

19.  Miii  1667. 

Lieber  Fürst.  Hieboi  des  Liaola  Schreiben  iu  materiis  anglico- 
gallico-b(  l^'icis.  Wollet  selbes  stracks  lesen  und  es  also  befördern,  dass 
ceteri  c^nf>iliarii  ( cnferentiae  alle  es  noch  heute  haben  und  lesen  nu  ge». 
Dann  morgen  volentü  l»e.i  w  dlen  wir  dir;  Hanpt-Consuita  vornehmen. 
Nor  fein  geschwind.   Und  hiemit  einen  guten  Morgen. 

Leopoldt. 

XXVI. 

22.  Hai  1667. 

Lieber  Fürst.  Hiebei  Eueres  Nachbars  notata,  wie  auch  meine, 
non  videntur  absurda.  Wann  es  also  gefallet,  so  wollet  Ihr  es  also  ein» 
richten.  Wollet  Ihr  auch  pro  securitato  den  Schwarzenberg  darüber 
femehmen:  non  erit  abs  re»  doch  cito,  and  dass  er  nicht  merke,  dass 


«iieigiieindeii  Competenten  abaoaderlich  werde  ia  Gnaden  bedacht  seiOf 
▼erlange  aber,  daaa  dies  noch  diese  Zeit  in  geheim  TerUeibe.  Und  bin 
Eadi  wie  alleaeii  mit  kais.  Haiden  nnd  Gnaden  woUgawogen. 


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480 

von  Riifo  horkoimno.  ^Vanii  llii  iillft*  gebeben,  wollet  Ihr  mu'  Euere 
Mi-inuiiL'  mit  eiu  paar  Wi  rten  oder  Zeilen  wiesen  lastfeo.  Und  ich  ver- 
bleibe Euer  gnädigster  Herr. 

Leopuldt. 

XXVil. 

8t.  Veit,  30.  Jnni  1667. 

Lieber  Fürst.  Iii»  bei  kommen  meine  Schreilr»  !!  auf  die  Post.  Ich 
hatte  auch  dem  fr.  Gahrirl  g-e^schrieben,  wann  ich  etwas,  so  ich  ihm 
schicken  solle,  bei  «Im  Har.J  hätte,  soll  aber  mit  Nächsten  jßrescheben. 
N^'hst  dieson  habe  ich  Euch  w.^llen  f^riniK""!!.  >!ass  wr-ilcn  heut^  der 
Kurier  nach  Rom  oxpedirt  wil  l.  Iln  Kammerpräsidenten  befehlen 
wollet  meo  ni>mine,  dass  man  ihm  Kurier  Aber  das  Rittgeld  noch  oin 
mancia  oder  Trinkgeld  v^n  100  fl.  reichen  solle  weg^n  tphr  pruter  Zeituncr, 
so  er  von  Rom  gebracht  bat.  Und  verbleibe  Euch  mit  kais.  Uulden  allzeit 
wohlgewogen. 

Leopoidt. 

Ks  kommt  auch  Kines  Cardinal  von  Hai'rach,  so  Ihr  hac  occa- 
äioue  des  Kuriere  furtschicki  ii  wollet. 

Und  wi'ilt'ii  die.sea  Morton  mein  (n-mahl  zum  nstfumal  lebendig 
empfiiiKii'ii  hat.  hnh<^  ich  nicltt  unterlassen  wnlltui,  im|M'iaiiici  vidiiae 
davon  parte  ^'•.h*  !)  Also  wolli-t  Ihr  auf  Empfang  dieses,  den  Brief  be- 
5-tellen  und  siulariii  »«.-Ibst  in  ili«'  Faviirit;»  fahren  und  dor  Kaiserin  lU'bst 
Ueberreichung  dieses  Schreibens  hievou  parte  geben.  Um  halber  elf. 

xxvm. 

18.  Outober  1667. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  Weilen  ich  unserem  crestrigen  accordo 
gemäss  das  Decret  an  Fürsten  von  Dietrichstein  habe  ausfertigen  lassen, 
Qi  onmla  eomplMutur,  so  bleibt  es  bei  der  morgigen  Ablegiug  des  Jun^ 
ments,  und  zwar  vor  dem  geheimen  Rath,  damit  er  Fossess  nehmen  muge. 
Wollet  es  also  ihn  Fürsten,  wie  auch  den  Hof  kanzler  von  wegen  des  Jura- 
ments  Euch  erinnern  Ia<ison.  Expedit  etiam.  ut  Gonzaga  adsit  et  habeat 
de  Omnibus  praegustum.  Wie  es  dem  i  -inino  Nigromontio  gefallen  wird, 
stehet  dahin,  ma  importa  poco.  Und  ich  verbleibe  nebst  Wünschnng 
einer  guten  Nacht  allzeit  Euch  mit  kais.  Hulden  wohlgewogen. 

Leopoidt. 


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481 


xxnc. 

26.  Ootober  im, 

Lieb«r  Ffint.  Aub  d«r  Beiligo  ersehet  Ihr»  was  Anecspeig  fftr 
einen  Vonchliig  thnet,  Sahnig  tob  Trient  la  excaüreo.  Wann  Ihr  also 
Ihr  gnt  haltet,  non  eeeenk  eontnrina,  irtilet  ee  mit  dem  Hocber  oommn- 
nleireni  und  wann  es  fttr  gnt  findet,  alsbald  in  Sxeention  setien.  Ver 
eins  a«iierdo:  macht  mir  der  Bottal  alles  rebellisch,  indem  er  den  Oberst- 
kftmmerer  inetigirt  ad  agendi^n  pro  Francisco,  vermeldet  auch,  diesen 
schon  disponirt  tu  haben  ad  acceptandum,  so  ich  Euch  nur  pro  directione 
ennnem  wollen.  Verbleibe  anbei  Euch  mit  beharrlichen  kats.  Hulden 
gewogen. 

Leopoldt. 

XXX. 

16.  November  1667. 

Lieber  Fürst.  Nachdem  ich  diesee  Billet  empfangen  habe  und  dae 
Werk  hnuptwichtig  ist,  habe  ich  Euch  solches  hiemit  einschicken  wollen 
mit  dem  Verlangen,  daas  Ihr  alles  wohl  fiberleget,  und  mir  sodann  Euere 
Meinung  morgen  nebst  Zurflckgebung  selben  Billeta  eröffnet.  Agitur  de 
toto,  ergo  prudenter  et  caute  procedendum.  So  kommet  auch  hiebei  ein 
Brieil  an  fr.  Gabriel,  die  materia  der  Kurfflrstin  ist  eben  wegen  des 
Klosterbauers.  Hiemit  eine  gute  Nacht. 

Leopoldt. 

XXXI. 

21.  November  1667. 

Lieber  Fürst.  Euch  zur  Nachricht  erinnere  ich,  dass  ich  «Ion  Prä- 
sidenten schon  durch  ein  Billet  anbefohlen  habe,  dem  Plittersdorf  noch 
andere  hundert  Ducaten  zu  geben.  Sodann  ist  der  Herzog  Christian  von 
Mecklenbui*g  bei  mir  gewesen.  Videtur  totus  galliiare.  Flura  <tfetenua. 
Und  ich  verbleibe  Euer  gnädigster  Herr. 

xxxn. 

11.  Jatraar  1668. 

Lieber  FQrst.  Weilen  ich  nicht  weiss,  ob  Euere  Indisposition  Euch 
xttlftast,  heute  abends  aussugehou,  als  habe  ich  Euch  erinnern  wollen,  dass 
ich*  heute  abends  wollte  eine  Incognita  Gonferenx  halten  in  causa  nota. 
Dann  Gr6monvilIe  inatat  et  ui-get  condasionem  operis.  Wollet  mich  also 
stracks  erinnern,  ob  Ihr  kommen  könnet  Und  ich  verbleibe  Euer  gnä- 
digster Herr. 

Leopoldt 


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483 


XXXIII. 

16.  Jauuar  1668. 

Lieber  Fflrst.  Hiebet  sehet  Ihr  des  Grämonvilie  Faxen.  Wollet 
mir  alsbald  Euere  Meinung  schreiben  quid  faciendum,  dass  ich  ante 
6^"*  den  Aaersperg  instruiren  m<ige.  Das  N&chste  wird  sein»  nisi  velit 
sataciibere,  mittei  in  GfkUiam. 

Leopoldt. 

XXXIV. 

SS.  Febnuur  1068. 

Lieber  Fürst.  Der  Kinsky  ist  angekommen;  herg»«gen  habe  ver- 
nommen, dass  Burggraf  pro  magna  parte  satisfactioniö  halten  würde, 
wann  ich  dem  Kinsky  nicht  alsogleich  Audienz  geben  thäte,  absonderlich 
weilen  er  sine  licentia  heraus  gereist,  so  sonst  res  prohibita  ist.  Dies 
wird  ihn  abermal  disconsoliren.  Ich  sollte  consoliren,  quid  facifuduni. 
Et  si  petat  nulii  luqui,  qualc  Uli  responsuni  dare  debeam.  Wollet  mir 
Euere  Antwort  bei  Zeiten  auf  Himberg  schicken.  Und  verbleibe  nebst 
Wüus<  hung  einer  guten  Nacht  Knvi  allergnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

XXXV. 

NeusUdt,  27.  M&n  166«. 

Lieber  Fflrst  von  Lobkowitz.  Nachdem  ich  den  FOraten  von 
Anerspefg  auf  sein  inständiges  Anhalten  ad  cardinalatum  recommendirt 
habe;  ich  aber  auch  Euere  getreue  Dienste,  welche  mir  vor  allen  andern 
lieb  und  angenehm  sind,  gern  in  Gnaden  erkennen  wollte,  also  thue  ich 
Euch  hiemit  diese  absonderliche  Gnade,  dass  sobald  nur  er  Fflrst  von 
Auersperg  von  Ihrer  p&pstliehen  Heiligkeit  sum  (^dinal  resolvirt  sein 
wird,  Ihr  sodann  ipso  facto  et  immediate  gleich  darauf  ohne  weitere  £r< 
kUmng  und  Vorbescheidung,  wann  ich  mich  g^nwftrtig  im  geheimen 
Rath  befinden  werde,  das  erste  votum,  in  meiner  Abwesenheit  aber  bei 
allen  vorfallenden  Versammlungen  und  consultationibns  die  Direction 
ohne  einsigen  Eintrag  noch  Verhinderung  haben  sollet.  Dessen  ich  au 
Buerer  Nachricht  und  Consolation  Buch  hiemit  Tersichern  wollen.  Ver- 
bleibe anbei  mit  beharrlichen  Hnlden  Euch  allseit  wohlgewogen. 

Leopoldt. 

XXXVl. 

5.  April  1668. 

Lieber  Fürst.  Sofern  der  Gr^monviUe  Euch  die  bewussten  notitiaa 
eingegeben  hat,  so  verlange  ich,  dass  Ihr  selbige  alsbald  italienisch 


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483 


vertirt  n  Insst  f  uii.i  also  vertirter  morgen  mitbringen  sollet,  dami  ich  im 
NaiüHU  Guties  morgt'n  um  ö  L'hr  in  pleno  ronsilio  intimo  die  Spanische 
Sache  vorbringen  will,  das8  wir  linrnialfn  eins  aus  .lifser  Sacht*  kommen. 
Mein,  kom^t  in  puncto  nm  ii,  dann  ich  nuiss  bald  nach  10  fertig  sein 
wegen  meiner  Gemahlin  Aderlass.  Und  gebe  £ud)  hiemit  eine  gute  Nacht 

Leopoldt 

xxxvn. 

Laxeiiburg,  7.  April  um  lialb  4  Uhr  s.  a.  (I668j. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  Ich  habe  Eu»m  Schreiben  empfangen, 
und  habt  Ihr  Euere  Commißsion  irar  wohl  abgelegt,  si  vera  sunt,  quive 
Gr^monville  dicit,  prD  nobis  valde  bona  sunt.  Ille  idera  wird  jeut  bei 
mir  Audiens  haben,  ingleidien  iegatns  hispanicua  forte  in  ipga  eadem 
materia. 

Sodann  erinnere  icli  Ruch  gnädigst,  da^s  impcratrix  vidua  morgen 
zu  Mittag  allhier  sein,  allwo  abermals  der  Punkt  wegen  des  Wagens 
hervorkomnun  wird,  ubi  ancfps  haereo,  weilen  ich  sorge,  mea  impe- 
ratrix  habe  keine  Lust,  im  fremden  Wagen  zu  fahren.  Habe  also  diesen 
eigenen  Reitknecht  hinein  schicken  wollen,  wollet  ihn  nicht  aufhalten, 
sondern  alsbald  mit  Eucn  r  Meinung  zuiückschicken,  was  Ihr  vermeinet, 
dass  ich  thuen  soll:  ah^r  ich  hätt«  heute  noch  gern  eine  Antwort.  Ver- 
bleibe also  Each  mit  beharrlichen  kais.  Hnlden  wohlgewogen. 

Leopoldt. 

xxxvm. 

Lasenburgt  'i-  Mai 

Lieber  Ffinst  Ton  Lobkowitx.  Es  wird  vielleicht  Eoch  der  P.  Emeric 
unter  anderem  referirt  haben,  was  ich  mit  ihn  geredet  habe  wegen  des 
Don  Filippo  de  Sapanara,  so  sich  bei  der  Camarera  mayor  aufgehalten 
hat,  prätendirend  freiberrliehen  Stand,  ans  welchem  Ihr  werdet  m- 
standen  haben,  dass  nodi  res  integra  ist.  Weilen  aber  eben  teilte  so- 
wohl meine  Gemahlin  als  die  Camarera  major  mich  um  diese  Gnade 
insttndigst  ersncbt  nnd  gebeten  haben,  er  Füippo  auch  siemlich  sein  gut 
adeliges  Herkommen  beweiset,  so  seinem  Vorgeben  nach  von  denen  bft- 
roni  del  Seggio  di  Napoli  gewesen,  aber  hernach  im  Abnehmen  gerathen 
sein  solle;  also  vermeine  ich  in  Ansehung  dieser  Umstände  konnte* dem 
Supplicanten  gewilUUiret  werden,  befehle  auch  durch  diesen  Binschluss 
dem  BeicihsTicekanxler  die  Ausfertigung  des  diplomatis.  Weilen  ich  aber 
vor  allem  Terlange»  dass  dieses  mit  Euerem  Vorwissen  nnd  Qutheissen 


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geschehen  sollf,  al;«'»  habe  ich  bemeldeten  Kinschliiss  Euch  hiemit  oin- 
whlipssen  wolh-n  mit  dieser  Erinnerung,  dass  sofern  ihr  hitM  wider  kein 
Bedenken  haben  werdet,  Ihr  selbige  dem  Beichsvicekanzler  zustellen  und 
die  Expedition  anbefehlen  lassen  möget.  Es  fallen  mir  noch  zwei  andere 
Ursachen  ein,  warum  es  mit  dieser  Concession  kein  so  grosses  Bedenken 
haben  soll,  als  orstlichen,  dass  ich  wohl  schlechtere  Personen  zu  diesem 
Stand  befördert  habe,  als  Bluem,  Mayerberg,  Ebelino  and  dei^leichen 
andere.  2^**.  Wann  auch  vielleicht  hierwieder  sollte  geredet  werden,  so 
würde  seine  m^trgige  Abreise  und  nicht  so  geschwinde  Zurückkunft  denen 
Leuten  das  Maul  bald  stopfen,  daher  auch  nothwendig  sein  will,  die  Ex- 
pedition 7A1  befördern  und  nicht  viel  0 »M  hi  ei  dämm  bq  machen,  so  ich  Euch 
so  ausführlich  erinnern  wollen,  damit  Ihr  daraus  mein  zu  Euch  habendes 
gnädiges  Vertrauen  und  das  mein  in  dieser  Bache  geführte  proccdere  er- 
konncii  niügot  ]n  Frwartang  Euerer  Antwort  verbleibe  ich  Euch  mit 
behai-rlichen  kaiä.  Mulden  woUgewogen. 

Leopoldt.  Vidi. 
Der  Aderlass  Iftsst  mir  nicht  su  Ton  eigener  Hand  au  acbieiben. 

XXXIX. 

6.  Hai  16«8. 

Lieber  Lobkowitz.  leb  will  morgen  eine  Conferenx  halten  in  arduis 
und  weilen  ich  hoffe,  Euere  Cur  wird  schon  ein  Ende  haben,  also  wollte 
ich  wohl  gern,  dass  Ihr  morgen  um  ^1^9  gewiss  alUiler  sein  sollet  Ohne 
Euch  konnte  ich  ja  keine  solche  Hauptsache  vornehmen:  est  de  instmendo 
Lisola  com  goarantia,  decerta  resolutione  danda  legato  hispanioo  Ac. 
Liebster  Ffiret,  ich  hoffe,  Dur  werdet  nicht  ausbleiben.  Und  ich  bleibe 
Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

XL. 

Lu«aburg,  13.  M&i  1668. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowiis.  Euer  Sehreiben  habe  ich  empfhagen; 
der  Bluem  schreibt  mir  eben  dasjenige,  vrill  es  ehestens  pro  forma  in 
einer  Conferens  proponiren.  Ich  aber  bin  ganz  Euerer  Meinung,  dass 
diese  Visits  im  Julio  geschehen  solle,  sowohl  wsgen  der  grossen  comedi 
als  Jagen  und  anderen  Divertimenten.  8ed  de  his  plora  prozime.  Hir 
ist  leid,  dass  Euere  Cur  noch  kein  Ende  hat,  dann  ich  Euerer  Person 
wohl  bedürftig,  absonderlich  in  materia  des  Maradas,  der  imperatriz  nach 
meiner  Intention  viele  gnte  passns  geihan  hat,  und  will  sie  ehestens 


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einen  oeaen  Stallmeister  machen.  lila  potüt  meam  o]Mnionom  circa  sub- 
j»Ttuin.  Tres  Uli  proposui:  Jr»rger,  Trautsoii  uii<i  K.nl  von  Wal<lst«Ma, 
et  forte  iste  ultimus  uon  esset  abs  re;  sod  de  hoc  etiani  plura  orefcenus. 
T>aher  ich  wohl  vorlange,  »lass  Ihr  doch  bald  hprauskoniuicii  wollet,  ot 
quo  citios,  eo  inolius.  Sodaim  wird  der  Präsident  mit  £uch  reden  in 
matemy  so  zu  Neustadt  allhor  remittiri;  imd  weilen  Ihr  daraus  hoffentlich 
meinen  sii  Euch  genei^ften  Willen  Tenpflren  werdet,  also  hoife  ich  aoch, 
Dur  werdet  hingegen  aneh  alse  die  cameralia  beftidem  helfen,  damit 
alles  wohl  eingerichtet  und  mein  aerarimn  vermehret  werden  m<)chte. 
Verbleihe  anbei  Ench  mit  beharrlichen  kaia.  Holden  wohlgewogen. 

Leopoldt. 

XLl. 

6.  Februar  1669. 

Liobor  Fürst.        ist  vm  Kiirzfui  der  Generali ientenant  Monte- 
caccoli  bei  mir  gewesen  und  roferirt,  qaod  iterum  videatui*  impossibilis 
transitns  Danubii  et  quod  nullo  modo  cras  inip«*ratrix  possit  discedore. 
Sie  Kaiserin  sei  ganx  perplex,  sie  verlange,  das»  Ihr  diesen  Abend  in 
pnncto  nm  6  Uhr  bei  Ihr  sein  sollet.  Allda  kQnne  man  debattiren,  quid 
fsciendnm?  et  casn  impossibili,  quid  regi  Poloniae  significandom? 
Weilen  es  aber  ein  punctum  summae  importantiae  ait,  also  vermeine  ich, 
gnt  zu  sein,  dass  Ihr  auch  den  von  Schwarzenberg  hinbescheiden  wollet, 
allda  Montecuccoli  auch  sein  wird.  Allda  venneine  ich,  Wnne  man  de- 
battiren:  1"  Ob  diese  Kfiso  annoch  könne  fortgesetzt  werden.   2°  Casu, 
quid  recri  scribendum  vel  sigiiificaudum  et  per  quem  vel  a  quo.  Fallet 
mir  f-in,  ob  nicht  thnnlichiT  regi  zu  eriTinern  das  Hinderniss  des  Eises. 
Weilen  man  aber  nicht  wisse,  wann  imperatrix        könne,  und  der 
KAnig  vielleicht  nicht  lange  warten  könnte,  ihm  heim  zu  geben,  ob  er 
nicht  wollte  einen  vornehmen  Senatoren  cum  plenipotentia  et  procura 
entgegen  schicken,  der  zu  Olmfitz  oder  ubi  Imperatricem  obviam  haberet, 
coniraheret  matrimonium  deponsando  ut  procurator  roginam  per  verba 
de  praesenti  in  foro  ecclesiae,  ut  cum  canonibus  loquar.  Habe  Euch  also 
dks  alles  erinnern  wollen.  Und  verbleibe  Euer  gnftdigster  Herr. 

Leopoldt. 

XLU. 

19.  März  1669. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  Hiebei  kommt  des  H.  Vorschlag,  wie 
T  Tenneint,  dass  man  dem  Gremonville  auf  seine  beschehene  sehr  willige 
^ropesition  antworten  solle.  Wollet  selbigen  wohl  leseuj  consideriren 


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486 


nnd  hiernach  eine  respectn  Euere  Meianntr  eröffnen,  was  darin  zn  ver- 
ändern sein  möchte.  Wollet  auch,  nachdem  Ihr  selbiire  »-eleppn,  auch 
dem  Hofkanzler  commoniciren.  nml  ihm  befehlen,  dass  er  mit  dieser 
Proposition  zwischen  4  und  5  Uhr  Abouds  si(  h  l>ei  Hnfo  einfinden  Bollr». 
Wollet  Ihr  auch  damals  erscheinen,  bene  quidem.  sin  minus.  woHet  Ihr 
mit  ein  paar  Zeilen  Euer  sentiraent  mir  zu  wissen  tiiuen.  So  erinnere 
ich  auch  gnädigst,  dass  der  Oberstkämmerer  selbige  schon  orolpsen  hat. 
Est  negotium  ardunm,  Deus  nos  illuminet  et  casum  istum  benigne 
ftvertat.  Womit  ich  Eoch  mit  kais.  Halden  wohlgewogen  Terbleibe. 

Leopoldt. 

XLIII. 

LMCftobuf,  9.  Mai  1689. 

Lieber  Fflnt.  Eb  bat  mir  der  AaerspeTg  beiliegende  Information 
Uber  des  Gr^monTille  jftngst  eingegebene  Scbrift  eingegeben,  auch  dabei 
ein  Project  annectirtt  wie  er  vermeinet,  dass  man  ihm  Qr^monville  ad 
calamnm  more  hucusque  soUto  dictiren  solle.  So  ich  Buch  zu  dem  Ende 
einschicken  wollen,  damit  Ehr  selbiges  wohl  flberlegen,  auch  sodann  es 
mit  dem  Hofkander,  welcher  item  allhier  in  Qnntersdorf  wohnt,  auch 
commnniciren,  nnd  sodann  mir  Enere  Meinung  erSlTnen  sollet,  was  man 
hierin  thuen  solle.  Et  vi  serri  per  ariso  Oberstkflmmerery  als  welcher 
herauBsen  ist,  selbiges  schon  gelesen  hat,  et  haec  pro  primo.  2**  antem 
liegt  hiebei  eine  Relation  von  Cratsenbuch  ans  Spanien,  qiiae  lectu  digna 
est  et  continet  multa  et  valde  aromatica.  So  schicke  ich  Ench  auch  91^  die 
foglietti  aorttck.  In  gleichen  kommt  4*  ein  Schreiben  vom  Prinzen  Ton 
Lothringen,  wollet  es  allein  bei  Encb  behalten  nnd  auf  keine  Ezpedition 
remittiren.  Es  ist  anch  6*  ein  Schreiben  von  Kenborg  eingelaufen  in 
eadem  materia,  dieses  wird  Ench  schon  more  solito  per  Walderodium 
commnnicirt  werden.  6^  Habe  ich  Euch  jttngst  ein  tfemorial  von  Baischel 
geschickt}  qnfpetit  andiri,  möchte  wissen,  was  su  thnen  sei.  7^  Schreibe 
ich  Euch  hiebei  sub  n.  S  ein  absonderliches  Schreiben  die  capitaneati  de 
gnardia  betrefTend,  wollet  also  selbiges  in  Gottes  Namen  pnbüciren  nnd 
SKeqniien  tossen.  Habe  es  mit  Willen  aperte  geschrieben,  ne  confnndatur 
cum  bis  materiis.  Schliesslichen  nnd  8*  weilen  ich  morgen  ins  Feld  gehe 
nnd  Samstag  einnehme,  also  wird  unnOthig  sein,  dass  Dur  Eudi  incom- 
modirt  vor  dem  Sonntag  allher  zn  kommen.  Und  erinnere  Euch  snglMch, 
dass  JPranz  Augnstin  heute  allhier  ist,  aber  morgen  gleich  Nachmittag 
will  ich  ihm  hinein  sagen  Adie.  Und  verbleibe  Buer  gnidtgster  Herr. 

'  Leopoldt. 


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487 


XLIV. 

LuenbrniTT  V.  Mai 

Lieber  Fürst.  NaclidtMu  v*>rf?estern  der  Markiarraf  V(Ui  Baden  bei 
mir  f,'t'wet»öu  un<l  nebut  gt-horsaiüei  Duukoiiguug  wegen  der  ihm  ron- 
ff-rirteii  Warasdiuifchcii  Grcnz-Obristeii-Stftlle  auch  zngleirli  die  bis  auher 
v.)n  ihm  bedieut^^  Hartschier-Guardi-Hauptmanu-SteHe  r*"^iirnirt  hat,  ich 
auch  diese  K*'signatiuu  iu  kaib.  Gnaden  an-  und  auftrennmmea  habe;  und 
diese  Stelle  nunmehr  vacant  ist:  alH«»  hab»-  ich  in  Gottes  Nam<»n 
rtifcülvirt,  selbige  dem  Grafen  Franz  Augfustin  vun  Wahlstein  auf  sein  He- 
gehren zu  conferircn.  Und  weilen  hiedureh  auch  beiu«  bedient*'  Tra- 
banten-Haaptmann-Stellc  i]»K(i  facto  vaciret.  also  habe  ich  sftlbige  dem 
Genei  :ichtmeister  D.  Gibert^»  Pio  de  Savoia  ingleichen  auf  sein  in- 
stiniiii;  Anhalten  conferirt.  Welchi-s  alles  ich  V.nch  %\\  dem  Ende  in- 
timireu  wollen,  damit  Ihr  als  Oberst L -tmcistfr  nicht  allein  i's  den  Neu- 
begnadeten  intimiren,  sondern  soa.tiiu  dasjenige  vuikehren  und  exequiren 
sollet,  v,as  in  der^^leichen  Fällen  gebräuchlich  i5<t.  Hülf<*  auch  diese 
Election  weiae  durchgehends  von  allen  ap|)laudir*'t  werden.  Vei'bleibe 
Euch  aobei  mit  ieais.  Uulden  oud  Gnaden  allzeit  wohlgewugea. 

Leopoldt 

XLV. 

Laxcuburg,  13.  Mai  1669. 

Lieber  Ffli-st  Weilen  ich  nicht  wf>>igH,  wann  Euere  vorhabende  Cur 
Euch  heraus  zu  konunen  zulassen  wird,  hingegen  der  Gr^monTiUe  in» 
ständig  eine  Resolution  verlanget,  also  habe  ich  Euch  hiemit  erinnern 
wollen,  dass  Ihr  ohnvorlänggt  und  wann  möglich  noch  lieate  mir  Euere 
Meinung  eröffnen  sollet,  ob  man  es  bei  dem  von  Auersperg  aufgesetzten 
Project  lassen,  oder  ob  und  wa^^  darin  zu  ändern  und  .'Moniten  ihm  Qr^ 
monville  zu  insinuireu  sein  m(^chte.  Tnd  weilen  ich  bald  Aderlasst^n 
werde,  kann  ich  vor  diesmal  nicht  länger  scbreibeo»  sondern  Terbleibe 
EDeh  mii  beharrliclien  kais.  Halden  woUgewcgen. 

Leopoldt. 

XLVI. 

Wien,  aiu  29.  Juli  U>f>U  um  U  Uhr  Nachts. 

Lieber  Fürst.  Ener  Schreiben  sammt  den  Beilagen  ans  Polen  habe 
ich,  als  ich  eben  das  Nachtmal  vollendet,  empfangen,  und  sende  selbe 
wieder  zurück  an  den  Hof  kanzler  und  Walderode,  wohin  sie  gehörig  sind, 
und  theils  noch  werden  massen  dedfrirt  werden,  wollet  also  selbige 


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488 


alM;iliiii  hctViriiciii.  S»»iiä>t«  n  viili  tur  milii  clectus  nolle  ante  coronationem 
sich  ni»  lit  voIHl'  hf^ran^^lasst  ii,  und  würde  es  vielleicht  uicbt  schaden,  dass 
P.  Sylvaiius  s^  inc  vorgehabte  licise  fortsetzen  möchte.  Mnita  teutanda, 
ut  tandem  ftuis>  ubtineatar.  Wünsche  ich  anbei  eine  gute  Nacht. 

Leopoldt 

XLVIi. 

81.  Anglist  1669. 

Lieber  Fürst.  Ich  habe  üochinals  die  projecta  auf  K«>iii  woiil  über- 
lesen. Was  nuü  Euereh  anlanget,  ist  solches  also  wohl  imH  fstuttlich  c<>n- 
cipirt,  dass  es  wohl  nicht  leicht  besser  sein  könnte,  hätt^j  auch  glt  ich  ab- 
copirt.  Weilen  aber  mit  Einrichtung  der  Hf ssischen  Expedition  noch  wohl 
der  inorgii?«'  Tag  hingehen  wird,  als  lasse  ich  bis  -lahin  anstehen,  und 
stelle  Euch  uui-  dies  anheim,  ob  ess  nicht  k<tiuite  ein  wenig  abgekürzt 
werden;  <lanii  zu  b'.im  halten  sie  viel  auf  d'w  brovitatem  in  pcribendo, 
doch  miisst'H  dif  cumplinienti  und  rissentinienti  darinii<'n  verbicibfu  und 
wohl  exjiiiuiirt  werden.  Bei  des  Hochei"S  Pn>jAri  an  Hessen  sein  mir 
etliche  kleine  Erinn»! im^<»ri  eingefallen;  habe  also  um  ihn  srescbickt  und 
mit  ihm  fferedt:  sf^in  am  h  ihui  ftlirb»'  einerofalli  u.  Habe  alsi.  vur  gut  be- 
fundt'ii.  Ilm  M'llist  zu  Kuch  zu  fjcbickfii,  dass  er  Euch  seine  Meinung 
sagen  mögu.  Soiianu  k<onit  Hir  dem  Königsfj^g  uud  Waldenxlc  die 
Expedition  anbctV-hh-u,  da.s8  uIm»  zwischen  iuoi<r»'n  und  übermnipcii  dieser 
Kurier  auf  Rom  möge  abgefertigt  werden.  Vorlasse  mich  also  auf  Euch 
und  verbleibe  Euer  gnädigster  Herr. 

Loopoldt. 

XLVUI. 

Wien,  28.  Augiist  1669. 

Lieber  Fürst  vnii  Tinhkowitz.  Es  liat  mir  äcv  Paior  Euu-rich  gewiss 
mit  gar  guter  Manier  unti  s«>br  wolil  Eucif  afüictiones  vorgetragen.  Nun 
werdr't  Ilir  hoffentlich  bis  dato  genugsam  verspürt  haben,  wie  inniglich 
ich  Euch  liebe  uud  mein  Vertrauen  v«"illig  zu  Euch  habe,  dass  ich  also 
gewiss  Selbsten  nichts  H"li'  res  verlange,  als  Euch  mit  ruhigem  Gemüth 
und  consolirter  zu  sehen.  \\  •  ileu  aber  dei'  Pator  Emeru  h,  wie  Euch  be- 
wusst,  zum  deflnitoriü  reiset  uud  also  vor  seiner  Abreise  nicht  wuhl 
möglich,  ein  solches  Hauptremedium  zu  finden,  wie  vielleicht  wohl  mein 
eigener  Dienst  erlordern  und  Euch  ein  Trost  sein  würde:  als<i  hofife  ich, 
Hir  werdet  imlesseu  diese  kleine  Geduld  gerne  iiageu  uud  Euer  Gemüth 
zur  Rulle  e^'!>en.  ich  versichere  auch  Eucli  guiidigbt,  dass  ich  auf  solche 
Weise  der  Welt  aeigen  will,  wie  hoch  ich  Euch  aesUmii-e  und  was  vor 


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489 


ein  grosa  Vertrau  ob  ich  ta  Euoh  habe,  das«  Ihr  fgvmtB  alle  Satisfaction 
daron  haben  sollet. 

Mein  Fürst,  glaubet  mir,  ich  liebe  Kiich  von  Herzen  and  sefcse  mein 
ganzen  Vertrauen  211  Euch,  und  will  diese»  uffentlicl),  et  opere  non  solom 
TcrbiSy  aller  Welt  Migen.  Plura  expUcabit  pater  Kmericu«  ante  nmm 
di8C(>ssnni,  qno  me  remitto«  Verbleibe  anbtti  Kuch  mit  beständigen  kais. 
Uulden  wohIgew(^n. 

Leopoldt. 

XLIX. 

Ebendorf,  18.  September  1669. 

Lit^btji  Füist.  Hu  hfl  hchirke  ich  Euch  zuvörderst  ein  Schreiben 
vom  Cardinal  vuu  ilesKon,  aus  welch» m  klar  erscheint,  che  Ii  prnti  ci 
vogliono  paearp  con  helle  {»aiulc.  p^n»  questa  m'MU'ta  nun  vaie  pur  iiui. 
Wollet  sdlrhi'  wühl  üht  ilü&iju  iiii  l  solche  sodanu  Utiui  Königsegg  auch  bald 
(gebeuj.quid  nltedub  nohi,«  s^it  l'.uiciidum.constantia  ist  vor  allen  vuimOthtMi, 
gonst^iin  wüidö  des  nuncii  ass»  rtiu  wahr:  che  1' Imperatore  et  suoi  iiiiuiKtri 
sono  facili  a  contentare  et  appagare.  S<m1;iiiii  liegen  hierneben  ^Schrtiben 
von  Schaffgotsch,  wt-lchf  alle  in  des  Waldürude  Kxpedition  ijphfircn.  Wollet 
solche  auch  Itjsii'U,  ihm  zuschicken,  damit  selbe  sodann  auch  uliis  cmsi- 
liariis  kniiubu  commnnicirt  werden.  Und  weilen  seine  verlangte  liiti- 
matioa  auch  vorhauiivn  ist,  iilsv»  wullet  ihr  alles  zusammen  richten  lasMm, 
damit  man  ehistens  darüber  deliberiren  mrig-f  I>as  kU  iut'  Zottele  ist  in 
Zitl't  1.  wollet  selbiges  dem  Abele  schick- n.  w.'iUii  ich  sujijHUiii c,  Ilof- 
kiinzlti  sei  hoi aussen.  So  Kuch  hiouiit  antiigeu  wollen  und  verbleibe 
Euch  mit  kais.  HuUeu  wohigewogou. 

Leopoldt. 

Nachdem  dies  gesehrieben,  kommt  Abele  Selbsten,  habe  also  das 
Zettele  decifriren  lassen  und  kommt  hiebet 


L. 

Wien,  1.  Docrember  Itiöy. 

Ideber  Pfirsi  von  Lobkowitz.  Weilen  mir  der  Graf  Nadasdy  ein 
gehorsamstes  Memorial  überreichet  und  darinnen  seinen  Zustand  vorge- 
tragen, als  werdet  Ihr  in  meinem  Namen  ihm  darauf  l)edeuten,  daas 
seine  in  gedachtem  Memorial  beschehene,  unterthänigste  Submission  und 
dann  erbotene,  trenschnldigste  Beseigang  und  Beförderung  zu  meinen 
Diensten  und  Besten,  mir  zn  gnädigstem  GefoUen  gereichet,  auch  mich 
auf  die  Werkstellung  dessen  gftnalich  verUissen  thne.  So  habet  Ihr  auch 

AtckiT.  LXXIL  Sd.  U.  Hälfte.  SS 


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490 


ihm  aobei  anzuzeigen,  dass  ich  die  getreuen  und  ei-spriesslichen  Dienst»*, 
so  rr  Nri(1as.!y  und  <iio  Seinigen  mir  .Twoisen  worden,  jederzeit  gebührend 
aufnehmen  und  gnädigst  erkennen  will.  Was  im  tibriiren  Euch  anbe- 
fohlen, das  wollet  Ihr  ihm  gleichfalls  ausführlich  vortni^'ou.  Und  vor- 
bleibe ßuch  mit  kais.  Uolden  und  Gnaden  allxeit  beständig  wohlbeigethau. 

Leopoldt. 

LI. 

Wion«  10.  DeeemW  1669. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  NaclKii  in  d>jv  Fürst  vuii  Auersperg 
aus  gowi^Bcn  und  erheblichen  Ursachen  von  meiner  kai#.  Hofstatt  in 
Aliziii;  iH'LTiiÜen,  ich  aber  auch  Euere  getreue  Dienste,  welche  mir  vor 
allt'u  andt  rn  lieb  und  angenehm  sind,  goni  m  Gnaden  erkennen  wollte, 
als  thiie  Euch  hiemit  diese  absonderliche  Gnade  verleili»  u,  duhn  Ihr  als 
oliuf  liit  s  anji't/.i  moin  erster  geheimer  Kath  und  Ubcister  Hofmeister, 
Von  luiut  l»atii.  wann  ich  mich  in  dem  geheimen  Kath  bclindcn  wtside, 
(las  erste  Votum,  in  meiner  Abwesenheit  aber  bid  verfallenden  consulta- 
ti*>nilMis  uml  alb'ii  Vuifallenheiten  die  Directinii  olme  l  inigen  Eintrag 
und  Hiudeiuiss  hal»eü,  iiiirb'ii'hen  es  unveraiulriiich  und  lM-st;iii.lig  auf 
alle  Zeit  dabei  verbleiben  Bolle.  Deh&eu  ich  Euch  zur  Nachricht  und 
Cousnlation  hi*uiiit  gnädigst  versichern  wollen.  Und  verbleibe  anbei  Euch 
mit  beharrlichen  kais.  Gnaden  wohlgewogoa. 

Leopoldt 

Sl.  Janiuur  1670. 

Lieber  Ffirst.  Ich  habe  keine  Bähe  noch  Bast  in  meinem  Gemflth 
wegen  der  abgeschmackten  Beiae  des  Hontecnccoli  in  Polen.  Ille  quidem 
est  promptissimuB,  sed  ndetnr  haec  c^us  promptitudo  similior  porae  re- 
aignationi.  Uir  gehet  nil  Gntea  yor;  animua  valde  inquietua,  dann  ich 
aoiige,  er  komme  nimmer  heim,  oder  es  werde  aolche  Oocasion  kommen, 
daaa  sein  Aussein  schMHch  sein  kffnnte.  Wer  wird  die  Schuld  haben? 
Caesar  et  Lobkowita,  et  quidem  juste.  Hat  denn  die  Euserin  keinen  * 
Andern  finden  können  als  eben  diesen?  Desto  mehres,  dass  er  ipae  sich 
gegen  mich  etktftrt,  er  könne  diese  Function  nicht  annehmen,  wann  er 
keine  spedflca  istmttione  habe,  wie  er  sich  in  allen,  absonderlich  in 
ceremonialibus  et  puntillis  verhalten  solle.  Wer  wird  eine  solche  In* 
atruction  machen?  In  summa  horret  animus.  Dies  habe  Euch  an- 
fügen wollen  und  gebe  es  vOllig  auf  Euer  Gewissen  und  Verantwortung. 
Verbleibe  Obrigens  Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 


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491 


Lm. 

Stocker&u,  26.  Jum  167Ü. 

Lieber  Fttrst.  Der  Oberatwachtmeisier  Spork  hat  mir  diese  Briefe 
von  seinem  Vetter  dem  General  Oberbracht,  aus  weldien  an  sehen,  dai» 
mit  dem  B6k^zy  ollee  richtig  ist.  Benedictus  Dens,  dass  alles  so  wohl 
abgelle.  Habe  also  die  Schi-eiben  Ench  su  dem  Ende  schicken  wollen, 
*  damit  Hu*  selbige  (l^sen)  und  sodann  alles  disponiren  kOnnt,  dass  alsbald 
der  Qeneral-Lientenant  und  ich  auf  Wien  kommen  werden,  inter  solitas 
personas  eine  Conferenx  gehalten  werde,  quid  ulterins  in  hoc  toto  ne- 
gotio  bungarieo  fiKiendum  sit.  Die  Hitce  ist  gestern  so  gross  gewest^ 
dass  von  der  Stadtguardi  ein  Husquetier  im  Heransmarsch  alsbald  todt 
geblieben,  ein  CoipiH»]  aoeh  beut  auf  dem  Sprung  stehet  Und  ver- 
bleibe Euch  mit  kais.  Helden  gewogen. 

Leopoldt. 

LIV, 

14.  September  1S70. 

Lieber  Füist.  Ks  ist  mir  von  ITerzen  leid,  »lass  Ihr  was  nnpfis-slicb 
Heiet,  will  aber  hoffen,  es  vv.'nb'  fhistciis  völlig-  ^Mit  werden,  wie  ich  Euch 
wCmscben  tliue.  So  kann  ich  auch  Kucli  niclit  verhalten,  dass  einicrf^ 
negotiii  von  jrrussor  Importanz,  so  wohl  einer  Beschleunigung  bedürfou; 
als  V  die  llungai'ica  officia:  was  mit  dem  Nadasdy  anxuhfben  und  was 
fernere  dem  Eottal  circa  procossnm  contra  röbelles  zu  schreiben  sei?  So 
sein  2^°  die  3  ablegati  von  Mainz,  Tner  und  Lr5thriny:rii  bei  mir  gcwest 
in  puncto  3  ligae,  und  verlangen  einen  miiiistrum,  cum  quo  couferant: 
habe  Euch  liiezu  donominirt.  Ergo  videndura,  quid  faciondum  et  quomodo 
hoc  negotium  Hnieudiim,  damit  wir  unsorn  wenigen  Credit  bei  Spanien 
erhalten  und  accresciren  mögen.  S^.  Haben  sowohl  Prinz  Carl  von  lioth- 
ringen  nnd  ein  Lothringischer  secrotarius,  als  der  Gremonville  bei  mir 
ihre  Nothdurften  vorgebracht  wegen  b  s  Franzosischen  Einfalls  in  Loth- 
ringen. Dies  halte  ich  vor  ein  Hauptwerk,  von  dem  in  viel  wriren  mein 
Interesse  und  Reputation  dependirt.  Also  muss  man  sehen,  (juid  fa- 
ciendum.  Trinz  Carl  instat  um  Kesolution.  dass  er  wiijse,  was  er 
thuen  solle.  Alle  diese  negotia  gebe  Eu<  li  aiiheim,  als  in  dem  ich 
mein  einziges  Vertrauen  gestellet  habe.  Macht  und  doliberiit.  wie 
und  was  Ihr  wollet,  scitis  facere  si  vultis,  sagt  P.  Müller,  und 
Euere  Prndenz  comprehendirt  wohl,  was  hieran  gelegen  ist.  So  in- 
siötirt  auch  der  Ungarische  Kanzler  um  Audienz  in  geheimen  Hatb, 

dicendo,  es  warten  viel  Parteien  ans  Ober- Ungarn  et  alinnde  mit 

88* 


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sposa.  Si  aiTliiopiscopus  iion  vouerit  brevi,  wiiil  man  s^s  wohl  nicht 
v«>r^hi«beii  köunen.    Verbleihe  Euch  aubei  mit  kait».  HulUeu  gewogeu. 

Leopoldt. 

LV. 

Ebemdorf,  2.  October  1670. 

lijober  Fürst.  Weih'ii  »I^t  Bayer  *li»>seu  Nat  tiiiiitta^  mir  ilie  V.\- 
peilitioii  an  SchatVg»»tsch  gesclin  kt  li.il,  als  hah«*  solUo  imterisclirirlH'n. 
Habe  auch  vor  gut,  ihm  «^itrenhäniiigc  nricfcl  niitzug:<>bt'n,  Jamit  er  gratior 
allda  sei,  und  rex  et  rtgina  auch  mein  liiftb  fik-nrnn  mögen.  Sonde 
Euch  also  diese  Schreiben  au  ihn  Schaffgot^Jcli.  woiiii  die  andern  ge- 
schlossen sein,  und  wollet  selliiL'"<»K  mit  der  ubiigen  Expedition  fort- 
schici%eu  und  befordern,  dann  iif  Zeit  ist  kurz.  TVi.iipiis  sein  die 
Spanischen  Brief  ankuiinneu  iitui  all««  do  Cast«  llai  .s  Zollangen  erlogen, 
dann  laaii  vi  ii  iiil  bchreibet,  al^  »iass.s  Muiiloie)  in  Niederland  bleiben 
solle:  ila>.^  .  ;ii,iiiuili  Arrak'ona  ein  quarto  bei  Hof  sei  gegeben  worden, 
nihi  die  tii-<Hiii.  wulu'i  Joch  quasi  lontra  ordinfm  scheitu  t.  dass  Nostitz 
dem  ^V.  is>.  ii\vnlt"  anteponirt  wurden.  So  ich  Ench  curiositatis  causa 
voran  berii  ltieii  w 'ib-u.  bis  des  Pöttiug  relationeii  eiu  mehr&res  weisen 
werden.  Und  verbleibe  Euer  guäJigäter  Ueir. 

Leopoldt. 

LVL 

WioD»  11.  December  1670. 

Lieber  Ffirat.  Hiebei  schicke  ich  Euch  1*  des  Balbazes  Memorial. 
80  cum  occasione  einer  Conferenz  zu  delibeiiren  sein  wird.  2^  Das  Gut- 
achten des  Erzbischofs,  so  mich  ziemlich  wohl  eingerichi  bedfinkt;  allein 
obtestirt  er  sehr  das  secretum,  also  wird  man  bei  der  moiigigen  Conferenz 
nicht  daTon  sprechen  dflrfen.  Ich  wollte  aber  sehen,  dass  noch  morgen 
alles  wohl  eingerichtet,  damit  es  eoram  mundo  scheine,  dass  wir  alles 
thuen,  was  zu  thaen  ist.  Euerer  Dexteritefc  und  Prüden«  gebe  ich  alles 
anbeim,  Ihr  wisset  setbsien  am  besten,  was  an  diesem  Werke  mir, 
meinen  Srblanden,  Ja  der  ganzen  Christenheit  gelegen  ist,  dass  ^les  wohl 
eingerichtet  werde.  Hingegen  werde  ich  Euch  allzeit  gern  in  allem  schützen. 
Womit  ich  Euch  mit  kais.  Hniden  und  Gnaden  gewogen  verbleibe. 

Leopoldt. 

LVIL 

2r>.  Jftuuar  1671. 

Lieber  Fürst,  üiebei  kommt  die  von  Abele  decifrirte  Uolation  des 
WindiKch-Orätz,  und  wird  m  dieser  Conferenz  nil  hehdren  als  deti  Abele 


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4Ü3 

g-eniacbt«  r  Extract.  Doch  ist  hoch  v  iimotlit  ii,  ti;tö8  sowohl  Ihr  als  die 
aiuioren  Coüferenz-Käthe  diese  Keliition  mit  g^iitem  Hedacht  lesen  Hollon. 
dann  sie?  bat  viele  siibstantialia  in  sich,  und  halt  sich  Windisch-Grät/  so 
wobi,  dA88  er  w«dil  ein  Bildl  vordient.  Doch  sehet  man  auch  klar» 
was  unser  Herr  GrömonviUe  vor  ein  saubei-er  Geselle  ist,  und  mUssen 
das  Tor  gewiss  in  Obacht  nebmen,  dann  uns  sonsten  die  Herrea  Galli 
«ma  anh&ngen  werden.  Enere  Pnidenz  wird  alles  zu  beobachten  wissen. 
Und  ich  yerbleibe  Bach  mit  kais.  Hnlden  gewogen. 

Leopoldt. 

LViü. 

Ijixtniburg,  'J.6.  April  1671. 

Lieber  FQrst.  In  meiner  gestrigen  Kchnellen  Abreise  habe  ich  ver- 
gessen, mit  Euch  zu  reden  wegen  Äbschlagung  der  Hände,  ob  man  diese 
elende  Gnade  diesen  reis  thuen  solle  oder  nicht.  Mich  gedflnkt  zwar,  ich 
habe  etwas  davon  mit  Euch  discurii-t.  Weilen  aber  nun  die  Execntion  her- 
znnahet,  also  stelle  ich  Euch  ^^nm  absolute  anheim,  was  Ihr  in  diesem 
Fall,  absonderlich  wann  sie  bitt4'n  sollten,  thuen  wollet.  Was  Ihr  mm 
h»  tiiid'  n  solltet,  könnt  Ihr  snn.ihl  dviu  ilofkanxler  als  dem  \hi'h  ad  exe- 
cuUuaeui  anbefphlei»,  \v*'lchi'  ich  in  alb-m  absr.lnto  an  Kurh  allein  ge- 
wiesen habe.  8u  ich  Euch  durch  diesen  Eigenen  anlügen  woileu.  Und 
verbleibe  Euch  mit  kais.  Uulden  gewogen. 

Leopoldt.  ^ 

LIX. 

29.  April  1671  hora  11  et  Vi- 

Lieber  Fürst.   Vor  kurzer  Zeit  enipfan^'e  ich  diese  Relation  von 
Abele:  ob  und  was  hierauf  zu  thueii,  stelle  ich  Euch  völlig  anheim.  So 

*  Copia  der  (UrBtUcheii  Antwort  de  dato  Wien,  28.  April  1671. 

Allwgnftdigster  Kidser  and  Herr.  Was  Euer  kais.  Mi^eetit  «nsu« 
befehlen  sieh  gefalleo  iMMeti,  das  habe  ans  Dero  diesen  Abend  ver- 
mlttelBft  Eaer  kaia.  MajestiLt  Kammerdiener  Dorsi  mir  angebrachtem, 

gnXdigstem  Sclireibcii  vom  2s  .\iitil  iiii1r'itli;iiiig".st  verstandou.  Und  ob- 
7.war  nllbier  scdioii  iiber.ill  ersi-liollen,  dass  Euer  kais.  Maj«\stät  die  De- 
bniiUfiitcn  wcpt'n  .Mi-^clilagitng  der  Tirimb''  hc-trunflft,  nnr}i  <b  r.MtlinHirn 
allbereit  ^:eb'tri'j'e  \'oi<>ribinn<ir  op/chcn  huisuii,  sulb'  d<>r]i  zu  g^eborsambter 
'  Folge  von  mir  uii  bt  fi  iiiaii^'ult  werib  ii,  bei  dem  Hotkanzler  und  Abele 
uucbmalen  gübiihremlu  Eriuuerung  ex  »uperabuiiduuti  vurzukcbren,  da.ss 
Eoer  kMh.  M^estät  gundigstc  luteutiou  und  Meinung  Ki-buidigst  vull- 
^^ogeu  werde.  Wormit  achlieoalichen  an  Deroselben  beharrlichen  kaia. 
Gnaden  mich  unierthAnigat  Und  gehorsamat  befehle. 

Euer  kaia.  Majaat&t  allenmterthSnigater  und  gehorsamaler 

W.  H.  a.  Sagan, 


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494 


hat  niii  r  Iii  I  kan/.lei  von  Nadasdy  2  Memorial  ii^chick^n  laswüi.  ho  ich 
Eucli  aiicli  Hchickt'ii  und  dah<M  llt'illl^t«'!!<Ml  woUon,  wa«  bih  Ii  in  iliesum 
Fallo  zu  thnon  nei.  Ihr  werdi  t  st  li-  ii.  wir  hart  dorn  Fi (lan  das 
Storlten  uukoiiiiut.  iiiugogen  ist  Ziiii  ^miiz  ütMluldig.  In  buii;i  i  t  sttdle 
ich  Euch  dioüüs  ganze  Work  anheim  und  vorbloibc  Euch  mit  kai».  Huldea 
gewogen. 

Lcopoldt. 

leb  habe  »uch  durch  den  Dorst  Euor  Schreiben  bekommen»  so 
Euch  zur  Kttchricht  aafflgen  wollen, 

LX. 

2'.».  April  1671  firrj*  4*">. 

Lk'Ir'I  Fni>l.  llit)b<'i  ein  Meiiiortul  von  Nadasdy'sciicn  Kinduru; 
filialis  ainnr  hat  nicht  wi^nigor  thiion  konnfii  Frininm  momhrum  kann 
nicht  s<>in;  n-;is  in  2^"  ZU  thuen,  stelle  ich  Euch  anheim  und  verbleibe 
Euer  gnädigster  Herr. 

Leupoldt. 

LXI. 

Lazenhiirg,  HO.  April  1671. 

Liei)er  Fürst,  raupe-r  Nadasdy  rcqiiicsoat  in  pace;  habe  schon 
2  M«!ss((n  vor  ihn  gchürt.  Aus  dor  Beihig  or.s<  lu  t  Ihi',  wie  sich  die  zu 
NtHihtadt  haiton,  und  wie  wohl  der  Fraugcpaii  disj.oiiut  ist,  macht  einem 
schon  die  Augen  uass.  Ührigeus  bedanke  mich  Euerer  Bezeigung  und 
vorbieibe  Euch  mit  kais.  Huldeu  gewogen. 

Leopoldt. 

LXU. 

Laxoiiburg,  2.  Mai  1671. 

Lieber  Fürst.  ObwohK-n  ich  wohl  gewünscht  hätte,  dass  Ihr  bei 
dem  heutigen  Rath  hättet  sein  können,  weilen  die  Ungarische  Uepar- 
titionssacho  proponirt  wurden,  so  hat  mir  doch  der  Oberstkämmerer  vor- 
gebracht, da  SS  Ihr  zur  Pflegung  Euerer  Gesundheit  darin  habt  bleiben 
mfis^en.  Und  weilon  an  Euer  Gesundheit  mir  auch  nicht  wenig  gelegen, 
als  habt  Ihr  wohl  irrt  hau.  Und  habe  ich  befühlen,  Euch  von  demjenigen, 
Ro  in  obgodachter  Kcpai  titianR-materi  passirt,  parte  zu  geben.  So  schicke 
ich  Euch  auch  diese  Schreiben  und  verbleibe  allzeit  Euer  gnädigster  Ueir. 

Leopold! 

Morgen  werde  ich  der  Procession  bei  den  P.  Franciskanern  bei- 
wohnen, allwo  wir  einander  hoffentlich  sehen  werden. 


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495 


Lxm. 

Laxenbni^»  6.  Juni  1671. 

Lieber  Für«t.  Weilen  tuan  luii  L'csagt,  da.^s  die  liontier«^  Conferonz 
noch  nicht  könne  iu\  ndjitioiii-m  i^clnnclit  woHmi.  «It-r  Krii-lisvicekanzler 
aber  sammt  dem  Hut'kauxier  die  cuuiitialia  liubuii,  ii\m  iiabe  ich  selbige 
bestellen  laasea,  doch  nlirs  an  Euch  i<  mittirt.  Wann  also  was  änderst 
n^>thigor  zu  referiren,  müsset  ich  in  Zeiten  bestellen.  Und  weilen  Gr^on- 
ville  heut  bei  mir  Aadiens  haben  und  zweifelsohne  dabei  daBjenige  vor- 
bringen  (wird),  so  er  dem  Hof  kanzler  jflngsten  proponirt  hat  und  in  dem 
bestehet,  dass  er  annoch  eine  Erklärung  wolle  haben,  dass  wir  denen 
Hollfindern  nicht  helfen  wollen,  so  suus  rex  sie  angreifen  wollte;  so  habe 
Euch  auch  erinnern  wollen,  damit  casu  quo  ihr  die  Gonferenz  Uber  des 
Lisola  Schreiben  halten  thuet,  man  dabei  auch  reden  könnte,  quid  ulte- 
rius  illi  sit  respondeudum  V  St  liliesslich  wnli^t  Ihr  darob  sein,  dass  die 
Räthf  incrtrt'ii  biUd  nach  K  allhici-  ?><'in  sullen,  damit  man  ein  i;utc  Zeit 
Kath  halten  möge.  Uud  verbloibo  Euch  allzeit  mit  kais.  Uulden  ge- 
wogen. 

Leopoldt. 

LXIV. 

17.  Juni  1671. 

Lieber  Fflnit.  Ich  zweifle  nicht,  Ihr  werdet  bei  heutiger  ordinai'i 

h'iii  Giiif«  n  vnii  l'tjtiiiig  das  bewussto  Decret  zuschicken,  welilicm  ich 
auch  in  li'tc  siippositr»  es  gPHchrit'l)»'ii  luibe  pro  T"".  Pro  2*^^  erinnere 
ich  Euch,  dass  Nachmittag  der  Bi.^*  lud  vou  R^iab  bei  mir  gewest  und  sich 
ziemlich  wohl  bezeiget,  doch  seine  Hungurismos  mit  darein  gemischet 
hat.  Kein  anderer  hat  noch  Dato  nicht  zu  mir  verlanget.  Ist  also  die 
Frage,  quid  faciendum?  Und  ob  die  Gonferenz  morgen  noch  zu  Imlten 
Mi?  Will  also  von  Euch  erwarten,  was  Ihr  vermeint,  dass  ich  thuen 
Mlle.  8*.  Schicke  ich  Euch  dies  Bitlet  von  Nostits,  werdet  darob  sein, 
damit  dem  Banner  geholfen  nnd  der  Sachen  recht  auf  den  Grund  ge- 
fielMn  werde.  Und  ich  verbleibe  Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

LXV. 

Ebersdorf,  26.  September  1671. 

Lieber  Fürst  Weilen  einige  Schriften  eingelaufen  sein,  so  habe 
Ith  solch«'  Euch  zuschit  kt'M  vv«dleii.  Und  ist  ahfondorlich  seltsam,  was 
v«ft  der  Abtei  Öigburg  einlaufet  und  wüi'de  einem  bald  die  Lust  vergehen, 
ein  gewählter  Kaiser  zu  sein,  wann  ein  jeder  Fürst  keinem  den  Respect 
ballen  solle.  Stelle  Euch  anheim,  ob  Ihr  davon  wollet  mit  Schwarzenberg 


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iiu«i  Konijrsep^  communiciiou.  an  et  quid  sit  lacit  ndnni?  So  zweifle  i»  h 
iiiclit,  der  ilot'kim/ler  werde  Kiich  referiit  haben,  was  zwiatli'.n  1)1111  und 
(Jrenionville  pussirt  ist.  I8t  aromaticuni  negotium;  wollet  Euch  t-ia  wenig 
niit  dorn  llofkan/.Ier  untorredtii,  was  feiuers  zu  thiieu  s^i.  üud  verbleibe 
Euch  anbei  mit  kais.  Ilulden  und  Ouaden  gewogen. 

Leopoldfc. 

LXVI. 

ao.  Hin  1672. 

Lieber  Fftrst.  Hiebei  das  Billet,  so  die  morgige  PropositioiL  in  sieh 
haltet  Wollet  also  in  Gottes  Namen  solche  fortsetzen,  zweifle  nicht,  dsss 
es  gar  einen  guten  KiTect  haben  wird,  et  spiritus  sanctus  nobis  assistet. 
So  schicke  ich  Euch  auch  ein  Schreiben  regis  Foloniae,  so  sammt  des 
Stoems  Relation  auch  bald  eine  consnlta  bedürfen  thnen.  Fflrwahr  das 
Polnische  Wesen  stehet  flbtd  aus,  und  ich  kann  es  nicht  also  gehen  lassen, 
dann  meine  Blntfreundschaft.  eigene  Sicherheit  und  Convenienz  lassen 
mir  es  nicht  zq.  Ist  Polen  hin,  so  kommt  das  beneficiam  ordinis  amf  uns, 
und  praevideo,  dass  Gallus  viel  thuen  wird,  wann  man  ihm  alles  wird 
angehen  lassen«  Ich  bekenne,  es  geföllt  mir  praecise  der  Status  gar 
Abel.  Und  ich  verbleibe  Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

Kann  die  Oonferenz  Vormittag  nicht  fertig  werden,  so  kann  man 
den  Nachmittsg  auch  daran  setzen  oder  die  passus  auf  einen  andern  Tag 
remittiren. 

LXVU. 

30.  Mai  1672. 

Lieber  Först.  Hiebei  schicke  ich  Euch  des  von  Anhalt  sein  schrift- 
liches Anbringen  und  vermeinte,  dass  wann  os  Euere  Gesundheit  zu- 
liesse,  morgen  Nachmittag  daröber  bei  Euch  könnte  eine  Oonferenz  ge- 
halten und  dabei  das  foedus  Suecicum,  des  Lisola,  Goes,  Grana  und  andere 
publica  vorgeiKtmmen  worden,  wie  Ihr  os  am  benten  erachten  werdet.  So 
schicke  Euch  hiebei  allerlei  ander«'  S<  hrift«*n.  wie  auch  ein  Schreibon  von 
Bischof  Xolonitsch  und  wollet  bedacht  (sein),  wat!  man  mit  den  Pres- 
burgern  anheben  solle.  Und  weilen  Euch  de.^  Oborsljägermeisters  Tod 
bewusst  ist  und  ich  selbe  carica  nicht  lang  unersetzt  lassen  kann,  auch 
Euch  vor  diesem  meine  Intention  von  dem  Grafen  Wilhelm  von  Oettingen 
eröffnet  habe,  als  habe  Euch  nochmals  befragen  wollen,  ob  Ihr  noch 
dieser  Meinung  verharret.  D«'i  >tyliis  ist.  .lass  man  dem  neu  angehenden 
Jftgermeister  ein  Decret  von  der  Hof  kauzlei  ausstellet.  Wann  ihr  aber 


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noch  vorln»ri>  es  ihm  von  Üt'ttingt'ii  ainiMutoii  wolltot.  bin  ich  wohl  zu- 
frieden und  könnte  e»  morgen  beschehen.  Doch  will  ich  noch  eho  Euere 
Antwort  erwarten,  wie  auch,  ob  Ihr  die  Coufereuz  halten  könntet.  Doch 
nehmet  Euere  Gesundheit  wohl  in  Acht,  dann  an  selber  mir  auch  nicht 
weuig  geli^eu  iet  Verbleib«  fibrigene  Euer  gDudignter  Herr. 

Leupuldt. 

LXVIII. 

Ultiiiin  Mai  1672. 

Lieber  Fürst.  Euer  Billet  habe  ich  empfangen,  und  bin  wohl  zu- 
frieden, das8  die  Tonfercuz  verschoben  verblieb«o,  dann  Euere  Gesundheit 
ich  über  alle«  verlange.  So  ist  derweil  von  Euch  gar  wohl  disponirt 
worden,  dass  Indessen  der  Hofkanzler  mit  dem  von  Anhalt  praelimi- 
narit<>r  conferire,  m  wird  sodann  leichter  zu  conferiren  Hein.  lugleichen 
bleibt  efe  bei  dem,  da.ss  Ihr  dem  von  Oottingen  die  Resolution  anzeiget 
und  dem  Hofkanzlor  die  gewöhnliche  Expedition  befehlet.  Und  wann 
Ihr  kein  Bedenken  hättet,  so  wollte  ich  morgen  mit  den  3  übrigen  Con- 
ferenz-Räthen  des  Pötting  relatione«  cousnltiren,  wollen  molken  die 
ordinari  in  Spioien  gehet,  damit  das  filum  negotii  bleibe,  und  werde  dem 
Schwarzenborn:  morgen  befehlen,  Euch  hodaun  von  allen  in  refeiiroil. 
Schliesslichen  lege  ich  Euch  hiebei  diese  Schriften  und  verbMbe  Buer 
gnädigster  Herr. 

Leopbldt. 

LXIX. 

I.Jiini  167S. 

Lieber  Fürst  von  Lobkowitz.  Der  Pater  Kiiwrirli  hat  mir  ein  Billet 
gebracht  iiiiil  wird  Ein']i  mit  mehreren  meine  M^nmuiL'  hinterbringen. 
Habe  doi-)i  alloiii  liii'lw'i  so  viel  l»ernhrf«n  wollen,  diiss  i«  h  wühl  zufrieden 
bin,  da.ss  nuui  t  veiiluiiliter  mit  dem  Hot'kammerpnisid<'nt>  ii  von  des  rol- 
legii  Best'  Uiinir  rede.  sodan:i  nn  !)  sich  näheres  mit  dem  Deutschnii  ister 
vernehme.  Ich  vermeine,  liir  haijet  um  vorniHl  M»dbst  otliche)iinl  gesagt, 
da,ss  Ihr  »«ben  dieser  Gedanken  si  i-  t.  man  müsse  vuilioi  iiber  das 
Werk  mit  den  anderen  Käthen  b  lil»eriren*  nt  omnia  magis  justilicentur. 
ut  odia  sine  causa  evitentur;  man  darf  ^'bon  nicht  der  Deputirten  ihre 
Relation  vernehmen,  quod  ipse  mininn' jn  ii«  «,  sondern  nur  die  substan- 
tialia  eröffnen,  und  sodann  andi  tias  ^irojectum  instructionis  überlegen. 
Dann  wann  man  sonsten  gb  icli  resolutive  gehen  s(dlte.  so  würden  viel- 
leicht eben  die,  so  nicht  davon  wiiiäeu,  tricas  daium  machen;  und  mir 


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498 


hat  ni:in  all/oit  fr^fa^rt,  f^ns  sei  nur  ein  Pröj>  i  t.  »'im'  VnrnrT>«it,  nachher 
müsse  man  dio  Saclicn  coiisiiltirnn.  T-'s  wird  abor  godarhtor  P.  Emorich 
ein  infbroros  iiagou,  wohin  ich  mich  beziehe.  Sodann  koninion  oinicre 
Ungarische  Schreibf»n.  Die  Posonif^nscs  haben  Andien/  bcfrohrt.  wollen 
sif»  abnr  condemnirt  worden,  so  habo  ich  Bedenkon  frehabt  und  ihnen 
sagen  lassen,  sie  sfilloii  ihie  Nnthdnrft  schriftlich  halten,  und  wird  mao 
sodann  sehen  müssen,  quid  faciendüm,  und  vcrdi  i  st  (piid  archiepiscopo 
Strigoniensi  jubendum  sit?  So  hebt  der  Fürst  von  Anhalt  an,  gar  unge- 
duldig zu  worden,  will  wiederum  bei  mir  Audienz  haben,  also  vermeine 
ich  (wann  es  ja  Euere  Gesundheit  zuliesse),  dass  morgen  oder  längst 
übermorgen  diese  Sachen  Nachmittag  consultirt  und  ex  fundamento  de- 
liberirt  würden,  quid  faciendüm.  Hieltet  Ihr  davor,  dass  Montocuccoli 
dabei  sein  sollte,  bin  ich  auch  wohl  zufrieden  Dabei  können  dir  publica, 
Lisola,  Goes  et  atia  considerirt  werden.  Es  hat  auch  legatus  Hixpaniae 
mich  angetrieben,  eine  Resolution  zu  fassen,  und  es  gibt  ps  ja  einmal  die 
Noth  selbst  an  die  Haml,  wann  wir  nicht  wollen  sehen,  dass  rex  G.iUiae 
uns  Über  dorn  Kr»pf  sitze,  quod  ego  certe  nuUo  modo  pati  volo.  Allein 
muss  man  sehen,  dass  es  mit  Fundament,  Bestand  und  Sicherheit  be- 
stehe, mit  Dilationen  und  Fingirnng  lasse  es  sich  nicht  richten.  Hoffe, 
Dir  werdet  so  wohl  auf  s*^in,  dass  Ihr  werdet  die  Conforenz  halten 
kdnnon.  Und  verbleibo  Euch  mit  beharrlichen  kaia.  Hulden  und  Qnaden 
gewogen. 

Leopoldt. 

LXX. 

4.  Juni  167«. 

Uiohnr  Fürst.  Aus  Euerem  Hillft  li.ilic  ich  den  Progress  der 
gestrigen  Tcuiferenz  gern  versüinden.  Wegen  <l<'r  Driuitation  mit  An- 
halt, wann  Ihr  f»s  selbst  nicht  veiTichten  kiinntci,  ."^^o  tnir  am  liohston 
wävo,  bin  ich  wolil  zufrjf»dr>n.  da^^s  stUic  durch  den  Muntocuccoli  und 
Hof kan/h'i-  geschehe.  Allein  nieino  icli,  wird  (iio  trestrii^e  ContVi-enz  mir 
nvM'li  viuhor  roforirt  worden  müssen,  ut  ec«  saltoni  sciaui.  quid  cum  An- 
haltino  tractandum  sit?  Sn  schicke  ich  Kuch  auch  ein  Schreiben  vom 
Erzbischof  und  wird  man  wühl  urhen  müs.sen,  !  sit  agendum?  Die 
Prosshurger  haben  noch  nichts  eingegeben;  hingegen  urget  archicpi- 
scopns:  woiss  ich  nicht,  oh  es  eine  Conferenz  bedürfe.  Dor  Hofkanzlor 
liegt  zwar  am  Podagra,  hottet  aber  dessen  bald  !<>s  tn  worden.  Übrigens 
wünsche  ich  Euch  die  Erholung  der  Gesundheit  und  verbleibe  Euch  mit 
kais.  Uulden  gewogen. 

Leopoldt. 


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LXXI, 

10.  Juni  1672. 

hichev  Ftirst.  Bei  der  heiuo  haltemioa  Cunferoaz  vermeine  ich, 
werden  narhf  lgendc  piincta  zu  doliberiren  soiu,  nh: 

1*".  Was  jfingst  durch  den  Hontecnccoli  und  Uofkanxler  mit  dem 
fon  Anhalt  gehandelt  wordu!,  ob  und  was  noch  femer  xa  thoen  sei. 

2*.  Ob  und  was  man  davon  dem  Spanischen  Gesandten  allhier  und 
dem  Ton  POttini^  in  Spanien  zu  communiciren  und  au  befehlen  sei. 

8^.  Weilen  Or^monTille  stark  mit  dem  Hofkansler  exchunirt,  wie 
man  sich  mit  ihm  zu  Terhalten. 

4^.  Ob  dio  durch  den  Kanzler  mit  dorn  Daaischon  ovcntualitor  ab- 
gehäudelte  puncta  zu  approbiiou  und  was  ferueis  mit  ihm  Dauiscben  zu 
handeln. 

5*".  Was  man  ferners  mit  den  Holländern  tractiren,  auch  dem 
Linola  befehlen  solle. 

6*.  Wird  man  de  foedere  Sueco-Gallico  reden  mOssen  und  ob  nicht 
deswegen  auch  generaliter  mit  dem  Puffendorff  xu  roden.  Weilen  auch 
der  Hof  kanzler  impossibilitirt  ist,  zur  Conferenz  zu  kommen,  also  habe 
ihm  befehlen  lassen,  seine  Meinung  schriftlich  zu  erOlTnen.  Sollten  auch 
die  puncta  nicht  alle  heute  können  absoMrt  werden,  so  kann  dio  Con- 
ferenz morgen  frflh  continmrt  werden.  Und  ich  verbleibe  Buer  gn&- 
digster  Herr. 

Leopoldt 

LXXU. 

14.  Juni  1672. 

Lieber  Fürst.  Ich  bin  von  Herzen  froh,  dass  der  Ffirst  von  Anhalt 
80  content  abreisen  tiiuet,  hoffe  wohl,  es  solle  viel  Gutes  ans  diesem 
Werk  folgen.  Und  werdet  Ihr  aus  den  Beilagen  sehen,  was  sowohl  der 
Markgraf  Hermann  selbst,  als  auch  der  Graf  Albrecht  von  Sinzendorf 
nomine  imperatricis  vidnae  in  der  bewnssten  Hateri  angebracht.  Con- 
f«88o  che  mi  trovo  imbarazzato  uud  nicht  ohne  Ursache.  Werdet  also 
mir  an  die  Hand  zu  gclM  ii  wissen,  \va.s  ich  thuen  Bollo.  Uud  verbleibe 
Euch  mit  beharr Ucücu  kuis.  Hulden  gewogen. 

Leopoldt. 

Lxxm. 

21.  Juni  1Ö72 

Lieber  Fürst.  Nachdem  abermals  allerlei  publica  ad  deliherandum 
Torbanden  sein,  als  (wann  Ihr  vermeinet)  könnte  heute  Nachmittag  eine 
Conferenz  gehalten  werden»  und  könntet  Euch  mit  dem  Hofkanzler,  so 


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• 


ÖOO 

zwar  aiiiftzo  da  im  ii'atli  i^t.  v<M-n<»hin«>!i.  was  7,11  di'lÜM'i  ii  »üi,  Ocusionaliter 
mnss  man  wicilcnuu  ledHii,  qiii<l  atrcnilum  ciini  '^r*'iiiiinvil!p.  Puffendorff 
ot  Hollaiulo.  SuinTna  i«t.  (la.-«'^  (ialli  i'iuiiiai  viel  Fuss  im  Keiche  fassen, 
Uütl  dass  mir  das  Hi'iv,  \s.  Mf.  dass  <u\>  m»  )  ini|it'riü  Gallus  also  av.in- 
tagircn  Holl«».  Ii  ii  h»dl\?  ahcr  mit  I  jit  icr  l>ii«'<;tioii  und  anderer  iiathe  Kin- 
ratht'ii,  wollen  wir  woh!  (»Inctanu  n ;  uIUmh  mniiiif  ost  a^hnovenda  operi, 
wir  ich  dann  Euch  alh's  in  iinsttdl»',  mich  vüllig  auf  Euch  verlaöSö  und 
allzeit  Euer  gnädigster  Herr  verbleibe. 

Leopuldi. 

LXXIV. 

Lwlier  FttFüt  von  Lobkowite.  Ich  habe  gar  g«>rae  ▼«rstandes,  da» 
die  Conferenz  so  wobl  abgelaufen,  und  will  mir  selbige  heute  nach  der 
Vesper  vortragen  lassen.  Habt  Ihr  nocli  was  dabei  xu  erinnern,  so  wollet 
Ihr  es  thnen,  hernach  werde  ich  Each  durch  den  Abele  alslmldi  roferiren 
hissen,  wie  es  ab^elattfBn.  So  hat  aucli  der  Ungartsdie  Kanzler  mir  alles 
referirt,  und  appi  obire  ich,  dass  der  Krzbtschof  bald  herkommen  solle, 
allein  tnyss  mau  sehen,  dass  wann  der  Deutschmeister  eodem  tempore 
hier  sein  wQrde,  dass  er  nicht  tmibarazos  gebo.  Augestern  hat  der  Gas* 
coni  bei  mir  Audienz  gehabt  und  gebeten,  ich  wollte  ihm  ministros  b»- 
nennen,  mit  welchen  er  negntiiren  solle;  also  habe  Ich  Euch  benannt 
und  völlig  uu  Euch  gewiesen.  Stehet  also  bei  Euch,  oh,  wann,  wie  and 
mit  wem  Ihr  ihn  weiters  vernehmen  wollet.  Ingleichen  hat  auch  der 
Conto  Oualdo  mich  gebeten,  weilen  der  Mayerberg  nicht  allhier  sei,  kk 
wollte  dem  Nieder-OestOTreiohtschen  Itcgimentsrath  Bottoni  befehlen,  ihm 
zu  aesjstiren,  und  meinte  ich,  er  würde  hiezu  gar  tanglich  sein.  Wann 
Ihr  also  nicht  ein  absonderliches  Bedenken  herwlder  hattet,  so  wollet  Ihr 
dieses  ihm  Bottoni  anbefehlen  und  dem  Gualdo  dessen  erinnem.  Letztiich 
schicke  Euch  ein  Schreiben  von  Goes  und  ist  auch  ein  Schreiben  von 
Kur ■> Brandenburg  eingelaufen,  in  welchem  der  den  Franzosen  Einfall, 
wie  er  ihn  nennt,  in  das  Clevische  notificirt  nnd  bittet,  die  Sache  auf 
Kegeu:>burg  kommen  zu  lassen.  Ich  verneinte  (wann  Ihr  es  approbirt), 
ich  wollte  selbiges  an  die  Rcichstagi^cuufei'Ottz  romittiren  und  verbleibe 
Euer  gnädigster  Herr. 

Leopoldt. 

LXXV. 

2.  Juli  1672. 

Lieher  Fürst.  Icii  iiabo  liiier  Uillel  samuil  dem  Aufsatz  dt  r  Hof- 
btatt  zu  der  ]S^'m  empfaugeu,  vermeine  auch,  et>  könne  iu  allem  dabei 


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verbleiben,  ansser  dass  alle  HofdainnR  mit  werdent  weilen  es  überall  gute 
Loäirang  bat^  aoeh  der  Färst  von  Dietrichbtein  es  selbst  verlangt.  Wann 
mir  auch  aunoch  was  einfallen  sollte,  so  werde  ich  es  nicht  unterlassen» 
Ench  bei  Zeiten  zu  erinnern.  Fnd  vvcilen  sowohl  Stoem  heilte  allerlei 
aronrntica  eingelaufen,  uu*]  auch  des  Goes  .Schreiben  da  ist»  80  gebe  ich 
Euch  anheim,  ol)  nicht  ehistens  selbige  in  einer  Conferens  vorannehmen. 
Ingleichen  wird  aiu  h  '  ine  andere  in  negolif»  Posoniensiuin  gehalten 
werden  müssen,  weilen  der  Erzbischof  schon  alihier  ist.  So  wird  bei  der 
DentschmeiBters  Anwesenheit  emilirh  lüe  von  Euch  selber  approbirte 
Hntiptconferenz  in  Hungaricis  zu  befördern  sein.  Verzeihet  mir,  da«8  ich 
Kiirli  so  viil  Arbeit  aufgebe,  allein  weilen  nun  die  Nikolsburger  Kirch- 
fahrt herzunahet,  so  wollte  ich  gern  ehe  alles  despartiren,  damit  ich  so- 
dann mit  ruhigem  Herzen  fortreisen  möge.  Hoffe  auch  und  wünsche  es 
von  Herzen,  dass  Ihr  bald  TöUig  restituirt  sein  mühtet.  Und  verbleibe 
Euch  mit  kais.  Hnlden  gewogen. 

Leopoldt. 

LXXVI. 

Ad  P.  Emericttm  (^pQcinmn,  6.  JalU 

Beverende  in  Christo  Pater.  Audio  principem  a  Lobkowitz  fuisse 
vatde  tnrbatnm  ob  conferentiam  heri  babitam,  ei  uUns  habet  cnlpani  rei, 
qoae  fait  mere  accidentalis,  Ego  Ut«  som.  Nam  cnoi  ob  mala  nova,  qnae 
ex  Polonia  Tenenint,  valde  torbatos  faerirat  et  ad  imperatrids  Eleo- 
norae  instantiam  aliqaid  reaolrere  necesse  jodicabam,  sie  misi  per  (pro) 
Abele»  et  cum  venisset,  subito  dedi  literaa  ad  decifrandum.  Interim  ad 
luerandam  tempus  curaTi  Tocari  consiliarios,  animo  id  signiftcandi  prin- 
dpi.  Post  babltas  literas,  quae  cum  primum  mihi  post  septimam  allatae 
fherint»  non  erat  ampUns  tempus,  et  ut  Terum  fatear,  etiam  oblitus  Ali. 
In  eonferentia  memor  factus,  subito  id  mihi  evenit,  et  post  conferentiam 
misi  Abelium  ad  principem,  nt  illi  omnia  referret,  et  etiam  excusaret,  cum 
antea  ilU  nil  did  cnmrerim.  Haec  est  spedes  fecti.  Hoc  T.  B,  signi- 
ficare  Tolnl,  nt  sit  informata  de  omnibus»  et  principi  monstret,  mihi  nec 
in  mentem  avenire  illins  omissionem,  sed  partim  ob  brevitatem  temporis, 
partim  ex  obliYione,  partim  etiam,  quod  mdiderim,  eum  vesperi  non 
posse  venire»  id  accidisse.  De  reliquo  cgo  vere  amo  illnm,  et  omnia  rea- 
liter et  confldenter  Uli  confldo.  Wann  er  ihm  sodann  was  änderst  ein- 
bildet, kann  ich  nicht  danror.  Hi  Pater,  animet  illum,  et  ista  e  mente 
dispellat.  Ego  antem  me  V.  B.  commendo. 

Leopoldus. 

(Descriptum  ex  copia.) 


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60S 


LXXVU. 

Wolkemlurt,  14.  Juli  167«. 

Lieber  Fürst.  Bei  meiner  gestrigen  Abreise  habe  ich  vergessen, 
£acli  M  sag^n,  dass,  so  oft  Ihr  mir  schreibet  oder  Schreiben  schidcen 
werdet,  Ihr  es  auch  der  Frau  Aya  erinnern  wollet,  damit  sie  uns  Ton 
unserer  Tochter  auch  berichten  möge.  Übrigens  sind  wir  gestern  um 
nenn  Uhr  wohl  jillhier  anj^'i  lnt't  iin,l  ist  es  heute  ein  gar  schönes 
Wetter.  Verbleibe  ftbrigen»  £ucb  mit  beharrlichen  kais.  Hulden  ge- 
wogen. 

Leopoldt. 

Lxxvm. 

WUlfemdorf,  15.  .Inli  1G7J. 

Lieber  Für«t.  Euer  Schreiben  haln.  ich  •■miifani.^'n  und  daraiis 
versiandon,  wie  wohl  die  nogotia  expodirt  worden,  aus  welchen  Euer  Itc- 
ständijrer  FIftiss  und  Application  erscheinen  thuet.  ich  auch  damit  ihm 
wohl  zufrieden  bin.  Die  «jesrhii  kte  liatification  kommt  zurück.  Übrigens 
gehet  nnspre  Reise  wohl  hinein;  allein  ist  es  heute  gar  windig,  auch  ein 
Regen  zu  besorjron.  Pnf  Hans  allhier  ist  gar  holdselig;  nach  welchem 
ich  schliesse  und  Euch  mit  beharrlichen  kais.  UulüftQ  und  Gnaden  ge- 
wogen verbleibe. 

Leopoldt. 

LXXIX. 

Nikolsburg,  17.  Juli  1672. 

Lieber  Fürst.  Der  Abele  ist  gestern  um  8  Uhr  schon  allhier  ge- 
west  und  al.st)  gezei'jrt,  dass  er  so  ein  guter  Kurier  als  Secretari  ist,  und 
hat  mir  Euer  Schreiben  sammt  den  Beilagen  gebracht,  auch  gar  aus- 
führlich referirt,  was  in  dieser  Zeit  gehandelt,  auch  wie  die  Conferenzen 
ab^'eiaiifpn.  Wie  ich  nun  daraus  Eueren  Fleiss  sehe,  und  wie  applicirt 
Ihr  in  meinen  Diensten  seiet,  also  sage  ich  Euch  gnädigen  Dank  und 
werde  es  gegen  Euch  in  kais.  Gnaden  erkennen.  Gottlob,  dass  die  Hun- 
garica  sn  wohl  abgelaufen,  so  ich  es  allein  Euerer  guten  Direction  zu- 
schreiben thue.  Hi^  niit  schicke  ich  Kndh  einige  Schriften,  wie  auch  einen 
Brief  an  den  Grafen  von  Mannsfeld,  weilen  seine  Mutter  die  Aya  gar 
übel  auf  sein  solle.  Sonsten  sind  wir  alle  wohlauf  und  haben  haupt- 
schöne divertimenti.  In  summa  ich  raste  recht  a  meo  munere.  Eisgrub 
ist  wohl  eine  aus  den  schönsten  Sachen,  so  ich  mein  Lebtag  gesehen 
habe.  Verbleibe  fibrigens  £oer  gnädigster  Ken*. 

Leopoldt. 


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5üa 

KlewM  Zettelchen  ohne  Datum  (1679). 

Lieber  Fflret.  Die  Beilage  des  Gnudscheii  8cbreil»en  wollet  Ihr 

alsbald  üborsotzon  la.sson.  Kox  mala  volvit;  man  muss  zur  Sache  thu«^u, 
Siinht  gcscliiekt  uiui,  was  UuUaudis  geschchou. 

LXXXl. 

Eberadorf,  5.  September  1672. 

Lieber  Fürst.  Ich  l)in  vor  oiiior  Stunde  allhier  glutklich  angelangt 
und  habe  alsobald  (!•  i>  Brief  ad  regem  Galliae  abgeschrieben,  welchen  ich 
Euch  hiemit  beiscUliesse  sammt  den  beiden  Goncepten.  Meine  wohl 
wenigen  Correcturen  sind  auch  in  dem  Enrigen  m  finden»  obwohlen 
wenig  darin  sn  corrigiren  war,  weilen  Ihr  selbigen  gar  wohl  eingerichtet  . 
habet.  Wollet  also  machen,  dass  der  Hocher  selben  dem  Honsienr  Gr^- 
monville  gebe  and  ihm  dasjenige  mflndlich  vorbringe,  was  in  der  jflngsten 
ConfereDR  geschlossen  worden.  Übrif^ens  recommandire  ich  Euch  die 
heut«'  apuntirteu  uegotia,  absuud<uiicli  abur  dio  Hiingarica  wegen  des 
Deutecbineist^rs.  Und  verbleibe  Euch  mit  kais.  Uulden  gewogen. 

Leopoldt. 

LXXXU. 

6.  September  1672. 

Lieber  Ffiisl.  Gleich  jetit  ist  vom  EnrArsten  Ton  Sachsen  ein 
Kavalier  kommen,  der  von  Schleinits,  nnd  hat  mir  dies  Briefl  gebracht, 
BO  eicQsationes  in  sich  hAlt,  warum  er  nicht  mit  meiner  armada  Völker 
schicken  kann.  Und  weilen  es  su  der  Conferenz  taugen  m^te,  also 

habe  ich  e8  Euch  alsbald  schicken  wollen.  Der  von  Schleinitz  sagt, 
Mannsfeld  werde  fibermor^'en  fol^'on  KriniuK!  Euch,  nicht  zu  vergessen, 
in  der  ('onft  rcn^  nd  «bdilMMuiiilimi  zu  proponiren,  wie  man  sich  mit  Krdn 
unä  Münster  verhalten  solle.  Und  verbleibe  allzeit  Euch  mit  kais.  Uulden 
gewogen. 

Leopoldt. 

Lxxxm. 

Ebersdorf,  20.  September  1672. 

Lieber  Fürst.  Hiebei  die  decifrirte  Relation  des  (ienerallieutenant^i 
sammt  den  punctis  in  conferentia  propositis  un»l  darauf  gefolgter  Reso- 
iation,  so  ich  Euch  schicken  wollen,  damit  Ihr  di«  Conferenz  halten 
nSget.  Es  liegt  wohl  viel  daran,  also  wollet  Ihr  alles  wohl  deliberiren 


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504 


und  consultiren.  So  hnho  ich  auch  die  Schreiben  vom  ErzbiboliMf  l)e- 
kommen,  so  in  2  puuctis  bestehet,  den  statum  publicum  und  seine  Frivat- 
klage  contra  cancellarium.  Was  diess  anbelanget,  wollet  Ihr  sehen,  dass 
er  consolirt  werde.  Die  publica  betreffend  vermeine,  sollte  man  halt  auch 
was  mit  den  Ungarn  (^fliberiren,  ne  p^ssint  acrijiero  praetoxtnm,  sc  osse 
plane  abjoctos  rt  omni  riiinae  expositos.  Und  weilen  ich  xweill»',  ob  die 
Conferenz  fertig  worden  wird,  so  stollp  ich  Ench  anheim,  ob  Ihr  selbe 
gleich  übermorgen  fortsetzen  und  contiuuiren  woilt  t  V  In  taü  casu  wollet 
Ihr  alsbald  bei  Eigenem  erinnern,  dass  ich  wisse.  ich  am  Konners- 
tap  Rccreation  habo;  casu  autem  nou  conti nuanda  confereniia,  wollet 
Ihr  in  geheimen  Kath  heraus  ansagen  lassen  derjenigen  Expedition, 
so  was  haben  wird.  Ihr  werdet  schon  alles  recht  zu  disponiron 
wissen,  und  ich  verbleibe  Euch  mit  beharrlichen  kais.  Uuiden  gewogen. 

Leopoldt. 

LXXXIV. 

Ad  P.  Emencam  Capucintun.  Vieniwe,  19.  Decembris  1672. 

Beverende  in  Christo  Pater.  Becordabltar  B.  V.  me  jam  ferme 
triboa  menaiboa  comiti  a  Poeiting  dediase  licentiam,  ut  proximo  vere  hnc 
ad  meam  anlam  redire  poesit.  Notam  ettam  est  V,  B.,  meam  inteatlonem 
et  firmam  rasolntionem  Semper  fuisse  et  adhnc  esse»  ut  loco  praedicti 
comitia  jam  in  Hiapanias  pro  legato  mittatur  comes  Ferdinandus  ab 
Harrachy  et  hoc  qnidem  maiime  ex  eo  capite,  quod  dictum  comitem  aliquo 
modo  conaolari  velim,  eundem  vero  ad  consiliariatum  intimum  jam  pro- 
mo?ere,  minima  e  mea  re  osaet.  Jam  rellem  hanc  resolationam  in  oibc- 
tnm  dedueere,  et  ipsam  comiti  ab  Harrach  notam  facero.  Hoc  vero  ex 
offtdo  anpremnm  aulae  praefectam  dncem  Saganeusem  ooncerait,  sie  V.  B. 
hoc  comfflittere  volui,  ui  dicto  principi  de  Lobkowits  hanc  meam  mentem 
patefiKeia»  eidemque  meo  nomine  injnngere  velit,  nt  hanc  resolotionem 
dicto  comiti  qnam  primam,  et  vel  maxime  hac  tota  septimana,  vel  im- 
minentibna  festis  natalibus  intiroare  voUt,  ut  proximo  veredario  haec  in 
Hispaniam  acribi,  et  dictus  comea  Interim  se  parare  possit  ad  hoc  iter 
proximo  vere  infallibiliter  aggrediendum.  Nec  pnto  dncem  Saganensem  ha- 
bitunun  difficnitatem,  cum  ipse  olim  ferridissime  dictum  comitem  pro  hoc 
munere  mihi  commendaverit.  Hisce  me  B.  V.  precibus  eommendo. 

Leopoldua. 

(Desci'ipium  ex  copia.) 


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öüö 


LXXXV. 

Wien,  19.  Juni  167«. 

Lieber  Fürst  vou  LobkowiU.  Euch  ist  vorhiu  wohl  bekannt,  in 
was  betrübten  Stund  mich  dio  ^r>ttlichu  Allmacht  (durch  den  gar  zu  fruh- 
loitigwi  and  bAchstsGliiiienli^heii  Todesfall  meiner  henliebBten  GemabUo 
hochseliger  Gedftchtmss)  geaetst  hat.  Und  obwohlen  das  Leid  annoch  so 
groeSy  vaek  die  Wnnde  also  frisch  ist,  dass  ich  annoch  nicht  wohl  einigen 
Gedanken  %n  neaer  Heiratii  haben  kfluno;  so  werde  ich  doch  von  allen 
Orten  aebr  angetrieben,  absonderlich  aber  von  Ihr  päpstlichen  Heiligkeit 
als  Patre  nniTersali,  auch  meiner  Frau  Schwester,  der  Königin  in  Hi- 
>[)aniL'ii.  ^.i;  krallig  iiiigeiiiahnt't,  dass  ich  endlich  mich  werde  ciit- 
schü^i»i»ea  inüüfeeu,  ad  bucunda  vota  zit  schielten.  Habe  also  bicniit  Euch 
gnädigst  befehlen  wollen,  in  don  iiaciisteu  6  Tagen  Euerer  o))lKibi'aden 
Pflicht  gemäss  mir  ein  schriftliches  und  klaies  Gutachten  ganz  iibere  zu 
geben,  was  für  eine  Prinzessin  ich  su  meiner  künftigen  Gr^mahlin  er- 
wählen solle.  Hieran  erstattet  üir  meinen  gnildigsien  Willen  und  Ich 

verbleibe  Euch  mit  kais.  Hulden  and  Gnaden  gewogen. 

  Leopoldt.  ^ 

'  Copia  der  fürstlichen  Autwort  de  dato  Wien,  22.  Juni  J678: 

AllergDüdigHter  Kaiser  und  Hetr.  Aus  Euer  kait.  H«y«stlU  em- 
pfkageaem  gnädigstem  Billet  vom  19.  Juni  habe  gehonaouit  Tentanden, 
den»  naehdeni  die  göttliche  Allmiicht  durch  den  hOchstsehmeinilichen 
Todenlall  Dero  henliebsten  Fran  Gemahlin  hochaoliger  Qedllehtnin  Euer 
kais.  lla|eetit  in  so  ])etri!t)ton  Stand  gesetzt,  dass  ob  Sie  zwar  wegen 
noch  grossen  Leides  und  frischer  Wunden  nicht  wolil  einige  Gedanken 
zur  nmipn  licir.'ith  haben  können,  Etu  r  kais.  MajesätMt  joiloch  von  alhni 
OittMi  an^'otridbon,  absonderlicli  ;iI>.t  IIiil'  i>;ij»siliche  Heili^'kcif  Jil.s  Patre 
universali.  auch  Dero  Frau  .Schsvestor,  Ihre  Majestät  der  Xünigin  in 
Hiüi^auieu,  krallig  angeniHlinet  werden,  Euer  kais.  Majestät  sich  eudÜch 
eniichUessen  miUsen,  od  secuods  vota  m  schrttiteu,  uud  daheru  gnädigst 
ansabefehlen  aicb  gefallen  lassen,  meiner  obhabenden  Pflicht  gonOUa  in 
denen  nicbsten  6  Tagen  ein  schriftlichM  und  klares  Gutachten  gans  libere 
tu  geben»  was  fttr  eine  Prinzessin  Sie  snr  kflnfUgen  Frau  Gemahlin  sn 
erwihUa  bitten. 

Gleich  wie  nun  zuvorderst  dem  AllerhUchsteu  gebührendei  Dank 
zu  entatten,  dass  vermittelst  dessen  Euor  Majestät  kau«.  Gemiithe  allhin 
geleitet  wonlpn,  diese  hoch!?^blii'hp  Hc^olntion  zu  Dero  h?iclist  orlonclitoten 
Er/.lj,'niso>  in  der  Cliristonheit  Ni>*luhirtf  und  I'oHtfn  zu  srliöjift^u,  daau 
aiK-li  Derselbe  überhäuften  f^i-^'cn  und  Uuad  vou  oben  Iterab  ferners  ver- 
leihen wolle,  diesemnach  weites  und  kann  bei  meinem  guten  Gewissen, 
eieh  SU  imtertliänigster  Folge  der  verpflichteteu  Schuldigkeit,  womit 
Euer  kais.  M^jestit  verbanden  bin,  su  keiner  anderen  Prinaessia  ich 
aiomizatiieB,  als  an  der  Frauen  Claadia  Feiice  Onrehlanehti  bei  wacher 
alle  di^enigen  ▼ortreffliehen  Qnalititen  conconiien,  die  vem  Himmel 
AicUv.  LZXZ.  Bd.  II.  Bilft«.  83 


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606 


LXXXVl. 

ZtiAim,  17.  September  1673. 

Lieber  Ffirst  von  Lobkowitz.  Nachdem  ich  nicht  sweifle,  (dass)  Ihr 
schon  zu  Wi«n  sein  werdet,  also  habe  ich  Euch  biemit  gnädigst  grflssfn 
nnd  beinebens  eriDoera  wollen,  dass  ich  meine  Beise  Gottlob  in  allem  bis 
Dato  gar  wohl  sogebracht  habe,  auch  mich  gar  wohl  befinden  thue.  Bin 
gleiches  will  ich  auch  von  Eacb  verhoffen.  Am  Brchtag  abends  werd<» 
ich,  wills  Gott,  an  Wien  anlangen  nnd  in  der  FbTorita  das  Nachtmahl 
nehmen.  Zu  Wien  kann  ich  mich  nicht  Iftnger  dann  6  Tage  aufhalten, 
dass  ich  bei  Zeiten  an  Graz  sein  möge,  dann  mein  Gespons  wird  den 
21.  dito  von  Innsbrnck  aufbrechen.  In  dieser  kurzen  Zeit  muMen  wir 
2  Hauptraehen  einrichten,  nämlich  die  Spanische  familia  fortschicken, 
und  meine  Hochzeit  nnd  was  dazu  gt  hdrig,  wohl  einrichten,  dazu  ich 
Bttdi  wohl  werde  Tonnlithen  haben.  Übrigens  nnd  nachdem  der  KAnig  in 
Frankrach  alleweile  mehr  Hostilit&ten  verttbet,  sich  der  Stadt  nnd  Burg 
Priedberg,  Kolmar,  Schlettstadt,  Aschaffenbnig  nnd  Selingstadt  be> 
michtigt,  als  kann  man  nicht  l&nger  ceremoni  machen.  Habe  also  fllr 
gut  befunden,  dass  Gr^monville  von  Wien  abziehe  nnd  ihm  solches  durch 
den  Grafen  Albrecht  von  Sinzendorf  doch  per  gradus  angezeigt  werde. 
Sofern  er  von  Sinzendorf  Buch  noch  nicht  Nachricht  davon  gegeben  hat, 
befehle  ich  ihm,  dass  er  es  alsbald  thne.  Indessen  bis  wir  mllndlich  ein 
mehreres  sprechen  können,  addio,  und  ich  verbleibe  Buch  mit  beharr- 
lichen kais.  Gnaden  gewogen. 

Leopoldt. 

Lxxxvn. 

Lazenboiir,  W.  April  1674. 

Lieber  Fürst  vou  Luitkowitz  lliebei  schicke  Euch  dmrh  Hip  iK  ii 
•If.s  liiafiii  von  Harracli  Relatiun,  wie  auch  eine  von  Wja.iisch-Uratz 
uud  ein  Schreiben  voui  Abtfni  von  lian?.  Habe  zur  Gewinnunt,'  der  Zeit 
selbige  dem  OberstkäniTii»'it  i  allhifi  l>'son  lassen,  wollet  es  jftzo  die 
darinigen  Rätiit:  uuch  bs-  ii  niii.lnn  und  <h\V"h  -.uht  haben,  das«  des 
Windisch-Gnltz  am  Montair  /.in  ( "i  iifi  i .  n/  niitgtbiacht  werde.  Dann  U-h 
vor  alli'ii  s<'ll)iirf  Schn-ibt  u  aU  ut-gotiam  magis  urgens  und  die  mit  Bal- 
bozes  und  Holländern  indessen  gehabte  Confereuzeu  deilberiien  werde. 

IQ  erwßnBcben,  in  der  Welt  zu  verlangen  und  Euer  kaw.  Majestät  ohn- 
fehlb«r  dabei  «ehr  gIBokmIig  srin,  «ttch  allen  oontento  and  Vergnügen 
vollkomnentlieh  empfinden  werden.  Und  thne  eehlieMlich  sn  Dero  be- 
harrlichen kab.  Gnaden  nnterttilnigat  and  gehonamat  mich  empfehlen. 


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507 


äonsten  sind  wir  allhior  Gottlob  wohl  i[;  allein  hat  bub  der  heutige 
KegMi  gehindert,  dass  wir  diesen  Abend  nicht  haben  aiiakommen  k5iinej|. 
Und  ich  verbleibe  Knch  mit  kais.  Uulden  gewogen. 

Leopoldt. 

Des  Haii^  SclniMbeii  ^'ehort  auf  die  Heichskaiizlei.  Ich  habe  diesen 
Brief  geschrieben,  ehe  ich  des  Windisch-Grätz  seinen  irbiuchtu  habe, 
iM'ti  iflft  nur  dit  Hamburger  Streitsachen  und  gehört  auf  den  Eöichshofratli; 
kommt  alsu  hicbei  nichts  als  des  Harraeh  Relation. 

Lxxxvm. 

1.  October  1674. 

Lieber  Fflrst.  Ihr  wollet  befehlen,  dass  man  mir  alsobald  da« 
grosse  Buch  des  Hofprotokolies  heransschicke,  dann  ich  nothwondig 
seibäten  etwas  darin  aufzusuchen  habe.  Und  verbleibe  allzeit  Euer  gii&« 
digster  Herr. 

Leopoldt. 

LXXXIX. 

7.  October  nm  12  Uhr,  ohne  Jabr  (1664). 

Lieber  Lobkowitz.  Tm  den  lieben,  ehrlichen  Adolfen  ist  mir  so 
leid,  dass  ich  i  n  ein  paar  tt  Stück  von  den  Meinigen  für  ihn  gäbe. 
Ma  pfttientia  requiescat  in  pace.  Ich  erachte  aber  auf  diesen  Fall  2  Di- 
ligciizt  ii  fiu  nothwendig:  1 au  Oberstlioutenant  Badowan  zu  Kumorii 
viiiu  Urdinuiu  vom  Kriegsrecht  auszuObeu,  ut  uiimiiiiodo  ab  excureionibus 
abstineat,  nevc  ullo  modo  sub  iria\issimis  poenis  Tuicas  laccssat. 
2"*".  wem  wollen  wir  den  Dienst  gcbi  u:  l)uil;icli,  Catuliriis.  Susa,  Cob, 
Sparr,  Oberst  Hoffkirchen.  Cetorum,  qui<l  putaul  Turcuc.  Wann  werde 
ich  etwa.s  von  ihnen  hören.  Kxspecto  rcsponsum  et  maneo  Euer  gnä- 
digster Herr. 

Leopoldt. 

Hiebei  kommt  ein  Sehreibeji  vom  GenoralHoutenant,  aocelurentur 
die  QoartierBKhen. 

xc. 

UndatirU  (Zvm  14.  September  1670.) 

Lieber  Ptrst.  Der  Erzbiscbof  ist  gleich  jetst  bei  mir  gewefen«  h*t 
viele  gnte  intentiones;  concedat  Dens,  nt  effeetuB  conespondeat  Weilen 

88* 


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508 


or  nun  iillhior  ist,  und  der  üngariKcbe  Kanxlor  drin^'t,  am  Samstag 
Andion/  XU  haben,  um  Hongaiicn  zu  pn>poniren,  dor  Erzhischof  aber 
scheint,  nh  wonn  er  solche  verschieben  woIlU',  so  wollet  Ihr  es  also  ein- 
richten,  damit  am  Samstag  selbe  Sachen  mögen  proponirt  werden,  auf 
dass  die  Parteien  nicht  l&nger  warton  dürfen.  So  ich  Euch  annoch  vor 
meiner  Htnausreise  oriAnera  wollen  und  verbleibe  £uer  gnädigster  Herr. 

Loupoldt. 

XCI. 

Ündatirt. 

Lieber  Lobkowit/..  Ir  h  w«dlte  gern  wisNcu,  ob  Ihr  die  Confereuz 
wegen  iiuüerer  Be.stelliing  der  militiae  tempore  i»acis  schon  gehalten  habet 
oder  wann  Ihr  solche  zu  halten  vermeinet.  Pro  1",  2^^  wann  Ihr  meinet, 
diiij.s  in  derselben  oder  einer  anderen  Materi  herau.s  Kath  solle  gehalten 
werden  vor  meiner  Hineinroise,  so  am  Montag  gewiss  geschehen  8<dle, 
HO  mfisste  es  am  Samstag  geschehen.  3".  kommt  ein  Memorial  von  meiner 
*  armada  nuvale.  Ich  meine,  luaa  .^oUe  die  Üei  nli  niter  bald  abdankon  und 
schicken,  heben  sonst  nur  Händel  an.  Erwarte  in  obigen  puui  tis  Euere 
Antwort  per  harum  latoiem  und  verbleibe  Euer  gnädigster  Herr  alhicit. 

Leopoldt. 


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f 


IiihaltBverzeiciuiiss. 


Seita 

L  27.  August  1G57.  Der  Fürst  solle  dorn  Ntnitiii»  i\vu  Dank  T<e«>pol(j8 
an  Seine  plipstlirhe  Hoilipl<eif  vermeMpii  f?lr  H^n  Wutisrb  7Mm 
Antrili  (Ii  I  l\rL:i<  rnng'.  Der  Nuntius  iui<l  <lfr  Fürst  mögen  den 
Kiirfiirston  von  Mainz  hei  der  Kaiserwahl  ftir  LeojM)ld  um- 
stimmen  463 

IL  80.  Angnat  1667.  Aassug  der  SiebenbUrgischen  Besatsuug  aus 
Krakau,  wie  auch  der  Schweden.  Der  FOrat  von  Siebenbttfgen 
will  «ich  nach  dem  Diplom  halten;  die  verwitwete  FttraMn 
■teile  die  Werbung  ein.  EntBetsung  Ton  Alezandria  und  Absog 
der  Franiooen  464 

ni.  2.  September  Th-r  Fflrst  inr>^e  Alli  s  nufbieten,  den  KUT* 
filrsten  von  Mainx  bei  der  Kaiserwabi  für  Leopold  Mi  g^winnou. 
Wpfron  der  etwa  daraus  zu  befürrbtenden  Frnnrn^rnfrofnhr  oino 
Hille  von  zehn-  bis  ^wnlftausend  Mann  und  Geld  zur  Fort- 
setzung dvr  Fortiticati<>iii<n  von  Mainz  Hubieten  465 

IV.  27.  December  1657.  Verspreclien  des  Kurfürsten  von  Mainz,  die 
Wahl  an  beschleunigen  und  den  Kurftin>teu  von  Köln  für  Leo- 
pold sn  gewinnen.  Die  Abreise  Leopolds  von  Prag  anf  den 
14.  Januar  1668  bestimmt.  Ansage  des  Tage»  der  Abreise  an 
Knr-Sachsen.  Beistellnng  von  Fuhren.  Einwirken  des  Knr- 
IHnten  ron  Sachsen  aaf  den  Kurfürsten  von  K6ln  fDr  Leopold  466 

V.    4.  Januar  1658.    Reisedispositionen  467 

VL  12.  Januar  1658.  Des  Kurfürsten  von  Sachsen  Erklärung  wegen 
der  Reise.  Erput  hpn  an  don  Kurfllrsten  von  Hrandenbuig,  einen 
Principalgesandten  nacli  Frankfurt  ahrn^fnden  468 

Vn.  15.  Januar  1668.  Der  Oberst  Sclil.  hu.v«  Ii  tiuige  die  Werbung  fort- 
setzen und  sein  Regiment  bis  Ende  Februar  complet  stellen  .  469 

Vm.  19.  Januar  1668.   Verhalten  der  Pforte  aur  Kaiserwahl  ....  470 

IX.  23.  Januar  1668.   AuüMhab  der  Heise  auf  den  28.  Januar  1668 

wegen  Knr-Sachsen  470 

X.  80.  Januar  1668.  Aufbruch  Leopolde  von  Prag.  Abreise  des  Kur- 

fürsten von  Sachsen  den  4.  Februar  1668.  Zur  gtttlichen  Bei- 
legung des  Polnischen  Krieges  werde  Alles  nach  Wunach  des 
KurRlr^ten  von  J^aclisen  geschehen  471 

XI.  H.  F<.'l>niar  165?*.   Längerer  .^uffuthalt  in  Pilsen  <»h  \if1pii  Schnees 

und  des  auf  den  12.  Februar  1658  ausgeschriebenen  Conventes 

in  Warschau  472 


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510 


tkite 

Xn.   0.  November  165t}.    Ernenuang  des  geh.  Rethes  und  Feld- 
manchallt  Don  Hmnibiü  nuvli^  Ton  Oonsaf«  xam  Hof* 

kricg8raths-Vi(  <  ittH^i<lenton   ....  47Ä 

XIII.  7.  October  lt»G4.   Verleihung  «1<m  r;r.»n7,4ibri8t«tol]e  7M  Kouiorii 

.nn  finn  FelcItnarsfliHll  rirnfni  de  Sunrhes,  de«  ('oTrminndf's 
.mit  4i<>iu  Sjiielbergu  ai\  tWu  Ot»(•r^t♦•Jl  Grafen  von  KoiVirchen, 
die  OreniMibruMelle  in  NenMosel  bleibe  noch  offen.  GiAf 
de  Sovche«  mftge  mit  dem  Oenenillieuteiieni  Grafen  Ifonte- 
cnecoH  In  gutem  naebbarlichen  Einvernehmen  le1>en .  .   .  478 

XIV.  8.  Oi'tober  ir>64.  NKIiero  ErklXntnf  d«s  vorangehendra  kaiior» 

lirlioii  Hiiffi"«     474 

XV.  18.  Januar  liiiW».    l'rojHJMtimu'U  «les  (^arliug^lMiüt  474 

XVI.  6.  Mai  166*».  AnUicnic  d&s  Ge.sundteu  de»  Trinzeu  Alexander  vou 
Portugal.  Schriften  von  Knr-K<»ln  and  Kur-Sacbsen.  Attdiens 
dem  Keiffenberg.  Gemihenk  an  den  KurfHraten  von  Saehaen  476 
XVII.  19.  Ang^iiKt  UUK».  Urlaub  drs  Mi>fin>u>('lmlls  Heinrich  Grafen 
Voll  Slrirli«  tiilinMif,  ub  seine  Stflle  vertrrti n  snlle  (Sraf  Fpi*- 
dinauil  ll.-Kiach  od»'r  (iral  Ferdinand  Max  Sjirinzeii!*tein  ♦ider 

Wilhelm  (iraf  vou  Uetliugeu  475 

XVni.  Sd.  Angust  1666.  Instntction  ftlr  den  Obersthofmeiater  der  kais. 

Br*nt  Margaretha  Thereeia  von  Spanien,  Ferdinand  FQnten 
von  nietrich>itc'in  und  den  Viceatallmeistor  Karl  Grafen  von 
Waldstriii  zit  ili  I  Heise  na*"b  !?«>veredu.  .\1>n  ise  des  Ilof- 
8taAti>  in  :u  ]it  Tilgen.  Besetzung  <1it  Oborstsilberkämmorer- 
stollü  vielleicht  durch  Faravicini  476 

XIX.   6.  September  1666.  Kecommandatton  de»  Fttrsten  Johann  Wet- 
chard  Aueraperg  siun  Gardinalat  Kach  erfblgter  Promotion 
werde  derPflrat  im  fxeheinien  Kath  bei  Auwesoulioit  des  Kaiaera 
das  erste  votntn,  in  Alnvt'scnht-it  lU»  IMiortion  führen        .  476 
XX.    6.  October  l*>('fi,    Brief  an  Fat»  r  (iabriel.    Abreiso  des  k.iis. 

Gesandten  Johami  Fraiu  von  Wicka,    Graf  ^schlick  .    .    .  477 

XXI.  15.  October  1666.  Conferens  mit  Carlingfordt  477 

XXII.  12.  November  1666.  Conferens  in  Hofoaeken.  Probe  sum  Boss- 

balb  t     B.uikettpnnctation   478 

XXIIL  6.  Mar/,  iriTiT.  .Vinvartf^i  liaft  auf  die  'Nu  derOsterreiehische  Statt- 
halter- ndcr  Landmarschalistelle  an  Ferdinand  Max  Grafen 
von  Sphnzenstein  AIÜ 

XXIV.  26.  Mira  1667.  Erkundigung  nach  dem  Befinden.  De«  Gmian 

Windiach-Orftts  Rektion.  Privatschreiben  de«  Gesandten  von 
Wicka  479 

XXV.  Kl.  Mai  1667.    Des  G,  sandten  Lis-da  Hchreiben  479 

XXVI.  22.  Mai  1667.    Einvi  i  uabine  mit  dtm  Fürsten  Schwarzenberg. 

Abgabe  seiner  Meinung  479 

XXVII.  3U.  Juui  1667.    Beförderung  der  Puht.   £xpeditiun  des  Kuriers 

nach  Rom.  Brief  an  die  Kaiserin -Witwe  48U 

XXVIII.  18w  October  1667.  Ablegnng  des  Jnramenta  vor  dem  geheimen 

Rath  des  FArsten  von  Dietriohsteltt  460 


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511 


XXIX. 
XXX. 
XXXL 
XXXII. 
XXXUI. 
XXXIV. 


8«. 
IG. 
81. 
11. 
16. 


XXXV.  87. 


XXXVl.  5. 


XXXVII. 
XXXVIU. 

XXXIX. 

XL. 
XLl. 


7. 
8. 

ti. 

18. 
5. 


XLD. 

XLUl. 


19. 

9. 


XLIV.  9. 


October  1607.  Den  FUi>t«n  Auenpeig  Vor«chla|f,  8abtbarg 

von  Trient  z\i  excntirpiv  481 

NoveiHbi'v  ItiiiT.  \  i-rlangl  «le.»»  Fürnteu  Meinung.  Briet'  an 

Pator  Gabri«!  481 

NoTembtt-  1667.   Dem  Pliltendorf  sind  100  D«««t«D  ro 
g«bea.  Httiog  Christiau  y<m  Mockleabuxg   .....  481 
Janiur  1668.  Abbattnnif  einer  Conferans,  da  QrtoonTille 

auf  einen  Beschhij«  driingt  481 

.lanuar  16Ö8.   D«b  OrtmonvUle  Faxen.    Inatntction  an 

Anon'perg  4855 

Februar  1668.  Ankunft  <b«H  Kinrtky.  Des  Oberstburg^graton 
Wunsch,  dem  Kinsky  iiiclit  allaogloich  Audienie  zu  geben. 

Welche  Antwort  soll  gegeben  werden?  482 

llin  1668.  Nach  Bmennnng  dee  Fttnten  Anersperg  tarn 
Cardinal  werde  der  FOrst  im  geheimen  Bath  bei  An- 
wesenheit dc8  Kaisers  dax  erste  votnm,  in  Abwesenheit 

des  Kalsor^  die  Directiou  haben  482 

April  l<jt;.-i.  DrH  Liremonvillo  Notizen  siuii  tu  «las  Italio- 
uische  -^u  iiburaetzeu  uud  in  den  geheimen  Uatii  ku 
bringen,  da  die  Spanische  Angelegenheit  verhandelt  wer» 

den  solle  462 

i^ril  1668.    Des  Qr6monTilte  und  des  Spanischen  6e- 

.laiidten  Audienz   488 

Mai  1668.    Erliebung  de«  Don  Filippo  de  Sapanara  in 

den  Freilierrenatand  483 

Mai  1668.  Abhaltung  einer  Cunfereaz,  uui  dem  kai:>.  üe< 
sandten  JLdsola  eine  Instruction  und  dem  äpaniseheu  Ge» 

sandten  «nne  Antwort  ra  geben  484 

Mai  1668.  Des  kais.  Besidenteo  t.  Blnem  Sehrelben. 
Beeetanng  der  Stallmeisterstolle  bei  der  Kaiserin  .  .  .484 
Februar  1669.  Montecuccoli's  Bericht,  dass  zur  Pohiiachen 
Heise  der  Kaiserin  Witwe  der  Ueberjj'anir  über  die  Donan 
nnmOfrlich.  Wh»  da  zu  thun,  was  dem  K>">ni^e  von  Poluii 
ansnzoigen  sei?    Ob  nicht  die  Venuähluug  per  procura- 

tionem  in  OlmUta  geschehen  könne?  486 

Hin  1669.  Welche  Antwort  man  anf  OrdmottviUe^s  Pro- 

]insitionon  geb^  solle?  485 

M.ii  1669.  Auersperg's  Proji^rt.iiitwoit  nnf  de«  (4r«'Mnon- 
vilb)  Schrift.  Der  Fürst  milfr«  ssie  lesi-a,  dem  Uot'kaii/.ler 
mittheilen  und  .seine  Meinung  darüber  äussern.  De» 
Crataenbttch  Relation  ans  Spanien.  Briefe  «om  Prinien 
Ton  Lotibringen;  von  Nenbniig.   Memorial  von  Baischel. 

Franz  AupustSn  Graf  ^V;ll.l^t45in  486 

Mai  IfWi'.V  Ernotmnii);  dos  F(»ldmar--rli;iIilifiiffMiant-  Wil- 
helm Leo|)>ild  Markgrai't4ii  von  ßadeii  zum  (jli'en%obriKten 
SU  Worasdin;  des  Grafen  Franz  Augu-ntin  von  Waldsteiu 


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512 


KUin  Cnpitäii  dov  Arcierpit  rtrid  <\en  Don  Oibwio  Pio  de  Sft* 

voia  zum  HHuptuiHuii  <lcr  Tiali.iuteu  487 

XIiV.    13.  hlaX  1669.   Greinonx  illü'ii  Verlangten  nach  eiaer  Ke^ulutiou. 

Ob  Aoeraperg'»  rroject  anzuuchmen  oder  v\as  zu  thun  sei?  .  487 

XLVI.  «d.  Juli  tm.  Naehriehton  an»  Polen  487 

XLVIL  21.  Aufuat  1«69.  Pmjecte  nach  Rom  und  HeaMU  4SS 

XLVm.  28.  Angmt  1<(69.  Veraieberl  den  Fttraten  «eines  Vertnmena  und 

■einer  Hocbachätxung   488 

XLIX.   18.  September  1669    Zwei  Schreiben  vom  Cnrdinnl  von  Heaaen. 

Drei  Schreiben  von  SchaffgotTli   .    ,    .  489 

L.      I.  Decomber  iWV.    Graf  Näf^ns'ly  nIlt^'r\^il^t  ,sr1i      ....  489 
LI.    10.  December  ItitiU.    Abzug  des  Fürsten  Auer^perg  vuui  kain. 
Hofe.    Ernennung   des   Fürsten   zum    ersten  geheimen 
Rntlie,  in  Anwesenheit  dea  KAiMn  mit  dem  entern  Totam, 
in  AbveMohwt  mit  der  Direction  des  geeemmteu  gebeimen 

Rathea  betraut  t90 

LII.   31.  Januar  1C7().    Heise  d**s  (irafon  MoutecnccoU  naoh  Polau  .  4'.Kl 
Llll.   26.  .Juni  1670.    Des  Opnorals  Spork  Hriefo  über  KÄk(J»  xy  .    .  4U1 
LIV.    14.  September  1670.    Wa«  mit  NAda^dy  mid  cb>n  rn^-^.ni.sohen 
Rebellen  geschehen  soll?    Die  drei  Gesandten  von  Mainz, 
Trier  und  Lothringen  TOrlnngen  einen  Minister,  mit  dem 
aie  verhendeln  kennen.  Prini  Kurl  von  Lothringen,  wie 
Grimonville  yif^gva  dea  FVaneOaiaQhon  Bii^la  in  Lofliringen  491 
LV,     2.  Ortnbpr  107'^.    Chri.stoph  Leopold  Grafen  v»u  SchnfFgotaeli 
GeHandtfihatt  /.ur  Krönung  der  Folniacheu  Königin  Eleonore. 

Sp^nnrhe  Briefe  492 

LVI.    11.  December  1670.    Du»  Balbaze«)  Memorial.    Gutachten  de« 

Erabiachofo  492 

LVIL  96.  Jenner  1671.  Relation  dea  Windiaeh^Grite.  Charakter  dea 

Grdmonville  49S 

LVIII.   28.  April  1671.    Stellt  dem  Fürsten   .inheim,   ob  den  Unga- 
rischen Hebellen  vor  der  Execution  die  Hände  abgeschlagen 

werden  sollen  oder  nicht  493 

LIX.  29.  April  1671.  Relation  des  Abele.  Zwei  Memoriale  dea  Grafan 
NAdaedy.  Dem'Fvangepani  falle  daa  Sterben  schwor,  Zrini 

sei  geduldig  493 

LX.   29  April  1671.   Memorial  der  Kimior  des  Cüafen  Nidaadjr  .    .  494 

LXI.    Ho.  April  1671.    Hinrichtnng  des  Cirufen  Nadasdy  494 

LXll.     2.  Mai  1671.  Confereuz  wegen  der  Ungarischen  Kepartitions- 

sache  494 

LXin.    5.  Juni  1671.  Conferena.  Qrimonville**  Verlangen,  den  Hol> 

ländern  nicht  zn  helfen.  Brief  des  Lisola  496 

LXIV.  17.  Juni  1671.   Dcrret  nn  den  Grafen  Poetting.   Bischof  von 

U:\n\).    Billet  von  Nostitz  496 

LXV.   -Jb.  September  1671.  Abtei  Sigburg.   Hufkanzter  und  Grömon* 

vUle  495 


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513 


8«ltP 

LJLVX    30.  März  1672.    BUlet  mit  den  Propositiooen.    Brief  den 

Königs  von  Polen.  Traiirip;©  ZnstJtndo  in  Poleu  .  .  .  496 
ULVil.  80.  Mai  1672.  Abhaltimp  einer  Conferenz  übor  das  .«rltrift- 
liche  Anbrinp  n  drs  Fürsten  von  Anhalt,  wie  nucli  uiitsr 
da«  foedns  SniH  icimi,  des  LitKila,  Ooi^s«  Qrana  und  andern 
pnblica.  Brief  des  Bischofs  Kollonitsch.  Tod  des  Oberst- 
jigemiilan.  flein«  Stell«  loll  WiUMln  Qnf  0«ttiiigen 


«ihftlten  4M 

JLXVm.    81 .  Ifai  167S.  AofKlmb  dwr  ConCmiw  w^n  UnwohlMin  de« 
Füntoii.  Der  Hofluwsler  mOge  mit  dem  Ffinton  vom  Anhalt 

conferiren;  Enenniiiig  dex  Orafen  Wilhelm  von  Oettingen 
mim  Ober^flgtnneiittr.   Conmiltatioii  Aber  des  PMtting 

Relation  497 

LiXJX.,  1.  Juni  1672.  B*»jirHohnnp  mit  dorn  Hnfkiuuinoriirjisidcmttm 
wegen  Befftolhinp  ilfs  <  ollopii,  eheuso  mit  dem  Deutsch* 
meister.  Project  dor  Instruction.  Ungarische  Briefe.  Der 

Filrst  von  Anhalt  497 

LXX.     4.  Jon!  I^t.  Monteeooeoli  and  der  Hoflumiler  mdgen  mit 

dem  FHiiten  von  Anhalt  Teihandeln  498 


LXXI.  10.  Jnai.  Itlt.  Conferens  mi  halten,  was  ferner  mit  dem 
Ponten  von  Anhalt  «a  thnn  sei,  waa  dem  HpaniBchen  Ofa- 
sandten  hier  an  sagen  und  dem  kais.  Olesandten  Puetting  in 
Spanien  zu  befehlen  mi.  Or^monville  und  der  Hufkansler. 

Vorhandltmjren  mit  den  Dflnon  und  TTolländern.  Rück- 
spratdie  initPoffeadorf  wegen  des8chwedisch-Fraiuü«schen 


Bündnisses  499 

LXXn.  14.  Juni  1072.  Abreise  des  Fürsten  von  Anhalt.  Anbringen 
des  Markgrafen  von  Baden  and  des  Orafen  Albrecht  von 
Sinaendorf  im  Namen  dm  Kainerln-Witwe  4M 


f.'Tf  ifi    Sl.  Jnni  167S.  Abfaaltnn;  einer  Oonferena,  wae  mitGrimon- 

▼ill«,  Poffendorf  nnd  den  Hollindem  an  thnn  aei .   .  .  4M 
LUIV.   SS.  Jnai  1071.  Qnter  Verlauf  der  Cnnferana.  Der  Brabiecbof 

und  Dentscüiroeister  sollen  nach  Wien  kommen.  Audiens 
dea  Gascogni.  Kegimentsrath  Bottoni  mßge  dem  conte 
GaleaxoGualdoPn orato  assintir»'?».  Brirff»  ans  Kur-Branden- 
borg  melden  den  Eiiir;ill  'Ici  Fran/.oson  in  Cleve  .    .    .  600 

LXXV.     2.  Juli  1672,   Heise,   l'n  t  '  \ oii  .Stooni  und  Goes.  Conferens 

iu  Uiigarischou  Angelegcuhoiteu  500 

LXXVI.  6.  Juli  1679.  An  den  Capnciner  P.  Emeridi.  Der  FUrst  mOge 
enteehnldigen,  dam  die  ConÜBirana  wegen  der  eehleehtan 
Naehriehtan  ana  Polen  ohne  «ein  Vorwimen  abgehalten 
woide»  nnd  rnOge  vom  vollen  kaiaerlichen  Vertwnea 


fiberaetigt  eein  601 

LXZTIt   14.  JnÜ  167«.  Abreise.   Der  Flirrt  möge  achreiben  nnd  die 

Aja  Aber  die  £nbenogin*Toditar  beticbten  508 

LXXTm.   15.  Juli  167S.  Zufriedenheit  Uber  die  Expedition  der  Ge* 

Mhllte  602 


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514 


lAXIX.  17.  Juli  IG72.  Abple  hnW  <k'n  Itrief  (^bracht  tuunmt  den 
Beilageu  uud  über  Alloa  ttit'erirt.  Dankt  dem  Fürsteu 
fttr  seinen  Fleim.  Guter  Verlauf  der  Ungarischen  Ange- 

Icige&lMiteii.  Brief  an  den  Grafen  ManmfaM  60S 

LXXX.     Undatirt.  (Ift72.)  Schreiben  dei  de  Onna  MS 

LXXXI.   5.  September  1672.  Brief  an  den  König  ron  Frankreich    .  500 
LXXXli.   6.  8eptf'mber  in72    Brief  m in  Kurfürsten  von  Sachsen.  In 
der  Conferenz  niüge  berathen  werden,  wie  man  sich  mit 

KOlu  und  Mfliister  veriialten  solle  608 

LXXXm.  20.  September  1672.  Kelation  dei  GeoeralUeuteaante.  Briefe 

dee  Bnbiadioft  508 


LXXXIV.  19.  Decoinber  1G72.  An  den  Capuciner  P.  Etnerich.  Ab- 
IjcntfuTTir  fius  kais.  (jlcsaiidten  flrafcu  Poottiiip  nn<  Hpnninii 
und  desMJit  £r»et£uu(^  durch  den  HratV'!)  Furdinand  Har- 
lach.  Der  Fjpit  mOge  das  Ntiiiiij,'c  verHulHsseu.  .  .  .  604 
LXXXV.  19.  Juni  1673.  Sowohl  Seine  pipetiiehe  Heiligkeit  ab  die 
KSnigin  von  Spaai«»,  Schweiter  des  Kaisen»  mahnen  den 
Kaiser,  aar  aweiten  Ehe  zu  Hchreiten.  Der  Fürst  mü^^e 
daher  binnen  !«fMl)s  Ta^un  du  ?M*liriftlifhe?«  (tiitachton  ab- 
gubon,  welche  lVui/.UKHin  d«r  KaiMjr  erwählen  (t«>1!r>        .  itüb 

LXXX  VI.  17.  äepteuber  1673.  Wuhlbetiudeu  auf  der  Heise.  Ankunft 
in  Vneqit  Aofenthali  daaelbet  fünf  Tage.  Abreise  uaeh  Gras. 
Abreise  der  Braberaogin  Olandia  Felioe  Ton  Innabmek 
den  21.  September.  Vorberoittingoii  KUr  li<K*hzoit.  Fuind- 
iteligkeiteii  dt  s  K-iiiiga  von  Frankreioh.  Absug  dee  Or^ 

nionville  von  Wien  506 

LXXXVIL       April  1674.  Abhaltung  einer  Conferenz  über  die  liclatiuu 

des  Grafen  Hamadi»  wie  aach  dee  Grafen  Windlaeh-Grita  606 
LXXXVm.  1.  Oetober  1674.  Das  grosse  Bneh  des  UoliMotokollei  mOge 

zii(;ej4chickt  werden  607 

LXXXIX.    7.  Oc tuber  oIiik-  Jahr  ( ir,r>  t).  Dem  Oberstlieuteuant  H;<'^>^vMll 
in  Komoru  ni6ge  der  lieiehl  ertheilt  werden,  die  i  iirkeu 
nicht  zu  beunruhigeu.  Besetauug  einer  Stelle   ....  607 
XC.      UndaÜrt   (Zum  14.  Septeaaber  1670.)  Abhaltung  einer 

Coafeiena  in  UqgariadMn  Angelegenheilen  607 

XCL      Undatixt.  Conferemi.  Memorial  von  deramada  navale.  608 


'  Ausgej^'t'ben  ain  1  ±  Jianw  1804. 


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■ 


I 


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.\>iHgo<reljen  am  TJ.  .liiniier  iyH4. 


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irchiv 

* 

fttr 

Österreichische  Geschichte. 


UerAUsgegeben 

TOO  d«l' 

zur  Pflege  vaterländisclier  Geschiclite  aufgestellten  Commission 

der 

* 

kalflerlielien  lloulemie  der  Wisseiuioliflfffccii. 

9 

Eiuuudaclitzigster  Band. 

Mit  sw«i  Tftfela. 


Wen,  1895. 

In  OomraisBian  bei  F.  Tempsky 


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I>rae1t  TM  Aiolf  JfoUWnMB, 


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Inhalt  des  elnandaehizigsten  Bandes. 

9«ite 

Stadien  snr  Geichichte  <l«r  Oiteneiehiachen  VolkawiithMshaft  unter  Maria 

Tbereri«.  I.  Di«  «Rtorreiehinehe  Indttstriepolitik.  Von  Adolf  Beer  1 

Der  Comiiiiini^ininn  ilfr  iiiährLscheii  Wif^lerüiufcr  im  Iß.  ujmI  17.  .lahr- 
hnndert.  Beitrige  za  ihrer  Oenchichte,  Lehre  nnd  Verfiuwnni^. 
Von  Dr.  J.  LoMerth  134 

8tuilieu  zu  tlen  unßTiri.'*fhpn  (J*'srli'nlit.t4>ielloji.    I.  mi<l  II.    Vüh  Dr. 

R.iiinnn.l  Frii»<lric1i  K.iindl  S2S 

Sigmar  «ml  Utrnhar«!  von  KreitiHiiiüiistcr  Kiiti««rli«  .Stu<1i<Mi  zu  «len 
Geseliii-]it.>i4(uelit  II  Voll  KrernfmünstLi'  im  und  14.  Jahrhundert. 
Von  l>r.  .1.  Loserth.   (Mit  2  Taffln  )  S47 

Beitriij^e  zur  Stiidtc   und  Kechtsgcschichto  ( »iHTuhgarns.   Von  Di".  Frau/ 

von  Kroiit'H  44 « 

Die  Fi.T<:e  ik-i-  liftrnnziehnng  des  Deutschen  Onh-us  zur  Vertheiiiiguug 

der  ungarbchen  Grenxe.   Von  Dr.  Wilhelm  Erben    ....  513 


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STUDIEN 

ZUR 

GESCHICHTE  DER  ÖSTERREICHISCHEN 
VOLKSWIKTUSOUAFT 

UNTER  MABIA  THERESIA. 

I. 

0I£  OäTUKKKlCUISOUE  INDUSTUIEFOLITIK. 

TOS 

ADOLF  BEER, 

«ikiL.  «raun»  IN»  lAii.  AKAMwn  nw  wiM—mmmw. 


Anslür.  LXXXI.  Bd.  I.  HUfte. 


1 


L 


ixcin  östcrrei(  liischer  Regent  hat  sich  am  die  Entwick- 
lung der  Industrie  solch'  ^rogse  Verdienste  erworben  wie  Maria 
Theresia.  Die  grosse  Bedeutung  eines  regen  gewerblichen 
Lebens^  einer  entwickelten  Industrie  für  den  Staat  war  ihr  früh 
snm  Bewnsstsein  gekommen,  nnd  seit  Uerstelicmg  des  FrifMlens 
finrdert  sie  unabllftsng  Haasnahraen  zur  Erweitenin|^  bestehen- 
der, zur  Einbtti^mng  neuer  Industriezweige.  In  grossen  Fragen 
bekundete  sie  nicht  selten  ein  wunderbares  Verständniss  und 
steuerte  unbeirrt  auf  das  von  ihr  als  richtig  anerkannte  Ziel 
los.  In  Einzelheiten  war  sie  nat(li*Iich  abhangig  und  vielfach 
bestimmbar;  die  yielleicht  oft  gefärbte  Darstellung  eines  Ver- 
trauensmannes veranlasste  Entselieidungen,  die  nicht  leicht  mit 
anderen  Uber  denselben  Gegenstand  in  Einklang  gebracht  wer- 
den können.  Die  eigenhändigen  Randberaerkun<r<^Ti,  sowie  die 
zahlreichen  Handschreiben  sind  glänzende  Belege  ftlr  die  Leb* 
hafligkeity  mit  der  sie  die  wirtlischafltlichcn  Angelegenheiten  cr- 
fasste.  ,Uni  die  Fabrikanten  au  Unternehmungen  anauirischen', 
iässt  sie  sich  die  Erzeugnisse  derselben  zur  Ansicht  vorlegen. 
TJnersohöpfltch  in  Anfragen,  unermüdUch  in  Forderung  von  Er- 
h'intcrungen  und  Auskünften,  ehe  sie  eine  EntSchliessung  fasst, 
heischt  sie  sodann  unbedingte  Durchführung  derselben.  Herber 
Tadel  trifft  ihre  Behörde,  wenn  ihren  Weisungen  nicht  Folge 
gegeben  wird.  Die  von  den  Länd  rstellcn  einzuliefernden  Ta- 
bellen las  sie  mit  grosser  Aufmerksamkeit,  sie  spricht  ihr  Be- 
fremden darüber  aus,  wenn  dieselben  zu  spät  einliefen,  und 
fordert  ,mehrere  Verlftsslichkeit'.  EmpfindÜch  über  die  öffentr 
liehe  Meinung,  verlangt  sie  Rechtfertigung  der  getadelten  Mass* 
nahmen  und  Widerlegung  von  Druckschriften,  in  denen  das 

1» 


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4 

\vii*ths('li;iftlielic  System  einer  Kritik  iinu-rzo^n  wird.*  Für 
jede  Anregung  empfänglich,  raaeht  sie  den  ( A»nnn(»rzienratli  auf 
die  industriellen  Fortschritte  in  den  Nachbai  lainlern  aufmerk- 
sam. Huer  Initiative  ist  I^Ianclicrlei  zu  danken,  was  sieli  als 
förderlich  iVa  die  industrielle  Thätigkeit  hätte  erweist  n  k  imen, 
wenn  die  mit  der  Ausführung  betrauten  ( )rgane  iniiuer  und 
Uber.Mll  der  ihnen  zupfcwicsenen  Aufgabe  eutsprücheii  hätten, 
allein  sehon  die  zaliliviLlicu  Weisungen  der  Kaiserin,  den 
Kreishaupücuten,  von  deren  AViderspeustigkeit  in  den  Vor- 
trägen Erwähnung  geschieht,  den  Vollzug  der  Anordnungen 
einzuschärfen,  nöthigenfalls  die  Entfernung  vom  Amte  anzu- 
drohen, zeigen,  dass  manche  treffliche  VerfUgusg  auf  dem 
Papiere  stand. 

War  au(!li  Oesterreich  beim  Reprierungsantritte  Maiia  The- 
resias überwiegend  ein  Agrieultui^taat.  dem  zum  Absätze  des 
Ueberfiusseij  seiner  Naturerzeugnisöc  ins  Ausland  nur  ein  aus- 
gebildetes Strasaenneiz  fehlte,  wozu  erst  die  Anlange  vorhan- 
den waren:  in  einzelnen  Ländern  hatte  sieh  schon  eine  nicht 
unbedeutende  Industrie  entwickelt,  deren  \'ertrpter  Handcls- 
verbiaduDgen  mit  fremden  Ländern  angekntiplt  halten.  Böhmen, 

^  In  einer  Draekedirilt  wurde  die  HandebbeliVrde  Aber  ihre  Seanaeligkeit 
getadelt.  Die  Kaleerin  aberwies  dieselbe  dem  Commenienhofretlie  mit 

der  Weisung,  dieselbe  zti  bcmtwurton.  In  dem  Vortrage  vom  1.  Marz 
1763  Iieisst  e»  iiTin:  Znni  W.Hclistlnun  der  Manufacttiren  hat  C3  hx  Böh- 
men und  Mähreu  duu  guiisti(^äu  Aiu^chein,  indem  dieiüe  Länder  nicht  nur 
mit  Uberflüüaigen  Producta  gesegnet,  sondern  zugleich  von  einem  arbeit- 
■eman  Volke  bewohnt  t&ad.  Umi  suche  die  Obriglseiien  sor  Unter- 
irtAtmng  des  Fleiaaes  dnrdi  eile  «nreiiendeo  Mittel  sufknarantem  nnd 
den  Werth  der  Indiistrialfrüchte  erkennen  zu  machen.  Grössere  Hin- 
dernisse Süssem  sich  in  Kärnten  nivi  Tirr«!  wo  der  wahre  rVimmerzg^oisI 
fast  gänzlich  erloschen  zu  sein  .scheine.  Wcuu  m  der  Kniiierin  gefällig 
sein  sollte,  dem  Publicum  von  den.  erbländischen  Commerseinrichtungen 
etwas  bekannt  su  machen,  ao  würde  man  es  fttr  ittUieh  nnd  deeom 
halten,  dam  damit  so  lange  innegehalten  werde,  bis  ein  solidss  Kantb- 
system  gefasst  nnd  auch  das  Manufactnrwesen  in  Innerösterreich  und 
Tiri'1  vuMk"TiimPn  oinf"h"''''t  sein  werde,  nra  die  Welt  violniohr  durch 
reelle  Au8t«ilUiu  zu  ilbcrzeugcu,  ah)  das«  man  derselben  nur  schmeichel- 
hafte Ideen  vorlegen  und  sich  amnit  der  überhaudnehinenden  Schreib- 
sncht  answendigw  Scribenten  noch  mehrsies  blossstellen  sollte.  Bsso- 
Intion  der  Kaiserin:  Ich  begnehmige  das  Einrathen,  dodt  isl,  sobald  die 
in  dem  Ünillkweaen  annoch  bestehenden  grossen  Mängel  und  Oebrecheu 
behoben  sein  werden,  die  Beantwortung  dieses  Impressi  mramgingllch 
nOthlg. 


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5 


Mähren  und  Schlesien  erzeugten  Garn,  Leinwand,  GJas  und 
Tuch.  Die  fiiaeninduBtrie  in  den  Alpenländcm  war  im  Auf- 
sebwan^  begriffen;  Sensen  und  Sicheln  fanden  einen  fUr  die 
damalige  Zeit  nicht  unbodeutenden  Absatz  in  fi*emde  Länder. 
Der  Bergbau,  zumeist  noch  in  den  Händen  des  Staates,  (ör- 
derte  nicht  unbeträchtliche  Mengen  an  Kupfer,  Zinn,  Queck- 
silber, Gold  und  Silber  zu  Tage,  und  diese  Artikel  fiinden  in 
Holland  und  England,  in  Italien  und  Spanien  Abnehmer,  wo- 
durch dem  Staate,  dessen  Steaerquellen  sonst  spärHch  flössen, 
zeitweilig  ei^ebige  Einnahmen  envuchsen.  Vielversprechende 
Keime  einer  industriellen  Thätigkcit  waren  jedenfalls  vorhan- 
den.  Es  waren  zumeist  naturwüchsige  Industrien,  welche  den 
Rohstoff  im  Lande  selbst  fanden.  Auch  standen  in  einigen 
Gegenden  die  Fabrikanten  auf  der  Höhe  der  Zeit.  Sie  waren 
mit  den  Fortschritten  in  den  anderen  Ländern  bekannt  und 
suchten  dieselben  bei  ihrer  Fabrication  einzubürgern.  Es  ge- 
nügte indess  nach  damaliger  Auffassung  nicht,  wenn  in  einem 
Lande  Massenartikel  ersengt  wurden;  die  mehr  zu  Tage  tr^ 
tende  Erscheinung,  dass  ftb*  Luxuswaaren  grosse  Summen 
ansser  Landes  gingen,  war  bestimmend,  auf  die  Erzeugung 
derselben  besonderen  Wei*th  zu  legen.  Die  Bedürfnisse  der 
untersten  Classcn  waren  einfach,  und  der  häusliche  Gewerbfleiss 
soiigte  für  die  Befriedigung  derselben;  die  höheren  Stände  be- 
sogen  ihren  Bedarf  an  feineren  Waaren  zumeist  aus  dem  Aus- 
lande: in  Wien  und  frtther  in  Lins  und  an  anderen  Orten 
fanden  sich  Niederlagen  auswJbrtiger  Erzeugnisse.  Diese  Lücke 
in  der  heinii^^c-hen  Production  auszufällen,  war  die  Verwaltung 
in  erster  Linie  thätig. 

Für  die  Emporbringung  der  einseinen  Industriezweige 
waren  im  AUgemoinen  jene  Ansichten  massgebend,  welche  Justi 
in  seinen  während  des  18.  Jahrhunderts  vielgelesenen  Werken 
dargelegt  hatte.  Die  Ueberzeugung,  dass  der  Regierung  Alles 
gelingen  könne,  durchdrang  die  Behörden,  denn  wie  Justi  sagt: 
der  Rogent  kann  aus  seinen  Unterthanen  machen,  was  er  will, 
wenn  er  nur  die  rechten  Mittel  ergreift.  Dass  der  Staat  das 
wirthschaftliche  Leben  zu  regeln  die  l^cht  habe,  wurde  fest- 
gehalten, da  ,die  Erhaltung  des  Nahrungsstandes  den  wichtig- 
sten Gegenstand  der  Regierung  ausmachet  *■ 


>  Gffsf  Blttmegw»  in  «iaem  Totim  vom  ft.  Septsoiber  1771. 


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6 


Vornehmlich  war  es  der  (ieutsche  Stamm,  welcher  die 
regste  induslnciie  Thätigktit  im  IS  Jalirhundert  entfaltete.  Zu- 
meist sind  es  deutsche  Namen,  die  in  Böhmen,  Mähren  und 
Schlesien,  Uberhaupt  in  den  von  Slavon  bewohnten  Gebieten, 
als  Industrielle  and  Kaufleute  namhaft  gemaeht  werden.  Kein 
kleiner  Percentsats  derselben  war  ans  dem  Auslände  lusdi 
Oesterreich  gekommen.  Die  mit  besonderen  Vomchtea  «u»- 
gestatteten  Niederleger,  deren  PifvÜegien  auf  Maximilimn  I. 
soiilckreichen  und  die  unter  den  spftteren  Herrscheni  beträcht- 
lich erweitert  wurden,  waren  Anslfinder^  die  an&ng^s  rametst 
den  Handel  Oesterreichs  mit  dem  Auslande  in  Ilünden  hatten 
und  unter  Maria  Theresia,  nachdem  durch  die  Ein-  und  A-llö- 
fulirverliutc  der  Verkelir  mit  der  Fremde  imterbnnden  worden 
war,  sich  industrieller  Thätifi^keit  zuwendeten  und  sich  an  di  r 
Einbürgerung  neuer  Industriezweige  betheiligten.  Zahlreich  sind 
auch  die  nichtdeutschen  Ausländer:  Niederiftnder,  Englftnder 
und  Franzosen. 

Die  Einführung  neuer  Industriezweige  und  die  Verbesse- 
rung der  heimischen  Arbeitsmethoden  sollte  durch  Heranziehung 
fremder  Arbeiter  bewerkstelligt  werden. '   Die  Emporbring^ung^ 
der  feineren  Wollmanufactur,  der  Seidenindustrie,  der  Band- 
fabrication  konnte  nur  auf  diesem  We^re  erzielt  werden.  Zu 
wiederholten  Malen  erpn^en  Weisungen  an  die  Behörden.  Ihre 
Majestiit  sei  geneigt,  hcisat  es  bereits  in  einem  Erlasse  \'om 
2.  August  1749,  allen  Fremden,  von  wuiciicr  Nation  sie  auch 
sein  mögen,  wenn  sie  nur  gute  kUnstlerisclie  Professionisten 
sind,  in  den  Erblanden  alle  Erleichterung  und  Beförderunjr  nn- 
irodeihen  zu  lassen.  Nach  Prag  ergingen  Aufträge,  ausländische 
Fabrikanten  und  Appreteure  aus  der  Nachbarschaft  heranxa- 
adehen,  besonders  komme  es  auf  jene  Fabrikanten  an,  ,die  in 
einer  neuen  oder  noch  nicht  zor  Vollkommenheit  gebrachten 
Manufactnrgattung  erfahren  seiend '    Während  des  dritten 


*  E»  habe  weltbckaiintfriiinsse«,  heisst  es  in  einem  Schriftotücke  vom 
Jahre  1749,  ein  Füi>t  ;illo  Anstrunguiipen  peinacht,  hoch^waehisene 
Leute  zu  bekuniuion,  un«l  kuiiicm  eine  OfticiurHstoIlo  verliehen,  der  nicht 
vorher  auf  seine  Koston  mehrere  grosse  Leute  zugeführt  habe.  Sollte 
nicht  die  Kaiserin  Terf&gen  kOnnen,  daw  ktttiftig,  wer  tun  eine  Civil- 
magiatrator  «ich  bewerbe,  einen  geschickten  Fabrikanten  oder  KQnstler 
herbetsniiehen  ▼erbnnden  sein  eoUe? 

*  Bescript  an  die  bshmieche  Bepritoemtsntenkammer,  21.  Kevember  176S. 


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7 

KriegeB  mit  Preussen  wurden  vertraute  Personen  nach  Sachflen 

und  der  Lausitz  abgesendet,  um  Unterstützungen  jenen  zuzu- 
sichern, die  in  Oesterreich  Fabriken  grttnden  wollen.  ^  Aus 
Freussisch-Schlesien  nacli  l^fähren  eingewanderte  Zeugfabrikau" 
ten  fiuiden  bereitwillige  Aufnahme  und  wurden  den  Zttnfien 
unentgeltlich  einverleibt.  Auch  erhielten  diese  ,Tran8migranten* 
filnfjährige  Befreiung  von  dem  Manufactorbeitrag.  Die  Gesellen 
waren  der  Reorutimog  nicht  unterworfen  und  konnten  sich  ▼er' 
heiraten,  jenen  Künsten  und  Manufacturen,  welche  zur 
Vollkomnienheit  noch  nicht  gelangt  sin  !/  lautet  eine  kaiserl. 
EntSchliessung  auf  ein  Protokoll  vom  7.  Mai  1766,  ^en  einige 
Prämien  fUr  fremde  Gesellen  von  Zeit  zu  Zeit  auszusetzen,  so 
den  Vortheil  der  Künste  an  Hand  zu  gcbr  n  wissen.*  Fran- 
zosen, £nglttnder,  Niederländer  Hessen  sich  in  Wien  und  In 
den  hervorragenden  Industrieorten  BöhmMlS  nieder  und  er- 
hielten jede  inijf^liche  Förderung.  Welchen  Werth  Maria  Thl^ 
resia  auf  die  Heranaehnng  fremder  3!  i^tcr  legte,  geht  auch 
daiaos  hervor,  dass  sie  sich  mit  der  Zulassung  von  Luthe* 
ranern  befreundete  nnd  sich  durch  den  Wtderspnu-h  der  böh- 
misehen  Stände,  welche  auf  die  alte,  von  der  Kaiserin  eidlich 
bestütigte  Landesverfassung  und  auf  die  Schädlichkeit  der  Re- 
ligionsvermischung hinwiesen,  nicht  beirren  Hess.  Auch  die 
Geistlichkeit  erhob  ihre  Stimme,  und  namentlich  der  Erzbischof 
Yon  Frag  S|Knu^  sich  entschieden  dagegen  aus,  da  freie  Reli- 
gionsttbnng  gegen  die  fundamentalen  Grundsätze  des  König- 
reiches Verstösse.  Die  Gutachten  der  Behörden  stimmten 
nicht  Uberein.  Die  böhmisch-österreichische  Hofkanslei  Ter> 
focht  die  Ansicht  der  Stände,  während  der  Hofcommerzienrath 
freieren  Gesichtspunkten  das  Wort  redete;  die  Nothweudig- 
keit^  zur  Hebung  der  Industrie,  zur  Entwicklung  des  Verkehrs 
Fremde  heranzuziehen,  bestimmte  die  Monarchin,  ihr  Gewissod 
damit  zu  beschwichtigen,  dass  die  Zulassung  und  Begünsti- 
gung der  Akatholiken  &tt  die  Wohl£üirt  ihrer  Länder  er- 
spricsslich  sei. 

Der  Adel  wurde  fUr  die  Anlegung  von  Fabriken  au  ge- 
winnen gesucht.  In  Böhmen  und  Mähren  entstanden  auf  den 
adeligen  Herrschaften  viele  Fabriken,  und  die  gräflichen  und 


'  EntachHesaanif  auf  ein  FvotokoU  vom  14.  Deoember  1761  {  Cirenlar  vom 
M.  Februar  1763  und  uideie  lablieiche  SefarifIMIteke. 


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8 


* 


fürstlichen  Herren  waren  stolz  auf  die  Anerkennung,  welche 
ihnen  die  Kaiserin  mündlich  und  schriftlich  zollte.  In  Mähren 
ging  der  Präsitleiit  dos  Reichshofrathes  Ferdinand  Bonaventura 
Graf  V.  Harrach  mit  ^rutcm  Beispiele  voran.  In  Böhmen  haben 
die  AiM  i  ^pcrg,  Waldstein,  Bolza  u.  m.  a.  auf  ihren  Herrschaften 
Fabriken  gegründet.  Die  gros:^U;n  Verdienste  erwarb  sich  Graf 
Josef  Kinsky  nicht  nur  durch  die  P^inbiirgerung  einiger  In- 
dustriczvveifrc  auf  seinen  Gütern,  sondern  auch  als  Vorsitzender 
des  böhmischen  Commerzconsesses.  Die  Kaiserin  war  ihm 
unt^^emcin  gewogen;  sie  sowie  ihr  Sohn  liessen  selten  eine  Ge- 
legeiili  Mt  vorübergehen,  ohne  seinen  Beniülmngen  volle  Aner- 
kennung widerfahren  zn  lassen.  Der  Graf  berichtete  jährlich 
von  den  Fortschritten,  welche  mif  seinem  Gute  erzielt  wurden. 
Maria  Theresia  las  die  ScliriltstUcko  mit  gros.ser  Aufmerksam- 
keit und  verlangte  nicht  selten  Auskünfte.  Kinsky's  V^crtraut- 
heit  mit  den  gewerblichen  Verhältnis^  n  }>  ilimens  wurde  in 
Wien  gesehätzt,  und  man  zog  ihn  destialU  nft  den  Sitzungen 
des  Conmierzionrathcs  bei.  um  jene  Massnahmen  zu  berathcn, 
die  zur  Entwickluno;  des  Handels  und  der  Indublnc  getroffen 
werden  sollten.  Kinsky  huldigte  mercantiiis tischen  Theorien, 
und  die  Interessen  der  Industriezweige,  welche  er  auf  seinen 
Gülci  n  mit  grossem  Eifer  empurbraehte,  fanden  an  ihm  natür- 
lich einen  beredten  Auwalt.  Die  adeligen  Herren  erhicitcu 
auch  fette  Unterstützungen  oder  beträchtliche  Vorschüsse,  und 
nicht  wenige  hielten  die  Zahlungstermine  nicht  ein.  .Tosef  hat 
später  in  scharfer  Weise  seinem  Mis'^juuthe  über  diese  Wirth- 
schaft  Luft  gemacht  und  die  Behörden  angewiesen,  die  KUck- 
zahiung  entschieden  einzutreiben. 

Horeits  unter  Karl  VI  hat  der  Staat  Fabriken  ins  Leben 
gt^riiten,  und  unter  Maria  Tlicresia  bothciligte  er  sich  an  der 
Gründung  neuer  oder  an  der  Ucbernahme  bereits  bestehender 
Fabriken,  jedoch  die  industriellen  Unternehmungen,  welche  er 
aul  eigene  Rechnung  führte,  machten  fast  durchwegs  schlechte 
Geschilfto  und  bereiteten  der  Regierung  grosse  Sorgen.  Nur 
jene  lieferten  vorübergehend  bessere  Ergebnisse,  wo  os  gelun- 
gen war,  eine  geeignete  Persfinlichkeit  ausfindig  zu  machen, 
die  Gcschäftskenntniss  und  Ordnungssinn  genug  besass,  um  die 
Verwaltung  in  entsprecliender  Weise  zu  leiten.  Das  Commerz- 
directoriuni  scheint  kerne  erspriessliche  Wirksamkeit  in  dieser 
Beziehung  entfaltet  zu  haben,  und  die  seiner  Obhut  unterstellten 


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9 


Fabriken   liessen  Mancherlei  zu  wtlnschon  übrig. '    Der  Coin- 
merzienrathj  dem  bald  nach  seiner  Gründling  die  Verwaltuug 
der  Staatsfabriken,  welche  einige  Zeit  die  Bancodeputation  ge- 
ftohrt  hatte,  übertragen  worden  war,  grlnTi-^He  zur  Uebcrzeugangj 
dass  die  staatlichen  Fabriken  durch  alba  hohe  Erzeugniss- 
kosten  die  Waaren  an  einem  billigen  Preise  nicht  abgeben 
kiSnnen.    Dw  Kaiserin^  welche  die  Bilanzen  einer  sorgfiütigen  .  ' 
Dnrefasieht  unterzog,  ertheüte  wiederholt  die  Weisung,  Capita- 
listen  zur  Uebemahme  der  Fabriken  zn  bewegen  und  den 
staatliehen  Fabriksbetrieb   «ranz  aufzulassen.    Josef  erneuerte 
später  dringend  diese  Weisungen,  jedoch  ohne  Erfolg.  Einige 
dieser  Fabriken  wurden  bis  ins   19.  Jahrhundert  vom  Staate 
betrieben,  so  die  von  Karl  VI.  begründete  Neuhauser  Spiegel- 
fabrik bis  zum  Jahre  1830^  ^  die  Linzer  Wollenzeu^abrik  bis 
IdÖO;  am  längsten  erhielt  sich  die  Porzcllanfabrik  in  Wien, 
die  erst  auf  Andringen  der  österreichischen  Volksvertretung 
angelassen  wnrde. 

Dnieh  Gewtthrung  von  GeldnnterstUtznngen  ans  der  Com- 
merzialcassa  wnrde  die  Errichtung  von  Fabriken,  namentlich 
die  Einbürgerung  neuer  Industriezweige  zu  fördern  gesucht. 
Die  zur  Verfügung  stehenden  Geldmittel  waren  zwar  nicht  be- 
deuteiul,  aber  die  Kaiserin  zögerte  nie,  su  oft  ihr  die  Noth- 
wendigkeit  oder  P^rspriesslichkeit  vorgestellt  ^vurdc,  jerlem  An- 
trage zuzustimmen.  Unterstützungen  bis  zum  Betrage  von  350  Ü. 
konnte  der  Commerzienrath  im  eigenen  Wirkungskreise  g6> 
währen,^  bei  griJssorcn  Betrugen  mnsste  eine  Vei*8tändigung 
zwiBchen  den  rerschiedenen  Behörden  erfolgen  und  eine  kaiBer- 
liehe  Qenehmigung  nachgesucht  werden.  Nicht  selten  ging  die 


'  Maiia  Thereiia  bat  über  die  Thätigkeit  de«  Commendireetoriums  ein  ver- 
inehteadee  UrtheU  geftlll  «Uebfigeiw  wird  dem  Cominenieiuath  ob- 
liflfea*,  heiiBt  es  in  einer  Enteohliesfong  «nf  den  Vortrag  Tom  6.  Angoat 
1768,  ,worin  Aber  den  Znatend  der  Kladmber  Fabrik  Bericht  erstattet 
wurde,  kanftighin  auf  der  Fabrikatiir  iieasere  Obsorge,  als  nicht  Ton 
dem  ehemaligen  Comitterziendirectorio  geschehen,  an  tragen,  deren  Hän- 
iiikI  Gebrechen  sogleich  abzustellen,  dahingegen  aber  anch  denenselben 
die  ndthige  Hälfo  nnd  Beistand  angedethen  an  lassen  oder  erwirken  an 
machen*. 

'  Kaiserlicho  Entwrhlie.'iMiiitj:  v(jin  4.  .lanuar  1830.  lieber  die  anderen  Fa- 
briken die  Ausführungen  im  Anhange. 

*  Voitiag  Tom  7.  Jnli  1762.  Im  Jahre  1762  betrugen  die  Einnahmen  der 
ComamiencaaBa  309.S57  fl.  (Vortrag  vom  83.  August  1764.) 


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10 


Weisung  zur  Unterstützung  eines  neuen  Industriezweiges  von 
der  Kaiserin  aus,  sei  es,  wenn  ilir  irf^cnd  eini  Nachricht  von 
einer  im  Auslande  errichteten  Fabrik  zukaiu,  oder  wenn  sie 
aus  den  ciii;re.scii(leten  Berichteu  der  Commerzconsesse  ent- 
nahm, dass  die  heimischen  Erzeugnisse  dem  Bedarfe  nicht  ge- 
nügen, oder  wenn  Pässe  für  die  Einfuhr  irgend  einer  Waare 
,  gefordert  wurden.  Die  Liinderconsesse  waren  niindich  ange- 
wiesen, jährlich  Ausweise  einzusenden  über  die  Veranstaltun- 
gen, ^welche  für  das  Connnerziuni  und  ^lanut'aeturwesen  ge- 
troffen worden  seien',  und  zugleich  die  t?lwa  zu  trefienden  Vor- 
kehmngen  Air  das  kommende  Jahr  anzugeben.  Die  Berichte 
sollten  Angaben  enthalten,  welche  Fa])ricatnr  zu  vermehren, 
durch  welche  Mittel  dies  bewerkstelligt  werden  krhmte,  welche 
neue  Industriezweige  einzuftihren,  welche  Waaren  zu  verbieten 
seien.  ^  Seit  17G<)  \\ m  deu  besondere  Couuuissärc  abgesendet, 
um  einerseitJj  Erhebungen  Uber  den  Stand  der  Industrie 
zu  maclieji.  sowie  die  indtistriellen  und  gewerblichen  Kreise 
oinzuvernehmrn.  wclcln'  Massnahmen  getroffen  werden  sollen. 
Durch  die  Hast,  allr  l)*  laugreichen  Bedürfnisse  durch  heimische 
Erzeugnisse  zu  befriedigen,  wurden  vit  le  Unternehmungen  ins 
Leben  geiufen,  die  nach  kurzem  In  stande  wieder  eingingen. 
Manche  konnten  nur  durch  fortwährende  hetriiehtÜche  Oeld- 
hilfe  erhalten  werden  vuid  ^'ingeu  erst  naih  Jahrzehnten  in 
den  Besitz  eines  intelligentcu,  thatkräftigen  Mannes  über,  dem 
es  gelang,  Dauerndes  zu  schati'cn.    Die  Kunde  von  den  Be> 

*  An  sXmmtlich«  Lindentellen»  2.  Novemlior  1763.  Welehe  Anftuüenatgen 
von  der  Kaiserin  gestellt  vrardeOf  ist  aiu  einem  Handbillet  vom  S9,, 

acc.  30.  August  1771  orsichtlich.  Die  auschlüssigo  Tabelle  über  den 
i^t.iTnl  firr  Mannfactnr  in  Stfiennark  theilp  uli  doin  ('ommorzienrath  !enm 
«lieusamon  Gebrauch  mit,  uuii  sind  dh^  jrlcirhiniissigeii  Tabelleu  auch 
von  deu  Ubrigou  Läuderu  abzufordern  umi  mir  zur  Eiosicbt  vorsul^eu; 
es  mttssen  jedoch  in  donselben,  nm  von  den  ConuneninlkiiABn  eines 
jeden  Landes  ein  verUssliehes  Urtheil  schöpfen  su  können,  nicht  nnr, 
wie  ID  dem  gegenw|{rti<rcn  Äuswoiae  geschieht,  die  Producta  artis»  son- 
dem  atic'li  Ijoyl'infig  die  Erzeugnissen  der  Natur  angomerket,  anbey  der 
Consumo  von  dem  Tnmsito  atirresMndcrt,  iiiifl  was  an  ein  oder  dem  au- 
ilern  pro  Consumu  aiuigufübn  wurden,  klar  ausgewiesen  werden,  welche« 
mittelst  deren  Uauthextracten  gar  leicht  eriioben  werden  maf,  m  den 
Ende  dann  dem  steirisdien  Commeraconsess  anfsutragen  ist»  dass  selber 
über  die  dasigen  Producta  natarae  in  der  bemeldten  Art  obenmiUsig  an- 
noch  eiue  Commerzinltabello  verfassen  Dttd  solche  als  einen  Nachtrag 
zur  gegeuw&rtigeu  eiu^diicken  solle. 


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11 


stroliuuixt^n  der  Kegiorung  zog  viele  Fremde  nach  0<'stem'ieli, 
welche  aussichtsreiche  Anträge  steUteu^  die  sie  jedocii  niclit 
immer  zu  verwirklichen  vermochten,  und  es  ist  jedenfalla 
beseichnend,  dass  die  meiBteii  Industriezweige^  die  später  zu 
grOflserer  Aosdehnuiig  geUngten,  Ton  EVemden  eingebürgert 
wurden^  eine  Efseheinung,  die  sich  auch  im  19.  Jahrhundert 
wiederholt 

Erst  in  dem  letzten  Jahrzehnte  der  Kegierung  Maria  The- 
resias trat  in  dieser  Beziehuii;^  eine  Aenderimg  ein.  Bereit- 
willig hatte  die  Kaiserin  bisher  alle  Anträ^re  auf  Gewilliruiig 
von  Vorschübseii  und  Unterstützungen  an  ein/A'Iiic  Fabrikanten 
genehmig  und  nielit  unbctrMcbtUche  Suiiiiiicn  liiefiir  an;_'^cwiesen. 
Die  Erfolge^  welche  durch  die  vom  »Staate  ^jrtheilten  Gelduntcr- 
stfltaningen  erzielt  worden  waren,  befriedigten  nicht,  und  auf  An- 
regung des  Staatsratlies  orfoIjTte  die  Weisung,  mit  diesem  Systeme 
m  brechen.^   Ueberhaupt  kann  ein  jeder  zur  Unterstützung 
der  Fabriken  angewendete  Zwang  als  schädlich  angesehen  wer- 
den, lautet  eine  EntBchliessung  auf  den  Vortrag  vom  7.  Januar 
1771,  es  wird  also  künftighin  nicht  mehr  so  leicht  auf  einige 
den  Fabrikanten  zu  leistende  Oeldvorschüsse  einzurathen,  son- 
dern vichnehr  darauf  zu  sehen  sein,  dass  dergleichen  ordinHre 
Waaren  einem  jeden  zu  arbeiten  gestattet  werden  nnir^'e,  indem 
hicdureh  allein  dio  Wohlteiiinjit  und  Concurrenz  mit  fit^nden 
Waaren  gehofft  und  erhalten  werden  könne.   Auch  ziehe  eine 
aUzu  grosse  BegUnst)a:un^  der  Fabriken  ein  wahres  Monopol 
nach  sich,  indem  sich  das  Publicum  gefallen  lassen  muss,  nicht 
lülein  die  eigenen  schlechten  Erzeugnisse  der  Fabriken,  son- 
dern auch  dasjenige,  was  ihnen  mit  Pässen  einzuführen  erlaubt 
werden  will,  um  theures  Geld  zu  bezahlen,  da  sich  die  Fabri- 

'  Die  kftiierlielie  EntBchlientug  wujrde  in  Folge  eines  GutacbteiiB  des 
Btsatsratfaee  erlassen,  ^ns  dem  wichtigen  Satie,*  heisst  es  in  dem  fichiift- 
itttcke  Binder*8,  »dass  die  Industrie  mSglielist  m  befördern  nnd  das  Geld 
im  I^de  sn  behalten  sei,  haben  wir  die  richti^^u  Folgo  gezogen,  dass 
unserea  eigenen  £nieugnisH<'ii  na  ht  besser  aU  dorch  Verbote,  Monopole 
und  Zwang  aufgeholfen  worden  k-iniH'.  Es  w-tre  zu  wünscbcn,  d.'is>s  der 
Cominorzienrnth  soiii«"  VoilioVie  für  FabriktMi  und  seine  'WillfalnI^'keit 
tn  GeldvorschUttseu  miii^igü  und  statt  des  Zwaii::«'»  nach  und  nach  niohrorc 
Freiheit  einftihron  möcht*».'  ,Alle  Uebel,*  meinte  liliimegen,  ,rübren  von 
den  Von$chi!b«ou  her.'  Staatsräthliches  Gutachten  über  das  Protokoll  des 
Conunenueniathes  yom  7.  Jannar  1711.  Den  Anlsjis  gab  ein  Gesuch  der 
Psazinger  Fabrik»  die  bereits  damals  dem  Staate  Unsummen  gekostet  hat 


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18 


ken  bc»fleissen,  die  fremden  Waaren  von  schlechter  (jrattung 
wohlfeil  Hiiäuschaffen  und  tliourer  zu  verkaufen.  Auch  spHter 
wurde  dem  Commcrzicnratlic  cinf^cschärft,  auf  die  Gewährung 
von  Vorschiis.seii  au  die  Fabriken  nicht  mehr  einzurathen, 
,a!!crinasseu  dergleichen  Fal)rikeu,  die  ohne  Vorschüsse  nicht 
fortkommen  können,  allenfalls  ehender  aufzulassen  sind".  ^  Nur 
wUrdig'en  Personen  sollten  von  nun  an  Beiträg*"  y.nv  Anschaf- 
fung von  Werkzeugen  und  ArbeitsstUhlen  bis  znin  Betrat:  ^  von 
300  fl.  gewährt  und  vierteljährlich  die  Ausweise  vorgelegt 
werden.  * 

Die  Errichtung  von  Fabriken  wurde  durch  Krtlieilung 
von  ausschhessliehen  Privilegien  zu  ftirderu  gesucht.  Seit  Karl  VI. 
erblickte  man  darin  ein  Mittel,  einige  Industriezweige  einzu- 
bürgern, *  und  die  Regierung  Maria  Theresias  hielt  daran  in 
den  ersten  Jahrüiehuten  fe«t  Die  privilegirten  Fabriken  er- 
hielten die  ausschliessliche  l^x  tugniss  zur  Erzeug  uil"  bestimmter 
Waaren  in  einem  Lande  oder  auch  nur  in  einem  Bezirke. 
Gleichzeitig  wurde  'li<»  Hinfuhr  der  von  denselben  erzeugten 
Artikel  verboten  uiirl  nur  für  den  Fall  gestatt<'t,  ,wenn  die 
Corapagnie  un?<'aelitet  allen  Fleisses  die  Liincier  damit  nicht 
versehen  k'iiiüic'.  Die  Kitlu-iinng  eines  Passes  ])elHirs  Kiitfuhr 
von  Waaren  sollte  nur  mit  Zustimmung  der  betretfendeu  Fabrik 
erfolgen.  Wohl  fehlte  es  nicht  an  Klagen  Uber  die  vielen  Pri- 
vilegien, , wodurch  der  monopolistische  Gewinn  nur  Fin/elnon 
zugewendet,  unzählige  Andere  aber  ins  Verderben  in  macht 
würden*^.  Speeiell  in  Wien  wurde  von  Seiten  des  Sta  Itmagi- 
strates  und  des  Handclsstandes  auf  die  Nachtheile  derartiger 
Privilegien  hingevriefieu.  *•     Das  Commerzdirectorium,  unter 


*  EritschJiossiin«^  auf  il.is  Prnf..l<nll  vom  1.  AiifjiHt  1774,  rep  27.  AllgaBil774. 
'  Protokoll  (los  Conimerzieuratht's  vom  l'J.  .Sei)(i.'mber  1774. 

*  Vgl.  die  Privilegien  für  die  Linzör  Fabrik  Codex  austriacus,  IV,  227 
vom  Jahre  1717,  ferner  Abr  die  orieatelisehe  Fabrik  vom  8.  Jeanar  1726, 
für  die  Erriditnng  einer  CkiM>  und  SilberbortenfaMk  vom  7,  Win  I7S7; 
Hainbtuiger  Tnchfiibrik  1796  Codes  AnatrieciM,  IV,  896»  vgL  audi  17.  Jtdi 

1731 

*  So  mit  fho  Krtlieiiuiitr  eine»  ausscliliesslichtiu  liademmn^rnzin.s  zur  Hehtinur 
der  PapiertabricAtiou  an  einen  gewiMou  Kohlmünzer  im  Jahre  1754, 
femer  de«  dem  Bnehhiadler  TrAttner  etmehliewUcli  dM  Recht  ertbeilt 
wofden  oei,  die  Bttchhinderei  en  treiben,  wodnrch  den  bOii^lSchen  Biieh* 
bindern  viele  Arbeit  entgehe»  indem  «r  16  GeBeilen  halte  nnd  mehrere 
Jungen  anidinge* 


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18 

Oboteck's  Leitung,  suchte  jedoch  die  Masffidahmen  zu  rechtforti' 
gen.  Dass  derartige  Privilegien  mehr  hemmen  uls  fbrdern,  wurde 
bereitwillig  zugestanden,  aber  nur  in  dem  Falle,  wenn  sie  auf 
längere  Zeit  gewährt  werden;  mnn  vcrl(;ihe  sie  jedoch  nur  auf 
einige  Jahre,  um  während  derselben  tttchtige  Arbeiter  zu  ,er- 
zügcln'.  £inige  Fabriken  benOthigen  anfangs  grosse  Capitalicn 
und  hätten  in  den  ersten  Jahren  grosse  Einbusse  zu  erleiden; 
ohne  £rthcilun^  von  Privilegien  fkUide  sich  Niemand,  der  der- 
artige gefährliche  Unternehmungen  ins  Leben  rufen  würde. 
Zwischen  den  verschiedenen  privilegirten  Fabriken  gab  es  nicht 
sehen  Streitigkeiten«  welche  zumeist  in  der  Heranziehung  der 
Arbeiter  ihren  Grund  hatten.  So  führte  die  Schwechater  Fabrik 
darüber  Klage,  dass  die  orientalische  Fabrik  in  dem  Viertel 
oberm  Manhartsberge  die  Wollspinnerei  ausbreite  und  dadurob 
die  Baumwollspinnerei  schädige.  Die  Cottonfabriken  mUssen 
,mit  höherer  Hand  beschützt  werrlfn,  um  das  Wohl  des  Wald- 
viertels zu  fbrdem*.  *  Jahre  hindurch  wurde  die  Frage  erörtert, 
welche  Fabriken  grössere  Berücksichtigung  finden  sollen.  Das 
Commevzdirectorium  huldigte  der  Ansicht,  dass  die  Cotton&bri- 
ken,  wozu  das  Materiaie  in  der  Fremde  erkauft  werden  mUsse, 
bei  Weitem  nicht  den  Vorzug  verdienen,  dessen  die  Wollmanu* 
factur  wQrdig  s^  weil  diese  mit  der  Verarbeitung  der  eigenen 
in  grosser  Menge  vorhandenen  Wolle  einen  ungleich  grösseren 
Noteen  Tersehaffe.  Die  Kaiserin  entschied  jedoch  im  en^egen- 
geselBten  Sinne,' 

'  Note  vom  30.  October  1752. 

*  Protokoll  des  Commerzdirectorioms  vom  23.  Februar,  rep.  10.  März  176L 
Dto  kainrl,  Bnt^U«nti^  lavtet:  4^  Ü»  Cotfamftbriqtteii  d«m  Staat» 
und  dAm  NahmncMtande  auch  jener  kfinUiehen  nnd  sehwacben  Per- 
ionen, die  SU  anderen  Arlieiten  nicht  i»iq;lieh,  so  betrloMlichea  Nutzen 
vorsclinfTon,  dio  bilance  hingegen  zeigt,  wienach  die  jezo  bestehende 
derlei  Fabriqucn  die  ganze  Erfordemiss  an  ganz-  und  halben  Cottonen 
noch  nichl^  und  au  Uarchent  gar  wenig  hervorbringen,  daa  baumwollene 
Strickwerk  aber  Cut  allee  «naser  Landes  beigeeehaSt  werde,  nieht  ndnder 
auch  das  Yerbot  wegen  Einbringang  der  gans>  nnd  halben  Cottonen  in 
allen  Erblftndem  noch  nicht  bestehe,  dann  endlichen  die  biengen  Lande 
das  rohe  Matoriale  aus  der  ersten  Hand  haben  und  dessen  Transport  in 
anderf»  T-arido  dahier  transitiro,  fUrzndenken  »ein  dOrfte,  noch  mehre 
Cottoutabri«j[uen  anzulegen  nnd  sodann  den  Verbot  der  Einfithr  auf  alle 
Lande  anadifleklieh  sn  entrecken,  femers  Parchetfabriqnen  nnd  banm- 
wollene  fitrickwecfce  einanricbten,  dann  jene  oder  mit  der  Zeit  dae  tna- 
dtitende  dieeüllige  nbe  Materiaie  mit  ^ner  Abgabe  an  belegen,  anf 


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14 

Der  Anstel  zum  Bruche  mit  diesem  PriTtlegiensystemc, 
welches  einzelne  Gesellschaften  oder  Fabriksinhaber  ausser* 
ordentlich  begünstigte  und  jeden  Mitbewerb  in  den  betreffen- 
den Industriezweigen  unmöglich  machte,  ging  vom  Throne  ans. 
Als  die  Erneuerung  des  Privilegiums  fUr  die  Schwechater  Fabrik 
bevorstand,  erklärte  die  Kaiserin,  dass  sie  ein  Privilegium 
exclusivum  zu  ertheilen  nicht  weiter  gewillt  sei,  ,da  die  exclu- 
siva  höchst  schädUch  sind  und  in  Ansehung  derer  Fabricaturen 
auf  die  möglichste  Vermehrung  im  ganzen  Staate  das  Augen» 
merk  gerichtet  werden  müsse/  ^  Vergebens  wurden  ihr  Vor- 
stellungen gemacht.  Wenn  die  Fabrik  nur  zwei  Monate  lang 
mit  dem  Verlag  der  Spinnerei  innehielte,  würde  der  Contri- 
butionsstand  von  ganz  Oesterreich  unter  der  Enns  in  eine  Ver- 
leijenhcit  gcrathen.  *  Es  sei  zu  bezweifeln,  ob  Privatgesell- 
schaitcn  in  jetziger  Zeit  ein  Unternehmen  beginnen  würden, 
welches  viel  Capital  erfordere,  anfangs  mit  Verlust  verbunden 
sei  und  in  der  Zukunft  mir  zwcil'clliaften  Gewinn  verspreche. 
Die  orientahsche  Compagnie  habe  einen  \'erlust  von  150.000  fl. 
erlitten:  die  Schwechater  Fabrik  sei  nach  dem  Urtheile  der 
Fremden  die  vollkommcuste  der  Art.  nur  liabe  sie  Mangel  an 
Gespinnsten.  Keineswegs  werde  die  Errii  htung  neuer  Fabriken 
so  raseli  von  JStatteu  gehen,  um  den  Aljgang  zu  ersetzen,  wel- 
cher durch  die  Einschränkung  der  Schwechater  Compagnie 
gewiss  erfolgen  ^viu•de.  Bei  dieser  Gelegeulieit  entwickelte  das 
Commerzdirectorium  auch  einige  Ansichten,  welche  eharakto- 
ristiseh  sind.  Es  frage  sich  auch,  in  welchem  Liblandc  eine 
Cüttunfabrik  zu  errichten  sei.  Schon  bei  der  Erriehtuni,'  der 
orientalischen  (^mpagnie  habe  mau  tVir  die  Bannnvollspinnerei 
und  (.'ottonweberei  die  österreichischen  Kiluuinlc  ausersehen, 
die  böhmischen  ErblUnder  lur  die  Kinbiir^enmg  der  Schafwoll- 
und  Leinenmanufactur  wählen  zu  solK  u  ;^ri:laubt.  Man  sei 
beschäl ti^^t,  in  den  letztgenannten  Gebieten  die  leinen  und  ordi- 
nllren  Tuchfabriken  emporzubringen,  die  Erzeugung  von  wol- 
lenen, halbwollenen  und  iiulbleineucu  Zeugen  einzufülu*en,  die 


daM  die  fremde  Ck>ttonikbriquw  denen  hiesigen  nichi  wohl  gleiefa  arbeiten 
und  dien  letetere  so  viel  mehr  emporkommen,  eofort  anoh  ihren  Ver- 

scbleitw  ad  extra  treiben  mOgen.' 
'  Kaiserliche  Eateehliewnng  auf  den  Vortrag  yom  8.  April  1761,  rep. 

25.  April  1761. 
*  Protokoll  vom  28.  Joni  1761  and  andere  bchrift$tUcke. 


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15 


Leinenfabrication  in  Gang  zu  erhalten  und  eyentuell  zu  ver- 
mehren, Wachslcinwand,  wollene  StrUmpli;  und  Strumpfwirkerei 
zu  bc^lnati^en.   01>  mm  aber  auch  noch  mehrere  Cottoiifabri- 
ken  im  Lande  zu  errichten  und  die  Industrie  auf  diese  Weise 
auf  alle  uiuglichen  Gattungen  anzuspannen  räthlieh  sei,  ^'etraue 
aich  das  Dürectorium  nicht  zu  bejahen.  Es  sei  wohl  kein  Zweifel, 
daas  derartige  exclusive  Privilegien  schlUlhch  seien^  allein  in 
gewissen  Fällen  seien  dieselben  nothwendjg.    WUrde  das  Fh- 
vileginm  Air  die  Fabriken  zu  Schwechat  und  Sassin  mit  Ende 
1762  mdh^na^  dann  würde  es     Oesterreieh  wohl  Jedermann 
freistehen,  CSotton&briken  naeh  eigenem  Gefallen  za  erriehten, 
sn  weben  und  zu  drucken,  die  bestehenden  Fabriken  werden 
aber  ihre  Erzeugung'  eiuscliränken  und  nur  die  sieliercu  Be- 
stellungen   beibehalten,   woduixlt  jedoch   die  Cuttoulabricatur 
nicht  vermehrt  wurde.   Man  möge  daher  der  Schwcchater  luid 
Sassiner  Fabrik  vuu  der  bevorstehenden  Aufhebung  liircr  i:  abrik 
nichts  kund  thun,  um  sie  in  ihrem  dermahgen  Eifer  und  Be- 
theb zu  erhalten.  Ohnebin  erstrecke  sich  das  Privilegium  nicht 
snf  die  bobmischen  Lande,  wo  es  daher  Jedem  freistehe,  sich 
sof  die  CSoltonersengung  zu  verlegen.  ^ 

Die  Kaiserin  liess  sich  nicht  irre  machen  «nd  wurde  in 
ihrer  Ansicht  im  Laufe  der  nächsten  Monate  noch  mehr  be- 
aOrkt,  als  Klagen  der  ungarischen  Kaufleute  zu  ihr  drangen, 
dass  die  Schwechatcr  Fabrik  die  bei  ihr  vor  ^lonatcn  ge- 
seilten Bestellungen  nicht  ausführe.   In  der  That  erschien 

'  AUenmtertliiiügsto  Note  vom  4.  Juoi  1761,  onteneicbnet  Chotek.  Di« 
kuMrliehe  ESntschlieasung  laatot:  »Privilegia  excliuiva  su  ertheilen  ut 
Oft«»  «afloglichen  uSthig,  solelie  aber  su  entrecken  nadinukb  schld- 
lieh;  ttoA  gleiobwie  in  aUen,  insbesondere  aber  in  Commenialsaehen  bona 
Ilde  ftiipegaiigea  weiden  mnae,  so  ist  der  schwechater  Cottontfabriqoe 
Compagnie  von  nun  an  su  bedeuten,  deae  ich  denelben  allen  Schutz  zur 
Beförderung  ihrer  Fabrique  angedeiheu,  auch  es  allem  bevur  bey  dem 
Verbot  der  Einfuhr  dieser  Cottonwaareii  ans  fremdeu  Landen  imniRrliin 
bewentlen  bisse,  kein  pnvativuni  aLt-r  hierüber  in  Zukunft  niolir  accor- 
diren  werde;  diMu  publico  i.st  weit«'r.s  hiernach  /.iiß'hMch  j^ewr.hnl icher 
inaaiisea  uicLt  nur  der  fernere  Verbot  der  Kiufuiir  sutliauer  (Juttoue  auh 
framden  Ltanden,  •ondera  auch  bekannt  au  uiadben,  wi«naab  das  der» 
nalige  tabebliiende  dletflUligu  prlvatiTiun  nach  ezapirirang  des  Termini 
Mite  und  eieb  jedermann,  der  ein  derley  Fabriqne  an  enichten  willens 
**t»  bei  dem  Commeniendiieetorio  hierwefen  melden  kOnne  und  aolle; 
io  BeMT  der  ^rfh^vi^  derley  Fabriqaen  in  Böhmen  gewirtige  das» 
jMUge^  wis  vom  dasigen  Gbnaess  kierilber  berichttiok  einlangen  wird.* 


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am  SeUiUfle  des  Jahn»  in  dem  wienerischen  Diarium  die  Aller- 
höchste Verordnung  Yom  16.  December  1761:  ,Da  bey  Verlauf 
des  mit  Ende'eilcsehenen  Pririlegii  privativ!  der  Cottonfabriken 
zu  Schweehat  nnd  Sassin  die  Kaiserin  keine  weitere  Verlän- 
gerung dert^ben  m  bewilligen  noch  ftrohin  auf  die  Cotton- 
erseugung  ein  Exelusivnm  in  dero  Erblanden  zu  erthcilcn  ge- 
denke, 80  wird  mit  Anfangs  1768  Jedermann  irejstchen, 
ersagte  Cottone  zu  &hridren  nnd  die  hiezu  erforderlichen  Spin- 
nereien allerorten  ansnlegen,  wo  deriej  Spinnereien  von  den 
beyden  Fabriken  au  Sehwechat  und  Sassin  nicht  schon  ein- 
gefUbret  und  in  wirkUchem  Verlage  sich  befinden,  da  allermassen 
es  bey  der  verbothenen  Einfuhr  aller  fremder  Cottone  sein  un- 
Terändertes  Verbleiben  habe^ 

Die  unbedingte  Freiheit,  Fabriken  errichten  zu  dUrfen, 
wurde  nach  einigen  Jahren  vielfach  angefochten.  ^  Die  dagegen 
sprechenden  Grttnde  sind  in  einer  Denkschrift  zusammenge- 
faast  Anfangs  sei  diese  Freiheit  durch  die  nothwendige  Con- 
currena  erforderlich  gewesen.  Wenn  hingegen  mehrere  Fabri- 
ken derselben  Gattung  schon  vorhanden  seien,  deren  Verschleiss 
lediglich  auf  den  inneren  Verbrauch  gerichtet  sei,  oder  wenn 
die  Möglichkeit,  Absatz  im  Auslände  zu  finden,  fehle,  so  würde 
die  übermässige  Concurrenz  sowolü  dem  Unternehmer  als  auch 
dem  Verschleisser,  endlich  auch  dem  PubHcum  nachtheilig  sein. 
Kein  Fabriksunternehmer  sollte  daher  ohne  vorläufige  Anzeige 
und  Concession  an  die  Errichtung  schreiten  dtlrfen,  und  zwar 
wäre  eine  behördliche  Zustimmung  nöthig  bei  den  Cotton-, 
Zitzen-,  Wollzeug-  und  feinen  Tuchfabriken,  ebenso  auch  bei 
Erzeugung  von  Sammt,  reicher  Seide,  Seidenstoffen  und  Bän- 
dern, Messing-  und  Drahtwaaren,  Ikm  Porzellan  und  Spiegeln, 
bei  Leder,  Wachsleinwand  u.  dgl.  m.   Die  Consesse  hätten  bei 

'  la  «inlgen  Lindern  forderten  die  fewerUichea  Kreiee  Beeeluialnuig« 

In  Reiehenberg  führten  die  Commerzialzünfte  Klage,  dass  die  Errich' 
tiing  von  Fabriken  für  <l.is  Tucliiiinoljcrliandwork  nachthöilip  sei.  Achn- 
lich  sprachen  sich  dio  Lcinonwcber  aus.  In  Mähron  bomänpoltt'n  die 
Starnberger  Weber  die  beabsichtigto  Gründong  einer  Fabrik  in  Langen- 
dorC  Ohnehin  liabett  die  Weber  dnieh  die  Jeaowiteer  Fabrik  —  eine 
Uniemebmnnf  dee  Grafim  Hanaeb  —  eine  merUiehe  VerkUnma^  er^ 
ibhren.  Würden  noch  mahrere  deriei  Fabrlkon  t  rriohtet  werden,  so 
werden  die  Game  im  Preise  »teigen,  wodurcl»  viole  Hun(U'i-t  Wobor- 
meiBter  s.nmrnt  Weib  nnd  Kind  an  dfn  ol«'H'l"ston  Hottel«t*b  gebracht 
wttrdon.    Schriftstficke  ans  den  Jahren  176ö  und  1771. 


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IT 


Ertheiliing  einer  Concession  zu  untersuchen,  ob  der  Unter- 
nehmer mit  den  genügenden  Mitteln  versehen  sei,  ob  er  durch 
seine  persönlichen  Eigenschaften  der  Sache  gewachsen^  ob  aus 
dem  vorgelegten  Plane,  aus  der  Lage  der  Fabrik,  axm  der 
grösseren  oder  geringeren  Entfernung  des  Bezu^ortes  des  Roh* 
Stoffes  und  aus  anderen  Umständen  abzunehmen  sei,  dass  das 
Fabricat  zu  einem  anständigen  Preise  werde  geliefert  werden 
können,  ob  die  inländischen  gleichen  Erzeugnisse  schon  derart 
wären,  dass  sie  sich  der  Vollkommenheit  nähern,  ob  die  übri- 
gen Fabriken  fUr  den  Bedarf  ausreichen  oder  nicht^  endlich  ob 
die  Wahrscheinlichkeit  vorhanden  sei,  dass  der  zu  erzeugende 
Artikel  sich  ftlr  den  Export  eigne.  Der  HofcommersEienrath 
hätte  nun  in  Bezug  auf  sämmtliche  Erbknde  sein  Augenmerk 
dahin  zu  richten,  dass  dergleichen  Concessionen  nur  für  die 
Befriedigung  des  inneren  Bedarfes  ertheilt  werden  und  in  Folge 
dessen  die  Passertheilungen  hinwegfallen  können.  Das  Aerar 
würde  daraus  den  Vortheil  ziehen,  dass  die  von  ihm  bisher 
ertheilten  Vorschüsse  eingestellt  werden  könnten.  Femer  sollte 
in  einem  Patente  der  Unterschied  zwischen  Fabriken,  Manu- 
factnren  und  commerziellen  Zunftarbeiten  festgestellt  werden, 
denn  es  sei  für  den  Unterthan,  den  Verschleisser  und  für  das 
Pubhcum  gleich  nachthoilig,  wenn  eine  zur  Manufacturarbeit 
groignete  Fabricatur  in  eine  Fabriksuntemehmung  ,Uber8etzt' 
wird  oder  umgekehrt,  da  durch  eine  derartige  theilweise  Ver- 
änderung der  Nahrungsstand  im  Ganzen  keinen  Zuwachs  er- 
lange. Manche  Fabriken  seien  vortheilhait,  wenn  sie  in  den 
Schranken  von  Lehrschulen  erhalten  werden  können,  sonst  aber 
nachtheilig.  Den  Zünften  wäre  die  Tuch-  und  Hutmacherei, 
die  Strumpfwirkerei,  die  Erzeugung  von  reichen  und  seidenen 
Stoffen,  Dünntüchem,  Galonen,  Tressen  von  Gold-  und  Silber, 
P<»amentierarbeiten  zu  überlassen.  Als  Manufacturarbeiten 
wären  zu  erklären  die  Erzeugung  von  Leinen  und  Halbleinen, 
sowie  der  gemeinen  Gattungen  von  Wollweberei,  Barchent, 
Mousselin  und  Schleier,  alle  Arten  von  Stickerei,  Spinnerei  und 
Zwirnerei,  Taffet,  leichte  und  halbseidene  und  Florettzeuge, 
Grepp  und  Seide,  Woll-  und  BaumwoUfabrication,  Knöpfe, 
Spitzenmacherei  u.  dgl.  Es  sei  auch  ein  Uebelstand  der  be- 
stehenden Freiheit  der  Fabrication,  dass  sich  alle  Gattungen 
von  Kunsterzeugnissen  in  alle  Erblande  verbreiten,  wodurcli 
der  stärkere  Betrieb  in  jedem  Lande  gehemmt,  die  Aufsicht 

ArekT.  UUULL  Sd.  l.  um$.  % 


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vervielDlltifrt,  d\o  llandelsverbiiifhiup  zwischen  den  verschiede- 
nen ilri)l;in(len  gehindert  werde.  Es  wUre  la  Zukunft  von 
fülgendt-n  ( lesielitspunkten  auszuj^ehon.  Leinwand  scheine  flir 
alle  Krbhindc  geeignet,  folglieh  sei  die  t'hielis-  und  Hanferzeu- 
gung  überall  anzurifern,  die  feinen  und  mittleren  Leinwände 
hingeo^n,  sowie  Battist  und  Schleier  wären  mehr  für  Böhmen, 
sodanu  lur  die  (tebirgscre^cnden  Sehlesi(^ns  und  Mährens  vorzu- 
behalten^ wilhrend  L^ngaiii,  Siebenbürgen  und  Innerösterreich 
auf  die  schweren  und  gemeinen  Leinwände,  die  einen  langen 
Transport  lüeht  vertragen  und  einen  beträchtlichen  Absatz  m 
Ungarn  besitzen,  zu  richten  wäre;  die  8])innerei  und  Zwir- 
nerei wären  in  ähnlicher  Weise  einzurichten;  die  Leinwand- 
fal>ricaturen  könnten  in  Oesterreich  ob  der  Enns  belassen  wer- 
den, für  die  Baumwolimanufactur  scheine  Oesterreich  unter 
der  Enns,  dann  das  flache  Land  in  Mälircn,  welches  mit  Woll- 
spinnerei noch  nicht  })elegt  sei,  geeignet  und  daher  daselbst 
zu  })egründen;  Barchent  und  Mousselin  gehören  zwar  zur  näm- 
lichen Gattung,  da  jedoch  mit  der  Erzeugung  dieser  Artikel  be- 
reite in  Böhmen  der  Antang  gemacht  worden  sei,  mögen  die  be- 
stehenden Fabriken  daselbst  erhalten,  neue  Coneessionen  jedoch 
nicht  ertheilt  werden;  die  ijaumwollstickerei,  die  Erzeugung  der 
ll;inmwollflöre  und  Halsbänder,  sowie  die  hiezu  erforderliche 
Spinnerei  wäre  vorzüglich  in  den  Gebirgsgegenden  in  Oester- 
reich ob  der  Enns,  Steiermark  und  Kärnten  anzueifcrn,  zur 
Verarbeitung  der  Schafwolle  scheine  Böhmen  vorläufig  am 
meisten  geeignet,  ohne  jedoch  andere  Länder  in  dieser  Be- 
ziehimg zu  beschränken,  da  Wolle  fast  in  allen  Ländern  er- 
zeugt werde;  für  Jie  Seidenwaaren  werden  0(5rz,  Gradisca, 
das  l^iturale  und  ein  Theil  von  Untersteiermark  und  Unter- 
österreich in  Vorschlag  gebracht.  *  Eine  principiell  wichtige 
Entscheidung  erfolgte  erst  später  im  Hinblick  auf  die  Entwick- 
lung der  Industrie  in  Ungarn. 

n. 

Die  meisten  österreichischen  Handelspolitiker  vertmten  die 
Ansicht,  dass  Ungarn  in  wirthschaftlicher  Beziehung  von  den 


*  Gerann ken  über  den  Mauafaetarenstand  der  k.  k.  £rblande  and  deiMn 
£mricbtiiiig. 


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llbrigeii  Ländern  der  MonArchie  in  einem  Abhängigkettsyerhält- 
nisse  gehalten  werden  mUnse.  Ungarn  sollte  daher  Beingeland 
ftkr  die  in  den  dentBchen  Elrblanden  notbwendigen  Natturerzeag- 
nisse  nnd  Absatagebiet  für  die  daselbst  eraeugten  Industrie* 
produete  bleiben,  eine  Ansicht^  welche  jedoch  erst  seit  den 
Sechaigenjahren  principiell  festgehalten  wurde.  ^  Ans  vielen 
Weisungen  der  Kaiserin  ist  jedoch  ersichtlich,  wie  sehr  sie  ge* 
wünscht  hätte,  dass  auch  in  Ungarn  eine  Industrie  sich  ent^ 
wickle,  und  sie  machte  auch  einige  Artikel  namhaft,  die  in 
den  Erblanden  nicht  wohlfeil  genug  oder  nicht  in  genflgender 
Menge  erteugt  werden,  daher  als  unschädlich  in  Ungarn  ein- 
geCtthrt  werden  können.  Es  muss  jedoch  bei  Beurdieilung  der 
besO^ch  der  wirthschaAlichen  Veihähnisse  Ungarns  ergrifienen 
Massnahmen  im  Auge  behalten  werden,  dass  auch  fUr  die 
dentsch-Ostarreiehischen  Lande  der  Gmndsata  galt,  in  jedem 
nur  gewisse  Waaren  einaubttigern  und  su  begünstigen,  hk  ans- 
ftbrücher  Weise  wurde  die  Stellung  Ungarns  in  dem  Wirth- 
schaftssjstem  der  Monarchie  unmittelbar  vor  dem  Landtage 
1764  in  Erwägung  gesogen.  Maria  Theresia  forderte  nämlich, 
als  der  Zusammentritt  desselben  in  Sicht  stand.  Ton  dem  Pfi^ 
sidenten.  des  Commenuenraihes  ein  Gutachten,  und  die  Mitglie- 
der wurden  daher  angewiesen,  ihre  Ansicht^  danral^n.' 

Reiscbach,  später  als  Vicepräsident  mit  der  Leitung  des 
Oommeraienrathes  betraut,  stellte  an  die  Spitae  seines  Gut- 
achtens den  Sata,  dass  bei  der  E<ntwieklung  der  Industrie  in 
Ungarn  das  Augenmerk  dahin  gerichtet  werden  solle,  den 
deutschen  Erblanden  keinen  Abbruch  au  thun,  namentlich  seien 
nicht  jene  Manu&cturen  in  Ungarn  zu  ftrdem,  welche  den  Ab* 
aug  der  Österreichischen  hemmen  würden.   Die  Hebung  des 


Dia  wahre  CommerziAlsystem  bezfiglicb  des  Zosanunenhanga  der  livn- 
garucben  und  deatschen  ErbUnde  scheine  darin  zu  besteben,  dass  man 
trachte,  so  viel  als  ceterLs  paribus  greschohen  kflime,  Hungarn  an  Volk 
uud  beglückten  Unt^rthauea,  uicbt  ahar  an  dem  »ich  allda  sehr  ungleich 
▼ertbeilenden  6«ld  illaa  reich  cu  machen,  aondera  die  WohUisilhait  der 
Katonfieii  tn  erhalten,  dass  solehe  Ittr  die  Ssterreichiseheii  Lende  er« 
«ftoschliehe  nsehrera  PopolmtioB  der  ladostrie  «lid  den  Fabriken  gleich- 
sam eine  beständige  NahrungsqneOe  sein  mQge.  Ans  eiaeas  Sohrillstllok 
Ton  Mjgind  vom  1.  März  1762 

Handschreiben  vom  3.  August  1763;  das  Gutachten  sollte  sich  auf  die 
den  Handel  betreffenden  Punkte  erstrecken,  wodurch  denk  KSnigreicb 
Ungarn  einiger  MatMU  «od  Yerthelt  vecsdiaflt  weiden  kSnnla. 


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Feldbaues  uiicl  der  Viehzucht  sei  anzuRtreHen:  zu  wünschen  sei, 
dass  Böhmen  austntt  mit  poluiscliem  Vieh,  mit  ungariseheni  sich 
versohen  rattge.  Süwiu  die  meisten  Gutachter  wies  Kcibchach 
auf  die  Wichtigkeit  der  Vermehrung  der  Bevölkerung  hin, 
allein  , diese  sei  iiiclit  nuzuhoffen,  wenn  diejenigen,  die  in  ein 
Land  gelockt  werden,  die  Früchte  ihrer  Arbeit  und  ihres 
FleisseB  zu  geniessen  nicht  versich<M-t  seien,  soudern  wülkür- 
hch  translocirt  oder  j;ar  wegges<  luit^t  werden  können'.  ,Die 
Anziegelung  neuer  Inwnlmer'  sohle  iiiclit  blos  darauf  gerichtet 
sein,  Lundieute  zum  Acker]>au  lieranzuziehen,  sondern  auch 
Professionisteuj  dadurch  werde  den  deutschen  Erblanden  kein 
Eintrair  geschoheu.  indem  ,Ai-tefacta,  so  den  Pracht  betreffen 
und  einigrii  »icschuiack  erfordern,  in  diesen  Städten  nicht  auf- 
kommen, sondern  ferner  aue  der  hiesigen  Residenzstadt  oder 
aus  der  Fremde  werden  genomm«  n  werden'.  Wenn  die  Spin- 
nerei und  Weberei  im  Lande  emgefuhri  seni  werden,  dann 
können  auch  Tuch-  und  Wollenzeugfabriken  entstelle»,  diese 
werden  aber  in  einem  Lande,  wo  die  Einwohner  noch  so  wonig 
zur  Industrie  vorbereitet  sind,  den  Manufacturcn  in  den  deut- 
schen Erblaudcn  um  so  weniger  Schaden  zufügen,  da  die  böh- 
mischen und  mährisrlicn  Tuch-  und  VVoUenzeugfabnkcn  nicht 
im  Stande  seien,  Ungarn  genugsam  zu  vei-sehen,  welches  der- 
artige Erzeugnisse  in  grösseren  Mengen  aus  der  Fremde  als 
aus  den  Erblanden  beziehe. 

,1  )ul)lhoticn*  wies  in  seinem  (iutachten  daraufhin,  dass  die 
Bergwe  rke  einen  grossen  Theil  von  ( >berungarn  ernähren,  und 
dass  mindestens  zwei  Dritttheüe  des  , Bergsegens'  in  der  in- 
ländischen Circulation  verbleibe,  und  zwar  theils  als  Arbeitslohn, 
theils  als  Frachtlohn.  Auch  die  Viehzucht  sei  eine  reiche  Quelle, 
um  fremde  Barschaften  ins  Land  zu  bringen,  ind*^m  das  Erz- 
herzogthum Oesterreich  und  Mähren  jährlich  bei  aO.UUO  Stück 
in  Ungarn  kaufen,  was,  das  Stück  zu  4U  tl.  berechnet,  2  Millio- 
nen betrage.  ,Die  Population'  sei  in  Lhigarn  zu  vermehren.  Würde 
Ungarn  so  glücklich  sein,  ,da8S  (^s  nach  dem  Beispiel  der  deut- 
sclum  Länder  ohne  Benachtheiligung  der  Viehzucht  nach  und 
nach  mehreres  inpopulirt  würde,  so  kiinnte  es  nicht  fehlen, 
dass  es  in  kurzen  Jahren  zu  einem  biiüienden  Wohlstand  ge- 
langen könnte*.  Der  Seidenbau  wäre  allein  in  der  Lage,  .un- 
zähligen Insassen  den  Unterhalt  zu  verschaffen',  ebenso  kr»nnlen 
Farbkräuter:  Krapp,  Waid  und  Küthe  angebaut  werden,  welche 


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jetet  ans  Holland,  Thflnngen  und  Schlesien  in  grotser  Menge 
bezogen  werden  mOssen  und  wofür  das  lyaare  Geld  ausser 
Landes  gehe.  Die  Tabakpflanzungen  Hessen  sich  erweitern,  die 
Erzeugung  inüsste  jedoch  verbessert  werden,  daniit  der  Tabak 
in  fremden  Ländern  Anwerth  fUnde.    Allerdings  mUssen  ,an- 
rt'izende   Mittel*  ergriffen  werden,   deren   sich   auch  andere 
Staaten  bedienen,  um  fremde  Unterthanen  und  KUnstler  her- 
beizulocken.   Man  mUsste  den  fremden  Professionisten  und 
Ktlnstlem  auf  einige  Jahre  freie  Quartiere  anweisen,  die  An- 
flchaffnng  der  Werkzeuge  ttbeniehmen,  ihnen  das  BOrgerreoht 
eyentaeU  gratis  ertheilen,  die  Handekleute  und  Negocianten  zur 
Ysrsflbenmg  der  Waaren  anfirisehen.  Doblhoff  ist  nicht  gegen 
die  EinlMlrgerang  von  Manufacturen  im  Lande,  allein  er  wttnseht, 
dass  blos  solche  beftJrdert  werden,  wofUr  dermalen  das  Geld 
ausser  Landes  gehe,  und  ■wenn  dadurch   anderen  Erl)landeu 
kein  empfindlicher  Abtrag  <xcschelic.    Er  weist  auf  die  Erzeu- 
^ngr  der   Hanfleinwand,   auf  die  Tuchniacherei   liin,  welch' 
letztere  schon  in  einigen  Comitaten  eingebürgert  sei;  da  es  dem 
Königreich  Ungarn  an  Wolle  nicht  fehle  und  die  mährischen 
Tücher  sehr  wohlfeil  seien,  scheine  es  nicht  nothwendig,  Uber 
die  Erweiterong  dieser  Manufactur  besorgt  au  sein.  ,Nach  der 
wahren  Staatsklugheit,'  bemerkte  er,  ,könne  man  mehrere  Län- 
der, so  anter  einerlei  Beherrschung  stehen,  nicht  wohl  anders 
ab  in  der  Totalität  und  ihrem  Zusammenhange,  mithin  nur  für 
einerlei  K<$rper  betrachten;  es  mttsse  daher  das  Augenmerk 
vornehmlich  dahin  <rerichtet  werden,  damit  nicht  ein  Land  dem 
andern  Schaden  zuftige,  daher  auch   nicht  eine  Manufactur 
durch  die  andere  zu  Grunde  gericiitct  werde,  sondern  alle 
^Sorgfalt  sei  darauf  zu  wenden,  jene  Fabriken  zu  erweitern, 
welche  fllr  den  inländischen  und  ausländischen  Handel  noch 
unerklecklich  sind.'    Brspriesslieh  wäre  es,  wenn  Ungarn  sich 
auf  die  £raeugung  von  Halbraseh  und  auf  das  sogenannte 
Abbatttch  veriegen  würde,  welche  Wollstoffe  ,sur  Pracht  des 
gemeinen  Volkes'  dienen  und  mit  geringer  MUhe  zu  yerfertigen 
^d.  Auch  die  ,Eniege]ung^  geschickter  Hntmacher  wäre  ins 
Auge  zu  fassen^  indem  diese  Waare  mit  grossem  Nutzen  nach 
I^sfien  und  Spanien  abgesetzt  werden  könne. 

In  umfassender  Weise  erörterte  Dcpfcluiaiin,  später  die 
einflussreichst«'  Persönlichkeit  in  wirthsehafthchen  Anj^elegen- 
^eiten,  die  commerziellen  und  industriellen  Verhältnisse  Ungarns. 


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Die  EndQgniase  dea  Landes  mtlasteii  iheÜB  vennelirt»  theüs  ver- 
bessert w^en.  Iii  erster  loxiie  sei  die  Veorbesseniog  der  Sehftf- 
waeht,  die  Venaehmng  der  Bienensuokty  bessere  Pflansoog^ 
Sortimiig,  TrooknoDg  und  Packung  des  Tabaks  ansustrebea. 
Die  Lederensengang  sei  ebenfalls  in  Ungarn  einer  Vermehrung^ 
fidüg,  und  der  iUr  den  Seebandel  taugliche  Weizen  erfordere 
eine  besondere  Verbesserung.  In  Beaug  auf  Aussaat  und  Auf- 
bewahrung mttssten  jedem  Gomitate  Aaleitangen  gegeben  wer^ 
den;  au  wtLnschen  wftre,  dass  einige  Dominien  wie  in  Slavonien 
mit  gutem  Beispiele  yorangeben  wfirden.  Ebenso  erfordere  die 
Verbesserung  der  Horavieb-  und  Pferdezucht  bes^mdere  Ver- 
anstaltungen. Die  Fleisch-  und  Buttersalzung  und  der  Export 
verdienen  nAhere  Erwttgnng.  Wo  der  Handel  blühen  soll,  müsse 
auch  eine  prompte  Handelsjustiz  bestehen,  es  kannte  daher 
wegen  Einführung  des  Wechsolrechtes  und  dessen  Legalisiruag 
in  Ungarn  die  ,Anmathung'  gemacht  werden.  Bezüglich  dea 
Weinexports,  der  den  Ungarn  am  Heraen  liegt,  solle  ihnen  der 
Fingerzeig  ertheÜt  werden,  dass  derselbe  nach  Bussland  und 
Polen  auf  den  neu  herzustellenden  Strassen  geftihrt  werden 
kdnnte.  Was  die  Vermehrung  der  Industrie  im  Königreiche 
selbst  anbelangt,  werde  es  nicht  schwer  sein,  den  Ständen  be- 
greiflich zu  machen,  dass  ,von  der  Industrie  die  Nahrung,  von 
derselben  die  grossere  Population,  von  dieser  die  Kräfte  des 
Staates  und  zugleich  die  Wohlfahrt  der  Einzelnen  abhängen^ 
Die  traurige  Lage,  in  welcher  sich  Ungarn  befinde,  den  nOthig- 
sten  Hausrath  und  Kleidung  aus  der  Fremde  zu  holen  und 
anderseits  seine  Naturerzeugnisse  an  den  Mann  zu  bringen  und 
das  weit  unter  dem  Werth  der  Erzeugung  dafllr  erhaltene  Gkld 
wieder  Fremden  zu  geben,  sollte  die  Wohlgesinnten  bewegen, 
Veranstaltung  zu  treffen,  um  den  Uebelstttnden  abzuhelfen.  Es 
sei  daher  auf  die  Entwicklung  der  Industrie  in  Ungarn  vorzu' 
denken,  jedoch  nur  solche  Zweige  derselben  ins  Auge  zu  fassen, 
welche  zu  den  Landesmanufacturen  hinleiten  und  dem  Gtenie 
der  Nation  gemäss  sind.  Nicht  aus  KUcksicht  für  die  übrigen 
Länder,  sondern  aus  der  wahren  Beschaffenheit  der  Sache 
würde  es  übel  Air  Ungarn  gedacht  sein,  wenn  man  an  die  Er- 
richtung von  kostbaren,  mehr  zur  Pracht  dienenden  Fabriken 
denken,  dagegen  aber  die  Iiandesmanufactnren  ausser  Acht 
lassen  würde.  Unter  den  letzteren  seien  Hanf-,  Flachs-,  Baum- 
weil-  und  Wollspinnereien  die  vorzüglichsten.  Die  Spinnereien 


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können  nur  durch  Spimuohulen  entwickelt  werden;  in  jedem 
Gomitat  wie  in  den  königlichen  Städten  wftren  daher  nach  dem 

Beispiele    der  BergHtiidte  eine  oder  zwei  Spinnsehulen  je  nach 
der  Grosso  der  Bev«)lkerung  zu  orrichtiju,   daselbst  in  jßner 
Spinnerei^'-fittung,   welehc  für  das  Coraitat  am  sc-hieklieliston 
wäre,  durch  eigene  LehrmeiBteriuneu  Unterricht  zu  geben,  J5e- 
lohnungen  auszusetzen,  die  GeräthBchaften  und  das  ert'order* 
liehe  Matemi  beizuschaffen.    Es  sei  zweifellos,  dass  die  Ge- 
Bpinnste  *  einen  beträchtlichen  Verschleiss  in  den  deutscherblän- 
dischen  Fabriken  finden  dOrften,  da  die  Linser  Fabrik  einen 
Theil  ihrer  Getpinnste  ans  Sachsen  besiehe  und  die  Friedauer 
Spinnerei  auch  in  dem  Karlatädter  GenenJat  eine  Filiale  «isa- 
legen  gedenke,  in  der  Sdiweiz  viele  Tausend  Ballen  tttrkischer 
Gespinnste   Absatz   rinden.    Was   die    Weberei   anbelangt,  so 
treibe  sogar  die  wallaehische  Nation  dieselbe.   Man  juuge  daher 
in  Ungarn  \V  ebersehulen  erriebtm  und  diejenigen  Manutacta, 
welehe  am  leichtesten  nnd  vortiiedbaftesten  seien,  erzeugen.  In 
den  königlichen  Städten  könnten  die  Baumwollstickerei,  die 
Scckenwirkerei,  die  Hut>  nnd  Hauben-  und  ordinäre  Tuch- 
macherei  eingeführt  werden.   Zar  Hebung  der  Seidencoltur 
wären  bei  den  Städten  und  Dominien  Pflanaechnlen  anzulegen, 
um  die  jSeidenerziegelung'  nach  und  nach  einzuleiten.  Für  die 
FUMhaeraeugung  wäre  die  Anstellung  yon  Versuchen  und  die 
ErdieOung  von  Unterricht  nöthig;  endlich  könne  auch  in  Un- 
gani   dahin  gewirkt  werden^  dass   in   der  Anpflanzung  von 
Tabuk,  Gel,  Hüben,  Färbepflanzen,  Ijaumwüllc  die  Anleitung 
gegeben  wordp.    Die  Lederiabrication  könnte  einen  grösseren 
Aufschwung  erlangen.  ^ 

Mit  den  Gutachten  erklärte  sich  die.  Kaiserin  im  Wesent- 
lichen einverstanden,  aber  sie  machte  auf  einige  Zweige  der 
Lsndwirthschafi  und  des  Gewerbfleisses  anfmerksam,  deren  För- 
derang angezeigt  sei.  Anf  dem  Landtage  des  Jahres  1764 
bitchten  die  ungarischen  Stände  zaUreiche  Beschwerden  Uber 
die  Hemmnisse  des  Verkehrs  vor,' 

lieber  die  Mittel,  welche  zur  Hebung  der  Industrie  in 
Ungarn  ergrifi'eu  werden  sollten,  wurden  auch  später  wieder* 

*  Dmm  Schriftstflek:  Vorläufig«  Gedanken,  wie  die  Yomohlige  in  Com- 
QWfcialibae  an  die  -venanmelten  Stände  des  KOnIgreiehee  Hungern  tu 

bringen,  TOm  8.  Juli  1764. 
'  üandMbreiben  an  den  Grafen  Andlem  Tom  S7.  Juni  1764» 


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holt  GiitAchten  von  dem  Commerzienrathc  verlaufet.  ,Nach  der 
für  alle  Meine  untergebenen  Ueiehe  und  Lande  hegenden  glei- 
chen Sorgfalt/  lautet  die  Entsehliessung  der  Kaiserin  auf  den 
Vortrag  vom  12.  Februar  17(37,  ,will  Ich  das  Wohl  eines  jeden 
derselben  befördert  wissen/  Es  sei  daher  in  einem  Gutachten 
darzulegen,  ob  einige  Bedenken  obwalten,  dass  diejenigen  Be- 
gtlnstigungeu,  die  den  deutschen  Lrblandeu  für  Fabriksuiate- 
rialien  und  Artikel  zugestanden  werden,  auch  Ungarn,  Sieben- 
bürgen, Temesvar  und  der  Militar^iunze  zugewendet  werden 
können,  jedoch  ,mit  der  Beobachtung,  dass  wegen  der  Erzeu- 
gung der  Fabriksmaterialien  eine  den  besonderen  Ilmstilnden 
eines  jeden  Reiches  und  Landes  wohl  angemessene  Kiiitheilung 
getroffen,  somit  die  Krforderniss  in  dem  Gauzcn  erlanget  und 
von  keinem  der  Länder  dem  andern  zum  Sehaden  gearbeitet 
werde'.  Als  durch  VorLi'ag  vom  5.  Mai  17G8  die  ungarischen 
Commerzialtabellen  vorgelegt  wurden,  schrieb  sie  auf  denselben, 
sie  erkenne  zwar  die  dermalitre  Nothwendigkeit,  diejenigen 
Maiiufaete  in  Ungarn  so  viel  tluuilich  hintanzuhaiten,  welche 
der  Aufnahme  und  dem  Debit  der  deutsch  erblündischen  In- 
dustrieerzeugnisse schäfUich  fallen  können,  dagegen  aber  sei 
sie  ebenso  sehr  von  der  unumgänglichen  Nothwendigkeit  über- 
zeugt, dem  Volke  in  Ungarn  durch  Verbreitung  einer  der 
deutsch-erblftndischcn  unschudllcheii  Industrie  einen  grösseren 
Nahrungsverdienst  zuzuwenden,  und  sie  gewärtige  demnach  das 
umständliche  Outacliteu  des  Conmu^rzienrathes,  welche  Manu- 
facturgattungen  in  Ungarn  und  mit  welchen  Mitteln  dieselben 
einzufllhren  seien,  und  ob  nicht  von  nun  an  darauf  Bedacht  zu 
nehiii'  II  sei,  dass  vorzüglich  diejenigen  Manufaetui-en,  welche 
aus  fremden  Ländern  nach  Ungarn  eingeführt  werden,  z.  B. 
grobe  Tücher  und  Leinwände,  halbwollene  und  halbleinene 
Zeuge,  in  dem  Königreiche  selbst  erzeugt  werden  können. 

Der  Commerzienrath  entledigte  sich  durch  Vortrag  vom 
30.  Juni  1768  der  kaiserliehen  Weisung.  Ehe  er  an  die  Be- 
antwortung der  kaisedichen  Anfragen  ging,  glaubte  er  einige 
allgemeine  Sätze  vorausschicken  zu  sollen.  Die  deutschen  Erb- 
laude,  heisst  es  in  dem  Vortrage,  haben  eine  Population  von 
ungefähr  6  MiUionen  Seelen,  die  migarisehcn  dagegen  kaum 
die  Hälfte;  jene  entrichten  eine  Contribution  von  12  ^lillionen 
Gulden,  und  die  übrigen  Auflagen  belaufen  sich  auf  (3 — 8  Mil- 
honeu,  in  Ungarn  betragen  dieselben  etwa  4  Miilioneu;  die 


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25 


£rblandi3  seien  in  der  HandeLsbilanz  passiv  mit  inigciahi  "2 
lionen,  während  Ungarn  ein  fast  gleiches  Activum  ausweise. 
Wenn   man  daher  der  antlimetischcn  Proportion  folgoii  wollte, 
80  könnte  auf  die  gesanimtcn  ungarisehen  Lande  nicht  mehr 
ab  mi^jei^hr  der  zehnte  oder  zwölfte  Theil  von  der  in  der 
ganzen  Monarchie  ^möglichen  Industrie'  fallen,  ohne  dass  den 
übfigen  Lundem  nahegetreten  wttide.  Zwar  könne  man  dieses 
Anamaas  nicht  ala  eine  nnUbersehreitliche  Riehtsduuir  nehmen, 
aQein  man  wQnachte  Uoe  begreiflich  an  machen,  mit  welcher 
BehntBamkett  vorangehen  sei^  um  nicht  ein  in  der  That  ge- 
gründetes Verhldtniss  aufzuheben.    Die  gütigste  LandesfUrstin 
konnte  zu  ihrer  Ansicht,  eine  Vermehrung  der  ungai'ischen  In- 
dustrie als  not h wendig  anzusehen,  vornehmlich  aus  folp^enden 
Gesichtspunkt'  [i  irelan^^^t  sein:  entweder  den  Austliiss  rles  (leldes 
zu  verllindern,  daher  den  Reichthum  des  Staates  und  der  Unter- 
thanen  zu  vermehren,  oder  den  letzteren  die  Mittel  zur  Er- 
sehwingimg  einer  grösseren  Contnbution  nach  Erforderniss  der 
Ümstflnde  an  verschaffm,  oder  aber  ihnen  ein  gemächlicheres 
Auskommen  an  ermöglichen.  Die  erstere  Absicht  vereitle  sich 
von  selbat,  sobald  der  Ansflnss  nicht  ans  der  Monarchie  ge- 
schehe nnd  jenes  vortheühafte  Verhftltniss  ftbr  Ungarn  fort- 
dauere, welches  den  übrigen  Erblanden  *?<  ^2:entiber  wirklich 
bestehe;  die  Erleichterung  der  (Jontribution  dürfte  durch  Manu- 
facturen  nur  insoweit  erreicht  werden,  als  sie  einen  Nebenver- 
dienst dv  -  Ackerbauers  abwerfen,  ohne  ihn  scmem  Ijeriife  ab- 
wendig zu  machen,  da  es  ja  bekannt  sei,  dass  die  ConU'ibution 
in  Ungarn  auf  Grundlage  der  ,Habschaft'  abgemessen  imd  diese 
bei  dem  Ackersmann  ergiebiger  als  bei  den  ,industrialisten'  sei. 
Daher  sei  die  Vermehrcmg  der  Contribntion  in  der  Vergrösse- 
rang  der  ^Hahschaft  des  Unterthanen'  zu  suchen.  Welche  Zn- 
kauft  der  Ackerbau  noch  in  Ungarn  habe,  gehe  daraus  hervor, 
dsss  ganae  Landschaften  unbebaut  seien.   Man  müsse  daher 
SQ  folgenden  Schlüssen  gelangen:  dass  in  einem  Lande,  wo  die 
Bevölkerung  fUr  den  Ackerbau  ohnehin  nicht  ausreiche,  die 
Maaufitcturen  demselben  noch  mehr  I fände  entziehen,  da  der 
Industrielle  gerincrercn  Lasten  als  dw  Ackerl)auer  unterliege. 
Ohnehin  bescliiifUgen  sich  in  Ungarn  mit  dem  Handel  und  mit 
der  Industrie  die  Bewohner  der  Städte,  sowie  die  Raizen,  welch' 
letitere  dne  Million  Seelen  ziLhlen.   Sei  einmal  der  Gkist  ftür 
Mannfsctnren  erweckt^  so  sei  man  nicht  mehr  Meister,  den- 


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S6 

selben  Schranken  zu  setzen,  zumal  dort,  wo  jeder  Grundherr 
me  betreiben  könne  und  sogar  der  Handarbeit  des  Unterthanen 
sich  zu  bedienen  befugt  sei,  and  wer  weiss,  ob  nicht  der  für 
die  Unterthanen  in  Aussicht  genommene  Vortheil  in  der  Folge 
lediglich  dem  Grundherrn  zufliessen  werde.  Das  Beispiel  der 
Grafen  EssEterhazy,  Batthyany  und  Fargmsk,  dann  der  Städte 
Pressburg  und  Ocdenburg  beweise,  dm  auch  Cotton-,  Band-, 
Woll-,  Zeug-  und  Seidenfabiiken  in  Ungarn  beigestellt  und  be- 
trieben werden  können  und  tum  Theil  hiedorch  erbländisdie 
Manufacturisten  abwendig  machen.  Durch  eine  Aneifemng  der 
Manufacturen  in  Ungarn  und  Siebenbürgen  werde  das  Paanvum 
der  übrigen  Erblande  sich  zum  Vortheil  der  ungarischen  Erb- 
lande vermehren,  der  Yerschleiss  der  letateren  und  in  Folge  dessen 
auch  der  Contributiousstand  abnehmen,  da  jenaeita  der  Leitha 
die  Lebensmittel  wohlfeiler,  die  Abgaben  geringer  uid  die  Roh- 
stoffe durch  die  Befreinng  von  Zoll  und  Mauthen  billiger  seien. 

Hierauf  wird,  ,um  dem  a.  h.  Befehl  die  aUeruntetthänigste 
Folge  au  leisten^,  erörtert,  welche  Industrie  in  Ungarn  an- 
zueifem  sei,  mit  welchen  Mitteln  das  zu  geeehehen  habe  und 
auf  welche  Art  der  Versclileiss  der  erbländischen  Manufacturen 
nach  Ungarn  dcherzustellen  sei.  Der  ,unschädliche  Industrial- 
trieb'  in  Ungarn  scheine  vornehmlich  in  der  Vermehrung  und 
Verbesserung  der  Rulistoffe  flir  die  erljländischen  Manufacturen 
zu  bestehen,  wie  Seide,  Wolle,  Hanf  und  Flachs.  Der  Seiden- 
bau  könne  beträchtÜeh  erweitert  werden.  Man  habe  kttn- 
lich  8000  fl.  zur  Einlösung  von  Galetten  nach  Slav<mien  ge- 
schickt. Der  Bischof  von  FUnfkirchen  habe  sich  zur  Errieh- 
tung  eines  Wasserülatoriums  geneigt  gezeigt^  und  die  Kaiserin 
mOge  demselben  ihr  Wohlgefallen  au  erkennen  geben.  Die 
Wollerzeugung  sei  einer  Verbesserung  flihig,  auch  eine  neue 
Gattung,  nänilieli  die  einschUrige  Wolle  noch  einzuführen,  die 
einen  beträchtlichen  Theil  des  erblltndischen  Verbrauchs  aus- 
machen könnte.  Flachs  und  Hanf  werden  awar  in  einigen 
Gegenden,  namentlich  in  Ob^rungarn  erzeugt,  aber  nicht  in 
genügender  Menpro,  und  es  scheine  nicht  sowohl  in  dem  Klima, 
als  an  den  Mängehi  der  Bearbeitungsart  zu  Hegen,  dass  diese 
Cultur  nicht  allgemeiner  werde {  man  möge  daher  dieaen  In- 
dustrialtrieb  vermehren,  indem  man  die  Ausfuhr  der  erzeugten 
Materien  in  die  Erblande  erleichtere  und  durch  Abhaltung  der 
fremden  Rohstoffe  den  beständigen  Absatz  sichere,  IVoben  auf 


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27 


den  Cameralhefraehaften  vornehme,  einige  Grundherren  En  einem 
glcicbfln  Voigange  anffordere  und  auswllrtigen  Samon  aoschaife. 
Man  möge  auch  Agriouhaigesellschaiten  errichten.  Was  die 
Manufaeturen  anbelangt,  so  scheinen  filr  Ungarn  hauptsächlich 
diejeoigeD  geeignet  zu  sein,  die  zur  Kleidung  des  gemeinen  Man> 
nes  dienen  und  aU  Haasarbeit  ohne  künstliche  Qeräthschaften 
getrieben  werden  können,  wie  a.  B.  gemeine  Flachsleinwand^ 
Abbatttcher,  alle  Gattungen  von  gemeinem  Strickwerk,  Flöre, 
Loderwerk,  ganz  gemeine  halbbaamwoUene  und  halbleinene 
Zeuge  zu  Kopf  binden  nnd  Handtüchern,  wie  de  von  den  Türken 
den  Walacben  ingefthrt  werden.  Diese  Eraeugmsse  vertragen 
wegen  ihreB  geringen  Preieee  nnd  schweren  Gewichtes  keinen 
weiten  Transport  nnd  können  daher  ftlr  Ungarn  in  den  dentsehen 
Erblandeni  wo  der  Arbeitslohn  thener  sei,  nieht  woU  aa%e- 
bracht  woden.  Von  einer  Ausdehnung  anderer  Industrieeroeug- 
nisse  in  Ungarn,  wie  b.  B.  der  yerschiedenen  Wollwaareui  be- 
ffirehtete  der  CommeraienFath  eine  Verwirrung  und  einen  Um« 
atnra  des  bestehenden  Systems,  wenn  Ungarn,  dessen  Rohstoffe 
in  den  deotachen  Erblanden  erforderlich  seien,  auch  den  Fabri- 
caturgewinn  an  sich  bringen  wttrde.  Ohnehin  sei  man  schon 
auf  dem  Punkte»  dass  jede  der  erblJtaidiBohen  Provinsen  alle 
Erfordernisse  eraeugen  werde,  demnach  die  Handelsverbindong 
derselben  untereinander  aufhören  und  das  Hautherträgniss  fllr 
die  Finanaen  verioren  gehen  würde.  Wohl  aber  empfehle  sich, 
unschädliche  Mannfactnren  in  Ungarn  anaueifem,  durch  An- 
legung einiger  Spinn-  und  Webschulen  in  jenen  Districten, 
welche  für  die  erwähnten  Fabricate  am  günstigsten  liegen. 

Die  ungarischen  Lande,  heisst  es  in  dem  Vottrage  vom 
9.  November  1768,  müssen  auf  keine  anderen  als  die  ihnen 
unentbefarfiohen  Hanu&ctnren  angeleitet  werden,  wenn  «wischen 
ihnen  nnd  den  llbrigen  TheÜen  der  Monarchie  das  natürliche 
und  für  den  Staat  vertbeilhafle  Commeraitmi  fortwähren  soU. 
Attse,  was  aur  Fracht,  sur  Bequemlichkeit  gehfirt,  müsse  ihnen 
von  den  ttbrigen  Erblanden  geliefert  werden,  sie  hingegen 
müssen  das  abgängige  Materiale  dasu  verschaffen.  Dieses  sei 
die  alleinig  richtige  Proportion,  worin  der  Nahmngsstand  von 
Landen  bestehen  und  sich  verbessern  könne,  die  ungleich  in 
der  Population  und  in  den  Abgaben  seien.  Jedes  Land  fllr 
eine  kleine  Monarchie  ansehen  nnd  in  demselben  all'  daajenige 
einführen  wollen,  was  zu  dessen  unabhängigem  Selbstbestand 


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erforderlich  sei,  würde  dem  Untomchracn  einer  Mutter  gleichen, 
die  vierzehn  Kinder  auf  das  nämliche  Gewerbe  Betsen  and 
jedes  derselben  unvermögend  machen  wollte. 

Unter  Festhaltung  des  Grundsatzes,  nur  jene  Industrie- 
zweige in  Ungarn  zu  begünstigen,  deren  Erzeugnisse  den  deutsch- 
crbländischen  ,un8chädlich^  sind,  wurden  verschiedene  Mass- 
nahmen getroffen,  um  im  Temesvarer  Banat,  in  Croatien  und 
Slavonien,  in  Siebcnbttrgen  und  vornehmlich  auf  den  Cameral- 
gUtem  in  Ungarn  einzelne  Gewerbe  einzubürgern  und  Fabriken 
zu  errichten.  AUerdin^  ging  es  damit  imgemein  langsam  TOf» 
wärts,  da  es  an  einer  Arbeiterbevölkerung  gebrach,  die  ongft- 
rische  Hofkanzlei  keine  besondere  Rührigkeit  zeigte  und  andi 
der  Wiener  Commerzienrath  trotz  aller  Weisungen  der  KaiMrin 
keine  lebhafte  Thätigkeit  entfaltete.  Die  Impulse  p;ingen  im 
7.  Jahnehnt  von  Maria  Theresia  ans,  die  unerschöpflich  in  An- 
fragen, unermüdHch  in  Weisongm  den  lebhaften  Wunsch  hegte, 
anch  jenseits  der  Leitha  eine  gewerbliche  Thätigkeit  festen 
Fuss  fassen  zu  sehen.  Durch  Handschreiben  vom  13.  Januar 
1761  wurde  die  österreichische  Handelsbehörde  aufgefordert, 
ihre  Meinung  su  eröffnen,  ob  nicht  im  Temesvarer  ßanate  der 
Anbau  von  BanmwoUe  nützlich  wäre,  ob  in  Ungarn  PflanEnngen 
von  Far})waaren,  Waid  und  Färberröthe  zu  veranlassen  seien, 
und  bald  darauf  wurden  diesbezügliche  Verfügungen  getroffen.  ^ 
Im  Jahre  1762  erfolgte  die  Weisung,  auf  den  imgarischen  Cameral- 
herrschaften  des  Bäx^ser  Bezirkes  die  Jnpopulation'  mit  mehr 
Eüfer  anzufangen.  Die  Leitung  wurde  dem  Hofkammerrathe 
Gothmann  übertragen.  Versuche  mit  dem  Anbau  von  Waid  und 
liöthe  wurden  gemacht  nnd  die  hieftir  erforderHchen  Summen  be- 
willigt.' Bekanntermassen,  lautet  die  kaiserliche  Entschliessong, 
werde  auf  diesen  Herrschaflen  mehr  Getreide  <^^cbaut.  als  zum 
Gebrauche  nothig,  während  an  Waid  und  Aöthe  in  den  £rb- 
laiiden  Mangel  sei,  weshalb  die  Einfuhr  aus  Thüringen  und 
Schlesien  nöthig  werde.  Der  Hanf-  und  Flachsbau  sollte  durch 
Prämien  nnd  ttnentc:(  Itliche  Vcrtlicihing  Yon  Samen  befördert, 
Seidenbätime  gepilanat  werden.  ^  Der  ungarischen  Uofkammer 

>  An  Porlas,  26.  Jauuar  1762. 

'  Protokoll  doa  ComtnerKieorathoa  vom  29.  April  1763  und  Allerhöchste 
SntflchIi«Mnii|f. 

*  VortiiKo  Tom  tS.  Angurt,  15w  Oolober  and  14  NoTSmlMr  1763,  Hand- 
Bohrelben  an  Andlern. 


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8^ 

wurde  wftbeher  Haaftamen  fiberaendel '  Graf  Liobnowsky, 
damals  in  Trieat^  wurde  angefordert,  Hanftamen  ana  Bologna 
kommen  au  laaaen;  awei  SadiTerstftndige  dieaer  Stadt  wor- 
den naeh  dem  Banat  aar  firthtthiag  yon  Belehrung  entaen' 
det.'  Die  Bienensaeht  sollte  geldrdert  werden  dnreb  Yer^ 
mehrang  der  herrsehaftUehen  Bienen,  nm  das  Volk  an  diesem 
Zweige  der  Landwirthschaft  an  animiren. '  ^Asiatische  Böcke 
nnd  Geisen'  sollten  Ton  Wien  naeh  Ungarn  gesendet  werden, 
und  die  nngazische  Hofkammer  wurde  deshalb  angefordert, 
eine  vertraute  Person  naeh  Wien  aar  Besorgung  des  Trans- 
portes au  sohicken.  Die  Zttohtong  maoedoniseher  Sohafo  wurde 
empfohlen  mit  der  Bemerkung,  dass  die  Kaiserin  gewillt  sei, 
jene,  ,welohe  sieh  in  Bewirkung  ihrer  Befehle  vor  anderen 
emsig  eiMigen,  voraOglioh  lu  befördern  und  auch  soosten  mit 
Qnaden  ansusehen'.  Den  Unterthanen  sollle  der  Zehent  von 
dieser  neuen  Gattung  Sohafo  erlassen  werden;  im  Jahre  1779 
wurde  eine  Betehrung  in  ungariseher,  laisinisoher  und  siovaki- 
scher  Sprache  tLber  die  Zucht  spanischer  Schafe  und  Verfeine> 
rang  der  Wolle  hinausgegeben. 

Die  in  Böhmen  bereits  seit  dem  Jahre  1753  verbreiteten 
Belehningen  Air  den  Anbau  von  Fkehs  wurden  im  Jahre  1767 
auch  in  Ungarn  verOffentUcht  und  in  die  Landessprachen  ttber^ 
setat  In  der  Einleitung  su  der  in  Pk«ssburg  bei  Johann  Michael 
Landerer  gedruckten  Schrift:  ,Kurse  Anleitung  sum  Flachsbau' 
betitelt,  wird  bemerkt,  dass  diejenigen  Ifianu&ctnren  in  einem 
Lande  die  ntitalichsten  seien,  wosu  der  nöthige  Stoff  nicht  erst 
von  der  Fremde  keigeholt  werden  mllsse,  sondern  Im  Lande 
selbst  eneugt  werde.  Der  Nutaen  sei  hiebei  ein  vielfecher. 
Nicht  nur  werden  bei  den  Manufeeturen  selbst  viele  Menschen, 
die  sonst  der  Hauptqueile  aller  Lastsr,  dem  Mttsaiggange,  er* 
geben  wftren,  emlhrly  sondern  die  Eneugong  der  hieau  nflthi- 
gsB  Materialien  beschlftige  die  Hllnde  des  Landmannss  und 
gebe  ihm  Gelegenheit,  nebst  dem  gewöhnlichen  Feldbau  sich 
auch  auf  manche  andere  Art  etwas  au  verdienen;  sodann  gehe 
itar  die  Materialien  das  Geld  nicht  ausser  Land,  sondern  der- 
jenige Nutsen,  den  sich  Auswärtige  verschaffen,  wenn  sie  die 

*  28.  MAi  1764  an  die  ungarische  ITofkanzIei. 

*  An  Lichooweky,  18.  JAouar  UM-,  Comiuemenrath  an  die  Bancodepu- 
tatioD,  27.  März  1764. 

*  Ywint  ▼Ott  SS.  Hoveinb«r  1767  HatilUa-Oleichai. 


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so 

inländischen  Materialien  für  vt'mon  geringeren  Preis  an  sich 
bringen,  solche  verarbeiten  und  die  verfertigten  Waaren  wieder 
mit  grossem  Vorth  eile  verkaufen,  könne  den  Inwohnern  ver- 
bleiben. Folgende  drei  Stücke  Hoicn  sam  mensohlichon  Leben 
ausser  den  Nahrungsmitteln  die  nothwendigsten  und  imentbehr- 
liebsten:  Leinwand,  Tuch  oder  andere  Wollzeuge  tituI  I^dcr, 
denn  alle  Menschen  haben  Leinwand  zur  Wäsche,  Tuch  zu 
Kleidern  und  Leder  tu  Schuhen  unumgänglich  nöthig.  Das 
Königreich  Ungarn  sei  wefrf^n  seiner  vortheilhaften  Lage  und 
wegen  seines  fruchtbaren  Bodens  zur  üervorbringung  dieser 
drei  Hauptnothwendigkeiten  TOTSttgUch  tatttrlich  und  könnte 
daher  nicht  alktn  su  seiner  eigefien  Notbdurft  diese  Waaren 
verfertigen,  sondern  noch  in  grosser  Menge  die  benachbarten 
Länder  damit  versehen.  ^  In  demselben  Jahre  wurde  auek  dne 
kurse  Anleitung  behufs  Pflanzung  des  Anilkrautes,  ,aus  wel- 
cham.  eine  blaue  Farbe,  Indig  genannt^  snbereitct  wird^,  der 
ungariaehen  HofkMnmer  sur  Verbreitung  im  Lande  Aber- 
mittelt 

Die  Errichtung  von  Papiermtihlen  wurde  in  Angriff  ge- 
nommen, und  böliniiselie  Arbeiter  sollten  in  Ungarn  angesiedelt 
wwden.  Der  Gedanke  wurde  angeregt,  böhmische  Glasarbeiter, 
die  in  Böhmen  keinen  Verdienst  finden  und  in  andere  £rblande 
oder  gar  in  die  Fremde  xiehen,  an  der  Carolinerstrasse  anzu> 
siedeln,  wo  durch  die  grossen  Waldungen  Gelegenheit  geboten 
werde,  den  Venetianem  einen  Theil  ihres  mehrere  Millionen 
betragenden  Verdienstes,  weleher  ihnen  durch  die  Glasfabri 
eation  zu  Theil  wird,  abzugewinnen. '  Im  Warasdiner  Generalat 
wurden  Versuche  mit  der  Einführung  der  Seidencultur  gemacht 
Die  Kaiserin  liesa  dem  Manne,  Beck  mit  Namen,  der  sich  hie- 
hei  Verdienste  erworben  hatte,  ihre  ZuMedenheit  aussprechen, 
,da  es  dem  Staate  cum  Nutaen  gereiche,  wenn  die  Seidencultur 

*  Bei  AbfaMung  der  Schrift,  welche  tod  dem  Flachvban,  you  dur  Art  und 
Weite  der  Beerbeitang  de«  Erdteichee,  von  der  Zeit  und  Art»  Flaehe  mi 
aten  n.  dgL  m.  kandell^  wurde  die  in  Pnf  im  Jahre  1758  ertebienene 
Abbandlmig  belltelts  ^rt  und  Weise,  wie  der  edle  LeinsaiAen  prRpariret 
anpebanöt  und  consemrot  nnd  wie  da  ein  guter,  langt»r  und  schfhier 
FIäcIis  mit  bosondt'rem  Nutzen  erTiief^elt  mid  ziigerichtot  wird,  dann  was 
hej  dessen  Anbau  zu  beobachten  ist',  femer  eine  spüter  enchienene 
Sehrilk:  ,17nteiriekt  von  den  edlen  FtoohalNtiiS  beantst 

*  KaieerlidM  Bntwlilie»iuig  bei  YoHage  der  Oonumretebelle  ihr  dae  Jabr 
1768. 


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Midi  in  den  gesammten  uDgaroclieii  und  slavonischen  Ijlndeni 
wie  aneh  in  Croatien  beeifeit  werde'.  Die  ftr  llanlbeer|^- 
tagen  erforderlieben  Kosten  sollten  aus  der  Oommernalcaflse 
bestritten  und  Pribnien  ertheüt  werden.  Auf  allen  grosseren 
Gameraldomfinen  sollten  Maulbeeipflansnngen,  sowie  aueb  in 
Slavonien  und  Croaüen  angelegt  werden.'  Spftter  plante  man 
aueb  die  Errichtung  eines  Seidenfilatorinms  in  Esseg.  Um  die 
Erseugung  von  Abbatllehem  au  fördern,  erging  an  die  Be- 
bttrden  der  Auftrag,  »Lente  aus  der  Tttrkei  mOglicbst  berbei- 
aolocken,  welche  Abbatllcher  verfertigen'.  *  Die  Einfuhr  wurde 
▼erboten.  Auf  den  Cameralgfltem  wurden  auf  Staatskosten 
Fabriken  gegrOndet,  mit  geringem  Erfolg. 

Sowie  in  den  deutschen  Erblanden  zur  Hebung  der  Volka- 
wirthschaft  die  Verbesserung  des  Sebulweaens  in  Angriff  g^ 
nommen  wurde,  sollte  auch  in  jenen  Gebieten  der  Länder  der 
Slefanskrone,  wo  die  Regierung  freiere  Hand  halte,  an  die  CSn> 
richtung  Yon  Schulen  Hand  angelegt  werden.  Die  ungarische 
Hofkanclei  erhielt  den  Auftrag,  dass  in  Agram  und  in  den 
grosseren  Ortschaften  Croatiens  ,tentBche  Schulmeister'  ange- 
stellt werden.  Mit  dem  Unterrichte  im  Nähen,  Stricken,  Spitzen- 
klöppeln,  Sticken  seien  einige  arme  QfficierstOchter,  ,auch  an- 
dere derley  Weiber  mit  einer  geringen  Zulage  au  ihrer  Pension 
oder  auch  mit  einem  geringen  Lohn  von  150 — 200  fl.  au  be» 
trauen.  In  weiterer  Folge  sei  sodann  ftbrsudenken,  wie  aus 
▼acanten  Beneficien  eine  Hülfe  zur  Errichtung  einiger  Kloster 
von  Ursulinerinnen  und  englischen  Fränlein  Yerwendet  werde, 
um  Öffentliche  Schulen  ftbr  das  weibliche  Geschlecht  xu  er- 
haltend Den  Beamten  sollten  einige  gute  Bttcher  mitgetheilt 
werden,  am  sich  ttber  Agricnltur  und  Viehaucht  au  unterrich- 
ten, fltar  das  Volk  daraus  Auszüge  au  machen,  in  croatiseher 
Sprache  an  drucken  und  unentgelilich  au  Terthdlen;  einige  der 
ydasigen  Edelleute'  auf  Kosten  des  Aera»  sind  aum  Besuche  der 
Gollegien  Uber  die  Camerahrissensehaften  anauhalten  und  der 
etwaige  Anfnrand  von  400  fl.  aus  der  Commencasse  anau- 
weisen.  Ueber  Scha6uch1^  Verbesserung  der  Wolle,  Fflanaung 
und  Zurichtung  des  Hanfes  und  des  Flachses,  flber  Anbau  der 
,ohnehin  dortigen  Enden'  wachsenden  Farbenkrttuter  sollte  aus 

*  Kaberliche  EntschlieMiuig  «ui  d»o  Vortrag  des  CommertiearatiiM  vom 
15.  Män  17SS. 

*  Tortrag  voa  HalifiBia-OIetchen  vom  1.  M&ni  1769. 


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82 


den  Büchern  ein  AuBsug  gemacht  und  in  die  croatische  Sprache 
tthersetet  und  unentgeltlich  verthoilt  werden.  Ein  Gleiches  sei 
auch  mit  anderen  Verbesserungen  der  Gultnr  nnd  Industrie  zu 
beobachten,  ^überhaupt  aber  durch  auszusetzende  Prämien  der 
Wille  aDZnfrisehen  und  ein  Mann  dortigen  Enden  anzustellen, 
der  dem  noch  iinkimdigen  Volk  mit  Rath  und  That  an  Händen 
zu  gehen  wizae  und  TOn  allen  Vorkehrungen  die  Berichte  an 
den  Commerzienrath  rasch  zu  erstatten  hättet  ^  Im  Banale 
sollten  Spinnschulen  wie  in  den  deutschen  Erblanden  errichtet, 
naeh  Siebenbürgen  Mädchen  zur  Erlernung  der  Wollspinnerei 
gesendet  und  die  Unterthanen  ,zur  Erzeugung  von  Gespunsten 
autoiitatiT  angehalten  werden'.*  In  Mehadia  sollte  eine  Baum- 
wollspinnerei gegründet  werdeUi  weil  man  daseibat  die  Baum- 
wdle  ans  erster  Hand  bekomme  und  das  waUaehische  T/eibs- 
▼olk  eine  besondere  Geschicklichkeit  im  Spinnen  habe.  Drei 
Oolonistenmflgdlein  sollten  nach  Wien  gehen,  und  «war  ein 
raiaisches,  ein  wallaehisches  und  ein  deutsehes,  um  daselbst 
das  Spinnen  zu  erlernen.*  Ein  Anonymus  schlug  zur  Verbrei- 
tung der  Spinnerei  yor,  die  priesterliohe  CSopuIation  allen  Hin- 
nern und  Weibern  zu  yersagen,  die  nicht  erweiseD  konnten, 
die  Spinnknnst  zu  besitzen*^ 

In  einigen  Gegenden  Ungarns  wurden  Fabnken  errich- 
tetj  deren  Anzahl  mit  der  Zeit  in  Wien  Bedenken  erregte. 
Von  einem  Anonymus  wurde  eine  Denkschrift  der  Kaiserin 
überreicht,  worin  dargelegt  wurde,  dass  Ungarn  von  den  deut- 
schen Erblanden  für  Getreide,  Vieh  und  andere  Pkt»daete  mehr 
Geld  empfange,  als  es  für  Manufacturen  zahle;  die  Bilans  sei 
daher  für  Ungarn  günstiger  und  dürfte  für  die  Erblande  noch 
nachtheiliger  werden,  wenn  die  Fabriken  in  Ungarn  eine  grössere 
Ausdehnung  erlangen  würden.  Wenn  Ungarn  Alles  seihst  ▼er' 
fertige,  so  werde  es  die  Osterreichischen  Lttnder  nicht  mehr 
benOthigen,  und  die  Gelder,  die  für  Victnalien  nach  Ungarn 
gehen,  werden  keinen  Rückfluss  haben;  es  konune  darauf  an, 
,das  Ungarland  mit  den  diesseitigen  Ländern  im  Credit  und 
Debet  bilanciren  zu  machen'.  Die  ungarischen  Fabriken  müssen 
unterdrückt,  wenigstens  die  Errichtung  neuer  gehenuit  werden;. 

'  Kaiserliche  Kesolution  auf  <lßn  Vortrag  vom  ;>.  September  1764. 

'  Kaiserliche  Sntscblieosuog  auf  das  Protokoll  vom  2ö.  ä«ptoiub«r  1764. 

*  Vortrag  von  4.  Jumar  1770. 

«  Piolokon  ▼om  0.  Jant  1778. 


33 


Die  Kaiserin  forderte  von  dem  Grafen  Rudolf  Chotek  ein  Gut- 
achteu.  ^    Der  oberste  Kanzler  wies  in  seinem  Vortratre  vom 
22.  October  1770  darauf  hin,  dass  in  früherer  Zeit  als  (Inind 
satz  anerkannt  worden  sei,  den  unf^arischen  liundei  von  dem 
deutsch-erblttndi-elion  abhängig  zu  machen.    Auf  den  ersten 
Landtagen  jedoch^  welche  unter  der  Keprif^rnng  der  Kaiserin 
abgehalten  wurden,  habe  man  daran  gedacht,  Ungarn,  welches 
damals  Verdienste  sich  erworben  hatte,  auch  an  der  allgemeinen 
WohlÜiat  einer  lebhaften  Industrie  tfaeilhaftig  zu  machen.  Ein- 
zelne Landtagsbeschltlsse  wurden  auch  in  dieser  Richtung  ge- 
fasst.   Kaiser  Frans  habe  in  äassin,  einem  zur  Herrschaft 
Holitsch  gehörigen  Orte,  eine  Cottonfabrik  errichtet,  welche 
sjmter  in  die  Iliinde  eines  Privaten  ühergegan«?en  sei.  Seitdem 
mehren  sicli  in  Ungarn  die  Fabriken.    Erljlandisehc  Handels- 
leute tragen  seilest  dazu  bei,  weil  sie  in  Ungarn  einer  scharfen 
M&uthmanipulation  sieh  entziehen  können. 

Der  Staatsrath,  dem  der  Vortrag  Chotek's  zur  Begutach« 
tong  vorlag,  stimmte  den  Ansichten  desselben  bei.  Binder  mein- 
te, die  Wohlfahrt  Ungarns  erfordere,  dort  nicht  auf  Anlegung 
Ton  Fabriken  und  Manufacturen  das  Hauptaugenmerk  zu  rich- 
ten, sondern  auf  die  Oultur  und  den  Export  der  Ackerbau* 
oRcugnisse.  Ein  Land,  dessen  Grund  und  Boden  fruchtbar  sei, 
habe  selten  an  Arbeitern  üeberfluss  und  kOnne  durch  Pflege 
des  Ackerbaues  weit  grössere  Vortheile  als  durch  Fabriken  er- 
knjjen ;  es  sei  die  grfisste  Vorsicht  zu  tragen,  dass  Ungarn  nicht 
zum  empfindlichsten  Kachtheil»'  der  deutschen  Erblande  in  Ma- 
nufacturen begünstigt  werde.  ßiUmegen  wollte  einige  Fabriken 
ausgenommen  wissen,  so  die  Erzeugung  grober  sogenannter 
Abbatücher,  grober  Leinwände  von  Hanf,  Segeltücher  u.  dgl.  m., 
was  für  die  deutschen  Erblande  nicht  schädlich  wftre,  dagegen 
aollen  Leinen-,  SchafvroUen-  und  Seidenfabriken  keine  PriTilegien 
gegeben  werden;  wenn  derartige  Elrzeugnisse  aus  Ungarn  nach 
^  Erblanden  geftlhrt  werden,  sei  ein  Zoll  wie  für  fremde 
Waaren  eu  entrichten,  erbländische  Erzeugnisse  jedoch  sollen 
bei  der  Einfuhr  nach  Ungarn  blos  5  Percent  zahlen.  Kaunitz 
stimmte  Ulümegen  bei.    Es  sei  Alles  daran  gelegen,  bemerkte 
er  in  seinem  Votum,  der  ungarischen  Nation  über  ihre  eigenen 
wahrhalten  Vortheile  die  Augen  zu  öil'neu.    Die  kaiserliche 


*  Handschreiben  ▼om  6.  Oetober  1770. 


s 


34 


EntBcUiesmmg  auf  den  Vortrag  Chotek's  lautete  im  Sixuie  der 
ataatsreditliehen  Anträge.  ^ 

Die  Kaiserin  forderte  nochmak  Chotek  auf,  im  engsten 
Geheim  und  ohne  daes  hieTon  das  Geringste  transpirire,  nor 
allein  mit  dem  KammerprSsidenten  die  zu  ergreifenden  Mass* 
nahmen  in  reife  Ueberlegung  zu  nehmen.  In  dem  von  den 
Grafen  Rudolf  Chotek  und  Hatzfeld  von  Gleichen  am  3.  Ja- 
nuar 1771  erstatteten  Vortrage  wurde  beantragt  ^  die  Kaiserin 
mochte  durch  eine  Verordnung  an  die  Staatswirthschaftsdepn- 
tation  zu  erkennen  geben,  dass  in  Hinkunft  in  den  gesamm- 
ten  Erblanden  keine  neue  Fabrik  ohne  die  Allerhöchste 
Bewilligung  errichtet  werden  solle.  Ohnehin  sei  hiezu  ein 
Beweggrund  Forhanden,  da  der  Commerzienrath  schon  bei 
einer  anderen  Gelegenheit  vorgestellt  habe,  dass  zu  befilrch- 
ten  sei,  wenn  sich  die  Fabriken  Uber  den  Verscbleiss  Ter- 
mehren,  der  Umsturz  einiger  nothwendig  erfolgen  mttsste. 
Das  Königreich  Ungarn  wttrde  sich  daher  nicht  zu  beklagen 
haben  Uber  eine  Vorsicht,  welche  auch  fUr  den  deutsch-erb- 
lAndiachen  Nahrungsstand  getroffen  werde.  Es  werde  immer 
von  der  Kaiserin  sodann  abhängen,  ob  und  wo  neue  Fabriken 
anzul^n  seien,  und  der  Commerzienraih  werde  bei  jedem 
einzelaMi  Falle  in  Erwägung  zu  ziehen  haben,  welche  Gattung 
der  Fabricatnren  fUr  Ungarn  und  Siebenbürgen  und  den  Temes- 
▼arer  Banat  geeignet  sein  dttrfte. 

Zufolge  eines  Handschreibens  vom  21.  Januar  1771  er- 
ging am  14.  Februar  1771  an  sämmtliohe  Länderstellen  die 
Weisung,  dass  die  Kaiserin  die  Vermehrung  der  Fabriken  in 
den  Erblanden  mit  gnädigster  Zufriedenheit  wahrgenommen, 
dabei  aber  in  Betracht  gezogen  habe,  dass  öfters  von  einer 
Gattung  zu  viel  entstunden,  dass  eine  die  andere  in  ihrem  Fort- 
kommen hindere  und,  weil  anftnglich  der  Verschleiss*  der  Ei^ 


'  Dan  stAAtsrechtliche  Votum  vom  18.  Juni  1770.  Die  kaisorlifho  Knt- 
solilittwung  besAgte:  ,Der  Haiipbrntsc  habo  allerdings  seine  Richtigkeit, 
dM8  die  Errichtung  mehrerer  bungari»cber  Fabriquen  und  Manufactureu 
wenigst  insoliuige  Hongam  die  allgemeinen  Abgaben  nicht  in  einem 
gleichen  VerbKltnhMe  mit  den  tentschen  Erblanden  entrichte,  den  lets- 
teren  zu  grossem  Nachtlieil  geroi<rhen  wünlo,  folglich  da.s.s  .illfnllngii 
die  wirlcsamen  Mittel  vorzukehren,  um  gegenwärtig  din  Vormplininj;  und 
den  weiteren  Anwachs  der  Fabri^uen  in  Hungern  xu  erschweren  und 
mBglichvt  atwuhalten.' 


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35 


zcnfjunt;  nicht  angemessen  sei,  die  Untertliaiien  Spliaclen  leiden; 
in  Zukunfl  solle  rlalier  k(Mne  neue  Fabrik  in  den  gesammteil 
Erblandeu  ohne  Bewilligung  errichtet  werden  dürfen. 

m. 

Sogenannte  Qualitäten-  und  Bescliauordnun<jen  fUr  die 
verschiedenen  Indu55triezwei2^e  enthielten  Bestimmunt^en  über 
die  Erzeuji^mg  der  A\'aaren.  In  der  Re^el  wurden  vor  dem 
Erhisse  derselben  ^-onaue  Erkundigun^'en  eingezogen  über  den 
JStand  der  Fabriken,  nhev  die  Art  und  Weise  des  Betriebes, 
über  den  Kohstoff,  die  Qualitüt  und  Quantität,  sowie  den  Preis 
der  Waaren.  Mit  besonderer  Aufmerksamkeit  verfolgte  man 
die  industrie-pulitischen  jMassnalimen  anderer  »Staaten.  Die  von 
Friedneh  II.  erhis.senen  Verffigungen  wurden  eingehend  studiii, 
und  gaben  nicht  selten  Anlass  zu  Anfragen  an  die  LUnder- 
eonsesse  und  zu  Auflorderungen,  ihr  Gutachten  einzusenden. 
Die  von  Friedrich  II.  am  27.  Juli  1742  erlassene  Beschauord- 
nung fllr  die  Lcinwandfabrication  wurde  In  Oberösterreich  als 
Muster  empfohlen.'  Die  in  Olatz  1748  erlassene  Instruction 
für  die  Pabriksinspeeloreu  wurde  am  iJO.  December  1701  dem 
bfjhmischcn  Consesse  mitgetheilt,  um  eine  ähnliche  zu  entwerfen 
oder  die  bestehende  zu  verbessern.  Auch  sollte  bezüglich  der 
ganz-  und  halbwolleneu,  der  ganz-  und  halbleinenen  Manu- 
faeturen  eine  gleiche  Vorschrift  verfasst  und  Fingerzeige  ge- 
geben werden,  , worauf  es  denn  eigentlich  ankomme,  dass  eine 
echte  und  annehmbare  Waare  erzeugt  werde'.  Die  in  BerUn 
erlassene  Anordnung,  dass  die  Gesandten  bei  den  fremden 
Staaten  die  etwaigen  Besehwerden  gegen  preussische  Erzeug- 
nisse zur  Anzeige  bringen  sollten,  fand  den  vollen  Beifall  der 
Wiener  Behörden.  Allgemein  wurde  anerkannt,  dass  die  Hand- 
habung der  Verordnungen  in  Preussen  ausgiebiger  sei,  da  den 
Magistraten  und  Landräthen,  sowie  der  Domänenkammer  eine 
genaue  Befolgung  obliege,  während  man  in  den  Erbianden,  ,wo 
das  Commerciale  nicht  alle  Zeit  nach  seiner  Wichtigkeit  be- 
trachtet werde,  sich  begnügen  müsse,  wenn  die  politische  Be- 
hörde die  Assistenz  nicht  verweigere^ 


*  kn  die  Depntiition  und  Kiimmer,  17.  Jali  1749. 

3* 


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86 


Eingehend  Avmdc  die  Fraj?"«'  crwotron.  ob  die  F.ilirikanten 
an  die  Qualitittonordimiig  gebunden  öein  sollen,  und  ob  es  den 
Privaten  gehlattoi  sein  soüo.  .willkürliche  licstellunEren'  zu 
machen.'  Willkürliche  Bestellungen,  so  lautete  nun  das  Votum, 
wären  zu  untersagen  bei  allen  Waaren,  deren  Einfuhr  ver- 
boten sei,  folglieli  ausser  ( 'oneurreisz  stehen  und  ledigHch  für 
den  inneren  Cousum  bestimmt  heien,  da  hiebci  der  Käufer  fjegen 
Uebervortheilungcn  sieherzustellen  sei,  ferner  bei  jenen  inländi- 
schen Fabricaten,  die  auswärts  in  Folge  ihrer  Qualität  Credit 
erhalten  liaben.  Hieher  f^elir.ren  Leinwände,  Tücher,  einige 
Gattungen  Wollenzeuge,  als:  Kr(»nrase.h,  llalbraBcli,  Ganz-  und 
Halbcottonzeuge.  Dagegen  kiinnc  man  dieselbe  nicht  versagen 
bei  Waaren^  die  inDcrhalb  und  aufi&erimib  des  Landes  mit 


,übwohlen  «war  verscliiiMlene  von  don  pn-tissischen  Satzungen  wogen 
ihres  otfenbar  guten  Uruudes  und  Nuuu:irk0it  ohne  weitere  Berichtab- 
fordernog  mgleich  eingafUliii  werden  kOnston,  m  b^ti«1kmige  doeb  dM 
Osfllrlialten  des  CcNmmeKieimthe«,  dam  die  betreffenden  Stellen  TerlKafig^ 
derUber  tn  ▼emvhraen  aeien,  jedoch  uiit  dor  Ein.schränknng,  dass  von 
dptinn  fonimpr/.inl(onsr?<«pn  nnr  .tlltiii  die  hiosiperi  mul  iii.-ihi i>(Iioii  mit 
ihrer  Gutiueinung  einvferiioiiiiiit'ii  wt-nlen  ^nllen,  und  da  diene  von  (Ilmioii 
durch  den  Commercienrath  vorhin  stabilirten  GrundsätseD  nicht  abgehen 
können,  to  bat  der  Commerueofath  jene  Sitae,  wegen  deren  die  preoaei" 
flehen  Ordnungen  ein  Beeserefl  enthalten,  aelbeten  snr  weitem  Frage  nnd 
Deliberation  aufzustellen,  als  wohin  inflonderhoit  niitgeliOret,  dat»  hier- 
landos  denen  Verlegern  frey  polasson  wirfl,  dlf  FaUricnt.i  n.-u  Ii  ihrer 
Willkür  zn  bestellen,  .somit  von  dor  lirwit«,  Lsiiipc  nnd  (iiitr«  rlcr  f«nn<»t 
vorgeschriebeuen  Fabricaten  abzugehen,  welcher  irrige  Unindsats  in 
effecta  dahin  aohlieiflet,  daas  denen  Verlegern  freygelaaflen  wird,  fiüflche 
Waare  verfertigen  an  laflaen  und  damit  daa  Pnblicnm  an  flbervorlheilen, 
worauB  flodann  der  Discredit  deren  inländiaehen  Fabricatomm  erwächat, 
dahingegen  in  der  preiissischon  Ordnung  ganz  recht  darauf  bestanden 
wird,  daKs  alle  unfl  jcdo  Fahrirata  in  gleicher  Güte,  Breite  und  Länge 
verfertigt  werden  müssen,  weit  dem  Cotnmercio  am  meiatea  daran  ge- 
legen and  au  deasen  beatModige  Anfhahme  gereiehet,  daaa  der  Credit  der 
Waare  oonserrirt  bleibt  und  anch  Terftlsehte  nntBehtige  Waaren  nieht 
geaehwicht  werden.  Ea  iat  alao  auf  diesen  wichtigen  Hauptpunkt  der 
sorgfältige  Bedacht  ku  nehmen  und  die  Einbringung  des  endlirlii'n  Out- 
achten»  flber  aclit  Wochon  nicht  atifznhalton,  wie  anrh  fertior  die  Be- 
stellung allenthalben  dahin  zn  machen,  damit  dem  Uommersienrath  die 
in  auswärtigen  Beieben  und  L&ndern  herauakommende,  die  Cnltor,  Ifa- 
nafiietnr  nnd  daa  Comnereinm  betreffende  Anordnungen  und  Abhandinn- 
gen jedeamal  aukommen,  am  davon  den  diensamen  Gebrauch  weiter 
machen  zu  kennen/  EntAcblieaaung  auf  da»  Protokoll  des  Commeraien- 
lathea  vom  83.  Märs  176S. 


.  ij  .  ..cd  by  Google 


57 


fremden  Waaren  coneurrirom  nnd  durch  wo!ilt(Mle  Preise  den 
Vorzug  gewinnen  müssen,  tcnu  r  bei  solchen,  welclu'  sich  nach 
dem  veränderlichen  Geschmack  richten  mliasen,  im  Jahre  1775 
wurde  die  Behörde  angewiesen,  jene  Ordonnanzen  m  bestim- 
men, welche  besttgÜcb  der  WaarenquaKttt  beibehallen  werden 
sotten;  im  Uebrigen  mttsse  jedem  Ifannfacturtstan  freigesteUt 
bleiben,  nacb  dem  Verlangen  und  Geschmack  seiner  Abneh- 
mer, aach  allenfaUs  zu  einem  Versnob  Waaren  su  verfertigen, 
welche  die  ordonnanzmassige  Lftnge  und  Breite  und  andere 
Eigensc-haftcii  iiic-lit  Iiabeii;  es  müsse  durcli  ein  keiinbares  Zei- 
chen (las  Publicum  zu  warnen  8«  in,  dass  die  Waaren  nicht 
naeli  der  allgemeinou  Vorschrift  vcricrtigt  sind.  ^   In  «  iner  spä- 
teren Verfügung  hicss  es,  es  sei  nicht  die  Absicht,  dass  bei 
den  Seiden-  nnd  Uaibseidenwaaren  alle  QualiUttenordnong  gana 
ausser  Acht  gelassen  werde,  und  den  Fabrikanten  vollkommen 
frei  gestattet  werden  soUe,  die  Waaren  gana  nach  Belieben 
bald  llinger,  bald  breiter  oder  sonst  in  abgeänderter  Eigenschaft 
▼erfertigen  zu  kannen,  aber  er  solle  nur  abweichen  dürfen. 
Dieses  sei  exceptio  a  regula.*  Erst  unter  Josef  wurde  die  bis 
dahin  bestandene  Qualitätenordnnng  auf  Seide  ganz  aufgehoben.' 

Einige  der  fUr  die  verschiedenen  Industriezweige  erlassenen 
Ordnungen  enthielten  auch  Lohnbostimmnngen.  *  So  z.  B.  die 
am  10.  October  17,'>1  erlassene  Qualitiitcnurdnung  fllr  Seiden- 
zeuge, ,damit  die  Waare  durch  übermässiircn  Arbeitslohn  nicht 
vertheuert  w^erde,  noch  auch  die  Gesellen  wider  liilligkcit  ge- 
druckt, sondern  hierin  eine  durchgehende  Gleichheit  beobachtet 
werde,  mithin  sowohl  die  Meister  als  Gesellen  wissen  mdgen, 
was  bei  einer  jeglichen  Gattung  der  seidenen  Zeuge,  welche 
gut  und  kaufrecht  yerfertigt  seien,  denen  Gesellen  fürohin  für 
Lohn  gebttbren  würdet  ^  Später  beschäftigte  man  sich  auch 
mit  der  Regelang  der  Löhne  fttr  die  Baumwollspinnereien.  Die 


'  Kaiserliche  EaSachliessung  auf  •Icn  Vortrag  d«ft  GoHunontonnthw  vom 

'23.  November,  rep.  3.  Deceniber  1775. 
'  Kaiserliche  Enfsi  hHossinifr  .uit  den  Vortrag:  der  böbmuch-dsterreichisclieii 

Hofkanxlei  vom  10.,  rop.  -S.  iioruiuij.'  177ti. 
'  All  s.iuiintlicho  LänderHt^jIluii,  "Jn.  M;ii  1782. 

'  LiiiiQbcätioimuugeu  für  Maurer,  Ziuimerleute  uu<l  Ta^orker  bereits  1722 
CA. IV.  lüö. 

*  Äolmlieh  dt«  am  1.  September  1766  in  Prag  erlMaene  SammtqiMlititen- 


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88 


sQ  diesem  Zwecke  einyernemmenen  Fabrikanten  bemerkten, 
daas  der  Spinnerlohn  sich  nicht  fiziren  lasse,  weil  dadurch  der 
Elfer  unter  den  Spinnleuten  aufhören  wllrde;  auch  sei  der 
Preis  der  Esswaaren  und  Übrigen  Bedürfnisse  durchgehends 
nicht  von  gleicher  Beschaffenheit,  weshalb  auch  der  Lohn  an 
den  verschiedenen  Orten  kein  gleichmfissiger  sein  kOnne.  ^  £me 
von  dem  Orafen  Josef  Kinsky  als  Präsidenten  des  böhmischen 
Consesses  gegebene  Anregung  fand  jedoch  bei  der  Behörde 
grosseren  Anklang.  Nach  eingehenden  Untersuchungen  Uber 
den  Spinnlohn  im  Inlande  und  in  der  Schweiz  wurde  ein  ,soge- 
nannter  Spinnfuss'  normirt  und  aunKchst  in  den  Staatsfobriken, 
wie  in  Linz  Angeführt,  sodann  auch  den  PriTatfabriken  aur 
Damachaehtong  hinausgegeben.  * 


>  Berieht  dn  nledmOtterraichtoehen  OoDtesses  von  Philipp  v.SItisendoff 1784. 

•  Nicht  oliiio  Intf-reMe  Ist  eine  Bemerkung  der  Kaiserin:  Daa  gute  Vor- 
haben doH  Commensienrathe",  ria  denelbe  bei  einijren  Fabriken  den 
Arbeitslohn  zn  vemriiKleru  und  hif^rdtireh  eine  mehrere  WohltViliieit  zu 
erkalten  gedenket,  begnehmige  voUkuinmon,  doch  wird  bei  der  hier 
in  Wien  mnehmenden  Thfiuentnf  alter  Lebensmittel,  aolebes  der  Zeit 
bart  wa  bewirken  sein,  beaenden  naebdem  die  Arbeiter  den  gneaen 
Lohn  bereit!  durch  lange  Zeit  bekommen  baben.  Kai-^i  rlK  he  Eni^chlieä- 
8Ung  auf  den  Vortrag  vom  22.  Jannar,  rep.  21.  M.-ii/.  1767,  betreffend 
die   niederöstorreichi.Hchen   ManuJacturtabellrn  Karl   Graf  Zinzeii- 

durf  »prach  sich  über  die  iSpiundistricte  uud  den  äpiuntu^s  wegwert't^ud 
ane.  Man  kOnne,  bemerkt  er,  dieae  flbr  die  BanrnwolIgeHpinnste  an- 
gewiesenen Dtvtricte  nicht  andern  als  Ar  eine  Veranstaltung  ansehen, 
wodurch  die  Spinner  unterdrückt  und  die  Mannfacturen  und  Fabriken 
he>chrÄnkt  worden.  Die  S|'Iiiin'r  li.Oion  in  einem  solchen  Dt«trirt  keine 
andere  Wahl,  nh  entweder  für  dit-  l'alirtk  ttm  fr^*'"ingen  Lohn  au  >]iin- 
nen  oder  iimiger»  mi  sterben,  (.iitiichwiu  auf  einer  Seite  dem 
Fabriksuntemehmer  freistehen  muss,  an  denjenigen  Orten  »pinnen  in 
lamen,  wo  man  ibn  am  besten  nnd  wohlfeilsten  bedient,  so  mnss  anf 
der  andern  Seite  dem  Spinner  die  Freiheit  belassen  werden,  fttr  den* 
jenigen  tm  r<pinnen,  der  ihn  am  besten  bt-zahlt.  Das  Spinnerpatent  vom 
16.  November  176Ö,  kraft  desst  n  der  Lohn  für  eine  jede  Gattung  von 
Gespinnat  gesetslich  vorgeschrieben  winl,  i^t  diesem  Endzweck  entgegen. 
Ee  wird  dadurch  dem  Spinner  alle  Hoflbung  genommen,  sein  Schicksal 
BU  Terbessem  und  seine  Arbeit  gegen  Tortheüliaflere  Bedingungen  ver^ 
richten  au  kOnnen.  Solchergeatalt  muss  ihm  der  Muth  sinken,  weil  it  n 
die  Motive  zur  Aneifernng  btMiomnion  werden.  Wenn  daher  oino  Fabrik 
gut  bedient  werden  will,  so  muss  sie  nothwendig  das  Patent  indirect 
übertreten.  Dies  geschieht  auch,  indem  an  iSpinnor  neben  dem  ge^etz- 
miaelg  vorgesehiiebenen  geringeren  Lohn  et«ras  mehr  unter  dem  Titel 
einer  Frimie  sugetheilt  wird. 


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39 


Durch  die  Normirung  des  Spinnfusaes  beabeichtigto  man 
zwei  Extreme  zu  vermeiden:  einmal,  dasa  die  inländischen 
Fabriken  durch  Steigerang  des  Spinnlohnes  nieht  ausser  Con- 
durens  mit  den  fremden  gesetzt  werden,  sodann  aber,  dass 
daa  Landvolk  durch  enge  Schranken,  die  Spinnerei  als  einen 
Nebenverdienst  zu  ergreifen,  nicht  abgeschreckt  werde.  Man 
beflbn^htete,  dass  durch  eine  Steigerung  des  Spinnlohnes  die 
inländischen  Erzeugnisse  mit  den  tVemdeu  den  Wettbewerb 
niclit  aushalten  könnten.  Den  Bebürden  sollte  aufgetragen  wer- 
den, daös  sie  den  Fabriken  und  den  Faetoren  derselben  eine 
anspebig"e  Assistenz  zur  Einfribrun^^  der  Spinnerei  iiaeh  dem 
neuen  jSpinnfusö  leisten  sollten.    Wenn  jedoch  bei  einzelnen 
Nummern  ein  geringerer  Betrage  als  bisher  wirklich  bezahlt 
wurde,  festgesetzt  wäre,  so  sollte  es  gestattet  werden,  dass  in 
denjenigen  Spinndistricten,  wo  ein  höherer  Spinnlohn  besteh^ 
derselbe  in  den  .erwähnten  Nummern  allein  bezahlt  werden 
könne.  Femer  wurde  bestimmt,  dass  die  Eltern  ihre  Kinder, 
insoweit  sie  derselben  immer  entbehren  kOnnen,  in  die  Spinn- 
schulen  /ii  schieken  haben.    Die  Obrigkeiten  und  Comnierzial- 
beamten  haln  n  zu  i  nt-sclieiden,  ob  dem  Folge  geleistet  werde, 
und  jene  Eltern  soJlten  besti'aft  werden,  die  naeh  erlolf^ter  Kr- 
innerun*:    ibre  Kinder  oder  ZögUnge  in  die  lS])innschulen  zu 
i»chieken,  unterlassen.    Damit  tüchtige  und  cclite  Gespinnste 
erzeugt  werden,  sollten  diejenigen  ausgelernten  Spinner,  die 
sich  als  nachlässig  bezeugen  würden,  entweder  das  Material  er- 
setzen oder,  im  Falle  sie  dies  nicht  zu  thnn  vermöchten,  mit 
Leibesstrafe  belegt  werden.  Diese  Lohnbestinunungen  wurden 
spftter  anfgehoben,  nachdem  die  Zuweisung  von  Spinndistricten 
an  die  Fabriken  fortgefallen  und  die  Erzeugung  von  Cotton 
freigegeben  war.    An  Klagen  über  die   neuen  Verftlgungen 
feblte  es  nicht.    Aueb  die  Arbeiter  waren  nicht  dunliwct^s  mit 
der  BesseitiunuijLi-  der  Spinnicilme  zufrieden;    die   EaetoreFi  der 
SchwcebatiT   Falrrik  z.  R.   baten,    dass    ihnen   der  ehemalige 
»^pinnerlohn  wieder  verabreicht  werde.    Der  früher  bestandene 
iiwang  der  Spinndistricte,  sagte  die  liandclsbehördo,  sei  be- 
seitigt worden,  die  Spinner  können  sich  nicht  beschweren;  wenn 
sie  hei  anderen  Fabriken  httheren  Arbeitslohn  erhalten,  können 
sie  darauf  eingehen.  ^ 


*  Ptatokoll  Tom  IS.  NoTember  177fi. 


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40 


Für  die  Beschau  der  Leinwand  wurden  Hcschaumeistcr 
angestellt/  wolur  der  Weber  auf  dem  Land»'  einen  Kreuzer  per 
Stück,  in  den  Städten  und  Märkten  anderthalb  Kreuzer  zu  ent- 
richten hatte,  Gebühren,  welche  erst  1772  enttielen.  Einer 
kaiserHchcn  Kntschliessung  vom  16.  December  1762  zufolge 
sollten  alle  inländischen  Fabricate  küiifti^'^  beschaut  und  mit 
einem  kennbaren  Stempel  bezciclmet  werden.  Die  Kroisliaupt- 
loute  waren  angewiesen,  die  ,Eclitheit*  der  Leinwand  zu  unter- 
suchen, eine  Verfü«^unnr.  die  jedoch  nur  auf  dem  Papiere  stand. 
Es  handelte  sich  nämlich  darum,  ob  die  Leinwand  im  In-  oder 
Auslande  bestellt  sei,  wobei  die  liestimumngen  des  Patents  vom 
Jahre  1750  eingehalten  werden  sollten.  Auch  Ilausleinwand 
musste  beschaut  und  jjjestempclt  werden.  Durch  Verordnung: 
vom  27.  Februar  1764  wurde  das  Ellenmass  der  zum  inländi- 
schen Verkauf  bestimmton  Leinwand  auf  (K)  Ellen,  für  die  nach 
dem  Auslande  bestimmte  Waarc  auf"  58  Ellen  festgesetzt.  Die 
crstere  sollte  zur  besseren  Unterscheidung  mit  dem  ganzen,  die 
letztere  hingegen  mit  dem  halben  böhmischen  Löwen  bezeich- 
net werden.  Schlechte  und  llbel  qualifieirte  Leinwand  sollte 
dem  Eigenthümcr  zurückgegeben  und  weder  mit  dem  halben, 
noch  mit  dem  ganzen  Löwen  bezeichnet,  sondern  blos  als  eine 
liederliche  Waare  mit  einem  NB  signirt  werden.  * 

Die  richtige  Vcrtheilung  der  Gewerbe  in  Stadt  und  Land 
bildete  in  der  zweiten  Hälfte  der  Regierung  Maria  Theresias 
den  Gegenstand  eingehender  Enirtemng.  D<!r  Ansässigmach ung 
von  Gewerbetreibenden  und  Fal)rikanten  in  den  kleinen  Land- 
städten wurden  Schwierigkeiten  bereitet,  indem  die  Ausübung 
des  Gewerbes  an  gewisse  Bedingungen  geknUpft  wurde,  deren 
Erfüllung  von  Magistraten  und  Dominien  g(dbrdert  wurde. 
Die  Kaiserin  wünschte  die  Gewährung  von  Erleichterungen,  um 
in  den  Landstädten  das  Aufkommen  der  Gewerbe  zu  beför- 
dern. Ihrer  Anregung  Folge  leistend,  wurde  die  Frage,  durch 
welche  Mittel  die  Verlegung  von  Fabriken  und  Manufacturen 
in  die  Landstädte  bewerkstelligt  werden  könnte,  in  Erwägung 
gezogen.  Es  könne  von  Seite  der  Behörde  nichts  geschehen, 
lautete  das  erstattete  Votum,  als  den  Weg  zu  bahnen,  Hinder- 
nisse zu  beseitigen,  etwaige  Begünstigungen  su  gewähren, 


'  Instruction  fttr  dio  itouon  lieschaumoutor  Tom  1.  J*iiaar  1752. 
i  Protokoll  vom  16.  Iäept«mb«r  i7S4^ 


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41 


dem  frei\v*il!i£rcn  Zucfc  nicht  ent*3:(»genzutreten,  da  man  sonst 
auf  ungewisse  SeitenstrasscD  geratiien  wtVrde.    l)*'r  Zug  gehe 
nun  einmal  in  die  grossen  Städte,  und  man  getraue  sieh  nicht 
einzogreifen  und  die  Gewerbetreibenden  in  die  LandstlUlte 
zu  lenken.  Erst  müsse  der  Haaptstamm  Wurzel  hMen,  ehe 
aich  die  Aeste  Terbreiten  kennen.  Nicht  alle  Gattungen  von 
Fabriken  können  aiuschliesslich  in  der  Stadt  oder  anf  dem 
Lande  betrieben  werden.   Jene  Fabriken^  weiche  grössere 
Anfncbt  erheischen  und  daher  sorgfUtig  beschaut  werden 
müssen,  der  Beihilfe  und  Mitwirkung  anderer  Gewerbe  be- 
dürfen ,    mit   den   Verlegern   hesUindiges   Einvernehmen  pfle- 
gen niiiä.sen  und  sieli  naeh  dem  wccbs«-hi(len  Geschmack  zu 
rie])tf'n   liaben,  sind  fiir  die  LandsUldte  nielit  geeignet,  z.  B. 
Seidenzdigfabriken,  Galanterieerzeugnisse,  Band-,  Borten-  und 
Stiekarbeiter,  Hutmacher  und  Strumpfwirker.    Durch  Ueber- 
leitong  ans  den  Städten  awf  das  Land  würden  überdies  die 
CSonsomtionsgeilÜle  der  Hauptstädte  vermindert  werden.  Da- 
gegen geboren  auf  das  Land  Spinnereien  und  Webereien  von 
Tuch  und  Leinen,  Stahl-,  Eisen-,  Messing&briken  u.  a.  m.  Die- 
aen  Auseinand^setzungen  stimmte  die  Kaiserin  nicht  ganz  bei. 
Sie  gab  zu,  dass  das  Commerzdirectorium  gute  Ursachen  habe, 
,den  Anlang  deren  Fabriken  in  der  dahiesig(Mi  Stadt  und  deren 
nahen  Gegenden  anlegen  zu  lassen*,  sie  stininitc  den  über  die 
Bc!.t  liau,   Uber  die  V'  rbindung  mit  den  Kaufleuten  und  über 
die  Berücksichtigung  des  Geschmacks  dargelegten  Ansichten 
hei,  fügte  aber  hinzu,  ,dass  darauf  zu  sehen  sei,  dass  diejenigen 
Gewerbe,  welche  in  den  kleinen  Landstädten  fortkommen  kön- 
nen, dahin  geleitet  wttrden'.^   Auch  war  sie  über  jene  Ge- 
werbe, deren  Standort  m  kleinen  Städten  wohl  am  Platze  sei, 
zum  Theil  anderer  Ansicht,  denn  Hntmacher,  Strumpfwirker 

^  Eine  kalMrlicbe  Weianng  beugte,  dass,  da  w^n  Theoenuig  der  Lebens- 
Büttei  in  einer  volkreichen  Hanptitadt  die  Fabriken  nieraaU  aufkom- 
mea  kOnnen,  weil  die  Fabricate  allzu  thouor  würden,  wäre  zu  bedenken, 
dass  dahier  (in  Wien)  keine  Fabrikanten  mehr  niedergesetzt,  vielmehr 
darriiif  ffJrg-ed.ieht  werde,  wie  die  bestellenden  Fabrikeji  in  tliunlielipr 
Art  nacli  und  uacli  in  diu  Landstädte  versetzt  werden.  ,Erkeiiiii;  Ich  die 
gute  UräacheQ,  vvulcUü  da.H  üuiumerciendirectorium  bewogen  haben,  den 
entereu  Anfang  deren  Fabriqueu  iu  der  hle^igeu  Stadt  und  deren  nahen 
Oefenden  anlegen  sn  Inasdn;  dMselbe  iet  weite»  dsrnm  »eht  dnimn, 
jene  Febriqoen,  welebe  eine  nebrere  Nnchsicbt  und  Beeoban,  ao- 
wie  die  Beibttlfe  enderar  Pf  oÜBMioniaten  erfordern,  mit  deren  Verlegern 


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4S 

und  Scidcnzengiuachcr  gohörtcii  ihrer  Ansicht  nach  in  die 
LftndstAdtG;  denen  durch  Verwohlfeilang  der  Waaren  ao^e* 
Keifen  werden  könnte,  ^denn  in  regola  ist  es  aUeseit  beeser, 
wenn  liene  Fabriken  zwar  nicht  gezwungen,  aber  angeleitet 
werden,  sich  auf  dem  Lande  zu  ctabli^en^  ^  Auch  die  Strumpf- 
Wirkerei  sollte  einer  Weisung  der  Kaiserin  mifolge  in  den  Dorf- 
schaften und  nicht  in  den  Städten  eingeführt  werden,  ,weil  f^r 
derlej  Arbeiten  der  Bauer  zn  einem  geringeren  Preise  ver- 
wendet werden  kOnne'.  Sie  hielt  daran  fest,  dass  von  Seiten 
der  Regierung  etwas  geschehen  kOnne  und  müsse.  Sie  ver- 
langte nach  eingeholten  Erklärungen  der  Landeastellen  einen 
Antrag,  wie  das  Unterkommen  der  Manofacturen  nnd  Fabriken 
in  den  Landstädten  thunlichst  zu  beftirdeni  sei,  *  und  gab  auch 
die  Mittel  an,  wie  dies  geschehen  kOnne.  Es  bestehe,  schreibt 
sie,  in  den  niederOsterreichischen  Städten  die  Anordnung,  dass 
Niemand  als  Btlrger  aufgenommen  werden  dttrfe,  wenn  er  nicht 
ein  Haus  angekauft  habe}  da  nun  angehende  Fabrikanten  die 
Mittel  dazu  nicht  haben,  daher  von  der  Aufnahme  in  die  Städte 
indirect  au^eschloesen  seien,  habe  der  Oommersienrath  mit  der 
Kanalei  zu  ttberlegen,  wie  diese  Hindernisse  aus  dem  Wege  zu 
räumen  seien.' 

ein  b«."st;iiifli;,'i's  Eiiiverwtändniss  uml  AbitH'linuug  uiit«irIiaIt>Mi,  um!  »Ich 
uach  dem  iiuinur  .ibwt)cIu>olndeu  Gtiscliiniick  dar  IlaupUtadl  guriclitut 

werdea  mnss,  auf  dem  Land  oder  in  kleinen  StSdten  uch  aiuser  ihrer 
Lage  befindeten,  dannoeh  aber  bat  desnelbe  darauf  in  Beben,  den  diese 

Fülle  uicht  Überschritten,  sondern  die  Obrige  Fabricauten,  welche  üi 
kleinen  StäiUen  aufkuminpii  inf?|^en,  und  nnfer  welche  die  Uuttuacher 
und  dtrumiifw  Ii  Kor,  wio  aticli  ein  Thoil  di  reu  Seidenzeug^machern  mit 
gehören,  dahm  geloitut,  und  darmit  iiebit  dtjr  WoUoiluug  iu  der  Waare 
ancli  deren  Landstidten  aufgeholfen  werden,  dann  in  regiila  iat. 
*  Protokoll  vom  88.  Juni  1761  rep.  80.  September  1761  nnd  die  dasu  go- 

hörigo  Resolution. 
'  9.  November  17 

^  Kai-ierlii  lic  Kntsr}ilio!«üiinrr  auf  den  Vortrag  vom  -U.  Octobor,  ri'i)  No- 
vember 1762:  Icii  geiiubmige  das  Eiuratliuii,  doch  iüt  diose  Fabrii^ue 
niebt  hier  In  Wien,  sondern  in  einer  Lendstadt  sn  erricbten  nnd  da  bey 
den  mitleidenden  StSdten  in  NiedOsterreich  die  Anordnung  bestehet,  duu» 
k6in<>r  in  dirse  als  Bürger  eingenommen  irerdeu  darf',  er  hebe  denn  mit 
Ank;infun<r  «mih's  l!au^o>^  ^\c]\  jmsossiunirt  jromat'ht:  liio  iiPu  angehende 
Fabrikanten  aber  il;uu  die  Mittel  nicht  besitzen.  fulj^'Uch  per  indirootum 
vou  der  Eiunehmung  üi  diese  Städte  ausgebe iilussen  sind,  so  hat  der 
Commewiennttli  mit  der  Gansley  das  Vernehmen  *u  pflegen,  wie  dieses 
Impedimentum  in  allen  StScken  am  ansMndigsten  sn  beheben  sejrn 


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43 


In  der  nfffChston  Zeit  wurden  wohl  einige  MaMnahmen  in 
Vorschlag  gebracht  In  der  Umgebung  yon  Wien  hatten  rieh 
auf  dem  Lande  einige  Gewerbe  angesiedelt,  die  mit  ihrem  Ab* 
satB  natttrlich  auf  die  Hauptstadt  angewiesen  waren.  Nun 
mnssten  dieselben,  wenn  rie  daselbst  BSn'  oder  Verkftufe  mach* 
ten,  AusfuhnsQlle  für  den  Rohstoff  und  ConsnmsOlle  bei  der 
Einfuhr  nach  Wien  aahlen,  konnten  daher  mit  den  in  Wien 
wohnenden-  Gewerbslenten  nicht  concurriren.  Die  Gleichstel- 
lung der  Landfabrikanten  in  Bezug  auf  ihre  Erzeugnisse  wurde 
Ton  der  Kaiserin  verfügt  Jn  Berichtigung  dieses  so  wichtigen, 
mit  dem  Wohlß  des  Staates  so  eng  verknüpften  Gegenstandes/ 
heisst  es  in  einer  kaiserlichen  Entschliessung  auf  den  Vortrag 

mOge?  worüber  mir  sodann  das  gtinmiaiichattlicho  UutacliUiu  heraut'za- 
geben  sej.  Ef  wird  nun  zwar  nach  meiner  wegen  des  Kämel  genom- 
monmi  Bnfwhli«Miinf,  dsM  dieser  mit  «einer  F»briqme  in  eine  deren 
mitleidenden  Slidten  s«mM  werdm  soUev  dem  Jeaner  wefen  denen 

noch  fUrdanemdon  PriTilegii  kein  Eintrag  gethan,  jedoch  hätte  dareuf 

von  Seiten  des  Coinm©rj:i<»nrathp'5  dio  Kilcksu  lit  ;xP»iotnmen  werden  «ollen, 
indem  den  Fabriknnton  das  i-iuiijal  ertlieilte  Wuit  lieilip  sfi  halten  und 
damit  dadi  allgeuioiue  in  Cuuitnerzialsuciien  tio  nüthige  Vertrauen  zu  bo- 
gfründen  aeyn  will,  und  da  die  BrfordemlM  nn  derley  Bindern  ao  grOM 
ist»  dem  aolehe  von  einer  Fabriqne  nieht  kenn  TerMhaffet  werden,  dem 
.T.miior  ea  aber  nur  an  Wlsaenachaft  einer  geschickten  Manipulation  ge* 
bricht,  ist  dahin  luraudenken,  wie  solche  ihme  bo\ ^^übracht,  Humit 
diese  Fabrii|UO  für  iliren  Yertall  l»e\valiret  wonlen  müy'e.  ."^chliesulicheu 
ist  dem  Kämel  der  Auftrag  zu  machen,  da»»  er  trachten  möge,  noch  einuu 
Fkbrilnttten  für  das  Land  Tyrol  an  ▼eiBohaffen.  —  Kalserllcbe  Betotution 
aof  ein  Totom  dee  Hbfoommereienrathes,  ddo.  27.  September  be- 
treffend die  Befreiong  der  in  den  mXhriechen  Laudet*ät»dtcn  .•sicli  nit^der- 
la-«««««»nden  Kabrikanton  von  tlom  n«\worbsbeitraj(0.  Da  das  AbNohnn 
d;iliin  gebet,  «m  die  Fabrikauttüi  in  dif^  iStadto  einzuziehen,  und  darmit 
diese  wioderiuu  zu  bevölkern,  iti  der  Folge  aber  die  Acciseu  erträglicher 
tttt  machen;  ao  ist  indJstinotim  allen  Freurfen  und  innUtndisehen  Fap 
brikanten,  m>  in  dae  Iiandee-Stadt  eiwiehen,  eie  mSgen  eine  nette  oder 
allschon  bestehende  Fabricatur  betreiben,  eine  ^iuijiiiirige  Freyheit  von 
der  Oowerb-Steüer  zuzuge.Htehcn ,  dieses  Benetlcium  aber  auf  die  Zeit 
von  fünf  .laiirfn  zu  bosrliränken,  und  von  solcben  jene  anszuschliesseu, 
welche  von  einer  8tadt  in  die  andere  wandern.  wäre  zu  wiiuschou, 
heiait  ee  in  einer  EntechHeMung  auf  den  Vortrag  vom  ti,  Januar  1767, 
dam  mehrere  Fabriealnren,  die  ein  grameres  Personal  erfordern,  auf  das 
Land  oder  in  die  andern  Krbländer  flbenetst  werden  kennten,  wodurch 
die  Waarcn  nm  Viide*<  w.diltViler  erzenrrt  werden  und  anch  den  Vortrieb 
nach  Aussen  linden  könnten;  auch  würden  dadurch  die  ausländischen 
gleichen  Waaren,  obue  eines  Verbotes  zu  bedürfen,  am  so  gewisser  von 
den  Eridaiiien  abgehalten  werden. 


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44 

vom  3.  Decembor  1762,  ,hat  der  Commentenrath  ein  ganzes 

und  in  alUni  Theilen  ausgiebiges  System  zu  verfassen,  Uber 
dessen  Thunlichkeit  und  Durchführbarkeit  mit  der  Banco- 
flcjiutation  das  Vernehmen  zu  pflorrcn,  und  Mir  das  £laborat 
baldmöglichst  vorzulegen,  indem  Ich  solchem  mit  vielem  Ver 
hingen  entgegensehe,  um  die  bi>  mm  so  mehrfiütig  vorgekom- 
menen Vorschläge  einmal  in  EdUllun<j:  tresctzt  zu  wissen/  Sie 
wird  nicht  mftde,  in  der  Folge  manchmal  auf  diesen  Gegenstand 
zurllckzukommcn,  und  c:c währt  den  Ansiedlem  auf  dem  Lande 
eine  fUnQährige  Freiheit  von  der  Besteuerung.  ^  Im  April  1765 
fordert  sie,  ihr  endlich  einen  ,Hauptvortrag'  vorzulegen,  wie 
die  Unterbringung  der  Mann£icturen  in  die  Landstädte  su  be- 
gün^tigr-n  sei. 

Bereits  im  Jahre  1764  wurde  vei*fllgt,  dass  Fabrikanten 
und  Manufacturisten,  welche  in  landesfdrstliche  Stibdte  und 
iNlärkte  einziehen,  nicht  verhalten  werden  können,  H.lnser  au 
besitzen;  das  Bürgerrecht  sei  gratis  zu  ertheilen;''  die  Bürger- 
und  Meisterrechtstaxen  wurden  herabgesetzt.'  Zwölf  Jahre 
spntcr,  am  30.  März  1776,  wurde  an  die  gesammten  Länder^ 
stellen  ein  Nonnale  erlassen,  welches  besagte,  dass  geschickten 
Commerzprofessionisten,  Fabrikanten,  Manufaeturisten  und  Arbei- 
tern die  Gelegt  nlicit,  sich  ehrlich  zu  ernähren,  möglichst  zu 
erleichtem  sei.  Tüchtigen  und  guten  Gesellen  sollte  die  Hoif- 
.  nung  zur  Erlangung  des  Meisterrechtes  mit  geringem  Aufwände 
erm(}gltcht  werden,  die  Eingeborenen  daher  nicht  blos  von  der 
Auswandemng  abgehalten,  sondern  auch  fremde  geschickte 
Arbeiter  zur  Einwanderung  bewogen  werden,  überhaupt  aber 
durch  erleichtt  rt«'  Nahrungswege  die  Vermehrung  der  Bevöl* 
kerung  und  die  daraus  folgende  Ermunterung  zur  Erweiterung 
des  Ackerbaues  erzielt  werden;  Magistraten  und  Amtsobrig- 
keiten  sollte  gestattet  werden,  alle  Commerzprofessionisten,  Fa- 
brikanten und  Manufaeturisten,  ohne  sich  an  eine  bestimmte 
Anzahl  zu  binden,  aufzunehmen  und  denselben  auf  Verlangen 
das  Bürger-  und  ^Feisterrecht  in  ihren  Bezirken  zu  erth  eilen. 
Die  Magistrate  und  Dominien  wurden  angewiesen,  sich  von 
den  bisherigen  Vorurtheilen  nioht  leiten  zu  lassen  und  sich  der 


*  Kaberlicbe  EntschlieMUug  anf  das  Protokoll  vom  N«v«mi»«r  1768. 

*  Ood.  AiMtr.,  VI,  8ia. 

*  Kaiterlieh«  EntMhUaMOiig  vom  14.  Jnli  1766;  Cod.  AmAf^  VI,  888. 


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45 


Aufnahme  solcher  Arbeit«  r  nicht  zu  vvidersctKen.  AiisdrückJicli 
wurde  aueli  anbefohlen,  Arbeitern,  wenn  sie  ihre  Tüchtigkeit 
gehöri«:  ausgewiesen  haben,  <lie  Ertheihmg  des  Meister  und 
Bllrgerreehtes  nicht  zu  crsehweren,  sondern  auf  alle  nur  immer 
bilh'«re  und  thtnihehe  Weise  zu  erleichtern.  Den  Bcschwerde- 
ftlhrern  wurd»«  der  Rocnrs  offen  gelassen.  Zur  Erleichterung 
der  Meisterrcchtabewerber  wurde  fcnier  verliij>:t,  dass  dieselben 
von  dem  Nachweise  vhwa  ^'ern1(■■>g■ens^  Avelclies  zur  Anscluiffunr:; 
der  nöthigen  ITaiidwerksj^cräthschaften  und  des  ersten  Materiai- 
verlages  erforderiieh  sei,  enthoben  werden  sollen,  es  genüge, 
wenn  sie  hinreichende  Beweise  ihrer  Profeasionst&chtigkeit  dar- 
gelegt haben. 

Die  letzten  Verfiigunp^en  über  die  Krleichtenmp:  der 
Niedcrlassunr,'  von  Fabrikanten,  Commerzialprofessionisten  und 
Manufaeturisten  erfreuten  sieh  niclit  allerorten  gtinstiger  Auf- 
nahme.^ Die  obcrösterreiclii.sehen  Stände  waren  der  Ansicht, 
das?i  die  Vermehrung  der  Fa])rikanten  meht  nur  keinen  Nutzen 
habe,  sondern  viclmelir  schädliche  Folgen  nach  sich  ziehe;  die 
Anzahl  der  Fabriken  müsse  mit  der  Monge  der  Consumenten 
und  Käufer  in  ein  billiires  Verhältniss  gesetzt  werden;  der 
ruhige  Besitz  ^inge  durch  eine  Vermehrung  verloren;  der  bis- 
heriire  Besitzer  werde  , eines  Capitals  entsetzt';  die  Häuser, 
worauf  die  Gewerbe  radieirt  seien,  verlieren  ihren  Werth;  die 
Hausinhabcr  seien  dann  ausser  Stande,  die  bisherigerf  Abgaben 
zu  leisten;  die  Anzahl  der  Professionisten  und  Fabriken  sei 
fast  zu  grofis^  die  zahlreichen  Fallimente  geben  hievon  Zeug- 


*  Die  Bestrebung«!!  der  Regierung,  in  den  Stidten  die  Fabriken  empor- 
sabringen,  fanden  ebeniowenig  Anklang  wie  tpRter  die  Verauche,  die- 
gelben  nnf  daf  Land  zn  vcrpflanzon.  S<>  sprach  sich  der  Wiener  Stndt- 
rath  gegen  die  Gründung  von  Fabriken  in  den  Vorstädten  ans,  wogegen 
Qraf  B.  Cbotek  in  einem  Vortrage  bemerkte:  der  Stadtreth  unUirxielio 
CkfQMtifaide  «einer  BeiutheUung,  wovon  «r  keine  Kenntnin  bebe;  dem 
gemeinen  Weaen  nnd  nocb  mehr  dem  aerario  civico  eei  daran  gelegen, 
In  den  hiesigen  VoratXdten  die  Fabriksarbeiten  enponnbringen.  (Aua 
einem  nndatirten  Vortrage  [1755?].)  Als  sp.ttor  der  niederttstfirreicliische 
Consess  am  28.  Jnli  1763  angewiestMi  .vurdc,  atif  diu  Erzeugung  der 
SeidenatrUmpfe  und  äeideobUte  in  den  Laadstädten  bedacht  au  nehmen, 
maebten  die  bfligerlieliea  Seidenetrumpfwirker  Vontellnngen:  ee  befibiden 
sieh  in  Wien  64  Heister  nebst  80  Oesellen  nnd  so  Tiel  Jungen;  das  Ge- 
scLäfl  .sei  !>chl6cht,  30  Mei.ster  Würden  ffSx  den  Oonsnm  genügen.  Aneb 
die  Hntmaeher  maohten  Einwendungen. 


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46 


nifls;  auch  drohe  die  Gefahr,  die  Berntthungen  der  bfirger- 
lichen  GewerVe  and  lianu&ctorea  mit  den  harten  Arbeiten  des 
Feld«  und  Ackerbaues  in  keine  Vergleichung  gesetzt  werden 
können,  dass  eine  zahbreiche  Menge  sonderheitlicb  von  dem  be- 
mittelten Landvolk  den  Pflug  verlassen  und  in  Hoffnung;  als 
Bttiger  der  Recrutirung  zu  entgeh«i  and  ein  gemächliches 
Leben  za  führen,  sich  der  Eriemung  der  Gewerbe  widmra 
werde';  die  Landwirthschaft  werde  abnehmen^  die  Gewwbe  za- 
nehmen. 

IV. 

Der  Zunftzwang  wurde  bei  einzelnen  Gewerben  gemil* 
dert  und  später  ganz  beseitigt,  namentlieh  bei  der  Weberei. 
In  Böhmen  wurde  den  Webern  1755  goetattety  sich  anszuzünftra. 
Eine  Ausdehnung  des  Zunftwesens  auf  Gewerbe,  bei  denen  es 
nicht  bestand,  wurde  nicht  gestattet;  man  sei  nicht  gewillt, 
heisst  es  in  einer  Weisung  vom  15.  Januar  1756,  Gewerbe, 
welche  den  Zünften  nicht  einverleibt  seien,  zttnflig  zu  machen. 
Die  Gewerbetreibenden  erhohen  mcht  selten  Vorstellungen  gegen 
die  freisinnigen  Massnahmen  dar  Regierung.  Als  z.  B.  im  Jahre 
1768  die  £>zeuguug  von  Bändern  freigegeben  wurde,  hatte  die  ' 
Behörde  fast  alQihrUch  Bitligesuche  abzuweisen,  welche  Wieder- 
einfÜhmng  des  Zunftzwanges  verlangten.  ZUnfle  mit  geschlosse- 
nem Mdsterrecht  beklagten  sieb,  dass  ,neae  Meister'  zugeUssen 
werden,  ,  wodurch  viele  Professiones  geschwächt  und  die  Bor- 
ger ausser  Nahrangsstand  gesetzt  werden'.  In  Böhmen,  wo  die 
Weberei  von  Zeugen  an  Ausdehnung  gewann,  wendeten  sich 
viele  Leinenweber  derselben  zu.  Die  Frage  wurde  erörtwt,  ob 
jedem  Weber  freigestellt  sein  solle,  alle  Gattungen  von  Leinen- 
und  Wollwaaren  zu  verfertigen.  Der  böhmische  Consess  qirach 
sich  dagegen  aus,  da  dadurch  nur  Schleuderei  und  Hemmung 
des  Handels  entstehen  würden.  Die  Leinenweber  würden  von  der 
Verfertigung  der  guten  Leinwand  abgezogen  und  zu  schlechten 
Wdlwaaren  angeleitet  werden;  nur  jenen  soUe  die  Erlaubniss 
erdieilt  werden,  welche  darthun,  dass  sie  nebst  ihrem  Gewerbe 
auch  noch  für  eine  andere  Manu&ctur  die  Fähigkeit  besitzen.  - 
Der  Commerzienrath  sprach  sich  damals  dahin  aus,  den  Leinen- 


VorstelUiQg  Tom  4.  Juni  1776,  unterzeichnet  TliUrheim. 


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47 


Webern  die  Verfcrtijjrung  von  linlUwollencn  und  halbleinenen 
Zen^<Mi  zu  f^cstetten,  und  wenn  sie  zu  Z('u<;inachern  übertreten 
wollrii.  iKicli  abgoleprter  Probe  eingezunftct  zu  werden,  auch 
möge  ihnen  wieder  erlaubt  werden,  zur  Leiuejuveberei  zuriiek- 
zukebreu;  jenen,  welclie  besondere  Kunst  in  einer  oder  andern 
Waareng-attuni:  besitzen,  mögen  Particuhirconcessioneu  zum  Be- 
trif  bt;  ertheilt  werden.  Die  Jungen  und  Gesellen,  welche  bei 
den  erbländischcn  Zeugfabrikanten  das  Oewerbe  crlemen,  sollen 
nach  erfüllter  Lehrz<'it  und  zweljüliriger  Arbeitszeit,  ohne  bei 
den  ZUnften  aulu  'lmiLf  ?<  zu  werden,  freigesproehen  und  für 
zunltuiässig  angc^ehi  n,  tulglich  nach  abgelegter  Prube  zur  zunft- 
mässigen  Meisterschaft  zugelassen  werden.  Die  Kaiserin  ge- 
nehmigte  diese  Anträge.* 

Kinige  ,Jahre  sp;it(u'  wurde  der  niederösterreichische  Con- 
sess  aufgefordert,  ein  Uutaebten  zu  erstatten,  ob  bei  den  Cotton- 
webern  nicht  (be  ZUnftigkeit  aufzulieben  sei.  *  Die  Wiener 
Weber  sprachen  sieli  gegen  die  ])eabsu  hiigte  Einschränkung 
des  Zunftzwanges  aus.  Der  Conunerzienrath  wies  jedoch  darauf 
hin,  dass  in  den  anderen  Ländeni  gerade  die  Freigebung  die 
gedeiblicbsten  Felgen  gehabt  habe,  nie  würde  der  Manufacturen- 
stand  in  Böhmen,  Mähren  und  Oesten'cich  ob  der  Knns  einen 
solehen  Aufschwung  gewonnen  haben.  ^  Durch  die  Aufhebung 
(Ins  Zunftzwanges  erwai*tete  man  eine  Erweiterung  der  betreffen- 
den Industrie,  indem  derselben  dadurch  eine  gröbsere  Anzahl 
Arbeiter  zugeführt  und  der  Arbeitslohn  erniedrigt  würde, 
die  Waare  daher  in  Folge  eines  billigeren  Preises  Absatz  nach 
Aussen  finden  durfte.  Die  Tendenz  war  in  der  That  in  den 
nächsten  Jahren  darauf  gerichtet,  die  Zünfte  wo  nicht  gänzlich 
aufzuheben,  doch  wenigstens  bei  solchen  Ocwerbsehaften,  die 
ihrer  Natur  nach  einer  Erweiterung  fähig  sind,  eine  grössere 
Freiheit  zu  gewähren.  Der  Antrag  wurde  gestallt,  in  Wien  und 
innerhalb  der  Linien  die  Befugniss  auf  eigene  Hand  oder  mit 
Gehilfen  zu  arbeiten,  lediglieh  nach  Erforderniss  der  Umstände 
blos  den  verheirateten  Gesellen,  mit  Ausschluss  der  ledigen,  zu 
ertheilcn,  ihnen  zu  erlauben,  ihre  Weiber  und  Kinder  beiderlei 

*  Bericht  des  bOhmueheii  Consesses  vom  16.  Juni  1764.  Protokoll  dos 
Commetsieantthw  ▼om  31.  Juli  1764,  in  Folge  do— am  W^twagn  an  die 
Behörden  in  Böhmen,  UUifen  und  InnerOsterreieh  «m  6.  deptember  1764. 

'Ali  den  niodorSsterreieliiadien  ConseiiK,  4.  Februar  1768. 

'  Vortrag  des  CommenieiiratheR  Tom  9.  April  1768,  nnteneichnet  Chotek. 


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48 

Geschlechts  an  flrn  "U'rbstuhl  zu  setzen,  ohne  dafür  an  die 
Zunft  eino  Gebühr  ontru  litcn  zu  niUsson.  Auf  dem  Laud«'  sollte 
jedem  Gcsollen,  wessen  Standes  er  sei,  allein  (»dir  mit  (lO- 
hilfen,  sowi«'  mit  WHbsjx'rsouen  für  Fabriken  zu  arbeiten  er- 
laubt sein.  Dudurcli  werde  die  Weberei  eine  Hausweberei 
werden  und  die  Nahrnr'C'  für  die  weiten  Kreise  des  Volkes  er- 
leiehtert  werden.  Die  Kaiserin  genehmigte  das  Kn^-nthen.  je- 
doch mit  einer  Besclirilnkung:  Es  sollte  allen  A\  >  l)crge8ellen 
auf  dem  Lande  di»'  Krlanbniss  ertheilt  werden,  für  Fabriken 
und  Verleger  allein  oder  mit  Gehilfen  zu  arbeiten,  sie  inaehte 
jedoch  einen  Unterscdiied  zwischen  verheirateten  und  ledi;:en 
Gesellen,  indem  h-tzteren  nicht  gestattet  sein  sollte,  auch  Weil)S- 
pers'vneTi  zu  verwei\den.  *  Allen  sei  unterschiedslos  die  Krlnnb- 
niss  zu  ertheiler!,  Jungen  aufnehmen  und  denselben  Lehrbriefe 
nach  vollendeten  Lehrjahren  ausfertigen  zu  können.  Ni«  ht  blos 
die  Zttnfte  sprachen  sich,  wie  erwähnt,  gegen  die  Freiheit  der 
Arbeit  aus.  aucli  die  Fabriken  machten  Vorstellungen.  So  bat 
die  Linzer  Fabrik  seit  1771  wiederholt,  den  Webern  in  ( )ber- 
österrcich  nicht  zu  gestatten,  gewisse  Gattungen  wollener  Zeuge 
zu  vcrferti2:en,  sondern  allein  der  Fabrik  zu  überlassen.  Zur 
Verbesserung  und  Frweitening  der  Leinwandiii.iimfactur  in 
Mähren  wurde  verfugt,  dass  allen  zünftigen  und  unzUnftigen 
Webern  das  L^nterkommen  im  Lande  erleichtert  werde,  welche 
durch  Probestücke  darthun  können,  da^  si<'  ihre  Kunst  im  \'ei"- 
fertigeii  der  zum  inländischen  und  ausliindischen  Handel  be- 
stimmten Leinenwnaren  gut  verstehen.-  In  TTinkunft.  lautete 
schon  eine  Weisung  an  die  Behörden  in  Mähren,  Böhmen  und 
Sebli  Sien  vom  20.  Juli  ITO.o^  sei  es  jedem  Tuehmaehergesellen 
erlaubt,  so  vifde  (Tesellen,  Stiihle  und  Jungen  zu  halten,  als  er 
seinem  Xuhrungstrieb  fürtriiglich  zu  sein  selbst  ermessen  werde, 
dergestalt,  dass  gegen  sothane  Erlaubniss  die  etwa  bisher  be- 
standenen Privilegien,  Zunftartik(d,  Gewohnheit  oder  Kinver- 
stiindniss  der  Meisterschaft  tVir  unkrutii«:  erklärt  werden.  I^as 
Verbot,  auf  Mühlsttililon  zu  arbeiten,  weiche  die  Handwcrkfi- 

*  Vortrag  vom  19.  Mai  1769. 

*  An  den  Consess  in  Mähren,  4.  März  1771.  Uei  mancbeu  Zünt'teu  wurtlen 
die  bifhorlgen  Boechriakaagen  aufgehoben;  ho  durfte  >.  B.  in  Iglan  Jeder 
AttgMeneae  Mebier  biet  4  Stück  Taeh  monaUich  Terfortigen;  in  Bffbmeii 

dnrfte  o!n  TTicfiinaohermoistcr  b]o8  auf  einem  StaMe  ubetten.  WeriM»; 
IgUuer  ToduaAcfaenunfl»  S.  184  ond  188. 


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49 


artikel  der  Posamentirer  voibciiriebon,  wurde  1770,  als  die  Aus- 
breitung der  ßandfabricatioa  hindernd,  beseitigt.  ^ 

Die  Beschäftigung  der  Frauen  bei  den  Gewerben  wurde 
angefochten.   Die  Leinwandordnung  vom  Jahre  1750  enthielt 
die  Beatimmang,  dasB  ^den  Weibsbildern  nicht  verboten  sein 
soUe,  hei  den  zunftmässigen  Leinenwehem  oder  Wittiben  mit 
dem  Leinwandmachen  sich  an  emJlhren'.  Die  Kaiserin  legte 
für  die  Verwendung  weihlicher  Arheftskraft  besonderes  Inter^ 
esse  an  den  i^^i::    Als  sich  diu  Scidcnzcu^macher  beschwer- 
ten, dass  der  l-  aln  ikant  (Jatzi  eine  AN'eibsperson  in  ihrer  eigenen 
Wohruuiir  zur  Taft'eterzeuguii^  verwende,  bemerkte  Maria  The- 
resia: die  wohlfeile  TafFcterzeugung  .  könne  nur  dureli  Weibs 
bilder  erzwungen  werden,  wie  es  in  Frankreich  und  Itaiiou 
geschieht. 

Bis  in  die  Mitte  der  Sechaigerjahre  hatte  man  dem  Wan- 
deam  der  Gesellen  ins  Ausland  hei  den  meisten  Gewerben  nicht 
mir  keine  Schwierigkeiten  entgegengesetat,  es  wurde  als  er- 
spriesslich  angesehen,  wenn  dieselben  firemde  Orte  aufsuchten, 

vtm  die  Fortschritte  ihres  Handwerks  in  dem  benachbarten 

Sachsen  und  Preiisseii   kennen  zu  lernen.    Nur  bei  einigen 
(lewerben    wurde    diu    Auswanderung;    tüehtiger   Arbeiter  zu 
liindern   fjesueht  und  zahlreiche  Weisungen  an  die  Ikdiörden 
V  i'ifiin^en ,    auf   Werber    zu   fahnden    und   dieselben   zu  be- 
strafen.   Namentlich  dem  Wegziehen  der   böhmischen  Glas- 
arbeiter sollten  Schranken  p^esetzt  werden."  Die  , Abwendung 
des  KmigrantenUhels^  scheint  jedoch  nicht  geglückt  zu  sein, 
obgleich  den  Arbeitern  mancherlei  Begünstigungen  zugestanden 
wurden.  Zu  wiederholten  Malen  wurden  Verhote  bezüglich  der 
Auswanderung  von  EiBenarheiteni,  Sensenschmieden,  Künstlern, 
Fabrikanten  und  Stahlarbeitern  erhissen.'  Ab  man  im  Jahre 
1763  Kunde  erhielt,  dass  in  Prcussen  Anstalten  zur  Hebung 
der  Wollmanutaetur  getroffen  werden,  wurde  die  Behörde  in 
Schlesien  beauftraget,  darauf  Ae!it  zu  haben,  dass  etwniij-<Mi  An- 
erbietimgen  nicht  Folge  gegeben  werde,  Zinzendorf  Hj)rat  h  sieli 
dahin  aus,  das  beste  Mittel,  die  Auswanderung  zu  verhüten, 
itei,  einem  jeden  Individuum  sein  VaterUnd  so  angenehm  als 

'  Kai,t:rliolie  Eut  <  ii  1  iL-ssiuifr  auf  den  V^rtra^--  vom        Novomber  177U. 
'  Kaüierliche  EutscIihoHsung  vom  12.  Augunt  1762  uiul  U>.  Juli  1753,  oft 

witderholt. 
'  tt.  JnM  1768,  spttar  wtoderboU. 

Anliff.  LXZXL  Bd.  I.  HUfto.  4 


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60 


möglich  zu  machen.  Denn  die  Ursachen  der  Auswanderung 
der  Glasarbeiter  liegen  nicht  in  dem  Mangt  l  :in  Arbeit,  sondern 
darin,  dass  die  Gesellen  zu  Sclaven  der  Glasmeister  gemacht 
werden  und  ihnen  von  ihren  Arbeitgebern  die  sclilechtesten 
Lebensmittel  zu  theuren  Preisen  verkauft  werden.  Allein  mit  der 
Zeit  erwac  hton  Zweifel  Uber  die  Erspriesslichkeit  des  Wandems. 
Säramtliche  (Jonsesse  Warden  am  7.  November  17(i7  aufgefor- 
dert, sich  darüber  zu  äussern,  ob  das  Wandern  der  Reichs- 
zünftigen und  der  Handwerksgesellen  in  der  That  aum  Besten 
des  ?5taates  und  zur  Aufnahme  der  Manufacturen  jrcrcichc,  (»der 
ob  nach  dem  Beispiele  anderer  LäTidci-  das  Wandern  der  Com- 
merzialgesellen  sn  verbieten  sei.  In  Niederösterreich  sprachen 
sich  die  Seidenceugmaclicr,  S<  idonflubcr.  nünntüchhuacher  fUr 
daa  Wandern  aus.  Obgleich  die  Gesell«  ii  hiezu  nicht  geawun* 
gen  werden,  so  sei  es  doch  nützlich,  da  auf  diese  Weise  manche 
Vortheile  der  Profession  in  der  Fremde  kennen  gelernt  würden. 
Auch  die  meisten  anderen  Gewerbe  waren  dieser  Ansicht.  Es 
scheint  jedoch  sur  damaligen  Zeit  zu  einem  Abschlüsse  dieser 
Enquete  nicht  gekommen  zu  sein;  bei  der  Briserin  wurden  Be- 
denken rege,  und  sie  verlangte  die  Erstattung  eines  Gutachteos.  ^ 
Abermals  ergingen  Weisun^^en  an  die  Beh(^rden  um  Darlegung 
ihrer  Ansichten.  Der  schlesische  Oommensconsess  sprach  sich 
gegen  eine  jede  in  dieser  Hinsicht  zu  ergreifende  Massregel 
aus,  welche  weder  dem  Staate  noch  den  Gtewerben  Nutzen 
bringen  würde,  im  Gegentheü  sollte  man  den  mis wandernden 
Professionisten  jene  Orte  anweisen,  wo  ihr  Handwerk  blähe  und 
mit  der  grössten  Geschicklichkeit  betrieben  werde.  ^  Ganz  ent- 
gegengesetzt lautete  das  Gutachten  in  Mähren.  Die  B^olgen  der 
Auswanderung  seien  schtidhch;  die  geschickten  Landeskinder 
gehen  ins  Ausland,  die  ungeschickten  und  unerfahrenen  bleiben 
zurück,  auch  werden  viele  in  den  fremden  Ländern  ,aufgerodet' 
d.  h.  zu  Soldaten  gemacht.  Zeige  doch  die  Erfiahrang,  dass 
eine  bessere  Einrichtung  der  heimischen  Fabriken  nur  durch 
die  Heranziehung  fremder  Manufacturisten  bewirkt  werden 
könne,  woraus  folge,  dass  die  bereits  seit  mehr  als  100  Jahren 
übliche  Wanderung  wirkungslos  sei.'  Das  Wandern  ins  Aua- 
land sollte  den  Gesellen  freistehen,  aber  Niemand  dazu  ge- 

*  BeMlntion  anf  du  Pfotokoll  vom  19.  M&ra  1770. 
I  Gutichtam  vom  16.  Januar  1770. 
'  Ghttaehtea  vom  18.  Februar  1770. 


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zwiinfjon  werden, '  lautete  eine,  Verfügung  an  alle  Lilnderste-llen 
mit  Ausnalnne  Stlilesiens.  An  dm  königliche  Amt  ia  dem 
letztg-enannttMi  Land«'  erging  erat  eine  nlniHehe  Weisung  am 
5.  l-'ebruar  1780.  Die  unterlassene  Wanderung  j*ollte  bei  der 
Meisterreciktswerbung  kein  HindenuBS  büden  und  hiefUr  keine 
Dispensationstaxe  gefordert  werden. 

Zu  den  socialen  Fragen  des  vorigen  Jahrhunderts  gekOrte 
die  Verheiratung  der  Gesellen,  die  bei  vielen  Handwerken  ver- 
fehmt  war,  da  die  vereklichten  keine  Arbeit  fanden.  Die  Kai- 
serin interessirte  sich  lebbaft  für  die  Frage.  Sie  fragte  an^  was  es 
damit  für  eine  BescbaiFenheit  habe^  dass  yerbeiratete  Gesellen 
nicht  mehr  arbeiten  küiincii;  dieses  bindere  die  Population:  es 
sei  mithin  ein  Gutachten  zu  «Tstatten,  wie  sothaner  Abusus  ab- 
zustellen sei.    In  breitöpunger  Weise  setzte  ihr  die  liotkanzlei 
auseinander,  dass  sehr  viele  Gewerbe  regelmässige  Sammlungen 
einleiteii  oder  Beitrilgc  von  ihren  Gliedern  erhalten,  nm  soU-hen 
Gesellen,  die  keine  Arbeit  haben  oder  aus  dem  Auslände  kom- 
men, ein  Geschenk  zu  verabreichen.  Diese  sogenannten  ,ge- 
schenkten  Gewerbe'  dulden  keinen  verbeirateten  Gesellen^  da 
die  Gaben  für  eine  Familie  nicht  genügen.  Femer  bestünde 
eine  enge  Verbrüderung  zwischen  den  hiesigen  Zünften  und 
jenen  des  Reiches.  Würde  in  Oesterreich  ein  Gebrauch  einge- 
tuhii,  der  bon^t  nicht  üblich  sei,  so  wilrden  die  Gesellen  im 
deuts  In  11  Reiche  keine  Arbeit  erlangen.    Erst  wenn  man  durch 
Heranbildung  tauglicher  Jungen  tiicliiige  Gesellen  crzligelt  haben 
werde,  wUrde  man  auf  che  ,Reichsgcsellcn*  verzichten  können. 
Die  Auakonüt  befriedigte  die  Kaiserin  augenscheiniicb  nicht, 
denn  die  anverheirateten  Gesellen  konnten  so  lange  nicht  warten. 
Sie  schreibt  auf  den  Vortrag,  dass  die  Ilofkanslei  mit  dem 
Commerzienrath  überlegen  solle,  ^ob  nicht  bei  einigen  Hand- 
werken den  Gesellen  das  Heiraten  erlaubt  oder  wenigstens  in 
casibus  specificis  dispensirt  werden  möge,  ohne  dass  einem  sol- 
chen verheirateten  Gesellen  die  Arbdt  bei  den  Meistern  ve^- 
hindert  werden  solle/  ^ 

Eine  Umfrage  ergab,  dass  folgende  Gewerbe  das  Heiraten 
nicht  gest^ittcten:  Posamentircr,  biirgl.  Bandmacher,  Gelbgiesser, 
Gürtler,  Hutcrer,  Messerschmiede,  Kothgärber,  Radier,  Papier- 

^  Allerhöchste  Rewlntion  vom  SO.  Mirx  1776,  ErUm  vom  6.  Febmsr  1780 

«a  die  Linder. 
*  Yortnf  der  Hoftamslei  vom  S6.  Angiut  176S. 

4» 


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52 


miiiler,  Scliwarzfärbcr,  (iross  unrl  KK'inuhrm;ifhcr,  WcissL'är- 
ber,  Wollstrumpfwirker,  Lan^^Miiej^sorsc-limicdc,  Selilosscr,  Zeujr- 
sehmiede,  Zirkelsohmiede.   KfUfürber,  LtMlerer,  Seidoiilarber.  ' 

Ks  (lauerte  einige  Jahn;,  <'he  die  An^eleLrenheit  entschie- 
den wurde.  Eioe  von  Josef*  erlassene  Weisung  forderte  die 
Ausarbeitunji  eines  Patentes,  wonn  der  bisherige  IJnfiig,  dass 
den  (resellen  bei  den  Ziinften  das  Heiraten  nicht  Ljestattet  sei, 
abgestellt  werden  solle,  mit  dein  Hinweise,  dass  ein  (Jleiehes 
schon  von  Karl  verlügt  worden  sei.  *  Ein  hierauf  btv.iig- 
licher  Entwurf  wurde  mit  Vortrajr  vom  30.  Juli  1771)  vorp^elegt. 
Die  Genehmigung^'  erfolgte  mit  dem  Zusätze;  um  die  Hand- 
werksmeister zur  Aufnahme  der  verheirateten  Gesellen  desto 
gewisser  zu  vermögen,  sei  ausdriiekh'ch  beizufiigeHj  dass,  wenn 
derlei  riesellen  bei  der  Zunft  sich  gemeldet  und  blos,  weil  sie 
verheiratet,  von  den  Meistern  nicht  angenommen  werden,  ihnen 
iptso  faeto  gleich  den  Hofbet'rciten  fiir  siel»  /u  arbeiten  gestattet 
werden  solle.  Das  I'nteTit  vom  1.  September  1770  besagte,  dn 
,der  Unfug  bei  einigen  Handwerken,  dass  die  ledigen  neben 
den  verheirateten  (gesellen  nicht  arbeiten  wollen,  noch  immer 
geübt  werde,  «jbgleieli  dieser  Mibäbrauch  in  der  Generalhand- 
werksi>rdnung  abgestellt  worden  sei,  es  werde  daher  verord- 
net, dass  bei  allen  Fabriken,  Manufacturen,  Professionen  und 
Handwerken  ein  T^nt«  rseliied  /wischen  den  verheiratheten  und 
ledigen  Gesellen  nielit  gemacht  werden  solle.  Sollte  eine  Zunft 
sieh  weigern,  verheiratettjn  Gesellen  .Arbeit  zu  geben,  so  sei 
denselben  ihre  Profession  auf  eigene  Hand  zu  treiben  gestattet 
und  die  liehördcn  verpflichtet,  dieselben  zu  schützen;  ledige 
Gesellen,  welche  neben  verlieirateten  nicht  in  Arbeit  stehen 
wollen  oder  sogar  sieh  erkiduien,  jene,  welche  dieses  thun,  abzu- 
reden, zu  schimpfen  oder  zu  strafen,  sollen  mit  empfindlicher  Ge- 
i^ngniss-,  Zuchthaus-  und  Festungsbaustrafe  geztk'htigt  werden."' 

Zu  eingehenden  Berathnngen  gab  die  Frage  Anlass,  ob 
Arbeiter,  die  ,ohne  Abschied*  f  iitlassen  worden  sind,  von  einer 
anderen  l^'abrik  auigenommeu  werden  dUiien.^  Die  Friedauer 

'  Ann  ouit;r  von  tieiii  niederOstorreichiscIitin  Conseas«  entwurfeueu  List«, 
einem  Buriuhte  vom  24.  Januar  1704  l/eiliagt^ud. 

*  KaiMrlicbe  Enttchliesroiig  auf  das  FkotokoU  von  6.  Min  1770. 

*  God.  Aoitr.,  YI,  1870. 

*  Eine  kaiserliche  EntMchlieatuiif  anf  den  Vortrag  vom  28,  Juli,  rep.  21 .  ADg:iut 
iiaa  veifilgto,  dau  in  Ungarn  elna  PoÜMkndnvng  ra  verkflndon  aei,  data 


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53 


Fabrik  wendete  «?irh  an  Hie  Behörde,  lürfilr  eine  Strafe  vmi 
UM)  Dncnton  f'cstziisctzrn  und  die  Verpfliehtun^  auszusprechen, 
dass  die      abrikßinhaber  die  Arbeiter  auf  eigene  Kosten  zu- 
rückzustellen haben.   Wer  einen  Arbeiter  zur  Mittheihing  von 
Fabriksjfeheimnisson  verleite,  sei  mit  300  Ducatcn  zu  l»estrafen; 
endlich  sollten  Fabriksdiebatähle  vom  Landgerichte  pfliehtge- 
nütos  zur  Verhandlung  genommen  werden.  Aehnliche  Begehren 
stelhen  auch  einige  andere  Cottonfabrikanten,  wie  Schweehat 
und  Kettenhofy  die  unter  sich  bczilglieh  der  Arbeiter  und  dor 
Fabriks^eheimniBBe  ein  Abkommen  {getroffen  hatten.    I>er  Hof 
<  üiiimerzienrath  war  ent^ehieden  ftir  eine  Ertiillun;^  der  Wün- 
sche: Oraf  Kollowrat  \\  h  6  jedoch  aut  die  Schädliehkeit  einer 
stAiitiichcn  Verfü^uii^'^  hm.    Die  Arbeiter,  lernte  er  dar,  werden 
in  eine  Art  Sclavcrei  von  den  Fabrilcanten  gerathcn,  geschickte 
und  fähige  Arbeiter  aur  Auawandenmg  gezwungen;  denn  die 
Fabrikanten  werden  einem  geschicktou  Arbeiter  nie  den  Ab- 
schied ertheilen.  Die  Kaiserin  mochte  ohne  Anhörung  der  ober- 
sten Justiastelle  keine  Entscheidung  treffen  und  forderte  auch 
die  Erstattung  eines  nicht  blos  auf  Cottonfabriken  beschränkten 
fhitachtens.    Die  oberste  JustizsteUe  sprach  sich  dahin  aus, 
dasv«?  das  von  den  Cottonfabrik unten  ^'^etroffcne  Einverständniss 
in  Betreff  des  FabriksgeheimniBsrs  auf  eine  bestimmte  Zeit  ge- 
nehmi^rt.  ohne  jedoch  (iffeutlich  verkündigt,  keineswegs  aber 
anf  Fabriken  in   anderen  Ländern  angewendet  werde.  Und 
ein  Jahr  später  stellte  die  Justizstelle  auch  den  Antrag :  dass  das 
Knverstäodnisa  der  Fabriken  wegen  Aufnahme  der  Fabriks- 
aibeiter,  sowie  wegen  Erforschung  des  Fabriksgeheimnisses, 
letzteres  auf  drei  Jahre^  genehmigt  werde,  jedoch  müsse  die 
Kkge  binnen  sechs  Monaton  vom  Tage  der  Betretung  einge- 
reicht werden.   Was  den  Fabriksdiebstahl  anbelangt^  geniigen 
die  Bestimmungen  der  Therenana  (Art.  94,  §.  U).  Die  Kaiserin 
prcnchmigto  das  Einrathcn,  jedoch  mit  dem  Zusätze:  ,l>ie  nach 
den  gemeinen  Rechten  jedem  Re8chädi<rten  zustehenden  For- 
deninpon  werden  durch   dieses  PrivateiQvcrstaruluif^s.  ^veIehe^l 
alle  crbländischen  Fabriken  naeli  ei;_'-cnem  Enneööeu  bciti'cteu 
können,  weder  beschränkt  noch  auigehobon.*  * 

kein  Geselle  oUite  urduutUcheii  Al»«cüiud  vou  seiuom  Principal,  bei  dem  er 
in  Arbeit  gestAudeu,  bei  Fabriken  oud  Haiidwerksni  «it%«iiomiiieo  werde. 
'  Ymtng  Kolowiwto  Tom  26.  Jttil  177S;  Yartnig  der  obersten  Jastiwtelle 
vom  91.  Jali  1774.  —  Ancb  die  Alteiwetrorgnng  wurde  angeregt.  Die 


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54 


V. 

Bei  den  Bestrebungen,  die  wirtliscliaftliclu'  Thätigkeit  in 
allen  Theilen  des  Heiches  «u  fördern,  liatte  Maria  Theresia  auch 
ethische  Ziele  im  Auge.  ,An  der  Erziehung  der  Jugend  ist 
Alles  gelegen/  lautet  ein  in  den  kaiserlichen  Entschliessungen 
öfters  wiederkehrender  Satz.  Lange  beyor  die  epochemachende 
Verordnung  vom  Jahre  1774  erschien,  welche  gnindlegend  ftkr 
die  Entwicklung  der  VolksschiUe  war.  ergingen  Weisungen  an 
die  HandelsbehOrde,  das  fachtiiihe  Unterrichtswesen,  wie  der 
moderne  Ausdruck  lautet,  su  pflegen. 

Zur  Förderung  der  Spinnerei  und  Weberei  wurden  Spinn- 
und  Webesohulen  erricditel.  In  Böhmen  hatte  Ohamand  auf  die 
Nothwendigkeit  der  Errichtung  einer  Spinn-  und  Webschule 
hingewiesen  und  von  der  Wiener  BehOrde  die  Qenehmignng 
erhalten.^  Klagen  Uber  die  Mangelhaftigkeit  des  Gespinnstes 
boschäftägten  in  den  nächsten  «Tahren  wiederholt  die  Regierung, 


hieeigen  Fftbrikev  geUni^n  snm  Wachttlrain,  heiMt  e»  in  einem  Vor- 

traj^e  de«  Coinmerzienratlu  -  vom  0.  Mliiv.  1704,  und  et«  ereigne  «Ich,  dett 
nosfllori.  die  ^ic1l  durch  laii)^jäliri<rt'  Arbeit  verdienstlich  jfemacht  h.nbon, 
am  Ende  kraftlos  worden  od*'r  \v<'^'en  niissliclicn  ncstniflhoit'^/u.stniKlos  iler 
Profe<>t»ioQ  nicht  mehr  obli»igeii  küimou.  Die  bodaueniswerthcn  Leute  bitten 
obne  UnterlMfl,  ftnf  ihre  Venorgung  iniMhenig  Bedacht  sq  nehmen.  Der 
Gonimennenntth  flbeneiehe  denurtige  Oeraehe  der  bShiniflch'OBtenreiehi- 
«chen  KsBilei  an  die  milile  StiftnngfxcomniiNxion ;  jedodi  ^eee  reflectire 
hiemnf  wcnig^,  wcuTiircii  den  KQnstlern  und  Fabriksgenotuen  alle  Last  und 
jeder  Muth  entfalle,  da  sie  in  ihren  alten  Tagen  keine  Versorgung  haben. 
Mau  richte  daher  au  die  Kaiserin  die  Bitte,  jene  Personen,  die  bei  deu 
hiesigen  Fabriken  alt  oder  gebrechlich  werden,  miüiin  anr  ferneren 
Arbeit  nntanglicb  aeien,  im  gro««n  Armenhaane  voraliglieb  anfkanebmen. 
Die*  werde  den  Fabrik^arboitem  neuen  Muth  erwecken,  den  Verarmten 
Trost  und  wohlverdiente  Hilfe  gewähren.  ,Ich  begnehmige  dieeen  billi" 
gen  Antracr*.  schrieb  Maria  Tlirro«>ia  auf  dm  Vortrag-. 
*  ,Um  die  iSpiuner  in  der  be.s.soren  Art  der  GcHpimst  zu  einem  dichten  uud 
gedrehten  Faden,  die  Weber  aber  in  Verfertigung  .schwerer  Coramenial* 
leinwand  und  der  feinen  ge«)fenen  Waare  gehSrig  m  nnterrtchtenS 
heiast  ee  in  der  Instraction  an  Cbamard  vom  23.  Febmar  1766.  Der 
landesflirntliohe  CommiMlr  in  Oesterreich  ob  der  EnuH,  Graf  Sohlick, 
erliiolt  den  Auftrajr,  .den  Spinnerinnen  nnd  Stickerinnen,  welche  die 
BauernrnÄgdlein  von  Ort  zu  Ort  unterrichten,  den  nötbigen  Gehalt  an« 
zuweisen,  auch  sar  Anfrischun^  der  Jugend  PrNmien  anmsusetaen.* 
8.  Aogost  17<9. 


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55 


und  eino  Verordnung  vom  ö  Juni  1765  besagte,  dass  jede  Per- 
son   liiann liehen   oder  wfiblichpn   rresrhleehts,   die  tauplicheTi 
Kinder    iiibegrilten,  welche  binnen  drei  Jahren  von  dem  Tage 
der  Pablication  in  eine  Fabrik  oder  öffentliche  Spinnsclmle  zur 
Erlernmi^  der  Flachs^,  Hanf-,  Baumwollen-  und  Wolispinnerei 
eingestellt  werden,  durch  vier  Wochen  2  kr.  täglich  an»  der 
Commersialcassey  und  wenn  sie  die  Fähigkeit  vor  dieser  Zeit 
erlangen  würden,  den  auf  vier  Wochen  entfallenden  Betrag  ak 
IMimle  erhalten.   Zahlreiche  Weisungen  der  Kaiserin,  theils 
Handschreiben,  theils  Entschlicssungen  auf  Vorträge  und  Rnths- 
}irotokolle  fordern  die  Fördenni«:  <l«^r  Spinnerei  auf  dem  Lande 
und  in  den  Städten.   Nach  maiiiii<j:t'alti_2:en  Berat huii<jjen  erschien 
am  7.  November  1765  das  sogenannte  Spiimpatent.    In  allen 
landesfürstlichen  Städten  und  Märkten,  wo  die  Spinnerei  noch 
nicht  eingeführt  sei,  soll  in  Spinnschulen  Unterricht  im  Spinnen 
vom  1.  October  bis  zum  letzten  März  erfcheih  werden;  Schol- 
rftomlichkeiten,  Beheizung  und  Beleuchtung  seien  auf  Kosten 
der  Btädtischen  Cassa  beizustellen^  einem  Rathsmanne  die  Ob* 
sQige  EU  ttbertragen ;  der  Magistrat  wurde  für  die  Durchführung 
der  Nonnen  haftbar  gemacht.    Fftr  den  Spinnmeister  oder  die 
Spinnraeistcriji  wurde  1  i\.  wöchentlich  aus  der  Landescommerz- 
cassa  bewilligt.    Nicht  nur  die   inÜ8si;j:eii   und   armen  Kinder, 
sowie  Waifien,  sondern  auch  riie  Kinder  von  Handwerkern  von 
7    15  Jahren,  die,  der  Spinnerei  nicht  kundig,  von  den  Eltern 
entbehrt  werden  können,  sollen  in  die  Schule  ,ge8tellt'  werden; 
wenn  wiederholte  Ermalmungen  nicht  helfen  oder  keinen  Er- 
folg erzielen,  sollen  die  Eltern  oder  Vormünder  mit  einem 
bürgerlichen  Arrest  von  3 — 3  Tagen  und  bei  weiterer  Wider- 
spenslagkeit  mit  schärferer  Strafe  belegt  werden.   Auch  er- 
wachsene, in  der  Spinnerei  nicht  geübte  Mägdlein,  wenn  sie 
nicht  im  Lohne  dienen,  sollen  von  den  Eltern  zum  Besuche 
der  Schule  angehalten  werden.  ,Ausgelerntc  Kinder'  seien  dann 
von  den  Eltern  oder  Vonuundem  zu  llaubu  zur  Sjunnerei  an- 
zueifern.    Der  Spinnlohn  ist  den  Kindern  während  der  Schul- 
zeit zu  veral>fo]i2:en,  und  zwar  in  den  ersten  vier  Wochen  täg- 
lich 2  kr.    Auf  dem  Lande  haben  die  Obrigkeiten  für  die 
Errichtung  dieser  Spinnsehulen  Sorge  zu  trafen.  Für  die  herr- 
Bchaülichen  Beamten,  welche  sich  die  Beförderung  der  Spin- 
nerei angelegen  sein  lassen,  wurden  Prämien  zu  150,  100  und 
^  fl.  bestimmt.  Wo  die  Einleitung  der  Spinnerei  von  Demi« 


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56 


nicn.  Olnipkcitoii,  herrschaftlichen  licaiutt  n  nirlit  übernommen 
wi  i  <lc,  solle  es  ( M  iiji'inch-n,  Zuiiiieu  uml  ir<l(  in  Privaten  frei- 
islclicn,  in  den  unt^rthänijjren  Stlulten,  Marküleeküu,  Ortsehalten, 
Dörtern  und  Bezirken  derartige  Schulen  zu  errieliten.  Ausser- 
dem wurde  verfl\rrt.  dass  den  OpHflloii  bei  verschiedenen  Com- 
nif^rzialzüTittfii  (las  Heiraten  einer  der  Spinnerei  oder  einer 
anderen  Manut'actnrarbcit  kuudip^en  Person  gestattet  werde: 
(L  iarli^re  Verehelii  linii-en  «ollen  bclürdert,  Müssiggänger  und 
liettlt  r  in  Strafspinn hausern  untergebracht  werden.  Wiederholt 
wurde  die  Iiefo!ii:nng  dieses  Spinnpatentes  einireschürfl ,  die 
Magistrate  und  Dominien  zur  Emchtung  von  Spnini5ciinl«Mi  an- 
getrieben. Da  die  Brlinner  Tuchmanufactnr,  wie  aus  dem  iie 
riclite  des  Commerzialeonsesses  hervorging,  dnreh  den  Abgang  an 
jgenugsamer  Spinnerei  behiiulert  ^vurde^  crluelt  dfis  <^inbernium 
die  Weisun*?,  die  in  dem  Bezirke  drei  Meilen  um  Brunn  gele;;e- 
nen  Dominien  zur  üerstelluDg  von  Spinnschulen  anaueifern.  ^ 


*  1.  Deeeinber  1768.  Anf  dor  oberOtterraichiMilieii  Huva^hVlMm  Herr- 
schaft F^istadt  wurde  eine  Spiiiii!<chiile  orrichtot  und  bereitwillif:  eine 

Kenuineratiou  gewährt.  In  Wien  wurden  Spiunftchulen  r-nicliU-l  zit 
,Mat7!»'lhtorr,  im  Neu-L^rrlienfeid,  in  der  Rossau  und  zu  Erpor  (Erd- 
))i'ri;}.  Die  erstere  wunle  im  zweiten  JaUro  wieder  au%eUti80u,  weil 
die  Kiuder  nicht  ,ge«»heii'  weiden  konnten  j  im  Lefdienfeld  wvrde  die 
Schule  durch  dw  ,Weib  des  Coiiinieni«lbe«:hattera  Puchbinderin'«  in  der 
Kotman  durch  den  ehemaligen  kaiserlichen  Trabanten  und  «pSteren  Be- 
Mjfger  der  Armenkinder^chule  Jo.sef  Peckenlechner,  in  Erdberg  durch  den 
.lyuwosten  kAiserlich<»n  Hattcbier'  Ilannibal  Lamberty  besorg^.  Die  Lelirer 
erliielten  10  kr.  per  Ta^,  «He  Kinder  in  den  ersten  acht  Tagen  2  kr., 
in  den  nftchsten  acht  Taj^eu  je  1  kr.  per  Tag.  {Am  einem  Schriftstücke 
vom  16.  Februar  1768.)  In  Qras  werden  drei  Spinnschnlen  als  vorxOg- 
lich  gut  gerühmt,  die  von  awei  Zwirafabrikantinnen,  ,die  Liedlerin  und 
die  Tirmannin*,  errichtet  wurden.  Ferner  befanden  s*ich  SpinuRchnlon 
für  Flachsgarn  zn  Frnlmleiten,  IJruck,  Wildou,  Veitnberg,  Loobfii,  Vor- 
dernberg,  Knittelfeld,  Judenbnrg,  MUntzuHchlag;  Spinnschnlen  für  Wull- 
garn  iu  der  Fci^ituug  au  Graz  uud  im  Spinnhau»e  zu  Pettau^  allein  alle 
diese  Schulen  hatten  mit  grossen  Schwierigkeiten  au  kämpf«m.  Die  Ma> 
gistrate  und  Obrigkeiten  lienen  ea  an  Eifer  fehlen  nnd  die  EltMn  flber- 
liesxen  ihre  Kinder  lieber  dem  Mügniggange,  al»  dieselben  snr  Schule  zu 
»chiclvoii;  (Ins  («am  fa?>d  keinen  AbKatx.  <la  >u-h  in  dor  pranzen  Steier« 
mark  kein  Verleger  "(Um  Factor,  auch  kein  tiarnhändk-r  befand,  den 
Schulen  fehlte  oa  an  Flachs.  Iu  Kraiu  wurden  diu  Spiunnchulon  be- 
sucht,  ineolange  die  Kiuder  den  Spinnbeitrag  erhiettou,  dann  .kehrten 
die  Kinder  in  ihrem  vorigen  Lebenswandel  anrückS  (An  die  Landes* 
hanptmannsohaft  in  Krain,  9.  Angnat  1770.) 


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57 


Lcidrr  hatten  diese  Mahnnuhmen  nicht  überall  guten  Er- 
Mf^  In  Oberöstcneicli  wurde  das  Spinnjmlent  nicht  <Mninal 
viTotienliieht,  narlidem  von  der  dortigen  LandpHbeliorde  vor- 
gestellt worden  war,  dass  die  Errii  litunj^  von  Lehrschulen  zur 
Unterweisung  in  der  ^Kadlgespunst'  nicht  nothwendig  sei,  da  in 
den  Gebieten  jenseits  der  Donau  die  Bevölkern n^::  der  äpinaerei 
^ergebeQ^  sei  und  in  der  WinteraaeitKnechie  und  Migde  spinnen ; 
auch  Im  Tiwm-  und  Hauanickyiertel  werde  viel  gesponnen. 

Auch  für  die  Weberei  worden  Schulen  emchiet^  sur 
Unterhaltwig  derselben  Untersttttsungen  gewahrt.   In  Böhmen 
erwarb    sich    der   Commerzialinspector    Licblcin  Verdienste. 
Namentlich  jene  wurden  ffpfHrdert,  die  (!inc  hi^lier  unbekannte 
Fabiicationsmethode  einbürgern  sollten     So  wurde  y.n  Hohen- 
clbe  in  Böhmen  eine  Schule  von  dem  .Schweizer  Fabrikanten 
Mitterholzer  ins  Leben  gerufen,  um  ,die  echte  Gesponnst  ein- 
nftfaren',  Webermeister  und  Gesellen  in  der  Erzeugung  von 
sehweixerischer  und  hoMündischer  Leanwand,  sowie  der  Sohleier 
m  unterrichten^  auch  eine  bessere  ROstong  des  flachses  in 
jener  Gegend  zu  verbreiten;  gleiehneitig  sollte  auch  die  BUitt» 
bmderd  gelehrt  werden.  Die  Schule  erflillte  jedoch  die  darauf 
^resctzten  Erwartungen  nicht,  einerseits  durch  die  Indolenz  der 
Uevölkenmg,  welche  aus  ,Voriirtlieil'  sich  ferne  lüelt,  da  nic- 
maiMl  III  (Icui  Anbau  und  der  liöstung  dos  Flachses  Unterricht 
iirhiiH'ii  wollte,  anderseits  aber,  weil  Mitterholzer  seinen  Ver- 
ptlichtungen  nicht  naohgekommcn  war.    Der  Unterricht  war 
auf  sechs  Monate  berechnet,  und  die  Lehrlinge  erhielten  im 
ersten  Monate  45 ,  später  30  kr.  wöchentlich.  Nach  einigen 
Jahren  ging  die  Schule  wieder  ein.^  In  Wien  und  in  einigen 
Fro?inien  wurden  SpitsenklOppeleischulen  gegrOndet  *  Ein  be^ 
Müderes  Verdienst  erwarb  sich  Theresia  Mayer,  von  der  he- 
msrkt  wurde,  dass  sie  durch  ihre  Bemtthungen  300  armen 
Mftdchen  Nahrung  durch  ihren  Unterricht  verschafft  habe,'  SO- 
Hann  Katharina  von  Boullemont,  ,die  Stifterin  der  niederlän- 
dischen Spit^eumanufactur*.  *  Auf  Anregung  des  Triester  Han- 

'  J'sliriftjitiii'kp«  an»  »lein  Jahre  177o  u.  H 

*  «St  III  Kraii)  nml  Brihmen;  »»in«!  in  Vmy;  vuii  <i>Mri  (Jmfnn  Clnry  uej^üu- 
dete  iiichulü  wurde  von  Jostsf  llardy  geleitet,  ging  jedoch  bald  eiu. 

*  Prtlokol!  vom  23,  Juni  1762  und  Deeret  vom  5.  Febniar  176S. 

*  Sie  kam  i78S  naeb  Wien,  «v6lta«to  »pKter  iwei  Sehnlen  und  whislt  1600  a. 

d«r  nieMindisehen  Cama  xsaä  18u  4.  m  dem  DlttminstlODifonde. 


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dolsmannos  .Takn}>  Hirfchl,  dw  im  Auftrafro  Hör  Regierung: 
Böhmen  bereiste,  um  oinf  HandolRverl)indunp  mit  Böhmen  ein- 
zuleiten, beschäftigte  man  sich  mit  dem  Plane,  Appreturscliulen 
zu  p'iinden. '  Ein  Sachse,  Gottfried  Knobloch,  wurde  mit  drr 
Leitun^'^  einer  derartigen  Schule  in  Neuschloss  betraut  und  er- 
hielt 600  fl.,  ferner  fUr  jeden  Appreteur,  dem  100  fl.  verab- 
folgt wurde,  wenn  er  einen  dreijährigen  Unterricht  genossen 
hatte,  20  fl.  Das  böhmische  fTubemium  stellte  den  Antrag, 
Niemand  den  Leinwandhandel  zu  gestatten,  der  nicht  durch 
ein  Zengoiss  der  Seluile  answeisey  ^dass  er  die  dies^iige  Wich 
senschalt  erlernt  habe^,  was  da«?  einzige  Mittel  sei,  um  den 
Leinwandhandel  seinem  schlechten  Zustande  und  das  Gebilde 
der  BchlesiRchen  Abhängigkeit  zu  entreissen. ' 

Die  Kaiserin  intcressirte  sich  lebhaft  ftlr  den  Fortgang  der 
Schulen.  Sie  licss  den  Beh(3rden  ihr  Missfallen  aussprechen, 
wenn  das  Spinnpatent  nicht  befolgt  wurde.  Der  niederöster- 
rcichische  Conscss  wurde  angewiesen,  nach  je  sechs  Monaten 
Bericht  zu  erstatten.'  Durch  Patent  vom  1.  September  1766 
wurde  eine  Art  Sehulzwang  eingef\lhrt.  Nicht  den  J£ltem, 
welche  die  Kinder  der  Schule  zu  cntsiehen  trachten,  sondern 
den  Obrigkeiten,  Magistraten  und  Commerzialbenmtcn  sollte  die 
Entscheidung  Uberlassen  bleiben,  ob  und  welche  Kinder  £Ür 
die  Hausarbeit  entbehrlich  seien,  die  Eltern  sollen  in  ,angeme8- 
sene  Strafen  vorfallen,  die  Uber  geschehene  Erinnerung  die  Kinder 
nicht  zur  Schule  schicken'.  *  Die  Kaiserin  forderte  sodann 
»mehrere  Anzeige'  Uber  die  Wiener  Spinnschulen  und  die  von 
solchen  ,ge8tiftete  und  noch  zu  erwartende  Frucht'.  Der  Be- 
richt war  nicht  sehr  günstig.  Zwar  wurden  die  Schulen  in  den 
ersten  Jahren  besuclit.  aber  alle  Bemühungen  zur  Verbreitung 
der  Spinnerei  in  der  Residenz  waren  vergebens,  da  durch  die 
Vermehrung  der  Seidenzeug-  und  Bandfabrication,  dann  der 
Spitzenklöppelei  die  Jutrend  Gelegenheit  fand,  sich  mehr  zu  er- 
werben als  durch  Spinnen.  Im  Jahre  1771  wurden  daher  diese 
Schulen  mit  Zustimmung  der  Kaiserin  wieder  aufgehoben.^ 
Und  in  den  niederösterreichischen  Ortschaften  gingen  die 

*  Kai!$erIicho  Ent8chli68sung^  aut  doit  Vortrag  vom  4.  Märe  1771. 

*  9.  September  1774.  Vgl.  Schreyer,  I,  61. 

*  An  di«  Lftüdenttellen,  S8.  Ati|^»t  17S6. 

*  Dm  Patttnt  wurde  für  Kiedertistorreicb  mUumn. 

*  KaiMMrlicli«  EntaeUieMniifr  auf  dM  Protokoll  vom  6.  Mai  t771. 


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59 


>ciatleD  ^vicder  ein,  da  Niemand  die  Gebpuuiotc  abnehmen 
wollte. 

Zur   Förderung  der  Scidenmanufactur,   sowie  für  die 
Galanterie-  und  Metallarbeiter  sollte  durch  den  Zeichnungs* 
Unterricht  Sorge  getragen  werden.  Znnttchat  wurde  in  einigen 
WatsenhAnsem  aeichnoi  gelehrt.   Florian  Zeiss  Qbemahm  die 
Henoibildang  von  BlnmeD^eiobneni^  sowie  ,den  Seidenarbeitem 
die  Wissenschaft  beyzubringen,  wie  sie  ihre  Zeichnungen  sur 
reinen  Bearbeitung  in  die  Charta  rigata  übersetzen  sollen'.  Die 
von  ihm  geleitete  St  liult  liuluii  guten  Fortgang;  die  Söhne  der 
Meister  nud  nm-h  Wi-bcr^^csclleii  besuclitcu  diesi*llM»    Zeiss  er- 
hielt jJiluiieii  V20()  tl.  von  der  K<'t>ieriinj,';  den  Knaiieti  wurden 
Prämien  ertlieilt.   Zeiss  besass  jedoch  keine  Kenntnisse  von 
dem  Manixfacturwesen  und  verstand  die  Stuhleinriohtung  bei 
der  Bandfabrication  nicht.  Diesem  Mangel  sollten  swei  Werk- 
meister  abhelfen,  ,iim  einige  des  Zeichnens  kundige  Scholaren 
gegen  Vergdtang  eines  mttssigen  Kost-  and  Lehrgeldes  wa  Uber- 
nehmen  and  in  der  Eänrichtnng  von  WerkstOhlen  su  unter> 
richten,  die  Seidenfabrication  zur  letzten  Perfcction  zu  bringen 
und  die  Krbläuder  mit  <,'iiteii  Meistern  zu  versehen'.   Der  Pflege 
(\es  Zeichnennntcrrichtes  zollte  Maria  'J'hercsia  j^rossen  Beifall 
und  fjewäliric  benilwillig:  die  erforderlichen  Prämien.    jDas  In- 
stitut der  Prämien  für  die  in  der  Zeiehnungskunst  sieh  hervor- 
thuende  Jugend  ist  rühmlich  und  höchst  nützlich',  bemerkte  sie 
auf  ein  Commissionsprotokoll  vom  13.  August  1761,  ,massen  die 
Fabriquen  und  insonderheit  die  Seidenfabriquen  ohne  gute  Zeich- 
uero  nicht  aufkommen  kttnnen^.   Die  ftlr  Prämien  ausgewor- 
fenen Preise  erschienen  ihr  aber  zu  gering  und  waren  ihrer 
Meinung  nach  die  Ursache,  dass  die  Zeichnungsschule  von  den 
Knaben  nicht  fleissig  besucht  werde.    Sie  erhöhte  daher  das 
erste  Pnimium  auf  50,  das  zweite  auf  i50,  das  dritte  auf  25  fl., 
Hir  die  im  Zeich iumi  excellircnden  Meister  und  Gesellen  auf 
l'>0  und  1(K)  Ii.  '    Spinner  und  Stickerinnen,  wclehe  als  Wan- 
derlehrer von  Ort  zu  Ort  zogen  und  Unterricht  ertheilten, 
sollten  für  ihre  Müheleistung  entlohnt  werden.  *    Da  es  im 
Qörzischen  an  Zeichnern  fehlte  und  für  geblt^mte  und  broschirte 

*  KnUerliche  £ot«ehliewuiig  aal'  da«  Cuiumbsion^protokoU  voiu  13.  August 
1761. 

*  Ab  deu  lande«fUrMtlichen  CommiAsär  in  Oesterreich  ob  der  Emu«,  3.  Ait- 
pist  1769. 


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80 


Seidenstoffe  betrttchtliche  Stnnmen  ins  Ausland  gingen,  wurde 
die  Absendung  von  Landeskiodern  nach  Frankreich  und  Italien 
empfohlen.^  Üiin  24eichlieilO]eister  aiis  Vertf^dig,  Bernardo  Za- 
noni,  wurde  in  Wien  angestellt,  damit  Daniaschin  und  geblümte 
Moire  in  irechter  Qualität*  verfertigt  worden  können.  Einige 
Dessins  wurden  den  ^ugmacbem  in  Görz  mitgetheilt,  da  die 
mangelhafte  Zeichnung  Ursache  sei,  dass  die  dortigen  Waaren 
nicht  genugsam  ,beliebt*  seien.'  ZeicbnnngBScholaren  sollten 
Untcrstiitznngen  erhalten.  Auch  in  Prag  wurde  am  2H,  Novem- 
her  1 7(if>  die  Errichtung  einer  Zeichnenschule  verftlgt.  Kupfer- 
stecher Schmuzer  wurde  nach  Paris  entsendet  ^u  seiner  Per- 
fectionirung^  und  nach  seiner  Rückkehr  zum  Director  der  neu 
enicliteten  Kupferetecherschule  ernannt  Man  erhoffte,  dass 
die  Knpferstecherei  als  ,8chwame  Kunst'  bald  mit  anderen  Län- 
dern um  die  Wette  streiten  werde.  Vier  ,Scholaren*  sollten 
für  die  schwanse  Knpferstecherei  abgerichtet  und  denselben 
Unterstützungen  gewiÄrt  werden.  Auch  die  Errichtung  einer 
Bossir-,  Graveur-  und  Verschneidungsschule  wurde  in  Aussiebt 
genommen. '  In  den  Universitätsstädten  wurden  .mechanische 
Ijectionen  oder  CoUegien',  ,welche  ftlr  die  meisten  Professioni- 
sten  höchst  nützlich  s^nd^  ins  Leben  gerufen.  *  Das  Rechnungs- 
wesen sollte  im  Grazer  Waisenhause  gelehrt  werden.^ 

Bei  Errichtung  der  8pinnschiden  hatte  man  zunächst  die 
Verbesserang  der  Ciespinnstc  von  Flachs  und  WolK^  im  Auge, 
wobei  mit  Rücksicht  auf  die  eigenartigen  Verhältnisse  des  be- 
treffsnden  Landes  die  Erseugung  feinerer  oder  gröberer  Ge> 
spinnste  empfohlen  vnirde.  Als  später  die  Baum  Wollindustrie 
an  Ausdehnung  gewann,  wurde  eingeschärft,  das  Baumwoli- 


1  Juni  und  Juli  1777. 

'  Vortrag  vom  18.  März  MiVi. 

^  ZuiiKchMt  fiir  Ar>)ettcit  niif  Oold  uud  Silber  uihI  Suhl,  diireli  kHi.-ierliche 
EntiscblieMung  mit  der  Uutuerkuug  guiieUuiigt,  Uia-tuu  löblicbun  Eifer  auch 
auf  andere  Kfinste  «pd  FabricationeQ  su  emtrecken.  Vortrag  vom  27.  Hai 

I7e7. 

*  2a  Wien  berriti  1766  dmob  den  ,M«o1isaiGQN'  Walcher;  durch  Hand- 
schreiben der  Kaiserin  vom  26.  März  1766  erhielt  er  400  fl.  cur  Bo-' 

streitnii«?  der  Ausladen,  Nach  flraz  «^ririitfr  ninn  liiBrauf  beKflplu'Ue 
WeiHung  am  17.  April  176U.  Eine  uiechani«che  Schule  wird  in  Kraiu 
erwibnt. 

■  KaiMrliehe  EntwUiflMuiicr  «nf  dM  Protokoll  vom  90.  MXn»  rep.  12.  April 
1769,  infolfe  d«tiMn  aveh  die  Weuiung  vom  17.  April  1769. 


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t[>iiinc  ii    nur  in  jenen  <  u  ircnden  zu  fördern,  wo  der  Flaehs- 
imd  Wol]spinnei*ei  kein  Eintrag  geschehe,  *  ein  Gesichtepunkt, 
der  während  des  ganzen  Jahrhunderts  festgehalten  wurde.  Die 
arbeitelosen  Spinner  sollten  den  WoUaeugfabriken  ttberwieaen 
und  die  letetoren  snm  Verkge  an%emimtert  werden.  Das 
Augenmerk  sollte  darauf  gerichtet  werden,  dass  die  WoilBphi- 
nefei  in  Böhmen  in  dem  Gebirge,  wo  die  Flachs-  nnd  Hanf- 
spinnerei eingeführt  sei,  nicht  au  deren  Nachtheil  gereiche.  Die 
Obrigkeiten  wurden  aufgefordert,  ihre  ünterthanen  zu  feinen 
AVollspinnereien  anzueifem,  «lamit  das  für  Garn  liinausgehcudc 
Geld  im  Laude  behalten  werde.  *    Auch  das  Militär  wurde  in 
Muböcstunden  mit  Spinnen  besehiittigt.*    Den  Lascy'sehen  Ke- 
gimenterii  wurde  Wolle  monatlich  zum  Verspinnen  verabfolgt.^ 
Ak  sich  herausstellte,  dass  sich  viele  Leinweber  der  £rzeu- 
gong  von  Wolle  and  Zeugen  zuwendeten,  fordorte  die  Kaiserin, 
dem  Sehranken  au  setien  und  die  Leinenweberei  au  heben, 
fiess  sich  jedoch  durch  die  Darlegung  beschwichtigen,  dass 
WoU-  und  Leinenweberei  gleichen  Wertii  hinsichtÜch  des  Nah- 
nmgsTerdienstes  haben. 

Die  Verbreitung  der  Spinnerei  wurde  überhaupt  auf  jede 
Weise  gefördert.  Die  Waisenkinder  sollten  mit  der  Spindel 
bekannt  gemacht  und  denselben  PrHraien  ertheilt  werden,  um 
durch  Anfninnterunt;  feinere  Uespinnfite  zn  erhalten.''  In  den 
Zuchthäusern  sollte  Spinnen,  Weben  und  Sticken  gelehrt  wer- 
den, ^  dieselben  erhielten  Spinnbeiträge,  2  kr.  tliglich.  Von 
der  Kaiserin  speciell  liegen  zahlreiche  Weisimgen  in  dieser 
Richtong  vor.  Die  Allerhöchste  Gesinnung  gehe  dahin,  lautet 
eine  Zoschnft  an  den  niedertSeterreichisohen  Oonsess  vom  23.  Ja- 
aoar  1766,  dass  TorzQglich  in  den  hiesigen  Vorstädten  die 
jungen  und  mttssigen  Weibspersonen  von  dem  Mttssiggange  ab- 
gezogen und  zur  ehrlichen  Arbeit  angehalten  werden  mögen. 
Auch  die  in  dem  Gnadeuötockhause  befindlichen  Arrestanten 


'  An  den  ConseM  in  Mähren,  28.  Angmi  1769. 

*  An  den  Consess  in  Mähren,  1».  Febrtuur  IT 70. 

*  16.  .Juni  1768  und  14.  Juli  1760 

*  Vuiirag  vom  6.,  rep.  lö.  Octobcr  17»>s. 

'  An  die  BepräsentaUoa  and  Kammer  in  OeHterreich  ob  der  Euan,  G.  .Inni 
1749. 

*  fichoii  QBt«r  Karl  VI.  hierauf  bMOglifihe  WeUongeu,  3.  Fabnuur  nnd 
90.  September  1717.  Cod.  Aiwtr.,  IV,  8. 18. 


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62 


sollten  zur  Arbeit  in  der  Wollspinnerei  verbftlten  werden.  ^  In 
Schlesien  wurde  bereits  1752  die  Errichtung  eines  Spinnhaorcs 
veri\lgt,  in  Kitrnten  1763^  in  Mähren  17t>4.  Auch  erfolgte  am 
14.  Juni  1766  die  Weisung  aur  Errichtung  von  ArbeitsbAua^n  in 
allen  Provinzen,  wo  dieselben  nicht  bestehen.*  In  Böhm»  !i  wurde 
der  Armenleutaufschlag  zur  Erhaltung  derselben  verwendeL  Dem 
Arbeitslianse  in  Triest  wurde  ein  Theü  des  Weinaufschlagcs  zu- 
gevsneaen  (16.  December  1771),  ebenso  in  Fiume  (29.  Mfti*z  1773). 
Josef  wies  auch  den  erhöhten  Weinaufschlag  dem  TriesterArbeits- 
IiTiuse  zu  (1786).  Auch  in  den  Armenhäusern  sollten  Manu- 
factumrbeiten  eingefilhrt  werden,  junge  Mädchen,  die  sich  da- 
selbst befanden,  zum  Seidenabbiaden  abgerichtet  werden  (1761). 
Verbesserte  Spinnräder  wurden  unentgcltlicb  vertheilt. 

Die  Einbürgerung  und  Verbreitung  eimselner  Industrie- 
zweige wurde  durch  (le Währung  von  Prämien  zu  fcirdem  ge- 
Bodit.  Nicht  selten  machte  die  Kaiserin  die  Behörde  auf  den 
einen  oder  anderen  Industriezweig  aufmerksam,  der  ihrer  An* 
sieht  nach  dadurch  emporgebracbt  werden  konnte.  Städten, 
wie  z.  B.  TiUln  und  Ybbs,  welche  sich  um  Prämien  zur  Er- 
richtung von  Spinnereien  bewarben,  wurden  dieselben  bereitr 
willig  gewühlt.  Für  die  Erzeugung  der  feinsten  Tücher  wur- 
den jährlich  200,  löO  und  100  fl.  bestimmt.  ^  In  Mähren  wurde 
die  Einfllhrung  der  Tucherzeugung  auf  inländische  Art  beson« 
ders  empfohlen  und  die  Brünner  Lebnbank  mit  dem  Verkg 
betraut  (16.  Juli  1761).  Die  Regierung  Hess  Wolle  zum  Ver- 
spinnen kommen.  Für  die  Spitzenmanufactur  in  Böhmen  wur* 
den  lOOy  7Ö  und  50  H.  bewilligt,  ebenso  auch  für  die  Zwirn* 
crzeugung  auf  holländische  Art.  Auch  in  Siebenbürgen  wurden 
für  10  Jahre  Prämien  für  das  feinste  Qespinnst  und  für  die 
feinsten  und  besten  Musseline  ausgesetzt,  und  zwar  eine  Prämie 
von  50  fl.  für  das  feinste  Gespinnst;  zwei  Prämien  a  30  fl.  ftür 
das  eweitbeste  und  vier  Prämien  a  20  fl.  für  das  drittbeste 
Qespinnst;  100  fl.  fUr  das  beste  Stück  Musselin  und  awei  Frir 
mien  ä  50  fl.  ^  die  zweitbesten  StUcke. 

Die  Garnsamnilery  wie  man  auf  dem  flachen  Lande  die 
Käufer  von  Garn  nannte,  wurden  verpflichtet,  die  Game  an 

*  Allerhüchstoi«  iiaudbillul  vom  1.  Mm  1766. 

'  In  der  Mitte  der  Seehzigerjahre  besUadeo  Arbeittbftiuer  sa  Stendorf, 
CMding,  Giaa,  Ua»,  PUeeo,  BiegMibiiig,  Trieet,  WeiMwaeier,  Wiea. 

*  Ksiierliche  BatMhUeMOiig  auf  den  Vortrag  vom  4.  Juni  1761. 


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68 


einheimiache  Weber  oder  auf  priTÜegirten  Oammftrkten  ztxm 
Verkaufe  au  bringen;  nnr  jene,  die  nicht  al^esetxt  werden 
konnten,  durften  gegen  Entrichtung  einer  Gebühr  von  15  kr. 
per  Schock  —  eine  EUnnahme  des  Oommeraialfondes  —  ausser 
Landes  yerftlhrt  werden.  ^  Zwei  Jahre  später  wurde  Lothgam, 
wovon  das  Stttck  höchstens  1&  Lolh  wog,  yon  dieser  Beschrttn- 
kang  ausgenommen.  Die  Errichtung  von  Gammttrkten  wurde 
angeordnel^  inländischen  Webern  der  Verkauf  gesichert.  Die 
GammKrkte,  lautet  eine  Verfltgung  Tom  23,  Februar  1755, 
haben  um  8  Uhr  Sommers  und  9  Uhr  Winters  ansufiingen  und 
ist  den  einheimischen  Käufern  eine  Stunde  der  Vorkauf  gesichert, 
eine  Verordnung,  welche  am  23.  August  1763  erneuert  wurde. 
Als  im  Jahre  1772  die  inländischen  Gampreise  von  36  kr.  per 
Stack  auf  31  und  18  kr.  herabsanken,  wurde  die  Beschriln» 
krnig  des  Verkaufes  auf  den  Gammärkten  aufgehoben,  der 
Handel  freigegeben  (1.  Juli  1772),  wobei  die  Ansicht  ausschlage 
gebend  war,  dass  die  Zahl  der  Spinner  grosser  sei  als  jene  der 
Weher,  daher  mehr  Rttekstcht  yerdiene.'  Im  Jahre  1774 
wurde  in  Böhmen  und  Mähren  infolge  des  Ver&Ues  des  Garn- 
und  Leinwandhandels  das  Gamsammeln  ab  em  freies  Gewerbe 
erklärt,  während  bisher  eine  Licenz  erforderlich  war.' 

Der  angestrebten  Verbreitung  der  Spinnerei  und  Weberei 
auf  dem  Lande  stand  in  den  böhmischen  Erblanden  das  Unter- 
thanenyerhältniss  im  Wege.  Die  Obrigkeiten  stemmten  sich  In 
manchen  Gegenden  dagegen,  dass  die  Kinder  ihrer  Unterfhanen 
ein  Handwerk  erlernten,  und  die  B>age  wurde  erörtert,  ob  den 
Dominien  nicht  die  Befugniss  zur  Ertheilung  oder  Verweige* 
mng  eines  Consenses,  ein  Handwerk  erlernen  au  dOifen,  ent- 
sogen  werden  soll.  Der  Oommersienrath  hielt  es  nicht  fftr 
rädilich,  da  jedes  Dominium  zu  sehen  hätte,  damit  durch  allzu 
häufige  Manufacturiflten  nicht  der  Ackerbau  selbst  leide',  nur 
die  ,B«zoe8se'  sollten  abgestellt  werden,  z.  B.  in  Mähren,  wo 
einige  Dominien  fbr  die  Ertheilung  des  Consenses  bis  6  fl.  for* 
derten.^   Abgesehen  von  den  Grund-  und  Häuserzinsen,  von 


'  MMhlni^piiteiit  1758. 

*  Yfl.  Schruyor,  I,  S.  27,  der  dieser  Anaidit  nida  beipllielitet 
■  88.  lan  1774  fta  dM  Gnbamiiini  ia  BOiuiMa. 

*  Zusdbiill  dos  Coiniiienl«ikntliM  an  die  bOhfolMli-SiteneieUMhe  Hof- 
kMiil«!,  4.  Deoember  17M}  F^otokoUe  der  MHuniMh-Sfteneiahiicheii  Hof- 


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EHiru Ilgen  und  Frohndicnsten  hatten  die  Unterthanon  einen  G^e- 
werbesinB  za  leisten,  der  in  eiiügen  Ländern  ziemlich  gross 
war.  So  mussten  in  Schlesien  noch  im  Jahre  1770  die  Unter* 
thanen,  welche  sieh  einem  PoHzei-  oder  Commerzial^cwerbe 
widmen  wollteni  einen  sogenannten  Licenzzettel  bei  den  Obrig- 
keiten nehmen  und  hieftlr  an  manchen  Orten  mehrere  Thalcr 
erlegen,  femer  jährlich  6 — 8  Groschen  entrichten.  Die  Natural* 
robot  hinderte  den  Landmann,  ausschliesslich  ein  Gewerbe  zu 
treiben.  Die  Klagen  gingen  dahin,  dass  durch  dieselbe  die 
Arbeiter  das  zur  feinen  Weberei  nöthigc  besondere  GefUhl  ver* 
lieren.  Zwar  konnte  die  Robot  abgelöst  werden,  aber  nur 
dnreh  einen  fi^i  unerschwinglichen  Zins^  ^  Auch  in  Kärnten 
MTurde  die  ^clavische*  Verfassung  zwischen  den  Unterthanen 
nnd  Herren  ab  Hinderniss  illr  die  Ausbreitung  der  Gewerbe 
bezeichnet,  ^  und  die  dortigen  Fabriken  konnten  sich  nur  schwer 
die  nöthi^on  Arbeiter  verschaffen. 

In  Mälii'on  wurde  die  ^Roboiguspunnst'  den  Obrigkeiten 
theils  urbarmässig  und  nach  uralten  Gerechtsamen,  theils  aber 
.  infolge  richterlicher  Erkeuntnisse  verabreicht^  und  zwar  in  ein- 
zelnen Orten  entweder  in  natura  oder  durch  eine  andere  pro- 
portionirte  Kobotleistung,  z.  B.  durch  den  Holzschlag  ersetzt, 
oder  aber  durch  baarcs  Geld  rcluirt.  Ks  fragte  sich,  ob  eine 
Aenderung  nicht  zweckmässig  sei.  Die  Landesstelle,  namentr 
lich  der  liuidständische  Ausschuss  sprach  sich  dahin  aus,  daas 
diese  weder  rathsam  noch  billig  sei;  eines  neuen  Gesetzes  be- 
dttrte  es  nicht,  weil  jene  Obrigkeiten,  welche  infolge  eines  mit 
ihren  Unterthanen  geschlossenen  Tructatcs  oder  infolge  irgend 
einer  Abmachung  urbannässig  oder  kraft  eines  richterlichen 
Spruches  dazu  berechtigt  würen,  von  der  ihnen  zustehenden 
Gerechtsame,  so  lange  dieselbe  ihnen  zu  Nutzen  gereicht,  ohne* 
hin  niemals  ablassen  werden.  Auch  dort,  wo  bisher  diese 
,Robotgespunn8t'  durch  Geld  reluirt  worden  warj  fand  es  der 
landständische  Auaschuss  nicht  angezeigt,  die  bisherige  Ge- 
wohnheit zu  ändern:  weil  Flachs  und  Hanf  nicht  allerorten  ge- 
baut werden,  auch  nicht  in  jedem  Jahre  gleichmässig  gerathen; 
das  Material  zum  Spinnen  sei  daher  nicht  Uberall  vorhanden, 

kaiiziüi  vuui  lU.  uud  20.  Dticembur  lliiö,  worin  »ich  dieselbe  mit  dein 

CommOTsionnillis  einywitsiidsn  erklirle. 
'  Note  TOQ  HaiMb,  Troppau,  18.  Joli  1770. 
'  Protokoll  dm  ComoHnnioiinithes  vom  9.  Min  1764, 


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65 


daher    am  h  den  Uiitcrthanen  (icspinnstc  iu  naLuta  zu  liefern 
im  Allg^*j meinen  nicht  wolil  zujii^cniutlu.'t  werden  k^5nno;  auch 
wMr*^  »^s  tur  die  Obrigkeiten  selbst  niclit  zuträfjlii-h,  thcurc  oder 
unrichtige  Gespinnste  libemcbmeu  zu  müssen.   Dies  wäre  auch 
die  Ursache  gewesen,  weshalb  in  früherer  Zeit  derartige  Re- 
luitionsttbereinkommeD  geschlossen  woirden  seien.  Den  Obrig- 
keiten würde  durch  eine  hierauf  besOgUche  Vonchrifty  Ge- 
spinnste in  natura  übernehmen  au  mÜMen,  weit  mehr  Schaden 
als  Nutzen  zuwachsen.   Auch  habe  der  Landesunterthan  ein 
vollkommenes  Recht,  wenn  er  auf  Grand  der  alten  Ueberein* 
kommen  mit  den  Obrigkeiten  darauf  bestehe,  die  Robotgespunnst 
mit  Geld  reluireii  zu  können.    Ueberdics  sei  es  ja  bekannt, 
dass   selbst  in  jenen  <  )rton,  wo  seit  laugen  Jahren   die  Ge- 
spui liste   in  natura  ab'ieUi^fert  werden   müssen,  Uneinigkeiten 
und  Streitigkeiten  Äwischen  den  obrigkeitlichen  Beamten  und 
den  Unterthanen  bezüglich  der  QoiüiüUy  des  Gewichtes,  sowie 
des  Fadenmasses  fortdauern,  mit  nnch  ein  Grund,  weshalb  viele 
Obrigkeiten  zur  Reluirung  der  Robotgespunnst  geschritten  sind. 
Auch  wäre  die  Landespraxis  zu  berücksichtigen,  wonach  die 
Uuterthanen  von  allen  zwischen  ihnen  und  den  Obrigkeiten 
nrbarmttssig  getroflfenen  Vereinbarungen  überaus  ungeme  ab- 
gehen und  die  geringsten  ganz  unschKdliehen  Nenemngen  mit 
änsserster  Hartnäckigkeit  verabscheuen.    Aus  einem  liobotge- 
spunnstzwanji  ^Muden  daher  nur  Missverstiindniss,  Widersetz- 
lichkeit  niul  V  erbitterungen  der  Lanflesunterlhanen  irocren  dio 
Grundübrigkeiten  entstehen.   Um  aber  auch  die  Emporbringung 
des  Handels  mit  Gespinnsten  zu  ennöghchen,  so  sei  es  dien- 
sam,  wenn  der  mährische  Landmann  zu  emsiger  Betreibung 
des  Spinnens  und  zum  Verkaufe  gegen  billige  Bezahlung  an- 
gefrischt  würde,  aber  in  dem  Patente  sollte  auch  beigerückt 
werden,  dass  in  jenen  Orten,  wo  die  Obrigkeiten  die  G^pinnste 
gegen  baare  Bezahlung  einführen,  den  Unterthanen  kein  Nach- 
Üml  erwaehsen  solle,  wenn  selbe  darein  willigen.  ^ 

Das  fUr  Böhmen  am  13.  August  und  ftir  Mähren  am  7.  Sep- 
tember 1775  erlassene  Robotpatent  bestimmte  b(  zurrlich  jener 
Unterthanen,  welche  bisher  obrigkeitlichen  B  iaciis  oder  Werg 


*■  An«  einem  fichriABtttcka^  Brttos,  16.  Angaat  1768(  nnteneichiiet:  Chriitof 
Freiherr  BlSmegen,  ¥tm  Freiherr  t.  Tsuber,  Joeef  Freiherr  T.Wid- 
nana,  Ignu  SehrttfU  toh  Maiubeiif . 

AnUf .  Lxm  si.  I.  nun«.  5 


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66 


entweder  unentgeltlich  oder  um  »  inen  gewissen  Lohn  zu  ver- 
spinnen schuldig:  waren,  ilas.s  ein  künftiger  Handrohoter  nicht 
mehr  als  ein  StUek  und  ein  ktinltigcr  Znorrohoti  r  niciit  mehr 
uIb  zwei  Stücke  Garnes  zu  spinnen  schuldi*;  sei:  ,ll;it  über  ein 
oder  der  andere  bisher  noch  weniger  zu  spinnen  gcliabt,  so 
würde  derselbe  auch  noch  in  Zukunft  bei  seiner  geringeren 
Spinnschuldigkeit  zn  verbleiben  haben/ 

Auch  den  landwirthschaftlichen  Gewerben,  namentUch  der 
Erzeugung  der  filr  die  Industrie  nöthigen  Hohxtoffe  wurde  Uber 
besonderen  Auftrag  Maria  Th<'resias  Sorgfalt  zugewendet.  Lein- 
samen aus  Riga  wurde  vertheüt,  bessere  Röstung  des  Flachses, 
sorgfältige  Behandlung  desselben,  sowie  von  Hanf  wurden  an- 
befohlen. Zahlreich  sind  die  Verordnun-^t'n  Uber  die  Verbes- 
serung der  Schafzucht  in  Mähren,  Krnin,  Unpirn  und  den 
Nebenlanden.  Die  Erweiterung  der  Ptlanzungen  für  Krapp  und 
Rothe  in  den  Erblanden  wurde  den  Behörden  ntifgetragen. 
Die  Hebung  der  Bienenzucht  wurde  von  Maria  Tlieresia  be- 
fohlen. Dieses  Geschäft  sollte  mit  allem  lernst e  in  Gesterreich 
und  Mähren  unterstützt  und  dahin  getrachtet  werden,  dass  die 
,landesmUtterlichen  Sorgen'  wenigstens  in  der  Nithe  unter  den 
Augen  der  Monarchin  mit  Eifer  befolgt  würden.  *  Eine  Bienen- 
schule sollte  daher  errichtet,  im  Augarten  bei  Wien  unentgelt- 
licher Unterricht  ertheilt  werden.  Auch  in  den  anderen  Län 
dern  wurden  Lehrer  für  die  Bienenzucht  mit  einem  Gehalt 
von  f>ÜO  fl.  angestellt,  Priimien  in  Krain,  G(5rz,  Schlesien,  Böh- 
men, Mähren  gewährt.  l)ei-  Jugend  soll  Unterricht  im  Acker- 
bau von  den  Landsehullehrcm  ertheilt  weiden,  lautet  eine 
Weisung  vom  19.  August  1771.  In  Krain  wurde  angeordnet, 
Uber  die  Sanienzubereitung  zur  Aussaat  Belehrungen  zu  er- 
theilen,  ^  Im  Mitterburgischen  Dlstriet  .'tollte  auf  den  Anbau 
von  Seide,  Lein  und  Ohvenöl  hintre wirkt  werden.  In  Steier- 
mark  wurde  die  Anpflanzung  von  <  )bstbäumen  den  Strassen 
entlang  anbefohlen,*  ferner  niederländischen  Leinsamen  au  ver- 
theilen* und  die  Öoluiisuclii  zu  vermehren.^ 


1  Au>  'MDAtn  Protokolle  dur  ätaatswirtliscIjAftsdepatation  vom  7.  Januar 
1773.    ÜäAb  ala  Beferent. 

*  LailMeb,  14.  Hin  1772. 

*  Protokoll  Tou  8.,  rep.  SO.  Norember  1768. 

«  Protokoll  vom  18.  Februar.  Mp.  14.  M&r%  17(jH. 

*  Protokoll  vom  SO.  Ociober,  rep.  18.  November  1768. 


07 


VI 

Als  das  wirksamste  POrderangsiiitttel  der  Indottrie  ersehie- 
neu  die  Verbote.  Zu  wiederholten  Malen  wurden  Beratlinngen  ge> 
pflogen  Uber  eine  oonseqnente  DnrchfUhmng  jener  Orandsfttsey 
welche  Johann  Joachim  Becher  und  Otlokar  t.  Homeck  em- 
pfohlen  hatten.  Unter  Karl  VI.  wurden  in  dieser  Richtung  be- 
reits mehrere  Massnahmen  getroffen,  welche  die  Einfuhr  frem- 
der Ihdustrieartikel  erschwerten.  NamentHoh  die  Zollordnungen 
fär  NiederBetsfreichy  Mähren  und  Böhmen  enthielten  Bestim- 
mungen,  die  in  den  Kreisen  der  Kaufmannschaft  und  auch  Ton 
einigen  Verwaltongsbeamten  scharf  bemSngelt  wurden.  Die 
Verbote  worden  an&ngs  nicht  fto  alle  Linder  der  Monarchie 
eriassen,  sondern  in  jedem  Lande  die  Einfuhr  jener  Artikel 
untersagt,  die  in  demselben  erseugt  wurden.  Auch  war  die 
Absieht  bei  einaelnen  Eritfasen  vorwaltend,  dem  übertriebenen 
Lumis  au  steuern.  Von  denselben  Gesichtspunkten  wurde  aueh 
die  Regierung  Maria  Theresias  in  der  ersten  Zdt  gelltet 
Wohl  befürworteten  einige  Handelspolitiker,  viele  Waaren  von 
den  Osterreichischen  Mttrkten  auaausohfiessen,  aber  man  be- 
schrflnkte  sieh  in  den  Zollordnungen  auf  eine  bedeutendere 
Steigerung  der  Zollstttae,  und  nur  aOgemd  entschloss  man  sich, 
das  Verbot  einer  Waare  aussosprechen.  ^  Die  Forderung  von 
Verboten  ging  aumeist  von  den  einaelnen  Lttndem  aus.  Nicht 
bloB  die  Einfuhr  auslftndischer  Waaren  sollte  verhindert  werden, 
nicht  selten  verlangte  ein  Erbland  Schnta  gegen  ein  anderes. 
Viele  Gkwerbe  in  Wien  klagten,  dasa  sie  an  Omnde  gehen 
mflssten,  weil  so  viele  Waaren  eingeführt  werden,  so  die  Fftr- 
her,  Qalaoteriearbeiter,  (Joldschlfiger,  Uhrmacher,  Hutmacher 
u.  s.  w.,  während  man  in  der  Residena  so  viel  eraenge,  um 


AI«  sich  die  btadt  £ger  nach  Wioii  mit  der  Forderung  um  Rjchuts  fUr 
ihre  Tuch-,  Wollen-  und  Zeugwaaren  wandte  und  darauf  hinwies,  da» 
4ar  VendileiN  ein  geringer  eei,  die  eingeMlirten  Zenge  and  Tttcber  die 
Uiesehe  eeieo,  dm  ihve  Wneien  «TeneUsgen*  werden»  dahm  ein  hslmrer 

Aufschlag  auf  dieselben  gelogt  werden  mOge,  wiir^o  bei  Prüfung  der 

Egerer  Erzpn£niti*so  bofundon,  da*«^  tlie  Farbe  und  niiorbnnpt  (\'w  Appretur 
viel  2U  wüutichäu  übrig  lasse;  hier  smi  oinzugroiton,  wenn  der  Verschlei^i« 
befördert  werden  solle.  An  die  bohmisohe  Repräfientatioii,  22.  Decembor 
174». 


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68 


das  Publicum  sowohl  dor  Qualität  als  auch  der  (Quantität  nach 
versor^on  zu  köiincTi.  Diese  Anliepnn  wurden  zunächst  ab- 
schlägig beschieden.  Die  Verbote  fremder  Waaren^  lautete  ein 
Hcsciu  idy  seien  wobl  xntrftglich,  wenn  die  Länder  mit  ein- 
heimischen sattsam  versehen  seien.  ^  IJnd  noch  zwei  Jahre 
später  sprach  sich  die  Behörde  dahin  aus,  insoweit  die  hies^en 
Fabriken  gute  Waare  in  hinlänglicher  Menge  und  zu  erträg- 
lichem Preise  ensevqg^^  verbiete  sich  die  Einfuhr  schon  durch 
die  erhöhte  Consumomauth.  Die  General  verböte  fallen  nicht 
nur  allen  benachbarten  Fürsten  sehr  gehässig  in  die  Augeo 
und  geben  dann  zu  vielen  schädlichen  Retorsionen  Anlaas, 
sondern  seien  selbst  ein  Hindemiss  für  den  Handel,  welcher 
keinen  Zwang  leide,  sondern  sich  nach  der  natürlichen  Oon- 
▼enienz  in  solche  Länder  zielic,  wo  die  Waare  besser  und 
wohlfeiler  zu  haben  sei.  Man  künne  weder  Ungarn  noch 
Siebenbtkigen,  Ltfnder,  welche  den  Hauptzweig  des  Wiener 
Handels  ausmachen^  an  die  Wiener  Manufacte  binden,  und  es 
sei  ein  Irrthum,  wenn  man  glaube,  daas  alle  diese  Fabriken 
bereits  einen  hohen  0rad  erstiegen  haben,  um  anch  nnr  die 
firbländer  damit  versehen  zu  kOnnen.  ^ 

Die  lifimischen  Industriellen  erblickten  nur  in  Verboten 
ein  Mittel,  dem  fremden  Wettbewerb  entgegentreten  zu  können, 
und  hielten  einen  Zoll  von  30  Pci'cent  nicht  ftlr  genügend  zur 
Beschränkung  der  Einfuhr.  lu  den  an  die  Behörden  gerichteten 
Eingaben  wurden  nicht  selten  Berechnungen  der  heimischen 
Erzeugnngsk Osten  angestellt  und  der  Beweis  zu  erbringen  ge- 
sucht, wie  viel  billiger  das  Ausland  die  Waaren  herzustellen 
im  Stande  sei,  daher  nur  ein  Verbot  Abhilfe  gegen  den  Mit* 
bewerb  der  Fremden  verschaffen  könne.  Diese  Anseinander- 
setzungen  machten  um  so  grösseren  Eindruck,  wenn  der  Be- 
sitzer der  betreffenden  Fabrik  dem  Adel  angehörte,  der  seine 
sociale  Stellung  nicht  selten  ausbeutete,  um  ein  Verbot  auf  die 
auf  seiner  Herrschaft  erzeugten  Gegenstände  durchzusetzen. 
Die  Stimmen  jener,  welche  auf  die  Nachtheile  einer  Absperrung 
gegen  die  Fremde  hinwiesen,  verhallten,  da  sie  zumeist  aus 
dem  Kaufmannsstande  kamen,  I  r  damals  freieren  Annchten 
huldigte  als  heutigen  Tages.  Vor  Erlass  eines  Verbotes  wurden 


*  An  dte  Bepribeatatiioa  vaA  Xanmiar  ia  Kirnten,  21.  Juli  1U9. 

*  Au  «inen  in  Jalne  1751  enkatteten  Veitrage. 


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69 


in  der  ersten  Zeit  zuerst  Erknndigiuigen  eingOBOgen  ftber 
den  Stand  der  Industrie.  Auch  adlten  die  VeÄote  nur  eine 
bestimmte  Zeit  in  Kraüt  bleiben,  wie  aus  einzelnen  Anfragen 
hervorgebty  ob  die  VerhilltniSBe,  welche  Air  den  Erlaas  eines 
Verbotes  ansschlaggebend  geweseui  noch  andaneni.  Die  Rück- 
aiehtnabme  auf  die  alteren  Poüaei-  und  Eleideroidnungen  war 
bei  Erneuerung  oder  Verschürfnng  des  Verbotes  ausschlag- 
gebend. '  Spttter  wurde  die  Ansieht,  dass  Verbote  sur  Empor- 
bringiing  der  Industrie  unbedingt  noihwendig  seien,  ein  Axiom 
der  Wirthschaltspolitik.  Jeder  Anregung  wurde  Folge  gegeben, 
und  die  Gesuche  der  Adeligen,  die  auf  ihren  Gütern  Fabriken 
errichtet  hatten,  fanden  eine  gOnstige  Eriedigung.'  HSn  Zoll 
▼on  90  und  mehr  Percent  erschien  nicht  genügend.  Nur  unter 
dem  Sehutse  yon  Verboten  ktSnne  die  Industrie  gedeihen  und 
steh  entwickeb.  Dieser  Wandel  der  Ansichten  vollaog  sieh 
während  des  sechsten  Jahrsehnts  und  fand  spiter  unter  den 
MÜgliedem  des  Commersienrathes  die  eneigisohesten  Vertreter. 
Der  PHUrident  desselben,  Graf  Andlem-Witten,  war  ein  ent- 
schiedener Anhänger  des  Verbotssystems.  Bereits  als  Landes- 
hauptmann in  OberOsterreich  hatte  er  sich  dahin  ausgesprochen, 
wenn  auch  die  heimischen  Feilschaften,  wie  s.  B.  die  Erzeug- 
nisse der  Linaer  Fabrik,  höher  im  Preise  stehen  als  die  frem- 
den, ,die  im  Lande  bleibende  Oeldctreulation  und  die  dem  ge> 
meinen  Wesen  durch  derartige  Fabriken  TieHkeh  erwachsenden 
Voriheile  übertreffen  weit  obigen  Anstand'. 

Die  Tolkswirthschaftüchen  Schriftsteller;  so  spärlich  sie 
aueh  waren,  sahen  darin  das  einsige  Heil  für  die  industrielle 

*  Vgl.  ZtntHchrift  lür  Social-  Hn<i  Wirth»fliaft»güschicht«,  ö-  341. 

*  8o  richtete  Qraf  Josef  Klusky  ein  Gesuch  an  die  Bebttrde,  da«»  er  in 
BargKtetn  WadisMnwamd  in  genflgendnr  Menge  enwng«.  Am  80.  Juni 
1769  muri»  «ine  Vtrardmng  verSltakiHeltl,  bMagend,  in  BShnnn  ward» 
die  WnehnlainirandAbrik  mit  ^tem  Fortgmng  betriebe»,  die  Erzeog- 
nisso  seien  mit  jenen  im  Auslände  im  Prpine  und  iti  Agt  Gnt*^  frl^'i^'h, 
die  Einfuhr  wf^n^e  daher  verboten  und  di^  Kautleute  au  die  Bürgi«teiiier 
Fabrik  angewiecsau  (Cod.  Au»tr.,  VI,  58).  Der  Graf  wurde  gleichzeitig 
angefordert,  «sich  in  genngiunen  Verlag  aller  Oattengon  sn  «etaan,  die 
Xaolieote  mit  da»  bialierigen  blUigen  Pleiaen  an  Tenehaii  waA  aaf  die 
Erzeugung  der  noch  abgängigen  geblQmten  Sorten  fBrandenkea*.  (Ad 
Jovff  Kinsky,  30.  .Tuiii  ITaO  ^  Dfi«;  Verbot  der  Kinfnbr  von  Grausten 
erfolgte  auf  Ansuchon  dos  Ohorstiiurj^rtrrafon  von  H/^hiiien,  Grafeu  Ko- 
lowrat,  der  auf  seiner  Uerreichaft  Swietla  eine  Fabrik  zur  Verarbeitung 
von  rohen  Onoaten  errichtet  hatte.  (18.  Jvni  1781.) 


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70 


Entwicklung-.  Jnsti's  Schriften  wurden  von  den  Beamten  studirt 
und  dessen  Ansichten  über  die  Hebung  der  wirthschafUichen 
Vorhllhnisse,  wie  aus  vielen  Erlässen  ersichtlich,  zum  grössten 
Theil  befolgt.  Horneck's  ,()csterreich  über  Alles,  wenn  es  nur 
will^,  wurde  vielfach  gelesen;  eine  neue  Auflage  erschien  1750 
mit  einem  Anhange:  ,UnpartheÜ8che  Gedanken  über  die  öster- 
reichische Landesökonomie',  hervorgcnifen  wie  bemerkt  wird 
durch  jene  Verändeningen,  welche  seit  dem  ersten  Erscheinen  des 
Werkes  eingetreten  seien.  Der  patriotisdic  (iolst  des  Bucheft 
fand  bei  den  Staatsmännern  Anklaii«:  Auch  aus  den  Werken 
Zinken's  schöpften  die  Mitglieder  des  (Joramorzionratln  s  Be- 
lehrnn^  Irre  i<  Ii  nicht,  so  hat  eine  Schrift  auf  die  MassnahmeD 
der  Px  liördcn,  das*  Verbotesystem  in  grösserer  Ausdehnung  ab 
bisher  durchzuAihren,  Einfluss  gehabt,  welche  im  Jahre  176S 
erschienen  iöt  Den  Bestrebungen  der  Regierung,  das  Fabrika- 
und  iMaoutiicturwcgen  in  den  Österreich isuhen  Ländern  in  guten 
Stand  zu  setzen,  wird  von  dem  Verfasser  alle  Anerkennung 
gesollt,  allein  die  Bemerkung  hinzugefi'igt.  di^  die  Massnahmea 
einen  entsprechenden  Erfolg  nicht  gehabt  hiltten,  künftig  milsste 
die  Einfuhr  aller  fremden  Waaren,  welche  im  Lande  aeUwt 
vcrfcrtl^rt  werden  könnten,  verboten  werden,  da  «onßt  nicht  zu 
hoffen  sei,  die  Landcsmanufacturen  emporcnbringen.  Das  Bei- 
spiel anderer  Staaten  biete  hieflir  Belecro.  Die  Kaufleute  wtU^ 
den  dadiin  1>  geawungen  werden,  sich  mit  dem  Verschleisro 
inländisclx  r  Erzeugnisse  zu  befassen,  was  sie  sonst  nie  thuA 
würden,  da  die  Leichtigkeit,  womit  sie  auswärts  Credit  finden, 
die  Voitheile,  welche  sie  durch  auswäiligc  Waaren  erhalten, 
und  der  gute  Absatz  derselben  ihnen  den  Verschleiss  inländi- 
scher Tndustrieartikel  ,nicht  so  angenehm  mache',  als  es  die 
Wohlfahrt  des  Staates  nnd  dessen  unmittelbarer  Nutzen  erfor* 
dere.  Die  Niederlagsverwandten,  deren  Hauptgewerbe  bisher 
der  Verkauf  ausländischer  Waaren  trewi  ^i(^n,  würden  vielleicht 
durch  das  Verbot  bestimmt  werden,  Fabriken  anzulegen.  Aus- 
lände herangezogen  worden,  sich  in  den  Osterreichisehen 
Staaten  niederzulassen ;  die  Untersttttziin«:  von  Fremden  oder 
Einheimischen,  die  Manufacturen  und  F.i Unken  anlegen,  wird 
empfohlen.  ^  Erst  später  machte  sich  der  Einfluss  von  Sonnen- 

>  Abhandliiiig  tod  den  Haanftotar-  und  Fabrik» wsun  in  dsn  k.  k.  Erb- 
tlndent,  «bfedniokt  in  der  Solurift  von  C.  F.  M(eixiisr):  AnmMkiiiigen 
über  die  natürlkjie  Beeehataheit  der  k.  k.  Erbtoad».  Anglibmg  1763. 


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71 


t'eJs  geltend,  der  jedoch  in  zoIlpoUtiäüiien  Frageu  keine  scharf 
aofi^sprochene  Richtung  vertrat. 

Die  Bedeutung  dos  am  24.  März  1764  erlassenen  Patentes 
beruht  darin,  dase  in  demselben  alle  Waaren  snsammenge&sst 
wurden,  deren  ESininlir  in  den  leisten  Jahren  zam  Tbeil  nur 
in  wi  geinen  Lltndera  verboten  war,  die  nun  in  allen  dentschr 
dttviaohen  ErUändem,  Tirol  und  Vorarlberg  ausgenommen,  aus 
der  Fremde  nicht  mehr  eingeftlhrt  werden  durften.  •  Das  Patent, 
welches  durch  Trommelschlag  an  einigen  Ortiiii  bekannt  ge- 
macht  wnrdo,  rief  in  den  botlicili^ten  Kreisen  manniirfachon 
Widerspruch  hervor,  nnd  aus  den  Lantleshaujjtöt  i  li  u  kamen 
zahlreiche  Vorstellungen  über  die  groaee  Anaahl  der  verbotenen 
Waaren  und  Uber  die  kurz  benK^ssene  Frist  fth-  den  Verkauf 
der  vorrftthigen  Waaren.  £ine  fieschwerdeschrifit  des  Wiener 
Handelastandes  übermittelte  Maria  Theresia  dem  Commenien* 
rathe  mr  Berichterstattong.  Einige  ron  den  verbotenen  Waaren, 
hiess  es  darin,  werden  nicht  in  genügsamer  Menge  oder  gar 
mckt  erseugt    Durch  die  Vermehrung  der  Verbote  werde  der 
ungarische  und  siebenbürfTfische  Kaufmann  von  Wien  vertrieben, 
dagegen  der  Transitoliandel  der  Türken  begünstigt.   Die  V'er- 
l»ote  seien  nicht  blos  für  den  Handel,  sondern  auch  für  die 
Fabriken   hinderlieh.    Der   Ausiliiss   de»   (leldes,    der  durcli 
Wechsel  im  Gleichgewicht  erhalten  werde,  sei  nur  Bcheiiibar. 
Der  Commerzienrath  hielt  e.s  für  nothwendig,  auf  die  Grund* 
sitae  hinsaweisen,  die  bei  der  Ausarbeitung  massgebend  ge* 
Wesen  waren.  Sin  grosser  aosammenhängender  Staat,  so  lauteten 
die  Auseinandersetanngen,  der  seine  Bedttrfnisse  aus  der  Flremde 
bemehme,  müsse  mehr  auf  die  Beförderung  der  Manufaotnren 
als  des  Handels  bedacht  sein.  Wenn  die  Vortheile  des  Handels 
ond  der  Manufaeturen  sieh  kreuzen,  müsse  der  Handel  zurück- 
treten, und  d(^rselbe  sei  nur  insoweit  zu  beo-ünsti^en,  als  mit 
dem   Forrk'imnien    der    Manufaeturen    vercinbarlieli    sei.  Ks 
WTirde  uiciit  m  Abrede  gestellt,   dass  unter  den   verbot«  tu n 
Waaren  einige  sich  befinden,  die  vorliUiHg  nicht  in  hinreiciien- 
der  Menge  erzen ^rt  werden.    Hieftir  schaffen  jedoch  die  Com- 
UMndalpllsse  Abhilfe.   Auch  sei  ja  das  Patent  nicht  ftir  den 
^e^cuwflrtigen  Augenblick,  sondern  für  längere  Zeit  erlassen. 
Man  habe  daher  viele  Artikel  nicht  ausnehmen  können,  eines- 
tbeih  ,wei]  von  den  meisten  schon  ein  An&ng  der  Fabrication 
voihanden,  die  angeeifert  werden  mttsse^,  sodann  aber  auch, 


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72 


,weil  die  Yerl^^  Bonderlich  der  neu  angehenden  Mannfacturen 
plcidisam  erzwungen  werden  müssen*.  Ueber  etv^'aige  Schwie- 
rigkeiten glaubte  der  CoinmersEieiirath  leicht  hinwegkommen  cu 
können:  durch  £rtheilung  von  Pässen  und  Aoeilerang  von 
Fabriken  zur  Erzeugung  jeuer  Artikel,  die  bisher  anflachliees- 
licb  aus  der  Fremde  eingeftlhrt  wurden:  durch  Bevonugong 
jener  Handelsleute,  ,die  den  Landesfabriken  geneigt  seien  und 
diese  Neigung  mit  Bestellungen  erweisend  Dem  Staate  könne 
es  gane  gleichgiltig  sein,  ob  der  Ungar  und  SiebenbUi^r  die 
Baarschaften  für  fremde  Waaren  nach  Leipssig  und  Breslau 
tragen  oder  ob  sie  der  Wiener  Kaufmann  dahin  versende.  Nac  li 
Erweitening  der  Landesfabriken  können  auch  für  Ungarn  die 
Verbote  erlassen  werden,  und  wenn  die  Kaufleute  darauf  hin* 
weisen,  dass  sie  den  Geschmack  nur  mit  fremden  Waaren  be- 
fifiedigen  können,  so  werde  man  ,die8en  Geschmack  an  ver- 
botenen WaareU;  die  lediglich  aur  Pracht  dienen,  durch  Er- 
höhung der  Mäuthe  verbessern,  und  wenn  an  dieser  Verbesserung 
vollkommene  Hoffnung  nicht  vorhanden  sei,  so  werde  der  Sata 
nicht  bestritten  werden  können^  dass,  wenn  der  Handel  nicht 
nur  den  Mannfacturen  schädlich,  sondern  auch  der  Vermehrung 
der  Pracht  und  dem  Ausflusse  des  Geldes  ihrdeiÜch  sei,  der* 
selbe  vielmehr  hintansuhalten  als  au  begttnstigen  wttre*. 

Obgleich  das  Patent  erst  im  Min  1764  erlassen  worden 
war,  wtthnte  der  Commersienrath  bereits  im  Juni  ,weikihätige 
Vortheile'  zu  verapQren.  Mehrere  Unternehmer  und  Verieger 
von  Fabriken  hätten  sich  hervorgethan,  die  Industrie  &nge  bei 
Particularen  an  wachsen  an,  die  Juden  gewöhnen  sich  an  in- 
ländische Manufacta,  und  schliesslich  wurde  die  Hoffimng  ans« 
gesprochen,  dass  die  Kaiserin  dem  Handelsstande  zu  erkennen 
geben  werde,  dass  es  bei  dem  Patente  sein  uBabAndettiobes 
Verbleiben  habe.  Die  Kaiserin  genehmigte  den  Antrag,  fllgte 
aber  hinzu,  ,dass  für  die  noch  fehlenden  Waaren  Pässe  auf 
Grund  der  sich  herausstellenden  Nothwendigkeit  ertheilt  und 
die  Hinwegschafiung  der  fremden  Waaren  nach  Umständen 
eine  längere  Frist  bewÜligt  werdet  ^ 

Mit  welchen  Sebwierigkeiten  jedoch  die  Durehfilhmng 
verbunden  war,  geht  aus  der  OorrespondenB  des  Oommenien- 


Yoffing  dos  Oomnenraimthai  fvm  SS.  Jan!  1764,  flbeiiBebea  am  S.  Jali, 
SQzttehfekiigt  an  8.  Jvli;  Rsforont  Degelmsiui. 


7S 


raih«*s   mit  den  Landcsbchürden  hei*vor;  wiederholt  sah  man 
sich  gcnöthigt,  dem  ^Irmahno^  entgegenzutreten,  dass  das  Patent 
beseitigt  werden  dttrile.   Mancherlei  Erläuteningen  \Xhor  die 
DorchfÜbnuig  des  Patentes  erwieseii  sich  nothwendig,  ebenso 
auch   genaneiB  Beseichnnng  der  yerbotenen  und  erianbten 
Waaren.  ^  Die  Vorstellnngen  Uber  die  SchHdlichkeit  der  Ver^ 
böte  kamen  nicht  blos  aus  den  Kreisen  der  Kanfleute,  sondern 
ancfi  die  Gnbemien  im  Gegensatze  mit  den  meisten  Commerz- 
coiiscsseii  stellten  AiiUagt;  aul  Aufhebung  der  Verbote  oder 
auf  Milderung  der  bolieii  Impobte  namentlieli  für  solange,  bis 
die  inländischen  Fabrieatiiren  mehr  empor^ebraeht  seien  und 
siel)   im   Stande  behnden  wiirdei],  das  liand  der  Menge  und 
Qualität  nach  mit  den  betreffenden  Waaren  zu  veraoTgen.  Zu- 
{rletch  wurde  die  Forderung  gesteilt,  Handelsverträge  zum  fie- 
hnfe  des  Verschleisses  nach  aussen  abflosoUiessen. ' 

Auf  die  Behörde  machten  Yorstelhingen  nnd  Klagen 
keinen  fSindnick.  Es  konnte  nicht  in  Abrede  gestellt  werden, 
dass  die  znr  j'Fneht  geeigneten  oder  durch  Verwöhnung  zur 
Notli wendigkeit  gewordenen  fremden  Waareu  mit  erstaunliehen 
Abgaben'  von  40    1(X)  Percent  belegt  seien,  allein  man  hielt 
es  ftir  notl)^^  (/ndig,  eine  Minderung  nieht  eintreten  zu  lassen^ 
um  die  staatlichen  Einnahmen  nicht  zu  schmälern.  Zwischen 
politischen  und  privaten  Handelsmassregeln  mfksse  ein  Unter- 
schied gemacht  werden.    Der  Handelsmann  sehe  blos  auf 
seinen  eigenen  Kutten,  und  es  sei  ihm  gleidigUtigy  ob  derselbe 
mit  dem  allgemeinen  Besten  za  Yerehibaren  sei  oder  nicht. 
Die  Zwischenzeit  von  dem  Anfange  der  Uaaufactaren  bis  au 
ihrer  besten  Vollkommenheit  sei  ftlr  den  Handebmaon  aDer- 
^tings  die  beschwerlichste,  so  wenig  aber  die  zwei  ftussersten 
Punkte  einer  geraden  Linie  sieh  vereinigen  lassen,  so  wenig 
ist  der  Zwiselienraum  von  dem  Waehsthume  der  Manufacturen 
zu  besfitlircn'     An<'h  wurde  der  Beweis  /u  erbringen    (  sucht, 
dass  einzehie  Artikel  in  den  letzten  Jahren  gerade  intblge  der 
Verbote  grossen  Aufschwung  genommen  haben.    So  werden 
Damaste  besser  und  wohlfeiler  ersengt  als  in  Italien,  ebenso 
werden  gemeine  und  mittlere  Ootton-  sowie  Seiden£abricate  den 


'  VrI.  Cod.  Aubtr.,  VI,  S.  596. 

*  Ouberuialbericht  »im  Böhmen,  der  von  der  bfthmif^ch-rtsterreichischen  Hof- 
buislei  am  25.  October  1765  dem  Hofcommerzitiurathe  übermittelt  wurde. 


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74 


Eaufloutcn  zum  seihen  Preise  wie  in  Lyon  angeboten,  in  Bar- 
chent, Leinwand  und  TischEeu^rcn  könnt'  man  tlic  CoDCurreuz 
aushaken,  die  Wollenzcugc  nähern  hich  der  Vollkommenheit. 
Allein  das  wiehti^te  Arjjument  für  die  Seliädlichkeit  de.s  Han- 
dels mit  fremden  Waaren,  wobei  natiirlii  Ii  auf  die  Einfuhr  von 
Tndustrieartikeln  zumeist  hin^^o^vi(•st•u  wurde,  war  die  passive  . 
HjiTulclsbilanz,  nur  war  die  JJcgründung  jedenfalls  *>ricjinejler 
aib  bei  den  modernen  Theoretikern,  ,Da8  Passivuni,'  wurde 
darg-eleprt,  ,sei  nicht  bloö  nach  dem  Q.uanto,  sondern  auch  nach 
dem  QuaH  der  Wuuren  nbznmesfäen,  derfrestalt,  dass  jones  I^and 
in  der  Bilanz  verliere,  welelies  i^eiren  Kohniaterialien  ein  glei- 
ehes  Quantum  ^lannfnrturen  einrülii-e.*  Die  Verbote  bezwecken, 
das  Pn.ssivum  in  Mainilaetiirei-zeuirnissen  von  den  KrbUinden 
nbzuluilten  und  das  Activum  zu  vermehren,  den  neueinjreführten 
Fabricaten  den  Verschleiss /.n  verschaffen:  dem  Nahrungsstande 
wtlrde  din*eh  Aufbebung  der  Verbote  nicht  geholfen  werden. 
Es  sei  zu  wiin.selion,  dass  die  Mauthen  für  das  leitende  Princip 
des  erbländischen  Handels  angesehen  würden,  da  sie  aber  zu- 
gleich das  Mittel  abgeben  müssen,  die  Staatscrfordomisso  zu 
decken,  so  sei  freilich  nicht  leicht,  den  Endzweck  in  dieser 
doppelten  Rticksicht  ohne  Beschwerde  der  Länder  zu  erreichen. 
Handelsverträge  könnten  nur  zwischen  jenen  Staaten  mit  Nutzen 
bestehen,  welche  nicht  die  gleichen  CommercialabsichteD,  folg- 
lich nicht  die  nämlichen  Handelsmtereseen  haben.* 

Noch  grössere  Ausdehnung  erhielten  die  Verbote,  seit 
Josef  Einflass  auf  die  Geschäfte  gewann.  Bald  nach  seiner  Er- 
nennung zum  Mitregenten  wurde  die  Frage  über  die  Nützlich- 
keit derselben  erörtert,  da  von  ▼erschie denen  Seiten  Beschwerden 
über  die  ^^^1areneinfuhrverbote  eil^elangt  waren.  Ein  Ansturm, 
den  Graf  Philipp  Sinzendorf  gegen  die  Zollpolitik  unternahm, 
indem  er  in  einer  Reihe  von  Denkschriften  die  Schädlichkeit 
derselben  und  die  Nothwendigkeit,  Handelsverträge  mit  den 
Nachbarstaaten  abzuschliessen,  nachzuweisen  suchte,  wurde  von 
dem  Grafen  Kudolt"  Chotck  abgeschlagen.  In  einem  Hand- 
schreiben vom  19.  April  17(k)  bestätigte  Josef  ausdrücklich  die 
Verbote;*  ohnehin  war  nach  der  INleinung  des  jungen  Mon- 
archen noch  ZQ  wenig  geschehen.  Die  Einfuhr  fremder  Waaren 


*  Protokoll  vom  6.  December  176Ö. 

>  Abgedniekt  bei  Am«th,  IX,  S.  606,  Not»  712. 


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erschien  ihm  noch  immer  zu  grotMj  was  er  dadui'ch  erklärte, 
ydass  seit  dem  Verbote  gewisser  Waaren  sich  die  Ausländer 
beeifcm,  neae  Kamen  und  Waarengattangen  zu  erfinden,  um 
•ich  den  verlorenen  Verschleiss  zu  verschaffend  Bereitwillig 
ging  der  Commercienratli  auf  die  Ansichten  dea  Kaisers  ein. 
^e  Neugierde/  heisst  es  in  einem  Vortrage»  ^biete  dem  Unter- 
nehmer die  Hand,  und  da  die  erhlflndischen  Mannfacturen  sich 
inawiscfaen  dem  NachahmungsgeiBte  Überlassen,  so  entspnngen 
daraus  swei  Folgen,  wovon  eine  jede  dem  Staate  gleich  gefähr- 
lich sei,  iiaiulic'h  dass  man  in  das  Mannigfaltige  j^erathü,  ohne 
in  einem  Stücke  die  Vollkommenheit  zu  erreiehen,  und  zu 
dieser  erst  alsdann  f^clange,  wenn  die  Fremden  den  Geschmack 
schon  auf  andere  A'eui^^keiten  geleitet  haben;  niemals  seien 
vielßiltige  Aendcrungen  des  Nationalgcschmackcs  einem  Staate 
Yortheilhaft  und  in  dem  Manufacturstande  nur  jenen  Völker- 
schaften yertrttgUeh,  die  nicht  mehr  fUr  den  eigenen  Bedarf, 
sondern  f)ir  die  benachbarten  Staaten  arbeiten;  sogar  der  öftere 
Wechsel  der  Trachten  lasse  bei  Privaten  eine  Unentsehieden- 
heit  mntfamasaen;  bei  ganxen  Nationen  entdecke  derselbe  den 
Maiii:i  l  ühereinstimmcnder  Grundsätze  der  Erziehung  und  der 
l)eiiküüg»art/  Man  erbat  sicli  daher  die  Genehiniirunir  folgen- 
der (irundsiltÄc:   Es  sei  nicht  rathsam,  die  Naehalimun^^  aller 
fremden  XeniL^kr-iton  und  Ei*liiidungen  in  den  Mannfacturen  mit 
gleichem  Eifer  zu  treiben,  sondern  sich  nur  die  Verbesserung 
der  nothwendigen,  nützlichen  und  vortheilhaften  angelegen 
so  lassen,  daher  fremden  Fabricaten  die  Einfuhr  auch  dann 
in  verbieten  sei,  wenngleich  die  eigene  Erzeugung  nicht  so 
weit  in  Bezog  auf  die  Mannigfaltigkeit  gediehen  wftie,  da  die 
fremden  Waaren  den  Verbrauch  eines  erbländischen  Productes 
hindern.  So  z.  B.  Überschwemme  England  viele  Provinzen  mit 
«Der  Art  Papiertapeten,  welche  wohlfeil  seien  und  dem  Kauf- 
manne  einen  Nutzen  von  30 — 40  Percent  gewähren.   Die  Ein- 
"vvendung,  dass  sie  wohlfeil  seien,  falle  nicht  ins  (  Jcwieht,  ,wenn 
ciiiü  übereinstiuiiuende   l^rziehung  mit   der   [)atrioti>e]ien  Den- 
kungsart  nur  gelehrt  hatte,  dass  in  einem  wohlgeordneten  Staate 
die  enibchriiche  Bequemlichkeit  au%ewogen  werde  durch  Ver- 
besserung dcR  Nahnmgsstandes.  Was  demnach  an  Patriotismus 
fehle,  müsse  die  Gesetzgebung  zu  ergänzen  trachten*.  ^ 

*  Vortnig  vom  26.  Janasr  1767,  Beferent  Deyelnuitiii. 


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76 


Der  hcrvorrap^cndste  Vortrct»  r  dos  VorHots\  stcms,  Deffel- 
mann,  entwickelte  eine  ausserordentliche  Thfttigkeit,  um  jene 
Massnahmen  zu  ersinnen,  welche  zur  strengen  DiirchfUhrunj^ 
erforderlich  waren.'  Das  Patent  vom  24.  März  hatte  sich  schon 
insofenie  als  mangelhaft  erwie^^en^  als  ganxe  Waaronc lassen 
verboten  wurden,  bei  näherer  Prüfung  sich  erst  später  herans- 
stelJte,  dasR  darunter  auch  mancher  Gegenstand  begriffen  war, 
der  in  den  Erblandcii  gar  nicht  erzeugt  wurde;  anderseits 
unterlagen  einzelne  Artikel  nicht  dem  Verbote,  welche  z.  B.  in 
der  Kadelburger  Fabrik  verfertigt  wurden.  Neue  eriäutemde 
Verzeichnisse  von  verbotenen  Waaren  mussten  entworfen  und 
an  die  Behörden  versendet  werden.  Das  Patent  vom  31.  Anglist 
1767  war  das  Ergebniss  eingebender  Berathungen,  and  nnch 
Un^'  u-Ti  und  Siebenbürgen  worden  den  Ländern  angereiht,  Ihr 
welche  die  Waarenverbote  ausge<?prnrhen  worden. 

Gleichzeitig  mit  den  Einfuhi*verboten  worden  aoeh  Aus- 
fohrverbotf  erlassen.  Es  scheint,  dass  man  sich  anfangs  nur 
sögemd  dazu  entschloss,  später  aber  bereitwillig  den  Wünschen 
nachkam,  sobald  die  Industriellen  es  forderten.  Auch  hier  ging 
der  Anstoss  zumeist  von  Böhmen  ans.  Die  Flachsspinner  heisch- 
ten ein  Verbot  für  Flachs,  die  Weber  für  Garn,  die  Toeh- 
macher  fllr  Wolle,  die  MetaHfabriken  für  Beigwwksprodoote. 
Die  Rohproducte  sollten  im  Inlande  verarbeitet  werden.  Eine 
kaiserliche  Entschliessung  vom  Jahre  1102  besagte,  dass  nicht 
bei  allen  Ciiitorn  die  Ausfuhr  nützlich  sei,  und  machte  eine  An- 
zahl Rohstoffe  namhafl,  als:  Kupfer,  Messing,  ESsen,  Zinn, 
Stahl,  deren  Ausfuhr  nicht  zo  h^rdem,  sondern  die  im  Lande 
zu  verarbeiten  seien,  dagegen  sei  ftlr  den  Verschleiss  von 
Quecksilber,  Getreide,  Wein  und  Obst  Sorge  zo  tragen,  die 
Ausfohr  von  Flachs,  Garn,  roh  und  gebleicht,  von  Häuten, 
Hasenbftlgen,  Wachs  und  Schaffellen  sei  zo  erschweren.'  Graf 


<  Weinniif  an  dl«  Landeagnbemien  Tom  Hin  1767,  die  ▼erllMKchera 

Msamehmang  in  Anaehang  der  verbetenen  Wasreii  betreffend. 
*  Eine  kaiserUche  Ent^iehliessting  auf  eineu  Vortrag  der  Hofkaminer  in 

Mihizwesen  nnd  Montaninticb  vom  10.  Aupript  1770.  tmtr<r/.eicbnet  Fran« 
üriü  Kulowrat.  lautet:  ,U«b©rh«upt  ist  «war  dor  ull^-emeino  Orniid.Hafr. 
t'ortau  ^uiu  KicbtiimMs  xu  uehraon,  dass  keiue  Ausfuhr  der  inläudischeu 
Pradaeten  >ii  geatotten,  soweit  deren  Verarbeitong  in  Meinen  Landen 
mit  gatem  Nntnen  geediebea,  milbin  da«  Bfateriale  In  einen  hSheran 
Preie  goeetaet  weiden  nng. 


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77 


Josef  Kinsky  hraehte  später  in  Antra«;  und  erhielt  die  Zustim- 
mung' ftir  das  Ausiiilirverlx)!  von  i'ottasclic,  uin  (ieii  bi)liiiii»i'lien 
Glasfabrikanten  den  Kohatoö'  billiger  2U  verschafiV'n.  Schon 
früher  hatte  der  Commercienrath  einen  ähnliclK^n  Antrag  mit 
Rtlcksicht  anf  die  Bleichen  gestellt,  denen  ybald  der  Vorzug 
mkommen  werde',  und  die  aächsiaehen,  sowie  die  schlesiBchen 
Kftufleate  würden  genOHugt  sein,  ihre  Leinwand  zor  Bleiche 
nach  Oesterreich  an  senden. 

Das  Sjstem  der  Einfbhrrerbote  wurde  dureh  Gewfthrung 
von  Pässen,  wodurch  Einzelnen  die  Erlaubniss  ziir  Einftlhrung 
gewisser  Artikel  zeitweilig  oder  dauernd  gestattet  wurde,  durch- 
brochen.* Es  dtlrftt'  aber  schwer  sein,  genau  die  Grundsätze 
zusiimuientassen  zu  wollen,  von  den*  n  man  sieh  leiten  lieas. 

fehlte  nicht  an  Willkür.  Vieltach  hing  auch  die  Bewilligung 
oder  Abweisang  des  Gesuchswerbers  von  der  mehr  oder  minder 
freisinnigen  Ansicht  des  Referenten  ab  und  von  der  Wärme 
seiner  Darstoliong  in  den  Vorträgen  an  die  Kaiserin.  Einigen 
Fabrikanten  wurde  die  Kinfhhr  beetmimter  Waaren  gestattet, 
wenn  «ie  doh  Terpflichteten,  eine  ebenso  grosse  Quantität  in 
einer  bestimmten  Frist  auMufUhren.'  Fabrikanten,  deren  Er* 

,Doeh  Hart  aioli  Ar  dltt  Pille,  ob  und  wann  eigentUeli  6a»  Verbot 
oder  einige  Beadurinkiiiig  der  Ausfiibr  einea  Bergwerka-Prodocti  eiotii> 

treten  habe,  nnd  so  auch  wegen  der  Preisen,  die  in  Änaehmig  der  in- 
liodiaeben  Fabriken,  dann  der  fi  omdon  Abnehner  sn  balten  iejD  wollen, 
xnm  Toraus  kein  gewisses  Nonnale  festsetzen,  sondern  wird  de  casu 
in  rn«inni  nach  den  jeweiligen  Umstfinden  sich  ku  richten,  auch  alienfall«« 
Uber  die  vorkommende  Betraclituiig'en  dip  Anzoig^e  einverätandUcb  mit 
dem  Commercienrathe  kh  Meiner  EntschliesMint»^  abaustatten  »eyn. 

^Sow4dit  ein  Ueberfluiw  au  Metallen  ttiuh  ergibt,  der  iu  den  Lka- 
den  niebt  «n^earbeilet  werden  mag,  da  kann  «Uerdinga  anf  die  Br- 
tbeilnng  der  Freypäiae  mr  freanden  Anafobr  gemeinadielUiflb  von  der 
Caneiel«  and  CoiaiBereial<telle  toners  aiitetnifeQ  weiden.' 
'  Weaien,  die  naeb  dem  Patenle  Tom  IS.  September  1749  einenfttbren 
verboten  werden,  dürfen  mit  Pftsaea  in  die  deutschen  BrUande  einge- 
führt worden,  als  schwere  seidene,  gana*  nnd  belbaeidwie  enattodiaobe 
Zen^,  Blondee  und  aoaatig«  Oalenteriewauen  (Jnwelen  an^ieiiommen). 
Cod.  Austr.,  V,  713 

'  Orftf  Boltza  bat,  hnii)  iStück  fremde  K'>hcott<ine  zum  i?<irtinient  ?«einer 
Fabrik  einführen  zu  dürfen,  und  zwar  entweder  (jog«n  ©ini'n  vollständigen 
MautUuachlawt  oder  gegen  eiueu  Zoll  von  PerAient,  wobei  er  jedoch 
die  gleiebe  Anaebl  eigeaer  Fabriente  binnen  nwei  Jabien  rnnaer  Lande« 
*■  fftbren  verpliiehtet  wwdea  aollln.  I»  dem  Ooliehteik  beb  der  Commer> 
«teonidi  berrer,  daaa  der  Mtothaata  in  ttftmen  nnd  in  Oeatefeieb  ein 


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78 


sengnisse  Terbolen  waren,  die  aber  den  inneren  Con^nm  za 
befriedigen  nicht  im  Stande  waren,  erhielten  die  Erlaubnias^ 
eine  bestimmte  Menge  des  betreffenden  Artikels  fUr  eine  be- 
stimmte Zeit^  einzuführen,  nnd  mancher  Besiti^er  einer  Fabrik 
dehnte  seinen  Betrieb  nicht  an>^  weil  ihm  die  fremde  Waare 
grosseren  Gewinn  abwarf  als  sein  eigenes  Product'  Bei  der 
mang^elhaften  Grensübemachunc^  blühte  der  Schmuggel,  and 
ganze  StOsse  von  Contrebandacten  liefern  einen  besseren  Ein- 
blick in  die  Menge  der  Einfuhr  als  die  officiellen,  fast  dorch- 
wegB  fiuf  unsicheren  Grundlagen  beruhenden  Tabellen;  so  er- 
findensch  man  auch  mit  Vorkehmngen  gegen  die  Einfuhr  frem- 
der WaarcTi  war:  die  Behörden  wurden  doch  ilberlistety  und 
die  angeBtcllten  Zollbeamten  druckten  mehr  als  ein  Auge  g^gen 
ein  gutes  ,Douceur*  zu. 

Von  der  Kaiserin  kamen  wiederholt  Weisungen,  die  Ge- 
währung Ton  Fussen  ,in  ein  festes  System  zu  bringend  Ein 
Verzcichniss  der  erthcilten  Pflsse  musste  ihr  alljährlich  vorge- 
legt werden;  sie  forderte,  ^Ton  Zeit  zu  Zeit  nachzusehen,  ob 
die  einzufiihrenden  Waarcn,  {i\v  welche  Pässe  verlangt  worden, 
nicht  in  den  flrblanden  verfertigt  wtlrden,  und  die  Handelsleute 
auf  die  Fabriken  aufmerksam  zumachen/''  Nur  in  jenen  Fällen 
sollten  Pässe  ertheilt  werden,  wenn  der  Commerzial«  und  Fa^ 


Tenchiadeser  «ei,  indem  in  dem  entgeosimten  Lande  S  fl.  rem  StOok 

Gamcotton  and  die  Hälfte  von  dem  Stttck  Halbcotton  m  entrichten 
komme,  in  OoHtfrnMc}!  j-^HmcIi  werde  (Vw  WflarenachjitEunj^  von  dem  Zoll- 
amte vorgenoninien ;  Körner  werde  zwischen  rohen  nnd  ganz  fertigen 
Waaren  kein  Unterschied  gemacht  Ks  müge  dem  Grafen  Boltsa  ge- 
Blattet  werden,  7000  Slllek  gegen  Bntriebtang  von  V4  Pemnt  einin- 
fuhren,  jedoch  hätte  er  lioh  Ende  1768  mmsoweiMn,  dM  gleiehe  Qnantam 
von  dieser  oder  von  den  »elbiit  ersm^flen  Cottonwaaren  in  fremde  L&nder 
ansgefilhrt  7,11  luihen,  Dicxser  Antrag  wnrde  genehmigt,  jedoch  mit  dem 
ZnAatze,  da.<<«,  falb  die  7U0U  Ötück  nicht  ausgeführt  würden^  Graf  Uultza 
verpflichtet  wäre,  die  übrigen  28  Fercent  Zoll  noch  nachzuxahlen.  Pro- 
tokoll def  Ck>mmentienMth«e  Tom  18.  November  1766. 
'  80  der  Fkbrikeat  Lvs;  ferner  dm  Peosiiiger  Fkhrik  die  Elnfiihr  von 
BKiiilern  aaf  swei  Jahre.  Protokoll  des  Commenrienratbea  von  7.  Januar 
1771. 

•  Auch  Private  erliielten  für  die  Kiiiluhr  gewisser  Wfi.ireii  Zcillbepiinsti- 
guugen;  so  wurde  eiugerathen,  datut  dem  Erzbl»ühul°e  von  Prag  ,blos  die 
rtnlkebe  HnnthgelHlhr  von  dem  heieingebmefaton  enellndieehen  Snount 
nn  eatriohtan  vmfOnnt  weide*.  86.  Uli*  1778. 

*  Vorlnif  dee  OornmenlenntiiaB  vom  7.  lUn,  rep.  80.  April  1766. 


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79 


brik^iiiapector  das  Zeugnis.s  j^ebe,  dass  die  verlani^-ten  Waarcn 
nicht  vorhauden  seien.*  Sie  nahm  Anstoss  daran,  dass  die  Pässe 
bald  gewährt,  bald  verweigert  werden,  namentlich  bei  jenen 
Waaren,  die  im  Lande,  wie  man  ihr  darp^clcf^ft  hatte,  in  ge^ 
nttgender  Menge  enengt  wurden.  Bei  den  Wiener  Krttmem 
wurden  3041  Stocke  WoUenxeuge  voigefbnden.  Sie  verAlgte, 
dass  nicht  nur  diese,  sondern  afle  in  den  deutschen  Erblanden 
befindlichen  Waaren  bis  Ende  December  unter  Confiseations- 
strafe  ausser  Landes  gebracht  und  keine  Pttsse  auf  wollene 
Zeujsre  ertheilt  werden  aollen.*   Einige  Woelieii  spUter  Hess  sie 
sich  jedoch  bestimmen,  wieder  einigen   Fabi ikanteii  auf  Kin- 
rathen   des  Comineraieuratlics  Passe   für  die   Kinliihr  wollener 
Xen«,'e  zu  ertheilen,  fügte  aber  hinzu,  im  Uebrigcn  habe  es  bei 
den  Verboten  zu  bleiben.'   Bei  der  Passertheilung  sollte  auf 
das  Genaueste  untersueht  werden,  ob  das  angebliche  Quantum 
inländischer  Fabricate  von  den  Bewerbern  abgenommen  worden 
sei,  ferner  ob  die  nämlichen  Mengen  nicht  sweimal  Torkommen> 
Der  Commandenrath  habe  zu  inTigiliren,  dass  die  fUr  die  in- 
lindiscfaen  Fabriken  eingeführten  Materialien  von  denselben  auch 
venurbeitet  und  nicht  sum  Schaden  des  Mauthgef)llls  verkauft  wer- 
den.^ Die  Menge  der  seidenen  Waaren,  auf  deren  Kinfuhr  Pässe 
mlunlt  werden  sollen,  ersehien  der  Kaiserin  zu  i£;ross,  und  si»?  wie- 
derholte ihre  W  ri-^ung,  dass  deraiiige  Bewilli«4un*(en  nieiit  so  leicht 
ertheilt  werden  sollen  und  die  Giltigkeit  der  Pässe  auf  sechs  Monate 
zu  beschränken  sei/'  Bei  der  £rtheilung  von  Pässen  sei  nicht 
auf  die  angebliche  Bestellung  gleicher  oder  ifhnlicher  Waaren 
bei  den  inländischen  Fabriken,  sondern  auf  die  wirklich  er- 
folgte Abnahme  inländischer  Waaren  Rttcksieht  au  nehmen.* 
Der  Oommerzienrttth  machte  Vorstellungen,  ohne  jedoch  die 
Monarohin  Von  ihrer  Wdsung  abbringen  au  kennen;  sie  be- 
erte bei  ihrer  EntBohfiessung  und  fügte  eigenhän^  hinsu: 
,wire  besser  keine  melir  zu  geben*.®  Feine  Tücher  werden 

'  Protokoll  vom  2.,  rep.  vom  23.  April  1767. 
'  Protokoll  vom  1.  Juni,  rep.  1<>  Juli  17G8. 
'  Protokoll  vuiM  28.  Juli,  rep.  l  >.  August  1768. 

*  EntHcliIieji.suTig  auf  don  V  rtrag  vom  30.  JAnuar,  rep.  14.  Februar  17G9. 

*  Baadbillet  vom  2.  Mai  I7bl>. 

*  BsMÜMmiig  auf  den  Vortrag  vom  12.,  rop.  am  88.  Mira  1770. 

*  ISstMliliMmiig  sof  d«a  Vortrag  Tom  9.,  rep.  «m  M.  April  1770. 

*  l^nHokoU  vom  14.,  rep.  96.  Mai  1770. 


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80 


gemigtani  in  den  Krblandcn  erzeugt,  lautet  eine  EntschUeflSiiiig 
vom  Äogurt  1770.  Die  Fabriken  fahren  Klage  Uber  geringe 
Abnahme;  es  seien  daher  keino  Pässe  auf'  feine  TUcher  su  er- 
theilen,  ausser  wenn  die  Handelsh  ute  nachweisen,  ^bes  die  ver- 
langten Gattungen  in  den  inländischen  Fabriken  nieht  zu  haben 
seien.^  Und  einige  Wochen  spttter  verltigto  sie^  dass  die  Pass- 
werber durch  Zeugnisse  der  Fabriken  ausweisen  sollten,  dass 
diese  nicht  im  Stande  seien,  die  Waaren  aur  rechten  Zeit  zu 
liefern.^  Auf  ganzseidene  Bänder  sollten  Pftsse  nicht  gewIÜut 
werden  (30.  Juli  1770),  /u^^It  ich  aber  in  Vonehlag  gebracht 
worden,  wie  und  in  welchen  Arten  die  Erzeugung  der  Sammt*, 
Flanell ,  Halbseiden-,  Harras-,  Zwillich-  und  Leinenbänder  am 
fUglichsten  eingeleitet  werden  ktfnne^  um  das  inländische  Be- 
dUrfniss  zu  befinedigen,  die  fremden  Waaren  hintaniiu halten 
und  den  Kahrungsverdienst  den  eigenen  Unterthanen  ztumwen- 
den.  Am  27.  August  1770  erging  an  die  Oommendaloonsesse 
mit  Ausnahme  von  Niedorösterreich,  VorderOsterreich  and  Tirol 
die  Weisung,  dass  bei  künftigen  Passgesuchen  auf  verbotene 
Waaren  nebst  der  Menge,  dein  Gewicht»  Stück  oder  fSlenmass 
auch  der  Geldwert!)  sowohl  der  abgenommenen  erblftndischen 
als  einzuführenden  fremden  Waaren  boilllafig  angegeben  werde. 
yFttr  dermalen,'  lautet  eine  Entschliessung,  ,will  die  Erthei- 
iung  dieser  Pässe  noch  willigen,  iUr  das  Künftige  alier  wird 
für  solche  Waaren,  welche  wegen  des  schon  vorhandenen  Sur- 
rogats leicht  entbehrt  werden  können,  besonders  aber  ftir  Seiden- 
waaren  auf  Ertheihmp:  von  Pässen  nicht  mehr  anzutragen  seyn.* 
Der  Commerzienrath  habe  auch  nach  Pflicht  gemä^ss  fUrsudenkoi, 
wie  die  Fabricatur  derjenigen  Waaren,  die  nicht  zu  entbehren 
sind,  in  den  Ländern  noch  eingefUhil  oder  nach  Erfordemiss 
erweitert  oder  allenfalls  ein  anständiges  Surrogat  beschafift 
werden  möge,  um  auf  die  eine  oder  andere  Art  die  fremde  • 
Einfuhr  voHendB  beseitigen  zu  kftamen.' 

Dtxrch  diese  Verbote  waren  namentlich  jene  Länder  hart 
getroffen  wordeni  deren  Industrie  gar  nicht  oder  nur  in  ein- 

'  IVMt/.k..lI  vom  i;^  AupiHf,  rpp.  23.  Aiiuust  1770. 

^  rrutokoU  vum  '21,  Au^runtti,  rep.  3.  tjeptomber  1770. 

'  Protokoll  vom  16.,  rep.  26.  October  1770.  Circulare  ui  eämmtUohe  L&a- 
dentsUeo,  DMembw  1770t  mit  C<miiiMni«lpliMn  «ei  inrlklamlullen  tei 
Waafon,  die  weftn  dM  hier  und  dort  beBtehendeii  SvirogAtB  leicht  ent- 
behrt werden  kfliuien. 


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81 


zeliien  Artikeln  entwickelt  war,  die  daher  bei  den  noch  UDg&- 
nUgenden  Strassenverbindangeii  nicht  nur  die  ErzeugniBse 
thcorer   bezahlen  mn5;stcnj   sondeni  auch  für  ihre  eigenen 
Waaren  ihre  Absategebiete  verloren.  So  besog  das  G^raisclie 
wollene  StrCUnpfe,  Flanell^  Kronraachi  ordlnttre  Tttcher  auB  dem 
Venetianiflcben  zu  billigeren  Freisen  als  etwa  ans  Mfthren  oder 
Krain.   Der  Wiener  Handelsstand  führte  Klngfn  durch  den 
Hinweis,   dass  im  Lande  nicht  alle  Waaren  in  genügender 
Men«rc  und  Olite  erzeugt  werden  und  die  Geiieralverbote  .sehii- 
digend  für  Handel  und  Verkehr  seien.   Geringere  Zölle  würden 
einen  grösseren  Waarenabfatz  zur  P^ol^e  haben  und  aueh  dem 
Staate  melir  iLiunahmen  abwerfen.  Die  Preise  der  inländischen 
Fabricate  seien  an  hoch  und  übersteigen  die  auswärtigen  um 
80 — 100  Percent  Der  Handelsstand  bat  nach  dem  Muster  an- 
derer Litnder  um  Errichtong  einer  ans  geschickten  Handels- 
lenten  soaammengesetzten  Handelsdepntation.  Der  Commernen- 
rath  sprach  sich  gegen  diese,  und  andere  Fordemngen  ans. 
Der  Handelsstand;  meinte  er,  sei  unwissend,  mit  den  Grund- 
sätzen der  Handelspolitik  nicht  vertraut,  eigennützig.  Nur  Graf 
Kolowrat  beturv\ortete|  den  Wünschen  des  Kaufmannsstaudeä 
Rechnung  zu  tragen.^ 

Auf  die  Kaiserin  scheinen  die  wiederholten  Klagen  Ein- 
druck gemacht  zu  haben.   Sie  hatte  wohl  früher  selbst  den 
^^JuUtBB  gegeben,  dass  die  Verbote  in  grösserer  Zahl  erlassen 
wurden,  aber  von  Zeit  zu  Zeit  tauchten  denn  doch  Bedenken 
bei  ihr  auf,  ob  dadurch  Handel  und  Industrie  in  entsprechen- 
deier  Weise  gehohen  werden.  Linz,  noch  im  ersten  Drittel  des 
Jahrhunderts  ein  besuchter  Marktplatz,  hatte  seinen  eintüttg- 
liehen  Handel  eingebtisst.  Die  Kaiserin  verlangte  einen  Plan, 
wie  und  auf  welche  Weise  nach  dem  Kxi  mpel  anderer  be- 
rühmter Messorte,  als  Leipzig,  Mainz  u.  s.  w.,  in  Linz  aiinliehe 
Einrichtung'en  iretroffen  und  die  in  der  Mauthverfa.ssun;^  he- 
ruhenden  llindernisse  hinweggeräumt  werden  können. =^  In  einem 
ausftüurlichen  Vortrage  setzte  das  Commerziendirectorium  aus- 

*  Vortrafr  1772. 

'  ,I)ie  Messen  sind  der  Ureprting  alle«  Verschleimtes,  tmd  i]or  Vt'rscliloiss 
»«t  der  alleinig  RiOiflf  zur  mehreren  Krzougtiufr  deren  Fnl)ii(  ;iti>rnin,  da 
e«  aber  eben  an  der  V  ollstreckunp  dieser  obnumstösslichsten  Grundsätzen 
gebricht  und  die  Herstellung  der  Lin/.er  Me««j"e  die  gedeylichsten  Folfr^n 
nach  sich  ziehen  miiss,  so  will  vua  mir  die  ^ueHtio  au?  in  BtiUeÜ  der 
AnUv.  LXSXI.  B4.  t.  BUIt*.  6 


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82 


einander,  welche  Ursachen  zum  Rückgang  der  ehemab  be- 
rühmten Messen  m  Bosen,  "Wien  nnd  Lins  mitgewirkt  haben. 

Der  Handel  liabe  s(?it  der  Auffindung  des  neuen  Seeweges  nach 
Ostindicu  von  Venedig  sicJi  abgewendet,  und  die  Städte,  über 
wolrhc  der  IFandelszup^  seinen  Wep:  frenommen,  haben  dadurch 
Einbuöse  erlitten.  Vor  50  Jahren  soicn  in  der  Monarchi«'  kein-^ 
anderen  Manufacturen  als  Leinwand,  Tuch  und  Eisen  vorhanden 
gewesen.  Die  Fremden  konnten  daher  viele  Waaren  einiilbren. 
Nun  werden  auch  noch  andere  Indnstrieartikel  in  erträ^liclior 
Gttte  nnd  su  leidlichem  Preise  enseogt,  so  dass  die  üremdtn 
Waaren  entbehrt  werden  können.  Man  habe  daher  dieselbes 
verboten  oder  mit  einem  hohen  Zolle  belegt  nnd  kdnne  auh 
daher  nieht  Terwnndem,  dass  sich  die  Fremden  von  den  Jabr 
markten  fernhalten.  Wenn  die  erbländischen  Jahresmessen  nicht 
mehr  so  l>luhend  seien  wie  vormals,  so  sei  dies  vielleicht  um 
so  besser.   Es  fehle  den  inländischen  Waaren  nicht  an  AbsaU 
nach  aussen.   So  werden  Eisenwaaren,  Sicheln  und  Sensen  in 
Menge  nach  ItalieUi  Polen  und  dem  Orient  verillhrt;  Leinwand 
and  wollene  Zeuge  gehen  in  die  Fremde;  an  Cottonen  werdeu 
schon  ÖO.OIK)  Stück  eraengt;  die  Wolienzeugfabrik  in  Linz  habe 
einen  Aufschwung  genommen.  Man  sei  bemfiht,  dem  Handel 
alle  Erleichterong  zntheil  werden  au  lassen,  nnd  habe  die  Antr 
fahr-  und  DurehfuhrsOlle  herabgesetst  Erblftndische  Erssog* 
nisse  werden  Ton  den  Anslftndem  wohl  nicht  auf  den  Meesn 
gekauft,  aber  in  das  Ausland  gesendet.    Nach  hergestelHan 
Frieden  sei  Hoffnung  vorhanden,  dass  die  Waaren  aus  Nürn- 
l)er«r  und  Leipzig"  ihren  Zug  durch  die  Erblande  nach  Italien 
neinnen  werden.  Ob  den  Erblanden  ^'eniitzt  würde,  wenn  Mittel 
angewendet  werden  zur  Herstellung  florissanter  Messen^  sei 
sweifelhaft.   Ein  wesentliches  Erforderniss  hieftir  wäre  die  Ge- 
stattung freier  und  uneingeschränkter  Einfuhr,  dann  wären  aber 
Ver&U  und  Umstore  der  wichtigsten  LandesmanuÜMsturen  ^ 
unvermeidliche  Folge.  Fremde  Eaufleute  werden  sich  dann  niH 
erbländischem  Gelde  bereichern,  der  inländische  Nahntngsstud 
aber  Abbruch  erleiden,  denn  die  schädliche  Sehnsucht  nieb 
fremden  Waaren  sei  bekannt.  Der  Erhaltung  des  Oeldes  in 
Lande  sei  alle  Rücksicht  zu  zollen.   Dies  geschehe  auch  in 


Etabliruug:  eiiior  lleaae  allda  dadtureh  Dormiit  und  ivt  nur  «In  wohlw»* 
gearbeiteter  Plao  Tonalegen." 


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83 


anderen  Staaten.  Das  BciBpiel  kleiner  Staaten  sei  kein  Beweis 
i\ir  die  notbwendige  Begünstigung  freier  Messen.  In  Oesterreich 
müsse  nicht  der  auswärtige,  sondern  der  innere  Handel  gehohen 
werden.  Linz  sei  allerdings  f\lr  den  Handel  gfbutig  gelegen^ 
aber  es  mangle  an  verm^Hchen  Handebleuten^  welche  im 
Stande  seien,  wohl  assorlirte  Waarenlager  zu  eirichfon.^ 

Diese  Auseinandersetzungen  befriedigten  die  Kaiserin.  Die 
Berichte  der  Beh?$rden  Uber  den  Stand  der  Industrie  lauteten 
ungemein  günstig,  allein  die  alten  Zweifel  über  die  Küt/.lielikeit 
der  Verbote  erwachten,  als  in  der  zweiten  Hälfte  der  Sechziger- 
jahre neue  Beschwerden  von  Seiten  der  Kaufleute  einliefen,  die  * 
namentlich  gegen  die  grosse  Anzahl  der  in  den  Jaln  «  n  1764 
und  1767  erlassenen  Verbote  gerichtet  waren.^  Es  scheine  sehr 
bedenk h'ch  zu  sein^  helsst  es  in  einer  kaiserhohen  Entschhessung 
auf  ein  Protokoll,  welches  einige  Anträge  Uber  zu  erlassende 
Verbote  enthielt,  ^dass  die  inländischen  Fabriken  durch  den 
doppeken  Zwang,  nämlich  durch  das  Verbot  der  ausländischen 
Einitihr  und  durch  die  Vorhaltung  der  Handelsleute  zur  Ab- 
nahme inländischer  Waaren  beständig  unterstützt  werden  sollen, 
und  dies  küime  aueh  die  Ursaelie  sein,  dass  die  Fabrikanten 
wenig  bedacht  sind,  ihre  Producte  in  der  Gtite  und   in  Preise 
den  fremden  gleichzusetzen.   Dieser  wichtige  Gegenstand  sei 


*  VorlKig  VOM  4^  yep.  80.  Juli  1761,  UBtenMiehnet  Graf  B.  diotok.  Dia 

kaiserliche  Entschlieasung  lautet:  »Dieoer  Yofftrag  ist  sehr  wohl  und 
grflndlich  rerümet,  mul  da  Mein  Absehen  wegen  der  Wiedererhebung 
•1er  Linnor  Mesne  dahin  j^foliot,  nm  den  inlKiidisclu  n  Fabricatis,  doren 
einige  tschon  zur  VnnkoinineTihfit  iivd  ,utch  zur  {ri-nü^lic-hHii  M' til'^i 
gediehen,  die  Gelegetiheit  zu.  euierti  niehrou  Vur^chleiü^  zu  vfrsc)iatV*Mi 
und  den  Specerei-  wie  auch  den  Ei^eohaiidel  wieder  nach  hiuz  üu  ziehen, 
(K)  hat  da»  Commerzdirtictorium  sich  auäi&ula»8eit,  wie  die  Erreicliung 
dieser  beeden  GegeosfKade  beordert  wwden  kOnne ;  übrigens  tsl  dasselbe 
gaaa  recht  daran,  dass  der  freie  Handel  mit  den  fremden  Waaren,  welche 
thttOa  schon  Terbden  nnd  fheil^  weil  sie  inner  Landes  fabrinrfe  werden, 
weiter  m  verbieten  sind,  dam  Aufkommen  deren  Landesfiibriken  sehid- 
lieh  0ey,  und  da  bey  den  inländischen  Fabriken  die  geringen  Tücher, 
Leinwand  und  Leder  si  hon  in  der  Menge  eziatiren,  so  hat  da»  Commera- 
^irectorium  auf  Mittel  und  We<j;^e,  wie  deren  Ver^ehkus.s  zu  l»of?\rdern, 
beiH>nderb  aber  auf  Errichtung  derg!eic]t<Mi  Sociot&teu,  wie  das  Inatitutum 
der  mflhriächon  Lcheubauk  iät,  iüizudcukeii/ 
'  Auf  ein  Protokoll  vom  1.,  rep.  15.  October  1767  schrieb  die  Kaiserin 
eigen luindig :  ,Mi>chte  ein  £xeui|ilar  vou  dein  Druck  haben  wegen  aller 
varhotanea  Waam.* 

6« 


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84 


daher  in  reife  Uebwleguiig  zu  nehmen  und  zu  seiner  Zeit  ein 
Vorschlag  zu  nmchen,  wie  das  Fabrikswesen  wenigstens  nach 
und  nach  ohne  vielen  Zwang  vfil^essert  werden  möge/  Und 
einigp  Monate  später  schrieb  .Josef  auf  ein  Protokoll,  worin 
die  Beschwerden  des  Handelsstandes  dai^elegt  wurden^  es 
sei  sich  gegenwärtig  zu  halten,  dass  die  Verbotaanordnimgett 
wedor  va  weit  zu  treiben,  ebenso  wenig  aber  allgemein  davon 
abzusehen  sei.^  Gleichseitig  übersendete  Josef  dem  Commerzien- 
rathe  einige  Anmerkungen,  welche  als  Anleitung  dienen  sollten, 
wie  diese  Verbote,  die  bisher  vielleicht  sn  weit  entreckt  wor> 
den,  in  dem  rechten  Masse  zu  bestimmen  seien.' 

An  die  vwschiedenen  Commerzconsesse  der  deutschen 
Erblünder  wurde  am  10.  Juli  1772  die  Anfrage  gerichtet,  wel- 
che Waarenprattungen  in  hinlänglicher  Menge  und  derart  va^ 
fertigt  werden,  dass  ne  den  fremden  in  der  Gtlte  und  im  PniB6 

•  Auf  «äiuöu  Vurtrag  vom  22.  Juni  1772  uuterzeichuet  Kulowrat. 

'  Sobald  man  das  Verbot  einer  Waare  veranlaaiten  wolle,  so  lauten  die 
Anmofkoagen,  habe  nmn  auf  dju  OemrottBle  sa  iintennicheii,  ob  num 
dietelbe  im  Inland«  in  hinliagllcher  Menge  nad  «e  Terfertigen  kSnnet 
6m»h  die  der  fremdfin  an  Ofite  und  Prei«  wohl  nicht  vollkommen,  den- 
noch btMlaiifig  ^'l^^iclikninme,  oder  ob  sie  nicht  von  einer  Ei^'en»<<  l!aft  «s^i, 
(lans  mau  sio  entwehren  oder  dum  Publicum  ein  anderes  aiigonehineä 
Artefactum  darbieUin  ktione,  das  dessen  Abgang  ersetze.  So  wäre  es 
nicht  wfaidlich,  die  Elnfnbr  der  BaomwoUwaeren  ra  Terbieten,  wenn 
man  dnreh  Enettgnng  hialingUeher  wollener  Waaren  den  Abgang  der- 
selben zu  ersetzen  im  Stande  wire.  Sei  dieser  Punkt  aufgeklärt,  so  sei 
sodann  in  weitere  Ucberlojrung  zu  nelimen,  ob  der  FrenirlL',  des-^oii  Wnar»» 
verboten  wunlo,  durch  dieselbe  einem  anderen  inl/indisehen  Wanruuarnkol 
der  Handluug  nicht  mehr  Schaden  tliuu  kann,  aiü  derselben  durch  die 
Abhaltang  des  verbotenen  Artikels  Nttteen  angebt  Man  bat  also  wobl 
einnueken,  ob  der  Fremdet  welcher  die  Laadesprodnete  nnd  ArleCute 
Ton  dem  ^sate  abgenommen,  dafttr  aber  andere  Waaren  abreichet,  siolche 
not  h  ferners  pepren  bares  Geld  werde  abnehnjen  mOa^'^n,  und  ob  er  nicht 
solche  anderwärt«  sich  werde  verscIiafTen  kt'mnen.  Ist  man  inm  des  er- 
stereu  sicher  und  hat  da«  letztere  nicht  zu  betUrchten,  ao  kann  luit  dem 
Verbote  vorgegangen  werden.  Es  wird  dem  Nnteen  nach  sieb  ceigen, 
dass  das  Pnblicom  nngeaebtot  des  Tomrtheili  fltar  die  Fremden  sn  Zeiten 
auf  schleobtere  Wa^re  den  Landescinwohneni  jenen  Nutzen  wird  zu- 
wenden mOwen,  welclien  hi«h»T  der  Fremde  geno^en.  Nacb  diesen  Ge- 
sichtspunkten wären  alle  dermaligen  Einfuhrverbote  von  dem  Uommer- 
ciali  und  der  politischen  Stelle  in  die  genaueste  Ueberlegpimg  zu  nehmen 
und  nach  Umsttnden  beisnbelialtan  oder  abmindern.  Idi  g lanboi  man 
wttfde  finden,  dam  die  Auf  hebnng  eines  Tbeiles  derselben  für  den  8teai 
ebenso  nolhwendig  als  die  Beibebaitang  des  anderen  Tbeiles  sein  dürfte. 


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85 


gleichkommen ;  ob  Fremde,  welche  österreichische  Natur-  odw 
Kunsterz eugiiisse  austuiircn,  andere  Waaren  einftihren  oder  dio- 
selben  mit  baarem  Gelde  bezahlen,  ob  eine  Vermind(  ruii«r  des 
Absatzes  österreichischer  Erzeugnisse  eingetreten  sei,  weil  die 
ausländischen  mit  einem  Einfuhrverbote  belegt  worden  seien. 
Die  ConBesse  wurden  auch  angewieseUi  Kaufleute  und  Fabri- 
kanten einzuvcrnehmen. 

Die  Ansichten  g;ino:en  weit  anseinander,  aber  es  ist  be- 
merkensvverth,  dass  damals  di»;  Ivaulieute  sich  mit  ihren  For- 
derungen nicht  den  InduaLriilien  aiiseldosseii ,  wie  dies  im 
19.  Jahrhundert  der  Fall  war  luid  ist,  sondern  liberalen  zoll- 
politiseheu  Gesichtspunkten  das  \\  ort  redeten.  Ks  seien  Waaren 
verboten,  lauteten  die  Voten  der  Kautieute,  welche  im  Lande 
nicht  erzeugt  werden.  Die  stHhlerncn  in  Klairenfurt  verterti^t(!n 
Lichtputzeu,  die  BUrgsteiuer  Papierspiegel  stünden  den  Nürn- 
berger Erzeugnissen  weit  nach:  die  Stahl-,  Messing-  und  Metall- 
waarea  könnten  auswärts  wi  t:*  n  des  hohen  Preises  und  der 
schlechten  Beschaffenheit  nicht  abgesetzt  werden;  die  türkischen 
und  siebenbUrgisehen  Kaufleute  machen  in  Nürnberg  ihre  Ein- 
käufe; einige  WoU-  und  hcidentabneate,  deren  Einfuhr  dem 
Verbote  unterliege,  werden  in  den  österreichischen  Landen 
nicht  verfertigt;  die  Brünner,  Klagenfurter  und  grüHieh  Wallen- 
stein'schen  Tuchfabriken  könnten  weder  die  uöthigc  Menge, 
noch  die  gehörigen  Farben  liefern;  bei  Ausländem  linde  man 
eine  Auswahl  von  Mustern  unH  langen  Credit;  Bestellungen  bei 
den  inländisehen  Fabriken  werden  nur  lanirsam  geüefert.  Die 
Tnehhuiidli  r  baten  um  Oestattunir  der  Einfuhr  feiner  Tudie. 
Ueberlwviqit  schilderten  die  .Kautieute  die  grossen  Naciithcile 
des  lieschränkten  Handels.  Das  Verbot  ersticke  den  Wetteifer 
und  den  Flciss,  der  Handel  olini-  Freiheit  gedeihe  nicht  und 
nehme  ab.  Der  Wiener  btlrgerliche  Handclsstand  machte 
8ü  Artikel  namhaft,  die  vor  Krbis«  der  Verbote  von  der  Resi- 
denz nach  Polen,  Ungarn,  Siebenbürgen  und  der  Ttirkei  ver- 
sendet worden  seien,  währen fl  sie  in  diesen  Ländern  nunmehr 
aus  Leipzig,  Breslau  und  Fratik!art  a.  O.  bezogen  werden,  da  in 
Wien  kein  voUst-ändiges  Sortiment  der  erforderlichen  Waaren 
vorhanden  sei.  Gleichzeitig  seien  auch  inländische  Waaren  ab- 
gesetzt worden.  Dagegen  wurde  geltend  gemacht,  der  bilrger- 
Üche  Handelsstand  sei  blos  Oommissionär  der  englischen  Fabri- 
kanten und  yVergrÖBsere  den  Geldmangeln 


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86 


Katlldksh  htuleteii  die  Äeniseningeii  der  Fabrikanten  in 
einem  anderen  Sinne.  SeidenenengniaBe,  bebmipteten  die  Fa* 
briksinhabery  seien  in  Güte  nnd  Menge  ToriumdeDy  die  Verbote 
müssten  besteben  bleiben  schon  mit  RUckncbt  auf  die  beacbltf- 
tigten  Arbeiter.  Die  Friedaner  Gottonfiibrik  wies  darauf  bin, 
dass  ihr  Erzeognisi  auch  ins  Ansland  gehe,  sie  aahle  150.000  fl. 
Arbeitslohn^  ein  bober  Zoll  würde  nnr  den  Sehlelebhandel  be- 
fördern, eine  Bebauptung,  die  bis  zum  Jahre  1848  stetig  wieder- 
kehrt. Frankreich  und  EngUnd  hlltten  ihre  Fabriken  dnreb 
Verbote,  Prämien  und  Rficksoll  entwickelt  und  gehoben;  Hol- 
hind,  die  Schweiz  und  Hamburg  dagegen  mUssten  sich  auf  den 
Transport  verlegen,  Tansende  würden  durch  Aufhebung  der 
Verbote  ihr  Brot  verlieren.  Einige  Fabrikanten,  wie  Fries  A 
Comp.,  welche  sich  im  Laufe  der  Zeit  in  Oesterreich  bereichert 
hatten,  forderten  ein  allgemeines  Verbot  für  alle  firemden  Waaren 
mit  Ausnahme  einiger,  deren  Einfuhr  durch  Pftsse  gestattet 
werden  soll.  Die  Folgen  der  Aufhebung  der  Ausfuhirerbote 
wurden  in  herzerschütternder  Weise  geschildert  Das  geheir 
ligte  Wort  der  Kaiserin  habe  so  yiele  Unternehmer  ermuntert, 
beisst  es  in  einem  Schriftstücke,  so  viele  Millionen  angetrieben, 
zur  Glückseligkeit  des  Staates,  zur  Erweiterung  des  Nahrungs- 
standes neue  Fabriken  zu  gründen.  J>in  Volk  von  einer  Mil- 
lion Familien  nähere  sich  dem  Throne  und  lege  sich  seinem 
gnädigsten  Landesvater  zu  Füssen,  welches  Erzeugnisse  mehr 
als  30  Millionen  Gulden  im  Werthe  liefere,  es  rufe  zitternd  und 
hoffnungsvoll  um  Hilfe,  um  von  seinem  Unter^^ange  und  Elende, 
von  seiner  Verzweiflung  gerettet  zu  werden.  ^ 

Die  oberösterreichische  Regierung  sprach  sich  für  die  Auf- 
rechterhaltung aller  Verbote  und  bei  einigen  Waaren  für  die 
Ertheilnng  von  Pässen  aus.  Bei  Eisen-  und  Stahlwaaren  hob 
sie  hervor,  dass  die  ordinären  Gattungen  im  Inlande  erzeugt 
werden;  die  feinen  können  in  Preis  und  Qualität  die  ausländi- 
schen nicht  erreichen,  auch  ,ohne  Abbruch  der  bereits  ange- 


*  Atu  einem  au  Josef  gerichteten  Schriftstücke  aus  dem  Jahre  1772.  Fries 
9i  Comp,  wttndelisn  lieli  eben&lb  an  JoMf,  der  das  Pram«moria  aoi 
4.  Febrasr  1773  henbgab.  Id  entor  Linie  war  et  Frie«  om  seine  Seiden- 

fabrik  ku  thun,  die,  wie  er  betonte,  474  Pprs  nuni  beNcbäfHge  nnd  79 

StOlile  Ijositze.  Jedenfalls  meintP  pr,  sollto  ilio  Einfuhr  nur  gegen  Pfijfse 
jetxMi  postuttet  werden,  die  ^icli  trorpflichten,  sweimal  «o  viel  von  ein- 
heimiAcheo  Fabriken  absunehmen. 


87 


wöhnten  ordinJbren  Sorten  nicht  zur  GenUge  enengt  werden', 
tSkr  die  leteteren  möge  daher  daa  Rinfnhrverbot  anfrecht  bleiben^ 
fbr  feine  Sorten  ein  Zoll  von  15  Procent  festgestellt  werden; 
Ktthnadeln  sollten  nur  gegen  Pttase  bereingdassen  werden; 

Kalender  können  in  den  Erblanden  zur  Nothdurft  gcdmckt 
werden,   ,folgsain*  sei  deren  Kinfuhr  nicht  nothwcndig.  Der 
innerösterreichische  Conimcrzconscss  setzte  auseinander,  Ver- 
hole seien  nützlich,  wie  das  Ik-iis|>iel  anderer  Stauten  beweise; 
auch  die  Wiener  8piegellabrik  sei  nur  dadurch  emporgekom- 
men;  der  Staat  werde  durch  Ausfuhrverbote  bevölkert,  das 
Qeld  in  Umlauf  gebracht;  ohne  dieselben  werde  das  Landea- 
capital  geschwächt  and  die  Arbeiter  aar  Auswandening  ge- 
swangen;  ein  Land,  welches  z,  B.  eine  Million  Familien  aus  je 
sechs  Seelen  bestehend  besitze,  wovon  jede  jährlieb  blos  ftür 
Rkidnng  nur  5  fl.  bmacht,  wtirde  in  10  Jahren  300  Millionen 
an  Capital  verlieren  und  das  Volk  ohne  Nahrangsverdienst  sein, 
laicht  in  Ucl)crcinstimmun;„^  mit  den  Voten  der  (Jonsessc  wa'reu 
die  Gutachten  der  Guberuicn.    Verbotsgesetze  seien  ,in  totali 
dem  Staate  schädlich*,  schrieb  <las  innerösterreichische  Guber- 
oium,  höchstens  grobe  Leinwand,  grobe  Tücher,  wollene  Strümpfe 
a.  dgl.  wären  zu  verbieten.  Für  Tirol,  bemerkte  das  oberöster- 
reichische Gubemiom,  seien  Verbote  nicht  anwendbar,  die  be- 
stehenden sollten  aofgehoben  werden,  erbiändische  Manufacte 
seien  wegen  des  Preises  unerschwinglich.  Im  Banate  erklärte  man 
sich  ebenfalls  gegen  Verbote.  Das  böhmische  Gnbernium  sprach 
sich  dahin  aas,  es  komme  bei  dem  Erlasse  eines  Einfahrver* 
botes  darauf  an,  ob  die  betreiFende  Waare  entbehrlich  sei,  ob 
sie  im   Lande  selbst  in  genugöamer  3Ienge  und  Qualität  um 
denselben  Preis  wie  die  ausländische  erzeugt  werde,  endlich 
oh  der  alUailige  Geldentgaug  bei  der  Einfuhr  durch  die  Aus- 
fuhr inländischer  Waaren  ersetzt  werden  könne;  durch  Gestat- 
tung der  Einfuhr  werde  der  Eifer  zur  Verbesserung  der  hei- 
mischen Erseognisse  mehr  gesteigert  als  durch  Verbote  j  die 
Fabrikanten  müssen  sich  dann  bestreben,  dieselbe  Waare  zu 
demselben  Preise  and  in  gleicher  Qualität  zu  liefern,  da  es 
dem  Käufer  ganz  gleichgütig  sei,  fremde  oder  heimische  Waaren 
SU  eihalten,  wenn  dieselben  nur  gut  und  proiswQrdig  seien.  * 
UAhrens  und  Schlesiens  Länderstellen  entschieden  für  Verbote. 


*  Beriebt  vom  6.  März  1773. 


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88 


Von  den  eingelaufenen  Voten  der  Consesse  und  der  Linder* 
0t^en  sprachen  ach  blos  2  flir  unbedingte  An&echterhaltang 
der  Verbote  ans,  26  waren  fkir  tbeüweifle  Anfhebong,  7  Lilii* 
derstellen  nnd  6  Separattroten  für  ginzÜche  Aufhebung. 

Der  Gommenienrath  besehlftigte  sieb  auf  Grand  der  ein- 
gelaufenen Gutachten  im  Mai  1773  mit  der  Frage.  Die  Majo- 
ritflt  sprach  eich  fOr  die  Aufrechterhaltimg  dar  Verbote  at». 
Durch  Binfnhrverbote  sollte  der  herrschenden  Auffiusung  nach 
den  Untertbanen  antner  dem  Ackorbau  dne  nlitdiche  Beschfif" 
tiguiig  verschafft,  dem  Staate  selbst  die  grOsste  und  beste  Be- 
völkerung gewonnen  werden.  Dieses  Ziel  könne  in  einem 
grossen  Staate,  wie  der  österreichische  sei,  durch  den  Handel 
nicht  in  jeuer  ausgiebigen  Weise  als  durch  die  Manufacturen  er- 
reicht werden,  da  jener  weit  weniger  Hände  beschäftige  und  ohne 
Manufacturen  passiv,  daher  dem  Lande  schädlich  wäre.  Wo  sich 
daher  die  Interessen  der  Industrie  und  des  Handels  kreuzen, 
habe  der  letztere  zurückzustehen;  dagegen  müssen  die  Manu- 
facturen dem  Wohle  des  ersten  Erzeugers  weichen;  dies  werde 
jedoch  selten  eintreten,  da  die  Manufacturen  die  BeTölkerung 
und  den  Reichthum  des  Staates  vermehren.  Der  österreichische 
Staat  würde  auch  schwerlich  seit  dem  letzten  Kriege  eine  Er- 
höhung iler  Abgaben  von  8  Millionen  ertragen  haben,  wenn 
die  ManutactuFöbegünstigungen  nicht  eingetreten  wären.  Die 
Verbote  seien  aber  das  ausgiebigste  und  sicherste  Mittel  zur 
Entwicklung  der  Industrie:  das  ausgiebigste,  weil  sie  den  Unter- 
nehmer reizen  und  den  Wetteifer  hervorrufen,  das  sicherste, 
weil  sie  an  dem  Fortgange  keinen  Zweifel  übrig  lassen,  folg- 
lich den  ersten  Aufwand  bei  den  Fabriks-  und  Manufacturs- 
untemehmungen  wagen  und  versclimerzen  lassen.  Zollsätze 
wirken  nicht  so  stark  wie  Verbote,  bei  denen  der  private  mit 
dem  allgemeinen  Nutzen  dergestalt  vereinbart  werde,  dass  der 
eine  von  dem  andern  un/.ertrennlieh  zu  sein  seheine.  Es  sei 
auch  gefährlich,  die  inlänJiselic  Maniifaetur  allen  Ucbervor- 
theilungen  der  auswärtigen  preiszugeben.  Die  Zölle  werden  uüui 
lieh,  um  dem  M.mdelsmanne  die  grösste  Erleichterung  zu  ge- 
währen, nucli  dem  Gewichte  aljgenommen.  Werden  die  frem- 
den Waaren  leichter  oder  sehniiller  geniaelit,  so  sei  der  Zoll 
geringer,  was  dorn  Ilandelsinaune  zu  gute  kommt  Auel»  kön- 
nen die  verbotenen  Waaren,  selbst  wenn  sie  dem  Mauthbeamteu 
entgclicu,  leichter  aL>  diejcuigtiu,  deren  Einfuhr  erlaubt  sei, 


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89 


erkannt  werden,  wenn  die  letzteren  den  Zoll  umgangen  luiLen. 
Wohl  verringern  sich  die  MuuthgefUUe,  allein  die  Consumtinns- 
abgaben  steigen.  Der  nützliche  Handel  könne  durch  Verbote 
keine  Aenderung  erleiden,  da  der  Tausch  gegen  baares  Geld 
weit  vortheilhafter  als  jener  gegen  Waaren  sei.  Der  Handel 
mit  dem  Aubiande  werde  dadurch  nicht  geschädigt  werden; 
man  könne  sieher  sein,  so  lanf*'  die  österreichischen  Staaten 
w  nlilteile  und  den  Nachbarn  aiiftiaiidige  Waaren  haben  werden, 
werde  man  di«>«e!lM  ii  ungeaclitct  der  Verbote  ausfuhren  dürfen. 
Auch  sei  die  Lage  der  Erblinde  ho  beschaffen,  daäö  die  Furcht 
vor  Kepreööalien  nicht  die  geringste  KUcksicht  verdiene.  Italien 
und  die  Levante,  wohin  die  nützlichsten  Speculationen  gehen 
kl  im.  n,  seien  in  so  viele  kleine  Staaten  getheilt,  dass  von  deu- 
Bciben  nichts  zu  besorgen  sei.  Frankreich,  England  und  die 
Schweiz,  welche  die  meisten  Manufacturwaaren  liefern  könnten, 
seien  von  Oesterreich  weit  entfemt.  Sachsen  und  Schlesien 
sind  in  den  wichtigsten  Erzeugniösen  die  ("oncurrenten  von 
Böliiiit  II  und  Mahren.  Das  Erforderniss  von  Bayern  sei  wenig 
brtra*  litlich,  dass  man  deshalb  eine  Ansnahme  von  der  Regel 
machen  sollte.  Ja  wenn  die  Verbote  noch  nicht  bestünden, 
80  pcbiene  es  für  die  Vermehrung  der  allgemenien  Wohlfahrt 
am  türtrilglichsten»  dieselben  einzuftihren.  Auch  habe  der  Staat 
eine  Art  von  Verbindlichkeit  oinfr^^eranfrcn.  die  Verbote  zu  halten, 
da  die  Fabriksuntemehmer  iiii  \  ri  fi  um n  auf  die  (Trleichfoniiifr- 
keit  des  Systems  und  auf  dif  Stamlliaftigkeit  der  allgemeinen 
Anordnungen  ihre  Privatmassnalnnrn  gewählt  haben,  und  es 
würde  gegen  die  (Tcreclitigkeit  laut'eu,  zu  einer  iränzlichen  und 
jähen  Aufhebung  der  Verbote  zu  schreiten,  v,  f  Irlic  den  Umsturz 
vieler  Fabriksuntemehmer  und  eine  nicht  gieicligiitige  Verwir- 
rung in  dem  Privatcigcnthuui  nach  sich  ziehen,  dadurch  aber  das 
allgemeine  Vertrauen  empfindlich  schwilchen  würde.  Die  Conunis- 
fiion  aprack  sich  jedoch  für  eine  Verminderung  der  Verbote  aus.  ^ 

'  ,]>i«0elbeii  soIltoD  nidit  bloi  fUt  jeme  Waaren,  die  in  qnanto,  qnatt  et 
pretio,  MBdem  aiicb  für  jene,  welche  in  quanto  uud  quali,  uud  wie  einige 
sie)]  atis-ipr-ifliOTi,  nur  in  qtiii»tn  hi  <lpn  Er^'liiH^'n  angebracht  worden, 
ohne  Kück.Hichi  auf  da«  protiuni  torUin  weiter  bcsttiliou,  denn  wenn  dn.s 
qaantam  leicht  aufgebracht  werden  kOnne,  &oi  dlas  ein  sichereti  Keuu- 
nidMu,  iam  die  Fabrleatar  ftr  das  Land  geeignet  and  an  hoffen  aei, 
da«  anoh  die  entgegeaMtebeoden  Hinderaiaae  noch  gehoben  wilden,  um 
auch  bezügUeh  der  Qnalitit  nnd  dea  Preises  zn  einer  weiteren  VoUkom- 
aMHÜMit  an  gelangen;  «n»  jedoeh  Quantität  nnd  Qualitit  nieht  vorhanden 


90 


Schliesslich  wurde  d'w  Fra^'e  t'nirtcrt,  ob  die  Verbote 
einiger  fremden  \\  uai  cn  den  Absiatz  erbländischcr  Erzeugnisse 
herabgemindert  baben.  Die  meisten  C\)nimerzeünsesse  und 
Landesßtelleii  behaupteten  das  Gegentheil  und  bemerkten,  dass 
iu  Bübuien  und  Niederüsterreich  sogar  eine  Vermehrunir  des 
Verschleisses  mit  erbiäudischen  Erzeugnissen  eingetreten  sei. 
Allein  die  (Jonuui^sion  weist  daiaui  hin,  dass  diese  Angaben 
durchaus  nicht  verlilssHeb  seien.  Es  könne  nicht  geleugnet 
werden,  dass  schon  vor  dem  Jahre  17(54,  also  noch  vor  den 
Verboten,  die  ungarischen  Weine  nach  Schlesien  keinen  Al»- 
2Ug  mehr  gehabt  liaben,  dass  dagegen  böhmische  Leinwand 
und  böhmisches  Garn  nach  Sachsen,  Schlesien  und  Holland  ge- 
führt werden,  dass  Sachsen  Holz  und  Kohle,  vielleicht  auch  zur 
Unzeit,  Getreide  und  Vieii  auö  Böhmen  führe,  sowie  die  Schweiz 
und  Bayern  WüUe  aus  Böhmen  und  Ungam  ziehen,  dass  wäh- 
rend der  Herrschaft  der  Verbote  halbleinene  Zeuge  aus  Oester- 
reich ob  der  Enns  nach  ItaUen,  aus  Niederösterreich  Damast, 
halbseidene  Zeuge  und  Kattune  in  das  römische  Reich,  femer 
Spiegel,  Waehsleinwand  und  gedruckte  Tücher  aus  Böhmen  in 
verschiedene  Länder  versendet  werden. 

Die  Commerzcommissionen  waren  aufgefordert  wor<len, 
sich  zu  äussern,  welche  Manufaeturen  fUr  jedes  Land  beson- 
ders geeignet  seien  und  durch  Aufhebung  der  Verbote  am 
meisten  benaclitheiligt  werden  dürften.  Aus  den  Berichten  ging 
so  viel  hervor,  dass  die  Leinen-,  Wollen-  und  Baumwollen uianu- 
facturen  für  die  meisten  Erblaude,  die  Seidenmanufacturen  iUr 
Niederösterreich  und  Görz  die  wichtigsten  seien.  Wie  viel 
wahre  Vortheile  aber  durch  die  Veränderung  eines  Systems, 
das  sein  Gutes  schon  dargetlian  habe,  gegen  scheinbare  und 
ungewisse  aufs  Spiel  gesetzt  werden,  bemerkte  der  Commerzien- 
rath,  sei  eine  Sache,  die  der  Empfindung  eines  Patrioten  nicht 
entfallen  könne  und  die  daher  der  aüerhüchsteii  Eutscheidoog 
überlassen  werden  müsse.  ^ 


rtoion,  wären  dio  Verbote  aufzuheb^o.'  Die  entbehrlichen  Surrogate  seien 
zu  beseitigen,  (jommerspiisae  fUr  so  wenig  Artikel  aia  möglich  zu  ertheilen. 
J»  dm  TOidtrOslMmkihiiieltMi  Lanlm  wii«A  dto  Verbote  guu  und  gar  tmd 
in  Tirol  Ar  alle  AvtUcal  mit  Aviaabne  von  Ttadi  anfiraheben,  iaden 
dtaM  Linder  in  einer  anderen  YerüaMung  als  die  «nderea  Sibland«  stehen. 

Protokoll  flbcr  die  ansRoronlentliclieii  Sit/uiis^on  des  Commerzienrathes 
am  11.,  12.,  18.  lUMi  19.  Mai  1773  wegen  Aafbebuiif  oder  Mftaugiuig  der 


91 


Der  Comiaenienrsth  theflle  die  Waaren  in  sechs  ClaBsen: 
in  solche,  welche  in  Besag  auf  GHlte  und  Preis  den  auswärmen 

gleichen  und  in  hinlänglicher  Menge  in  den  Erblanden  ^car- 
beitet  werden,  oder  welche  wohl  in  grosser  Menge  vorhaiuieu 
sind  und  aucli  hinsichtb'cli  ihrer  Qualitiit  ausländischen  Waaren 
gleich  stellen,  aber  theurer  im  Preise  sind,  femer  solche,  wel- 
che in  Bezug  auf  Güte  und  Preis  hinter  den  fremden  Waaren 
zurückstehen  u.  s.  w.  Hiernach  wurde  sodann  die  Erspriess- 
iichkeit  oder  Notliwendigkeit  eines  Verbotes  bemessen.  Nur  ein 
ein^es  Mitglied  der  Oosnmissioii  sprach  sich  gegen  Verbote 
Qherhaia|it  ans:  Carl  Gbaf  von  Zinsendorf. 

Die  Vorschlftge  des  CSommendenrathes  gelangten  an  eine 
ySnsammcDgesetste*  Commission,  ans  Mitgliedern  der  böhmisch- 
österreichischen  Hofkanzlei ,  der  Finanzstellen  und  des  Coni- 
merzienrathes  bestehend.    Mit  der  principicllen  Frage,  ob  die 
Verbote  beizubehalten  beien  oder  nicht,  bes(  hättigte  sich  die 
Conumssion  nicht.   JSie  sah  dieselbe  eigentlich  durch  den  Wort- 
laat  der  kaiserlichen  Eutüchiiessung  als  in  bejahendem  2Siuue 
entschieden  an  und  sämmtlicbe  Stimmen  sprachen  ihre  Ansiclit 
dahin  ans,  ^dass,  wenn  eine  Waare  in  qnali,  quanto  et  pretio 
der  fremden  gleiche^  dieselbe  dem  Verbote  zu  tmterliegen  hättet 
Nur  Graf  Philipp  Gobenzl  war  für  die  Beseitigaiig  der  Verbote, 
wefl  inlftndische  Erseagnisse  die  Concnrrens  mit  den  fremden 
nnt  so 'weniger  sa  befftrehten  haben,  denen  ein  90peroentiger 
Zollsatz  genügenden  Schutz  gewähre.  ^    Man  könne  nicht  be- 
haupten, fiigte  er  hinzu,  dass  bei  solchen  Umstünden  das  Ein- 
fuhrverbot wenigst« HS  unschädlich  sei,  nachdem  durch  die  ITint- 
anhaltung  aller  möglichen  Concurrenz  die  inlandisclioD  Fabriken 
sich  in  ihrem  Fleisse  vernachlässigen  oder  den  Preis  der  Waare 
nach  ihrem  Wohlgefallen  erhöhen  kdnnen;  es  sei  übrigens  ei;ie 
klare  Wahrheit,  dass  in  Oommersangelegenheiten  jedes  nicht 
snbediiigt  nothwendige  Zwangsgesets  ein  Uebel  sei. 

lieber  die  Frage,  ob  Waaren,  welche  in  Besag  auf  Menge 
utd  Gfite  den  anslllndisohen  gleichstehen,  aber  nur  hoher  im 


Sfaifiibwarbole  firenidBr  Waarott  in  die  Erbtanda.  Gegenwärtig:  Viise- 
prta.  Bamm  Beiiehadi  ab  Voimlaander,  die  Hofirithe  Gmf  Zinsendorf, 
Vaimagetta»  Doblhoff-Dier,  Bottenbeig,  Degelmaaii,  Raab,  Titelbach, 
^r,  die  Hofreorellz»  Taube^  Paradu  und  Trieb. 
^  Vgl.  aber  Philipp  Cobenzl  meine  Abhaadlaiv  in  den  Hittheilangeti  des 
Meiv.  Intt,  JLV,  fl.  264  807. 


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92 


Fkfeüe  sind,  mit  dem  Verbot  su  belegen  seien,  gingen  die  An« 
siebten  auseinander.  Die  einen  wiesen  darauf  bin,  dass  das 
Verbot  einer  im  Inbtnde  enengten  Waare,  die  nngeacbtet  eines 
SOpercentigen  Zolles  thenrer  sei|  eine  Bedrlleknng  und  gleidi- 
sam  eine  neue  Oontribiition  ftr  den  Goosomenten  wflre,  wobei 
ancb  das  Aerar  ▼erliere,  ,ein  solcbes  Fabrieatom'  sei  daber  den 
Erbländem  nidit  angemessen.  Der  Hinweis  auf  den  GMdab- 
sebloss  wurde  mit  der  Bemerkung  bekämpft,  ,dass  in  frflberen 
Zeiten  wobl  viel  weniger  Fabriken  Toibanden  waren,  dennoeb 
weit  mebr  OM  eirctdirt  babe.'  Aneb  blltten  die  Erblftnder 
allemal  eine  Menge  Gattungen  Waaren»  welebe  sie  ausser  Lan- 
des gegen  andere  Waaren  baratiren  können,  obne  dass  baares 
Geld  binausgescbickt  werden  mttsse,  ,da  doeb  nur  der  Baimt- 
bandel  sur  Beförderung  des  Commerswesens  beitraget  Da- 
gegen Tortraten  andere  die  Ansiebt,  dass  der  ^abaubahende 
Ausfluss  des  Geldes  nacb  dem  Beispiele  der  meästen  grossen 
Staaten  den  Hauptgegenstand  der  su  treifenden  Anstalten  in 
Handlungssaohen  bildet  Einige  Stimmen  wollten  bei  der  Aus- 
wabl  der  Waaren,  welebe  dem  Verbote  unteriiegen  sollten,  aueb 
darauf  Rttcksicbt  genommen  wissen,  ob  dieselbeii  ans  einem 
Lande  eingefübrt  werden,  welebes  ,in  keiner  weebselwasen 
Verbindung  mit  den  Erblanden  stebe'.  Graf  Oobenal  vertrat 
aucb  in  dieser  Benebung  einen  anderen  Standpunkt  Em  soleb 
allgemeiner  Gmndsata,  meinte  er,  sei  irrig,  denn  er  würde  daau 
fiibren,  dass  ,ein  jedes  Land  die  Coosumfion  der  eigenmi  Er- 
aeugnisse  einsebritnken  und  die  Handelsehaft  mit  allen  übrigen 
Völkern  nebst  alleo  daraus  entspringenden  Vortbeikn  aufbeben 
mttsste.  Das  Augenmerk  sm  hauptsächlich  darauf  au  richten, 
dass  in  jedem  Lande  die  seiner  Natur  und  seinen  Umattnden 
aiii  besten  schicksamen  Erzeugungen  in  grosser  Menge,  in  guter 
Qualitttt  und  in  wohlfdiem  Fr^ae  heigesdiafffc  und  die  Hand- 
luDgscirculation  sowohl  inner  Landes  als  mit  den  Fremden  wohl 
unterhalten  werde,  wo  sieh  alsdann  die  Importation  mit  der 
Exportation  von  selbst  am  allerbesten  balsaeiren  und  kein  Geld 
in  ein  fremdes  Land  gehen  werde,  das  nicht  entweder  aus  dem 
nämlichen  oder  aus  anderen  fremden  Ländern  wieder  ersetat 
werde,  welches  dem  Staate  sehr  gleichgiltig  sein  müsset' 


*  Protukull  über  die  Sitzungen  rom  12.  bis  19.  Mai  und  20.  August  1773. 
Qogeuvvärtig:  Oberster  Österreichisch- bOhioiacher  Kauzlor  Qraf  BliLmegeu, 


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93 


Die  Beratliuiij^sprotokolle  gelangen  nun  an  den  htaatü- 
nUh.    Loehr  sprn(  Ii  sich  dahin  aus,  dass  Zwang  and  Verbote 
gar  nicht  das  Mittel  seien,  den  Handel  emporzubringen,  und 
diese  Massnahmen  sieh  am  allerwenigsten  fUr  die  firblttnder 
schicken.   Seitdem  man  im  Jahre  1764  die  Verbotagesetse  er- 
laasen  habe,  sei  etn  gedeihlicher  Erfolg  bisher  nicht  Terspttrt 
worden;  der  Handel  habe  abgenommen,  viele  Fabriken,  wenn 
sie  aneh  mit  vielen  imd  ansserordentlichen  Begünstigungen  an- 
fingen, haben  die  Concurrenz  nicht  ertragen  können;  nur  -^las 
Publicum  sei  bedrückt  worden,  die  1  abnken  seien  aber  den- 
noch zu  Grunde  fregangen.    Er  rieth  jedoch  ab,  von  einem 
Extrem  auf  das  andere  zu  verfallen,  und  empfahl,  blos  aU- 
miüig  das  Verbotssystem  zu  verlassen.   Kresel  meinte:  Man 
mOeae  jedenfalls  den  Preis  der  Waare  in  Betracht  ziehen,  um 
daa  Fublicnm  nicht  za  bedrücken;  wenn  man  z.  B.  die  nieder- 
Satemichisehen  Fabriken  Ins  Ange  fasse  ^  so  mttssen^  um 
28.000  Seelen  sa  erhalten,  900.000  Unterthanen  contribuiren, 
sber  auch  jenen  28.000  werde  nicht  geholfen;  bei  den  höheren 
Freisen  der  inlibidisehen  Waaren  sei  die  Schwärzung  unver- 
meidlich; in  einem  landwii*tliscliaftlichen  Staate  müsse  der  Pro- 
ducent  von  Flachs  und  Wolle  vor  Allem  begt\nstigi  werden, 
erst  nach  ihm  komme  der  Fabrikant   Ziemlich  ausfülirlich  sprach 
sich  Kaunitz  aus.   Wenn  man  den  Endzweck  der  Verbote  be- 
trachte, setzt  er  auseinander,  so  durfte  derselbe  ein  zweifacher 
sein,  nlbnHch  die  Erhaltung  des  Geldes  im  Lande  and  die  Be- 
schttftigiiBg  der  Einwohner;  um  Geld  im  Lande  zn  erhalten 
oder  ins  Land  zu  sieben,  komme  es  jedoch  nicht  anf  die  Menge 
der  angelegten  Fabriken  an,  sondern  anf  den  Werdi  der  er^ 
zeugten  Fabricate;  eine  einzige  Art  von  Fabriken,  die  eine 
Million  Gtilden  jährlich  ins  Land  bringe  und  darin  erhalte,  sei 
von  grösserem  Eutzen  al»  zehn  Gattungen  von  Fabiiken,  die 
nur  üüO.iHH)  fl.  jährlich  im  Lande  erhalten  oder  hereinziehen; 
auch  sei  es  gleicligiitig,  ob  die  nämliche  Summe  (ieldes  durch 
Katur-  oder  durcli  Kunsterzeugnisse  ins  Land  komme;  dasselbe 
gelte  von  der  Beschäftigong  der  Einwohner,  die  sich  ebenso 
gut  dnrcb  eine  oder  mehrere  Gattungen  von  Manufactoren, 


Graf  Leopold  Kolowrat,  Graf  Auerüperg,  Baron  Reisch.icb,  Graf  C(»lieuzl, 
B&rou  V.  Spiogelfeid ;  die  Hofräthe  Zenker,  Degelmauu,  £ger;  Commer- 
sienralb  Grul»er,  Secrekire  Panidis,  Vogt. 


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94 


durch  Belebung  des  Ackerbaues  oder  der  Industrie  erhalten 
UmoD;  enteres  sei  sogar  aus  vielen  Rücksichten  vorzuziehen. 
Hieraus  folgert  Kaunitz  die  Freiheit  als  Regel,  die  Verbote  als 
Ausnahme.  Hohe  Zollsätze  seien  eine  Mässigung  der  VerbotOj 
welche  denselben  Endzweck  erreichen^  ohne  dem  heimischen 
oder  dem  fremden  Pablicum  in  so  gehässiger  Gestalt  zu  er- 
scheinen. Wenn  20  Percent  nicht  hinlänglich  seien,  einer  hei- 
mischen Fabrik  aufzuhelfen,  werde  ein  Verbot  dies  ebenfalls 
nicht  bewirken;  nur  der  Staat  hätte  den  Nachtheil,  indem  er 
weniger  Einnahmen  erhielte;  es  würde  wenige  Fälle  geben,  wo 
Verbote  notli wendig  oder  nützlich  wären.  Auch  f\lr  die  Be- 
seitigung  der  Ausfuhrverbote  erklärte  sich  der  Staalskanzleri 
weil  dadurch  die  Erzeugung  unstreitig  vermindert  werde;  ,der 
Ackerbau  sei  in  einem  Staate  wie  Oesterreich,  der  so  viel  Erde 
und  so  wenig  Manufacturen  habe,  den  Fabriken  TorBOsiehen'. 
Die  P'.rtlieilung  von  Pässen  habe  aufzuhören. 

Gebler  war  der  Ansicht,  dass  infolge  der  allerhöchsten 
EntSchliessung  vom  Juni  1772  die  Einfuhrverbote  weder  aufzu- 
heben noch  allzu  weit  zu  erstrecken  seien,  sondern  nnr  an 
mXssigen  wären.  Es  sei  nicht  nöthig^  die  Ansichten,  welche 
fUr  allgemeine  Handdsfireiheit  sprechen,  su  widerlegen;  aUge< 
meine  Sätie,  wenn  sie  wohl  aufgeputzt  seien,  machen  anfangs 
einen  grossen  Eindruck,  unterliegen  aber  Lei  ihrer  wirklichen 
Anwendung  vielen  Schwierigkeiten  und  bedürfen  unendlicher 
Einschränkungen;  es  wäre  viel  zu  gefiilirlieh,  mit  einem  Solchen 
in  keinem  Lande  praktisch  bestehenden  Idealsysteme  einer  all- 
gemeinen Handelsfireiheit  in  der  österreichischen  Monarchie 
einen  Versuch  ansustellen,  w^odurch  allein  in  Oesterreich  ob 
und  unter  der  Enns  mehr  als  60.000  arl)citsamc  Familien  an 
den  Bettelstab  gebracht  und  der  Abfluss  des  Geldes  um  viele 
Millionen  gesteigert  würde;  die  Erzeugung  einer  genügenden 
Menge  für  den  Bedarf  sei  hinlänglich  fUr  das  Verbot;  die 
Qualität  bringe  die  Concurrenz  unter  so  vielen  Hunderten  und 
bei  manchen  Artikeln,  z,  B.  leinenwollenen  Waaren,  Tausenden 
inländischen  Fabrikanten  nach  und  nach  von  selbst  hervor;  der 
Preis  regulire  sich  nach  den  abwechselnden  Umständen  der 
Lebensmittel  oder  der  ersten  Materien;  der  fremde  Fabrikant 
konnte  dem  einheimischen  Kaufinanne,  um  die  ihm  so  verhasste 
österreichische  kaum  aufblühende  Industrie  auf  ewig  zu  ver- 
nichten, einen  langen  Credit  gewühreni  wodurch  der  erblftn- 


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95 


dische  Kaufmann  in  den  Stand  p:osotzt  würde,  ohne  Fouds  und 
Kiflico  seil)  staatsschadlirlics  Gewerbe  zu  treiben. 

Hatzfeld  behauptete :  es  sei  einer  heimischen  Fabrik  ohne 
Unterstützung  nicht  möglich  emporzukommen;  20  Percent  seien 
nicht  hinlänglich^  man  mllaee  das  Interesfie  fbr  das  Gebäude 
in  Anschlag  bringen;  die^  Arbeiter^  welche  sur  Yerwendang 
gelangen,  seien  mittebnässig  geschult ,  eraeogen  daher  viel 
^owel',  die  Ausländer  gewinnen  bei  dem  Verkaufe  an  dem 
Oelde  10  bis  18  Percent,  keine  Waare  sollte  jedoch  länger  als 
20  Jahre  einem  Einluhrverbote  unterliegen;  eine  1  ahrik,  die 
nicht  innerhalb  dieser  Frist  im  Stande  sei,  mit  dem  Auslände 
zu  enneurircn,  (rewähre  keine  HotFimn^,  jemals  dahin  zu  i^e- 
laugen,  aber  für  beständig  seien  jene  Waaren  zu  verbieten, 
welche  den  Verbrauch  der  inländischen  yerhindem;  so  z.  B. 
die  Einfuhr  fremder  Fajence  sollte  nie  gestattet  werden,  weil 
sie  den  Consnm  des  ainnernen  Geschirres  so  sehr  herabsetze; 
nur  jene  Waaren  sollten  einem  aeitlicben  Verbote  unterliegen, 
da»  in  einer  solchen  Menge  veifertigt  werden,  dass  die  eigenen 
Länder  gr^tostentheüs  damit  Tcrsehen  werden  können;  endlich 
können  Waaren  verboten  werden,  welche  der  Pracht  dienen, 
also  aus  Polizeiursachen  zur  Uuterdrüekung  des  Luxus,  wie 
z.  B.  kostbare  Arbeiten  von  Silber  und  Bronzen  oder  auch 
Tischler-  und  Sattlerarbeiten.  ^ 

Eine  Denkschrift  Josefs  vom  11.  Februar  1774  war  die 
Veranlassnng,  dass  der  Staatsrath  nochmals  zur  Abgabe  Ton 
Gutachten  mfgefordert  wurde. 

Die  geographische  Lage  Oesterreiclis,  setzte  der  Kaiser 
auseinander,  ^e  Niederlande  und  Wälsddand  nicht  inbegriffen, 
Mifilr  den  Handel  nicht  vortheilhaft;  es  seien  zumeist  fruchtbare 
Linder,  welche  die  Monarchie  umgeben,  deren  Bewohner  auch, 
z.  B.  die  Venetianer  und  Schweizer,  wenijxer  Steuern  zahlen 
und  daher  wohlfeiler  produeiren,  wogegen  in  der  österreichischen 
Monarchie  die  pfnatlichen  Bedürfnisse  gross  seien.  Der  Bogen 
sei  hoch  gespannt,  es  sei  aber  uothwendig,  es  mtlssten  daher 
&üe  Mittel  angewendet  werden,  dem  Bauersmanne  die  Erleich- 
terung zu  Temchaffen,  die  grosse  Last  zu  tragen  und  bei  einem 
&icge  noch  grossere  zu  fibemehmen.    Auf  einen  grossen 


Dima  (tutachtou  wurdu  von  den  Mit^^lioderu  daa  titaat^ralb&tj  iu  duu 
Konateu  Septembor  bU  November  1775  abgegeben. 


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96 


Absatz  könne  die  Monarcliie  nicht  rechnen,  aber  sie  sei  nicht 
klein,  von  13  ^fillioiuMi  Menschen  bewohnt,  sie  besitze  durch 
ihre  Fruchtbarkeit  die  nothwendigen  Producte,  die  zur  Nahrung 
und  gröberen  Kleidung  gehören,  im  Ueberflius,  sie  brauche 
aus  der  Fremde  nichts  als  Speccreiwaaren,  feinere  KleiduDgB-^ 
und  Luxusartikel*  Alle  £rbländer  müssten  daher  als  Eines  an- 
gesehen, die  Grenzen  überwacht  und  alle  Vorsichten  erprriffen 
werden,  damit  die  Einfuhr  fremder  Waaren  Hintangebaltea 
wtirde.  Ungarn,  Siebenbttigenf  Galizien  mflseten  sich  mit  hei- 
mischen Tüchern  nnd  Leinwanden  yerseken,  ond  wenn  sie  auch 
darunter  litten,  sr>  sei  die  Monarchie  als  eine  Societät  von 
13  Millionen  Menschen  zu  betrachten,  dass,  wenn  8  oder  3  Mil- 
lionen dabei  einige  Beschwerniss  hätten,  10  Millionen  thtae  ge* 
Winnen,  der  grossere  Natzon  dem  kleineren  Uebe]  vorzuziehen 
wäre.  Einige  Gebirgsgegenden  in  Böhmen^  100  Fabrikanten  in 
Wien  würden  zu  Grunde  gehen,  was  aber  nicht  in  die  Waag- 
schale falle,  denn  jetzo  sehen  diese  Fabrikanten,  diese  Lein- 
wand bändle  r  nur  auf  sich,  jeder  Herr  nur  auf  seine  Herrschaft, 
jeder  Kreishauptniann  nur  auf  seinen  Kreis,  jedes  Land  nur 
anf  sem  Wohl  und  kein  Mensch  aof  das  Ganse  der  Monarchie. 
Wenn  aber  ein  Mann  fUr  den  anderen  stehe,  was  das  einzige 
Kettungsmittel  fUr  die  Monarchie  sei,  werden  sich  unfehlbar 
grosse  Veränderungen  vollziehen.  Handelsleute  und  Fabriken 
werden  sich  an  dem  einen  Orte  vermindern,  an  dem  anderen 
Orte  erstehen  und  emporkommen.  Werde  die  Monarchie  von 
einer  Zolllinic  umschlossen,  dann  sollte  auch  die  Einfuhr  aller 
Waaren,  die  in  geeigneter  Menge  erzeugt  werden,  wenn  auch 
Qualität  und  Preis  den  firemden  Erzeugnissen  nicht  gleich- 
kommen, verboten  werden.  Irrig  sei  der  Einwand^  dass  die 
Qualität  w^en  Mangel  an  Concurren?:  sich  nie  !i eisern  werde; 
man  hebe  nur  alle  Monopole  und  Privilegien,  alle  Zünfte  und 
Handwerksinnungen  auf,  dann  werde  sich  eine  mächtige  Con- 
enrrenz  von  Individuum  zu  Individuum,  von  Land  sn  Land 
bemerkbar  machen.  Die  Besorgm'ss,  dass,  wenn  man  von 
Fremden  nichts  kaufe,  auch  die  überflüssigen  Erzeugnisse  nicht 
abgeeetst  würden,  theilte  Josef  nicht  und  führte  einige  Artikel 
an,  die  man  immer  ausführen  werde,  wenn  man  nur  einen  ent- 
sprechenden Preis  fordere,  wie  GlaS;,  Eisen,  Rupfer,  Queck- 
silber. Auch  der  Gedanke,  der  namentlich  in  neuester  Zeit 
vielfach  zur  Begründung  des  Schutzzolles  angeführt  wurde, 


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97 


dass  bei  Hcbuug  der  Tivlustric  und  Vermehnuig  der  Bevölke- 
rang  die  JaodwiiihechaftUchen  Erzeugnisse  onteprechendere  Vei^ 
w^rdiung:  6nden  werden,  daher  die  Kothwendigkeit  der  Aiu- 
fillir  entfallen  dürfte,  wird  von  ihm  ins  Feld  geftüirt. 

Gebier  stimmte  dem  Gmodsatie  des  Kaisers  vollkommen 
bei;  besonders  das  Princip,  dass  man  wegen  des  hohen  Preiaes 
oder  der  Qualität  einer  inländischen  Waare  die  fremde  zulassen 
solle,  schien  ihm  ToUständig  unrichtig.  Letstere  —  d.  h.  die 
Qualität  der  Waare  nämlich  —  bestehe  oft  nur  in  der  Einbil« 
dung  oder  im  Betrüge  der  Kaufleute,  welche  gute  inländische 
Fabricate  ftr  fremde  verkaufen  und  ein  missrathenes  Stttck 
zuweilen  cum  Beweise  der  Ungeschicklichkeit  unserer  Nation 
aufaeigen.  Aus  diesem  Qrunde  eine  Erleichterung  der  Einfuhr 
eintreten  zu  lassen,  wäre  höchst  schttdlidi  und  das  sicherste 
Mittel,  die  aufkeimende  Industrie  su  erstieken,  welche  nnmög* 
lieh  der  fremden  sofort  gleichkommen  könne.  Löhr  meinte, 
dass  die  Absichten  des  Kaisers  Ton  der  höchsten  Wichtigkeit 
seien.  Wenn  man  der  Folgen  sicher  wäre,  wttrde  es  eine  der 
grtfssten  Glückseligkeiten  sein,  sich  selbst  reciprok  asu  verseben 
und  jeden  Geidausfluss  zu  vermeiden,  ohne  den  Zufluss  su 
hemmen,  allein  seinem  Ermessen  nach  sei  die  Gefahr  au  gross, 
der  man  sich  durch  gfinaliehe  Abbrechung  des  ausländischen 
Handels  aussetze;  wenn  der  Ausländer  keine  Gelegenheit  zum 
Ahsatse  habe,  werde  er  auch  die  österreichischen  Producta 
nicht  nehmen;  wenn  es  auch  möglich  wäre,  dass  sich  ein  Staat 
von  allen  flbrigen  mit  Vortheil  im  Handel  'absondern  könnte, 
so  könnten  doch  die  UmstHade  Mk  ändern,  und  ein  einmal 
ahgewendeter  Handel  bliebe  Abr  immer  verloren;  selbst  zur 
Emporbringung  der  Landescultur  scheine  alle  nur  mögliche 
Erweitenuig  des  Handels  noihwendig,  da  der  Landmann  ledig- 
lich durch  dk  Aussieht  auf  grösseren  Verschleiss  seiner  Fto- 
dacte  snm  Fldsse  angespornt  werde,  dies  aber  nur  durch  den 
auswärtigen  Handel  od^  durch  die  Yermehrnng  der  Arbeiter 
möglich  wäre,  denn  der  Handel  von  einem  ErUande  in  das 
andere  sei  nicht  betrilchtfich;  dass  der  österreichische  Handel 
mit  dem  Auslande  bisher  sich  nicht  sehr  vortheilhaft  entwickelt 
habcy  durfte  wohl  in  den  bisher  genommenen  Massnahmen 
fiegmi.  Eresel  äusserte  sieh  folgendermassen:  ,£in  Staat,  der 
sich  gänilich  einsperre  und  keinai  auswärtigen  Handel  treibe, 
werde  immer  ärmer  und  schwächer  bleiben,  da  die  innere 

li«klT.  LXUl.  B<.  I.  Bftlft*.  7 


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98 


Handlung  lau^c  nicht  so  viel  als  die  äussere  betrag'e.  Jene 
Länder,  welche  Naturalien  gegen  Artefacta  vertauschen,  haben 
allemal  den  Activhandel  fUr  sich:  die  grösste  Freiheit  des  Han- 
dels könne  dalicr  nicht  iiachtlK'ili«^  sein;  nicht  in  allen  Manu- 
facturen  seien  die  Xaclibarn  OcsteiTcich  überlcfrcn;  mit  Lein- 
wand, Glas,  ordinUren  TUcliern,  Eiscnwaaren  künne  Niemand 
Oesterreich  zuvorkommen;  bei  grösserer  Freiheit  wären  diese 
Industriezweige  noch  weiter  gekommen,  es  seien  dies  fiir  Oester- 
reich geeignete  i^fanufaeturcn,  welche  nie  ein  Verbot  nöthig 
gehabt  haben,  sondern  ledigHch  Freiheit;  sie  haben  ohne  Unter- 
stützung dennoch  Millionen  ins  Land  gebracht.  Trotz  der  vielen 
Kriege  seit  1740  sei  früher  nie  su  grosses  Elend  zu  Tage  ge- 
treten wie  gegenwärtig;  die  Ursachen  seien  Hemmung  des  Han- 
dels, Störung  der  Industrie  dureli  zu  Tiele  Kücksichten;  er 
glaube,  dass  jener  Staat  der  mächtigste  sein  werde,  welcher  der 
eröte  seine  Industrie  und  seinen  Handel  durch  niclits  Auderf« 
als  Freiheit  und  Sicherheit,  durch  gute  Strassen,  sowie  durch 
bcluitz  nebst  einer  raschen  Justiz  i»Mten  und  vergr(5ssem  werde. 
Hatzfeld  stimmte  dem  Kaiser  wohl  bei,  dass  die  ganze  geo- 
grajihische  Lage  der  Monarchie  zur  Verftihruug  des  Ucber- 
fiusses  nicht  so  leicht  wie  jener  Staaten,  die  eine  hinlängliche 
Anzahl  von  JSeehäfen  und  schifFbaren  FlUssen  haben,  sei,  in- 
dessen sei  es  nielit  richtig,  dass  der  Vertrieb  der  österreichi- 
schen Erzeugnisse  in  die  Fremde  nicht  betriichtlich  sei.  Sach- 
sen nehme  Gai-ne  und  Leinwände  in  grosser  Menge,  fei-ner 
Getreide,  Wein,  Vieh,  Wildi)?t  t.  liutter  werden  für  Millionen 
ausgeführt;  seit  dem  Ver]ju[ss\>ii m  li;il>('  Sachsen  allerdnig-i  ilic 
Einfuhr  erschwert  und  Ueäterreicli  gelitten.  Bayern  nehme 
Hopfen,  Vieh,  Wein,  Tuch  und  Leder j  Polen  Wein,  Sattler- 
arbeiten. Stickereien,  Galanterie waaren;  in  die  Türkei  weiden 
versendet  Porzellan,  Kupfer,  Uhren,  Leinwand,  vSpiegel,  Glas, 
Getreide  und  Kisenwaaren;  in  das  römische  Reich  Wolle,  <Te- 
treide,  Wein,  Eisen  unfl  Kiseiiu aareTi,  Kupfer.  Blei,  Stickereien, 
Leinwand  und  gcrmgc  Tücher;  nach  Italien  Ki.senwaaren.  Tabak, 
zeitweilig  Getreide,  Glaswaareu,  Leinwand,  Vieh,  txili mische 
Steine,  Kti})ter  und  Quecksilber;  Frankreich  beziehe  Glas- 
waareu, böhmische  Steine,  Stickereien,  schlechte  Bijouterien; 
Holland  Lothgamc  und  Leinwand,  Quecksilber  und  (ilaswaaren; 
Spanien  Glas-  und  Eiscnwaaren  und  Lcmwand.  JSaeh  Aufzäh- 
lung dieser  Austuhraitikci  kommt  Hatzfeld  zu  dem  Schlüsse^ 


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99 


dass  alle  jene  Wuareii  verboteu  werden  sollten,  die  den  Län- 
dern im  Ganzen  nützlich  seien,  also  nur  jeney  welche  gentiglich 
in  Güte  und  Wohlfeilheit  den  fremd on  Waarcn  ziemlich  gleichen. 
E«tiiiits  he$og  ach  auf  sein  schon  einmal  abgegebenes  Gutachten.^ 

Wahrend  semer  Wirksamkeit  in  Böhmen  hatte  Graf  Hata- 
feld  C^eJegenheit  gehabt^  sich  mit  den  industriellen  Verhältnissen 
des  schon  damak  wichtigen  Landes  bekannt  an  machen,  nnd  er 
betonte  es,  dass  die  Einfohrverbote  der  sllchsischen  und  schlesi- 
schiiu  Wuaren  dem  Vertriebe  der  österreichischen  Erzeugnisse 
iiH  n  vielleicht  unersetzlichen  Schaden  zujErcf\\n;'t  haben,  allein  im 
Widergpruche  mit  dieser  Ansieht  trat  er  deniioeh  für  Verbote  ein, 
und  zwar  bei  einigen  Artikeln,  nicht  wie  die  anderen  SUiatsraths- 
mitglieder  beantragt  hatten,  auf  eine  Anzahl  von  Jahren,  sondern 
auf  ,ewige  Zeiten^  So  sollten  nach  seiner  Ansicht  baumwollene 
Zeuge  für  immer  dem  Verbote  unterliegen,  weil  sie  den  Woll- 
fleug&briken  Eintrag  thun  nnd  bei  deren  Abgang  der  mittlere 
Btligerstand  sich  nicht  in  Baumwolle  kleiden  werde;  die  baum- 
wollenen Zeuge  können  nur  geduldet  werden,  wenn  der  Ar- 
beitslohn in  den  Erblanden  bleibt.  Hatzfeld's  Ansichten  waren 
schon  insoferne  von  grossem  Eniflusse,  als  er  damals  die  Vor- 
träge über  die  Gutachten  des  Staatsrathes  erstattete  und  daher 
in  der  Lage  war,  seine  perRönlielien  Ansichten  seliUrfer  hervor- 
zuheben und  zu  begründen.  Die  Kaiserin  war  auch  diesmal 
von  seinen  Vortrag  entzückt  und  genehmigte  die  Anträge.* 

In  dem  Patente  vom  14.  October  1774  wird  bemerkt,  dass 
in  der  Absicht,  dem  Nahrungsstande  durch  Industrialbeschäfti- 


Das  Gutachten  von  Kaunitz  lautete:  ^ch  lese  meine  Uber  die^eu  Gegen- 
itsiid  bereili  €wtstletoB  Toten  fMeh  tmd  finde»  dus  idi  in  blosse  l^eder- 
holangen  rerfidlea  mflwte»  wenn  ieh  gegenwärtig  noch  weiter  in  die 
flidie  eingehea  wollte,  Wm  die  a.  k.  AeuBterang  dee  Kaieen  M^estit 
betrink,  bin  ich  mit  den  Voten  der  F^eilienen  Lshr,  Stapea,  Krewel 
und  boaonders  mit  jenem  des  Herrn  Grafen  Ton  Hatifeld  fast  in  eilen 
Punkten  Tolllcommen  einventanden.* 

Am  25.  April  1774  wnrde  von  Hatzfeld  die  «lleruuterthänigste  Note  mit 
den  Antrigen  erstattet  Die  Kaiserin  »chrieb  eigonfaHudig:  ,p1acet  find 
e<«  nnverbesHerlich  mögte  eine  abschrift  davon  haben.'  Gleichzeitig  sollte 
ilio  Passertheilnng  abgestellt  werdoTi  orf..ljrto  die  Weisung,  das^  die 
flbrigen  noch  bestehenden  Vi  rbote  iiüch  deiu  Grundsätze,  dass  die  Frei- 
heit al»  die  Kepel.  dio  Vcrhote  ubnr  als  die  Ausnahme  anzusolien  sribii, 
in  eifrige  Ueberluguug  uciiiuun  und  die  gegen  diei^eu  Grundi»atz  .strei- 
tenden Verbote  gleiohfelb  «liknbeben  wiren. 

7» 


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too 


gangen  Zuwachs  zu  verechaffen,  in  den  Jahren  17<)4  und  1767 
verschiedeue  Verbote  erlassen  worden  seien.  Einige  Industrio- 
zweige haben  sich  jedoch  seitdem  entwickelt,  dass  das  Publi- 
cmn  sich  weder  Uber  die  Güte  noch  den  Preis  der  Enengnisae 
zu  beschweren  habe,  auch  dem  Bedarfe  der  Erblttnder  entsprO' 
eben  werde,  daher  66  bei  dem  Verbote  dieser  Wnarengattungen 
■  aucli  iTi  Zukunft  zu  verbleiben  habe.  Die  Anzahl  der  verbote- 
nen Waaren  bÜeb  jedoch  noch  immer  zahlreich  genug.  Auch 
die  Ertheilung  von  PftSBen  wurde  eingeschittnkt  und  sodann 
ganz  beseitigt.^ 

*  Auf  ein  Protokoll  vom  21.,  rop.  3<).  März  1774  über  die  in  den  letzten 
acht  Ta|;en  vorgekommenen  PaAsgesucbe  hatte  die  Kaiserin  eigenhändig 
g8Behri0b«n:  »IKeM  foUen  die  letxt«  Pin«  seyn,  die  gegeb«ii  weiden, 
indem  vrenigstenB  auf  6  Monat  selbe  sia^endiie,  bi«  dun  Mir  Tom  Com- 
mercium-CoUegiam  klar  beigelegt  viid,  was  ftir  Waaren  dann  in  Erb» 
landen  in  solcher  Menge  gemacht  werden,  wnniit  die  <loiit.«!olie  und  liun- 
gariflche  Erbl.iiidfii  ohne  Pjuh.s  für  frt'mdo  Wiiareu  jrf inigsnui  vergeben 
"  werden  können.  Wann  dies  klar  Mir  gezeiget  wird,  sollen  die  Verbote 
bleiben.  Im  Widenpiel  teies  rin  tddldlieli,  imbillig  nnd  da»  raiwwi  llioi 
len  keineawcga  iiMtlndlg.'  —  Anf  ein  Protokoll  Tom  9.,  fep.  15.  Mai 
1774  oehrieb  die  Kaiserin  elgenkSndig:  ,Ee  wire  mir  eine  Lide  an 
geben  von  jenen  Waarra,  welche  kflnftip  werden  erlaubt  .^eyn:  vor 
diei>e  ktinnou  nicht  oiiiigon,  aber  allen  Kaufleuten  Pitsse  gegeben  werden; 
verlange  Ewey  Listen  von  jenen,  die  kilnftig  werden  erlaubt  werden 
oder  verboten  bleiben;  alle  Monat  die  List^  die  Piuse  bekommen/  Auf 
den  Vortrag  vom  8.,  rep.  24.  Anguit  1774  erfolgt  die  Entscbliemnng, 
,von  nun  an  ttlwriianpt  gar  keine  Commetnialplme  an  ertkellen*. 


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Grössere  Aiimerkuugea. 


I.  (Zn  S.  7.)  Vom  Grafen  Josef  Kinsky  liegt  ein  eingependetes 
Venteicliiiiss  der  von  dem  Adel  fi^t^g^ründfton  Fabriken  ans  dm)  Atifmsirf 
dm-  Öechzit'erjahre  vor.    Hieuach  busUiui  zu  Oberleutenedorl  mm  dem 
Grafen  Wiildst^in  i^ch^^rigp  Tnchfahrik  mit  HOStfihlon:  Wollzeugfabriken 
zu  Bi-aauau,  auf  Kosten  des  dortii^oii  rnilaton  errichtet,  später  von  Franz 
Winter  übernommen,  ferner  zu  Ossegg  dem  Priilaten  gehörig;  Graf 
Scbafgottsche  hatte  im  Königgrötier  Kreise  ond  Graf  Pieoolomini  sa  Nachod 
WoUieugfabriken  ins  Leben  g^rnfen;  florett-,  Boy-  und  KolseniU>riken 
la  Henüets  und  Hnmpoletii  dem  Baron  Nelher  giehftrig;  der  Oberstbniip* 
graf  TOn  Böhmen  hatte  bei  Prag  (Swistia)  eine  Knopimannfactur  nnd 
Hut&biik  begi-findet;  in  Jenikan  bestand  eine  Band&brik  des  Grafen 
TJlfild,  SU  Kosmanos  eine  Leinenfabrik  auf  10  Stühle  des  Grafen  Bolza, 
Baumwollfahrikeii  zu  INtttoiißtciii,  dem  Grafen  Chamarö  gehörig;  lia  feine 
Strümpfe  liehiand  lu  i>ux  eine  vom  Grafen  Waldstein  angelegte  Fabrik; 
in  Reichenberg  wird  Clam,  in  Kamnitz  Pfirst  Kinsky  als  BegrOnder  vnn 
Leiuwandfabriken  genannt.  In  Sdilesien  wird  Mjlord  Ta&ffe  aU  Gr&uder 
einer  Strumpffabrik  erwähnt. 

Auch  in  Mähren  betheiligte  sich  der  Adel  an  der  Grfindnng  Yon 
Fabriken.  Graf  Hamich  errichtete  eine  WoUenseuglkbrik  in  Kamiest, 
eine  IjeinenÜabrik,  Bleichen  und  Bisenhammer  in  Janowits,  Graf  Mi- 
troiTBki  in  SfiiadkFwiti  eine  Fabrik  fAr  halbleinene  und  halbwollene  Waaren, 
Freiherr  Hauperski  eine  Leinen-  und  Barehentfabrik  in  Bossitz,  Graf 
Coniessa  erwarb  sich  um  die  Einführung  der  Baumwollspinnerei  Ver- 
dienste, üraf  iUuuiegen  rief  in  Lettewitz  eine  Baumwollfabrik  ins  Leben, 
auf  der  kaiserlichen  Familu'nliprrschaft  in  Göding  wurde  eine  Leinen- 
fabrik geLTündet.  in  einigen  Ländern  hat  auch  die  Geistlichkeit  zur 
Förderung  der  Industrie  beigetragen.  Der  Prälat  von  Kremsmünster 
stellte  Webstühle  auf  und  Hess  GOO  Spinner  abrichten;  sameist  wurden 
•oicbe  Artikel  eneugt»  weiche  die  fieligiosen  nt  Kleidungen  bendthigten: 
Gslmant,  Droguet,  Eronrasch  und  ordinAi'e  Tflcher;  er  liess  Strflmpfo 


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102 


stricken,  wch-ho  der  Haiiil«u!>r«T  Ailicit  ;ini  uüchsten  kuiiH-u.  (^Aus  einem 
Berichte  vniii  6.  April  1749.)  lu  Käiutt-u  ist  eine  LtJiiiwaiidfabnk  des 
Bit>rhntV  vnii  Gurk  zu  ni  nnon.  In  ObprO.sterreich  wird  Graf  Clam  als 
Förderer  einer  BaunnvuU-  und  Zwimstiunipffabrik  genanut.  In  Krt-nis 
hat  Oraf  En^'el  zur  EiTichtung  einer  Taffet-  und  Sammtfahrik  beige- 
tni^^en.  (V*''t'i'J,' vv<ni  21.  Juli  1768.)  Die  Ik'träpe.  wriche  vun  Seiten 
dor  Ifefrifrung  den  Iiiliaberu  deradtdi^^en  Fabriken  vorgcsehosHon  wurden, 
^iind  betiacbtiich.  So  erliiek  Graf  Waldst^jin  aus  der  böhiuiscli-mährischeu 
Cuüirneieialcapsa.  welche  damals  mit  50.000  11.  d<>tirt  war,  lO.oOO  fl. 
gcgfen  N'er.sieherung  auf  das  Fabi  iksgebäude  Yorgfselvissen  (an  d«-n  Con- 
soss  in  Bohuiou  IG.  Juni  17(;4),  Graf  Starhember^'  30.000  fl.  (Hand- 
schreiben vom  7.  F<'bruar  17<m},  Oberstburg^naf  Graf  Kolowrat  4000  fl. 
auf  fünf  Jahre  zinnfrei  zur  Krw  eitpninp"  geinei-  Hulfabrik  in  Swiatla  (Pro- 
tokoll vom  7.  August  1769),  Gnf  Clary,  der  bich  in  Böhmen  um  die 
Einfühning  der  Spitr.^nklfippel.M  durch  Errichtung  von  Schulen  Ver- 
dienste erworben  hatt*\  rj.00(»  II.  (Protokoll  vom  30.  März  1772).  Die 
Tuchiuacherschaften  Böhmens  eriueiten  1764  zur  Erzeugung  miitel- 
fpin^r  Tuche  O.'jOOfl..  Kaemel  erhielt  zur  Errichtung  einer  Bandfabrik 
in  Penzing  30.000  fl.  {b.  Februar  1770),  Tbjs  in  Klageufurt  lOO.OOü  fl. 
(18.  April  1775). 

Einem  im  Jahre  1785  augelertigteu  Verzeichnisse  entnehme  ich 
folgende  Angalien :  Es  schuldet<»n  damals  dem  Staate  Graf  Theodor  Bat- 
thyany  für  die  im  Jahre  1769  übernnmmeue  Nadelbiirgpr  Fabrik 
124.911»  fl.,  der  Kauf^  billiug  hatte  270.268  fl.  b.  tiaKen;  Graf  Philipp 
K'idaw  i  at  schuldete  2(;uo  11,  seit  1770,  auch  waren  die  Zinsen  seit  diesr>r 
Zeit  rückständig,  ferner  weitere  1400  tl.  Nach  einem  Ausweise  der 
Buchhalterei  vum  27.  Juni  17«:')  war«n  au.sständig  679.527  fl. ;  hievon 
wurden  658.029  0.  för  einbrin^^lich  erklärt,  .f;) .'>. 385  fl.  für  zweifelhaft, 
der  Rest  wurde  abgeschrieben.  Die  meisten  Summen  kamen  auf  Bölunen, 
und  zwar  343.477  fl.,  ferner  auf  Niederüsterieich  :Jl?4.279  fl. 

Die  Verdienste  jener  Männer,  welche  in  irp:eud  einem  Industrie- 
zweige Horvori-agendes  leisteten,  wurden  bereitwillig  anerkannt  tind  be- 
lohnt. Der  Abt  von  Braunau  Hess  Halbrasch  aus  böhmischer  und  schle- 
sischer  Wolle  erzeugen,  wofür  ihm  das  Wohlgefallen  ausgedriickt  wurde. 
(28.  September  1752.)  Die  nu-isie  Anerkennung  erntetf  Graf  Josof 
Kinsky,  der  sich  t^rosse  Verdienste  um  die  Emporbringuug  der  Industi  ie 
in  Böhmen  erwarb.  Alljährlich  legte  er  den  »status*  seiner  Fabriken 
vor,  die  Kaiserin  und  Josef  drückten  ihm  wiod<Mbolt  ihi-e  Zufriedenheit 
aus.  Seine  Rathschliige  fanden  volle  Beachtung,  da  er  als  der  kenntniss- 
reichsto  Maua  Böhmens  galt.  Als  im  Jahre  1767  Graf  Kinsky  den  Stand 


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8«iii«r  aefat  Fabrik«ii  vorlegte,  bemerkte  der  Oemmercieiusth  in  dem  Pro- 
tokoll vom  12.  Februar,  dass  daraus  ,der  Anwuchs  und  der  blühende 
Zustand  der  Bur'^»?isteiiier  Fiibrikeii  zu  ersehen  sei*.  Die  kiiiseiliche  Kiit- 
K'hliessuug  lautet:  ,D('m  Kiusky  ist  meine  besuii  lere  ziifriedenlieil  über 
die  errichtuiig  und  weiten«  erhultung'  dieser  fabiniueii  zu  erkennen  zu 
geben,  wobey  aber  die  Ursache  2U  erheben,  warum  der  Terschleiss  derer 
vacbsleinwand  ad  exira  abgenommen  habe/ 

In  BtUgstom  bestanden  Leinwandfabrik  und  Handinng,  die  Wacba- 
liinwindfabrik»  Spiegel£ftbrikan«  FoÜen&briken  n.  dgl.  m.  Erriobtet  War- 
den die  meisten  Fabriken  im  Jahre  1766,  dain  kam  im  Jahre  1767  die 
IiMimiidlileiehe»  1769  die  SehOnftrberei  und  1760  die  Barchent&brik. 
Die  Fabriken  etanden  in  Verbindung  mit  ItiUiren,  Oesterreicb,  Ungarn, 
Italien  (Livorno  und  Lugano),  Spanien  (Cadix  und  Sevilla),  Portugal 
vLi&sabun),  Holland  (Amsterduiii),  Dänemark  (Kopenlutgenj ,  Kurland 
(Libau),  Polen,  Sachsen,  Livland,  England,  Muskau,  Preuseen.  (Aus 
•  lucm  Ra(iport  der  Burgsteiner  herrschafÜichen  J^'abriken  vom  1.  De- 
cember  1764  bis  31.  October  1765.) 

Auf  ein  Protokoll  Tom  12.  Januar  I76d  schrieb  die  Kaiserin  ;v 
,Dem  Kinakj  ist  naeh  dem  Einiathen  wegen  seiner  so  patriotisofaen  nn- 
^gennfltaigen  TJntemehmnngen  mein  WoUgefallen  in  den  aUeiignftdjgaten 
Ansdiftcfcen  xn  eikennen  xn  geben;  besonders  ist  Mir  sehr  TetignQglieh, 
n  enehen,  dass  die  Eabritiatnr  nicht  etwa  nur  in  den  Fabrikshftnsem 
bleibet,  sondern  sieb  aneh  auf  dem  Land  ansbreiteti  welches  des  sicherste 
Mittel,  soklie  fest  zu  gründen.  Uebrigens  hat  der  Commerzienrath  die 
Ursache  des  angezeigten  geringen  Abgang»  der  gezogeneu  VVaaren  näher 
2U  unters uciit-n.' 

Der  Statu»  des  Joact  Kiuökj  für  das  Jahr  t7»5i>  wurde  mit  der  Be- 
merkung vorgelegt:  ,Er  seige  die  Fortseteung  der  von  dem  Grafen  Kiuskjr 
emgef&hrten  Fabricatnren,  nur  beklage  sich  derselbe,  dass  die  gesogenen 
Wssien  oder  Taielseiige  keinen  Abeata  findaa  nnd  diese  den  sehlende- 
riachen,  lediglich  dnreh  die  ftnsserliehe  Zurichtung  ansehnlichen  ans- 
lindischen  derlei  Wasren  nicht  gleich  sn  gehen  TermAgea.'  Der  Com- 
mBnienrath  machte  darauf  adberksam,  dass  diese  Waaren  verboten  seien, 
daher  lu  hoffen  wäre,  daas  sich  ein  Verschleiss  der  Kinslgr^schen  Frodncte 
ergeben  werde. 

Die  kaiserliche  KebüiiiLH'ii  auf  das  Protokoll  vom  11.  April  1770 
lautet:  »Der  Kinsky  verdient  wegen  seiner  Meinen  SUiatcn  zu  Hebung 
dp*ä Xahrungsütandes  so  nützlichen  Unternehmungen,  dass  demselben  dai'ob 
Heiud  besondere  Zufriedenheit  zu  erkennen  gegeben  werde. 

Joseph,  Corregent/ 


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Killt'  ahiilicho  Kcsoluiion  tlcs  Kaisers  uh^r  oiii«n  Vortrag  vom 
1.  April  1771 :  .Dom  Kiii.^ky  ist  über  «üe  Forttietznng  seiiiei  patritttischen 
Bemühungen  Mein  j,niäJig.-;tes  Wuhlgefallcu  zu  erkeimen  zu  geben,  und 
was  am  Ende  seinfs  Berichtes  wegen  des  Missbrauobs  der  den  Manth- 
ämtern  anvertrauten  Stempeln  ankommt,  erfordert  eine  nähere  Er- 
örterung. Joseph ,  Corregent.' 

Seit  1755  erhielt  Josef  Kinsky  zur  BefÖrdemng  der  gezogenen 
Ijeinwande  und  Tischzencrmanufactureu  1000  fl.  auf  zehn  Jahre,  Ende 
1765  auf  weitere  luiil  .Jalire  auf  sstsin  Ansuchen.  In  (\<*m  Votum  wird 
bemerkt,  seine  Erzeugnisse  kommen  den  s^hsischen  der  t^iuiliutt.  nicht 
aber  dem  Preise  prlpich;  dies  werde  erst  erreicht  werden,  wenn  diese 
Fabricatiir  in  ein*  Hausarbeit  oder  Landesmanufactur  werde  verwandelt 
und  li.iUurch  die  auf  das  Directionsgebäudo  entfallenden  Kosten  erspart 
werden  können.  Man  mßge  Kiusky,  wurde  gesagt,  der  unentgeltlich  das 
Präsidium  des  böhmischen  Consesses  versehe,  sein  Ansuchen  bewilligen 
unter  der  Beilingung,  die  erwähnte  Fabricatur  in  eine  Hausarbeit  zu  ver- 
wandeln und  um  wohlfeilere  Preise  m  liefern,  sowie  auch  künftighin  zu 
erweitern  durch  Herstellung  einer  Schule.  (Protokoll  des  Oommercien- 
rathes  vom  18.  December.)  Auch  Zollbegfünstigungen  wurden  ihm  ge- 
währt; zur  El  le  ich  terung  des  Handels  mit  fremden  Ländern  hatte  er  für 
die  ,per  baratto  eingeführten  ausländischen  VVaaren'  nur  die  Hälfte  des 
Consnmzolles  zu  entrichten.  AuBgeschlossen  vi»n  dieser  Begünstigung 
waren  wollene,  leinene  und  lederne  Waaren.    hu  Jahre  17  70  klagte 
Kinsky,  dass  er  einen  Waarenvorrath  im  Werthe  von  270.000  fl.  habe 
und  für  gezogene  Waaren  oder  Tafelzeuge  keinen  Absatz  finde,  »weil  diese 
den  schleuderischen,  lediglich  durch  die  äusserliche  Zurichtung  ansehn- 
lichen aiibläudi&cheu  derlei  VVaaien  nicht  gleichzustehen  vermögen*.  (Pro- 
tokoll vom  11.  April  1770.)  Einige  Angaben  Uber  Kinsky  in  dei:  Schrift 
von  Pandlor  ,Graf  Josef  Kinsky,  Leipa  1885. 

Unter  den  Niederlegen!  zeichneten  sich  zwei  als  IndostrieUe  aus: 
Thys  und  Fries. 

Thys  hatte  für  die  in  Klagenfuit  errichtete  Tuchfabrik  folgende 
Privilegien  erhalten:  für  seine  Person  und  seine  Familie  und  für  alle  in 
der  Fabrik  wirklich  angestellten  Bedienten  und  Manufaciui  stt  u  dit- 
gänzliche  Befreiung  von  jeder  persAnlichen  Contribution;  Keaiahgaben 
hatte  er  zu  leisten,  dergestalt  jedr.ch,  tiass  auch  die  bei  der  Fabrik  be- 
scliäftigten  Personen  mit  keiner  höheren  als  den  gewöhnlichen  InJu- 
siiial-  oder  Gewerbesteuern  i)elegt  werden  solleii.  AVeun  er  sich  in 
Oesterreich  sesshaft  mache,  soll  er  diebelbeu  Privilegien  wie  die  Nieder- 
lagsverwandten in  der  Besideuz  bekommen,  ohne  verpflichtet  zu  sein,  sich 


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105 


<ti68«r  Körperschaft  einzuverleiben,  daher  an  jenen  Orten,  wo  er  sein 
Domicil  wähle,  keiner  amicieu  Gerichtsbarkeit  als  dem  foru  uobilium  oder 
uamittelbar  der  landesfürstlichen  Regierung  unterstehen.  Das  in  Manu- 
facten  nnd  in  seinem  Geschäfte  angelegte  Capital  war  von  jeder  Contrl- 
bation  wie  auch  von  der  Nachät^uer  be&eit.  Seine  Erben,  solange  sie 
die  gleichen  Manufacte  nnd  das  Commercium  fortsetzen,  hatten  eine  Erb- 
Bteuer  nicht  za  eatriohten«  JSb  rtand  ihm  frei,  in  aUen  landesfllntUclieii 
Sttdton  Niederlagen  ta  eniditen,  Gross-  oder  Stftokhaiidel  so  betreiben 
«nd  aneh  seine  Waaren  anderen  Niederlegen!  in  Conimission  in  geben. 
(PriTilegiiim  Tom  10.  Jnli  1768.) 

Im  Jahre  1765  arbeitete  Tbys  auf  31  Stfthlen,  es  fehlte  jedoeh  flta* 
die  von  ilini  geplante  Erweiterung  seiner  Fabrik  an  Gespinnsten,  woran, 
wie  es  in  einem  Protokolle  vom  2.  April  1765  heisst,  ,die  Widerspen- 
stigkeit der  Douüuieii  und  deren  Beamten*  die  Schuld  trage.    Es  sei 
dem  Hülster,  lautet  eine  kaiserliche  Entschliessuug  auf  das  Protokoll 
Tom  8.  April,  rep.  16.  April  1765,  ein  beeonderes  Resoript  za  er- 
lassen nnd  demselben  im  Kamen  der  Kaiseiin  auiautragen,  sich  die 
Förderung  der  Taclimanuiactiir  allen  Fleisses  angelegen  sein  in  lassen^ 
erfordirlichenfkllB  selbst  dahin  an  wirken,  dass  das  Volk  lur  Spinnerei 
lerhalten  werde;  die  Kreishaoptlente  haben  auf  den  Volltog  der  kaiser- 
lichen Anordnungen  unter  onnachaiciitliflher  Strafe,  von  ihrer  StelluDg 
ödfernt  so  werden,  zn  sehen  nnd  ▼ierteljfthrlieh  Tabellen  einsnsenden. 
Prämien  wurden  für  jene  I3eamte  besliuiint,  welche  die  Spinnerei  am 
meisten  befördern,  und  zwar  das  erste  Praniiuin  luit  200  fl.  und  zwei  mit 
je  100  fl.   Die  Bancodeputation  sei  anzuweiHen.  den  Bfamteu  der  ehe- 
maligen Lamberg'schen  Herrschaft  aufzutragen,  in  iStiuiteu,  Marktflecken 
und  Dörfern,  wo  Thjs  Spinnschulen  errichten  wolle,  die  müssige  Jugend 
zur  Spinnerei  allenfalls  unter  Strafe  zn  yerhalten.  Jedes  Haus  sei  anzn- 
halten,  drei  Pfond  Gespinnste  gegen  baare  Bezahlimg  jShrlich  sa  liefern, 
and  da  an  der  Srnehnng  der  Jugend  zur  Arbeit  Alles  gelegen  sei,  dem 
Spnnhanse  snr  Yennehmng  seines  Personals  den  ArmenlettieanfseUag 
ud  die  Qaote  des  BeeratenbonifleationsqQanti  anzuweisen.  Es  fehle  an 
ttner  guten  Polizei,  ohne  diese  aber  könne  das  Fabriks-  und  Oommerz- 
wesen  nicht  gedeihen.  Thys  stand  in  grossem  Ansehen  und  wuide  den 
wichtigstea  Berathungen  in  finanziellen  und  kaufmännischen  Fragen 
beigezogen.  Später  errichtete  er  eine  zweite  Fabrik.  Der  Staat  gewährte 
ihm  bedeutende  Unterstützungen,  und  zwar  100.000  ä.  Die  Ton  ihm 
gegründeten  Fabriken  gingen  naoh  seinem  Tode  ein. 

Johann  Fries,  ans  der  unter  schweizerischer  Eidgenossenschaft 
stehenden  Stadt  Mfihlhansen  im  Sundgan  gebflrtig,  wurde  nach  dem 


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Aachener  Frieden  nach  London  geschickt,  um  100.000  £  zn  übernehmen 
und  zu  nl)t!rwachcii.  1752  otablirte  er  sich  in  Wii»n  al^  Niederlagsver- 
wandter  und  erhielt  ein  Privilegium  protectorinin  nw  Errichtnng  einer 
Fabrik  für  Barchent,  halb-  und  ganzwolleno  Zeuge  auf  den  Herrschaften 
Fridan  und  Kabengtein  in  Oesterreich  unter  der  Enns.  Artikel,  welche 
die  orientalische  Coinpagnie  nicht  erzeugte  (ir>,  -lanuar  1752).  Graf 
Chotek  übertrug  ihm  die  Direction  der  Seidoninanulacturen.  welche  er  bis 
zur  Aufhebung  des  Seidenmagazins  mit  Tagniola  gratis  führte.  Bodann 
für  seinen  Vorschoss  den  K est  der  Waaren  tnid  Oräthschaften  nh^rnahm. 
Er  errichtete  spater  eine  Fabrik  für  Sauiinr-  uud  Seidenwaareu,  Hess 
Arbeiter  aus  der  Fremde  kommen,  beschall iltU;  100  Stühle,  errichtete 
eine  Halbrasch-  und  Halbcastorfabrik,  bürgerte  die  Nürnberger  Messing- 
gusswaarenfabrication  in  Oesterreich  ein.  rief  mit  NefFzer  eine  Wollzeug- 
fabrik in  Böhmen  iiip  Leben  und  erhielt  am  I.Juli  1752  den  Thaler- 
handel.  In  dem  '/»-träume  bis  zum  1.  Juli  176fi  waren  1 1.281.751  Stück 
Thaier  ausgeführt  und  an  die  Commerzca^sa  nach  Abzug  der  Spesen 
1,017.757  tl.  abgeführt.  Auch  Hess  er  Silber  aus  dem  Auslande  kommen 
und  ausprägen.  Der  l^utzen  für  das  Aerar  belief  sich  auf  173.522  f1. 
Ans  dem  fremden  Silber  wurden  5,851.417  Stück  ausgeprägt  und  nur 
der  Rest  aus  kaiserlichem  Silber.  1757  wurde  er  von  Kaunitz  in  einer 
geheimen  Kichtung  ausgesendet,  aus  den  Acten  sind  die  nähereu  Det;iils 
jedoch  nicht  ersichtlich.  Im  Jahre  175;«,  als  das  Münz-  und  Borgwesen 
an  Chotek  kam,  errichtete  er  die  Bergwerksverschleissdirection.  Der  Ver- 
schleisß  belief  sich  bis  zum  Jahre  1766  auf  13,979.566  fl.,  der  Nutzen 
betrug  4,091.479  fl.  Wähi'end  des  siebenjährigen  Krieges  machte 
Anticipationen.  Alle  Geschäfte,  die  Kaunitz  durch  ihn  und  das  Haus 
Nettine  in  Brüssel  machen  liess.  kosteten  nicht  mehr  als  V*  %•  Nach  der 
Schlacht  bei  Frankfurt  au  der  Uder,  als  das  Laudon'sche  Corps  an  Allem 
Hangel  litt,  unterstützte  er  dasselbe  mit  Geld  und  Lebensmitteln.  In 
einem  Actenstücke  vom  10.  Mai  1790  wiesen  Fries  &  Comp,  darauf  hin, 
dass  sie  bei  der  Cottonfabrik  zu  Fridan  und  Kettenhof,  welche  2000  Men- 
schen beschäftige  und  80.000  Stück  jährlich  erzeuge,  mehr  als  zur  Hälfte 
interessirt  seien.  In  der  Ueberzeugung,  dass  Fabriken  in  den  grossen 
Städten  nicht  gedeihen,  haben  sie  ihre  mit  120  Stühlen  betriebene 
Seidenfabrik  nach  Wiener-Neustadt  verlegt.  Die  Florfabrik,  die  Masgotz 
in  Döbling  gehörte,  wni'de  durch  sie  beschäftigt  und  mit  ihrem  Capitnl 
betrieben.  In  Galizien  haben  sie  die  Fabriksstadt  Ederow  mit  100.000  fl. 
eiTichtet,  in  Böhmen  den  Leinwandliandel  untei*stüt?!t  und  zum  Absatz 
das  Haus  Reymond  Piatti  in  Neapel  mit  165.000  U.  dotirt.  in  Fiumo  bei 
der  Zacket&bhk  «ioh  mit  260.000  fl.  und  auch  bei  der  Raffiiuiri«  ui 


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Trieet  betheiligl^^.  Sie  haben  Zuckemedereien  m  Klosterneubuig  und 
König^juil  Iii  I»uhii»«*n  errichtot,  nm  den  Oonsuin  tu  Oesterreich  zu  decken; 
'ii'.'  Prtxiuction  wiiti  auf  8i).UUU — lOü.u'i''  fl.  angegeben.  Die  Fabrik  in 
Köuig'Siuil  war  anf  Actien  errichtet,  ebuusu  auch  die  iu  ^achod;  der 
Actieniond  in  Königsaal  belief  sich  anf  760.000  fl. 

II«  (Zn  S.  8.)  Sine  eifigvhtndo  DarateUang  der  Tom  Staate  fiber- 
üMiuaMiiMi  oder  gegrflndeten  Fabriken  wftre  Ar  die  Keimtiiiaa  der  indn- 
strieUen  V^rbältaisse  unter  Harm  Theresia  Ton  hohem  Werth.  Hier  mOgen 
einige  Angaben  Plati  finden. 

Die  ym  Christian  Zog  m  Liehtenwitrth  bei  Wiener-Nenetadt  g»- 
giündete  Nähnadel-  und  Drahtzugsfabrik  wurde  vom  Stuatt*  unterstützt, 
,11111  iVipso  Manufactur,  welche  insonderheit  deraniien.liigund  viel  Nahrung 
verschafft,  empoi  zubrin£f«>n*.  Zug  bezahlte  mit  dem  erhaltenen  Oelde 
Schulden,  der  Staat  sah  sich  genöthigt,  die  Fabrik  zu  übernehmen.  (Vor- 
träge vom  22.  April  1751.) 

Artillerielientenant  Schmid  und  Johann  Fries  erhielten  ein  Prin- 
Itgivm  piivatom  ivr  Enengnng  Ton  Nfimberger  Waaren,  einen  Yorschofla 
mt  4000  fl.  MB  der  GomnencaMe,  Gnssmesnng  tos  Tirol  nnd  Ton 
Fnaenthal  in  Steiermark  nm  i>  %  im  Preise  geringer  ala  Andere  nnd 
einen  riermonaftliGhen  Credit   Broohmeseingf  welchea  nm  den  Kfim* 
bergern  angekauft  inirde,  sollte  mit  einem  höheren  Zolle  belegt  werden. 
Im  Jahre  1 754  wurde  die  Fabrik  von  dem  Directorium  für  Müuzwesen  tiber- 
1.  uaiieD,  Schmid  erhielt  10.000  fl.  haar,  Fries  die  VerschleLssadmlui- 
tiü-atiün  der  Weihseubacher  und  Naiielhuiger  Fabrik,  um  den  Vertrieb  der 
Nähnadeln  zu  erweitern,  nnd  zwar  nach  Smyrna,  Aiepyo  und  anderen 
orientalischen  Orten;  die  Versendungen  von  Waaren  sollten  auf  Bisico 
dw  Staates  laufen.  Aus  einem  Schriftstücke  vom  2.  Mäi-z  1756  geht 
hBTTor,  dass  in  Kadelborg  ein  Vorrath  ?on  60  Millionen  NAhnadeln  vor« 
Inndm  war,  die  jedoch  keinen  rechten  Vertrieb  hatten,  weil  die  Nadeln 
ans  Mannheim  nnd  Schwabaoh  billiger  eingefUrt  wurden.  Fries  wnrde 
vae  rieipereentige  Frorision  migesiehert,  nnd  als  das  IHreetorium  spiter 
Yersehleiss  selbst  fibemahm,  gewährte  man  demselben  eine  Ent- 
«hädigung  von  12.000  fl.  (Vortlage  vom  22.  April  1751,  22.  Mai  1752, 
Convention  mit  Fries  vom  15.  December  1754,  Separatartikel  vom  15.  Ja- 
nuar I7r)5.) 

Im  Jahre  1762  fand  der  damalige  Präsident  des  Commerzienrathes 
bei  eiueni  Besuche  der  Nadelburger  Fabrik,  dass  daselbst  ,allzuviel  wenig 
Abgang  habende  Capi  eneogt  werden'.  Der  geringe  Absatz  erklire  sich 
^h  den  hohen  Preisi  der  durch  den  »kostbaren  Arbeitslohn'  veranlasst 


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werde,  »uuiSM'ii  die  Arbeiter  in  weni^'  Tilgen  so  vid  erwerben  kuiuien, 
als  ihnen  erklecklich,  die  übrigen  Täere  der  Woche  ohne  Verdienst  zu- 
briugeu';  es  sei  daher  nothwelldit-^  'ine  VDllständige  Büauz  der  Er- 
zeugungs-  umi  übrigen  V('l  '.vendungi5ko^t"ll  zu  entwerfen,  nm  den  \\:Lliren 
Stand  der  Fabrik  zu  erk.  iii]i»n,  was  durch  die  Hofkammer  bewerkstelligt 
werden  möge,  deren  Um.-  il:*«  die  Fabrik  anvertraut  sei.  (Vortrag  vom 
10.  October  Die  Kaiserin  verfügte,  dass  die  Directiou  dieser 

Fabrik  von  dm  r unmerzienrath  zu  ftbernehmeu  «ei,  da  der  Kammer  die 
2ieit  nicht  erübrige,  ,iu  eine  bei  dieser  Faliricatur  in  allen  Theilen 
nöthige  Dataglio  und  mcrcantilistische  öpeculatiun  einzugehen*.  Ein 
Jahr  epäter  erfolgte  die  kaiserliche  Entsrhlipspungf,  Vorkehrungen  zu 
treffen,  dass  di<'  Fabrication,  wenn  nicht  mit  NutzfU,  doch  wenigstens 
ohne  Schaden  Im  i  rieben  und  endlich  das  ganze  Werk  durch  Verkanf 
hiütaügegeben  werde.  (Protokoll  vom  ao.  April  1763.)  Erst  1769  wurde 
dieselbe  an  den  Grafen  Bäthyany  verkauft,  der  noch  anderthalb  Jalmehnte 
spater  (1786)  den  Kaufschilling  grossentheils  schiihkte. 

Das  von  Karl  VI.  erbaute  Filatorium  in  Fara  wurde  von  dem  Banco 
mit  Verlust  verwaltet:  die  Privaten  benutzten  es  nicht,  die  Behörde 
musste  Seide  kaufen,  nm  die  Arbeiter  beschäftigen  zu  können.  Im  Jahre 
1763  wurde  der  Antrag  auf  Verpachtung  gestellt.  (Protokoll  vom  23.  April 
1763.)  Vom  1.  November  17B4  wurde  das  Filatorium  auf  fünf  Jahre  an 
die  jVermöglichste  Seidenfainikanten'  gegen  einen  j&hrlichen  Pachtschil- 
ling von  720  fl.  verpachtet,  1770  wieder  in  eigene  Administnitiou  ge- 
nommen, jedoch  mit  jährlichem  Verlust  von  mehreren  Hundert  (xulden,  17  75 
um  1000  fl.  jährlich  wieder  verpaclitet  an  die  (iörzer:  Bonaventura  Rossi, 
Jakob  Pezorzi  und  Jakob  Hosti,  Alois  Zor/.ini,  Aron  Morpurghi  und 
Bruder,  Ventura  und  Gentile  Caventi.  Der  Pachtnngscontract  vom 
24.  April  1775.  1780  auf  weitere  zehn  Jahre  gegen  720  fl.  Pacht. 
1784  EntSchliessung  Josefs,  das  Filatorium  zu  verkaufen;  Zoi'zini  und 
Genossen:  Josef  Mois^  Lozxato»  Moise  Morpurgo  und  Gentile  erstanden 
dasselbe  um  18.000  fl. 

Christian  Sind,  Kathsbürger  und  Handelsmann  in  Linz,  erhielt  auf 
Antrag  der  Stände  ein  Privilegium  zur  Errichtung  einer  Fabrik  zur  Va- 
zeugiing  von  Wollenzeugen  mit  einer  Kunstfärberei  (11.  März  1672), 
welches  durch  Patent  vom  14.  Mai  1682  auf  seinen  Tochterroanu  Ma- 
thias Kolb  und  später  unter  Josef  I.  auf  den  Bruder  desselben,  Dominik 
Kolb  V.  Kolbenthurm  (7.  April  1707)  übertragen  und  von  Karl  VI.  am 
22.  Januar  171:')  bestätigt  w  urde.  Dominik  Kolb  vorkaufte  die  Fabrik 
1716  an  das  vor  dem  Schottoüthore  zu  Wien  gelegene  Soldatenspital  und 
gr<M»e  Armenhaus,  was  auch  am  15.  Januar  1717  vom  Kaiser  genehmigt 


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wurde;  1722  ging  die  Fabrik  durch  Kaufan  di"  k  V.  priv  orientalische 
Compse^nie  fiber  (ratißcirt  vom  Kaiser  am  27.  März  1724),  damit  ,die 
«ich  vermelireiide  Bettelleute,  Kflasiggeber,  Feiernde  und  Almosen 
suchende  Personen  tor  Arbeit  nnd  inr  Qewinnnng  einer  tftgliohen 
Nahnins^  verwendet  werden*.  1764  ftbemahm  der  Staat  die  Fabrik  um 
930.000  fl.  und  übergab  dieselbe  dem  Baneo  als  Hypothek.  Bereits  1759 
wurde  sie  von  dem  geheimen  Zahlamte  eingelöst.  Der  Werth  der  yerkanften 
Waaren  wird  uiiK'ogeben  174H:  I78.0(j0fl.,  1740:  229.000  ü.,  1750: 
241.000  fl.,  17r)l:  270.000  fl.,  1752:  304  000  fl.,  1759:  400.000  tl, 
1760:  571.000  fl.  fCommissionsprotolioll  vom  9.  Mai  17(52.) 

Die  Leitung  der  Fabrik  wurde  Franz  Paul  v.  Stegner  übertrageu. 
(Ziigfhrift  an  doo  Bepräsentotionsprfteidonten  von  OeBterreich  ob  der  Enns, 
Grafen    Andlem,  vom  9.  NoTember  1754yMittheilun;  wegen  üebemahme 
der  Fabrik  und  BestaUnng  Stegner's  mit  8000  fl.  Oebalt  nnd  &  fl.  Beise- 
geld  täglich.)   Eine  Beibe  von  Massnahmen  wnrde  sn  Gunsten  der 
liinier  Fiabrik  getroffen.  Ans  den  Hanufaotnrtabellen  in  BObmen  wollte 
man  entnommen  haben»  dass  mehrere  Gattnngen  wollener  Zeuge  im  Lande 
«elbst  verfertigt  werden  und  der  etwaige  Abgang  leicht  durch  andere 
L«iudeöfabriken.  wonintor  die  Liuzer  gehörte,  beschafft  werden  kannte, 
l>pr  Consess,  darüber  befragt,  äusserte  gich  dahin ,  dnss  Guinette,  Barcan, 
Mantel-  nnd  Pfaffenzeuge  wohl  an  vcrechiedeuen  Orten  verfertigt  werden, 
aber  nicht  in  solcher  Qualität,  um  die  fremden  firzeutrnisso  verbieten  zu 
kennen,  auch  Calmanken  und  andere  Zeuge  wegen  Abgang  der  erforder- 
liehen Färberei  nnd  Appretur  keinen  Vergleich  mit  den  auswärtigen  aos» 
kalten  k<(nnen.  Man  entschloss  sich  daher,  Torläufig  den  ZoUsats  fflr 
Linier  Fkbrlcate  von  5  auf  87«  Vo  herabsuaetKoni  obgleich  das  GelUle 
«nen  fintgang  erleiden  wftrde»  nnd  wenn  die  Linier  Fabrik  sich  an- 
keisehig  machen  wQrde,  den  Abgang  in  B5hmen  in  Bezug  auf  Qualität 
imd  Quantität  zu  ersetzen,  sollte  ein  allgemeines  Verbot  erlasseu  werden. 
Auf  die.se  Weise  wurden,  wie  Chotek  darlegte.  ,die  sfesammten  Erblande 
in  (  in  geg'enseitiges  Verhältniss  des  Absatzes  gesetzt,  um  den  L  Hberfluss 
les  einen  Landes  dem  anderen  zuzuführen'.  Gegen  die  Gewährung  der 
iteciprocität,  nämlich  Festsetzung  desselben  Zollsatzes  für  die  Einfuhr 
böhmischer  Tücher  nach  den  österreichischen  Landen,  sträubte  sich 
jedoch  die  Linxer  Fabrik,  und  Chotek  schloss  sich  dieser  Ansicht  an;  ,den 
Böhmen',  meinte  er,  ,wäie  die  YertrOstnng  sn  ertheüen,  dass,  sobald  die 
dortigen  Fabrikanten  das  ganse  Land  mit  dem  Erforderlichen  zu  vef- 
Mhen  im  Stande  sein  werden,  die  freie  Gommnnication  gestattet  wfirde*. 
(Vertrag  vom  19.  Juni  1 759.)  Ein  EinfiibiTerbot  aller  fremden  wollenen 
^ssren  ohne  Ausnahme  wurde  erst  später  erlassen  und  die  Direction 


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110 


der  Linzer  Fabrik  angewiesoD,  »sicb  mit  den  noch  nicht  oi  /»nprlfn  GaI- 
toiigen  dieser  Waaren  in  Verlag  in  Betzen  und  damit  die  Kaufleute  in 
der  geh^rioreii  oder  in  der  anvcrlangten  Qoalitftt  zn  einem  billigen  Preise 
TOTersehen'.  (Am  29.  Juni  1759.) 

Die  Ausweise  der  Fabrik  lieferten  ein  stetig  steigendes  ErgebnisSp 
und  in  den  Kreisen  der  Verwaltung  wähnte  man,  dass  die  Erwerbang 
derselben  für  den  Staat  eine  neue  Aera  in  der  Kntwicklnng  der  Indu- 
strie bezeichnen  werde.  In  der  Umgebung  der  Kaiserin  wiknselite  man 
jedoch,  dass  auch  jene  Artikel  erzeugt  werden  mögen,  wolchc  aus  dem 
Ansilande  eingeführt  werden,  so  Leydener  Camelotte,  deren  Einfuhr  einem 
Kaufmanno  Namens  Stöckholzer  mit  Zustimmung  der  Linzer  Fabrik  ge* 
stattet  worden  war.  Auch  erschienen  die  Preise  der  in  Linz  erzeugten 
Waaren  zu  hoch.  »Nachdem  die  Billigkeit  erhoiscbe/  lautet  ein  Hand- 
schreiben der  Kaiserin  an  den  Prftsidenten  des  Cknnnierzienrathes,  ydass 
dm  inländischen  Fabriken  nicht  gestattet  werde«  ans  dem  Verbote  der 
fremden  Einfuhr  einen  Missbranch  zu  machen  und  ihre  Fabricate  su 
einem  aUsn  hohen  Preise  den  Landeseinwohnem  anfzndringen,  so  sei 
nOthig,  daaa  wegen  der  Linzer  Fabrik,  welche  in  dem  Lande  ein  schäd- 
liches Monopol  habe  und  in  fielen  Waarengattungen  zu  thenre  Preise 
ansette,  kflnfüg  eine  Yorsehong  som  Besseren  getroffen  werde*.  Der 
GommetzienTath  wurde  auffordert,  mit  Zusiehung  der  Direotion  der 
Linser  lUirtk  Mittel  und  Wege  T^nnsciilagin,  wie  die  Wollenzeugfabri- 
catur  erweitert  und  die  Preise  bflUg  in  derselben  Höhe  wie  die  fremden 
bestimmt  weiden  mflgen.  »Qleichwie  nun  diese  WoUfeilheit  durch  die 
Mehilieit  deren  Fabriken  eneuget»  so  ist  eines  und  das  andere  nOtliig, 
indem  die  Linser  Mricatar  alleine  nicht  sureicht,  um  die  Bedtrfnisse 
lÄT  die  gesammte  Monarchie  zu  Tersehen  und  mehr  auf  das  Publicum  als 
auf  den  mehreren  Privatgewtnn  der  Mrik  sn  sehen  seyn  will»  gestslten 
ans  der  Totalitftt  des  Nahrungsrerdienstes  Meinem  Aerario  ein  weit 
grosseres  Einkommen  znfliesst'.  (Handschreiben  der  Kaiserin  an  den 
Grafen  Andlem,  prfis.  am  19.  Mirs  1762.) 

Die  eingeleitete  commissionelle  Terhandlung  stellte  die  Leistungs- 
fthigkeit  der  Fabrik  in  das  schönste  Liebt  Die  Direction  Tersicherte, 
dass  schon  einige  Versncbe  mit  der  Eneugnng  der  sogenannten  zwei- 
farbigen Brüsseler  und  anderer  Camelotte  gemacht  worden  smen  und 
derartige  Fbbricate  nicht  bloa  in  der  gleicben  Quatitftt,  sondern  aucb  um 
einen  billigeren  Fteis  geliefert  werden  können.  Sie  zeigte  sieb  erbötig, 
die  Preise  einiger  Waaren  herabzusetzen.  Die  Klsgen  der  Juden  und 
einiger  Hftndler,  die  fremde  Wollenieuge  einfflhren,  seien  nicht  begröndet. 
Zwischen  den  sichsischen  und  österreichischen  Waaren  könne  ein  Ver- 


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III 


gliMch  nicht  gemacht  worden,  sie  seien  im  Ellenmass.  in  der  (Qualität  und 
Breite  verschieden.  Es  wäre  nicht  zu  ratheu,  dass  die  Linzer  Fabrik  als 
die  Hanptfabrik  im  Lande  von  dor  ijuton  Qualität,  wodurch  sie  ihre  Waaren 
aadi  im  Auslände  in  Credit  gebracht,  abgehe ;  das  inländische  Publicum 
sei  schon  «Inr^n  gewöhnt,  und  die  fremden  fangen  an,  dieselbe  zu  wür- 
digen. Die  firzengong  ?o&  geringen  (äettnngen  sei  daher,  wie  der  Oom- 
MrnBnraili  meinte,  den  nen  ansnlegenden  Fabriken  und  einzelnen  ^ng^ 
madiemliaftea  tu  fibetiaaeen.  Allerdings  beeaas  die  Linier  Fabrik  grosse 
Yomchie^  allein,  setste  der  Oommerzienrath  auseinander,  eine  nene 
Fabrik  tos  solehem  UmfSinge  nnd  solcher  Wichtigkeit  werde  ohne  be- 
wundere Begünstigung  aufzukommen  und  die  Hindernisse  zu  überwinden 
nicht  im  Stande  sein,  und  aus  diesem  tmiiid.«  wurde  nicht  blos  die  Be- 
lassung der  sciion  eingeräumten  Privilegion,  sondern  die  Ausdehnung 
derselben  befürwortet.  Die  Fabrik  wünschte,  den  Rohstoff  mauthfrei  zu 
erhalten.  Der  Commerzienrath  sprach  sich  dafür  aus,  indem  er  darauf 
hinwies,  dass  dadurch  einn  bedeutende  Kinbus^e  an  Einnahmen  nicht 
«ntsteben  dOrfte,  da  samsist  inländische  WoUe  verarbeitet  werde.  Die 
Diiecfcion  gestand  sn,  dass  sie  mit  den  erwngten  Tnchmengen  das  Sr- 
foidcniiss  der  Monarehie  nicht  sn  befriedigen  im  Stande  sei,  sUein  sie 
wtnsefate  denn  doch,  dsss  mit  der  Brriobtnng  von  Tnehihbriksn  insohmge 
innegehalten  werden  solle,  bis  die  Wollspinnerei  in  mehreren  Gfegenden 
eingeführt  und  verbreitet  sein  werde,  sonst  stünde  zu  befürchten,  dass 
eine  Fabrik  der  anderen  behufs  Ei  langung  des  erforderlichen  Gesplnnstes 
Cencnn-enz  mache,  wt/durcii  beide  .aufliegen'  würden.   Das  Publicum 
würde  dann  nicht  einmal  mit  dem  Nothdürftigen  versehen  werden,  und 
das  Einfuhrverbot  fi  emder  Waaren  könnte  dann  nicht  aufi  echt  bleiben. 
Wenn  genug  Gespinnate  vorhanden  sein  werden,  könne  die  Errichtung 
m  Fabriken  Jedennann  gestattet  werden.  Die  Linaer  Fabrik  als  die 
Lihnehttle  nnd  Hntter  der  Übrigen  wttrde  dann  bssOgUch  der  Firberei 
Qsd  Appretur  die  anderen  Fabriken  nnterstflteen  können.  VorlAnfig  sei 
Moch  die  ünser  Fabrik  bei  ihren  Begfinstigangen  in  belassen,  da  Fri- 
nto  mehr  auf  die  Fructificirung  ihres  Capitals  als  aof  die  Oenenlfabri* 
cation  lim  ksicht  nehmen  würden.  Die  Fabrik  sei  crbütig,  die  neuen 
Fftrbereieii  inii  Tjehrmeistern  und  Factoren  zu  versehen,  auch  das  Ma- 
tf-nale  unentgeltlich  zuzusenden  und  die  Gespinnste  an  sich  zu  lösen. 
(Protokoll  des  Commerzienrathes  vom  9.  Mai  1762.) 

Die  Resolution  der  Kaiserin  auf  dieses  Commissionsprotokoil  lautet, 
wie  folgt:  J>ie  Linser  Fabrtqne  hat  sich  in  allen  Funkten  meiner  Intention 
8«niBs,  and  wie  es  der  Nntsen  des  Fablicnms  erfordert,  erklärt.  Es  ge- 
nichet  Kir  demnach  zui*  besonderen  Zufriedenheit,  dass  mit  Emst  und 


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112 


diircli  Krgreifiing  gehörigen  MiU<'l  tlaran  ^'caibcit^'t  w^rdc,  .Ii»-  sfhr 
wichtige  WoUenzeuguiannfactTir  anszubrciton  und  nicht  nur  die  M'Miopolia 
7.\i  boschrankpn.  sondern  auch  die  ernannte  Linzer  Fubriqne  dem  Publico 
nützlich  zu  machen.  Es  walte  kein  Bedenken  ob,  daes  zur  Kinfuhr  der 
fremden  feinen  Camelotten  kein  Pass  mehr  ertheilt  wird,  da  die  Linzer 
Fabriqne  ihrer  Krkläruntr  tremiiss  sich  hefleissen  werde,  die  feinen  Ca- 
melotten in  der  nämlichen  Qualitiit  und  im  billigen  Preis,  wie  die  Frem- 
den, zu  erzeugen,  somit  die  Handelsleute  damit  zu  versehen,  und  wenn 
auch  würklich  die  Qualität  anfänglich  nicht  ganz  gleich  ausfiele,  so  ge- 
reichet es  doch  allezeit  zum  Nutzen  des  Public! ,  wenn  das  Geld,  so  für 
die  fremden  Camelotten  ausser  Land  gegangen,  inner  solchen  erhalten 
werde  und  mehrere  Lente  dmch  die  Spinnerei  und  andere  Arbeiten  die 
Nahrung  erwerben. 

,Ist  die  Billigkeit  und  Notwendigkeit  bereits  bei  den  Cotoufabriquen 
anerkannt  worden,  dass  die  Spinnerei  und  Weberei  in  ansgemessenon 
Bezirken  den  alten  schon  eingerichteten  Fabriquen  nicht  entzogen  werden 
solle,  daher  denn  auch  billig,  dass  der  Linzer  Fabi  ique  ihre  eingerichteten 
Spinnereien  in  Oesterreich  ob-  und  unter  der  Faihs,  auch  in  dem  erstem 
Lande  die  Webcrscbaften  flberlassen  werden,  damit  diese  Arbeit  nicht  Ter- 
Iheuert  und  die  Fabricatur  durch  Schleuderoion  in  ihrem  bisher  er- 
worbenen Credit  nicht  herabgesetzet  werden  mOgen,  wo  tlbrigens  die 
reciproke  Einfuhr  der  in  Meinen  Erblanden  erzeugten  derley  wollenen 
Waaren  bereits  verwilligt,  auch  notwendig  ist,  dass  bej  den  Transito- 
gfttem«  wie  es  bey  allen  andern  pro  Consnmo  einzuführen  verbotenen 
Wiuren  geschieht,  alle  mögliche  Vorsehung  gemacht  werde,  damit  die 
per  Tmisito  einngebende  fremde  wollene  Waare  nicht  im  I/aad  Terblei- 
bell  m9ge. 

ylstden  producirt«n  Mustern  von  allen  Gattungen  keine  Ausstellung 
SU  machen,  und  da  die  Fabriksdirection  viele  derselben  sogleich  in  dem 
Preis  herabgesetzet,  auch  nach  jenem  hiemit  noch  weiter  fürzngehen  er- 
klärt, als  derselben  eine  Erleichterung  in  denen  Mftutben  zugehen  wird, 
so  hat  der  Commercii^nrath  alleine  dahin  fOrzusorgen,  womit  die  aiagv- 
setzten  Preise  nicht  überschi'itten,  auch  jene  in  den  allgemeinen  Gommen- 
Principüa  g^^ndeton  ond  in  der  Xotification  de  anno  1749  verspro- 
chenen HautherleichtemDgon  in  balden  horgoatellt,  hiedurch  auch  dem 
Pnblieo  der  Nutzen  einer  wohlfeilem  Wiiare  zugewendet  werden  möge, 
in  wessen  folge  dann  auf  dio  bef^sere  Einriobtong  derer  Mauthen  Bedacht 
zu  nehmen  und  Mir  das  diesfällige  und  wegen  der  eben  erwähnten  Noti- 
fication  de  anno  17i9  abgeforderte  Outachten  ehemöglichst  herauf  sn 
geben  seyn  wird,  mästen  es,  solange  diese  Maatheiniicbtiing  nieht  sn 


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113 


Stonde  kommt,  keineswegs  befremdlich  fallen  knaa,  wenn  sich  keine 
neuen  Fabriquen  henrortbuH,  dahergegen,  wenn  diese  Sache  recht  ange- 
griffen wird,  die  bereits  in  Vorschlag  gekommene  Sociotät  der  inländisoben 
Kanflenten  wohl  noch  zu  Stande  zq  bringen  seyn  dürft«.  Es  könne  von 
der  Linser  Fabriksdirection  wohl  niclits  Mohres  verlangt  werden,  al» 
wozu  sie  sich  selbsten  erbietet»  so  welchem  £nde  demnach  die  von  Mir 
ertheilende  Freiheit  in  allen  böhmisdienQndüincröstcrreichiscbenL&ndem 
dergleichen  Spinnereien  anzulegen,  sndi  ordentliche  Fal)ri<|nen  zu  or- 
richten,  den  betreffenden  Bepräsentationen  mit  der  Tereprochenon  Ufllfe- 
leistung  kund  gemacht  werden  kann,  obwohl  sehr  zn  zweifeln  stehet, 
dass  deri^eiohen  ein  sehr  grosses  Capital  erfordernden  Fabriquen  so  bald 
entstehen  werden,  da  bisher  ohnangeeehen  der  m  einem  Jahre  publi- 
cirten  freien  Cotonfabrioining  noch  Niemand  Torgekommen  ist,  welcher 
eine  solche  Fabricatur  zu  errichten  Willens  wäre / 

Der  Yerkanf  der  Linzer  Fabrik,  sowie  der  anderen  vom  Staate  über- 
nommenen Fabriken  wurde  jedoch  nach  einiger  Zeit  von  der  Monardiin 
dem  Commenienrath  empfohlen« 

Zumeist  worden  grobe  Game  gesponnen.  Als  aas  den  Büchern  zn 
entnehmen  war,  das  bedentende  Summen  —  76.000  il.  —  ftr  feine  Oe- 
spinnste  ins  Ansland  gingen,  wurde  die  Direction  angewiesen,  feine  6e- 
q>innste  im  Lande  su  erzengen. 

Dm  Linaer  Fabrik  stellte  das  Ansnehen,  da  sie  nicht  im  Stande  sei, 
die  Ansschosswoile  im  Lande  absnsetsen,  nm  Befireiong  ton  dem  Aus- 
fohrsiolle.  ^  tagnehmigo  twar,'  lantete  dieBesolntion  der  Kaiserin,  ,den 
Antng,  dass  der  Linser  Eahriqne  mit  den  jedesmal  ansvehenden  Aos- 
fbhrptosen  geholfen  werden  mOgo,  jedodi  ist  sogleich  dahin  in  tischten, 
dass  diese  Anssehnsswolle,  gleidiwie  soldie  die  Aogshniger  branchen  and 
Torsrlisiten,  nnn  also  anch  in  den  Erblanden  selbst  Torbraiidit  vnd  anf- 
gearbeitet  werde,  ?on  dessen  Btfolgo,  wie  solcher  erwirket  worden,  binnen 
eine«  Jahre  Mir  die  Anseige  sn  erstatten.' 

Bestehende  Mriken  wurden  auflnerlanin  gemadit,  wo  etwa  Fi* 
Halen  enichtet  weiden  kOnnen,  nm  anch  den  indnstrieannen  Undem 
einen  Nahrongsverdienat  tn  verschaffen.  So  wurde  der  Linser  Fabrik 
Knin  als  ein  Land,  welches  mandie  YortheÜe  biete,  beieichnet:  leichte 
Znfhhr  bnlgarisdier  Wolle  nnd  von  Ftobwaaven  snr  See,  wohlfeiler  S^pinn- 
lohn  und  Biport  nach  Italien.  Als  die  Direction  spftter  Aber  Hangel  an 
inlftndisdien  Oespinnsten  Klage  führte,  wnide  ihr  die  Steiermark  als  ein 
smr  Wollspinnerei  geeignetes  Land  nsiahaft  gemacht.  (Vortrag  des  Com- 
menieorallies  vom  lt.  Febmar  1765.  Zuschrift  an  die  Linier  Direction 
vom  4.  September  1T66.) 

ImUv.  LXIXL  Se.  L  Hllfl«.  8 


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114 

Die  Kaiserin  verfügte  (Protokoll  vom  1.,  rep.  26.  October  1770), 
das»  vor  Allem  der  Stand  der  Linzer  Fabrik,  wie  hoch  eich  ihr  jährliches 
£iirägni8B  belaufe,  aus  sechsjährigen  Rechnungen  und  Bilanzen  za- 
sammenzufindeu,  ihr  zur  Einsicht  vorzulegen  sei.  Sie  wiederholte,  dass 
der  Sinn  ihrer  Anordnung  wegen  Uintangebung  der  Linzer  Fabrik  allein 
dahin  gegangen  sei,  dass  eine  dem  Werke  wohl  accreditirte  Oompagnie 
ausfindig  gemacht  und  an  dieselbe  unter  billigen  Conditionen  die  Fabrik 
käuflich  überlassen  werden  solle;  für  den  Fall,  wenn  der  gänzliche  Ver- 
kauf der  Fabrik  nicht  zu  bewirken  stünde,  könnte  auf  den  Ausweg  fQr> 
gedacht  werden,  eine  Administration  auf  die  Hälfte  des  Gewinnes  zu  be- 
stellen, jedoch  müsste  die  Compagnie  für  das  bisherige  ErtrfigTiiss  der  Fa- 
brik nach  einem  drei-  oder  sechsjährigen  Durchschnitt  gutstehen  und  das 
Soperpltus  mit  dem  Aerar  th*  =1«  n  Einige  Zeit  später  (Protokoll  vom  7.  Ja- 
nuar, rep.  am  9.  Februar  1771)  entschied  die  Kaiserin,  dass  gegenw&rtig 
keine  Ursache  vorhanden  sei,  die  Liuzer  Fabrik  zu  verkaufen,  derselbe  solle 
nur  dann  erfolgen,  wenn  ein  besonderer  Voi-theil  damit  eiTeicht  werden 
k(}nne,Von  einer  administratorischen  Pachtnni^  solle  weiter  keine  Rede  sein. 

Mit  der  Zeit  tr;it*  n  Ihm  -l»  !  Li'itung  der  Fabrik  fiele  Uebelstände  ans 
Licht.  Auf  einen  V^orti-ag  des  Präsidenten  vom  27.,  rep.  28.  Februar  1772 
ttber  den  Vortrag  der  über  die  Linzer  Wollzeupfal»!  iksangelegenheit  an- 
geordneten Hofcommission  vom  18.  Januar  1772  erfolgte  die  kaiserliche 
EntschliesBung:  Der  Stegner  sei  voti  tlr>r  geführten  Direction  dieser 
Fabrik  sogleicli  zu  entheben»  nnd  es  könne  ihm  der  bisher  als  Director 
bezogene  Gehalt  keineswegs  gelassen  worden.  Der  Commoi-zienrath  wurde 
beauftragt,  die  demselben  zur  Last  liegenden  Facta,  über  welche  die  Com- 
mission,  wie  es  scheint,  zu  leicht  hinausgegnnGren,  nochmals  wohl  und 
grftndiicli  m  erwigen  nn  l  >kh  gatftchtlicb  zu  äussern,  ob  nicht  etwa  der 
Kanimorprocurator  snr  Einklaguni^  <ler  von  der  Bochhalterei  zu  tiqni- 
direnden  firsatspost  anzuweisen  oder  eine  diesfallige  neue  Untersuchnngs- 
commission  anzuordnen  sei.  Sorgenthal,  der  iieiu»  Pirect^u-.  erhielt  4000 fl. 
nebst  freier  Wohnung-  in  der  Fabrik  und  die  Weisung,  gleichseitig  beider 
obderennsischenLandeshauptmannschaft  in  Manufactur-  und  Commerzien> 
Sachen  als  Landrath  beizusitzen.  Den  Antrag,  demselben  den  Hofraths- 
iharakter  zu  verleihen,  lfdmte  die  Kaiserin  ab.  Stegner  überreichte 
einige  Wochen  später  ein  Pn »memoria,  um  fernere  Bt  liiKsung  seines  bis- 
herigen Gehaltes.  Hierauf  schrieb  die  Kaiserin  eigenhändig:  «Indexen 
die  Untersuchiing  des  Camer-Procui-ators  sistirs,  ibme  die  4000  fl.  vom 
aerario  auch  eontinuire  als  eine  Pension/ 

Dem  nsoernannten  Director,  einem  tüchtigen,  geschäftskandigen 
Hanne,  gelang  es,  durch  Herahmindemng  dor  Oeschftftskosten  und  Ver- 


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115 

bMsernng  der  Bneugnisse  UeberechQsse  vü  vmehn.  Wio  aus  einem 
Berichte  Sorgenthars  um  dem  Juhru  17  72  zu  entiiehmon,  waren  die 
Eraengiingskosten  bishor  um  20 — 50      höher  als  in  anduien  Fabriken. 
In  der  Linzor  Fabrik  wurde  der  Spiinil'  hu  il«?rai  L  fontgosotzt,  dass  (»in 
fleissiger  Spinner  seinen  ganzen  Unterhalt  davon  bestreiten,  die  Spin- 
nerei daher  nicht  bIo8  ein  NebcnTerdienst^  sondern  sogar  ein  Haupt- 
virdieiist  weiden  konnte.  Gegen  Yeruntrenung  und  Verwahrlosong  de« 
Mstarials  tob  Seite  der  Spinner  hatten  die  KraiBftinter  üntenitQdnng  sn 
gewtiirem;  die  GemeindeToretehnng  sollte  die  Jugend  Bnm  fleiseigen  Be* 
eoeh  der  Spinnechiüen  anhalten.  Jenen  Spinnereien,  die  in  Beiirken 
enielrtei  werden,  wo  dieselben  noch  nieht  bestehen,  sollen  Unter- 
stötznngen  gewiUirt  werden.  Auf  diese  Weise  hoffte  und  erwartete  man, 
dem  Gespinnstmangel  abhelfen  zu  können.  (Vortrag  vom  5.  Decomber 
17ö6,  die  Entschliessiinpr  langte  am  22.  Dccember  herab.)  Die  kaiscr- 
lichp  Entschüessung  lautete  im  Allgtunemeu  üustirameüti.   Iis  >[\Ai>'  len 
Fabrikanten  und  Verlegern,  sowie  einzelnen  Webcrschaften  zwar  frei, 
<u-h  ihvf,  Spinnerfordernisse  auf  mehrere  Jahre  oontractm-assig  zn  sichem, 
jedoch  die  Schliessung  der  Contncte  sei  keineswegs  der  WiUkOr  der  Gmnd- 
ohrigkeit  oder  ihrer  Beamten  sn  flberlassen,  sondeni  dieselbe  habe  von 
der  Indifidnaleinwilligiuig  und  (MwUligen  Verabredung  der  einseinen 
Bsusrfiier  mit  dem  Yerieger  auf  der  herrsoh&ftlichen  Eanslei  im  Bassin 
dar  Beamten,  dann  eines  HÜgUedes  des  Xreisamteo  abiuhftngen.  Dem 
solchergestalt  Yerabredeten  und  entworfenen  Contracte  sind  die  Namens- 
Unterschriften  f»der  eigenhaudigen  Krouzzpichen  aller  Contraheuten  bei- 
ludrucken.  gegen  die  Contractbrüchigon  Assistenz  zu  leisten.  Mit  dem 
Hofkriegsrathe  sei  sich  ins  Kinvomohmon  zu  setzen,  um  die  bei  einigen 
K«gimentern  bereits  mit  gutem  Fortgange  eingefüiirien  Wollspinnereien 
n  verbreiten;  die  Linaer  Fabrik  soll  die  Wollspinnerei  und  WoUklauberei 
in  Ungsm  einiufthren  suchen. 

In  den  Jahren  1780-^1790  wurde  die  Pkbrifc  durch  grosse  Bauten 
trwsitsrt,  1796  die  Fussteppiohfhbnoation  und  ein  Jahr  darauf  eine 
XMchminnanufiustar  ins  Werk  gesetst.  Ein  Tnehwalkgeb&nde  wurde 
«nicktet,  1810  Tochsdieer-,  Kartenranh-  und  Farbholimasehinen  er- 
iWrtet.  Der  Wikauf  erfolgte  in  Linz,  ferner  in  Niederls^en  zu  Wien, 
Hil  l  Mailand.  Die  kriegerischen  Wirren  im  ersten  .Jahrzehnt  iinse- 
i'es  Jahrhunderls  veranlassten  durch  liorgung  der  Materialien  und  Waa- 
i^n,  f<owie  durch  Invatiionskosten  betrachtliche  Auslagen.  Nach  Her- 
i^UlluDg  des  Friedens  wurden  Jaqnardmaschinen  aufgestellt,  1820  eine 
i^ru<kerei  auf  Schafwollwatren  eingerichtet  (Vgl.  ,Linier  Zeitung* 
1866,  Nr.  189.) 


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116 

Bei  dvr  1  I  >ii  liuiiur  1  r  M  o i .1 1  i  n tr"r  Fabrik,  welche  fi3.000  tl. 
kostete,  durch  >"U'u<-üthiil  t'i)/;iU  H.'h  .Marii;f?l  an  Calculation  mnl  Srnntri, 
BpschalTuntr  äoi  rathscliafk'ii  m  l«  liyrem  Werthe,  willkürliche  GebahriLog 
mit  Gespinnsieu,  höher«  Erzeugungskosten,  und  zwar  um  20  %  höher 
als  in  Linz'.  Der  grösste  Verlust  rflhrt<>  von  ileu  vorrathigen  Seiden- 
bändern luT.  deren  Vorrath  .ilfin  Vernehmen  nach'  von  einer  anfönglich 
betriobeüfeü  Seiden  fahr  ication  herstammt,  .weil  in  den  Acten  des  C^nn- 
moi-zienrathes  von  der  ganzen  Errichtung  dieser  Fabrik  nichts  Legalws, 
ebensowenig  von  dem  Fortgang  vorkomme*.  Die  Schäfereien  brachten 
ebenfalls  Verluste.  (Vortrag  vom  16.  M&iz  1772.)  Die  kaiserlicho  Eat- 
schliessung  genehmigte  den  Verkauf  der  Schafe.  Für  Endo  1  77  7  wurde  die 
Vorlegung  der  Bilanz  gefordert,  um  die  kaiserliche  Enti»chlieesiuig  eiu- 
zuholea,  ob  die  Fabrik  au&ubeben  oder  weitonnfiUireii  Mi. 

III.  (Zu  S.  9.)  Von  den  Unterstützungen,  welche  einige  von 
Privaten  gegi-Ondeto  Fabriken  erhielten,  soUeu  nvur  jene  erwähttt  wei'dea, 
die  bedeutende  Betrüge  bekamen. 

Handbillet  der  Kaiserin  an  den  Grafen  Hutzfeld  ddo.  12  Deeember 
1763,  betreffend  die  Leinwandfabrik  Eichhorn  A:  Comp,  in  Klagenfurt: 

,Ich  habe  über  einen  Vortrag  des  Commercien-Raths  zu  verwilligen 
befunden,  womit  derjenigen  Oompagnie,  welche  sich  zu  Errichtung 
einer  Leinwand-Fabrique  in  Klagenfurt  unter  dem  Namen  Eichhorn 
et  Compagnie  hcrvorgethan,  das  anverlaugte  Quantum  von  dreysig 
Tausend  Gulden  auf  acht  Jahre  ohne  Interesse  aus  der  Commercial-Cassa 
vorgeschossen,  und  zu  Händen  der  Commercien-Hätho  Thys,  und  Herbert 
Succossive  verabfidget  werde,  gegen  deme,  dass  von  besagter  Compagnio 
die  Kuckzahlung  nach  obiger  Frist  in  denen  darauf  folgenden  ersteren 
drey  Jahren,  und  zwai*  in  gleichen  ratis  geschehen  solle;  die  Cassa- 
Direction  wird  also  hiernach  die  Achtung  zu  nehmen,  in  benöthigtem 
Fall  mit  dem  besagten  Commercien-Bath  das  nähere  Einverständniss  zu 
pflegen,  und  hierwegen  das  erforderliohe  auch  der  Rechen-Cammer  zui 
Vormerkung  zu  eröfnen  haben.  Maria  Theresia  m.  p.' 

Zu  Gunsten  der  Ponegger  Fabrik  wurden  alle  ausländischen  ge* 
wirkten  und  gestrickten  Harrasstrümpfe  mit  30  7o  ^  deatschen 
Erblanden  belegt ;  den  Interessenten  wurde  erlaubt,  in  Wien  und  an  anderen 
Orten,  wo  sie  es  für  nothwendig  finden,  ein  offenes  Gewölbe  zu  halten; 
zwei  Jahre  hindurch  sollten  sie  bei  der  Oonmerzcasse  1  fl.  für  jedes 
Datsend  Strümpfe  erhalten,  wobei  ihnen  eingeschärft  wurde,  darauf  zu 
sehen,  dass  die  StiUmpfe  in  Qualität  und  Form  den  ausländischen  gleich 
eeien.  (Vortrag  vom  20.  Juni  1766;  an  die  Intereasenten  der  Ponegger 


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in 

Fabrik  8.  Jnli  1764S.)  Di«  Falnrik  erhielt  später  auch  ToraehflBse:  10.000 
bis  15.000  fl.  auf  iwei  Jahre  ohne  latereeaen,  aodann  In  halt^rigen 
Baten  rflckiahlbar  k  SOOO  fl.  (Vortrag  vom  10.  Deeemher  1767),  ein  am- 
Behlieasliehea  Monopol  ftr  den  Handel  mit  Strflmpfen  (Yortrag  jorn 
94.  IfSra  1768),  wogegen  die  ongariache  Hofkanxlei  bemerkte,  da»  daa 
der  Fabrik  ertheilte  PriTileginm  privativom  als  den  nngariechen  Geaetaen 
entgegen  im  KSnigreieh  nicht  pnblidrt  wwden  dftrfe.  Die  VorsehllaBe 
stiegen  in  den  nSchaten  Jahren  bis  1774  auf  50.000  fl.  Anch  erhielt 
aie  die  Erlanbnisa,  anf  sehn  Jahre  6000  Dntsend  eftchaieehe  gestrickte 
nnd  gewffkte,  sowie  Berliner  Sommerstrfimpfe  gegen  einen  Zoll  Ton 
IS'/t  fl-  einsnltthren,  wSbrend  die  tarifinftasige  Oebflhr  46  fl.  betrug. 
Als  im  Jahre  1779  der  damalige  Beaitaer  der  Fabrik  um  eine  Ter- 
lingenmg  der  Brlaobniaa  bat,  da  er  sonst  die  FM>rik  nicht  fortsetien 
kannte,  weil  er  nur  auf  diese  Weise  die  eigenen  Ersengnisse  abselaen 
könnte,  baten  die  Beichenberger  und  Kamnitser  Strampfbbriken,  der 
Bitte  nicht  sn  willfahren.  Der  Antrag  der  BehOrde  nm  Ablehnung  des 
Geandies  erhielt  die  kiiaerliehe  Genehmigung.  (Yortrag  Tom  31.  Auguat 
1777.) 

Die  TielgerOhmte  Waldatein^sche  Tnchftbrik  an  Oberlentensdorf 
erhielt  1756  einen  vnverainslichen  Yorschnss  Ton  4000  fl.  und  1764 
«inen  Y&achnss  von*  10.000  fl.  auf  Alnf  Jahre  unYeraiuslich,  in  den 
darauffolgenden  filnf  Jahren  in  Baten  k  2000  fl.  rflckaahlbar.  In  einem 
Schreiben  an  die  Kaiserin,  nnterseichnet  Bmanuel  von  Waldstein,  prfts. 
am  6.  Juli  1766,  heiast  es:  ,Der  Fiabrik  gehe  nichts  Anderes  als  der 
YersdUeiss  ab,  um  von  Znt  au  Zeit  den  kostbaren  Tuchvorrath  an  den 
Hann  sn  bringen;  er  bitte,  die  Tncbhbidler  in  Wien,  Brflnn,  Prag  und 
anderen  Orten  ansuweisen,  Tflcher  aus  seiner  Fabrik  zu  nehmen.*  Im 
Jahre  1770  wurden  dem  Grafen  die  darg«li«h«n«n  10.000  fl.  noch  auf 
weitere  swei  Jahre  gegen  eine  dreipercentige  Yersinsong  beUusen.  Als 
er  1775  starb,  war  jedoch  die  BQckiahlung  noch  nicht  erfolgt. 

Johann  Baptist  Faliorger,  der  eine  Erausflorfiibrik  anlegte,  erhielt 
freies  Quartier  in  dem  HontecucuH'schen  Hanse  in  der  Leopoldstadt, 
welches  dem  Commenialfonde  gehörte,  zur  Herstellung  .von  Tier  Fila- 
torien  nnd  der  ersten  swanaig  Stflhle  SOOO  fl.,  snr  Anschaffung  sweier 
Ff«rd«  und  aum  Betriebe  aweier  Filatorien  160  fl.  ein-  fftr  allemal,  Ur 
jeden  Jungen  oder  jede«  Migdlein  S5  fl.  Bemuneration.  (Yortrag  vom 
16.  Korember  1767.)  Die  Genehmigung  erfolgte  mit  der  Weisung,  tob 
Zeit  in  Zeit  naehsnaehen,  dass  Landeskinder  mfinnlichen  oder  weiblichen 
Geschlechtee,  Torsfiglich  Weibspersonen  in  die  Lehre  genommen  und 
wohl  unterrichtet  werden. 


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118 


Auch  Valero  erhielt  1771  für  eine  ähnliche  fafarik  9679  fl.  zur 
Anschaffung  von  Gtor&thachaften.  Eine  Erweiterung  dieser  Fabriken 
wurde  1772  angestoebt,  in  Folge  einer  Anfrage  Maria  Theresias  bei  Ge- 
nehmiguDg  einer  Passei-theilung  für  FiOre,  mmw  es  hafte,  das»  diese 
KrausflOre  in  den  Erblanden  bisher  nicht  genng^am  erzeugt  werden,  mit 
der  Weisung',  eine  Yeimehrung  der  Erzeugung  einzuleiten.  Es  schein!» 
dass  Belogt  nnd  die  S<^weiz  den  österreichischen  Ei-zeug^nisseu  be- 
tr&chtliche  Concurrenz  machten.  Die  Kaiserin  bemerkte  aof  ein  PretokoU 
vom  21.  April  1772,  die  Fabrication  dflrfte  weniger  Kosten  vomrsadieil, 
wenn  die  Zubereitungsart  in  den  aoalAadiachen  Fabriken  in  Erfahrong 
gebracht  werden  könnte. 

Die  Kaiserin  genehmigte,  dass  der  Hontfort'schen  Cotonfabrik  zu 
Zell  ein  Voi'schuss  von  3000  fl.  mit  zweiperoentiger  Verzinsung  auf  acht 
Jahre  gewährt  werde,  mit  dem  Zusätze,  es  sei  ihr  lieb,  dass  auf  die  Kr- 
hebong  des  Hanufacturwesens  in  den  Vorlanden  der  Bedacht  genommen 
werde,  nachdem  die  daaige  starke  Population  die  Verschaffung  eines 
Industrialvordieiist(>8  onnmgftngUch  erfordert,  (Protokoll  vom  18.,  rep. 
22.  Januar  1770.) 

Für  Oommenialontemehmnngen  in  Tirol  wurilen  10.000  fl.  jfthrlieh 
anf  zehn  Jahro  anj^ewiesen.  (Entschliessung  vom  Febniar  1764.) 

Beträchtliche  Vorschüsse  erhielt  die  Penzinger  Fabrik:  anfangs 
Januar  30.000  fl.,  für  weitei-o  20.000  fl.  wurde  Oarantie  geleistet.  Die 
eigenhändige  kaiserliche  Entschliessung  auf  den  Vortrag  vom  1 8.  De- 
cember  1769,  rep.  5,  Januar  1770  lautet:  ,P]aeet  aneli  ohne  Interesse 
hat  sich  die  Kammer  anheischig  den  Vorschuss  zu  machen,  doch  gewiss 
denselben  wieder  znrflck  zu  zahlen.'  Schon  nach  einem  halben  Jahre 
stellte  sich  die  Mothwendigkeit  hersos,  abermals  20.000  fl.  vorsnschieesen. 
(Protokoll  vom  16.  Juli,  rep.  3.  Angnst  1770.)  Die  kaiserliche  Ent- 
schliessung lautet:  ,Kaeme]  et  Gomp.  ansttwsiisn,  sich  xm  Partienlar- 
darlehen  der  anstandige  Fideijussores  zu  bewerbe,  wonof  sodann  über 
weitere  Anzeige  der  Vorschuss  geleistet  werden  konnte.' 

In  Mährisch-Neustadt  wurde  von  dem  Goneinderatbe  eine  Zeug- 
fabrik  gn^flndet  Sine  Gesellschaft  brachte  60.000  fl.  auf  Actien  smf. 
Das  Privilegium  vom  3.  Mai  1769  ertbeilte  ihr  das  Beeht,  aUe  in  die 
Zengroanufaetur  einschlagenden  Halbseiden-,  WoU-,  Halbleinen-  und 
Baumwollwaaren  auf  englische  und  sSchsische  Art  lu  veifi«rtigen.  Diese 
Fabrik  soll  5000  Menschen  beschäftigt  haben.  (Engel,  Oesehidite  von 
M&hrisch-Nenstadt.)  Sie  erhielt  ein  Darlehen  von  10.000  fl.  am  8.  Fe- 
bruar  1778.  Bereits  im  Sommer  lag  ein  Gesuch  vor  um  einen  Geldvor- 
schuBS  xam  Ankauf  von  Wolle.  Sorgentfaal,  Direetor  der  lanxer  Bibrik, 


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119 


eriüeli  den  Anfing»  in  die  Bfleher  d«r  FU>rik  Büuicht  in  nehmen.  (Vor- 
trag Tom  20.,  i-ep.  26.  September  1773.) 

Ein  Schouskind  des  CommerzieiuaLhc»  wai   diu  liiuuuer  Fabrik, 
Im  Jiihi  t^  1  7  4'*  wurden  Tuchai"beiter  aus  Ve!*viers  nach  Iglau  berufen, 
die  auti  luiaudiselier  Wolle  ,durch  luederlilndiscbe  Manufactursait'  euiö 
gute  TacherzeugUDg  ftinbCUgem  sollten.  Das  Streben  ging  dahin,  feinere 
Tnchsorten,  als  bisher  enengt  worden,  in  Oesterreich  einzuführen.  Unter 
dieeen  jSf iederländern  war  anch  Baülonx,  dem  nachgerflhmt  wnrde,  gflnsiige 
Bifidge  «Hielt  in  haben,  allehi  Zfrktii^eiken  mit  den  Zünften  maohten 
siuie  Bntfeaning  aue  Iglan  nOthig  und  bestimmten  den  Kaieer  Fraai,  der 
la  aUen  wirthaohafttidieB  Angelegenheiten  eich  lebhaft  betheiligte»  Tmsh- 
ftbriken  auf  seinen  Herrschaften  in  Böhmen  m  errichten.  Bailloox  and 
Commerzienrath  Westerhoid  wurden  nach  Böhmen  entsendet,  um  den 
t  i lieblichsten  Ort  für  Spinnerei,  Weben  i  und  Färberei  auszusuchen.  Kla- 
dnib  wurde  gewählt.  Mit  welchen  Beträgen  sich  Franz  bei  der  Gründung 
dit'äer  Fabrik  betheiiigte,  ist  aus  den  Acten  nicht  ersichtlich.  Jiailloux 
war  verpflichtet,  die  erzengten  Tücher  nach  Wien  zu  senden,  und  erhielt 
fsn  dort  B|»ani8che  Wolle.   Nach  mehr  als  einem  Jahrzehnt  zeigte  sich, 
dass  BaUlonz  seiner  Anfgahe  nicht  gewachsen  war,  obgleich  ihm  Ten 
fleite  der  Kaiserin  noch  lahlrelche  Begflnstigiingen  gewährt  wurden,  als 
berate  die  Behörde  Aber  den  ManiL  sich  in  abilUiger  Weise  aui^e- 
sproehen  halte.  (In  einem  Vortrage  vom  $1.  Decemher  1761  wird  Bsilloox 
yVnTerlftsslich'  genannt;  die  Entschliessiing  der  Kuserin  lautete  dennoch: 
fiesem  nützlichen  Mann  sei  aller  förmliche  BeiäUuid  zu  geben'.)  Aber 
alle  Unterstützungen  brachten  die  Fabrik  nicht  empor.  Im  Jahre  17ü2 
wurde  endlich  eine  Untersuchung  angeotanei,  weiche  die  mbsslichen  Zu- 
stände derselben  ausser  Zweifei  stellte.  Als  Ursache  wird  ,die  erniau- 
gelnde  ünterstütrang  der  Camersiadministration* ,  am  allermeist«  u  aber 
4»  tihle  Qebahnmg  des  Baillouz  angegeben.  £r  schuldete  damals  dem 
Staate  82.000  fl.  (Vortrag  vcm  9.  Augast  1768.  BaiUonx  wurde  sp&ter 
in  Brftnn  angestellt  und  erhielt  10  fl.  Wochenlohn.)  Die  BemOhnng, 
naanVerlc^r  flr  die  Fabtik  xn  sobaflfen,  blieb  ergebniselos,  obgleich 
man  sidi  geneigt  zeigte,  ein  Capital  Ton  80.000  fl.  auf  acht  bis  zehn. 
Jahre  zu  borgen,  und  man  entschloss  si^h,  dieselbe  nach  Brfinn  zu  fiber- 
tragen. Die  mähi'ische  Loht  iiliank  übernahm  dieselbe  auf  zwölf  Jahre, 
üUeiu  schon  im  Jahre  1767  wurde  dieselbe  an  KOiiller  übergeben,  der  sich 
anheischig  machte,  die  Anzahl  der  btühie  vun  zwOlf  aui'  zwauzig  und  in 
seclia  Jahren  auf  vierzig  zu  vennehren.  (Vorti'ag  vom  26.  Septembei  1767.) 
Die  von  ihm  gestellten  Forderungen  behufs  Erweiterung  des  Fabrikshauses 
uid  anderer  Herstellungen,  worauf  13.000  fl.  yerwendet  werden  mussten, 


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120 


wurden  ihm  gewährt.  Auch  erklärte  er  eich  bereit,  die  vor  Kurzem 
daselbst  errichtete  Plüschefabrik  des  in  Ämiens  gebürtigen  De  Vaux  zu 
übernehmen.  (De  Yaux  erhielt  eine  lebenshingliche  Pension  von  1000  fl,, 
für  jeden  Stuhl  RO  11.,  für  jeden  Lehrjungen  50  Ii.,  u,  dgl.  Die  Kegienmg 
kaufte  ein  Haus  für  2r)ü()  ti.  De  Vau x  starb  17ßG.)  Nach  einigen  Mo- 
naten niusste  man  jedoch  zugestehen,  dass  Kötiller  nicht  die  uothigen 
Eigenschaften  besass,  um  das  Unternehmen  emporzubringen,  es  gelang 
jedoch,  eine  Anzahl  Kaufleute  zu  bestimmen,  sich  mit  ihm  zu  vereiniEren. 
(Vorträge  vom  1.  ()ctüber  1707  und  26.  Mai  1768.)  J)er  zwischen  Blü- 
megen und  den  Theilnehmern  ap  dem  neuen  Unternehmen  abgeschlossene 
Contract  trägt  das  Datum  vom  1.  Augast  1768  und  wurde  am  29.  De- 
cember  1768  ratificirt.  Von  Seiten  der  Regierung  nnterzeicbnete  Graf 
Bhlmegen.  Die  Theilnebmer  der  Fabrik  waren:  Leopold  Edler  v.  Kßflller, 
Franz  Josef  Wachner,  Franz  Augastin  Steyrer,  Antonio  Buzini,  Franz 
Stimmer.  Bereits  nach  einem  halben  .lahre  wurde  ein  Vorschnss  von 
50.000  fl.  erbeten,  sowie  die  Handelsleute  zur  Abnahme  der  Erzeugnisse 
zu  verhalten,  wie  auch  die  Einfuhr  zu  verbieten.  Man  gewähi'te  25.000  fl. 
auf  fünf  Jahre  gegen  vierpercentige  Interessen.  (Handschreiben  vom 
18.  Mai  1769.)  Auf  das  Verbot  ging  die  Kaiserin  nur  ungern  ein.  Die 
Erzeugnisse  der  Fabrik  fanden  jedoch  in  Wien  keinen  Anklang.  Die  nach 
Wien  gesendeten  zwei  prämiirten  Tücher  wurden  von  der  Kaufmannschaft 
,zu  fett  gefunden,  mithin  gerne  von  den  Motten  angefressen  werden', 
sie  seien  nicht  fest  genug,  im  Preise  übertrieben,  die  Beicbenbei^r  und 
Olmützer  Tücher  seien  besser.  Zu  wied^  rlu  lffn  Mnlen  wui'de  der  Ck)nse8s 
in  Mähren  beauftragt  (am  38.  August  1 769  und  7.  November  1769),  die 
dortige  Tuchfabrik  anzuweisen ,  sich  beasenr  fabricate  zu  befleiBsigen, 
da  sie  die  hiesigen  Tuchlaubenverwandten  mit  unechten  Tüchern  be« 
dienen.  Auch  wurde  die  Farbe  bemängelt.  Der  Commenieurath  stellte 
den  Antrag,  der  Tuchfabrilc  zu  Brünn  von  den  ihr  vorgeschoMen^ 
25.000  fl.  nach  vier  Jahren  ungeftbr  10.000  fl.  nacbsulaasen.  Hiennf 
erfolgte  die  kaiserliche  Eutschliessnng:  ,Die  Oompagaie  werde  wegen  der 
übernommenen  schlechten  Waaren  ihren  KegreB§|  wenn  aie  «inigee  Becbt 
zu  haben  glaubt,  bei  den  betreflfenden  Parteien  zu  aodien  haben.  Wenn 
sodann  in  einer  Zeit  von  vier  Jahren  dieselbe  auBWeiee,  dass  sie  die 
Fabricatur  in  den  Stand  gebracht,  um  ihre  Kundschaften  mit  guter  Waare 
zu  einem  billigen  Preis  versehen  zu  können,  so  werde  eie  nach  bewandtot 
Umständen  der  Compagnie  einige  Bemunerimng  angedeihen  zu  lassen 
sich  geneigt  »eigen,  doch  solle  derselben  auf  kein  gewisses  Quantum  die 
Vertröstung  zu  geben  sein.'  (Protokoll  vom  27.  December  1769,  refv 
2b.  Januar  1770.)  Nach  einiger  Zeit  legten  die  Theilnehmer  das  Ge- 


121 


stftndniss  ab,  dass  sie  nicht  in  der  Lage  seien,  den  Verfall  der  Fabiik 
weiter  aufzubaltrn  Der  mährische  Consess  gsb  «1b  Ursache  an:  die  Ab- 
neigung des  HaudeltiBtandes,  dieJBinschwäi-znrtgen,  die  fWlimente  einiger 
Hftndelalente.  lu  Wien  liess  man  sich  jedoch  bestimmen,  die  Fabrik  noch 
weiter  sa  autersMtien,  da  Simon,  eine  in  den  Kreisen  des  Conini^^men- 
rathes  ugeaelieae  Persönlichkeit,  der  Fabrik  das  Woi-t  redete.  Die 
Weisung  eifolgte,  dass  Thys  aus  Klagenfurt  nach  Brüiiu  abzugehen 
habe,  um  die  dortige  Tuchfabrik  zu  untersuchen,  den  Werth  des  Vor* 
ntbea  in  bestimmen  und  den  Schaden,  welchen  die  Compagnie  erlitten 
babe,  ansuieigen,  die  Manipnlation  sn  nntersnchen  und  die  etwaigen  Qe- 
bredmn  und  nothwendigen  VerbesHenin^cn  namhaft  zu  machen  und  an- 
suieigen, welche  Hoffnung  man  sich  in  Zukunft  von  dieser  Fabrik  stt 
machen  habn  Thys  solle  auch  die  Mittel  vorschij^en,  ob  und  wie  dieser 
Fabrik  zu  helfen  sei;  mittlerweile  sei,  um  dar  Fabrik  bezüglich  des  todt 
erliegenden  alten  Waarenlagera  unter  die  Arme  zu  greifen,  die  Verfügung 
zu  treffen,  dass  Passansucher  auf  fremde  TQcher  zur  Abnahme  eines 
Viertels  von  diesem  alten  WaarenUiger  sn  verhalten  seien,  auch  sei  der 
Jndenschaft  in  Böhmen  und  Mähren  durch  den  Consess  kundsumacben, 
dass  man  auch  den  Juden  auf  fremde  feine  T&ober  Passe  ertheilen  würde, 
wenn  sie  ein  Drittel  ?on  dem  alten  Wasrenlager  der  Brünner  Fabrik  ab- 
nebme.  (Protokoll  vom  4.  Man,  rep.  16.  April  1771.)  Thya  erstattete 
einen  eingebenden  Bericht:  die  Fabrik,  seilte  er  auseinander,  habe 
yiele  .physikalische  und  Local nachtheile',  das  Wassor  sei  schlecht,  die 
Arbeitslöhne  zu  hoch,  die  Fabrikslocalit&ten  zerstreut,  weshalb  die  Auf- 
sicht schwer,  die  Direction  unerfahren,  die  Mittel  der  Interessenten  su 
^  klein,  die  Sneognisse  in  Misscredit  seien.  Dennoeb  r&th  er  zur  Unter- 
stfitning  des  Unternehmens.  Um  die  Fabrik  vor  ihrem  Ver&Ue  in 
retten  wurde  der  TnchTorrath  im  Wertbe  von  86.000  fl.  von  der  Com- 
mencassa  übernommen.  Bine  Weisung  an  die  Qubeniien  in  Böhmen 
und  Mähren  besagte:  Jbre  Mi^estftt  babe  sum  fiestsn  der  Brünner 
Tusbfbbrik  in  «ntsshlisssen  geruht,  dass  aueh  Juden  inr  Einfbhr 
fEsndsr  ÜMner  Tücker  GommenialpisBe  erUieilt  werden  soUen,  wenn 
sie  dagegen  halb  so  viel  Tüober  von  dein  attsn  Wasrenlager  der  Brünner 
Tnchfbbrik  abgenommen  nnd  sieh  darüber  hinreiehend  ausgewiesen  haben 
werden.' 

Auf  Giund  dieses  Qutaehtena  eifloss  die  kaiserliehe  Bntschliessung 
auf  ProtehDll  Tom  S4.  Juni,  rep.  86.  September  1771 :  ,üm  diese  Flabriek, 
die  TOT  andern  eine  besondere  Bucksidit  nrdienet,  von  ihrem  Yeiftll  sn 
retten,  bewillige  Ich  derselben,  ihren  alten  Tncher-Vonath,  der  anf  einen 
Betrag  von  6-  bis  86.000  fl.  sich  belaufet,  und  swar  in  dem  Preise,  wie 


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122 


solcher  m  luveutario  nach  eigenen  Erzeuguugs-Kosten  einkommet,  ab 
ttrariö  abnehmen  zu  lastifu. 

,Ks  vin<!  ginlaciitrii  K:Lbrick  anforderist  die  m  .i4  ti  ,  deieii 

sie  zu  Bezahluirj  i*  j  schon  aiitgekiui'lf'ten  Kapitalien  am  mi  sThii  hydarf. 
gleich  jezo  von  dem  Commerden-Katli  ,:u  veiublolgea,  irrigen  deine,  dass 
sie  alsriirleich  um  diesen  Betrag  so  viele  Tücher  von  besagtem  Vorrath 
auhero  abschicke. 

,Was  südauu  au  dem  Vorrath  noch  erübriget,  wird  in  quartaligen 
ratis  jedesmal  mit  einem  Betmg  von  m/lO  11.  zu  überuehukMi.  und  der 
Fabrick  so,  wie  sie  iiuartaliter  für  diesen  Betrag  die  Tücher  abgiebet,  da- 
für der  üeld-Retrag  abzureichen  soyn.  Doch  bleibet  dffr  Fabrick  a\ich  frej 
und  vorbehalten,  einige  dieser  Tücher  auch  während  sothaner  Zeit,  soweit 
sie  einen  Verschleiss  dsuu  findet,  hindangeben  zu  mögen. 

,So  ferne  in  der  Commercien-Cassa  die  Baarschaft  zu  dieser  Aus- 
lage nicht  obhanden  ist,  hat  indessen  die  Kammer  hiei'zu  den  Vorschoss 
au  leisten. 

,Der  Verschleiss  dieser  Tucher  ist  sodann  von  dem  Oommercien- 
Rath  in  der  Art,  wie  er  es  am  besten  finden  wird,  »«inruleiten,  ob  näm- 
lichen diese  Triclier  unter  den  geeammteu  Handeistand  meiner  Erb- 
länder, wie  aus  Mähren  eiugerathen  worden,  vertheilet,  (»der  aber  jeder- 
männiglich,  der  immer  auf  fremde  Tücher  einen  Pass  impetriret,  die 
Ufilfte  ans  diesem  Vorratb  abzunehmen  zugleich  gehalten  seyn  solle. 

.Das  aus  dem  Verschleiss  einlösende  Geld  ist  so,  wie  solches  ein- 
fliesset,  zur  Commercien-Cassa.  oder  zur  Kammer,  wenn  TOU  dieser  der 
Yorscbuss  gescludieu,  wiederum  iibzuführen. 

, Wegen  Austindigmacliung  eines  Uuiglichen  Manufacturisten  von 
Verviers  beguehuiige  das  Einrathen,  weashalben  also  dem  Thjs  dei*  Aof- 
trag  zu  machen  ist. 

,Da  übrigens  diese  der  Fabrick  zugedachte  Hilfe  genug  ergiebig 
Boyn  wird,  ihren  Verfall  abzuwenden,  so  ist  einiger  Nachlass  au  den 
Forderungen  meines  a^arii  nicht  einzugestehen,  aus  besonderer  Gnade 
will  ich  noch  verwilligeu,  dass  der  Betrag  der  12.500  fl.,  auf  die  sich  ihr 
Verlust  bey  dem  alten  Vorrath  nach  der  Angabe  des  Thys  behutÜBt,  an 
diesen  Forderungen  abgeschriohen  werden  mfige.' 

Allerhöchst  eigenhändiger  Zusatz: 

,E8  mnss  ihnen  gleich  in  8  Tagen  geholfen  werden  mit  denen 
m/3B  fl.  Vorschuss,  um  ihren  Creditoren  rarabalten,  reooomeiidire  ihme 
aiio  bestens  es  gleich  zu  besorgen.' 

Auf  einen  Präsidialvortrag  vom  25.,  rep.  29.  Juli  1774  über  den 
Protokollaextraict  vom  11.  Joli,  die  Verlftngening  auf  weitere  lehn  Jahre 


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123 


der  vorn  Cani<  t  ile  der  Hi  iituiri  K;ibi  ik  vorge8cho88('non  25.000  fl.  be- 
treflend,  eriulgUi  diü  kaisoi iii  lir  liutschliöböuiig:  ,Vüü  eiuem  weiteiii 
Vorscliu^ss  sei  es  lediglich  abzukummen,  doch  verwillige,  dass  das  ver- 
faUene  Kapital  von  25.000  il.  iiocli  auf  drei  Jahre  bejrgelassen  werdea 
mfige  unter  der  Warnung  jedocb,  daas  ihre  Bemahung  und  ihr  Vermin 
hMpteichlidi  Mtf  die  BeMbttng  der  FMirik  und  nicht  auf  Nebenge- 
Mhftfle  oder  gar  Sehwftnerei  Tenrendet  werden  aolle.* 

Bedeaienden  Abaate  ihrer  Enengniaae  aeheint  die  Fabrik  nicht  ge- 
balyfc  nt  haben,  aie  wendete  aioh  an  die  Begierang  mit  der  Bitte:  die 
Toebhftndler  ,durdi  Bedrohnngen  ni  bewegen,  Bestellungen  zn  machen', 
wurde  aber  abgewiesen.  (.An  das  Guberniiim  in  Mahren  vom  5.  April  1 7  7ö.) 

Seit  1786  scheinen  sich  die  Verhältnisse  der  Fabiiti  dtm  Berichte 
zufolj^^'-  bi  s^tii  i  zu  haben;  in  einem  Vortrage  vom  12.  October  1784 
ist  sogar  von  einem  Absätze  nach  Constantinopei  die  Bede.  Ein  Jahr 
darauf  wurde  ein  Gesuch  um  einen  Vorschnss  ans  dem  Beiigionsfonde  im 
Betrage  von  40.000  fl.  zur  Erweiterung  der  Fabrüc  abgewieaen;  sie  hatte 
den  bisbeiigen  noch  nicht  larflckgeiahlt. 

Mflhaelig  erhielt  aich  die  Mrik  bia  imn  Jahre  1789,  aeit  Aagnat 
konnte  aie  iliren  Verpflichtungen  nicht  nachkonunen.  Da  der  Staat»  lautet 
m»  kaiserliche  Entachlieaanng  auf  den  Yortrag  vom  B.  November  1789, 
an  einer  blos  für  die  Privatindustrie  geeigneten  Fabrik  keinen  immittel* 
baren  Antheil  n  tiiuen  kann,  so  wird  diese  Fabrik,  wiMui  nicht  Piivat- 
unternehinimgen  liire  Forts».'tziing  auf  ihren  Risico  auf  sich  nehmen, 
lediglich  ihrem  Schicksale  zu  überlassen  sein,  jedoch  da  deren  Erhaiiuug 
erwQnschlig,  so  will  ich  die  bei  der  KfifiUerischeu  Fabrik  anstehenden 
Staatsgelder  auf  längere  2eit  böigen,  wenn  dieses  ein  Mittel  au  deren 
Fortaetsang  sein  kann. 

lY«  <Zn  S.  18  f.)  Sier  ml^gen  einige  Handschreibeii  und  Ent- 
aehHeaanngen  der  Kaiserin,  Ungarn  betreffend,  Plats  finden: 

Maria  Theresia  an  Bistifeld  (rep.  8.  Mftn  1762):  ,Ich  Terlange 

eine  Auskunft  über  den  dennaligen  Stand  der  Seiden-Cultur  im  Bannat, 
und  da  der  Seiden-Bau  bekanntlich  von  einem  grossen  Nutzen  ist.  und 
dieser  auf  denen  vielen  Haiden,  und  öden  Feldern  im  Bannat  nützlich 
angewendet  werden  kann,  hiei-zu  das  dasige  Clima,  und  Terrain  behuiiders 
geeignet  ist,  daher  auch  der  deutsch -orbländischen  Oultur  keinen  Ein- 
tng  macht,  viehDABln'  dieaen  su  ihren  Fabriken  ein  wohlfeyleres  Material 
reiachaft,  so  ist  auf  deaaen  Erweiterung  alle  Soigialt  su  tragen  und 
^«gm  AbiOsiiBg  denn  Galleten  sich  mit  dem  Goomercio-Birectorio  ein- 
nveratohsn.' 


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m 

Kaiserliche  Entschliessiuig  anf  p'incn  Vortrag  Tom  8.  März  1763, 
Qiktereeichnet  Hcilii  rstcin,  acc.  4.  April  1763,  Ueber  die  ^«gelung  der 
macedonischen  Schafe  auf  den  Cameral-Hf>n-s(  haften  in  Ungarn:  ,Ich  be* 
giif'hmige  das  Einnithen,  anbey  ist  allen  Cameral-fiMmten  tu  pnbtttirexi, 
dass  in  denen  nächstfoigenden  6  Jahren  von  einem  jedoii  derenselben 
al^i&hrlidi  aogeoeigt  werden  soll,  ob  und  inwieweit  derselbe  mit  der  An- 
ziehung der  macedonischcn  Schafen  fürgegangen  tey?  aus  welchen  An- 
zeigen mir  denn  alljährlich  ein  besonderer  Vortrag  zn  machen  iet,  maaesen 
Ich  gesinnet  bin,  jegliehen,  welcher  in  Bewirknng  dieses  Meines  Befshls 
sich  Tor  andern  emsig  erzeiget,  vorzüglich  zu  befördern,  asdi  senstea 
mit  Gnaden  anzusehen.  Und  damit  auch  die  Unterthanen  zu  sothaner 
dem  Staate  sehr  nützlichen  Sehs&acht  angefrisohet  werden  mOgen,  so  ist 
denenselben  der  Zehend»  so  Ton  denen  Lämmern  ans  Dominium  mna» 
abgereiehet  wer  Jen,  von  dieser  neuen  Gsttong  von  Schafen  auf  6  Jahre 
nachsnselien.  Im  Uebrigen,  da  der  Stegner  die  Camel-Gaisen  dahier  zur 
Firepagition  gebmcht  hat  und  deren  Anzahl  sich  bereits  über  100  er- 
strecket, so  können  Ton  diesen  GiUsen  ebenfidle  einige  auf  ein  jedes  deren 
Gunend-Dominien  abgegeben  werden,  am  anch  deren  Propsgation  zn 
erweitem  und  mit  der  Zeit  die  andern  gemeinen  Qaisen  gar  in  Yer- 
blethen. 

,Sine  fernere  nütilkhe  Anordnung  wird  anf  den  Oamerai-Dominien 
dahin  sn  treffen  seyn,  wenn  die  Mandelb&nme  daselbst  angsbant  wttrden, 
gestalten  kmt  deren  Commercial-TBbellen  für  80.850  fl.  Handeln  in  anno 
1761  ans  Italien  in  die  BrUande  einegeflkbret  werden.' 

An  Grafen  Andlem  (98.  Jnni  1768):  ,Das  Wohl  des  Staats  er- 
beisebet,  dass  die  Anlegnng  deren  Mannfactnren  in  Hnngam  nicht  be- 
hindert» sondern  dazn  vielmehr  beygewtrket  werde,  wobey  aber  das  vor- 
sfigliehe  Angenmerfct  dshin  zn  richten  ist,  dsss  nur  aUein  solche 
Fabricatoren  in  dem  ernannten  Königreiche  angerichtet  werden,  welche 
Meinen  deutschen  Erbfainden  nicht  sohJUItch  sind,  oder  seyn  konnten, 
dahero  dann  jene  Fabrifcatiiren  nsch  Hongam  geleithet  werden  mflssen, 
mit  deren  Eneignns  man  in  den  deutschen  Erblanden  auf  die  erforder- 
liche Wohifeilkeit  in  denen  Preisen  nicht  kommen  ksnn,  oder  deren  Br- 
fordemiss  so  gross  ist,  dass  sn  solchen  die  Arbeiter  in  den  deutschen 
Erblanden  ennangebi.  Wie  dann  die  Bnengnng  des  Segel  -  Tuchs,  die 
Gesptmnst  von  Baumwolle,  in  denen  Cbttonfobiiquen,  die  gestrickte 
baumwollene  Strumpfe,  Bauben,  nnd  andere  deriey  Waaren  in  Hnngam 
ohnschidlich  eingeftthrt  werden  kdnnen.  Weiter  werden  die  ans  Baum- 
wolle Terfertigte  Mftntel,  so  die  Croaten,  und  alle  Qrtniser  trugen, 
in  gleichen  die  auch  von  Baumwolle  verfertigte  Pferde-Decken,  die  in 


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125 


ganz  Euinpii  verführet  werdon.  \uh\  ein  jiihrlichoH  Con.suni  von  mehreren 
Millioneu  ausmachen,  in  der  anliegenden  Türkoi  gearbeitet;  da  nun  diese 
Fabricatui  den  deutschen  Erblandon  ebenfalls  unschädlich,  für  Hungam 
aber  ganz  ausgiebig  ist,  so  ist  auf  deren  dortige  Einführung  hinzudenken. 
—  Im  übrigen,  da  der  Weinwachs  in  Hungarn  so  gesegnet  ist,  so  können 
aus  diesen  Weinen  alle  Gattungen  von  Liquors  gebrannt  werden,  als 
wovon  ein  grosser  Abgang  nach  Polen,  Moscaa  und  andere  nordisdie 
Länder  auf  der  Weichsel  zu  erwarthen  ist.  .  . 

Die  Kaiserin  forderte  einen  Vortrag,  der  un  12.  Juli  arotattei 
wurde;  die  kaiserliche  Entschliessung  lautete:  ,Da  in  Hungarn  nur  auf 
solche  Fabriken,  welche  denon  deatschen  Erblandeu  unschädlich  sind, 
der  Antrag»  auf  einmal  ein  Anfang,  so  schwer  er  auch  ist,  gemadii 
werden  miiSB,  so  wäre  damit  anzufluigeu»  dam  den  Administratoren  zu 
Altenbnrg  und  Bäcs  durch  die  Cammer  «ad  reapective  Bancodepatation, 
mit  welcher  hierüber  das  Einvernehmen  zn  pflegen,  angetragen  werde, 
womit  sie  sich  beeifern  sollen,  mit  der  £Mimwollflpinnerey  in  dasigen 
Distncten  einen  kleinen  Anfang  zn  mafihent  worzu  jeder  einen  Verlag 
von  8000  bis  4000 11.  aus  der  Amtscassa  zu  verwenden  hätte,  an  dem 
Fortgänge  dieser  Unternehmung  omb  so  weniger  zu  sweifeln,  als  die 
Baumwolle  in  denen  hnngartschen  Bergstädten  all^ichun  gesponnen  wird 
und  die  Cottonfabriken  an  diesem  Gespunst  einen  Mangel  haben.  Hier- 
durch wird  also  in  Hungarn  nichts  Neues  noch  minder  etwas  SchidUches 
für  die  deutschen  Erblande  angegangen.  Zumahlen,  da  die  gesponnene 
Baumwolle  sogar  aus  der  Türkei  beigeföhrt  wird.  W^eiters  ist  mit  der 
Cammer  zu  übr^rlcgen,  wie  die  Baumwollspinnerey  in  denen  Bei^gstUten 
durch  die  dasige  Beambte  mehrers  beeifert  und  verbreitet  werden  mflge. 

Maria  Theresia.* 

An  Graf  Andlern  (3.  December  1763).  ,Was  Ich  wegen  der  Be* 
schftftignng  des  Modersfeld  (früher  Steuereinnehmer  in  Prenssi8eh*Sohle- 
mn)  auf  den  hungarischen  Cameralherrsehaften  and  wegen  daselbstiger 
EiaflUirung  einso  anderer  nfltsliehen  Cultur  der  Camer  unter  einstens 
aol^^etragen,  sololies  theile  ihme  sur  Nachricht  und  dem  Ende  andorch 
in  Absehrifl  mit,  um  das  weitere  von  Seiten  des  Commeroienrathes  an 
verflgMk,  damit  d«jeii^  Mann,  welcher  den  Waid-  und  BOtte-Baa  auf 
den  NeffiMfnGflteni  in  BObeim  eiagefidiret,  dem  gedachten  Modersfeld, 
wie  es  Meine  Anordnung  Tsnnag,  beigegeben  werde. 

Maria  Theresia.* 

Beiliegend  folgende  AUerhOchste  Besoluftion:  ,Der  Modersfeld  ist 
auf  den  Bieser  Hemehaften  an  belassen  und  ihm  au&ugeben,  dass  er 
auf  Bolchen  den  Waid-  und  BGtte-Bau  einflUuen  solle.  Bekanntermassen 


126 


wird  »uf  besagten  Herrschsiftcn  iin-lir  (Jt  tniiil  gflmiit,  ah  zum  Ohiauch 
dasolb^t  nni:rfl)ra(  ht  weiilon  mag,  dahingf'iErfu  iut  an  Waid  und  Kött^  an- 
noch  ein  Mangel  in  den  Erblandcn,  so,  dass  (iio  dif^sfiillige  nambaftf' 
Erfordernis!'  für  die  hierländigeu  f^abriken  aus  Tb&riugea  und  Schlesien 
angeschafot  wurden  mm». 

,l)if»  Erfahrenheit  hat  bpy  d*'n  anpcstolton  Prnbpn  trezeigot,  dass 
je  näher  diese  Farbzeug  an  Hungaru  augepflanzet  werden,  desto  besser 
solche  in  der  Qualität  gerathen. 

,Dio  Barsor  Herrschaften  werden  durch  diesen  nütslichen  Bau  den 
doppelten  Yortheil  erhalten,  eines  Theils,  dass  ihre  überflössige  Grund- 
stücke, damit  angebauet  werden,  anderseits  aber,  dass  die  mit  diesenii 
dann  der  Znbereit-  und  Verführung  des  Produkts  beschÄftigte  mehrere 
Personen,  das  jetzo  unanbringliche  Getrayd  consumim. 

,An  dem  Wejd-Saamen  nnd  B^tte-Pflanzen  kann  es  ebenfüls  nicht 
fehlen,  dass  beede  in  den  Erblanden  allschon  angezohen,  und  Ar  heuer 
sogar  HM'  )i  Saamen  von  der  Bötte  erhalten  worden»  dahero  es  nur  auf  die 
weitere  Veruiehmng  und  das  nöthige  Terrain  hieranter  ankommen  will. 

,Dem  Commerclenrath  gebe  auch  untereinstens  mit,  demjenigen, 
welcher  diesen  Bau  auf  einigen  böhmischen  Gütern  bereits  eingeffihret, 
dem  Modersfeld  bejaugeben,  um  die  Ansfflhrang  dieses  nfttsUehen  An- 
trags desto  sichorer  zu  erreichen. 

,Der  Bau  der  Seiden-Bäume  soll  Meinen  ergangenen  Anordnungm 
sufolge  auf  den  hungarischen  Cameral-Heri-schaften  ebenfalls  gehoben 
werden,  wozu  der  dortige  Grund  Tor  andern  tanglich  ist. 

fDw  Modersfeld  kann  also  anch  su  ffinf&hrung  dieses  Baues  und 
nachhin  zur  Seiden-Cultur  selbststindig  angewendet  wiffden,  da  ohnehin 
der  Bischof  von  Waitsen  hienu  aUsohon  den  Anfiuig  gemacht  hat. 

,Die  Einführung  der  BaomwoUen-Spinnerei  auf  den  Cameralherr- 
schaften  ist  demselben  sn  gleicher  Zeit  mittugaben,  und  da  Meine 
tenteehe  Erblande  an  dem  Ilacbs  noch  einen  Mangel»  an  dem  Hanf  aber 
einen  Abgang  haben,  so  soll  auch  der  Flachs-  nnd  Hanf-Bau  anf  denen 
mehrbesagten  Oameralherrsehaflen  au  lieben  nnd  ihm,  Moderafeld,  hier- 
wegen  der  Auftng  au  machen  aeyn. 

,Der  Umstand,  dass  er,  Modersfeld,  der  hungarischen  Spiidie  nn- 
kündig  seye,  kann  hierunter  keine  Hindemfiss  machen,  ind«m  die  Ca- 
meralherrschaften  grflsatenthetls  mit  Tentsehen  inpopularisirt  sind.  Im 
Üebrigen  ist  derselbe  ansnweisen,  dass  er  halbjährig  von  dem  Fortgang 
seiner  Terrichtungen  die  Beriehtsanseige  machen  solle,  wo  mir  sodann 
der  Yortrag  heran&ugeben,  wie  weit  derselbe  in  ein  und  dem  andern  fftr- 
geichritten  sej.  Maria  Theresia.' 


127 


An  Graf  An<llt>i  ii  (15.  Juli  1764):  ,E8  kommt  vor,  dass  ein  Glaa- 
meiater  was  Böhmen,  Namens  Hollub,  mit  350  Personen  an  die  Carolincr 
StaruBe,  um  daflelbat  die  angehofifte  Grandstücke  zu  beziehen,  abgcscliicket 
worden,  dahing«g«]i  aber  bishero  diese  GnindstOcke  nicht  habe  erhalten 
können,  sondern  auch  schon  durch  Terschiedene  Woclien  ohne  Geld  und 
Anshfllfe  gelassen,  folglich  dadurch  in  die  grösste  Verlegenheit  gesetiei 
worden  sei;  es  ist  Mir  daliero  olin^'csäumt  die  Aiisktinft  sa  en^tiitten,  was 
es  mit  dieser  Sache  für  eine  Beschaffenheit  habe  und  warum  Meiner  die 
BeTöikemng  der  Garoliiieii  Strassen  betreffenden  Anordnung  nicht  nach- 
gelsbet  wird.  Maria  Theresia/ 

AUerhtefastes  HandbiUet  vom  13.»  aoc.  16.  Mai  1766:  ,£r  ersiehst 
ans  dem  Ansehlnss  des  Mehreren,  was  ftr  sine  Annige  wegen  deren  in 
einer  AnsaU  von  200  herfihertretenen  Land  Geiaiaehen  WeUenieogCsbri- 
kanten  voigebomaien;  da  es  von  besonderer  Widitigkeit  ist,  diese  nflta- 
fiehen  Fabrikanten  i&r  den  diesseitigen  Staat  va  erhalten,  so  habe  bereits 
entscUosssn,  denselben  bey  ihrer  Herllbertretang  alle  UntersttttMing  an» 
gedeihen  in  lassen  and  ihnen  das  Unterkommen  in  einem  Meiner  Erb- 
laads, wo  das  Intherisehe  Beligions-Bzerdtiiim  ohnehin  gestattet  ist,  an- 
ntweisen. 

Jn  dsm  diesseitigen  Antheil  Schlesien  nnd  in  dem  freyen  Seehafen 
Fiooie  würde  die  Etabllmng  dieser  Leute  dem  Staate  am  nfltdichsten 
ssyn;  ans  Schlesien  würde  Hnngam  nnd  Polen,  von  linme  aas  aber 
InnerOsterreieh  nnd  Hnngam  mit  ihren  Fkbricstis  Tersehen,  anch  nach 
nnd  nach  ein  natali^dier  YerschleisB  nach  Italien  nnd  Spanien  eingeleitet 
werden  können;  daher  sie  dann  anf  diese  beyde  Gegenden  am  ersten  an 
leiten  sind. 

(Seilten  ms  aber  daselbst  sich  nicht  niederlassen  wollen,  so  k6nnen 
selbe  in  fliebenbflrgen,  wo  eine  slcfasischs  Nation  allschon  bestehst,  ein- 
genommen, oder  anch  in  dem  Marmaroser  Comitat  in  Hnngam,  sonder* 
heitlich  in  den  StSdten  Siigeth  nnd  Hnst  (Hnssth),  wo  nebst  dem  schon 
obhandenen  calviniechen  noch  das  Intherisehe  BeUgions-Sierdtinm  ge- 
statlst  werden  mag,  das  Unterkommen  verschaffet  werden. 

»Endlich  können  sie  in  dem  Fkll,  wo  sie  in  besagte  L&nder  sich 
nicht  begeben  wollten,  anf  den  hnngarischen  Cameral-Glltern  sn  Alt- 
Ofen  oder  in  dem  Bicser  Distrikt  eingenommen  nnd  ihnen  allda  die  volle 
BeUglonsfreyheit  geatattet  werden. 

,Dem  Conunsrcienrath  will  hiemach  den  Auftrag  andnrch  mitgeben, 
ganz  fllrdsraaaist  einen  geschickten  nnd  wdilvertrsaten  Mann  ansm- 
wilden  nnd  mit  der  Anweisung  nach  den  bemerkten  regnlis  diteetivis  in 
diesen  Lenten  insgeheim  nnd  mit  der  gehörigen  Behntsamkeit  abia- 


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4 


128 

scliickun.  zu  ^'loiclit-r  Zeit  uIht  aut.li  dif  wcit'-n«  VcranstaltuDg  troffen, 
diinüt  in  i'incr  der  böhniiHchon  <Trä!i7.(>ii  ein  gonug-^am  beTollmächtig1i»r 
Katli  (Icion  Ankunft  crwart»',  um  mit  ihnen  die  Convention  zu  schliesseu. 
in  woU'lier  ihnen  dann  unter  andern  Punkten  die  Zusage  zu  machon  ist, 
dass  ihnen  nebst  der  Religionsfreiheit  noch  das  Bürgrerrecht  und  eine 
sechsjäh rij,'e  Befreyung  von  aller  Contribotion  und  andern  Personal- 
Abgaben,  auch  auf  30  Jahre  die  Befreynng  von  der  Hekrutirung  ge- 
skttet,  auch  die  Gebäude,  wo  deren  einige  sind,  unentgeltlich  eingeräumet, 
zu  den  neu  errichtenden  aber  die  Beyhülff  ;ib  Aerario  geleistet  werden 
soll.  Von  dem  Foi'tgang  des  Geschäftes  ist  Mir  sodann  die  ungesäumte 
Anzeige  zu  eittatteo,  am  nach  IIa«  der  arfolgwideii  Erklining  das 
Weitere  verfügen  zu  können.* 

Kaiserliche  Entschliessung  auf  den  Vortrag^  des  rommerzienrathes 
über  die  Einleitung  der  eigenen  Erzeugung  der  Farbkräuter  und  die  Veiv 
bewerung  der  Färbereien  vom  19.  Februar  1767:  ,lch  begnehmij^  den 
zu  Meiner  Zufriedenheit  gereichenden  Inhalt  dieses  Vortrages,  hupt- 
sachlich  aber  ist  dem  Lieblein  ein  Stftck  Erdreich  in  dem  Banal,  so  groas 
derselbe  solches  verlanget,  auszuweisen,  überdies  aber  ihm  zu  gestatten, 
dasa  er  nach  Verlangen  und  Nothdarft  Arbeiter  anstellen  k<>ane,  wo 
dann  einem  jeden  dieser  Arbeiter,  wann  deraelbe  diese  Pflanzung  und 
gaoie  Manipulation  der  Farbkräuter  erlernt  haben  wird,  ein  Praemium 
Yon  100  fl.  und  den  anf  die  Coltar  der  Farfokrftnter  sich  Verlegenden  die 
Bobotli-eiheit  fttr  die  gante  Zeit»  ala  aie  dieeen  Ban  auf  dem  halben  Betrag 
ihrer  Onindatflefce  lUiren,  einsngeilehen,  anoh  ferner  diesen  die  Arb- 
krftnter  bauenden  Untertfaanen  das  doppelte  GonatitutiTom  aoaiioniB  an 
Gnindatllcken  auf  Verlangen  abiogeben  und  endlieh  auch  die  f^tfbbiater 
¥on  den  Zehentabgaben  m  b^regren  sejn  werden.  Nieht  minder  ist  dem 
gedachten  Lieblein  die  Veraiehemng  sn  ertheilen,  dasa»  wenn  er  die 
Caltnr  der  Farbkrinter  in  dem  Banat  ins  Grosse  bringen  werde,  ihm 
eine  weitere  seinem  Fleisse  angemessene  Belohnung  tu  Theil  werden  . 
würde;  femer  ist  ?on  demselben  nnTeraflglioh  eine  Idste  sller  Krinter, 
wo?on  er  die  Saamen  in  dem  Banat  aufsuöhen  will,  mit  ihrem  gemeinen 
und  botanisohen  Kamen  absufoidem,  damit  man  solche  auch  tn  Meinen 
ftbrigen  Brblftndem  wihrend  dem  Sommer  aufsuchen  lassen,  und  wenn 
man  sie  alle  oder  tum  Theil  findet,  selbe  mit  den  Kiinteni  sns  dem  Banat 
in  TetglsM^ng  sieben,  auch  die  Eigenschaft  des  Terrains,  wo  sie  am 
besten  wachsen,  nnteisnchen  kOnne,  indem  soloheigestaltsn  die  Sache 
am  geschwindesten  und  leichtesten  aussubeuten  und  durch  die  von  den 
Agricnltor-Oesellschaften  und  andern  Landwirthen  anzustellende  Ver- 
suche XU  Vollkommenheit  su  biingen  wftre.  Schliesslichen  ist  dem  Lieb- 


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Ittik  «Iwat  von  dem  Indigo-Saamtn  (wdelMn  leb  d«n  Oommmsamth, 
wMin  sokbw  Mir  das  diesiiUs  jftngsthin  «bgttlbnlarte  Oata«litB&  «ntaltot 
ktlMB  wird»  wwde  mkonuiMii  l—am)  mr  Anptemng  im  Baaai  mitor 
dir  Ziui€b«niii^  nutnigelMii,  daw  iknm,  wenii  «r  mit  d«r  dieaftUifui 
ProW  glflcUich  aadaiigMi  soUto^  ein«  Btmniittnition  Ytm,  100  Dukaton 
abgmieliet  werdiii  IrMi.  Maria  T  haraaia/ 

EaiBerliche  EntscUiessnng  auf  einen  Vortrag  vom  14.  October 
IWi  »Waa  die  Bieneniaelit  avf  den  hnagariaehen  Ouaeial-fierriehaften 
betrifft»  dasi  selbe  in  den  wannen  baBgaiiscIien  Landen  allerdings  Ton 
einem  gioisen  Bettaeht  werden  kann,  so  hat  die  Kammer  forllnfig  den 
Fropenenten  tn  prüfen,  ob  er  im  Stande  sei,  seinen  Vonoblag  selbst^  ans- 
sofllbren,  and  ob  das  Vertrauen  in  ihn  gesetrt  werden  kdnnte»  ihm  die 
Direotion  des  gansen  Weite  nnd  so  anch  Besorgung  viid  Verreehnnng 
dar  daianf  n  Terwendenden  Unkosten  aniOTertranen.  Nach  Befand  nnn 
hat  die  Cimer  entweder  einem  andern  den  Werk  gewachsenen  Snbjeeto 
die  IKrsDiion  sa  tbergeben  oder  fblis  in  den  Plroponenten  das  Vsrtranen 
gesetst  würde,  wenigstens  aof  dessen  Benehmen  eine  genane  Obsiöht  m 
tragan,  damit  aieht  die  Unkosten  Tetgeblioh  verwendet  werden.  In 
diesem  letstem  Fall  also  ist  dem  Proponenten  die  enrtere  Anriobtuig 
der  Bienangirten  naeh  dessen  Antrag  aufzugeben,  ihm  dia  dast  nOtUgen 
Unkosten  sammt  dem  Salario  Ton  300  fl.  auf  die  nm  ihm  selbst  ange- 
trsganen  •  Jahre  abrarNsfaen  nnd  fiberdiea  ihm  der  aebente  Thail  des 
jedes  Jshr  anslbileaden  Gewinnes  nmsioheni ;  anbej  ist  anch  in  Gamainl- 
Domlnien  kimd  tn  machen,  dass  jenen  der  Untertveamtsn,  wekha  gleieh- 
miss%  Bienengirten  erriditen  woUen,  der  diesMeige  Verlsg  werde  ab- 
gereiobet  and  denenselben  ebenmlsaig  der  lohenta  1MI  des  Oewinnes^ 
dann  den  Oberbeamten  fflr  die  diesftUige  gnte  Obeicht  der  zwanaigate 
Tbeil  von  dem  eingehenden  Totaigewtnn  dieses  neuen  Profebts  abge- 
geben wird. 

^Zugleich  hat  die  Cainer  über  die  zwei  Einwürfo,  dass  der  Wind 
die  Bienen  im  flachen  Hungaru  vortreibe  nud  dass  die  Krankheiten 
öfters  uutor  den  Bienen  eiüreissen,  den  Pruponenten  in  vernehmen, 
nnd  wenn  er  tauglich  scheint,  ihn  ToreügUch  zur  iiüiecution  auüzu' 
wählen. 

,In  Anaehnng derimter  den  ünterbeamten  eiuxuluhrenden  Bienen- 
zncht  beguehmige  das  Einraihen  der  Camer,  dass  diese  AH  der  kleinen 
Landwirthächaft  so  viel  immer  thnnlich  unter  dem  Laudvuik  ausgebreitet 
werde,  nnd  da  viele  von  Cameral-GCitern  ihre  portas  separatas  haben,  so 
ist  bei  diesen  Gütern  in  dem  Falle,  da*js  die  Rieneiikt»rhe  ein  Objectum 
contributioni«!  aufmachen,  zu  statuiren,  dass  deren  Anfänger  die  oreten 

ArchiT.  LXXXi.  Sd.  I.  iUllte.  9 


lao 

drei  Jahre  wegen  der  Bieuenzacht  mit  einer  Contribntion  nicht  beieg-et 
imd  in  künftigen  Zeiten  die  Contribution  nur  von  10  Bienenstiicken  ab- 
genommen, die  über  10  habende  mehrere  Stocke  aber  contributionsfrei 
gelassen  werden,  zugleich  hat  sich  die  Camer  Ober  die  weiters  in  dem 
Vorschlag  des  Thomee  vorkommende  Puncta  wegen  des  zn  befördernden 
Yerachleiageg  des  Wachses  and  wegen  Errichtong  einer  Wsohsbleiclie 
annoch  zu  äussern.' 

Eine  kaiserliche  Resolution  auf  den  Vortrag  vom  20.  Juni  1768» 
die  am  9.  August  1768  herabgelangte,  lautet  wie  folgt:  ,In  Ansehang; 
der  Cultur  begnehmige  kh  das  Einnftben,  dass  wa  deren  Verbessening' 
auf  den  Cameralgfltern  der  Anfang  za  macben  sei,  m  welchem  Ende  der 
Kammer  untereinsteiiB  rnit^'ebe,  dass  von  nun  an  ein  der  Agricultar 
wohl  verständiger  Mann  aufgenommen  und  bei  der  ungarischen  Eammei* 
mit  dem  Auftrage  angestellt  werden  solle,  dass  selber  zur  Verbessentng 
der  Cultur  in  den  ungarischen  Cameralgütern  in  loco  die  Anleitung  gebe 
und  dnicli  fiurlwflhiige  Visitationen  aach  in  loeo  die  £in-  and  KadBiclit 
nehme,  damit  das  Verordnete  v^Uiogen  werde.  Ein  Gleidies  liikte  andi 
in  Siebenbfligen,  jedodi  nur  mit  Anstellnng  eines  Tfissaanats-Assessoris 
m  gesehelian,  wflhrend  Mir  die  Oamer  mit  BinTernehmnng  des  agrienitor* 
verständigen  Kosian  diese  swey  Snl^ecta  in  Seit  von  14  Tigen  vor* 
seUagen  soll.  Inf^idien  gebe  den  hetrelfenden  Behörden  natereinstans 
mit,  dass  in  Hnngam,  Croatien,  SiebsnMigen  nnd  dem  Temetfaxer 
Bannat  Agrioottar-QeseUsebaften  erriehtet  und  daaa  noch  dieses  Jalir  der 
erste  Anfiuig  gemaoht  werden  soll. 

,In  Ansebnng  der  Mana&ctoren  ist  unter  den  ▼eraehiedMien 
Beiohen  nnd  Landen  ein  üntersohied  in  nmchen.  In  Hnngam  nnd  8ia- 
Tonien  ist  nach  dem  Sinratiien  des  CommeroienraChes  mit  den  ange> 
tragenen  filabrieatis,  nämlidi  Abba-Tdehern,  gemeinen  Leinwanden  Ton 
Hanf  und  Flachs,  allen  Gattungen  gemeinen  Strickwerks,  Baaem-  nnd 
andern  Floren,  gemeinen  halbbaumwollenea  und  halbleinenen  Zeugen  tu 
Eo]if binden,  Hand-  und  Ffirtflehem,  Lederwerk  filmgehen  nnd  diese 
MannÜMtoren  in  den  königlichen  Stftdten,  gebirgigten  Gegenden  und  in 
giOsseren  Marktflecken  der  kSnigl.  Quneraigfttar  aniulegen. 

,Wegen  der  k^inigliGhen  Stftdte  lasse  durch  Behörde  an  die  stildtiiche 
Gammission  den  Auftrag  ergehen,  dass  selbe  dann  gehen  solle,  damit  in 
einer  jeden  der  kOnigl.  StUte  die  Fabrieation  einiger  der  vorlMsagten 
einen  allgemeinen  Abaug  habenden  Waaren  eingeffthrt  werde.  Zu  diesem 
Ende  sollen  die  üntemehmer  dieser  Fkbrloataren  mit  einigen  Geldvor- 
sehflssen  ans  denen  den  St&dien  in  Folge  ihrer  Passiva  bestammten  Er- 
sparnngs-Fundis  unterstAtat  und  Mir  alle  Quartal  von  dem  VoUiug  und 


131 


Fortgang  dieser  Anordnung  die  ÄnzcigA  gemacht  werden,  aUermasaen 
aacb  dem  Mass,  als  dioso  inländische  Erzeugong  anfknininc ii  wird,  Ich 
geneigt  wäre,  die  EinfQhrang  dieser  Fabricatornm  ans  fromdrn  Landen 
so  verbieten,  mit  dem  weitem  Beysatz,  daaa  jene  Magisirualen,  welche 
in  dieser  Sache  sicli  vor  andern  nfltalick  verwenden  wttrden,  von  Mir  be- 
wmdera  werden  belohnet  werden. 

,W^nder  stärkeren  Marktflecko  auf  den  königl.  Commorciaigfltem 
ergeht  dex  nOthige  gleichmässige  Anftrag  an  die  Ctioer,  desg leichen  anefa 
wegen  der  gebirgigten  Gogeudeu,  in  welchen  es  am  Erdieioh  mangelt 
nnd  an  Volk  ein  Oberfluss  ist,  dass  in  denselben»  besonders  in  jenen  des 
Mamareaer  Gomitats  die  u&mlichen  Anordnungen  getroffen,  ancli  da^ 
selbst  ein  des  diesfikUaigen  Fftbrikenwesens  kOndiger  Commen-Beainter 
eigens  angestellt  werden  solle. 

»Wegen  SiebenMtargen  gebe  der  Behörde  mit,  dasa  selbe  dem  von 
Mir  nen  zn  erriebten  anbefohlenen  dasigen  Gommen-Conaess  avijBfeben 
•oll,  damit  selber  mit  der  Eneognng  der  oben  angefbbrten  Fkbrieatonnn 
den  Msten  Anlkng  von  danun  mache,  weil  deren  Yeracblena  in  dem 
Lande  allgemein,  nnd  bei  der  Erbehnng  dieser  Fftbrieatnren  Ich  geneigt 
bin,  die  EunfUming  derley  fremder  Flibricatorum  an  verbieten. 

(Wegen  des  Baanats  ergebt  nntereinstena  anch  die  Anordnung,  daas 
die  ftr  üngam  angetragenen  Fabrikate  jetsmalen  nach  der  dasigen 
TherMienstadt  eingeleitet,  die  Unternehmer  dieser  Fabricatnren  in  dieser 
Stadt  mit  einem  Geldvorschnss  nnteratottt  nnd  Mir  alle  Quartale  Uber 
den  Yollsug  und  Fortgang  dieser  Anordnung  die  Anseigeo  gemacht 
werden  sotten. 

fWas  endlich  das  Mantkwesen  anlanget,  so  gebe  der  Gumer  mit, 
dass  selbe  die  wegen  der  siebenbflrgischen  Tarif  von  dem  Commerden* 
ivkhe  geforderte  Auskunft  alsogleich  abgeben  soll.  Weitere  trage  der 
Bechen-Camer  auf,  daas  dieselbe  in  einer  TabeUe  darthun  solle,  wie  die 
bungariache,  sowie  auch  die  siebenbftrgische  Tnü  in  jeder  Gattung  der 
Waaren  mit  der  innerOsterreiehiscben,  auch  niederteterreicbisohen  und 
bflhmisohen,  dann  mit  der  tirolisehen  insonderheit  auch  wegen  des  dasigen 
GbnaumioUs  sich  verhilt.  Zu  Berichtigung  der  siebenbUigischen  und 
bungariscben  Tkriffen  aber  bat  der  Oenuneroienrath  sich  in  Zeit  von 
14  Tagen  dergestalten  gelhast  in  halten,  damit  in  einer  unter  dem 
Fiaesidio  des  Forsten  Starbemberg  «t  den  betreffenden  Stellen  abiu- 
haltenden  Commission  dieses  so  lange  andauernde  Gesebift  in  den  Haupt- 
sätzen einsmal  zu  Stande  gebracht  werde.' 

Handschreiben  an  Hatzfeld,  8.  August  1768:  Job  habe  he* 
»oblobütin,  dass  von  nun  an  ein  der  Agricultur  wohlvoi'ständiger  Mann 


m 

eiguudu  uufgeuuinmen,  und  bejr  der  liuiigarisclicn  Kainmer  mit  dorn  Auf- 
trag angestcUöt  wurdeu  solle,  dasb  beibor  zu  der  Vorbt'»t>oruiig  der  Culiur 
auf  don  huugarischen  Cameral-lSritcrn  in  loco  die  Anleitung  gebe,  und 
durch  foitwürige  ViBitationen  üuch  iu  loco  die  Ein-  und  Nachsicht 
nehme,  damit  das  Wn-Diilucti^  voliiogen  werde.  Ein  gleiches  hat  in 
Siebenbürgen  jüdoch  nur  mit  Austelluns;'  eines  Tliesaunat«-As><Hgsorejs  iix 
bescheben.  Die  Kammer  hat  Mir  also  naoii  Kinveroehniuitg  «los  Agri- 
tiulturverstäiidigeu  Koziaa  diese  zwej  Subjecta  in  Zeit  von  Ii  Tagen 
Torzuschlagen. 

,l)a  Ich  ^^eiU'ib  bt^schloswKü  luibt\  das«  mit  der  FabricMion  einiger 
Manufactureii,  uamlich  Abbatiicbor,  gf'ni»»inf>!-  T/ojjiwandf^n  von  Hanf  und 
Flachs,  aller  Gattungen  gijmemenStrickwürkg,  Bauern-  uud  an  i  ji  t  i  FMi-e, 
gemeiner  halbbauuiwollenor  und  halbleinener  Z*;ugB  zu  Kopl  t  in  Ion, 
Hand-  und  Fürtüchern,  auch  Ledci  wcrk  iu  Uungai'n  und  Slavouien  tür- 
gtigangeu,  und  in  den  königl  Städten  der  gebürgigen  Gfgcndi'u,  wo  oa 
am  Erdreich  mangelt  und  an  Volk  ein  Dberfluss  ist,  auch  in  don  grosseren 
Mai'ktflecken  »h-i-  könig.  Cann-ial- Gütern  diese  Mannfactureu  ang«^lt^get 
worden  aollen;  so  hat  die  Kammer  der  städtischen  Conimission  aufzu- 
geben, dasB  selbe  daran  myn  solle,  damit  in  einer  jeden  der  konigl. 
Städte  die  Fabrikation  einiger  der  obbosagten,  einen  allgemeinen  Alizug 
habenden  Waaren  eingeführt  werde ;  zu  welchem  Ende  die  Unternehmer 
dieser  Fabricaturen  mit  einigem  Geld -Vorschuss  aus  denen  den  Stadtea 
für  ihre  Passive  bestimmte  Ersparungsfonds  zu  unterstfitzen  sind,  und 
alle  Quaiial  von  dem  Vollzug  und  Foi-tgang  dieser  Anordnung  Mir  die 
Aüzoitre  7m  erstatten  ist,  indem  Ich  nach  der  Maass,  als  diese  iuilln* 
disohe  Erzeugang  aufkommen,  geneigt  wäi*e,  die  Einfflhmiig  dieser 
bricatorum  aus  fremden  Ländern  zu  verbieten;  welchen  annoek  hejm* 
fügen,  dasB  Ich  jene  Bf  agistratnalen,  die  meä  in  diefler  Sache  vor  andttm 
Afttzlich  verwenden,  besonders  belohnen  werde. 

,Die  gleiche  Anordnung  ist  auch  in  den  stärkeren  Marktflecken  aaf 
den  königl.  Cameral-Gütern  zu  bewflrken,  Attoh  sind  die  Unteinehmer 
dieser  Fabriken  mit  einem  GeldvorsohtusB  zu  nnterstitien.  Weiters  ist 
in  den  gebürgigen  Gegenden  be9(Miders  des  Mannanaer  Gomitats,  ala  in 
den  Stftdten  Hust,  Ssiget  etc.,  daa  n&mliche  sa  Taranhiwaa,  nnd  daaeltMiil 
ein  dea  diesfUligan  Fabrique-Weseaa  kandigarCoDuneTeialjbeamtor  aigenda 
aniuBtelkn,  aneb  dem  dangen  GaBeraI*Obaiteamtaa  lo  badraten,  daaa 
wenn  er  dM  dieaftlUge  Ton  Mir  iMgende  Absehan  au  Verbeaierang  dea 
Na]ininga*8tande8  dea  dasigen  Volks  wohl  anaftthren  werde,  darMibe  einer 
weitem  Dienatbefftrdening  sich  ta  etfreoen  haben,  und  an  dam  Ende  alle 
Quartal  Ober  den  Fortgang  dea  Fabrikanwetena  den  Bericht  erstaftton  solle. 


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,Von  Sölten  der  Bancodeputation  aber  ist  die  Voiiiebung  dahin  zo 
machen,  damit  die  obigen  für  Hangarn  angetragenen  Fabricate  in  dem 
Bannat,  und  twai*  hauptsächlich  nach  Theresionstadt  jetzmalen  einge- 
leitet  werden,  zu  welchem  Ende  die  Unternebnier  dieser  Fabrikatnren  in 
dieser  Stadt  mit  einem  OeldTorsehoss  za  nnterrttttien  sind,  aadi  Viertel- 
jahn Aber  den  Yollnig  und  Fortgang  dieser  Anordnung  die  Anieige  m 
machen  ist. 

,ITnd  da  Icli  beseUossen  habe,  dasi  in  dem  Baanai  eine  Agrionltnr- 
geseilschaft  errichtet  werden  soUe,  so  ist  die  nMhige  Vorsehnng  dahin 
sn  treffen,  damit  dieses  nfltiliche  Institatom  daselbat  baldest  einge- 
ffthret»  und  damit  noeh  dieses  Jahr  der  erste  Anfimg  gemaohet  werde. 

yBndlich  bat  die  Sommer  sowohl  als  Bancodeputation  sn  dnsmaliger 
Besichtigung  der  siebenbfligischen  and  hnngarischen  Mant-Tariffen  sich 
in  Zeit  ?on  14  Tagen  deigestalt  ge&st  sn  halten^  damit  in  einer  unter 
dem  Fflrsten  Starhemberg  sn  haltenden  Commission  dieses  Geschalt  in 
seinen  Hanptsitsen  einsnuds  besichtiget  werde.  Dabey  aber  hat  ICir  die 
Kammer  ihre  Wohlmeinung  sn  erOfihen,  ob  sn  BeguUrang  der  TarifTen 
die  Hnngarische  und  siebenbttrgiBche  Kansleyen  mit  beysuxiehen  seyn 
wollen.  ^Anch  hat  selbe  dem  Commercien-Bath  die  Ton  demselben  wegen 
der  siebenbOrgiscben  Tariff  erforderte  Auskunft  alsogleich  absngeben. 

Maria  Theresia.* 

Handschreiben  an  Grafen  Bnd.  Chotek,  den  15.  Juli  1769:  ,Die 
Anlag  enthaltet  die  Nachricht  Ton  dem  eisteren  Anfang  der  Pflansung 
der  Baumwolle  in  der  Bacser  Herrschaft,  und  von  dem  an  der  snm  Ver- 
kauf eingeffthrt  werdenden  Baumwolle  mit  befindlichen  Saamen.  Nach- 
deme  die  Pflanien  einen  guten  Wachsthum  in  dem  dasigen  Grund  ge- 
winnen, so  stehet  nunmehr  su  erwarten:  ob  solche  auch  inr  Zeitigung 
gelangen  oder,  wie  besorget  wird,  yon  denen  ftHhen  IVosten  Schaden 
lejden  werden.  Maria  Theresia.' 


DER  COMMUNISMUS 

DER 

MÄIlllISCHEN  WlEDEKTÄUFEPi 

IM  16.  UND  17.  JAHMüNDERT. 

BEITRAGE 

Zü 

IHRER  GESCHICHTE,  LEHRE  UND  VEKFASSUNU. 

TON 


I 


J.  LOSERTH, 

rK0F£8SüK  D£K  UKSCHICUTE  AH  DGK  UNIVBKHITAT  lü  ÜUAZ. 


Vorwort. 


Unter  den  aiu  dem  Kachlasse  des  Holiratbes  Dr.  Josef 
Ritter      Beck  stammenden  Materialien  snr  €tesc1iiclite  der 

Wiedoiiäufcr  in  Oesterreich  befand  sich  eine  erhebliehe  An- 
zahl solcher,  die  f\lr  die  Geschichte  der  Wiedertäufer  in  Mähren 
im  16.  nnd  17.  Jaluliandert  viel  Belaiigreiches  boten  und  bis- 
her weder  Ton  J.  v.  Beck  in  den  yGescbicbtsbttehem  der 
Wiedertftufer'  yerwerthet,  noch  anch  TOn  mir  in  meinen  bis- 
herigen Studien  zur  Geschichte  der  Wiedertäufer  verarbeitet 
worden  waren.  Sie  bezogen  sich  zumeit?t  auf  die  Beziehungen 
der  mährischen  zu  den  Wiedertäufern  in  anderen  Ländern, 
dann  anf  ihre  Stellang  in  Mtthren  selbst  Besonders  reichhaltig 
sind  sie  fllr  das  innere  Leben  der  mihrischen  Wiedertftofer, 
ihr  Lehrsystem  nnd  ihre  commnnistischen  Lebensformen.  Nach 
dieser  Seite  hin  btaiui  mir  eine  ausserordentlich  reichhaltige 
Menge  von  ActenstUcken,  Sendbriefen,  Lehrgebäuden,  lland- 
werksordnongen  u.  dgl.  zu  Gebote,  auf  deren  Grundlage  eine 
gerechtere  Wttrdiguiig  der  mährischen  Wiedert&ufer  mOglich 
war,  als  man  sie  noch  in  Tielen  neneren  Btlchem  findet  Na* 
mentlich  konnte  der  comraunistische  Gnmdzng,  der  die  Huter< 
sehe  Gemeinde  in  Mähren  von  den  übrigen  Religioiisverwandten 
schied,  bis  ins  Einzelne  dargelegt  w^erden  und  fand  Manches 
von  dem,  was  J.  Beck  in  seinen  Geschichtsbüchern  nur  an- 
deutete, eine  ausAlhrliehere  Darstellung.  Der  erste  Theil  ent- 
bslt  die  ftuBsere  Geechichte  der  Wiedertäufer  in  Mähren;  hier 


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mussten  des  Verständoisses  wegen  einige  Punkte  berfihrt  wer- 
den, die  ich  mihum  in  meinem  yAnabapti»mua  in  Tirol',  sowie 
auch  in  meiner  Monographie  ttber  Balthasar  Hnhmaier  erOrtert 
hatte.  Doch  konnten  auch  hier  noch  einselne  wichtige  Ergän* 

Zungen  gemacht  werden.  In  den  Beilagen  theile  ich  ftinf  Stücke 
mit,  von  denen  das  ei-ste  ein  Beispiel  abgibt,  welcher  Art  die 
Sendbriefe  waren,  welche  die  Apostel  der  Wiedertäufer  an  die 
^Gemeinde'  schickten,  die  übrigen  den  Kachweis  liefern,  dass 
die  QneOe,  aus  der  zuerst  die  wiedertänferischen  Elemente 
nach  Mähren  einströmten,  bis  in  die  letzten  Zeiten  des  Bestan- 
des der  mährischen  rtonieinde  nicht  versiegte. 

Indem  ich  meine  iStudien  zur  Geschichte  der  VViedertllufer 
in  Oesterreich  an  dieser  Stelle  beende,  will  ich  nicht  unter« 
lassen,  der  Familie  des  verstorbenen  Holrathes  Dr.  Josef  Ritter 
V.  Beck  für  den  reichhalti<;(-ii  mir  zur  Verfügung  gestellten 
6toü'  auch  diesmal  meiueu  Dank  auszudrucken. 

Gras,  im  September  1893. 

J.  Losertb» 


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L  Theil 


Die  Huter^&clie  ^Citeiiieinsehaft^  iu  Millireu  von  Ihrem 
Entstehen  hU  zu  Ihrer  Vertreibung. 

1.  CapiteL 

Hie  BftrteiiuifeE  «iter  den  T^iil||MlaalaiL  in  Xllirtn  yom  Snb- 
meiar^i  bit  n  Jekob  Hnlir*!  Tode. 

Die  Hinrichtang  ihres  Apostels  Bahheaar  Hubmaier  war 
fllr  die  ungeheure  Menge  der  Taufgesinnteiiy  die  sieh  in  Nikols- 

barg  unter  dem  Schutze  des  llaiuses  Liechtenstein  zusammen- 
gefunden hatte,  zweifellos  ein  harter  Schlag.  Nicht  weniger 
bitter  wurde  die  Vertol<^rung  empfunden,  die  in  Oesterreich  und 
Mähren  eingeleitet  wurde.  Wer  aus  der  Zahl  und  Art  der  von 
der  Regierung  hiebet  in  Anwendung  gebrachten  Mittel  aut^  die 
Erfolge  schliessen  wollte,  der  mUaste  meinen,  dass  sich  fortan 
weder  in  fiOhmen  ond  Mahren,  noch  in  den  Ostorreiehischen 
Erblandem  Wiedertäufer  in  grosserer  Anaahl  hatten  behaupten 
können.^  Und  doch  war  dies  nicht  der  Fall.  Es  war  nicht 
nur  nieht  gsJungen,  der  Secte  Herr  au  werden,  diese  griff 
vielmehr  noch  weiter  um  sich;  nur  war  ihr  Aufreten  weniger 
geräuselivoll  und  wurden  ihre  Erfolge  weniger  bemerkt,  weil 
Jie  wachsende  Tiirkctmoth  die  ganze  Aufm»  i  l^samkeit  der  Be- 
völkerung imd  vor  Allem  der  Landespolizci  auf  sich  zog  und 
die  Rüstungen  gegen  den  Erbfeind  des  christlichen  Namens  das 
Werk  der  Gegenreformation  ins  Stocken  brachten.  Darüber 
▼erknr  die  Regierung  aber  das  Ziel  einer  TOUigen  Ausrottung 


*  Di(j  fol^;eiidpti  Auaführuugou  knfipfen  unmittelbar  an  (l;i.s  letzte  Capittj! 
Difiiitt^s  Buciu's  i^S.  IM;')  ff.)  .Dot  t"i  Haltlmsar  Hubmaier  und  die  Antnnge 
der  Wiedertäufer  iu  Mäbreu,  Biuuu  1093'  «u. 


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der  Taufgesinnten  keinen  Moment  aus  den  Augen,  umso- 
wcniger,  als  sie  wusste,  dass  die  Hervorragendsten  unter  ihnen, 
Männer  wie  Bader,  Spitt«  liiiuier,  Jörg  von  Passau,  Hans  Hut 
u.  A.,  von  der  Ankunft  der  Türken  eine  Verbesserung  ihrer 
Lage  erwart«  tri I,  und  i:laiil)te,  dass  äie  mit  diesea  in  einem 
landesverrätlici  iac'ljen  Bündnisse  ständen. 

Kaum  waren  daher  die  Türken  von  den  Ringmauern 
VVieui»  zurückf^eschlagen,  so  fing  das  Werk  der  Ghiubens- 
reinigung  wieder  an  und  forderte  an  vielen  Orten  }>lutige  Opfer. 
Nur  in  Mähren  hielten  die  Stände  ihre  schutzende  Hand  über 
den  Wiedertittifeni.  Von  ihnen  begünstigt,  Hessen  sie  sich  in 
Znaini,  Eibenscliütz.  Brünn  und  anderen  Orten  nieder.  ,Als 
der  Profoss/  erzähh-n  die  ( Jesehiehtsbüelier,  ,vou  seinem  Naeh- 
japen  in  <  )«'^;terrcich  aufhürtr,  schickten  die  Herren  von  Nikols- 
burg  iioten  auf  die  Berrrc  und  in  die  l)eitnh*chen  Orte  der 
Wühler,  dahin  die  1*  iTiiniucn  gefloheu  waren,  und  Hessen  ihnen 
sagen,  dass  jedermann  v>  ieder  in  sein  Haus  und  seine  Herberge 
sieben  soUe  und  sieh  nicht  fürchten  möge.' 

Damals  ,kam  einer  gen  Rossitz',  das  den  Herren  von 
Pernsteiu  gehörte.  Es  war  Gabriel  Ascherham,  seines  Zeichens 
ein  Kürschner,  aus  Schärding  im  Baierland,  eine  der  origi- 
nellsten Oestalten  unter  den  Separatisten  in  Mähren.  Seine 
Ueberzeugungen  und  Lehren  hatte  er  an  dem  Herde  des 
deutschen  Separatismus,  in  Oberdeutschland  und  der  Schweiz, 
gewonnen  *  und  dann  in  Glogau  und  Liegnitz,  Schweidnitz  und 
Glatz  ,ein  Volk'  gesammelt  das  sich  in  Bossitz  niederliess.  Hier 
fanden  sich  auch  Gcsinnimgfligenossen  «ob  Heesen,  Schwaben 
und  der  Pfalz  ein.  Rossitz  wurde  bald  zu  enge,  und  die  Pfälzer 
sogen  unter  der  Führung  Philipp  Plener's,  der  nach  der  Art 
seiner  Gewandoi^  auch  ,Blauärmel'  oder  nach  seinem  Hand- 
werk , Weber'  genannt  wurde^  nach  Aaspitz.  Beide  ,VOlker' 
—  Gabrieler  nnd  Philipper  —  ,standen  in  Lehre  und  Kin- 
richtangen  aof  gleichem  Boden."  DaTOD,  dase  die  Beiden,  wie 


*  lf«n  liest  in  schlesisohen  GMcliiehtobSohem,  so  schon  im  Cod.  9004  dar 

Wiener  noll>iHliotliek,  dass  er  erst  in  ßchle-ii  n  arif  «pijif  naeliTnAligen 
Ueberzpug-ung-üu  grekoninien.  Eine  vollständig  gerechte  WUrdi^ng^ 
Ascberiiaiu's  ist  durch  den  Umstand  erschwert,  dass  jene  Leute,  die  (Iber 
ihn  ai—gkm  '—  dto  HwIn^miImii  «■toe  «oiynumhamlen  Geg^ier 
wann. 

*  Beek,  GMchiclitobllcliMr  4«r  Wi«d«rtiI«fBr,  a  M. 


141 


spÄtere  ScluittateUer,  PetrejuSj  rkire  uuti  Mebhovius,  melrleii, 
die  riottheit  Christi  geleugnet  oder  die  Dreifaltigkeit  gelästert 
hätteu,  k&nu  keine  Rede  sein.  Die  jüngere  GenoBseuscluifty 
die  sich  später  auf  Huter'a  l^amen  sammelte,  machte  ihnen 
sum  Vorwiu^By  dass  sie  der  eommmriatiflcben  Grundlehre  Huter't 
—  der  yGemeinsohaft'      g^nttber  lioh  ktthl  Terliietteii. 

InKWHwheii  war  in  KikoUbiiyg  der  «Ite  Gegensatz  awiBolieii 
den  Anhängern  Hubniaiflr's  nnd  Hnfc'a^  über  die  Fragen 
jvom  Sehwert  und  Krieg,  von  der  8leaer  imd  Gememtehaft' 
in  verschärfter  Weise  zum  Ausbruche  gekommen.   Hubmaier  s 
Platz  wurde  durch  Hans  Spittehunier  ausgefüllt;  nn  Hut's  Stelle 
traten  Jakob  VV  iedemann  und  Phili}j{>  Jäger.   I         hatten  eiuea 
grossen  Anhang  and  waren  nicht  gewillt,  nachzugeben ^  daher 
gebot  Spittelmaier  den  Seinen,  allen  Verkehr  mit  ihnen  absn* 
brechen.    Wiedemann's  und  Jäger'a  Anhänger  werden  nach 
ihrem  Ghnindpriacip  die  ^Geaeinaehaftler'  eder  ^täbler' 
genannt^  denn  sie  sagen,  daas  ein  Christ  mit  gntem  C^wissen 
vnd  nach  dem  Worte  Ootles  kein  Sehwert,  keine  Walto  and 
keinen  Krieg  f^lhren  dttrie.  Ihre  Gegner  hiessen  die  ,Schwertler.' 
Auf  Seite  dieser^  sUiad  L*'(>n]iaid  von  Liechtenstein.  Kr  hatte 
wiederholte  Versuche  gemaelit,  d'w.  feindlichen  Brüder  zu  ver- 
einigen; als  dies  nicht  gLiiiiiii:,  t  rliielteu  die  Stäbler  den  üefehl, 
seine  Ghrttnde  zu  räumen  und  hin  wegzuziehen. 

Der  vomehmlichste  Grund  der  Trennung  war  die  Streit- 
frage ,ttber  die  Gemeinsohaft'.  ,Die  Führer  der  Auswanderer 
breiteten  Tor  allem  Volke  einen  Mantel  ans,  nnd  hier  brachte 
jedermann  mit  willigem  Qemttlh,  ongeowongen  nnd  ungedmn- 
gen,  ZOT  Unterhaltung  der  Dürftigen  in  Gemftsshett  der  Lehre 
Christi  sein  Vermögen  dar."  Noch  jetzt  machte  Leonhard  von 
Liechtenstein  einen  Versuch,  die  Abziehenden  zur  Uiakkehr 
zu  bewegen.    Mit  etlichen  Reitern  kam  er  bis  Bogeuitz,  wo 
die  Oemeinschaftler  rasteten,  herangesprengt  und  sprach  sie 
äi),  wu  sie  denn  hinaus  woUen.  Sie  hätten  wohl  zu  Nikolsburg 
bleiben  können.    ,Ihr  Gewissen  nnd  Herz,'  erwiderten  sie, 
fbaben  wider  seinen  Frädieaateii  geaengt.'  ,Sie  bitten  ea  f(kt 

*  8.  hieraber  meinen  «BalthaMur  Hubmaier*  S.  129—136. 

'  Diese  in  Nikol^hui^  «nrfickbleibonden  Wiprl*»rtKufer  pfl<^pfte  man  sp.ntcr 
^cbweii&er  Briuler  m  aeoMA.  Sie  boaetzien  einige  Dtfrfer  ia  der  üm- 
^bfiii^  von  Nikolabunj. 

^  Cj«HcLicUUbacher,  &.  76.  in  Nacbabmuiig  der  AjMMitel,  Act  Apodt»  lY,  34. 


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142 


ungöttlicli  erkannt,  dasK  er  und  sein  Hrudcr  dem  Profossen  mit 
Gewalt  widerstanden,  da  er  docl»  von  der  ()brigkeit  geschickt 
worden  sei.*  Sie  zogen  weiter.  Liechtenstein  l)ef,'leitetc  sie  bis 
Unterwistemitz,  ,ver8chaffte  ihnen  dort  einen  Trunk  und  hielt  sie 
mauthfrei'.  Von  Gross-Nembschitz  bei  Nusslau  sandten  sie  vier 
Männer  nach  Austerlitz,  das  den  Biiidern  Johann,  Wenzel,  Peter 
und  Ulrich  von  Kaunitz,  Freunden  der  neuen  Lehre,  gehörte. 

Ulrich  von  Kaunitz  hatte  schon  1511  ,den  Pikarden^  in 
Austeriite  eioen  Plate  eingeräumt.  *  Die  Boten  baten  um  Auf- 
nahme, ^lan  möge  ihnen  gestatten,  ürei  nach  ihrer  Lehre  sa 
leben.  Ihrem  Gewissen  seien  nar  Kriegseteaem  und  Aehnltches 
zuwider.  In  das  könnten  sie  nicht  willige.  Die  Herren  von 
Kaottitz  erklärten,  sie  aufennehmen,  und  wenn  es  ihrer  Tausend 
wären.  Um  ihnen  die  Reise  zu  erleichtem,  sandten  sie  ihnen 
drei  Wagen  entgegen  mid  räumten  ihnen  drei  abgebrannte 
Wohnstlltten  ein,  in  denen  sie  die  nächsten  drei  Wochen  ver- 
weilten. Auch  die  Bürger  von  Ansterlitz  benahmen  sich  freundlich 
und  erwiesen  den  Fremdlingen  manche  Wohlthaten.  Die  Herren 
von  Kaunitz  gaben  ihnen  schliesshoh  die  Erlaubniss,  ,aaf  dem 
Hafenmarkt'  ihre  Häuser  so  hauen,  schenkten  ihnen  das  zum 
Baue  nittfaige  Holz  und  erliessen  ihnen  die  Robot  auf  sechs  Jahre. 

Austcriitz  wurde  nun  der  Hauptsitz  der  i'aafgesinnten  in 
Mähren.  Von  hier  aus  betrieben  sie  eine  eifrige  Propaganda:  ,sind 
die  Brttder  aas  göttlicher  ,,Anmuth"  verursacht  worden,  in  an> 
dere  Länder  au  schicken,  vornehmlich  in  die  Grafschaft  Tirols  ' 

Aber  auch  in  Austerlita  wurde  der  Friede  bald  duix;b 
neue  Zwistigkeiten  gestOrt;  schon  nach  drei  Jahren  wandte 
eine  gritasere  Ansahl  von  Tan^esinntm  den  Ansterlitzem  den 
Bttcken  und  beschuldigte  sie,  nicht  nach  der  Lehre  Christi  su 
wandeln*  ,Sie  haben,'  ersfthlt  Sebaslaaa  Ffank,  ,au  Ansteriits 
Oeconomicos,  Schaflher,  und  alle  ein  Kuchmftckel,  daraus 
man  einem  Jeden  soll  geben,  was  ihm  Koth  ist  Ob  es  aber 
geschehe  und  recht  ausgetheilt  wird,  frag  ieh  sie  nmb.*  Sie 


^  ChTtU,  Dm  fBnflieli  KaiiiiM«*ae]ie  C«atni1«vi:liif  m  JarmwMi  tn  MUiimi 

im  V.  Bande  der  Schrift«ii  der  hisi-Btat  Beetion  sn  Biflon,  8.  96. 

'  Geschichtsbüclier,  S.  76. 

'  Die  Antwort  findr't  sieh  in  rlpr  Epistel  Rpiiblin's  an  seinen  FtpimuI  Pil- 
gram  Mar|Hick  vom  2G.  .läuiier  lüäl.  Corneliiui,  Ut»8chicht«  (ie«t  MüiiHteri- 
scheu  Aufruhrs,  II,  8.  257:  ,Si  hoat  das  anBeken  der  per«on  geiialtou,  den 
veiebeii  veigant  aigne  hloelelu  .  .  .* 


143 


thun  die  andern  Brttder  in  Bann,  und  ist  des  Bannens  in  ihrer 
Gemeindu  viel  —  und  ist  schier  eine  solche  Freiheit  bei  ihnen 
zu  glaub<^Ti  als  im  Papbtthum.  Wer  nit  zu  allen  Dingen  Ja 
sagt,  dem  bat  Gott  die  Ohren  verntopft,  und  will  er  nit  um- 
kehren, 80  seh  Hessen  sie  ihn  aus/ 

Die  Anfänge  des  Anaba})tisniii8  in  Mähren  waren  somit 
wenig  TerheiBBangsvoU.  Wohl  hatten  sich  aus  yerscliiedenen 
HimmelastriGhen  Wortführer  der  neuen  Richtung  eingefunden, 
und  noch  immer  dauerte  der  Zug  der  fremden  Leute  in  das  ge- 
lobte Land  der  Gewissensfreiheit  fort:  aber  kaum  hatten  sich  die 
eingewanderten  Schaaren  an  einem  Orte  niedergelassen,  so  be- 
pann  der  ( iiaubcusstreit  unter  ihnen,  und  der  (ieist  der  Ver- 
neinung machte  sich  hier  noeh  in  höherem  Orade  geltend  als 
in  der  alten  Heimat:  bald  standen  Nikulsburger  und  Auster- 
litser,  später  Kossitser  und  Anspitzer,  Anspitzer  dieser  und 
jener  Riehtung  gegeneinander.  Der  Genosse  von  gestern  Yor* 
ackmihte  es,  mit  dem  yBmder'  an  einem  Tische  zu  sitaen  und 
iu  einem  Hause  zu  beten. 

Li  diese  rerfahrenen  Zustände  brachte  die  krtlfUge  Hand 
des  Tirolers  Jakob  Huter  Ordnung.  Ihm  gdang  es,  feste  und 
dauerhafte  Formen  fiir  die  Wirksamkeit  der  Taufgesinnten  in 
Mähren  zu  finden  und  die  getrennten  Brüder  zu  vereinen. ' 
Wer  den  Tirolern  d(  n  Weg  naeh  Mflhren  gewiesen,  ist  nicht 
überliefert.  Die  Kunde  von  den  grossen  Freiheiten  dieses 
Lsndes  wird  wie  nach  Steiermark  so  auch  in  die  Berge  Tirols 
gedrungen  sein  und  weckte  da  ein  kräftiges  Echo.  Die  Tiroler 
Qeuossen  sandten  ihre  Diener  Jakob  Huter  und  Sigmund 
Schützinger  im  Herbste  1529  nach  Austerlitz  und  vereinigten 
«ich  mit  der  ,Gemain  der  Heiligend  Huter  kehrte  hierauf  nach 
Tirol  zuriVck,  sandte  von  da  ,ein  Völklein  nach  dem  andern^ 
nach  ilklircn  und  stellte  sie  unter  die  Obhut  Jörg  Zaunried's. 

,Kntten weise'  \:  ii-sten  die  Taufgesinnten  ,de8  Oberlandes* 
in  (las  Land  ihrer  JSeiinsucht  zu  entkommen.  Und  doch  waren 
die  Verhältnisse  daselbst  recht  unerquicklicher  Art  Die  wieder- 
täuferischen Elemente  in  Austerlitz  waren  zu  venohiedenartig, 

*  lieber  die  AnfHnpo  Hut<'r's  siehe  meinen  Anfsat^  I^wr  AiiHKaptismus  in 
Tirol','» Archiv  Pir  r^^fm-r.  f»psch.,  78,  S  n'"  ff  Im  mtihlick  jiuf  die  au8- 
f^lhrliche  Kr7jihltul)^  daselbst  ist  dio  lolgendo  DiusUlhmp:  knapper  ge- 
tuilt»  ))  uuii  nur  die  Verhäliaisse  der  luäbrischeu  Gemeinde  selbst  etwas 
«luguhuuUer  beiiaudell. 


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144 


als  dass  es  an  ht  zu  schweren  Reibungen  und  Kämpfen  ge- 
kommen wäre.  Ihre  Zusammenkünfte  hatten  sie  des  Sommers 
im  Freien  gehalten.  Jetzt  bei  der  strengen  Wintti  kälte  fanden 
sie  keinen  Platz,  geräumig  genug,  Alle  zu  fassen.  Darum  wurde 
das  ,Vo!k'  an  drei  Orten  gesammelt  und  jeder  Abiheilung  ein 
Diener  beigestellt.  Diese  Tlieilung  erwies  sich  als  schädlich; 
die  Lehre  war  eine  ungleiche:  der  Eine  brachte  dies,  der 
Andere  jenes  vor.  Die  Einen  nn  intcn,  man  dürfe  sich  den 
bürgerlichen  Pfliehten  und  Eiden  nicht  entziehen,  denn  auch 
Christus  sei  zu  Kapharnaum  Büi^er  gewesen  und  iiabe  als 
solcher  seine  Schuldigkeit  gethan:  Andere,  unter  ihnen  der 
Diener  des  Wortes  Jakob  Wiedemann,  quälten  die  Schwestern 
mit  seltsamen  Fragen,  und  einzelne  Genossen  wurden  in  li^ssen 
und  Trinken  vor  den  üebrigcTi  1>evorzugt. 

Fiiim  r  der  Unzufriedenen  wurde  Wilhelm  Reubliu.  Die 
Vorwürfe,  die  er  in  seinem  Briefe  an  Pilgram  Marpeck  gegen 
die  Austerlitzer  Lehrer  erhebt,  finden  wir  70  Jahre  später  in 
den  Schriften  des  Gegners  der  Wiedertäufer,  Christoph  Andreas 
Fischer,  Pfarrers  von  Feldsberg,  wieder.  *  Die  heftigsten  Vor- 
würfe bezogen  sich  darauf,  dass  die  iQemeinBohaft'  nicht  in 
der  rechten  Weise  gehalten  werde. 

ReubUn  und  seine  Anhänger,  Tiroler,  Schwaben  und  Rhein- 
länder, schlugen  den  Staub  von  ihren  Fttsaen  und  wanderten 


ReubUn  an  Marpeck,  Cornelius,  1.  c. 
257:  Item  im  essen  habent  die 
gmaineu  bruod&r  ain  crboisz  und 
kraut  vor  guet  genomeu,  aber  die 
eltitton  «od  in  weiber  Attisch, 
ynltHmB,  flieh,  TOgl  und  gtttttan 


Die  iungfrauen  gegen  den  kna- 
ben  ontt  ins  hanei»  wiMen  ver^ 
mlehlet  and  in  die  ee  ▼erbonden 
nil  vil  Bwang  nnd  dnng  an  gotec 

befelch  .  .  . 

die  innpen  kindlen  on  milch 
herter  Hjteia  verderbt,  deren  auch 
mer  daun  xz  anagtdort  nnd  Tttr* 
dori»ttn  dnt;  fs  mMht  ain«a  stain 
•rbannen. 


Georg  Scherer  in  seiner  PoaÜll 
(in  Fe««to  Trinit.)  citirt  von  Fischer, 
Autwort  auf  die  Widerlegung  13.  III.: 
Ihr  Vorsteher  werden  samt  ihren 
weibern  httnlich  tnotieni  mit  ge- 
•ottettttm  nnd  gebiBtenam,  nül  Fi- 
schen nnd  Wildpret,  mit  edlem  und 
ktistlichem  GetrxTik  •  nuf  dio  aadetn 
gehört  Rnben  nnd  Kraut  .  .  . 

. .  .  warumb  ir  swai  wider  iren 
willen  tiuanMnknllpft und  benamt 
inen  «Im>  ite  fteiheil^  die  da  von 
nMen  kt .  .  .  (Antwort  F.  IL) 

In  Fisoher'«  Zeiten  wurden  die 
Kinder  erst  mit  rwei  Jahren  von 
den  Mattem  genommen  (F,  Q),  aber 
die  Kiefen  ttber  eefaleolitB  Xindei» 
tndit  ventnmmten  noeh  immer  idcbi 


4 


145 

am  8.  Jfiimer  1531  Ton  den  falschen  Brüdern  zu  Austerlitz 

■weg  und  greg^n  Auspitz,  wo  ihnen  die  Aebtissin  des  Königs- 
klosterb  in  iiiuiiii  als  (jrrundlierrm  von  Auspitz  umi  .Suui owitz 
Wülmsitze  einräumte,  liier  fanden  sie  sieli  .wie  auf  einer  rei- 
chen küstlichen  iiisel  im  Meere,  wo  Wein,  Koni,  Fisch,  Fleissch 
und  sonstige  Nahrung  reichlicher  vorhanden  ist  als  anderswo 
im  deutschen  Land^ 

Die  Aniknge  der  Taufgeirinnten  in  Auspitz  und  Steurowita 
waren  ireilich  aohwierig  genug,  ^denn  die  Leute  waren  der 
Arbeiten  des  Landes  und  der  Weingärten  nit  berichtet'.  Schlim- 
mer war  eBf  da«  die  neue  Gemeinde  auch  hier  nicht  die  ge- 
wünschte  Einigkeit  fand.  Gerade  das,  was  RenbHn  den  Auster* 
litzera  zum  Vorwurfe  maehte,  der  ,Eigeiuiulz\,  ward  an  ihm 
selbst  entdeckt  und  wurde  die  Ursache  seines  Sturzes.  ^ 

Die  Auöterlitzer  und  Anspitzer  hatten  mittlerweile  einen 
Schiedsspruch  von  Unter  erbeten.  Dieser  erschien  und  ent> 
schied  zu  Gunsten  der  Auspitzer.  Die  Leitung  der  neuen  Ge- 
meinde erhielt  Zaunried,  und  als  sich  auch  dieser  unfähig  er^ 
wies,  Sigmund  Schtttsinger,  wie  Huler  selbst,  der  abermals 
Usch  Milliren  gekommen  war,  ein  Tteler.  *  Die  Einigkeit  awi- 
sehen  den  einzelnen  Haushaben  wurde  zwar  hcrgesteUt,  aber 
flie  war  doch  mehr  eine  ftusserliehe. 

Eine  straffere  Ordnung  wurde  erst  durch  Jakob  Hüter 
begründet,  der  iui  Sommer  des  Jahres  1553  vor  der  bluugen 
Verfolgung  in  Tirol  nach  Mähren  entwich.  ,l>ie  Tyrannei  hatte/ 
nach  dem  Ausspruche  der  im  Juh  d.  J.  im  Guti dauner  Bezirke 
zahlreich  versammelten  Brüder^  ^einen  so  hohen  Grad  erreicht, 
dass  ftkr  die  Heiligen  keines  Bleibens  mehr  war/  Sie  Alle  be- 
schlossen, nach  Mähren  zu  ziehen,  und  Huter  wurde  abgesandt, 
um  seinen  Gteainnungsgenossen  ,die  Wege  zu  bereiten^.  Am 
12.  August  erschien  er,  von  wenigen  Freunden  begleitet,  in 
Aiispitz  und  wurde  Ton  der  Gemeinde  freudig  empfangen.  Die 
Freude  dauerte  nicht  huii:^  :  Keiner  von  den  Führern  der  drei 

*  Ueber  die  ^spStorcn  Schk-k.sale  Keublin's  (KoiVtlin'.s)  s.  Bosscrt,  DIp  THufer- 
bewegung  in  der  Uer»chaft  Hobeabeig.  Blätter  f.  wttrtteuib.  Kircbeu* 
^wh.  IV,  73. 

*  Es  g.il)  rmn  drei  Hanshaben:  zwei  in  Auspitz,  die  Tiroler  und  i'Uiiipper, 
und  da«  zn  KutMit^i  unter  Giibriel;  jene  zäblten  no  2000,  dieses  an  1200 
F^noneiL  Die  EtmelnlMiteo  über  ZeniirflrftiHwe  Mi»  in  meinem 
tAnabeptimiu  In  Tirol*,  S.  498  n.  ff.  nnd  in  den  ,Geicliichtsbachera  der 
Wiedefünfoi',  8. 


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146 


Gemeinden  wollte  zu  Gunsten  Huter's  seiner  Stelle  entsagen, 
und  diesem  selbst  ,war  es  nicht  pregeben,  des  Wortes  Gottes 
k'dig  zu  pehen'.  *  Bei  den  fortwährenden  Streitigkeiten  tliat 
aber  eine  kräftige,  üielbewusste  Leitung  dringend  Noth.  Zur 
Durchfuhrung  der  ,Lehre'  hatten  die  bisherigen  Führer  sich 
untaii^'lich  erwiesen.  ^^enügte  nicht,  mit  dem  ,eiuaugeten^ 
Jakob  zu  sugca,  ,ali'  unser  Heil  steht  iui  Wasser'.  ,In  der 
Lehre  von  der  Obrigkeit  schwankten  sif  liin  und  her/  und 
alle  hit  nj^en  noch  an  dem  ,Ei^cn*,  um  dessentwillen  zuerst  Ja- 
kob, dann  Keublin  von  ilirem  Amte  entfernt  worden  waren. 
Aucli  Schlitzinger  verlor  es  ^wic  ein  zweiter  Ananias'  au6 
demaelben  Grunde.  Sie  hatten  ,von  der  wahren  (jemeiusehaft^ 
nicht  den  rechten  Begriff.  Wahrend  sie  Alle  insgeheim  (ield 
aufspeicherten,  brachte  Tluter  aus  der  Heimat  .eine  Gab'  im 
Zeitlichen  mit,  ein  Uplei  fh-r  Siissigkeit,  ja  ein  klein  wenig 
Zehrung,  damit  sie  ihre  Schuld  an  die  Nonn'  ica  Brünn  und 
die  Anspitzer  abzahlen  konnten'. 

Mehr  noch  als  die  Wahl  dureli  das  Loos  im  biblischen 
Sinne  ^raU  ilim  aber  die  innere  Krweekung:  ,l)er  heil.  Geist 
hat  ihn  zur  Leitung  berufen;  davon  kann  er  niclit  abgeiieu.' 
»Seine  Pflicht  sei  es,  die  l)inge  zu  bessern.'  Unter  unerquick- 
lieiien  Kiiini)fen-'  erlnelt  er  die  Leitung  der  nunmehr  uaeh  ihm 
genannten  Gemeinde.  Kr  hat  ,(lie  wahre  (Gemeinschaft  dureli 
die  Hilfe  und  Gnade  (lottes  in  eine  ziemliebe  Ordnung  ge- 
bracht, daher  man  uns  nueb  iieut'  die  Huter'seben  nennt'."' 

Huter  nuielite  den  Versueb,  die  l*hibp]»er  und  Gabrieler  * 
von  ihren  Kübrern  zu  trennen,  nber  er  hatte  darin  keinen  Er- 
folg; selbst  von  den  Tiroler  Brüdern  ging  ein  Tlieil,  der  von 
Schützinger  nicht  lassen  wollte,  verloren.  Dafür  erhielt  Huter 
reichlichen  Zuzug  aus  Tirol  und  anderen  Ländern.  Infolge 
der  Berichte,  die  er  aus  der  ,heiUgen'  Gemeinde  in  Auspitz  ins 
,Oberland'  schickte,  kam  es  zu  einer  fortgesetzten  Wanderung 
der  Tiroler  Genossen  nach  Mähren.  *  Noch  im  Jahre  1Ö33 
wurde  in  dem  eine  halbe  Meile  von  Auspitz  entfernten  Schäcko- 
witz  ein  neues  Haushaben  gegründet.  Selbst  Leute  aus  dem 
tirolischen  Adel,  wie  Sigmund  von  Wolkenstein,  pilgerten  nach 

1  Der  Aimbaptiimiu  in  Tirol,  l.  c,  C^p.  7:  Die  Hutemcben  in  MAhren. 

>  Ebenda»  8.  5S8. 

■  GMchichttbacher,  S.  US. 

*  Ueber  Zuidg l«r  ans  Kmam  riehe  meinen  JaiMh^f/Hmw  in  Tito]*,  8. 6S1. 


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147 


Auspitz.    Zu  Anfang  1534  war  die  Bewegung  unter  den  Tiroler 
Taufgesinnten  eine  allgemeine.   Aber  schon  war  die  Regierung 
daran,   .den  Fremden'  aucli  die  Aufenthaltung  in  Mnlirm  .ah- 
znstnckcn'.   Der  Schlag,  zu  dem  sie  ausholte,  war  von  langer 
Hand  her  vorbereitet  und  in  der  Hauptsache  eise  Folge  jener 
£reignissey  die  sich  eben  in  Münster  abgespielt  hatten.  Von 
iJlen  Seiten  worden  nun  Mandate,  schärfer  als  alle  Torher- 
gehenden^  erkussen,  und  was  noch  schlimmer  war:  die  alten 
Vorwürfe  gegen  das  Tanfertbnm,  als  sei  es  auf  einen  ydUigen 
Umstuns  nicht  blos  der  kirchlichen,  sondern  auch  der  8taat> 
liehen  und  gesellschaftlichen  Ordnung  abgesehen,  gewannen 
nunmehr  einige  iierechtigung.    Schon  längst  hatte  man  auf  die 
Betheiligtmg  Hubmaier's  an  den  Wirren  des  Bauernkrieges  liin- 
gewieaen;  die  Aeusserungen  der  Wiedertilnter  in  Mähren  und 
Tirol:  Wir  haben  mit  denen  von  Münster  nichts  gemein,  wir 
kennen  sie  nicht  —  wurden  als  Lug  und  Trug  hingestellt 
Triumphirend  wiesen  die  Beh((rden  darauf  hin,  dass  sich  ihre 
Annahme^  die  Wiedertäufer  würden,  wenn  sie  nur  erst  in  einer 
Stadt  oder  einem  Lande  das  Heft  in  die  Hände  bekämen,  das 
von  ihnen  verabschente  Schwert  sum  Schrecken  aller  Anderen 
gebrauchen^  durch  den  Erfolg  bewährt  habe.    Nun  wurden 
auch  solche  Körperschaften  zu  einem  scharfen  Vurgehen  Avider 
sie  bewogen,  die,  wie  die  Stünde  Milhrens,  vordem  von  einem 
solchen  nichts  !i:itt*'n  wissen  wollen.    Ks  wurde  darauf  hnige- 
wiesen,  dass  das  ,Fundanient  der  Rädelsführer  dieser  Secte  die 
Zerstörung  und  Vertilgung  aller  Obrigkeit  und  Ehrbarkeit  sei'. 

Dem  Wunsche  des  Königs  entsprechend,  beschloss  der 
Landtag,  der  in  der  Woche  des  ersten  Fastensonntags  in  Znaim 
zusammentrat,  dass  ,die  Wiedertäufer  hinf^  nicht  mehr  im 
Lande  geduldet,  sondern  aufgetrieben  werden  sollten'.^  Die 
kttrseste  Frist  Ulr  den  Abetig  ward  ihnen  zugemessen:  ,Zu 
Georgi  täüllten  sie  das  Land  räumen  und  ihr  Brot  anderwärts 
vtr/.eliren/  Eine  Klageschrift,  die  sie  den  Landesherren  über- 
reichten, Imttf^  cbensowoniL'"  Erfolg  wie  die  Epistel,  die  Jakob 
Huter  dem  Laudeshauptmann  von  Mäliren  übergab:-  die  Aus- 
weisung wurde  ohne  Zögern  durchgeführt,  und  nun  strömten, 
allen  Qegenmassregeln  zu  Trotz,  die  Wiedertäufer  ,haufenwei8e' 

*  Das  Nähere  hiehe  iu  lueiuetii  ,AuHl>apU8mua  iu  Tirol',  1.  c,  S.  544  ff. 
'  Sie  hat  bei  Ranke,  SftmmU.  Weriie,  III,  869  weder  die  richtige  chrotio- 
logifldie  Stellung,  noeh  die  entsprechende  Wflfdiguiig  gefunden. 

10» 


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148 


in  die  Länder  zurück,  aus  denop  sie  gekommen  ^Naren.  iu 
Niederösterreieli,  Bohtuen,  Ober^Ssterreich,  Passau  und  in  an- 
deren Geg'ondi'n  wurden  sie  einzeln  oder  gruppenweise  aufge- 
fangen, zum  Widerruf  gezwungen  oder  eingekerkert  und  hin- 
gerichtet. Von  grossem  Interesse  sind  die  Angaben  jener  Wieder- 
tÄufcr,  die  im  Sommer  löBö  im  Gebiete  des  Kisthums  Passau 
gefangen  genommen  wurden;  ^  es  waren  zumeist  Schwaben. 
Alle  wiesen  den  Anwurf,  dass  sie  mit  denen  von  ]\IUnster  Ge- 
meinseiiaft  halten  oder  Beziehungen  zu  den  Türken  haben,  mit 
Entrüstung  von  sich:  ,Mit  denen  von  Münster  haben  wir  keine 
Gemeinschaft;  denn  man  sagt,  dass  di(!se  fast  kriegen.  Wo  sie 
solches  thuen,  seien  sie  ihre  Brüder  nit.''  ,Ihr  Fürhaben  sei  nie- 
mals gewesen,  der  Obrigkeit  Wideretand  zu  leisten,  denn  wer 
mit  dem  Schwerte  richtet,  wird  selbst  damit  gerichtet  werden.* 
fihr  Anschlag  sei  nichts  Anderes,  als  nach  dem  Worte  Gottes 
zu  leben.'  Einer  von  den  Gefangenen  schätzt  die  Zahl  der 
mährischen  Wiedertäufer  auf  3000—4000.  Die  meisten  bleiben 
auf  ihrem  Glauben  bestehen:  ^ne  wissen,  dass  sie  auf  dem 
rechten  Wege  seien*. 

£«inem  Häuflein  der  Aaswandernden  —  es  gehörte  den 
Schweizer  Brüdern  zu  —  erstand  in  der  Person  ihres  ehe- 
maligen Qrundhemi  Heinrich  von  Lomnitz  zu  Jamuitz  ein 
Fürsprecher  und  Retter.  ^  Solche  Fälle  ereigneten  sich  freilich 
selten  genug.  Oft  wurden  nicht  einmal  jene  Wiedertäufer,  die 
^abstanden',  begnadigt  So  sandten  die  bairischen  Herzoge 
einige  Schreiben  an  den  Administrator  von  Passau,  in  denen 
erAviihnt  wird,  man  gedenke  auch  Ton  den  ,abgestandenen* 
Wiedertäufern  einige  dem  Schergen  anm  Bicbten  su  Übergeben: 
,Eb  sei  des  Beispiels  wegen.' 

Die  Ausweisung  aus  Mähren  traf  alle  Schattirungen  der 
daselbst  vorhandenen  Taufgesinnten:  die  Schwertler  in  Nikols- 
burg  so  gut  wie  die  Stäbler  in  Austerlita,  die  Gemeinden  des 
Philipp  und  Jakob  Huter  in  Auspitz  ebenso  wie  jene  des  Ga- 
briel in  Rossitz,  und  wo  sie  sonst  in  Gruppen  oder  vereinzelt 
im  Lande  wohnten.  Die  schweren  Zeiten,  die  Uber  sie  Alle 
hereingebrochen  waren,  milderten  ihren  harten  Sinn  den  Tauf- 
gesinnten anderer  Richtung  gegentlber.  Von  den  Austeriitsem 


'  Maudien,  BeieluareluT,  Psmoer  Acten. 
*  OMchichtobUcher,  &  152. 


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149 

sog  ein  Theil  in  die  Sloyakei,  ein  anderer  bis  nach  Erasnikow 
in  Podolien.  An  diese  ^Fremdlinge  nnd  Filgrime  au  Krasnikow 
in  Polen'  schrieb  der  Tiroler  Ulrich  Stadler  seine  Sendbriefe.' 
Die  FhOipper  sogen  sameist  in  ihre  Heimat  aurttck,  und  die 
Qabrieler  sogen  nach  Schlesien,  wo  sie  in  Randen  und  Wohlau 
Aufnahme  fanden,  oder  nach  Polen  und  Preussen. 

Von  den  aus  Mähren  flüchtigen  Wiedertäufern  hatte  sich 
eine  erhebfiehe  Ansahl  in  die  tirolische  Heimat  gerettet.  Unter 
ihnen  befand  sich  Huter  selbst  Hier  hoffite  er  allen  Verfolgun- 
gen zum  Trotze  sich  behaupten  zu  können.  ^Wir  haben/ 
schreibt  er  bald  nach  seiner  g^tlcklichen  Ankunft,  ,fast  viel  zu 
arbeiten,  und  es  wär^  von  Notiien,  dass  unser  mehr  Diener 
wären  und  taugliche  Brllder.'  In  Mähren  hatte  ihn  die  Ge- 
meäide  in  smnem  eigenen  Interesse  nicht  mehr  geduldet  Die 
masslose  Sprache,  die  er  dem  Landesherrn  gegenüber  in  seiner 
Eingabe  an  die  mährischen  Herren  geftthrt  hatte,  hatte  zur 
Folge,  dass  sich  die  Verfolgung  vomehmlich  auf  ihn  bezog. 
Bald  sollten  seine  Brttder  er&hren,  dass  ihr  Oberhaupt  auch 
im  Oberlande  nicht  sicherer  weile  als  in  Mähren.  Die  Nach- 
richten von  seiner  Gefangennahme,  seinem  Processe  und  seinem 
Ende  folgten  einander  auf  dem  Fusse.  Bein  Nachfolger  im 
bischöflichen  Amte,  Hans  Amon,  schreibt  ,von  der  grossen 
Lehr',  die  Huter  durch  seinen  Tod  gcthan  habe:  Gott  sei  mit 
ihm  gewesen*.  Es  fragte  sich  nun,  ob  die  Hnterischen  in 
Mähren  sich  auch  ohne  ihr  thatkräftiges  Oberhaupt  zu  halten 
vermöchten. 

2.  Capitel 

Fortschritte  des  Aiiabaptismiis   in  Mahren  Jiach  dem  Tode  Juknb 

Hnter's.   Per  Kampf  gegen  die  .Gemeinschaft'  und  die  sweite 

grosse  Verfbigung  in  Mährea. 

In  schwerster  Zeit  hatte  Hans  Amon  —  der  Tuchmarhfr, 
wie  er  in  tirolischen  Schriftstücken  meistents  g^onannr  %Miä  — 
die  Leitung  der  Huter'schen  ,Gemein8chaft'  in  Mähren  über- 
nommen. Von  den  Vertriebenen  kehrte  mancher  zurilck,  als 

*  Stadler  «mehtete  Ar  aeinfl  Anhlafsr  «in  Hai»  ra  Bniiehowifat  in  llikmi 

und  vereinigte  sich  1637  mit  den  HuteriBchen,  worauf  -i  ihrrii  Wohn- 
nti  wieder  in  Anaterlite  anftchlngen.  &  J.  v.  Beck,  Gesckicbtobacher, 
8.  ^7. 


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160 


die  Vcrfolgunfr  etwas  nachlicss.  Kein  Geringerer  als  der  Landes» 
hauptnumn  selbst  und  einige  Landesherren  Hessen  sich  ver- 
nehmen, es  sei  nicht  gerathcn,  die  armen  Leute  zur  Vensweif- 
lung  au  briogen,  nicht  recht  und  \n\\\'^.  sie  aus  ihrem  Besitz, 
von  Haus  und  Hof,  die  sie  um  ihr  Geld  gekauft;  zu  vertreiben. 
Vn.n  s(  liiidige  die  Grundherren,  denen  sie  tüchtige  Arbeiter 
stellen,  und  das  Land,  dem  sie  Tribut  und  Steuern  zahlen, 
ohne  dass  sie  hiefUr  etwas  Anderes  begehren,  als  dass  man  sie 
bei  ihrer  Arbeit  und  ihren  religiösen  Gebräuchen  lasse.  *  Noch 
im  Jahre  1Ö3()  waren  sie  unter  diesen  Verhältnissen  im  Stande, 
ein  neues  Haushaben  in  Bntschowitz,  in  der  Nähe  von 
Austerltte,  zu  errichten.  Aus  einem  Briefe  Hans  Amon's  an  die 
Gefangenen  in  Mödling  ersieht  man,  dass  sie  damals  noch  Tier 
andere  Haashaben  besassen.  *  Im  folgenden  Jahre  wurde 
Austerlitz  wieder  besetzt,  dann  Popitz  in  der  Kähe  von 
Auspitz  und  Steinabrunn  an  der  mährischen  Grenze  in  Oester- 
reich. *  Ja  66  gelang  Amon,  die  Vereinigong  mit  den  bisher 
getrennten  Austerlitzer  Brttdem  zu  bewerkstelligen:  Amon 
kehrte  nicht  wie  Huter  stets  die  schroffe  Seite  hervor.  ,Ubich 
(Stadler),'^  schreibt  er  an  die  Gefangenen  in  Modling,  ,ist  jetzt 
nicht  da,  aber  ich  erwarte  seine  Ankunft  Mit  den  Abgefalle- 
nen habe  ich  bisher  nicht  handeln  mögen.  Ich  hoffe  in  memem 
Herzen,  sie  werden  aufgenommen.  Der  Herr  möge  es  schicken 
nach  seinem  göttlichen  Willen  und  gebe  uns,  dass  wir  handeb, 
urtheüen  und  richten  in  seinem  Hause,  wie  es  ihm  wohlgefilllig 
ist^  Unsere  Einigkeit  hat  schon  Etliche  angeeifert,  nach  uns 
zu  fragen.'  Zu  dem  Stillstände,  der  seit  1537  in  der  Verfolgong 
eintrat,  trog  der  Umstand,  dass  die  Regierung  durch  den  Tür- 
kenkrieg viel  zu  sehr  in  Anspruch  genommen  war,  als  dass 
sie  diesen  Dingen  ihr  Augenmerk  hätte  zuwenden  können 
wesentlich  bei.  Die  Hoffnung,  dass  der  Tttrkenkrieg  ihre  Lage 
ändern  könnte,  gaben  die  Taufgesinnten  nicht  auf.  In  diesem 
Sinne  wu-d  den  Gefangenen  in  Mödling  gemeldet:  ,Wir  haben 
die  Hoffnung,  dass  Gott  Euch  uns  doch  einnud  wieder  schenken 
werde.  Die  Gottlosen  schreien  wohl  und  ftLrchten  sich  fast  vor 

'  Vgl.  auch  MeshoviuH,  lib.  IV,  86. 

*  Geschichtsbücher,  8.  181. 

*  Ebenda,  S.  133. 

*  lieber  Ulrich  Stadler  sielie  lueiueii  ,Aiiabapti«mus  in  Tirol',  Archiv  fUr 
Stterr.  Gesch.,  79,  8.  52. 


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151 


dem  Tfliken:  Sie  werden,  weDH  er  nahe  iatj  Busse  thun  wollen; 
aber  noch  sind  sie  Tentockt  wie  Pharao.  Unser  Qott  kommt, 
uns  Bu  rftchen  ob  des  Unschuld^  vergossehen  Blutes.  Komm' 
0  Herr,  erlöse  d«n  Volk/  Die  Verhältnisse  lagen  nun  doch 
schon  so,  dasB  sie  1538  Häuser  in  Pulgram  nnd  Pausram 
aufinchteten  und  in  Aosterlits  ,ein  Hans  auf  grünem  Wasen 
erbauten'.^  Zu  Allerheiligen  wurden  schon  wieder  fünf  Brüder 
SU  Dienern  der  Nothdurft  erwäUt  nnd  au  Schäckwita'  der 
Gemeinde  vorgestellt  Es  fehlte  freilich  noch  viel,  dass  sie  sich 
Ttflfa'ger  Ruhe  hätten  erfreuen  dttrfisn.  An  einseinen  Orten  kam 
es  au  blutig  Scenen:  Am  17.  April  wurden  in  Olmttts  drei 
Brüder  Terbrannt,  ,ein  Klempfner,  ein  Meiser  und  ein  ausge- 
laufener MOnch^* 

Die  im  Jahre  1589  in  Ungarn  herrschende  Waffenruhe 
brachte  die  Frage  der  Austreibung  der  Wiedertäufer  aus 
Mähren  wieder  auf  die  Bahn.  Die  Regierung  stellte,  am  Bar* 
tholomäi-Landtage  au  Brünn  an  die  Stände  die  Forderung,  die 
Taufgesinnten  anssuweisen.  Die  Stände  waren  indess  keineswegs 
gesonnen,  der  Forderung  der  Regierung  nachaukommen,  sie 
erhoben  vielmehr  so  lebhafte  Beschwerden,  dass  Dub&msky, 
der  lauteste  von  ihnen  und  ein  Sectirer,  mit  seinem  Anhänger 
Wogkowsky  auf  MilhostitB  nach  Prag  vor  das  Hofgerieht  ge- 
laden  und  dort  eingekerkert  wurden.*  Die  Stände  erklärten  ein 
derartiges  Verfahren,  welches  mährische  E^elleute  ihrem  ordent- 
lichen Gerichte  —  dem  Landrechte  —  entziehe  und  ihr  Leben 
nnd  Eigenthum  einer  Versammlang  ausländischer  und  ab- 
hängiger Richter  unterwerfe,  als  Landfriedensbruch.  Dubdansky 
wurde  auf  die  Bedingung  hin  entlassen,  dass  er  auswandere 
oder  sich  der  Verbreitung  von  Irrlehren  enthalte.    Aber  auch 


>  Geaehiehtobaeher,  &  185. 

•  Hier  befandun  »ich  500  Brttder  nml  Sthw  csUi n .  uutor  diesen  auch 
A^nos  von  Waltenhofen,  aus  vornehmer  Tiroler  Familie.  S.  .T^er  Anabap- 
tbmuB  in  Tirol*,  Archiv  fflr  tist^rr.  Op«rh.,  79,  8.  öl.  Die  \'i>r>.t('ht_'r  der 
Wiedertäufer  ia  Mähren  waren  damals  nach  den  Tiroler  Acten:  Kaua 
Tuchmacher,  Lienhart  Sailer,  Hans  Gentnw  juis  dem  Schwabenlaiidf 
Chriilopli  GtoUl,  Peter  tob  Gmonden  »und  •anefc  ein  SeUecidger'.  Die 
Zahl  der  mibfieohen  WiederOofer  wird  von  Tiroler  BrOdero  auf  lOOO 
—  ebne  Weiber  und  Kinder  —  bcreefanet» 

»  Diidfk.  Geschicliteiiuollen,  I,  8.  9. 

*  Chiumecky,  Karl  v.  ^erotin^  ä.  71. 


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I 


152 

darauf  gingen  die  StÄndo  nicht  ein.  ,In  der  Wahrheil/  schrt  iben 
sie,  ,al!'  unser  rTedjk  liti)ifc.&  kann  es  nicht  hejrreifen,  dass  i*'nial> 
zuvor  ein  Küuig  hier  zu  Lande  auf  irgend  einen  Einwohner 
des  Glaubens  wegen  mit  etlichen  Bestrickungen  oder  Oefitag- 
nissen  gegriffen  oder  ihn  gepeinigt  hätte.^  Vor  mehr  als  hand«rt 
Jahren  sei  m  Böhmen  und  Mähren  zweierlei  Glaube  maSBT- 
standen,  viele  Priester  habe  es  da  g^ben,  die  dem  Glaobeo 
der  Römer  ,wider8tftndig'  gewesen,  sodann  Pickarden  oder 
Bunzlaner,  Wlanstennser  (sie),  Nicolaiten  u.  s.  w.,^  und  wie- 
wohl Gemlith  und  Sinn  aller  dieser  Leute  wider  die  römisehc 
Kirche  ji^rwoscu,  habe  S.  kais.  Majestät  keinen  Inwohner  und 
,LandtVit'dencr^  mit  Bestrickung  oder  Geftingniss  iingogritf«M>.  m> 
viele  Verbote  auch  ausgegangen  seien,  dass  der  Glaub  unter 
zweierlei  Gestalt  nicht  gepredigt  und  die  Versammlungen  der 
Pikarden  oder  Brüder  abgestellt  w(Mdon  sollen.  ,Ohne  Zweifel 
haben  die  Vor&hren  Sr.  Majestät  erkannt,  dass  die  Leut*  nicht 
mit  Gewalt  zum  Glauben  genöthigt  werden  können,  die  weil  der 
Glauben  nichts  Anderes  ist  denn  die  Qabe  Gottes  tmd  von 
niemandem  Andern  denn  aUein  von  Gk>tt  gegeben  werden 
kann,  und  dass  es  sich  Ihrer  Majestät  nicht  geziemen  will, 
wider  die  Freiheiten  und  unseru  Landfrieden  mit  Bestrick ung 
und  (jel'iiiiprniss  .Icinanden  anzugreifen.  So  wurden  auih  unter 
Kaiser  Sigismund  ilus  nnd  lliernnymn^  mit  keinem  (Jefäno;-mss 
angegriffen,  sondern  vor  dem  GonciHum  gehört  und  dort  ge- 
richtet/   ,Aueh  jetzund  im  Reich  Sr.  kais.  Majestät^  wo  aus 
allen  Ständen  viele  von  der  römischen  Kirche  abgetrelen  sind, 
wider  diese  öffentlich  gepredigt  wird  nnd  sahhreicbe  Schrif- 
ten ausgehen,  wird  Niemand  des  Glaubens  w^n  ge&ngea.^ 
Demnach  bäten  die  Stände,  dass  Niemand  von  dem,  was  er 
zur  Seligkeit  seiner  Seele  für  nothwendig  halte,  abgedrängt 
werden  solle. 

Am  DreikönigstÄge  1540  fanden  sich  die  Staude  Mährens 
in  Olmütz  zum  Landtage  ein.  Von  hier  aus  sandten  sie  dem 
Könige  eine  Botschaft  nach  Böhmen,  die  auf  mehrtache  Be- 
schwerden der  Krone  Bescheid  zu  geben  hatte.'   Der  König 

*  An»  einer  frl<*it'h7,citi{ren  Abschrift  IV,  II.  3  im  Archiv  des  Ministeriums 
Inneni.   Uobersetzt  nun  den  böbmiacb^n  Pwiuitkenbttcbenu  Ammg 

iu  der  v.  Beck'seheu  Sntiiiiiluiip. 
'  Archiv  des  Ministeriums  des  Innern  iV,  JhL  3  und  mähiisdhes  L*«ndM- 
archiv. 


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153 


hatte  mitt  r  xVnderm  Klage  «jeflUirt.  dnps  si(  h  «lie  WiVrlnrtäufer 
neupftens  wieder  in  «grösserer  IMcii^c  in  imd  um  Nikolshurp: 
aufhalten,  wogegen  (iie  Kegierung  schon   auf  dem  Znaiiner 
Landtage  Stellung  genommen  habe.    Dalier  habe  Sc.  Majestät 
auch  anzeigen  lassen,  dass  er  im  Hinblicke  auf  diesen  Land* 
tagsbeschluBB  die  Wiedertäufer  im  Lande  nicht  su  dulden  ge- 
denke.   Die  Stftnde  erwiderten,  sie  ftnden  nichts  daas  der 
Beachluaa  in  solcher  Weise  gelautet  habe;  es  sei  ihnen  in 
fnscliem  Angedenken,  dass  Ihre  Majestftt  auf  dem  Znaiiner 
l^ndta^^e  nur  verlangt  liabc,  dass  jene  Stände,  die  Wieder- 
taiil'or   auf  ilircn  Besitzungen   beherbergen,  sie  hinwcgliiucn; 
fiaa        geschehen.  Sie  hätten  kein  Wissen,  dass  solche  Secten 
jetzt  noch  im  Lande  vorhanden  seien.    Sollten  sie  in  Zukunft 
betreten  werden,  so  sei  ihnen  zu  befehlen,  zu  gelegener  Zeit 
aus  dem  Lande  zu  ziehen.    ^Väs  aber  die  betreffe,  die  auf 
ihrem  eigenen  Boden  und  besonderen  GrUnden  sitaen  oder 
Herren  dienen,  auch  sonst  alle  Unterthänigkeit  leisten  und  sich 
gegen  ihre  Herren  gehorsam  erweisen:  wenn  ,wir  diese  Leute 
▼on  unseren  Grttnden  verweisen  wttrden,  so  möchte  hieraus 
nichts  Anderes  denn  Aufruhr  erfolgen.  Unsere  Gründe  würden 
öde  und  wüst  Hegen  und  Se.  Majestiit  im  Kriege  gegen  die 
iiuken  vielfach  gehindert  sein.  Deshalb  mr»ge  Se.  Majestät  uns 
sammt  unseren  Unterthanen  bei  unseren  Privilegien  und  Frei- 
heiten verbleiben  lassen  und  auf  die  Personen  des  Markgraf- 
thumes  Mfthren  nicht  greifen^ 

Die  Htttnde  stimmten  demnach  nur  dann  in  die  Aus- 
Weisung  der  Wiedertttufer,  wenn  sie  auf  ihren  communistischen 
Lehensformen,  der  ,Gemeinschaft'  behanrten,  weil  man  immer 
noch  mit  Schrecken  des  Von  den  MUnster'schen  gegebenen 
Beispieles  gedachte.  Wo  sie  Sondereigenthum  erworben  hatten, 
was  ja  bei  den  Wiedertil ufern  mit  Ausnahme  der  Iluterschen 
der  Fall  war,  oder  wo  sie  in  ein  Dienstverhältniss  zu  dem  Adel 
des  Landes  getreten  waren,  dort  sollten  sie  geduldet  Averden. 
Ja  einige  Grundherren  gingen  noch  viel  weiter:  Jaroslav  von 
Perostein  empfahl  dem  Könige  eine  allgemdne  Toleranz.  Dar- 
anf  ging  dieser  aber  nicht  ein.  Wegen  utraquistischer  Lehr- 
mebmigen,  erwiderte  er,  habe  in  der  Bdlarkgrafschaft  Niemand 
Anfechtungen  su  erdtüden.  Solche  Secten  seien  aber,  als  irrig, 
in  keiner  Weise  zu  dulden.  Es  filnden  sich  Leute  in  Mähren, 
die  weder  von  Gott,  noch  von  den  Sacramenten  etwas  wttssten 


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154 


und,  den  Thiercn  gleich,  nicht  einmal  an  die  Auferstehung 
glaubten.  ^  ( Mer  soll  man  auch  dio  dulden,  von  denen  nicht 
einmal  Luther  und  Zwingli  etwas  wissen  wollen? 

Auf  die  Bitten  der  Stünde  antwortete  der  König  am 
30.  Jannor  1540:  Was  sie  darüber  gesagt,  dass  sie  von  keinem 
Landtagsbest'hlnss  und  keiner  Bewilligung  wissen,  nach  der 
die  Wiedertäufer  im  Lande  nicht  geduldet  werden  sollen,  be- 
fremde ihn  in  hohem  Masse,  zumal  sie  flbor  solche  ungläubige, 
unsinnige  und  aufrührerische  Leute  dio  Hand  halten  —  über 
Leute,  die  aller  löblichen  und  christlichen  C>rdnung  wider- 
■treben  und  jeder  Hoheit  und  ObrigkLlt  feind  seien.  Se.  Ma- 
jestät erinnere  daran,  dass  sie  auf  dem  Znaimer  Landtag  zu- 
gesagt haben,  dass  die  WiedertiUifer  im  Lande  filrderhin  nicht 
2tt  dulden  seien.  Sie  mögen  sich  auch  erinnern,  dass  8e.  Ma- 
jestät mehrere  Schreiben  und  Mandate  dieses  Inhalts  nicht 
aUein  auf  den  Landtagen,  sondern  auch  an  den  Landeshaup^ 
mann  habe  ausgehen  lassen;  wenn  man  aber  jetst  ,theUe',  als 
sollten  die  Wiedertäufer,  so  in  ,Soiiderheif  angesessen  seien, 
besser  sein  als  jene  ,iii  der  Versammlung',  so  sei  au  bedenken, 
dass  sie  doch  einer  und  derselben  Secte  angeboren,  dass  sie 
ihre  Versammlungen  in  Häusern  abhalten,  die  Leute  ▼om  ohnst* 
liehen  Glauben  weglocken  und  viele  bOse  Sachen  wider  den 
Glauben  und  die  Obrigkeit  handeln.  Se.  Majestät  vermOge  da- 
her nicht  zu  verstehen,  weshalb  man  solche  Leute  nach  dieser 
Seite  hin  au  scheiden  habe;  auch  sehe  man  nicht  ein,  wie  die 
Grttnde  in  dem  Markgrafthum,  wenn  die  Wiedertäufer  entfernt 
worden,  leiden  konnten,  da  die  Wiedertäufer  doch  ztmieist  nur 
Firemdlinge  seien.  Wie  sei  es  denn  in  den  Tagen  gewesen,  da 
es  noch  keine  derartigen  Seeten  gegeben?  Man  habe  ja  auch 
damals  keine  Verödung  der  GrOnde  gesehen.  Aneh  die  Vor* 
fahren  Sr.  Majestät  hätten  Unordnungen  im  Lande  nicht  ge- 
duldet, dabei  aber  in  keiner  Weise  gegen  die  Rechte  und  IVei- 
heiten  des  Landes  Verstössen.  Se.  Majestät  gebiete  demnach 
Allen,  die  solche  Wiedertäufer  auf  ihren  Grtlnden  beherbergen, 
sie  abauschaffen.  Wer  sich  dagegen  auflehne,  gegen  den  werde 
man  vorsugehen  wissen. 

Die  Stände  Hessen  sich  von  ihrer  Meinung  nicht  abbringen. 
£s  blieb  bei  dem  Beschlüsse  des  DreikOnigs-Landtages,  dass  den 


*  Bvehhols,  G€Mliidito  Fei^naada     IV,  8.  466. 


155 


Wtedeiläutcrn  in  Zukunft  nicht  costattot  sein  solle,  in  ,(iemein- 
scbait'  zu  leben.  Wo  dk^^  tVndt  rliin  nocli  vorkünic,  da  sollten 
sie  abgeschoben  werden.  iJic  in  Sonden  igenthum  lebenden  an- 
aiflrigen  Brüder  sollten  fUr  den  Fall,  ab  sie  Gehorsam  geloben^ 
TOD  der  Aatwetrang  nicht  berührt  werden. 

Es  handelte  sich  somit  eins^  um  die  Frage,  ob  die 
Wiedertftufer  geneigt  seien,  yon  ihrem  Commnnismus  su  lassen. 
Nnn  war  aber  gerade  ,die  GemeinschafV  das  Ideal  der  Huter- 
scbcn  Brüder.    Wer  das  angriff,  griff  an  ihren  Lebensnerv. 
Sie   waren  denn  aiu-h  iV-st  enti^chlosscn,  es  in  keiiici'  Weise 
prois/Airroben.    ,Wir  sind  noch/  solireibt  Hans  Amon  in  diesen 
Tagen  an  die  gefangenen  Brüder  in  IVicst,  ,ini  Mulircrlande. 
Aber  auf  Pfingsten  ist  beschlossen,  alle  Die,  so  in  der  Geinein- 
Bcbaft  leben,  za  yertreiben.  So  sind  wir  denn  mit  Gottes  Hüfe 
gewillt,  eher  zn  sterben,  als  die  Gemeinschaft  sn  verlassen.'  In 
mehreren  anderen  Schreiben  klagt  er  über  die  Notfa  der  Zeit 
J^ider,'  schreibt  er  an  die  G^angenen  anf  Falkenstein,  ,sei  es 
wahr,  dass  man  anch  zu  Eostl  und  Pulgram  den  Abzug  ge- 
boten und  sogar  die  Krankon  und  Kinder  hinausgostossen  habe.* 
Auch  auf  die  Herren  in  Schlesien  suchte  Ferdinanrl  I,  in 
prleicher  Weise  einzuwirktn.  Am  28.  Mai  Iö4Ü  verlano^te  er  von 
den  Piandinhabern  von  Oppeln  und  Ratibor,  Jir^ninsti^rungcn 
der  wiedertäuferischen  Winkelprediger  in  keiner  Weise  zu 
dtdden.  ^ 

Bei  den  Gesinnungen  des  mährischen  Herrenstandes  war 
an  eine  allgemeine  Ausweisung  der  Wiedertäufer  aus  Mähren 
nicht  zu  denken.  Eben  in  diesen  Tagen  waren  zahlreiche  Ge- 
simiungsverwandte  in  Hessen  geneigt,  nach  Mähren  zu  ziehen.* 
Hans  Amon  klagt  in  einem  Schreiben  an  die  Brüder  in  Hessen, 
dass  dieae  an  den  mährischen  Genossen  irre  werden,  weil 
einige  Leute,  die  man  aus  der  Gemeinschaft  ausgebchlossen, 
Uebies  von  ihnen  berichten. 

Allen  Anfechtungen  zum  Trotz  vermochten  es  die  mäh- 
rischen Wiedertäufer  damals,  in  Rackwitz  und  Saiz  neue 
Wohnsitze  zu  erwerben.  ,Wir  wohnen  noch,'  schreibt  Amon  im 
April  1541  an  die  ^ausgebliebenen'  Falkensteiner  Brüder,  |an 
den  Orten  wie  vorher,  und  sonderlich  ist  die  Versammlung  zu 

*  Buchhulz,  (ieHchichte  FertUuanda  L,  IV,  8.463. 
'  Lenz,  V,  8.  168. 


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156 


Schflckowitz  noch  im  ITausc,  wiewohl  man  täglich  über  uns 
schreit  und  uns  droht  mit  Verfolgung,  zumal  jot/.t,  wo  der 
Keichsta^  iu  R^ensburg  versammelt  ist  und,  wie  £tliche  Mgcm, 
ein  Concü  snsammentrcten  soll.  Denn  sie  glauben,  man  werde 
uns  dann  nimmermehr  leiden.  Aber  wir  stehen  in  Gottes 
Hand.' 

Amon  selbst  stand  damals  am  Ziele  seinea  Lebens.  ,Naeh 
harlom  Kampf  und  Streit  und  nachdem  er  seinen  Glaubens- 
genossen viele  heilsame  Lehren  mitgetheilt,  ist  er  als  ein  be- 
währter evangelischer  Diener  Christi  und  Vorsteher  der  ganzen 
Gemeinde  friedlichen  Herzens  um  Lichtmess  1542  auSehäcko- 
witz  entschlafen.'^  Zu  besonderem  Lob  wird  ihm  angerechnet, 
dass  er  den  gefangenen  Briedern  tröstliche  Sendbriefe  zuschickte. 
Nicht  weniger  als  siebsehn  sind  von  diesen  erhalten.  Auch  als 
Liederdichter  versuchte  er  sich,  doch  stehen  seine  Liedw  so- 
wohl nach  ihrem  Inhalt  als  in  der  Form  w^  hinter  denen  man- 
cher sonst  minder  bedeutender  Glaubensgenossen  zurück.  Die 
letzten  Tage  seines  Lebens  wurden  durch  die  Angriffe  Gi^riel 
Ascherham's  auf  die  Huterische  Gemeinde  yerbittert.  Dieser  Hess 
1542  ein  Büchlein  erscheinen,^  in  welchem  er  die  Huterischcn 
ihres  Hochmathes  zieh,  Jakob  Huter  selbst  veninglimpfle,  ihn 
einen  Schalk  hiess  und  sagte,  dass  das  Opfer  eines  solchen  ein 
Frevel  vor  Gott  sei.  Die  Hnterischen  Hessen  dagegen  ein  offe- 
nes Sendschreiben  ausgehen.'  Dies  machte  unter  den  Gsbrielera 
grosses  Aufsehen  und  veranlasste  Asohersham^  eme  Steeitschnft 
abau&ssen,  die  1544  unter  dem  Titel  ,Vom  Unterschied  gött- 
licher und  menschlicher  Weisheit'  erschien.^  ^Ordnung  und 
Taufen/  lehrt  Gabriel,  »steht  Niemandem  zu,  er  sei  denn  in  der 
christlichen  Kirche;  Niemand  ist  in  der  chrislJichen  Kirche, 
er  habe  denn  den  heiligen  Geist.  Weder  der  Glaube  noch 
der  Geist  kann  aus  der  Schrift  genommen  werden.  Auch  ist 
der  Glaube  nicht  der  Grund  und  Ursprung  unserer  Selig- 
keit' Der  Schrift  sind  swei  Vorreden  nülgegeben.  ,Wie  sind,' 
sagt  er  in  der  einen,  ,su  dieser  Zeit  so  viele  Barchen  unter 
dem  Namen  des  Evangeliums  au%erichtet:  ein  jedes  Volk  hat 

«  GeschichtebUcher,  S.  150. 

'        CS  Amnn  noch  zu  CJpfichte  kam,  ist  allerdings  zweifelhaft. 

^  Verantwortung  dm  GabriHÜschen  Brieten;  Cod.  235,375  uud  23i  in  Fest. 

Copie  in  der  v.  Beck'schen  SaminluDg. 
*  Cod.  pal.  Vindob.  1 178A.  Copie  in  der  ▼.  Beek*Khen  Benunlnn;. 


157 


seme  Secte  und  jedes  will  das  rechte  Christenvolk  sein,  wes- 
halb sie  die  Andern  verfolgen.    Die  Einen  vertheidigen  ihr 
Christenthum  aus  der  Schrift,  die  Anderen  aus  Wundem  und 
Zeichen,  Etliehe  mit  Leiden  und  Sterben,  und  so  flickt  ein 
jeder  Theil  an  dem  zerrisseueu  Gewand  mit  neuem  Tuch,  d.  i. 
mit  mancherlei  neuer  Ordnung^  und  das  Gewand  ninimt  immer 
mehr  ab,  und  der  Schaden  wird  mit  jedem  Tage  grOaser.  Jeder- 
mAxm  meht  die  Sehrift  Auf  seinen  Theü  und  will  seine  Sache 
damit  ^bewehren',  was  doch  nicht  aus  der  Schrift  geschehen 
kann.   Auch  kann  kein  Mensch  seinen  Glanben  durch  äusser- 
Hche  Dmge  bezeugen,  denn  auch  der  Teufel  thut  Zeichen  und 
Wuiicliir.   I  )iL'  Schi  üL  ist  uns  gegeben  zur  Unterweisung  und  ist 
(ein  Seitcnliiel)    uif  Huter)  nur  Denen  sregeben,  die  darin 
g'eübt  bind,  nanilleh  den  heil.  Geist  empfunden  haben    Er  will 
daü,  ywas  aus  dem  heil.  Geist  predigt^  lehrt  und  tauit,  in  ein 
Beich,  als  sein  Volk,  beschlossen  habend 

Die  aweite  Vorrede  ist  auch  von  Gabriel  geschrieben^ 
doch  liees  er  sie  im  Namen  seiner  ^Diener  und  Milgehilfen' 
ausgehen,  die  in  Mähren  und  Schlesien  Tersammeh  sind.  Auch 
diese  Vorrede  wendet  sich  mit  spitzen  Worten  gegen  die 
Huterischen  und  preist  Gabriel;  , dieser  ist  durch  die  göttliche 
Erkenntiiiss  gesondert  von  den  Seeten  der  Brüder,  die  man  die 
Schwertler,  Austerlitzer^  Schweizer  und  HuLorisehen  nennt.  Mit 
deren  Leben  nicht  zufrieden,  ist  er  ein  Bruder  derer,  die  im 
Lande  hin  und  wieder  zerstreut  sind  und  auch  etliche  Brüder 
in  Mähren  haben,  ,die  in  reiner  kindlicher  Liebe,  in  der  Furcht 
Gottes  und  im  Gehorsam  gegen  die  Obrigkeit  leben  und  ihre 
Seligkeit  nicht  in  Wasseri  Brot  und  Wein,  Silber  oder  Gold, 
sondern  in  einem  abgesonderten  L^ben  suchen  und  gewaschen 
sind  durch  die  Gnade  €K>ttes'.  Von  sich  selbst  sagt  Gabriel, 
dass  seine  Predigt  aus  Gott  sei.    ^Dem  Christen  ist  die  inner- 
liche Wirkung  des  lieil.  Geistes  nuthwendig.    Wer  den  Geist 
nicht  in  solcher  Weise  empfanfren  hat,  ist  kein  (Jlirist.  Xur  die 
der  Gt  iit  Gottes  treibt,  snid  Gutles  Kinder.   ^Ver  die  \\'eiäheit 
uur  schnitlich  empfangen  hat,  dessen  Geist  gleicht  dem  Schatten 
an  der  Wand  und  dem  Schaum  auf  dem  Wasser.  Darum  sage 
ich  Euch:  Niemand  soll  sich  weder  um  die  Schrift  noch  um 
die  Ordnung  bekOmmem,  er  habe  denn  den  Geist  der  Vei^ 
heissong,  denn  ausserhalb  dieses  Geistes  gibt  es  keine  christ- 
Uche  Kirche:  studire,  lerne  Tag  und  Nacht  gar  fleissig  auf 


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158 


der  hohen  »Schule,  du  wirst  den  rioist,  der  die  christliche  Kirche 
baut  und  versauuiieh,  in  der  Schritt  niclit  finden.*  Wie  man 
sieht  —  der  reine  Gegensatz  zu  Hubmaier,  dem  begeisterten 
,Bucli8täbIer'. 

Mit  tloTi  ü))rigen  Taufg-esinnten  hat  Gabriel  die  Verne  htuuj^ 
der  hohen  fechulen  gemein:  ,Was  hat  uns  und  unsern  .luukern 
seit  lö(H)  Jahren  der  Besuch  der  hohen  Schulen  zum  Seelen- 
heile  genützt?  Jene,  die  wohl  darnach  j^etraehtet  haben,  hat 
man  gehindert,  und  nueli  lieute  wird  im  Grunde  der  \\'aiirhcit 
nicht  Einer  gefunden,  der  durch  ihre  Lehre  und  Predigt  selig 
werden  könnte/  • 

,8agt  aber  Jemand,  er  habe  den  heil.  Geist  empfangen 
und  ist  immerdar  unstet,  der  besitzet  üin  nicht.  Einmal  sucht 
er  die  Wahrheit  bei  diesem  Volke,  eine  andermal  bei  jenem, 
und  solche  Unstetigkeit  tindet  man  am  meisten  unter  den 
Brüdern.  Und  die  sich  am  meisten  des  heil.  Geistes  rUhmen, 
einmal  sind  es  die  Schwertler,  dann  wieder  die  Auster- 
litzer,  über  eine  Weile  die  Schweizer,  endlich  Hutorische; 
ja  jedes  Volk  unter  sich  ist  nicht  einig:  80  viel  lyVerstü.nd'^  und 
Auslegunfr  ih  r  Schrift  tindet  man  unter  ihnen,  dass  es  oft 
spötthch  wäre,  zu  huren.  Und  es  nimmt  auch  der  Zank  unter 
ihnen  kein  Ende:  bald  laufen  sie  zusammen  und  sind  ihrer 
Einigkeit  froh,  dann  laufen  sie  wieder  anseinander  und  ist 
ein  solches  gegenseitiges  Schelten  und  Lttstem,  dass  es  eine 
Schande  zu  hOren  ist.' 

Oabncl  ^rift*  in  seinem  Büchlein  fast  mehr  noch  als  die 
^äpstischeu  und  Lutherischen'  die  einstigen  Genossen  an.  In- 
dem er  lehrte:  ,Du  sollst  die  Vereicherung  Deiner  Seligkeit 
nicht  in  auswendigen  elementischen  Creaturen,  im  Taufen^ 
Kachtmahly  in  der  Gemeinschaft  oder  in  einem  keuschen 
Wandet  suchen:  Du  findest  sie  auch  nicht  bei  den  Menschen, 
und  wenn  man  Dir  sagt:  Dieses  Volk  liat  seinen  Glauben  mit 
dem  Blute  bezeugt:  O,  Ueber  Freund,  wenn  die  Versicherang 
Deiner  SeUgkeit  keinen  anderen  Grund  hUtte  als  diesen,  so  ist 
sie  nichtsnutz;  du  musst  dein  Wissen  vom  heil.  Geiste  empfangen 
haben';  indem  er  sich  selbst  gegen  das  Tau^rincip  kühl  ver- 
halt und  lehrt:  ,Der  pl^»Btische  und  lutherisclie  Haufen  und 
alle  yerm  einten  Brüder  durften  sich  um  die  Taufe  nit  also 
sanken  und  beiasen,  denn  es  wird  viel  unschuldiges  Blut  dar- 
um yeigoBsen:   die  Taufe  gebe  Niemandem  den  heil.  Qeist, 


159 


drum  dttrfe  man  ihretwegen  Niemanclen  verdaTumen;  weder  mit 

dem  geistlichen  noch  mit  dem  vveltliclten  Schwort,  und  indem 
er  endlich  die  Kiiidertaute  nicht  flir  Hündliaft  erklärt,  musste 
er  mit  seinen  eigenen  Anliiln^^^em  in  Widerhtreii  geratlien:  auch 
fieine  Lehre  von  der  ,Gemein8chatV  ^  re;<te  die  (Genossen  auf. 

Wie  es  acheiut,  hatte  Gabriel  die  Namen  der  Diener  und 
Aelteaten  seiner  Gemeinde  miaabraucht,  als  er  in  der  Vorrede 
sie  erklären  liesB,  sie  seien  mit  dieser  Schrift  einverstanden. 
In  WiiUiohkeit  waren  sie  weit  davon  entfernt^  ^den  wüsten 
Gienel  des  Kindertaufs^  su  billigen,  and  so  wandten  seine  Ge- 
nossen sich  Ton  ihm  ab.  Dieser  bemerkenswerthe  Mann,  der 
an  Tiefe  des  Wissens  und  in  der  Gewandtheit  der  Darstellung 
alle  anderen  Separatisten  in  Mähren  weit  hinter  sich  liess,  zog 
uun  nach  Öclilesien.  Dort  ist  er  ir)4r>  i^estorben. 

Seine  Anhiing'er  suehten  und  taudcn  nun  ihre  Vereinigung 
luit  den  Huterischen.  Vier  Gabrieler:  Bärtl  Kiedemaier,  genannt 
Scldesinger^  Fabian  FUtz^  Merten  Veit  und  Jakob  Heusler 
schlössen  am  15.  Jänner  1545  mit  den  bisherigen  Gegnern  anf 
Orandlage  der  fbnf  Artikel  der  Hnterischen  eine  Ueberein* 
konfty  die  dann  von  der  Mehrheit  der  Gabrieler  gebiUigt 
worde. 

In  Bezug  auf  die  ^Gemeinschaft*  erboten  sie  sich,  den 
Huterischen  einfach  beizutreten:  denn  wiewohl  sie  auch  bisher 
schon  sich  der  Gemeinschalt  gerühmt,  .habe  es  ihnen  doch  am 
Werk  und  an  äusserlicher  Handreichung  geteidt'.  Auch  in  Be 
2Ug  aut  die  Ehe  nahmen  sie  einfach  die  Huter'sehe  Lelire  an, 
^dass  die  £he  nichts  scheide  als  der  Ehebruch^.  ^Wenn  Jemand 
eb  anglilabiges  Weib  hat  und  sie  Hesse  es  sich  gefallen^  bei 
ihm  stt  wohnen,  der  scheide  sich  nicht  von  ihr,  falls  er  für 
Semen  Glanben  nicht  Gefahr  lanfe  nnd  die  Kinder  im  rechten 
Qknben  erzogen  werden.  Der  Obrigkeit  mnss  man  Zins,  ZoU 
and  Kobot  leisten,  denn  sie  ist  von  Gott  gesetzt.  Nur  was  zum 
Blutvergiessen   dient,   brauehe   ihr  nicht  geleistet  zu  werden. 
Audi  gebe  man  ihr  jene  Ehrenbezeigungen  nicht,   die  Gott 
allein  gebühren,   wie   die  Bezeiehnungen:   gnädig,  fürsichtig, 
weise  u.  s.  w.    Beide  Theiie  erklären  sich  bereit,  alle  Gemcin- 
schaft  ^t  den  Gottlosen'  aufzugeben.    ^Wir  haben  mit  ihnen 
nichts  sn  schaffen,  weder  im  Kaufen  noch  im  Verkaufen,  oder 


'  8.  darfibttr  d«n  swoiton  Theil  dieser  Abfaaadlimf . 


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160 


im  Arbeiten,  (irüssen.  Eissen  und  Tnukeii,  dieweü  Alieb,  was 
Bie  haben,  ein  (lützenopfer  ist/* 

Nur  ein  klf'iiuT  Tlieil  dtT  (lahrit-ler  trat  schmollen«!  znr 
Seite  nntl  Itohaupteto  zu  Kit'iu  bei  (lildin«;  sein  Süudei'dasein 
bis  löl>ö,  wo  er  auch  der  (Teiueiiisehaf'l  der  Huterischen  beitrat. 

Die  Leitung  Leonhard  Lanzenstiers  —  so  hiess  Anioti 's 
Nachfolger  —  Ijegaun  daher  unter  glüeklic^hen  Vorbedeutungen. 
Ein  /m^:  hessiseher  Wiedetüfufer,  der  sich  ir>44  aufmachte, 
um  naeli  iMaliren  '/a\  /p  lien,  wurde  in  Nürnber«;  aufgegriffen.  * 

Die  Treuen  Ansiedler  brachten  in  kurzer  Zeit  einzelne  Ge- 
werbe, i>o  namentlich  die  Tuchbereitung,  zu  ausserordentlicher 
BlUthe.  Die  Wolle  scheinen  sie  aus  Unfrarn  eingefrdnt  zu  haben. 
Da  die  8Uuide  hierin  eine  Beeinträchtigung  des  heimischen 
Marktes  erWickten,  so  eriiessen  sie  1544  das  Verbot,^  .die 
WoU'  für  unsere  Werkstätten  anderswo  als  in  den  könifjlichen 
Städten  oder  auf  den  Schlüssern  und  Höfen  der  Grundherren 
zu  kaufen*.  iSolchen  ({eboteu  gehorchten  sie  um  so  williger,  je 
eifriger  die  (irundherren  sich  ihren  Schutz  angelegen  sein 
lieaaen.  Zu  ihren  Schutzern  gehörten  die  edelsten  Familien  des 
Landes,  die  Herren  von  Lipa,  Zierotin,  Kravaf  und  Andere,  die 
ihnen  in  den  Jahren  1545  und  1546  neue  Haushaben  in  Räck- 
schitz,  Kromau,  Gobschitz,  Bisenz,  Napajedl,  Paulowitz,  Alten- 
markt, Göding,  Schackowit2,  Paraditz,  Pochlitz,  RubechttSy 
Gurda,  WeseH,  Paslavritz  und  Frätz  einräumten.* 

Auch  in  Ungarn  machten  sie  sich  ansässig.  Sie  gründe- 
ten in  Sabatisch  (Sobotiät)  im  Neutraer  Comitate  eine  starke 
Gemeinde,  die  sich  in  ihrem  Glauben  bis  1784  behauptete.^ 

Mit  den  Anhängern  ihrer  Lehre  blieben  sie  in  reger  Ver- 
bindong.    Ihre  Qlaubensboten  in  der  Fremde  waren  eifrig 


*  Ann  Ca<«pnr  Broitmichl :  ,Wip  und  welcher  Wt  is'  iVip  Brüder  von  dem 
Uabritil  sicli  mit  uu»  vtsreinigt  und  in  alU'ii  naii|)t.-trtikelii  den  UlnnU-u 
betreffend  .luch  in  andern  die  GoUiilli^keit  geniüHH  znelricdou  worden  sein.* 
Cod.  235,  fol.  361—875.  Cod.  Aitolf.  316—325. 

*  Z^toebr.  f.  bist  TheoL,  IMO,  8.  m 

*  Oeschicbtsbilcher,  8.  IT^S 

*  Die  vollständigen  Anf/iililniii,'i>n  der  Wie<ltMtftnferbAUshabi»n  s,  unten 
2.  Theil,  Cap.:  Die  DurchfUbruug  der  Gemeiiucluift.  a)  Die  llaun- 
habeu. 

*  Ueber  die  Sabatisebar  Wiedertftttfer,  die  sogeDanntea  Ilabanerf  «.  die 
OeBcbichtabttcfaer,  8.  165.  VgL  auch  dea  AuüMtx  von  Hedayaiisky  im 
^e^nii*  von  1608. 


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161 


bemüht,  ihren  Rnhni  in  der  Hnttergememde  verkttndigen  m 
lassen. ^ 

Es  konnte  nicht  fehlen ,  dass  das  Wachsthum  der  Ana- 
baptistengcraeinde  der  Regierung  grosse  Sollen  bereitete.  Am 
Montag  nach  Lätare  (16.  Mttrz)  lö4ö  kam  demzufolge  ,aber- 
mals  ein  Befehl  von  Prag,  dass  man  uns  an  keinem  Ort  im 
Land  mehr  dulden  noch  behausen,  sunder  hinausjagen  und 
nimmer  einziehen  lassen  solle.  Auf  das  hin  haben  die  Herren 
des  Lands  den  KUnig  mehr  als  Gott  gefürchtet  und  habw 
bewilügty  dass  die  Brüder  bis  zum  Kunigundentag  ihre  Haus- 
haben  verlassen  und  die  „Oemeinsekaft"  aufgeben  müssen,  ist 
aber  mit  Gottes  Hilfe  nit  darzu  komen'.^  ,Ist  ihre  Meinung 
gewesen»  dass  nur  vier  oder  fUnf  in  einem  Hause  sein  sollten. 
Das  konnten  die  Frommen  am  ihrer  Bekanntnuss  des  Glaubens 
wegen  nickt  thun/ 

Gegen  den  Landtagsbesohloss  yon  1545  legten  sie  in 
einem  ausftUiriioken  Sendbriefe  ,an  die  Mftrberischen  Herren'* 
feierliche  Verwahrung  ein.  Sie  geben  von  ihrer  Lehre  und 
ihren  Einrichtungen  Rechenschaft  und  vertheidigen  sich  gegen 
alle  wider  sie  erhobenen  Anschuldigungen:  »Aus  keiner  anderen 
Ursache,  als  um  Gott  au  dienen,  was  ihnen  wegen  der  Ty- 
nnnm  der  Obrigkeiten  an  keinem  anderen  Orte  habe  gedeihen 
wdlen,  seien  ne  nach  Mttbren  gekommen.  Trotadem  sie  sich 
eines  unstriflichen  Wandels  befleissen,  sei  doch  von  leicht- 
fertigen Leuten  bOses  Ckschrei  wider  sie  erhoben  worden,  wes- 
halb sie  genothigt  seien,  ttber  einige  Artikel,  als  Uber  die  Obng- 
kei^  Steuer  und  Versammlung  (Gemeinschaft),  Reebenschaft  au 
geben.  In  allen  diesen  Punkten  stimmt  die  Erklärung  mit  jenen 
Artikeln  Oberein,  die  bei  der  Vereinigung  mit  den  Gabrielem 
festgesetst  worden  waren.  Mit  einer  gewissen  Feierlichkeit  ver- 
wahren sie  sieb  gegen  eine  jede  Vergleichung  mit  den  Mttnste- 
ri sehen:  ,Niemaad  von  ihnen  habe  deren  Art  an  sich,  denn 
diese  Art  stamme  vom  Teufel.* 

Die  ,Gemeinschaft'  wolle  man  nicht  dulden,  weil  man 
ghmbe,  sie  wttrden,  in  grosserer  Zahl  versammelt,  so  handehi 
wie  die  Mtlnsterrachen.  Das  hätten  sie  nie  im  Sinne  gehabt 
Ihre  Gemeinschaft  beruhe  auf  liebe  und  Biinigkeit  und  habe 

*  fe.  uuttiu,  II.  Theil,  1.  Cap. 
'  Geschichtsbucher,  ä.  163. 

*  G«drnekt  ebmida,  8. 169  ff. 

li4Uv.  LXXXI.  M.  I.  Hllfl*.  1 1 


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162 


80  uuch  in  den  Zeiten  der  ersten  Kirche  bestünden.  Wonn  sich 
etliche  Städte  darüber  beschweren,  dass  wir  den  Landhand- 
werkern das  Brot  vor  dmu  Munde  wegschneiih'n,  so  wüsstcn 
flie  hicvon  nichts;  sie  hätten  in  Allem  sich  treuer  Arbeit  be- 
thsöen  und  jedem  seinen  PfenniL--  vcrp^nlten,  ,weiche  unsere 
Treue  nun  fabt  miier  alles  Volk  gi  koniiiion  ist*. 

Nieht  ohne  (irund  habe  sie  (lott  in  dieses  Land  geführt, 
dem  er  sonderiieli  viele  den  Glauben  l)etretTendc  Freilieiten 
^p^eben,  so  dass  weder  König"  noch  Kaiser  die  Maeht 
iiabe,  demselben  Kegel  und  Ordnung  zu  {^chen,  son- 
dern ein  Jeder  seinem  Glauben  leben  mag,  wie  er  auf 
das  Trcuhehste  (lott  zu  dienen  weiss. 

Was  endlich  ilire  ^lusse  Zahl  betrelTc  (mau  spreche  von 
tttiielien  Tausend),  so  miisstcn  sie  sa^^eu,  dass  der  erwachsenen 
Personen  im  I^ande  etwa  bei  2(MH)  seien,  die  in  ungefähr 
21  Ortrn  wuiincn,  in  dem  eiin  ii  in  grösserer,  in  dem  anderen 
in  geringerer  Menge,  Je  nachciem  er  zur  Arbeit  gelegen  ist. 
Zu  Schäckowitz,  um  il(  -sentwillen  man  ein  besonderes  (iesehrei 
erhebe,  seien  wühl  ctiiehe  (melir),  aber  meistens  Alte,  Kranke 
und  Kinder,  die  wenig  oder  gar  nichts  ansriehtcn  können.  Das 
sei  der  Sachverhalt,  und  damit  wollen  «ie  sieh  in  den  Schutz 
Gottes  bejjeben  und  die  mährischen  Herren  warnen,  Hand  an 
die  FrouKiK  Ii  (Jottcs  zu  legen  Man  sehe  jetzt  deutlieh:  Wo 
Mitleid  mit  dem  Volke  Gottes  walte,  vr-rsehone  er  um  der 
Fronnnen  willen  das  Land,  wie  denn  auch  gegenwiirtig  der 
Türke  C)esterreich  völlig  durcbstreifey  aber  nach  Mähren  nicht 
gekommen  sei. 

Von  den  Beschlüssen  des  Ltttarclandtages  war  Ferdinand  L 
wenig  befriedigt.  Am  Iii.  Mai  versammelten  sich  die  Stände 
abermals  in  BrUnn.  Hier  Hess  er  ihnen  seinen  Willen  eröffnen: 
,Üie  Wiedertilufer,  die  der  Kaiser  weder  im  Reiche  noch  sonst 
irgendwo  dulde,  seien  von  ihren  Gütern  abzuschaffen  und  aus 
dem  Lande  zu  weisen.'*  Die  Herren  beriefen  sich  auf  ihre  letzten 
nur  gegen  ,die  Gemeinschaft*  der  Wiedertäufer  gerichteten  Be- 
schlüsse; der  König  blieb  dagegen  auf  seinem  Willen  bestehen. 
Der  Landtag  verhielt  sich  im  Hinblick  auf  die  grossen  Ver- 
luste, die  das  Land  durch  die  Ausweisung  so  tüchtiger  Arbeits- 
kräfte erleiden  wttrde,  gegen  den  Willen  des  Königs  ablehnend. 


>  Q«flcliiebtob<idMi,  8. 177  ff. 


163 


Unter  diesen  Umstünden  strömti  ii  noch  inunor  nouo  Schanren 
von  Tautgüssinnten  ins  Land.  Viele  Tausend,  hcisst  es  in  den 
A<*tpn  der  Wiener  TJniverbität  von  ir>4*>,  lohton  damals  in 
Mähren.  Daher  erginpf  am  26.  März  der  wiederholte  Befehl, 
sie  ans  dem  Lande  za  weisen.  ^  Die  Ausweisung  traf  nun  nllc 
die,  welche  gemeinsam  wohnen;  sie  sollten  bis  Jakobi  1546 
auswandern,  die  Anderen  bis  Georgi  1647  das  Land  verlasaen. 
Ihre  GN^nner  worden  mit  Strafen  bedroht. 

Der  böhmische  Aa&tand  von  1547  und  dessen  Unter* 
drQckutig  dnrch  Ferdinand  L  bot  diesem  die  erwünschte  Ge- 
legenheit, nicht  blos  in  pohtischen,  sondern  auch  in  kirchlichen 
Dingen  die  Zügel  straffer  anzuziehen.'  Namentlich  waren  seine 
Absichten  darauf  gerichtet  dem  Sectenwe.scn  in  Mähren  ein 
völliges  Ende  zu  bereiten.  Am  Mittwoch  nacli  Ostern  ir)4.S  cr- 
liess  er  zu  dem  Zwecke  di  n  l^cfehl,  allen  Denen,  welche  sich 
der  Wiedertäufer  noch  nicht  entledigt  hatten,  die  Verpflichtung 
anßEueriegen,  dies  sofort  zu  thon.  Fortan  sollten  sie  nicht  ein- 
mal an  den  Landesgrenxen  geduldet  werden.'  Am  Georgi- 
landtag  xa  Brttnn  yerkündete  er  seine  Absicht,  die  Glaabens- 
zustände  vom  Jahre  1Ö26  wieder  herznstellen  und  die  in  Mlähren 
80  weit  verbreitete  Häresie  mit  Gewalt  au8snrotten>  Die  Aus- 
tuluviii|j;  des  Mandates  gegen  die  Wiedertäufer  wurde  dem 
Laudeshauptmanne  Wenzel  von  Ludanitz  übertragen.  So  stark 
war  die  Stellung  des  Königs  geworden,  dass  er  mit  den  nnga- 
rischen  Ständen  auf  dem  Reichstage  von  Pressburg  den  Be- 
schluss  fasste,  den  Katholicismns  im  ganzen  Beiche  wieder  her^ 
anstellen.  Den  Wiedertäufern  wurde  diese  Lage  der  Dinge 
▼erhängnissvoll.  Ftkr  sie  begann  ,des  Trabsala  Leid',  die  Zeit 
des  Kreuzes  und  der  schweren  Verfolgung.^   ,Da  geboten  uns 

*  Quorum  undecun*jue  frequens  ost  numerus;  iiiaximo  vero  in  Moravia 
multa  deguut  nüllia  .  .  .  Acta  universitatis  Vindob.  L.  UL,  Fao.  tbeol. 
ad  ttuMim  1646. 

*  ,Es  ttotnd  aber  «IIm  still  bei  sinsm  isr  odor  darttber  bis  in  das  ]547ta 
iar,  da«  aie  nit  vil  ernit  mit  uns  biaucbten,  bis  das  der  Ksiaer  Karl . . . 
da«  reicb,  mit  deaai  er  atreit  bat,  fiberaiegt  und  benog  Hana  gefangen 

ward  .  .     Geschichtsbücher,  8.  179. 

*  Mandat  Ferdinanda  L,  Landeanrcbiv  Brflnn,  Cople  in  der  t.  Beck'schen 

Sammlung. 

*  Cblnmeckj,  Karl  von  Zierotin,  S  77. 

*  ,Ei  ließ  der  Hi  rr  kumeu 

Im  lö47ten  Jar 
Trfibtsl  ttbet  die  Dremen  etc. . .  .* 

tf 


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164 


die  mÄhrisrhen  Herren  auszuziciien,  mit  Juner  und  Alf.  Schwachen 
und  Krank«»n.  Da  zng-cn  wir  von  einem  Orte  25um  andern  und 
wussten  nicht,  wo  aus  und  wo  an/ 

Ein  Theil  von  ihnen  wurde  In  TTnirarn.  .einem  uns  zum 
Tlicil  noch  unbekannten  Lande*,  autgenoninien.  Der  iierr  Niäry 
von  Prüntsch,  der  die  WiedertÄufer  auf  seiner  Besitzung  zu 
Bisenz  kennen  gelernt  hatte,  räumte  ihneii  li runde  bei  IbobotiSt 
ein.  Ein  audorcr  Herr,  Peter  Bakisch  de  Lak,  zog  sie  naeh 
1  'ntf  r  Nussdort.  ,Die  Herren  waren  froli  und  sahen  es  g:em,  dass 
man  also  arbeitet,  reutet,  hauet  und  bauet,  und  erboten  sich 
2U  aJlera  Guten,  aber  es  dauerte  nicht  lan^e/  * 

Schon  am  IH.  Jänner  1548  war  für  die  niederösterreichi- 
schen Lande  ein  Befehl  erschienen,  auf  die  nus  Mahren  ver- 
wiesenen und  abziehenden  Wiederiauler  rieissig  zu  achten.  Am 
S.  Februar  wurde  befohlen,  auf  die  in  der  Genend  von  Nikols- 
burg  weilenden  Taufgesinnten  sorgsam  zu  achten.  Auf  den  Jk'- 
richt  der  Landesregierung  befahl  Ferdinand  am  5.  April  1548 
von  Augsburg  aus,  durch  ein  ,Generale'  den  Bewohnern  von 
Niederösterreich  neuerdings  einzuschärfen,  den  Wiedertäufern 
die  Aufnahme  zu  versagen.  Dies  erschien  am  8.  Mai:  Man 
möge  fleissig  Fürsorge  treffen,  ,damit  die  Wiedertäufer  in 
unsere  Lande  nit  einschlaiffcn.'  , Haben  deshalb  an  der  Märhe- 
riselien  Grensen  unseres  Erzherzogthums  ernsüich  Befehl  ge- 
geben, die  Wiedertäufer  keineswegs  in  onBeren  Landen  zu 
gedulden  .  .  /*  Acht  Tage  später  wurde  den  ungarischen  Grund- 
herren aufgetragen,  die  zu  ihnen  Geflüchteten  abzuschaflF<Ml. 
Peter  Bakisch  leistete  sofort  Folge.  Von  den  also  Flüchtigen 
zog  ein  Theil  nach  Mähren  zurück  und  sammelte  sich  im  Ko- 
hateteer  Waide.  Auclt  Nüry  wies  die  Taufgesinnten  fort»  und 
diese  sogen  gegen  Strainits  an  die  mährische  Grenze.  Von  da 
sandten  sie  vier  Brüder  nach  Polen,  um  dort  Wohnplätze  zu 
suchen.  Diese  gelangten  bis  in  die  Wallache!,  erreichten  aber 
ihren  Zweck  hier  ebensowenig  als  in  den  Beigstlldten  Ungarns. 


B.  die  Oesciücbtolittchw  der  Wiedertäufer,  &  177,  soa  Brndonaier^e  Lied 

von  1585. 

*  Oe8ehichts;hOclior,  S.  180  —  181. 

»  Mandat  vom  b.Mai  154«.  Gedruckt  vou  d'Elvert  im  Notixenblatt  1871»,  Nr.a. 
Im  Maudate  wird  dannf  liiiigewieieD,  daw  die  WiedertKofor  neh  nicht  blo» 
naeb  Nieder-,  eoadem  auch  necb  OberMeneieli  wenden,  hier  ,aa%enoni* 
rnen,  gehanat,  beberlMurgt,  geitat,  gelrinlct  «nd  unterhalten  werden  .  .  .* 


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166  , 


Die  meisten  der  Flüchtigen  wandten  sich  nach  Mtthren.  Die 
Polauer  Berge  itnT  ihr^^n  Höhleu  boten  ihnen  ein  \ O  sieck. 

Auf  die  von  ihrer  Riirkkelir   wurde   das  Aus- 

w('isuugsdecret  um  Judica  1549  eriifuert;  dorh  j^jewahrtc  man 
ihnen  bis  Mitlsouuuer  des  nächsten  Jahres  i^^rist  zum  Abzüge. 
Das  Ausweisungsmandat  A^nirde  Übrigens  in  Mähren  ebensowenig 
aUgemein  befolgt  wie  in  Ungarn  der  elfte  Artikel  des  Reichs- 
tages von  1548,  der  gleiehfaDs  die  Ausweisung  der  Wieder- 
täufer geboten  hatte. 

Gegen  die  Absiebt  des  Königs,  die  kircbüchen  Verbalt- 
ntsse  in  Mähren  auf  den  Zustand  Ton  1526  zurückzuAlhren  — 
eine  Absicht,  in  der  diti  Stünde  nur  den  Anfang  einer  gänz- 
lichen Ihni^restaltun«]^  der  Landesverfassuns"  orhliokten  —  erlio])en 
sich  diese  auf  dem  Georgilandtage  1550  in  seliroftster  Wei^e:^ 
,Die  Markgrafschaft  Mähren  sei  ein  freies  Land,  es  liat  treio 
Rechte  und  darf  hierin  vom  Landesherm  nicht  beschränkt 
werden.    Die  Mährer  haben  das  Recht,  nach  altem  Gebrauch 
und  Herkommen,  nach  Qntdttnken  und  Gewissen  zu  richten. 
Sie  können  ihre  Verfassung  bessern  und  ändern  wie  freie  Leute; 
nur  in  iriehtigen  Dingen  holen  sie  die  Genehmigung  des  Königs 
ein/  In  feieiüeher  Btnnde  erinnerten  die  Stände  den  KOnig  an 
ihre  Rechte.  Fünf  Jahre  war  es  her,  seit  die  W' iedertäufer  eine 
ebenso  feierhche  Mahnung*  an  die  Herren  {gesandt  hatten,  sich 
dieser  Hechte  zu  erinnern.    Der  König  musste  die  Herren  ge- 
währen lassen;  das  landesfiirstHche  Prineip  vermochte  nicht  wie 
in  Böhmen  den  Sieg  Uber  das  ständische  zu  erringen;  dazu 
war  die  allgemeine  Lage  nicht  angethan,  denn  die  Beziehungen 
Ferdinands  I.  zu  Karl  V.  waren  eben  im  Frühjahre  15öO 
schwierig  genug:  Der  Plan  des  Kaisers,  seinem  Sohne  Philipp  II. 
die  Kaebfolge  im  Reiche  zu  Terschaffen,  hatte  einen  tiefen 
Schatten  auf  das  VerbäHniss  der  beiden  BrQder  geworfen;  die 
Gähmng  unter  den  Protestanten  war  im  Wachsen.  Das  nOthigte 
i  tixlmaiid,  in  ^lähren  in  raassvollerer  Weise  mil/Aitretcn  und 
demgemäss  auch  in  kirehlielien  Dingen  so  weiiij^  als  möglich 
in  gewaltsamer  Weise  zu  ändern.  ,Muhren  sollte  auch  in  Zukunft 
(las  Land  sein,  wo  ein  Jeder  ungestört  in  seiner  Weise  Gott 
anbeten  durfte.'' 


'  Chlamecky,  ICarl  von  Zierottn,  S.  78— 8S. 
*  ChluMcikj,  8.  88. 


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m 


So  mochten  auch  die  WiedertiUifer  bessere  Tage  erwarten. 
Zunftehst  freilich  wurde  noch  1551  verboten,  dass  man  die 
Brüder  als  Arbeiter  verwende,  von  ihnen  kaufe  und  ihnen 
verkaufe.  Hire  Wanderzttge  aus  Mähren  nach  Oesterreich  und 
Ungarn  und  von  dort  zurttck  dauerten  noch  längere  Zeit  an. 
Es  konnte  nicht  fehlen,  dass  Manche  kleinmUthig  wurden,  abor 
es  trat  doch  auch  der  Fall  ein,  dass  .trotz  der  schworen  Kotli 
Viele  zur  Gemeinde  traten'  und  deren  Leiden  willig  theilten. 
,Das  waren  die  rechten  Kiterer  Gottes.'  * 

Die  Xüth  dauerte  bis  ins  fünfte  Jahr;  .Dann  bat  sieh  die 
Gemeinde  Gottes  wieder  gesammelt  und  die  christiiclie  Gemeiu- 
schaft  so  tieissig  gefialten  als  jemals  zuvor.* 

Vom  iualiriselien  und  üsterreieliischen  Adel  hatten  P^inzelne 
selbst  in  diesen  kiiüscben  Tagen  ihnen  ihre  Unterstützung  an- 
gedeilien  lassen.  *  Wir  finden,  dass  noeli  im  Jahre  155()  in 
l)ambersebitz,  einem  der  i'iuuilie  Kaunitz  gehörigen  <  )ite, 
und  1553  in  Sehiidüwitz  und  Gupsebitz  neue  llaubhaben 
aufgerichtet  wuideu.  Zwar  erschien  uocli  ini  lolgenden  Jahre 
,gleich  nach  Jeronyme*  (30.  September)  ein  landesfllrstlicher 
Befehl  an  die  mährischen  Herren,  ,nit  zu  dulden,  daös  diu  vcr- 
fUhreriöche  Secte  der  Wiedertaute r,  die  man  weder  im  Reiche, 
noch  in  anderen  Landen  dulden  mag,  sich  im  Lande  nieder- 
lasse, häufe  und  stark  werde*,  aber  im  Ganzen  und  Grossen 
waren  doch  die  Gefahrcu  ,fui*  die  Gemeinschaft*  vorüber,  und 
schon  das  Jahr  1554  rechneten  die  Wiedertäufer  selbst  ,ZUT 
guetcn  Zeit  der  Gemein*. 

3.  Capitel. 

Die  Wirksamkeit  Peter  Eiedemann's  und  Lienhard  Lansenttieri, 
Feter  Walpot's  und  Häniel  Kral  s.   Die  glückliche  Zeit  der  Qe- 
meintchaft  und  die  zweite  Einwanderung  aus  der  Sdiweii. 

Der  Wiedertäufergemeinde  gereichte  es  zum  wesentlichen 
Vortheile,  dass  ihrem  ,Bischofe*  Leonhard  Lauzenstiel  gerade 
in  den  kritischen  Jahren  ein  schriftkundiger  Mann  als  ^U'euer 


'  GeschichtebiUli.T,  S.  177—193. 

'  In  Oesterreich  die  Herrea  vou  LIechteuAteia  uud  Hauh  von  Filafkirchen. 
S.  T.  Beck,  1.  c.  S.  181. 


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167 


Gehilfe*  zur  Seite  stand  —  Peter  Riedemann,  der  hervorragendste 
Schriftsteller  unter  den  Genossen  in  Mähren.  Er  wird  aiu-h  der 
ygroBse'  Peter  oder  von  seiner  lanjrcn  Haft  in  Gmunden  ,Peter 
TOn  Omnnden'  genannt'  Um  1506  zu  Uirschberg  in  Schlesien 
geboren,  mnse  er  sohon  sehr  früh  den  Separatisten  beigetreten 
sein^  denn  schon  zur  Zeit  der  ersten  Verfolgung  in  Oberöster^ 
reich  finden  vrir  ihn  als  Diener  des  Wortes  thätig.  Als  solcher 
wurde  er  1529  gefangen  und  lag  drei  Jahre  imd  einige  Wochen 
in  Hafl.  Schon  damals  trat  er  als  Schriftsteller  auf:  In  seiner 
Rechenschaft  und  Bekenntnisa  des  Ghinbens  lehrt  er,  wie  man 
das  Hans  Gottes  bauen  solle,  und  welches  die  Pfeiler  dieses 
Haoses  seien.  Auch  In  Kflraberg  lag  er  mehrere  Jahn*  lang 
gefangen.  Die  hervorragendsten  Theologen  der  »Stadt  siuhten 
ihn  von  seinem  Glanben  abzubringen,  hatten  jedoch  keinen  Er- 
folg. Der  langen  Haft  mUde,  erbot  er  sich  1537,  weder  in 
Nftmbeig,  noeh  im  Gebiete  der  Stadt  zu  taufen  oder  zu  predi- 
gen, sondern  an  der  Gemeinde  nach  Mähren  zu  aiehen.  Hier 
traf  er  1589  ein,  wie  ein  Sendbrief  der  Gemeinde  den  Brüdern 
in  Hessen  m^det '  Als  Diener  des  Wortes  sandte  er  ein  Trost- 
schreiben an  die  gefSsngenen  Br&der  auf  dem  Falkenstein  und 
sog  dann  nach  Hessen,  um  den  Irrlehren  des  Hans  Both  eni* 
gegenxuarbeHen.  Hier  wurde  er  an  Walkersdorf  gelingen.  ^ 
In  seiner  Epistel  an  die  Gefangenen  in  GUpling  einreibt  er, 
dass  die  Gemeinde  des  Herrn  sich  tHgHch  mdire.  Die  meisten 
nenbekehrten  BrAder  aus  Hessen  aogen  nach  Mähren.  Dem 
Vorsteher  Lanaenstiel  ,half  er  die  Last  der  Gemeinde  tragen'. 
,Er  war,'  wie  die  Geechichtshtlcher  schreiben,  ,reich  an  allen 
göttlichen  Geheimnissen  und  Kenntnissen  und  floss  von  ihm 
heraus  wie  ein  WasserqueU,  der  ttberllluf^  und  Alle,  die  ihn 
hörten,  hatten  fVeude  an  ihm.'  Er  starb  1656. 

Man  wird  kaum  Irregehen,  wenn  man  annimmt,  dass  die 
meisten  von  4er  Gemeinde  ausgesandten  Schrifitstttcke  aus  seiner 


*  Vgl.  Brackiiisi«r*8  «Vlterlifld«  in  den  GflMiiiehlibttckeni»  8.  S17.  Beine 
Haft  In  Qmnnden  ebenda,  fl.  89. 

*  Cropie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlnog. 

*  Geschichtsbücher,  8.  143.  Der  Sendbrief  in  Copie  in  der  v.  Berk'si  lion 
Sammlung.  In  dpm  Bendbricfo  werden  die  Brttder  in  Ileaaen  vor  den 
Irrlehren  des  Hans  Botb  gewarnt. 

*  Oeeeliiclitibflcker«  8.  148,  161.  Vgl.  Hodilinlh  in  der  Zeilaehr.  f.  hlet 
Theel.  1880,  U,  &  888. 


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168 

Feder  slHiimien;  namentlich  (liutte  er  den  Sendbrief'  an  die 
lualiriechen  Herren  vom  Jahre  io4.)  vcH'asst  haben.  Von  ihm 
rührt  das  einzige  zusammenhängende  ,Lehr^eVjil»(le'  ilires  Glau- 
bens her,  das  die  Wiedertäufer  in  Mähren  besassen,  und  das 
wohl  auch  in  jener  Zeit  verfasst,  aber  erst  2ü  Jahre  später 
gedruckt  wurde. '  In  späterer  Zeit  wurde  an  ihm  nichts  mehr 
geändert. 

Die  eif^entlichen  Geschatte  der  Gemeinde  ruhten  in  der 
Hand  Lanzeustiers,  dem  das  ,Väterhed*  die  .Anrichtung;^  vieler 
schöner  ^Ordnungen*  nachrühmt.  *  Leider  hat  sich  von  ihnen 
nichts  erhalten;  denn  die  ältesten  aut  uns  gekommenen  Lebens- 
und Handwerksürdniuig-iii  stammen  erst  ans  den  Tagen  Olans 
Breutel'ti,  nur  die  Schustenntimiu^  rühri  noch  von  Leonhard 
Lanzenstiel  her.  Unter  seiner  umsichtigen  X'ei-waltiin^  nalim 
die  Gemeinde  einen  ausserordentlichen  Aufsciiwunf]^.  Naelideni 
die  Gefahr  fiir  «l'Ten  Ik'stand  beseitisrt  war,  wurden  zunächst 
die  alteii  Ilausliaben  vei-sorgt  und  neue  eijii;erichtf;t.  ^  Die 
Propaganda  iuk'Ii  Aussen  wui'de  v<>ti  unn  au  in  ieblKttrcsicr 
Weise  betncüen:  die  Missionen  gingen  nach  allen  Himmels- 
richtungen. In  Ungarn,*  Baiern,*  Tirol  *'  mv\  \^orarlberg,'  Salz- 
burg,* der  Schweiz,"'  in  Würtemberg  und  am  Rhein,"  in 
Schlesien,  Polen  und  unter  den  Slovaken"  verzeiclmete  man 
«grosse  Krfolg-e.  Selbst  nach  Italien  suchten  die  tjiufgesinnten 
Glaubeusboten  ihren  Weg.  Schon  im  Jahre  1  lenkten 
30  Flüchtiinge  ,aus  Welschland'  ihre  ."Schritte  luicii  Mähren. 
Zu  ihnen  gehörte  Francesco  de  Sa^ai,  (b-r  srlnüi  in  den  i>reis- 
sigerjaliren  an  der  Spitze  eines  kleinen  UUui  1<  ins  von  Sepn- 
ratisten  im  Venediger  Lande  gestanden  und  dann  nach  Mahr-  n 
gezogen  war,  wo  er  der  lluterisehen  yGemein8etiii<ft'  beitrat. 

«  S.  dariJber  Th.  II,  Cap-  1- 

*  OeschichtobUcker,  S.  217. 

*  Ebenda,  &  806,  808,  810,  811,  814  u.  a. 
«  Ebenda,  S.  808,  808. 

»  Kbeiida,  S.  204,  222—234,  288,  301,  306. 

"  Ebenda,  S.  204,  217,  819,  888,  884,  866,  870,  888,  807. 

'  Ebenda,  8  2«S 

*  Ebenda,  8.  221,  256,  274. 

*  BbMda.  &  888,  885—887. 
»  Ebenda,  S.  888,  OOS. 

"  Ebenda,  S.  226,  230,  268,  888. 

"  Ebenda,  8. 888,  SO»,  nun  noeh  Schwaben,  &  819,  868. 


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169 


An  diese  sandte  er,  nach  Hause  zurttckgekehrt,  eine  Anzahl  • 
von  Geeinnnngsgenossen.  ^  Wichtiger  noch  war  es,  dass  sich 
eine  grössere  Anzahl  von  Schweiser  BrtLdem  an  die  mährische 
Gemeinde  anschloes,^  demnach  die  communistisohen  Grundsatze 
dieser  annahm,  weil  ,bei  allen  denen  keine  wahre  Liebe  gefiin> 
den  werden  kann,  die  im  Eigenthume  sitzen'. 

Der  Glaubensmuth  der  Gonossnn  wurdc^  durch  die  Be- 
richte Uber  die  Leiden  und  don  Märtyrertod,  den  einzelne 
Sradboten  in  Baiern  und  Tirol,  NiederOsterreich,  Salzburg,  den 
BhainUnden  nnd  in  Italien  erlitten,  angefacht.^  Ihre  Thaten 
worden  yon  gesinnnngsverwandten  Dichtem  im  Liede  besun- 
gen.  Biese  iMtfrtyrer'  schicken  ihre  ,Sendbriefe'  an  die  Ge- 
meinde nnd  mahnen  die  Genossen  bot  Standhaftigkeit.  ^Lasst 
Enofa/  sehreibt  Hansl  Schmidt,  der  am  19.  October  1568  za 
Aachen  hingerichtet  wurde,  ,znm  Abfall  nicht  verleiten.  Bleibt 
steif  im  Glaaben.  Gott  soll  Euch  seinen  Tempel  sehen  lassen.' 
In  einem  zweiten  Sendbriefe  klirt  er  seine  Genossen  Uber  einen 
schwierigen  Glanbenspnnkt,  den  Artikel  von  der  Menschwerdung 
Qhristl,  auf.^  Seiner  Gattin  schreibt  er,  ,sie  mOge  keck  sein 
im  Worte  des  Herrn'.  Seinen  Mitgefiingenen  schickt  er  Trost- 
briefe, die  in  der  Heimat  die  Genossen  erbauen.  Die  Hutter- 
gemeinde  bittet  er,  yorsichtig  zu  sein  in  der  Aufnahme  von 
Brüdern.  Es  treiben  sich  viele  fidsche  Brttder  herum.  In  einem 
zweiten  Schreiben  an  seine  Frau  nimmt  er  von  ihr  Urlaub: 
Sie  werde  am  besten  thun,  zur  Gemeinde  zu  ziehen.  Er  liege 
allein  im  Gefltngniss,  eine  reiche  Frau  habe  ihm  Nahrung  ge- 
sehiekt;  er  habe  ihr  sagen  lassen,  das  werde  ihr,  wenn  sie 
nicht  fromm  werde,  wenig  zum  Nutzen  gereichen.  Seiner  Frau 
aende  er  mehrere  Lieder,  mit  deren  Verfiissnng  vertreibe  er 
sich  die  Zeit. 

Weniger  belangreich  ist  der  Brief  Wolf  Maier's  an  seine 
Gattin;  aber  man  sieht  auch  aus  ihm,'  dass  die  Wiedertäufer 
beherzt  in  den  Tod  gehen,  weil  sie  die  Ihrigen  versorgt  wissen. 


'  Seine  iplteren  Schieluale  e.  in  den  Qewhiehldbnchertt,  8. 210^248. 

*  Ebenda,  8. 826— -229.  UeVer  die  ZoMunmenlKnnft  in  StraMburg  a.  ebenda 

und  Ott,  Annales  Anab.,  p.  120. 
■  S.  die  Geschu  litxbiU  l.Hr,  8.  204,  20.'i,  208,  217,  218,  219,  t»*21,  222,  230,  2:\9. 

*  DiM  SeiKibrieft?  Hansl  Srhrnid'H  in  Ckipien  in  der  v.  Beck'schen  S&mm- 
Inng  (nach  dem  Cod.  Bruckunaier). 

*  Copie  in  der    Beek*achen  Samnlomf. 


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170 


Ein  grösseres  Ansehen  g-enosseii  die  Sendbriefe,  die  Claus 
Felbiuger,  der  1560  mit  einem  Genossen  zu  Neumarkt  in  Baiern 
gefangen,  peinlich  verhört  und  hingerichtet  wurde,  nach  Mah- 
ren sandte.*  In  seiner  ,Rechenschaft^  entwickelt  er  das  ganze 
Lehrgebäude  der  Iluterischen  Gemeinde,  in  Miihren,  fast  ganz 
in  der  Weise^  wie  dies  in  Riedemann  s  grosser  Arbeit  der 
Fall  ist. 

Nicht  weniger  erbaulich  waren  die  Sendbriefe  eines  Hanal 
Kriii,  Hans  Mändl  und  Genossen.*  Einer  von  diesen  Send- 
briefen ist  an  die  Hauer  und  Weingärtuer  in  der  (  Jemeinde 
zu  Mähren  g-erichtet.  Viele  Sendbriefe  bieten  einen  rechten 
Spiegel  der  Zeit.  Thomatj  von  Imbroich,  genannt  der  Buch- 
drucker, sagt  seinen  Richtern:  ,Ich  will  Euch  selbst  fragen,  ob 
es  nicht  sei  wie  in  den  Tagen  des  Noe.  Man  baut  und  pflanzt, 
man  vorkauft  einen  Acker  an  den  Andern,  man  frisst  und 
sauft,  man  greift  zu  der  Ehe  uhne  Furcht  Gottes,  und  die  Sol- 
ches thun,  das  ist  genug  offenbar.  In  allen  Winkeln  findet 
man  solche  Greuel.  Der  Herr  wulio  sie  Alle  bekehren.*  Onnz 
in  der  Weise  Iletzer's  rügt  er  die,  so  sich  an  ihrem  Glauben 
allein  genug  sein  lassen  und  lustig  darauf  los  ^rn  rlifi^en:  .Dass 
aber  Etliche  ohne  Sorge  leben,  ist  die  Ursaeh',  dass  sie  keinen 
Fürgang  schon  und  ssind  darauf  getröstet :  Ich  bin  ein  (Jhristen- 
meuäeh,  ich  bin  getauft,  und  meinen,  es  sei  Alles  genug,  wenn 
man  getauft  ist,  aber  sie  wissen  wenig,  was  der  Tauf  ist.  Denn 
sie  haben  den  lebendigen  Brunnen  noch  nicht  getrunken.'' 

Die  Lage  der  Wiedertäufer  in  Mäliren  war  noch  keine 
völlig  gesicherte,  es  erschien  noch  am  V).  Juli  1557  ein  Decret, 
das  ihre  Ausweisung  gebot;*  aV)cr  es  kam  doch  noch  öfter  vor, 
dass  man  in  einzelnen  Fällen  Milde  walten  Hess,  oder  dass 
einflussreichc  Protestanten  sieh  der  Wiedertäufer  annahmen.^ 
Manche  von  ihnen  bek)nir<'n  die  Spaltung  und  weisen  den 
Protestanteu  selbst  die  Öchuid  hiorau  zu:  ^Nun  die  armen 


'  Ton  diesen  Briefen  ist  einer  in  der  Zeitoclir.  f.  allg.  Gesch.,  I.  Jahrg., 
abgedruckt.  Ein  sweiter  fol^  ab  Probe  derartiger  Sendbiiefe  im  An- 
hange, Nr.  1. 

•  S.  meinen  ,Anabapti:imiui  iu  Tirol',  Archiv  C  önterr.  Gesch.,  79,  8.  189. 

*  Ob  der  Brief  Lnbroidi*«  in  den  mlhiMchen  Taufgesinuten  gelangte,  üt 
nicht  gaos  lielier. 

♦  Cod.  Austriacu»  II,  437. 

^  QMchiohtobtlclier,  8.  880. 


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171 


Täufer,"  schreibt  Kathanuu  Zell  1557,  ,cla  Ihr  so  ^rimiuitr,  zor- 
nig über  öie  seid  und  die  Obrigkeit  alleuthalben  über  sie 
hetzet,  wie  ein  Jil^^er  die  Hunde  auf  ein  Wildschwein  imd 
Hasen.  Sie  bekennen  doch  auch  Christum  mit  uns  im  Haupt- 
stlick,  darinnen  wir  uns  vom  Papstthum  g'etheilt  haben,  über 
die  Erlösung,  aber  sich  in  anderen  Din^^en  nit  vergfeichen  kön- 
nen. Soll  man  sie  gleich  darum  verfolgen  und  Christum  in 
ihnen,  den  sie  mit  Eifer  bekennen  und  Viele  unter  ihnen  bis 
in  das  Elend,  GefUngniss,  Feuer  und  Wasser  bekannt  haben? 
Lieber  gebet  Euch  die  Schuld^  dass  wir  in  Leben  und  Lehre 
die  Ursache  sind,  dass  sie  sich  von  uns  trennen.  Der  Böses 
thut,  den  soll  eine  Obrigkeit  strafen,  den  Glauben  aber  nit 
zwingen  und  regieren,  wie  Ihr  meint:  gehört  dem  Herzen 
und  Gewissen  zu  mit  dem  äusserlichen  Menschen/  , Freilich, 
wenn  Euch  eine  Obrigkeit  folgen  wollte,  sie  würde  bald  eine 
Tyrannei  anfangen,  dass  ötädt'  und  Dörfer  leer  würden  .  . 
Diese  Sdmmung  kam  den  Wiedertäufern  an  Tielen  Orten  za 
Gute.  Tn  Mähren  hörte  man  von  Annäheningsveranchen  zwi- 
schen den  Angehörigen  der  Brüdergemeinde  and  den  Wieder- 
täufern. Blahoaiaw  Iies.s  1559  in  Eibcnscliitz  ein  Gespräch  mit 
den  Austerlitzem,  freilich  nicht  mit  den  »Gemeinflchftftlem*» 
sondern  mit  den  Gabrielcrn  abhalten.^ 

Man  wird  aich  nicht  wundem,  dass  unter  diesen  Umstän- 
den der  Zuzog  nach  Mähren  immer  bedeutender  wurde.  ,Mäh- 
ren,'  so  schreibt  Vei^erius  1558,  ,wimmelt  mehr  als  jemab 
froher  von  Wiedertäufern.' '  Und  dass  auch  recht  bemittelte, 
hie  und  dä  auch  sehr  wohlhabende  Leute  ihnen  zuliefen,  sieht 
man  aus  den  Aufzeichnungen  der  Tiroler  Behörden.*  Die  Lieder 
der  Wiedertäufer  gedenken  dieses  Anwachsens  der  Gemein- 
schaft,^* das  unter  dem  Regimente  Lanzenstiel's  stattfand.  Ihm 
folgte  1565  Peter  Walpot  (nach  seinem  Handwerk  ,Scherer* 
genaimt)  und  mit  ihm  die  glückUchste  Zeit  der  milhrischcn 
Täufeiigemeinde.  ,Mlt  Lust  und  Liebe  Mengen/  wie  ihre  Qe- 


*  Datum  24  Hwtii  anno  1.^57.  Kathnrina  Zellin,  des  »eligen  Iffttlili  Zellen 

n.T  1.^'  l.iHSPne  Hausfrau.   FUs^Iin,  Beitri^^  V,  273  -277. 

*  Arcli.  iirutr.  IX,  2&ö,  in  Herreuhui;  s.  Giudel/,  CajiopLs  1866,  II,  U. 
■  GesclUchL-ibüi  her,  8.  209. 

*  ,Der  Anabaptiamm  in  Tifol'  L  e.  6.  SIS. 

*  Bifl  oneer  ein  gute  Sumaie  —  «w  gnaden  worden  «ein.  QeidUchtebQeber» 
6.217. 


172 

schichtsbüeher  niehk'ii,  ,<lie  Fromiiifn  an  diesoin  Unten,  von 
dessen  Leß'zen  holdseli^^e  Worte  zu  fliesson  pfleg-teii/ 

Oleich  Kiedcinaiiii ,  wenn  aucli  niclit  so  ausführlich  als 
(lieser,  luuulelt  er  in  seinen  Schriften  von  den  Hauptpunkten 
,unseres  christlichrii  Ohiubens:  der  Taufe,  dem  Abenduiahl  und 
der  (iemeinschatf Sclion  1540  hatte  er  einen  Sendbrief  an 
die  gefantrenen  Brüder  in  W  ien  <;erichtet.*  Die  Schweizer  Brüder 
sandten  an  die  Huterische  Genossenschaft  sieben  Artikel  ^  in 
denen  sie  mit  diesen  ^göttlichen  Frieden  und  wahre  Sicherheit 
suchten'.  Auf  diese  Artikel  antwortete  Peter  Walpot  1567  im 
Namen  seiner  Gemeinde:  Das  Büchlein  der  Schweizer  erfillle 
seinen  Zweck  nicht;  es  enthalte  , menschliches  Wissen,  ver- 
messene Kühnheit,  eigene  angemasste  Sicherheit  und  hitziges 
Lästern  und  Tadeln  wider  die  Huterische  Gemeinde  und  ihre 
christliche  Ordnung'.  ,Wir  haben  aaoh  keine  Hoffnung,  dass 
nnser  Fleiss  bei  Euch  viel  ei*äehie88en  werde,  da  man  bei  Euch 
nur  zankischen  Eifer  für  Erhaltung  fleischlicher  Freiheiten  spüre.* 
yDa  wir  aber  achten,  dass  vielleicht  nicht  Alle  von  Euch  also 
gesinnt  sind,  bo  senden  wir  Euch  eine  kurze  Antwort,  doch 
q>rech6n  wir  Euch  zu,  dftss  Ihr  diese  vor  alle  Eure  Mitgenos- 
sm  kommen  lasset.'  Die  einzelnen  Artikel  verbreiten  sich  Uber 
den  von  den  Schweizern  gehassten  Comraunismos  der  Hute- 
risch«i,  die  Qemeinschaft,  Ehe,  das  Verhalten  su  der  Obrig- 
keit  II  w.y  und  enthalten  viele  einzelne  Züge  aus  dem  Leben 
nnd  Treiben  in  den  einzahlen  Haushaben,  zeugen  aber  gleich- 
itdtig  von  den  tiefen  G^egensütsen  awischen  den  Terschiedenen 
Gruppen  der  Taa%ennnt«n. 

Die  in  Alzey  gefangenen  Brüder  tröstete  Walpot  (1568), 
,8ie  mögen  in  dieser  Probe  des  Glau])ens  dem  Herrn  stillhalten 
und  ihm  ihre  Sache  anrertranen'.  Von  besonderem  Eifer  war 
er  Air  das  Schulwesen  der  Taufgesinnten  erfUUt,  das  ganz  dem 
communistischen  Leben  der  Gemeinde  entsprechend  eingerichtet 
wurde.'  l^och  einmal  wandte  er  sich  (löH)  an  die  Schweizer 


*  Cod.  Olomne.  I,  Vm,  Fol.  249fr.  Enttiült  •  I^^entlioh  Anf  Pnakte;  sn  den 
geiuinnten  noch  von  der  Obrigkeit  und  EUieecheidnng. 

«  Co.l.  235,  Fol.  .'^7— 43. 

*  ,PeU>r  ächerers  Keil,  wa»  ar  samt  andern  eltaMten  mit  den  schulnieittteni 
mu  Nembachitx  geredet  hat  den  15.  Novembris  l/>ß8.*  Cod.  Olomuc.  h.  53, 
und  AteUv  in  BrBnn,  Kr.  42;  ■.  TnuMler'i  Allg.  JenrnaL  DeagMchen 
Sehnlordnung  1668^  ebenda.  Ueber  b^de  «.  unten  »Daa  Sebnlweieb  de« 


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173 


Brüder  Uber  die  Frage  der  Vereinigung:  ,Wie  sollten  die,  so 
einen  Glauben,  eine  Tauf  u.  s.  w.  haben,  eieh  nicht  gern  auch 
äusserlich  zusammenthuenV*  Einen  Tag,  nachdem  er  seine  ,lctzto 
Red'  an  die  Aeltesten'  gehalten,  starb  er,  am  SO.  Jänner  lö78.  * 

Im  Regimen tc  folgte  ihm  Hans  Krftl,  wie  Walpot  ein 
Tiroler,  ,cin  fast  gütiger  Mann,  von  friedlicher  Geberd',  sanfl- 
mUtlii^,  aueli  mild  geneigt,  in  Stock  und  Banden  wohl  be- 
wtthrt,  bei  dem  alleweg  ein  guter  Rath  zu  iinden^^  Hans  Krftl 
war  der  Verfasser  eines  yGemain-QeschichtBbaohes';  leider  ist 
es  heute  verschollen. 

Wie  die  Verhältnisse  lagen,  konnte  die  Gemeinde  die  Zahl 
ihrer  I  laushaben  bedeutend  vennehren:  1560  wurden  Pribitz 
und  Landshut,  1566  Scheikowitz  und  Pruschanek,  ir)67 
Wostitz,  1ÖÖ8  Urschitz,  lö70  Kikolschitz  und  Neudorf, 
1573  Popita,  1581  Frischau  nnd  Pohrlita,  1583  Nussla 
errichtet,  wogegen  sie  allerdings  aus  einem  und  dem  andern 
Hause,  wie  z.  B.  aus  Selowits,  wieder  ahziehen  mussten.  Auch 
In  Iglau  liessen  sich  Gesinnungsgenossen  nieder,'  ebenso  in 
Znaim;  doch  wurden  hier  schon  1568  scharfe  Verordnungen 
gegen  sie  erlassen  und  1571  und  1673  erneuert*  Auch  Gaya 
bot  den  Wiedertttufem  bereitwillig  ein  Asyl.^  Nur  in  Nikols- 
hurg  begann  Adam  von  Dielrichstein  eeine  hoffirangsvoUen  Ver- 
suche der  Wiederherstellung  der  kathoilisehen  Lehre.*  Aber 
an  eme  plötiliche  Ausrottung  der  tau%esinnten  Elemente  war 
auch  hier  nicht  zu  denken:  sunftchst  schon  aus  Tolkswirth' 
schafUichen  Motiven.  Kamen  doch  schon  Toreinxelte  Fälle  vor, 
wo  die  Grundherren  Zwang  anwenden  mussten,  um  ihre  zum 
Abzug  geneigten,  so  schwer  zu  ersetzenden  Arbeitskrftfte  zu« 
rttckzuhalten.  Um  so  geneigter  mussten  die  Heiren  und  Ritter 
im  Lande  sein,  die  WiedertKufer  vor  plötzlichen  Ausweisungen 
und  damit  steh  selbst  vor  grossen  Verlusten  zu  schützen.  Es 

Wiedertäuler'.  An  die  Schulordiinnp  üchliesseu  «ich  Kinder-,  Tisch- 
gebete u.  8.  \v.  an,  die  wohl  auch  von  Peter  Walpot  herrühren  dürften. 

*  Seine  übri|^D  Schriften  s.  in  den  QeschichtabUcbem,  S.  271. 

*  Ebenda,  6.  987.  S.  flb«r  Walpot  ntid  XriQ  moiiieo  »Aiiabaptiflniiui  in 
TifolS  B.  919. 

'  Freilich  noch  viel  mehr  Schwenkfehler,  wie  man  an*  den  Schiilton  4m 

Igl.'iner  Predigers  Tnaias  TrihaittT  «'ritniinmt. 

*  Ziiaimor  Verhörbuch  sub  üguu  XII,  a,  11,  im  stäiid.  Archiv  su  Brünn. 
^  Gindeiy,  Gevch.  der  bOhm.  Brüder  II,  241. 

*  Dm  Nlhei«  in  folgenden  Abeelinitte. 


174 


kam  iliiuMi  sehr  gelcj^cn.  dass  ein  in  rolipös«^n  Frasren  so  milde 
(ienkcndt  f  Monareh  u  k-  Maxiiiiilian  IL  aut'  dein  Tiiroue  i>hss. 
Bei  ihm  flurt'tcii  sie  ein  wcsenflirhcs  Kiit^cf^enkonmien  erwarten. 
Auf  dem  Drciktinifijstiige  des  .lahivs  l.")67,  der  in  Brünn  tag^te, 
Hessen  ah-uu  die  Herren  und  Ritter  d»>ni  Könige  melden,  wie 
gross  der  Manc:oI  sei,  der  im  gaiiüMn  Lande  nu  Handw  orkerD, 
Taglöhnern  und  Dienstboten  herrsche.  Ua  si<  li  nun  luiter  den 
Wi<M]frtiiuf('rn  aiispr/.pjchnete  Arbeiter  (wvburny  dielnici)  he- 
tandcii,  so  m(»jre  er  alier<;tKi<ligst  gestatten,  dass  sie  im  Lande 
verbleiben  dürfen.'  Maximilian  IL  erwiderte,  (hi6i>  sehon  nein 
Vater  nnd  dann  er  selbst  sich  niit  dieser  Frage  besehäftigt 
habe.  Er  habe  sie  mit  den  Käthen  in  Erwjtgung  ge/,<»gen.  7a\ 
einer  den  Wiuisehcn  der  <  Jrundhcrren  völlig  entsj)reelienden 
Verfügung  Hess  er  sieh  nicht  herbei,  sondern  l)e willigte  den 
Wicciertäufem  den  Aufentlialt  auf  die  Dauer  eines  Jahref,  in 
welcher  Zeit  sie  sich  Hott  zu  raachen  in  der  Lage  waren.  Der 
weitere  Aufenthalt  wurde  bei  TodesstrafV  untersagt.  In  ihrer 
Erwiderung  wiesen  die  Stände  darauf  Inn.  dass  es  ganz  un- 
möglich sei,  (li(>  Wiedertäufer  innerhalb  eines  Jahres  auszu- 
rotten. Sie  fragen  dalier  abermals  an,  was  zu  thun  wäre,  wenn 
sie  ihre  Gründe  auch  dann  iiii  lit  verlassen  wollten.  Wohin 
sollten  sie  sich  auch  wenden?  Sie  w  iii  den  sieh  eher  tüdti>ehlagen 
lassen,  als  das  Land  räumen.  Der  König  iiess  vermelden,  er 
werde  die  Sache  neuerdings  in  Erwägung  zielien  nnd  ilinen 
seinerzeit  antworten  Damit  war  die  Angelegeiiln  ii  vorlaiitig 
erledigt:  ,Wir  blieben/  sagen  die  (icschichU>bUchcr^  ,wo  wir 
waren,  unbeschwert.* 

Nun  strömten  die  Taufgesinnten  aus  den  Naehbariandem, 
aus  Polen,  von  wo  sie  im  Se|)teml)er  l.'Hih  verjairt  wurden,' 
ans  Siebenbürgen,  wo  zu  dcrsellien  Zeit  das  Kilu  t  von  1548 
wiederholt  wurde,'  und  aus  Tirol  und  Vorarlberg  herzu.'  Ein 
alter  Herd  de«:  Anabaplismus,  die  ^tndt  Steyer  in  Oberöster- 
rcichy  sandte  gleichfalls  einzelne  Funken  nach  Mähren.^  1Ö68 

'  Landta^-Ocdeiikbuch  im  Laiidesarchiv  zu  Brttmi  H,  Oopie  und 

Uebor«<'t'"nij;  in  der  v.  Beck'schen  .Snuimlnng'. 
^  OttiuH,  AuQ.  Aoab.;  Lubentius,  llist.  pere.  Fol«,  194;  FttaBlin,  Beiträffe» 

V,  385. 

*  Baiig  U,  828—829. 

*  Der  AnabaptiMiias  in  Tirol,  L  c.  816—886. 

*  Vide  Pritz,  Getcbicht«  dar  Stadt  8tqr«r,  8.  818.  Pimieiibiiber,  Aiuiil«! 
881—888. 


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175 


'klÄg:t  die  Stadt  Stejer  vor  dem  I.niidcshauptmann,  ,dass  unter 
«lern  geraeinen  Volk  uinl  Ilaiid werkern  hier  zu  Steyor  Viele  zu 
tindf»n  p^ewesen,  die  in  ihrem  (ilauix'n  miirl<'ie}i,  iiiul  hv'i  ellielicii 
wieilei*tauicrii5chc  und  dergleichen  iiTthiimer  erfahren  werden*. 
,Iia.rt  in  der  Anrainung  ihres  Burgfrieds  und  also  stracks  an 
der  iStadt  unter  anderer  UerrBchaft  linden  sich  die  vornehm' 
sten  Rftdelsfilhrer  der  wiedertäufsrifichen  8ekt'  dieses  Orts,  als 
ein  Schuster  am  Dach&berg,  desgleichen  ein  Bauer  und  Schnei- 
der,  die  nicht  allein  viel  einfältige  Leut'  aus  ihrer  Bfbrgerschaft,' 
sonderlich  aus  dem   ungclehrten  Handwerksvolk  verftlhren,' 
sondern  dahier  sich  auch  zu  etlichcnmalcn  des  .lahres  andere 
ihrer  8ecten  Anhänger  gar  aus  dem  Land  Mähren  her  und 
andere  mehr  verhandeln   und  daselbst  lu-indiehe  Convoiitikel 
und  VVinkelpredigten,  auch  ihre  besondere  Taui*"  und  Abcnd- 
mal  halten/  ^ 

Solche  Verbindungen  hatten  die  mährischen  Wiedertäufer 
aac^  mit  Salzburg,  vornehmlich  aber  mit  der  Schweix,  von  wo 
seit  der  Mitte  der  Siebzigeijahre  eine  zweite  grosse  Einwan- 
derang nach  Mähren  erfolgte.  Am  15.  September  1574  stand 
Lfadwig  Tttrgger  (Törker)  mit  zwei  Genossen  vor  den  Verord- 
neten des  Rathes  zu  Zttrieh  und  beantwortete  die  Fra<i;e,  ,au8 
was   Grund   sie   sieh  in  dies  Land  verftigt  und  daselbst  v^o- 
preriigt'.    Er  stamme  aus  der  Gegend  von  Frankfurt,  wohne 
jetzt  in  Mähren.    ,Nachdem  verschienenen  Jahres  viel  Volks 
aus  der  Kidgenossensehaft  zu  ihnen  gezogen  und  sie  jctzund 
Fürsorg'  getragen,  dass  auch  das  gegenwärtige  und  künftige 
Jahr  viel  zu  ihnen  ziehen  wUrden,  hätten  ihre  Brilder  für  gut 
angesehen,  EtUche  zu  verordnen,  die  in  die  Schweiz  wandern 
und  die,  so  weiter  zu  ihnen  ziehen  woDen,  unterrichten,  waa 
ihr  Glauben,  Thun  und  Lassen  sei,  damit  sie  dessen  ein  Wissen 
hätten  und  zu  ihnen  nioht  also  unbedacht  kämen.  Und  da  wäre 
er  mit  den  zwei  Briiderii  heraufgesehiekt  worden.'    Sein  Ge- 
nosse Hieronymus  Falk  war  vor  drei  Jahren  auf  Geheiss  seines 
Vaters  nach  Mähren  gezo^i^en,  der  dritte  ist  der  dureh  seine 
Tbätigkeit  als  Sendbote  der  Wiedertäufer  im  Bregenzerwaldc 
bekannte  Melchior  Platzer  aus  dem  Etschland.*  ,Wiewohl  mit 
ihnen  Allen  viel  dispulirt  wurde,  sind  sie  doch  Alle  steif  auf 


*  Entwurf  im  Archiv  der  Stadt  Steyer. 

*  S.  ttlier  Ilm  meinen  »AnaliaptiniQs  in  Tiiol\  S.  StS. 


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176 


ihrer  Meinung  geblieben.**  Gleichzeitig  wird  geklagt,  dass  der 
Vogt  zu  Aesch  und  Andere  mährischen  Wicdert&ui'em  Unter- 
schleif geben. 

Dieser  Auswanderung  nach  ^^ähren  suchte  der  Rath  durch 
ein  Edict  vom  '2'^.  März  1575  zu  steuern,*  in  welchem  es  hiess, 
diiss  die  Zurückkehrenden  keine  Autnahuic  im  Lande  zu  ge- 
wartigen hätten.  Iii  (itcs«em  Jahre  sehreibt  Haus  Hottinir'T  von 
Briraelsdorf,  jetzt  im  Lande  Mähren  zu  Sehaidewitz  wohnend, 
an  seine  Freunde  in  Brinielsdorf  bei  Zürich:  es  gehe  ihm  in 
Mähren  gut;  er  lobe  Gott,  der  ihn  zu  der  wahren  Lehre  gc- 
brac})t  liat.  Er  möchte  den  Freunden  vergönnen,  dass  sie  ihr 
süiidhattes  Lei)  ii  rrkennen.  Dir  Rri'tdcr,  die  in  ihr  Lanti  hin- 
aufkommen, liio^cii  sie  Ireundlich  aulneiimcn  und  ihm  selbst 
nachfolgen.  Dem  Jacki  Lnpfer  möge  man  mitthcilen,  da  er 
darum  gebeten,  dass  es  ilnu  in  Mähren  gut  gehe.  ^ 

Am  11.  1  1  bruar  1576  crlicss  der  Magi!5trat  von  Zürich 
ein  Edict:  da  jetzt  so  viele  Leute  mit  .L(m1)  und  Gut'  in  das 
Niederland,  genannt  Merhei'n,  ziehen,  m<'igc  man  auf  jene,  die 
etw^a  wiederkehren,  achten  und  sie  nicht  mehr  in  das  Land 
einlassen. 

Am  18.  März  desselben  Jahres  schreibt  Peter  Seynwelt 
seinem  Bruder  Hans  zu  Lentishofcn:  er  möge  die  ganze  Freund- 
schaft grtlssen  und  ihr  vermelden,  wie  wohlfeil  Alles  in  Mähren 
flei,  sonderlich  Wein  und  Brot*  Das  Schreiben  selbst  möge 
gegen  Mengs,  dem  Wirth  zum  kleinen  Steinbock,  zugestellt  und 
dann  dem  Bruder  Marx  nach  Freiburg  gesandt  werden.  Dem 
Mandate  vom  11.  Februar  entsprechend,  wurde  Jakob  von 
Lonpen  aus  Bulach  eingezogen.  £r  erklärte  am  2.  Mai,  er  Bei 
▼or  2wei  Jahren  nach  Mähren  gegangen  und  jetat  gekommen, 
um  sein  Hab  und  Gut  sammt  seinen  Kindern  zu  holen.  £r 
habe  nicht  die  Absicht,  Jemanden  aufzuwiegeln  und  hinwegzu- 
ft\hrcn;  denn  man  habe  ihm  im  Lande  danieden  befohlen,  sich 
Niemands  za  beladen.**  Ein  'Jahr  später  verlangt  derselbe 
Wiedertäufer  vom  Käthe  der  Stadt  Zürich  freies  Geleite,  um 

*  %ürii})er  Staataudiiv,  Keligioiwnclien  L  Copien  in  der  v,  Beck'schen 
Sammlung. 

«  OttiuB,  ö.  164. 

*  Züricher  StaatMurdüv. 
<  ElModa. 

*  ZOriehw  StutmehiT,  Bel^onaneliM  1. 


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177 


seine  im  Züricher  Gebiete  aiuetehettden  Gelder  einzuziehen.^ 
Jakob  von  T^upen  hielt  sich  nuu  zu  Sciowitz  auf.  Am  17.  Juni 
1577  wurde  Müller  aus  der  GrafsehulL  iiadi  ii  verklagt,  dass  er 
w ! edertäufV" rischc  Predigten  halte  und  die  Leute  zum  Abzug 
iiacli  Mahren  verlocke.  Auf  das  hin  wurde  zwei  Monate  bpäter 
vua  den  Zürichom  cnt^schieden,  dass  man  solche  Leute  abziehen 
laaseiiy  ihnen  jedoeh  die  Wiederkehr  verbieten  möge.' 

Am  3.  Juli  1579  schreibt  Hans  Mayer  aus  LettowiUs  in 
Mahren  an  seinen  Bruder  Wolf  und  seme  Schwester  Regele, 
sie  mögen  fromm  werden  und  den  Bruder,  der  su  ihnen  kom- 
men werde,  gut  aufiiehmen.'  Die  Zuzüge  nach  Mähren  nahmen 
ihren  ungestörten  Fortgang:  seit  1679  zogen  die  Taufgesinnten 
aus  Appenzell  iiaiiu  r  zahlreicher  dahin*  und  setzten  auch  ihre 
OeMiinungsgenossen  im  Jiregenzerwalde  in  Bewegung.  Im  Jahre 
1580  crliessen  die  Züricher  ein  neiicrliclies  Verbot  der  Ver- 
sammlungen und  Predigten  der  AV' iedertäufer:  man  wolle  sie 
im  Lande  schlechtweg  nicht  dulden.    Daher  soll  man  nach 
ihnen  greifen,  damit  sie  laut  unseren  Satzangen  gestraft  wer- 
den.^ Das  Jahr  darauf  wurden  die  alten  Bestimmungen  gegen 
sie  wiederholt.    Nichtsdestoweniger  sogen  noch  im  Herbste 
mehrere  Familien  aus  Bremgarten,  Ober-  und  Niederbergken, 
Oberwyl,  Rudisteten,  Wyningen  und  Grüningen  dahin.  1584 
wurden   die   auswandernden  Wiedertäufer  in  Appenzell  des 
Lantli  •  ehtes  verlustig  und  uutaiug  erklärt,  etwas  zu  erben;  im 
folgenden  Jahre  wurden  zu  Aarau,  Zflrich  und  Bern  KrlHsse  zur 
Abstellung  der  wiedertäuferischen  Secte  publicirt;  immer  wird 
die  Verbindung  mit  Mähren  aufrecht  erhalteu.   Von  der  leb- 
haften Correspondenz  der  Taufgcsinnten  in  beiden  Ländern 
liegen  einige  Belege  vor.*  Auf  der  Tagsatzung,  die  am  28.  Juni 
1585  zu  Aaran  tagte,  wurde  ,Ein  Bedenken'  yorgelegt,  ,durch 
was  Mittel  der  Töufferejr  möge  gewehrt  auch  wie  die  TOulfer 
und  sunderlich  die  RedKfnerer  under  ihnen  söllind  gestrafft 

1  Züricher  Suiataarcliiv,  KeligioDiMcbett  I,  ddo.  13.  April  1677. 

«  OttiuB,  p.  164. 

*  Züricher  Staatsarchiv. 

*  Der  Auabaptismus  ia  Tirol,  a.  a.  O.  ü.  220.  « 

*  Ottin««,  p  lß9. 

^  Ausser  dcu  obeu  im  Texte  geuaunteu  Stücken  liegen  luir  i^ch  Schrift« 
stücke  vom  23.  October  ibSl,  26.  AngoMt  1684  und  ein  ,CiirittUcli-eui- 
fiUtiger  Brief  (Druck)  von  1688  vor,  die  alle  die  Besiebungen  der  mfth- 
riechen  und  «chweiserieclieii  TnedertKitfer  beilfttifen. 

AnfeiT.  LXXXL  Bd.  L  Htlft«.  12 


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178 


werflen*.  *  ,Da  etliche,*  hebst  es  darin,  .mit  Weih  und  Kind 
nacli  Mähren  und  anderuwohin  ziehen,  dunkt  es  uns  schwer, 
ihnen  zu  gebieten,  dass  sie  nie  mehr  in  ihr  Vaterland  koiniiu'n 
sollen,  ob  sie  g-leich  von  ihrem  Trrthum  abf^cstandon.  Denn 
dadurch  würde  ihnen  der  Weg  /Air  Busse  und  Besserunrr  vcr- 
öcldus.son.*  Die  Wiedertäufer  vertlu  iiliL'ien  ihre  Lehre  und  s  and- 
ten eine  Supphcation  an  Bürgjermeiister  und  Rath:  , Dieses  Tauil  s 
wisscu  wir  uns  keines  Irrtliumb  seliuldig"/  In  der  Begründung 
ihrer  Lehre  kommen  sie  auf  den  alten  Streit  zwischen  Zwingli 
und  Hubmaier  zuHtck.  Die  Bewegung  wurde  noch  lanjre  nicht 
einy^edämmt:  noeh  1587  ziehen  Tautgcsumte  aus  der  Schweiz 
nach  Milhren.  Freilich  so  stark  wie  Lö85  waren  die  Zuzüj^e 
nicht.  Zu  diesem  Jahre  melden  die  Geschichtsbücher:  ,In  disera 
lf)Sf)  iar  kam  so  vil  volke  aus  dem  Schwcitzerland  also  dass 
mau  an  etlicli  orten  die  thor  must  zuesperren;  den  man  kundt 
sy  nit  all  an  und  aufncmeo;  doch  aber  wui'de  irer  ein  gucter 
theil  angcnomen/* 

Da  der  Staat  im  Jahre  1567,  wenig-stens  indireet,  den 
Wiedertäufern  Duldung  gewährte,  die  dann  erst  von  Ferdinand  IL 
naeli  dem  böhmischen  Aufstande  zurückgenommen  wurde,  zog 
man  sit;  zu  Abgaben  fllr  diese  ,unverdiente*  Duldung  heran. 
Man  hat  die  Leistungen  der  Wiedertäufer,  beziehungsweise  die 
Forderungen  des  Landes  an  ihre  Steuerkraft,  stark  verkannt,* 
weil  man  in  unseren  Ta^ren  nicht  woaste,  was  ein  WiedertÄufer- 
,haus'  zu  bedeuten  habe.  Wenn  man  erwägt,  dass  ein  einzel- 
nes Haus  his  zu  2000  Bewohner  zählte  und  nur  eine  einzige 
KUchc  besaös,  so  wird  man  es  nieht  fllr  übertrieben  halten« 
wenn  der  Staat  von  einem  solchen  Hanse  jAhrlich  20  oder  go- 
legentlich  einmal  80  Gulden  nahm.^ 

Der  Landtag]:  vom  Jahre  1570  (Montag  S.Bonifacii=ö.Juni), 
der  in  Brünn  tagte,  beechloss,  die  ÜAnser,  das  Vieh,  die  Wein> 


■  TgL  dm  ,SttmmariKh«n  Bericht  d«r  drc&  Kilehea  Born,  BmtA  (fMDint 
dar  hoben  Sehn])  and  Schaff hnnien,  betreffend  die  Abaebaffilng  der 

Tauferei*.  E.  II,  444,  p.  244-246.  Staatsarohiv  Zdrich.  Die  Snpplicatfon 
der  W!e<lcrt''n)0  r,  ibr  -  Lehre  vertheidigend,  ebenda. 

'  Geschichtsliücht  1 .  S  '2  95. 

"  Gindely,  Goschioiite  .lor  höhin.  lirüder  II,  21. 

*  .Wttrden,'  sagt  Gindtjly,  ,die  anthentuchen  Landtags-GedonkbUcher  uicht 
nech  jelat  bestehen,  ao  wttiden  wir  anstehen,  iigend  einem  anderen  Be* 
richte  bei  ao  nngehenrea  Snmmen  Glanben  an  aehenken.* 


179 

gftrten  u«  s.  w,  der  BrUder  su  schätsen  ond  von  je  tOOO  Qulden 
Werth  10  Gnlden  sa  verlangen,  die  halbjährig  gezahlt  wer- 
den  sollten.^  Die  Qnindherren  sollten  die  Gelder  einheben  und. 
abftlhren.  Die  Schtttsnngen  sollten  von  den  Ortsgerichten  ver- 
fasst  werden. 

Im  Jahre  1Ö75  Mmrde  auf  dem  LandtHge  iii  Brünn,  der. 
,die  Wochen  nach  Elspet'  tagte,  geklagt,  dass  die  Wiedertäufer 
ihre  Wohnsitze  mit  Brauhänsem  ausstatten,  wo  sie  nicht  wen^  ' 
Bier  brauen,  was  gegen  die  Landesordnnng  sei.  Es  wurde 
ihnen  daher  das  Brauen  von  Bier  in  den  von  ihnen  errichteten 
Häusern  und  das  Aufkaufen  des  Getreides  untersagt  Zugleich 
wurde  beschlossen,  dass  eine  jede  Person  von  ihnen,  so  Uber 
10  Jahre  alt  ist,  4  weisse  Groschen  steuere.*  1576  wurde  zu 
Olmttts  befehlen,  dass  sie  5  Groschen  Kopfsteuer  zahlen.*  Vier 
Jahre  spiltor  wurden  zur  Sicherung  der  Ruhe  im  Lande  3500  Leute 
anfgesteUt,  wozu  die  Stände  die  entsprechenden  Steuern  be- 
willigten: eine  jede  Person  in  den  Haushaben,  so  Uber  18  Jahre 
alt,  musste  4  weisse  Groschen  zahlen.^  Ebenso  wurde  1582 
yon  jeder  Person,  so  20  Jahre  alt  ist,  der  Betrag  Ton  2  weis- 
sen Groschen  gefordert  und  der  Aufkauf  von  Getreide  in  den 
Dörfern  ausserhalb  der  Markttage  untersagt.^  In  den  sonstigen 
Giebigkeiten  wurden  sie  den  ttbrigen  Unterthanen  gleich  ge- 
halten.* Für  die  Steuern  kam  die  ,6(emeinschaft'  als  solche 
auf;  sie  war  auch  durch  ihre  Organisation  leichter  im  Stande, 
Hungerjahre,  wie  das  von  1569,  zu  ttberdauom.*  Eine  fort- 
gesetzte Aufinerksamkeit  wurde  den  einzelnen  Handw^en  zu- 
gewendet, von  denen  das  Schmiedehandwerk,  die  Tnehmacherei 
und  Hollerei  einen  immer  grosseren  Aufschwung  nahmen.  Schon  * 
jetzt  killten  die  Handwerker  anderer  Confessionen  ttber  den 
ungleichen  Wettbewerb  mit  den  Gewerben  der  Wiedertäufer, 
^onrcn  den  sie  nicht  aufzukommen  vermochten^  und  der  ihnen 
in  ähnlicher  Weise  wie  den  Juden  gi'ossc  Missguust  eintrug. 


'  ZjandM-Pamatkenbficher,  p.  898. 

*  PainMkenbUchor  und  GeschichtebUcher  der  WiederUCufor,  S.  267. 
'  Montag  nach  Philipp  und  JaooM  (6.  Mai).  Pamalkenbttcber  127. 

*  Landtag^ö-Painatkenbücher. 
^  Geschicbtsbacher,  S.  282. 

«  Ebenda,  8.  323. 

'  Uober  die  Vurkulinuigeu,  die  damals  getrotfuu  wurden,  s.  den  2.  Tbml. 

12» 


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180 

Um  1571  w.ir  die  Genieinde  genöthij2:t.  den  Richtern  und  Bür- 
gern von  Gollitz  (Holit«ch)  einen  Rri<'t'  zu  senden,  worin  bic 
sich  gegun  die  Zunmthung,  als  hätten  sie  die  Mauth  umgangen, 
verwahren.  ,Dayb  llir  uns/  heisst  es  daselbst,  ,nngläubig  achtet 
und  den  Juden  vergleichet,  daran  liegt  uns  niclits,  denn  wir 
sind  Gott  bekannt  und  rühmen  uns  seiner  Gnaden.'  1  )ass  solche 
Ueherhebung  den  Nnchbam  wenig  gefallen  konnie,  leuchtet 
ein:  ,Wer  uns,"  sagon  sie,  ,anfeindet,  hasset  und  Uebles  thut, 
der  thut  es  nicht  uns  als  Mensehen,  sondern  Gott  sell)er  an, 
dessen  „Augapfel"  Ihr  antastet.  iJrum  seid  gewarntj  ladet  nicht 
Gottes  Gerieht  und  Urtlieil  auf  Euch." 

Von  ähnlirli  n  lieber  he  bungen  weiss  man  übrigens  auch 
aus  den  Sendbneten  ihrer  Märtyrer.  Am  beseheidenäten  hielt 
sieh  noch  Niclas  Geyerspüchler,  der  1567  zu  Innsbruck  hin- 
gerichtet wurde:  ,Sie  bilden  keine  Synago<re.  Dass  f^ic  aber 
die  jGemaind*  f—  Gemeinsehaft)  halten,  er  und  seine  Brüder, 
das  thun  sie,  weil  sie  es  in  di^r  heil.  Geschrift  und  sonderhch 
in  der  Apostelere'iehicht'  befinden.*^  ,I)as  Nachtmal  haben  sie 
zunltehst  bei  ihren  llau!?ern  im  Land  zu  Mähren  gehalten;  da 
kommen  allweg  eine  grosse  Anzahl  Personen  dazu.  Er  kundte 
die  Stadt',  Flecken  und  Orter  nit  ?dle  nennen,  da  sich  seine 
Brüder  in  Mähren  niederlassen  und  wem  die  Obrigkeiten  der- 
selben Enden  zugehören;  denn  sie  lassen  sieh  an  vielen  Orten 
nieder,  da  sie  ihre  Haushaben  angerichtet.  Seien  ungevertlich 
in  die  20  Meilen  Wegs  die  weitesten  von  einander  in  ihren 
Haushaben  ausgetheilt.  So  werden  sie  oft  von  einem  Ort  su 
dem  andern  verjagt.* 

Solche  Sendbriefe,  welche  die  Gemeinde  erbauten  und  zur 
Nachahmung  aufforderten,  liefen  in  grosser  Zahl  ein.  Hänsel 
Mang,  der  zu  , Sendhofen  im  Schwabenkuad*  im  GeiiHogniw  blg^ 
schreibt:  ,Kr  hoffe,  die  Ketten  Wiarden  ihm  schier  noch  eine 
^te  Wärme  geben  und  ihn  an  jenem  Tage  bass  sieren  als 
der  Gottlosen  gttlden  Ketten/^ 


'  Ex  oxl.  .Antolf,  Fol.  r^a— 362.  Coj.ie  in  <I«'r  v.  Iku  k'srhcii  Sjunmlnn?. 
Eiu  älUsres  Schreibon  von  1^53  <ra ")  mii  Wt-nzd  vi  in  Ludanitz,  eine 
Elheangele^^enheit  betretleiid,  eitthält  ähnlich»  Uebärhebungtiu.  Ebenda, 
Fol.  75-^81. 

*  8.  ,I>ar  AnalmptMinQs  in  Tirol'  a. «.  O.  8.  214. 

•  6eiehidit8l>aelier  dar  WifldertSnfer,  8. 262. 


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181 


Aus  Alzey  sandte  Leonhard  Dax  seine  Briefe  an  die 
Gemeinde/  aus  Salzburg  Veit  Grünberger/  ans  SchMrding 
Wolf  Binder,"  aus  Wien  Marx  und  Bernhart  Klampferer,^  aus 
Wttrtembeig  Matthes  Binder,  Paul  PrSl^  und  Paul  Glook,<>  ans 
der  Pfalz  Hans  Arbeiter,^  aus  Salzburg  Hans  Zuckenhammer 
und  aus  Vorarlberg  Melchior  Platzer.*  Einzelne  Sendboten  sind 
in  ihren  Zusendungen  unenuftdlich:  die  Berichte  Paul  Glock's 
umfiiflsen  einen  Zeitraum  von  13  Jahren  und  sind  entweder  an 
seine  ^eheliche  Schwester'  Else  oder  an  Leonhard  Sailer,  Peter 
Walpot  oder  an  die  »Gesehwistrigeten'  Oberhaupt  gerichtet,  alle 
voll  von  Erinnerungen  an  die  mfthrische  Heimat  der  Kinder 
Gottes  und  an  einzelne  Taufgesinnte  in  den  verschiedenen  Haus- 
haben Mfthrens.*  Das  kecke  Auftreten  der  mtthrischen  Send- 
boten  im  Würtemberger  Lande  veranksste  die  Stuttgarter,  ein 
ansfllhrfiches  Ghitachten  Aber  die  Wiedertäufer  und  ihre  Lehren 
,von  den  verordneten  R&then'  zu  veriangen.*^  Mit  Scharfe  soll 
man  gegen  die  , Vorsteher'  einschreiten:  , Wiewohl  nun  die 
Reiohsconstitutionen,'  heisst  es  daselbst,  ,und  die  Mandate  von 
1589  und  1651  verordnen,  dass  sie  an  Leib  und  Leben  ge- 
straft werden  sollen,  so  mOgen  sie's,  weil  es  in  diesem  Fttrsten- 
thum  bisher  nicht  üblich  gewesen,  ihnen  ob  der  ,wiedertlUife- 
rischen  LrrthtLmer'  allein  das  Leben  zu  nehmen,  weil  damit 
auch  die  Hofihung  auf  Besserung  hinfilllt  und  mit  dem  Iieib 
auch  die  Seele  ins  Verderben  kommt,  am  Leben  erhalten  und 
mit  Rerkeriiaft  gestraft  werden.' 

* 

^  Deren  Charaktoristik  bei  J.  v.  Beck  (Getchiehtobtteliery  8.  966)  wOastA 

icli  nicht«  Wt'.seiitlltlic.H  niiznfügoa. 

*  h.  die  Geschklit.sbiu  liiM-  a.  n  O. 

'  S.  die  Geschichtsbücher,  «.  2&7— 258. 

*  Ebenda,  8.  861. 

*  Ebenda,  8. 866. 

*  Ebenda,  S.  269. 
'  Ebenda,  S.  268. 

»  EbPTida,  R.  274  und  283. 

*  Abscliriften  vun  allen  finden  «ich  in  der  v.  Heck'schen  Sammlung. 
*•  V.  Bock'iK'he  Sammlung. 


182 


4.  Capitel. 

Dm  Bnde  dar  güeklioheA  Zeit  der  Wiadertänfer  in  Mihren,  die 
Anfange  der  kmtlLoUeelien  Eeaetion  in  likoltbiirg  und  die  Streit- 
fchriften  kathoUtdier  Scliriftiteller  wider  die  Hnterisdte  ,Oeniein- 

•eheft'  a588-1600). 

Die  Lage  der  Huterischen  Gemeinschaft  nach  dem  Tode 
Hans  Krftl%  des  ,Kitzbüehlers',  war  in  jV  dor  Beziehung  eine 
hoffnungsreiche.  Von  der  Rcg-icrun«?  geduldet,  von  den  Herren 
des  Landes  geschüUt  und  demnach  vor  einer  Ausweisung  ge- 
sichert^ konnte  sie  ungestört  an  die  Durchfilkrung  ihrer  Auf- 
gabe schreiten  und  eines  weiteren  Erfolges  um  so  sicherer 
sein,  als  sie  in  der  Person  Claus  Braidl's^  der  nach  seinem 
Hnnd^vcrke  auch  ,Schuster*  genannt  wird,  ein  ausgezeichnetes 
Oberhaupt  gewann  (1583).*  Er  hatte  sich  als  LHener  des 
Wortes  und  Sendbote  des  Evangeliums  in  hohem  Grade  be- 
wälirt  und  in  den  verschiedensten  Gegenden  des  Reiches  seine 
Verbindungen  angeknüpft.  Wie  sich  die  Sache  der  mährischen 
Gemeinschaft  bei  einer  firiedlichen  Lage  der  Dinge  in  Mähren 
entwickelt  hätte,  kann  man  aus  dem  ungeheuren  Zuüuss  von 
Gesinnungsgenossen  in  den  Jahren  1ÖÖ4  InSt;  ermessen.  Die 
Kttmpfe  in  Ungarn,  unter  denen  gerade  die  Wiedertäufer  in 
ihren  zahlreichen  Haushaben  am  meisten  litten,  brachten  sie 
itidess  zeitweise  au  d^  Kand  des  Verderbens.  In  dieser  Lage 
hielt  Bruidl  muthig  aus  und  verstand  es,  die  vielen  Verluste 
durch  seine  treffliche  Verwaltung  wieder  wettzumachen.  Von 
ihm  rühren  die  meisten  Handwerksordnungen  der  Wiedertäufer 
her.'  Was  in  späterer  Zeit  auf  diesem  Gebiete  bei  ihnen  ge- 
leistet wurde,  fiUlt  wenig  ins  Gewicht 

Die  andersgläubigen  Nachbarn  wussten  von  diesem  Wieder* 
täuferkönig  fireilich  wenig  Gutes  au  sagen.  Erhard  und  diesem 
folgend  Christoph  Andreas  Fischer  stellen  seinem  sittliehen  Ver- 
halten ein  sehr  schlechtes  Zeugniss  aus,  ,er  habe  in  einem  und 
einem  halben  Jahre  neben  seinem  Eheweib,  so  hübsch  und 
schön  ist,  sieben  seiner  Schwestern  Weibspersonen  geschwän- 
gert"  —  Anklagen,  die  wohl  kaum  begründet  sind. 

*  SoiiH«  Charaktoristik  von  J.  r.  Reck  in  den  GeBdiichtabflcheru,  S.  360. 
»  GoschichtsbUcher,  S.  304,  318,  3ö«,  300—363. 

*  Brhard,  Qrllndliehe,  kurzgefajRte  Hbtoris,  8. 117;  Fischer,  M  erheb- 
liche UrMcben,  8.  94,  9S. 


183 


Der  Zuzug  seitens  der  Schweizer  und  Vorarlberp^cr  Gesin- 
nungsgenossen hielt  in  ungeschwUchter  Weise  an.  Am  13.  August 
richtet  W.  Köler  aus  Gottmading  einen  Brief  an  Michael  Feld- 
thaler  in  Nikolsburg,  einen  Freund  des  bekannten  Ai^tes  Oeoi|p 
Zobel,  desselben,  der  1599  nach  Prag  an  des  Kaisers  Huf  ^ 
rufen  wardOi  um  .der  Infection,  so  derselbigen  Zeit  lieftig  in 
Böhmen  regieret^,  beizukommen.  Man  hoffte,  ^dass  er  fUi-  die> 
selbige  Krankheit  in  des  Kaisers  Burg  werde  Rath  schaffen 
können*.'  Der  Brief  gewährt  Aufschlüsse  Uber  die  andAuemde 
Bewegung  unter  den  schweiserischen  Taufgesinnten,  ,von  denen 
man  itzund  viel  unser thalben  um  Geld  gestrafft  hat,  die  uns 
gelierbringet,  essen  oder  trinken  geben  haben,  auch  die  so  bei 
der  Fredigt  gewesen  sind.  Da  wttr'  ich  den  Zürichern  schier 
in  die  Kluppen  kummen,  denn  ein  Meil'  von  Ztlrich,  da  hab' 
ick  das  V<ilkl,  das  kummen  ist,  besucht,  ihnen  eine  Zeit  be- 
stimmt, wann  sie  sollen  auf  sein.'  Dieses  ,Völkl^  wurde  wie 
viele  andere  zur  meinde'  geschickt.  Er  selbst  ,AviIl  sich  mit 
seinem  Bruder  wieder  zu  der  Gemein  richten.  Der  Herr  wolle 
ims  mit  Freuden  heim  helfend* 

Tags  darauf  schreibt  er  an  Braidl  ,su  der  Neumüll'  selbst: 
Er  habe  das  ,Völkl'  bei  Ulm  abgefertigt:  ,cs  ist  woi  ein  ziem- 
lich freches  Gesindel,  aber  sie  haben  sich  wol  erpoten'.  ,Unter 
ihnen  befindet  sich  Einer,  der  vor  swei  Jahren  zu  Schadewitz 
ahge&Uen  und  nun  Busse  thun  wiU.'  Auch  eine  Witwe  Barbl, 
die  YOr  acht  Jahren  zu  Brotak»  ,wegkommen',  begehrt  von 
Henen  Boss'  au  thun.* 

Nicht  weniger  als  im  Jahre  1585  kamen  1686  nach  Milh- 
ren:*  ßn  disem  1586  ist  vil  volks  aus  dem  Schweizeriandt  zue  der 
gemein  sogen/  Erhard  redet  von  1600  Personen,  die  aus  dem 
Oherbnde  nach  Mlhren  gekomiMn  seien.  ^  Noch  im  Jahre  1598 
klagt  der  Magistrat  von  Zürich :  Durch  Messer  und  Ähnliche 
kleine  Ghscfaisoke  locken  sie  das  Volk  an  sich.*^  Drei  Jahre 

*  Geschichtsbücher,  S.  329. 

*  OriguuU  in  der  v.  Beek*nheD  Sammlnng, 
■  Do^fleielMii. 

*  Geschichtsbücher,  S.  295,  296. 

*  ,E»  ist  nit  ein  kleines,  dnss  sie  nnno  1587  (»ic)  vrm  Ostern  bi»  nuf 
MichAcli'«  MUH)  Personen  .  .  .  von  Teutsch-  und  Ob«>rlnnilisclien  Lnnil- 
Volk  wt  MÜrheru  gebracht'  Gründliche,  kursverfasste  Jlistoria,  S.  41  b. 
DlMolbe  in  Fischer,  5i  Ursachen,  ä.  82. 

*  OMm,  8. 191. 


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184 


sjiätcr  kamen  tinitro  Täufer  aus  Mähren  in  die  VogUn  Grüiiin- 
gen  unri  fanden  hier  und  in  der  Nachbarsebaft  viele  Anliänjxer. 
Die  Obrigkeit  erliess  ein  scharfes  Gebot ,  laut  welchem  ,<lie 
fllrnehmsten  VernUirer'  atis  dem  Lande  vertrieben  wurden. 
Auch  in  Graubündten  machten  sieh  diese  bemerkbar:^  , Des- 
halb gemein  3  Pündt  geordnet,  wo  sieh  bi  uns  nie  t<5nffer 
erheben  wunlent,  dieselben  mit  höchster  unirnnf  abzusteln;' 
iiädelsAlhrer  sollen  am  Leben  gestrig,  Verführte  aus  dem 
Lande  gewiesen  werden. 

Der  Zug  nach  Mähren  hörte  auch  aus  Hessen  und  Baicm 
erst  auf,  seitdem  den  WiedertÄufem  in  Mähren  selbst  die  T^ebcns- 
adem  unterbunden  worden  waren.  Nicht  anders  war  es  in  iSalz- 
burg  und  Tirol.  ^  ,Aus  dem  Reiche  kamen  noch  1604  über 
200  Taufgesinnte  nach  Mähren.'* 

Unter  solchen  Umständen  waren  sie  im  Stande,  nicht  blos 
eine  Anzahl  neuer  Haushaben  in  Ungarn  und  Mähren,  wie  in 
Levär,  Sabatisch,  KobeHts,  Wostitz,  Göding  und  Bud- 
kau  zu  errichten,  sondern  «ttch  in  grösseren  Städten,  wie  Iglau* 
und  Znaim,  allen  Verordnungen  zam  Trota  Foss  zu  fassen.  In 
Brttnn  forderte  man  1594  nicht  blos  einen  evangelischen  Lehrer, 
sondern  anch  Duldung  der  Wiedertäufer.  Auch  in  Meseritsch 
wurden  sie  heimisch,  freilich  nicht  auf  hinge,  denn  schon  16U0 
wurden  sie  auf  Betreiben  der  Jesuiten  wieder  vertrieben.^  Bis 
nach  Freiberg  im  nördlichen  Mähren  reichten  ihre  Verbindungen. 

Doch  schon  zu  Ende  der  Achtzigerjahre  trat  in  diesen 
Verhältnissen  ein  Umschwung  ein.  Eine  Anzahl  von  Haua> 
haben  mussten  sie,  wenn  auc  h  nur  auf  einige  Zeit,  verlassen. 
Schlimmer  war  es,  dass  manche  Taufgesinnten,  wie  maü  schon 
den  Schweizer  Acten  entnimmt,  die  Gemeinde  yerliessen.  £inige 
thaten  dies  unter  grossem  .(  Jeschrei*,  so  Hans  Jedelshanser  von 
Ulm,  der  mit  Weib  und  Kindern  aus  der  Uuterischen  Gemein- 
schail  austrat  und  die  Gründe,  aus  denen  er  dies  that.  i^urch 
den  Druck  bekannt  machte.^   Von  den  GrOnden  ist  freihch 

i  H«iia  Ardfiner,  Shitischo  Chionik,  Chur  1877.  8. 178. 

*  Erhar.1,  S.  3.3.  n.  Hochhut  in  der  Zoitwhiift  f.  Uat  TheoL  1800,  8.  209. 

'  FisoluM.  TAubeiikobol,  VoriiHlo. 

*  D'Elvert,  ( JoschiHito  von  If^lau,  S.  ISO.  Zuftimor  Verbörbnch  Xli,  a.  II. 
»  Scluuidl,  liist.  tioc.  J.  l'rov.  Boh.,  Pars  11,  Lib.  lU,  Nr.  48. 

*  Zwölf  «iehtifs  Ufsschen  Uansen  Jedelnhaiuen  vou  Uhn,  Mine«  Hando 
werke*  ein  Nadler,  wanun  er  .  .  .  ron  den  Wiederlftnfem  eei  abge- 
treten .  .  .  logolstiidt  1687,  bei  WoU^g  Eder. 


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185 


Manches  von  Christoph  Erhard  dem  biederen  Nadlermeistcr  in 
die  Feder  dictirt  und  Manches  behauptet  worden,  was  der 
Wahrheit  nicht  ganz  entspricht.  Glauben  mag  man  ihm,  dass 
er  die  HciHgkeit  des  Lebens,  die  er  unter  den  Wiedertäufern 
erwartete,  nicht  gefunden  hat,  und  dass  auch  hier  Neid,  Haas 
und  kJcinhche  Klatschaacht  ihren  Boden  gefunden  hatten.  Den 
Wiedertänfem  mochte  es  recht  beschwerHch  sein,  dass  diese 
Dinge  an  die  grosse  Glocke  gehiingt  wurden.  £ine  Widerlegung 
scheinen  sie  nicht  yersacht  zu  haben. 

Im  Uebrigen  ziehen  katholische  Schriflsteller  ihre  Gegner, 
und  unter  diesen  gerade  die  hervorragendsten,  wie  Claus  Braidl, 
Georg  Zobel  u.  A.,  mancher  Vergehen  gegen  die  SitÜichkeit, 
des  Umgehens  des  Mauthgef)Ules  u.  dergl.,  wobei  sich  nicht 
immer  ersehen  lässt,  ob  die  von  ihnen  erhobenen  Ankia<;on 
gerechtfertigt  sind  oder  nicht.  Einige  von  jenen  Klagepunkten, 
die  Christoph  Andreas  Fischer  gegen  die  Wiedertäufer  toi^ 
bringt,  wurden  von  Clans  ßraidl  sofort  in  Abrede  gestellt.^ 

Auch  sonst  lagen  manche  Dinge  fUr  die  Wiedertäufer 
nicht  mehr  so  günstig  als  in  den  früheren  Jahren.  Von  den 
Familien  des  Herrenstandes^  denen  sie  ihre  mehr  oder  minder 
gesicherte  Stellung  im  Lande  verdankten,  zog  sich^eine  und 
die  andere  von  ihnen  zurück,  und  bald  setaste  der  Kampf 
gegen  sie  gerade  an  jenem  Punkte  ein,  ^v  >  sie  ihre  ersten 
grossen  Erfolge  errungen  hatten  —  in  Nikolsburg.  Dies  war 
das  erste  Bollwerk,  das  sie  zu  rftumen  genOthigt  waren.  Hier 
hatten  sich  die  Verhältnisse  seit  dem  letsten  Viertel  des  16.  Jahr- 
hunderts durchaus  zu  ihren  Ungunsten  verschoben.  Leonhard's 
Sohn  Gfaxistoph  (IV.)  von  Liechtenstein  war  es,  durch  dessen 
Verschulden  die  bedeutendste  Besitaung  des  Hauses  fiir  dieses 
auf  immer  verloren  ging.  Seine  Versehwendung  ndthigte  ihn 
1660,  die  Herrschaft  Kikolshurg  an  einen  reichen  Ungarn, 
Ladislaus  von  Keretschin  (Kereeaeny),  um  60.000  böhmische 
Thaler  su  verkaufen.  Dessen  Sohn  Christoph  starb  1572  ohne 
Erben.  Nun  fiel  Kikolshurg  an  die  Krone,  und  Maximilian  II. 
verkaufte  es  1576  an  Adam  von  IKetrichstein,  Jedoch  mit  Aus- 
nahme ,des  vierten  Thefles  in  der  Stadt  Nikolsburg  sammt  den 
Unterthanen  in  den  Vorstädten,  so  zur  Herrschaft  Eisgrub  gehörig 


*  Die  .ScandaU  Fiaeherianii*  im  EinseliMii  attsttfBhfen,  mlloht»  sm  weit 
fniirmi,  alle  ,M  «rlMbliclie  UnsoheD*  md  voll  davon. 


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186 

gewesen,  and  die  der  Kaiser  du.-.  Jahi  zuvor  an  Hartinann  von 
Liechtenstein  verkauft  hatte'.  ^  Adam  von  Diotrichsteui,  der  Vater 
des  öpüteren  Fürsten  und  Car  dinals  Franz  von  Dietrichstein,  be- 
trachtete es  idü  seine  vornehmste  Aufgabe,  jalle  Ketzer  auf  s»ei- 
ner  Herrschaft  auszurotten'.  Die  Anfänge  davon  waren  schwer 
genug.  Nocli  konnte  der  erste  Prediger  der  Stadt  den  neuen 
Herrn  in  öffentlidier  Predigt  schmähen  und  ihn  und  den  Kaiser 
Knechte  des  Antichrist  nennen.  Dieser  Pre(lii:er  dürfte  ül)ri«rena 
eher  der  lirriderjjrenieinde  als  den  Taufg-ebinnti'n  zugehüii,  haben. 
Adam  von  Dietrichstein  i^laul)te,  (hiss  <lie  Bekohrun^  dieser  leich- 
ter erfolgen  würde,  wenn  der  (jceiiub^  de»  iveiclies  freigcireben 
würde,  und  weclusehe  hierüber  mit  dem  Biöchof  Lambert  \*<n 
Neustadt  viele  Briefe.-  Man  konnte  indess  in  dieser  Sache  in  Rom 
keinen  Erfolg  erzielen.  I)a  Ijerief  er  (ien  .iesuilen  Michael  C'ar- 
daueub  ans  Wien,  der  sich  schon  vordem  um  die  Bekehrung  der 
Ketzer  viele  Verdienste  erworben  hatte,  lieber  dessen  Thlltig- 
keit  nnd  Erfolge  liegen  einige  Briefe  vor.'^  Siliufi  nni  Juli 
157'J  konulr  er  seinem  Herrn  um  ld(  n:  ,Wit  wohl  man  viel  von 
Nikolsburg  sagt,  dass  niclit  ein  ciiiziger  Hausgesessener  noch 
sich  weggezogen  als  nur  ein  einziger  Baier,  den  der  Land- 
marschal^von  Oesterreich  der  Religion  halber  von  da  vertrie- 
ben, so  ist  doch  der  alt*?  Secter  und  Sabbatber,  die  bilhg  vor 
einem  halben  Jahre  hätten  wandern  sollen,  noch  da.  Man  kann 
sie  nicht  wegbringen:  so  sind  sie  in  ihr  Nikolsburg  verliebt.' 
,Die  sancti  üdalrici  haben  wir  zu  Voitelsbrunn  (einem  zwi- 
schen Nikolsburg  und  Feldsberg  gelegenen  und  zu  Nikolsbui^ 
gelnJrigen  Orte)  das  Fest  unseres  Patrones  St.  Ulrich  celebrirt, 
allda  haben  sich  alle  Hausgesessenen  mit  (iotL  und  seiner  Kircho 
veraOhnt,  gebeichtet  und  sich  speisen  lassen,  und  ist  nun  das 
ganze  Doi*f  wieder  katholisch,  ausgenommen  eine  einjcige  wieder- 
tttuferische  Person,  welcher  noch  wird  zu  helfen  sein.  Ew.  Gna- 
den können  abnehmen,  wie  es  den  Prädicanten  zu  Feldsberg 
und  £i8grub  gefallen  ronss;  sie  möchten  vor  Bosheit  bersten. 
Die  guten  Leutlen  zu  Voitelsbrunn  sind  aber  itzt  so  fireudig  in 
ihrem  Gewissen,  dass  sie  öffentlicb  und  ohne  Scheu  sagen,  sie 


Falko,  GeäcUiebte  des  fürstliclicii  IlauK»'s  Liechtcn8t»m  II,  71,  72. 
Adauctus  Voigt's  ^Lebon  Franz  Fürsten  und  CardüiaU  von  Dietricbsteiu', 
8. 182. 

In  d«r  Corrct|ioiideiUi  Adamt  von  Dietrichsteiny  Hans-,  Hof-  nnd  Staat»» 
archiv.  Cofuen  nnd  AnHttgn  in  der     Beck'telMn  Sammlnng. 


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187 


wollten  für  diesen  heiliji^en  Glauben  Leib  und  Leben  lassen. 
Am  5.  Juli  habe  ich  dann  zu  Pul^raiu  (auch  einem  Haupt- 
orte  der  Wiedertäufer)  meine  erste  Predigt  gethan.  Das  Ki reh- 
lein war  gesteckt  voll/  *    Am  16.  Juli  1582  meldet  er,  mit 
welcher  Pracht  heuer  das  Festum  corporis  Christi  in  Nikolsbiug 
ond  Unterwisternitz  abgehalten  wurde.    Er  fUgt  eine  Klage 
Uber  den  Olmütser  Bischof  and  dessen  Gesinde  an^  die  ^nicht 
allein  am  Samstag,  sondern  oft  anch  am  Fteita^  Fleisch  ge- 
gessen habend  £äner  Bttrgerslratty  die  bei  Lebaeiten  gesagt 
hatte,  ySie  brauche  unser  geweihtes  Erdreich  nit',  verweigerte 
er  ein   christliches  BegrUbniss.    Ein  anwesender  schlcsiseber  • 
Edelmann  begleitete  die  Leiche,  die  in  dem  Garten  der  Ver- 
storbenen, neben  ihrer  Mutter,  begraben  winde."   Die  Gesin- 
nungen und  Wunsche  des  Cardaneus  fanden  noch  keinen  all- 
gemeinen Beifall:  ,I>er  Hauptmann  und  seine  Gattin  (eine 
,Fleischfresserin')  wollen,  dass  der  Lorenz  draussen  (zu  Wister- 
nits)  am  Galgen  hinge  und  alle  Jesuiten  dazu;'  *  er  klagt^  dass 
dieser  Hauptmann  es  mit  den  Brttdem  halte.  Am  ^l.Beeember 
meldet  er,  die  Borate  werde  ,hier  und  zu  Wistemitz  täglich 
gehalten,  dazu  das  Volk  an  beiden  Orten  fleissig  kommet  Der 
PfaiTer  zu  Wisternitz  habe  vor  einigen  Wochen  einen  Bruder 
f^esehlagen,  darob  die  W  iedertäufer  ein  grosses  Geschrei  er- 
heben.   .Darauf  er  mich  herein  berichtet,  der  Bruder  hab's  an 
ihm  ge&uelit,  er  hab'  ihn  „dutzet"  (     gedutzt)  und  also  ange- 
fahren: Paul^  wo  willst  Du  aus  und  einV  und  ihm  dazu  den 
Weg  verstanden  (=  verstellt).  Zu  welchem  er  gesagt,  was  er 
ihn  zu  duzen  hab'V  Hei,  duzet  man  doch  auch  unsem  Gott 
im  Himmel.  Darauf  haV  er  sich  über  ihn  ergrimmt  und  ihn 
wo!  „abbufißt''.  Dass  ihm  aber  der  Bruder  genugsam  Ursach 
geben,  hab'  er  Mitbürger  zu  Wistemitz  zu  beweisen,  so  dabei 
gewesen.' 

,Der  Brüder  Trutz  kann  nicht  wohl  entschuldigt  werden: 
gehen  mit  Fleiss  trutzig  für  die  Priester,  so  das  heil.  Sacra- 
ment  zu  den  Kranken  tragen,  thun  ohn'  Scheu  keine  Reve- 
renz. Nächstens  hab'  ich  einen  einlegen  lassen,  der  mich  ohne 
Ürsach'  einen  Rauber  nennete  und  duzete.  Der  andere  sagte 
mir:  Du  bist  der  rechten  Gesellen  einer,  darvon  der  Prophet 

'  T.  Beck'üclie  iiauiuiluiig.  äclireibeu  vuui  •^'■J.  Uetober  K>79. 
*  Ebobda.  Jall  1582.      *  Ebenda.  October  16S8. 


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I 


188 

Joremias  sclireibt:  Welche  do  laufen  und  srintlt  nit  gfesandt, 
predigen  und  niemand  liat's  ihnen  h<  lohlcn.  Tst  mir  hImt 
entmnnen.  Hette  £w.  Gnaden  viel  davon  zu  erzählen,  bed  de 
his  alias.' 

Die  Erfolge  des  Cardaneus  in  der  AutVirhtnn^'  d^  r  alt<  n 
Lehre  erregten  grosses  Aufsehen,  Wir  tindcn  i)ui  donn  in  der 
Folge  wiederholt  auf  den  schwierigsten  Posten:  in  Sachsen, 
wo  er  den  Kurfllrsten  fUr  die  katholische  Lehre  gewinnen 
wollte,  in  Baiern,  wo  er  zu  Regensburg  fiir  die  Katholiken 
das  Wort  führte,  endlich  in  Steiermark,  wohin  ihn  Erzherzog 
Karl  berief,  und  wo  er  ,rait  Gefahr  seines  Lehens* '  ^r  in  Predigt- 
amt  verwfdtetö.  In  Graz  ist  er  am  1.  August  1  ;")*.♦(►  t^estorben. 

Nicht  weniger  erfolgreich  war  die  Thätigkeit  Christoph 
Erhard's,  den  Adam  von  Dietrichstein  als  Pfarrer  und  Dechan* 
ten  nach  Nikoisbui'g  berief,  wo  er  im  gleichen  Dienste  secha 
Jahre  thätig  war.  Mit  den  Wiedertänfem  in  tfiglichem  Ver- 
kehre, der  wohl  nioinab  freundlicher  Art  war,  wie  denn  £i-hard 
mit  einzelnen  seiner  Gegner  gelegentlich  tu  raufen  genOtbigt 
war,  schrieb  er  eine  Schrift  voll  arger  Invectiven  gegen  die 
Wiedertäufer.  Weil  die  Herrschaft  Nikolsburg  wie  eine  schöne 
Rose  unter  den  Domen,  d.  h.  unter  den  Ketzereien  ist,  den 
Latheranem  bereits  von  vielen  katholischen  Mftnnem  die  Larve 
YOm  Gesicht  gerissen,  auch  die  schläfrigen  und  faulen  Picar- 
den  durch  Wenzealaus  Sturm  widerlegt  wurden,  so  habe  er, 
der  ^diesen  Schwärm  durt  h  tägliche  Nebcmvohnung'  genügend 
kennen  gelernt,  ein  Werklein  verfasst,  in  welchem  der  Huteri- 
sehen  ,TUck  und  Stttck'  ans  Tageslicht  kommen  aoUe.^  In 
Folge  einer  so  umfassenden,  vielseitigen  ThAtigkeit  wurden  in 
verhältni.ssniiissi«;  kur/er  Zeit  die  Bewohner  von  Nikolsburg  und 
der  alten  Wiedertäuferorte  Voitelsbrunn,  Polgram,  Polau,  Ber* 
gen,  Unterwisteruitz  u.  A.  katholisch  —  es  waren  an  3720  Per- 
sonen. Gregor  XIII.  gewährte  am  4.  Mai  L583  den  Bewohnern 
▼on  NikoUboig  mit  Ausnahme  der  Juden  und  WiederCMofer 


*  Adanotns  Voi^,  «.  s.  O.,  Anbaiig,  8.  182.  Vgl.  Hdmrleh  Christoph 

Lemker,  Nachricht  vou  der  Unterdrückting  der  evau^elisdl-llltlieriMhfla 
Lehre  auf  d»  r  lUTrM-li.ift  Nikolsburg.  Leinijo  174><,  \u  4". 

*  Gründlicbt)  niid  kiiry.\ friussi*»  llistniia  vuh  Miiiistcrischen  WiderlÄufern 
.  .  .  durch  C'iiriätuplieu  Eihard,  Tliculoguni,  huh  der  fiirsUu'heu  Graf- 
■ebaft  Tifol  von  Hall  geboren.  Gedruclct  an  MflaobMi  b«i  Adanit  heraug. 
Anno  1689. 


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189 

einen  Ahlass  und  belobte  Dietrichstein  liir  seine  erspriessliche 
Wirksamkeit.  Dies  that  auch  der  Ershorsog  Kaii  von  Ocster- 
roicli,  und  der  Herzog  Wilhelm  von  Baiem  bezeugte  seine 
Freude  durch  einen  Brief,  den  er  1584  den  Nikolsburgem 
schrieb,  ^darin  er  sie  zur  heilsamen  RUckkehr  in  den  Schooss 
der  Kirclie  beglückwünscht  und  zu  standhafter  Beharrlichkeit 
crmahnt*,*  Namentlich  rieth  er  ihnen  die  Aufrichtung  einer 
Brudersehafl  Corporis  Christi  an.  Dietrichstein  wollte  lieli>er  die 
PArttnden  unbosct/.t  als  mit  solchen  Geistlichen  versehen  wisseUj 
die  ihrer  Pflicht  nicht  durchaus  gentigten,  und  schon  1586  er- 
klärte er,  Keiner  könne  sein  Unterthan  sein,  der  nicht  eines 
Glaubens  mit  ihm  sei. 

Die  Fortschritte  des  Katholicismus  beleuchtet  Christoph 
Erhard  in  seinem  Buche:  ,Catiiolische  Brieff  und  ScndtBchrei- 
ben,  darinnen  vnriiuldot,  wie  es  ein  BeschafTenheit  umb  das 
Religionswescn  in  der  Herrschaft  Nicolsptir^  in  Märhern.'*  In 
der  Widmung  läast  Erhard  den  Unterschied  zwischen  Einst 
und  Jetzt  scharf  heraustreten.  ,Ganz  Nicolsburg/  sagt  er,  ,liat 
dermassen  von  wegen  gottloser,  verdammter,  verbannter  Sect 
einen  bösen  Kamen  bei  dem  ganzen  heOigcn  römischen  Reich 
bekonuneUi  dessen  noch  bis  dato  viel  unschuldige  katholisebe 
Christen  entgelten  mtlssen,  dass  ihnen  nit  allein  ihre  Ottter  und 
Erbschaft  abgeschlagen  worden,  sondern  oft  einer  in  Leibes- 
und  Lebensgefahr  kommen,  allein  des  Arguments  wegen:  Er 
ist  von  Nikolsburg,  ergo  ist  er  ein  Wiedert&ufer.  So  (nun) 
doch  das  contrarinm  kann  vermeldet  werden:  Er  ist  von  Kikola- 
burg,  ergo  ist  er  ein  römischer,  katholischer  und  jesuitischer 
Christ  Demnach  zu  sonderlichen  Schtttzung  und  Rettung,  dass 
dem  nit  also,  sondern  dass  die  Nikolsburger  rechte  katholische 
und  „babstische^  Christen,  ist  auch  dies  Schreiben  von  mir  in 
Druck  verfertigt  worden/ 

Erhard  rtthmt  an  Maximilian  von  Dietrichstein,  ,dass  er 
nit  wöllen  das  wolgebome  Fräulein  Helena  Khrusytsin  zu  einer 
Ehefrau  haben,  ob  sie  gleich  noch  hunderttausend  werth  und 
eine  ganze  Grafschaft  zu  ihm  brächte,  ehe  sie  zuvor  katholisch 
worden^.  Er  lobt  Maximüiaos  Bruder  Sigismund,  dass  er  sich 

'  Ad.  V'uigt,  Leben  Frans  i^'flnten  und  Cardinais  von  Dietridutoin,  Ö.  131 

bis  133. 

'  (Sampt  augetrucktem  Gespräch  etc.*   Ingolstadt  dim:h  Wolfgang  Eder 
1686.  4«  81  8. 


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190 


in  der  Olnilitzor  .Trsnitrn  SocieUit  dermassen  veriuüten,  dass 
mau  sich  von  ihm  etwas  <ir<tssrs  vcrheissen.  * 

Trotz  der  unifassoTidcn  Thätigkeit  der  geistlichen  und 
weltlichen  Boliörden  zur  Ausrottung  der  Wiedertäuferei  in  und 
um  Nikolsburg  scheinen  immer  noch  zahlreiche  WiedcrtÄufor 
daselbst  zurückgeblieben  zu  sein.  Ei*st  zum  Jahre  151)1  melden 
ihre  GeschichtBliru  licr,  dass  die  Brüder  aus  ihren  Haushaben  zu 
Pergen  und  Voiteisbrunn,  da  sie  über  die  drcissig  Jahre  gehaust, 
desgleichen  aus  Pulgrani  haben  abziehen  müssen.*  Der  Herr 
Sigismund  von  Dietrichstein  habe  sie  von  da  atu^trieben,  und 
sie  seien  nach  Wostitz  und  Sabatisch  gesogen.    Zum  Jahre 

wird  noch  ein  Binder  Thoman  Haan  von  Nikolabui^  ge* 
nannt,  der  zu  Freibuig  im  Baierlande  gefänglich  eingezogen 
und  um  des  Glaubens  willen  gemartert  wurde. 

Ja  in  Nikolsburg  selbst  tinden  wir  noch  bis  zum  Jahre 
1508  Wiedertäufer,  die  sich  dort  mit  Wissen  und  Willen  Maxi- 

*  Don  ^eudacUroibou'  ist  ein  .Dialugiw  odur  Cüespräch'  beigegeben,  .w* 
von  den  bekehrten  katholischen  Bniyenikindera  su  Micolspurg  in  An- 
kunft des  wolgebomen  Herrn  Adams  Ton  Dietrichstein  anno  168t  gehilten 

worden'.  Hior  treten  die  drei  theologischen  Tugenden,  GlanhOt  Hoffnung 
und  Lich)%  nitf,  d»nn  dor  Tt  iii'o!,  der  Vati-r  der  Ketser,  tt.  w.  Der 
Glaube  hoia&i  den  Baron  willkommen  und  sagt: 

leb  bin  der  alt  cathoIiBcb  glaub 

Dor  liic  viel  isr  c>-'Iiabt  Urlaub, 
Der  ketseriscb  glaub  an  meiner  statt 
Allbie  durchaus  regieret  bat.  .  .  . 

Die  IfoffitJiitp  spricht  den  Wun»ch  aus,  die  Nikulsburger  Herrucbaft 
möge  furttalireu,  diu  Ketzer  auszurotten.   Die  Liebe  »iiricht: 

Ich  bin  die  alt  cntlioH.scIi  lieb, 
Die  Martin  Luther,  der  »oel  diob. 

Den  alten  Christen  duser  statt 
Ans  Iren  hersen  i;establen  hat 

Die  Kirdie  bittet  dann 

Für  alle  bekehrten  burger 
Fflr  alle  umbwoner  und  Nicolsb^rger. 

]>er  Teufel  klagt,  dass  er  alldieweil  so  weal|F  ausgerichtet,  snmsl  seit- 
dem der  Jesoiterische  Mann  hieheifekommeni  von  dem  wird  gemgt: 

Den  alten  pnpistisehen  QUuben 
Thet  er  wieder  sniamnien  klauben. 

*  Qeicbichtabaeher,  8. 805. 


191 


niiliaas  von  Dietriolistem  anfbielten  und  erst  als  sie  auf  sein 

.schweres  Bc^c^hren*  nicht  willigen  wollten,  zum  Wo^zujj:  auf- 
gefordert wurden.  Aber  auch  jetzt  zöjrcrte  or  noch,  die  ertrag- 
retclien  Arbeitskräfte  zu  entlassen.  Die  (jiescluciiU»buchcr  mel- 
den darüber: 

Jn  diesem  OH  Jar,  den  30  tag  Juni  hat  Herr  Maximilian 
von  Dietrichstein,  Hsrr  auf  Nikolsbnrg^  die  Brueder  auf  Beinen 
Ordnden  zu  Nikolspurg  und  Tracht  ausgeboton:  in  18  Wochen 
und  3  Tagen  die  Häuser  an  räumen  und  abzusiehen.  Ist  aber 
doch  zuletzt  in  sich  selber  gangen,  die  Sach  wieder  dahin  ge- 
bandlct  und  kommen  hissen  (als  man  schon  im  wegflibren  ge- 
weben),  daös  man  l)licbf'n  und  nit  WL'<j:zo;Xfn  ist/* 

Man  cntiiiinnit  daraus,  dass  Maximilian  von  Dictriclistcin 
trotz  des  firoyseii  Lobes,  das  ihm  Erhard  öpeiidet,  Uber  die 
Wiedertäufer  und  ihren  Werth  seine  besten  Unterthaaen') 
anders  dachte  als  Adam  von  Dietrichstein. 

Wenn  man  zu  alledem  noch  erfahrt,  dass  das  Bimdcrhaus 
der  Tauigesinnten  in  Kikdsburg  fortbestand  und  selbst  die 
schwere  Heimsuchung  des  Jabres  1619,  wo  es  durch  das  Dam- 
pierre'scbe  Eriegsvolk  ,hart  geplttndert  und  auch  die  Kranken 
und  Kindsbetterinnen  beraubt  wurden',  ttberdauerte,  dass  sie  noch 
1621  ihre  Schule  dayelbst  hatten,  ja  ihr  Sehulmeister  es  wagen 
konnte,  eine  Abhandlung  wider  das  Papstthum  absehreiben  zu 
lassen,  und  dass  der  Cardinal  Franz  von  Dietriehstein  die  Brü- 
der erst  1(322  von  seinen  Gründen  in  Nikolsburg  vcrstiesSi  so  kön- 
nen die  Erfolge  desCardaneus  und  Erhard's  nicht  so  ausserordent- 
lich gewesen  sein.  Zu  einer  Bedeutung  wie  in  den  Zeiten  Hub* 
maier's  Termochte  Kikolsburg  freilich  nicht  mehr  zu  gelangen.' 

Gleichzeitig  erhob  sich  von  einer  anderen  Seite  ein  leb- 
hafter Widerspruch  gegen  die  Huterischen  Brfider,  der  viel 
weniger  gegen  deren  Lehren,  als  vielmehr  gegen  die  scharfe 
Concurrenz  gerichtet  war,  welche  sie  in  ihren  vcrsehiedcncn 
in  höchster  Bltithe  stehenden  Gewerben  den  übrigen  Hand- 
werkern und  Händlern  im  Tiande  bereiteten.  Man  vernimmt 
die  Stimmen  dieser  Leute  aus  einem  Liede  jener  Tage,  das 
Worte  und  Wendungen  gebraucht,  die  wir  von  nun  an  in  den 
Schriften  der  Widersacher  der  Taufgesinnten,  ja  selbst  in  offi- 

*  Vgl.  daiu  die  Nut«  lieck's  in  den  Gefell iclittjbücheni,  8.  826. 

*  G«ieU«htBhncher,  S.  a7o,  395,  407.    Das  Nikolsburgor  Volk  zog  uacb 
der  Vwtraibang  aaeh  8eliIditEts. 


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192 


cirlirti  Schriftstücken,  wie  z.  H.  in  dnii  ( Ji  iirialniaiul.Htc  KudolfsII. 
vom  Jahre  lüOl  ffOf^en  die  W  uMlrrUiulcr,  wicdertimlcn.  Es  ftihrt 
den  Titel:  Vau  midvvs  schön  newcs  Lied.  Darinnen  der  Betrug 
und  arglistige  art  der  Huetterisehen  Widcrtaurt'er  warhaiftig  und 
eigentlich  vor  äugen  gestellt  wirdct.  Allen  gutherzigen  frommen 
Christen  zu  nothwcndiL'^cr  Krinncruii«^  und  getrewcn  Warnung 
gemacht  und  in  Truck  gcb«!Ti  durch  .loliami  Eysvogol  von  Cöln, 
gewestcn  Hutterbehcn  WidcrtautTer  liruder  zu  Auötcrlitz  in  Mär- 
hern. Im  Thon.  Wie  mau  das  Lied  von  Olmütz  singt  Anno 
MDLXXXVI 

Dieses  Lied  bildet  im  (i runde  das  (Terüste,  auf  dem 
sich  20  Jahre  spater  die  Jeidenschaftliehou  Jlelzbchrilh  n  des 
Feldsberger  Pfarrers  Chribtojih  Andreas  Fischer  aufbaui-n  Hes- 
sen. Alles,  was  er  Uber  die  un^rleiclie  Behandlung  der  Brüder, 
über  die  Kinderaufzieliun^'',  die  (iemeinschaft,  die  Ehe,  die  llaus»- 
habcn,  den  Kcichthum  der  Wiedertitufer  n.  s  w.  hart,  finde  t 
sich  schon  in  diesem  Liedo  und  ist  ent'.\'<  drt  uinnittelbar  dar- 
aus oder  aut  dem  Umwege  durch  Thristuph  Erhard,  der  es  ab- 
druckt,' von  ihm  aufgenommen  worden.  Aber  hier  tindcn  sich 
auch  schon  dio  in  der  Folge  beliebt  gewordenen  Schlagworte: 

Das  Gotraidt  thnn  aio  aufkauffcii 
Wol  in  dorn  Mäxliorlandy 

Sic  »chütfcns  aaf  ein  baaffcn. 

Ist  doch  ein  grosse  scband, 
BasB  mans  von  in  tbnt  leiden  .  .  . 

Oder  TOQ  den  Handwerken: 

All  Handwerk  sie  verdorben 

Hiorumb  wol  in  dem  Land, 
Hit  allerlei  gewcrbca 

Sein  sie  gar  wol  bekannt  .  .  . 
Sie  sein  die  rechten  scbindcr  .  . 

Können  naebstellen  dem  gdt. 

Oder  von  der  Behandlung  der  ^Christen': 

Vmh  zwiefach  (Jclt  sie  geben 

Ihr  Waar'  ohu  alle  schow, 
Kauften  alle^s  auft'  davnciion, 

Kciu  urmor  kuiu|it  nil  bei. 

*  Grandliche  knrte  yerfasste  Bistoria  von  Mttnstorischen  Widertanffern, 
8. 35—38. 


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193 


D&s  Brot  tbun  sie  abschneiden 

Dem  urmon  wol  vor  dem  Maul. 
Das  macht:  dass  man  s  ihut  leiden  .  *  . 

Uod  vom  Qdde: 

Das  gelt  thun  sie  bohal(«ii, 
Daawlb'  Terdompt  sie  nit  .  .  . 

Von  der  Blleidung: 

Kein  iamet  sie  nit  tragen. 

Aber  das  beste  Tuch  .  .  . 
Wol  umb  ein  oUcn  (»iu)  geben 

Drei  Taler  ono  sch»Mi, 
Einen  ii^uten  Wcl^h  dauubeu^ 

Ooppül  Barehat  dabei. 
Kein  Tfaidt  »ic  lassen  krösun: 

Sie  sprechen  ,es  sei  sünd*, 
Fähren  ein  geiBtlichi  Woaon; 

60  aber  ein  iarmarkt  kombt« 
Die  schönsten  leiden  kaufen, 

Damit  man'i  in  stepi  ans. 
Sie  haben  aneh  den  Hänfen,. 

AU  iannärkt  sie  anahndfen 
Das  gaaae  iar  dnrohana. 

Solche  Kedea  waren  nicht  ganz  unbegründet;  es  ist  ja 
begreiflich:  von  jenen  Handwerkern,  die  ihre  Geschäfte  im 
Kleinen  bctridicn  and  ron  der  Hand  in  den  Mund  lebten, 
konnte  kein  Einziger  wirlor  oine  Gesellschaft  aufkommen, 
welche  die  einzelnen  Handwerke  nach  Art  der  Fabriken  im 
Grossen  betrieb,  das  Bobprodnct  in  gn}sscr  Menge  und  dämm 
auch  bilUg  kaufte,  wofern  man  es  nicht  gar  in  den  eigenen 
Höfen  erzeugte,  und  wo  die  Arbeitatobne  nicht  nu  hr  kosteten, 
ab  der  einzelne  Arbeiter  Air  Nahrung  und  Kleidung  braucht«. 

Die  Schlagworte  vom  Aufkaufen  dea  Getreides,  davon, 
dass  sie  den  armen  Handwerkern  das  Brot  Tor  dem  Maule 
wegschneiden,  wurden  ein  beliebtes  Agitotionsmittel  gegen  die 
Wiedertäufer,  und  landständische  und  landesftirstliche  Obrig- 
keiten sahen  sieh  genöthigt,  diesen  Dingen  auf  den  Grund  zu 
kommen.  Wir  finden  diese  Schlagworte  in  den  Erlässen  Beider 
zum  Tbeile  wortgetreu  wieder. 

iMfciv.  LXin.  B4.  I.  Hilfl».  18 


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194 

Auch  andere  Dinji^c,  deren  das  Lied  erwähnt,  lehrte  der 
Augenschein:  dass  die  Ländereion  der  Wiedertäufer  —  man 
beachtete  freilich  nicht,  dass  es  deren  Verdienst  war  —  die 
schönsten  des  Landes  waren,  dass  sie  die  schönsten  Rosse  be- 
sasscn,  ,uuf  den(ui  sie  den  Landherren  fifleieh  im  ganzen  Reiche 
herunitrabtcn',  dass  sie  in  iliicm  äusseren  Auftreten  sich  nach 
Herrenart  hielten,  wie  sie  aueh,  wohl  nach  heimischer  tirolischcr 
Art,  Jedermann  duzten  u.  a.  dergl.,  erregte  natürlicher  Weise 
eine  nicht  geringe*  Missgunst.  Aber  noch  viel  mehr  wurde  der 
Neid  durch  die  abenteuerlichen  Gerllchte  rege,  die  ühtr  die 
ReielithUmer  der  Wiedertäufer  im  p;ans5en  Lande  verbreitet 
waren.  Selbst  am  Hole  wurde  diese  Sache  geglaubt.  Der 
Unterkaannerer  Niclas  von  Hradek  erstattete  auf  eine  höhere 
Weisung  hin  folgenden  Bericht:*  ,Er  sei  kein  Zweifel,  dass  hei 
den  Wiedertäufern  eine  dergleichen  Summe  vorhanden  sei,  man 
habe  aber  bisher  nichts  Eigentliches  in  Erfahrung  brinf^en  kön- 
nen. Die  Sache  folge  aber  darau>,  dass  allr  du  ,  so  sich  unter 
die  Wiedertitufer  bce^f )m>!i,  eine  grosse  Summe  Geldes  mit  sich 
bringen*  imd  den  \  orsteiiern  übergeben.  Dann  fUnden  sich 
unter  ihnen  Handwerker,  die  nicht  allein  zu  ihrer  Nothdurft, 
sondern  auch  anderen  Landesbewolmern  das  arbeiten,  was  sie 
brauchen,  an  einzelnen  Orten  Wein  verkaufen,  selbst  Bier 
brauen,  ohne  das  Biergeld  davon  zu  ontriehten.  }>i8weilen  auch 
Gäste  in  ihren  ll;iu.><ern  gegen  Bezaliiung  beherbergen,  Gctrei<le 
in  nicht  geringer  Menge  jedes  Jnlir  sowohl  auf  den  Mili'kten, 
als  auch  in  den  Dörfern  und  Häusern  von  den  T^auersloutcTi 
und  Anderen  kaufen,  Alles  mit  baarem  Oelde  bezahlen,  und 
was  sie  Anderen  arbeiten  oder  verkaufen,  solches  Alles  ziem- 
lich thcuer  und  gegen  baare  Mllnze  wohl  anbringen,  wodurch 
denn  die  Handwerksleute  in  Ihrer  Majest.tt  Städten  einen  nicht 
geringen  Schaden  und  Naehtheil  an  ihren  Nahrungen  erleiden 
müssen,  da  fast  ein  .Jedermann  von  ihnen,  was  ihm  am  Noth- 
wendigsten  sei,  erkaufe.  Sie  sässen  auch  mit  Ruhe  und  ohne 
Sorge,  allein  nur  ihrer  Nahrung  und  ihrem  Gewerbe  wartend, 
and  thäten  dem  Iifuide  and  dem  gemeinen  Nntsen  wenig  nnd 

*  U'EIvert  im  Noüzenblatt  der  hist.-8tat.  Sectiou  1878,  Nr.  2  und  3. 

*  Am  nhlreiehen  ,Ui|ciohten*  Tiroler  Wiedertäufer  hatten  die  Behörden 
erfiUireii,  i$m  reiche  Leute  Heb  nnd  Oat  verkaufon  und  den  Brite  den 
WiederClufern  abei|peben.  ,Der  Anaheptiemus  in  Tirol*,  8.  19^  IM,  197« 
212. 


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196 


schlechte  Hüfe.  Es  leuchte  daher  ein,  dass  die  Wicdortäufer 
Dicht  so  unvermüglich  seien,  wie  sie  sich  selbst  ausgeben.* 

Das  auf  solelie  Weise  von  den  Behörden  selbst  ausge- 
gebene Stichwort,  dasi  die  Wiedertäufer  ihren  Nachbarn  ,dM 
Brot  von  dem  Manie  wegsehneideii*,  nahmen  ihre  Gegner  mit 
Behagen  md  und  machten  es  sum  Mittel-  and  Sttttspunkte  ihrer 
heftigen  und  kidensehafttiehen  AngriffiB,  die  anf  nichts  mehr 
and  yremger  ab  auf  die  yoUstftndige  Veijagong  der  Wieder^ 
täufer  ans  Mähren  hinnelten. 

,In  disem  Jar  (1600)/  melden  die  Goschichtshtteher,  ,i8t 
von  unseren  Widersachern  gross  Geschrei  anganj^en  in  Äliir- 
hern,  wie  sich  die  Brücder  Uber  die  Maßen  im  Liuul  hauffen 
un<l  mit  ihrem  Handwerk  den  St'ldten  uiid  1  lecken  nielit  ge- 
ringen Schaden  und  Abbrach  Üum.  Die  Landherreu  liaben 
derohalbeii  beschlossen,  ans  die  Amfiichtang  neuer  Haushaben 
SU  untersagen,  den  Grandherren  aber  auch  fernerhin  aa  ge- 
statten^  sich  der  Arbeiten  der  Brileder  an  bedienen.'  ^ 

In  Mtiiren,  wo  die  Wiederttofer  an  dem  Adel  «nen 
starken  Rückhalt  besassen,  hatte  dies  Geschrei  nicht  die  ge- 
wünschten Folgen,  in  NiederOtterreich  whrkten  die  Oerttebte 
▼on  (Irin  Reiehthnm  nnd  der  ins  Unerlaubte  drehenden  Con- 
currcTi/.  der  Wiedertiiufer  nuclihaltiger  und  veranlas.stcn  das 
Mamiat  Rudolfs  IL  vom  23.  Miirz  1<)01,  darin  befohlen  wird,* 
ydasfi  sich  alle  Widertauffer,  es  seyeu  Manns-  oder  Weibs- 
personen, bei  Verlicrung  Leibs  und  Lebens,  sammt  den  ihri- 
gen lengst  innerhalb  drey  ^fonaten  yon  Pnblioiernng  dieses 
Genflfalmandats  aoaoraiten  gewisslichen  ans  dem  gansen  Land 
aowol  ob  als  ander  der  Ens  hinwegmaohen  nnd  ginslichen 
ans  diesen  beiden  Lllndem  abeiehen,  aaeh  hinUkro  «osser  son- 
derer  1.  f.  BewilKgung  nnd  Erlanbnnss  aof  keinerlei  Weise 
noch  Weg  weiter  darein  begeben ,  sich  darinnen  aufhalten 


>  Ctotdiklitiblleiiflr,  B.  831. 

•  0«^niclct  in  Christopli  Aiulroas  Fischer's  Antwort  anf  die  Widerlegiing, 
so  Clans  Breutel  der  Wiedertauflferkönig  oder  Obemta  «te.  hat  g^ethan, 
L.  II,  L.  III,  lind  in  dessen  ,54  erhebliche  Ursachen,  wamml»  d'n'-  Wider- 
tauffer nicht  »ein  im  Larul  xn  leyden',  8.  20~2!V.  Dio  rm  lin n  Drucke 
in  J.  V.  Beck,  Geschichtsbücher,  8.  882.  In  der  Einl«ituii«r  nimmt  das 
Mandat  anf  da«  Generalmandat  Ferdinands  1.  vom  ö.  Mai  1548  gegon 
die  ,Ein8chlaifung'  niähriücLer  Wiedertäufer  in  Ober«  und  NiederOster- 
reicb  Besug. 


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196 


noch  betreten  lassen/*  AU«»,  tlir  solclic  WicdertÄufer  aufjr*»- 
nommcn,  haben  sip  bei  Sirafc  von  öiM)  I)iiuaten  in  (ioUi  zu 
,urlaubuu  untl  auHzuachaffen'.  Kt  inem  von  ihnm  soll  imder- 
hin  TTcrbcrpre,  vSpeise  oder  Trank,  ,Unterschleit  oder  Unter- 
haltung' f^cbüten  werden.  ,Auch  sind  in  ganz  Ucsterreieh  in 
Städten  und  Märkten  Projihosen  gesetzt  oder  geordnet  worden, 
wo  sie  einen  Bruder  antreffen,  der  nicht  Befehl  oder  gntv 
Kundselmtt  von  der  Obrigkeit  hat,  den  sollen  sie  ge^glich 
einziehen.'  * 

Von  Wielitiuk*  it  ist,  was  von  den  Beweggründen  gesagt 
wird,  die  zu  diesem  Erlasse  geführt  haben:  ,Fast  allen  Hand- 
werken, aueli  liantirenden  christlichen  Bürgersehatten  und 
Landsinwohnern,  entziehen  die  Widertaufer  mit  sonderin  listi- 
gen Vortheil  und  Besuch  ihren  (tewinn  und  Nahrung  und 
schneiden  ihnen  das  Brot  vor  dem  Mund  ab,  daher  sie  denn 
auch  viele  aus  dem  gemeinen  Mann  desto  eher  an  sich  ziehen, 
dass  sie  es  mit  ihnen  halten  müssen,  oder  sie  werden  von 
einem  ( )rt  zum  andern  verl'olg^t,  und  lassen  diese  also  nicmands 
neben  sieh  aut"konimen,  so  es  nicht  mit  ilmen  iialten  thut  oder 
ihrer  Öoct  anhängig  ist.'  Das  sind  die  Motive,  die  wir  in  den 
nUchsten  Jahren  in  den  iStreitschriilen  und  iuvoctiven  ihrer 
Gegner  wiederrinden. 

,Dies  ^landat/  sagen  die  Geschichtsbücher,  ,au8  Angaben 
der  Jesuiten  (erlassen),  währet  nit  lang,  jedoch  haben  die  Her- 
ron aus  Furcht  und  Schrecken  unsere  Mttlier  and  LHenstleut 
geurlaubt  und  ziehen  lassen.' 

Der  Erste,  der  sich  die  in  dem  Mandate  enthaltenen 
Motive  aneignete  und  gestützt  auf  sie  die  obrigkeitliohen  Ge- 
walten zur  Austreibung  der  Wiedertäufer  antrieb,  war  der 
Pfarrer  von  Feldsberg  in  Niederdsterreioh,  Christoph  Andreas 
FiBcher.  Als  er,  so  sehreibt  er  zwei  Jahre  nach  dem  Krlaaaa 
dieses  Mandates,  nach  dem  Antritte  ^oincs  Amtes  in  Feldsbcrg 
sahj  wie  dieses  gottlose  Gesindel  handelt  und  wandelt,  die 
annen  Christen  yerfUirt,  übervortheilt  und  ihnen  ,das  Brot 
vor  dem  Maule  wegschneidet',  habe  er  nch  oft  gewünscht, 
entweder  durch  mündlichen  Verkehr  oder  aus  ihren  Schriften 
genaue  Kunde  ftber  sie  zu  erlangen.   Beides  sei  ihm  zutheil 


*  Nilieng  mtMi,  i.  Tb«!]«  6,  Osp. 

*  G«M]iicbtibflefa«r,  S.  388. 


geworden,  und  nmi  sei  er  in  der  Lage,  ,von  der  WiedertRufer 
▼erflnchteni  Ursprnng'  und  ihrer  gottlosen  Lelire  zu  sclireil>en 
und  die  Frage  /.u  beantworten,  ob  sie  iiu  Lande  zu  dulden 
seien  oder  nicht.  So  entstand  diese  Iletzselirift  Fischer's,  die 
den  Tautgcsinnten  in  Mähren  viele  Sorge  machte.  *  ^Wie  ein- 
stens Hnbmaier  seine  Tractate  den  Herren  Leonhard  und  Hans 
Ton  T.if^clitenstein  gewidmet/  also  hab'  ich/  sagt  Fischer  in 
der  Widmung  an  Kail  von  Liechtenstein,  ^diese  meine  genüge 
Arbeit  in  Ihrer  Gnaden  Namen  ausgehen  lasseui  weil  sie  wie 
ein  rechter  Liechtenstein  leuchtet^  als  die  sich  jetst  m  dem 
rechten  allgemeinen  katholischen  Glanhen  hat  begehen  .  .  / 
Das  Buch  enthält  zwei  seinem  Umfange  nach  sehr  ungleiche 
Theile:  der  erste  handelt  vom  Ursprung  der  WiedertÄufer.  über 
den  Fischer  freilich  niehts  Keehtes  weiss,  ihren  Lehren  und  an- 
geblichen Laäteni,  ihren  zahlreiclien  Secten  und  irrif^en  Artikeln, 
die  er  im  Einzelnen  bespricht  und  bekämpft,  im  zweiten  Theile 
werden  alle  Obrigkeiten  ermahnt,  sie  auszatUgen. 

Da  sich  in  der  Schrift  Fiscber's  zahlreiche  Anettglich- 
ksiten  gegen  die  Taa%eBinnten  in  der  Umgebung  yon  Felds- 
berg  und  Nikolsbnrg  Ihnden,  ihnen  viele  Verbrechen  zur  Last 
gelegt  wurden  und  sie  also  ftkrchten  mussten,  dass  die  Landes- 
herren in  Mähren  hiedurch  gegen  sie  eingenommen  werden 
könnten,  so  griff  Claus  Braidl  zur  Feder,  um  die  Angriffe 
Fischers  zurück  zuweisen.  Die  Schrift  liraidl's  tVihrt  den  Titel:^ 
,Ein  Widerleg  und  warhafte  Verantwortung  der  Hllcrgrausamo- 
sten  I  abschewlichsten  [  und  unverseiiamisten  Gottslestening  | 
Schmach  |  und  gautz  unwarhaffitigen  Beschuldigungen  so  |  Chri- 
stoff Andreas  Fischer  Pfarrherr  zu  Veldtsperg  |  etc.  theils  auü 
seinem  bDsen  Hertzen  über  uns  Brttder  erdacht:  Anderstheils  | 
was  andere  Gottlose  yerkehrte  und  irrige  Volcker  (die  nie  mit 
ans  in  einem  gleichen  Glauben  gestanden  |  anch  unsere  Brttder 


*  Ihr  genauer  Titel  Untet:  ,Voii  der  Wiedertauffer  |  verfluchten  Urapmnp, 

pottln«»<»n  I  Lfhre,  nnd  derselben  frT^lndlii*ho"Wtderle<rnngf.  (  Näi'Ii  ««»Icher 
^'ffra^r*  nirdt.  |  Ol»  die  Wiedertautfer  im  Luiidt  zu  Ifv-^den  sHind  odor 
nicht?  j  l>tin-li  ]  (  liriHtuphornm  Andream  Fisrlifnun  der  n«iU-|gun  J^cliritt 
Docttiroin  ]*tarrherrn  /.n  S  oldtsporg.  IGU.'t,  Cum  licentia  illnstriMimt  Card, 
d.  Dietrichdtein  etc.  epis.  Olomncenflifl,  etc.  Uedmckt  M  Bmek  «n  der 
Teya.« 

*  8.  meinen  3akh— r  HubmaEer',  8. 187. 

'  8.  Fbcber,  Intwort  auf  die  Wlderlefvef,  A.  IIL 


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nie  gewesen*  |  weder  theil  noch  gemein  mit  uns  nie  gehabt) 
für  böses  gestifftet  nnd  der  weit  gaiitz  ergerlieh  worden:  Aas 
lauter  Neyd  und  Huss  |  mit  einem  solch  gifftigen  Schreiben 
understandeii  [  zur  schuiach  über  uns  unsehuldiffen  in  Jic  Weh 
auüzuselireibeii  und  drucken  zu  lassen  |  damit  (wie  es  ein  un- 
selnni  liut)  er  ihm  selbst  einen  rühm  |  und  seiner  gelehrte  einen 
NauRii  machon  wollen.  In  welehem  seinem  unordentlichen  lan- 
gen Schreiben  [  wir  olin  notli  geachtet  |  aulf  ein  jede  so  t»itl 
iingesaogene  Lesteruug  j  Arn  wort  zu  geben  |  sondern  nur  der 
gröbsten  Lesterung  ein  theil  widerlegt  |  JaL»ey  die  übrigen  seine 
schmachredeu  auch  woi  können  verstanden  werden  |  wie  un- 
war  und  ungereimbt  sie  seind.  Demnach  unsere  der  Bruder 
(so  man  die  Hutlerischen  nennet)  gründliehe  und  warhatlnge 
Verantwortung/  Die  Sclu'ilt  erschien  1G04.-  (iegen  sie  richtete 
li'iseher  noch  in  demselben  Jahre  eine  Antwort,-^  die  alle  schlim- 
men Anf>eliulJigungeii  aufrecht  hält.  Den  Geist  der  Schrift  er- 
kennt man  aus  dem  Motto:  , Antwort  dem  Narren  nach  beiner 
Narrheit,  dass  er  sich  nicht  weise  lasse  dünken/  Prov.  20.  Sie 
sehlie^st  mit  einer  hitzigen  AulT  rderung  an  die  Obrigkeiten, 
die  Wiech'rtjiufer  auszutilgen:  ,lch  bitte  auch  und  ermahne  alle 
Obrigkeiten,  dui^  sie  unter  ihren  Gebieten  und  Herrschaften 
venuüg'  des  vorgedacluen  l'<  r<liiiandischen  und  Rudolphiselien 
Kaisern  l^Iandats  dieses  seh.nllirli  Unziefer  nicht  leiden,  nicht 
einkommen  lassen,  nit  annehmen  noch  behausen,  nooh  ihnen 
Herberg,  Speis',  Trank,  Unterschlaitf  oder  Unteriialtung  geben, 
sondern  süacks  wegschaffen  und  abziehen  lasscTi,  ihnen  auch 
keine  Maierschaften ,  Schäfereien,  Mühlen  und  andere  Wirt- 
schaften im  Bestand  lassen,  viel  weniger  aus  ihnen  die  Weiber 
zu  Sauganmien  nehmen,  dieweil  sie  sampt  der  Milch  das  Wieder- 
tauÜ'erische  (iift  etlichermassen  den  christlichen  unschuldigen 
Kindern  zu  trinken  gel>en.  Bedenket,  o  ihr  lieben  Obrigkeiten, 
die  ihr  etwa  umb  eines  geringen  Nutzes  willen  diesen  Leuten 


*  Sie  ««Ikfeii  lieh  gegen  eine  Vergleieliiinf  mit  den  MttiteriMifciB  Wieder- 

tänfern. 

*  8.  OeBcliirhtHhncliPr.  S.  SRO. 

*  Antwort  autf  die  Widerlegung,  hu  Ulnuß  BreUtel  der  VViedurUufer  Küttig 
eder  Obente  aempt  leinea  SpiotagoioUen  bat  geüiaa  auf  das  Buch,  »o 
▼eneiüaeii  Jahr  unter  dieieni  Titel  wider  de  iek  anOgangeii.  Von  der 
Wiedertenffer  verflacbten  ete.  dofdi  Ch*  A.  SiMhemn  etc.  Oedraeki  im 
Ciorter  Bmek  an  der  Teja.  Am  16M. 


199 


Ort  und  Fiats  Tentatteky  wie  UDasählig  viel  einfilhigor  Leuth 
dnreli  ne  yeiführet  und  m  ihrer  Terdammten  Seetevi  mit  fiU- 

sehen  gleissnerischen  Schein  überredt  werden.  Und  du  gleieli 
kein  Seelent^eiahr  zu  flircliten  wäre,  so  soll  doch  allein  das  zu 
lin  zen  srciK  »mracn  werden,  dabb  die  Wiedertauter  in  politischen 
Sachen  einem  gaua^n  Land  nachtheilig  sind,  indem  sie  den 
LiAiidesinwohnern,  Handwerkern,  auch  hantiereiMieii  chriatliclien 
Bürgerschaften  ^  ihren  Gewinn  und  Nahrung  mit  Bonderm  listi- 
gen Vorteil  und  Beeuch  entaiehen  etc.  .  .  / 

C9«i8  Braidl  setste  die  Fehde  nieht  mehr  fort  Fisoher 
aber  arbeitete  eine  neae  Schrift  aoe,  widmete  sie  mit  einer 
Zueehnft  vom  1.  Se|ilember  1605  dem  hoch-  und  wohlgebore- 
nen  Herrn  Maximilian  von  Dietrichstein  und  Hess  sie  1607 
unter  einem  nicht  sehr  reinlichen  Titel  in  Ingolstadt  erschei- 
nen.* Die  Obrigkeiten  mögen,  lehrt  er,  sicii  des  Kaisers  Theo- 
dosius  Beispiel  vor  Augen  halten,  die  8chhften  der  Wieder- 
täufer prüfen,  und  falls  sie  mit  der  heil.  Väter  Meinung  nicht 
ubereinstimmen,  die  Wiedertäufer  samnit  ihrem  Schwärm  ver- 
werfen und  veijagen.  Die  letste  Schnfi  FiBchev*»  Akhrt  schon 
einen  anweisenden  Titel:  ,Vienmd{Ünimg  eriiebBehe  Ursachen, 
wammb  die  Widertanffer  nicht  sein  im  Land  an  le jden,^ '  und 
das  verstHndliehe  Motto:  ,Den  Zanberer  sollst  dn  nicht  kssen 
leben/  Noch  aufreizender  ist  der  Schluss:  ^Schlafet  nicht  mehr, 
liebe  Mährer,  thut  Herzen  und  Augen  aui",  seht  zu,  wie  sie 
Euch  vertil^'cn  wollen.  Lasst  nicht  zu,  dass  diese  Fremden,  der 
Abüchauni  der  Krde,  Eure  üiiter  rauben  und  besitzen.  Uebt 
nicht  länger  zu,  dass  sie  jb^ich  das  ganze  Land  verschlagen, 
£uch  als  Obrigkeiten  verachten,  Euch  die  Regalien  abstehlen 
and  li«uch  für  Heiden  und  Ungläubige  hallen.  Lasst  sehen, 
dass  Ihr  Eoer  streitbares  Hers  zur  Erhaltung  von  Land  und 

>  Worte  des  Decrets  von  IROl. 

•  Der  Hutterischen  Widertautfer  Taubeukobel:  in  wolchpin  /ill  ihr  Wüst  | 
M!st  1  Kott  ]  1111(1  IJntlat  j  »las  i«t  |  ihr  fabcho  |  stinkendo  |  untliJtigrp  nnd 
abscheuliche  Lt^hrn  '  .  .  zu  tinden  .  .  .  auch  des  j^^ioßen  Tanltons  d«'s 
Jacob  Hutti  ra  Leben  .  .  .  angoheiukt:  dnrrh  Ch.  A.  FUcher.  M^  dnu  kt 
Z1I  luguisUiit,  in  der  £deri»cfaen  Truckerei  durch  Andream  Aiigenueyr. 
Aimu  1Ü07. 

'  Getruckt  au  lagoUtadt,  bei  Andream  Aagermejer.  Aaso  1007.  Diese 
Bchiift  bat  danelbe  Titelbild  wie  die  vorige,  einen  .Tanbeokobel*,  der  ein 
HaoAsbea  der  WiedertSuler  venianbUden  seil.  Ueber  den  hietofiadien 
Gehalt  dieeer  Sebrillen  a.  den  aweiten  Theil  der  imrliegenden  Abhandlmtf . 


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200 


Leuten  noch  nicht  verloren  habt,  sondern  Tif^ib,  Out  nnd  Blut 
daran  setzet.  Lasset  uiclit  zu,  .<lass  Euer  l^iind  durch  den 
Aufenthalt  dieser  Mörder,  Ehebrcclier  und  anügesprun^jenen 
MOoche  und  rfallV  n  einer  Mördergrube  g-Ieich^eachtet  werde.* 

Pls  ist  zweilelhaft.  ob  die  Taufiresinntcn  auf  diese  leiden- 
schaftlielieu  Angriffe  ilires  (ieii^nere,  die  im  (xanKen  und  Gros- 
sen (loeli  nicht  nielir  enthalten,  als  sich  schon  in  Christoph 
Krhard  s  ,< 'l  iiinllichen,  kurx  verfassten  Historia  von  Müimtc^ 
risehen  \\  uU-i  tauUern*  tindot.  mit  <  le^xenschrit'ten  antworteteii. 
Die  Zeit«'?!  waren  um  i  t  darnach  angethan,  sich  auf  eine  weit- 
läulige  Polemilt  eiuzuiji.sscu. 

Die  nächste  Fol^e  de«  Gesclireies  der  Leute  von  dem  un- 
geiieuren  Keiclithum  der  Wietleiläufer  war  eine  Erhöhung  der 
Steuern,  die  ihnen  anf|£rele;,'-t  h  iirde.  Sciiou  am  Montag  nach 
lavoeavit  1585  (v  poudeli  po  netleli  Invocavit)  wurde  zu  Ig-Ian 
der  lieselduss  «;cfasst,  dass  die  Wiedertäufer,  die  auf  ihren 
Gründen  eigene  lljiuöer  und  MUhlen  haben,  von  jedem  lfTn>^c 
und  jeder  Mühle  auf  drei  Jahre  zum  Termin  der  Erlu  bun^^ 
des  zwanzifTsten  Oroäclienö'  10  Oulden  jährlich  erlevfen  suUen. 
Diese  Summe  sollte  fllr  Aci'^tn  und  T^andeisdüctoren  verwendet 
wer<le?i.  2  Der  Brünner  Landtag  von  L^>H8  *  verlfln«,n'rte  die 
Zahlun<^^spflicht  auf  zwei  weitere  Jahre;  die  Summe  wurde 
überdies  noch  um  U)  (lulden  erhöht.    Seit  kla^^en  zahl- 

reiche  Landi^cwolin'T  von  Mähren  (und  die  Kia^^en  liefen  bei 
den  höchsten  Laiuiesilmtem  ein),  ,wie  nach  die  Wiedt'rtätifer 
nicht  weni^-  Getreide  auf  den  Dörfern  und  bei  den  IJntertha- 
neu  aufkaufen,  sicli  zufühn'n  lassen,  Wein  in  il»ren  Ilausern 
nn>  Gehl  schenken  uml  massweise  verkaufen*.  Dementsprechend 
wurde  verordnet,  daös  sie  in  Zukunft  bei  Strafe  der  (*oiitisea- 
tion  des  Getreides  ,von  den  Baueni  in  deTt  Dörfern  kein  Ge- 
treide kauli  n  und  sich  zufUhren  lassen  dürfen.  Der  Einkauf 
dürfe  nur  auf  offenem  Markte  bewerkstelligt  werden;  auch  soll 
in  ihren  Haushaben  kein  Wein  geschenkt  werden;*  der  Befelü 
wurde  im  folgenden  Jahre  auf  dem  Brünncr  Landtiige  wieder- 
holt;^ zugleich  wurde  der  Beschliua  gefnwt,  da«  ,die  Wieder^ 

^  S.  hterOber  d  Elvert,  Zur  Osterr.  Fiiuuizgedchichte,  S.  16S— 164. 

*  L>nat«g>>PlMttatk— .  Annng  in  der  ▼.  Baek'iebaa  8nualan|r. 

*  Ifonteff  naeh  InTocavh. 

*  NotiK  In  der  v.  Beck'acben  Swimlitiif.  OMeUehMbSthttr,  8.  817. 

*  fiMk'aob»  Banunlmy. 


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901 


täufer  von  jedem  Hause,  darin  sie  wohnen,  ob  viel  oder  wenig, 
es  sei  in  Städten,  Märkten  oder  l)urfei-n,  in<,Heichen  von  jeder 
Mühle,  die  ihnen  gehöre,  12  Gulden  diu'cli  drei  Jahre  zu  steuern 
habend  ^  Im  fol<]^enden  Jahre  wurde  ,iin  Landtji«^"  beredet,  dass 
sie,  dieweil  sie  des  JLouides  sattsam  geniesieny  allein  wenig  con- 
tribnireOy  überdies  von  jeder  Behtaunngf  darin  eine  Kuchol 
(d.  h.  die  grosse  KOche  för  das  ganze  Hanshaben);  8  Gulden 
ma  die  GmiidlieiTen  bu  entriohten  haben;  ist  aber  nicht  dazu 
kommeD^  Dagegen  begehrte  man  im  folgenden  Jahre'  von 
ihnen^  dass  sie  sitr  Bestreitong  der  militlirischen  Bedttrfo»se 
des  Landes  beistenem,  nnd  swar  so,  dass  sie  Ton  jedem  Rade 
eigener  Mühlen  1  Gulden,  von  jedem  Hude  gepachteter  Müh- 
len 7  Grosehen  und  von  jedem  Briiderliause  mit  einer  Kliehe 
10  Gulden  entrichten  sollten.^  Das  war  den  \V uci<^rtiint'eni 
über  alle  Massen  beschwerlich,  denn  Steuerleistungen  für  Kriegs- 
zwecke waren  nach  ihren  Satzungen  verboten,  und  das  war 
auch  der  Grund,  weshalb  die  Brüder  von  den  Besitzungen 
Maximilians  von  Dietrichstein  lieber  hinwegziehen  als  sich  zu 
solchen  Leistungen  herbeilassen  wollten.^ 

Ein  Jahr  später  hatte  die  kaiserliche  Regierung  die  Ab- 
sicht, ven  den  Wiedertilnfem  in  Mtthren  ein  grösseres  Dar- 
leihen zu  nelimeu.  Aus  Aidass  eines  räuberischen  Ueberlulles, 
der  auf  die  Nenniühle  bei  Eisgrub,  wo  der  Wiedertiluferbischof 
residirte,  ^eniarht  wurde  und  wobei  man  der  Thäter  habhaft 
wurde  und  sie  peinlich  verhörte,  waren  einige  kaiserliche  Käthe 
m  der  Ueberzeugung  gekommen,  ,dass  aldoi-ten  zur  Neumüll, 
80  die  Wiedertauffcr  besitzen,  ain  ansehentliche  Paarschafl;  und 
Vorrath  von  Geld  vorhanden  sei,  welches  die  Tfttter  auskund- 
schaff  nnd  dammben  sie  die  Widertauffer  überfallen  habend 
Da  nun  bei  dem  jetzigen  gelUhrliehen  Kriegswesen  hohe  be- 
schwerliche Ausgaben  vorfallen  und  das  Kammerwesen  an  Geld 
iuät  erschöpft  ist,  ,so  haben  wir  solches  Ew.  Kays.  Mnj.  *j:cliur- 
samist  andeuten  wollen,  ob  sie  dem  Landeshauptmann  in  Alar* 


*■  Genchichtsbücher,  S.  318.   Auasiiga  ans  den  Pamatkenbttchera  in  der 

V.  Beck'when  Bftmmlang. 
'  V  pontl' Ii  jto  MistMironlia«  Doniini  auf  dem  Landtage  in  Brünn. 

•  Cuj»i<i  in  «h^r  V.  Hock'acUen  Samtnlung.  In  den  Ue»cbiclitäbäüUurn  wird 
die  ümclie  /.um  Jahre  er/.atiit. 

*  Die  genannten  Fordemugen  wurden  anob  1696  W  ttfeda  po  InvocSTit 
(Hin  8)  ▼  Bni  g«steUt 


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908 


hern  gnedigist  schreiben  wollttni,  (iauiit  luaa  durch  mittel  eines 
anlehens  von  derselben  TiiutF<^rischcn  I^urschafft  zu  einer  wol 
austragenden  Summa  gelds  kummeii  möchte'.* 

Der  Kaiser  erliess  in  der  That  die  entsprechenden  Wei- 
sungen an  den  Landeshauptmann  Friedrieh  von  Zierotiu,  den 
Landrichter  Joachim  (Haugwitz)  von  Biskupitz  und  den  ünter- 
kftmmprer  Niehls  von  Hradek,  mit  den  Wiedertäufern  wegen 
der  Aiünahme  einer  Siaiiuie  (jcldcs  zu  Krieg-szwcckcn  zu  ver- 
handeln. Zierotiu,  welcher  ihre  Verhältnisse  w  ohl  kannte,  mag 
den  Befehl  mit  Kopfschütteln  ento'egeii genommen  ha})en.  In 
der  That  sa^l  er  in  seiner  Aen^si  lung  (14.  October  10^1)):  Er 
werde  zwar  allen  Fleiss  anwenden,  wundere  sich  aber,  wer 
Sr.  Majestät  angezeigt,  dum  die  Wiedertäufer  eine  solche  Summe 
haben  sollten:  ,Er  wäre  ihrer  Gelegenheit  und  Vermögens  wohl 
kundig^  habe  auch  mit  ihnen  wegen  eines  Darlehens  gep-en 
genügsames  Pfand  öfter  unterhandelt,  aber  nichts  erhalten  kön- 
nen, da  sie  sich  mit  Armuth  und  ilirem  Unvermögen  entschul- 
digt, wie  es  denn  nicht  anders  sei,  dass  unter  ihnen  ein  großes 
Spital  sei  und  der  so  arbeiten  kann,  anderer  sechs  wol  auch 
sieben,  so  ihr  Brot  nicht  erschwingen  können,  aushalten  müsse.* 

Die  Verhandlungen  konnten  natürlich  das  vom  Kaiser 
gewünschte  Ergebniss  nicht  haben,  denn  die  ^^'iedertilufer 
,redeten  sich  mit  dem  Vorwande  aus,  ihre  prof'essioü  und  wis- 
sen zeigete  solches  nit  aus,  dass  sie  zum  Kriegswesen,  was- 
gestalt  es  sei,  verlnilt  lu  lu  n  sein  sollten,  sondern  thue  ihnen 
dasselbe  vilmehr  wehren  und  \  (  i  l  ictcn'.  Selbst  als  die  Com- 
missäre  sagten,  8e.  Majestät  benütiuge  das  Geld  zur  Abzahlung 
anderweitiger  Schulden,  konnten  sie  von  ihnen  nichts  erlangen, 
einfach  aus  dem  (i runde,  weil  sie,  wie  sie  in  einem  beachtens- 
werthen  Actenstücke  darthun,  das  Geld  weder  hatten,  noch 
haben  konnten:  ,Ersthch,  weü  miinniglicii  weiss,  dass  wir  weder 
mit  Kramerei,  Wucherei,  Kaufmanuschaft  noch  müssiggehen- 
dem  Gewerbe  umgehen,  sondern  mit  saurer  harter  Handarbeit 
unser  Brot  gewinnen  und  keine  Schätze  zurtkklegen  können, 
zum  andern,  dass  oft  gegen  10  Personen,  die  „der  Gemain" 
nichts  gewinnen,  kaum  eine  gefunden  wird,  die  mit  der  Uand 
etwas  weniges  erwirbt' 


Ann  den  Acten  des  k.  k.  Hofkaniine^iurehivMi  mHgettiailt  von  d'KWert 
im  NotiienbUtt  der  hiaL-«t»t  SectioB  1678,  &  14. 


.  L-d  by  Googl 


Diesen  Ai^imcnten  sclieiikte  freilich,  wie  man  di-in  bereits 
erwähnten  Berichte  Niclas'  von  Hradek  (vom  7.  i'ebruar  InO?) 
entnimmt,  die  Obrigkeit  geringen  Glauben.  Alle  die  Ereignisse 
der  letzten  Zeit  mnssten  nun  Viele  in  der  Meinuiisr  bestärken, 
dass  die  Wiedertäufer  in  der  Tiiut  im  Besitze  grosser  iScliiitze 
sind.  Der  Znaimer  Landtag  von  KlOO  kam  daher  dem  Ge- 
ikihrei  von  den  ReichthUmern  <Ier  ^\  ii  It  i üiufer  ent^^ei^en,  in- 
dem er  festsetzte,  dass  sie  ausser  der  Steuer,  die  sie  mit  dem 
zwanzigsten  Groschen  zahlen,  noch  von  jedem  Hause,  wo  sie 
Küchen  haben,  80  Gulden,  und  von  jedem  Bierbrau  in  ihren 
Haushaben  1  Gulden  zu  schössen  haben.  *  Ftlr  1601  wurde 
die  Suuuiie  auf  ÖO,  ^  liiO'^  aber  wieder  auf  Öü  Gulden  fest- 
gesetzt. 

Noch  im  Jahre  1600,  in  der  Zeit,  als  der  Lärm  tiber  den 
Heichthum  der  Wiedertäufer  am  lautesten  vernehmbar  war, 
suchte  man  nach  Mitteln,  wie  man  sie  schärfer  als  bisher  zu 
den  Landesbeiträgen  heranziehen  könnte.  Am  2.  Jänner  1601 
fand  eine  Commission,  die  sich  mit  der  frage  besehifUgtef 
wie  Ihrer  Majestät  Ehikommen  in  Mähren  au  bessern  sein 
mtfohte,  daes  ,bei  dem  künftigen  aUgemeinen  Landtag  eine 
Hanptsteuer  auf  die  Uuiterieehen  Brüder  unter  dem  Prätexte 
WXL  erhalten  wäre,  data  man  sie  nnr  sur  Zaldong  der  inländi* 
sehen  Schulden  mid  zur  Entledigung  der  Herren  Landsa^n 
ans  den  fUr  ihre  Majestät  gemachten  Bttigaohaften  gebranchen 
wdle'.* 

Trots  so  bedeutender  Stenerleistungen  fanden  die  Behör- 
den noch  zwei  Jahre  spttter,  dass  die  Wiedertäufer  viel  sa 
wenig  belastet  seien.  Ks  sei  nur  billig,  ,dass  sie  si(  h  besser 
angreifend  Zu  dem  Zwecke  trug  Rudolf  U.  am  28.  Juli  1604 
dem  Landeshauptmaane  von  Mähren  Karl  yon  Liechtenalein  auf, 
die  Wiedertäufer  entweder  zur  Erlegung  einer  grosseren  Baar^ 
summe  oder  aur  Beistellung  einer  Anzahl  von  Ross  und  Wagen 
zu  vermögen.  Der  Landeshauptmann  erklärte  am  30.  Angust,  er 
habe  nur  geringe  Hoffiuingen  gehegt,  etwas  au  erhalten,  gleich« 
wohl  aber  die  Aeltesten  der  Wiedertäufer  vorgefordert;  dieae 
erklärten,  sie  seien  nicht  in  der  Lage,  mehr  au  leisten.' 

»  üeachiclitöbücher,  Ö.  331. 

*  NotiMnibUtt,  a.  a.  O.,  S.  16. 

*  Auf  iM  kaiaarl.  begMniit  den  Herren  OominiaMriMv  Kurier  Bericht 
Gednieki  im  Notiienblatl,  e.  a.  O.,  a  29.  ÜJui  erfäkrt  daiane,  Umm  de 


Digitizod  by  G<.jv.' .ic 


204 


Tn  ilii-fi-  BtMlr;ini,niiss  taiulcn  kIc  im  i.andtÄge  Beschützer. 
Dieav  iiu'inirn.  sri  lainl|träehtig,  »lass  tiie  \\'iedertllufer  SO  viel 
Stem-r  /ahlrn  als  ander«'  T^ntortliaiK  ii  ira  Lande.  Man  könne 
nicht  ^'^•'stattun,  sie  mehr  zu  l)i'S(  li\v(Meir  '^I'rot^^dem  wiirdc  an- 
gt  iu-dii'-t,  dnss  sie  von  jedem  Rad  in  ilircn  Müldou  1  (inliU^n, 
von  jedem  Kinu  r  i^cpressten  Weines  2  weisso  Grosrheii  steiu  rn 
sollten.*  Ihuit  lti'n  MieliPTi  din  ^^cwöhnlic-lien  Alii^alM-n  vuii  Hier, 
Wein,  (n  treido  und  anderen  Sachen  bestehen.  Ihre  Leistun- 
gen für  die  dun  liziehondm  Krie^aleute  berechneu  sie  tUr  das 
Jahr  1602  allein  auf  7000  Uuhien. 

Nichtsdestoweniger  forderte  der  Kaiser  den  Landesthaupt- 
mann  am  12.  October  1604  auf,  die  Wiedertüut'er  zur  Erlegung 
einer  Kriegshilfe  zu  vermögen,  dieser  meldete  am  .S.  November, 
nach  seiner  Erkundigung  bestünden  im  ganzen  Lande  37  Häu- 
ser; wieviel  Pei'sonen  sieh  aber  in  jedem  aufhalten,  das  habe 
er  nicht  in  Erfahi'ung  bringen  können.  Er  vcrmuthe,  dass  in 
jedem  Hause  ausser  den  Kindern  200  Personen  vorhanden  seien. 

Auf  diesen  B'  ri(  lit  hin  .sollte  Liechtenstein  ein  Gutachten 
abgeben,  ob  man  nicht  ein-  tUr  allemal  von  einem  jeden  Wieder 
tüuferhaus,  das  iOO  Personen  sUhlt,  ÖOO  Gulden^  von  einem 
mit  200  Personen  1000  Gulden  verlangoii  sollte.  Der  Landes- 
hauptmann meldete  am  19.  Junner:  es  habe  wohl  den  An* 
schein,  dass  die  Wiedeiiäufer  nicht  ohne  Baalgeld  seien,  da 
sie  in  ihrer  Arbeit  fleissig  und  diese  daher  vor  anderen  ge- 
schiitzt  sei.  Dessenangeachtot  klagen  sie  über  grosse  Annnth. 
Und  wenn  man  sieht,  dass  der  grüsstc  Theil  von  ihnen  sich 
von  geringer  Speise;  nilhK,  weshalb  sich  auch  nicht  viele  Per- 
sonen mehr  ihrer  Religion  an-,  sondern  eher  von  ihr  abwen- 
den, 80  müsse  man  meinen,  ^n"^"^  nn  ihren  Aussagen  etwas 
Wahres  sei.  Daneben  sei  os  auch  nicht  ohne,  dass  sie  ausser 
der  gewöhnlichen  Steuer  jührlich  von  einem  Hause  100  Thaler 
contriboiren,  auch  von  den  meisten  ihrer  Herren,  unter  denen 
sie  wohnen,  streng  gehalten  und  durch  das  in  diraem  Lande 
gemusterte  und  sonst  durchziehende  Kriegsvolk  großen  Seha- 
den erleiden.  Daher  besorge  er,  dass  nichts  Ergiebiges  von 
ihnen  zu  erwarten  sei. 


ausser  den  ubon  genannten  80  auch  nocb  die  gevrtfhulit^eiu  90  OnUem 
sahlra  nntsiton» 
>  06Bchifihlri»1loher,  8.  MC 


905 

Die  LandheiTen  kannten  die  Noth  der  Tauffyesinnton 
lipssrr.  Alt»  *lcr  Kaiser  diireli  seine  (yOimnissärc  im  Landtage 
von  !()().")  begehrto,  dass  sie  ausser  ihn  n  sonstigen  Leistungen 
noch  von  einer  jeden  Uber  10  .lalire  alten  Person  in  ihren 
liuisbabcn  Vt  Thalcr  zahlen  sollen,  wurde  dies  von  den  Land- 
herren  abgelehnt. '  Aber  schon  1607  mussten  sie  sich  be- 
qnemen,  fi^r  das  kommende  Jahr  von  jeder  Küchel  20  Gul- 
den, von  jedem  Mfthlrad  7^/,  Oroschen,  von  jedem  Eimer  m 
der  Weinlese  1  Groscken,  von  jeder  Mass  gebrannten  Wassers 
1  Groechen,  von  jedem  Stein  Wolle  in  der  Schur  3  Groschen 
und  von  jedem  Schock  Garben  in  der  Mahd  V,  Groschen  zu 
zahlen. 

Der  Kric^r  in  Ungarn  lastete  mit  uncrtr«^Hchcr  Schwere 
auf  der  Gemeinde,  deren  Wohlstand  in  den  Jalnrn  15W  bis 
160b  einen  argen  Stoss  erlitt.  Ihre  Haushaben  wurden  von 
durchaiehendon  Kriegsschaaren  oder  den  Feindon  arg  mit- 
genommen; innerhalb  der  genannten  Zeit  verging  kaum  ein 
Jahr,  wo  nioht  die  Plünderung  oder  gänaliche  Vernichtung 
omes  oder  mehrerer  ihrer  Hänser  zu  beklagen  gewesen  wäre. 
Ihre  Jahrbücher  bringen  ausfllhrliche  Kachrichten  Uber  die 
schweren  Leiden,  die  sie  in  jenen  kummervollen  Zeiten  durch- 
zumachen hatten.*  Erst  H)()9  konnte  die  (jcineinde  aiH  ithnien: 
.Und  dieweil  man  nun  voiliin  vi!  Jar,  in  denen  (Vw,  ut'nuün  vil 
g^alt,  uberdranj?,  unbili  und  f^rosse  beseliwernuü  erdulden 
mllesseo,  besciiriebeu  und  veraaioimet  hat,  so  will  sich  auch 
gebühren  und  ist  billich,  dass  man  dises  1009  gueten  frid- 
samen  Jars,  das  gott  sonderlich  disem  Land  verheben  hat, 
Mch  soll  gedenken  und  nit  vergenen,  indem  wir  dann  eine 
feine  stille  ruhige  Zeit  gehabt  und  keinen  sonderlichen  scha- 
den erlitten,  ausgenommen  von  den  nmbstreifenden  Kriegs- 
leoten,  die  zu  Oesterreich  lagen,  hin  uad  wider  in  der  gcmain 
vier  Rüüs  geraubt  wurden.* 

Wie  schlimm  die  Zeiten  waren,  welche  die  Wiedertäufer 
'iiii\lizukäni[*ten  hatten,  mag  man  daran«  entnehmen,  dass  aliein 
,vrährciid  des  erschrdcklichen  Aufruers  anno  X6U5^  nicht  wcni- 


*  Geschichtsbücher,  8.  36t. 

'  Zum  Jahre  1596  8.  321,  15i»7  325,  15Ü«  Ü.  320,  löÜU  Ü.  329,  1600 
&  331,  1601  S.  333,  1602  S.  334,  16<M  S.  336,  1605  S.  337—349,  1606 
&858,  1607  a  854,  1608  aSM. 


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gor  als  153  Wiedertäufer  aus  den  Hausliaben  8abaUs>  Ii,  Levär. 
St.  (ifor^cn,  Protzg^a.  BittoAvitz,  Strästinit/.,  Rabenspurg,  Neu- 
dorÜ.  Sv6tl;i,  Loucka,  HulkH,  Wätzeuobiä,  Milotitz,  ^listfin, 
Svatulioritz,  Kreuz,  Tvrdonitz  (von  hier  wurde  die  gauze 
IMädclienschulc  gefangen  hin  woggeführt),  Jarolin^witz ,  Dara- 
büfitz,  Bofetitz  und  Kakwitz  von  den  Feinden  enttidin  und 
Einzelne  bis  Constantlnopcl  goachlcppt  wurden.  Nieht  weniger 
als  S.|  }^>rsonen  kamen  dabei  um,'  Ein  Müller,  v^alomon  Pöger, 
dem  Weib  und  Kind  hinwoggtiuin-t  worden  waren,  machte 
sieh  zu  Anfang  1607  auf  den  Weg,  um  die  CJofangenen  aussu- 
lösen.  Von  der  Reise  schrieb  er  seine  interessanten  Briefe  an 
die  Acltcsten  der  (icmeinde,  wieviel  der  Gefangenen  er  edragt 
und  was  er  unter  solchen  habe  leiden  mllssen.  S«  Iik  ]^riefe 
sind  (1607  und  1608)  ans  Komorn  und  Ofen,*  (lb08"l  aus 
,Grieehiseh -Wcissenburg^,  Uonstantinopcl,  Adrianopcl,  (ItiOO) 
ans  Ofen  und  (KilOi  Levär  datirt  und  gewähren  einen  er- 
greitendcn  P^inbliek  in  die  entsetzliehen  Qualen  der  armeü 
Gefangenen,  zumal  der  Mttdchcn  und  Frauen.^ 

Die  Zahl  der  Blutzeugen  ftlr  die  wiedertÄuferische  Lehre 
wird  allmälig  eine  kleinere,  denn  die  Behörden  erkannten  doch 
nicht  mehr  Uberall,  und  auch  wo  es  vorkam,  nur  in  seltenen 
Fällen  anf  die  Todesstrafe.  Gleichwohl  bot  der  Opfertod  eines 
Melchior  Platzer,  Andreas  Püi'chner^  u.  A.  der  Gemeinde  hin- 
rachenden  Stoff  zur  Erbauung.  Katholische  Schriftsteller  unter- 
lassen es  nicht,  auf  den  Umstand  hinzaweiseii,  dass  die  Send- 
boten der  Wiedertiiufer  nicht  die  fernen  heidnischen  linder, 
sondern  mit  Vorliebe  die  der  christlichen  Naofabarachafl  aaf> 
suchen,  was  sich  freilich  leicht  aus  dem  Büdtmgsgrade  dieser 
Sendboten  erklären  Ittsst. 


'  Ueber  die  Teidieittto,  di«  aldi  Salomon  P0g«r  um  die  BefMeng  der 
Gefriqfeiieii  erwarbi  i.  die  Oeaehlditibtteher,  8, 

'  ,Dio  Goflchwistri^t  haben  gMSgti  das«  sie  Scbindiinf  uiid  Schmähung 
haben  leiden  mUs^cii,  als  wauti  man  San  rnetj;prpt  und  etliche  haben 
»ich  am  Hoiten  vorderbt,  <la«8  ihnen  da«  Blut  tlborabgcloffeu  ist  und 
viele  davon  gestorben  sind.  Ich  bitte  Euch,  iasoet  doch  nicht  des 
•cbaMen  CUdei  willea  de«  Yolk  ia  dieMm  Jammer/ 

*  Cvp»  taa  der  Heedwhrift  POger  in  dw  v.  Beek*aehea  Bemminwg. 

*  QeMhiehttbflflher,  8.  S8S  f.,  woiilbat  eUe  ElaielalkeUSB  aagMrt  aad. 
la  den  SmdbftofiBn  findea  ileh  aar  wenlfe  HIbwaIm  aof  mihritclie 
TwUltaitM. 


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907 


5.  Capttel. 

Die  Tertreibniiif  der  Wiedertinfer  au  XihreiL 

Das  Land,  das  die  ersten  Taa%e8Uinten  nach  Mährou 
gesandt  hatte,  hielt  seine  Besiehungen  zu  den  Wiedertäufern 
daaeibet  bis  so  deren  letztem  Augenblicke  aa&ecbt.  Noch 
1611   wandern  Tftitfer  ans  der  Schweia  nach  Mithren.  Am 
30.  Deoember  1613  erlieBsen  die  Behörden  yon  Zürich  ein 
scharfes  Mandat^  gegen  diese  ,in  sehttdlichen,  erschreoklichen 
und   handgreiflichen   IiTthümern  befindlichen'  Leute,  welche 
die  Kinder  vcrftlhren,  so  dass  diese  von  den  Eltern  lauten 
oder  die  Eltern  hinweg  nach  ISIähren  locken  und  so  die  Kin- 
der um  ihr  Erbgut  betrügen.   Am  26.  Jänner  1613  vernahm 
man  neuerlich  von  Taufgesinn ten,  die  in  Mähren  gewesen.  Am 
20.  April  1614  sclireibt  Madlena  Knen  ihren  Schwestern  gen 
Oberlängen  im  Zttricher  Gebiet:  es  gehe  ihr  and  ihrem  Jakob 
gar  wohl.  ,Wenn  etwa  Euer  eins  wäre,  das  Lnst  und  Eifer 
httte^  an  una  her  (nach  Mähren)  au  aiehen  und  kunnt  sich 
also  in  die  Foreht  Gottes  schicken  ^  so  wär  es  ihr  gar  von 
Herzen  lieb.*    An  demselben  Tugv,  meldet  der  Zimmermann 
Heinrich  Thomann  seinem  l^iu  li  r  Jäckl  zu  Wüpkingen  bei 
Zürich,  dass  es  ihm  und  seinen  zwei  Kindern  wohl  gehe. 
jWeil  mir  Oott  der  Allmächtige  durch  seine  Gnade  zu  einem 
fronunen  gottesfllrchtigen  Volk  geholfen  hat,  das  sich  von  Her- 
zen der  Treue y  Wahrheit  und  Billigkeit  befleisset  und  nach 
dem  Ebtempel  und  der  Lehr'  unsers  lieben  Herrn  Jesu  Christi 
lebt,  desgleichen  man  weder  bei  Euch,  noch  in  der  ganaen 
weiten  Welt  nit  finden  kann,  so  gedenk'  ich  oft  an  Euch  und 
wünache,  dass  Ihr  auch  bei  uns  wäret  Unserer  Schwester 
geht  es  guetig,  auch  ihrem  Mann,  dem  Felix,  sammt  ihren 
sechs  Kindern.    Sind  zu  Schäckowitz,  eine  Meil  Wegä  von 
mir,  wohnhaft/ 

Ebenso  schreibt  der  Ziegelschläger  Heini  Kuen  aus  der 
Neumtihl  bei  Kisgrub  am  15.  April  an  seinen  Bruder  Uans  zu 


S.  Beilage  Nr.  2.  Dass  aWr  anvh  iler  Zuzug  aus  aiuloron  Liinderii, 
namentlich  He^üscu,  eiu  Überaua  starker  war,  ».  iu  Hochhuth,  FrotesUn- 
Uache  Sectengeschichte  in  Hessen,  im  XXX.  Bd.  der  Zeitsclirift  f.  hittt. 
Theologie,  8. 


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208 


WyHiof  Altdoif  im  Zürichtr  (Jebiet:  ,Wer  um  seines 
.S«'»'lcnhcili!s  willen  dulier  zeucht.  (Im  ;^»!reue  es  nimmer.  Äfan 
kuniic  (\a  tausendmal  besser  frouiiu  sein  und  Gott  dienen  als 
druiissin  In  j  Euch.  Die  Brüder  werden  Euch  solches 
mündlicli  besser  sap^en  als  ich/ 

Am  13.  April  desselben  Jahn  s  }ribt  Konrad  I><'h(>nfV»rflror 
dem  Hans  Jakob  Bürkli  in  Zürich  Auskunft  Uber  scmeu  fcohn 
Heinricli,  rk-r  bei  dvu  HrUdern  war:  ^Er  ist  we^^sogen,  wiese 
nit)  ob  er  todt  sei  oder  lebendip^.* 

,Au8  Maskowitz  im  Märhernlaiid'  hisst  sit  1»  Madlena  Häscni, 
aus  Pftusrnm  Bitrbel  Sieberin  vrjTehuK-n:  jene  wünscht  ihren 
Verwandten,  das  reehte  \o\k  zu  sm'hen,  diese  meldet^  dass  eS 
ihr  und  ihrem  lieben  ,Huü*  (Haus)  wohl  fj^elie. 

Fridli  Notz  vnn  Hf5^n^^  Jetzt  zu  Weselen  im  Me^huKl^ 
sehn^iht  dem  Vogt  Lnuby  zu  Jlnnn^  um  Kineassirung  von  (  Jehl, 
und  dass  seine  Verwandten  zu  ihm  kommen  möcrrn:  ,Kinen 
besseren  Sehatz  vermöchten  sie  nit  zosanuneniegen,  denn  dass 
sie  zu  uns  kommen.^ 

Elisa bf^th  Schweizerin  schreibt  aus  Wützcnobis  an  ihren 
Vater  Balthasar  nach  Zürich:  er  möge  sich  nur  nicht  um  sie 
und  ihre  Kinder  sorgen  und  bekümmern,  denn  es  gehe  ihnen 
Allen  wohl.  ,Ieh  lass  Dieh  auch  wiss^  dass  ich  gern  bei 
diesem  Volk  bin,  begehr'  nimmer  hinaas,  dteweil  ich  durch 
Gottes  Gnad'  einen  rechten  Grund  und  iSieherheit  hab',  dass 
dies  der  rcelitf»  Weg  der  Wahrheit  zum  ewigen  Leben  ist. 
Sünd  1111(1  Laster  werden  nicht  geduldet,  und  was  man 
Übels  und  irrigs  davon  sagt^  das  ist  nicht  wahr.  Da* 
neben,  wie  Dir  wohl  bewosty  bin  ich  Ton  moineni  Mann  gar 
verlassen.  Möcht'  gern  wissen,  wo  er  hinkommen  ist.  Die 
Fnimmen  aber  nehmen  sich  gar  fl(  issig  tun  mich  und  um 
meine  Kinder  an  und  lassen  uns  keinen  Mangel  leiden.  Langt 
darum  meine  Bitt'  an  Dich,  wüllist  den  Brttdem  um  meinetr 
woc:cn,  wo  Du  kannst  und  weisst,  alles  guet  beweisen.  Wie 
ich  bin  heraogen,  hätt'  ich  wohl  etwas  mitnohmen  kUnnen, 
68  aber  nit  gethon.  So  wollt'  ich  nun  gern,  dass  Du  mir 
und  meinen  Kindern  etwas  zu  einem  Denkzeichen  schickest 
und  schreib',  wie  es  mit  Dir  steht  und  wo  Du  zu  Tisch 
bist.*  1 


'  Ans  dem  ZOricfaer  Stsatsarchir,  BeligiouMHMilien  I. 


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809 


Diese  acbt  Briefe  trogen  Heinrich  ^Bttler  von  Briltisell' 
in  der  Orrnfteluift  Kybnrg  nnd  JocKem  Arter  von  Ebenechweil 

in  der  Herrschaft  Knonaii  in  die  Schweiz.  In  dem  Wcllfinberg* 
gefangen  nnd  gcfrat^t,  weshalb  sie  in  dies  Land  gckoniiH« 
sa<rto  Jener:  ,d}iss  er  bei  zwcilf  Jahren  mit  Weih  und  Kindern 
nach  Märhem  gezogen  und  in  dieser  Zeit  zum  viertenmai  all- 
her  gekommen  sei,  vor  vier  Jahren  in  Erbschaftssachen  nach 
seinem  Veter.  Er  zeige  an,  dass  er  vom  Husz  (Haus)  Weselen 
(Weseli)  «et  nnd  von  der  Bmdersohaft  daaelbet  Befehl  erhalten 
habe,  seine  Freunde  allhie  nmben  heimznsnchen  nnd  ob  er 
etwa  einige  bewegen  mOchte,  dieselben  mit  sich  dahin  füh- 
ren, so  würde  er  es  gethan  haben.  Mit  ihm  seien  noch  sechs 
Wiedertäufer  hichergekoramen,  von  denen  etliche  schon  wieder 
hinweg-prezo^en  seien.  Er  habe  sich  sechs  Wochen  aufgehalten 
und  Bri<*fe  initf^c]>rac}ity  deren  er  noch  etliche  zu  verftlegcn  habe*. 

In  ähnlicher  Weise  sagt  Jochem  Arber,  der  schon  seit 
siebenandzwanzig  Jahren  in  Mähren  weile,  aus.  Beide  wollen, 
wenn  man  sie  entkuse,  wieder  dahinziehen.  Das  geschah.  Sie 
moBsten  anvor  versprechen^  nicht  wiederzukehren,  widrigenfaiis 
es  ihnen  als  Meineid  angerechnet  und  sie  darnach  gestraft 
würden.^ 

Mittlerweile  hatten  sich  in  dem  ^gelobten^  Lande  aller 
Taufgesinnten  deren  VerhttHnisse  wesentlich  geändert.  Schon 
im  Jahre  1611  fügte  das  Passauischc  Kriogsvolk  der  Gemeinde 
argen  Schaden  zu,^  noch  scliHimiier  wurden  die  Znstftnde  seit 
dem  Ausbruche  des  grossen  Krieges,  als  /traf  Tampierre  mit 
ethch  KHK)  Mann  ins  landt  kam,  diejenigen,  so  von  im  (dem 
Kaiser)  abgetreten,  und  nit  widerkeren  und  gnad  begeren,  mit 
fener  und  sehwert  heimzusuecheo  und  im  das  land  Mttrhem 
wider  anterthänig  zu  machen.  Welche  schreckliche  straff  und 
haimbsaechnng  aber  schier  am  meisten  die  Gtemain  des  Herrn, 
die  doch  an  allem  Handel  ganz  unschuldig  war,  betrafP'. 

Unmittelbar  vor  dem  Ausbruche  des  Krieges  fand  sie  ein 
Reisender  Namens  Zeiller  noch  in  ziemlichem  Wohlstand.  Er 

'  Actum  Mittwoch  den  6.  Juli  1614,  Züricher  Staatsarchiv.  Die  Abreim3 
verzögerte  »ich  bis  in  den  Herbst.  Sie  warteten  auf  den  Bruder  des 
Wortes  Hmnrieh  Harfauum,  der  mit  ihnen  in  die  Schweis  herauf' 
gesogen  warf  v.  Beek*sebe  Sanmlnng. 

*  IXese  Ding«  werden,  da  sie  in  den  Oeschiehtsbfldieni  anslUirlicli  be* 
bindelt  werden,  hier  nur  berübit.  Gescbichtshilcher,  &  861  ff. 
AnUT.  um  Bd.  L  HlUli.  14 


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210 


beredmete  ihre  Zahl  auf  ungefähr  70.00(X*  Aber  die  Tage 
nicht  nur  ihres  WoUbeündens,  sondern  ihres  Bleibens  in  MMh- 
ren  überhaupt  waren  gesählt  Ihre  Oesohiehtibttcher  sind  voll 
von  Nachrichten  Uber  die  Ungltlcksfiülei  welche  die  einndnen 
Hsnshaben  betrafen.'  ,Also  ist  die  Qemain  des 'Herrn  dits 
1619  Jar  amb  12  seiner  Hausbaben,  one  das,  was  an  Kobilits 
und  Dameiaclnts  abgebrunnen,  darunter  anch  6  Schneien  ge- 
wesen, komen.  Welche  12  Haashaben  die  TampieriBchen  gans 
in  Grund  verbrennt  und  verderbt  haben.  Desgleichen  17  H&ua- 
haben  jamerlich  verderbt  und  geplündert^' 

Die  Haoshaben,  die  der  Feind  verschonte,  wurden  mit  einer 
neuen,  um  50  Procent  erhöhten  Steuer  belegt.*  In  den  folgen- 
den Jahren  plünderten  die  polnischen  Hilfstruppen  des  Kaisers 
und  andere  kaiserliche  Krit  g^vülker  die  noch  verschonten  Haus- 
haben. .Es  war  eine  sehr  traurige  Zeit,  dass  man  nit  wusste, 
wo  aus  und  wo  ein,  wie  man  sich  verstecken  oder  verkriechen 
solle.  Oft  ist  gesagt  worden,  wenn  mau  nur  eine  Nacht  sicher 
wäre  vor  der  unsilglichcii  An^st  und  Furcht/ 

lu  HO  schwerer  Zeit  fehlte  den  Wiedertautem  eine  feste 
Leitung.  Nach  dem  Tode  Hraidl's  wurde  (1611)  Sebastian 
Dietrich  zum  Oberluiupte  gewälih;  er  gab  sich  grosse  Mühe, 
die  m  den  verschiedenen  llaudwerken  eingerissenen  Miss- 
liiiiuclie  ahzustcllen,  zu  welchem  Zwecke  einzelne  Haiidwcrks- 
ordnuügen  revidirt  wurden,''  aber  den  schweren  Stürmen,  die 
seit  1618  über  die  Gemeinde  hereinbrachen,  war  er  nicht 
gewachsen.  Er  starb  schon  im  folgenden  Jahre,  und  nun 
wurtic  Ulrich  JaussHng  zum  Bischof  gewaldt;  er  st^irb  1621 
,nach  viel  Kummi  r  und  Trübsal,  so  ihn  und  die  Geniain  des 
Herrn  dieser  Zeit  betroftVn.  auf  dem  Schloss  Bränitsch  in 
Ungarn'.  Der  Kummer  um  die  Gemeinde  brach  ihm  das 
Herz:  ,Er  hat  vor  seinem  £nde  oftmals  gewünscht  und  ge- 

*  Ottii  Atinale». 

*  G»i£.cluLht«bücher,  8.  873  tf, 

*  jVerzeichnÜ!  unbur  Leut,  alt  und  jung,  uuib  welche  die  Gemain  in  dem 
leidigen  tanf  llaehea  Krifl^r*  ün  Jalir  1018  ia  BQlieiai  angefangen, 
komm«!  itt*  Anno  1619.  Daan  d'Elrvrt,  Beitrig«  atur  GMebieht«  der 
Bebellion,  im  XVL  Bd,  der  flclirifton  der  liiat-elnt.  Seetion,  8. 58. 

*  CtewJiichtsbücher,  S.  380. 
Ebenda,  8.  381—406. 

«  Ebenda,  8.  888. 


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211 


beten,  dass  sicli  doch  Gott  der  Herr  sein  Volk  und  die  *  r<  nuun 
in  flieser  letzten  bösen  und  ktunnierÜchstcn  Zeit,  rl?i  (  s  am 
aJl  r^'efährlichsten  mit  uns  stand,  wolle  treulich  beioiüen  sein 
lassen/ 

Leider  war  das  Mass  de«  T^nHiiekes  noch  nicht  voll: 
einen  Vosraiul,  den  die  Huterit(  (imifinde  hatte  seines 
Amtes  entkiculen  und  aus  der  Gemeinsciiatt  aussehlicssen  müs- 
sen, hatte  sie  bisher  noch  nicht  gehabt.  Sie  erhielt  rhion  sol- 
chen in  der  Person  Kadolf  HirzVa^  der  luu  9.  Mai  i&^i  ge- 
wählt wurde. 

Noch  immer  meinten  die  Behörden  des  Landes,  dass  die 
Wiedertäufer  grosse  Schätze  verborgen  hielten,  und  so  liess 
der  Cardinal  Franz  von  Dietrichstcin  am  '2.  .luni  Rudolf  Hirzl 
mit  zwei  anderen  Brüdern  von  der  Neumühle  abholen  und  ins 
Gefänguiss  nach  Nikolsburg  führen.  Nachdem  sie  dort  einige 
Wochen  gelegcm,  begehrte  der  Cardinal  ,)>charf  und  emstlich 
von  ihnen,  kundzuthun,  wo  sich  das  Geld  der  Gemeinde  be- 
ende; wenn  man  es  nicht  gutwillig  sage,  würde  man  die  Ge- 
meinde von  Grund  aus  vertilgen  und  mit  Nikolsburg  und  der 
Neumühl  den  Anfang  machen.  Wenn  man  aber  zu  Willen  sei, 
werde  der  Kaiser  sie  als  seine  treuen  Leute  in  Schutz  neh- 
nien  wid  sie  mit  Freiheiten  begaben^  Auch  verhiess  man, 
dasB  man  nicht  daran  denke,  ilmen  das  Geld  zu  entziehen, 
man  wolle  es  nur  in  Verwahrung  nehmen,  um  es  vor  den  Re- 
bellen sicherzustellen.  So  wurde  Rudolf  Ilirzl  beredet,  das  Geld 
der  Gemeinde,  den  sauren  Schweiss  so  vieler  Frommen,  auB- 
zaliefern.  Er  meinte  damit  dea  Volkes  Leben  zu  retten,  erntete 
Air  seine  That  allerseits  nur  Sehmach  und  Schande  und  wurde 
flchhesslich  seinee  Amtes  entsetzt.  Er  starb  am  27.  April  1622 
tn  GK^ing  ,an  der  gelbsüchtigen  Krankheit^^ 

Zu  all  diesem  Elend  kamen  noch  die  Bedrängnisse  der 
meisten  Haushaben  durch  die  das  Land  durchziehenden  kaiser- 
lichen und  feindlichen  Heerhaufen,  die  Noth  und  in  vielen  Fäl- 
len ein  elender  Tod  vieler  Brüder.^  Auch  der  Friede  von 
Nikolsburg,  der  am  3.  Jinner  1622  zwischen  dem  Kaiser  und 
Bethlen  Gabor  geschlossen  wurde,  endete  nioht^  wie  sie  hofften, 


*  CMiiehlilifidMr,  S.  897- S98. 

*  «Yeneiduiia  d«r  I««iite»  jung  und  al^  um  welch«      Gemain  des  Hemi 
in  Jahre  leSl  konM  UL*  Sbeada,  8. 400^401. 


213 


ihre  Lei<lon:  Ann  das  kai?.erisclie  kriepsvoik,  ho  zu  Kremsier 
und  derosclbcn  orten  gegen  die  ungarische  und  markirräfische 
Armada  lagen,  mckten  alsbald  wieder  heraus  auf  unsere  häu- 
8cr'. '  ,Es  lagen  nit  allein  die  L"»wlisehen  Heiter,  sondern  sunst 
noch  ctlich  lÜÜÜ  man  kaiserisehes  volk,  allerlei  Nationen,  Inn 
und  wieder  in  Mähren  und  auch  in  unsern  hiiusern,  denen  wir 
durchs  jar  im  Paren  und  Trank  und  FUeterung  aus  des  Car- 
dinak  verordnimg  eine  schwere  Contribution  erlegen  musten, 
nnangesehen  dass  viele  unserer  häuser  verbrennt,  die  ttbngen 
ausgeplündert  und  unsere  barschaft  auch  ziemlicher  maßen  da- 
hin war.  Es  half  beim  Cardinalen  kein  Bitten  noch  Klagen, 
^lit  Noth  haho  man  am  22.  Februar  zu  Pausram  in  der  Person 
Valentin  Winter's  ein  neues  ( )!  erliriTipt  gewählt/ 

Es  war  kein  Zweifel,  dass  die  Folgen  der  Schlacht  am 
weissen  Berge  aneh  auf  das  Haupt  der  Wiedertäufer  in  Mib- 
ren  fallen  würden,  nnd  die  Hoffnung,  welche  diese  ,Uber  allen 
erlittenen  grossen  Schaden  hinweg'  hegten,  dass  es  wieder 
besser  werden  nnd  man  sie  auf  ihren  Hanshaben  ihr  kümmer- 
liches Dasein  werde  fristen  lassen,  war  dnrchans  eitel. 

Am  8.  September  1622  erliess  der  Kaiser  ein  Rescript 
an  den  Fürsten  Liechtenstein:  ,Wir  wollen  Deiner  Liebden 
nicht  verbergen,  dass  Wir  aus  sehr  grossen  und  gewichtigen 
Beweggründen,  die  Unser  innerstes  Gewissen  berühren,  wie  Wir 
sie  cum  Theile  bereits  Sr,  Liebden  dem  Cardinal  von  Dietrich^ 
stein  angezeigt  haben,  die  yOlIige  Entlassung  und  Ausweisung 
aller  Wiedertäufer  aus  Unserer  MftrkgrafSwhafl  Utthren  und 
dass  sie  hinfort  weder  in  Unseren  Königreichen  und  Ländern 
noch  auch  im  heil.  Römischen  Reiche  verweilen  dürfen,  an- 
geordnet haben.  Daher  geben  \\'ir  uns  keinem  Zweifel  hin, 
dass  Deine  Liebden,  sofern  bisher  auch  auf  einigen  wenigen 
Deiner  Herrschaften  und  Wirthschaften ,  wie  Wir  vernehmen, 
solche  Wiedertäufer  geduldet  worden  seien,  in  Zukunft  die 
Ehre  Gottes  und  das  Wohl  des  Staates  dem  geringen  Vor- 
theile vorziehen  werde,  der  Dir  auf  Deinen  Herrschaften  von 
derart  verhärteten  Alenselien  yai  Tlieil  werden  könnte,  und  dass 
Deine  Liebden  Unserem  Auftrage  enti^preeliond,  die  erwähnten 
WiedertUnfer  vertreiben  und  hiedurch  auch  Anderen  ein  gntcs 
Beispiel  zur  Nachahmung  geben  werde.  Das  wollen  Wir  Deiner 

*  Die  T«rflchi«deiian  VorfiUl«:  Qeiehicbtsbltoher,  8.408. 


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213 


Liebden  ans  besonderem  Wohlwollen  und  Liebe  aar  Kenntniss- 
nabnid  und  Damachacbtung  mitgctheilt  haben/' 

Das  entscheidende  Mandat  erfloss  am  17.  September. 
Ferdinand  II.  schrieb  an  den  Cardinal  Dietrichstein:-  ,Wir 
wollen  Ew.  Lieben  nicht  verhallten,  dass  bei  Unsorn  liocheri 
und  grossen  ti  aL-^i  rulen  sorgfeltigkeiten,  wie  in  Unseren  König- 
reichen Liiul  Liiiideii  zutorderst  die  Ehr  und  der  Dienst  Gottes 
erhoben  und  befördert,  und  dann  ^ute  und  bestilndige  Ord- 
nung angerichtet  und  erhalten  werden  niö^e.  W  'iv  unter  andern 
Uns  auch  insonderheit  erinnert  und  /u  Gcniüet  f^ezog:en,  was 
gestalt  die  im  ganzen  Heil.  Römisclien  Keieli  bandisirte  und 
verbotene  Sect  der  Widcrtauffer  in  Unserem  Markjjraltliuinl) 
Mahrern  dermaßen  eingewurzelt,  dass  sie  sieh  auch  von  wenig 
Jahren  und  noeh  täglichen  mein*  und  mehr  erweitert  und  aus- 
breitet, und  viel  eini^tiges  unwissendes  Volk  an  sich  ziehet, 
ja  gar  von  fernen  Orten  hinternicks  der  Obrigkeit  und  wider 
starkes  Verbot  abstüt  nnd  aus  dem  Land  filhret^  und  weil 
dann  außer  jetzt  angedeuter  sweien  Ursachen,  nemb- 
'  lieh  das  berOrie  Widcrtauffer  ans  dem  ganzen  Heil.  Beieh 
▼erwiesen  und  ausp-r-i  Idossen  und  dann  mit  Verführung  und 
an  sich  Ziehung  des  in-  und  ausländischen  einMtigen  Volkes 
viel  Uebles  stiften^  auch  ihre  dritte  Eigenschaft  iaty  dass  sie 
keiner  Obrigkeit  nach  dem  Willen  und  Qebot  Gottes,  wie  sich 
gebtlrety  unterworfen  sein  woUen  und  neben  diesem  viel  andere 
▼eidambte  eigensinnige  Irrthamben  lehren  nnd  im  Schwang 
lühren,  auch  sonsten  andere  nicht  geringe  Ursachen  mehr  mit 
unterlaufen:  als  hat  Uns  Unser  Pflicht  nnd  eigen  Gewissen  er- 
mahnt und  getrieben,  weil  diser  liCutt  Thun  und  Fttmehmen 
Gott  und  seiner  Ordnung  ssuwider  strebet  und  hmfet,  sie  weder 
in  obbemeltem  Unserm  Markgrafthumb  Mlhrem  noch  an  andern 
Uttsem  Königreichen  und  Landen»  so  wenig  als  im  Bfimischen 


*  Aus  Carafa's  ,CommtMitnri.i  «ic  GmnaniH  sjicra  rei^taurata'.  Köln  1639, 
DecreU  etc.,  p.  67.  Mi^jetheüt  von  U' Elvert,  Beiträge  sur  Geschichte 
der  BebeUlom,  Bsformatioii»  dee  draieBigjlhrigea  Kriege«  und  der  Veo- 
gefltaltiiiig  Wüaw»  im  17,  Jahrhnndett,  im  ZVL  Bd.  dar  Sdiriftea  der 
liirt.*ilat.  SeeUon,  &  147. 

'  In  der  vorliogenden  dttotaehen  Faetnng  au«  dem  Orig^iiuil  CoucoptC'  im 
Fr;inxon.s-Mu.HPii!n  711  Brttllll  bei  d'Elvert  I.  f..  p.  B8Ü— In  lateini- 
si  her  liedaction  aua  Cimfa*»  «ComiuenUria  etc.',  p.  69  bei  d'Elvert,  1.  c, 
p.  147. 


Digitizea  by  <jOü^it: 


214 


Reich  lllnger  zu  passieren  oder  zu  dulden.  Icft  derowegen  Unser 
woU  berathscUagter  and  einmal  geschlossener  endlieber 
Will  und  Meinung,  dasa  Ew.  Liebden  ehist  doreh  offene  an- 
geaehlagene  Ediota  und  PateAten,  in  Unserem  Nahmen  Pabli- 
eieren  und  veiordneni  aUe  Widertanffer,  Weibs-  und  mans  Per- 
sonen, und  welche  derselben  Sekt  anhAngig  sein,  inner  einer 
kuersen,  dabei  beetimbten  Zeit  von  allen  GhUnden  und  Boden, 
wo  sie  jetso  ihr  Aufentlialtung  haben,  gttnzfichen  ab  und  hin- 
weg SU  sebaflfen,  mit  diesem  Anhang,  dass  sich  bei  VeihiBt 
Leibs  und  Lebens  kein  einaiger  mehr  oder  weiter,  weder  in 
mebrgedachtem  Unserm  Markgraithumb  Hfthrem  noch  in  eini- 
gen unserer  Kl^nigreich  und  Lttnder  finden  und  betreten  lassen, 
sondern  derselben  allerdings  mttssig  gehen  und  enthalten,  auch 
auf  den  widrigen  Fall  nicht  selbst  f\irsetzHch  die  angesetzte 
unnachlässliche  Straff  auf  sich  laden  sollen.  Wurde  sich  aber 
einer  oder  mehr  weisen  und  von  ihrem  Irrthnmh  auf  den 
rechten  Weg  leiten  lassen  wollen,  denselben  solle  nlh'r  Fiir- 
schub  und  Hefördcnm^  erwiesen  werden.  Wie  Ew.  Liebden 
diseni  allem  wolil  zu  thun  werden  wissen,  dero  Wir  mit  Kaiser- 
und  Kön.  affection  jederzeit  sonders  wohl  zugethan  verbleiben.'  * 

Dem  kiiiserlichen  Befehle  entsprechend,  liess  der  (kardinal 
am  28.  September  16^2  ,ein  offenes  Patent  in  Mnhren  ergehen, 
dass  alle  diejenigen,  so  der  Hueterisehen  Brudersehafl  zu- 
gethan, es  seien  Mann-  oder  Weibspersonen,  von  gemeltem 
dato  an  übe?-  4  Wochen,  bei  hoher  Leibs-  und  Lebensstraf 
sich  nit  wtiiter  in  Mähren  sollten  finden  und  betreten  lassen'.^ 

jDarauf  mussten  wir  uns  nun  unangesehen,  dass  die  kalte 
winterliche  Zeit  schon  vorhanden  war,  ins  Trtlbsal  richten. 
Doch  sparet  man  bei  Tag  und  Nacht,  mit  Supplicieren  und 
Botschaften  an  den  Cardioalen,  desgleichen  an  andere  Fürsten 
und  große  Herren,  wie  auch  letzthch  an  des  Römischen  Kai' 
sers  Miyestät  und  die  Kaiserin  Selbsten,  keinen  Fleiss,  ob  man 
doch  nur  den  Winter  mit  den  Kranken  und  Alten  in  zwei 
oder  drei  Haushaben  in  Mtthren  bleiben  könnte^  mit  dem  Er* 

'  ,Caofl«r  Btimulante  Pontiflfiio  OtatOM  Csrafik,  die  XVn.  Aug.  ad  Cardio 

nalpm  Dietrichstoiniiim,  snpremnin  Moraviap  Pastor^ni  ot  nubeniatorpm 
ijKindata  dodit,  ut,  Aiiabaptistis  ante  «niinia  relegatis,  Reformationis  opiw 
quod  iHudatt)  cuepieutet,  omni  ope  proseqaatur  ac  perficiat.^  iScbmidl, 
Hiat  Soe.  J«ra»  P.  MO. 
>  GMchiolitebaeher,  S.  407—406. 


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215 


bieten,   duhn  man  auf  den  FH\!iling,  verinög  dos  kaiserlichen 
Mandats,  das  Land  räunion   wollr.    Es  ward   uns  nhar  alle 
Onad'  abgeschlagen.  Also  wurden  wir  im  Monat  Ootobcr  dieses 
1522  Jahres  auf  Gebot  des  Kaisers  Ferdinand,  durch  den  An- 
trieb dea  Cardinals  von  Dietrichstein  aus  24  Haushaltungen 
in  Märhem,  wie  auch  ans  rielen  Maierhöfen,  Mahlen^  Bräti- 
hftDBem,  KeOer-  und  Kastnerdiensten,  and  £war  ans  den  aller^ 
meisten  mit  leeren  HSnden,  um  des  Glaubens  willen  verfolgt 
nnd  vertrieben,  als  von  den  Haushaben  an :  NeumDhl,  8chftcko- 
witz,  Kobelitz,  Tracht,  Pausram.  Prybitz,  Poherlitz,  Nusslau, 
Austerlitz,  DHmerschitz,  Gerspitz.  Nikulshurg,  Nembschitz,  Ole- 
kowitz.  Sti£!:  niiz,  VV  ischenau.  'IV  i  kowitz,  Schermakowitz,  Masco- 
witz,  Aiteniaarkt,  Göding,  iSchaidowitz,  Urschitz  und  Gostl/ 

^  disen  jetztgemelten  Orten,*  so  fahren  die  Geschichts- 
bUeher  fort,  ,b]ieb  der  Gemein  des  Herrn  von  allerlei  Getraide, 
10  man  durch  den  Sommer  gebaut  und  eingefechset  und  auch 
auf  den  Winter  schon  wieder  ausgesilet  hatte,  desgleichen  an 
Wein,  den  man  diee  Jahr  mit  grossen  Unkosten  erbaut,  item 
an  Tuch,  Leinwand,  Sala,  Schmale,  Wolle,  Kupfergeschirr, 
I^il>-  und  Bettgewand,  wie  auch  an  allerlei  Vieh:  Ross',  Ochsen, 
Kuh ,  Schaf,  Schwein',  ohne  die  gebauten  Häuser  und  alle 
liegenden  Güter,  dann  kustbaif  Handwerkzeuge  ein  sehr  gros- 
ses Gut  dahinter  (zurück)   und   war  nunmehr  Trübsal  und 
Elend  mit  unsem  Witwen  und  Waisen  ausser  des  Landes, 
darin  wir  bei  achtzig  Jahr  in  aller  Erbrigkeit  und  KedÜchkeit 
gewohnt,  unser  bescheidener  Tfaeil  und  wurden  uns  unsere 
treuen  Dienste,  die  wir  dem  Herrn  Cardinalen  und  seinen  Vor* 
&hren,  wie  auch  anderen  Herrn  in  Mllrhern  viele  Jahre  red- 
lich erwiesen,  mit  grossem  Undank  bezahlt,  was  wir  alles  aber 
ohne  Rache  dem  gerechten  Richter,  der  Herr  ttber  Tod  und 
Leben  ist  und  einem  jeden  ohne  Ansehen  der  Person  nach 
seinen  Werken  vererelten  wird,  heimstellen;  der  weiss  auch  die 
Seinigen  zur  rechten  Zeit  aus  aller  Trübaal  wohl  zu  erlösen." 

Da  der  Gubemator  Kemerkte,  dass  viele  Wiedertäufer, 
von  den  früheren  Grundlurrschaften  begünstigt,  unter  dem 
Vorwancle,  aber  nicht  in  der  Absicht,  katholisch  werden  zu 
woBen,  den  Winter  Uber  in  Mähren  ssuzubringen  die  Absicht 
bsgen,  dann  abef'  bei  günstiger  Jahreszeit  sieh  ausser  Land 

*  Oeiehichtobficher,  8.  408,  400. 


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216 


begeben  mOchteHy  erliess  er  am  27.  November  aus  seiner  Resi- 
denz zu  Nikolsburg  ein  neuerliches  Patent  folgenden  Inhalte: 

yWir  Franz*  .  .  .  entbieten  denen  vier  Stftnden  dieses 
Maiiggrafthambs  .  .  .  demnach  Meniglichen  nunmehr  wol  be- 
woety  wir;  .  .  .  vorwichener  Zeit  auf  der  Röm.  Kais.  Maj.  ge- 
messenen  Befeich  ...  die  absclieulieh  und  im  ganzen  Heil. 
Büm,  Reich  bandisirte  Widertaofferische  Sect  aus  diesem  Mark- 
grafthamb  Hfthrem  auügerottet:  wie  auch  die  VertreibaDg  der- 
selben allen  .  .  .  emstlich  anbefohlen  ...  Ob  nnn  zwar  .  .  . 
eine  ziembliche  Anzal  solcher  Hntlerisch-  nnd  Widertaufferischen 
Brüder  ihren  Irrthnmb  erkennet  nnd  im  Lande  verblieben,  die 
meisten  aber  sich  anderwärts  hinb^ben  nnd  anitzo  wegen 
selbiger  orten  erzeugender  grossen  Thewerung  und  zu  nahen- 
den Kidten  Winterszeit  widerumb  hauffenweiß  allhero  in  Mir- 
hem  einschleichen  und  gleichnUlssigen  Prtttezt,  als  wollten  sie 
zu  unser  Religion  treten,  fürwenden:  so  ist  doch  auß  vielen 
beweglichen  Vermutungen  zu  besorgen,  dass  solches  allein  auß 
bezwang  nnd  diesen  Winter  hinzubringen,  hernach  aber  anff 
nechstknnfftigen  Früling  sich  widerumb  davon  zu  machen  und 
in  irer  Sect  zu  verharren,  von  ihnen  angesehn  sein. 

Damit  nun  aber  derjL,'lciclien  nit  «gestattet,  sondern  ob- 
angeregtcu  pubücierten  Patenten  naehgelebt  und  festiglich  dar- 
üb  gehalten  werde,  als  wollen,  an  »Statt  und  im  Namen  mehr 
hochsterwabuter  K.  K.  etc.  Maj.,  Wir  solches  hiemit  allen  Hohen 
und  Niedrigt-n,  deroselben  Statthaltern  und  <  »ftiziren  dieiist-  und 
freundiieli  angedeutet,  dcm  n  :il>ri-  aus  allen  vier  .  .  .  Ständen  ganz 
gemesseii  luiliLlubleu  haben,  rlass  i^elner,  seye  was  btaudes  Er 
wolle,  dl  ieiieii  wiederum  einselileiehende  Widertauffer,  so- 
wol  i^Iunns-  als  Weibs  Personen  (es  wäre  denn,  dass  sich  die- 
selbigen  auf  ein  oder  der  andern  Herrschaft  oder  Suidt  alsbald 
in  würklicbc  IJnterthllnigkeit  begeben  und  von  ihrem  Irrthumb 
ab-  und  zu  unser  Religion  treten  wollten,  wie  sich  dann  ein 
jeder  Inwohner  wohl  zu  versichern  haben  würdet)  bey  Ver- 
meydung  hoher  Straff  und  Ungnad  auf  seinem  Qrundt  und 
Boden  keineswegs  gedulden,  auffhalten  noch  einige  Wohnung 
oder  Unterschlaiff  verstatten,  sondern  alsbald  und  ohne  alle 
Hinderung  von  denen  ab-  und  hinweg  gschaffen  solle.  Dar- 
nach sich  nun  ein  Jeder  zu  richten  und  vor  Ungelegenheiten 


Ifit  «iiiig«!!  Kflnsangen  und  Teff^fadimig  der  Orthogrsphie. 


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217 


zu  httten.  Geben  anf  unserm  ErbaeUoss  Kicolspurg  am  27.  Mo- 
natotag  Novembrb  des  1622  Jar.* 

Wenn  nun  aach  das  Patent  Ton  einer  aienüichen  Anaahl 
solcher  Wiedeitäufer  spricht,  die  zu  dem  katholischen  Glauben 
übertraten,  so  war  doch  der  Uebertritt  bei  den  meisten  ein 
bloB  ftOBserK<^er.  Es  wird  in  dieser  Hinsieht  nicht  anders  ge- 
wesen «ein  als  bei  den  Angehörigen  der  Brüdergemeinde  und 
den  Protestanten:  ,Nur  die  Zeit  vermochte  in  manchen  Familien 
die  Erinnerung  an  die  Hcligi  ii  ihrer  Viiter  verwischen.  Leute, 
die  man  ftir  gute  Katholiken  liielt.  haben  noch  nach  mehreren 
Generationen  <len  Trost  der  Reh'gion  zurückgewiesen  und  tiie 
Annahme  der  Stcrbesacramente  verweigert.'  * 

Das  Patent  des  Cardinais  vom  27.  November  hatte  den 
ausgesprochenen  Zweck,  eine  vollstilndige  Autirottung  der  ^\'ie- 
dertäufer  in  Mähren  herbeizutuiiren.  Den  gleichen  Zweck  ver- 
folgte das  Patent  vom  12.  April  1623:  ,In  diesem  1623  Jalir/ 
berichten  die  Oeschichtsbiiciicr, "  ,ist  abermals  in  MUrhern  ein 
grausams  Mandat  ausgangen  durch  den  Cardinal  Dietrichstein 
im  Namen  und  anstatt  des  Kaisers,  dass  alle  Brüder,  so  noch 
im  Lande  seien  und  allda  im  Dienst  blieben  oder  sonst  ihre 
Aufenthaltung  haben,  zur  Bezeugung  ihres  wahren  Glaubens 
(wie  sie  es  nennen),  ohne  allen  Aufsc  hub  alle  bisher  noch  un* 
getauften  Kinder  taufen  lassen,  und  dass  Niemand,  sei  er  wes 
Standes  immer,  so! che  Brüder,  die  von  ihrem  Glauben  nicht 
abtreten  wollen,  bei  Vermeidung  hoher  Strafe  and  Ungnade, 
aaf  seinen  Grttnden  dulde/ 

Pas  Patent  vom  12.  April  wiederholt  Übrigens  ,die  wider 
die  Tanfferiachen  Sektisten  publicaerten  Patente  in  allen  Artikeln 
und  Klauseln'  und  fbgt  am  Schlüsse  hinan:  ^Diejenigen  Wieder- 
täufer, die  Uber  so  vielfllltiges  Verbot  sich  widerspenstig  er- 
weisen, sollen  an  Leib  und  Leben  gestraft  werden/' 

Den  erflossenen  Mandaten  zuwider  hatten  einaelne  Herren 
in  MJlhren  neuerdings  Wiedertäufer  als  Meier  und  Zimmer- 
leute, MtÜler,  Kellermeister  nnd  Ziegelschlager  in  Dienst  ge- 
nommen. Die  Regierung  erliess  daher  im  Monate  Märs  16^ 


'  Kopfiwa  im  IX.  Bd.  der  Schriften  der  bitfL-stat  äeciion,  &.  257. 

«  S.  416. 

'  Dna  I'atcnt  vom  12.  April  1623  ist  (mit  einigen  unwaneaUichen  Kttrann- 
gen)  gedruckt  iu  den  Geschichtsbüchern,  S.  416,  417. 


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218 


ein  Patent  i]r<  Inhalts:  /lass  sich  iiiiKilialh  14  Tagen  von 
dato  dns  (  rL.i  iu''n<^n  Befelilä  Niemanrl,  so  der  Iliitcrisclion 
Bnidfrschaft  zii^ctlian  sei,  weiterhin  iiocli  in  Mfthrt'ii  finden 
oder  betreten  lassen  solle.  Würde  man  hierüber  jemanden  er- 
gi'eifen,  so  solle  er  ohne  weiteres  Urtheil  niedergehauen,  an 
den  nächsten  Baum  aufgehängt  oder  mit  Feuer  verbrannt  wer- 
den*.* ^uf  welcheB  nun  etHche  mährische  Herren,  die  unsert- 
w^en  des  Kaisers  and  Cardinais  Ungunst  nicht  auf  sich  neh- 
men wollten,  die  Unsrigen  in  ihren  Diensten  wieder  urlaubten, 
der  ein  Theil  abermals  wie  in  voriger  Verfolgang  fast  mit 
leeren  Händen  dartm  ziehen  musste.  Den  andern  wturde  das 
Ihrige  auf  der  Strasse  von  den  kaiserischen  Kriegsleuten  mit 
Qewalt  gerauht'  Aher  auch  jettt  noch  gab  es  einsehie  mäh- 
Tische  Barone,  welche  der  Dienste  dieser  Leute  nicht  entbehren 
wollten  und  sich  Heber  der  Gefahr  kaiserlicher  Ungnade  ana- 
setsten;  ,Es  schicket  aber/  sagen  die  Gbschiehtsbflcher,  ,der 
allmächtige  Gh>tt  dennoch  durch  etliche  gute  Hexren  noch  m 
Mitteil  dass  die  unseren  diesmals^  wie  hart  auch  das  Gebot 
war,  nit  alle  aus  Mähren  vertrieben  wurden/* 

Durch  die  Ausweisung  der  Wiedertäufer  hatte  sieh  die 
Regiemng  einer  Menge  tttehtiger  Arbeitskräfte  beraubt  Den 
Ausfall  einigermassen  zu  ersetKen,  wurden  jene  Handwerker, 
Meister  und  Gesellen,  die  eben  katholisch  geworden  waren  und 
bisher  unter  den  Huterischen  Brädern  gewohnt  und  den  Hand- 
werksbetrieb von  ihnen  erlemt  hatten,  in  jeder  Weise  geftJr- 
dert.  Schon  im  November  1622  erschien  hiertiber  ein  eigenes 
Patent  des  Cardinais:  ,I)a  Se.  Kais.  Maj.  aus  hochwichtigen 
und  ganz  beweglichen  Ursachen  unlängst  die  Hutterischen 
Brüder  habe  ausweisen  lassen  und  bei  deren  Abzug  sich  aller- 
lei Handwerkspersonen  von  ihnen  und  ihrer  vertlamiulichen 

*  OMehieblibfleli«r,  8. 4t4— 426.  W0I117  im  AfcUv  fOr  «Msrr.  Qetdk  T, 
m,  und  d*£lv6rt  L  c,  p.  I«0. 

*  Die  MB  IQIuren  veijAgten  Wiedertäufer  zogeu  grossentheils  uacb  Nieder- 
Osterreich,  wu-^elUst  sie  bei  einigen  Herrschaften  Unterknnfl  fanden.  Auf 
(Ins  hin  wurde  :im  3.  M.'lr?:  1626  ein  Genoralniand.nt  crlx^^en,  in  ■welchem 
die  früheren  erueut'rt  thhI  strenpftpns  pr^hoteii  wird:  1.  dass  Niemand 
einem  Wiedertäufer  Uuteraait  gebe;  2.  daas  die  Obrigkeitea  darub  und 
daiaa  lein  mOgeu,  die  Wiedertinfer  atu  dem  Lande  mi  trüben,  und 
S.  dM»  denen»  so  «abetehen',  alle  Gnade  und  chriailiclie  Liebe  enrieeeu 
werden  iolle.  Mandat  nacb  einem  gleichneitigen  Omeke  bei  Beek, 
Qeechichtsbttcher,  S.  426. 


I 


Digitizeci  Uy  ^oosle 


219 


Sekte  abgewendet  und  liinwoi^begebcn  habrn.  jetzt  aber  ihr 
(jewerbe  und  HantieniiigtMi  neben  anderen  eiiriiebendon  Zünf- 
ten und  Zechen  2U  treiben  gedenken^  so  befehlen  wir,  damit 
ihnen   von  anderen  Handwerksgenossen  oder  Zünften  nicht 
etwa  Uinderoisse  in  den  Weg  gelegt  werden,  dass  alle  diese 
Personen  in  den  Stftdten,  Märkten  nnd  Dörfern  von  den 
Obrigkeiten  angenommen  werden,  Sbm  sie  frei  nnd  ungehin- 
dert ihre  Qewerbe  betreiben  und  die  wandernden  Gesellen 
ebensogut  wie  die  anderen  Meister  eu  befilrdem  befh^  sein 
sollen.    Auch  die  (iesellen,  so  von  den  Wicdertäufei  ii  „ausge- 
treten seien",   mögen  auf  allen  Handwerken  ohne  Bedenken 
geradeso  wie  die  anderen  Gesellen  mit  Arbeit  befördert  wer- 
den und  alles  das  den  gemeldeten  Zünften  und  Zechen  zu 
keinem  Nachtheil  und  keiner  Minderung  ihrer  Privilegien  ge- 
reichen. Die  Obrigkeiten  werden  schliesslich  aufgefordert,  den 
,ansgetreten  Handwerksleuten^  Meistern  nnd  Gesellen  allen  ge- 
btthrliehen  Schuts  sn  gewfthren,  sie  von  aller  GewaltChätigkeit^ 
Schmfthtmg  nnd  Verachtung  zu  verüieidigen  und  den  Dar 
widerhandelnden  „unnachlOssige*  Strafe  snznmessen/^ 

Die  aus  Mähren  vertriebenen  Wiedertilufer  fanden  Auf- 
nahme und  Schutz  bei  einigen  ungarischen  Grossen.  Der  Um- 
stand, dass  ein  grosser  Theil  ihrer  Haushaben  hart  an  der 
ungarischen  Grenze  lag,  erleichterte  ihnen  den  Abzug;  noch 
werthyoller  war  es  ftlr  sie,  dass  sie  schon  vor  mehr  als  zwei 
Menschenaltem  ihre  ersten  Niederiassungen  in  Ungarn  be- 
grflndel  hatten.  Schon  1646  waren  sie  in  Sobotifit  oder  Saba- 
tiMsh;  das  sie  FreischütB  nannten^  eingesogen.  Sieben  Jahre 
später  finden  wir  sie  in  Protska,  hart  an  der  sfldlichsten  Spitze 
Tsn  Mlliren;  1588  gründeten  sie  in  LevKr,  wo  ihnen  der 
kaiserliche  Mundschenk  Bernhard  von  Lembach  Wolvnsitze  ein- 
räumte, ein  grosses  Hanshaben.  Von  hier  aus  besetzten  sie 
allmälig  eine  Anzahl  kleiner  Ortschaften  in  den  slovakischen 
Landestheilen. 

In  Ungarn,  wo  man  die  wirthschaftliche  Kraft  und  die 
Bedeutang  der  Wiedertäufer  wohl  za  schätsen  verstand,  legte 

*  Das  l'atcnt  —  nach  dem  Drucke  —  bei  d'Elvert,  Beiträge  zur  Gi^scliuhte 
der  Kehellion,  XVI.  Rd.  der  8chrift*^n  der  hist.-stjit.  Hection,  S  l  IS  U9. 
In  dem  Drucke  fehlt  die  An^ral»»^  des  Tafres,  der  von  der  betrürtendeii 
Behörde  er«!  in  dem  Angiiiiblicke  hinzugefügt  wurde,  wo  das  Patent 
angMchiageu  wurde. 


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230 


man  ihDen  wenig  Hindernisse  in  den  Weg.  So  hatte  anch 
BeÜden  Gabor  ihren  Werth  fUr  die  Entwicklang  von  Acker- 
bau und  Gewerbe  kennen  gelernt  und  siedelte  eine  Colome 
von  183  Personen  in  AlvincE  an.  In  dem  Stiftongsbriefe  vom 
4.  Juli  16S2  ssgt  er:  Da  er  vemommeny  dass  die  Brilderi  die 
man  die  ,Mfthrischen'  nennt,  aas  ihren  Sitxen  vertrieben  and 
überall  hin  verstreut  seien,  so  habe  er  tue  als  tüchtige  Ge- 
werbsleuta  und  Handarbdter,  die  Anderen  Lehrer  sein  kOnn* 
ten,  bei  sich  aufgenommen  und  weise  ihnen  in  der  Stadt  Ai?incs 
AckergrUnde  und  Weingärten  an,  wogegen  sie  an  die  fürst- 
liche Kammer  den  Zehent  au  aahlen  und  in  Gewerbe  und 
Taglohn  um  den  halben  Preis  su  arbeiten  haben.' 

Aus  ihren  Haushaben  in  Mähren  zo<^ßn  die  Meisten  noch 
im  Herbste  1622  nach  Sabatiseh,  Protzka  mid  Levllr.  Das 
,V«jlk'^  so  hier  iiiclit  untt;rf(chracht  wcrdfii  konnte,  musste  hin 
und  wieder  bei  den  Herren  in  Ungarn,  , deren  uns  ein  Tlieil 
willig  autualnn',  Unterkunft  und  Winterherberge  suchen.  .Das 
Xikolsburger  Volk  wurde  gegen  Eelitelwitz,  das  von  Kobtl 
g-e^en  Kesselsdorf.  das  von  N^mschitz  gegen  Farkasehin  ge- 
lUhrt.  Die  ilaskowitzer  und  ( )llekowit/er  zogen  zu  den  Unsri- 
gen  nach  Siebenblirgeiu  die  Stiganitzer  saniuit  ihren  Zugehöri- 
gen auf  die  'i'rent.schiner  Herrschaft:,  iiaeli  l)ubuitz  und  .Sobl.i- 
how  und  wo  man  son.st  noeh  unterkoninien  konnte.  Von  den 
ungarisclien  Herren  waren  ihnen  die  Grafen  von  lüyeshasy 
und  die  Herren  von  Kollonitsch  besonders  gewogen. 

Noch  hielten  sich  von  ihnen  zahh'eiehe  Brüder  in  Mähren 
auf;  solche,  die  im  Dienste  einzelner  Landesherren  standen;  da 
liess  , Fürst  Cardinal  von  Dietrielistein  als  bevollmächtigter  Herr 
und  Gubernator  des  Markgrafthums  MUrhern,  abermals  im 
Namen  Ihr.  K.  K.  Maj.  ein  offenes  Patent  in  Märhern  aus- 
gehen, des  Inhalts,  dass  alle  Herren,  welche  noch  Brüder  in 
ihren  Diensten  haben,  diese  innerhalb  sechs  Wochen  abschaffen 
sollen,  bei  Vermeidung  Ihrer  Böm.  K.  Maj.  hocher  straff  und 
ungnadt  Auf  solches  sein  die  unsrigen  sämtlich,  so  vil  deren 
noch  in  Märhem  gewesen,  abgeschafft  worden  und  mehrers* 
teils  herab  eu  der  Gemain  in  Ungarn  gesogen^'  Der  Erz- 


*  Hof kanuiiorarohiv.    Regest  in  der   v.  lieck'schöu  baniniiung;.    Vgl.  d6n 
ScluiUbriet'  vom  25.  August  1G2&  ia  den  GeschklttsbUcherut  ü.  427. 

*  GeMhtebtobllclidr,  8. 485— 43S. 


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221 


bbehof  von  Qran  kämpfte  vergebJich  gegen  diese  Einwande- 
ning  an.  INe  Re^erung  verbot  ihnen,  BekehrungBversuche  zu 

machen.  So  wurde  auf  dem  Landtage  von  1635  im  26.  Artikel 
l>rsehlossen,  (lass  die  Wiedertäufer,  olnvohl  sie  zur  Zeit  im 
Lande  f^cduldct  werden,  .sieh  nicht  unterfangen  sollten,  eineir 
.Christen^  unter  sich  aufzunehmen  oder  wiederzutaufen.  FUr 
jede  wiedergetmfke  Peraon  sollten  sie  eine  Strafe  von  500  Reichs- 
thalem  zahlen.^ 

lu  ihrer  neuen  Heimat  organisirten  sie  sich  in  ihrer  ge- 
wohnten Weise  mit  dem  gemelnschafUichen  Tische  und  aUen 
sonstigen  commnnistischen  Gebräuchen,  wie  sie  diese  in  der 
Heimat  gettbt  hatten.  Durch  anderthalb  Jahrhunderte  haben 
sie  auf  ungarischem  Boden,  wo  man  sie  Habaner  nannte,  ihre 
EigenthiiniHchkciten  bewahrt.  Zu  einer  Bedeutung  freilich,  wie 
sie  eine  selche  in  Mähren  besass«  !!,  vermochten  sie  nicht  zu 
kommen.    Die  kirehliehen  Behörden  Miihrens  freuten  sich  ihres 
Triumphes:  Am  7.  ( Jetober  1628  fragt  der  Cardinal  von  Dietrich- 
Stein  bei  seinem  Beichtvater  Georg  Dingenauer  an,  ob  er  ihm 
nicht  einen  Bericht  Uber  die  Fortschritte  der  (katholischen) 
Religion  in  Mähren  schicken  woDe,  namentlich  aber  über  alles 
dsSy  was  mit  der  Verjagung  der  Anabaptisten  zusammenhängt; 
der  Nuntins,  der  nächstens  nach  Italien  reise,  interessire  sich 
daftbr.  Näheres  hierttber  ist  leider  nicht  bekannt.  Nur  wenige 
Notizen  aus  späterer  Zeit,  wie  etwa  die  aus  Merian's  ,Topo- 
gra|thie   von   Mähren',    erinnern  noch   an   die  Huterischen 
daselbst. 

Unter  den  kaiserlichen  Propositionen,  die  am  9.  Anjxust 
1650  dem  mährischen  Landtage  unterbreitet  wurden,  ist  aller- 
dings eine  nicht  blos  gegen  die  im  Lande  überhandnehmende 
Jndenschaft,  sondern  auch  gegen  die  sich  neuerdings  ein- 
schleichenden Wiedertäufer  gerichtet:  diese  mOgen  flirderlichst 
abgesehafit  und  nirgends  im  Lande  geduldet  werden.  Der  Land- 
tag bewilligte  die  Bitte,  ,da8s  den  Juden  kein  anderer  Auf- 
enthalt eingerÄumt  werde,  als  wie  sie  ihn  am  1.  Jänner  1618 
besessen;  atieh  soll  ihnen  der  Besitz,  die  Verpaelitung  und  Ver- 
waltung der  Mauthen  nicht  gestattet,  endlich  auch  die  Wieder- 
^fer  im  Lande  nicht  geduldet  werdend' 


'  A.  Fralb.  T.  M(edii7«iMk7)  im  HMpenu,  1810,  lY,  &  S17  IT. 
*  a^avert,  B«lti«g«,  a. «.  O.,  p.  5IK»,  601. 


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222 


Domentsprechend  sagen  die  Ofscliicblsbiiclior :  In  diesem 
165().  Jahr  im  Monat  November  sind  auf  dem  Brünner  Land- 
tage alle  die  Unsrigen  im  Herrendienste  aub  Mähren  wieder 
al^eacbafft  worden.^ 

Da8  war  das  £nde  der  lluterischen  ,Gemeiiisoliaft'  da* 
selbst,  jenes  communistischen  GemeinweBens,  das  sich  unter 
80  wechseivollen  8oliick8alen  langer  als  ein  Jahrhiindert  be* 
hauptet  hatte. 

IL  TheiL 

Leben  and  Lehre  der  Wiedertlnfer  In  Milireii» 

1.  Capitel. 

Stimmen  der  Zeitgenosten  aber  Leben  und  Wandel  der  Wied«- 
tanfer.  Weiterbildimg  ihrer  Lehre.  Der  Commnniimai. 

Schon  den  Zeitgenossen  ist  der  grosse  Zdan^  den  die 

Wiedertäufer  allerorten  fanden,  anfgefaUen,  und  man  hat  sehen 

damals  wie  auch  später  nach  Gründen  ftlr  diese  Erscheinung 
gesucht.  Was  imm  in  neuerer  Zeit  von  zuständiger  Seite  ge- 
sagt hat,  dass  es  vornehmlich  die  Wiedertäufer  waren,  die 
bebuM  tVlib  den  lutherischen  Predigern  und  ihren  (iemeinden 
den  gänzlichen  Mangel  an  Zucht,  Sitte  und  \\ulirer  Frömmig- 
keit vorwarfen  und  gerade  dadurch  im  Vülke  ihren  grossen 
Anhang  rrewannen,  dass  sie  siel»  vor  den  Anhängern  des  Pro- 
teptantismiis  durch  ein  ernsteres,  Mtthelieres  Leben  vortheilhaft 
auszeichneten,  das  ist  scliou  von  cinsielitsvoUen  Männern  des 
16,  Jahrhunderts  ^,a*-sa^'t  und  geschrieben  worden.  Nur  be- 
schr.tnkte  man  sich  damals  nicht  einseitigerweise  darauf,  die 
Mängel  in  der  sittlichen  Haltung  nur  bei  den  Protestanten  zn 
sehen.  Niigends  mehr  als  in  der  Umgebung  Ferdinands  I. 
drang  man  auf  eine  strengere  finnehang  des  Oiems  und  eine 
Keform,  die  an  diesem  Punkte  ansetzen  mOsse^  weil  so  viele 
und  nicht  die  schlechtesten  Kreise  de«  Volkes  gerade  an  dem 


>  8. 490. 

*  DSllinger,  Die  Befiwmstwn,  I,  t.  Aufl.,  8.  IM,  118. 


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228 


aittlioben  Verlialtoii  der  Geistlielikieit  den  grOasten  AnatOBS  nali- 
men:  ^Oim'  ain  gemwa  Reformation/  erklärten  die  Tiroler  Bo- 
liOrdeiiy  kflnne  man  die  verderblidie  Secte  nicht  austilgen. 

Es  waren  in  der  That  iiiclit  die  Lehren  (wenn  auch  viele 
Leute  nicht  he^riffen,  warum  Miinner  wie  Luther/  Zwingli  und 
Calvin  niit  der  Kiiidertaufe  ein  gnte^  Stück  KathoHcismus  be- 
hielten), öondcrn  das  Leben  und  die  ganze  Haltung  der  Wie- 
dertttafer,  die  ihnen  die  Sympathien  der  grossen  Massen  ge- 
wannen. Man  rnnss  ihren  Böhm  von  ihren  Gegnern  ^  Katholiken 
mid  Protestanten,  vernehmen:  ,Sie  leben,'  sagt  Fischer,  ,moht 
stattlich,  kleiden  sich  ein&ch  und  kennen  keine  weltliche 
Ptaeht^*  Das  gemeinsame  Stichwort  iiwt  atter  Beformbestre- 
bongen  in  der  Kirche  in  der  zweiten  Httlfte  des  Mittolaltm: 
das  Zurückgehen  auf  die  Zustände  der  ersten  Christengemeinde 
zu  Jerusalem,  kennen  auch  die  Täufer  (wie  sie  sich  nennen) 
(los  16.  Jahrhunderts,   ^lan  sah  sie^  njicli  dem  Beispn  1  c  der 
tlungcr  Christi,  verkaufen,  was  sie  hatten,  und  den  Erlös  zu 
den  Füssen  ihrer  Lehrer  legen;  man  hörte,  wie  sie  standhaft 
alle  Marter  und  Pein,  selbst  den  Tod,  für  ihre  Lehre  ertrugen. 
Die  sahireichen  PMcesse  gegen  die  Wiedertttufer  legen  laut 
Zengnise  dayon  ab,  dass  ihre  Btandhaftigk^t  den  nachhaltig- 
stsn  Eiadnick  auf  die  Zeitgenossen  machte  und  das  ,Blat  der 
Mirtyrer'  der  Same  war,  ans  dem  sich  die  Wiedertaufe  fort- 
pflanzte. Wie  viele  wurden  erst,  nachdem  sie  Zeugen  des  Todes 
dieser  Leute  gewesen,  für  ihren  Olaiiben  gewunnen.    Ks  war 
nicht  ohne  Grund,  wenn  in  Tirol  ein  und  das  andere  Mal  der 
Vorschlag   gemacht  wurde,   die  Hinrichtungen  insgeheim  zu 
ToUziehen.    Nie  ist  ein  Huterischer  Bruder,  sagt  der  Vogt, 
der  1573  Mathes  Binder  verhörte,  im  WUrtemberger  Lande 
▼on  seinem  Glauben  gewichen.  Und  Binder  selbst  schreibt  an 
die  Gemeinde:  Jedermann  im  Volke  ist  ans  geneigt,  selbst  der 
Vogt  und  die  SeineA.  Dem  Veit  UhrmiMiher  sagt  der  Pfleger: 
fWenn's  blos  an  ihm  wäre,  er  wollt'  ihn  lieber  ziehen  lassen/ 
,Wie  er  Abschied  von  uns  nahm,  gingen  ihm  die  Augen  über, 
Frau  und  Köchin  schluchzten.'    Der  Scherge  des  Hans  Uhr- 

'  Luther  lebrfe:  Di»  Taufe  ohne  den  aiaabea  iit  sia  Uomm  «irkungslosefi 
Zeidien.  Wie  woiil  aber  der  Glaabe  mSglicli  eein  im  Sftngling?  Mit 
Habmaier  ttimmte  Zwingli  lange  Z^t  ftberein,  bis  ancb  er  nch  wieder 
waltet  die  Flügel  der  aHen  Kiiehe  flfieblete  u.  e.  w. 

*  ,Von  der  WiederlKnfer  veifliicliteni  Uiepfong*,  Mm.  II. 


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224 


maclier  (im  (ii  1  n  tr  des  Bischofs  von  Speier)  weigerte  sich,  den 
rjrfancfpnen  zu  biiuien:  ,cr  wolle  niclit  scluildij;  sein  am  Oe- 
laii^iuss  (k'S  Frommen.  HMtt'  ich  «xewusst,  man  werde  sie  hin 
den,  so  wollt'  icl»  sie  pnvarnt  haben'.  Der  Schulthciss  selbst 
war  penöthi<rt,  Sfhrr<;en<l!(  nste  zu  thun.  Als  er  einige  Wf>ehen 
darauf  starb,  sah  der  grineine  Mann  hierin  eine  Strafe  des 
Himmels.  Wenn  man,  sa^  «rar  Hosins,  die  Wahrheit  einer 
Religion  nach  der  Bereitwilligkeit  und  Freudigkeit  bcurtheilon 
sollte,  die  ihre  Anhänger  im  Leiden  zeigen,  so  könne  die  Mei- 
nung keiner  Sccte  wahrer  und  zuverlässiger  sein. 

Dieser  tugendhafte  Wandel  der  WiedertAnfer  wurde  frei- 
iick  Ton  ihren  Gegnern  &kr  eitlen  Schein  und  Heuchelei  ge- 
nommen, wie  man  ihnen,  denen  es  gnmdslUzlich  verboten  ist, 
das  Schwert  sn  fklbren/  auch  fortwtthrend  und  noeh  sechs  bis 
acht  .Tahrzehnte  nach  den  Ereignissen  von  Münster  Absichten 
auf  Empörung  und  Umsturz  der  bestehenden  VerhAltnisse  unter- 
schob. So  schreibt  Frana  Agricola  in  seinem  ^ETangeliscben 
Proeess  Uber  die  Wiedertäufer':  Unter  allen  jetat  sdiwebenden 
unterscheidlichen  Secten  (deren  Uber  anderäialb  hundert,  ob 
sie  sich  gleich  alle  des  heil.  EyangeUi  und  einer  wahren  Re- 
formation mit  Tollem  Munde  anmassen)  ist  keine,  so,  ,äiisser- 
lichem'  Schein  nach,  einen  ungezogeneren,  besseren,  gottselige- 
ren Wandel  fühirt  als  die  Wiedertiufer  oder,  wie  sie  sich 
nennen,  die  Täufer,  denn  während  sich  die  anderen  Secten, 
Yorab  die  Lutherischen,  Zwinglischen  und  CalTinisohen,  in  auf- 
rUbrerisch,  blutdürstig  und  alleriei  weltliche  und  fleischliche 
WoUUste  eingelassen,  sind  die  Wiedertäufer,  soviel  den  äusser- 
lichen  und  öffentlichen  Wandel  betrifft,  eines  gar  eingezogenen, 
ehrbarlichen  Lebens,  an  welchen  kein  Lügen,  Trügen,  Schwö- 
ren, Hadem,  Zanken,  kein  Fressen,  Saufen,  keine  Hoffart, 
sondern  Demuth,  Oeduld,  Treue,  Sanftmüthigkeit,  Wahrheit, 
Leibeskasteiung,  Massigkeit  und  allerlei  Aufrichtigkeit  gespürt 
und  vernümmen  wird,  also  dass  man  meinen  sollt',  sie  hätten 
den  heil.  Geist  Gottes,  wie  sie  sich  denn  auch  rühmen,  gewiss- 
lich  und  ohne  Zweifel.  Daher  auch  Viele  ihnen  vor  anderen 
Secten  insonderheit  geneigt  sind,  dass  sie  sich  zu  ihrer  Rotte 
oder  christlichen  Bruderschaft  begeben  und  meinen,  dass  sie 

*  We«halb  »ie  steta  ge^n  eine  ZtiBammenwerfung  mit  den  Mttiislariiehcm 
Wiedertftafem  in  lebhafter  Weise  Einepmeh  erhoben. 


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225 


ntminehr  den  rechten  Weg  ^eingeschlagen  und  ihrer  Seligkeil 
allermassun  versichert  sein  sollen.  Daher  sie  den  Tod  zu  er- 
leiden keine  Schon  tragen,  ja  sich  mit  Freuden  braten,  bren- 
nen, sieden  nntl  wiugen  lassen.  .  . 

Dieser  Ansicht  huldigte  nicht  blos  der  gemeine  Mann, 
sondern  auch  viele  hochgebildete  Leute:  , Heute/  sagt  Schweok' 
teld,  der  freilich  der  Hinneigung  zu  den  Wiedertäufern  ver- 
dächtigt wurde,  ,Bieht  man  alle  die,  so  ein  gottseligeB  Leben 
fklbren,  ab  Wiedertäufer  an.'  * 

Jji  ihrer  Lehre  entfernten  sich  die  mährischen  Tauf- 
gesinuteti,  die  cu  ihren  Gesinnungsgenossen  in  Norddentschland 
keine  nachweisbaren  engen  I^cziehungen  unterhielten,  wie  sie 
sich  —  die  Huterischen  —  allein  fllr  das  auserwählte  Volk  und 
Mahren  für  das  auserwählto  Land  (iottes  hielten,  nur  in  einem 
einzigen  Punkte  von  den  Doctrinen  ihres  Apostels  Balthasar 
Ilubmaier.  Seine  Schriften  von  der  christlichen  Taufe,  vom 
Nachtmahl  Christi,  der  brüderlichen  Straf,  dem  christlichen 
Bann,  vom  fieien  Willen  und  vom  Schwert  liegen  allen  späte- 
ren dogmatischen  Schriften  der  Lehrer  der  mährischen  Wieder- 
täufer entweder  unmittelhar  oder  mittelhar  zu  Grunde. 

Eine  wirkliehe  Fortbildung  hat  die  Wiedertäuferlehre  nur 
durch  die  conimunistischcn  Lebensformen  der  Gemeiiule,  der 
sogenannten  , Gemeinschaft',  erhalten.  Sie  steht  bereits  in  dem 
Lohrixebäudc  des  mährischen  AnabaptismuSj  das  Peter  Kiede- 
ni.inri,  der  ,grosse^  Peter,  unter  dem  Titel  ,Kechenscliaft  unserr 
Keligion  Leer  und  glaubens  von  denn  Brtledern  so  man  die 
Huctterischcn  nent'  abfasste,  und  das  1565  gedruckt  wurde, 
im  Mittelpunkt.' 


*  Folgt  die  Behauptung,  daa»  «Hei  das  nur  äiuMrer  Scliein  und  unter  allen 
Seelen  keine  echindlicher  und  abecheuUeher  aei.  Agricols,  Brtter  evan^ 
feltaeber  ProoeM  wider  allerlei  gimnaanie  Irrtfiflnier  der  Wiedertinfer. 
GBln  16B2. 

'  Salig  in,  989. 

•  Gedruckt  auf  ein  Neues  durch  Pliilipps  Vnllandt  1565  in  16".  Es  i»t 
aber  kein  Zweifel,  flass  rlio  Rechenschaft  schon  früher  (J.  v.  Beck  nioint 
[ft\v.T«  zu  früh  l.'il'Vi  nhp-pf:»«Ht  \vnrfh>  Dn  viele  Theile  mehr  oder  uiin- 
tier  mit  H iilnijai»  r's  l^«:"tir!»ystem  libcreiustiminen,  dieae»  im  2.  Thoilo  mei- 
ner Monf'^iapliio  ,B<>l*ha.sar  Hubmaier*,  Rrfinn  189.*^,  nnffflhrlich  dar- 
gestellt ist,  so  möge  hier  nur  eine  kurzo  Inhaltanugabe  der  Hiu  henschaft, 
die  mir  in  einer  Copie  J.  v.  Beck's  vorliegt,  genttgeu:  Volgen  erstlich 
die  12  Hauptstade  der  bekantnna  des  glanbene.  Waa  die  KiTcihen  iei. 

ivcUr.  LXXU.  114.  I.  HIUI«.  16 


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226 

Die  Kcchenschaft  Riedcmann's  scbliesst  sich  enge  an  die 
^L'liriflen  Hubmaicr'e  an.  Die  J^cliren  vom  Glauben^  der  Gnade 
und  Busse,  rlem  Testamente  des  Hernie  der  Taufe  nnd  dem 
Abendmahl,  der  Gemeinschait  der  UeiligeDi  der  Ehe,  der  Uhng* 
keit  und  den  Verpflichtangen  gegen  dieee,  von  den  guten  Wer^ 
ken  und  der  Ordnung  des  Lebens  stimmen  im  Weaentlicheo 
mit  denen  Hubmaier'B  überein.  Selbst  in  der  Lehre  von  der 
Gemeinsehaft  steht  er  in  gewissem  l^nne  auf  dessen  Schal« 
tem.'  Bevor  wir  indess  die  Lehre  ^yon  der  Gemeinschaft* 
ausführlicher  darstellen,  mOgen  noch  einige  Worte  Aber  den 
^Unterscheid  der  Aemter^  und  die  ^apostoHsche  Mission'  an- 
gefügt werden. 

Die  Grandzüge  der  VerfiMung  der  Wiedertlnfer  sind  im 
Capitel  vom  ^Unterscheid  der  Aemter'  in  Biedemum's  »Rechen- 
Schaft'  enthalten.  Bei  der  Beeetsnng  der  einseinen  Aemter 
gehen  sie  nach  dem  Beispiele  der  Apostel  in  der  ersten  Zeit 
der  Kirche  vor:  ,Nicht  sie  selbst  besetsen  das  Amt,  sondern 
Gott/  der  in  inbrünstigem  Gebete  angerufen  wird  und  seinen 
Willen  durch  das  Loos  kundgibt,  das  über  die  Würdigsten  ge- 
worfen wird.  ,Wenn  die  Gemein  einen  oder  mehrere  Diener 
nothwendig  hat,  so  soll  sie  nit  nach  ihrem  eigenen  Gefallen 
wälilen,   sondern  auf  den  Herrn  warten,   was  der  anzeigt.' 

GeineinsohalVt  (Ut  lieiiigeii.  Verge1>iiii(r  dt-r  SflTHlfn  Anf«'r«t('lnmtr  f^P" 
Fleische«.  Ein  ewiges  Leben.  Was  der  (il.tnbyri  sev.  \  <in  di  r  Lwre. 
Ordnung  der  Leere  .  .  .  Wa«  die  SUnde  »uy.  Von  der  Erbsünde.  Wie 
weit  Erbettnde  aeliade.  Von  der  Reue.  Von  der  Boaie.  Tom  Tecla- 
ment  Gottes.  Vom  Kindertanft,  Von  der  ErwBlnng  der  Diener.  Untere 
scheid  der  Aembter.  Vom  Abendnial  CÜiristi.  (jemeinAcbaft  der  Gfletter 
(s.  das  Folgende).  Von  der  AbsUndernng.  Vom  Pfaffen  und  warum  wir 
nicht«  mit  ümrn  r.n  sdiaffen  haben  (Sie  erfüllen  das  Amt  nicht,  zu  dem 
sie  bt  rul'en  »iu<l.  Sic  haben  den  Geist  nicht.  Ihre  Werke  sind  Trunken- 
liuii  und  Geiz,  Hoffart  und  Unzucht.  Den  i>ieui»t  vorrichten  sie  ,bucli- 
stnbisch';  nicht  dem  Geiste  nach,  der  lebendig  macht).  Von  der  Ehe 
(s.  unten).  Von  der  Obrigkeit.  Von  den  Kriegen.  Von  der  Stener.  Vom 
BcbwertemiAchen  (s.  anten).  Vom  Kl&idermachen  (s.  nnten).  Vom  8diw0> 
ren.  Von  Gmss  und  Gebet.  Vom  Fasten.  Vom  Feyem.  Von  Krämern 
und  Wirt  (s  untt  n).  Vom  Zutrinken.  Von  der  Kinderxncht.  Vom  Bann. 
Vom  ganzen  Tracht,  Wiindel,  Schmuck  und  (Jezier  der  Cbriateu.  Wie 
Gott  aeiu  Volk  orwält  hat.  Wie  dtu»  üauz  de«  Herrn  erbeut  werden  solle. 
Vom  Gnadenbnad  in  Christo.  Vom  Abendanl  ChristL  Vom  Sdiwtfren. 
Von  der  Obrigkeit.  Die  leCsten  seeha  Capitel  tliid  ein  NaehtMig. 
>  3r  unten  S.  896. 


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327 


^«ch  enutüchem  Anhalten  werden  die  tauglichen  füi^estdlt. 
Sind  ihrer  riele^  so  warten  wir,  welchen  uns  der  Herr  durchs 

Loos  anzeigt.  Ist  aber  nur  einer,  so  nelimen  wir  ihn  in  der 
Furcht  Gottes  als  eine  Gab'  und  Schenkung  von  ihm  an.  Ihm 
wird  das  Amt  vor  der  ganzen  Gemeinde  durch  Auflegung  der  • 
liä.ude  bestätigt.  Es  wird  aber  keiner  im  Amte  bestätigt,  er 
sei  denn  vor  Gott  bewährt  und  der  Gemein  offenbar  und  habe 
flas  Zeugnis«  eham  „berühmten"  Lebens  und  Wandek^  auf 
d«8S  er  dem  Lttaterer  nit  in  die  Strick'  falle.' 

Auch  in  Besag  auf  die  Aemter  halten  ue  sich  an  den 
Qebraueh  der  alten  Künshe:^  ^aulus  sage,  dass  Qott  zuerst 
die  Apostel  in  der  Gemein  gesetzt  habe.  Das  sind  die,  welche 
von  Gott  und  seiner  Kirche  mit  dem  Befehl,  das  Evangelium 
zu  predigen,  ausgesendet  werden.  Darnach  sind  die  Hischöfe 
luid  Hirten  glciehen  Amts  mit  den  Aposteln,  nur  datw  sie  an 
einem  Orte  bleiben  und  die  Gemeinde  Christi  weiden/ 

,Darnach  sind  die  Helfer,  die  neben  den  Hirten  dienen^ 
das  Volk  zu  vermahnen,  an  der  empfiuigenen  Lehre  festzu- 
halten.' Die  genannten  Diener  werden  zumeist  als  ,Diencr  des 
Wortes'  beaeichnet.  ^Darnach  sind  die  Begierer,  die  das  Haus 
oder  die  Gemein  ordnen,  jedem  den  zustehenden  Fiats  an> 
weiaen,  auf  dass  die  Gemem  yersorgt  werde,  und  heissen  sonst 
Diener  der  Nothdurft.* 

,Zuletzt  bind  die  Aeltesten,  die  man  allenthalben  zu  aller- 
lei Nothdurft  der  Kirche  brauchet  und  die  mit  allen  Dienern 
luit  Flciss  auf  den  Nutzen  der  Kirche  sehen,  deren  Wohlstand 
zu  fcirdern  suchen  und  also  den  Dienern  die  Bui'de  tragen 
helfen,  auf  dass  man  nicht  die  ganse  Gemein  mit  einem  ita- 
lichen Handel  beschweren  dtlrfe/ 

Das  höchste  Ansehen  gemessen  Jene,  die  als  Glaubens- 
boten  au^gesandt  werden,  um  die  ,Heidenkinder'  der  ,Gemeindo 
des  Herrn'  snzufhhren:  ,In  disem  1584  Jar  hat  die  gemain 
7  evangelische  Brfleder  in  die  Landt  ausgeschickt,  auf  dass 
die  Völker  wohl  durchsuclit  werden*/  die  sieben  ziehen  in  die 
Schweiz,  nach  Wllrtemberg,  an  den  Khein,  nach  Baiern, 
Schlesien,  Tirol  und  in  die  SlovakeL  Mit  Stolz  bekennen  sie 


*  Auf  alle  disM  Fwekte  weist  tclion  J.  t.  Bsck,  QMchiolitBbfidisr,  8.  XVI 
«nd  X7II,  hin,  ei  acbeiat  aha  doch  Ton  Belang  m  sein,  ^e  Quelle 
selbit  ansoIHbren,  aus  4er  J.  t.  Beck  geechOpft  bat. 

Xb* 


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228 


sich  vor  dvn  i  Scriclitsluitcii  als  Ap  'sicl.  Haus  ArbaiUjr,  li^>^» 
zu  Kircliw(  iK>r  im  Bi^^tllUl^  Spei»  i-  i:rt';i!i<:]^en,  antwortet  nitf  die 
Frage,  ob  er  ein  Apostel  sei:  Jn,  dies  Amt  sei  ihm  von  (iott 
in  seiner  (Icmcinde  befohh'n  worden,  aiieh  Andern  den  Wv^x 
'des  Heils  zu  zeigen.*  ,Wir  ziehen/  sagt  (Jlaus  Felbingcr,  .nicht 
allein  in  dieses  Land,  sondern  in  alle  Länder,  soweit  unsere 
Sprache  reichen  mag.  Wo  Gott  ans  eine  Thtlr  auflha^  eifrige 
Herzen  zeigt,  da  ziehen  wir  hin.  Und  dazu  haben  wir  gött- 
liche Ursach:  Himmel  und  Erde  ist  des  Herrn,  dazu  alle  Men- 
schen. Wir  haben  uns  ganz  Gott  ergeben  und  «u^eopfert^ 
wohin  er  nus  schickt,  dahin  asiehen  wir,  nnangesehen,  was  wir 
daranter  leiden  mttssen.'  Sie  gehen  ireadig  in  den  Tod,  den 
sie,  wie  die  amtlichen  Aufzeichnungen  melden,  förmlich  mü 
Sehnsucht  erwarten.  Sie  sind  hochbeglückt  aas  Mar^nriom  au 
gelangen:  ^Ihr  Beispiel  werde  Andere  nachriehen/  Sie  treten 
mit  grosser  Sicherheit  auf:  ,Ich  kann's  nit  lassen,'  sagt  Hans 
Mandl,  ,das8  ich  nit  sollt*  reden,  was  mir  Gott  geolfonbart' 

Den  Neubekehrten  Terkftndigen  sie,  was  ihrer  in  der 
Gemeinde  warte:  ,Man  soll  den  Leuten  nicht  von  der  Fidle 
guter  Tage  und  fnedHcher  Zeit  predigen.  Man  soll  sie  auf 
merksam  machen,  dass  sie  ihre  „Habe'  verlassen  müssen/* 
Unter  grossen  Feierlichkeiten  aiehen  die  Gkubensboten  in  die 
Fremde. 

Ueber  den  Aussug  der  Sendboten  belehrt  ans  ein  Bericht: 
,Wie  die  brttder  des  worts,  so  in  die  land  gezogen,  vor  der 
gemain  Urlaub  nemen.*  Er  ist  zwar  nur  in  einer  Handschrift 

des  17.  Jahrhunderts  überliefert,  es  ist  indess  kein  Zweifel, 
dass  derselbe  Vorgang  auch  schon  im  Iti.  Jahrhundert  geüht 
>vurde.  Der  Sendbote  tritt  vor  der  zu  diesem  Zwecke  ver- 
buiamelten  Gemeinde  auf:  ,Im  Käthe  des  Herrn  sei  beschlossen, 
einige  Genossen  in  fremde  Länder  zu  senden,  um  dem  Herrn 
eine  Gemeinde  zu  sammeln.  Auch  ihn,  den  liedner,  habe  man 
hiezu  bestimmt:  er  sei  zwar  in  Wahrheit  zu  diesem  Werke 
viel  zu  gering  und  ungeschickt,  denn  es  Viedürfe  grosser  Wet!?- 
heit,  die  Menschen  von  dem  breiten  Wege  auf  den  lunalen 
zu  bringen.  Wiewohl  es  ihm  mm  dem  Fleische  nach  liart  und 
sauer  ankomme,  so  begehre  er  doch  seinen  Gehorsam  zu  er- 


>  EbroDpreis,  OrdnitiigeD,  S.  Mit  den  BrQdeni,  so  in«  Land  nehon,  la 

reden. 


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2ü9 


weisen  und  hierin  der  Gemeinde  zu  dienen.   Gott  habe  ja  „oft 
dui'ch  schÜclite  und  einfache  Menschen  sein  Werk  getrieben^, 
und  80  sei  auch  er,  der  Sendbote,  der  üoffiiiiiig,  er  werde  ihm 
die  Gnade  Terleihen,  die  Herzen  der  Menschen  zu  erwecken. 
Wenn  es  dem  Bedner  gelingen  sollte,  zahlreiche  Genossen  für 
die  Gemeinde  za  werben,  wenn  also  die  Leute  Haus  und  Hof, 
Vater  und  Mutter,  Weib  und  Kind  verlassen,  um  zur  Ge- 
meinde zu  gelangen,  so  möge  man  diesen  durch  das  lebendige 
Beispiel  beweisen,  dass  das  Leben  der  Brüder  ihrer  Lehre 
völlig  entspricht.   Nehmet  denn  solche  Leute  mit  Freuden  auf, 
habt  (ieduld  mit  ilinen,  seid  bescheiden  und  gelassen;  lahret 
sie,  faÜB  sie  ihre  Arbeiten  nicht  sogleidi  versteheUi  nicht  hart 
an,  etwa  mit  den  Worten:  O  du  grober  Schweizer,  da  spitz- 
lindiger  RheinstrOmer,  du  zorniger  Hesse ;  seid  vielmehr  demüthig 
gegen  Jedermann  und  bedenkt,  wie  wohl  es  Euch  war,  wenn 
flidh  im  Anfang  Eures  lIIHrkens  Jemand  Euer  mit  Gutthat  und 
Freadigkeit  annahm.  Wie  würde  es  Euer  Gewissen  drücken, 
wenn  ■  etwa  Jemand  um  Eur^r  Grobheit  willen  ^  die  Gemeinde 
verlassen  würde.    Den  Fremdlingen  ist  ja  im  Anlange  Alles 
ungewohnt:   die  Sprache,  die  Arbeit,  selbst  das  £ssen  und 
Trinken.'    Der  Redner  richtet  hierauf  Ermahnungen   an  die 
Jugend,  den  Alten  zu  folgen,  von  ihnen  zu  lernen,  ,Ötraf  und 
Aiured^  mit  Dank  anzunehmen;  dann  folgen  Ermahnungen  an 
die  Alten,  sich  der  Kranken  und  Altersschwachen,  ,auch  der 
Aufgearbeiteten,  so  Eure  Hilf  bedürfen',  der  Witwen  und 
Waisen  anzunehmen.    Lasst  Euch  die  Aeltesten  als  unsere 
Väter  befohlen  sem,  ,yerd6nkt  es  ihnen  nicht  in  Speise  und 
Trank','  sondern  nehmet,  was  sie  zu  Euch  reden,  hoch  auf 


J)nH  fnine  Benehmen  der  Wiedertäufer  in  Mährea  bezeugen  selbst 
knUioiisi  he  Scliriftsteller. 

Darauf  wird  sieh  wohl  der  Vorwurf  Fiacher's  (aus  der  rustillo  Georg 
Sdiem^s)  btiielieii:  gebet  aber  uugluicb  tn  bei  dieser  Gemeintcbnft, 
80  das  tingleicbe  Scbllaseln  ecbitcbe  Brttder  nacben.  Ibre  Torstefaer 
werden  laiDint  ibren  Weibern  berrlicb  traktiert,  mit  Gesottenem  nnd 
Ctobcatsnem,  mit  Fieeben  nnd  Wildpret  nnd  edlem  nnd  kSsÜicbem  Oe* 
trftnb.  Anf  die  andern  gebOrt  Bnben  nnd  Kraut,  Geiste  nnd  Brei,  und 
Wesser  dazu.  Wollte  »ich  einer  gern  laben  mit  einem  Tmuko  'SVrin^, 
so  flSgt  der  Kellner;  Bruder,  komm'  nicht  oft,  kn  nzige  dein  Fleisili, 
wir  sind  tiiclit  liier  weg;eii  des  E'^sens  nnd  Trinkuns/  u.  s.  w.  Vfj!.  auch 
«Warum  die  Wiedertäufer  nicht  iui  Land  seiu  zu  leiden^  von  Ch.A.  Fischer, 
8.  »7. 


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230 


und  nclitct  Euch  darnach.  ,Lasst  Euch  das  Vertrauen  zu 
Euren  AelteBten  nicht  schwächen/  Der  Redner  bittet  schliess- 
lich, da  er  niclit  wisse,  ,was  Gott  mit  ihm  vorhabe',  die  Ge- 
meinde um  ihre  Fttrbttte  und  Nachsicht,  falls  er  Jemanden  ge- 
kränkt habe;  er  dankt  flir  die  liebe,  die  sie  ihm  Yon  Jng<end 
an  bewiesen,  nnd  nimmt  nan  von  Allen  Abschied,  ,weQ  ansers 
Verreisens  bald  geschehen  mfichte^ 

Hierauf  erbebt  sich  ein  Mitglied  der  Gemeinde  und  prsist 
die  Sendboten,  die  da  hinanssiehen  ,wie  die  Schafe  unter 
reissende  Wölfe',  als  Leute,  die  dem  Tod  sageeignet  sind,  ab 
ein  Spiegel  der  Welt,  die  sie  verachtet  und  verspottet,  Uber 
sie  die  Nase  rtlmpft  und  die  KOpfe  schtttteh,  der  sie  ein  ,Schabab 
und  Kehraus'  sind.  Ihrer  wartet  der  Thurm  und  die  Bande. 
Damit  ihr  Werk  einen  glacklichen  ,Fürgaug'  habe,  wollen  wir 
beten.  Und  wie  es  in  den  Zeiten  der  Apostel  Sitte  gewesen, 
dass  die  Gemeinde  sie  bis  vor  die  Thore  der  Stadt  begleitete, 
segnete  und  entliess,  so  thaten  es  auch  die  Wiedertäufer.* 

Kam  dann  einer  von  den  Sendboten  von  seiner  gefahr- 
vollen lu  isc  zurück,  so  wurde  er  empfun^Lü,  ,als  ob  er  der 
Herr  selber  wUre^  Ihre  Erfolge  wurden  gepriesen  und  nicht 
unterlassen,  andoron  Spsndboten,  namentlich  solchen,  die  im 
Kerker  schmachteien,  Bcrielite  zuzusenden. 

Auch  in  ihren  »Seiuibriefen  an  die  Gemeind*'  folgen  die 
GlHubeiisl)oten  dem  Beispiele  der  Apostel.  Die  Sendbriefe  sol- 
len die  (»emeinde  erHauen  und  zur  Nachfolge  aufmuntern.  Wie 
der  Ajxistel  Paulus  sieli  der  Leiden  und  Mühseligkeiten  rühmt, 
die  er  um  Christi  willen  ausgestanden,  so  rülnnt  Hans  Sehmidt 
sieh  der  gransamen  Marter,  die  er  im  Würteniberger  Lande 
erduldet,  und  fährt  dann  fort:  leli  batt'  auch  eine  grosse  Plag' 
mit  andern  Gefangenen,  bei  denen  ich  oftmals  liegen  muste. 
Zu  Schorndorf  lag  ich  bei  einem  Wildschützen  nnd  einem 
Forstknecht,  auch  bei  einem,  der  Hurerei  getrieben;  su  Stutt- 
gart lag  ich  im  Geflingniss  bei  VollBäafern,  Zänkern  und  Leu- 
ten, die  Schulden  halber  gefangen  waren.  Zu  Beichenberg  lag 
ich  bei  Landsknechten.  Da  mag  ein  Frommer  selbst  nrtheilen, 
was  Air  Kurzweil  ein  Gläubiger  mit  solchen  Leuten  hat  Was 
für  unntttae  Reden  sie  gegen  die  Gläubigen  treiben,  da  doch 

<  Der  ganse  Bericht  findet  sich  in  dem  Codex  Kilian  Waldi.  {O.  J.  X-f^l 
29)  sa  Qnn,  Fol.  1S6  ff.  Ansing  in  der  t.  Beck*aehen  8unmlnn|r« 


231 


der  Fromme  sein  Gebet  gern  besonders  tbäte,  ,auch  wie  sie 
oft  die  Speis'  theilen^  Die  Sendbricf'c,  Rechenschaften  und 
Lieder  der  bedeutenderen  Mitglieder  ihrer  Gemeinde,  eines 
Hüter,  Jeronyme  n.  A.,  waren  eine  reiche  Quelle,  aus  der  sie 
ihre  £rl»aiiung  schimpften.  Hans  Schmidt  (KaifEer)  bittet  aus 
seinen  Banden,  seine  Madien  (Magdalena)  m9ge  ihm  das 
3Ci^U'  ▼OD  Jeronyme  abschreiben  lassen  und  des  Jeronyme 
Rechenschaft^  die  im  ^gewissen  BUchP  ist.  In  einem  anderen 
Schreiben  bittet  er:  ^Schicke  mir  mein  weisses  Liederbuch, 
sonst  darfst  Du  mir  nichts  schicken/  In  einem  anrleren:  .Hebe 
mir  noch  meine  Bücher  auf,  bis  mir  Gott  eiuen  Ort  mueht. 
Wenn  Du  aber  hineinkommst,  so  schau^  dass  Du  sie  nidit 
Tiel  hin  und  her  ausleihest»  die  nämlich,  so  geschrieben  sind.' 


8.  Capitel. 
Bio  Lehre  wn  der  Osnalasehaft 

Die  jGemeinseliafV  spielt  in  den  Kämpfen  der  zahh'eiclien 
Secten  der  Taufgesinnten  gleich  vom  Anfang  an  eine  wichtige 
Rolle.   Von  dem  Standpunkte,  den  Hubmaier  einnahm,  bis  zu 
jenem,  den  Huter  festhielt,  und  der  strenge  genommen  den 
Skfttspankt  des  ganzen  Systems  der  Täufergemeinden  in  Mäh- 
ren im  16.  Jahrhunderte  bildete,  war  nur  ein  Schritt  In  den 
am  24.  Februar  1527  au  Schlaiten  am  Randen  vereinbarten 
sieben  Artikeln  wird  von  der  Taufe  und  dem  Bann,  vom  Bre- 
chen des  Brotes  und  der  Absonderung,  vom  Hirten  in  der 
üciuciuJe,  vom  Scfiwt  rt  und  vom  Eide,  nicht  aber  von  der 
Gemeinschaft  gebprocheii.  Von  dieser  vernehmen  wir  zuerst  in 
den  Streitigkeiten,  die  in  den  Jahren  1527  und  1528  in  Nikols- 
borg  ausbrachen.   Wie  es  scheint^  verfochten  jene  Gruppen, 
die  man  unter  dem  Namen  der  Stäb  1er  oder  Kieinhäuffler 
zusammenfesst^  die  behaupteten,  ,ein  Ohrist  kOnne  mit  gutem 
Gewissen  und  nach  dem  Wort  Gottes  kein  Schwert,  Waffen, 
noch  Krieg  fahren',  und  die  auch  dagegen  waren,  dass  ein 
Christ  in  der  Obrigkeit  sitze,  zuerst  den  Gkiindsata  der  /tc* 
meinschaff.  Wenigstens  nannte  man  die  Anhänger  Jakob  Wiede- 
mann's  und  Philipp  .Jager's  die  ,Genieinseliat'tler'.  , Haben/  htusst 
es  b  den  Geschichtsbüchern,  ,in  den  Häusern  hin  und  wieder 


232 


Versuminlung  griialten,  die  PiJ^ram,  Gäal  und  Fremdling  aus 
anderen  Ländern  aufgenommen,  die  lyGemeinscbait*^  ange- 
nommen/ ^ 

Auch  Gabriel  Ascherliam  liii  lt  die  ,Uememschafl*,  allein 
lilssig,  wie  Hans  Mflndl  lölJi  ijcriclitet.  Mit  besonderem  Eifer 
folgten  die  Tiroler  Tauigesinnteu  dieser  Lehre.  Hutcr  taufte 
gleich  zu  Anfang  seines  Wirkens  ,uni  Geld',  d.  h.  die  Getauf- 
ten hatten  einen  Geldbeitrag  zu  dem  gemeinen  8&ckel  zu  er- 
legen. Die  zahlreichen  Genossen,  die  er  nach  Mähren  »h- 
fertigte,  nahmen  ihr  Vermögen  mit^  um  es  in  die  yGckmeiii- 
Bchaft'  za  than.  Diese  bildete  den  PrUffitein,  an  dem  man 
erprobte^  wer  zum  Führer  geschaffen  sei,  und  rasch  nach  eiO'* 
ander  wurden  Rcublin  und  Schutzinger  von  ihrem  Hirten- 
amte  abgesetot:  Reublin  hatte,  der  Gemeinachalty  der  sich 
angelobt  hatte,  nneingedenk,  heimlich  Geld  verborgen,  um  es 
fUr  unvorhergesehene  Fälle  su  gebrauchen,'  bei  Schtttsinger 
,fand  man  Leilach,  Pfaidlen  und  anderen  Ueberflnas  nur  au 
viel',  darunter  4  Pfund  Bemer  Secheer  und  40  Oulden,  worüber 
Huter  und  die  Aeltesten  ,iast  erschrocken  sind',  weil  man  sol* 
ches  von  ihm,  der  die  Gemeinschaft  lehre,  nicht  habe  erwarten 
können.  Die  grosse  Reform,  die  Hüter  bei  den  midirischen 
Taufgesinnten  durchführte,  bestand  in  der  Aufrichtung  ,der  Ge- 
meinachafi^  Die  erste  Predigt,  die  er  Im  seiner  iweiten  An- 
kunft in  Milhren  hiel^  hatte  die  »wahre  Gemeinschaft  Gottes' 
zum  Thema.  Die  Genossen  bringen,  was  sie  an  Zeitlichem  be- 
sitzen: Geld,  Leinwand,  Betten,  Truhen  u.  s.  w.  Sie  kOnnen 
sieh  wohl  nicht  gleich  in  die  neue  Lage  schicken.  Jörg  Fässer*« 
Frau  hielt,  während  er  selbst  seinen  Besitz  an  die  Verordneten 
abgab,  ihr  Geld  und  etwas  von  dem  (lelde  der  Kinder  zurück. 
Dafür  wurde  sie  von  der  ganzen  Gemeinde  ,hüch  vermahnet 
und  bestraft*.  Huter  selbst  brachte  ,eine  kleine  Gabe  im  Zeit- 
liclien*  aus  Tirol  mit;  sie  diente  zur  Tilgung^  der  Scimid,  die 
man  in  den  Tagen  der  Notli  bei  der  Acbtis.^iii  von  Mariai>aal 
in  Hriiiin  mid  einigen  Anspitzer  Bürgern  aufgcnomnu'U  luitto.  In 
Tiiol,  wo  iiuter  eigene  , Haushaben*  nicht  errichten  konnte,  be- 
nützte er  die  vod  dt  n  ;^^ewonnenen  Glaubensgenossen  eingegan- 
genen Gelder  zur  Unterstützung  armer  Witwen  und  Waisen 


•  Gesell icUtjibUcher,  S.  72. 

*  ^Der  Anabaptuma«  in  Tirols  S.  49& 


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233 


otlei  anderer  armer  Brutler  uud  Schwesteni,  die  dessen  be- 
dürftig seien.* 

An  dieser  ,Gemeinschiift'  hielten  die  ,Huteri8chen*  unter 
allen  Verhältnissen  fest.  Sie  hatten  noch  in  den  Dreissiger* 
jähren  eine  Anzahl  von  .Haushaben^  gegründet,  in  denen  sie 
ifcunen  commnnistischen  Lehren  praktische  Gestaltung  verliehen. 
In  dem  grossen^  an  die  mtthrisohen  Herren  gesandten  Mani- 
feste vom  Jahre  1545  sagen  sie:  ^Dass  man  uns  in  der  |,Ge- 
meinschaft^  nicht  dulden  wiU^  davon  ist  die  eine  Ursach',  dass 
man  fUrchtet,  wir  könnten,  wenn  wir  ihrer  viel  beisammen 
wliren,  handeln  wie  die  MünHterischen,  was  niemals  unsere  Ab- 
sieht geweben;  die  andere,  weil  wir  in  der  Wahrheit  wandeln. 
Ks  kommt  ja  vor,  dass  Leute  leichter  Art  uns  zulaufen,  die 
dann  sagen,  wir  hätten  sie  um  das  Ihre  gebracht,  wiewohl  sie 
vielleicht  nicht  einmal  soviel  Zehrung  besassen,  dass  sie  in 
dieaes  Land  hätten  gelangen  können,  wenn  wir  ihnen  nicht  ge- 
holfen hätten.  Und  haben  Andere  das  Ihrige  gegeben,  so  haben 
aie  das  gethan  anr  Unterstlltsung  der  Witwen  und  Waisen/ 

Die  Anaahl  der  Schriften,  die  seitens  der  Wiedertäufer 
ausgi  gangen  sind,  um  ,die  Gemeinschaft'  g^'gcn  alle  Angriffe 
von  feindlicher  Seite  in  Schutz,  zu  nehmen,  ist  eine  sehr  be- 
ilcutende.  Es  wird  hier  genügen,  nur  die  wichtigeren  heraus- 
zuheben. 

Eine  ,kurze  Rede  von  der  w.nhren  Gemeinächaft'  ündet 
sieh  in  dem  Cod.  Michnaj  (p.  8L — 83).  Sie  rUhrt,  wie  eine 
Note  J.  V.  Beckes  sagt,  von  Eitelhans  Langen  man  tel  her  und 
enthält  eine  knappe  Vertheidigung  der  ,Genuiin8chaft,  die  wir 
in  geistlichen  und  seitlichen  Gtttem  beweisen  thun'.'  Man 
sage,  ,08  sei  nit  ein  Gebot,  dass  man  die  Güter  in  gemein 
haben  sollt',  so  es  aber  in  Lieb'  und  frommen  Willen  geschehe, 
sei  es  wühl  recht.  »Sonst  aln  r  nia^  ein  jeder  es  ins  gemein 
freben  oder  behalten:  er  wud  doch  von  der  rechten  Gemein- 
schalt  Christi  nicht  ausgeschlossen  seiu^  Das  höchste  Gebot 


*  ,Der  Aimbaptiamtis  in  Tirol%  S.  669  and  683. 

*  Ueber  Eitel  Hans  (EitelhanK)  LmigMISMtitel  s.  v.  Beck,  GeHchiohts* 

bUcher,  8.  3.'».  Ati»  einer  reichen  AngHbui^or  Familie  sUmmend,  litt  er 
filr  seine  U»'lM'r/«'titriing  den  Märtyrertod  (ir)Jl>).  Ol)  er  der  VorfaHser 
der  obigen  Lehren  von  der  G«me!nscliaft  i^t,  niüehte  icli  nicht  so  fest 
wie  V.  Beck  behaupten.  Diese  iiicbrü't  scheint  einer  jttngereu  Zeit  atizu- 
gebdreu. 


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234 


Gottes  ist  die  Liebe:  ,Liebe  Gott  ttber  Alles  und  deinen  Näch- 
sten wie  dich  selbst.*  In  der  Gemeinschaft  der  zeitlichen  Güter 
wird  diese  Liebe  erkannt.  Niemand  soll  SAgen:  Mein,  mein. 
Es  ist  auch  des  Bruders.  Wer  wird  wohl  seinem  Bruder  die 
höheren,  geistigen,  zukünftigen  Güter  geben,  wenn  er  sieh  bei 
den  zeitlichen  weigert?  Nur  wer  die  ^Gemeinschaft^  h&lt,  ist 
in  Clii  isto,  wer  sie  nicht  hält,  ausser  ihm  und  seiner  Gemein- 
schaft.^ Wollt  aber  jemand  sagen,  weil  man  dann  alle  Dinge 
gemein  haben  soll,  so  mnss  man  aach  die  Weiber  gemein 
haben;  so  sag*  ich  nit  also,  sondern  was  GUHt  ansammen  ge* 
ordnet  hat,  das  soU  der  Mensch  nit  Andern.  Dies  aber  ist  die 
rechte  Gemeinschaft;,  dass  Keinem  abgeschlagen  werde,  was 
ihm  Noth  thut:  ein  Weib  für  sieh  an  nehmen  allein,  es  ge- 
schehe in  dem  Herrn.  So  soll  auch  in  leiiliehen  Gutem  einem 
Jeden  zugetheilt  werden,  was  ihm  Noth  thnt  ,Solche  Gemein- 
schaft, wo  der  Eine  reich  ist  nnd  viele  Güter  hat,  der  Andere 
arm  nnd  Mangel  leidet,  gehört  nit  Christo  an/  ,Wolle  Jemand 
einwenden,  es  sei  anch  im  alten  Bnnde  gewesen,  dass  man 
Gott  lieben  solltf  und  den  Nächsten  wie  sich  selbst,  und  doch 
habe  es  vor  Z^ten  anch  reiche  und  aarme  Fromme  gegeben, 
so  ist  zu  sagen,  wenn  das  Recht  wäre,  hätte  Christas  nicht  zu 
koiniiu  n  brauchen,  um  ein  besseres  anzurichten.'  ,Dnrch  den 
licil.  (leitet  ist  diese  GemeinschalL  anji^erichtct  worden:  die  From- 
men wurden  so  eines  Herzens  und  Sinnes,  dass  von  seinen 
Gutern  Nieniim<l  iiielir  sprach.* 

Eine  Schrift  Uber  die  (lomeinseluift  seliricb  Ulrich  Stad- 
ler. Im  Anh.nnsr  K})rielit  er  von  /  >r(lnungen  der  Heiligen  in 
ihrer  Gemein&chalt  und  in  ihrem  Leben*,  wie  sie  mit  den 
Gutern  ihres  V^t^  rs  allhier  verfahren  sollen.  Alle  Jene,  die 
wahrhaftig  glauben  und  in  Christo  ^iiu/.  ergeben  sind,  haben 
alle  Gaben  und  (iiiter  Gottes  jremein.  Diese  (liUer  den  Kin- 
dern  Gottes  auszutheilen,  ist  eine  Gnade  des  Höchsten.  Nicht 
Jeder  besitzt  sie;  der  sie  nicht  hat,  der  möge  wenigstens  nichts 
von  seiner  Habe  Verbergen  und  verleugnen,  sondern  dem  Dürfti- 
gen mittheilen  und  die  Diener  des  Herrn  davon  nehmen  lassen. 
Die  Diener  der  Nothdurft  haben  die  Aufgabe,  darauf  zu  sehen, 
dass  nicht  der  Eine  Ueberfluss  habe  und  der  Andere  Mangel 


>  Dann  folgt  du  BeiapSel  von  Aoaniu  und  Saphiin  mit  weitlftnägen  E^ 
klirunfen,  die  ntdbta  Neues  bieten. 


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235 


leide,  sie  soUen  Einkttnfe  imd  Verkäufe  der  Gemeinde  beeor- 
gen.  Die  Kinder  Gottes  sollen  dienen  und  arbeiten,  nicht  ihren, 
sondern  den  gemeinen  Nutzen  suchen.  Die  BrUder  sollen  mit 

einander  nicht  hantiren  und  nicht  kaufen  und  verkaufen  wie 

die  Heiden.  Man  sage  zwar,  um  des  Zankes  und  Murrens 
willens  sei  es  besser,  dass  Jeder  ftlr  sich  selbst  sorge,  das  tluin 
aber  nur  die  Leute,  die  ihrem  1'  Irisch  nicht  abi^estorben  sind 
und  ihre  Lust  und  Begierde  nicht  zKhmen.  Mau  wende  auch 
ein,  die  Kinder  Gottes  könnten  nicht  alle  an  einera  Orte  woh- 
nen, nicht  alle  in  einem  Lande  sein ;  das  sei  wohl  richtig,  aber 
wer  die  Gefahr  liebt,  kommt  darin  um;  danim  ist  es  besser, 
nur  mit  den  Ileihiron  Gottes  zu  leben;  wenn  mau  sage,  zu  den 
Zeiten  der  Apostel  seien  nicht  alle  Dinge  gemoin^sam  gewesen, 
so  sei  zu  erwidern:  ,Dama]s  habe  man  die  (il;iubigen  bei  ihrem 
Besitz  gelassen,  jetzt  haben  sie  ira  ganzen  römischen  Keich  kei- 
nen Platz:  die  römische  Kirche  speiet  alle  Kinder  Gottes  nur 
aus  und  treibt  sie  in  die  Wüste  hinaus.  Da  müssen  die  Aus- 
erwählten  die  Wahrheit  bekennen,  und  diese  lautet:  Wir  ge- 
hören uns  selbst  nicht  an,  haben  auch  in  Wahrheit  nichts  Eigc> 
nes,  sondern  alle  Gaben  Gtottes,  sie  seien  zeitlich  oder  geistlich, 
sind  gemein  und  müssen  nach  Zeit,  Ort  und  Gelegenheit  den 
Kindern  Gottes  zum  Outen  gelenkt  werden.  Im  Hause  des 
Herrn  gebe  es  kein  Mein,  Dein  und  Sein.  Gleiche  Liebe 
herrsche,  gleich  sei  die  Sorge  und  gleich  die  Austheilung  der 
Guter.  Und  Jene,  die  gläubig  werden  und  trotsdem  bei  ihren 
Häusern  verbleiben,  die  sollen  nur  ^treue  Wirthe  und  Ausspen« 
der''  sein/^  Stadler  nimmt  somit  nicht  den  strengen  Stande 
pnnkt  ein,  wie  ihn  die  Huterischen  verfechten. 

Der  Gemeinschaft  der  Güter  hat  Peter  Riedemann'  in 
seinem  grossen  Lehrgebäude  ein  eigenes  Capitd  gewidmet:* 
,Dieweil  alle  Heiligen  in  heiligen  Dingen  Gemeinschaft  haben, 
wie  denn  auch  Christus  ftlr  sich  selbst  nichts,  sondern  Alles 
für  uns  besessen,  so  sollen  auch  alle  Glieder  seines  Leibes 
in  seitlichen  Dingen  nichts  flir  sich  haben.  Gott  hat  dem  Men- 


'  Stadler,  Yon  wahter  Geneinaeball  der  Heiligen,  Ood.  Jüdmaj,  291—298, 
vm  f.  S9/86,  I  K.  8  f.  18b  Copie  in  d«r  T.  B«ak*Msben  Sunmlan^. 

"  Ueber  Peter  Riedemano  ».  J.  v.  Beck,  Geschicltt^hücher,  S.  207, 

'  ,Rechen8chafft  nnserr  Regilion  (sie),  Leer  und  glauben  von  den  Briedern 

so  mann  die  huettrischen  nent  auBgangen  durch  Peter  Riedemann.*  Copie 

in  der  v.  Beck'scben  Sammlung  (329  Seiten.  4**). 


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236 


sehen  nichts  Eigenes  verordnet.  Wer  für  sich  sammelt,  handelt 
gegen  Qottes  Satzungen.  So  kann  auch  der  sterbende  Mensch 
von  seinem  Eigenthum  nichts  mit  sich  nehmen^  und  ChriatuB 
heiBSt  zeitliches  Gut  fremdes.  Niemand  müge  sein  Uens  an 
solches  hftngen.  Die  „Gemeinschaft"  blühte  in  den  Tagen  der 
Apostel:  Niemand  sagte  damals  von  seinen  Qtitern^  das8  sie 
sein  wären.  So  soll  es  auch  jetzt  sein.  Ni<3mand  suche  seinen, 
sondern  den  Nutsen  des  Andern.'  In  Riedemann's  Lehrgebäude 
nimmt  die  Lehre  von  der  Gemeinschaft  keinen  breiten  Raum 
ein;  er  stellt  den  Zustand  der  alten  Kirche  als  Muster  hin:  eo 
möge  man  auch  jetzt  veriahren.  Das  ^LehrgebKude'  lehnt  eich 
mitunter  in  wor^etreuer  Uebereinstimmnng  an  die  Ijehrsllae 
Hubmaier^B  an.  Riedemann  hat  es  geschrieben,  nm  den  Vor- 
würfen der  von  Qegnem  veriietiten  Obrigkeit,  als  seien  sie 
Kottirer  und  Sectirer,  von  vornherein  die  Spitse  abmbreehen. 
Weiter  als  Hnbmaier  geht  Riedemann  selten;  wenn  man  seine 
AusfUhrangen  liest,  meint  man  mitten  im  Kampfe  Hnbmaier's 
gegen  seinen  grossen  Gegner  Zwingli  su  stehen.^ 

Wie  in  den  Tagen  Huter's  galt  es  anoh  spiyter  als  Sflnde^ 
selbst  geringfügige  Dinge  als  Eigenthum  zu  besitsen.  Hans 
Schmidt,  zum  Tode  verurtheilt,  schickt  seiner  Magdalena  sei- 
nen ,( )hrlötl'el'  zum  Andenken,  in  der  VorüU.ssctzun<j:;,  dass  die 
Hriider  nichts  dawider  haben.  Derselbe  Hans  Schmidt  stirbt 
fiu  <lii  Lehre  von  der  Gemeinschaft.  ,Sie  ist  ihm  der  höchste 
Scli.it/,  das  Schönste  auf  Erden,  dessen  beraubt  zu  sein  das 
grussLe  Un«:lUck  ist.**  In  ihr  hat  der  Kranke  den  Arzt,  der 
Schwache  seine  Lagerstatt,  der  Eifrige  seine  Predigt,  der 
Hungrige  Brot  und  der  Durstige  Trank.  So  lobt  Geien»- 
pUchler  (ir>6G)  seine  Ocnossen  vor  (iericht,  denn  sie  halten 
die  jGeraeinde',  wie  sie  es  iu  der  heil.  Schrift  und  vornehm- 
lich in  der  Apostei«<eschichte  befinden.  Und  Leonhard  Dax 
lehrt  (lüüT):  Wer  seine  eigenen  Güter  hat  und  missbraucht, 
mag  wohl  verdammt  werden,  wer  seine  Güter  nach  Gottes 
Gebote  freiwillig  austhcilty  wird  selig.  yWoüt  Ihr  vom  rechten 
Brauch  der  Güter  reden,  es  kann  ja  nicht  anders  geschehen, 
denn  nach  dem  apostolischen  Grunde  der  ereten  Kirclic.  Die 
rechte  Gemeinschaft  der  Heiligen  stellt  unter  dem  Volke  Gottes 

*  8.  oben  8.  286. 

*  Haas  Scboiidt»  Erl«tiiu«e  in  Wartomber^.  Oopie  in  d«r  v.  fieck'aeheii 


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S37 


ab  die  Bfindfaaften  Zeichen  der  Finanz  and  des  Betruges, 
Kalifen  und  Verksnfeni  Eigennutz  und  Geis,  Wncher  u.  s.  w., 
was  Alles  dem  vom  heil.  Oeist  in  der  Kirche  gelegten  Grunde 
von  der  Gemeinschaft  widerstrebt.  Warum  finden  sich  denn 
in  Eurer  Kirche,  so  redet  er  die  Andengläubigen  an,  so  viele 
Landstreicher  und  Bettler,  die  auf  den  Strsssen  und  vor  Euren 
Hftttsem  sich  heiser  schreien  nach  Afanosen?  Das  ist  kein 
Zeichen  der  wahren  Kirche.  Frei  bekenne  ich:  Wenn  Petrus, 
Paulus  oder  ein  Engel  vom  Himmel  kftme  und  lehrte  eine 
solche  Gemeinschaft  wie  Ihr  in  Eurer  caMnischen  Kirche,  so 
wäre  sie  meinem  Hersen  abscheulich.  Bei  uns  gibt  es  yerord* 
nete  MftDner,  die  das  Geld  und  Gut  aufheben,  um  der  Noth 
der  Gemeinde  zu  steuern.  Wenn  Ihr  8a<rt,  die  Apostel  lehren 
nicht,  dass  iii;ui  aüe  Güter  gemein  niaclitn  soll,  wie  es  unsere 
Kirciic  in  i\Iiiliren  zu  thun  pflegt^  so  antworte  ich,  dass  dies 
der  Gebrauch  in  der  alten  Kirche  gewesen.  Soll  das  jetzt  in 
der  letzten  Kirche  schlecht  sein? 

Peter  Walpot  stellt  alle  Stellen  zusammen,  die  von  der 
Gemeinschaft  handein;  diese  ist  ihm  dm  Höchste.  Wie  das 
Gold  im  Feuer,  so  wird  der  Mensch  in  ihr  bewährt.  ,(»ottes 
Wort  (von  der  (Temeinschaft)  wär'  nicht  schwer,  wcfn?  der 
Eigennutz  nicht  wär'.*  Mit  diesem  Vers  hat  er  freiiirli  die 
Sonde  an  die  Wunde  gelegt,  an  der  die  ,Gcmeia8cbaft'  krani{.te 
und  später  zu  Grunde  ging. 

Dass  die  alte  Kirche  nicht  blos  in  Jerusalem,  sondern 
auch  sonst  ,Gemein8chaft'  gehalten,  erweist  Zuckenhammer 
aus  einer  Anzahl  von  Stellen  älterer  Kirchenväter.  Gott  will  ' 
nicht,  drückt  dieser  Wiedertäufer  sich  derb  aus,  dass  seine 
Kinder  in  der  Zeitlichkeit  leben  wie  das  Vieh,  etwa  wie  die 
Hunde,  die  gar  kein  Genüge  finden  und  den  Trog  aUein  bo- 
sitsen  wollen.  Gemeinschaft  heisse  nichts  Anderes,  als  aus  Liebe 
sum  Nächsten  Alles  gemein  haben;  Jeder  legt,  was  er  hat»  in 
die  Gemeinschaft  zu  gidchem  Nutzen  nieder;  da  erst  theilen 
Alle  Alles  mit  einander:  Leid  und  Freud.  Nur  bei  den  Heiden 
hat  ein  Jeder  sein  eigenes  Geseta,  sein  Haus,  seinen  Acker^ 
seine  Kfid&e,  seinen  Keller  und  seinen  eigenen  Tiscb.  Mein 
and  Dein  sind  die  Ursache  aller  Kriege  gewesen  und  sind  es 
noch  heute.  Beide  sind  zunächst  dem  Geiz  verwandt. 

Eigener  Will'  und  Eigennutz,  lehrt  Ehrenpreis,  ist  ein. 
starker  Baum;  man  kann  ihn  so  leicht  nicht  entwurzeln.  Wie 


Üigiiizeu  by  <jOOgle 


238 


zur  Zeit  dor  Apostel,  so  ist  es  jetzt  bei  uns.'  Freilich  war 
man  /ur  Zeit  des  Eliren|)nis  von  der  Ihiterisclien  Streng^e 
schon  ahijckomincn.  8chon  war  es  erlaubt,  Leib-  und  Bett- 
gewaiid  sein  Ki^i^cn  zu  nennen. 

,Di('  ( leineinschaft.'  Iclirt  er  weiter,  ,ist  kein  Zwang  und 
Drang.  Man  Ix'sehuldi^^i  uns  unprerochterweise,  dass  wir  eine 
Gewalt,  Zwaufj  und  Dran^  daraus  machen,  Gemeinschaft  zu 
halten.  Wen  nicht  die  Liebe,  die  Erkcnntniss  und  der  Geist 
Gottes  dazu  zwingt,  der  mag's  bleiben  lassen.  Nur  die  der 
Geist  Gottes  treibt,  sind  Gottes,  die  anderen  sind  Kinder  der 
Welt.  In  der  Weit  ist  Alles  Lust  der  AugeD  und  des  Flei- 
sches, Kigenwille  und  Hoffart.  Der  Heiz  und  die  Begierde 
nach  dem  ewigen  Leben,  der  ewigen  Freude  und  Seligkeit^ 
zum  andern  die  Furcht  vor  der  ewigen  Straf  und  dem  Zorn 
Qottes  soll  uns  treiben  und  zwingen.  Den  Zweien  kann  Nie- 
mand  dienen:  Gott  und  dem  Mammon.' 

Wenn  man  gegen  die  Oemeinscliaft  vorbringe,  sie  sei  die 
grOsste  Ursache  xur  Uneinigkeit  und  Zertrennung  des  christ- 
lichen Friedens,  so  seien  das  nichts  als  Feigenbltttter,  am  seine 
eigenen  ungereimten  Beschönigungen  des  Eigennutses  zu  be- 
decken; das  sei  fast  so,  als  wenn  man  sage:  Mann  und  Weib 
sollen  nicht  heiraten,  denn  man  sehe  so  Viele  in  der  Ehe  nicht 
wohl  hausen. 

Zank  und  Streit  komme  wohl  in  der  Gemeinde  vor;  aber 
sei  CS  denn  nicht  auch  im  Leben  und  der  Lehre  der  Apostel 
ganz  ohne  Mühseligkeiten  abg'eganf]:on?  Habe  nicht  selbst  Chri- 
stus den  Apostel  Petrus  anfahren  müssen? 

Die  Gemeinde  ist  nichtsdestoweniger  das  Haus  des  leben- 
digen Gottes,  die  Säule  und  Grundfeste  der  Wahrheit.  Wenn 
der  Kine  oder  der  Andere  schwach  ist,  darum  ist  doch  nicht 
das  ganze  Volk  za  verwerfen?  Warum  treibt  Cliristns  so  hart 
darauf,  dass  man  den  Eigennutz  nicht  suchen  soll?  Warum 
wird  der  gemeine  Nutzen  geboten? 

Eigennutz 

Ist  ein  böser  Lutz. 
Eigen  will 

Brennt  in  der  Holl. 


Ebrenpraif  gebraucbt  «inen  filanimaa:  ^^at  es  tich  bei  uns.* 


üiyiiizea  by 


Hat  nicht  Christus  der  Herr  selbst  Qemeinschafl  gehalten? 
War  denn  nitht  Einer  allciii  der  Säckel meistery  Der  Gemeinde 
der  Apostel  fielen  Tausend^  zu,  sie  achteten  das  Z(Mtlichc  nicht 
?o  lioeli,  wie  es  heutzutage  n^eseliielit.  Aber  auch  nachher  galt 
es  viele  tausend  Liebhaber  Gottes,  Manns-  und  Weibspersonen, 
die  stattlich  Haus  and  Hof  und  ihren  eigenen  Willen  verliessen, 
mit  leeren  Hftnden  zur  Gemeinde  kamen  und  Gott  Zeit  ihres 
Lebens  dankten,  dass  er  ihnen  die  Wahrheit  su  erkennen  ge- 
geben« Die  hätten  nicht  den  Reichthnm  der  ganzen  Welt,  nicht 
Ehre  und  Gnnrt  dafiir  genommen. 

Wieviele  sind  da  herzugekommen,  Lehrer  nnd  Schüler, 
aus  mancherlei  Brüderschaften,  wie  z.  Ii.  die  Schweizer  Brü- 
der, deren  Lehrer  ihre  ,Völker'  zur  Gemeinschaft  herzuluhi  Ion 
und  diese  mitunter  durch  Feuer,  Wasser  und  Schwert  bekann- 
ten? ^   Wie  ist  CS  duch  mit  dem  Eigennutz  V  Warten  nicht  die 
Erben  auf  die  HinterJassenaehaft  wie  die  Würmer  auf  den 
Leiehnam?  Warum  sollte  man  so  am  zeithchen  Eigenthum 
hängen,  dass  man  ihn  nicht  um  Gottes  und  der  Glaubensge- 
nossen irillen  yerlassen  konnte?  Veriieren  wir  es  doch  immer 
durch  den  Tod,  oft  durch  den  Raub  der  Tyrannen  und  andere 
Mittel.   ,Damm  haben  ohne  Ruhm,  nur  wegen  Gottes  Ehre  zu 
melden,   sich  in  diesen  letzten,  allergefährliclisten  Zeiten  so 
viele  Helden  gefunden,  die,  in  der  Schrift  trefflich  erfahren, 
das  reeilte  Licht  angezündet  und  die  Walirheit  bezeugt  liaben: 
die  haben  die  rechte  Gemeinschaft  wider  alle  Pforten  der  HöUe 
nnd  alle  yerzagten  Herzen  bezeugt  und  wider  die  Zweifeisüch- 
tigen ihre  Haushaltungen  eingeführt/ 

Sehr  viel  beschäftigt  sich  d^r  Codex  ritualis,  der  noch 
dem  16.  Jahriinnderte  angehört  and  in  einer  Handschrift  von 
1699  in  der  Pressbnrger  Lyceumsbibliothek  erhalten  ist,'  mit 
der  Gemeinschaft;  die  Motive,  die  er  vorbringt,  sind  die  näm- 
lichen, die  wir  in  den  anderen  Wiedertäufer-Schriften  finden. 
Wie  dort  werden  auch  hier  zahlreiche  Bibelstellen  zusammen- 
getragen, die  zu  ihren  Gunsten  sprechen.  Die  Hauptbeweis- 
steile  wird  auch  hier  aus  dem  Leben  der  ersten  Kirche  ge- 

*  Aus  Andrea-  Kli  i  enprois,  ,EiD  StMidhri^f  .  .  .  liriiderliche  Gemeinschaft 
das  höchste  Oebut  dor  Liebe  betreliend  .  .  .  Auuo  1660.*  Ueber  das 
litorarlächa  Wirkea  des  Andreas  Ehrenpreis  s.  die  Geschichtsbücher, 
8.  602  ff. 

*  Kl.  S*,  In  Mwcloileder  gebvoto.  Cöpie  in  der  t.  Beck'schen  Sammlung. 


240 


noTTimon.  Daraus  erselie  man,  dass  ,es  v'in  Anrichten  niul  <»m 
\\  i  rk  (los  hei!.  (Geistes  ist.  Das  gilt  uns  niolir  als  Zou- 
pMi;  denn  ilie  Apostel  liahon  es  von  ihrem  Meister  ^ehftrt  und 
gelernt,  und  so  liudct  man  klitrlich  geschrieben:  ,Sie  biiehcn 
hcstcHndig  in  der  Lclire  der  Apostel  und  in  der  (lemeinschait 
und  Alle  (merke:  Alle,  nicht  nur  ein  Tlieil),  die  da  gläubig 
geworden  waren,  waren  bei  einander  und  hielten  die  Dinge 
gemein/  ^re  Güter  und  Habe  verkauften  sie  und  theiiten  me 
atis  unter  Alle,  je  nachdem  einer  Notb  hatte/ 

Man  findet  auch,  dass  Christas  gar  hart  wider  das  Eigen« 
thum  redete,  da  er  sprach:  O  wie  schwer  werden  die  Reichen 
in  den  Himmel  gchinf^cn,  fUrwahr,  leieliter  ist  os,  dass  ein 
Kameel  durch  ein  ^(adelöhr  geht^  als  dass  ein  Reicher  in 
Qottes  Reich  kommt  Eiine  harte  Red'  fttr  Alie^  die  Eigen- 
thum haben.  Wer  diese  Worte  aus  dem  Munde  des  Gottes- 
sohnes yemimmt  und  nicht  darauf  achte^  der  bat  gar  ein 
steinernes  Hers.  Dass  die  christliche  Oemeinsobaft  keine  neue 
Erdichtung  oder  ein  Ghitdttnken  sei,  sondern  sum  Qnmd-  und 
Eckstein  der  ersten  apostolischen  Kirche  gehOre,  das  ersehe 
man  aus  dem  Bekenntniss  unseres  cbristfichen  Glaubens,  wo 
Ton  der  Gemeinschaft  der  Heiligen  die  Rede  ist  Im  Eigen* 
thum  ersticken  die  Menschen  unter  dem  Troge  des  Reick- 
thums, den  Sorgen  um  die  Nahrung  und  den  Domen  der  Zeit- 
Hcbkeit  Es  ist  seht»  nicht  anders,  wie  wenn  man  dem  Kinde 
SU  seinem  Schaden  und  Verderben  das  Messer  lässt,  bis  ee 
sich  verwundet.  Wie  der  Käfer  im  Rossmist  und  der  Wurm 
im  Ilolz,  so  hat  der  Geiz  seine  Wolinung:,  sein  W^erk  und 
sein  Wesen  im  Ki^-entiium  Xon  alledem  das  Gegontheil  ist 
die  Geineiüseliaft:  da  kann  man  daü  Wort  Gottes,  so  unser 
besserer  Theil  hier  auf  Erden  ist,  mit  grösserer  und  besserer 
Gelegenheit  haben  und  h^ircn,  eines  über  das  andere  waclicn, 
es  brilderHeli  anreden  untl  strafen  und  die  Jusrond  in  der 
Gütlcst'urelit  aufzielien,  damit  sie  nicht,  auf  den  Gassen  umher- 
lungernd,  die  sodomitischen  Anreizungen  dieser  Welt  sieht. 

In  späterer  Zeit  hat  man,  je  weniger  die  ,Gemeinsciiaft 
sich  bewährte,  um  so  Iftnixerc  Schutzschriften  zu  ilirer  Ver- 
theidigung  geschrieben.  In  den  Tagen  des  Andreas  Ehrenpreis 
war  die  Gemeinschaft  schon  von  den  Wiedertäufern  selbst  viel- 
fach aufgegeben.  Schon  im  Jahre  1606  schrieb  Josef  Haus  er 
seine  ^Unterrichtong,  dass  die  Gemeinschaft  der  aeitÜchen  Güter 


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m 

eine  Lebr'  des  neuen  Testamentes  sei  nnd  von  allen  Gläubigen 
erfordert  werde'.  Die  Lohre  Ton  der  Gemeinschaft,  die  man 
jetst  nicht  nur  nicht  achtet,  sondern  Ter^ottet  nnd  als  eine 
gar  fremde  ansehe,  sm  unter  den  Geboten  unseres  Herrn 
eines  der  wichtigsten.  Ich  yerstehe,  sagt  er,  unter  der  Ge- 
meinschaft nicht,  dass  man  nur  das,  was  ttbrig  ist,  dahingibt 
und  das  Meiste  behftlt,  sondern  ,dass  man  Alles,  was  man  hat, 
▼on  sieh  abihut,  das  Herz  davon  reinigt  und  zu  gemeinem 
Nutz'  der  Heiligen  freiwillig  und  fröhlich  dariogt',  wie  ,es  der 
(}eist  des  Evangelions  Teriangf,  und  wie  sie  die  Heiligen  zu 
Jerusalem  gebrauchten.  Man  fliehe  sie  heute,  gleich  als  ob  im 
Evangello  kein  Wort  davon  stünde,  ja  als  wenn  dort  geboten 
wäre,  sich  an  das  Eligenthum  zu  halten.  Der  Eine  nennt  sie 
ein  Menschengebot,  der  Andere  einen  Menschenzwang,  der 
Dritte  eine  GouiUthsverlUhrung  und  vorinciiitc  Gomelnschaft. 
Viele  warnen  Jedermann  davor.  Das  habe  Ilauscr  bewogen, 
sein  .einrältiges'  Sclireiben  aus  Gottes  Wort  duzu  zu  thun,  da- 
mit man  sehe,  dass  ,dic  Gemeinschaft  eine  Lelire  sei  der  höch- 
sten Vollkommeuhcit^,  die  ,Christu8  auf  Erden  goieiirt  und  darin 
er  seine  Apostel  unterwiesen  habe'.* 

Hauser  zieht  nicht  blos  eine  Reihe  von  Bibclstellcn  au, 
sondern  macht  auch  den  Versuch,  die  Einwurf»'  der  Gegner 
zu  widerlegen.  Wiehti^er  sind  die  wenigen  Benieikuugen  über 
die  wirthschaftliehe  La^e  der  Wiedertäufer  in  Mähren:  ,Jetzt 
sind  wir  ihnru  zu  reieh,  jetzt  sind  wir  ihnen  zu  arm.*  ,Der 
Herr  sei  gelobt,  dass  wir  die  Armen  sind,  die  doch  Viele  reieh 
machen/  ,Wenn  die  Armen,  um  ihres  Glaubens  willen  ver- 
folgt, zu  uns  kommen,  so  nehmen  wir  sie  auf  in  unseren  Httu- 
sem,  setaen  sie  an  unsem  Tisch,  speisen,  tränken,  kleiden  und 
versorgen  sie;  ihre  Kinder  verordnen  wir  in  unsere  Schulen/ 
,Ich  schweige  von  den  vielen  Blinden,  Krüppeln,  Alten,  Kran- 
ken, betrübten  Witwen  und  Waisen,  denen  uns  der  Herr  immer 
„ein  gut  Theil"  an  die  Seite  stellt/  ,Der  Mammon  sorgt  fUr 
sich,  nicht  für  die  Armen/ 

Die  ,Gemeinschaf^  unterhält  die  Lehre  Christi:  Man  soll 
Alles  verkaufen  u.  s.  w.;  das  Eigenthum  behält  Alles  wider  die 
Lehre  Christi,  ja  es  kauft  lieber  noch  dazu.  Die  Gemeinschaft 


>  Copie  in  der  v.  Beck*«cbeii  8«mni1tiDgr  aiu  Cod.  P«0t.  V.  d.  (IVil.  108^146)» 
dar  awiiehsn  1M5  ttad  1630  angele^  worden  ift 


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S42 


sucht  den  Nntsen  der  Nächsten,  das  Eigenthnm  den  Eigen- 
nnts.  Die  Gememschaft  sorgt,  dass  die  Kinder  nach  der  Schrifty 
Ordnung  und  Zucht  des  Herrn  ersogen  werden,  das  Eigenthnm 
thut  es  nicht;  die  Gemeinschaft  bringt  es  mit  sich,  dass  man 

gemäss  der  Schrift  ruhig  und  mit  den  Händen  arbeitet,  etwas 
Redliches  schafft  und  dadurch  Gelejs^enheit  hat,  den  Armen  zu 
geben,  das  Eigenthuiu  verursacht,  dass  man  der  zeitHehen 
Nahrung  wegen  ,kablet',  hadert,  z,;iiikL  und  sieli  das  Eine  Uber 
den  Andern  entrüstet,  dass  man  Wucher  treibt,  Kenten  nimmt, 
d.  h.  nicht  mit  den  Händen  arbeitet.  Die  Gemeinschaft  pflanzt 
ein  einiges,  gehorsames,  gutwilliges,  demuilüges  Volk,  das 
Eigenthnm  ein  eigenwilliges,  widerwärtiii^es  und  trutzigcsj.  Die 
Gemeinschaft  hält  das  angenehme  Juh*  Ijahr,  da  Niemand  dem 
Andern  etwas  schuldig  ist,  es  sei  denn  du"  Liebe,  das  Eigen- 
thum  hält  die  unfreien  Jahre,  da  ein  Jinider  den  anderen 
drängt,  die  Schulden  eintreibt,  wuchert,  auf  Bürgschaften  Geld 
gibt  u.  s.  w.  Die  Gemeinschaft  handhabt  gute  Ordnung  und 
Ehrbarkeit  in  ihren  Versammlungen,  das  Eigenthum  Unehrbar- 
kcit,  dass  oft  ein  Geschrei  ist,  als  wäre  ein  Haufen  trunkener, 
unfriedlicher  Xjeute  in  einem  Kruge  beisammen.  Die  Gemein- 
schaft besacht  die  Völker  und  hält  sie  zur  Besserung  des 
Lebend  an,  das  Eigenthum  hat  mit  sich  selbst  zu  Üitm.  Die 
Gemeinschaft  betrUbt  die  Geisigen  in  ihrem  Eigennutz  und 
ihrer  Wollust,  das  Eigenthum  stärkt  sie  nur  darin.  Die  Ge* 
meinschaft  lehrt,  dass  Jener,  der  im  Himmel  mit  allen  From- 
men  das  ewige  Leben  gemein  haben  will,  auch  hier  anf  Erden 
sein  aeidioh  Gut  gemein  machen  muss;  das  Eigenthnm  lehrl^ 
dass  ein  Jeder  wie  ein  Fochs  seine  Grabe  und  wie  ein  Vogel 
sein  Nest  filr  sich  selbst  haben  soll.  Die  Gemeinschaft  leigt 
dem  Reichen  ein  Nadelöhr  und  dem  Armen  gemeine  Lieb',  das 
Eigenthum  zeigt  dem  Reichen  ein  Stadelihor  und  dem  Armen 
die  Eigenlieb'.  Die  Gemeinschaft  ist  vom  heä.  Geist  und  ein 
Gebraucb  der  H^ligen  an  Jerusalem,  das  Eigenthum  stammt 
von  anderen  Herren  und  ist  ein  Gebrauch  der  Welt 

Wer  sich  den  Tau^esinnten  luwandto,  hatte  sieh  somit 
seines  gansen  Besitzes  zu  entttussem  und  ihn  den  yenndneten 
Vorstehern  zu  übergeben.  Der  Gemeinde  wandten  sich  nun 
allerdings  vornehmlich  arme  Leute  zu:  Arbeiter,  Handwerker, 
Kleinbauern,  aber  wir  erfahren  aus  den  Tiroler  Acten,  dass, 
ganz  abgeseiien  von  vereinzelten  adeligen  Personen,  sich  auch 


I 


243 

reeht  woUliabende  Bauern  der  neuen  Lehre  snwuidten.  Jhr 
wissty'  schreibt  ein  armer  Handwerker,  der  1606  ausgezogen 
war,  iiui  eine  Anzahl  von  Wiedertäufern  zu  retten,  die  in  türki- 
sche Gefangenschaft  gerathen  waren,  und  auf  seiner  Fahrt  bis  . 
Constantinopel  ^'langte,  ,dass  so  Viele  ihre  Heimat  verlassen 
und  üir  Vaterland,  auch  in  der  ^^Gcmain"^  vor  lauter  Arbeit 
ihre  Glieder  verkrUmmet:  AUea  in  der  Hoffnung,  dasB  sie  ihre 
8eele  tob  der  Hölle  könnten  erretten/  ,Was  kümmert  Ihr  Euch/ 
ruft  er  an  anderer  Siellei  da  das  Geld  nicht  gleich  aar  Hand 
iBt^  um  die  Gefimgenen  auasnlOeeni  ,iim  das  „abacheuHche*  ^ 
Geld?' » 

,Um  die  Kinder/  scbr^bt  Hatthea  Binder,  ,hahen  sie 

keine  Sorge,  denn  die  werden  von  der  „Gcmain"  aufgezogen. 
Drum  häugen  die  Kinder  an  der  Gemeinde,  die  sie  auferzogen 
hat,  wie  eine  Mutter  und  gute  Amme  ihre  Kinder/  Für  ihre 
Ziele  konnten  sie  das  Geld  der  reicheren  Genossen  sehr  wohl 
brauchen.    Von  den  Wiedertäufern,  die  sich  1555  aus  Tirol 
naeh  Mähren  begaben,   trugen  allein  zwei  Brttder  Heugen 
ans  Eyra  den  reichen  Erlös  iUr  ihre  Gttter  mit  und  lieasen 
noch  12.000  Ghilden  an  Werth  BorQok.*  Ans  Sohlanders  aogen 
fönf  Jahre  später  Taufgednnte  »mit  grosser  Baarschaft'  nach 
ICähren.*  Ans  den  Oeständnissen  Mändl's  entnahm  die  Inns- 
hrucker  Kegierung,  dass  er  auch  viele  ansehnliche  und  ver- 
mögende Persoiieii   zur  Wiedertaufe  gebracht   und  bewogen 
habe,   nach  Mähren   zu  ziehen.*    Die  Wiedertäufer,   die  im 
Jahre  15t54  uud  den  folgenden  Jahren  aus  Kitzblichl  abzogen, 
waren  meistens  wohlhabend.^  Sie  Alle  legten  ihren  Besita  in 


^  Ueber  4»n  Cod.  Poger  and  Muisn  Inlialt  b.  v.  Beck,  GMcbiclitibflcher, 
8.  XXVm,  XXDL  Abfdirift  in  dar  t.  B0ek*Mli«n  Ssininliuig. 

*  ,D0r  Aaatoptiimiii  in  TiroL*  Arobiv  filr  «Merr.  G«Mh.  LZXIX,  &  66. 
'  Ebenda,  8. 68. 

*  Bbenda,  S.  71. 

*  Ebenda,  8.  86.  Vgl.  auch  Christoph  Andreas  Fischer,  ,Vierundf11nfzig 
erhebliche  Ursachen,  warumh  <lif>  Wiflortanffpr  nicht  soin  im  T,aii(i  zu 
leiden;  29.  T^rsach:  durch  diso  und  dergloichon  lieuchlerife«  lic  und 
schmeichlorüiciie  Wort  haben  sie  anno  1687  iu  die  IGOO  und  anno  1004 
in  die  800  Pemonon  aus  dem  Reich,  Tyrol  und  Bayreu,  die  aller- 
reichsten,  ver inüglichsten,  sterksten  und  besten  Arbeiter  .  .  .  za 
•ich  gezUglct'  Vgl.  auch  FlMlier,  »Yoa  der  WisdMtSafer  Terflnebtem 
Ursprung'.  Bf.  m.  üb;  Denelbe,  ^twort  anf  die  Wid«rlciping,  m>  Clanas 
BieStel  tte.  .  .  /     1  IT. 

16» 


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244 


die  ,Gcniein8chalV.  Da  durfte  er  Um  splhist  in  dem  Falle  nicht 
mehr  zurilek bekommen,  wenn  er  aus  der  Genossenschaft  Uber' 
haupt  austrat  Die  üuterischen  worden  deswegen  von  ihren 
Gegnern  hart  genug  angehusen,  und  das  nicht  erst  am  Aus- 
gange (ics  16.  Jahrhunderts.  Schon  das  Memorandum  vom 
Jahre  1545  an  die  mährischen  Herren  nimmt  auf  diese  An- 
griffe BesQg.^  Wie  dieses  vertheidigt  em  Jahrirandert  später 
Andre  Ehrenpreis  das  Vorgehen  der  Wiedertäufer:  ,Und  wenn 
auch,'  sagt  er,  ^einer  hinterher  wieder  ahfidlt  und  das  Seinige 
wieder  fordert  und  haben  will,  so  kann  man  ihm  doch  nichls 
wiedergeben;  denn  einestheils  hat  er  es  nidit  auf  solche 
Wiedeigabe  hergegeben,  anderesthetls  hat  man  es  bereits  auf 
ihn  und  auf  Andere  gewendet,  daher  ist  man  vor  Gh>tt  und 
aller  Billigkeit  ihm  nichts  mehr  schuldig:  Was  einer  Vormit- 
tags hergibt,  ist  Nachmittags  nicht  mehr  sein.  Uebrigens  sagt 
man  dies  allen  denen,  die  in  die  ^Gemeinschalt''  treten  wollen/ 
Mit  dieser  waren  nun  freilich  nicht  einmal  alle  Wiedertäufer 
einverstanden.  Die  ySehwehser  Brüder*  verwarfen  diese  Ge- 
rechtigkeit, die  nach  der  Meinung  der  Huterischen  ,allcin  vor 
Gott  gilt  und  von  allen  Gläubigen  erfordert  wird*. 

Heftiger  noch  hat  sich  der  WiedertUufer  Gabriel  Ascher- 
hain gegen  sie  aiisgcsj)rochen,  wie  er  sii  li  ju  schliesslich  selbst 
gegen  das  Tuut'princip  der  Huterisclicn  kühl  genug  verhält. 
Die  Apostel,  sa^  er,  haben  nichts  von  der  Gemeinschaft  ge- 
predigt, und  die  Gemeinschaft,  die  man  jetzt  hält,  ist  der  in 
der  alten  Kirche  nicht  gleich :  diese  war  freiwillig,  zu  jener 
niUssen  die  Leute  gcniithigt  werden.  Jetzt  werden  die  Leute 
nicht  aus  Liebe  vom  heil.  Geiste  zu  ihr  y;  trieben,  sondern 
ihre  .Simonie*  uHthigt  sie  dazu,  ,ob  sie  vielleicht  darum  das 
Reich  Ciotles  zu  kauten  vermöchten'.  .Wirst  du  nicht  selig 
ausserhalb  deiner  Gemeinschaft,  innerhalb  ihrer  wii*st  du  es 
noch  viel  weniger.*  ,lch  meine,  die  einfältigen  Päpstler  werden 
dereinst  die  richten,  die  der  Gnade  und  Barmherzigkeit  Gottes 
in  den  Arm  fallen  wollen,  mit  Werken  das  Reich  Gottes  er- 
zwingen und  meinen,  die  Seligkeit  bestünde  auf  ihrer  Buss- 
fertigkeity  Taufe  und  Gemeinschaft.  Nicht  daran  werde  die 
Seligkeit  am  Tage  des  Gerichtes  gelegen  sein^  sondern  an  der 
Gnade  Gottes.' 


'  Geioliielitilylloher,  8. 171. 


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245 

3.  Gapitel. 
Die  Burohfuiiraiig  der  Qemeinichaft. 

Die  Hamhahen, 

Das  Leben  und  Treiben  der  mährischen  Wicdertiuift  r 
war  somit  von  dem  Gnmdsatzc  der  Oenieinsehaft  geleitet.  Die 
Gemeinde  besitzt  Alles,  der  Einzchie  nichts.  A(!cker  und  Wie- 
sen, Willder,  Häuser,  Oewerke  und  Gewerbe  gehören  ihr  an. 
Ackerbau  und  Gewerbe  werden  betrieben,  damit  der  Einzelne 
in  der  Gemeinschaft  ,sein  Auskommen'  rinde.  Die  Gemeinde 
versorgt  alle  ihre  Angehörigen  mit  Essen,  Kleidung  und  Woh- 
nung. Darum  haben  die  £ioaelnen,  wie  es  in  der  Mullerord- 
nung heisst,  darauf  zu  sehen,  dass  ihr  nichts  verloren  gelie. 
Niemand  darf  thun,  als  ob  ihn  die  Gemeindeordnnng  nichts 
anginge:  ^Mancher  hat  so  wenig  in  das  gemeinsame  Haus  zu 
geben,  zehrt  aber  doch  par  küstlich;  es  ist  nit  recht.'  Er  ist 
Terpflichtet,  alle  seine  Kräfte  iUr  die  ^Gemeinschaft'  anzuspan- 
nen. Sie  zu  fördern,  müssen  sich  Alle  angelegen  sein  lassen. 
yWenn  die  Hausbälter  zusammenkommen,  sollen  äe  von  dem 
gemeinen  Nutzen  reden,  den  jungen  Haushaltem  zur  Nach* 
ahmnng.*  Alle  Handwerker  ^sollen  in  Bedenkung  des  gemei- 
nen Nutzens  ein  Aufmerken  haben  und  sich  nichts  anmasseui 
sei  eSy  was  es  wolle*.  Niemand  besitzt  ein  Eigenthum^  und  sei 
es  auch  das  geringfügigste.  Wenn  em  Bruder  entschlftft,  sind 
alle  Sachen,  die  er  für  sich  und  sein  Handwerk  bentttzte,  ein- 
zufordern.^ Selbst  das  Leib-  und  Bettgewand  ist  abzunehmen 
und  ^auch  die  Bttcher  soll  man  uns  zustellen  nach  der  Ord- 
nung der  Gemeinde'.  Alles  Qeld,  das  im  Handwerk  eingeht, 
ist  den  Hanshältem  zuzustellen.  Der  Gemeinde  gehören  die 
Geschenke,  die  der  £inzebe  vim  seiner  Herrschaft  erhült* 
Selbst  Esswaaren,  die  ihm  geschenkt  werden,  sind  an  die 
Gemeinküche  abzuliefern.  Mit  den  Gewändern  und  Werk- 
zeugen soll  Jedermann  sorgsam  umgehen,  denn  sie  gehören 
nicht  ihm.  Aerztc  und  Bader  dürfen  von  Brüdern  kein  Geld 
nehmen,  was  sie  sonst  erhalten,  gehört  der  Gemeinde  j  ihnen 
selbst  ist  der  Eigennutz  sti'eugstens  verboten. 

*  Zimmermanns-Ordnnng'  von  1574. 

*  .Trinkgelder  tund  floüu»ig  eitizufodern.* 


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246 


Ihre  Lehre  Ton  der  Gememschaft  einerseits,  die  Abson- 
derung von  den  ,Heidenkindem<  anderaeits  brachte  es  mit  sich, 
dass  sich  die  Wiedertäufer  aufs  Engste  aneiiiaDdersehloeseii. 
War  eine  genügende  Anzahl  an  einem  Orte  Tersammelty  so 
gründeten  sie  eine  ,Haushabe'|  ein  grosses  Hans  mit  einer  An- 
zahl von  Nebengebäuden,  deren  sie  rar  Aufnahme  der  in  dem 
Orte  ansässigen  GUnbensgenossen  bedniAen.  Sehen  im  Jahre 
1535  wurde  die  Zahl  der  in  Mäliren  wohnenden  Wiedeitiiifer 
auf  mehrere  Tausende  geschätzt  Von  den  in  Passan  gefiu- 
genen  Wiedertäufern  sagte  Dietrich  vom  Heilhronn  am  20,  AngnsC 
des  genannten  Jahres  aus,  dass  wohl  3000 — 4000  Wiedertäufer 
in  Mähren  gewesen  seien;  jung  und  alt  hätten  sie  in  drei  Heir- 
Schäften,  Täcbäckowita,  liarsehalk  (sie)  und  der  Klosierfirauen 
gewohnt  Bernhard  Schrott  berechnete  die  Zahl  der  in  Anspiti 
wohnenden  Wiedertäufer  auf  1000.  Der  glcichfidls  in  Passan 
gefangene  Wiedertäufer  Schneider  sagt  aus:  Zu  Auspits  wohn- 
ten sie  1586  in  drei  Häusern,  ^darinnen  allerlei  Personen,  Jung 
und  Alt,  bei  300—400,  gewe8en^^  Im  Hause  an  Schäckowiti 
weilten  1540  an  500  Brüder  und  Schwestern.  In  den  grössten 
Haushaben  betrug  ihre  Zahl  oft  mehr  als  2000.  Die  erste  Ge- 
meinde wurde  1520  jUiit  Muht  und  Arbeit'  in  Nikolsburg  er- 
richtet.  Im  Laute  der  nächsten  Jahizchnte  finden  wir  Haus- 
haben in  Austerlitz,  Auspitz,  Altenmaikt,  Alexowitz,  Bergen 
(bei  Nikolsburg),  Bogesitz,  iiu  lcspitz,  Bisenz,  Boretitz,  Bobu- 
titz,   Bilowitz,   Budkau,  Birnbaum,   Czermakowitz ,  Dambor- 
schitz,  Durdenitz,  Eibenschitz,  Eibis,  Frätz,  Frisehau,  Gob- 
sehltz,  Göding,  Gurda,  Ilrubschitz,  Uosterlitz,  Herspitz,  Jamnitz, 
.iermeritz,  Kromau,  Koblly,  Kostl,  Kanitz,  Kreuz,  Lundenbursr, 
Landühut,  Moskuwitz,  Mil  »titz,  Mistrin,  Muschau,  Napugcdl, 
Neumühl,  Nembschitz,  Ncmschau,  Neudorf.  Nikolschitz,  Nikols- 
burg, Nusslau,  Popitz,  Pulgrams,  Fausram,  Puslawitz,  Paulo- 
witz, Polehraditz,  Pralitz,  Polau,  Pribitz,  Pruschank,  Pohrlitz, 
Rossitz,  Räkowitz,  Rackschitz,  Rohatec,  Rampersdorf,  Steuro- 
witz,  Schäckowitz,  Saitz,  Schaidowitz,  Schaickowitz,  Klein  Se- 
lowits,  Skalitz,  Swetlau,  Swatoborschitz,  Tannowitz,  Tayko- 
witZy  Tracht,   Tscheitsch,   Tumitz,    Urschitz,  Voitelsbnin% 
Wacenowita,  Wesselj»  Wisehenan,  Wostits,  Welka»  Wemalit^ 
Wistemita. 


'  PMHmmr  Adan  in  Mflncheowr  BetdiMurahiT. 


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847 


Sie  behielten  freilich  nicht  alle  HauBhaben  für  längere 
Zeit;  manches  Haas  musBten  sie  ein  «weites-,  ja  seihet  drittes- 
mal  kaufen  und  einrichten.'  In  ihren  Sendhiiefen  gehen  sie 
die  Namen  der  Haushahen  oh  nur  in  verdeckter  Weise  an. 

grOasen  Ench/  schreibt  Hans  Amon,  ,die  Kindlein  Gottes 
aus  dem  Orte,  da  der  Oswald  hanshaltet  und  die  Mard  kocht 
(Tiscfalawits),  aas  der  Stadt,  da  die  Kuchel  im  Keller  ist  und 
Walser  haushaltet  (Gostal),  die  in  dem  Dorf,  da  der  arme 
Wirth  ist  und  wo  der  Leonhard  zuletzt  hausgehalten  hat*.  Die 
bedeutendsten  unter  den  HHUshabeii  mochten  jene  jE^cwescn 
sein,  die  sie  bis  zum  Aiigenblieke  ihrer  Vertreibung  in  Mähren 
innehatten  und  aus  deren  Vertreibung  ihre  Clironiken  aus- 
drückliche Meldung  thun.  l)ass  damit  aber  nieht  alle  genannt 
sind,  die  sie  im  ersten  und  zweiten  Jahrzeluit  des  17.  Jahr- 
hunderts bf'sassen,  lehrt  ein  Blick  in  die  verschiedenen,  heute 
freüich  ;^rhr  selten  gewordenen  Biicher  des  Feldsberger  Pfar- 
rers Christoph  Andreas  Fischer,  der  ihre  Häuser  mit  Tauben- 
kobeln vergleicht,  in  denen  sie  ,air  ihren  Mist,  Koth  und  Un- 
flath^  abladen,  und  der  dann  auch  ein  Buch  wider  sie  unter 
dem  Titel  ,Der  Hutterisehen  Taubenkobei'  geschrieben  hat.  In 
seinen  ,54  erheblichen  Ursachen,  warum  die  Wiedertäufer  nicht 
im  Land  zu  dulden  seien^  nennt  er  ,Uber  die  70  Hausbaitun- 
gen,  Meierhöfe  und  Wirthschaflen,  in  deren  jeder  man  vier-, 
fünf-  bis  sechshundert  Personen  finde,  ja  in  einigen  sogar 
tausend,  als  zur  Neumühl,  Prlwitz  u.  s.  w.,  unangesehen  die 
Meierhöfe,  Mühlen,  Brauhäuser,  Gärten,  Schnfcreien,  Ziegel* 
Stadel,  die  ihnen  die  Herren  verordnet  habend*  Er  macht  den 
Behörden  Angst  vor  ihrem  Wachsthum;  sie  würden  es,  wenn 
sie  nur  einmal  ein  Schloss  oder  eine  Festung  in  Mähren  in  die 
Hände  bekämen,  nieht  anders  machen  als  vordem  ihre  Oe- 
sumnngflgenossen  in  Mttnster.  Im  HtnbHcke  darauf  war  den 
Obfigketten  des  Landes  in  der  That  das  Zusammenleben  der 
Wiedertäufer  sehr  unbequem  imd  schon  mehr  als  swei  Men- 
schenalter Bttvor  das  Verbot  ,der  Gemeinschaft^  erlassen  wor- 
den.' An  einer  anderen  Stelle  sagt  Fischer  von  ihnen:  ,Die 
Geistlichen  sind  ihnen  ein  Dom  im  Auge;  weder  eine  Kirche, 


»  Geucbichtsbnchor,  8.  281. 
*  Geschicbtobficher,  S.  148. 


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348 


nocli  eine  Kapelle  findet  man  bei  ihnen,  ob  ne  schon  noch 
einmal  in  die  70  Btatllichiten  Httf  und  Httnaer  in  Mähren 
hatten/^  Wie  sich  das  Leben  und  Trmben  der  Wiedertftnfer 
in  Mähren  gestaltete,  darüber  haben  wir  leider  für  die  ersten 
Jahnsehnte  keine  genflgenden  Anfseichnnngen,  und  selbst  die 
ans  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  stammende  ^Rechenschaft 
unserer  Religion,  Lehr  und  Glaubens  von  den  Brfldem,  so  man 
die  Httterischen  nennt,  ausgegangen  durch  Peter  Riedemann', 
gibt  hierttber  keine  Tollstttndige  Auskunft. 

Ueber  die  Anlage  der  einzelnen  Haushaben  finden  sieh 
einige  Andeutungen  bei  Fischer.  Indem  er  die  Niederlassun- 
gen der  Wiedertäufer  mit  Taubenkobeln  TCigleicht,  äugt  er: 
Wie  diese  ganz  frei  und  am  besten  zu  stellen  seien,  so  seien 
auch  die  Häuser  der  Wiedertäufer  an  den  besten  und  gelegen- 
sten Orten.  Wie  die  Taiibenkobel  sehr  viele  kleine  Löclier 
haben,  durch  welche  die  Tauben  ein-  und  ausgehen,  so  seien 
auch  der  Wiedcrtiinfer  Häuser  und  Höfe  voll  kleiner  Fenster- 
lein. Ein  Taubenkobcl  ist  inwendig  voll  von  Nestern,  in  denen 
die  Tauben  sich  aufhalten  können,  also  stecken  bei  ihnen  alle 
Winkel  voll  mit  Wiedertiiulern,  ja  auch  gar  bis  an  die  Spitze 
des  Daches.  Das  ist  doch  wohl  so  zu  verstehen,  dass  der  Hof 
eine  grosse  Anzahl  von  Stuben  und  KJlmnierchen  enthielt:  die 
Stuben  ftlr  die  gemeinsame  Arbeit  in  den  einzelnen  Handwer- 
ken (erwähnt  wenb'n  in  den  Sendbnefen  die  Wasch-  und 
Wollstnbe,"  die  Backstube  u.  a. ),  tTir  die  Schule  u.  s.  w.,  clie 
Kammern  fiir  die  einzelnen  Ehepaare  mit  den  ganz  jungen 
Kindern.  Eine  I  laushabe  musste  dementsprechend  einen  ziem- 
lich bedeutenden  Umfang  haben  und  sieh  neben  den  Häoschen 
der  sonstigen  Insassen  einer  Ortschaft  recht  stattlich  ausneh- 
men; daher  die  fortwährenden  Klagen  Fischer's:  ,Sie  besitieo 
die  schönsten  Häuser'  u.  s.  w.  Dass  sich  neben  den  sahl» 
reichen  grossen  Stuben  in  jedem  Hause  noch  mehr  Kämme^ 
cheu  befanden,  ersehen  wir  auch  aus  einer  Klage  dos  Andreas 
£hrenpreis,  in  dessen  Tagen  sich  die  alte  Zucht  bei  den  Wie- 
dertäufern schon  aufsulüeen  begann:  ,Ja  wohl^  Kämmerlen/ 
ruft  er  ausy  Jetzt  mOssen  sie  nit  nur  Kämmerlen,  sondern  auch 
Kucheln  und  jedes  seinen  eigen  Herd  haben/ 

*  64  Lirsachen,  Ö.  110. 

*  Den  SehwMtera  in  d«r  ,B«ii]iiW(»11atiibni*  sendet  1B61  HSaeel  Kill  aeloe 
OrOaa«,  Laaienstiel  nnd  Feeaer  den  Schweetom  in  der  Knehel. 


4 


249 


Im  Hause  befanden  sich  daun  rlic  srrossen  Vorrathskam- 
mcrn  ftlr  die  Küciic  und  die  verschiedenen  im  Hause  getriebe- 
ne Gewerbe,  neben  dem  Hause  die  Ställe,  Scheunen  u.  s.  w. 

£rBt  ans  der  Zeit,  da  die  Wiedertäufer  ihre  Wohnsitze 
in  Ungarn  aufgeschlagen  hatten,  sind  uns  Berichte  erhalten,  die 
über  die  B^nrichtungen  in  den  einzelnen  Hanshaben  selbst  eini- 
gen Aiifschlnss  geben.  In  einem  seiner  Anfsätae  sagt  Andre 
EUurenpreis,  ein  Mann,  der  schon  den  Verfall  der  alten  Ge- 
meinschaft  beklagt:^  ,Tapfere  Helden  haben  zaghaften  Seelen 
und   zweifelsüclitiiien  Menschen  den  Beweis  geliefert,  dass  es 
gar  wohl  müirücli  sei,  eine  Geuieinscliaft  aufzuricliten.  Wir 
haben  demnach  zu  verschiedenen  Zeiten  20  und  mehr  Haus- 
haltungen gehabt  an  verschiedenen  Orten,  Städten  sowohl  als 
Märkten  nnd  Dörfern.   An  einem  solchen  Orte  gab  es  mitr 
nnter  an  drei-,  vier-,  ja  auch  sechshundert  Personen  in  einer 
einai^en  Hanshaitang  neben  einander/  ,Sie  alle  hatten  nur 
eine  Kachel,  ein  Backhaus,  ein  Bräohaus,  eine  Schnei,  eine 
Stäben  für  die  Kindbetterinnen,  eine  Stäben,  da  alle  Mtttter 
mit  ihren  jungen  Kindern  bei  einander  waren,  und  so  fortan/ 
,Da  in  einer  solchen  Hauslhiltuiig  ein  Wirtli  und  Haus- 
halter ist,  der  alles  Getiaid",  Wein,  Woll',  Hanf,  Salz,  Vieh 
und  alle  Nothdurft  einkauft  von  dem  (Jehl  aller  Handwerke 
und  alles  Einkommens  und  wiederum  nach  Nothdurtt  an  alle 
im  ganzen  Haus  austheiltc,  da  holte  man  das  Essen  fUr  die 
Sehnlkinder,  Sechswöchnerinnen  und  fllr  all'  das  andere  Volk 
msammen  in  eine  Stube  —  das  Speisezimmer.  Für  die  Kran- 
ken sind  Schwestern  yerordnet,  die  ihnen  das  Essen  und  Trin- 
ken antragen  nnd  ihnen  dienen/ 

,Die  gar  Alten  setzt  man  besonders  und  reicht  ihnen 
etwas  mehr  als  den  jungen  und  gesunden  Leuten,  und  allen 
nach  der  Gebühr  und  Vermögen/  ,Und  dieses  Aarieliteii  dw 
Gemeinschaft  hat  nun  aus  Gottes  Gnade  zu  unseren  Zeiten 
schon  seinen  richtigen  Gang  weit  über  hundert  Jahre  unzer- 
brochen  und  in  guter  Ordnung  geliabt.  Und  ob  wir  gleich 
durch  yiel  Trübsal,  Raub  und  Brand  oft  in  die  höchste  Arniuth 
geiathen,  durch  Kriegsgewalt  yerdorben  und  etliche  Haushaben 
sammt  HaV  tmd  Nahrung  dahingegangen,  sind  wir  dahingezo- 
gen, wo  man  uns  noch  einen  Platz  gewährt  hat,  und  haben 


^  Andre  Ehrenpreis,  »Eiu  äencibried'  anno  1656'. 


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950 


alle  Verfolgten  und  Verjagten  hier  aufgenommen  und  nns  ge- 
duldet, bis  Gott  uns  wieder  ein  beeterea  Auakommen  gegeben 
hat  Vor  der  ganzen  Welt  k<(nnen  wir  aageUi  daas  wir  die 
Erapamisse  guter  Zeiten  Air  die  aeblimmen  verwendet  haben/ 

Waa  die  Gemeinschaft  in  den  Handwerken  betri£ft^  stand 
die  Sache  wohl  aehon  Tom  An&nge  ao,  wie  aie  Andre  Ehren- 
preiB  in  seinem  zweiten  Briefe  an  Daniel  Zwicker  in  Daaxig 
>  berichtet:  ^Waa  Handel^  imd  Handwerke  betrifft^  so  hat  ein 
jedes  aeinen  Vorgesetzten.^  In  der  That  wird  in  zaUreieben 
Briefen  und  anderen  Schrifbtlloken  der  T^edertSnlSur  yon  4^ 
gestellten'  Elingenschmieden^  Heaserem,  Mfülem,  Tncbmachem, 
Webern,  SchuBtem,  Bothgtlrbem,  KUradhnem,  Schneidern,  Zim- 
merleuten, Bäckern  u.  s.  w.  gesprochen.  Und  auch  jene  Hand- 
werker, r<m  denen  diea  nicht  anadrttcklich  bemerkt  wird,  hatten 
ihren  yVorgeaetaten',  wie  die  Binder,  Kutscher,  Gärtner,  Hauer 
u.  a.  In  dem  Briefe,  den  Hans  Staudach  1546  aus  seiner  G^e- 
fangcnschaft  in  Wien  an  die  Geiiiciiule  schreibt,  griisst  er  die 
Acltestcu  in  der  (ieraeinde,  in  di  r  l{nintiv.ull  und  Nähätube, 
auf  der  Schul,  im  iiackenhaus  und  ui  der  Kuchcl. 

,Der  „FUrgestellte",*  fUhrt  Ehrenpreis  fort,  ,hat  die  Auf- 
sicht Uber  das  Volk  und  die  Werkstütte,  kauft  Alles,  was  zu 
seinem  Hantlw  rk  «gehört,  gibt  einem  Jeden  seine  Arbeit  her- 
aus und  nimmt  die  geleistÄt^^  in  Empfang.  Er  verkauft  sie  so- 
dann nach  ilirem  billigen  ^^^*rth.  Das  Geld,  das  er  riiimmmt, 
gibt  er,  sowoit  es  nicht  zum  Einkauf  der  Kohproducte  gebraucht 
wird,  wie  Irl  in  die  Gemeinschaft/ 

,Alle  Handwerker  aber  müssen  vorerst  mit  ihren  Bedürf- 
nissen die  Gemeinde  versehen  und  diea  thun,  ohne  irgend  eine 
Bezahlung  auzuuehuien/ ^ 

4.  Capitel. 
Die  SandwerkserdnvngeiL 

Fttr  ein  jedes  Handwerk  besteht  eine  eigene  Ordnung. 
Sie  wird  den  Handwerkern  an  bestimmten  Zeiten  vorgelesen 

*  SlirenpreiR  macht  hier  oincn  Lapsus  oalaini,  dciiu  ,Krämeroi  umi  K  i  it- 
mannRchaft  zu  troibou',  sagen  diu  Wiotiürtüufer,  ,gdäLatU»u  wir  Keinem 
vou  uu»,  dieweil  es  ein  aüudhafter  Handel  ist*.  Fbcker,  Taabenkobel, 
&61. 

•  Ood.  G.  J.  VL  «8  (Qran),  Fol.  77— Itt. 


251 


und  ihnen  die  Verpflichtung  abgenommen,  sich  getreulich  dar- 
nach zu  halten.  Die  Ordnungen  der  Wiedertäufer,  soweit  sie 
noch  erhalten  sind,  stammen  erst  aus  einer  späteren  Zeit  Doch 
gBh  es  offeabar  sehon  in  den  ersten  Jahren  der  Gemeinschaft 
solehe  Ordnnngen^  da  nch  ohne  sie  die  Qemeinscliaft  über» 
bjuipt  nicht  erhalten  lieaa.  ,Anno  1561/  sagen  die  Geschichte- 
bttcher  der  Wiedertäuier,  ,den  9.  Decembria  von  den  Eltesten 
Briedern  des  Worts  nnd  der  Kothdnift:  Die  Schuester  Ord- 
nung erkennt  (und  demnach  anno  1570  widerumb  eniewcit)^* 
jAnno  15*1  alle  turgestellten  Miliner  zusammengefodert 
and  ihrer  Ordnung  halber  mit  ihnen  j^eredt." 

,Anno  1574  am  Ostermontag  geordnet  worden,  wie  mit 
den  Zimmerleuten  soll  gehalten  werden/' 

iAnno  1591,  den  8.  Januarj  seind  alle  Filrgestellten  zu 
Nenmfll  yersamlet  gewesen  und  im  Beisein  aller  Diener  des 
Worti  und  der  Hanahalter  die  Punkte  mit  ihnen  beredt,  was 
die  Schneater,  die  Zoeschneider,  Flicker  nnd  die  Einkauffer 
8oll^  nit  anelaasen  oder  aufkomen/^ 

yAnno  159S  den  26.  October  mit  den  flirgestellten  BrUe- 
dem  geredt  etlicher  Artikel  und  Unordnung  wegen/' 

,Anno  1610  den  16.  Tag  Augusti  (hat  Claus  Braidl)  ira 
Beisein  aller  Brlleder  des  Worts  und  aller  Ilaushalter  in  gros- 
sen und  kleinen  Haushabeu^  auch  der  Einkäufer  und  Aus- 
geber abermals  alle  ftlrgestellten  Müller  und  ihre  Gehilfen  zu 
Neumttl  gesammlet  gehabt,  mit  ihnen  anis  treulichste  geredet 
nnd  darnach  die  ganze  MttUerordnnng  yerlesen.'^ 

In  derselben  Weise  wird  dann  noch  zu  den  Jahren  1612/ 
1635*  n.  a.  von  Festsetzungen  und  Handwerksordnungen  ge- 
sprochen. AIhnSfig  stellte  sich  das  Bedflrfeiss  heraus,  die  alten 
Ordnungen  zu  erneuern:  ,Im  Monat  Fcbruarj  anno  1640  für 
nutz  und  nothwendig  erkennt,  aua  etlich  gemain  Ordnungen, 


*  Gewhiditsbaeher,  8.  S18.  Die  Notis  stemmt  au  dem  Codex,  in  dem 
die  nocli  erhaltenen  Ordnungen  Tenelehnet  rind  (a.  nnton). 

*  Gesehiehttbflcher,  &  260. 

»  Ebenda,  S.  267. 
«  Ebenda,  S.  304. 

*  Ebenda,  S.  318 

*  Ebenda.  S.  358. 

*  Ebenda,  S.  363,  363. 

*  Ebenda,  S.  455,  461  u.  8.  w. 


252 


welche  vor  tÜ  imderschidlicheii  Jwtea  in  der  Gremain  des 
Herrn  yon  unsern  lieben  Altvfttem,  christlich  nnd  vttteriicher 
Fttrsorg  nach,  geordnet  und  geschriben  worden^  die  nolhwen> 
digsten  Punkten  henuiBsiiziehen  und  Jede  Gattung  snsunmen 
zu  setsen,  damit  solche  füeglich  den  Briledem  möge  ftigetr»* 
gen  werden  au  der  Gemain  Besserung/^ 

In  den  alten,  noch  aus  Mähren  stammenden  Ordnungen 
gab  es  einzelne  Punkte,  die  ftlr  die  Verhaltnisse  in  Ungarn 
nicht  mehr  passend  waren,  ein  Grund,  um  sie  au  Andern: 
,Anno  1640,  den  13.  Martj,  die  fllrgestellten  Mttlner  aosammen- 
gefordert  und  irer  Ordnung  halber  mit  inen  geredt,  was  man 
diser  Zeit  notwendig  erkennt  hat.*' 

Es  war  ein  Verdienst  des  Wiedertäuferbischois  Andreas 
Ehrenpreis,  der  durch  dreiundzwanaag  Jahre  ,als  rechter,  from- 
mer, treuer  Hirt'  seines  bischöflichen  Amtes  waltete  und  1662 
zu  Sabatisch  sturb,  dass  er  die  Ordnungen  sammeln  Hess.  Sie 
findon  sich  in  dem  Codex  G.  J.  VI.  2t)  der  (Jraner  Primatiül- 
]iililinthek  und  wurden  1640  im  Monate  Februar  geschrieben. 
Er  üiitliiilt  142  paginirte  Blätter  in  8**  mit  einer  Anzahl  von 
Zetteln,  die  von  Ehrenpreis  selbst  eing'eleg't  wurden,  nnd  wurde 
ex  librisi  .Josephi  Heinrich  1775  an  die  Grauer  liibiiuthok  al>- 
g-efrehen.  Das  Motto  ist  der  bek  umte  Wahlspnieh  Baltliasar 
ilubmaier's:  ,Die  Wahrlieit  ist  uutödtlieh/  Nebst  den  eing^e- 
lesrten  Zotteln  hat  Ehrenpreis  den  grosseren  Theil  des  Inhalts, 
naiueiitbc  li  Alles,  was  die  Zeit  von  1633 — 1642  betriüt,  selbst 
goscUrieboQ.  ^ 

Fol.   I —  5*   findet  sieh  die  Ordnung  für  die  , Diener  des  Worts'. 
—  7*  enthält  die  Festaetsuogen  flir  die  Diener  ,drau8- 
scn  im  Land*. 
„     7'' — 14':  Mit  den  Haushaltem  zu  reden. 
„  H** — 16":  ,Anno  1642  den  Haushaltern  auch  diese  drei 

Punkte  gesagt  worden.* 
„   18"- 2P:  Schuster  Ordnung  vom  9.  December  1561. 
„   21'— 23":       „  »         »    8-  Jänner  1591. 

„  ^4*— 25'*:  Einkauffer  Ordnung  anno  1639  den  31.  Octobris. 

>  Gesell ii  htabücher,  8.  462. 

'  Absehrill  mit  Beschroibuug  der  Handschrift  in  dar     Be«lk*tdu»  Sftnun* 
lung. 


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253 


Fol.  26* — 30**:  Was  den  Ausprebeni  und  Hauslialtcrn  lu^tlnvcn 

di^  zu  reden  ist,  ,vor  imderschidlicheu  Jarcn 
also  erküimet'. 

„   31  — aS:  Mullner  Ordnimg.  Anno  1571  und  dcmnAch  1588. 

Item  1591  und  1610  auch  noch  alle  fUcrgestcll- 
ten  Miliner  suBammengefodert  und  iror  Ord- 
nung halben  mit  ihnen  geredt,  jetzund  aber- 
mab  den  13.  Mar^  dise  nachvolgenden  puncten 
mit  inen  geredt. 

„   38  — 43:   Anno  1650  den  it>.  Martj  mit  den  Wciiizicrlcn 

nach%'olgcnde  Puncte  geredt  in  der  großen 
VersaiiüTiliinjc;  zu  Sabatisch. 

„   44  — 66':  VerzaichnuÜ  vil  notwendiger  Puncten  und  Ar- 

tickel  so  Anno  1612  den  9.  October  in  der 
großen  Versamlung  sur  Neumttl  von  den  Kite- 
sten Brlledern  etc. 

^  66** — 74*:  Anno  1569  .  .  .  Ordnung  wie  die  Gemain  zu 

unterhalten  sei  in  diser  einfallenden  tewerung, 
damit  man  in  die  Wllste  gelangen  möge. 

y,   74  — TO**:  Anno  1574  ;iin  Ostermontage  geordnet,  wie  es 

mit  dcü  Ziuimerleuten  soll  gehalten  werden. 

jf   81* — 84**:  Anno   1612   und   demnach   wiederumben  anno 

1617  den  30  Tag  Januarj  in  beisein  alier  Brü- 
der des  Worts,  so  liaushabeu  versehen,  alle 
flii^estellten  Hufschmied,  Segesen-  (Sensen-) 
und  Kupferschmied^  Schlosser,  Uhrmacher, 
Klingenschmied  und  fürgestellte  Messerer  zu 
Schttckowitz  yersamlet  gehabt,  auch  die  Schai- 
denmacher  und  Hafner,  und  volgende  Punc- 
ten mit  ihnen  geredt  und  sie  vermanet. 

„  84** — 85":  Anno  1641  den  15.  Maij  Messerer  Ordnung  ernst- 
lich gelesen. 

Anno  1650  den  25.  März  emstlich  mit  allen 
geredt. 

Anno  1665  den  4.  Jänner  emstlich  mit  allen 
geredt. 

9  65* — 87*:  Mit  den  Messerern,  Elingenschmieden  und  Schei- 

demnachem  au  reden. 
„  88* — 91*:  Anno  1612  den  ll.December  ist  in  derVersamb- 

lung  zu  Kosstl  von  allen  Eltesten  Brüedern, 


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I 


2d4 


auch  etlich  HÄUÜhaltem  und  der  f^rhu^ter. 
Einkäufer  .  .  .  Uat'ner  und  Mebäerer  er- 
kennt (worden). 

Fol.   91'—  UV:  Anno  1641  den  7.  Tag  May  zu  Dcchtitz,  in 

Bcywesen  aller  Brtleder  des  Worts  und  der 
Uaushalter  mit  allen  fUci^est  eilten  Mefiserem 
nachvolgcnde  Punctcn  geredt. 
„    QV—  91*:  Anno  1650  den  4.  Augusti  in  Beysein  aller 

Brüeder  des  Worts  die  fUergesteUten  l^fe»- 
serer  versamlet  m  Sabatisch  ihnen  ihr 
Handwerks  Ordnung  sambt  nackyolgenden 
Punkten  mit  Ernst  verlesen. 
91':  Anno  1641  den  7.  May  m  Decktits  in  Bey- 
wesen  aller  Brtteder  des  Worts  n&d  der 
Hanshalter  alle  fteigestellten  Hafiier  bej- 
samen  gehabt,  ihnen  ihr  Ordnung  geleeeiij 
dameben  nachfolgende  Puncte  mit  ihnen 
geredt 

„    92*~  94*:  Was  der  Hafoer  nmb  des  kOsdich  tenem  Ge- 

schtters  halben  erkennet  worden  anno  1612 
den  11.  Decembris. 

„    94^^-100^:  Anno  1610,  den  16.  tag  Augusti  in  Beysein 

aller  Brtteder  des  Worts,  aller  Haushalter 
in  großen  und  klmen  Haushaben,  auch  der 
Einkaufer  und  Ausgeber  abermals  alle  fUr- 
gestellten  Miliner  und  ihre  Gehilfen  zur 
Keumül  gcsaiulct  gehabt  und  ilmcn  diese 
.  .  neuem  .  .  Puncten  .  .  .  gercdt  .  .  und 
daiicben  auch  die  ganze  MUlordnung  ver- 
lesen worden. 

„    101* — III':  Was  mit  den  Maierlcutcn  zu  reden. 

„    III" — 113":  Anno  1633  mit  den  Balorn  zu  Levär  geredt. 

0   113":  Anno  163^  den  16.  Augubt  zu  Levär  mit  den 

Badern  gercdt. 
Anno  1635  den  18.  Januarij  abermals. 
Anno  1637  den  12.  Januarij  verlesen. 
Anno  1654  den  19.  Februar  verlesen}  ^ba- 
tisch. 

Einlageaettel:     Anno  1666  den  21.  Marty  mit  ernst  verlesen. 

Sabatisch. 


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255 


Fol.  114*— 120*':  Anno  1593  den  26.  October  mit  don  AlrgesteU- 

ten  Badern  geredt. 
„   121»— 132*:  Ordnung  der  Faerleaten. 

133*^134^  Anno  1639  den  2.  Novembris  in  der  grossen 
Versamlilung  zu  Sabatisch  von  allen  Brue- 
dem  .  .  erkennt  .  .  und  durch  den  Bruuder 
Andreas  Ehrenpreise  mit  vil  lehrhaflcn  wer- 
ten und  Exempehi  in  alle  Haushaben  ge- 
meldet .  . 

„   13Ö»— 136':  Anno  1640  den  14.  Martu  zu  Lebär  in  der 

grub^cn  Vci^amblunc:  von  allen  Brucdcrn  be- 
schlossen .  .  .  (Ordnuiii^^  in  einzckicn  Punk- 
ten für  die  meisten  Handwerke), 

„   ISG**— 138*;  Mit  den  Naterinen  zu  reden. 

„  138* — 142*:  Mit  den  Kellnern  emstlich  zu  reden. 

Aus  dem  vorliegenden  VerzeichnisBe  ist  zu  ersehen,  dass 
für  die  meisten  Handwerke  und  darunter  6ir  einige^  die,  wie 
die  Tttchmachereii  besonders  lebhaft  und  erfolgreich  betrieben 
wurden,  keine  Ordnungen  mehr  erhalten  sind.  Auch  jene,  die 
der  Zufall  gerettet  hat^  stammen  aus  jüngerer  Zelt,  doch  ist 
OS  noch  möglich,  aus  ihnen  jene  Ordnungen  zu  erkenneui  die 
in  der  ältesten  Zeit  geltend  warra,  und  auf  die  Einriebtungen 
in  jenen  Handwerken  zu  schliessen,  von  denen  sich  keine  Ord- 
nungen erhalten  haben. 

Der  Hau$hälter, 

Es  gibt  grosse  und  kleine  Haushaben.  In  jenen  kommen 
auch  die  Bewohner  der  kleinen  Haushab^  zusammen,  um  das 
heil.  Abendmahl  zu  empfangen.'  In  ihnen  wohnen  die  Diener 
des  Wortes  und  der  Nothduift.  Au  der  Spitze  der  letzteren 
steht  der  Haushttlter.  ^Er  hat  alles  Volk  mit  seitlicher  Noth- 
duxft  zu  ▼ersoigen,  an  die  Arbeit  anzurichten  und  auf  seinen 
Wandel  zu  achten.  Darum  soll  ein  Jeder  seinem  Befehle  ge- 
horsam sem,  damit  er  in  der  Ordnung  des  gemeinen  Kutzens 
fi»rtznkommen  vermOge.'  ,Darum  geht  der  HaiishMlter,  wenn 
er  etwas  zu  richten  hat,  zu  den  FttrgesteUten  und  sagt  ihnen 


*  Owehiditslrilcber.  S.  m. 


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256 


an,  was  zu  thun  von  Nöthen  ist  und  wie  viel  Person«  n  er  hie 
im«!  da  hcdarf.  Oie  muss  man  ihm  Kisscmi.  Wimui  d<'r  Haus- 
häh<'r  nicdit  daticim  ht,  so  soll  man  si>inc-n  Gehilfea  ohne  alles 
„8trausscn"  gleich  sowohl  folgen  als  ihm  selbst/ 

Der  Ilaushillter  ist  schuldig,  ,früh  und  spät,  bei  Tag  und 
Nacht  die  Hut  und  Wacht  mit  Fleiss  auf  sich  zu  nchmen^' 
,Ei'  hat  darauf  zu  selien,  dass  alle  Anstellung  uad  Arbeit  su 
rechter  Zeit  mit  den  Amtleuten,  Gehilfen  und  Weinzicrien  ab- 
geredet und  ordüntlieh  angestellt  werde/   ,Die  Haushälter  sol- 
len selbst  überall  nachsehen,  dass  der  Sttnd'  und  allem  Un- 
recht gewehrt  werde  und  es  allerorten  recht  nnd  wohl  eu- 
gehc/  ylnaonderheit  soll  er  im  ganzen  Hause  nachsehen,  wie 
CS  um  die  Feuerstätten  bestellt  ist,  auf  dass  kein  Feuer  aua^ 
komme.  Er  soll  oft  in  die  Kttche  gehen  und  die  Speisen  selber 
kosten.  Die  Kranken,  Alten  und  Kinder  stehen  unter  seiner  be- 
sonderen Obhut.  £r  hat  Acht  au  geben,  dass  einem  jeden  nach 
seiner  Gebühr  nnd  seiner  Kothdurft  gereicht  werde.  Mit  den 
Acltcsten  hat  er  Raths  zu  pflegen,  mit  ihnen  freundlich  umxn> 
gehen  und  nicht  ein  jedes  Wort  oder  Werk  gleich  ttbel  zu  neh- 
men.' ,£r  soll  besonders  darauf  sehen,  dass  es  bei  der  Austheilung 
von  Speise  und  Trank  gleich  zugehe,  dass  sie  nicht  nach  ihrem 
Gefallen  Wein  und  Fleisch  geben.  Wollten  sie  etwa  den  Acker- 
Icutcn  Wein  aufs  Feld  tragen,  so  könnte  dies  nicht  gestattet 
werden.'  ,Es  ist  ihre  Sache,  darauf  zu  sehen,  dass  Niemand  in 
der  Kttche  etwas  Besonderes  aufbringe,  sich  eine  besondere 
Speise  koche  u.  dgl.'    ,Des  Weines  halber  sollen  sie  fleissig 
fragen,  Avieviel  ein  .leiblicher  baut,  wie  er  damit  umgeht  und 
ob  er  mit  Kuth   daiiiit  handle/   ,Sie  haben  darauf  zu  sehen, 
dass  di(i  „Essenträger"  diu  (JMstc  nieht  lauge  herumgehen  las- 
sen, bondcru  sie  rasch  bedienen,  wie  es  ihnen  gebührt/  .Sic 
sollen  nieht  auf  je<ien  Jahrmarkt  laufen;  namentlich  soll  iiie8 
den  Jungen  uicht  erlaubt  werden.  Man  hebt  nur  wenig  Ehr' 
damit  auf/ 

Wenn  sie  Vieh,  Weingarten  oder  Ackerland  kaufen,  soD 
dies  nie  <.)line  den  Katli  der  Aeltcsten  gf>schehon.  ,Mit  dem 
rtrid  sollen  sie  ges{);irig  und  gesehmeidig  unigciicn,  denn  es 
sind  der  Gemeinde  Sachen,  und  viel  davon  verthun,  ist  gar 


§  1  der  Ordnong  der  Fdbileate.  Andre  Ehrenpieifi  Oidniingeiv  Ood. 
O.  J.  8«  in  Gran,  Fol.  ISl. 


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257 


eine  achleehte  Ettnet,  und  ist  doBjenigc,  so  man  erspart,  gleich 
so  gut,  als  man  es  erst  gewinnen  soll  und  muss/ 

Kein  Ilaushälter  soll  ,ein  tadelhaftiges  Koss  als  gut  vcr- 
K.uiffn,  denn  v»  kann  mit  gutem  ({('wissen  nicht  geschehend 
,Vor  SchuldenmAchon  soll  ein  Jeder  sich  hüten,  sei  es,  dass  er 
Geld  oder  Getreide  ausleiht,  denn  meistens  bat  man  nichts  da- 
von als  Feindschaft  und  Schaden.' 

Wenn  der  HanshJÜter  Hftuser  oder  Güter  kaufte  ,soll  er 
JegBcbes  Yorher  fleissig  anatmgen^  verbriefen  und  versehreiben 
kseen,  dieweil  wir  oft  mit  Schaden  gewitzigt  werdend 

,Dae  Bauen  soll  mit  gutem  Rath  geschehen;  kein  Stfthel 
und  keine  Kammer  soll  zur  Kuchel  gebaut  werden,  um  da- 
selbst etwa  Gastereien  zu  halten/  ,Den  Ilandwcrköleuten  yoll 
üian  nicht  so  gemeine  Kämmerlein  maelien,  sondern  wo  es 
Noth  thut^  soll  es  mit  gutem  Rath  geschehen/ 

Von  denen,  die  aosgeeandt  werden,  ,soll  die  Zehrung 
fleissig  abgefordert  werden  —  es  ist  der  Ordnung  wegen^  nicht 
ans  Misetraiten^ 

yAUe  14  Tage  hat  der  Haoshttlter  das  Geld  von  den 
Handwerkern  einaiifbrdeni  und  Niemandem  gestatten,  ohne 
firlaabnis  auszugehen/ 

Er  soll  Jeden  verhalten,  ,fleissig  aufzuschreiben,  was  er 
<ler  Herrschaft  leistet,  damit  nicht  einer  über  den  andern 
klaget  Er  achte  darauf,  da^s  Niemand  ,sich  mit  Arbeit  über- 
nehme^, dass  ,die  Handwerker  vor  allem  anderen  die  Gemeinde 
St  ilist  versorgen;  denn  etliche  streben  nur  gern  nach  auswärts 
and  sagen  dann,  sie  können  die  Gemeinde  nicht  versoigen^ 

Die  einadnen  Handwerker,  Riemer,  Sattler  u.  s.  w.,  haben 
ysonflehst  noch  die  alten  Zeuge  zu  bringen,  fiüls  sie  noch  aus- 
subessem  sind'. 

Von  den  Haushältern  soll  einer  dem  andern  treulich  hel- 
fen; sie  sollen  die  Neuankommenden  gut  versorgen  und  darauf 
achten,  dass  die  Jugend,  Buben  und  Dirnen,  in  der  Furcht 
^-'Ottes  erzogen  werden.  Der  armen  Verwaisten  mögen  sie  sich 
annehmen,  Jedermann  billigen  und  freundlichen  Bescheid  sagen 
Qiid  die  Schlttssel  zu  dem  Eigenthum  der  Gemeinde  weder 
ihren  Weibern,  noch  ihren  Kindern  überlassen.  Eine  Glosse 
MS  späterer  Zeit  fügt  hinan,  ,sie  sollen  diese  auch  nicht  mit 
heiserer,  daher  anetttesiger  Kleidung  versehen'.  ,Ihre  Weiber 
sollen  in  der  Spinn-  oder  Kindsmutterstube  sein.' 

AnkiT.  UXIL  Bi.  1.  BUfU.  17 


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358 


,Vor  aclitzip^  Jahren/  schreibt  Ebronprciß,  ^alflo  in  der 
Zoit  des  Blüthf  Standes  der  Gemeinde,  ist  auch  das  in  die  Ord- 
nung der  Haiuhälter  gesobrieben  worden,  das»  sie  nicht  beson- 
deres, besseres  Bettgewand,  d.  h.  Federbetten  hnbrn  '  Jetet 
aber/  fUgt  er  klagend  hüum,  ,haben  sie  nicht  allein  dieses, 
sondern  sie  versorgen  meh,  ihre  Frauen  und  Kinder  mit  den 
schönsten  und  besten  Linnen,  die  sie  niir  bekomnien  kOnnen.^ 
Auch  die  Bemerkung,  dass  die  HaushStter  ,die  anderen  Schwe- 
stern nit  zu  ihren  Betten  gewöhnen,  mit  ihnen  nit  seherslieb 
oder  Itteherlieh  seien,  was  einem  Bruder  llbel  anstehe  und  der 
Gemeinde  Traner  und  Schmach  eneuge',  mag  wohl  schon  aus 
späterer  Zeit  stammen.  Die  Haushxlter  sollen  darauf  achten, 
dass  ,die  Weinsierle  nicht  so  lange  daheim  henimsiehon,  son- 
dern im  Felde  bei  den  Arbeitem  seiend   fiie  alten  Hauer 
wissen  gar  wohl,  dass  es  ein  gemeiner  Brauch  gewesen,  einen 
Zug  Drescher  in  der  Woche  3  Math  Korn  dreschen  und  einen 
Mäher  in  einem  Tag  eine  Fuder  Heu  mähen  8U  lassen'. 

Es  ist  Sache  des  Ilaiishiilters,  darauf  zu  aehtcn,  dass 
alle  Fuldfrüehte  rechtzeitig  {:!;oschnitten  und  ins  Haus  gebracht 
werden.  Auch  das  Gras  musö  man  zur  recliten  Zeit  mähen 
las.'icn,  denn  wenn  es  in  die  Stengel  wächst,  kann  das  Vieh  es 
nicht  geniesscn. 

,Der  II;utsb;Üter  ^oll  tieissig  achten,  dass  die  Haushälterin 
nit  jun|^c  Dirnen  braucht  und  sie  in  Kammer  und  Keller  hin- 
und  herschickt:  man  möge  viclmclu*  gottosfilrchtige  Schwestern 
benutzen,  die  mau  dann  auch  brauchen  kann,  wenn  jemand 
krank  wird/ 

Junge  Haushälter  sollen  sieh  nicht  zu  viel  ,an  die  Herr- 
schaften und  Amtleute  hängen,  so  dass  man  sie  bisweilen  ron 
diesen  nicht  untei-scheiden  kann^  ,Für  den,  der  für  die  Ge- 
meinde und  ihr  Recht  Rede  und  Antwort  zu  stehen  hat,  wird 
es  gewiss  immer  Feindschaften  geben.*  ,Mit  Fleiss  sei  ein 
Jeder  darauf  bedach^  vorfidlende  Gerichtshändel  nicht  stocken 
zu  lassen  und  wachsendem  Sehaden  nicht  lange  durch  die 
Finger  zu  sehen/ 

,Mit  Essen  und  Trinken  sollen  sich  die  HaushAher  mJIssig 
und  gebUhrlieh  halten,  weil  sie  der  Gemeinde  Gut  in  HUnden 
haben;  namentlich  im  Txinken  soUen  sie  sich  der  Nachtemheit 
befleissen,  dass  man  des  Morgens  den  Branntwein  und  Tags 
über  den  Wein  nicht  an  ihnen  spüren  muBs.' 


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259 


,Kin  jedtT  soll,  was  ihm  von  der  Gemeinde  anvertraut 
ist,  als  das  theuerstc  ansehen  und  als  seinen  besten  Hehatz 
betrachten  Wie  ist  es  ein  gut  und  gross  Ding  um  erneu  klu- 
gen und  treuen  ilaushaltor/ 

yUnd  haben  die  lieben  Altväter  vor  langer  Zeit  die 
Uaasliäiterordnung  mit  dem  beechlosseDi  daes,  so  etliche 
sich  am  unsere  Befehle  niobt  kttmmenii  es  auch  kein  Wunder 
sei,  wenn  der  Herr  den  Segen  nieht  gibt' 

In  diesen  Punkten  ist  die  wesentliche  Thätigkeit  der 
Haashillter  geseiehnet  Aus  der  letsten  Anmerkung  ist  ersicht- 
lich, (lass  es  in  der  Hauptsache  die  Satzungen  sind,  die  wiili- 
rend  des  Aufenthaltes  der  Wiedertäufer  in  Mähren  ge^^fhcn 
KaVjcii.  lui  Jahre  1040  wurde  eine  Zusatzordnung  erlassen,  die 
2U  Funkte  umfasst  und  die  Uaushälter  zu  einer  genaueren  Be- 
aufsichtigung der  Feldarbeiter  mahnt  ^er  Hausliiüter  soll 
tigiieh  wissen,  was  ausgerichtet  werden  kann^  damit  man  nicht 
eine  ganze  Woche  an  dem  hftngty  was  in  zwei  oder  drei  Tagen 
gerichtet  werden  kann/  ,Die  Haushälter  sollen  auf  Getreide, 
Uehl,  Schrot,  Kleie  und  Futter  Achtung  geben  und  bedenken, 
dasa  man  durch  den  Winter  gelangen  kann/  ,Wenn  die  Haus- 
hältcr  bei  einander  sind,  so  sollen  sie  vom  Nutzen  der  Ge- 
meinde und  dem,  was  ihr  Noth  tliut,  reden,  den  jungen  liaus- 
hältem  zur  Nachahmuug,  und  alles  unnUtzc  Qespräch  unter- 
lassen/ 

5.  Capitel. 
Ans  sittielnen  Handwerksn. 

i.  Verbotme  oder  nur  bedingt  erlaubte  Handwerke, 

Nicht  alle  Geschäfte  durften  yon  den  Taufgesinnten  be- 
trieben werden.  In  Peter  Kicdcinann's  yKechenscliaft'  *  lesen 
wir:  ,Krämcrei  und  K;uilmannschaft  zu  treiben  untc^r  uns,  «ge- 
statten wir  keinem,  diewcil  '.'s  vui  sl^J^li^l■J•  HaiicU  I  ist;  wie 
denn  der  weise  Mann  sagt:  Ein  Kaufmann  und  Kramer  kann 
sieh  schwerlich  bewahren,  dass  er  nicht  sündigt,  und  wie  sich 
ein  Kagel  zwischen  Thiire  und  Angel  einawängt,  also  die  SUnde 
zwischen  Kaufen  und  Verkaufen.  Darum  gestatten  wir  keinem, 
dass  er  auf  Wiedenrerkanfen  etwas  kaufe,  wie  die  Kaufleute 


Capitel:  ,Vom  Krewer'.   Vgl.  Fischer,  Taubeukobel,  S.  61. 

17» 


360 

und  Krftinnr  zu  thun  pflegen.  Aber  einem ,  der  kauft  xar 
Nothdiu'ft  seines  Handwerks,  um  dieses  damit  tn  treiben,  und 
'das,  was  er  daraus  gemacht,  wieder  zu  verkaafen,  das  acbtoa 
wir  nicht  fUr  unbillig.  Das  allein  halten  wir  für  unrecht,  wenn 
einer  was  kauft  und  gleich  dieselbige  Waar^,  wie  er  sie  kaul^ 
wieder  yerkauft  und  seinen  Gewinn  und  Uebemuta  davoD 
nimmt  und  dem  armen  Mann  die  Waare  vertheuert  und  ihm 
das  Brot  vor  dem  Mund  abschneidet^  so  dass  ein  Armer  mt 
mehr  als  der  Reichen  Knecht  sein  kann/ 

Nicht  anders  war  es  mit  dem  WirUisgeschlft.  ^  ,Aach 
hissen  wir  unter  uns  keinen  su,  dass  er  ein  offener  Wirth  sei, 
Wein  oder  Bier  schenke,  dieweil  alles  unsllchtige,  ung^tliehe 
und  verderbte  Wesen  dabei  geschieht  und  alle  trunkenen  und 
unnateen  Buben  da  ausanunenkonunen  und  ihren  Muthwülen 
treiben.  Ein  Wirth  kann  sich,  wie  der  weise  Mann  sagt,  der 
Sttnde  auch  schwerlich  enthalten.  Das  aber  thun  wir  und  ist 
auch  recht  gethan,  wenn  Jemand  über  Feld  kömmt  und  nit 
weiter  weiss  und  kann  und  zu  einem  unserer  ßi*iider  einkehrt, 
80  nimmt  ihn  dieser  auf,  beherbergt  ihn  und  dient  ihm,  so  put 
er  immer  kann,  über  nit  ums  Geld,  sondern  frei  umsonst.  Also 
Hilden  wir  auch,  dass  die  Heiligen  gethan  haben  tmd  gastfrei 
gewesen  sind/ 

Auch  das  Schneiderhandwerk  durfte  nur  unter  gewissen 
Einschränkungen  betrieben  werden.  ,Mit  allem  Fleissp/  sagt 
Riedemann,  ^sollen  und  wollen  wir  unseren  Nächsten  dienen, 
mit  allerlei  Arbeit  zu  seiner  Nothdurft,  und  dass  (Jott  darin 
gelobt  und  unser  FloisH  erkannt  werde.  Was  aber  allein  zur 
Pracht,  zum  8lok  und  zur  Hoffart  gereicht,  als  „zerschnittene, 
verbremte  und  ausgestochene'^  Werk,  das  machen  wir  Nie- 
tn nn  dem,  auf  dass  wir  unser  Gewissen  rot  Qott  unbefleckt  er- 
halten/- 

,I>ieweU  die  Christen  ihre  Schwerter  Terschmieden  oder 
hinlegen  sollen,  dürfen  sie  noch  Tiel  weniger  solche  machen, 
weil  sie  au  nichts  Anderem  als  aum  Wttrgen,  Beschädigen  und 
Verderben  der  Menschen  dienen.  Darumben  wir  weder  Schwert, 
Spiess,  Büchsen,  noch  dergleichen  Wehr  und  Waffen  machen. 


*  Riedemami,  HechenscbAft,  Capitel:  ,Voin  Wirth'. 

*  ElModa,  Capitel:  ,Vom  Kld4erauu:hen'.  Copio  in  der  Bedc'aefcca 


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261 


W«8  aber  sn  Nute  und  tanglioheiii  Gtebranch  der  Menscboa 
geniaclit  wird,  als  Brotaietser,  Aexte,  Hauen  u.  dgl,  mö^en 
wir  wohl  machen  uod  thun  es  auch.  Wenn  man  gleich  sagen 
kann,  es  mag  damit  auch  der  eine  und  andere  erwürgt  und 
*^etüdtet  werden,  so  wird  es  doch  nicht  von  uns  des  Erwürgens 
und  Tödtens  wegen  gemacht.  Darum  es  zu  machen  uns  nichts 
hindert.  Will  es  aber  ja  einer  Eum  Beschädigen  gebraucheD, 
so  geschieht  das  ohne  uneere  Schuld;  dämm  m({ge  er  sein 
Urtheü  tragen/^ 

Weder  dae  Schmiedehandwerky  noch  die  Schneidersttttten 
konnten  eomit  zur  voUen  Entfalinng  gelangen.  Dem  Schneider- 
handwerke stand  dae  Gebot  ein&eher  Tracht'  im  Wege.  ^Der 
Schmuck  der  Christen  besteht  nicht  in  iiusserUclier  Pracht  und 
Zier,  im  Umhang  des  Goldes,  Anlegung  der  Kleider  und  der- 
gleichen Aufputz,  Hoiidern  in  der  Unverriickbarkeit  cmos  sanf- 
ten und  stillen  Geistes.  Derhalben  die  Christen  ihreu  Fleiss 
auf  äusseren  Putz  der  Welt  zu  Gefallen  nit  legen  sollen^  und 
ist  solcher  Putz  nit  eine  Zier  der  Christen^  sondern  ein  Zeichen 
ones  Unchristen*' 

Ueber  die  Tracht  der  Wiedertttufer  in  Mähren  belehrt 
die  Kleiderofdnnng  und  Weisung  filr  die  Tuchmacher,  die  auf 
dem  Convente  von  Pribits  am  37.  Deeember  1605  beschlossen 
wurde:  ,Anno  1605  den  27.  Deeember  zu  Brywitz  erkennt, 
dass  mau  in  gemeinhin  in  die  Brüdcirück'  die  Knud  nit  weiter 
den  vierthalb  Viertl  schneiden  soll,  einem  alten  Bruder  aber 
ellenweit,  und  dass  die  SchOss'  au  den  Brüdcrröeken  in  gemein- 
hin nit  länger  als  eine  halbe  £llen  lang  und  aufs  weitest 
anderthalb  Glocken  sollen  geschnitten  werden.  Einem  alten 
Bruder  abw  mag  man  die  Schöas'  am  awei  Finger  länger 
machen.  Was  aber  die  BrOder  des  Worti  belangt,  denen  soll 
msn's  machen,  wie  es  jedem  in  seiner  Ehr^,  Weis',  Alter  und 
Dienst  vor  dem  Volk  su  stehen  geziemt' 

,Die  Hosen  sollen  fttrhin  weder  oben  noch  unten  umb 
die  Knie  so  (zu)  weit  geschnitten  werden.  Sie  dürfen  uinb 
die  Knie  nit  eingezogen  oder  gefaltet  sein  oder  Uberhangen, 

*  Riedemariti,  RiHhen«chaft,  Capitül:  ,Voui  Öclivveriiii.ielieii'. 

*  Ebenda,  Capitel:  ,Voin  gauzeu  Tracht,  Wandel^  Oesclimuck  Ql^  Zier 
der  ChriitenS 

*  CML  Q.  J.  VI,  26,  in  Onn,  Fol.  SS.  Einleg«blatt  Copie  in  der  ▼.  Beck- 
•dm»  Bammliuig. 


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362 


damit  man  sich  der  Welt  gleichstellt  Also  hat  man 
18  Paar  grosse  und  kleine  Brttderhosen  aus  einem  Stück 
Tnech  Bchneiden  kOnnen.  Den  grösseren  Schwestern  ain  Rock 
sechs  Ellen  weit,  einer  mittleTen  Schwester  sechsthaib  EXen 
weit^  so  kann  man  ans  9  Stack  Taeh  wohl  eilf  SehwesterrOck 
machen,  werden  förmlich  und  weit  genug,  dass  sieh  keine 
schämen  darf/  Ans  einem  Stllek  Tnch  kann  man  schneiden 
18  Schwesteijupen,  grosse,  mittere  nnd  kleine  und  dabei  kann 
man  auch  bleiben/ 

,Ans  einem  Blatt  Leinwat,  sie  sei  gleich  so  klneg  (fein) 
oder  grob  sie  welle,  (kann  man)  nit  weniger  denn  5  Brüder- 
krägen  schneidern  und  Schwesterbmstpfaidlen  nit  weniger  dann 
6  Krfigen  machen/ 

,1>ie  Brustpfaidlen  sollen  Niemand  weiter  gemacht  wer- 
den als  aus  einem  halben  Blatt  ein  Eniiel,  es  sei  die  Lein- 
wand klueg  oder  grob;  wo  man  aber  weitere  fiiult,  sollen  als- 
bald zur  N;iht»'nu  gebracht  nnd  anders  gemacht  werden/ 

,Alle  gefalteten  Briistpiitdicu,  Ketnätl  (sic\  Zeteln,  die 
stolzen,  prilehtigen  Gürtel  mit  köstlichen  Beschlägen,  auch  alle 
aiislilndischen  Schlossgürti  l,  soll  alles  abgestellt  sein  und  blei- 
ben und  sollen  die  Beschlag  und  äenkl  (!)  am  QUrtel  nit  län- 
ger als  znllaiiL''  sein/ 

,l)ie  Aus«;eljer  solleTi  liiiifUr  flelssijrer  Aehtnnsr  haben,  daas 
Rolelic  l)in<j^  in  der  (t< mrin  nicht  zugelassen  '  werden.  In- 
sonderheit rindet  sich  grosser  Mangel  an  Ausgebem,  dass  sie 
nit  genug  aufschauen,  wie  es  bei  den  Schneidern  zugeht.  Sie 
lassen's  einen  Theil  machen,  wie  sie  wollen/ 

,Bei  den  Tuchmachern  gehfs  auch  dem  Ansehen  nach, 
dass  sie  nicht  nachschauen,  dass  die  Tuch  gut  gemacht  wer- 
den; sie  eilen  auf  den  Feierabend,  wirken  sn  dttnn,  die  Spin- 
ner spinnen  zu  grob,  die  Tuch  werden  kurz  und  au  schmal 
und  die  Karten  (=  Karden,  cardo,  «um  Rauhen)  zu  sehai-f 
und  ist  alles  dahin  gericht,  dass  man  bald  die  halbe  Zeit 
Feierabend  macht,  dem  Bästlen  (Tändeln)  und  £igennnts  ans- 
wartet.  Demnach  werden  die  Tuch  schwämmet  (schwammig) 
and  schlecht,  haben  keinen  Boden  und  reissen  schnell  dahin. 
Es  ist  die  Frage,  wie  Ausgeber  und  Haushalter  solches  ver- 
antworten  können/ 


'  Cod.:  g«bad«ii      gepsMirt)  worden. 


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263 

In  Wirklichkeit  stand  das  Tuchuiüclieigc werbe  der  Wie- 
dertäufer auf  einer  sehr  hohen  Stufe;  ihre  Tticher  waren  aiisscr- 
orclentiieh  geschätzt,  so  dass  man  nach  ihrer  Vertreibung  aus 
.Mübren  daran  dachte,  gewerbstttehtige  Niederländer  ins  Land 
m  rufen,  um  den  bo  wichtigen  Erwerbezweig  auf  der  ahen 
Muhe  m  erbahen. 

2,  Erlaubte  Handwerke. 

Den  andersgläubigen  Handwerkern  bereiteten  die  Wie- 
d.ertiiiifer  in  Maliren  eine  äusserst  8chai*fe  Ooncurrenz,  der  jene 
sclion  aus  d«  iii  (irunde  nieht  iJ:ewachseu  waren,  weil,  ganz  ab- 
gesehen von  den  viel  einfacheren  Lebensverhältnissen  und  Ge- 
wohnheiten, die  Prednctionamethode  in  den  einzelnen  Hand- 
werken  eine  einfachere  war.  l^er  ging  Alles  anf  den  Grose- 
betrieb  ans,  nnd  die  einaehien  Handwerker  arbeiteten  einander 
in  die  Hftnde.  £b  war  strengstens  untersagt»  ein  Robproduct 
wo  anders  als  von  den  Wiedertinfem  selbst  au  nehmen^  yor- 
ausgesetst,  dass  es  vorhanden  war.^   So  wurden  ans  den 
Schlächtereien  die  Felle  an  die  Gerber  abgeliefert  und  von 
diesen  zubereitet  an  Sattler,  Riemer  und  Schuster  geliefert. 
Kbensn  war  das  VerhältniH«  zwischen  den  Baumwollstnben  und 
Webereien,  den  Tuchmachern  und  Schneidern  u.  s.  w.  Nur 
wenige  Bohproducte,  wie  Eisen,  feinere  Gele  u.  a.  wurden  aus 
der  FVemde  genommen.  Im  Einselncn  wurde  das  Gewerbe  im 
Grossen  betrieben,  denn  ftbr  ibre  Producte:  Messer,  Sensen, 
BeuteltQcher,  Tttcber,  Schübe  u.  s.  w.  fimden  sie  nicht  allein 
an  den  eigenen  Brüdern,  sondern  an  den  ttbrigen  Nachbarn 
fleissige  Abnehmer.  ,Sehe  ich/  fragt  Fischer,  ,niebt  alle  Sonn- 
und  Feiertage,  sonderlich  des  Morgens,  die  Leute  haufenweise 
zu  Euch  gehen  und  ihren  Bedarf  von  Kuch  kaufen?*  ,Und 
(las  ist/  fügt  er  bei,  ,nie!it  allein  zu  Feldsberg,  sondern  allent- 
halben im  Land  der  Ir'all.   Daher  die  lebhaften  Klagen,  dass 
die  Katholiken  neben  ihnen  nicht  aufkommen,  dass  ihnen  die 
Wiedertäufer  das  Brot  vor  dem  Mund  wegschneiden/  Diese 
Klagen  hatten  zur  Folge,  dass  am  23.  Mäm  1601  ein  förm- 
licbes  Mandat  gegen  die  Wiedertäufer  für  Ober-  und  Kleder- 


•  Diu*  galt  .iLu  Ii  von  anderen  Produeten,  s.  üeschiclilMhiiclier,  S.  463,  ,die 
Fenster  uiciit  bei  deu  Judeu  udor  Olaseru  wachen  zu  liutsen*. 


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264 


ö^tcrreieh  erUutten  wurde, '  ,da88  die  Landherreii  in  Oesterreich 
die  Brueder,  wo  sie  in  HUelen  oder  «ndem  Orten  unter  ihnen 
wohnen,  Urlauben  «rilen,  und  wo  ein  Herr  sie  über  das  weiter 
aufhalten  wurde,  BoU  er  in  kaiterlaohe  ätraf  und  hohe  Ua- 
gnad'  fallend 

Das  Mandat,  erlassen  ,au8  Angaben  der  Jesuiten',  hatte 
nur  geringen  Erfolg.  Auch  sind  die  Angaben,  dase  die  Wie- 
dertäufer zu  den  gemeinen  Lasten  nichts  beitrugen,  fidls  sie 
sich,  wie  in  dem  Buche  von  Fischer,  auch  auf  die  mährischen 
Wiedertäufer  erstrecken,  durohaos  unrichtig.  Die  Besteuerung 
der  wiedertäuferisohen  Hanshahen  war  eine  siemlieh  bedeu- 
tende.* Dass  man  die  anderen  Handwerker  aufiniagt,  leugnet 
Claus  Breutel  entschieden.  ,Wir  müssen,'  sagt  er,  ,un8  wehren 
mit  täglicher  Handarbeit  und  nicht  mit  MUssiggang.  Wir  be- 
gehren einem  Jeden,  was  er  kauft,  umb  sein  Geld  au  Ter^ 
gnUgen,  und  wenn  die  I^eut'  nicht  um  ihren  Pfennig  veignagt 
wären,  so  würden  sie  uns  lange  nicht  angehen.'*  Damit  er^ 
ledigt  sich  der  Vorwurf  Fischer'»:  Den  Handwerksleuten  schlagt 
Ihr  den  Preis  so  hoch  an,  dass  sie  neben  Euch  nicht  arbeiten 
küunen.  Die  \\'iedertiiufei  dage^jcn  sagen,  dass  sie  nur  die 
gebührlichen  Preise  verlangen.  Alierdings.  ,wie  sie  eine  Sache 
bieten,  so  muss  man  sie  nehmen'.  Aber  sie  sahen  ihrerseits 
strenge  darauf,  dass  nur  gute  Waare  zum  Verkaufe  gelangte. 
,l)ie  Klingen,'  heisst  es  in  der  betreffenden  Ordnung,  ,dio  man 
als  niangelliaft  erkennt,  soll  man  nit  verkaufen,  auch  unsaubere 
Arbeit  nicht  bu  tlieuer  geben  als  andere.*  ^Einkäufer  und  Zu- 
schneider sollen  nnch  der  Cionn  iii  Sinn  und  Ordnung  dai^auf 
sehen,  dass  gute  Arbeit  ausgegeben  werde,  damit  der  Geraein 
guter  und  ebrlielier  Name  nit  verloren  gehe  oder  verlästert 
werde,  auch  die  Leut'  nit  um  ihr  Geld  betrogen  werden.** 
Den  Scbeidenmachem  wird  eingeprägt,  den  möglichsten  Fleiss 


*  FiaehMV  »64  erhebliefao  Unachen%  Sl.  Andere  Dmeke  bei  J.  t.  Beek, 

Qesehichtsbacher,  8.  SSS.  8.  oben  8.  196. 

*  Bcztiglich  der  Steuern  b.  ztinächst  ihre  «ErklXmng  an  die  Mährlsclien 
Herren',  GoitchicbtsbÜclior,  S.  169.  Besteneningen  aus  den  Jabren  Iblb 
(«benda,  S.  276,  von  jeder  I'erson  über  10  Jahre  4  weisse  Groschen), 
1679  (ebenda,  S.  273),  1Ö82  (ebenda,  S.  282),  1694  (ebenda,  S.  320). 
1698  (ebenda,  8.  826,  827)  n.  a.  NIberee  darflber  oben. 

*  FUeher,  Antwort,  P.  II. 

*  Einkaufer-Ordnang  von  1689. 


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265 


aimiwendeii,  dM  die  Scheiden  fein  atttiberlicli  und  gut  ge- 
macht werden,  ,dieweU  die  Scheide  das  Messer  siert  und 

schändet^  ,Die  Messerer  sollen  auf  saubere  Arbeit  halten,  da- 
mit die  Leut'  um  ihr  Geld^  dieweü  die  Messer  iu  hohem  Preise 
stehen,  etwas  Urdentiiciies  erhalten/  .Man  soll  den  Leuten  nicht 
ungarisches  oder  schlesisches  Kiscn  statt  des  steirischen  hin- 
aosgehen,  denn  daraus  entstünde  Lästerung  und  es  wäre  nit 
Recht  Auch  verschlägt  man  sich  damit  die  Arbeit/  In  diesem 
Sinne  lauten  die  Weisongen  ftlr  alle  anderen  Handwerke,^ 

Die  für  die  einzelnen  Handwerke  Tenmtwordichen  Auf- 
seher sind  die  Einkäufer^  Ansthetler  (oder  Zuschneider)  und 
Vorgestellten.  Allen  sind  in  den  Ordntingen  die  genauesten 
^Veisungen  iiir  ihr  Verhalten  gegeben.  Die  Einkäufer  sollen 
bei  grossen  Kaufen  mit  einander  Rath  halten  und  nicht  gegen 
einander  nnf  Vortheiie  bedacht  scni.  Mit  dem  Oelde  haben 
sie  sai|;8am  und  ,gewahrsam^  umzugehen  und  darauf  zu  achten, 
daas  man  mit  den  erhaltenen  Stoffen  gebilhrend  verfahre.  ^Wcil 
dem  Einkäufer  ein  grosses  Gut  anvertraut  ist^  so  sollen  sie  mit 
dem  Einkaufen  nicht  Üederiich  und  unachtsam  sein^  Handels- 
leuten, FleiBchhanem  und  Juden  nicht  aUzuviel  trauen  und 
nicht  eigensinnig  nach  ihren  eigenen  KOpfeUi  sondern  nach 
dem  Bathe  der  Aeltesten  handeln.  Solchen  Rath  sollen  sie  auch 
dann  nicht  vtrarhten,  ^\  <  im  er  ihnen  nieht  gelallt.  Kiupfange- 
nes  Geld  ist  fb  ia  Huushälter  zu  überfifcben.  Sie  sollen  das 
Geld  Niemandem,  auch  ihren  Weibern  niclit,  anvertrauen,  son- 
dern sich  mit  den  Aeltesten  und  Uausliältern  ins  Einverneh- 
men setzen.  Der  Einkäufer  beaufsichtigt  die  Vorgestellten,  nimmt 
die  Vertheilong  der  Eohwaaren  vor  und  sieht  darauf,  dass 
diese  ihrem  Zwecke  auch  zugefilhrt  werden*  Die  Arbeiter 
dürfen  Ton  dem  ihnen  sugetheilten  Stoffe  nichts  ins  iägenthum 
nehmen  und  nichts  Terkaufen.  Die  Einkaufer  sorgen  dafür, 
dass  das  Gleichgewicht  zwischen  Einnahmen  und  Ausgaben  er- 
halten oder  zu  Gunsten  jener  verschoben  wird;  sie  sollen  über- 
haupt ,fleiasig  in  den  Werkst  ilten  nachsehen^  wie  man  mit  den 
dachen  der  Gemeinde  umgehet  Die  Käufe  von  Rohprodueten 
waren  oft  sehr  bedeutend.  Zu  Protzka  allein  kamen  eines 
Tages  20  Wagen  mit  eingekauften  Rohstoffen  an,  ,so  dass  es 


Soweit  man  eben  warn  den  noch  erhaltenen  Ordnongen  en  erkennen 
renneg. 


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266 


in  der  gansen  Nachbarschaft  Aufteheu  erregtet  Eben  dämm 
Bollen  solche  E^änfe  nicht  ohne  Wissen  der  Aeltesten  der  Ge- 
meinde vollzogen  werden.  ,Ks  hat  dcb  angetragen^  daaa  ein 
einaiger  fürgestellter  Schmied  m  Wessele  bei  einem  Eisenkanf 
bei  1300  Gulden  rh.  Schulden  gemacht  hat  tind  ▼oo  den  IjCw* 
ten  Geld  geliehen,  von  einem  Juden  allein  100  Gulden,  und 
die  Gemein  dauiit  zu  Schaden  gekonunen.'  *  Wegen  des  ,öehie- 
sischen  und  ungarischen  Kisens  soll  uucii  ein  Jeder  Aufmerk- 
samkeit haben,  da  es  nicht  so  g-nt  ist  als  das  steirische,  wie- 
wohl es  >vuhltei!er  ißt.  Im  llofe  sol)  nicht  viel  unnützes  Kisen- 
zen^  liegen;  man  müge  bedeüken,  ,dass  Eisen  und  Köhlen  in 
einem  iu)hen  Preis  seiend  3Iit  Kosbecureii  sollen  die  Schmiede 
sich  niciit  ?ih<T^.])en:  wenn  ein  K'oss  umfitUnde^  würde  das  Geld 
der  (remenuie  zugemessen  werden/^ 

Unter  dem  Haushalter  stehen  die  Ausgeber  (Zuschneider); 
sie  sollen  ihnen  zur  Hand  sein  und  bei  der  Arbeit  helfen.  Das 
Geld,  das  sie  fUr  Tücher  und  andere  Waaren  lösen,  sollen  sie 
nicht  heimlich  behalten.  Sie  dürfen  ,unseren  Leuten',  wenn  rie 
wandern^  nicht  angeschnittenes  Tuch  mitgeben,  damit  aie  es 
nicht  an  anderen  als  den  bestimmten  Dingen  Terwenden  und 
dann  an  den  Orten,  wohin  sie  wandern,  neues  verlangen'.  Die 
Zu8chneid<-r  thellen  wohl  die  Rohprodacte  aas,  dürfen  solclte 
aber  nicht  einkaufen;  sie  nehmen  das  Geld  in  Empfang  und 
stellen  es  alle  vieraehn  Tage  dem  Einkäufer  (oder  Haushalter) 
au.  Von  den  einseinen  Handwerkern  moss  der  QdderiOs  dem- 
nach  mindestens  alle  Tierxehn  Tage  abgeliefert  werden.  Als 
Regel  gilt  flbrigens,  ^dass  nicht  jeder  einaebe  Schuster,  son- 
dern der  Zuschneider  das  Geld  von  den  Bauern  m  Empfimg 
nimmt  Die  Ausgeber  müssen  genau  Teradchnen,  was  jedem 
einzelnen  Bruder  und  jeder  Schwester  an  leinenem  und  wolle- 
nem Gewand  aukommt;  auch  haben  sie  darauf  au  sehen,  dass 
die  alten  Kleider  nicht  von  den  Schaben  serfreasen  werden. 
Wenn  Brüder  sterben,  müssen  sie  deren  Gewandung  und 
Werkzeuge  einferdem.  Feinere  Tücher  und  Leinwand  und  so 
auch  die  besseren  und  theueren  Waaren  soUen  sie  nicht  her- 
ausgeben, ohne  die  Aeltesten  zu  Ratho  zu  ziehen.   Die  Aus- 
geber sollen  beim  Vcrthcilen  der  Gewänder  nicht  nach  Gunst 


^  Ordauug  vou  1610. 


267 


vorgehen,  sondern  nach  Billigkeit,  ,denn  nicht  ihnen,  sondern 
der  Gemeinde  gehören  die  Sachen,  die  sie  in  ihren  Händen 
habend    Sie  sollen  bUü:^  <lie  Stuben   selber   sperren   und  die 
Schlüssel  an  sich  nehmen.    Beim  Vertheilen  seien  sie  nicht 
gprob  gegen  die  JOngeren^  diese  mOssen  dagegen  etwaige  Ver- 
weise gut  aufnehmen.  Des  Morgens  verfügt  eich  der  Ausgeber 
yfein  bei  Zeif  in  die  Spinnstabe  (beziehungsweise  in  ein  ande- 
res Handwerk),  damit  die  Kaehlflesigen  Furcht  vor  ihm  haben. 
£r  achtet  darauf,  dass  in  der  Weberstabe  fleissig  gewirkt 
werde ;  die  Tnchmacher  darob  seien,  dass  die  Ttteher  die 
rechte  Breite  und  Länge  haben.   Ebenso  ins  Einzelne  geliend 
siiiil  die  Vorseliriften  ftlr  die  Vorgestellten^  der  einzelnen  Hand- 
werke.   .1  ►it   V(»ri?estellten  der  Mühlen  sollon  darob  sein,  dass 
die  Müldeu  allenthalben  gut  eingeheftet  seien  und  recht  go- 
Mirt  werden.' 

Das  Müllerhand  werk  hatte  neben  dem  d(  r  Tuchmacher 
und  Messerschmiede  einen  ansgeseichneten  Rnf.  Wir  wissen 
ans  einem  Sendbriefe,  dass  die  MoUer  bis  in  die  Schweiz  ge- 
sandt wurden,  um  dort  die  verschiedensten  Arten  des  Betriebes 
kennen  zn  lernen.*  Die  Vorgestellten  haben  den  Lohn  an  Oeld 
und  Zu«^ehör  tleissig  einzutreiben  und  nicht  ausstehen  zu  las- 
sen, bis  zu  viel  zusammenkommt;   sie  haben  ihn  dann  dem 
Betrettonden  zuzustellen  und  in  die  Zettel  eintragen  zu  lassen. 
Bei  den  Mühlen  sollen  die  Vorgestellten  ihre  Hausarbeit,  wie 
Holzhacken,  GrasmUhen,  Heumachen,  Graben  in  den  GUrten 
und  andere  Arbeiten  ^nicht  verlohnen,  sondern  es  mit  ihren 
Leuten  selbst  thnn,  damit  das  unntttae  Geldausgeben  unter- 
weg  bleibt'. 

Auf  die  Nenankommenden  und  die  Buben  ist  besonders 
zu  achten,  dass  sie  redlich  und  fleissig  seien  und  zur  Frömmig- 
keit und  zum  Handwerk  angeleitet  werden.  ,Man  soll  sie  nit 
sehlagen  und  raufen  oder  sonst  grob  mit  ihnen  umgehen.  Der 
Fürgestelite  soll  sie  in  seinen  Schutz  nehmen  und  darauf  scheu, 
dass  sie  das  Lesen  und  Schreibeu  nicht  vergossen.*  Am  mei- 
sten ist  daran  gelegen,  dass  sie  zu  einem  ehrbaren  Wandel  er- 
zogen werden.  Neuankommende  werden  ron  dem  Haushalter 


Zu  Zeiten  .sincl  8iu  /.uglenjh  die  Aiistheilor. 

Umgekehrt  konnnt  1fi60  ein  MillN  r  aus  Bellinzoua  zu  deu  Briideru,  um 
hier  das  MuMtei*  einet  ,OcliäeiuuUhle'  zu  haleu. 


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368 


empfangen;  er  gibt  ihnen,  wenn  es  Noth  thut,  Kleidung  und 
weist  ihnen  die  Lagerstätte  an.  Auf  die  Arbeit  der  j untren 
Handwerker  ist  besonders  zu  sehen,  damii  sie  bicL  meiit  an 
das  jSchleudern'  gewöhnen.  ,Die  jungen  Sduniede  sollen  an- 
gewiesen werden,  fein  und  |^ut  zu  beschlajjen  und  allerlei 
saubere  Arbeit  zu  lernen,  damit  da^  Schmiedehaudwerk  uit  so 
gar  in  Abgang  kommt/  Aueh  die  juTiL'eii  Uaushalter  sollen 
sich  gewöhnen,  etwas  zu  arbeiteiiy  anzu^eifen^  wenn  sie  lauge 
Weüe  haben/ 

Es  kam  wohl  vor,  dass  einzelne  Werkstätten  viel  zu  groes 
angelegt  waren;  , sollten  sie  ganz  besetzt  sein,  so  kann  man 
die  Menge  der  fertigen  Messer  nicht  verkaufend  Wenn  dann 
in  einem  Handwerke  weniger  zu  arbeiten  war^  mnssten  die 
Handwerker  aock  bei  der  Feldarbeit  fleissig  angreifen.  Die 
meisten  Brüder  waren  wohl  in  den  Werkstätten  thätig;  aber 
sehr  viele  arbeiteten  anch  in  Wald  und  Feld,  nicht  in  der 
Qemeinschafty  sondern  in  der  ^AinOd'.  Auch  diese  erhahen  ihr 
Oewand  von  der  Gemeinde;  dm  Lohn  an  Geld  mttssen  sie  an 
diese  abgeben  und  die  freie  Zeit,  die  ihnen  bleibt,  sn  Arbeiten 
ftr  die  Gemeinde  verwenden.  Viele  waren  Vorsteher  in  Privnt- 
diensten  der  Brüder.  GejerspUchler  bekennt  am  39,  April 
1566:  ,Er  sei  ein  Mfillner  und  in  einer  Mtthl'  und  Uaieihef, 
einem  behftmisehen  Herrn,  Simon  Helden,  aogehOrig,  Zuseher 
und  OhermtÜlner  gewest' 

An  Sonntagen  durfte  des  Vonnittags  nichts  Terkauft  wer- 
den: ,es  verftlgt  sich  ein  Jeder  zum  Wort  des  Heimd  Ob  sie 
des  Nachmittags  arbeiteten,  ist  aus  den  Ordnungen  nicht  er- 
sichtlich. Wahrschehilieh  nicht  Ihre  Arbeit  war  keine  leichte. 
Die  Arbeitszeit  datierte  vom  Sonnenaufgang  bis  zum  Untergang 
und  war  nur  des  Mittags  dureh  eine  Stunde  Hast  unterbrochen,* 
in  der  aieh  tlie  Handwerker  m  die  Ksstuben  verfügten. 

Bei  ihrer  harten  körperlichen  .Vrbeit  war  es  nöthig,  dasB 
sie  in  entsprechender  Weise  genährt  werden.  Von  ihren  ge- 
meinsamen Maiil/.ciii  11  ist  schon  gesprochen  worden;  auch  für 
jene  Leute,  die  sich  als  P\ddarbeiter,  Weinhüter,  Maurer,  Zira- 
merleute  u.  «.  w.  nach  auswärts  verdang: »  i!,  rmisste  in  entspre- 
chender Weise  gesorgt  werden.  Ueber  die  Art  und  Weise,  wie 
dies  geschah,  belehrt  eine  ,Ordnang^  aus  dem  Jahre  lü69. 


OiduoQg^  der  Haniihilter 


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269 


.Oamals  ist  die  ^oss  teueruiig  anfangen,  dasa  im  1570  iar  ein 
laili  brot  4.)  krcuzer  i^oltcn  hat/  In  dieser  Noth  crliessen  die 
Acitcsten  am  19.  September  1569  zu  Altenmarkt  eine  Ord- 
nungy  yWie  die  gemain  zu  unterhalten  sei  in  dieser  einfallenden 
Teuerung,  damit  man  in  die  Weite  gelangen  m<^e^^  £6  wur- 
den die  Auif^ben  in  Kttehe  und  Keüer  u.  8.  w.  wesentlich 
eingeechrftnkty  man  wird  aber  ans  dem  Folgenden  ersehen^ 
dass  die  einssefaien  Mitglieder  immer  noch  reichliche  Nahrang 
hatten:  man  kann  wohl  sagen  reiehHeher,  als  sie  der  Klein- 
bauer  und  Handwerker  (auf  dem  Lande)  heutzutage  in  ge- 
wöhnlichen Zeitliiuften  hat. 

,Das  gemeine  Volk/  heisst  es  in  dicsi  r  ( )rdnung,  ,erhjilt 
um  7  Uhr  das  Frühstück,  zu  Mittag  ein  Brot,  zur  Nacht  wieder- 
amb  (wie  des  Morgens)  gekochte  Speis',  am  Mittwoch  ein  Fleisch^ 
und  auch  am  Sonntag,  wofern  man's  haben  kann.'^ 

,Den  Hanem^  Dreschern,  Zimmerieuten  nnd  Maurern,  den 
Schmieden  und  den  „harten^  Arbeitern  ist  in  der  Woche  awet- 
mal  Fleisch,  aber  kein  Bier  an  geben,  es  sei  denn,  dass  ihnen 
die  Herrschaft  Bier  gebe.  Sonst  soll  dies  nur  den  Kranken 
und  Dürftigen  gereicht  werden;  den  Arbeitern  gebe  man,  so- 
weit es  langt;  dagegen  lasse  man  ihnen  „zur  Marent"  einen 
Käse  zum  Brot  znkouimen/ 

Dasselbe  erhalten  die  Gerber  und  Müller.  Wenn  diese 
in  der  Nacht  arbeiten,  reiche  man  ihnen  einen  Trunk  Bier. 
Handwerker,  die  in  der  Stube  arbeiten:  Weber,  Tuchmacher, 
Ktoohner,  Sattler,  Seiler,  Hafiier,  Binder,  Schuster,  Wagner 
und  Tiaehler  erhalten  sweimal  die  Woche  FleiMsh  und  swei- 
mal  ESae  ,zur  Marent'. 

Brüder,  die  im  Hof  ,soh]ettem',  Hols  hacken  n.  dgl., 
sollen  sich  mit  gemeiner  Speis  begnügen  und  hie  und  da  zur 
Marent  einen  Käse  erhalten.  So  soUen  auch  die  Schneider, 
Sackler,  Mcssr^rsdi miede,  Nähterinnen  u.  a.  gehalten  werden. 
Dtiu  Alten  mag  man  dazu  ein  ,weic]i  Brot^  und  einen  Trunk 
Bier  geben,  den  Schwachen  ihre  Krankenspeise.  Die  ,gar' 
Schwachen,  auf  die  man  besonders  aufmerken  soll,  erhalten 
einen  Krug  Wein;  die  tOdtlich  Kranken  ,haben  kein  Mass  oder 
Ordnung*,  sondern  man  soU  ihnen  reichen,  ,wa8  sie  m($gen^, 


QeschtclitAbücher,  8.  251. 
Andre  EhrenpreiB,  Ordnangen. 


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270 


nach  den  Kräften  der  Gemeinde.  Man  soll  fleissig  ssf  sie 
sehen  und  in  doiu^  was  ihnen  Noib  thut,  keinen  Fleiss  sparen. 

Den  Kindbcttcrinnen  p^cbe  man,  dieweil  der  Wein  in 
einem  theuren  Kauf  ist,  acht  Mass  Wein,  sonst  Bier.  Die 
Kindsmuttcr  erhalt  den  Tag  anrei  ISeidl  Bier,  so  auch  die 
Schwestern,  die  an  besonderen  Orten  speisen.  Den  Gästen  im 
Lande,  Brüdern  und  Sehwostem,  so  von  einem  Hansbafaen 
tum  anderen  reisen^  soU  man  bei  Tiscb  und  in  der  Kammer 
nur  Bier  geben,  es  wAre  denn  ^eins'  echwacb,  denen  mag  man 
einen  Schluck  Wein  reichen. 

Das  Kttchcngcsinde  erhält  des  Tags  Uber  einen  Trunk 
ßicr,  Wächter  und  Wächterin  in  Schalen  und  Haushaben  er- 
halten in  der  Nacht  einen  gebfibrÜchen  Trunk;  ebenso  die 
Bader  und  ihre  Gehilfen.  Das  Meiereigesinde  bekommt  in  der 
Woche  zweimal  Fleisch,  so  lange  man  es  erschwingen  kann, 
Bier  soll  man  nur  den  Kranken  und  D&rftigeu  yon  ihnen 
^bcn.  Von  dem  Sehulgesinde  erhalten  die  Gescfawistrigetea 
in  der  Woche  zweimal  einen  Trunk  Bier.  ,Den  Aetzkindem* 
wird  (l(?s  Tags  dn-imal  ein  Koch,  etwas  Bier  und  ,zur  Marent^ 
eine  Suppe  srec-ehen,  die  grösseren  erhalten  alle  vieraelin  Tage 
oder,  weim  man  cö  haben  kann,  alle  uclit  Tage  Fleisch.  ,Dcr 
Wein  in  die  SchuP  ist  ganz  abgestellt. 

.Diese  Ordnung  gilt  jetzt  für  die  theure  Zeit  und  auch 
tVir  den  Winter,  wie  man  es  erschwingen  kauu;  wii*d  es  iuzwi- 
schrn  wohlfeiler,  so  wird  man  auch  nach  dem  Vermögen  der 
( icnieindi-  ein  Bedenken  haben.'  Im  Anhange  folgen  nocli  ein- 
z<  Ine  Büstiiumungcn,  <lic  mit  den  vorigen  mehr  oder  minder 
im  Zusammenhange  stehen. 

Während  man  vordem  die  Kinder  mit  zwei  Jahren  in 
die  Schule  gab^  sollte  dies  nunmehr  mit  anderthalb  Jahren 
geschelum;  die  ^Aetzkinder'  sollen  schon  mit  einem  Jahre  ^ab- 
gespehnt^  werden,  damit  die  Frauen  an  die  Arbeit  gehen  kßn- 
nen.  Kein  Handwerker  soll  eigen  Geld  bei  sich  haben;  dieses 
musB  vielmehr  ohne  Verzug  den  ,FürgcsteUten*  übergeben  wer- 
den. Kein  Vorsteher  soll  ans  eigenem  Ermessen  auf  die  Märkte 
gehen  oder  schicken,  um  daselbst  Einkäufe  zu  machen,  kein 
Müller  darf  Getreide,  Fusemehl,  Kleie  oder  Schrot  Terleiheo 
oder  yerkaufen;  dieses  ist  vielmehr  dem  Aeltesten  zuzustellen. 

Kein  Haushalter  soll  Uber  diese  Ordnung  hinaus  eigene 
Anordnungen  treffen  oder  nach  seinem  Ghitdttnken  das  Volk 


271 


mit  Speise  und  Trank  yenehen;  das  wtlrde  ihm  nicht  gut  auf- 
genommen werden.^ 

6.  CapiteL 
Die  Landwirthschaft. 

Grossen  Neid  errefftc  es  unter  den  andcrsgliUibigen  Nach- 
barn des  Landes,  d;iss  die  Barone  mit  Vorliebe  aus  den  Wie 
dertäufern  ihre  Gutsverwalter  und  anderen  ]i('(li(Misteten  aus- 
wliblten.  Christoph  Andreas  Fiseher  schreibt  daniher:  ,Weil 
Ihr  die  Herrn  in  Märhern  nha  Imbt  cinjr<'nommcn,  das»  sie 
Alles  thnn  nach  Euerm  Kath  m  l  Aiü^elx  n.  weil  Ihr  von  den 
Herren  Uber  alle  ihre  Wirthschatten  zu  Kaötuem,  Kellnern, 
Burpr^rrafen ,  MlUlnem,  SchUfflern,  Fischmeistern,  (lärtnern, 
Forstern  und  Meiern  gesetzt  werdet,  weil  Ihr  bi'i  ihnen  in 
f^rosser  Kepntiition  und  Ansehen  seid,  also  dass  Ihr  auch  mit 
ihnen  esset,  trinket  und  dergleichen  Favor  von  ihnen  erlanget: 
hcisst  das  moht  herrschen  und  regieren?  Ileisst  das  nicht  die 
Christen  verscUagen?  Weil  Ihr  dureh  Eure  Handwerk  der 
Christen  auch  gar  nothwendige  Handwerk  niederleget,  dasa 
auf  drei  oder  vier  Meilen,  ja  auch  wohl  weiter  um  Euch  kein 
guter  Handwerker  gefunden  wird  und  Ihr  ihnen  also  das  Brot 
▼or  dem  Maul  abschneidet,  so  sage  mir,  ist  es  wahr,  dass  Ihr 
aus  dieser  Ursache  aus  gans  Oesterreich  vertrieben  seidV^^ 

Fischer  hat  mit  s^ner  leteten  Bemerknng  nicht  iteoht, 
denn  nieht  aus  diesem  Grunde  wurden  die  Wiedertttnfer  in 
Oesterreich  nicht  eingelassen:  aber  das  ist  richtig,  dass  neben 
den  Arbeiten  der  WiedertKufer  der  Wettbewerb  der  Anderen 
nieht  aufzukommen  vermochte.  Den  Herren,  katholischen  und 
ntraquistischen  oder  protestantischen,  empfiihlen  sie  sich  dureh 
ihre  unbedingte  Treue  und  GewissenbaAagkeit  und  durch  die 

'  Wie  es  in  späteren  Jahren  in  der  Gemeinde  mit  Speine  und  Trank  ge- 
halten wurde,  sieht  man  aus  den  Ge?«chicht8büchcni.  S.  467:  ,Flci»ch 
haben  wir  alle  Tag  Ubers  Nachlüsseu;  Mor^j^ens:  die  Woch  ein-,  zwei-, 
drei-  oder  viermal;  anders  nehmen  wir  mit  GemUs  vorlieb.  (Der  Text 
i«t  liier  oflreabar  venlerbt.)  Alto  Tajp  Ober  Bmmi  iwdmal  oin  gMohmeidigs 
Trankt  Wein  .  .  .  Mit  dem  Brot^  wie  man«  im  Hans  gemein  faet»  neh> 
men  vir  gern  Arlieb.  Lenen  nns  xaeh  des  ganse  Jahr  nichts  beson- 
der» auflegen.' 

'  .Antwort  auf  die  Widerlegung,  80  Claus  Brentpl*  ftv.,  Q.  II.,  .Ursacb, 
warumb  die  Wiedertäufer  nicht  im  Land  sein  zu  leiden',  p.  108,  126. 


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272 


Eiiili.iltiuii:  jfiier  »iri'ii^MMi  ( h'dnung,  zu  der  die  Meter  und  ihre 
Leute  vorpHiclitot  wtirden:* 

,Die  rrt'fl.niikt'n  des  ^It'icrs  sollen  auf  äHc  Werke,  <  >rtr 
und  Winkel  früh  und  spät  gerichtet  sein,  was  gut,  ehrhch  und 
nutz  sei,  zu  fördern,  allem  Gcgcntheil  so  viel  als  möglich  zu- 
vorzukoninirn  und  es  zu  VOThindern.    Kr  sei  der  JEirste  aus 
dem  Bett  und  der  Letzte  dnrin,  wie  es  einem  ileissigeii  Wirthe 
geziemt.   Morgens  und  abends  gehe  er  in  alle  Ställe  und  sehe 
ab  und  su  aach  wiihrcnd  der  Nacht  nach,  ob  nicht  etwa  ein 
Dieb  vorhanden  sei,  ein  iiothleidendes  Stück  Vieh  schreie. 
SonderIk-1i  sei  er  wobl  aufs  Feuer  bedacht.    £r  sehe  fleissig 
auf  Aecker^  Wiesen  und  Gründe,  m  welcher  Jahreszeit  nnd 
Witterung  nnd  mit  welchen  Mitteln  auf  ihnen  in  arbeiten  sei, 
achte  auf  die  Qepflogenbeiten  anderer  guter  Wirthe^  behandle 
die  Leute  mit  gebtlbrendem  Emst,  leiste  ihnen  Rath  nnd  Hilfey 
achte  daraui^  dass  im  Herrendienst  nicht  xu  viel  Geld  au%ebe 
u.  B.  w.  Er  sehe  auf  die  Boboter,  dass  sie  ihre  Dienste  Idsten. 
Die  Fattemng  soll  au  rechter  Zeit  geschehen,  das  Gras  nicht 
au  alt  sem;  denn  namentlich  die  Öchafe  kennen  das  stenglicbte 
Futter  nicht  vertragen.  Heu  und  Streu  soll  man  recht  gebrau- 
chen, um  auch  in  langen  Wintern  ein  Auslangen  au  finden. 
Wenn  der  Meier  nieht  nn  Felde  zu  thun  hat^  so  soll  er  im 
Hofe  arbeiten,  an  Dach  und  Tharen,  im  Stall  und  an  den  Zäu- 
nen bessern,  die  Meierin  beaufsichtigen  und  „sich  nicht  in 
MUssiggang  begeben,  uin  nicht  auch  Anderen  Ursache  dazu 
zu  geben Ks  ist  einem  Meier  eine  grössere  Ehre,  wenn  ihn 
der  Herr  nicht   „in  einem  säubern  Sehürzcl  ',   das  auf  den 
Müssiggang  deutet,  sondern  in  kothigem  Hemde  findet* 

Der  Herr  soll  nicht  Ur«aelic  liaben  zu  klagen:  ,Der  Mcicr 
besseri  keine  Lücke  im  Zaun  oder  keinen  Schaden  im  Stalle 
aus,  lä^öt  das  Geschirr  im  Frcit  n  Hegen,  lässt  den  Pferden  zu 
viel  einlegen  u.  s.  w.  Das  muss  fürwahr  ein  lauler  Kerl  sein; 
denn  wäre  er  ein  rechter  Bruder,  dann  wäre  er  auch  im  Fleisse 
anders,  als  er  ist/ 

Im  ganzen  Lande  berühmt  war  die  Pferdezucht  der  Wie- 
dertäufer. Auch  die  Gegner  sprachen  mit  Lob  davon.*  Man 

*  Wm  mit  den  Maieraleatea  sa  reden.  Eratlicb  mit  dem  Haier.  Ans 
Andre  Ehrenpreis,  Ordnungen  1600  (circa)  bis  1666.  Cod.  G.  J.  VI,  86, 
in  Onn,  Fol.  10  i  iL 

*  Fischer,  Antwort»  0. 4. 


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273 


eiitniuiint  rs  rlcn  hctretTenden  Ordiiuiitron,  dass  man  in  <\en 
Ha-ushubeu  uiul  Meiereien  tier  Wicdertilufer  mit  einer  gewissen 
Vorliebe  der  Pflege  des  Viehes  oblag,  gewiss  noeh  eine  Erb- 
schaft aus  der  tirolischen  Heimat  der  TaufgeBinnteo.  ,Weiiii 
schon/  heisat  es  in  der  genaanteii  Ordnung,  ,der  Meier  über^ 
all»  hinten  nnd  vom,  selbet  daran  sein  soll,  so  soll  er  doch  oft- 
mals des  Tags  in  die  Rosställe  gehenj  weil  das  Fürnehmste  in 
der  WirdiBchaft  an  den  Rossen  nnd  dem  Fahrwerk  gelegen 
ist.     Da  möge  er  zusehen,  wie  der  Kossc  mit  Heu  und  andc' 
rer  Fütterung  gewartet  wird.    Er  soll  selbst  naehsehcn,  damit 
sio  nicht  iibnrfilttert  und  ilni^n  somit  das  Essen  verschla^'on 
werde.    Desgleichen  soll  man  sie  in  der  Hitze  nicht  überwäs- 
sem^  sondern  wenn  sie  aus  der  Hitze  heimkommen,  eine  Zeit 
lang  beim  Heu  stehen  lassen  und  ablöschen;  dann  erst  müge 
man  mit  Aufmerken  ihnen  zu  trinken  geben.   £b  dürfen  sich  ' 
dann  die  Herren  nicht  eines  etwaigen  Schadens  wegen  bekhi- 
gen  und  von  uns  keinen  Ersatz  veriangen.   Sollte  sonst  ein 
Fuhrmann  mit  den  Pferden  in  Stall  und  Acker  grob  umgehen, 
sie  etwa  aus  Zorn  mit  der  Strcugabel  schlagen,  so  darf  es  der 
Mrtcr  unter  keinen  ümstäuden  dulden  und  muss  mit  einem 
suichen  groben  ^Knausten^  (Knechten?)  ernsthaft  darüber  reden/ 
,Was  den  Ackerbau  betrifft,  soll  der  Meier  seinen  Fleiss 
darauf  verwenden,  dass  er  jedes  Feld  unterschiedlich  nach 
Grund  und  Boden  kennen  lerne,  ob  er  sandig  oder  lehmig, 
lettig  oder  rauh,  sperr  oder  geechlacht,  ob  er  hoch  oder  tief 
oder  wSsserig  sei;  darnach  muss  dieDUngnng  dngerichtet  und 
die  Ableitung  des  Wassers  voigenonmien  werden.  Beim  Ern- 
ten ist  darauf  zu  achten,  dass  das  Qetreide  nicht  „ttberzeitigf^ 
ist.   Beim  Einführen  und  Schöbern  hat  der  Meier  selbst  zuzu- 
sehen und  /.u  helfen.    Den  8clilus^ol  zu  den  Scheunen  hat  er 
wohl  zu  verwahren,  damit  den  Herren  kern  Schaden  zuge- 
fügt wird.* 

Was  ,im  Gedingt  erlaubt  wird  zu  mästen,  es  seien 
Schweine  oder  Ochsen,  8q|l  nicht  von  dem  Eigen  der  Herr- 
schaft gemSstet  werden;  auch  soll  man  sieh  stets  an  die  vor- 
geschriebene Zahl  halten,  damit  die  Herrschaft  nicht  argwdhnen 
kann,  ,es  gehe  von  dem  Ihrigen^  Von  dem,  was  der  Meier 
dßLT  nch  erQbrigt,  soll  auch  nicht  Alles  verbraucht,  sondern  ftür 
die  Bedürfnisse  der  Gemeinde  zurückgehalten  werden:  ,Er  möge 
bedenken,  dass  der  Lohn  klein  und  die  Kleidung  theuor  ist, 


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274 


daher  die  übrige  Zugehör,  als  Jun<::vieh;  HUbner,  Eier,  Schmals 
u.  a.  sclbätwiilii:^  in  das  Haus  geben,  wohin  er  das  Jahr  über 
die  Kranken,  Brestbaften,  Schwangereii  und  die  juagen  Kia- 
der  schickt.* 

Eiimahmeii  und  Ausgaben  soll  er  genau  verbuchen  and 
sich  nicht  auf  sein  GtedAchtniss  verlassen.  Mit  den  HaoshaHem 
sollen  die  Meier  fleiasig  berathen  and  weder  Geld,  noch  Ge- 
treide veiieihen.  Ihren  Frauen  m(fgen  sie  nicht  so  viel  Macht 
einräumen,  dass  man  sagen  kann,  sie  meistere  den  Meier. 

Der  Adel  des  Landes  sah  in  solcher  Weise  Haus  und 
Hof,  Aecker  und  Wiesen  und  die  gmnie  Wirdischalt  am  besten 
yersoigt  und  konnte  vor  Uebenrortheilungen  unbedingt  sicher 
sein.  Er  brachte  den  Wiedertäufern  daher  ein  unbegrenztes, 
von  den  Katholiken  des  Landes  ungern  vermerktes  Vertrauen 
entgegen.  Jetst  finden  wir,  klagt  Fischer,  dass  sich  Alles  im 
M&brerlande  mit  den  Wiedertlnfem  gemein  macht;  der  hohe 
sowohl  als  der  niedere  Stand  treibt  mit  ihnen  Handel  und 
Wandel.  Nicht  blos  das:  ,Sie  essen  und  trinken  mit  ihnen, 
laden  sie  zu  (nistj  ^cbraiicyioii  ihre  Biider,  sie  lassen  sie  in 
ihren  Kranklieitcn  zu  sich  rufen,  nehmen  Arznei  von  ihnen 
und  vertrauen  ihnen  ihre  Kinder  aulzuziehrn  Dass  diesem 
also  sei,  })ezeuget  das  ganze  Land.* '  ,tSobal<l  nur  solch'  ein 
Wiedertäufer  zu  einem  raUhrischen  Herrn  kommt,  so  ist  er 
der  beste  bei  ihnen.  Man  begehrt  seinen  Gebuils-  oder  Lehr- 
brief gar  nieht  einmal  zu  sehen;  sie  fordern  nicht  ab  seine 
Kundschall  und  sind  sehon  mit  dem  zufneden,  dass  er  ein 
Wiedertäufer  ist.  Die  sind  die  besten  am  Brett  und  ihnen 
werden  Land  und  Leute  vertraut,**  ,Also  sind  Etliehc  den 
Wiedertiiufern  geneigt,  dass  sie  ohne  diese  weder  essen  können, 
noch  Wüllen.  Fahren  sie  aus,  so  mtissen  sie  dabei  sein,  in 
ihren  ßathschlttgen  und  Geheimnissen  sind  sie  die  nttchstcn. 
Alles,  was  sie  au  ihrem  Hof  bedürfen,  mnss  bei  ihnen  gemacht 
werden,  als  wenn  sie  die  allerbesten  Handwerker  wären.  Sie 
handein  heber  mit  den  Wiedertäufern  als  mit  den  Christen, 
fahren  bei  ihnen  ein  und  aus,  suchen  sie  heim,,  bleiben  bei 
ihnen  Uber  Nacht,  rucken  das  Hüüein  vor  ihnen,  geben  ihnen 
die  besten  Worte  und  baden  mit  ihnen.'  ,Während  die  Chri- 


*■  64  «rli«bKcbe  Umehen,  8.  86. 
*  Ebenda,  S.  84. 


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275 

sten,  und  oft  Torneliine  Männer  noch  obendrein^  bei  ihnen  (den 
A<\cli^en)  eine  Stund'  oder  gar  drei  in  den  Zimmern  warten 
müssen,  gehen  die  ^\  l^(!cl•täu{'e^  frei  und  unan^^'esa^  zu  ihnen.** 
,1  und  anderes  dergleichen  kommt  aus  dem  ialsehen  Wahn 

imd  der  Einbildung,  als  wenn  die  Wiedertäuter  die  AUorbesten 
und  verständigsten  wären.    Dos  1605.  Jahres  haben  sie  allhie 
za  ITeldaberg  sieh  öffentlich  rUhmen  dürfen,  dass  sie  allein  die 
anserwllhlten  Kinder  Gottes  seien,  denen  die  Herren  alle  ihre 
HerFBcliallen  zu  regieren  anvertraut  haben/'  ,So  weit  haben 
sie  es  achon  gebracht^  dass  die  Unterthanen  aittemd  und  ihre 
Hüte  in  den  Hftnden  tragend  vor  ihnen  stehen  mOssen.''  An 
einer  anderen  Stelle  sagt  Fischer:   ,8o  grosse  Frciiicit  geben 
iWe  Herren  den  Wiedertäufern,  dass  sie  in  ctliehen  Aemtcrn 
gar  keine  Keclieiischaft  jreben  dürfen.    Also  iiat  ein  stattHclier 
Landherr  einem  Wiedertäufer   alle  seine  Weine  ohne  jede 
i^tungp  vertrauet   Sie  kommen  auch,  wohin  sie  wollen^  und 
trinken,  soviel  sie  wollen/  ^lit  einaelnen  Wiedertäufern  knüpf- 
ten die  Ijandherren  in  der  That  enge  Beziehungen  an,  und  es 
ist  wahr,  wenn  Fischer  klagend  ausruft:  Sie  sitzen  mit  ihnen 
an  einer  Tafel,  essen  aus  einer  Schüssel  und  trinken  aus  dem- 
selben Becher.    Ja  also  spielen  sie  mit  den  Herren  und  der 
Ctn\ndobrigkeit,  dass  sie  auch  den  wohlgeborencn  Herrn  Fried- 
rich vuu  2ierütiu  unter  sich  ,Unscrn  Fritz*  genannt  haben.* 

Nach  alledem  wird  man  begreifen,  dass  der  Adel  in  den 
Fällen^  wo  es  die  Austreibung  der  Wiedertäufer  galt,  nur  sei- 
nen eigenen  Vortheil  wahrte,  wenn  er  recht  nachdrücklich  zu 
ihren  Qunsten  eintrat  . 

7.  Capitel. 

Die  Arzneikonde  und  die  Bäder  der  Wiedertäufer. 

Grossen  Zuspruches  erfreuten  sich  ihre  Bäder.   ,Die  ge- 
schwollenen Bader,'  sagt  Fischer,  ,reiteD  im  Lande  auf  und 

^  64  erhebliche  Unaohen,  8. 89,  90. 

'  Ebenda,  S.  92. 

•  Ebenda,  S.  93,  9'\  101.  ins,  11H 

*  8.  U.  UrsÄüh,  warum  diu  W  iedertäufer  nicht  im  Land  rn  Ii uleu  äwieu, 
S.  30.  Gemeint  ist  der  LandoHliauptmann  Friedrich  vi>ii  Zerotin,  der 
deu  W'iodurtauturu  iu  Pribita  die  iiau2»habe  eiuräututej  s.  J.  v.  Beck, 
Gflfchichtsbücher,  8.  S47. 

18* 


276 


nieder.    Alle  Samstage  sind  ihre  Bttder  mit  Christen  voll  an- 
gesteckt.   Und  nicht  aUein  der  gemeine  Mann,  auch  die  üer- 
ren  laufen  ihnen  zUj  wenn  sie  ir-rcnd  eine  Arznei  bnuicheii, 
gleichsam  als  wenn  die  Wiedertäufer  die  einzigen  wären ,  bo 
diese  Kunst  ganz  und  gar  inne  haben/ ^    Die  vomehmsteB 
Bäder  waren  sa  Tscheitsch,  Paasrsm  und  Voitsbrunn* 
Die  ältesten  iBadeoidnnngen'  sind  leider  nicht  mehr  erfaaiteii; 
wir  besitaen  solche  nur  noch  ans  den  Jahren  1592,  1633,  1635, 
1637  und  1657,  sumeist  also  ans  einer  Zeit,  da  sie  ihre  Hans- 
haben  längst  nach  Ungarn  verlegt  hatten.  Die  einseinen  Be- 
stimmungen der  Terschiedenen  Ordnungen  lassen  erkennen,  daas 
die  Bäder  den  Ruf,  den  sie  besassen,  auch  verdienten.  Nur 
einige  Punkte  m0gen  herausgehoben  werden:  Die  Bader  sind 
verpflichtet,  ihres  Berufes  um  ihres  eigenen  Seelenheiles  willen 
zum  Nutsen  und  Wohlstande  der  Gemeinde  fleiasig  wahno- 
nehmen.   Bei  allen  Ständen  mOgen  sie  ihre  Treue  und  Red- 
liebkeit,  ihren  Fleiss  und  ihre  Nttchtemheit  sehen  lassen.'  Sie 
sollen  fleisBig  in  den  Arzneibüchern  lesen  und  sich  aus  ihrer 
Werkstätte  nicht  entfernen,  damit  sie  zur  Hand  sind,  sobald 
üic  gebraucht  werden.   Sie  sollen  fleissig'  Kräuter  und  Wurzeln 
sammeln,  gegen  alle  Leute  freundlich  sein  und  Niemandem 
einen  trotzigen  Bescheid  geben.    Ihr  Zeug  sollen  sie  fein  sau- 
ber und  scharf  halten,  ,dass  dvn  Hauern  nit  die  Augen  Über- 
gehen beim  Sclieeren.  Aderlässen  oder  8<  lin)|>fcn'.    ,Im  Bad 
sollen  sie  freundlich  «ein  und  sicli  der  Leute  tieissig  annehmen, 
ausserhalb  des  Bades  sich  nur  in  der  Scheerstatt  aufhalten.* 
Mit  den  alten  Kranken  und  Bresthaften  sollen  sie  sich  viele 
Muhe  geben  und  ihnen  mit  Freundlichkeit  dienen,  so  dass  ,sie 
nicht  klagen  und  seufzen  müssen'.    Mit  dem  Eingeben  von 
Arzneien  soll  man  gar  vorsichtig  sein,  , damit  man  nicht  Blut 
auf  sich  lade^:  ,die  Verantwortung  vor  Gott  sei  eine  gar 
schwere  * 

Die  Aerzte  der  Wiedertäufer  waren  im  ganzen  Lande 
gesucht:  der  Adel  zog  sie  in  seine  Nähe,  und  es  kam  wohl 
vor,  dass  einer  selbst  an  den  kaiserlichen  Hof  gerufen  wurde.' 

»  32.  ITrsach.  8.  85. 

*  Mit  •ieii  Hndern  zu  I^vär  geredt,  Anno  1633.   Cod.  O.  J.  VI,  S6,  in 
Grau.  Fol.  lll'^-lia''. 

*  Anno  1699  war  der  bmed«r  GeOrg  ZoImI  g«n  ftag  «a  dw  kayMn  H<tf 
erfordert,  wegen  der  Infeetion,  lo  deneUngen  Z^t  heftig  ia  BlAiiiea 


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277 


Qegfin  solche  Tereinaelnte  Fälle  liess  sich  seitens  der  Verord- 
neten nichts  einwenden;  sie  sahen  aber  gleichwohl  eifrig  dar- 
auf, daas  ihre  Aerste  nicht  danemde  Bestallungen  aosserbalb 
ihrer  Kreise  annahmen:  ySie  soUen  sich  nicht  bei  den  Herr- 
schaften anhängen,  dass  sie  nit  leicht  mehr  ledig  oder  abge- 
wechselt werden  kOnnen/  Es  war  ihnen  strenge  geboten,  sich 
in  keiner  Weise  su  ttberheben:  ,SoUen  auch  fleissig  in  die 
grosse  Stäben  warn  Essen  gehen,  wie  es  auch  su  Nicolsburg 
den  Alchimisten  Stoffel  Eckstein  und  Nathaniel  Hamer  ist  ge- 
ordnet worden.  Sollen  sich  auch  nit  so  gar  an  das  Reiten  und 
Fahren  gewöhnen,  was  noch  Jung  und  gesund  ist.* 

Da  die  einzelnen  Haushaben  im  ganzen  südlichen  .Mahren 
zerstreut  higen,  so  zogen  sie  in  eigenen  Wagen,  auf  denen  sie 
ihre  Arzneien  untergebracht  hatten,  von  Haushaben  zu  Haus- 
haben. Die  ,FUrgeätellten'  sollten  dabei  nicht  mehr  als  eine 
Fuhr  oder  einen  Wagen  voll  mit  sich  ftihren  ,und  damit  ver- 
gnligt  sein*.*  Sic  sollten  auch  ,a]ie  gebrannten  Wasser  sammt 
Krügen  und  Gläsern,  Kriluter  und  Essitr  zurücklassen,  ,den 
„distellirten"  (sie)  Essig  spiritus  vim  ausgeuommen,  so  zu  Wien 
erkauft  worden ^ 

,Auch  wenn  er  sonst  etw:is  frombs  hätt'  von  Exträten,  es 
seien  Pillen,  Latwergen  und  was  sonst  in  Feuer  gearbeitet 
wird  von  Oelen,  das  mag  er  auch  mitnehmen/  dagegen  soll 
,aUes  Brennseug  und  Kessel,  alles  was  aus  Kupfer  ist',  xurttck 
gelassen  werden. 

Die  Bader  folgten  sich,  wie  es  scheint,  am  schwersten  in 
die  ,Gemeinschaft'  ein:  ,Ein  Thei)  lassen  sich  so  ungern  Ord- 
nung geben  und  bleiben  nit  gern  in  der  Ordnung,  nehmen 
sieh  gar  au  viel  fVeiheit  und  sein  viel  au  eigenwillig,  wenn  es 
einen  nit  wohi  filgt,  es  sei  sum  Beschau  oder  sonst,  so  bleibt 
er  aussen  gleich  ganz  herrisch."  Geklagt  wird,  ,dass  sie  die 
Bresthaften  mit  rauhen  Worten  anfahren',  sie  ,sollen  bedenken, 
dass  sie  wegen  der  G«8chwistrigeten  da  seien  und  ihnen  zu- 
nächst beistehen,  damit  man  nicht  sage,  dass  sie  den  FVemden 
helfen,  ihnen  aber  nit:  Es  gibt  ttberans  viel  Seu&er  und  Kla- 

ragfiert,  gueter  Hoffnang,  dam  .  .  .  «f  wsid«  Satii  «chsfan  mOgen. 

Geschichtsbücher,  S.  329,  33ti. 

*  Aus  der  Onhmnfj  von  1592. 

•  Ebenda.   V^gl.  üasi-hicht.sbüohor,  S.  4Sü,  die  Badorordimiig  von  lrt.'»4,  die 
in  den  VerfuU  der  ,OeineinHchnit*  Hrbon  tief  blicken  lÄiMt. 


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278 


gen,  sonderlich  in  Schulen'.  ^Wenn  die  Geschwistrigeten  niebt 
m  rechter  Zeit  ins  Bad  kommen  oder  sieh  das  Haar  achneiden 
lassen, -soll  man  ihnen  nicht  hOsen  Beaeheid  geben.' 

S.  Capitel. 
Die  Schulen  der  mährischen  Wiedertäafer. 

Schon  den  Zeitgenossen  ist  die  tiefe  Missaehtnng  der 

Wiedertäufer  yen  alles  gelehrte  Wesen,  die  hohen  Schulen 
und  die  einzehien  Gelehrten  Aufgefallen.  ,Sind  denn  diese 
Wiedcrtiluter/  ruft  Fisclif^r  aus,^  , nicht  meistentlieils  lianer. 
Bauern,  Handwerker,  jj^ar  grobe,  fleischliche,  unwisseutle,  uii 
geUdirte  Leute,  vom  gemeinen  Pöbel  zusammengerottet?  Ver- 
achten sie  nicht  alle  freien  Künste,  wie  auch  die  heil.  Schrift 
da,  wo  sie  ihnen  niilit  taugtV  Schlagen  sie  nicht  alle  hohen 
Schulen  in  den  \\  iiul?  Veniichten  sie  nicht  die  trclehrttn 
Leut  V  Verwerten  sie  nicht  die  lIi8torien?^  Es  ist  viel  Wahres 
an  dem,  was  Fiselier  behauj)tct.  In  zahlreichen  gericlitliohen 
Verhören  und  Sen  l  i  f  irf»  n  an  die  Gemeinde  in  Maliren  spra- 
chen sie  ihre  Verachtung  gelehrten  Wesens  unbedenklich  aus, 
ja  selbst  ihre  gelehrten  Richter  und  die  zu  ihrer  Bekehrung 
abgesandten  Geistlichen  verschiedener  Confessionen  behandeln 
sie  aus  dem  Grunde  »emlich  gerin gschutzig.  ^lan  darf  nun 
zunächst  nicht  vergessen,  dara  ihr  Vorgehen  die  Antwort  anf 
die  verüchtliche  Behandlang  war,  der  sie  eben  als  arme  Bauern 
und  einfUltige  Handwerker  in  vielen  Fällen  aiiRgeselxt  warea. 
Dann  aber  —  and  das  ist  bei  ihnen  wohl  die  Hauptsache  ^ 
braucht  es  denn  Gelehrsamkeit  vm  got  mid  fromm  an  we^ 
den?  Wer  waren  denn  die  Apostel,  die  Christoa  anserkoren 
hat?  Hier  fanden  de  ihr  Vorbild,  an  das  sie  sich  hielten.  ,Ei 
werfen  uns,'  sagt  Felbinger,  »die  Weltweisen  ihre  Kunst  vor. 
O,  ihr  thörichten  Leute  f  Die  Weisheit  Gottes  IXsst  sich  nicht 
aus  den  Bachem  klauben  und  auf  hoben  Schulen  lernen.  Haben 
wir  nicht  das  alte  und  neue  Testament?  Sollte  Niemand  ael^ 

'  Vier  und  flinffsig  Erhebliche  Urwu-lipn,  WArnmb  die  Widertaaifer  nicht 
fein  im  Land  zu  leiden.  Gentellt  dunh  ('lirist<>iihorinii  Andro.mi  Fisdit^r 
P.  Pfarr!iprrn  zu  Veldsporp.  Exodi  22.  Den  Zauberer  solbtti  nicht 
In.H.scii  lebim.  Ingolntadt,  Auno  1607,  B.  64,  65.  So  auch  ia  den  ande- 
ren Werken  Fijcher'a. 


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werden,  ak  wer  Enres  VorliabenB  ist,  so  würde  schier  die 

^ans^e  Welt  verdammt  werden  müssen.  Ihr  Klugen,  luit  sehen- 
den Augen  seid  Ihr  blind  und  taub  mit  hurenden  Ohren/ 

So  sagt  Hans  Arbeiter  den  Gelehrten,  die  sich  auf  ihre 
Sprachenkenntnisse  viel  zugute  thaten:  ,Weder  in  Rom,  noch 
in  Speier  lernt  man  die  Weisheit;  auch  in  den  hohen  Schulen 
nicht,  sondern  allein  in  der  Schule  Gottes,  Ton  der  Ihr  Andern 
fireüich  nieht  wiMt,  wo  sie  ist.  Die  Ohristam  anfi  Erenz  nagel- 
ten, -verstanden  anch  Latein^  Hebritisch  und  Oriechisch,  ja  vor 
Zeiten  gab's  keinen  Sanbirten  nm  Rom,  der  nicht  lateinisch 
gesprochen  hätte,  denn  es  war  eine  gemeine  Sprach',  jetzt 
heisßt's  eine  weltliche  Kunst/ 

Die  Verachtung  ,eitlen'  Wissens  tlieilen  sie  mit  den  ver- 
wandten Kirlitnni^'-en.  wie  jener  ScliwenckfeM's,  der  sich  Uber 
die  Gelehrten  und     erkehrten  nicht  weniger  hart  auslttsst. 

Dagegen  haben  sie  ihr  Schulwesen  schon  im  IH.  Jahr- 
hundert auf  eine  verhältnissmilssig  hohe  Stufe  gebracht.  Als 
eifrige  Bibelfreunde  —  sie  hentttaten  znmeist  ,das  kleine  Zwingli- 
sebe,  au  Zftrich  gedruckte  Testament''  —  sahen  sie  darauf, 
daas  ihre  Jugend  auf  das  Sorgsamste  in  den  Anfangsgründen 
des  Wissens  unterrichtet  werde.  Wohl  die  meisten  der  mähri- 
schen Taufjs;esinntcn  waren  des  Lesens  und  Schreibens  mäch- 
iiir.    Von  ihren  Sendbriefen  zeichnen  sich  nicht  wenige  durch 
eine  klare  und  gewandte  Darstellung  aus,  in  einigen  findet  sich 
eine   schwungvolle,  oft  poetische  Sprache,   und  manche  der 
Wiedertftuferschriften,  wie  z.  B.  jene  des  bei  den  linterischen 
gerade  nicht  gut  angeschriebenen  Gabriel  Asehcrham,  gehören 
au  den  schönsten  deutschen  Froeaschriften  im  16.  Jahrhundert. 

Ihre  Schulen  genossen  eines  guten  Rufes  und  waren  nicht 
selten  auch  von  Andersgläubigen  besucht.  Diese  mussten  sich 
allerdings  in  das  System  ,der  Gemeinschaft'  einfügen.  Von  der 
Brust  der  Mutter  hinweg  wurden  die  Kinder  von  der  Gemeinde 
in  die  Zucht  genommen.  Ihr  Schulhaus  war  ihr  Vaterhaus. 
Hier  fanden  sie  zunächst  die  notlnv^Midige  Pflege  des  Kürpei*9, 
der  sich  dann  jene  des  Geistes  anschloss.  Das  Sehuihaus  ent- 
hielt die  Räume  für  die  Pflege  der  kldnen  Kinder  und  die 
Schulung  der  grossen.  Hier  gab  es  gemeinsame  Schlaf-,  Speise- 
ünd  Arbeitsaimmer.   Manche  Gemeinde  besass  awei  Schulen, 


*  Fiicher,  1.  c,  pag.  81. 


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280 


die  eine  ftir  die  Erwachsenen,  die  andc  i  «  tür  die  kleinen  Kin- 
der.   Zu  dieser  Zucht  war  eine  gut  eingeübte  Lehrerschaft 
nothwendicr;  da  gab  es  einen  oder  mehrere^  Schulmeister,  eine 
Schulmuttcr,   eine  Anzahl  von   Schulschwegtern   uocl  Kinds* 
dirnen.    Diese  letzteren  haben  die  groben  Arbeiten  im  Hause 
zu  verriehten  und  sorgen  fl'ir  die  iieinhaltung  der  iSchlaf-  und 
Speiscrüume,  die  Schulschwestem  reichen  der  Jugend  bei  Tisch 
Speise  und  Trank,  beaufsichtigen  sie  des  Nachts,  pflegen  sie 
in  Krankheiten  n.  8*  w.   Die  Schitknutter  sorgt  fllr  dit»  Wirth- 
Schaft  im  Hause:   alles  Nüthige  an  Nahrung  und  Kleidung 
wird  von  dem  HaushiUter  beigestellt   Die  Hauptarbeit  ist  den 
Schulmeistern  zugewiesen ,  nicht  blos  das  geistige,  auch  das 
körperliche  Wohl  der  Jugend  ist  ihnen  anvertraut  ,Ihnen  sind 
die  Kinder  vom  Herrn  und  den  Aeltesten  der  Gemeinde  empfoh- 
len,8ie  haben  sie  deshalb  auf  die  Ehre  und  Furcht  (Rottes  an 
weisen  und  ihnen  das  Beste  von  Jugend  an  sn  gew&hren/ 
Daher  wird  ihnen  untersagt,  sich  für  länger  als  flir  einige 
Stunden  vom  Hause  su  entfernen  oder  die  Verantwortung  filr 
die  Aufsicht  etwa  auf  die  Schulschwestem  absuwätzen.  Man 
soll  die  Kinder  nicht  den  Weibern  Überlassen,  denn  diese  ge- 
rathen  gar  oft  in  Zorn  und  fahren  mit  der  Ruthe  unter  die 
Kinder  wie  unter  das  Vieh,  ,dass  diesen  das  Fleiseh  filrbricht'. 
Mit  harten  Streichen  wird  nicht  viel  gerichtet,  'man  mag  die 
Ruthe  wohl  lange  ziehen  und  aushalten,  wie  denn  Mancher 
Lob  dafUr  haben  will.    Man  muss  durch  die  Lehre  auf  die 
Kinder  wirken,  ,deun  wilre  selion  an  sich  so  viel  Gottesfiircht 
in  ihnen,  daas  sie  sieh  sell)st  ^verhlUen'^  könnten,  so  bedürfte 
man  keiner  Sehuluieister'.    Wenn  sie  die  Kinder  beluindeln, 
als  wären  es  ilire  eigenen,  ei*8t  dann  wird  der  Fieiss  etwas 
fruchten. 

Für  die  Erziehung  und  den  Unterricht  gab  es  in  der 
Mitte  des  10.  Jahrhunderts  bei  den  Wiedci-tiinfern  alte  ,Briluehe', 
die  in  der  Schulordnung  von  151)8  fc^tu:'  Ir^!  wurden,  weil  die 
daniiilii:»  1!  Lehrer  zu  jung  waren  und  diese  Bräuche  nicht 
l<annten.  Sie  ,verzeifhnet  etliche  nothwendige  Punkte,  wie 
die  fUrgesteliten  Brüder  und  Schwofttem  sammt  ihren  Mi(- 

*■  Aus  Peter  8eherer*e  Bed*  an  4ie  Schnlmeiater  in  menbeehilE  (e»  waren 
«Im  mehrere  dort)  am  15.  November  1568.  Cod.  der  Stod.  Bibl.  In 
OlmUtf,  h.  M.  Landeaarcbiv  Brttnn,  42.  8.  AUg.  Journal  Ton  TrSMler 
iB  Brttnn. 


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gehilfen  in  Schulen  in  Zucht  und  Pflege  der  Jugend  Ordnung 
hAlten  sollen'.' 

Der  grössere  Theii  der  , Ordnung'  befasst  sich  rait  dem 
körperlichen  Wohle  der  Jugend,  und  man  findet  da  Örund- 
slttse,  die  auch  der  Schule  der  Neuzeit  £hre  machen  würden. 

Die  Lehrer  y  Brüder  und  Schwestern ,  sollen  stets  ein- 
gedenk sein,  warum  sie  vom  Herrn  und  den  Seinigen  zu  ihrem 
Amte  verordnet  seien.    Da  auf  ihrer  ^Ordnung'  des  Hauses 

Heil  beruht,  so  sollen  sie  friedsara  und  ,vertraulich'  mit  einan- 
der sein;  denn  ein  friedliclier,  verträglicher  Wandel  reizt  die 
Jugend  zur  Stille  und  Zncht  an. 

Der  Pflege  der  Ktinlit  likeit  widmet  die  , Ordnung'  einige 
Abschnitte:  ,Wenn  ein  Kind  zur  Schule  gebracht  wird,  so  muss 
sein  Gesundheitszustand  auf  das  Sorgsamste  untersucht  werden, 
wenn  es  eine  bdse  Sucht  hat,  als  Fäule,  Franzosen  u.  dgl.,  so 
muss  es  während  des  Schlafens,  Essens,  Trinkens  und  der 
Reini^ng  von  den  übrigen  Kindern  abgesondert  werden/ 

Hat  ein  Kind  ,einen  Scliaden*,  so  soll  das  nicht  verbor^^en 
werden,  vielmehr  soll  so  rasch  als  möglich  Hilfe  und  Kath  ge- 
sucht werden. 

Wenn  die  Schulmutter  den  kranken  Mund  eines  Kindes 
gereinigt  hat,  so  soll  sie  nicht  mit  ungewaschenen  Fingern  den 
Hund  der  gesunden  Kinder  untersuchen,  sondern  ,alleweil  zu- 
vor mit  einem  sauberen  Tüchel  und  Wasser  die  Finger  reini- 
geu'.  Auch  soll  sie  die  Schulschwestern  unterrichten,  wie  man 
den  Mund  der  Kinder  reinigt. 

Alle  Wochen  einmal  ist  das  Gewand  der  Kinder  genau 
SU  untemehen,  ob  es  nicht  Ungeasiefer  enthält;  ebenso  soll  das 
Bet^ewand  stets  sauber  gehalten  werden.  Kindergewand  soll 
sieht  zu  viel,  aber  stets  nach  Bedarf  vorräthig  sein  und  sauber 
gehalten  werden.  Die  Gewänder  fiir  die  Knaben  werden  Ton 
^inem  Bruder,  alles  Linnen  von  der  Schulmutter  ausgotheilt. 
Eben  so  ins  Einzelne  gehend  sind  die  Anoninuiigen  für  die 
Bäder  der  Kinder.  Man  soll  sie  nicht  zu  hciss  ])aden,  da  es 
ihrer  Gesundheit  abträgUch  ist.  Kein  Kranker  darf  zugleich 
mit  emem  Gesunden  baden. 


'  Cod.  der  8tiid.-Bibl.  in  OlmQts,  h.  63.  Fol.  12—35.  Nor  »t  sie  dort 
ftltehlioli  TOB  1A78  dstirt. 


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2S2 


Do»  Schlaf  der  kloinen  Kinder  haben  die  Schwestern  m 
überwachen.  Man  hUte  sich,  sie  zu  schlagen,  wenn  sie  etwa 
im  ScUftfa  aufBcbreien.  Wenn  sich  eins  Bufdeckt,  decke  man 
es  zu,  auf  dass  es  sich  nicht  erklUte.  Bei  der  Nacht  darf 
keinem  Kinde,  wäre  denn  krank,  zu  essen  gereicht  werden. 
ScUafende  Kinder  soll  man  ,niGht  aus  dem  Schlafe  aii£Rttlebon 
zwingen'^  es  sei  denn,  dass  zwingende  Gründe  dazu  TerW' 
lassen;  sonst  lasse  man  sie  schlafen:  die  l^ator  wird  sie  voo 
selbst  auftreiben. 

Morgens  und  abends  sind  die  Kinder  Toa  den  Altes 
genau  zu  ttberwacheni  man  soll  sich  da  weder  auf  Buben, 
noch  anf  Dirnen  verlassen.  Die  Mädchen  werden  nur  Winters- 
zeit um  5  Uhr  ^zum  Spinnen',  die  Buben  um  6  Uhr  geweckt 
Dieweil  sich  diese  anÜeideni  werden  die  Kleinen  und  Kleni- 
Bten  in  Ordnung  gebracht  Abends  soll  man  darauf  sehen,  dus 
die  Kinder  nicht  zu  früh  nach  dem  Essen  zu  Bette  gehen,  des 
Sommers  mögen  sie  —  es  wären  denn  ktthle  Abende  —  hk 
nach  Sonnenuntergang  aufbleiben. 

Brot  und  Fleisch  theilt  der  Schulmeister  den  grossen 
Kindern  zu,  Aepfel  und  Birnen  im  Einverständnisse  mit  dw 
Schulmutter.  Bei  Tische  sollen  die  Schulmeister  mit  den  Schwe- 
stern nicht  ,lautselig*  sein  und  von  I)in;^(>n  reden,  die  nicht 
bessernd  oder  auferbauend  sind.  Die  Kinder,  sonderlich  die 
Dirnen,  hriren  so  Manches,  was  sie  nicht  vernehmen  sollen. 
Die  Si><  is«'  soll  den  Kindern  gereicht  werden,  w^ie  sie  ihnen 
gebülirt,  ohne  auf  sie  einen  Zwang  auszuiihen. 

Man  achte  auf  die  Nothdui'ft  der  Kinder,  zumal  wenn  sie 
krank  sind.  Dann  darf  man  mit  ihnen  nueli  nielit  hart  sein, 
weiiu  sie  Verschiedenartip^es  begehren,  man  hebe  und  lege, 
wische  und  wasche  sie,  wie  sie  es  bedürfen. 

Man  sei  mit  den  Kindern  nicht  unntitzerweise  strcni: 
Wenn  ein  Kind  beim  Spinnen  etwas  verschuldet,  hüte  man 
sich,  sofort  dreimsuhauen.  Da  gentigt  eine  Anzeige  bei  der 
Schulmntter.  Die  jjrossen  Buben  züchtigt  der  Schulmeister, 
die  Dirnen  die  Schuimutter.  Wegen  Diebstahls,  LOgens  und 
anderer  Sünden  soll  die  Strafe  stets  ,mit  dem  Rath  und  der 
Erkenntniss  eines  Bruders  festgesetzt  werden^ 

Da  die  Zucht  der  Ruthen  nothwendig  ist,  soll  sie  in 
Gottesfurcht  geschehen,  gegen  schalkhaftige,  verlogene,  diebiselie 
mit  Emst  nach  dem  Verdienste  ihrer  That,  nicht  im  Donklco, 


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S88 


^■in(]»T"n  vor  allen  Iviiulfni,  damit  sie  , Furcht  daraus  Kincn'. 
Ailvai  strenfje  Zi*ichti^nnp;on.  etwa  Schlagen  an  die  Küpfe  oder 
auf  den  Mund,  sind  streng  untersagt.  Auch  soU  die  Strafe 
nicht  früher  erfolgen,  bis  der  Gnmd  hiezu  sorgsAm  erkundet 
ist.  ]>ea  grwnen  Buben  und  Dirnen  ist  nicht  gestattet,  die 
Kinder  wa  stouen,  rapfen  und  su  schlagen. 

In.  der  Zucht  der  Kinder  bedarf  es  grossen  Aufmerkens 
und  eines  reckten  Unterscheids:  das  eine  lässt  sieh  mit  Freund- 
Uelikeit  ssiehen,  das  andere  wird  durch  Gaben  gewonnen,  ein 
drittes  erfordert  streugerc  Zucht. 

Den  i\ leinen,  die  zum  ersten  Male  zur  Schule  koiumcD^ 
soll  man  nieiit  die  Kopie  zu  brechen  versuchen. 

Die  Schulmeister  haben  ihrer  Aufgabe,  die  Kinder  losen 
und  schreiben  au  lehren,  au  obliegen.   Sie  dttrfen  sich  ni(  Id 
ohne  Nolh  von  der  Schule  entfernen  oder  auswärts  Arbeit 
suchen  oder  gar  auf  die  Märkte  laufen,  um  da  nach  ihrem 
Oefallen  Einkäufe  zu  machen.  Den  Unterricht  sollen  sie  nicht 
den  Au6ehem  abertragen;  desgleichen  dtlrfen  die  Schwestern 
nicht  ihrem  eigenen  Nutzen  nnchgehon,  etwa  mit  Nähen  n.  dgl. 
,KGiiie.s  soll  mit  Widurwilleii  <leiii  iVndoren  dienen:  es  Aväre 
kein  Sogen  dabei,   und  die  armen  Kinder  müssten  es  ent- 
gelten; ,wo  der  Wille  nicht  gut  ist,  da  sind  die  Worte  un- 
geschickt' 

Der  eigentlichen  Schulordnung  folgen  Verordnungen  für 
die  ,Eomentrilger  und  das  Kuchelvolk',  Kindergebete,  wenn  sie 
auf-  und  niedergehen,  die  Erläuterung  der  zehn  Gebote,  die 
aw^  Artikel  des  chnstliehen  Glaubens;  Tischgebete  yor  und 
nach  dem  Essen,  endUch  ein  ausführlicher  Katechismus.  Das 
,Kindergebet  zur  unfriedHohen ,  gefthrliehen  und  trObseligen 
Zeit'  ii>t  geradezu  ergreifend  und  wohl  in  den  Tagen  schwerer 
Verfolgung:  niedergeschrieben.  Im  Katecliismus  steht  die  Lehre 
von  der  Taufe  naturgemMfs  im  iSfittclpunkte. 

Ob  diese  Schulordnung  in  allen  ihren  Punkten  so  streng 
eingehalten  wurde,  wie  ihr  Anordner  voraussetzte,  muss  man 
billig  beaweifelo*  Wir  tinden  unter  ihren  Batzen  einen,  der 
eben  nicht  darauf  schliessen  lässt:  ,Auch  sollen  Brttder  und 
Schwestern  in  den  Schulen  sonderlich  Acht  haben,  dass  sie 
den  iremdcn  Geschwistrigcten,  die  in  die  Schule  kommen,  um 
die  Jugend  zu  besichtigen,  mit  Zucht  und  Ruthen  nicht  an* 
«tössig  seien.* 


384 


Den  meisten  Zeitgenossen  war  diese  f>nehiiit^metbode 
ein  Greuel-    Am  eifrigsten  polterte  Fischer  dagegen:  ,Die  Ter- 
kehrten  Wiedertäufer  handeln  gegen  die  Natur;  sie  sind  un- 
Terständiger  ab  die  kleinen  Vögelein  und  anbarmherziger  ak 
die  wilden  Thiere  gegen  ihre  Jungen;  denn  eobeld  die  Mutter 
das  Kind  entwOhnt  hat,  wird  es  von  den  rechten,  natOiücken 
Muttern  genommen  and  beeteUten  Sehweetern  llbei|^beii«  Her- 
nach den  anbekannten  Schnlmeistem  and  jähaernigen  Kind- 
aieherinnen,  die  dann  ohne  Idebe,  Sittiamkeit  and  Erbannong 
biBweüen  heftig  aad  onbarmherBg  dreinsehlagen.  So  werden 
ne  mit  der  grOisten  Strenge  erBOgen,  ao  dass  ne  wohl  manche 
Mutter  nach  fUnf  oder  Bechs  Jahren  ond  gar  ktatlich  nacht 
mehr  recht  sieht,  noch  kennt,  aas  welchem  Tide  Blateduuiden 
entstehen.   Femer  treibt  man  diese  Kinder  anf  ein  Bei^g^ein, 
oder  gar  schlecht  haufenweise  TOr  die  Thttre  auf  eine  kleine 
Hohe,  nicht  anders  als  die  6küue  oder  anderes  Vidi,  and  doch 
nicht  so  frei  als  diese/  Das  geschehe,  ftigt  Fischer  hinso,  alle 
Tier  Wochen  einmal,  oder  wie  sie  es  jetzt  verändem,  alle  vier- 
zehn Tage  einmal.    Sonst  stecken  die  Rrinen  Kindlein  wie  die 
Wesjteii  übereinander  daheim,  so  dass  man  ihrer  nicht  warten 
kann,   wie  siu  es  brauihen.     Daher  seien   es  meistens  un- 
gesunde, aufgeblasene  und  geschwulleiu*j  kranke  Kinder.  ,Wär' 
CS  denn  nit  billig,  dass  man  sie  bei  ihren  Müttern  lie&se,  bis 
sie  das  ftlnflte  oder  sechste  Jahr  erreicht  haben,  weil  sie  ja 
doch  (lureh  die  Liebe  und  den  Fletss  ihrer  Eltern  besser  ver- 
sorgt werden  als  durch  Fremde/  * 

In  diesem  Punkte  mag  man  Fischer  zustimmen;  aber 
diese  Art  der  Krziehnng  der  Kinder  hatte  doch  liir  nium  lie 
Wiedertäufer,  die  fern  von  den  Haushaben  als  Hauer,  Hand- 
werker oder  Schaffner  wohnten,  das  Gute,  dass  ihre  Kinder 
einen  geregelten  Unterricht  genossen.  Ein  kränkliches  Aus- 
sehen durften  wohl  auch  die  Kinder  der  Wiedertäufer  nicht 
gehabt  haben,  wenn  es  walir  ist,  was  Fischer  an  anderer  Stelle 
behauptet,  dass  die  Vornelimcn  im  Lande  die  Ammen  so  ihren 
Kindern  gern  unter  den  Wiedertäuferinnen  suchten.' 


*  Vier  und  fuiitluig  erhebliche  Ursachen  u.  s.  w.  ,Die  14.  ursach,*  S.  63,  ö4. 

*  ,Goti  erbarm,  es  ist  alles  zu  weit  kommen,  denn  es  mQsseu  jetst  fiut 
alle  Frauen  In  Mähren  m  ihren  Hebammen»  8augammen  nnd  Kindi' 
wlrteiinnen  hiater  wiederlänferieclie  Weiber  haben,  als  wenn  eie 


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285 


Dem  Unteirichte  im  Lesen  und  Schreiben  folgte  der  in 
der  Lehre  der  Wiedertäufer,  der  wohl  erst,  wenn  die  Jngend 
die  Fähigkeit  beeass,  den  Stoff  in  sich  aufEuiehnien,  snr  Be- 
handlung gelangte.  In  der  Form  von  Fragen  und  Antworten, 
wie  dies  einst  Hubmaier  gelehrt,  werden  der  Jugend  die  wich- 
tigtten  Stacke  aas  der  Lehre  von  der  Tanfe  und  dem  Abend- 
mahl bcigcbimcht  In  der  Sache  weichen  diese  ,Kinderberichte' 
▼on  Hnbmaier's  Lehren  nicht  wesmtlieh  ab.  Der  Unterricht 
wurde  namentlich  in  diesen  baden  Punkten'  grikndiich  vorge- 
nommen, weil  sie  die  Stutzpunkte  des  gesammten  Systems  sind. 
Daher  kommt  es  auch,  dass  die  in  der  Fremde  «j^efanpcncn 
und  vor  (Tcriclit  gezogenen  Wiedertiluter  auf  die  an  sie  ge- 
richteten Fragen  stets  ihre  Autwort  bereit  haben,  und  dann, 
dass  die  Autworten  der  nn  verschiedenen  Orten  uiui  zu  ver- 
sehiedeneu  Zeiten  in  Untersuchung  gezogenen  Wiedertäufer  oft 
bis  auf  ein  Wort  mit  einander  übereinstimmen. 

Welche  OeG-eustitude  sonst  noch  in  den  SchuK*u  vorge- 
nommen wurden,  und  die  Art  und  Weise,  wie  sie  zur  Behand- 
lung gelangten,  dartiber  ist  nichts  t\berliefert. 

Bei  der  gi-ossen  Wichtigkeit  ihrer  ,Sendbriefc*  ist  es  be- 
greiflich, dass  sie  der  üebung  im  BnefVchroiben  grosse  Auf- 
merksamkeit zuwendeten.  In  späterer  Zeit  benutzten  sie  wohl 
auch  eigene  Briefsteller;  sie  fanden  in  diesen  die  Muster  für 
Boss*  und  Ermahnungsbriefe,  ^  Trostschreiben  u.  dgl.  Kinige 
dieser  Mnsterbriefe  enthalten  Aufforderangen  zum  Eintritte  in 
die  Genossenschaft^  oder  Lehren^  wie  sich  ein  gläubiger 
Diener  einem  ungläubigen  Herrn  gegenüber  zu  yerhalten  habe. 
In  einem  Briefe  drtickt  ein  JUngling  seinem  Freunde  die  hoho 
Befriedigong  aus,  die  er  geniesse,  seitdem  er  ^die  Wahrheit 
kennen  gelernt  habe','  in  einem  anderen  wünscht  er,  dass  sein 
Fkennd  desselben  Qlückes  theilhaltig  werde. 


allein  in  diesen  iiiacheu  die  erfahrensten  wären.'  Die  40.  ur» 
wich,  8.  101. 

*  Cod.  Posou.,  Nr.  163. 

*  a.  B.  Cod.  Posen.,  Nr.  163,  Fol.  ISO*. 

*  Elmi4a,  FoL  IM. 


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286 


9.  Oapitel. 
Der  Verfall  der  Qemeintchaft 

Es  kann  gar  keinem  Zweifbi  unterliegen,  daas  die  yod 
Andre  Ehrenpreis  aofgcxoichnetcn  Ordnungen  schon  ans  einer 
Zeit  stammen,  in  der  sich  die  ^Gemeinschaft'  in  Auflösung  be- 
fand. Aber  obon  darum  sind  sie  von  besonderem  Interesse, 
denn  sie  zeigen  dotitlich  alle  die  Uebebtitnde,  an  denen  das 
cominunistische  Geracinweseu  krankte.  In  der  ersten  Zeit  des 
Bcbtclu  iis  der  mährischen  Wiedertiiuferiiremeinden  bcdurt'to 
dcraili^er  Ordnuneren  niclit.  dt'mi  alle  diu  ötrungen  Befehle,  die 
sie  enthalten,  waroii  nicht  iur  «li<'  ältesten  TTonossen  mit  ihrem 
glühenden  Eifer  ftir  die  (tomcindc  bctiiiiumt.  Jet^t  war  dieser 
Eifer  zum  Theilo  (  rkidtet;  scibsi  die  Diener  des  Wortes  muss- 
teil  an  ilirc  niichbten  Verptliehlimgen  j^omahnt  werden,  und 
aub  der  ,L;ru'-scn  Anzahl  von  Uebclstiindon,  vor  denen  sie  ge- 
warnt Averdcn,  iässt  sich  liiclit  schliessen,  dass  die  Gemeinde 
an  den  meisten  von  ihnen  thatsäehUch  krankte. 

Aus  der  Ordnung  für  die  Diener  des  Wortes  ersieht  man, 
dass  sich  diese  zu  viel  an  die  Obrigkeiten  herandrängten,  was 
^▼orhin  nit  unsers  Brauchs  gewesen*;  dass  mancher  von  ihnen 
besondere  Begünstigungen  aus  KUeho  und  Keller  fUr  sich  imd 
die  Öoinigen  begehrte.  Man  wird  da  an  die  Vorwürfe  ei^ 
innert,  die  Clni.^topli  Andreas  Fischer  den  Wiedertäufem 
machte:  ihre  Vorstände  sorgen  nur  fttr  sich  in  Essen  und 
Trinken,  die  Anderen  müssen  siisehen.  Man  nimmt  wahr,  dass 
sie  den  Frauen  zu  viel  Macht  selbst  in  Dingen  des  Amtes  ein- 
rSumen.  Ja,  indem  sie  gemahnt  werden,  dass  sie  ihre  Kinder, 
Anderen  zum  Vorbilde,  zu  rechter  Zeit  in  die  Scbale  geben, 
wird  es  deutlich,  dass  dies  gar  oft  nicht  geschehen  seL  Sie 
zeichnen  ihre  Kinder  vor  den  anderen  durch  besondere  Klei- 
dung mit  Pelzbesatz  u.  dgl.  aus,  sie  verUngen  fUkt  ihre  Frauen 
einen  besonderen  Tisch  und  lassen  hier  reichlicher  auftragen, 
,waB  nit  sein  soll'.*  Auch  der  Friede  in  der  Gemeinde  Hess 


'  Bflsonden  bOtes  Blut  machte  et  bei  dem  weibliebea  Theile  der  Qe» 
meinde,  dm  ^  Freuen  der  Diener  de»  Wortes  feinere  liSgentXtten  ,mit 
Flach»  und  Flaumen*  hatten  sie  die  anderen.  Das  gibt  bei  deiieu,  ,die 
Arrmitli  li  i'lcn  mtlssen,  schwere  Seufzer,  Aerpemifl»  nttii  Itetiübniu*. 
Khrenpreia,  der  dioso  Nute  in  der  Handf^i  linlt  ei^n'uliäiuii;;  antuet,  mUM 
also  wukl  in  dieser  Beziehung  böse  Ertahningen  gemacht  haben. 


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387 


>[anches  zu  wünschen  übrig:  die  Einen  waren  mit  den  I^rU- 
dorn  und  Schweötcru  zu  igemeiu  und  bchcrzlich',  die  Anderen 
zu  ,gr*indig  und  seltsam'. 

Koch  deuUicher  ersieht  man  den  I*iiedergang  des  ,Gq- 
meiDsinnes'  aus  den  Ordnungen  für  die  einzelnen  Handwerke. 
In  allen  finden  ach  bereits  die  schärfsten  Malmangen  wider 
den  ytäfennats^  und  das  eigenmllchtige  Qebahren  mit  dem 
GemeindeTennOgen.    In  der  jüngeren  Schosterordnung  yom 
Jftiiner  1591  wird  geklagt,  dass  die  Schuster  »Drahtstrinner' 
▼erkaufen  nnd  das  Geld  fUr  sich  behalten,  die  ,Flicker^  das 
Geld  lunjLje  ziisammensjjaren,  und  dass  die  Kinkäufer  und  Zu- 
schneider auf  den  Märkten  ilm^n  Weibern  verschiedene  Sachen 
von  dem  Gemcindegelde  ciukauleu.    In  der  Ordnung  flir  die 
Einkäufer  vom  31.  October  iüüy  wird  bemerkt:  ,Eö  will  ver- 
lautony  dass  die  jungen  Einkäufer  und  Zuschneider  sehr  ge- 
neigt seien  anm  Verthun,  Fleisch,  Wein,  Gewürz  und  andere 
Dinge  an  kaufen  wider  den  Sinn  der  Gemein  und  wider  die 
Liebe  sum  Nllehsten.   Daher  komme  es^  dass  so  viele  Unord- 
nungen entstehen,  wie  denn  die  jungen  Schuster  von  den  Ord- 
nungen nichts  wissen  wollen. 

Die  Müllerordnung   stamiuL   aus  dem  Jahre   1571  und 
wurde  1591,  1610  and  1040  erneuert.    Auch  sie  enthält  in 
ihrer  letzten  Fassun^c  Klagen  über  den  Vcrtall  des  alten  Her- 
kommeus.  Die  ,Fürge8teiiten*  seien  an  das  unordentliche  ,Au8- 
laufen'   ins  Dorf  zum  Wein  gewöhnt;  manche  meinen,  die 
Aeltesten  und  Ilaushälter  hätten  ihnen  nichts  mehr  au  befehlen. 
Bei  Einaelnen  habe  man  nach  ihrem  Tode  Schätze  gefunden, 
Andere  laufen  auf  die  Märkte,  frtthnen  mit  den  Gemeinde- 
geldem  ihrer  Eitelkeit  oder  versorgen,  ehe  sie  der  Gemeinde 
etwas  austeilen,  ihre  Ktthe-  und  Schweineställe,  ihre  Tmhen 
und  Betten.    Manehc  brennen  Branntwein,  verkaufen  ihn  aber 
nicht  zum  Nutzen  der  Gemeinde,  sondern  trinken  ihn  allein 
oder  iü  ( remein^jehaft  mit  ihren  Freunden.    .Wenn  Kiner  wan- 
dert, lümmt  er  nicht  blos  Kuehelspeise  (Gries,  Graupen  u.  s.  w.), 
sondern  auch  dürres  Fleisch,  Schmalz,  Salz,  Kerzen  und  Oel, 
ja  selbst  Kessel,  Pfannen  und  Kiichengeschirr  mit,  das  um  der 
Gemeinde  Geld  gekauft  wurde,  und  betrachtet  es  als  sein 
Eigenthum.  Eine  ,Fuhre'  reiche  nicht  mehr  hin,  um  das  Alles 
wegaufUuren.   Sie  sollten  sich  erinnern,  dass  ihre  ,Voifahren' 
mit  Leib-  und  Bettgewand  nnd  dem  n()thigsten  Handwerks- 


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288  ' 


£eiige  safneden  waren.  Ja,  auch  dieses  wttrde  in  der  ttltesteik 
Zeit  nicht  als  Eigenthum  hetraohtet,  mit  dem  man  nach  Gut* 
dUnken  schalten  und  walten  dürfe.  Die  Leute  in  den  Ge- 
meindcmUhlcn  seien  im  Essen  und  Trinken  dermassen  wähle- 
risch,  dass  man  es  ^kaum  mehr  erschwingen  kaiin^  Das 
^lablgdd  wird  nicht  selten  unter  ihnen  getheilt. 

In  der  Ordnung  flir  die  Weinäerle  Tcnn  16.  Mta  1650 
heisst  es,  dass  sich  die  Leute  von  der  Arbeit  abziehen,  so  dam 
die  Nachbarn  und  Bauern  über  ihren  Unfleiss  klagen,  ,wie 
unsere  Leut'  so  lanjjsam  an  die  Arbeit  kommen,  vor  Et^sens- 
zcit  vvciiij;  ihuii  und  daim  wieder  eine  Stund'  versitzen*.^ 

Am  Sonntage,  heisst  es  in  der  Ordnung  vom  9.  O('tol»rr 
1010,  laufe  das  Volk  seinem  oifrcncn  Kutssen  nach.    Von  den 
Versuchen,  dem  Eigennutz  beizukommen,  bind  alle  Ordnungen 
voll,   und  es  uiöi^e  gonUrren,   zu  den  bereits  erwähnten  nur 
noch  »'inigt'  wenige  Falle  nn  zu  füll  reu ,  da  sie  einander  ohnehin 
völlig  gleichen.    So  wird  ULkiagt,   dass  sich  die  Bader  Oe- 
meindcsachen  aneignen  und  stehlen,  was  sie  nur  können.  In 
den  Werkstätten,  zumal  bei  den  Webern,  werden  verbotene 
Arbeiten  heimlicher  Weise  ,fllr  den  Eigennutz'  gemacht.  LHe 
BrUder  lassen  sieh  eigenes,  kostbareres  (5 eschirr  brennen,  sie 
,krämlen  und  iifichieu'  (handeln)  diuuit.   Im  Uebermalcn  des 
Geschirres  kann  man  jetzt  nicht  genug  thun,  während  die 
Bri'idcr  vordem  mit  den  einlachen  Farben  Schwarz,  Gelb, 
GrUn  und  Koth  zufri«  den  waren.    Jetzt  mUssen  verschiedene 
OegensUlnde  auf  dem  Geschirr  gemalt  sein.    Die  Messer' 
schmiede  treiben  es  am  ärgsten.    Die  Ordnungen  klagen,  dass 
sie  sich  zumeist  mit  unerlaubten  Arbeiten  befasseni  sie  suchen 
sich  die  schönsten  jBeiner'  aus,  ^ben  sie  und  wenden  das 
beste  Zeug  ihren  Angehörigen  zu.    Daher  haben  diese  die 
schönsten  und  köstlichsten  Messer^  was  doch  nicht  erlaubt  sein 
soll.  Alles,  was  sie  an  eigenem  Nutaen  haben;  KImgen,  Mes- 
sing, Elfenbein,  grttne  Schalen,  Perlmutter,  Sandel  u.  s.  w.,  in 
Summa  Alles,  was  aur  Nebenarbeit  dient,  soll  surlickgestellt 
werden.  An  einer  anderen  SteUe  wird  gekkgt,  dass  Klingen 
und  Gabeln  entwendet  werden. 

Noch  mehr  Klagen  finden  sich  in  der  ,Beredung^  mit  den 
,{hrgesteUten  Messerem'  Tom  7.  Mai  1641.  ^Unser  Volk  und 


^  Vgl.  GescbiehtobUcher,      ißt,  478.  480. 


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289 


sonderlich  die  Schwestern  tragen  par  kostbare  Messer,  nicht 
allein  mit  ^^riinon  Knöpfcln,  sondern  auch  mit  Perhuuttei-schulen 
und  sonst  die  Hoßart  aufbringt/    Man  trägt  auch  Uber 

die   Massen  hoffHrtigc  Gürtel  und  Beschläge;  die  Schwestern 
richten  diese  wie  einen  8piegcl  auf  den  Rücken.'  Kiemandy 
heisst  es  in  der  Ordnung  von  1640^  mOge  sich  nnteratelien, 
Stahl  oder  Eisen  su  seinem  Eigennnüs  zu  entwenden.  Es 
komme  nun  yor,  dass  man  der  Gemeinde  Sachen  angreife, 
seinen  eigenen  Nutsen  damit  schaffe,  dass  es  tn  erbarmen  ist. 
Da  ist  keine  Furelit  Gottes  und  kein  Gewissen.    Kin  Messerer 
all  III  liat  bei  einem  Sehenken  in  neun  Wochen  8  Gulden  ver- 
trunken.  Bei  einem  fand  man  17  Paar  Messer.  15  neue  Sehei- 
den, M)  Ivhngen,  33  Gabeln,  15  Gulden  in  Baarcm  und  vieles 
Andere.    iSolcher  Leute  hat  man  binnen  kurzer  Zeit  einige 
gefanden,  nnd  diese  haben  ihrerseits  bekannt,  dass  es  die 
meisten  Messerer  so  thiin.  ,Und  solcher  Unrath  ist  nun  offen- 
bar bei  Denen,  so  die  Gemeinde  yerlassen  und  bundbrttchig 
werden.   Sie  vertrCeten  sich  auf  ihren  Geiz,  bilden  sich  gute 
Tage  ein  und  haben  auch  anflUiglioh  Zeug  genug,  wie  man 
bei  einigen  Leuten  in  Trcntschin  sehe.  Wie  soll  man  aber  bei 
solcher  Unredlichkeit  die  Gemeinde  ernähren?    So  raachen  es 
auch  die  Seheidcnmacher,  die  ,vertra«T''n',  was  sie  nur  erlan- 
gen können.    Man  sieht  es  auch  hier  bei  den  Ab«irL>fallenen  in 
Städten  und  Dörfern,  die  sich  von  der  Gemeinde  Sachen  er» 
nflhren.   Gutes  Zeug  nehme  man  von  der  Gemeinde  entgegen, 
schlechte  Waare  liefere  man  ab.   Die  schönsten  Messer  kann 
man  auf  solche  Weise  gar  wohlfeil  geben.  Daraus  folgt  leider 
noch  viehr  der  Seelen  Verderbnis«.  Wenn  nun  aber  Einen 
inige,  so  leugne  er  Alles  ab. 

Wenn  wir  Fischer  glauben,  so  war  nicht  erst  1()40,  son- 
dern schon  1600  die  ,Gemeinschaft^  an  vielen  Punkten  brüchig. 
Wioviele.  fraf::t  er,*  sind,  die  heimlich  Geld  haben?  Wieviele 
Meister  smd  bei  dieser  ehrbaren  Zunft,  die  das,  was  sie  von 
den  Christen  schinden  und  schaben,  ihren  Haushältern  nit  Alles 
nistollen?  Das  wissen  die  Krämer  gar  wohl,  die  um  sie  woh- 
nen, wie  oft  sie  von  ihnen  allerlei  Sachen  heimlich  kaufen. 
Diher  arbeiten  die  Messerer  oft  gar  schleuderhaft  und  achten 
nur  darauf,  dass  sie  bald  auf  den  Feierabend  kommen.  Sie 


VoD  der  Wiedertäufer  verflachtem  Ursprung,  T.  III. 
ArchiT.  LIXXI.  Bd.  1.  HmiiU.  19 


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290 


gehen  mit  (lem  theuersten  Zotig  uiisHuber  um  und  eilen  mit 
der  Arbeit,  um  auf  tlcii  Fcicrabeiid  zu  kommon. 

Ehrenpreis  bemerkt,  dass  auch  der  alte  Fleiss  abnehme. 
Mit  Mttsaiggehen  sei  es  nicht  maghcb,  die  Weiber,  Kinder  und 
Alten  zu  emAhren.  Man  arbeite  ja  ohnehin  nicht  mehr  so 
wie  einstens  in  Mähren.  Kritmer,  Frfttschler  und  Jnden  lasse 
man  in  den  Häusern  ^einschliefen',  nur  damit  »das  Volk'  Ge- 
legenheit finde,  zn  kaufen.  Dabei  nehme  der  Luxos  aber- 
band.  Den  Brttdem  kann  man  die  Gewänder  nicht  mehr  gat 
genug  machen.  Schon  Fischer  klagte  (in  seinen  ,54  erheb- 
lichen Ursachen'^):  Wer  ist  hoffärtiger  und  ttolcer  als  sie?  Sie 
haben  bisher  die  Welt  so  hoch  gescholten,  dass  sie  Sammt 
und  Seide  trage.  Tragen  nun  doch  die  Hnterischen  Weiber 
die  schönsten  Doppeltaffete,  von  Pomeranzen  und  anderen 
Farben  Itocke  und  seidene  Gewänder^  als  wenn  sie  von  Adel 
oder  gar  Freünnen  wären,  welche  doch  nur  gar  etwa  Ba<](  i>  . 
Kellners-,  Haushälters-  oder  Dieners-Weiber  seien.  Ja  es  ist 
gewiss,  dass  einige  von  ihnen  ihre  eigenen  silbernen  Lutl«  1 
haben  und  silbernuis  Trinkgesehirr,  schöne,  kleine,  güldene 
Uehrlein,  ht  nliche  Teppiche  und  was  der  Pracht  uu  lir  ist,  mit 
silbernen  Uürteln  und  Korallen.  Es  geht  das  Biidergcsinde 
80  stolz  und  geschlissen  mit  ihren  schönen,  glatten  Hosen,  als 
wenn  die  ganze  Welt  auf  ihre  stinkende  Hoffart  öähe.  6ie 
reiten  aut  den  stattlichsten  Kossen  trat/.  ^  im'm  KHelmann. 

Wenn  Fischer  s  Öcliildcrung  übertnelK-n  ist  und  auf  die 
Zeit  von  lüUO  kaum  passen  dürfte,  so  diirtte  doch  jene  des 
Ehrenpreis  von  \i'A'2  den  Verhrdtnissen  entsprechen;^  ,dass 
man  besser  hüeten  un<l  wachen  soll  wider  die  Hoffart.  dann 
die  Schwestern  wieder  gar  zu  gemein  werden  mit  den  glitzen- 
den  leinern  Schürzen,  damit  sie  daher  rauschen,  sowohl  als 
mit  den  schienen  Röcken,  so  köstlichcni  Bettgewand  und  andern 
Dingen  mehr,  welches  man  alles  heimlich  wider  alle  Ordnung 
gewiss  am  Geld  kaufen  muss.' 

Die  ,Gemeinschaft',  wie  sie  die  Gründer  des  mährischen 
Anabaptismus  erdacht  und  durchgeführt  hatten,  war  auf  die 
Dauer  nicht  mehr  zu  erhalten,  und  man  wundert  sich  nicht 
weiter,  wenn  anderthalb  Menschenalter  später  der  Beschluss 


^  6. 

s  GMcliicbtabaeber,  S.  466. 


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291 


gefasst  wirdy  d^BS  ein  Jeder  für  sich  sahlen  soll.  Aach 
ohne  die  ^oih  der  Zeit'^  die  ja  sweifellos  auf  die  Gemeinde 
stark  drCtckte^  wäre  die  ^GemeinBchaft'  nicht  länger  su  er- 
halten gewesen.  Sie  erlag  dem  Eigennutz,  wie  es  gut  ^gemein- 
sohaftlich'  gesbnte  Leute  lüngst  Toraosgesehen  hatten: 

,Die  Oemeinsehaft  wär*  nicht  schwer, 
Woim  der  Bigeantits  nicht  wür*.' 


19» 


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BEILAGEN 


Nr.  1. 

Ein  sendtbrfleff  Claus  Folbinger,  gescliriben  aus  seiner  ge- 
fenckbnua  an  die  gmain  gottes  in  Märhorn  im  ain  1000,  500, 

des  60.  jars. 

(Cod.  bibl.  Olom.  L  VUL  1.) 

Die  göttlich  gnad  und  auch  sein  himlisdwr  sogen  samht  der  wüik- 

lichcn  kraft  Am  heiligen  goigts  w5lle  sich  hei  allen  kindlen  gottos  ror- 
niereu;  dtis  wünsch  ich  Claus  Fei  binger  euer  mitgenoss  des  glaubons, 
yt'X'ii  gefangen  zu  Lands huct  im  Baiernland  umbgottes  warheit  willen, 
von  ganzen  hereeu  durch  Jesum  Christum  Amen. 

Ir  sundor  vi!  trehliebtcii  hrfiriiur  und  schwt'sti'in  im  honen,  ich 
kau  unil  map  aus  waier  gollete  raiiit-r  lipb,  die  ich  in  mcineni  herzen  zu 
oiich  trag  uit  underlagsen  euch  zu  bchreiben,  dicw-il  mir  got  gelegenheit 
und  blat  darzue  vergunt,  wie  es  uns  eect.  So  wais  icli  got  jscy  \oh  nit 
änderst  dan  im  herren  wol  an;  allniii  »  in  weil  haben  wir  vil  anrenuens 
gehabt  von  den  kindern  des  Unglaubens,  in  denen  freylich  der  teuffei 
werk  treibt,  Jan  sie  thuen  gleich  wie  *^r.  Welche«  mich  auch  bewejrt 
und  ursa«  iit  euch  zu  schreiben,  was  sie  bisher  mit  uns  gehandlet  und  für 
list  gebraucht  haben  und  noch  für  und  für  an  uns  hantieren,  ob  sie  uns 
mochten  von  unsorer  hoffnung  abfueren,  das  wir  unser  fürbaben  in  gott 
in  ein  sweyfel  stellen  wie  sie,  dass  wir  inen  gleich  worden»  dan  der  sa- 
than  wais  wid,  wan  wir  da^i  thuen,  das  wir  den  glauben  verlaugnet 
betten ;  das  schreib  ich  allen  fromen  zur  wamvng,  das  sie  die  tiefe  des 
toufets  und  der  schlangen  list  anch  dest  bas  mOgen  erkennen,  was  er  im 
sin  hat. 


Das  ,Cronirkol'  s.nrrt  '/.um  Jahre  1560:  2  Brüder  Claus  Felbiiiger,  Diener 
des  Evangeliamb,  und  Hans  Leiitner,  g^emeiner  Bnider,  zu  Neumarkt  in 
üaiern  geCangeu,  dann  nach  Landab  ut  abgeführt  und  gefoltert.  Claujs 
•chieket  iwei  Seadsidireiben  so  Bruder  Leonhard  Sailer  and  ^  Ge- 
neindef  dann  Beide  gekdpft.  GeecbicbtebQcber  der  WtedertliifBr,  8.  SS4. 


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293 


lob  wil  aber  mmderlich  den  tauf  ftr  mich  nemen,  der  in  gegen 
uns  am  aller  h<!iie8ten  im  weg  ist,  da  der  satan  am  allermeisten  wOrt, 
aasa  nur  der  recht  christlioh  ianf  nit  «ffenlMr  werd  oder  auf  kfan;  und 
iat  anch  kain  minder  nit»  ea  m<kbt  rax  nit  etwas  entaogen  werden:  dan 
wan  der  recht  christlich  tanf  an  den  tag  kflm,  der  den  glaobigen  nnd 
verstftndigen  Ton  gott  angeben  und  bcToIhen  nnd  nit  den  kindem,  so 
Word  man  baa  wissen,  was  man  goti  scbnldig  ist.  Dan  der  recht  tauf  iet 
ein  bnnd  eines  goeten  gewissens  mit  gott,  dass  sich  der  mensch  mit  gut 
Terbflndt  und  verlübt,  wider  gott  nit  mer  so  sflndigen  sunder  gott  mit 
ain  guptt«n  gewissen  sein  leben  lang  in  warer  frfimbkeit  zu  dienen  und 
aiizuliaugen,  sein  treu  nimenner  ;in  im  wnl  brechen;  darumb  sagt  ein 
mensch  im  tauf  dem  tenfel  den  dienet  auf,  gibt  der  weit  mit  ireni  sündigen 
wAllupt  Urlaub  suuibt  aller  nngr<»rechtigkeit.  Und  das  understünd  der 
situiu  gern;  daniuib  haltet  er  sich  des  kindstauf:  dan  dio  kindpr  lassen 
in  den  biiinl  fiit  gott  nit  haiss  ang-elegen  sein,  dieweil  sie  auch  nit  w  isv.  n. 
was  mit  iu  q-ehaudiet  ist.  Wie  aber  das  i  \cm  tenfel  widergesagt 
hat,  gibt  das  werk  zeutruus,  bald  es  erwachst,  all  sund  und  boshuit  treibt, 
gott  schendt  und  bchmrifht  un  1  Im uet  im  n)it  hist.  Der  kindstauf  ist 
dem  satan  nit  zuwider,  es  wird  im  niemand  dadurch  entzogen,  dan  er 
ist  auch  durch  seinen  schalkhaftigen  lästigen  geist  durch  den  widercrist 
erdacht,  dem  waren  cristlichen  tauf  zur  schmach  und  uneer.  ünd  dar* 
nmb  haltet  der  greulich  greyel,  der  bapet  so  stark  darob,  der  alle  ding 
verkerty  was  gott  geordnet  und  giiet  gemacht  hat.  Darumb  wM'rt  in  auch 
gott  erwfirgen  mit  dem  athem  seines  nrands:  dan  dei  kindtanf  ist  nichts 
anders  dan  ein  aofhaltang  im  nnrechten  nnd  ein  hindemos  der  waren 
nndergebung  gottes.  Dan  ein  verständiger  mensch,  der  gott  etwas  ver- 
haisst  und  mit  im  in  ein  band  geet,  der  waiss,  dass  gott  nit  m  Tersnchen 
ist^  dass  er  nit  mit  im  Schersen  lasst,  so  er  änderst  gott  fi)rcht  und  kennt, 
der  fliiBst  sich  mit  «nst,  gott  smn  gelllbd  sn  besalen. 

Brsilich  sein  whr  gefangen  worden  nit  weit  von  Nenmarkt,  den 
dinstag  nach  Judioa  f2.  Jprä)  in  der  fluten  des  60.  jars  nnd  der 
pAeger  zn  Nenmarkt  hat  uns  behalten  bis  auf  den  Bahntag  (7,  J^U) 
frne,  wie  gleieb  das  volk  in  tempel  hat  wdllen  geen.  Da  haben  sie  uns 
anf  diey  kftnen  geschmidt,  ain  yeden  besonder,  den  pauren,  mich  nnd 
den  Hansen.  Aber  ee  in  den  5  tagen  hat  uns  der  pfleger  mit  seinen  bey- 
Hytzem  swaymal  verhört  nnd  uns  an  dem  rechten  cristlichen  tanf  am 
allerhdrtesten  verwyseu,  dass  wir  uns  noch  einmal  haben  taofen  hissen. 
Da  hab  ich  gesprochen:  Wir  halten  den  landstauf  ftr  kein  tanf;  es  ist 
nur  ein  menschenpflans,  die  au^gerent  mness  werden,  Gott  hat  in  nit 
bevolhen  und  die  apostel  haben  in  auch  nit  gebraucht,  sunder  haben  sich 


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294 


des  ang'ebfns  iievS  inaisUTS  gehalten  und  nur  die  ghiubigf-n  getauft,  di^ 
ans  der  leer  cristy  oder  seiner  apostel  seind  bewegt  worden,  sich  gott  zu 
schenken  und  sich  in  seinen  göttlichen  gehorsam  zu  arKlorg^ben,  wie 
auch  ge6chrieb«n  ateet:  Die  eein  woct  gern  annemen,  die  üessen  9kh 
taufen,  wi»  vil  ir  zum  ewigen  leben  Terordnet  war«n.  Actonim. 

So  spricht  der  gerichtschreibtir:  Das  wär  zu  erbanuen»  8oU  4ie 
ohriBtUch  körch  so  lang  geirret  haben?  So  sprich  ich:  Ey  nun,  wir 
glaoben  der  göttlichen  seugnus,  die  da  sagt:  Ks  sey  nur  ein  glaab  und 
ein  tnof.  So  flndt  man  tob  kindstanf  nit  ein  bnchatah;  nur  die  glaabigen 
sein  getauft  worden  aof  iren  bekanten  gkuiben. 

Da  apricht  der  Schreiber:  Ich  wiU  endi  göttliche  seognus  gnoeg 
zaigen,  des  kindstaof  halben.  So  sprich  ich:  Wo?  Da  Iheht  er  an  and 
qiricht:  der  Zyprianns,  der  schreibt  acbdn  darvon.  Da  sprich  ich :  I>er 
Zyprianus  steet  nit  in  der  bibl.  Wir  lassen  uns  nit  in  frembde  gesclirift, 
wir  halten  nicht  von  legenden,  bfleehern,  wir  ghuiben  der  göttlichen  bibli- 
schen geschriftw  Darin  findt  man  grunds  gnueg,  so  vil  snn  leben  aot  Ist 
sn  wissen. 

Demnach  haben  sie  uns,  wie  vor  gesagt,  aut  rentem  nnd  tnben- 
den  wol  bewart  und  gen  Landshnet  geschickt  und  ain  jeden  besnn« 

der  gelegt. 

Und  in  denselben  wochen  seind  die  herren,  der  haahtnianii,  der 

hfudentnech,  *  der  altpfleger  und  der  cansler  daher  ffir  die  gefänknos 

kumen  und  mich  zu  inen  hinaus  lassen  ffieren  und  mich  freundlich  anere- 
sprochen,  sie  wären  aus  gcnaygtcn  treuen  gniflet  zu  mir  konien,  nach- 
dem sit'  gehört  hotten,  dass  icli  Viloss  ninbs  glaubens  willen  hie  gefangen 
läg,  nit  von  kainer  obrigkait  go&ihickt.  siinder  mich  kumen  zu  trösten, 
nachdem  sis  suuderlich  in  der  mart  i iicii  lur  ein  guetts  w^rkh  halKiü. 

Aber  sie  (seind)  mir  nur  kuiiitiii,  meinen  einenfaltigen  sin  in 
Christ  I  /II  cr-spohon;  das  hab  ich  wol  gemerkt,  dabs  tue^  sich  ans  meiner 
an  falsL'iien  I)ekantnus  erst  über  mich  gerüst  haben  mit  gegtiuwüif  dt-r 
8chi  ift,  mich  darnach  haben  gesnecht  irr  zu  machen  und  mich  aus  memer 
vestung  und  Sicherheit  zn  Yerstossen,  nachdem  sie  bald  mer  sein  knmen, 
gehofft,  mich  aiumal  schwach  zu  finden  nnd  ein  rechte  stund  treffen. 

Aber  der  gerechte  gott  ist  bisher  mein  treuer  beystand  (und)  Ver- 
fechter gewesen,  dem  sey  auch  allein  der  preis.  Eben  das  hoff  ich,  dass 
er  die  weisen  in  iren  tücken  kan  ergreifen  and  behaltet  in  seinen  kindlen 
das  feld;  die  im  sein  eer  trenlich  lassen  im  sin  ligen,  die  bewart  er  wie 


'  Vielleicht:  haidentnecher;  tnecher:  Knecht,  IHener. 
*  Handaehrifk  hier  aad  Öfter:  ^eh. 


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295 


sein  aug^pfel  im  aug;  das  habe  ich  schon  selbst  erfaren,  dass  eis  in 
keiuHii  Stacken  last  zu  Hchanden  werden. 

*  Nuu  wie  sin  niclit  luibeii  au  iu  sciiaöt'U  künen,  da  haben  sie  zweu 
dechant  aus  der  btadt  henmsp^esrhickt,  7;wen  predigor,  die  haben  uns  des 
sacraments  halbers  und  warumb  wir  uns  vun  der  rechten  cristUehen 
kflrchen  haben  abgesfindeii,  and  des  kindstauf  halben  auch  bericht  thnen 
MlleB.  Sie  Semd  aber  ungern  knmen,  haben  selbe  gesagt:  sie  wollten 
lieber  waia  wo  sein,  dieweili  ich  glanbs. 

Da  hat  der  ain  angefiuigen,  was  ieh  vom  aaerament  des  altars  halt 
Ob  ich  nit  glaub,  dass  Cristns  leibhall  und  wesentlich  darin  sey,  wie  er 
am  8 tarn  des  heiligen  creuz  für  uns  gelütten  hat.  Da  hab  ich  gesprochen: 
Xain.   Ich  jj^lanhs  nit,  dai  unib,  Cristus  ist  aufgefaren  geen  himt^l;  da  sitzt 
öF  ZU  der  rcchieü  des  vatters,  von  diint-n  er  künftig  ist.  Darunib  husst  f.r 
sich  nit  in  die  sunder  hcnd  herab  zaubern.  So  haltstu  uns  für  zauberer? 
Was  ists  änderst?  Judas  hat  in  nur  einmal  verkauft,  so  verkauft  ir  in 
alle  tag.  Wen  ers  wär,  wie  ir  meint,  er  ist's  aber  nit  Darumb  seid 
ir  ftrger  als  Jndas.  Dass  ir  aber  meint,  wir  haben  nns  von  der  rechten 
cristlicben  Icflrche  abgeafindert:  sag  ich  nain,  sunder  von  der  rSmischen 
ancriatlichen  kttrehen,  von  der  gmainschaft  der  gottlosen  nnd  ver- 
sanunlnng  der  boshaftigen  als:  huerer,  eebreoiher,  lugner,  götiendiener, 
von  geizigen,  tinnknen,  fressern,  sanfem,  hoiTärtigen,  gottes  feinden, 
du-  nit  aufhören,  gott  zu  lä.stern  und  zu  schuuilinn,  sein  augi'sicht  zu 
erzfii  iion,  von  denen  allen  haben  wir  uns  wui  abgesüudei't  nachs 
herren  wort. 

Aber  zu  der  rechten  waren  cristlichen  kiircht  n.  di«»  gott  im  goist 
und  in  der  warheit  dient,  die  frumb,  redlich  ist  und  gottsallig  lebt,  in 
der  hab  ieh  mich  gethon  und  heiff  zu  gott:  ich  werd  mein  xeit  in  gottes 
gnad  bey  in  veraeren,  dan  ich  waiss,  dass  ea  die  rechte  gemainscbaft  der 
heiligen  ist,  darin  veigebnng  der  sQnden  ist. 

So  spricht  der  ein  dechant:  Nun,  was  haltstu  dan  vom  aaerament 
der  tauf?  Vom  rechten  cristlicben  tauf  halt  ich  wol  vil,  den  Cristus 
selbs  bevolhon  hat.  aher  vom  kindstuul.  du  lialt  ich  wr)l  nicht,  dan  er  ist 
luiv  »'in  nit'iisclieii  godicht.  Es  8t*>et  in  (h>r  ganzen  üibel  nit  ain  bueeh- 
stat)  darvon.  Da  spricht  dir  pfatf:  Es  ist  war,  es  steet  nicht  darvon; 
giaubstu  aber,  dass  die  cristliche  kürdi,  durch  den  heiligen  geist  ist  ge- 
samlet  worden  und  alle  ding  in  ir  anrieht  und  ordne.  In  der  rechten 
cristliflhen  hOrcbe  glaub  ichs;  die  sich  den  heiligen  geist  lassen  regieren, 
die  leitet  er  in  die  warheit  und  haltet  sie  beständig  darin.  Da  spricht 
er:  Waistn  auch,  wie  Cristus  dort  xu  seinen  Jüngern  sprach:  Ich  het  euch 
wol  noch  vil  au  sagen,  aber  ir  kOnts  jetsnnd  nit  alles  vassen  noch  tragen. 


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296 


Hau  abtT  jener,  der  geist  Her  warhf  it.  wii  t  kiimen,  iler  wirte  euch  alles 
eriiiiuTii.  üud  daruinb  ist  der  kiu4?uiul  diii  nut  h  «  ist  durch  den  heiligen 
f^i'i^i  lur  ^'Uft  erkent  und  geurdüiit  worden,  das  Ciistiis  iiit  deatlicfa  hat 
lH>v«>lht'U.  bteet  auch  nit  p<>8fhril)i'U.  dass  du  «in  Schlosser  »olst  sein, 
es  ist  dcuiiocht  geschehen.  Mit  eiueut  boichen  grund  haben  sie  mich 
wollen  stürzen. 

Da  hal»  ich  gesprochen:  Nun  wie  kumbi««  aber,  dass  der  heiiigt» 
geist  dem  Paulo  nit  auch  des  kindtaufe  bei  iclit  und  (>rinert  hat,  der  dem 
herren  ein  anserwelt^r  rustxeug  war,  seinfu  naiiu  ii  zu  verkündi^n»  der 
erst  hernach  nach  d^  n  andern  aposteln  ist  erwölt  worden.  Nun  schreibt 
er  nit  ein  wörtl  darron.  Daiiimb  i£t  nichts  nit.  Dan  man  sieht,  do  er  m 
Hileto  von  eltesten  von  Epheso  urlaab  nimbt  nnd  spricht  :  Ich  bezeug 
euch  an  dem  heutigen  t^,  dass  ich  euch  alles  das,  das  da  nuiilich  ist, 
ja  allen  rat  gottes  verkündigt  hab;  darumb  wil  ich  min  sein  von  eurem 
bloetf  dan  idi  hab  euoh  nit  Terfaalten,  das  ich  euch  nit  TerkOndigt  hefte, 
dammb  sehaat  auf  ench  aelbs.  Ja  daaa  «r  er  des  kmdstaof  mit  aim  wort 
gedfichte,  dan  er  ist  kain  lat  gottes  nie  gewesen:  dan  wan  der  kindsftaof 
von  Gristo  oder  dnrch  seinen  geist  Itet  soUen  far  den  rechten  cristlichen 
taaf  gebrancbt  werden,  Cristns  bet  in  nit  allein  dentüch  bcTolben,  simder 
ernstlich  geboten,  wie  man  sieht,  da  sieh  Jobannes  widert,  den  herren 
VBL  taafen  Hat.  8.,  da  sprach  er:  I«ss  es  yetet  also  sein,  also  gebirt  es 
sich  alle  gerecbtigfceit  nt  erfüllen. 

Nun  wie  diso  auch  nit  richten  haben  können,  da  haben  sie  mit  der 
marter  auch  versnecht  nnd  da  haben  sie  gott  sei  lob  ancb  nit  gelangen 
mögen,  nachdem  sie  nnser  nnachnid  in  der  msrter  erst  gemerkt  haben, 
gleich  entseilt  sein,  nns  sn  tUten.  Dan  es  mness  nor  gottes  nrtel 
treiben,  ire  snnd  sn  erftUen.  fis  ist  inen  hang  mit  uns;  wie  dan  der 
pfleger  spi'ach:  Ich  weit,  dass  ir  100  meü  von  hinnen  werendt:  sie 
siicheut  weg  manchoi  lay  weis. 

Sy  habf'n  aucli  von  Mflnichen  «wen  dochant,  anserlesne  schlangen 
wo!  9  meil  we<^s  zu  uns  geschickt,  die  halu-n  ain  ganzen  iamerepi  fleh 
aufzaichiiot  aus  der  bibel,  den  kindstauf  damit  zu  bezeugen,  hat  8ich  ab^r 
kainer  troffen.  Haben  nur  ire  thorheit  anzeigt,  dass  sie  nichts  von  i^ott 
wissen,  sunder  nur  veinden  fiioier  sind,  und  da  Ii  lin  n  gemaint,  dass 
ich  inen  nit  zne  fallen  wil;  da  hat  es  in  keffentlich  antliou.  Da  hat  der 
iün  ans:»'fani(en  und  ernstlich  zu  mir  gesprochen:  Nun  dieweil  du  denn 
alh'ding  mit  der  schrift  wilt  bexengr^'t  haben,  so  sa^^  mir:  was  haltjstu 
vom  sunta^r?  Was  sol  ich  darvon  halten?  Wir  halten  nit  ain  tag  für  den 
andern,  man  nimbts  vom  gesatz  her,  dass  man  den  sibenten  tag  feürt. 
CristuB  hat  in  nit  geboten,  sunder  er  selbs  hat  alle  seine  werk  am  sabath 


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297 


than.  r>;iruml>  d'w  ju<ien  maiiu-ten,  er  wer  iiit  von  trott,  weil  er  sicli  nit 
still  hiflt.  Da  sprach  Cristus!  was  ^rt.laiil  sich  zu  thuen  imi  dm\  sabath. 
güet^i  Oi\iu  ijöf.t's>  Du  .Vicht  man.  «lass  i^'uets  thncii  alh«  tag-  »'rlaiibt  ist 
lind  das  böse  alle  tag  verbct'  Ti.  Wie  der  prophet  Ksayas  am  56  meldt; 
I«  r  das  hoch  acht,  das  gott  gefallt  und  seine  hend  verhOot,  dasB  sie  koia 
bi>sos  thuen,  der  halt  dem  herren  seinen  ssbath  recht,  wen  der  sftndlich 
leib  doTch  den  geist  flberwmiden  wird,  dass  er  f«ai*en  mneees  mit  seiner 
sOndigen  Wirkung.  Anf  das«  wii*  aber  die  unwissenden  Völker  nmb  nns 
nit  nrsaeli  geben  an  lesiem»  so  luüten  wir  den  sontag  aaeh  still,  aber  nit 
nmb  ires  gebets  willen,  snnder  wie  Torgesagt,  ergernas  tm  vermeiden. 
"Weil  doni  lierryn  niclit  (iarilurcli  verfrcben  wild,  80  handlet  man  hey  mm 
des  lieiTen  wort  allen  frumeu  zum  trost. 

Da  hat  der  pfaff  ^'omaint:  du  kannfit  in  mit  kein*»r  schrift  bozmigon. 
Nun  sag  mir:  Uat  Maria  die  mutter  des  Ihm  ren  mer  kinder  tragen  als  den 
herren?  Wir  halteas  nit  dafür.  Non  woher  kumen  im  dan  seine  brfleder. 
Da  faftb  ich  im  gessgt:  Wir  achten,  es  seyen  seine  nftchsten  freund  ge- 
wesMi,  naeb  der  alten  gebraneh,  die  sunderlidi  seines  gesiftcfats  seind  ge- 
wesen, haben  sie  brfleder  geheissen. 

Da  sprieht  er:  Do  kanst  diso  ding  gleich  also  wenig  mit  der  sehrlft 
becengen.  als  den  kindstanf.  Da  hab  ich  gesprochen:  Es  ligt  nichts 
daran,  wau  mciii  dise  dins;  gleich  nit  waiss,  es  seind  nit  artikel  des 
glaubens,  die  man  wis.^en  imuons,  aber  der  rocht  cristliche  tauf  ist  uns 
not  zu  wissen,  dan  es  ist  ain  i^erechti^keit,  die  um  gpbflrt  zu  erfüllen, 
dan  Cristus  hat  deutlich  gesagt:  Predigt  das  ewangelium  aller  creatur, 
wer  da  glanbt  und  tauft  wird,  der  wirt  silig,  wer  aber  nit  glaubt,  der 
wird  Tordambtu 

Sprechen  sie:  So  mness  das  kind  ein  glauben  haben  und  tauft 
werden,  soll  es  änderst  nit  ?erdambt  sein,  dan  der  apostel  sagt  auch,  es 
sey  on  glauben  unmfiglich,  dass  man  gott  gefallen  mfig  und  was  nit  aus 
glauben  geet,  sey  alles  sUnd. 

Merkt  wen  das  kind  die  predig  des  woi*t8  verstoet,  so  mag  es  gleich 
Wül  ein  glauben  haben:  wo  nit.  sn  liat  es  auch  kein  nit,  dan  der  glaube 
kumbt  nur  auj?  dem  gehör  der  predig  und  die  pre<lig  aus  dem  wi»rt  gottes. 
fij  80  seind  die  thumen  und  die  doron  alle  verloren  nach  eurer  meinung? 
8o  sprich  ich:  Wie  so?  Dammb  weil  sie  die  predig  nicht  versteen  so 
habens  auch  kein  glauben  nit.  Da  sprich  ich:  Wie  mögt  ir  nur  so  un- 
Tivstindig  sein?  Oott  wird  freylich  von  thumen  und  von  kindern,  denens 
onmflglich  htt,  keinen  glauben  fodem.  Wftr  doch  gott  su  beschuldigen. 
Das  sey  ferr  von  im.  Er  thnets  auch  nit;  er  Ist  treu  und  gerecht  und 
neoht  sein  geschOpf  su  erhalten  und  hat  kein  Inst  oder  gefallen  an 


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298 


yr'inauds  vei  iicrben.  Nun  verdampt  er  «loch  ein  vich  iiH,  wolt  f-r  daii  dta 
unwissenden  inciischcn  sc  hiiit  sciiiV  Diui  der  ^\nvi\\  wird  nur  v..ii  denen 
gtifodert,  die  wytzifT  sfin.  die  vei'stAnd  und  veruunt't  haben,  -lif»  den 
glauben  nnVliten  fa^^t'u  uin!  t'ott  ditinen  in  warer  tVoml  k.  ir  un-l  wüilen 
aber  muetwillig-licli  kein  wissen  tragen,  wie  g'eschriben  sieet :  Wer  lia 
waiss,  guet^  tluien  und  tbuets  nii.  dem  ist8  i>ünd,  ders  aber  iiil  waiss, 
kau  oder  vermag,  den  lasse  man  dem  herren  in  seinem  urtel  eteon. 

So  sprechen  sie  dan  weiter:  Nun  wai'umb  wolts  gott  uumnglich 
sein,  dass  das  kind  kein  prlauben  knndt  haben?  Ist  dofh  der  glaub  ein 
gab  gottes,  ist  im  doch  müglich  gewesen,  mit  ainem  wort  bimel  und  erde 
IQ  schaffen»  bo  k&n  freylich  das  wol  auch  sein.  Da  sprich  ich:  Es  istgott 
wol  ein  grossere  möglich  gewesen  als  das,  es  ist  aber  seim  göttlich  wort 
zuwider  und  der  gfttUidien  sengnus  entgegen.  Ir  last  die  göttlich  leog- 
nns  ffu^n  nnd  geet  nur  euren  gedanken  nach.  Ir  dörft  euch  um  die  an- 
schuldigen nit  komem,  wie  sie  gott  riebton  wird:  Er  wird  niemand  to 
vil  ihnen»  scbant  nur  ir,  wie  ir  euer  sOndigs  leben  mit  warer  ran  nnd 
bness  wftli  ablegen,  gnad  erhingen  und  frid  mit  gott  und  seinen  kindlen 
überkommen,  damit  ir  auch  der  siehem  hoffnung,  djar  siligfceii  gewiss 
wSrendt  und  nit  sweyfflen  dArft  dnrch  nnghmben.  Und  daromb  achant 
yeta  in  der  gnadenseii,  daas  eure  sflnd  yertllgt  werden,  damit  ir  nicht 
am  tag  des  ainsprechens  müest  in  schänden  werden:  dan  gotl  wird  nur 
die  kennen,  die  im  in  sein  wolgefallen  mit  treuen  gedient  haben. 

Sie  fallen  an,  den  achindlichen  kindatauf  widerumb  au  beUagen; 
es  sei  doch  (aprtehm  $k)  ein  einleibung  in  die  gmain  gottes,  gleichwie 
im  alten  testament  die  beschneidnng:  dan  welchen  knUden  am  aehton  tag 
nit  beschnitten  wurde,  das  muest  ausgerent  werden.  Also  mocht  den 
kindlen  auch  geschehen,  wo  sie  nit  getauft  wurden,  dan  Paulos  sagt 
deutlich:  Wir  setnd  kinder  des  soms  von  natur,  dartimben  wird  der 
mensch  erst  rain  von  der  erbsOnd  durch  wasHerbad;  im  wort  wird  der 
zorn  versünt.  Es  ist  alles  ein  eitels  geschwiit/  un  <,'iund.  merkt  aber: 
Dieweil  ir  mrint,  es  mfiessen  die  kiudleu  durcli  den  kindsiauf  anfrenom- 
men  werden  in  dif  guiain  Rottes  oder  in  die  zal  seiner  kinder,  H.uiiiiib 
hat  den  Cristus  (niej  sülig  preist  nn  den  kindstaiif  und  g-ejta^  sidcher  sey 
das  reicli  pittes.  dan  er  hat  die  Unschuld  frey  Zflt.  wie  auch  der  projdiet 
Ey.ecliiel  sagt:  Du  wärest  ganz  volkumen  vom  tac:  deim-r  erschalTung  an, 
bis  die  missethat  an  dir  erfunden  wart,  und  ais*>  glaub  ich».  80  aber 
das  kind  erwachst  und  da«  guet  und  hAs  kau  undersrhaiden  und  eg  ver- 
laust d2i8  guet  und  thuet  das  bos,  d;i  falls  erst  iu  zorn.  Dan  der  propbet 
sagt  deutlich:  Wer  selb«  sündigt,  uniess  selbs  sterben;  es  werden  die 
kinder  der  vätter  miseethat  nit  tragen,  noch  die  vätter  der  kinder,  der  «0 


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mir  snndet,  mness  vertilgt  werden.  Dms  aber  das  kind  ain  ang'oborne 
iUU.LTlichkeit  hat.  d.i.s  auch  süiui  iiaibt.  das  ibt  ilie  ti  bsünd  von  Adam  her, 
so  schad  im  die  selbsfind  nit  weiter  ;  dass  sie  im  ein  ursach  des  zeiilicheu 
toäs  ist,  das  sieht  man  an  den  jungen  kindlen,  die  in  irer  masz  wol  so 
iuurt  sterben  als  die  alten,  die  gott  noch  nie  haben  erz&mei,  kein  sfiud 
nie  getboa  und  omb  keine  auch  nit  gewist. 

Aber  an.  der  s&ligkeit  ists  in  knin  nachtail,  weil  Cristne  ir  recht- 
ferti^ng  ist.  Wen  »her  Cnstoe  nit  wer  kamen  und  den  zem  seines 
mtom  gestUlet  faete,  dnrdi  sein  Terdienst,  so  glanb  ichs»  dass  die  jungen 
sambt  den  alten  in  der  gnad  gottes  heten  müesaen  Tereddossen  bleiben. 

Cj  nnn,  spricht  einer  %n  mir,  so  glaubstn  dase  aneh  der  Türken 
kinder  sälig  werden?  So  sprich  ich;  Ii  hOrts  wol,  weil  die  kinder  der 
Väter  inissethat  nit  werden  tragen  uud  Cristus  ir  rechtfertigung  ist.  Dass 
ir  aber  so  haii.  auf  <iie  bcschueidung  dringt,  sie  sei  ein  bild  auf  den 
kindstaof,  das  aber  nit  ist:  dan  mau  het  die  uiaydlen  auch  beschneiden 
niflessen,  weil  sie  doch  ancb  erben  dos  lebens  sein.  Nun  wen  es  schon 
wer  nach  eurer  meinnng,  das  aber  nit  ist,  so  raüest  ir  bekennen,  dass 
Abrnhaai  kein  kind  an  fleisch  mocht  beschneiden,  sie  wurden  im  dann  in 
sein  bans  geboren.  Ja  es  ist  also. 

Ey  nun,  wan  die  beschneidnng  ie  ein  bild  daranf  wer  aniTen  tanf, 
so  mnest  man  Cristo  in  seineni  hans  die  kinder  Tor  anch  lassen  geboren 
werden,  wie  dau  auch  nur  die  nengeburt  giltet  in  Cristo,  die  aus  dem 
unzergcnglichen  sanien  des  lebendigen  wort  gottes,  das  ewig  bleibt,  ge- 
schihet;  denen  hat  er  macht  geben,  gottes  kinder  zu  werden  und  nit  der 
fleischlichen  geburt,  dau  was  vom  fleisch  geboren  ist,  das  ist  Heisch  und 
was  vom  geist  geboren  ist,  das  ist  geist,  wie  zu  Bomern  am  9.  steet:  Nit 
seind  das  gottes  kinder,  die  nach  dem  fleisch  kinder  seind.  Sonder  dass 
ir  aber  meint,  die  kinder  weinien  dnreh  den  taof  besser,  rainer  nnd  der 
erbsftnd  ledig,  das  ist  nichts:  der  tauf  macht  niemands  frOmer,  wo  nit  ein 
lebendiger  glauben  ist.  Die  erbsflnd  heben  die  junger  gehabt  bis  in  die 
gmeben,  haben  sie  sich  derselben  beklagt:  Dass  aber  Panlns  den  zom 
anzeucht,  das  redt  er  alleruiag  lut  von  kindern,  wie  man  es  dan  siclit, 
daää  er  die  glaubigen  7,u  Epheso  erinnert  ires  eytlen  wandels  halben,  den 
sie  weylend  wider  gott  nach  dem  lauf  der  weit  gcfiiert  haben  in  den 
Insten  des  fleischs,  danimb  sie  auch  iebendig  tod  waren  durch  gepresten 
•  und  snnd.  Da  warens  kinder  des  zorns,  wie  alle  die  nach  dem  geist  der 
iMWheit  wandlen  on  gott  in  der  weit,  danimb  betten  sie  aooh  kein  hoflt- 
nnng  nii. 

Lieben  m&nner,  hwt  nnr  ab,  ir  bexeugt  mich  nit,  dass  ich  dem 
kindstanf  snelUl  nnd  recht  geb,  dan  er  ist  ein  greyel  vor  gott  nnd  vom 


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^  doo 

ind«rcnst  erdacht.  Ir  kfint  in  weder  mit  Worten  noch  mit  werken  be- 
seligen, dast  er  gaett  sey.  Na  aagt  mir,  was  feJgt  doch  f&r  nutz  darans» 
er  ist  nur  ein  anf  iultung  im  unrechten,  dann  ein  jeder  last  sich  duiken, 
er  aej  ein  crist  dammb  daaa  er  criatlieh  getauft  aej,  er  leb  wie  achfiadlieh 
er  wftl,  80  doch  ein  menach  den  aamen  nit  vom  taut  Bender  vom  wrsndal 
hat»  dan  der  crisUich  lebt,  der  ist  ein  orist,  nnd  wer  haidniseh  lebt,  te 
iat  ein  heid.  Da  spricht  der  ain  plaff:  Sagt  doch  Panlna,  wer  in  Cristo 
getanft  aey,  der  hab  Criatom  aniogen  ond  angelegt  Ja  ein  warkaikigier 
rediter  oriat,  der  sich  gatt  acbenkt  nnd  begibt  in  sein  gflttlichon  ge- 
horsam mit  aeel  nnd  leib  und  allen  glidem,  der  wird  seinea  gemtea  fiüug, 
der  legt  Cristom  an  mit  aeiner  art  and  aigenachaft»  der  mag  wäre  firfkmh- 
keit  beweiaen,  in  der  warheit  wandten.  Was  aber  die  Tormaint  cristen- 
heit  fftr  ein  geist  hat  aniogen,  beschan  man  die  frOcht:  die  weric  geben 
seugnus,  daas  aie  der  geist  der  bosheit  regieii.,  dam  sie  andi  In  gehoraun 
begeben  haben. 

So  spricht  ein  rogent:  herr^  Clans,  du  dringt  so  hart  auf  das  aan- 

wendi^.  So  sprich  ich :  was  ist,  dass  man  sich  rQembt  und  das  werk  zougi 

daiwider,  das  reich  gottes  steet  (nit)  in  wollen  sunder  in  der  lliat  und 
beweisnns:  oineR  g:ottsrili|^en  Icbt-ns  und  Cristus  der  hei  r  li;it  uns  auch 
bevolhen,  v>ir  sollen  den  pauin  an  d^^r  f nicht  erkennen  lernen:  ein  Lruetei 
bäum  bringt  g-uet*'  frficüt  uud  kau  keiu  büse  tragen.  .Juliaiuies  sagt:  wer 
afis  ^ott  ist,  der  thuet  nit  sänd  und  mag  nit  s&ndigen,  dan  der  samea 
gottes  behalt  in. 

Nun  so  saj^t  der  c^nrlei ,  der  dreynial  mit  etzliehen  herren  bei  mir 
gewesen  und  sich  vil  heniühet,  oh  er  mich  möcht  iiT  machen,  aber  dem 
heri'eii  sei  allein  der  preis,  der  mich  bisher  von  der  listigkeit  d^r 
schlangen  unverletzt  bewart  hat:  ich  hoft  auch  zu  gott,  er  werdt  mich  mit 
seiner  gereditigkeit  bedecken  und  mit  seinem  arm  ewiglich  beschirmen. 
Der  facht  an  und  spricht:  Claus,  ich  vernim  nun  in  deinen  roden,  dass 
du  den  kindstauf  darumb  vernichtest,  dass  kein  gnote  frucht  daraus  Tolgt 
oder  darumb  dass  in  die  sündig-en  pfa£fen  handien.  So  sprich  ich:  Sr  ist 
auch  wider  des  herren  bevelch.  Ey  mein  Claas,  nnn  lagt  ye  Cristas  som 
Nicodemos  dentlidi  nnd  gnety  kund  es  sey  dann,  dasa  yoannd,  als  wil  er 
sagen  alle  nMOSchen,  ana  waaaer  nnd  geist  Tom  neuen  geboren  werden 
mfigen,  sie  nicht  in  das  reich  gottes  knmen,  da  setrt  er  ye  ans  gedrockt 
das  wasaer  vor.  Kon  aprich  idi:  Wos  wOlts  damit  beiengen,  es  ist  dar- 
nmb  kein  kindertanf  verordnet,  dan  der  tauf  iat  ein  bnnd  eines  goetea 
gewissen  mit  gott;  das  kind  wats  von  keinem  gueten  gewissen  nichts.  Das 


berr  in  der  Haadiehrift.  Wohl  wie  «idttar:  M«r  =  WtHtar. 


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901 


er  aber  da«  wasser  vor  den  {(eist  seist,  das  findl  man  oft,  das»  der  heilige 
ge\»i  natib  dem  tauf  erat  über  die  glaubigen  ist  ausgössen  worden. 

leb  acbt  aber:  Oristna  hab  dem  Nicodemo  daramb  vom  waasertauf 

vorgesagt,  veU  er  der  treffenlicben  leerer  in  Israel  einer  gowcsen,  dem 
on  xweiffol  der  wassertanf  der  bnees,  den  Johannes  gepredigt  wol  bekant 
gewesen  wy,  dan  Johannes  war  ein  vorbot,  der  Oristo  dem  herm  den 

weg  s^lt  bereiten  und  im  ein  eiugaug  under  die  kinder  Israel  machen, 
weil  er  in  auch  verhaissen  ward,  drumb  er  zu  in  sprach:  Ich  tauf  euch 
mit  wassor,  der  aber  nach  um  kamt,  wirt  mit  dem  lieiligen  geist  un<i  mit 
ft'uer  taufen.  Wie  auch  Cii.stus  Lucas  am  12.  sagt;  Ich  bin  komon.  das« 
ich  ein  feur  anzflnd,  Wris  wolt  ir  liobor.  dass  es  schon  anzfludt  wer?  Ich 
muoss  mich  aber  vor  Utufou  lasneu  mit  einem  tauf.  Ü  wie  ist  mir  so  aii^xst 
und  man  sichts  auch,  dass  der  heilitr  creist  erst  über  die  g-hiubigen  komen 
ist  uacli  dem  iuiden  und  sleilM'ii  Ciisli,  da  er  widor  auferstanden  ist. 
Darumb  i.^i  auch  nichtz  von  kiudern  gercdt.  Da  8]iricht  dor  I^iolandt  der 
altpflcger:  Claus,  da.^s  du  muinst.  es  sey  ein  kindisch  (iing  und  ein  ain- 
faltic:f*r  hündcl,  dass  mau  mit  dem  «'in  kind  oin  solchen  ernst  wi»! 
brauchen,  das  nicht  verstee,  das  bevilcht  man  gott;  nun  so  hat  man  aber 
in  der  kürchen  Cristi  auch  geordnet  und  für  guet  erkent,  wen  das  kind 
erwachst,  das  sol  man  examinieren  und  wo  es  7nm  irlaaben  t&chtig  erkent 
wirt,  dass  maus  firme  und  mit  der  firmunLr  V^c^tättigeu:  wo  es  aber  noch 
nit  geschickt  ist,  da  mflessens  die  geden  oder  der  kinder  eitern  den 
glauben  bas  leemen.  0  lieben  männer,  es  ist  alles  ein  erdichts  ding  das 
in  keiner  göttlichen  leugnns  nit  fanden  wirt;  (Es  ist  frejlich  im  neuen 
testament  vil  darvon  gescliriben  irie  das  hend  auf  i<^n  ein  annemen  und 
ein  weiten  bestftttigen  sey  in  die  gmain)  also  ist  die  firmnng  auoh*.  es 
ist  alles  ein  erdichtang  on  gnind  über  den  kindertanf  erdacht,  Ire  tfaorheit 
damit  TO  verdftttigen.  Das  hendanflegen  ist  allerding  kein  kind  bevolhen 
an  im  an  branehen:  schan  man  die  geacMebt  bass  an,  es  findt  auch  nichts 
von  gOtten,  dan  es  kan  ye  ainer  als  wenig  für  den  andern  glauben  als 
wenig  einer  für  den  andern  essen  kan  oder  Termag. 

0  fregrlieb,  spricht  einer,  mag  auch  einer  fÄr  den  andern  glauben. 
Waist  dn  nit,  wie  dort  im  evangelinm  ateet,  dass  die  lent  ein  sol- 
chen glauben  beten,  wen  sie  den  kranken  nur  ftr  den  berren  brScbten, 
dass  er  gesund  wurd.  Und  do  aichta  man,  do  sie  den  kranken  duiehs 
liegeldaeb  darnieder  Hessen  fttr  den  berren  nnd  er  Iren  ernstlichen 
glauben  sach,  da  maeht  er  in  gesund.  Da  sprich  ich:  Der  krank  hat 
den  glauben  auch  haben  müssen,  sunst  het  in  der  frembd  glauben  nit 
mögen  helfen,  dan  es  steet  geschribeii,  der  gerecht  wird  seiueü  aigneu 
glaubens  leben. 


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Da  facht  der  caii/.l<  r  v\  iiK  i  uiril»  au  un<i  sjnicht:  Wi»-  ich  verDomeo 
liab  ;iii8  deinen  roden,  du  /ciijrst  darumb  so  hart  widrr  den  kind^auf. 
daf*B  in  die  sündigf^n  pfaffcn  handion  mit  BolchiT  listigkeit,  iiWv  h:it  er 
mich  fahon  wollen,  dan  er  hat  mirs  froy  nachpeben.  Nein,  sa^jt  ich, 
or  ist  auch  gott  zu  der  schmach  erdacht,  durch  den  widerciist ;  ir  küodt 
in  auch  weder  mit  wurten  noch  mit  den  werken  Vx^zeugon,  dass  er  nutz 
oder  goct  scy,  dun  alles  das,  was  gott  geordnet  und  ^^nmacht  hat,  ist 
alles  nuts  und  goet.  So  sagt  mir,  was  hat  der  bapbt  ye  gelernct  oder 
spyn  anhang,  das  gott  gefollen  hab?  nie  nicbts.  Nun  hat  er  doch  gott 
sein  heiliges  angeben  flberaU  verkert  und  hat  es  wdUen  besser  macheBf 
der  wfiest  greyel,  damit  er  die  menschen  in  irrthumb  und  in  unrechten 
mdcht  sufhalten  and  nach  seinem  moet  am  strick  fderen.  80  ^chi  der 
cansler:  Her  Glans,  dass  ich  dir  bekennen  und  nachgeben,  dass  di« 
weit  veirucht  und  mit  den  Sünden  hoch  kernen  seind.  Dammb  straft 
uns  auch  gott  und  gibt  ans  kindische  und  unTerstftndige  lent  sn  leerem, 
wie  der  prophet  sagt:  Bs  geschee  ambs  Tolk  (Ibertretany  willen,  welches 
den  mich  und  waiss  wol  —  mer  gnthersige  leat  Abel  bekflmert,  dasa  der 
iinhill  yeta  so  gar  Aber  band  nimbt  Ich  hab  4  kinder  da:  wan  die  nit 
wftren,  so  weit  ich,  dass  mich  gott  heint  Ton  hinnen  neeme.  Das  ist  alles 
gewiss  bej  mir,  als  gewiss.  Ich  hoff  sftlig  su  werden;  da  mficbst  wol  für 
ein  gcspott  halten;  dan  ir  maint,  wer  nit  enies  bnnds  sey,  der  sey  gar 
Terrucfat.  Da  hab  ich  gespi-oehen:  £y  wan  eoch  dan  das  nnrechi  ao  wee 
thuet,  warumb  straft  irs  dan  nit,  dieweyl  ir  die  Obrigkeit  und  die  heapter 
in  der  weit  seyt,  die  den  andern  anleitung  sollen  geben.  £y,  wer  kans 
alles  erstrafen.  Ey  ja,  ir  sollonts  verbüeten,  dass  mau  gott  nit  lostere, 
und  die  herrschalt  üiull-:  mü  üuivst<»ii 

Miin  sol  sich  nit  vol  .saufen,  liii  ius  den  die  andern  last«r  alle  ent- 
steen.  ^V(l  liiidt  man  mcr,  Jan  in-y  den  henenV  Daiumb  küut  irs  ja 
nimor  stiafeu,  ir  habt  die  kraft  verloren.  Da  spricht  aiuer:  Sagt  doch  der 
horr,  mau  sul  das  unkraut  lassen  wachsen  bis  zürn  m  Imitt.  Ja,  also  »ieckt 
ir  vur  unrecht  fein  mit  eitit  in  sprüchiein  zue.  Nun  wo  tluiot  ir  das  wort 
hin:  Thuct  hinaus  wa.s  bös  ist,  darumb  mögt  irs  wol  <>rkeüueu,  dasip  ir 
nit  ein  irmaiii  gölten  seit,  weil  ir  euch  seiner  Ordnung  nit  gebrauch»'nt 
und  ^eiu  wort  vcrhisseii  Iiaht.  bo  hat  er  euch  auch  verlassen  and  den  un- 
rechten 11  borgchen,  wie  dan  das  werk  zeugnus  gibt. 

Nun  Claus  spricht  ainer,  mainstn,  dass  die  pfaffen  gottes  werk  nit 
treiben  oder  sein  woi't  reden,  weil  sie  nit  fromb  sunder  der  sund  under- 
woifen  sein.  So  sprich  ich:  Sie  k&nnen  ia  nit  gott  dienen,  weil  sie  sich 
sein  heiligen  geist  nit  lassen  regiei'en,  dan  gott  fertraat  sein  heiliges 
wort  den  hnerern,  g^^tiendienem,  lugnem  and  geytiigen  nit,  dan  die 


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803 


testerlichen  tollen  pfaffen  toHfen  Ihr  gott  nit  treten,  er  ist  feind  allen 
ftbelthitem.  Gott  iats  wort  selbs,  das  bevilcht  er  treaen  memwlien,  die 
geaehtckt  sein,  auch  andere  va  lernen^  wie  Pliulns  aom  Timofheus  am 
dritten  nnd  Tito  am  ersten  sagt,  wie  die  ewangolisehen  predigw  sein 
sollen:  bewbrto  mftnner»  die  ein  berfimbte  leben  fUeren»  dass  sie  dem 
lesterer  nit  ins  niiel  fatten,  die  die  gehaimnns  des  glaubens  in  reinem 
gewissen  tragen,  die  treoi  warhalt  nnd  dem  geiz  feind  sein.  So  spricht 
der  oansler:  ich  glaubs  aber,  daas  das  ampt  und  das  wort  nit  geschwecht, 
minder  in  seiner  craft  bleibt,  wie  Gristns  sagt:  Äof  Moses  stnel  haben 
Bich  gesetzt  die  gcschriftgelerten.  Was  sie  euch  nun  sagen,  dass  irthoen 
sidUut.  das  lialttnt  iiiui  thucnt,  aber  nach  ircn  werken  thnent  nit. 
Nun  schaucnt,  os  ist  uit  abgcfchlH)oroii  od<3r  veibott-i),  wort  zu  predigen. 
Ky,  80  sugt  mir  nun,  was  hat  iiuui  <iiif  dem  stuel  Mose  verkfindt,  nämlich 
das  gosatz  und  nit  die  gnad  und  wailicit  ist  durch  Cristum  geben.  Der 
hat  den  fridcn  und  dio  vergebnncr  der  Miiidur  durch  den  glauben  ia  soiuim 
nanien  husseii  vei  kündon  durch  trouo  nienschen,  die  in  geliebt  haben,  in 
seine  fues8st;ipf(*ü  tretten,  im  iiacligevulgt  in  der  widergeburt,  auch  bey 
im  beharret  sein  in  allen  anfechtungeii.  Die  hat  er  auch  mit  seinem  geist 
begabt  und  iuon  sein  lebendiges  wort  in  iren  round  und  das  selbig 

bekrefti^,  da.ss  es  auch  den  menschen  hat  eingriffen,  wie  ain  scharffs 
zwayschneidents  schwert,  das  seel  und  geist  durchdnn^^t,  das  die  men- 
schen von  Sünden  geschreckt,  erneuet  und  frumb  gemacht  hat.  Wo  haben 
die  püfiffen  das  lebendig  wort:  Es  geet  niemandt  zu  herzen,  es  macht  auch 
niemand  von  sünden  frumb,  es  hat  gar  k'-in  kraft»  es  ist  nur  ein  lärer 
plsst  und  wind  on  geist,  vom  todten  buechstaben  genauen.  Dmmb  dro- 
schen sie  ein  Iftres  stro,  ir  predigen  gibt  nichts  aus,  dan  ursach:  sie  reden 
nit  aus  dem  mund  gottes.  Gott  bat  in  nichts  be?oUien,  sie  reden  nur  ir 
guetdunken  und  den  betmeg  ires  hencen,  sie  thun  nit  mer  mit  irer  leer 
dan  sich  selbs  und  alle,  die  in  mehdren,  im  unrechten  aufhalten  und  tot- 
derben,  wie  Cristns  sagt:  ir  nattergeiflcht,  wie  knnt  ir  guets  reden,  dia- 
weil ir  bös  seyi  Dan  ein  böser  banm  kan  je  kain  guete  frncht  bringen: 
80  kan  man  von  disteln  nit  feigen  noch  Weintrauben  von  dömem  samlen. 
Hag  man  von  keinen  unreinen  gereinigt  werden  so  sagt  man  (sagt  der 
Sirach):  von  keim  Ingner  die  warheit  hoffen.  So  spriecht  der  Buelaadt: 
Nun  wie  dan,  das  Gristus  selbs  dem  Gayphas  sengnus  gibt,  wie  er  pro- 
phetieret  bab  und  hab  die  warheit  gesagt,  darumb,  dieweil  er  des  selben 
jar  hoher  prister  war.  Dmmb  meinen  wir  gänzUcb,  es  bleib  aUea  in 
seiner  kraft:  das  ampt  und  das  wort  So  sprich  ich  dzauf:  Cristos  hat 
seine  junger  und  seine  nadivolger  henlich  gewamst  vor  den  valschen 
Propheten,  dass  sie  nit  durch  iren  sauertaig  etwo  wurden  betrogen  und 


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304' 


8un»i«'rlirh  vor  «It-iii  iiiut  tlinir  1111»!  vir  dm  gediugtvn  knt'<  lit«*n.  di^  nur 
unib  Um  pnHligeii,    Sie  sollen  11  ^tmi  als  tlor  frcmbden  stiin  iiit  alleio 
hören,  sonder  von  inen  Iliobt'ü,  Dan  alle  die.  so  vor  Crif^t<»  beiiautVii. 
or  sie  bpend&t,  tiüiidt,  dieb  und  mördor  kumeu  Bur  zu  wüigeu  sielleu  uiiü>- 
aubriugou. 

Demnach  stfind  £wea  at|;lttftige  pfiiffeu  auch  zu  mir  sroaeliickt  wor- 
den» dia  liaben  micli  aus  der  gcfangnvB  in  ein  änderst  haiü»  laswa  Ifteraa 
zu  inen,  iat  auch  ein  doctor  der  ^cscbrift  und  ein  scbroiber  bej  inen  g«- 
wesen,  der  alle  ding  hat  bescbribon.  Die  haben  sich  doch  nit  gespart,  ob 
8ie  mich  möchten  irr  und  kleinmfieUig  machen.  Aber  der  treue  gott  in 
himel,  der  den  kleinen  beyateet,  die  sich  sein  halten,  der  hat  mir  noch 
ein  gnädige  auekomen  geben,  im  soy  lob.  Die  haben  aoch  nur  mit  dem 
kindstauf  am  ersten  veraaecht,  do  sie  aber  am  selben  ort  gu  niditn  Imbeo 
sdiaffen  kflnnen,  habens  mich  mit  fngßn  geauecht  an  greifen,  wie  dan  der 
teuffei  Aber  alle  maas  geschwind  ist  in  schalkheit.  Und  hat  der  ein  an- 
gefangen: Wir  versteen  an  dir,  dass  du  dich  gar  sicher  dunkat  in  deinen 
bentef.  Da  hah  ich  gesagt:  Ja  ich  bin  sicher,  gott  sei  lob,  und  hab  keiB 
sweifel,  dass  ich  nit  recht  dran  sey.  80  spricht  er:  nun  so  merke  ich  da 
dein  vermessenheit,  so  ObertrilliBt  dn  den  Job  und  bist  übern  David  und 
thuest  Paulo  bevor.  Da  hab  ich  gemaint:  Wie  soV  Darumb  de  haben 
solche  kflenheit  nit  gehabt  wie  dn,  sie  haben  sich  imer  su  der  irmng  be- 
sorg, sie  seien  nit  recht  dran  und  ir  seid  so  frech  nnd  kAen  in  enren 
und  thuen  (?)  arguuent,  als  ob  ench  gar  nichts  fiUle.  Da  hab  ich  ge- 
sprochen: Mein  kfienheit  ist  nit  aus  dorn  Heisch  sonder  der  geist  gotet 
versichert  uns,  dass  wii'  frowiss  wissen,  dass  dius  die  rechte  fjna«!  t,'»tics 
ist.  ilann  wir  steen  mit  allen  frumoji.  Darin  ich  auch  hoff  selig  zu  wer- 
den; (1. 11  Hill  ird  ich  solches  iu  mein  göttlichen  eifer. 

Lieber,  !sa<:t  iler  ein  pfaff.  verlass  (li<  h  nit  zu  vil  anf  dein  eifor:  es 
hat  oft  lier  fjottlich  fifer  IVinne  leut  iu  grosstu  schmerzen  eingefüert, 
dass  sie  t."»iiii-li  «rclhan  haht  ii,  wie  nians  mi\\:  sehen  an  fromen  Panllo, 
der  ein  stark*  1  .  \  feicr  uniti  ^'ott  war;  noch  verfolgt  er  die  fronieu  cristen 
und  wer  woll  .saj^'-cn.  dass  ers  nit  hfizlich  prnet  fremaint  hah.  Wie  im  aber 
gott  soli  lics  zu  erkenen  gab,  0  wie  hart  hat  er  sich  in  seiner  thtu  heit  etc- 
schämbt  und  sich  seines  Unverstands  beklagt;  desgleichen  auch  David, 
den  an  zeiten  auch  ein  ththichter  eifer  hat  bestanden,  darin  kfien  cre- 
wesen  und  in  für  ein  gr^ttlichcn  eifer  irohabt,  ist  im  gross  herzlicher  leid 
daraus  entstanden.  Das  kumbt  allea  daher,  wen  man  zu  sicher  und 
sorglos  wil  sein,  welches  in  zoletat  auch  gedemöotigt  hat  und  in  ein 
Ibrcht  triben,  dass  er  zu  gott  bat:  0  herr  leere  mich  deine  weg,  dan  wer 
waisa  die  iming;  mach  mich  ledig  von  den  baimlichen.  Und  Panine  sagt 


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d06 


such:  Ich  sag  oicht»  dass  ich  volkutnon  sej,  ich  jag  im  erst  nach,  ich  hab 
wol  lost  an  goiies  g^aate  dem  inwondigen  meniicheii  nach,  ich  empfind 
aber  ein  ander  geaatB  in  meinen  glidem,  daa  iriderftdit  dem  geaati  gottes 
in  meinem  gemftek.  0  ich  eilender  mensch,  wer  wiixl  mich  erlOsen  vom 
leib  dieaee  todia?  Nnn  aicb  sne,  man  findi  auch  in  aoinem  acbieibea,  dasa 
er  die  bmeder  lernet,  aie  aollen  nit  sorglos  aein,  aonder  aieh  förebten, 
dan  der  ateende  mag  ivol  tue  aeben,  daaa  er  nit  fall;  dammb  aollen  aie 
mit  sitiern  luush  ibrer  atiigkett  traobien.  80  aagt  der  beilig  Job  (idi  acbi 
am  neindien  nnd  Qberall):  Wenn  ich  gleich  fromb  und  onschnldig  bin,  ao 
waiaa  daa  mein  aeel  nit.  Auch  der  weia  man  aagt  in  aprflohen:  Wer  will 
sagen  ich  bin  rein,  rein  bin  ich  nnd  der  afind  ainig? 

Hit  Bolchen  aeharfea  aprflehen  haben  aie  mich  geaoecht  ane  feilen. 
Aber  solche  airick  seind  in  mein  henen  gewesen,  damit  aie  mir  mein  ge« 
wiaaen  haben  wellen  binden,  gleichwie  ein  zwirender  fkden,  der  vom 
fener  gesengt  wirt.  Es  ist  mir  auch  nit  zue  herzen  gegangen;  ich  hab 
wol  eriient  durch  j^ottes  gnad,  dass  es  nur  de«  teufels  pfeil  sein,  die  man 
durch  den  schilt  des  gluubcns  iniioss  uihslcschcn.  Sie  haben  mich  nie  kein 
glauben  gelernet,  fmndrr  nur  don  zwoifel:  Diih  Lab  ich  von  aufang  für 
des  tuulol  predig  » ikt-iit.  Aber  gott  s«  v  alle  eer  vom  herzen  geben  umb 
seinen  boystand,  der  mein  herz  nuch  m  üreuden  raiu  und  das  gewissen 
unverletzt  hewart  hat.  Ich  hof.  er  werd  mir  sein  baruilierzigkeit  furspanen 
und  gnad  beweisen  zur  /»  it.  wan  mir  und  JiUen  fronion  hilf  unt  wirt  sein. 

Nun  wie  sie  ire  jifeyl  gar  hab*'n  vorschussi'n.  da  hab  ich  zu  inen 
gesprochen:  weiss  icli,  da.'^s  nit  litts  verdamlichs  an  denen,  die  in  Christo 
Jesu  sein,  die  nicht  nier  nach  dum  fleisch  sonder  nach  dem  geist  leben; 
dan  (d)  sich  wol  si'ind  im  tieisch  erregt,  so  man  don  sündigen  gedauken 
nur  nit  nach  hängt  und  der  anfechtung  nit  stat  gibt,  so  schadts  aim  nicht, 
und  dieweil  ir  noch  so  unsicher  seyt,  so  zaigt  ir  damit  hell  und  klar  an, 
dass  ir  vom  geist  gottes  nichts  wisat,  dan  wo  derselb  ist,  da  ist  auch 
aicberbeit  und  freiheit,  wie  Paulus  sagt:  Der  geist  gottes  versichert 
onaem  geist  des,  dass  wir  gottes  kinder  sein  und  miterben  Criatj,  dan 
die  schwachen  hertaen,  die  gott  nit  glauben  und  Teitranen,  die  werden 
auch  von  got  nit  beschirmbt,  dan  das  wanken  ires  gemfleta  macht  aie 
fiülen.  Sie  dürfen  auch  nit  gedenken,  daaa  aie  etwas  erlangen  hei  got. 
Und  dohin  sucht  ir  mich  ne  bringen  von  dem  aichom  in  ein  unaichen 
vom  glauben  in  ein  nnglauben  nacha  teofels  angeben  nnd  leer. 

£j  nun,  ir  habt  da  lang  von  den  alten  gesagt,  wie  sie  sich  vor  gott 
gefftrcht  haben.  Das  thnent  wir  anch  und  ich  waiss,  gott  wird  mir  das 
teognoB  geben,  dass  ich  seinen  namen  tronlich  fftrcht  nnd  vor  seiner 
herriichkeit  xittere,  wie  es  dan  anch  billicdi  ist;  aber  im  glsaben  sweifel 

AmUt.  IZXXI.  Bd.  h  Bilftt.  20 


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ich  nit  und  bin  nit  un8icher,  dan  ich  waiss,  da88  putt  in  seiner  zu^-sag" 
wfirliaftig  ißt  nn  I  mt  lictrin  kiin.  Wan  ich  euch  aber  suit  emllen  voq 
der  alteu  frciuiigkcit  nn  gkubeii:  ich  hat  lang  zue  bugen.  Wie  der  Job 
dorton  seine  freund  von  im  abweiet,  die  in  auch  immer  haben  gesuecht 
kU'inmiietig  zu  machen:  Weicht  ir  elenden  tröBter,  wan  dan  schau  gott 
mir  zu  güricht  stüend,  so  wolt  ich  iinscbuMiLr  ilai-von  kuiui-n  und  frey- 
ledig ausgeen,  dau  ineiu  gewLsj^en.  das  heisbt  mich  nit.  So  sieht  man 
aoch,  wie  der  David  im  griawben  getrutzt  hat  wider  alle  gottesfoind.  Ich 
fßrcht  mir  nit,  wan  die  erd  einfiel,  ich  fTucht  mir  nit  vor  einem  glänzen 
her,  der  ist  mein  hilf  und  heil.  Vor  wem  .solt  icli  midi  förchten?  Er  ist 
meines  lebens  craft.  Vor  wem  solt  mir  grausen?  Ich  wil  mit  meinem 
gott  fiber  die  mauer  springen.  So  sieht  mans  auch  an  Panlo;  die  weil  ir 
die  ansogen  habent,  so  sag  ich  auch  nar  oben  toh  denselben,  dan  die 
ganz  wol  Tertraat  in  gott  lebendig  in  der  hofifnung,  auch  feurig  in  der 
lieb  gegen  gott  gewesen  sein,  les  man  das  acht  capitel  zun  KAmem,  wie 
man  die  auscrwälten  gottes  nit  beschuldigen  mOg,  die  nicht  mer  nach 
dem  fleisch  sondern  nach  dorn  geist  gotiea  wandlMi;  dan  ea  ist  nicht» 
▼erdaaüiGha  an  inen,  den  ist  gott  for  nna,  wer  wil  wider  uns  sein?  ich 
bin  gewiss,  due  mich  weder  tod  noch  leben,  weder  engel  nodi  ftrsten- 
tiromb,  hein  gewalt  hocha  noch  tiefe,  kein  trfiebsal  kein  creator,  nit 
mag  gchaiden  von  der  liehe  gottes,  die  da  ist  in  Christo  Jesu  unserm 
herren. 

Da  hat  es  dem  ain  pfaJf  heftig  «ngetban:  hat  gemeint,  du  darfot 
dich  Paolo  nit  yorgleichen,  da  bist  auch  nit  im  dritten  himel  gewesen. 
Darauf  ich  sagt:  Ich  gleich  mich  Paolo  nit,  ich  red  es  dsinmb,  disweil  ir 
sie  also  anseocht,  sie  seien  nit  sidier  in  irem  glanben  gewesen. 

Nun  spricht  der  schwfthisch  pfaff:  Felhinger,  ich  merk  wol,  weil 
wir  dich  an  dem  ort  nit  kftnen  beaeugen,  da  werdest  dich  in  andern 
Stacken  aach  nit  geben.  Nnn  was  wil  wir  dan  lang  da  sitwn?  Da  sprich 
ich:  Es  ^  derfsf  s  nit  nl  bemfiehen,  ir  habt  mein  sin  im  schreiben,  acht 
ich,  in  allen  stucken  wol  vemume^.  Dasselbig  beken  ich  fQr  die  göttliche 
warheit  und  gedenk  mit  gottes  hilf  darhei  zu  verharren,  wil  diuber  des 
henen  erwarten,  was  fr  fiich  über  mich  verliengen  uad  zuela^sen  wird. 

Da  tsuind  die  aufgestanden  und  hat  der  dootor  angefangen:  Nun 
Claus,  CS  ist  Uli»  allen  laid  umb  dich  und  gleich  ein  kumer,  dass  su  gai* 
kein  heilsame  leer  oder  treuer  bericht  nit  haften  mag,  dass  du  so  ver- 
sunkt magst  sein.  Gott  im  himol  waiss,  dass  wirs  herzlich  guet  mit  dir 
moinea.  Da  sprich  ich:  Dem  Üeisch  nach  meint  ii*s  gut;  dem  war  es 


'  d.  h.:  Ihr  dürft  auch:  ee  ^  Of  ir. 


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307 


wol  ciu  hoilsumer  bi^riclit,  er  wind  der  gefaukiiu»  und  de»  crouzoH  lu8, 
die  seel  müest  darundcr  vonicrbcii.  Cristus  spricht:  Wer  min  leben 
wil  erhalten,  der  verleui-ts,  der  es  aber  umb  meinetwillen  verUm-t,  der 
fiAdts  wieder. 

Nach  dem  allen  isfc  der  Vitzthum  mit  etzlicben  caniley  herron  für 
die  gefänknas  kumen  und  gar  mild  mit  mir  geredt,  mich  geeaecht  mit  irer 
freundligkeit  su  «nraielittii.  Da  hat  der  caniler  angeüuigmi:  Nun  Cbiiui 
da  bist  non  nahent  10  wochen  da  and  nachdem  man  treulich  mit  dirge- 
redt  hat  vnd  dich  bericht,  hast  dn  dich  nit  auch  emecht  und  «rinnert, 
ob  da  nit  etwa  ein  irrtumb  in  deinem  herzen  betest  fhnden»  den  dn  waist 
on  zweifei  wol,  an  was  ort  du  yetzund  bist  und  was  dir  entgegen  steet. 
Darauf  ich  geantwurt:  Ich  ei^suech  mich  ulk  Ug,  find  aber  keinen  irr- 
tbiiinb  in  meinem  heraen,  ich  bin  nit  unsicher  sond«'ni  wiiiss,  dass  ich  in 
der  rechten  gnad  gottes  stee.  Darin  man  salig  wird,  darin  beger  ich  mit 
gottes  hilf  zu  verharren.  Da  spncbt  der  canzler:  Claus,  gee  recht  in  doin 
herz,  da  wiret  noch  etwas  finden,  du  bist  im  ortel  leiden  schnei.  Du 
meinst,  wer  nit  enres  bonds  sey,  der  f5roht  gott  nicht,  gleichwie  der 
Elles  dorten,  der  anch  gmaint  hat,  er  sey  allein  aber  bliben. 

O  nein,  es  waren  noch  \t1  tansent,  die  den  berren  eerten  nnd  dar- 
ürab  bin  ich  auch  gewiss,  daas  der  herr  noch  yU  frnmer  henen  hin  und 
her  zerstreuet  hat,  die  im  auch  treulich  förchten.  Da  hab  ich  gepn^,  so 
waiss  ich  auch,  da^s  kein  zerspalten  reich  gott  wil  haben,  ^^oiitiei  ii  ii.uss 
•  inipr  J^ri,  dan  er  spricht:  wer  nit  mit  mir  ist,  der  ist  wider  mich.  Dauh 
aber  gott  nit  in  andern  sprachen,  die  nicht  von  uns  wissen,  nit  auch  solt 
frome  hersen  haben,  in  denen  er  sein  heiiigs  werk  anrieht,  der  weit  zu 
einer  zeognas»  dass  widersprich  ich  nit;  dan  gott  last  sich  in  keinem 
land  nnbeaengt,  aof  daaa  niemand  kein  entschnldignng  hab  an  seinem 
tag.  Non  aber  seit  der  seit  Gristos  anferatanden  iat,  hat  er  geheiligt  alle 
die,  die  seim  wort  glauben  geben,  sie  von  der  weit  heissen  aoageen,  mch 
abaflndem  und  kein  unrains  mer  anrfleren,  auf  das  sie  ein  tempel  nnd 
ein  lustbarlicher  tabornakel  seien,  darin  got  wonen  und  wandten  wil,  ir 
pot  und  vat^r  sein  und  sie  für  seine  kindei  und  erbvolk  haben  nud  dar- 
uitÜH  ii  lialten  »ich  anch  die  glider  des  leibs  Criaty  /-iisamen,  damit  eins 
dem  andern  durch  treuen  dienst  aus  aller  crnft  handraichung  thuet  mit 
der  gab,  die  es  von  gott  empfangen  hat,  zu  bessern  den  leib  Cristj;  wie 
dea  die  lieb  ein  art  hat,  bis  dasa  sie  mit  einander  erstarken  und  wachsen 
Kor  grOss,  die  got  gibt  sum  rechten  Tolkomen  alter  Grieti.  Und  das  ist 
auch  die  recht  gmatn  gottes,  die  er  selbs  gerainigt  nnd  geheiligt  bat 
<lDrch  sein  eigen  bluet,  dass  sie  on  mutze  nnd  on  allen  fle<^n  sey, 
heilig  wie  der,  der  sie  bemefen  hat.  Und  dieser  gmainschaft  der  heiligen 

«0» 


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hiit  er  auch  dcu  schlüssol  and  gewalt  geben,  die  sund  aufzulösen  und  ZM 
binden,  welches  auch  die  rocht  thür  im  BchafüUl  isi.  So  aber  yemand 
andeniwo  (don  durch  mich,  das  ist  durch  meinen  leib,  welche  mein 
gmain  ist,  der  i«b  mein  wori  der  göttlichen  kraft,  darch  weiches  ann 
abbricht  und  anahaut,  v«rtraat  hab)  hinetnateigt,  der  ist  ein  dieb  and  ein 
mörder.  Und  daramh  sag  Ich,  welcher  meaaeh  seiner  eftnd  wU  loa  werden, 
der  maesa  dorch  das  ffiigehot  der  gmaind  gottea  vnd  durch  die  warbaftigan 
dlener  Criaty  gerechtfertigt  und  frey  geaprochen  werden  oder  aeina  «find 
hocken  im  noch  Tor  seiner  thilr. 

Spricht  der  caniler:  So  steest  da,  ala  oh  sanst  kein  TeigebuDg  der 
snnden  aey,  dan  da  in  eurer  gmain.  Antwurt  ich:  Ir  hOrta  wol,  ea  ist  je 
nnr  ein  leib  and  ein  geiat,  dan  es  kan  im  je  der  mensch  die  sflnd  nii 
▼ergeben.  Sagt  er  wldemmb:  So  giaab  ichs  aber  ganslich,  daaa  gottdem 
menecben  die  stand  selb  vergeh  und  Teneucht,  so  er  die  von  hersen  be- 
reut, er  sey,  wo  er  wOl,  dan  David  spricht:  ein  lerscUagena  hers  wirsta 
nit  verachten.  Ey  ja,  dennoch  hat  der  harr  alle  ding  dorch  mittel  und  wc!g 
oder  rechter  maa  in  seinen  heiligen  gehandlet  und  wider  sein  wort  nichts 
nit  aogofangen.  Dan  man  aichts  am  32.  p&almen,  dass  David  spridit: 
da  ich  mein  sünd  wolt  verschweigen,  da  faulten  all  mein  gebain  von 
mein  täglichen  heülen,  dan  mein  craft  war  dürr  wie  im  t^umer,  dan  die 
Land  gottes  war  tair  uuil  uat-ht  schwer  ob  mir;  du  ich  aber  meine  tund 
bekent,  da  vergubbtu  sie  mir,  dalur  werden  alle  heiligen  biten  zui* 
rechten  zeit. 

Da  .spricht  der  caiizler  weiter:  Nun  so  sag  mir,  wer  meint  ir,  der 
dcu  hchacht-r  am  creiiz  uiul  auch  den  Potnim,  der  flhel  gehandlet  hct,  ab- 
solviret.  Ja  wer  w-.lt.s  zur  Sellien  zeit  thau  haben,  als  der  lierr  selbs:  dan 
es  ist  kein  richtige  gmaiu  uiudert  gewesen.  So  hat  Cristu«  den  gewalt 
die  Sünden  zu  vergeben  seinen  jungern  eret  nach  seiner  aufereteeung 
übergeben;  derselben  hat  er  darnach  nit  cinprifen,  sonder  hat  seiner 
Ordnung  die  eor  geben.  Da  sihet  man,  da  Cristus  den  Paullum  nider- 
schlug auf  dem  weg  und  selb«  mit  im  redt  sagende:  Saul,  Sani,  wils  ver- 
vülgstu  mich.  Und  er  fraget:  Wer  biatu  oder  was  muass  ich  thuen?  £r 
hets  im  alles  wul  erzellen  kflnen,  was  er  raness  thun  und  in  absolvieren. 
Nun,  er  bat  es  nit  gethon  »^onder  in  hineinge wiesen  in  die  stat  aom 
apostel  Ananiaa,  der  hats  mOossen  than,  weil  es  audi  sein  ampt  war.  so 
sieht  man  auch  am  Coiiielio,  des  sich  gott  erbarmet,  weil  er  gott  furcht 
und  in  dem  treu  war,  das  er  erkenet  vor  got  recht  sein.  Drumb  sendet  im 
auch  got  ein  engel,  der  zu  im  sprach:  Cornelius  deines  gebeta  und 
almussen  ist  vor  got  gedacht  worden.  Dammb  send  hin  geen  Joppen  und 
lasa  her  födern  Simon  Peti'ua,  welcher  su  er  kumbt  dii*  wird  sagan,  darin 


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300 

du  ftälipf  wii-st.  Dnimb  uuiir  nuiiis  (h-utlirli  stehen,  tiasH  er  seiner  onlniinf^ 
nit  liat  iib.upiiom»^!.  i'V  liuts  durch  dvn  engel  auch  mogpn  ansrnliton, 
Fetms  der  apostel  muestg  thaen.  Es  hot  auch  got  den  verschnitnen 
kämmerliog  selbs  wol  absolvieren  kfinen  und  aufrichten,  dioweil  er  in 
eins  rechten  gmflet  erkenet  Nein«  er  thets  nit,  sondern  er  trib  dnreh 
Beinen  geiet  den  apostel  Fhilipi»en  hinne  vm  wagen,  der  mflest  im  die 
göttlich  zengnnsB  erklären  nnd  den  weg  gottes  dae  hail  dnrch  OriBtom 
dar  anzeigen,  in  welchen  er  auch  glanhet  nnd  in  eeinem  namen  von  Phi- 
lippus tauft  wart.  Und  da  habt  fr  mein  sin.  Sie  aber  sprachen:  So 
glauben  wirs  ganzlich,  dass  kein  sfind  so  gi'oss  sey,  wan  der  mensch  dar- 
i^ber  von  liorzdi  laid  trau:t,  so  vollzeicht  iins  gott.  Su  sprich  ich:  Ir  mögt 
wol  glauhoii,  aber  m  int  mi  verkerter  Hin,  os  stet  die  gantz  weit  also,  es 
wird  euch  föllen,  das  haltet       auch  im  unrechten  auf,  dass  sie  der 
waren  buess  dest  mflndter  nach  fragen,  weil  sie  mainen,  sie  wollen  den 
herren  gleich  henuckhen,  wen  sie  wellen,  wie  sie  den  sagen:  Cristas  ist 
nmb  der  sfinder  willen  kamen,  gleich  als  hab  er  iaen  erat  fr^jheit  geben 
ao  aftndigen,  nun  hat  «r  doch  (sagen  sie)  gnneg  für  uaa  getfaan.  Dammb 
sQndigea  sie  nnr  aahin  auf  gottea  bannben%keit,  Termeinend,  wen  sie 
nvr  zn  letit  ein  gveter  seyfiEer  lassen,  so  sey  es  alles  schon  Tersflent,  nnd 
darumb  spai-t  auch  ein  yeder  sein  bosserung  bis  zum  tod.  So  doch  der 
herr  spricht:  Heut,  heut,  so  ir  mein  höreiit  so  verstockeut  eure  herzen 
nit  und  bindet  nit  zwo  süud  zusameu:  daii  unib  die  eine  wordt  ir  nit  un- 
gestraft bleiben;  dan  der  mensch  mness  vor  gidt  rechenschaft  geben  von 
ainem  yeden  unnützen  wort,  vil  mer  von  werken.  Und  also  haben  sie 
nachgelassen,  zuleist  alle  ding  faren  lassen  und  gemaint,  es  sey  nit  ein 
wunder,  dass  sich  yemandta  der  verrachten  weit  entschkeh.  Es  wnndeii 
mich  aadi  nit,  mein  Chms,  sprach  der  eaailer,  dass  da  dein  sQnd  nit  so 
bald  Allen  last,  weil  du  11  jar  daran  gesamlet  hast.  Ea  ist  yilleicht  die 
stand  nit,  wir  wollen  yetaand  von  dir  geen;  ein  andermal,  als  wolt  er 
sagen,  w^lUen  wir  sehen,  ob  wir  dich  bezeugen  kfinen.  Da  hab  ich  ge- 
syrochen:  Nein;  ich  hof,  ir  soll  die  stund  nit  erleben,  dass  ich  die  warheit 
verlasa.   Ich  veitran  meinem  got,  er  werde  mich  bewaren.   Spricht  dei- 
canzler:  "Wan  wir  nur  mit  den»  kindertaiif  bass  machten  znsamen  knmeji. 
Drauf  einer  sagt:  Von  sacrament  oder  vom  abendmai  bat  er  schon  ge- 
Bchriben,  aber  ?on  seiner  wfirknng  haltet  er  nicht. 

Kun  q»nichen  sie:  Sieatu  dan  gar  nit,  dass  da  wOUea  bericht  an- 
nemen?  Ir  kflnt  mich  mit  der  warheit  nit  berihten,  den  ir  stet  nit  in  der 
warheit  nnd  dromb  wil  ich  in  der  einfalt  Cristy  bleiben. 

Da  sagt  der  canaler:  bistn  einfaltig,  so  kan  ichs  nit  glauben,  ich 
denk,  es  aollen  ir  wol  hundert  herauf  komen,  die  sich  also  verantwurten 


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310 


nit  küiH'D,  \ml'  du  tUufst,  dan  'u  \\  lialt  dich  für  kwiuen  scUwcinitT.  wu- 
man  ir  find,  die  da  umblaufen  on  lm  iui.1  Das  hat  in  g-ot  g-piirttiirt.  .ta^s 
ftrs  hat  Tnüo}5«:<>n  bf^k^'nnon.  mir  7.\\  ciiicin  tin^t.  alter  gott  all  •in  di«*  »•♦!• 
lind  all»  1  )ii  i'is:  dci  st  1Im>  soiu  heilige  warboii  in  uns  schlechten  vertädigi 
allen  froinen  zu  einem  irost. 
Amen.  iünd.  Finis. 

Nr.  2. 

Benesch  (WenMch)  Köhhr  an  MafthäuB  Binder  tn  Öottal  (Kogfl) 
Uber  »eine  Erfolge  in  der  Umgehung  von  Zürich,  —  Gottmading, 

12.  August  1594, 

Der  herr  mit  seiner  Gnad,  kraft,  weisbeit,  nnd  .  .  .*  der  wohne 
Dir  noch  in  jeder  seit  bei,  incwnder  gliebter  bmeder  Hathes.  Ich  mtiSB 
Dir  gleich  aber  ein  wenig  schreiben,  wiewol  Da  der  brief  schier  mISehieil 
nrdrllsug  werden,  dass  ich  Dir  eo  olt  schreib,  es  Terdreist  mich  aber  nit^ 
and  msch  Dich  auch  dcater  gwiner,  daas  ich  Dich  von  henen  (sambt 
allen  fronen)  lieb  hab,  nnd  wenn  es  mir  möglich  wer,  ich  wolt  eadi  alle 
woehen  ainmal  schreiben;  daramb  ich  auch  die  hoifonng  hab,  Da  wirsi 
mein  schreiben  Im  besten  nlfnemben,  dan  ich  auch  vom  henen  gern  er- 
frewet  wflrde,  wan  (ich)  einmal  ein  botschaft  von  encb  als  der  gmain  des 
Herrn  hab.  Daramb,  lieber  Braeder  Mathes,  geefc  es  mir,  dem  Cfaristoffel 
sampt  meinem  Brueder  wot  im  Herrn  neben  allem  kämpf  and  trObsal, 
nnd  hab  irnmersne  ain  innerliche  freadt  Im  hersen,  wan  ich  an  die  gmein 
gedenk,  nnd  hab  andi  die  hoffnnng,  der  Herr  wird  mich  schier  mit  fren* 
den  xn  denselben  ftteren,  wiewol  ich  noch  manchen  knmmer  nbereteen 
nmß.  Ich  hoff  aber,  diu  Herr  wird  mich  wider  trösten,  dan  so  oft  ich 
ain  mal  uiu  Volk  (ildVrtige,  so  goet  es  an  kiimernul]  (wie  Du  wciOi)  uit 
ab.  Dan  ich  werde  (willß  Gott)  8  tap:  mich  disi  in  ahci-  ain  volkh  ab- 
fertigen, das  ans  dt-ni  ]5as<-I(ge)biet  kunu'n.  so  es  nit  utgühalten  wurdt. 
Vom  haim/iclitMi  kan  ich  Dir  sonderlich  uit  völ  schreiben.  Ich  bin  aber 
der  hotTiiuiit(.  auf  Michaeli  im  landt  zu  sein.  D(^r  herr  wflle  seineu  gegen 
^'«d)('n.  8t'i  also  Gott  dem  alnitfclitit,'t'n  und  sf'infui  srhutT:  nnd  srhirni 
(sauibt  der  ganzen  gmain)  bcvoihcn  und  darneben  ^-iir  trfulich  trf^Tiu'^ 
sambt  Deiner  Ursel.   Grüß  mir  auch  in.HOTiderhcit  deine  gehülfen,  den 
Andre  Loienzo.  den  .Teniy  Planer,  den  Lorenz  Hanshalter,  drn  Nol.  In- 
sonderheit grüeß  mir  das  knchelvolck  nnd  des  Christophes  Kegina  sandd 
allen  Katerin(en),  den  QaU  Haushalter  und  Bertol  Kellner,  Mathias 


>  Hier  fehlt  ein  Wort 


Bnechbinder  xn  BitowAtc.  In  smniiui  grfleB  mir  und  metnem  Bnieder  die 

ganz  ^aiu,  alle  fruinmen  uüt  dem  ianerlichen  fridea  Jesu  Christi,  wo  ir 
»y  mit  des  herrn  wort  bi^siiechet. 

Datum  Gottniadin^  in  Eil,  den  and(^rn  tag  nacli  Laurenti,  auno  ifiHi. 

Sunst  aber  lieber  brneder  Mathes  thue  ich  dir  sn  wiflwn,  dass  ich 
samlyt  aiaen  Jungen  aclmeider  von  Seheckwfltt  den  4.  Angnst  bald 
wer  ^e&ngen  worden  zu  BirmesAdorf,  1  meU  yon  Zflrcb,  da  aber  des 
Undenrogts  weib  den  ansdiiag  Temomben  batte,  da  ward  sj  sehr  be- 
kumert  (dan  dein  brfleder  sein  ir  Heb),  da  hat  sy  Ton  stund  an  ibren 
knecht  (dpr  anrh  mit  disom  volck  komen  ist)  zu  uns  ^:r'srhickt,  in  dos 
Bartels  von  Scliäckwfltz  haus  und  uns  lasson  warnen  und  heissen 
fli>h»»n.  So  wir  kaum  anss  doni  hruiss  kuinfii  nnui  nhor  ain»Mi  borg  aus 
in  aineii  wald,  da  kumen  die  Pilatusknocht«  dahor,  aber  der  herr  hat 
uns  darYon  geholfen,  hotten  sy  mich  orwüscht,  so  hett  icb  hinein  geen 
mflsaen  gen  ZOrch.  Aber  der  Herr  hat  ihren  ansehlag  xu  nichten  ge- 
macht; wir  haben  aber  des  dings  noch  mehr  sn  gewarten.  Der  herr 
welle  nna  bewaren.  Amen. 

Weneseh  E6ler, 

Schick  Dir  anch  hie  mit  dem  fiartel  ainen  Schweizer  Ziger;  wellest 
abH>  TOD  mir  mit  ainer  iMshlechten  gab  vor  gnt  nemen.  Ich  hoff,,  ich  well 
im  helfen  essen.  Sonst  «aiss  kli  Dir  aus  disem  groben,  inuchen,  her- 
giehten,  waldigen,  wässrigen,  migeschickten  landt  auf  diamal  nit  änderst 
sn  schicken.  0,  wer  ich  hei  der  gmain,  mein  Gott  im  himel.  Seid  onser 
Torrn  herrn  ingodenk. 

An  Mathens  Binder  m  Qostal,  meinem  insonder  gliebten  brneder 
sn  henden. 

1»  tergo:  Oopy  Sohrejbenfi  Weneseh  KoUerss  an  Mattheufi  Finder 
sn  Oohstall.  Datirt  den  2.  tag  nach  Laarenlj  anno  84. 

Nr.S. 

Benuch  K^hUr  an  Michael  Veldthaler  zu  Nieolsburg  Über  teme 
ftng$Un  Erfolge  und  weitere  Abeiehten  in  der  Sehweit^,  —  CfotU 

mading,  13,  Auguet  1684, 

Der  herr  sei  alleseit  mit  ond  hei  Dir.  In  snnder  geliebter  Bmder 
Michael.  Ich  kan  nit  nnderhusen,  Dir  sn  schreiben  abermals,  wie  es  mir 


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312 


samt  memem  B(rue(ler)  gehet.  So  gehet  e8  udib  iiti  hcrn  n  j^leich  noch 
wol  mitten  unter  unsern  feinden.  Aber  doch  bleibt  kämpf  und  streit  uit 
was,  samt  der  sorg,  mfieh  und  arbeit  tag  und  nacht;  wie  Du  dann  dasn 
selbig  in  gueter  erfarung  hast,  ist  oiiot  zu  schreiben.  £im  gellten  ist 
gut  bredigen.  Sunst  aber,  lieber  brueder  lüchaelt  wies,  dass  ich  dein 
schreiben  den  suntag  nach  Jacobi  empfangen  hab,  welches  midi  auch  er* 
freuet  hat,  daas  Du  mein  im  träebsal  so  fleissig  eingedenk  gewesen  bist 
Bin  auch  durch  Dein  und  vUer  Brueder  Bchreiben  wol  geti  östet  worden 
und  gleich  ein  neue  kraft»  muett  und  eiffier  emp&ugen.  Da  Herr  im 
Himmel  sej  treulich  und  fteiasig  gelobt . .     Nun  aher  gelieb«r  Bmeder 
Michael,  wias,  daas  es  sich  itsnnd  gegen  der  letsta  «mlich  aireng  wil  an- 
hiSBen,  da  man  dan  auch  ¥il  leut  unserthalben  um  gelt  geatr&ft 
hat,  die  uns  geherbringet,  essen  oder  triiiken  gehen  haben,  auch  die  so 
bei  der  bredig  gewesen  sind;  auch  so  wftr  ich  den  Zflrchem  schir  in  die 
kluppen  kumen,  dan  1  meil  Ton  Zftrcb,  da  hab  ich  dises  das 
kummen  ist»  gesucht,  inen  ein  zeit  gestimpt,  wen  sie  sollen  auf  sein.  Bin 
also  durch  den  pfaffen  auskundtschafft  worden.  Der  hat  an  den  Ober- 
vogt gen  Zurch  gesdmben:  Die  teuffer  bredigen  alle  nacht  in  dea  Bartels 
haus  (der  mit  au  der  gmein  sogen  ist).  Da  hat  (der)  oberrogt  den  brief  far 
(den)  Bath  tragen.  Da  hat  man  von  stund  aa  einen  boten  ins  Dorf  ge- 
schickt: Der  üntenrogt  soll  uns  gefangen  nemen.  Da  aber  des  Under- 
▼ogts  weib  solches  veninmen  bat,  hat  sie  uns  bald  lassen  warnen  dArdi 
ircn  knecht,  der  auch  mit  diesem  Totck  kamen  ist.  Dann  so  bald  mir  ans 
dorn  li;iul5  kiiuKii  sind,  so  ist  der  undervogt  gleich  kumen  mit  seinen 
Tvliitusknechten.   Aber  der  Herr  liat  uns  also  aus  iix'U  henden  erIeJig<'t, 
im  st  y  alle  eor  und  aller  brein.    Nun  aber,  so  hab  ich  eiiun  r.ui^  hit  n  in 
zu  tUun  ins  Heern  (grMmi^^       »s  daraf'?)  ung<>ferlich  ist.    Dir  H"ir 
wel  uns  bi'Wiuen.    Vnd  wenn  ich  di'ii  vcniclit»',  so  wil  ich  iiii'li  mit 
sambt  nifinom  liruiicr  (wils  fJTutt)  wider  zu  der  ^«'iiiein  richten.   Ufr  hftr 
well  uns  Ulli  In'üdcn  heim  hulfuii.    Sei  hifinit  Gott  dem  alium  litigen 
sambt  deinen  f.s/*  )  und  kiud  bofolhon,  ilauu  gar  treulich  samt  deiner  Ursel 
und  deinen  gehülfon.  dem  Tauln  und  allen  frommen  gegrüsset  mit  dem 
innerlichen  fhden  Cristi. 

Gottmading  d*-n  13  Augusti  1584.   In  K}i. 

W.  Küler. 


*  Einige  Ihttliche  Sitie  «ind  oben  weggalMsen  worden. 

*  Umd  «Mgestriflhan;  dafllr:  biet 

*  danken  in  der  Handsehrill. 


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818 


Seit  njiser  vonn  Hexni  eingedenk.  Bs  lant  Dieh  anck  der  David 
tr^lieh  grieüsen. 

Ui  ubii  mir  sonderlich  den  Gurg  Zobel.  ^ 

Nr.  4. 

Bmeseh  Köhler  an  dm  Wieä$rtäuferlniehöf  Clauss  Breufel 

zu  der  Nmmilhl  Uber  Bern«  lei!^m  Krlehnigne  ah  Sendbote  in 
der  Gegend  roii  Zürich.   Kündigt  die  Aukuufi  eineß  bekehrten 
Völkleim  an.  —  Qvttniading,  14,  August  1684. 

Der  Herr  sey  olzeit  mit  und  bcy  dir.  Insonder  vilgelibtcr  Bruder 
Iii  Ii.  l>ah  gleich  Ureach  Dir  wiederuinh  zu  schreiben  somltiiich 
dieises  Y"iklins  luilber;  da  ich  dann  bub  sorg  gehabt,  mun  luit  sit-  aiilgc- 
halten,  da  ich  dieses  Tor  dem  Volckel  hab  abgefortigei,  dir  geschriben 
haite,  da  hab  ich  einen  bruedor  lassen  hinter  sich  lanfTen  gen  Schof- 
hausen,  wie  ee  mnb  difi  Volckel  stehet.  Da  hat  er  sy  mit  einander  beim 
schiff  fanden;  also  sein  sy  den  andern  tag  an  Mittag  hemadi  kbnmmen. 
So  hab  ich  Ihnen  geholfen  nnd  an  Gottmfidingen,  1.  meil  von  Sehaf- 
bansen  wiedemmb  ein  for  ged^igt  bis  gen  Ulm  nnd  hab  sie  also  abge- 
fertiget.  E6  ist  wol  ein  simlleh  freches  gesindel»  aber  sie  haben  sich  wol 
erpotfn,  dann  ich  emstlichen  mit  inon  geredt  hab.  Den  ich  mit  Ihnen  ge- 
hchiciit  Lutte,  also  den  Hen  (t),  Ilt  iirich  und  Partid  vom  Scbeickwitz,  der 
ist  noch  beim  Pi  iwlcr.  Auch  ist  unter  lliut  n  allen  kein  gfschwistriget, 
wiewol  ich  mit  deu  vurig'en  aüch  anf  hofnuni^  (sie)  g'ehaiuilet  liahe,  dan 
sie  alle  über  r>  oder  7  fl.  über  dj  zernag'  nit  gehabt  haben,  dai'Biit  sie  mit 
einander  steil  fortkomen,  dan  ich  hab  selber  hinein  müssen  gen  Birmess- 
dorf,  ein  Meil  von  Z&rch,  dass  ich  Ihnen  den  tag  gestimbt  hab,  wan  sie 
sollen  auf  sein,  nnd  hab  die  dasigen,  die  im  sinne  haben  gehabt^  bienein 
tn  sieben,  lassen  Yeisamblen,  am  abendt  bey  licht  nnd  mit  Ihnen  geredt 
was  mir  der  faerr  geben  hatt:  Was  ihr  anszug  sey  nnd  was  sy  bey  der 
gemende  finden  werden. 

Pn  pin  ich  durch  den  pfatlVu  auskuntsciiatU  worden;  der  schreibt 
gesrliviindt  hinein  jj:en  Ziirch  an  die  Oborv(»jj:t  (da  haben  die  Obervogt 
den  brief  für  den  nitli  ti*agenj,  iia.ss  ilie  taullVr  itzt»  alle  nacht  ins  Bartels 
hauss  sein  nnd  predigen.  Da  habens  von  Stund  an  die  ätadt|>oten  heraus- 


Der  Arxt,  der  einmal  nach  Priig  gerufen  wurde,  tun  in  der  Kaiserbarg 
HiUb  tu  leiitea.  Er  und  Feldthaler  werden  in  den  Geachfehtebltcheni 
wiederholt  geneimt  8.  8.  S76. 


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di4 

geschickt,  man  sol  uns  gefangen  nehmen,  joron  Zürich  pringQiir  sind  aber 
durah  des  Vogta  Weib,  die  einen  knecbt  geechickt  hal,  gewarnt  worden, 
dann  so  bald  wir  ans  dem  hana  kennen  sein,  so  kombi  der  nnderrogt 
rombt  seinen  gesellen  daher.  Aber  der  Herr  hat  nns  geholfen,  dam  wir 
ans  iren  banden  entronnen  sein.  Dem  sei  die  Sher. 

Sonst  aber,  lieber  prneder  Clanfi  ist  ein  abgefalner  bej  diesem 
Voickel,  heiat  Heini  Bencker,  ist  m  Sehadewiti  Tor  swei  Jana  weg 
komen.  Der  stett  wieder  buss  an  tiran,  hat  sieh  sonst  bei  dem  Volck  Bit 
nbel  bewisen. 

Ein  Witfrau  heisst  Barbl.  Ist  sn  Brotifca  vor  seht  Janen  w^- 
komen.  Die  hat  anch  angehalten»  begert  Ton  hertsen  bneB  in  thnen.  St 
hat  sieh  auch  nit  nngescbiekt  beim  Tolck  gehalten.  Dn  wirst  nan  aller 
nach  halben  wol  wissen  sn  thnn.  Ist  aber  mein  Pitt,  Du  wollet  den 
Christel  von  Broschen  mit  swd  oder  drei  jnngen  bedenken,  die  han^r 
mOehten  ausgeben;  setx  dies  in  deinen  willen.  Sej  also  von  mir  sambt 
meinen  brfledern,  sambt  Deinen  gehülfen,  deiner  Ammdel  (sie)  und  der 
gaaizHn  gemfiii  troulich  cr^^^-rrisst. 

Dalum  Uottmäding  den  4  ütg  nach  Laurents^  annu  84.  In  ejl. 

Sejrd  unser  vorm  herrn  eingedenk. 

W.  KöUer 
ä(em)  \(id>er)  bCmderj  ](m)  h(etm). 

An  Clan0  Brädl  zn  il*  r  Nenmüftl,  meini^m  insondem  und  gelipten 
Prüedem  im  herrn  su  banden. 

In  irrgo:  ('.ipy  St'hicybcnr)  Wciiosch  KAllors  all  ClauB  Fmdl  zu  der 
Neumüll,  datirt  den  4.  tag  nach  liaureiitj  a"  84. 

Orig«  Pap.  in  der     Beek*idien  Sammlang. 

Nr.  5. 

Mandat  der  Zflrirher  gegen  die  vnrk  Mähren  zUhmdmi  Wwdef' 

täufer,  —  1612,  30.  Deeembw, 

(ZOricher  Stadtarebir.) 

Dias  Mandat  Ist  bestetiget  md  soll  Inn  truck  Tcrfertiget  vnnd  Inn 
Statt  vnd  land  öffentlich  Torfchflndt  werden. 

Actom  Mitwochs  den  SOien  Decembris  Anno  16IS.  Prftsentibos 
Herr  Bürgermeister  Bhan,  Bhat  vnd  bnrger. 


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315 

Wir  <!Ar  Biirjrnriiii!i.stüi,  Rath  vnnd  dor  gross  Rhat,  so  man  nennt 
die      *  \ liti»  ! i  dr'i  Statt  Zürich.  Embiotcii«!  allen  vnnd  I(slon  ?nnseren 
bürdeten,  liiwohiieren,  Ober:  Yniid  Vndervögten.  auch  allen  anndereu 
vnnseren  Zugehiirigen ,  (loistlichon  vnnd  Weltlichen  Inn  vnnsor  Statt 
GraÜBchaffteD,  Hemchafften,  Landen,  Gerichten  Tnnd  gebietea  wobnhafft, 
▼nneeni  gftiifitigoD  g«neigt«n  wUIue  vnnd  aUea  gnts  savor  vnnd  thnnd 
hiemii  vcb  aampi  vnd  Bonden  sn  Yomommen.  Nacbdem  die  Irrige  eect 
d^r  WideHbftflfferen  an  etfiehen  orten  nur  Immerdar  mehr  xa  dann 
abnemmen  will,  mind  aber  ein  Jede  Cbristliehe  Oberkheit  tbs  obligender 
pflicht.  sölliche  Widertaüffery  vnd  dero  anhang,  vn^iT^sirafft  nH  hingahn 
l;i^>^••ll  kiian,  als  dif  nit  rin^' zuachten  Ist:  diewvl  die  Widfitliaii tTr^r  ril 
schädlicher,  f-njchrorklu  Imt  vnd  grifflich(»r  Irrtlnual*»  u  vun  \il  attickh-n 
habend  vnnd  lürend,  ina  donpn  si  nit  allein  den  Kindoi  tauff  sdiendend, 
dann  von  vnsers  lieben  Herren  Nachtnial  schlecht  haltend,  sonders 
Irrend  auch  Inn  dem  rechten  Innptpnncten  der  Christlichen  Lehr,  als 
da  sj  ffligfibend,  das  ay  durch  Ire  eigne  werck  vnd  iyden  aiiig  werdinI, 
lAhrend  biemit  vsa  den  thflren  verdienst  vnnserB  Herrn  Jean  ChriBti,  dnrch 
weliieben  allein  wir  dese  beyla  ibeilbaffdg  werden!  Item  durch  Ire  lebr 
werdent  alle  Christenliebe  Kirehen  verwirrt  vnnd  sevstOrt,  desaglyoh 
die  Ri^ineiit  vnd  hnsBhaltnngen  zerrfittet,  dann  9y  wendend  menigk- 
licheni  so  vil  Ihnen  nüiglich  ab,  von  ordonlichem  Kirchgang,  lehrend, 
kein  Christ  möge  Im  stand  der  Oberkeit  svn,  nennend  sy  anrli  nur 
FTeyiion.  hebend  die  rechten  Eid  vf,  mit  denen  die  vndci  iluiiiin  n  ln*n 
harren  vnd  Obei'en  verbundf-n  sind.  Vemers  trennend  sy  die  Ee,  türend 
einem  biderman  sjn  PJelich  wyb  hinweg,  einer  Eerenfranwen  Iren 
Beman,  wyssend  aaeh  die  kind  vnd  dienst  vf,  da«  sy  von  Iren  eiteren 
vnd  HeiTen  lanffind,  deaqglyeh  die  Elteren  von  kinden,  beraubend  aneb 
die  kinder  Irer  Srbgnteren,  damit  sy  vil  gut  vss  dem  land  hinweg  fer- 
tigind»  vnd  Irer  Gesellsehafft  Im  landt  Herrhern  zneignind,  wie 
glych  etliche,  so  dnrch  Ir  fidtsche  anleitung  sich  daselbet  hin  begäben, 
7Ai  Ireni  widerkheer  den  trug  vnd  bschiss  anzeigou  kli-'uncn.  Bruchend 
anch  mit  vorschlen  kun  der  zollen  vnnd  abzngen,  aucli  iiuderni  den 
Obcrkeiti-n  ziigeliKit,  allerloy  f^falircn.  entblüssend  vnnd  boi-anbcnd  das 
Vaterland  der  hilf  wider  vyentlichen  gwalt.  Inn  sunima  sy  vertrybond  die 
recht  Bimngelisob  Beligion  vnnd  Christenliche  bilUche  politische  sa- 
chen  etc.  Das  wir  vsa  Christlicher  OberkeitUohen  pflicht  s6Uichem 
actaidliehen  Irrsal,  vnrecht  vnnd  vbel  mit  ernst  vnnd  nach  gebflr  sn- 
begegnen  vemrsachet  worden  sind,  vnnser  vormaln  hierwider  vssgangen 
Mandat,  widervmb  Inn  vnnser  Statt  vnd  Landschafft  mit  etwas  ver- 
besserang  vnd  vemeren  sosafcs  zuenifiweren.  Vnd  gebietend  danif  xum 


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316 


aller  orntsflichistf  n  «las  Bich  mt  nififklich  vnder  vnns  vud  «I*'n  vnsseren 
von  difor  Tniffii  \Viil«'rtli:iüiiff('iiHclien  lelir  al»  zücUe  vn»l  »lei&t-lbeu 
eathalte,  dann  w<^r  sich  diiM  aiihcng^i^  niaclu  h   vund  dahor  sich  d«»s 
ordenlifhon  Kilchg<iu<r('s,  iiacli  vniis'Tm  Chi  isl«>iiiiciii'n  tdiibaiu  aajjeheQ, 
Yssfito,  vnd  (las  pmein  gebäU  vnd  dw  pn  digen  Inn  syner  PfaiT  aW 
Küchen  (wif  andere  gehoi-samf  burger  vnd  vnderthannen  zethund  pfl»:"- 
gend)  nit  bosiichte,  vnnd  ah  t  i  st«  r  synps  Pfarn  i  s  ald  I'rodicant«^n  oder 
eines  Krsamincu  Eegerichts  Inn  vnnser  Statt  alhie  vnd  vfl  vuser  Landt- 
schafft  des  Pfarrers,  Vndorvogts,  Eegaumeren  vnd  der  eltisten  Inn  der 
ömeind.  fnintlicher  vermannung,  erinneren  vnd  wannen  von  der  brochen- 
den söiuh  ruug  Im  Kilcbgang  abnutahn  nQdt  thete,  aonders  nachmain 
Tsseri  der  ordenlichen  Temaibliings  predig  blibe,  von  dem  ald,  denen 
soU  des  nechsten  Sontags  nach  der  warnung  fünff  pfund  gelts,  deas 
andern  Sontags  darnach  i«hen  pfond,  vnd  desa  dritten  Sontags  fanf- 
sechen  pfond  an  barem  gelt  Tnnaerer  wfihmng  vnd  benantlich  jede  der 
Jetet  beatunpten  bnssen  gljdi  iS  den  Soniig  deas  Ybenehens  Tnd  vee^ 
blf  bens  der  Fredig  gestrax  vnd  ohne  gnad  la  rechter  atraff  Ingwogaa 
werden.  Da  die  Predkanten,  Tndervögt^  Weibel  rad  Eegoomer,  Jeder 
by  synem  Eid  sOUichea  allwegen  Iren  Obervfigten  leiden  vnd  anaaigeii, 
weite  dann  by  einem  die  abnemnng  voranelteir  gelt  bnasen  nfttsit  helfen 
noch  Terfahen,  So  aoll  dannenthin  ein  aOllicher  Tngidiommer,  lat  er  eia 
bnrger  ald  Inwohner  Inn  vnnaer  Statt  alhie»  von  vnd  vea  aynor  Znntt 
vnd  Qsellschafft  vsageschloeeen,  vnd  syn  handtwerch  gwlinn  vnd  gwerb 
Ime  verbctien  vnnd  nidei-gelegt,  vnnd  die  vff  vneer  Landtschait  von 
aller  gmeinechafit  vnd  nntanng  der  gnieinen  gflteren  Inn  holti  vnd  veld, 
Inn  wiesen]  ngen,  kanffen  vnd  verkanffen,  vsegescbloeeen  werden,  vnd 
dessen,  alle  die  wyl  vnd  so  hing  sj  sich  nit  gehorsamlieh  stallondy  vn- 
genoss  vnd  nit  vohig  syn. 

"Welliche  aber,  es  sygind  Mann  ald  wyb,  Inng  oder  alt,  vbor  das 
alles  Inn  In>r  lialsstarrige  fflrfüreud,  vnnd  sich  nit  bfU^hten  lassen 
\v(dton,  d<«r  vnd  dieselben  söllent  zu  vnnsercn  als  der  hohen  Oborkpit 
iiamirn  j^onumnicn,  vnnd  Inn  gfangen  seh  äfft  srelegt  werden.  Vnnd  d.i 
man  gegen  khUkIioii  widei"?!ppnnippn  Iflthon  niitt  vorneini  fiiintlichen 
vndemrhtcn  vnd  ah\\y>  »'n  vom  IiithiiniU  amh  nudt  schaff«'n  khundte. 
80  wollend  wir  als  dunu  vßs  oherkeitlicUen  gwalt  den  vnd  dicsolbcn  von 
vunsor  Statt  vnd  Landt^chafft  vorwyssen,  vnnd  no  sy  darflbcr  wvtt  r  <lar 
Inne  ohne  voi'gende  bogebun^'  d^i-  c^fhorsamr^.  vnd  abstand  vom  Irrthumb, 
betretten  wurdint,  sy  widerunib  Inn  gofengknuss  legen,  vnd  mitt  mos« 
vnd  brot  spyasen  lassen  vnd  da  sy  sich  vss  gütlichem  wort  nochmaln 
nit  2um  abetand  vnderrichten  lassen  weiten,  den  vnd  dieselben  noeh 


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317 


einmal  von  vnnser  8tott  vod  land  verwjssen.  Wore  dann  einer  bo  frelfea 
▼nnd  wideraettig,  vber  daa  or  warn  andern  mal  Tcrwiaaen  werden,  »ich 
abennaln  widemmb  ohn  erlauMansa  Inns  landt  lieaae,  oder  das  einer 
sich  nit  tos  dem  Jandt  wyssen  lassen,  sonders  mit  gwali  dar  Innen  be- 
.lyben  weite,  wie  dann  etliehe  Toflifer  so  venntesen  sind,  das  sy  Inen  ein 
sdllicbes  fttmemmen  vnd  der  Oberkeith  sich  anch  Inn  dem  widenetaan 
dOrffvnd,  gegen  8<^iUchen  balsstanigen  mentschen,  an  denen  alles  nftdl 
helfen  will,  werdent  wir  mehrern  emlst  anwenden,  vnd  dieselben  als 
meineyde  vfrArische  iQtb,  vnd  die  sich  allem  OberkeitUcben  rechfanessigen 
gwali  tratslich  widersetsend,  an  Irem  lyb,  oder  anch  am  Mben  nach 
gstaltsamme  der  Sachen  stralfen. 

Ynnd  wiewol  wir  vor  Jaren,  die  Jhennigen,  so  mit  der  Tättflbry 
befleckt  sind,  mit  Irem  hab  md  gnt  yss  vaneer  landschaift  verfaren 
lassen,  Sidtmaln  aber  utigonschfinliclf  sich  erfindt,  du8,  wann  sy  hinab 
Inn  das  land  Morrhein,  oder  aber  Inn  berflwou  khommcnd  vnd  wider- 
umb  dem  Vatorlandt  zu/ücliend,  oder  da  sy  viiduu  absterbend,  vnnd 
(l;um  Ire  kinder,  iils  vnschuldige,  sich  widci  liMmbworta  begebend,  alles 
gut  eiutweders  vt  rbnit  lit  IhI,  oder  Iut«ü  aiuh  ischwo  abgenommen  vnd 
vorgtdialten  wirt,  da  f<o  wcllfiid  wir  khoinen  undir  .1er  viiiisuruu,  8o  sich 
d«r  Tiinffcrisjchon  scct  anliciiirifj:  inachcnd.  oder  mit  Iiu'ii  hinweg  zOchend, 
In'.s  zytlichen  hat  vud  guts  üüt/.it  volircii  las«eu,  alle  die  wyl  sy  Inu 
Tlucr  vugehorsamme  vorharrend,  goudcrs  datiselbig  zu  vnnstM  cu  banden 
Inn  bevogtigung  vnd  Verwahrung  nommeu  vud  vf behalten  la-si^cii,  damit 
wann  hernach  sy  oder  Ire  kinder  widerumb  Inn  berüwou  viul  zu  land 
Miommend  vnd  gehorsam  syu  wellend,  wir  den  vnd  dieaelbea  nach 
viiiitierm  gefallen  vnnd  gutbedunckeu,  vss  sdllichem  gut  bedencken 
khönind,  welUchs  wir  vnns  hicmit  Torbehaltend,  Ifacb  gnaden  vnnd 
gstaltsamme  der  Sachen  sethnnd. 

Ynnd  als  dann  vnns  f&rkompt  das  « tlicbe  Taöflfer  m  vormesscn 
sind,  das  sy  sich  Inn  vnnseren  landen  vfsteUeud,  vnd  Inn  wincklen  vud 
an  hciniltlichen  orten  dess  j^redigens  anmasson  dOrffend,  vnd  darmit  ein- 
fslte  Lüth  an  sich  xe  hen<^en  vnnd  sn  verfQren  vnderstahnd,  da  Ist  vnnser 
ernlstlich  gebott  vnd  meinnng,  so  bald  man  vernlmbt,  das  sOlliche  Ifttb 
verhanden,  sy  sygind  frflmbd  oder  hsimbsch,  sOllint  alsdann  vnnsere 
vnderthanen  schuldig  syn,  by  Iren  Eyden  vnd  vermydnng  vnnserer 
hMtsten  vngnad  vnnd  straff,  den  neohsten  ohn  venog  sOlliche  Lehrer 
vnd  Prediger  ansugryffen,  vnnd  vnns  der  hohen  Oberkeith  gfengklicb  su- 
lefllren,  gegon  denselben  nach  vaswyssong  vnnsers  Mandats  vnnd  Irem 
verdiennen  sehandlen.  Wo  aber  derglychen  heimbliohe  versamblungen 
vndV^iS^i^  vnnser  verhoffen  In  vnnsseren  landen  gebalten 


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wurdint,  vniul  etliche'  der  vunsiTi-n  so  vnbodarlit  vnd  wundei-pf  h  wr  r<  n.K 
das  sy  aix  söllichc  hoimblichen  prodipron  gionpcnd,  es  weren  wyb  ald 
man,  jnng  oder  alt,  bouekhend  wir  vnnseren  Obervögten,  das  die- 
selben  all,  anderen  zu  einem  by^pil,  bnssen  vnA  8ti-»ffen  söUiot. 

Denne  die,  so  hcimbschen  vnd  frömb'li  n  Tönfferen,  sy  sygind  l&en 
verwandt  oder  nit,  wfluenüicb  vnd(>rs(  lilau(f  vnd  platz  Inn  Iren  ]iflBsen>n, 
schüren  oder  gflteren  gebend,  anthreffen«!,  von  dem  vnd  denen,  sol  dmch 
vnsere  jligi  vnd  Amptlflib  so  offt  dai  bescbicbt^  laben  pfund  gelts  Toab- 
lesslich  ta  boss  Ingeiogen  werden.  Ss  mfiebte  aber  einer  Inen  im 
predigen,  oder  Inning  annderer  Ifitben  sy  andi  abtrQnnig  xemaehen,  der- 
massen  förschnb  tbun,  oder  sy  nit  leyden  oder  veijagen,  wir  wurdint  es 
denMlben  (als  Ifith  die  fhrflw  Tod  eyd  an  Iren  Herren  Tberfiven  babent) 
ohne  gnad  reebnen,  Tnd  dar  Inn  niemandts  Teraebonnen. 

Ob  anob  Jemandts,  wer  Joeh  derselbig  were,  von  wflssentlicfaen 
Tönfferen  gut  verkanffte  oder  vmb  xinss  bestttnde,  ebne  Yorwflsflen  Tiini 
willen  der  Oberfcetth,  der  vnd  dieselben  sdUent  das  gut»  vnd  was  sy  dann 
bezalt  betten,  onch  die  Lebenscbafft  oder  bestandt  dess  gute,  verwilrckt 
vnd  verlobren  baben  vnd  dasselbig  an  vnnserea  banden  genonunen 
werden. 

Anlanngend  die  Tfwigter  vnd  Lebrer  so  alle  land  dorehätrychend, 
vnnd  fromme  einfalto  lüth  Inn  Irrthumb,  auch  mit  lyb  vnd  gut  vss  dem 
land  fhOrend,  daher  ein  Christliche  Oberkeit  billichen  sy  an  lyb  vnd 
läben  ziisti-anVii  liatt.  vmitl  das  nit  \<>n  dess  Glaubens  nondors  von  ile>s- 
wogen,  Jus  sy  vfi-urbch  liauiil<-ii.l.  iiieyneyd  sind,  mi  I  Amn-  Kisiinwu 
Oberkeith  Ire  vnderthancii  viigUurhum  machen«!  vn.l  vt  i  furcnJ:  \\\>  nun 
yöllicher  vfwipleren  vnd  Lehreren  einlebe,  wer  ay  loch  sind,  frönibd  oder 
heiiiibsch,  Inn  vnnseren  giichten  vnd  gebieten  vorhanden,  vnd  erfareu 
werdent.  di<'  sollont  nngents  ohu  alles  s-innfii  mit  allem  crntst  vnd  Yfer 
gfenfrklirh  angenommen  vnd  vnns  bewahrt  /.u^rciürt  wcnli-n,  gfgen  deu- 
selbeii  wir  vnns,  nach  JetiebM-u  verhandk-n  und  voi  di»  luu-n  vnd  gstalt- 
samo  der  sach,  mit  stniflf  an  gut,  oder  auch  am  lyb  vnd  leben  fürsa- 
nemmen,  vnnss  hir'mit  l'ryg  vorbehalten  hnbon  wöllend. 

Ynnd  so  dann  hienobent  die  Täüäor  vil  vnd  grossen  anlass  ucm- 
mend,  sich  von  vnnserem  Glanbon  vnd  Küchen  abzusönderon,  by  den 
lästeren  der  trunckenhoit,  gyt8,  liederligkeit  vnd  anderen,  mitt  denen 
etliche  Predicanten  vnd  Kilchendienuor  behafftet  sind,  dessglych  auch 
by  dem,  das  vnnseren  Christ^nlichen  Satzungen  vnnd  Mandaten  etwan 
nit  nachgesetzt,  vnd  dieselben  nit  gehalten  vnnd  gebandthabt  werdent, 
so  wellen  wir  hiemiti  alle  Predicanten  vnd  vorstebnder  der  Küchen,  lrf»r 
pflicbt  vnd  ambts,  dam  sy  von  Gott  vnnd  vnns  Irer  Oberkoith  berülR 


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Bind  zum  eriktotUchiBUii  erumeret,  Tnd  daby  vormaniictt  haben»  das  sjr 
Bich  Blies  ergerilchen  wandels  vnd  lebena,  nmd  aller  deren  dingen  so 
Iren  beniff  Tnd  ambt  nik  gesimend,  entfialtind  vnnd  Iren  vertniwten 
KUcfagnoBsen  ein  gut  byspil  Torlttrind.  Wir  Termannend  aucb  biemit 
cum  allerthrelfBnllehisten  alle  Tonsere  Oberrflgt,  Ynderrtigfc,  weibel, 
Eegaumer,  gesebwomen  Tnd  Bltisten  aÜADtbalben  Tff  vnnaer  Landi- 
«ebaffit,  das  sy  alle  eampt,  Inen  die  bandtiiabong  Tttnaserer  Satmngen, 
Ynnd  Innaonderbeit  vnnaaen  Handato  vnd  emft  werong  raneerer  Cbriaten- 
lieben  aatningen,  m  wir  Im  Angatmonai  deaa  necbatTergangnen  Ein- 
tbnsaent  Secbaabnnderliaten  vnnd  einlifllen  jars  Im  tniclc  TBagahn  vnnd 
öffentlich  vlT  vnnser  LandtecbaHt  TerkhUndtn  babent  faiaaen,  mit  mebrerm 
erntet  Tnd  Yfer  dann  Usaber  enwigt  werden  M,  binftro  angelegen  syn 
laaatnt,  die  Ybertretter  ebne  vergebonnen  angfibind  vnnd  straffind,  vnnd 
wo  vnnssere  ObervÖgt  rnd  nachgesetzten  AmptiQth  In  Irem  ampt  sunt- 
solig  vnnd  hinlässigr  werind,  vnd  Ir  ptlicht  uit  erstattotind,  das  dann 
dassflbig  als  bald  uhno  foixht  vud  schüchen  vnubereü  Buii,'L'rmeistcron 
fing«. bracht  vüd  augezeig^t  werde,  damit  gegen  den  Jhenigun,  so  .^<'^;^s  »u  ts 
nitthetend,  was  sy  schuldig  bind  gf'bün'iidfr  priitst  nach  crfordi'iung  dur 
nothurfft  erzcitrt,  vnnd  also  aller  anla^s.  so  von  f  Jcistlirhon  vnnd  Welt- 
lichen den  T  Mi  Heren  gegeben  werden  mochte,  als  wyt  Immer  müglich 
lat,  abgestluiiUi'u  vnnd  fnrkhommen  werde. 

Vund  diewyl  dann  zum  hschhiss,  fflrnemblich  an  dem  gelegen  Ist, 
das  diss  vunser  Mandat,  wir  der  Wider  ToOfferen  halber  abermaln 
vjit^gahu  zelassen,  vss  erforderter  not  vcrvrsachet  worden  sind,  volstreckt 
vnd  demselbigen  nachgesetzt  werde,  so  vbergebcnd  vnnd  beuclchend  wir 
Tonsenn  Eegi  icht  albie,  desaelbigen  ezeeaüon  vnnd  volnstreckung,  was 
vnnser  Statt  alhie,  vnnd  die  Wachten  vnd  Gmeinden  vsscrthalb  so  alhar 
Pfarr-  vnd  Kilcbgnössi;:  sind,  belanget,  mitt  dem  ernstlichen  beuelcb, 
da«  sy  die  verordneten  Eerichtere,  wer  die  In  der  «yth  sind,  by  li'on 
Ecren  vnd  eyden,  vff  die  Toflffer  vnd  andere  personen,  die  nit  Inn  die 
Kilcben  znr  predig  gabnd,  vnnd  anndere  opinionen  vnd  Irrige  meinongcn 
Tnnserer  Cbristenlieben  Religion  vnnd  vssgangnen  Glaubensbekhantnuss 
xDwider  baben  möcbten,  mit  allen  tbrflwen  Ir  flyssigs  Tfeebens  babint» 
vnnd  so  bald  sy  derselben  einicbe  erikrend  oder  Inen  geleidet  werdenl, 
dieselben  den  necbsten  ebne  verzag  fÄr  sieb  bescbicken,  vnnd  mit  aller 
frOntlicbkeit  vss  dem  wort  Gottes  bericbten»  vnd  von  Iren  Irrigen  mei- 
nungen  abnistabn  emstlioh  vermannen»  vnnd  welliebe  nit  geborsammon 
vnnd  sieb  abwyssen  lassen  weiten,  dasselbig  alsbald  för  vnnser  kleinen 
Batb  bringen  söllint,  gegen  söllicben  lAtben  wyter  nacb  gebOr  se- 
bandlen. 


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Vnnd  heuelchund  domoach  Mcb  aUen  vanserai  Frwiica&t«ii,  Ober- 
Tnd  Vndervöpttn,  Wciblen,  Ee^onmeren  vnnd  and^ron  nmdig-escteteD 
gantz  crntstlich  vnnd  wellend,  das  tsy  ob  dissonn  vnnscrm  Christen- 
licbea  Mandat  mit  allem  flyss  styf  Tud  stet  hAltin«!  vn>1  demselben  mitt 
tbrQwen  nachsetzind,  damit  die  viigehni*saininen,  Mer  wie  Torgel&tbert 
Ist,  gebOnuide  utitiff  empfachind.   Wo  aber  etwan  die  nachgesetiten 
Amptlfltiiy  es  Bjgen  vnderrifi^i  Weibel  oder  andere,  hier  Innen  somaelig 
weren,  vund  ydeb  Yond  vnnseren  Oberrligteii  nit  xuspringen  Tnd  das  so 
Inen  beuolchen  wirt  vnnd  ey  Irer  dientstea  halber  le  fhnnd  adroldi^  sind, 
nit  Tssrichten  wnrdint,  so  eftllent  Tnneere  Oberrfigi  dieselhigen  Bom- 
seligen  mitt  erntet  daran  halten.  WelUche  aber  vber  das  einem  Oberrogt 
hier  Innen  nit  gehorsammen  weiten,  das  söllent  vnsere  Obenrögt 
vnns  klagen,  da  wir  dann  die  Tngborsammen  Irer  Empteren  ynd  diensten 
entsetaen  werdeni   Ob  auch  etwan  vnnsere  Obenr<lgt  Iren  Ton  fnns 
habenden  benelcb,  was  diss  vnnser  Mandat  belangt,  nit  verrichteten,  das 
soll  man  ohne  schflchen  vnd  Tencag  vns  anieigon,  gegen  denselben  was 
sich  gebOrt,  fAnunemmen,  vnnd  sy  zu  erotattuig  mnsers  benelehs  te- 
halien  wQssen.  ])as  alles  Ist  TUiser  emstlidier  will  vnnd  meinmp,  dann 
wir  je  der  Widerthofifferen  vnTerdacht  gyn,  vnnd  sy  Inn  vnnseren  landen 
nit  lyden  noch  dulden  wi^liend.  Darnach  wftsse  eich  ein  Jeder  zerichten. 
Geben  vud  bcschloBscn  Inn  vunscrui  grotssem  Rhat  vff  den  (wie  obtn). 


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INHALT. 


I.  Theil. 

Die  Huter'sobe  «Oemeinsohalt*  in  Mahren  von  Ihrem  Ent^ 


stehen  bis  sa  ihrer  Vertrettning. 

1.  IKe  Firtaliiiigtii  unter 'den  Taii%Muiiiten  in  MShrttn  von  Hnbmater*« 

bis  sa  Jakob  Huter*»  Tode  139 

8.  i^ortscliritte  dc^  AiiabaptiMniU  in  Mähren  nach  dem  Tode  Jakob 
Huter's.    Der  Kampf  gegen  die  ,Qeiiieinachaft'  und  die  Bw«ito 

*»rosse  Verfolgunp  in  Mähre»  149 


3.  l>ie   Wirksamkeit  l'et«r  Kif^<limann'8   und  Lienhard  Lauzeiistiers, 

Peter  Walpot's  und  Häusel  KraKs.    Die  glückliche  Zeit  der  üo- 
meinschaft  und  die  zweite  Einwanderung  aus  der  Schweiz  .    .    .  166 

4.  Das  Ende  der  glücklichen  Zeit  der  Wiedertftufer  in  Mihreu,  die 

AnfXng«  der  katholiecfaeD  Reaotion  in  Nikobbarg  und  die  Btreit> 
achrifteu  katholischer  Schriltsteller  wider  die  Hateriache  ,Qemein- 


eebaft'  (1688^1009)   182 

».  Die  Yertreibniig  der  WiedertSnfer  aus  IfMhren   207 

11.  Theil. 

lieben  und  Iiehre  der  Wiedertäufer  in  Mähren. 

1.  ätimmeu  der  ZeitgeuuMüu  übur  Leben  und  Wandel  der  Wiedertäuler. 

Weiterbildnng  ihrer  Lehre.   Der  Commuuismu«t   222 

2.  Die  Lehre  Ton  der  Geneinscbaft   281 

3.  IKe  DnrdifBhning  der  Gemeinadiaft   245 

4.  Die  Handwerkflordnangen   250 

6.  Ans  einsehiea  Handwerken   269 

6.  IHe  Laadwirthschaft   271 

7.  Die  Arzneikundo  and  die  Bäder  der  Wiedertäufer   275 

8.  Die  Schulen  der  mährischen  AViedertätifer   278 

9.  Der  Verfall  der  Gemeinschaft    286 

AicUv.  84.  1.  Hilfle.  21 


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S22 


Beflagon. 

Smim 

1.  Sendbrief  Clau»  Fvlbinger'«  an  <1h-  ,Gemain'  Gottes  in  MJlhren.  1560.  298 

2.  Henf'^^cti  K^ttlf^r  nn  MatthKu»  Binder  in  Ko8tl  Uber  Mio«  Erfolge  ia 

der  Umgebung  von  Zürich.  12  Antust  1584    810 

3.  Derselbe  an  MicbaelVoldthalur  zu  Nikolsburg  über  daKselbe.  13.  August 

1584    311 

4.  Derwibe  au  den  WiedertinferbiKfaof  Clann  Breatol  so  d«r  NtumtUü 

Aber  duselbe.  14.  Aagiut  1984  813 

5.  Mandat  der  Züricher  gegen  die  nmeii  Mllurea  siebendeik  Wieder- 

t&nfer.  80.  Decenber  1618  314 


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STXJDiE:isr 

zu  DEN 

ÜNGARISCiiüN  GESCmCHTSQÜELLEN. 

1.  UND  II. 


TON 

D"  RAIMUND  FRIEDBIGH  KAINOL^ 

niVATDOOBlTni  flf  OUBKOWm, 


At«hiT.  ULXXl,  Bd.  I.  JUlfte.  22 


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L 

Ueber  das  YerbUtnUs  der  Hartrlei  eps.  Tita  &  Stephanl 
SQ  der  Tita  malor  und  Tita  minor. 

Bekanntlich  sind  über  das  VerhlUtnisB  der  Hartvici  eps. 
Vita  8.  Stepbani  zu  den  beiden  anderen  Stepbanslcgenden  bis- 
her Terschiedene  Ansichten  geäussert  worden.  Ker^kgydrtö 

hat  es  nioht  zu  entscheiden  gewag't.  *  ob  Hartwicii  die  Vita 
minor  uiul  maior  oder  diese  ihn  compilirt  haben.  Nach  Watten- 
bach* hittte  ,(  in  Bischof  Hartwich.  vielleicht  von  li(  «];^eiisfburg 
(1105 — 112G),  die  Vitii  minor  und  maior  mit  einander  verbun- 
den', ein  ai^er  Plagiator,  wenn  er  nicht  vielleicht  selbst  auch 
der  Verfasser  der  grösseren  Legende  gewesen  ist,  mit  welcher 
er  die  kleinere  verschmolz.   Dagegen  hat  Marczali  den  Be- 
weis zu  führen  Tersucht,^  dass  gerade  die  Hartwich'sche  Legende 
die  ursprilnglichste  sei;  die  kleinere  und  grössere  Legende 
wären  aber  AuszOge  aus  derselben,  und  zwar  in  der  Art  an- 
gefertigt, dass  ,die  erstere  Ubernahm,  was  die  letztere  stehen 
liess^  Endlich  hat  Florianus  beweiscu  wollen,*  dass  die  weit- 
läufiL^sir  Lebensbe8chreibuii;j:  Stephans  gar  nitlit  von  Hartwich 
herrühre;  sie  sei  vielmehr  erst  um  das  Jahr  1200  verfasst. 

Diesen  Ansichten  gegenüber  wird  im  Folgenden  der  Bc' 
weis  geführt  werden,  dass  1.  durchaus  kein  Grund  vor- 
handen sei,  an  der  Autorschaft  Hartwichs  zu  zweifeln 
und  die  Entstehung  der  unter  seinem  Kamen  bekann- 
ten Legende  in  die  Zeit  Emerichs  zu  versetzen  (gegen 
Florianus);  dass  ferner  2.  die  Hartwich'sche  Legende  in 
ihrer  ursprünglichen  Gestalt  mit  der  Vita  minor  durch- 
aus keine  Berührung  gehabt  hat  ^^gegeu  Wattenbaclij;  dass 

'  Vgl.  Mar G sali,  UD|^«rn«  Geschtchtsquellefi,  S.  14. 

*  DentielilaDda  GeschiehtaqneUen  IX*.  146. 

*  OMchichtsquelleD,  8. 14  £f. 

*  Hirt.  hnng.  font  I,  188  ff.,  und  II,  803  ff. 

22* 


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326 


sio  aber  endlieli  3.  jcfK  iifalls  j  iinj^cr  als  die  Vita  maior 
ist  und  diese  aius schrieb  (gegen  Marczali). 

1.  Bei  unserer  Untersuchung  wollen  wir  von  einer  Kritik 
der  Aiisicliten  Florianus'  ausgehen. 

Ders'  ll»«'  stutzt  sfiiio  Ausfiilii-iingen  im  AUgcmeinea  auf 
die  im  Pesfer  Codex  aul  bewahrte  Keccnsion  der  Vita  und  he- 
miilit  sich,  darzuthun,  dass  einzelne  Ausdriu  k*'  und  ^Iitth<  iliin- 
gen  derst'l])en  auf  ihr  Entstellen  um  das  Jahr  1-<MI  deuten. 
Die  Widnnmg  des  Werkes  an  Köniir  Of)loman,  in  der  sieh 
Hartwieh  als  Autor  nennty  hätte  dann  für  eine  spätere  Fftl- 
schung  zu  gelten. 

Es  ist  nun  bekannt,  dass  im  TVstcr  Codcx^  der  seinem 
Scbriftcharakter  gemäss  kurz  vor  1200  geschrieben  sein  dürfte^ 
die  älteste  vollständige  Aufzeichnung  der  Vita  vorliegt.  Ist  ans 
aber  in  dieser  TTandschrift  die  Legende  auch  in  ihrer  arsprttng- 
Üchen  Gestalt  erhalten?  Auf  diese  Fra^e  }iat  Florianus  viel 
zu  wenig  Rücksicht  genommen,  und  doch  hfttte  er  den  ihm 
vorliegenden  Text  nur  dann  in  der  Art,  wie  er  es  that,  be- 
nutzen dttrfen,  wenn  er  mit  Bestimmtheit  als  der  ursprüngliche 
bezeichnet  werden  könnte. 

Dem  ist  nun  aber  nicht  so.  Der  Pester  Codex  ist  bereite 
Abschrift^  und  zwar  offenbar  das  Werk  eines  SchreiberSi  der 
an  dem  ihm  Torliegenden  Texte  absichtliche  Aenderungen  Yor- 
nimmt  Dass  in  diesem  Codex  bereits  eine  Abschrift  vorliegt^ 
geht  schon  ans  dem  Umstände  hervor^  dass  in  §  6  und  §  8 
die  Stelle  sed  quoniam  Pannonia  .  .  .  simile  fecit  episcopiis 
wiederholt  wird^  und  ebenso  im  §  23  die  Stelle  advenienCe 
yero  tempore  .  .  .  deberet  esse  querendura  zweimal  sich  findet.' 
Sieht  man  femer  die  citirte  Stelle  in  §  6  und  §  8  genauer  an, 
80  ergibt  es  sich  unzweifelhaft,  dass  uns  hier  nicht  fh'r  ge- 
nieine  Fehler  des  Doppelt^ehreibens  vorhegt,  üondern  zum 
Theile  willktlrliehe  Aeiiderung.  In  §  6  steht  nüiuHeh  die 
Periode  sed  ([uoniam  Pannonia  .  .  .  simile  fVeit  episcopüb  iu 
einem  Zusanuuenhange,  iu  dem  sie  in  der  Vita  maior,  aus  der 
sie  entnommen  ist,  nicht  vorkommt:  tVnier  ist  sie  im  §  f>  ura 
den  der  Vita  minor  entnommenen  Öatz  niliil  ex  rebus  eo- 
rum  ad  opus  sui  reservans  und  ferner  durch  den  originalen 


>  Florianus,  a.  a.  O.  I,  40f.  und  43 f. 
*  Ebanda  1,  63  f. 


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Zusatz  übt  aanctus  Martinua  cum  adhuc  in  Pannonia  degeret 
oraiianU  sibi  locum  assignaverat  erweitert.    Im  §  8  kommt 
dagegen  die  Stelle  in  demselben  Zusammenhange  wie  in  der 
Vita  maior  nnd  ohne  alle  Zuslltze  vor.  Da  man  nun  nicht  an- 
nehmen kann,  dasa  die  Stelle  in  der  Vorlage  doppelt  rorkam, 
80  ist  die  Wiederholung  auf  den  Schreiher  des  Pester  Codex 
zurückzuführen 5  da  fernor   der  Wortlaut    an    beiden  Stellen 
nicht  derselbe  ibt,  so  liegt  Absiebt  vor,  und  7Avar  ist  jedenfalls 
die  erweiterte  Stelli-  im     0  als  eine  Meuenin;,'  unseres  Schrei- 
bers anfzufasseH;  während  er  sie  im  §  8  in  seiner  auch  sonst 
zu  Tage  tretenden  Lässigkeit^  unverändert  nochmals  aus  der 
Vorlage  Übernahm. 

Da  also  der  Pester  Codex  eine  mit  willkürlichen  Acnde- 
nmgen  und  unabsichtlichen  Fehlem  angefertigte  Abschrift  einer 
aheren  Vorlage  ist^  was  sich  übrigens  später  noch  evidenter  als 
bisher  ergeben  wird,'  so  hätte  Florianns  aus  einzelnen  Aus- 
drücken und  Mittheilungen  desselben  nicht  auf  die  echte  Vita 
/.urüekschH(-.ssen  dUiten.  Seine  i;anze  Beweisführung  könnte 
nur  erg<  i)eu.  <hisf<  die  im  l'e>i<  r  Codex  vorliet^rende  RedaetiDn 
uin  1200  entstanden  sei,  was  übrigens  sclion  aus  (h'ni  Sciiritt- 
charakter  des  Codex  ohnehin  folgt,  ent^scheidet  aber  niehts 
Uber  den  Bestand  und  die  Beschaftenheit  einer  echten  älteren 
Fonn  derselben. 

Zu  dieser  Behauptung  sind  wir  selbst  dann  berechtigt^ 
wenn  die  Beweisführung  Florianus',  auf  welche  wir  gleich 
näher  eingehen  werden,  durchaus  richtig'  wäre  und  die  von 
ihm  herausgehobenen  Ausdrüeke  und  Mittheilungen  des  Pester 
Codex  in  der  That  nur  uui  1200  einirefli«xt  werden  konnten. 
Die  Vita  hätte,  da  es  sich  doch  nur  um  einzelne  W  ürtcr  und 
J^^achhchteu  einer  willkürlich  geUnderten  Abschrift  hauch  lt, 
ohne  dieselben  doch  schon  früher  bestehen  können.  Sind  aber 
die  Beweise  Florianus'  hinfiülig,  so  sind  wir  au  dieser  An- 
nahme nmsomehr  berechtigt.  PtUfen  wir  nun  seine  Beweis- 
fthnmg  im  Einzelnen. 

^  Tgl.  in  meinen  «Beitrlgea  inr  älteren  ongarischen  OeBcbicbte*,  6.  88, 
die  AnsfDhrangen  fiber  das  im  §  12  eingeschobene  «^e  dkttttf  ebenso 
die  oben  citirte  Wiederbolnog  im  §  93,  Aber  welche  encb  weiter  nnten 
die  Stodie  n  sn  vevgleiGhea  ist 

*  Wir  weiden  nämlich  eine  ältere  Fessnng  der  Vita  als  die  im  Pester 
Codex  erhaltene  nachweisen  können. 


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328 

I,  147—200  weist  Floiiauus  zunächst  darauf  hin,  dass  in 
der  Vita  iiiiin>r  iiutl  mai<»r  tür  die  Zeit  Geisas  die  xVustü-ücke 
regmiiu  und  r»'>jalis  als  Svuuii^iiia  lür  ducatus  und  ducalis  ge- 
braucht wiudt  n.  Nvälimwl  Hartwich  dieselben  streng  nur  für 
die  Zeit  Stephan»  anwcitdeii  soll.  Er  bciuülit  sich  sodann,  nach- 
zuweisen, dass  diese  strenjre  Auscinanderhallung"  von  repuiiii 
und  ducatu?5  otr.  erst  für  die  Zeit  Kmerichs  charakteristisch 
sei  und  somit  aiu  li  die  Vita  erst  um  VÜK)  verfasst  sein  könnte. 
Um  indess  zu  erkennen,  wie  hinfUUig  dieser  Beweis  sei,  *renügt 
es,  zu  beachten,  dass  nur  au  zwei  von  den  vier  Stellen,  auf 
welche  es  ankommt,  in  der  Vitii  llartvici  gegenüber  der  Vita 
maior  die  von  Florianus  hervorgehobene  strengere  Scheidung" 
der  beiden  Ausdrücke  vorgenommeii  wurde:  es  ist  nämlich 
das  regnum  im  §  2  der  Vita  maior  in  ducatum  §  2  Vita  Hart- 
vici  geändert,  ebenso  das  accessus  regalis  im  §  5  der  Vita 
minor  in  ducalis  accessus  iij  6  der  Vita  iiartvici|  dagegen  blieb 
im  §  ö  der  Vita  Hartrici  das  regali  .  .  .  educatu  und  im  §  6 
das  regnoque  Pannonica  stehen,  und  zwar  beide  Male  in  lieber- 
einstinunung  mit  der  Vita  maior  und  für  die  Zeit  vor  der 
KOnigskrOnang  Stephans.   Unter  diesen  Umstunden  kann  der 
Beweis  Florianus'  keine  Geltung  beanspruchen.^ 

Noch  weniger  stichhältig  ist  seine  folgende  Bemerkung 
(I,  200).  Nach  der  Vita  maior  §  5  .  starb  Geisa  im  Jahre  997, 
und  nach  §  9  fand  die  KOnigskrOnung  Stephans  qninto,post  patris 
obitum  anno  statt,  also  1001.  Hartwich  behalte  nun  das  Todes- 
jahr bei,  ändere  aber  das  quinto  in  quarto,  so  dass  nach  seiner 
Ansicht  die  Er<)nung  in  das  Jahr  1000  su  setzen  ist  Wodurch 
und  wann  konnte  diese  Aenderung  yeronlasst  worden  sein? 
frägt  nun  Florianus  und  gibt  folgende  Aufklärungen:  Die  be- 
kannte Urkunde  Stephans  für  Martinsberg,*  nach  deren  Post- 
script dieser  König  im  Jahre  1000  die  Krone  erhalten  hatte, 
ist  im  Jahn;  1213  Andreas  vorgelegt  und  von  diesem  bestätigt 

*  Ist  <lor  H«weis  Florianns'  sfh(>n  df^halti  nulinlfhnr,  woil  die  hotreffen- 
dnii  AiiH<lriii'ko  iiiclit  so  streng,  als  er  es  Huniiiirnt,  iiu  Pöster  Codex 
gubraucbt  uenluu,  so  wird  ihm  durch  dio  folgende  Betrachtuug  vOlUg 
der  Boden  entsogen.  Wir  wordoi  nftmlieh  nuten  im  Texte  aeben,  da» 
du  fducatam*  im  §  2  Mshon  in  einer  Redactbn  der  Vita  steht,  die  aicber 
Uter  ala  die  Fester  ist,  und  somit  nnr  das  »ducalis*  im  §  6  anf  den 
SchfüibHr  de.s  Pester  Codex  sorücksufllhren  ist.  Vgl.  auch  die  Studie  II. 

2  Fej^r,  Cod.  dipl.  1»  2«0ff. 


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m 

worden;  aus  dieser  UrkuiKle  und  bei  dieser  Gelegenheit  wäre 
das  Jahr  1000  fUr  die  Ki^nigskrOnuBg  Stephans  bekannt  ge- 
worden; folglich  konnte  jene  Aenderung  im  Pester  Codex  erst 
am  diese  Zeit  erfolgt  sein.  Wie  gezwangen  nnd  unwahrschein- 
lich  diese  Ausftthrungon  Florianns'  sind,  ist  augenscheinlich.^ 
El)enso  unbegründet  ist  seine  Behauptung  (I,  200),  dass 
die   Er>vahmni^  des  Erzbischofs  Scljaöliaii  im  ^  12  der  Vita 
Hartviei  mir  auf  diia  i'üstseript  dcrbelben  Marti iisberger  Ur- 
kunde   zurückzuiiUiren  sei,  wo  er  ebenftills  geiianut  werde. 
Nichts  berechtigt  zur  Annahme,  dass  man  nur  aus  dieser  Ur- 
kunde Nachricht  Uber  Sebastian  erhielt^  und  noch  willkürlicher 
ist  die  Annahme,  dass  man  gerade  erst  im  Jahre  1213  bei  der 
Bestätigung  der  Urkunde  ihn  aus  derselben  kennen  lernte.' 

Wenn  Florianns  sodann  behauptet  (I,  200  £),  dass  die  in 
den  8,  9  und  12  enthaltenen  Nachrichten  Uber  den  Bischof 
Astrik  von  Kalocsa  sicher  vor  dem  Jahre  1212  noch  nicht  ge- 
schrieben waren,  weil  sich  in  dem  daiaaifc.  zwisclien  Gran  und 
Kaloesa  herrschenden  Streite  über  das  Krönungsrecht  Niemand 
darauf  berief,  dass  dieser  Astrik  von  Kalocsa  die  Künigskrone 
aus  Rom  gebracht  habe,  so  ist  auch  dieser  Beweis  hiuikUig.  Noch 
nach  der  echten  Fassung  des  Pester  Codex  ^^  -ir  es  nämlich 
nicht  Astrik  von  Kalocsa,  sondern  Erzbischof  Astrik  von  Gran, 
der  die  K^^nigskrone  geholt  haben  soll.  Erst  eine  spätere  Hand 
hat  die  betreflfenden  Aenderungen  vorgenommen.' 

Nach  der  Vita  maior  §  2  ist  ferner  bekanntlich  Geisa 
princeps  (qu) intus  ab  illo,  qui  ingressionis  Ungarorum  in  Pan- 
nonia  dux  pi-imus  fuit.  Geisa  war  albu  nach  dieser  Angabe 
der  fünfte  Fürst  nach  Arpad,  unter  welchem  die  Ungarn  in 
die  Tlieiss-  und  Donauebene  kamen;  gezählt  wurden  in  dieser 
Keihe  offenbar  Arpad,  Zulta,  Phalitzes,  Toxun  und  Geisa.  An 
der  entsprechenden  Stelle  in  der  Vita  Hartvici  erscheint  hin- 


UebrigeuH  li.it  schon  die  poliiisi  li-uugarische  1  hruiiik  ^boi  Bielowski, 
Mou.  Pol.  liiöt.  l,  öOU),  Uie  sicher  eine  ältere  Redaction  der  VitA  be- 
ntttate,  ab  die  im  Fester  Codex  ist»  das  ,quarto'.  Ueber  die  in  der 
Chronik  erludtene  ursprüngliche  Form  der  Vits  vergleiche  welter  naten 
im  Texte. 

Man  TeiigWehe  in  meinen  ^eitrigen  rar  ülteren  ongs riechen  Geeehichte* 
die  Studie  XI. 

Aach  daraber  ist  mein«  in  der  Torttehenden  Anmerkung  citirte  Arbeit 
ttt  vergleichen. 


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330 


gegen  Geisa  als  pimceps  quidam  qaartus  ab  iUo  etc.;  bei 
dieser  Zählang  ist  offenbar  Pfaalitzes  ausgefaUen,  der  auch  m 
den  ungarischen  Chroniken  nicht  erscheint.  Anders  deutet 
FlorianuB  den  Sachverhalt  (1, 201).  Er  behauptet,  der  Verfasser 
der  Vita  maior  habe  von  Almos,  dem  Vater  Arpadsy  und  ohne 
Rücksicht  auf  Phalitzes  die  ungarischen  Fürsten  gestthlt  Unter 
Andreas  II. 'seien  dann  die  Ungarn  von  den  Griechen  belehrt 
worden y  dass  diese  Zählung  unrichtig  sei^  und  dass  nicht 
Almofi,  sondern  Arpad  die  Ungarn  nach  Pannonien  gefUhrC 
habe.  Nun  hätte  man  Geisa  als  den  quartus  ab  illo  etc.  ge- 
zilhll,  und  dicHcm  Stande  des  Wissens  entspreche  der  Pester 
Codex,  der  somit  erst  im  13.  Jain Imndert  geschriebt  n  .sein 
mübbte.  —  Abgegeben  von  allein  Anderen  liat  Floriauuü  den 
Beweis  vergessen,  warum  denn  die  Ungarn  erst  unter  Andreas  II. 
und  nicbt  sdion  in  früheren  Jabr/rhiilen,  da  doch  auch  ein 
sehr  H'ijj'r  V(  rkt  lir  /.wiscbon  ihiu  ii  und  den  Griechen  statt- 
fand, y'Ui-  Aufklärung  erbalten  liaben  konnten.* 

\\  »  nn  schliesslich  die  in  der  Vita  (i;>§  4  und  9)  erzählten 
Visionen  der  Eltern  Stepbans  und  des  l^apstes  in  einer  Ur- 
kunde Andreas'  vom  Jahre  12o3  erwähnt  werden,  so  kann 
man  sicher  nicbt  mit  Florianus  (I,  201)  den  Schluss  ziehen, 
dass  die  Aufzeichnungen  dieser  Visionen  in  der  Vita  gerade  um 
das  Jahr  1233  und  nicht  schon  auch  viel  früher  haben  statt- 
finden  können.^ 

Aus  Allem  gebt  somit  hervor,  dass  die  ganze  Beweis- 
fubrung  Florianus'  lünfäUig  ist  Wir  gelangen  zum  Schlüsse, 
dass  die  von  ihm  als  um  1200  allein  mOglicb  bezeichneten  Aus* 
drücke  und  MittheiluDgcn  des  Pester  Codex  durchaus  nicht 
zwingend  in  diese  Zeit  gehören.  Umsoweniger  ist  seine  An- 
nahme richtig,  dass  die  Vita  erst  um  1200  überhaupt  entstan- 
den sei.  Sind  nun  aber  die  Ausführungen  Florianus^  irrig,  so 
werden  wir  auch  nicht  mit  ihm  die  Widmung  Hart- 


•  Die  der  iM»luic!ch-uiifr.nrir<t.luMi  Cliruuik  zu  üraudu  liegoudc  ursprüngliche 
KodActioii  der  Vita  ^v^l.  8.  3i*J,  Anm.  1)  siblt  Geisa  übrigwia  andiachoD 
als  den  vierteu  Ffinten  (Bielowftki,  Mon.  Pol.  bist  I,  498:  AquiUi— 

ColttiiKiiiiius  —  Holn  —  .lef«^e  fd.  i.  (jtiisa|). 

*  ThntMäciilicli  sind  dioso  Visionen  schon  in  oinor  älteren  Faa8uug  der 
Vitn  vnrh.incl(>n.  cUo  weiter  ira  Toxto  nachgewto^oii  wird.  Sie  stehen 
nämlicii  in  der  polniHch-nngarischcu  C^hromk  im  Ca|>.  4  und  6  (Bie* 
lownki,  Mon.  Pol.  hist.  I,  499  t.  un«i  5Ü2). 


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331 


v.-iclis  an  Coloman  fUr  gefälscht  erklären  and  müssen 
die  Vita  aU  zn  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  von  Uart- 
wicli  yerfasst  betrachten. 

2.  Unsere  vorstehenden  Ausführungen  wttrden  sehr  an 
BeBtiimntheit  gewinnen,  wenn  es  möglich  wäre,  eine  Redaction 
des  Hartwich'schen  Werkes  nachzuweisen,  die  ^»'^^enüber  dem 
Pester  Codex  ein  ursprüiiiclieheres  Aussclu  n  lialx  n  würde  und 
dem  iSclireiber  desselben  vielleicht  als»  Vurla<xe  gedient  haben 
könnte.  Eine  bulchc  liedaction  ist  uns  uuu  in  der  That,  wenn 
auch  nicht  vollständig,  erhalten. 

Vergleichen  wir  nämlich  die  Vita  Hartvici  mit  der  be- 
kannten ungarisch-polnischen  Chronild^^  so  wird  es  klar,  dass 
dem  Verfasser  der  letzteren  die  Vita  yorlag  und  er  dieselbe 
im  weitgehendsten  Sinne  ausschrieb.  Aber  diese  enge  Ab- 
hängigkeit erfilhrt  doch  in  einer  Bezieliung  eine  Einschrttn- 
kunj<.  Ueberall  nämHch,  wo  die  Vita  Hartvici  sich  an  die  Vita 
niaior  anlehnt  oder  eigene,  sie  charakterisirende  N.ulnichten 
briugt,  btimmt  die  Cbronik  mit  ihr  üUereiii;  dagegen  begegnet 
sich  diese  uir^M  iuls  nut  tler  Vitii  minor,  aus  der  doch  in  der 
Uedactiou  des  Feöter  Codex  viele  Stellen  vorhanden  sind.  Wir 
wollen  diese  Bemerkung  zunächst  durch  einige  Citate  stützen 
und  dann  unsere  Schlüsse  ziehen. 

Vorerst  mögen  einige  Stellen  angeführt  werden,  aus 
denen  es  henrorgeht,  dass  die  Chronik  überall  dort,  wo  die 
Vita  Hartyici  aus  der  Vita  maior  Entlehntes  oder  ihr  Eigen- 
thilmliehes  bietet,  dieselbe  aiisseiir»  il)t.  liemcrkt  sei  noch,  dass 
in  den  f'oij^enden  Uitaleii  aus  der  \  ita  Hartvici  nach  dem  Vor- 
gange Floriuinis'  die  aus  der  Vita  maior  entnommenen  Sätze 
mit  stehender  bciiritt,  die  derselben  eigen thümlichen  aber  mit 
cursiver  gedruckt  sind.  Dementsprechend  sind  auch  die  Stellen 
aus  der  Chronik  wiedergegeben. 


Vita  Uartviei: 

§  i.  Omne  datum  Opti- 
mum et  omne  donum  perfectum 

desursiiin  e8t,deseendens  a  patre 
lumiiium.  Iluiita  pati  'is  datum 
Optimum  et  doiium  perjtctum 


Ungar.^poln.  Chronik: 

(Praefatio).  Omne  datum 

optimnm  et  omne  donum  per- 
fectum de  siirsuni  est  dcsccn- 
dens  a  patre  lumiimm.  Huius 
^atrüt   datum   ojitimtmi  post 


^  Bei  Bielowski»  Hon.  Pol.  bist.  I,  4M  ff. 


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332 


tn  omne«  large  provenim»  .  .  . 

ßagellum  quondam  fuisse  con- 
stai  diffiutuvi  eat.  Nc(iue  «Miiiii . . . 

i:^  4.  Expcrgclactiis  priu- 
ceps  viöiüiK  in  stnpidiis  prius 
secum,  post  cum  Christi  lideli- 
bns  et  suis  pertractans,  deo 
grutia»  pavinieiito  manibus  ex- 
pansis  adhereus  humiliter  egit 
.  .  .  Nuntiatur  ei  beatuui  Adal- 
bertiim  Boemiensis  cceltsio 
pontiticcm  ad  sc  vcntuiuin 
propter  conversioneiu  ipsius.  .  . . 
Oritar  leticia  novis  (Jliristi  mi- 
litibns  inenarrabilis.  Dux  ob- 
yiam  tyroni  Cbristi  cum  Hdcli- 
btts  quibusdam  procedit  et  ho- 
uorabiliter  suscepit. . . .  Igitur 
iubente  principe  fit  ubique  con- 
gregatio  gentis  Indomito,  per 
sanctam  episcopum  fitmt  et 
per  Buos  exoitatioiies  continue, 
conyertuntur  et  baptisantur 
alamni  patrie,  statuuntur  multis 
in  lociB  ecdesie.  .  .  .  Nec  hoc 
9ilefUiü  preUreundum  est,  , ,  , 
uxorem  eiut  tarn  irropinquan' 
Um  pariui  tali  voluit  viUone 
dioina  ^atia  contolari.  Äppa- 
mit  namqtie  Uli  beattti  Umia 
et  j^ii  fpfhomnrtjjr  Stephnnii$,  le- 
vUiei  hnhitiis  oniatits  insigiii- 
hus,  (jui  efun  (illoqui  talifer 
cepit:  conjide  hi  dumino  mutier 
et  ceria  eMo  u.  s.  w.  bib  Quo 
dich)  d ispnruU. 

§5.  Nabcitiir  intcrea  prc- 
diotiis  a  domiiio  lilius  principi, 
quem  sccuikIuih  prophctuiii. 
antc(^uam  in  utero  concipcretur 


passionem  et  gloriosam  .  .  . 
ad  orientalem  Ungaronim  re- 
gio nein  usque  diffusum  eM  .  .  , 
Cap.4.  Expergefac  t  iiö  pi  i  u- 
cepa  visione  stiipidus,  post  (?) 
seeuiu,  poöt  cum  ( 'lll•i^ti  tldeli- 
bus  suis  pr'rtractanH,  Deo  gra- 
tias  huniiJitir  egit.  Et  ecce 
nuntiatur  ei  beatum  Adalber- 
tum.  ]>ontifieom  noljemiao  ad- 
vt  iiturum  propter  cünversionem 
ipsius.  Oritur  laetitia  üovis 
Christi  militibus.  Diix  obviam 
tironi  Christi  procedit,  honora- 
biliterque  snseipit  Igitur  fit 
ubique  congregatio  gentiB  in- 
domitac  per  sanctam  episcopiini 
Adalbcrtnm,  fiont  exhortationee 
continuae^  oonvertuntor  ett>apti- 
santur  alumpni  patriae,  statuun- 
ttir  multis  locis  ecclesiae.  iVo- 
pterea  uxorem  ehu  Äthleidam, 
tarn  prapinquanism pariui,  tali 
tyUione  voluit  divina  gratia  con- 
solari,  Apparuü  namqu^  ei 
beatua  proUmmrtyr  Stephtmui, 
Zemftco  habiiu  omatua,  in  vi- 
aionibw,  (pti  eam  alloqui  tali' 
ter  coepit:  Conßde  in  dümino 
mulier  AthleidU  et  eerta  etto 
u.  s.w.  bis  Quo  diclo  disparuiL 


Cap.  4  (^Scliluss).  Nascitur 

interea  a  deo  i)rn<'(lictus  Hlius 

1      .    .  .  ' 
pniK'ipi.   quem,    antequam  in 

I  Utero   conciperetur,  dominus 


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333 

novit,  et  cui,  anUquam  noBce- 
reiur,  protomaiiiyr  8tephanu9 
nomm  mum  indidit  Hnae 
deo  dflectos  Adalbertus  episco- 
pus  etc. 

Cap.  8  (Schlusö)  und  Cap.  9 
(Anfang),  /f/em  quoque  rex  san- 
rfnsf,  solicitudme  regnlium  dis- 
jposUionum  occupatus  etc. 


dominus  novit,  et  cut  anitequam 
fUMMiseTetuf  per  proihomartyrem 
tuum  nomen  indidit.  Hone  do- 
mino  düectiis  Adalbertus  cpi- 
80opiis  etc. 

§  18.  Idem  quoque  rex 
heatits  sollicitudine  regaliwn 
'l  t.sj/asitionum  ocrnpattis  etc. 
bis  zum  Schlüsse;  durchaus  ein 
eigenthttinlicher  Zusatz  der  Vita. 

Ans  den  vorstehenden  Stellen,  die  sich  flhrigens  leicht 

vermehren  Hessen/  «;elit  es  klar  hervor,  dass  die  Chronik  mit 
der  V'iUi  iiartviei  Uberall  da  übereinstimmt,  wo  diese  der  Vita 
maior  folgt  odvr  ei<;enthUinlichc  Mittheilungen  bringt;  dagegen 
werden  die  folgenden  (Jitate  beweisen,  dass  die  Vorlage  des 
Schreibers  der  Chronik  keine  Berührung  mit  der  Vita  minor 
hatte.  Za  den  Citaten  aus  der  Vita  Uartvici  sei  bemerkt,  dass 
der  gesperrte  'Druck  Entlehnungen  ans  der  Vita  minor  kenn- 
seichnet 


Vita  U&rtvici: 

§  5.  .  .  .  Hune  domino 
dilectus  Adalbertus  episeopns 
crisnuüi  bapttsmate  secnndum 

crediüitatis  sne  veritatem  in- 
tinxit   et  suseeptor  suus  ipst- 
fttit.  Komcn  bibi  impositum  est 
Stephann«.  .  .  .  Strigoniensi 
vero  oppido  nativitatis  ex- 
ordium  habuit,  et  pner  ad- 
huc   scientia  grammatice 
artis  ad  plene  imbutus  est 
Crevit  infana  düigenii  et  regaH 
nutritos  educatn,  qui  transacta 
pueritia,  postquam  gradum  ado- 
Iciieentie  primura  ascendit,  con- 
vocatiä  pater  suus  Uungarie 


Cbrouik: 

Cap.4(SchIass). . . .  Unnc 
deo  dilectos  Adalbertus  episeo- 
pns cbrismali  baptismate  secnn- 
dum credulitatis  saae  virtutem 

inuiixit  et  ei  nomen  Ötephanus 
imposoit  Cre- 


vit inians  diligenH  nutritus  edu- 
catu,  quem  transacta  pneritia 

convoeatis  pater  suis  Ungariae 
primatibus,  post  se  rcgnami  uni 
populo  praefecit. 


*  Vgl.  die  ToHiOtidtge  ZvuemmenMlnng  der  betreffenden  Stellea  nnten 
ia  der  Studie  IL 


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384 


primatibttB  cum  ordine  sequenti, 
per  communw  conmlittm  eoUo- 

quii,  filium  suum  Stephanum, 
post  8c  rcgnaturum  populo  pre- 

^^Cl^*   •   •  • 

Die  Entlehnung  aus  der  Vita  HarfcWci  hört  also 
in  der  Chronik  knapp  Tor  dem  in  der  Vita  enthalte- 
nen Citate  aus  der  Legenda  minor  auf  und  setzt  sofort 
wieder  hinter  demselben  fort.  Wäre  in  der  Vorlage 
der  Chronik  der  Sats  aus  der  Legenda  minor  gestan- 
den; so  hätte  der  Chronist  denselben  sicher  abemom- 
men,  da  er  eine  sachliche  und  wichtige  Mittheilung 
enthält 


§  11.  .  .  .  Ipse  vero  rex 
episcopia  nuper  incepta  .  .  . 
familüs  et  redittbus  regaliter 
dlsposuit,  crucibus  et  vasis 
aliisquc  supellectilibus  ad  mini- 
Stenum  dei  pertinentibus  secun- 
dum  quod  unicuiquc  opus  fuit 
sufficienter  decoravit,  et  sin- 
gulis  annis  quamdiu  ad- 
vixit  munera  et  oblationes 
superaugebat,  ne  aliquid 
oxtrinsecus  quererent  etc. 

Die  Cliruuik  entnimmt  also  auch  hier  die  Schilde- 
rmv^  der  Tliilligkeit  Ste})hnns  der  Vita  Hartviei,  soweit 
dieselbe  der  Vita  maior  folgt,  bricht  aber  dann  mitten 
im  Satze  ab,  sobald  das  Citat  aus  der  Vita  minor 
anhebt 


Cap.  7.  .  .  .  Stephanus, 
Üugarorom  rcx,  episcopales  ec^ 
desias  amplians,  regaliter  dis- 
posnit,  crucibusquc  et  vasis 
allüsquo  supellectilibus  ad  minis- 
terium  dei  pertinentibus  secun- 
dum  quod  unicuiquc  opus  era^ 
sufficienter  decoravit  Tribus 
▼ero  post  etc. 


^5  18,  Idcni  quoqiie  rex 
heattis  sollicltudlne  regalhim 
dispn.slt  iuiimn  occupatvs  iem 
pii8  diuviiinv  r<>ll(i(jiiiiK  u.  s.  ^\ . 
bis  zum  Sclilusät.' :  hiandh  yrius 
8firmo)iihHs  quid  vidis^et  scis- 
rlUihatur,  poüi  retjiis  donis  eo 
diiato,  m  cui  patefaceret,  guodr 


Cap.  H  (Sehluss).  Idem 
quoque  rex  sanctiu  solicitudine 
i-egalium  dispositionum  occu- 
j>a(i/i<  f(uii)H8  dinmiim  rnllo- 
qiiiiis  II.  s.  w.  ])is  /.mu  Sehhis^se 
des  Ca}).  8;  dann  Cap.  1'  bis 
bland  in  prius  sermonibus,  quid 
vidisset,  scisciUibatur,  post  ne 


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r 


336 


adusque  ipse  rex  viveret,  in- 
temiinabatur  ei.  §  19.  Fama 
Hominis  sui  in  auribus 
multanim  gentium  soeula- 
rium  liitTusu  ii.  a.  w.  bis  zum 
Schlüsse  nis  (lü'p  Vita  minor 
mit  iiincuu  iitnu  ii,  eif^cnthümli- 
chen  Nachsätze.  §  20.  In 
beato  (juo(jUC  rege  consfait  apo- 
stolicum  illud  implctum  quod 
legitur,  quoniam  per  multas 
tribiilationes  a.  s.  w. 


cui  diceret,  duntic  ijtse  viveret, 
imperavit.  In 


beato  quoque  rege  constat  illud 
impletum  etc. 


Auch  hier  riberniiuiut  also  die  Chronik  ans  der 
Vita  Hartvici  Alles,  wns  diese  nna  der  Vita,  malür 
sehüpltc,  eiitluili  aber  nicht  da»  eingeseljobene  Citnt 
aus  der  Vita  luiiiur.  Dasselbe  bemerken  wir  in  den 
folgenden  »Stellen: 


§  21.  ...  Vix  unquam 
ad  risum  hvbiu  niovit  .  .  .  Sem- 
per sie  apparens  ae  si  ante 
tribunal  Christi  staret.  Interio- 
ribus  oculis  eins  prcsentiam 
viiltii  vrrtMidd  cttn-^piriciis,  Clii-i- 
Btiiui  in  orc.  ( 'hi-i>tinn  in  eorde, 
Cliri.stuni  in  cunctis  nctibus 
he  <:estjire  deinonstravit.  .  .  . 
§  2'2.  Post  non  multum  tem- 
poris  egrotationem  incur- 
rit,  qua  postmodum  cor- 
pore excessit  u.  s.  w.  bis  et 
adversus  eos  iudicio  locu- 
tus  digna  eo»  multavit  senieU' 
tia.  Tandem  per  nuBericordiam 
dei  dignus  eentnplicate  retribu- 
tioniB  bravio  tactus  febri  etc. 


Cap.  10.  ...  vix  unquam 
ad  risum  laliiu  niovit^  sed  Sem- 
per sie  ajjpareus,  ae  si  ante 
tribunal  Christi  staret.  lu  ura- 
tionibus  oeiilis  rius  praesentiam 
eon.spieiens,  <  'liri-tniu  in  ore, 
Cliristuni  in  conlc,  ( 'Iiristmn  in 
eunetis  aetibun  se  gcstare  de- 
monstravit.  Tan- 


dem per  miserieordiam  dei 
digntis  centuplicari  rctnbutio- 
nis  bravio  expectabat  etc. 


Aus  den  vorstehenden  Betraelitunf^cn  ergibt  sich,  dass 
CS  eine  im  Vergleiche  zum  Pester  Codex  ursprlingHchere  Form 
der  Vita  Hartvici  gab,  welche  wohl  die  der  Vita  maior  ent- 


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836 


sprechenden  Stellen  und  ebenso  die  di(3  Vitn  Ilartvici  charakteri- 
sireiidon  und  ihr  cis^enthUmlichen  Erweiterungen  utuI  Nach- 
richten enthielt,  sich  aber  mit  der  Xna  minor  noch  nicht  be- 
rührte. Von  allen  im  Jooster  Codex  l)ereits  vorhandenen,  ziemlich 
zahlreichen  und  zum  Theile  umfangreichen  Stellen  der  Vita 
minor  ist  in  derjenigen  Redaction  des  Hartwich'schen  Werkes, 
welche  der  Clironik  zu  Grunde  liegt,  keine  Spur  zu  finden. 
Pie  Ilartvici  eps.  Vita  s.  Stephan!  war  also  urs|)rünc:- 
lich  keine  Compilation  aus  der  Vita  maior  und  minor; 
sie  hatte  vielmehr  mit  der  letzteren  keine  Bertthrungs- 
punkte.^ 

3.  Es  erübrigt  uns  schliesslich,  die  Frage  Uber  das  Ver- 
hältniss  der  Vita  Hartvici  zu  der  Vita  maior  zu  erörtern.  ISiu 
bedeutender  Unterschied  in  ihrem  Alter  ist  sicher  nicht  anza- 
nehmen.  Wattenbadi  lüsst  den  Gedanken  zu,  dass  Hartwich 
möglicher  Weise  auch  die  Vita  maior  verfasst  habe.  Ander* 
seits  ist  er  geneigt,  eine  Priorität  der  Vita  maior  anzanehmen, 
während  Maresali  diese  als  einen  Auszug  aus  der  Vita  Hart- 
vici bezeichnet.*  Um  aber  zu  erkenneUi  dass  letztere  Ansfcht 
irrig  sei,  genügt  es,  eine  und  die  andere  Stelle  aus  der  Vita 
Hartvici  mit  der  Vita  maior  sn  vei^leichen.  Man  wird  immer 
finden,  dass  die  Unterschiede  zwischen  beiden  Fassungen  auf 
Erweiterungen  der  ersteren  gegenüber  der  zweiten,  nicht  aber 
in  Kttnsungen  der  zweiten  gegwUber  der  ersten  bestehen.  So 
ist  beispielsweise  in  der  oben  S.  333  angeführten  Stelle  aus  dem 

§  Ö  der  Vita  Hartvici  der  Satz:  et  cui  anieguam  wueerelur  

nomen  (ndidit  leicht  als  Einschaltung  in  den  Text  der 
maior  zu  erklären;  dagegen  wäre  es  unverständlich,  weshalb 
der  Schreiber  dieser  Legende  aus  einer  ihm  etwa  vorliegenden 
Vita  dcnfeclbcü  nielit  aufgenommen  hätte.  Ganz  ähnlich  ver- 
hält es  sich,  wenn  der  §  9  der  Vita  ilartvici  ebenso  wie  der 
§  9  der  Vita  maior  mit  den  Worten  Quarto  (quinto)  post  patris 


»  Wenn  also  Huber  /Mittli,  d.  Insf.  f.  r.siorr.  Oescliichf^f.  IV,  130  f.)  aus 
flf-iii  Umstände,  flass  im  ^^  der  \  ita  Hartvici  der  Ssii'g  Sttiy»hani§i  Uber 
die  Auf^täudigeii  xweimal,  nflmlich  Kunächst  nach  der  V  ita  maior  nnd 
dann  nach  der  Vita  minor,  en&ihlt  wirdf  den  SchloM  lOg,  ,d08  Hart- 
wieh  seinen  Bericht  aus  beiden  Legenden  maammengeeohweiBat  habe*, 
M  iat  dies  nnriehtigr.  Seine  Benericung  gilt  nur  vom  Pester  Codes, 
nicht  aber  von  der  ursprilugtichen  Vita. 

*  Vgl.  oben  8.  m. 


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4 


337 


obitum  anno  divina  commovente  (sie  voluntate)  dementia  an- 
hebt, die  diesen  Worten  in  der  Vita  niaior  unmittelbar  folgen- 
den Sätze  Ix  ncdictionis  fer^o)  aj)ostolice  literis  etc.  aber  erst 
im  §  lü  der  V  ita  Ilartvici  crscheint  n.  l  )tMi  bessten  Beweis  fllr 
die  Priorität  der  Vita  muiur  werden  wir  aber  im  Folgenden 
erblicken  dfirfen.  Wir  liaben  schon  fiilher  erwähnt,  dass  in 
der  Vita  Hartnci  die  Ansdrt\oke  regnnin,  (Uu-atus  etc.  zum 
Tlu'ilc  scliilrfcr  gestdii^vK'n  wurden  als  in  der  \'ita  maior  und 
minor;  hier  werden  nämlich  diese  Wörter  ohne  Rücksicht  dar- 
auf gebraucht,  ob  es  sich  nra  die  Zeit  vor  oder  nach  der 
Königskrönung  Stephans  handle,  während  in  der  Vita  Hartvici 
dieser  fehlerhafle  Gebrauch  wenigstens  an  zwei  Stellen  richtig- 
gestellt erscheint.  So  ist  in  der  Vita  maior  §  2  zu  lesen:  sta- 
tuit  (Geisa)  insuper  preeeptum  ceteris  christianis  regnum  suum 
intrare  Tolentibus  etc.;  hingegen  lautet  die  Stelle  in  der  Vita 
Hartvici,  und  zwar  nicht  nur  im  Fester  Codex  §  2,  sondern 
auch  schon  in  derjenigen  Bedaetion,  welche  der  Chronik  zu 
Qmnde  lag  (Cap.  3):  ducatum  sunm  intrare  volentibus.  Es 
ist  nun  wohl  denkbar,  dass  der  besser  untenrichtete  Schreiber 
der  Vita  Hartvici  an  die  Stelle  des  fehlerhaften  regnum  der 
Vita  maior  das  richtigere  ducatum  setste,  nicht  aber  dass  das 
Umgekehrte  stattgefunden  habe.  Somit  ist  die  Vita  Hart- 
▼ici  jünger  als  die  Vita  maior. 

n. 

Eiiilire  Bemerk iinjren  Aber  den  Fester  Codex  und  sein  i 
Verhültniss  zu  der  in  der  pohiiscli-ungarischdi  Chronik 
enthalteneii  ursprünglicheren  KtMlactlon  der  Hartvici  eps« 

Vita  8.  Stephanie 

Es  ist  bereits  an  eiiici-  früheren  Stelle  gesagt  worden, 
dass  der  Pester  Codex  das  Werk  eines  Schreibers  ist.  der  so- 
wohl iiiiabf?iehtliche  Fehler,  als  auch  vor  Allem  wiilkinlirlie 
Aenderurigen  sich  zu  Schulden  koruiin  ii  li.  ss.  Ks  würde  nun 
sicher  von  grosstein  Wcrtho  si-iii,  Itcsoiidcrs  die  ahBiehtliehen 
Aenderung'en  und  /usiit/j-  di  s  Sriircibers  dieser  liandschrilt 
festzustellen.  W  ürde  nun  die  Vorlage  des  Pester  Codex  be- 
kannt sein,  so  würde  die  angeregte  Untersuchung  nicht  bedeu- 
tende Schwierigkeiten  verursachen.   Da  aber  in  der  Chronik 


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338 


▼oM  eine  ältere  Redaction  der  Vita  Yorliegt^  niclits  jedoch  zar 
Annahme  herechtigt,  dass  diese  aach  anmittelbar  vom  Schrei- 
her der  Fester  Handschrift  benOtet  wurde,  so  entstehen  be- 
dentende  SebwierigkeitoD.  Hierzu  kommt  noch,  dass  in  der 
Clironik  die  ViUi  nicht  vollstiindip  erhalten  ist,  wodurch  die 
vergleiehendo  Hctrnclitung  ebenfalls  erschwert  wird.  So  wird 
denn  die  vollstilndiL'e  Lösung  <ler  oben  nngerei^^uii  i'ra^»'  /u 
nächst  wohl  uiuuöulicli  --in:  doch  scliciiit  »li<-  Untersuchung 
immeiliiii  »  iiiige  beiaerkt  iisvverlht  Krgcbr)i<s.'  zu  bieten. 

Die  lu'<lai'tion  der  ViUi  im  Pt  ^trr  Codex  weist  aiit  den 
ersten  WWck  dieierlei  Bestundtheile  aut:  1.  die  aus  der  Vhu 
maior  entnommenen  Stellen,  2.  Entlehnungen  ans  der  Vita 
minor  und  I^.  (endlich  die  »^ie  elinrakteri^in  ndrii  eiirenthflTn- 
liehen  Aenderungen  an  <len  vorgenannlen  Citaten  und  origi- 
uelle  Naeliriehten.  Die  Entlehnungen  aus  der  Vita  maior  und 
gewisse  eigenthllmliche  Mittheilungen  sind,  wie  wir  gesehen 
haben,  nach  d«  ni  Ausweise  der  Chronik  der  Kern  der  ur- 
sprünglichen Vita  Ilartvici  gewesen;  hingegen  sind  die  Stellen 
ans  der  minor  und  ebenso  möglicherweise  auch  neue  Aende* 
rungcn  und  Zusätsse  erst  spUter  hin/ug<'kommen.  Es  entstehen 
nun  die  Fragen:  1.  Ist  vielleicht  die  V'ita  minor  erst  durch 
den  Schreiber  des  Fester  Codex  in  die  ursprüngliche  Vita 
Hartvici  eingeschaltet  worden  V  und  ^.  was  gehört  von  den  der 
Vita  maior  und  minor  nicht  entlehnten  Nachrichten  bereits  der 
ursprünglicheren  Fassung  der  Vita  Hartvici  und  was  erst  der 
Kedaction  im  Fester  Codex  anV 

Die  folgende  Untersuchung  wird  es  versuchen,  diese 
Fragen,  soweit  dies  hei  den  oben  geschilderten  Schwierig- 
keiten möglich  ist;  zu  lösen. 

1.  Für  die  erste  Fr^ige  ist  die  Betrachtung  des  §  t]  der 
Vita  Hartvici  von  Bedeutung.  In  demselben  ist  nämlich  der 
§  5  der  Vita  minor  von  den  Worten  ceperunt  autem  (enim) 
urbes  eins  ...  ad  opus  sui  reservavit  (reservans)  unter 
Umständen  eingesehall»  i,  welche  den  dringenden  Verdacht  er- 
regen, dass  diese  Interpolation  erst  durch  den  Schreiber  dar 
Fester  llaudschrift  vorgenommeu  wui'de. 


'  Hierltoi  spJien  wir  tiatilrlicli  völlig  ab  von  «Ion  ganst  neueu  ZusJitien, 
wrJrli.-  in  (!lt  Au-^^mI-«-  ti.i  ri.irranus  f».'tt  jfedruckt  sind  und  erat  dorch 
oinu  spätorti  liAud  iu  deu  Poster  Codex  eiugetragen  wurden. 


.  kj:  i^cd  by  Google 


539 


Bt^trachten  wir  zunächst  diesen  Parapfraphen  in  Bezug  auf 
seine  Bestandtheile  und  seine  Nachricliten. 

Die  Worte  Kegnoqae  Paunonico  .  ,  .  subtrnliere  molie- 
batur  sind  der  Vita  maior  §  U  entnommen  tmd  ächildern  die 
AnfUn^e  der  Regierung  Stephans  bis  zum  Ausbruche  der  Re- 
bellion. Hierauf  folgen  die  Sätze  Ceperunt  enim  arbes  eius 
desolari  .  .  .  utrinque  decertavorunt,  welche  aus  dem  §5 
der  Vita  minor  herBtammen  und  das  Treiben  der  Aufstfindigen 
ficbfldem.    Dann  fol<^t  die  Schildemn«r  des  Sieges  Stepbans 
wieder    nach  der  Vita  luaiur:   (^uos  omnes  .  .  .  diötribiicndu 
romy)ulit.    Während   nun  die  Vita   niaior   mit  diesen  Worten 
deu  vi^  <»  schlicsst,  schildert  der  Pester  Codex  mit  den  der  Vita 
minor  ^  5  entnommenen  Worten  taudemque  .  .  .  meliora 
elegerat  nochmals  den  Sieg  Steplians  und  fUgt  sodann  eine 
Kacliricbt  über  die  Gründung  des  Martinsberger  Klosters  an^ 
welche  aus  der  Vita  maior  §  8  herrührt  (sed  qnoniam  etc.). 
Zu  merken  ist  noch,  dass  an  unserer  Stelle  —  §  6  der  Vita 
Hartvici  —  dieses  Oitat  aus  der  Vita  maior  durch  einen  Satz 
aus  §  5  der  Vita  minor  (nihil  ex  rebus  eorum  .  .  .  reser- 
vans)   und  tlberdies  durch  zwei  eijS^enthiindielie  Zusätze  (iihi 
öinictiiis  Marti)iu8  .  .  .  assiynaverat  und  couiitifueHii  .  .  .  daret) 
evwL-itert  iät  und  sich  im  §  8  der  Vita  ohne  diese  Zusätze 
wiederündet 

Ans  den  YOrstehenden  Bemerkungen  ist  der  auffallend 
angeschickte  Aufbau  des  §  6  der  Vita  Hartvici  leicht  ersicht- 
lich: Der  Sieg  Stephans  über  seine  Feiode  wird  zweimal  er- 
zfthlt,  und  zwar  zunächst  nach  der  Vita  maior,  dann  nach  der 
Vita  minor;  die  aas  dem  §  8  der  Vita  maior  aber  hierher  ver- 
setzte und  mit  dem  Satze  aus  der  Vita  minor  interpolirte  Stelle 
wird  später  in  demselben  Zusammenhange  und  in  demselben 
Para<]craphe,  in  dem  sie  in  der  Vita  maior  steht,  nochmals 
wiederholt.  Das  Unpassende  dieser  Fassung  haben  alle  jünge- 
ren Redactionen  der  Vita  iiartvici  gefühlt:  sie  Hessen  im  6 
die  der  Vita  maior  entnommene  Schilderung  des  Sieges  Stephans 
weg  und  haben  im  §  8  die  Stelle  quoniam  . .  .  episcopüs  nicht 
wiederholt^ 


^  Es  ist  bemerkeuHwerth  (vg'l.  die  Atisgabe  bei  Florianns),  class  bereits 
im  Pester  Codex  durch  die  Til^niiig  de^  die  Stelle  einleitenden  ({ut^niani 
deren  Wogffall  be^teichuei  zu  seiu  scbeüit.   Aeliiilicli  dürfUi  auch  im 

Archiv.  LIXli.  bd.  I.  U41it«.  113 


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I 


340 


Wenn  somit  nicht  Alles  trügt,  80  trigt  der  ^  6  des 
Pester  Codex  deutlich  die  Spuren  einer  ungeechickteD,  eben 
vorgenommenen  Umarbeitung;  dieselbe  ist  somit  dem  Schrei« 
ber  des  Pester  Codex  snznschreiben,  und  dieser  ist  es  aach^ 
der  die  Stellen  aus  der  Vita  minor  in  diesem  Para< 
graphe  interpolirte. 

Ob  nun  auch  alle  anderen  Stellen  der  Vita  minor  durch 
denselben  Schreiber  eingeschaltet  wurden,  Iflsst  sich  freilich 

nicht  nachweisen,  aber  es  ist  sehr  wahrscheinlich,  denn  man 
wird  kaum  unnehmtn  können,  dass  dieselben  durch  verschie- 
dene Schreiber  interpolirt  wurden. 

2.  Wir  geljinf^oü  nun  zur  Untersuebuug  der  zweiten 
oben  angeregten  Frage. 

lieber  die  Scheidung  der  (;igenthUmHchen  Nachricht^ 
u.  dgl.  des  Fester  Codex  in  solche,  welche  bereits  in  der  ur- 
sprünglichen Redaction  standen,  und  in  solche,  welcbe  erst  auf 
den  Schreiber  dieses  Codex  surUcksufilhren  sind,  gilt  offenbar 
zunftebst  Folgendes:  Alles  bereits  in  der  Chronik  w(hilicb  aus 
der  Vita  Citirte  oder  doch  irgendwie  Bentttste  gehört  bereits 
der  älteren  Redaetion  der  Vita  an;  wovon  sieb  in  der  Chronik 
keine  Spur  findet,  das  kann  entweder  in  der  Vorlage  gewesen 
sein  und  wurde  in  die  Chronik  nicht  aufgenommen,  oder  es 
gehört  einer  jüngeren  Redaction  an,  ob  jedoch  erst  der  Pester, 
muss  von  Fall  zu  Fall  nachgewiesen  werden. 

Zuiiiichst  Wüllen  wir  alle  jene  Stellen  zusaninicnstellen, 
in  denen  der  Pester  Codex  mit  der  Chronik  übereinstimmt,  die 
also  ])ereits  der  ursprünglichen  Redaetion  der  Vita  Hartviei  aii- 
gcliurten.  Die  vergleichende  Untcrüuchuiig  unifasst  dii;  §§  1 
bis  22  der  Vita,  da  die  Chronik  nur  bis  zum  letzteren  Para- 
Paraphe  dieselbe  benutzte.  In  »lirscn  Paragraphen  finden  sich 
nun  folgende  13  parallele  Stellen:^ 


§  23,  wo  die  Stelle  adFeniento  Tero  tempore  decUuatioiib  eto.  swetnel 
•teht,  doreh  Wegradirnng  der  drei  enten  Worte  der  Wiedei4ioliuig  deiea 
Aiu&ll  ftpgedetitet  worden  aetn.  Qegenwirtig  stehen  almlieli  diese 
Worte  zwar  wiedpr  an  «lom  Itt  tn  fTiMKleu  Orte,  aber  mit  anderer  TÜDle 
^OFicIinohen  und  auf  ciiu-r  liasiir,  .ilsi>  wohl  von  späterer  fiand  BßQßT- 
ding»  nachgetrat^ni.  Vpl  Florian  um  I,  t>4,  Note  12. 
*  lieber  die  typographiKcbe  Wiedergabo  derselben  vgl.  oben  8.  331 
and  3S8. 


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341 


Vita  HartTiei: 

§  1.  Omne  datiim  .  .  . 
diffusum  est.  Vgl.  das  gauzc 
CiUit  oben  S.  331  f. 

§  2.  Ea  siquidem  tempes- 
täte  (pia  (fem  prefaUt  dei  ec- 
clesiam  depopulabatur  erat  in 
C'i  })rinecps  quidam  q^tarfus 
ab  iiJo  etc.  —  Geisa  wird  liier 
also  gegenüber  der  Nachricht 
in  der  Vita  maior  fquintus;  vgl. 
oben  S.  329)  alä  der  vierte 
nach  Arpad  bezeichnet. 

Ebenda.  Statuit  insuper 
preceptum  cimctiB  cbristiaois 
dwsa^m  saum  intrare  volenii- 
bua  etc. 

§  4.  Expcrgcfactus  prm- 
cepe  .  .  .  Quo  dicto  diaparuit. 
Vgl.  das  ganze  Gitat  oben  S.  332. 

§  5.  Nascitur  interea  .  .  . 
suum  nonien  indidit.  Vgl.  das 
ganze  Citat  oben  »S.  33!?  f. 

Ebenda.  Crevit  iutans  di- 
liijenti  ei  regali  uutritus  edii- 
catu  etc. 

§  9.  Quarto  post  patris 
obltum  anno  etc.  .  .  . 

£benda.  .  .  .  divina  com- 
moyenta  dementia  eundein 
Aßtricum  pruuUm  etc.  Eraäh- 
lung  Uber  die  Gesandtschaft  an 
den  Papst  um  die  Königskrone. 

§  13.  In  diesem  Para- 
^jrraplien  wird  die  Erbauung  der 

Kirche  in  Stuhlvveissenburg  und 
die  Vorrechte  derselben  geschil- 
dert. Unter  Anderem  hei»bt  e« 


Chronik: 

(Praefatio).  Omne  datum 
.  .  .  diffusum  est.  Vgl.  das 
ganze  Citat  oben  8.  331  f. 

Cap.  3.  In  diesem  Capitel 
wird  Jes8e  =  (iei&a  ebenfalls  als 
vierter  FUrst  der  Ungarn  auf- 
gezählt: Aquila^  Cohimauus, 
Bela,  Jesse.  Dass  in  den  Na- 
men grobe  Irrthümer  vorliegen, 
ist  filr  unsere  Untersuchung 
gleichgiltig. 

Ebenda.  .  .  .  cunctis  chri- 
stianis  dueaium  suum  intrare 
▼olentibus  etc. 

Cap.  4.  Expergefikctos 
princeps  .  .  .  Quo  dido  dia- 
paruii.  Vgl.  oben  S.  332  das 
ganze  Citat. 

Ebenda.  Nascitur  interea 
.  ,  ,  liijuuin  saaiii  indidit.  Vgl. 
duii  Citat  oben  S.  332  f. 

Ebenda.  Crevit  infaus  di- 
liymti  uutritus  educatu. 

Cap.  ö.  .  .  .  Q^arto  post 
obituni  patris  anno  ete. 

Ebenda.  .  .  .  divina  com* 
movente  dementia  ÄBtricum 
prciesulem  etc. 

Cap.  7.  .  .  .  taliqtM  eam 
liberttxte  eorrobortwtt,  ut  nuUus 

archiepiscoporum  vel  episcopo- 

nun  in  e,a  cuiunquö  iurisdictio- 
nem  habebat  etc. 

23* 


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342 


daselbst:  nullus  episcopus  vel 
missam  celebrandi  vel  cuius- 
Übet  epiitcopalie  oßdi  exercendi 
8ihi  licentiam  tLSurparet^ 

§  18.    Idem  quöque 
beatU9  soUicUudine  rrrjalium 
.  ,  .  deacmdere  ßmjitahaU 

Ebenda.  Quod  cum$eduU> 
tfiritualls  d/ttid^rii  freqamta- 
rei  officio f  nocUt  ptadam  templo 
dei  hn^  remoio,  descenderat 
quippe  cum  illo  tuo  magno  et 
nobUi  comiUUu,  fixU  UnioriU 
in  eampe9tri$  amplUudiniM  loco, 
eeterif  sopore  depreiaisf  turgtnt 
a  leeio  etc. 

§  20.  Cuiiu  (sc.  Henriei) 
anima  ip9a  transitus  sui  hora 
cuidam  episcopo  Grecorum  gan- 
eie  conwftationia  viro  revela- 
tum  est,  deferri  per  angelos  ad 
cell  paUitia  .  .  . 

§  22.  .  .  .  Ubi  per  nnnos 
plures  dominm  per  ij>si(is  nie- 


Cap.  8.  Idem  quoque 
deteendere  ßagitabai. 


Cap.  9.  NocU  igitur  fua- 
dam,  cum  aestatis  Umpore  in 
campe$tribuM  fixis  Untorii§  gtor 
rent,  oeUrit  iopori  deditis,  9ur' 
gens  a  leeto  etc. 


Cap.  11.  Quidam  autem 
episcopus  Graeeorum  tandae 
conmi'giotiis,  in  ipaa  iramiitu 
mi  hora  auditit  animam  §aneii 

Stcphani  (!)  in  coelum  defet' 

reiitem  per  angelorum  choros  

Ebenda.  Snepe  harmoniae 
supra  sepuIchruDL  eins  audie- 


rita  iiinltis  iiic<})>n)io(/'i  patienti-  '  haniiw  angelorum,   saepe  la 


hns.ffJn- [<  itaiitibiis,!!  fßict lone m 
t  t  iuiacri'Uii  anam  proclnnif/vti- 
bu8,  iudichi iiupie  portaut ihns 
heneßcla  prisfiftf  inniniwra. 
Sepe  per  iioctem  uh  fotJin  nintus 
angeliri  a  miiliis  andiebantnr, 
odoris  suavissimi  dulccdo  per 


Itailt'f  ardentes  in  atr*  rid, 
hdiifiir,  inuJfonim  vero  i>iirri. 
qui  in  infirrniiate  aua  tiiLS  Ii- 
mhiihus  devovehanf  II  i\  vni.r  tif 
perrenifibanf,  curuhmitur  au.ri- 
lianfi'  domino  nostro  Je*u 
Christo. 


latera  templi  ditpergebatur. 

Alle  diese  angefUlurten  Stellen  und  Nachrichten  mttssen 
also  in  der  ursprünglichen  Redaction  der  Vita  Hartvici  gestan- 
den haben.  -  Doch  darf  man  hierbei  Folgendes  nicht  übersehen: 


^  MAresali  (8.  17)  hat  al0o  mit  Heclit  vermitthet»  du»  die  Atuftthnu» 
gen  fiber  die  Itochte  der  Stuhlwelneubnrger  SatbednUkireiie  ytm  Hart- 
wich herrllbreR. 


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S4S 

Die  CShromk  filhri  nicht  aDe  EnUehnimgen  wörtlich  an,  yiele 
▼erkUfst  sie  hedentend.  Wenn  also  Ton  den  oben  citirten 
Steilen  im  Pester  Codex  manche  eme  weitläufigere  Fassung 
hat  (2.  B.  §  13),  eine  andere  (§  20)  dasselbe  Ereigniss  von 
venchiedenen  Personen  ersählt  u.  dgl.,  so  ist  eine  sichere  Ent- 
soheidung,  ob  eine  Erweiterung  im  Pester  Codex  oder  eine 
Kttnmng  in  der  Chronik  stattfand,  ob  der  Fehler  in  jenem 
oder  in  dieser  stecke  etc.,  sehr  schwierig. 

Gans  ähnlich  verhält  es  sich  mit  vielen  derjenigen  den 
Pester  Codex  charakterisirenden  Stellen,  welche  in  der  Chronik 
gar  nicht  berührt  werden.  Auch  bei  diesen  ist  es  schwierig, 
7Ai  entscheiden,  ob  sie  sehon  in  der  ursprünglichen  Fassung 
standen  und  von  der  Clirouik  nicht  berücksichtigt  wurden, 
oder  ob  sie  erst  neue  Zusätze  sind.  Bei  manchen  dieser  Stellen 
ist  ^'liU- kl  icherweise  die  Frage  ohne  vielen  Bclane",  weil  es  sich 
in  'Iriäselben  nur  um  den  sprachliehen  Ausdruck  oder  um 
riiiascn  handelt.  Der  Vollständigkeit  wegen  führen  wir  auch 
rin  si  im  Folgenden  .in.  Im  Ganzen  sind  16  Stellen  zu  be- 
traeiiten.  Ein  V  zeifjft  an,  dass  sich  über  die  Convenienz  der 
Stelle  nichts  Bestimmtes  sagen  liisst. 

Schluss  des  §  1.  Quody  qualiter  et  quando  facium  sif, 
$Hli  officio  memorie  cotnmendare  congruum  duximus.  Phrasen.* 

Anfang  des  §  2.  Ea  siquidem  tempestate  qua  gens  pre- 
faia  dei  eceUnam  depoptdabaiur,  ,  ,  .  Statt  des  blossen  ytunc' 
in  der  Vita  maior.  ?  . 

Schinss  des  §  5.  .  .  .  apad  se  cepit  meditari^  qualiter 
$ubitetum  $ihi  populum  uniiu  dei  etUtui  manciparet,  sed  quia 
p^rpend^at  id  abtque  vidnarum  gentium  eonfederatitme  ßeri 
minime  fo»8e,  §  6  regnoque  pannonico.  .  *  .  Die  Worte  qua- 
Itter  —  jMMte  stellen  den  Uebergang  von  der  ans  der  Vita 
minor  entlehnten  Stelle  zu  dem  aus  der  Vita  maior  entnonmie- 
nen  §  6  her;  unter  der  Voraussetsung,  dass  die  Einschaltangen 
aus  der  Vita  minor  auf  den  Pester  Schreiber  surttckzuführen 
seien,  rOhrt  auch  unsere  Stelle  von  ihm  her. 

Ebenso  ist  im  §  6  im  Citate  aus  der  Vita  minor  die 
Aenderung  des  regalis  der  minor  in  ein  ducalis  auf  den 
Pester  Schreiber  zurttckzuführen. 


*  Der  Gedanke,  diese  wie  ähnliche  andere  Phrasen  dem  Schreiber  des 
Fester  Codex  beizulegen,  Uegt  nahe,  bleibt  aber  doch  mir  Vermathnng. 


344 


In  deiDBelben  Pangrapbe  sind  die  Sitae  (ubi  Moncliu  — 
anignaverai  und  am$Hiuen$  —  dartt),  welche  an  die  ans  §  8 
der  Vita  maior  entlehnte  Stelle  geknüpft  sind,  Zusitae  des 
Schreibeis  der  Fester  Redaction.  VgL  oben  S.  3S9. 

§  7.  ...      donativiM  94mcU  ducu  .  .  •  ? 

§  8.  predicium  vero  nod  tublimamt  sind  nach  meinen  Ans- 
fUbmngen  in  den  Beitragen  znr  ungarischen  C^eschichte,  S.  79  ff., 
ganz  neue  Zusätse,  die  in  den  Pester  Codes  erst  wieder  nm 
spttterer  Hand  eingetragen  worden. 

Im  §  11  sind  die  Worte  tarn  videlicet  ipsam  archiepi- 
gcopaleni,  quam  omnes  episcopales  eccltsias,  amplissimam  sin- 
gulis  assignang  diocesim^  et  unicuique  Semper  preßciens  ido- 
neum  presulem  eine  ziemlich  bedeutungslose  Sj)L'cificinin}^  der 
aus  der  Vila  maior  licrrUhrenden  Worte  episcopia  nupcr  iucepta; 
sie  dürften  wohl  vom  Poster  Schreiber  herrühren,  der  in  diesem 
rarai^raphen  gleich  darauf  eine  ähnliche  Bemerkung  aus  der 
Vita  minor  inteqK)lii"te. 

Der  §  12  ist  in  der  Oliroiiik  niclit  beleprt;  e«  ist  aber 
kein  Ornnil  vorliaii(l(»n,  dens»  IbiMi  als  neuen  Zusatz  zu  be- 
trachten: nur  die  Worte  mpe  dictus  seheint  der  SehreibiT  des 
Pester  Codex  in  Folge  eines  Versehens  eingeschaltet  zu  haben. 
Man  vergleiche  hierilber  Kaindl,  Beiträge  sor  älteren  ungari- 
schen Geschielit«',  S.  83. 

Der  Scbluss  des  §  19  quod  ob  terrorem  incneimdum  relt- 
^i»,  zelü  cum  iu^ticie  fecisse  credendum  est  etc.  steht  im  An- 
schlüsse an  ein  Citat  aus  der  Vita  minor  und  rührt  daher 
offenbar  vom  Schreiber  der  Pester  Redaction  her,  welcher  mit 
diesen  Worten  Stephan  wegen  seines  strengen  Urtheiles  an 
rechtfertigen  sucht 

Dasselbe  gilt  von  den  ebenfalls  an  ein  fthnliches  Citat 
aus  der  Vita  minor  geknüpften  Worten  im  §  22  digna  eot 
muliavit  sentonh'a. 

Im  §  38  scheinen  die  beiden  Zusätse  interiectiB  iU^qw 
XLV  anni»  .  .  .  ad  dominum  conv0rti$äent  und  9ed  ut  o»ten- 
deret  .  .  .  niehil  ante  ponderit  habuitset  Einschaltungen  der 
Pester  Redaction  an  sein.  Der  Aufbau  dieses  Paragraphen  ist 
nämlich  folgender:  einer  Stelle  aus  der  Vita  maior  folgt  der 
erste  oben  erwähnte  Zusatz  und  diesem  wieder  das  0tat  aus 
der  Vita  maior  adveniente  yero  tempore  .  .  .  querradum;  dar- 
auf folgt  der  aweite  Zusata  und  auf  diesen  aus  der  Vita  maior 


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345 


nochmaiä  die  8tciic  advciiientc  etc.  Die  Wiederholung^  dieser 
langen  Stelle  in  demselben  Paragraphe  scheint  nicht  aus  blos- 
sem Irrthum  durch  Doppeltschreiben  hervorgegangen  zu  sein; 
sie  ist  vielinehr  wohl  durch  den  Vorgang  beim  Interpoliren 
veranlasst  worden.  Zunttchst  schrieb  der  Interpolator  die  erste 
Üinschalttmg  und  beschloss  das  Capitel  mit  der  Entlehnung 
aus  der  Vita  maior;  hierauf  fligte  er  die  zweite  Einschaltung 
hinsa  und  setzte  nun  wieder  den  Schlnss  aus  der  Vorlage  hin. 
Da  die  in  den  jüngeren  Redactionen  übri«,^ens  bereits  getilgte 
Wiederholung  ^  natürlich  erst  auf  den  Pester  Schreiber  zurüek- 
zuführt-n  ist,  so  niuss  er  auch  der  Interpolator,  wenn  schon 
nicht  beider^  so  doch  der  zweiten  Erweiterung  sein. 

§  ^4.  .  .  .  Quorum  tamm  aliqua,  quia  cuncta  non  pos- 
»wmu,  innotescere  satagimus  .  .  .  ? 

Der  Schluss  des  §  24'  kia  interendum  videtur  etc.  ist  als 
jüngerer  Zusatz  schon  durch  die  Anfangsworte  gekennzeichnet 
und  steht  überdies  auf  einem  besonders  eingeklebten  Bhitte. 
Ob  derselbe  von  dem  Schreiber  der  ganzen  Handschrift  her- 
rühre oder  jünger  sei,  ist  nicht  bekannt." 


'  VfTl.  auch  oben  S.  331»,  Anni.  1. 

'  Bei  Florianas  1,  66  ist  hieraber  aicbts  bemerkt. 


An^egebeu  am  22.  Juni  1894. 


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Ausgeirehon  am  22.  Juni  J 


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Archiv 


ftir 


l 

österreichische  Geschichte,  o 

'f, 

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Jn  Commission  bei  F.  TK.MPSKY,  UucliliändU-r  <l"'r  kais.  Aka«!««!!!!«» 

der  Wissiinschat'tcn. 


norausfroofeben 


von  der  zur  Pflege  vaterländischer  Geschichte 


anfs^estelltoii  ('ommission 


kaiserlichen  Akademie  der  Wissenscliaften. 


Klnan«lMolitxifr«ter  HMnd. 

Zweite  Hälfte. 

Mit  zwei  T  a  fo  1  n. 


Archiv 


für 


Isterreichische  Geschichte. 


Herausgegeben 

von  d»r 

zur  Pdege  vateriänditsclier  Geschichte  auigestellteu  (jummissioi) 

<l«r 

kai»erlii'heii  Akademie  der  Wisbeiibihatten. 


Einundachtsigster  Band. 

Zweite  U&lfte. 
Mit  iwei  Tafeln. 


^  Wien,  1895. 

In  CoDimiHsion   bei  F.  Tcmpflky 


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SIGMAR  UND  BERNHARD 

VON 

KllEMÖMÜNSTEK 


KRrriSCH£  STUDIEN 
tv  r»tv 

GESCHIUHTSQUELLEN  VON  KB£MSMÜNST£R 

IM  Xlll.  UND  XIV.  JAHRHUNDERT. 

TOM 

D'*  J.  LOSERTH, 

FROrtMO»  »nt  aMOBICRTB  AM  DIR  SAM.  rRANZm-innVBUITtT  n  OIAS. 

MIT  ZWEI  TAFELN. 


ArchiT.  LXXXI.  Bd.  II.  IliUrte. 


24 


Einleitung. 


Vor  Bweiundzwanzig  .Tahren  erschien  meine  Ausgabe  der 

Geschiclitsquellen  von  Kremsmllnster  im  13.  und  14.  Jalirlnui- 
derte.   Einem  glücklichen  Umstände  danke  ich  es,  dnss  icli  die 
Studien,  die  ich  damals  abgeschlossen  wähnte,  im  veiHussenen 
Sommer  wieder  aufnehmen  konnte.  Und  das  war  mir  sehr  will- 
kommen ^  denn  bald  nach  dem  Erscheinen  dieser  meiner  Erst* 
lingsarbeit  fand  ich,  dass  die  Resultate^  zu  denen  ich  nament* 
lieh  in  Bezug  auf  das  Verhältniss  der  Randnoten  im  Wiener 
Codex  610  zu  dem  Autograph  des  sogenannten  Bemardus  Nori- 
cus  (Kremsmttnsterer  Codex  401)  gelangt  war,  keineswegs  so 
ganz  gesichert  seien,  wie  ich  vordem  angenommen  hatte.  Schon 
damals  hegte  ich  den  Wunscli,  eine  neuerliche  Untersuchung 
des  Gegenstandes  in  Anprriff  zu  nehmen  und  ilir  das  Original 
des  sogenannten  Bernanius  s(  Ibbt  zu  Grnnde  zu  legen,  denn 
meine  Ausgabe  ruhte  nicht  auf  dieser,  sondern  auf  einer  Copie, 
die  mir  zur  Verfügung  gestellt  wurde,  und  die,  wie  ich  nach- 
tiiglich  ersah,  doch  nicht  immer  correct  war.   Daraus  erklä- 
ren steh  einzehie  Irrthtkmer  und  unrichtige  Angaben  in  die- 
ser Ausgabe.   Der  Aufenthalt  an  einem  weit  entlegenen  Orte, 
die  Unmöglichkeit,  die  gesammten  zu  diesen  Studien  benöthig- 
ten  Materialien  dort  untersuchen  zu  können,  IVagen  zu  er- 
örtern, über  die  man  nur  in  Kremsmünster  selbst  Auskunft 
erhalten  konnte,  zwangen  mich,  diesen  Gegenstand  voilauüg 
zur  Seite  zu  legen.    Geraume  Zeit  hernach  erschien  eine  Ab- 
liandlung  von  Georg  Waitz  unter  demselben  Titel,  den  ich  au 
die  Spitze  dieser  Blätter  gestellt  habe,  ^  und  nicht  lange  darauf 


*  PondraDgen  snr  dentschen  Geaehichte»  XX.  Bd.,  8.  605—616. 

24» 


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350 


eine  Anfigabe  von  seiner  Hand  im  XXV.  Bande  der  yMonn- 
menta  Qermaniae^ 

Waits  kam  in  den  wesentlichen  Punkten  za  anderen 
Resoltaten.  Während  ich  der  Meinung  war,  daas  Alles,  was 
der  Wiener  Codex  610  an  KremsmOnsterer  Sachen  enthalte^ 
auch  dort  geschrieben  sei  and  mit  Ausnahme  der  Randnoten 
▼on  dem  Qrosskellermeister  Sigmar  herrtthre,  der  denn  auch 
die  dem  sogenannten  Bemardus  Noricos  zugeschriebenen  StQcke 
Tcrfasst  habe,  fand  Waitz,  dasa  der  in  610  enthaltene  Katalog 
der  Aebte  von  Eremsmttnster  ursprünglich  und  im  Wesentlichen 
wohl  Sig^mars  Werk  sei,  freilich  nicht  in  der  jetzt  vorliegenden 
Gestalt,  dass  die  Randnoten  daselbst  keinesfalls  aus  401  stam- 
nuMi.  (lass  010  und  401  so  viele  Widerspruche  enthalten,  dass 
sie  in  keini'in  Kalk;  vou  einem  \ \tiasser  herrlihren,  dass  der 
Verlasist  r  von  401  zwar  (UO  und  einen  Theil  der  dort  befind- 
lichen Randnoten  benutzt,  die  anderen  aber  selber  einpretrag'en 
habe,  dass  endlich  der  Autor  von  4()1  Bcrnardus  sei.  derselbe, 
der  seit  Aventin  Hornardu;>  X<)ricus  lieisse.    i*^i^'nnir  könne  nh 
Verfasser  dieser  Stücke  unisowt'niirf'r  an^fselien  werden.  ;ü»  er 
\29H  wahrseheinlieh  gar  nicht  mehr  unter  den  Lebenden  weilte, 
während  der  Autor  von  401  noch  bis  132r>  fleissiir  arbeitet.  Eä 
fehle  daher  aller  Grund,  dem  Sigmar  eineu  Platz  unter  den 
Historikern  des  Mittelalters  anzuweisen,   und  andererseits  sei 
kein  Grund  vorhanden,  das  Zeugniss  Avcntins  und  einer  Mün- 
chener Handschrift  (dieselbe  ist  aber  nicht  älter,  ja  wahrschein- 
iich  viel  jünger  als  Aventin  selbst,  was  Waitz  hätte  hinzu* 
Algen  können)  zu  verwerfen»  die  einen  Bemardus  als  VerfiMser 
der  uns  erhaltenen  Schriften  nennen. 

Diesen  Ergebnissen  Rechnung  tragend,  hat  aueh  die  neue 
yon  Waits  Teranstaltete  Ausgabe  dieser  Quellen  im  XXV.  Bande 
der  jMonumenta  Germaniae'  ein  ganz  anderes  Aussehen,  und 
wird  Sigmars  Name  als  Autor  auch  nur  einer  der  in  Bede 
stehenden  Schriften  gar  nicht  erwähnt 

Den  Resultaten,  au  denen  Waita  gelangt  ist,  kann  ich 
weder  im  Ganzen,  noch  in  den  einielnen  Theilen  beitreten. 
Waitz  hat  sunttchst  den  Zweck,  dem  die  Arbeiten  in  610  su 
dienen  hatten,  verkannt,  und  dies  deswegen,  weil  er  die  ande* 
reu  handschriftlichen  Materialien  von  KremsmOnster  aus  der 
Zeit  des  Abtes  Friedrich  TOn  Aich  unberücksichtigt  gelassen 
hat.   £r  hat  jene  Stellen,  die  ganz  aweifellos  Sigmar  als  den 


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351 


Autor  mindesteiiA  des  Abtskataiogcs  von  610  bezcichuun,  zu 
gering'  j^oAchtet  und  ttbcrschcn,  dass  ausser  dem  Abtskataloge 
mindestcus  auch  noch  das  Annivcrsiirienverzeichnisy  von  ihm 
herrührt.  Audi  soinc  Angaben  über  den  luu  12i)b  erfolgten 
Tod  Sigmar's  sind,  wie  mau  den  unten  iulgendeii  Bemerkun- 
gen über  d&ä  Todb  nbuch  entnehmen  wird,  nicht  blos  iinwahr- 
si-lieinlieh,  sondern  geradezu  unriehtiir,  womit  der  Hauptgrund, 
an  Sigmar  als  Autor  dieser  Stücke  zu  zweifeln,  liinwegfüUt. 
Auch  die  von  ihm  betonten  Widersprüche  zwiselien  (JIO  und 
401  sind  entweder  nur  selicinbar  solehe  oder  lösen  sieh  auf, 
wenn  man  die  verseliiedcnen  Zwecke  im  Auge  behalt,  die  in 
010  und  401  verfolgt  werden.  Auch  sonst  bedürfen  manche 
Angaben  der  Richtigstellung.  Wenn  Waitz  S.  (506  sagt,  dass 
im  Cod.  610  zum  Jahre  1304  eine  andere  Hand  eintrete,  so  ist 
das  unrichtig,  wie  ein  l^lick  in  die  unten  folgende  erste  Tafel 
ergibt  Die  dort  (2.  Columne,  Zeile  5  von  unten)  stehenden 
Worte:  ^utus  tempore  anno  domini  1304  computatis'  etc.  sind 
▼on  der  nändichen  PTand  eingetragen,  die  auch  das  Vorher^ 
gehende  geschrieben  hat,  freilich,  wie  man  dem  Originale  ent* 
nimmt,  zu  anderer  Zeit,  mit  anderer  Tinte. 

Unter  solchen  Umständen  schien  es  mir  zweckentsprechend 
zu  sein,  die  ganze  Frage  nochmals  in  ihrem  vollen  Umfange 
aufieuroUen  und  hiebei  die  Originale  zur  Grundlage  der  Untere 
suchung  zu  machen.  Ich  kann  mir  nicht  schmeicheln,  die  ein- 
schlägigen Fragen  mit  unbedingter  Sicherheit  gelöst  zu  haben, 
namentlich  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  woher  Aventin  und  die 
dem  16.  Jahrhunderte  angehOrige  Handschrift  (die  wohl  den- 
selben Ursprung  haben)  ihre  Kunde  von  Bemardus  erlangt 
haben,  aber  um  einen  guten  Schritt  dürfte  die  hauptsächlichste 
Frage  ihrer  Lösung  nähergerlickt  sein.  Jener  aber,  dem  die 
unten  folgende  Begründung  der  Autorschaft  Sigmars  für  die 
Werke  dos  Cod.  401  nicht  zwingend  genug  erscheinen  sollte, 
wird  ihm  wenigstens  du  Rechnung  tragen  müssen,  wo  man  es 
crwiesenermasson  beanspruchen  darf 

Dass  ich  in  die  einsehl.i^igen  Originale  Einsieht  nehuieu 
koiHite,  danke  ich  der  ausserordcntHchcn  Liberalität  des  hoch- 
wurdigen  Ables  von  Kremsmünster,  Leonhard  Achlcuthner,  der 
selbst  ein  ausirt  /j'ielinetcr  Kenner  der  hier  bt  liamlelten  Gegen- 
stände ist.  leli  konnte  den  Cod.  401  nielii  lilos  in  Krems- 
münstcr  einschen,  sondern  auch  hier  in  Graz  mit  den  beiden 


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352 


Codd.  610  und  375  der  Wiener  Hofbibliotbek  ▼ergleichea. 
Leider  war  die  Urkunde  von  1292,  die  Sigmars  Namen  trigt, 
nicbt  au&nfinden.  Zum  ScbloMe  sei  mir  gestattet,  dem  boch> 
würdigen  Herrn  Abte  Leonbard  Aebleutbner,  dem  BibHotbekar 

von  Kremsmünster,  Herrn  P.  Hugo  Scbmid,  der  mit  seinem 

reichen  Wissen  mich  freundlich  unterstutzte,  dann  dem  Director 
der  k.  k.  Hofbibliothek,  Herrn  HoiVaili  W.  v.  Härtel,  cudlich 
dem  Director  des  liicsijren  Landesarchivs,  Herrn  Regierung^ 
rath  J.  V.  Zahu,  für  vieliaelH'  Förderung  dieser  Studien  Dauk 
zu  sagen.  Er  gebührt  aueh  dem  Herrn  P.  Altmann  Altinger, 
der  mich  in  das  seiner  Bearl)ciiung  und  Ausgabe  auvertraate 
Nekrolog  Einaioht  nehmen  liess. 


§  1.  AUi^emciiie  Bemerkungen  Uber  die  literariHche 
Tkätigkeit  in  Kreuismftnster  unter  dem  Abte  Fried- 
rieh Ton  Aieh. 

VoB  KreiD&mflnster  sind  an  der  Wende  des  13.  und  in 
den  ersten  zwei  Jahraehnten  des  14.  Jahrhunderts  einige  histo- 
rische Arbeiten  aasgegangen,  welche  die  Österreichische  Qe* 
echichtschreibnng  der  nächsten  Jahrhunderte  stark  beeinflusst 

haben.   Von  diesen  Werken  kommt  nicht  allen  derselbe  Werth 
zu:  während  die  Erzählung  von  dem  Entstehen  und  Wachs- 
timme und  von  dem  Ruine  der  Kremsmünsterer  Kirche  zu  den 
schönsten  Klostergeschichten   des  ganzen  Mittelalters  gehört, 
sind  die  einzelneu  Theile  der  Uistoria  Cremifanensis  als»  solche 
and  in  ihrer  Gesammtheit  wenig  bedeutend.    Und  dennoch 
waren  sie  es:  der  Katalog  der  Passaaer  Bischöfe^  die  Hersogs- 
liste  von  Baiem^  jene  von  Oesterreich  a.  s.  w.^  die  sich  grosser 
Beliebtheit  erfreuten.   Durch  sie  sind  nicht  wenige  sagenhafte 
Ztige  erst  festgese&t  worden,   lieber  die  Pers<Snlichkeit  des 
Verfassers  aller  dieser  Aufzeichnungen  ist  man  in  neuerer  Zeit, 
namentlich  seit  den  letzten  Bemerkungen  G.  Waitz'*  und  der 
Ausgabe  in  den  ,Monumentis  Gennaniae*,  mehr  im  Unklaren 
als  jemals  früher;  denn  wenn  Waitz  auf  der  einen  Seite  sagt, 
(^as3  die  Abfassung  des  Abtskataloges  in  dem  Wiener  Codex 
610  zweifellos  auf  den  GrosskeUermeister  Sigmar  von  Krems- 
münster zurttcksuführen  sei^  so  hätte  man  andererseits  gewiss 
erwarten  dürfen^  dass  diese  Autorschaft  auch  irgendwie  in  der 
neuen  Ausgabe  der  |Monumenta  Germaniae^  deutlich  angemerkt 
worden  wäre.    Man  darf  aus  diesem  unsicheren  Verhalten  des 
jüngsten  Herausgehers  dieses  Kataloges  den  Schluss  ziehen, 
dass  ihn  seine  Untersuchungen  zu  keinem  völlig  gesicherten 
Eigebnisse  über  die  Frage  nach  dem  Autor  der  StUcke  des 


'  Fonehungen  wax  detttocb«n  Geecliiclite»  XX,  606^619.  Hon.  Oerm.  Hirt. 
Script  XXV,  610  ff. 


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354 


Cod.  610  gefilhrt  haben.   Am  diesem  Grunde  nui^  es  an*  1 
gemessen  erscheinen^  wenn  wir  hier  der  Sache  eine  bretlore  1 
Behandlung  zuthefl  werden  lassen,  als  es  uns  vor  sweiund-  1 
swanzig  Jahren  mOgUch  gewesen.  Vielleicht  wttrde  man  den 
strittigen  Fragen,  um  die  es  sich  hier  handelt,  firflher  auf  den 
Grund  gekommen  sein,  wenn  man  den  Ausgangspunkt  der 
Untersuchung  von  einer  um&ssenderen  Würdigung  der  in  jeder 
Besiehung  bedeutsamoD  Thtttigkeit  des  Abtes  Friedrieh  Ton 
Aich  genommen  hfttte.  Vielleicht  gelingt  es  uns,  auf  diesem 
Wege  die  Streitfragen,  wenn  auch  nicht  ganz  zu  lösen,  so  doch 
ihrer  Lösimg  näher  zu  bringen. 

Von  welcher  Seite  man  aiu-h  an  die  Verhalinissc  Krems- 
münsters  in  jenen  Ta^en  herantritt,  überall  begegnet  man  den 
Spuren  einer  ausserordentlich  erfolerrcichen  Wirksamkeit  des 
Abtes  Friedficl»,  un<l  <lie  Worte,  mit  denen  die  beiden  Abts- 
kataU)i:e.  sowohl  der  des  Wiener  Codex  610  (Siijinar),  als  aueh 
der  des  Kremsmünstorer  Codex  4Ui  (Bernardus)  über  öcine 
Thätigkcit  berichten,  sind  noch  lan^e  nielil  ausreichend,  um 
das   völlig   zu   erschöpfen,    was    er   für  IlerstcUuntr  der 

mönchischen  Zucht,  die  Erwerbung  neuer  Kircheuschätze  und 
die  Erhaltung  der  alten,  für  Kirchenbauten,  die  Ordnung  der 
Besitzverhältnisse  u.  s.  w.  gethan  hat.  Er  verstand  es  wie  selten 
Jemand,  für  die  grossen  Arbeiten,  die  seiner  Kegiemng  Yor^ 
bohalten  wsrcn,  die  rechten  Krätze  zu.  gewinnen.^  Von  dieser 
herrorragenden  Wirksamkeit  Zentren  noeli  heute  die  beiden 
prächtigen  Urbarbüchcr.  1 Copialbuch,  das  dem  einen  Urbar 
angefügt  ist,  das  Nekroiogium,  das  auf  seinen  Befehl  neu  an- 
gelegt wurde,  und  so  viele  andere  Werke,  die  auf  seine  An- 
regung surUcksufÜhren  sind.  Leider  ist  von  diesen  Manches 
und,  wie  es  den  Anscheüi  hat^  nicht  Unwichtiges  yerloren  ge- 
gangen, während,  was  hier  auch  gleich  angemerkt  werden  mag, 
schon  damals  Einiges,  wie  z.B.  das  ältere  Todtenbuch,  als  (durch 
die  Auflegung  eines  neuen)  veraltet  beiseite  geworfen  wurde.  | 

*  Steh«*  Uertber  anch  Loveas,  Deutodüandi  Q<«oluchl»qii«lka  im  Mittel* 
aller  I,  217,  und  Tli.  Hagn«  Dm  Wirken  der  Benediktiserabtei  KreiDf 

.  mÜMUter  für  Wissenschaft.  Kunst  und  Jugendbihluiig,  S.  31.    Zu  dieiea 

\\'.Mk(  ii  koiiuut  jft/t  iiocli  h.  At"lil«'iithm>r .  I>a!<  älteifto  Urbarium  v<mi 
Kremsmiliistor,  Fosts«  lirift  ans-  Anlrtü»  de«  1  It'OjHhrig^en  Jubiläums,  8.1 
u.  IT.  Die  Hhere  Literatur  i.>$t  voliatäudi^  vur-mcUuet  in  Lurouz,  QeKuhtciits- 
quellou,  a.  a.  O. 


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365 

Don  giüBSten  Eindruck  machen  auf  den  Besucher  des 
Stiftes  noch  heutsutage  die  grossen  BücherschAtse,  deren  An- 
lage und  OrdnuiijjT  auf  diesen  thatkräftifren  Mann  zurllckzu- 
führcn  ist.^  Was  im  KaUtlogc  der  Aebte  liierübcr  gesagt  wird, 
ist  duichaiis  zutreffend:  Jlera  multos  et  solciiij)ne9  libros  äcribi 
fccit  de  imisica  atque  textu,  scilicet  tria  missalia,  integrum  vero 
quartum,  uuum  evangeliariumy  unum  epistolarium;  matutionalem 
de  tempore  unum,  altcnim  de  sanctisi  duo  officialia^  tria  anti- 
phonaria  in  sex  voluminibus,  tria  gradualia.  .  .  /  Nun,  das 
waren  Bücher,  die  in  der  Sacristei  hinterlegt  wurden;  nicht 
geringer  war  die  Zahl  jener,  die  wissenschaiUichen  Zwecken 
dienten:  ,totam  hihliaro  in  quatuor  voluminihus,  Sentencias  Petri 
et  Scolastteam  HiBtonam,  Registmm  Gregorii,  Sentencias  Isidori 
(  t  De  Doctruia.  cordis  in  iino  voluniine,  Gregorium  super  Can- 
lira   et  Tsidorum   buper  Kptaticmn  in  uno  (voluinine'),  unum 
Ubruui    de  posse<?sionii)us    et  privilcgiis  ecclesie  (der 
Codex  Fridericianus  A),  alterum  item  de  possessionibus, 
de  ecclesiis  ac  decimis  (der  Codex  Fridericianus  B),  Regu- 
lam  sancti  Benedicti  cum  martyrologio,  Josephum  in  duohus 
Toluminibus,  duo  paria  hymnorum';  gewiss  eine  stattliche  Zahl 
neu  angefertigter  Bttcher.  Wir  sind  heute  noch  in  der  erfreu- 
lichen Lage,  diese  Angaben  des  Eremsmünsterer  Hauschronisten 
bestätigen  zu  können,  denn  die  meisten  von  den  »genannten 
Schriften  sind  noch  du  und  vci-kiiudigen  den  Kuliia  des  hoch- 
sinniiren  Abtes.  Dies  im  würtHcheu  Sinne,  da  bei  eiiiiircn  Biiehern 
ausdrüeklieh  ani^emerkt  wird,   dass  sie  auf  liefehl  de.-^  Alues 
geschrieben  wui'doü.  Auch  das  Jahr,  wann  dies  geschah,  wird 
hinzugefügt. 

So  finden  sich  die  oben  genannten  Werke  Gregorius  super 
Oantica  etc.  im  Cod.  37  der  Stiflsbibhothek.  Hier  heisst  es  auf 
Fol.  189:» 


*  Mit  Keclit  st  hreil)t  Hru.soliiiis,  Chronicon  mon.  CL-nturia  secunda,  p.  IGÖ: 
,Kri(leriru,s  nobilis  do  Aycli,  <\\ü  rnopit  arliaiuistniie  .  .  .  1273,  }ir:iecepit 
ö7  ;iunis,  iiisi^nis  b  i  b  1  i '>  t  h  e  c  .-i  e  a  u  ^- m  o  u  ta  t  u  r,  sud  tit  aliarum  ceiiu- 
bii  püiä*essi.(iiiun-*  Kettoiiiiaclier ,  Aiiiialt'.s  inuiiasterii  C'reuiif.,  p.  2U8: 
,BibUothocaiu  itiuki»  librt»  uiixit.*  Iii.  Uagn,  Dai»  Wirken  der  Bone- 
^ctinerabtsi  Krommifiiiatari  S.  49. 

*  El  ist,  was  schon  hier  bemerkt  werden  mag,  dieselbe  Hsnd,  die  den 
Codex  FjridericiiWQs  nnd  alle  nnter  dem  Namen  des  Bemardas  ^henden 
Selurillea  gesehiiebea  hat 


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6b6 

,In8truit  ist«  libt*r.  «t  Icctor  crimine  über 

Sit  btiue  moroäuä  hc  ad  mala  qu^oe  moroeuB.^ 

yScriptuB  est  anno'domini  1312  tempore  Friderici  abbatis  anno  XL 
minus  1/  Die  andere  oben  genannte  Scbrift  Isidors  u.  a.  w.  iit 
vier  Jabre  später  gcscbrieben :  ,Explicit  tractatus  firatris  Tbome 
de  prcparacione  cordis,  coinpilatns  eirca  annnm  domini  1280, 
scriptos  vero  anno  domini  1B16  tempore  domini  Friderici  abba- 
tis,  ordinacionis  sue  anno  XLII  apostolica  sede  Tacante  et  Pata- 
Yiensi  tanto  tempore  viduata  et  tmperio  in  duos  reges  diviso/ 

Wenn  es  endlich  im  KatAlofjc  der  Achte  hcisst:  ,ac  pliires 
alios  scrihi  fV-cit',  so  ibt  auch  «liosi;  Tliaisache  bc'zeii|^i.  Der 
Chronist  h  a,  wie  es  scheint,  hlos  jene  Hiicher  hesonders  her- 
ausgcliohen.  d'ia  tVir  das  Kloster  Kremsmünster  eine  grössere 
Bedeutung  heaiispiut-hcn,  wie  den  Codex  Fritlerieianus,  «l«'r 
später  unter  einem  anderen  Titel  noelnnals  ^^enannt  wuci^  oder 
die  durel)  ihre  Grösse  und  schöne  AustUlinin;^  besüuders  her- 
vorstachen; denn  einij*c  dieser  Werke  sind  von  einem  selten 
grossen  Formate,  gut  um  ein  Drittel  höiier  und  breiter,  als  e;« 
sonst  selbst  grosse  FoHanten  zu  sein  pflegen,  und  alle  von  einer 
wahrhaft  künstlerisehen  Ausstattung.  Ich  hebe  hier  nur  die 
Bibclbilnde  heraus,  von  denen  der  Chronist  spricht,  den  ^JosephuB 
in  duobus  voluminibus'  und  die  ^colastica  Uistoria'. 

Diese  Prachtwerke  sind,  was  gleich  hier  angefUgt  werden 
magy  von  einer  anderen  Hand  gcschri«  hen,  als  jene  Schriflen 
aufweieen,  die  dem  sogenannten  Bemardus  Noricus  zugehtfreo. 

Von  diesen  Schrillen  wird  zunächst  zu  reden  sein. 

§  '3.  Der  Codex  Fridericianns. 

a)  Das  Urbarinm  des  Abtes  Friedrieh  Ton  Aiek 

Tn  (  Hier  Zeit,  wo  mnn  allerorten  daran  ging,  Urbare  anzu- 
legen, rolL,'te  nuui  auch  in  Kremsmünster  dem  g-egebenen  Bei 
spiele  naeh.  Hier  erwies  sich  die  Anlage  eines  sulehen  als  eine 
der  dringendsten  Aufgaben:  sollten  die  Uebelstilnde  in  der  Ver- 
waltung des  Stiftes  sich  nicht  bis  ins  Unerträgliche  steigern,  so 
mu88te  nicht  blos  rasch,  sondern  auch  nachhaltig  ans  Werk 
gegangen  werden.  Und  dass  dies  geschah,  davon  legen  nahesn 
alle  in  jenen  Jahren  in  Kremsmünster  verfassten  Schriften  Zeug- 
niss  ab.   Nahezu  alle  sind  geradezu  unter  dem  Qesichts* 


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357 

punkte  der  Kogciun«^  nnd  FeststcU iiufr  dcb  liesitzea 
a])Lref;isst  worden.  Selbst  die  Anlage  des  Todtenbuelies  diente 
in  letzter  Linie  diesen  Zwecken,  und  ohne  diese  wäre  man 
kaum  an  die  Abfassung  jener  historischen  Arbeiten  ^geschritten, 
die  an  die  Namen  des  ürosskeilermeisters  Öiginar  und  des  so- 
rrenannten  Bcnmrdus  Noricus  geknüpft  sind.  Mit  Altaich,  dem 
Muttcrkloflter,  hatte  KremsmUnster  seit  seinem  Bestehen  nahe 
Besiehangen.  Dass  jenes  mit  der  Abfassung  eines  Urbars  vor* 
angegangen  war,  wirkte  aufmunternd  auf  dieses.  Von  zustän- 
diger Seite  ist  mit  £echt  bemerkt  worden/  dass  es  das  Alt- 
aicher  Urbarium  war,  das  dem  von  KremsmUnster  zum  Vorbilde 
gedient  bat  Gewiss  erkannte  der  Abt  schon  beim  Antritte 
seiner  Regierung'  die  Nothwendigkeit  einer  Festsetzung  der 
Besitzverhldtmsse  und  Becbtstitel  hiezn;  unter  den  Brüdern 
drängte  der  Prior  Hartwig  auf  die  AusAlhmng  des  wohl  schon 
seit  längerer  Zeit  bestehenden  Planes.'  Der  Convent  erwog, 
dass  man  bei  der  Lage  der  Dinge  gar  nicht  wisse,  welche  Be- 
sitsungen  and  Einkünfte  dem  Kloster  angehören,  von  wem  die 
Giebigkeiten  su  leisten  und  welchen  Wohlthätern  man  au  ewi- 
gem Danke  verpflichtet  sei/  Gerade  weil  die  Besitatitel  nicht 
▼öllig  gesichert  seien,  kOnne  es  gesehehen  und  ist  es  auch  in 
der  jüngsten  Zeit  noch  geschehen,  dass  dem  Kloster  gehörige 
Besitzthümer  von  fremder  Hand  besetzt  worden  seien,  wozu 
nicht  wenig  die  Unachtsamkeit  der  Besitzer  selbst  beigetragen 
habe.  Diesen  UebclstHndi  n  imisse  ftlr  alle  Zeiten  vorgebeugt 
werden.  Das  könne  nur  so  geschehen,  dass  man  alle  Meier 
nnd  Colonen  des  Stiftes  zusammenrufe,  beeide  und  unter  An- 
drohung^ der  Entfernnnnf  von  ihrem  Gute  verpflichte,  anzu- 
geben, was  ihnen  in  Bezii^*-  auf  die  bisher  su  sehr  vernach- 
lässigten Rechte  der  J^ürche  bekannt  sei. 

^  Leonard  Acbleuthner,  D&a  älteste  Urbarium  von  KremsmUnster.  Wien 
1877,  8.  IX. 

*  Die  Worte;  ,ex  aMumptf  regiminis  debito  oobortati*  lusen  fast  «tkranf 

schliesBen. 

*  ,Circa  annum  domini  1300,  tempore  dnmini  Friderici  abbatis,  ordinacionis 

f<!i»>  ?iTiii«<  XVVI  con'^ilin  convcntns  pt  pre<Mpue  Hertwii-i  prüin«!  ac 
iinpcno  eutödeiu  abbatis  etc.  .  .  .*  KremsmUnsterer  Qe^cbichto^uelleD) 
ä.  18. 

*  »Conddenintes  redditua  «e  fHWMasionea  .  .  .  nee  ex  11IH0  scripiaro  monn- 
nentb  diieere  poMe,  que  peucflalones,  quid  aolvere  debeuit  .  .  .*  Aeh- 
leuthner,  L  c.,  S.  4. 


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aö8 

Diese  Arbeit  aoBsufÜhren^  wurdeo  swei  Hftnner  auserlesen, 
von  denen  mindestens  der  eine  sieh  in  den  Priyflegien  des 
Stiftes  schon  einigcrmassen  auskannte:  ein  GeistKcher  and  ein 
Laie,  jener  der  Grosskellermeister  Sigmar,  dieser  der  Hof- 
richter Dietrich.*  Sie  erhielten  die  gemessene  \Voij?un'X.  in 
Bezirke  des  Stiftes  zu  ziohcn  und  von  Allen  und  Jedem  ganz 
genau  in  Kxl'uhrung  zu  bringen,  was  man  zu  wissen  noth- 
wendig  hatte.  ,So  ist  es  geschehen,*  sagt  der  Prolog  zum 
,Liber  por-scs.siouuni',  ,dass  man  die  Namen  der  (dem  Stifte 
gehörigen)  <  )rto,  die  Lage  der  einzelnen  Besitzungen  und  die 
Beschaffenheit  und  (Tnisse  der  Einkünfte  vollständig  kennen 
lernte.'  Wie  Avcit  sie  sich  liiebei  auf  das  ältere  Besitzregister 
stutzten,  ist  ^ehwnr  zu  sngen.^ 

Slixmar  war  es,  der  in  (iemeinschafl  mit  den  Meiern  der 
dem  ►Stifte  gehörigen  Höfe  und  von  den  Bediensteten  des  Stif- 
tes begleitet,  diese  Arbeit  durehf\ihrte.  Er  legte  ein  genaaes 
Verzeichniss  aller  dem  Stifte  gehörigen  und  zukommenden 
Besitze  and  Rechte  an,  das  dann  im  Laufe  der  nächsten  Jabre 
in  eigenen  Bänden  besser  angeordnet  wurde:  ,8criptam  nobis 
attulit  nostromm  redditutun  totam  summam,  immo  pocios  reli- 
quias  remm,  que  raptorum  manus  effugere  eontingebant,  qui 
deinde  in  voluminibus  sunt  melius  ordinati.' 

In  solcher  Weise  entstanden  die  beiden  Exemplare  des 
Urbariums,  wie  sie  heute  noch  vorliegen.  Vollendet  waren  sie 
im  Ganzen  und  Grossen  im  Jahre  1304/  doch  konnte  es  nicht 
fehleui  dass  noch  in  den  beiden  nächsten  Jahrzehnten  zaU* 
reiche  Nachträge  eingezeichnet  werden  mussten.  Von  den  bei- 
den Exemplaren  zeichnet  sieh  das  eine  durch  seine  Grtae  und 
seine  feinere  Ausstattung  vor  dem  zweiten  aus,  welches  letztere 


*  .  .  qaMdsm  de  lubieetia  nobw  penonis,  fratrem  sdlicet  ßi^nianiflif 
tnne  oelleiariiuA  de  monachis  et  Ditricum  preposttnm  ex  laicis  de  eoa* 

Btlio  nostri  coiiventus  etegimus  ad  hoc  ipsum,  qui  onniea  distrietas  bostroc 
perHmbtilantes  et  de  fpiihnf^libet  inquirendis  diligtJiicius  rcqnirputes  ad 
nostram  deferrent  iiuticiam  iiniver«a  '  Prr>Ii>rr  /mrj  ,Lihor  {losäeteionum*- 
'  Ibid.:  ,Hiuc  factum  Q»t,  iit  uuuuuh  lucurum,  situ«  posso^siunum  et  reddi- 
taom  qualitaten  cam  qiwntaUte  pleoarie  diMeremur  .  .  .* 

*  ,Et  «bbine  iio»ti«  eccle«ia  videtor  abbato  carnisae,  ut  patet  iu  regütro  d» 
poAseMionibni»  quas  Araoldiu  dux  vendicavit.*  Men.  Oerm.  Hist  Script 
XXV,  8.631. 

*  .Itom  anno  domini  1304  .  oompnüitis  rcdditihuj»  ecclesie  hactenU!« 
iieglöcti»  et  iu  scripta  reduutiii  iuvuuta  suut  da  XVlll  ufficüa  .  . 


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369 


wohl  ,dem  jeweiligeB  Verwalter  der  StifUerakllnfte  als  Hand- 
exemplar dientet  ^  Inhaltlich  unterscheiden  sich  die  beiden 
Exemplare  nur  wenig  und  fast  nur  in  Bezug  auf  die  allerdings 
nicht  seltenen  Nachträge;  der  Hauptunterschied  ist,  dass  die 
Reihenfolge  der  Geld-  und  Naturalabgaben,  welche  die  einzel- 
nen Meier  zu  leisten  hatten,  in  beiden  Exemplaren  verschoben 
ist.*  Da  eine  Beschreibung  der  beiden  Biicher,  eine  Schilde- 
rung: dtiT  Einrichtung  des  Urbariums  und  eine  sachgemiisse  Er- 
klärung einiger  im  Urbarium  erwähnten  Giebigkeiten  von  sacb> 
kundiger  Seite  vorliegt,  so  wird  weiter  unten  nur  noch  Uber 
das  Verhältnisa  des  Urbanums  au  den  eigentlich  historischen 
Schriflen  Kremsmttnsters  au  handeln  sein. 

Im  Stifte  fand  die  Arbeit  die  verdiente  Anerkennung. 
Auf  diese  Arbeit  darf  man  wohl  eine  Notiz  im  Kataloge  der 
Aebte  beziehen :  ,Item  quidam  ex  suis  profcssis  monachus  forma- 
vit  quciulnm  librum  de  feodatariis,  ministerialibus,  censualibus, 
fiscalinis,  quem  ort  um  ecclcsie  nominavit/  Dieser  ,Hortus 
ccclesie*  ist  zweifellos  das  Urbar  der  Kirclie,  denn  die  ron 
jenem  gegebene  Inhaltsangabe  ,Iibcr  de  feodatariis'  etc.  fitinunt 
saclilich  ganz  mit  dem  Inhalte  des  Urbariums  überein.  Auch 
in  diesem  best  man  Fol.  46:  ,Uec  sunt  feoda^  que  nobis  domi< 
uns  Hugo  de  Morspach  ex  suis  proprits  possessionibus  pro 
ecclesie  nostre  dampnis  rcsignavit  et  a  nobis  in  feodo  acce- 
l)it  .  .  /  lieber  die  Oensuales  siehe  im  Urbar  Fol.  45^:  ,De 
censu  ecclesiarum',  und  auch  die  Fiscalini  werden  an  vielen 
Stellen  genannt.' 

,Hortus  ecclesie'  —  solche  Hezeielmuiigcu  liebte  man  im 
Kloster.  Man  besass  einen  Codex,  den  man  den  ,Liber  vitae' 
nannte,  und  von  dem  es  im  Copialbuche  Fol.  66'*  heisst:  ,Nota 
quod  in  libro  Annalium  nostrorum,  qui  dicitur  Libcr  vite, 
habetur,  quod  homines  ibidem  residentes  cum  suis  posteris  de 
denint  ad  censum  quinque  denarios.^  In  diesem  Sinne  wird 
der  ,Liber  vitae'  httufig  citirt 


*  Aclilenthner,  L  c,  p.  XXUL 

*  Ebprifla. 

'  Ebenda,  8.  9. 

*  «Siehe  den  Excurs. 


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360 


h)  Der  Liber  privüegiorum. 

Die  Angabe,  die  Sigmar  sugefiülen  war»  war  mit  dem 
Absuchen  der  einselnen  Berarke  doch  nur  soni  Theile  ent 
er^t   Der  Bchwierigere  Theü  lag  we  anders.   Er  hatte  die 
Privilegieii  des  Stiftes  zu  sammeln,  ordnete  sie  zuerst  nach  d«r 
Zeitfolge,  setzte  darnach  fest,  unter  welchen  Aebten  sie  aus- 
gestellt waren,  und  benutzte  hiebei  eine  Abtsliste,  die  er,  wie 
weiter  unten  ausgeführt  werden  wird,  aus  den  Privilegien  selbst» 
ans  CShroniken  und  TodtenbUchem  in  mttheyollBter  Weise  zu- 
sammengebracht hatte:  ,Qui  dum  ordinem  datonuu  privilegio- 
ram  et  quorum  abbatum  tempore  essent  data,  vel  nttmOTm 
eorundem  quereret,  nequaquam  perfecte  poterat  invenire,  verum 
tarnen  sicut  potuil  ex  privileiriis  et  ex  chroiücis  ac  ex  defuneto- 
rum  calendariis  colligcrc  aimotavit  .  .  .'    Die  Kuimtniss  der 
einzclueii  Privilegien  hat  er  sich  in  langjährigem  Studium  er 
worben.   Von  (h  u  Privilegien  waren  viele  verloren  gegangen. 
Die  Passaiicr  liiscliöt'e  luitun  einzelne  zugleich,  wie  man  in 
KreniömUnstcr  klagte,  uiit  den  Besitzungen  au  sich  genommen. 
Schon  vordem  waren  viele  in  der  Ungarnnoth,  andere  durch 
Brand  zugrunde  gogjuiüen.    Solchen  Verlusten  sollte  gleichfalls 
für  alle  Zeiten  vorgebeugt  werden,  und  zu  diesem  Zweekc  licss 
der  Abt  Friedrich  in  dem  zweiten  Theilc  jenes  Prachtbandea, 
der  das  Urbar  enthält,  auch  die  nunmehr  im  Kloster  vorhan- 
denen Privilegien  niederschreiben.  In  dem  für  das  Urbar  und 
den  jLiber  privilegiorum'  gemeinsamen  Prolog  sagt  er,  nach' 
dem  er  der  Thätigkeit  Sigmars  und  Dietrichs  gedacht:  ,Venim, 
quia  impium  esse  iudicaviraus»  si  anime  eorum  qui  hec  contole- 
ranty  epcratis  oracionum  stipcndiis  frandarentur,*  votorum  nostro- 
mm  affeccio  perrexit  ulterius,  indagare  videlicet  omnia  nostre 
ecdesie  privilegia,  que  in  tota  bibliotheca  poterant  repe* 
ririy  quamvis  vix  reliquie  remanscrint  ablatis  pocioribus  a  pre- 
donibus  tarn  domesticis  quam  hostibus  alienis.  Quoniam  auten 
instituimus  de  ipsis  rebus  verba  non  perdere  intellecta,  qae- 
libet  inquisita  prout  sunt  cognita»  ne  unquam  a  memoria  foge- 

^  Aus  dieser  Notis  poht  kl.ar  hervor,  dAM  auch  ^ie  Anlage  des  neuen 
Todtonbnc'lipf*,  von  dem  Nsoitcr  unten  gespmchen  worden  »oll,  mit  der 
Iv('tr<'lniig  dor  lieKitzverlinltnisäe  zus.nmmBnIi.Hnpt.  Man  soll  wifweii,  vrs-' 
man  besitzt  und  wer  ea  gegeben,  damit  dem  Verstorbenen  der  ver 
hdasene  Lohn,  die  FOrbitte  bei  Gott,  nicht  vorenthalten  werde. 


36t 


rent,  primo  loco  huius  tractatas  scriptorum  vincnlo  per  ordinem 
iuaaimas  innodari;  dehide  privilegia  qne  rayenimiia  sabfiequenter 
feeimna  registrarit  ni,  dum  ex  Kbris  pia  pioram  facta  memorie 
snperatitiuii  recitantiir,  propter  misericordie  opera  et  oraoionum 
anffragia,  ipsonun  misericordinm  anime  in  eterna  vivant  memo- 
ria ante  Denrn/ 

Und  so  heisst  es  Fol.  50:  Jncipiunt  capitula  huius  libri. 
Auno  domiui  1302  coHecta  sunt  et  registrata  ecclesie  nostre 
privilegia  niiivcrsa,  quc  tune  in  nostra  bibliotheca  poterant  iu- 
venii'i  tempore  dommi  Friderici  abbatis  .  .  /  * 

Ge8chriel)en  ist  der  ,Liber  privilegiorum'  von  denuelben 
Schreiber,  der  das  Urbar  geschrieben,  doch  davon  wird  weiter 
unten  zu  handeb  sein.  Hiei:  genttge  vorläufig  die  Anmerkung, 
dasB  am  Rande  des  Textes  sahireiche  Koten  stehen,  die  wort- 
getreu mit  solchen  historischen  Aufzeichnungen  übereinstimmen, 
die  in  Kremsmttnster  damals  mehrfach  gemacht  worden  sind, 
wjp  sie  sich  beispielshalber  im  Cod.  610  der  Wiener  Hofbiblio- 
thek so  häufig  finden. 

Dieser  Thätitrkeit  des  Abtts  P'n.  drich  wird  im  Katalojife 
der  Aebte  rühmend  gedacht:  ^unum  librum  de  possessionibus 
et  privilegüs  ecclesie  (das  ist  der  Codex  Fridericianus  A),  alte- 
rum  item  de  possessionibus,  de  ecclesiis  et  de  dccimis  (das  ist 
das  zweite  Exemplar  des  Urbariums)  scribi  fecit.' 

Dass  der  Abt  mit  der  Anlage  des  Codex  Fridericianus 
auch  Zwecke  der  Pietät  verfolgte^  wurde  schon  angedeutet. 
Mehr  tritt  diese  Sache  im  Todtenbuche  dieses  Abtes  «utage. 

§  S»  Bas  Todtenbaeh  des  Abtes  Friedrieh  Ton  Aich. 

Wie  die  anderen  berühmten  Klöster  der  Nachbarschaft 
besass  auch  Kreinsmünstcr  ein  Todtenbuch,  das  sich  nicht  blos 
durch  die  Beichhaitigkeit  der  hierin  verzeichneten  Namen,  son- 
dern auch  durch  sein  hohes  Alter  auszeichnete.   Es  gewährt 


^  Gedruckt  sind  die  einselnen  fltfieke  des  Codex  FrideticUniiB  in  Vrknn- 
dmbncibe  nm  Kremsmüiuter,  herausgegeben  tod  Theoderich  Hago, 
Wien  1868.  Man  Iseee  sieh  aW  darch  die  dort  angewendeten  T^pen 

*  nidit  ineAhrent  als  wire  der  Codex  Frideridanns  in  dieser  Schrift  ge* 
schrieben.  Bin  guter  Abdruck  der  Schrift  findet  sich  nuf  den  heidon 
Tafeln  der  Achlenthner'when  Ansgrabo  des  Urbarinms.  Auf  die  Tafel 
Nr.  2  will  ich  noch  weiter  unten  sorfickkommen. 


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362 

dem  Forscher  eine  wahrhafte  Befriedi^npf,  in  diesem  Buche, 
▼on  dem  sich  jtinpfstens  Trümmer,  freilich  recht  dürftige,  vor- 
gefunden haben»  eine  Fülle  altdeutscher  Namen,  darunter  nicht 
wenige  eehr  selten  vorkommende^  zu  lesen.  Da  die  Krems- 
mttnsterer  Todtenbücher  demnächst  genaaer  wis<;enscfaafUich 
antersncht  und  der  weiteren  Forschung  zugänglich  gemacht 
werden  dOiÜen,  so  genUge  hier  nur  noch  die  Bemerkung,  daas 
der  Raum  in  diesem  filteren  Todtenbncbe  nicht  mehr  fbr  viele 
Namen  ausreichte.  Auch  mochte  sich  dessen  AnUge  schon  an 
und  fQr  sieh  als  weniger  passend  erweisen,  kurz,  indem  man 
einmal  eine  vollstllndige  Nenordnnng  in  allen  Dingen  vornahm, 
welche  die  Aufkeichnmig  der  Rechtstitel  und  BemtaverhäUnisse 
des  Klosters  betrafen,  ging  man  aach  daran,  jenen  Persönlich- 
keiten für  alle  Zukunft  gerecht  au  werden,  denen  das  Kloeter 
zu  Dank  verpflichtet  war.  Es  wnrde  daher  unter  dem  Abte 
Friedrich  ein  neues  Nekrolog  angelegt/  das,  auch  wenn  man 
die  Namen  aus  dem  alten  dahin  ttbertrug,  fUr  lange  Jahre  ans- 
reichen  konnte.  Dieses  Todtenbuch,  in  einigen  Thoilen  leider 
recht  beschädigt  und  namentlich  auf  der  letzten  Seite  zum 
Thc'ile  unlcsrrlith,  liat  sit-li  ürluiltcü.  Das  alte  ging  nun  ein 
und  wurde,  vielleicht  noch  in  der  Zeit  des  Abtes  Friedrich,  zu 
Einbanddeckeln  benützt.  Vielleielit  lässt  ein  freundliches  Ge- 
schick uueii  die  noch  fehlenden  Trümmer  an  den  Tag  treten. 
Wie  metliodisch  man  bei  der  Anlage  des  neuen  Todtcnbiiches 
verfuhr,  ^whi  man  auü  versehiedenen  Andeiitnn£ren.  Auf  dem 
letzten  lilatte  tiuden  sich  längere  Erörterungen  über  die  ver- 
seliicdenen  Arten  vuu  Wuhlthätcm,  denen  das  Stift  verpflichtet 
sei:  ,Quidam  enim  absolute  sua  remedia  contulerunt,  quidam 
distriete:  qtiibus  sunius  ()nini))us  debitores.  Ulis  .  .  .  dcbemus 
comnninieare  omnia  bona  nostra,  taui  communia  quam  privata, 
que  eis  secundum  meritum  prosunt.  .  .  .  Ulis  vero  qui  distriete 
.  .     tenemur  reddere,  que  emerunt' 

,Honim  namque  quidam  sua  hona  legnverunt^  nt  eomm 
memoria  inter  mortuos  perpetuo  recolatur.  Quidam  vero,  nt 
propter  ecis  et  vice  eorum  sanctoram  memoria  eelehretitr.  .  .  . 

*  Eine  Aus<Tabe  der  lu'krolofrisrlien  (^nollen  des  Stifte«  veraustaitr-t  1'.  Alt- 
mann  Altinger.  Ihm  dauku  icL  die  Kenntniss  der  Fragment«  des  alten 
Nekrologiuma.  Ans  dem  nouea  tboUo  ick  nur  «o  viol  mit,  ala  siun  Ver- 
KKniliiiMe  (ler  Beniudiu-8igiiMr-Fiiige  nofhwendig  isL  Im  Uebrigen 
Terweue  ich  auf  Altinger*«  Arbeit^  die  wir  wohl  bald  erwarten  dttrfen. 


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863 


Item  quidam  sua  predia  coiituicruiit,  ut  fir  ipsis  pictancic  nomi- 
nate  in  suis  anuiversarÜB  prebeautur,  et  De  liceat  hec  omittere 
sine  pena  .  .  / 

yQnidam  autem  nec  qualitatom  anniversariorum  in  officio 
nec  in  fratnim  solacio  distinxenuit:  igitor,  nt  nddamns  cpie 
condicionaUter  sant  permisBa,  Bciendttm  quod  aecnndum  con- 
dicionem  in  privilegüs  comprehensam  debemns  «sequi  officia 
mortuoram  et  assequi  beneficia  commodorum,  «t  ipsis,  sicot  de- 
sideraverunt  et  (piantum  meruerunt,  proftint  labores  vivorum  et 
sutFrag^ia  beatorum.'  .  .  . 

Kach   dem  in   diesen  Worten  ausp^esprochenen  Sj'slenie 
werden  daun  die  eiuzelneu  Wohlthäter  aufgezählt,  endlich  auch 
jene  Persönlichkeiten  aus  dem  Stifte  selbst  angeführt,  deren 
Jahrestag  wegen  ihrer  Heiligkeit  oder  ihrer  sonstigen  hervor- 
ragenden Verdienste  gefeiert  werden  muss:  ,de  quorum  nomero 
sunt  sanctos  Wisinto,  Erchenbertus,  Ratnboto,  Gerhardns,  Ditri> 
cQSy  Alramus  et  alii  quam  plnres/  ^  oder,  wie  es  im  Nekrologe 
selber  heisst:  ^Wisinto,  Rainboto  .  .  .  qni  mfracnlis  daraerant'. 
Dann  folgt  auf  demselben  letzten  Hlattc  eine  Auizcililuii^  jener 
Klöster,  .in  qni})us  Imbemus  fratcriiitatem^    An  der  Spitze  der 
Woliltliäter  des  Stiftes   steht   natiirlich  Tassilo.    Es  ful^^en  in 
der  im  Kloster  üblichen  Schematisirungsweise  zuerst  die  welt- 
lichen, dann  die  geistlichen  Würdentriigor. 

Es  ist  nns  selten  ein  Todtenbuch  begegnet,  wo  dessen 
Zwecke  in  so  lehrhafter  Weise  vorgetragen  würden  als  hier. 
Doch  nicht  gentig  daran.   Es  finden  sieb  in  diesem  Todten- 
buche  zwei  Urkunden  des  Abtes  Friedrich,  die  mit  den  Zwecken 
des  Bnches  in  nKchster  Verbindung  stehen.  Ich  füge  den  wesent- 
lichen Tlicil  der  beiden  im  vollen  Wortlaute  an,  weil  aus  ihm 
weiter  unten  ziemlicli  weit^'^ehende  Seblnssfolgorungen  gezogen 
werden  sollen:  ,Circa  anniun  doniini  \?A0  decretum  est  a  do- 
mino  fratre  abbate  et  fratribus  universis,  ut  anniversarii  fra- 
tnun  nostre  congregacionis  devocius  celcbrcntur,  hoc  scilicet 
modo,  ut  compulsatis  campanis  cantetnr  ofßcium  defunctomm 
et  missa  publice  in  conventu  pro  fratribus  defunctis  ab  anno 
domini  1300  et  deinceps  in  etemum;  et  eorum  prebenda  ut 
vivorum  pleno  detur  pauperibus  eo  die/  Man  sieht  hieraus,  es 
wird  in  dem  Todtenbuehe  keiner  jener  Brttder  mehr  fehlen 


'  Do  anu'iiitato  loci  spiritnaliter.  Narracio  de  eccleaia  Chremstn.,  p.  92. 

Archiv.  LXiXl.  Bd.  Ii.  Halfto.  25 


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364 


dürfen,  die  seit  VSOO  gestorben  sind.  ,Scd  ne  nmhitiido  de- 
fanctoram  indies  aucta  transeat  in  negtigenciam  et  errorem, 
buiusmodi  scriptum  est  taliter  moderaDdanii  at  tribus  annii 
continuis  cniudibet  amuTenahus  taliter  specialiter  peragatiir, 
reiiquia  quatnor  aimis  eorum  anniTeraarinB,  qaontm  occairefik, 
infht  xnenaem  omni  semel  agatur,  et  de  poet  septenmum  gene- 
rali commemoracioni  fratmm  congregadonia  commniuter  con- 
iimgatarj  oisi  sit  aliquia  qui  maioribas  laboribna  Tel 
meritia  mereatur  ulteriua  memorari.'  Und  ntan  folgt  auf 
einer  neuen  (der  vierten)  Colunme  derselben  Seite  (jede  Seite 
bat  5  Columnen):  ,Hti  autem  sunt  fratres  ez  hoc  tempore 
defuneti',  wobei  su  den  Worten  ^ez  hoc  tempore'  an  bemerken 
ist,  dasa  sie  nicht  wörtlich  vom  Jahre  1300  an  an  deuten  sind, 
denn  wir  finden  erwJlhnt  den  Chunradus  Heidenheim  von  1297 
und  den  Quntherus  Dens  (Zahn)  aus  demselben  Jahre.  Das 
Venseiehntss  Uuitet: 

(l.V  MartinuB  Sunel  preabyter  et  monachus. 

(2.)  DitmaroB  RuBticus  presbyter  et  monachus. 

{S.)  Ulricus  presbyter  et  monachus  (de)  Iiand(8habe?). 

(4.)  Haertwicus  (de)  Slazzelberch  presbyter  et  monachus. 

(5.)  Leutoldus  (de)  Hagw(ald)  presbyter  et  monachus. 

(6.)  Berchtoldus  de  T^wetel  presbyter  et  monachus.* 

(7.)  Wemhardus  de  Law  1313  presbyter  et  monachus. 

(8.)  Wemherus  phisicns  1312  presbyter  et  monachus.' 

(9.)  Mieinhardus  presbyter  et  monachus. 

(10.)  Chunradus  Haidenh(aim)  1297  presbyter  et  monachus. 

(11.)  Di(e)tmaru8  de  Älta  presbyter  et  monachus. 

(12.)  Quntherus  Dens  diaconus  et  monachus  1297. 

(1)1)  Otto  conversus  de  Achliten  1310. 

(14.)  Ulricus  conversus  famfliaris  noeter. 

(15.)  Ulricus  conversus  de  Augusto  (sie  cod.). 

(16.)  Wernhardus  presbyter  et  monachus  de  Aschperch. 

(17.)  Wernhardus  presbyter  et  monachus. 

(18.)  Otto  de  Medlicü  presbyter  et  monachus. 

(19.)  Ivicherus  presbyter  et  monachus. 


^  Di«  Znhlen  sind  von  mir  hinxugefOgt,  die  AbkUntungen  der  Haiidscbrift  | 
*  Er  hinterlieM  dem  Kloiter  werth^olle  BUeberi  i.  den  Abttdmtaiof  S.  77. 

I 

I 


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365 


(20.)  Enicstus  prcsbyter  et  mdiiaclms. 

(21.)  Di(e)lricus  presbyter  et  inüiiucims. 

(22.)  RuduUüs  Sartor  conversus. 

(2-1)  l''i"i(l(*ricus  .  .  .  presbyter  «luno  domini  1320. 

(24.;  ileinricus  de  .  .  .  presbyter  .  .  . 

(25.)  .  .  .  conversus  .  .  . 

(26.)  Hcinrieus  abbas  (?)  presbyter  et  monachus. 

(27.)  H*'iiiricus  conversus. 

(2ö.)  Öigliardus  presbyter  et  inonachus. 

(29.)  Martinus  presbyter  et  monachus. 

(30.)  .  .  .  erus  presbyter  et  monachus. 

(31.)  fiylprandus  presbyter  et  monachus. 

(32.)  .  .  .  bertufl  presbyter  et  monachus. 

(33.)  Fridericus  quondam  abbas  (schon  Ton  anderer  Hand). 

(34.)  Fridericus  presbyter  et  monachuB. 

(35.)  Fridericus  diaconos. 

(36.)  .  .  .  etmarus  presbyter. 

Rest  anleserlich. 

Man  sieht  auf  den  ersten  Blick  ^  wie  auflserordentUch 
wichtig  dies  Verzeichniss  fttr  die  Beantwortung  der  Sigmar- 
und  Bemardus^Frage  ist,  und  wie  dankenswertfa,  dass  diese 
Liste  schon  mit  1897  beginnt  und  nach  1326  endet.  Sie 
dttarfte  uns  mit  ein  Mittel  an  die  Hand  geben,  die  Sigmar- 
Frage  zu  Iteen.  Was  man  namentlich  gegen  ihn  als  Verfasser 
der  Kremsmttnsterer  Geschichten  eingewendet  hat^  war  ja  nicht 
Bum  Wenigsten  der  Umstand^  dass  man  ihn  um  18S0  längst 
unter  den  Todten  raeinte.  Wie  man  aber  ans  der  Liste  siehl^ 
lebte  er  noch,  denn  er  befindet  sich  nicht  in  ihr.  Er  erreichte 
also  wulil  ein  si'lir  hohes  Alter  und  konnte  in  dieser  langen 
Zeit  jene  zaiilreichcn  Werke  volleudcn,  von  denen  sich  noch 
die  meisten  vorfinden.    Doch  davon  später. 

W^ie  ernst  es  der  Abt  Friedrich  mit  seinem  in  der  oben 
angefiihrten  L'rkuiidc  erwälinten  Befehle  nahm,  sieht  man  dar- 
aas. jlas8  er  mit  einigen  Aeudcrungen  nin  29.  September  1312 
rnu'uert  ■wurde:  ^Ne  ca.  qiu^  a  presentiinin  provide  ac  salubri- 
\cv  (lispoiiuntur,  rcccdant  a  memoria  posteriorum,  stnbili  scriptu- 
rarum  debent  tostimonio  commendari  .  .  .  Noe  ig^itnr  Frideri- 
cus, Dei  gracia  abbas  totusque  conventus  ecclesie  Ohrems- 
munstrenais  .  .  .  statuimos  .  .  .  ut  quando  vocante  domino 

26» 


unius  fuerit  6nis  nostriini,  qui  hodic  sant  in  carne  Dodudo 
servientes  in  monasterio  hoc  professi  .  .  .  per  triginto  dies  a 
semorum  ordine  sacerdotum  nsqne  ad  ultimum  incboantes  dica- 
tur  diebuB  singiüis  una  missa  ,  .  .  com  Ato  Maria  tociens 
Paternoster  ...  in  anniversario  vero  compulsatis  ter  campaois 
opus  aingulariter  defunctorum  et  in  crastino  missa  una  .  .  . 
(folgen  genauere  Bestimmungen).  Que  suffragia  impendantnr 
omnibuB  ab  anno  domini  1310  iam  defunctis  et  deinceps  per 
tempora  poBt  futura^  abbatibus  .  .  .  dupKcata.' 

jActa  sunt  hec  anno  Domini  1312  in  festo  aancti  arch- 
angeli  Miobahelis.' 

Neben  diesen  wichtigen  Notizen,  die  sich,  man  mOcbte 
sagen  ab  Anhang ^  im  Nekrologe  finden,  hat  dessen  eigent> 
lieher  Inhalt  (llr  die  Beantwortung  unserer  Frage  eine  geiin- 
gere  Bedeutung.  Nur  die  Schrift  und  der  Inhalt  gewisser  Hand 
noten  wird  weiter  unten  noch  genauer  zu  unteröucheu  sein. 

S  4.  Die  Ylta  mucU  AgapitL 

Dem  Verfasser  des  Abtskataloges  ist  es  aufgefallen,  dass 
des  PatroTu  s  der  Krenismiinsterer  Kirche,  des  heil.  Agapitus, 
in  den  Urkunden  der  älteren  Zeit  so  se  lten  Erwähnung  gethan 
werde.  Er  bringt  die  grössere  Ven  liruntr,  die  mau  diesem 
Heiligen  in  der  späteren  Zeit  zollte,  mit  der  Einweihung  der 
Kremsmtinsterer  Kirche  durch  den  Bischof  Altmann  von  Passau 
im  Jahre  1082  in  Zusammenhang:  ,Huius  tempore/  sagt  er, 
,idem  Altmannns  episcopus  nostrum  monasterium  iam  tercio 
consecravit  anno  Domini  prenotato  (1082),  precipue  in  hono- 
re(ra)  Salvatoris  et  sancti  Agapiti  martyris  nec  non  sancti  Bla- 
sii.  Et  deindc  festum  sancti  Agapiti  cepit  solemnius 
eelebrari  et  festum  Salvatoris  mediocriter  I  -hran 
cepit.^  8o  ganz  übergangen  wurde  nun  der  heil.  Agapitus 
auch  in  Älterer  Zeit  nicht;  wenn  die  Tradition  seine  Anwesen- 
heit im  Stifte  schon  in  dessen  erste  Anfilnge  versetet,  so  wird 
dem  wohl  so  sein,  denn  wir  finden,  dass  der  heil.  Agapitus 
▼on  Kremsmünster  schon  in  der  Urkunde  vom  22.  Oetober  893 
erwähnt  whrd,  in  welcher  König  Amulph  dem  Stifte  die  ihm 
sugeiallenen  Güter  der  Qrafen  Engelschalk  und  Wilhelm  za 
immerwährendem  Kigenthom  schenkt:  ,nOB  quasdam  res  iuris 
nostri,  id  est,  quicquid  Wilihelmus  et  Engilscalcus,  germani 


L  lyui^od  by  Google 


367 


fratres,  comites  yidelicet  quondam  strenui  ...  ad  sanctiuu  Dei 
martyrem  Agapitum  tradiderunt,  ...  ad  monftsterium  sancti 
Salvatoris,  qaod  Cremisa  nuncupatur,  ubi  idem  electos  Dei 

martyr  corporalitcr  requiescit  .  .  .  donamus  et  tradi- 
mus  .  . 

Dann  schweigen  die  Urkunden  für  Kremsmünst^^r  allerdings 
lauge  von  dem  heil.  Agapitus.    Erst  um  das  Jahr  10^3  wird 
er  wieder  erwähnt:  der  Edle  Arnold  schenkt  zum  Altare  des 
heil.  Agapitus  den  Ort  Wartberch  unter  der  Bedingung,  dass 
dort  eine  Pfarrkirche  erbaat  werde.   In  der  StÜtungsurkunde 
für  Kremsmttnster  wird  gesagt,  dass  die  Kirche  erbaat  sei 
honorem  sancti  SalyatonB^,  imd  so  wird  in  einer  und  der  ande> 
Ten  der  folgenden  Urkunden  das  Kloster  geradezn  ^monaste- 
riimi   sancti  Salvatoris'  ;j:enannt.    Im  Jahre   1095  wird  schon 
von  einem  ,altario  Salvatoris  mundi  sanctique  Agapiti^  gespro- 
clien.     In  einer   Urkunde  vom  30.  April  1099  wird  Krems- 
münster ,monasterium  Salvatoris  mundi  sanctique  Agapiti^  ge- 
nannty  im  folLronden  Jahre  ^cenobium  Salvatoris  mundi  sancti- 
que Agapiti',  1135  ^Salvatoris  mundi  et  sancti  Agapiti'.  Im 
«fahre  1140  wird  zum  ersten  Male  davon  gesprochen,  dass 
die  Kirche  in  Kremsmttnster  auf  den  Namen  des  heil.  Aga< 
pitos  geweiht  sei:  ^tradidit  ad  ahare  sancti  Agapiti,  ad  cuius 
memoriam  et  patrocininm  idem  fundatnm  est  cenobium  .  .  J 
In   der  Urkunde  vom  4.  Jänner  1189  schenkt  Leopold  VI. 
einige  Güter  wieder  zurlick,  die  einstens  die  Grafen  Adalbert 
und  (.M'bliard  von  Kebgau  und  ihr  Vater  Albert  dem  lioü.  Aga- 
[utus  in  Krenismünster  ül»eigebcn  hatten  (beato  Agapito  .  .  . 
tradiderunt).    In  dem  Privileg  Leopolds  von  Oe>t('iTeich  vom 
15.  Mai  1217  Hest  man:  ,Omnes  iusticias  .  .  .  gloriose  Christi 
martyri  Agapito  contulimns.^ 

Man  sieht^  wie  gut  sich  der  Verfasser  des  Abtskataloges 
aus  den  Urkunden  unterrichtet  hat:  mit  Recht  konnte  er  sagen, 
dass  das  Fest  des  Erlösers  vor  dem  des  heil.  Agapitus  in  den 
liintej-^auud  trat.  Dementsprechend  wussle  man  allmählich  die 
Meiuuni^  7a\  vertreten,  dass  dos  heil.  A£!;apitns  Gebeine  schon 
vom  Anfange  an  im  Kloster  \varen.  lu  der  Pnpstliste  wird 
beim  Papste  Adrian  lünzugelUgt:  ,cuius  tempore  Tassilo  dux 
construxit  nostrum  monastcrium  anno  domini  777  et  suum 
tilium  ab  ipso  papa  bapti^ri  procuravit,  et  corpus  sancti  Aga- 
piti  martyris  ab  eodem  sibi  dari  peciit  et  nobis  attulit.'  Wenn 


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368 

diese  in  KremsmUnstor  mit  ZuStaen  venelieiie  PapstfiBte  das 

Verdienst^  den  Leichnam  des  heil.  Agapitns  nach  Kremsmttnster 
gebracht  zu  haben,  dem  Herzoge  Tassilo  zuschreibt,   so  ist 
doch  zu  bemerken,  dass  es  hierüber  am  Beginne  des  14.  Jalu- 
Imnderts  noch  keiuc  feste  Tradition  gaVj.    Die  ,Narratio  de 
ecclcsia  OhreniBmunstrensi*   hat  diesem  Heiligen   ein  ganzes 
Capitel  gewidmet;  es  führt  die  IJebcrschrift:  ,De  patroni  sub- 
limitate'.  Zunäelist  wird  Klage  gefülirt,  dass  man  die  Geseliielite 
der  Translation  dieses  so  erliabenen  Patroues  uielit  kt  ime  i  euiusi 
translationis  historiam  proli  dolor  ignoramus),  dann  wird  gesagt, 
dass  es  wahrscheinlich  sei,  dass  der  Papst  Adrian  selbst  den 
Leichnam  des  heil.  Agapitus  iiaeh  Kremsmünster  gesiindt  habe^ 
und  zwar  aus  Liebe  zu  dem  Gründer  und  zu  Karl  di'ni  Oros- 
seo,  von  denen  er  Jedem  einen  Sohn  aus  der  Taufe  hob.  Hier 
wird  also  si  hon  Karl  der  Grosse  eingeführt;  anch  darü])er,  wie 
die  Translation  geschclien  sein  könne,  war  die  Ueberliefenuig 
nicht  feststehend.^  Viele  Möglichkeiten  sind  angedeutet.  Dieses 
Capitel  zeugt  aber  andererseits  auch  davon,  dass  die  Verehmiig 
des  heil.  Agapitus  in  d<  r  Zeit  des  Abtes  Friedrich  eine  «nsser- 
ordeDtlich  rege  war:  yUabemus  et  secnndum  patroDnm  inter 
iamulos  coeli  ciyes,  solemniiim  meritomm,  tanctiumimam  Aga- 
pitiim  ..."  Mit  Schmenen  beUagte  man  es,  dass  man  die 
jHistoria  translacioms'  nicht  kenne;  man  nntersttchte  seine  Reü- 
quien,  und  da  war  es  ein  grosses  Verdienst  des  Abtes  fVied- 
rich  von  Aich,  dass  er  nicht  blos  für  cUe  Reliquien  dieses  Heili- 
gen  Soxge  trug,  sondern  dsss  er  anch  eine  Legende  dieses 
Heiligen  abfassen  liess.   Von  der  Sorge  für  dessen  Reliquien 
wird  in  den  Kremsmttnsterer  Aufkeiehnungen  zweimal  gespro- 
chen; das  Verdienst  wird  dem  Gustos  Hertwicos  zugewiesen: 
,Item/  heisst  es  das  eine  Mal  in  dem  alteren  Abtskatalogc, 


Jit  eerte,  nt  ipfiun  fUndatoraiD  hninamodi  ni«B«ribttt  in  ineepto  proiMMilo 

confirmaret  .  .  .  vol  cum  nimcU  pape  nd  Tasmloiiem  ot  e  converao  non- 
i'ii  Tassiinnis  ad  (lapam  legacionpH  j>;n-is  ferentes  iifiit  ot  redirent,  pot- 
erarit  apportari.  Si  fjui  vero  vtüiiit  alTninaro,  qnoil  unuifrc  Lr-nnLs  pape 
eiusdem  sancti  martyris  roliqiiia«  liabeHiuuü,  noa  saciu»  arbitramur, 
jilieno  intellectui  cedere»  quam  conteudouibaa  desorvire.  Nan 
Mstimsri  poteet,  qnod  bas  Karolot  ab  ipso  impetiavit  .  .  .  aut  ipM  Tm- 
•ilo  iam  conversus  bas  impetravit  .  . 

Dasn  die  Stelle  im  Abtakataloge:  Jtem  conciinits  solcmuis  fuit  ad  reli- 
qTiins  i^aTirtt  Agapiti  martyrU,  que  destructo  gummo  alUari  «ob  ara  bealM 
Mariae  fueraut  oollocata»  .  ,  .*  Ue«cbicbt«quelieii,  S.  73. 


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369 


^aius  tempore  Hertwicus  ciistos  renovavit  crucem  et  caput 
sancti  Agapiti',  und  so  auch  in  dem  jUngcrcn  Kataloge;  ,Iteiu 
idem  frator  ( Hertwicus)  caput  sancti  Agapiti  renovavit/ 

Indem  nun  der  Abt  Friedrich  von  Aich  emen  neuen  Altai* 
«lüs  heil.  Agapitus  errichten  und  einweihen  liesSi  lag  es  nahe, 
das  Verlangen  nach  der  L^ende  dieses  Heiligen^  die  man  noch 
vermiaste,  an  äussern.  Biesem  Verlangen  kam  ein  Mitglied  des 
Klosters  entgegen.  Als  er  sah^  dass  sich  yon  diesem  Mftr^jrrer 
nielitB  in  den  Bflchem  finde,  habe  er  grossen  Schmers  empfim- 
den:  ilndolni,  fiUeor,  et  erubui,  toto  oorde  desiderans  et  orans, 
nt  I>eu8  pro  cuius  amore  idem  sanctus  sanguinem  suum  fudit, 
«li^naretur  inspirare  nlicui  suorum  devotomm,  ut  cantum  face- 
rot  a(d)  öui  j^lonam  ipsi  proprio  martyri  assignantem.  Scd  cum 
hoc  desiderium  cernerem  non  impleri,  taudem  primo  anno 
mci  sacerdocii,  qui  tunc  fuit  (annus)  domini  1300,  quia 
tepedins  audissem  prcdicti  martyris  sollempnia  celebrari,  fui 
saper  eo  solito  plus  turbatus/  £r  geht  dann  an  die  Arbeit  und 
bringt  sie  in  yieraehn  Tagen  zu  Stande.  Sie  findet  sich  band- 
Bchrifidich  in  Kremsmttnster  in  demselben  Codex,  der  die  Schrif- 
ten des  sogenannten  Bemardus  Koricus  enthält.   Auch  wenn 
das  Jahr  1300  nicht  genannt  wäre,  \vürde  man  es  wissen,  dass 
die  Schrift  in  jener  Zeit  vcrfasst  wurde,  denn  sie  ist  nicht  arm 
an  zeitgenössischen  Koniiniscenzen :  Fol.  Dl*:  ,(,^um  ergo  quiHbet 
laicus»  merito  sue  perfeecionis  clericalem  vitam  transcendit,  eius 
eleccio  rata  potest  haben.    Nam  et  nostris  temporibus  JStepha- 
nus  dux  Wawariae  fuit  electus  Salzpurgensis,^  et  Albertus  dux 
Austrie  Pataviensis  et  Dyemudis  begina  de  Polbaim  fuit  abba- 
tissa  in  Erlaco/  eine  später,  aber  wohl  von  derselben  Hand 
angefügte  Randnoto.  Dass  ihr  Verfasser  dem  der  ,Narratio  de 
ecclesia  Chremsmunstrensi'  nahegestanden,  sieht  man  aus  gewis- 
sen wörthchcn  Uebereinstinnnungon,  wie  z.  B.  aus  dem  Satze: 
»Torro  eiusdcni  translationi.s  scripta  proh  dolor  non  hahentes', 
der  wörtlich  mit  einem  Satze  dos  Capitels  ,Do  patroni  subiimi- 
tate^  Übereinstimmt.^ 


K renisnui ustercr  Ge«chichtnquolIeu, 

\'ita  sniuti  Agapiti: 

l*orro  eiusdom  translacit»- 
n  i  s  f«  «■  r  i  j»  t  .1  ]>  r  o  dolor  nun 
haben  itic»,  tum  <|uia  aut  votiisLato 
yel  infiendio  vel  oegligencia  peri«- 


S.  5G. 

De  patroni  snblimitjitt;: 

Cuius  t  rannlaciuniä  liihto- 
riam  ipiaiDquain  proh  dolor 
iguorainus,  que  una  nec  miuima 
doloris  «rt  «t  gvnitiiB  noatri  eattM, 


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I 

I 


370 

Fol.  85  erklärt  er,  warum  er  die  Legende  schreibe.  Sein 
Lehrer  habe  ihn  atifgefordort:  ^Tandem  .  .  .  cum  aliquam  noti- 
ciam  croDicanim  concepissem,  ciosdem  memor  obediencie,  ad 
quam  exequendam  monitiB  predictl  magistri  et  quomndam  alio- 
rum  quotidie  provocabar,  collegi  ex  triboa,  qae  apud  hob  haben- 
tar,  legendis  ooam  .  .  J 

^Processi  pretcrea  in  scribendo  et  ex  ore  cuiusdam  valde 
aenis  et  literatissimi  viri  de  fratribuB  noBtri  loci,  ad  prcdicti 
magistri  et  domini  mei  iiuBum  reportavi,  que  idem  eive  lecta 
Bire  audita  didicerat  de  origine  huiuB  loci  additis  nonnoffia^  qae 
cgo  ipse  ex  cromcis  invenisBem/ 

Die  Schrift  hat  einige  Aehnlichkeit  mit  den  Yoriieigebeii> 
den  Texten.  Dass  es  ganz  dieselbe  Bei,  mOdite  ich  nicht  be- 
haupten. Weder  an  Sigmar,  noch  an  Bemardus  als  Verfasser 
wird  zu  denken  sein,  wenn  die  Worte  ,primo  anno  mei  sacer- 
docii,  qiü  tunc  fuit  .  .  /  nicht  etwa  auf  emen  Irrdiiim  siirftck*' 
aufUhren  sind,  denn  auch  Bernardus  mttsste  1300  sein  erstes 
Priesteijahr  Ittngst  snriickgclegt  haben,  wenn  er  Alles  das  ge- 
schrieben haben  sollte,  was  ihm  die  Tradition  zuschreibt  So- 
viel ist  sicher,  dass  auch  diese  Arbeit  in  den  Kreis  jener 
gehür^  die  auf  Friedrich  von  Aich  zurückzuführen  sind.* 


§  5.  Ble  historischen  Arbeiten  in  Kremsmflnster  »as  der 
Zeit  Friedrichs  ron  Aich  und  ihre  handsehriltliehe 

Uelierliefening* 

a)  Der  Cod.  401  in  Sremamunster  (die  »Hiitoiiae  Cremifananist* 
und  die  ,Varratlo  de  eeelsBia  ChremBmuBBtrenBi*  des  Bogenaanten 

BemarduB  Vorions). 

Wie  bereits  oben  (S.  liöO,  354)  angemerkt  wurde,  sind 
bisher  noch  alle  Ilenmsireber  der  Werke  des  sogenannten 
Bemardus  Noricus  in  den  Fehler  verfallen,  dsBS  sie  fUr  ihre 


nmt,  aut  qnia  ab  raptoribii»  sunt 
ablata,  hoc  siifticit  M'iro,  (juml  i'lus 
pre««!']!»;  i  0  perbibeut  ttstimo- 
nium  jscripture  in  eiiisdem  o^ai- 
btis  figurale  et  diverisrum  cn- 
raciones  iufirmitstam.* 
*  Siehe  Anbang  Nr.  9. 


tninen  certitudinem  eins  preaencie 

imMs  prcätniit  «^criptitro  retemitt  et 
tuiracula  modornurum.' 


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371 


StiKÜcn  nicht  das  pcsattimtc  haiulschriftliche  ^latcrial  zu  Rathe 
gezogen  haben.  Es  müssen  bei  einer  solchen  Arbeit  nicht  blos 
jene    Schriften  zur  Hand  f]ren()mmcn  werden,  die  ihm  selbst 
zugeschrieben  werden,   ferner  jene,  die  seinen   Studien  als 
Quelle   gedient  haben,  wie  die  Stücke  der  Codd.  610  und 
375  in  Wien,  sondern  auch  die  oben  angeführten  Urbare,  der 
yLiber  privilegioram'  und  das  Todtenbuch  nebet  einer  Anzahl 
anderer  Codices  ans  dieser  Zeit.    Erst  dann  wird  man  im 
Stande  sein,  die  ganse  Bedeutung  des  Autors,  heisse  er  nun 
Si^i^ar  oder  Bemardus,  zn  würdigen.  Wer  sich  nur  an  den 
Ivreiuömiinstcrer  Cod.  401   und  die  beiden  genannten  Wiener 
Codices  hiih,  kennt  die  Bedcntnnp:  dieses  Mannes  nur  nach 
einer    öeite   hin;    einen  reeliten  Einblick   in  aein  Wirken  als 
Organisator  gewähren  erst  die  anderen  Stücke. 

Bei  einer  kritischen  Untersuchung  dieses  Gegenstandes  ist 
es  aber  onerlässlich,  von  jenen  Werken  auszugehen,  die  als 
GesehichtBwerke  des  Bemardus  bekannt  sind:  dem  ,Iiiber  de 
origine  et  ruina  monasterii  Cremifanensis',  wie  ihn  der  jtUigste 
Herausgeber,^  oder  die  ,Narratio  de  eedesia  Chremsmunstrensi', 
wie  der  Autor  selbst  sein  Buch  benannt  wissen  woUte,  und  die 
,liibtoriae  Cremilauenses'. 

Sie  tiuden  sich  in  jenem  hrrühinten  Codex  zu  Krems- 
müiister,  der  als  Autograph  des  ik'rnardus  in  hohen  Ehren 
gehalten  wird.    Dieser  Codex  wurde  von  vornherein  so  an- 
gelegt, dass  in  allen  Theilen  mit  Ausnahme  des  letzten,  der 
eine  in  sich  geschlossene  Arbeit  bildet  und  wohl  deshalb  an 
leteter  Stelle  steht,  Kachtrftge  eingeateichnet  werden  konnten. 
Es  wurden  daher  gleich  im  ersten  Theile,  dem  Kataloge  der 
Lorcher  und  Passauer  Bischöfe  (Fol.  2' — 8*),  an  Tielen  Orten 
leere  RÄume  gelassen.    Sie  sind  ;j^erinp^er  an  Zahl  für  die 
älteste  Zeit,  mehren  sich  aber  vom  Jaiire  508,  wo  die  be- 
kannte Tradition  Österreichischer  Quellen  über  die  Einwande- 
nm^  der  Baiern  erzählt  wird.    Hier   iindct  sich  ein  leerer 
Raum  von  drei  Zeilen.   Zum  Jahre  öli),  wo  vom  Tode  des 
beil.  Benedict  gesprochen  wird,  sind  zwei  Zeilen,  zum  Jahre 
520  eine,  532  eine,  Ö47  zwei,  694  eine,  zu  Bonifatius  eine,  dem 
Bischöfe  Anseimus  eine,  Odilo  eine,  zu  Hatto  807  sechs,  zur 
Translation  des  heil.  Othmar  eine,  zu  Tiemo  zwei,  zu  Berchtold 


»  Mo».  Germ.  Hiut.  Script  XXV,  p.  638. 


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372 


von  Garsten  drei,  zn  Rcfriiibcrt  sechs,  zu  Bischot  Koiirud  drei, 
zu  Albo  drei,  Heinrich  drei,  Diepold  vier,  Poppo  zwei,  ^fane- 
gold  vier,  (Jhiinnidus  (dux  Pol.)  zwei,  Petrus  acht,  Wichard 
sieben,  Wernhard  und  nach  1320  eine  ganze  Seite  frei  geblie- 
ben, 60  dass  man  deu  Zweck  erräth :  es  sollte  der  Katalog  der 
Passauer  Bischöfe^  za  deren  Diöcese  Kremsrntlnster  gebörte, 
forl^fesetzt  werden. 

Der  Text  ist  in  einer  sehr  geiUlligen  Schrift  aos  dem 
Begiane  des  14.  Jahrhunderts  peschrieben;  eine  gute  Probe 
bietet  die  Tafel  (IV),  die  G.  Waitz  seiner  Ausgabe  beigegeben 
bat  (Textschrift  oder  Texthand).^  Die  Nachtrage  hat,  was 
WaitB  Übersehen  hat,  der  Autor  alle  selbst  besorgti  und  xwar 
sind  sie  in  dreifacher  Art  eingetragen:  1.  innerhalb  der  frei- 
gelassenen Zeilen  In  gleich  grosser  Schrift,  a.  B.  Fol.  1:  ,et 
infra  obitt  anno  XXV';  Fol.  8**;  ,Item  sancta  Gertrndis  viigo 
floroity  fiÜa  Ptppini  I,  neptis  Angist  maioris  domns;  Fol.  3*:  fi, 
anno  domini  ISOCM;  Fol  2*:  ,nnno';  Fol.  4^:  ^Huie  Engenios  papa 
pallioni  confirmaTit';  Fol.  6*  sind  die  beiden  Worte  »est  ezorta' 
nachträglich  dasngeschrieben;  Fol.  6*:  ^et  sanotns  Cholomannns 
martyrisator^;  FoL  6^:  ,hic  consecraTit  ecclesian  yiehtw(ang)'; 
Fol.  7':  Jste  consecravit  ecdesiam  Wartperg  anno  domini  1185^ 

In  allen  diesen  Fällen  wird  man  ganz  dieselbe  Hand  tmd 
nur  hie  und  da  eine  um  einen  Ton  dunklere  Tinte  finden. 

Für  eine  Anzahl  gWisserer  Nachträge  war  innerhalb  der 
Zeilen  kein  Platz;  da  wurden  die  oberen,  seitlichen  oder  unte- 
ren Ränder  in  Anspruch  sfenoramen  (siehe  Waitz,  Tafel  IV, 
unten  rechts).  Die  Schrift  wurde  dann  meist  etwas  verkleinert. 
Älan  wird  indess  bei  i^rnauerer  Untersuchung  gewahren,  dass 
ihr  Charakter  derscllM  ist;  die  Eigt  nthümlichkeitcn  der  gnisse- 
ren  finden  sieh  aueli  in  der  kleineren  Selu'itt  wieder  (bei  Waitz 
findet  sich  von  dieser  aus  dem  Kienismünsterer  Codex  keine 
Probe,  dagegen  aus  dem  Wiener  Cod.  .Item  mareliionatus 

Austi'ie'  etc.).  Zu  dieser  Gruppe  von  Aufzeieiinungen  gehören 
FoL  3':  ,qui  Theodorum  archiepiscopum  Laiu*eacen8em  con- 
firmavit';  Fol.  4':  .Tluic  Symmachus  papa  palliom  deatinavit 
Require  infra';  Fol.  unten:  ,Huic  Benedictas  papa  pallium 
dedit^,  oben:  ,Quod  eidem  Agapitus  papa  confirmaYif;  FoL  6^: 
ycanonicus  Wlrtabargensis*;  FoL  7*:  ^ut  diciUir*. 

Keh«  auch  unten  Beilage  8. 


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373 


Fol.  4*  unten:  ,S.  Emmeranns  sub  Dietfme.  £t  notandnm  — 
est  commiflsa.' 

Fol.  6:  ;quod  ad  cum  —  ante  eripuit^;  ibid:  yideo  sciUcet  — 

ab  antiquis/ 

Fol.  6*  unten:  ,Ab  hoc  episcopo  dedicata  est  ecdena  in  Hag 
anno  domini  1033';  ibid.:  ^quarn  nunc  habet  monaste- 
rium  Glunicense';  ibid.:  ^anno  Domini  1082^. 

Fol.  6^:  ^obiit  anno  Domini  1091';  ibid.:  ^yel  forte  non  tot'; 

ibid.:  yltem  consecFavit  ecdesiam  Cbirchdoif  anno ' 
Domini  1199^  ord.  aue  XX VD,  quam  Air.  contraxe- 
rat  anno  Domini  M  .  .  .' 

Ibid.,  3.  Oolunme,  zwischen  den  Zeilen:  ^Huins  tempore  anno 
Domini  1133  —  Babenberg.'  Die  folgenden  Worte: 
,8ub  Lothario  rege'  sind  yon  derselben  Hand,  aber 
später  hinzugefügt.  Ibid.:  ,8ab  Ch.  rege,  Leup.  II 
duce.' 

Fol.  7*:  jltoni  Chirchpcri^  rcconsecravit  anno  Domini.' 
FoL  7^:  ,tit  forte  plus';  unten:  ,Uuiusmodi  vcrba  sunt  öupcrdua 
—  et  inviccm.' 

Ibid.,  2.  Cohimne,  zwisclien  den  Zeilen:  ,Hic  contulit  suo  decano 
eccleäias  nostrasVoi  .  li  l  a-f  et  Wa'izeliirchen'  (die  dem 
Schreiber  derTexUchnlt  6o  cigentliünilicho  Verschrän- 
kung von  8e,  das  aber  nicht  immer  ae  zu  lesen,  findet 
sich  aueh  liier  in  der  kK  i neu  Schrift^. 
Fol.  8*:  ,anno  poutiticutud  sui  XXX°.' 
,anno  1321.' 
ySalzburg.' 
,Wienne.' 

Von  den  Bandnoten  musstcn  einzelne  noch  kleiner  ge- 
schrieben werden  als  in  der  gewöhnlichen  liaudnotenschrift,  so 
Fol.  6  unten:  ^Ab  hoc  episcopo  dedicata  est  ecclesia  in  Hag 
anno  domini  1033^;  ibid.:  ,quam  nunc  habet  monasterium  Glu- 
nicense.' 

Man  muss  sich  httten,  gleich  an  eine  etwa  neu  eintretende 
Hand  zu  denken;  dass  es  hier  dieselbe  ist,  kann  man  schon 
FoL  6*  aus  dem  ,Beziehungszeichen'  1*  ersehen.  Es  ist  die- 
selbe Hand;  da  diese  oft  weder  in  demselben  Jahre,  noch  mit 
derselben  Tinte  geschrieben,  so  ergibt  sich  natnrgemäss  ein 
Unterschied. 


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374 


Derselben  TIand  gclu'iren  endlich  die  VerUeö^erungen  des 
Textes  an,  die  sich  zwischen  den  Zeilen  fimlcn:  Fol.  1*  nber 
jCcclcöia'  gesehrieben  ,civitas';  Fol.  l*"  zu  ,Sixto^  hinziif^etiiiri 
,11*',  ibid.:  ,ambo*;  ,Wiennam';  Fol.  2'  ,Hatispoüam' ;  Fol  '2 
,Ncaj)oHm';  ,Gcisericu8  rex*;  ,8ub  Celcstino  CG  episcoponuu'; 
Fol.  3**  ,lUr  zo  ,Bonifacius^;  Fol.  4*  einige  ZahJii&o.  exl  den 
Namen,  und  so  auch  Fol.  G%  6^,  7'. 

Bei  dieser  Schrift  (b)  ist  es  nothwendig,  noch  etwas  wa 
verweilen^  denn  sie  ist  es,  die  sieh  nahezu  in  allen  älteren 
Codices  von  Kremsmünster  in  ähnlieben  Randnoten  findet  (ein 
Beispiel  findet  der  Leser  in  Achleuthner,  a.  a.  O.,  Taf.  2  rechts). 
Derjenigey  den  Abt  Friedrich  beauftragt  hat^  die  Besitsverhillt- 
nisse  des  Stiftes  zu  fixiren,  hat  offenbar  auch  bei  der  Inventari- 
sining  der  Handschriften  diese  seine  Thfttigkeit  ent&ltet  Wir 
finden  diese  Schrift  anch  in  dem  Jüngeren  MÜlenarios^  in  den 
Randnoten  des  Fridericianns,  des  Todtenbuches,  der  Krems- 
mflnsterer  Annalen  und  des  Cod.  610. 

Noch  eine  dritte  Schriftart  findet  sich  schon  auf  den 
ersten  Blättern  dieses  Codex.  Die  Schrift  ist  ausserordentlich 
fein,  so  fein,  dass  sie  wohl  auch  ttbersehen  werden  kann,  wie 
das  mitunter  in  der  neuesten  Ausgabe  von  Waitz  der  Fall  ge- 
wesen ist,  z.  B.  Fol.  2*:  ,secunda  universalis,  tercia,  quarta  uni- 
versalis.' In  dieser  Schrift  sind  Noten,  um  auf  etwas  atiftnerk- 
SMiii  zu  machen,  z.  B.  4»,  das  sonst  ,obiit*  lautet,  hier  aber  diese 
Bedcutunir  nicht  besitzt,  oder  .Nutu*  etc. 

Audi  dicbe  Iland  ist,  was  mau  weniger  aus  diesem  Codex, 
als  vielmehr  aus  den  von  Waitz  nicht  beachteten  Codices  Fri- 
dericiani  zu  erweisen  im  Stande  ist,  dieselbe  wi(?  die  Textliand 
tnid  die  Hand  b.  ■Vraii  vi  rgleiche  z.  B.  Fol.  G'  üben  das  ,prac- 
dicli*,  das  schon  den  ^'^^«'rfranir  '/-u  dieser  Schrift  bildet.  Proben 
bietet  der  Cod.  (>  10,  beziehungsweise  die  von  Waitz  seiner  Aus- 
gabe beigegthenij  Tafel  (IV). 

Es  ist  demnach  festzuhalten,  dass  ailo  drei  Scbrittartcu 
einer  und  derselben  Hand  angehören. 

Nach  dieser  langen  Erörterung  über  die  Schrift  des  ersten 
Thciles  des  KremsmUnsterer  Cod.  401  ist  Uber  dessen  folgende 
Theilc  nur  wenig  zu  bemerken. 

Wie  mit  dem  Bischofskataloge  vcrlilllt  es  sich  auch  mit 
den  unmittelbar  folgenden  Katalogen  der  Herzoge  von  Baiern 
r,De  ordine  ducum  Wawarie  sive  regum'  Fol.  9' — IS**)  und 


kj,  i^cd  by  Googl 


575 


Oesterreich  (,De  origine  et  ordine  duoum  Austrie'  Fol.  15* — 18*). 
Oie  Schrift  ist  die  nämliche,  nur  dara  die  zweite  Schriftart^  in 
der  die  Nacbizttge  zumeist  erscheinen!  hier  viel  weniger,  die 
ganz  feine  Schrift  gar  nicht  yorkommt.   Für  Nachträge  wnrde 
anch  hier  entsprechender  Raum  gelassen,  am  wenigsten  für  die 
älteste  Geschichte,  was  dann  zur  Foli^e  hatte,  dass  die  Kach- 
triiirt*,   die  sich  duch  ergaben,  am  oberen  und  unteren  Rande 
eingetragen  wurden.    Je  nilher  mau  an  die  Zeiten  Tassilos 
rilckty  desto  reidier  werden  die  Lücken  in  der  Handschrift: 
man  will  womöglich  Alles,  was  sich  noch  irgend  Uber  die  Per- 
son des  Stiflers  findet,  eintragen.  Vor  748  (Grifo)  sind  ein  und 
eine  halbe  Zeile,  nach  Grifo  eine  Zeile,  nach  756  zwei,  nach 
771  ein  und  eine  halbe,  nach  773  zwei,  nach  777  sieben,  nach 
782  zwei  und  eine  halbe,  nach  785  zwei  Zeilen  leer  geblieben. 
Ptlr  die  nächste  Zeit  werden  die  leeren  Räume  seltener.  Nach 
790  ist  eine,  nach  810  eine,  nach  812  eine,  nach  813  eine,  nach 
828  eine,  nach  ^'M  eine,  nach  888  eine,  nach  9(K)  eine,  nach 
911   eine,  nach  948  eine,  nach         zwei,  nach  1161  eine  und 
eine  halbe,  nach  995  eine,  nach  UU7  zwei,  nach  lOül  tiinf, 
nach  1002  eine,  nach  1047  eine  und  eine  halbe,  nach  1049 
zwei  und  eine  halbe  (von  denen  aber  zwei  bald  ausgeftült  wur- 
den), nach  1066  zwei,  nach  1066  eine,  nach  1070  eine,  nach 
1119  zwei,  nach  1143  drei  (eme  wurde  alsbald  ausgeftült),  Tor 
1190  eine,  darnach  zwei,  vor  1240  ftinf,  dann  weiter  unten 
zwei  und  f\inf,  endlich  bei  den  letzten  Zeilen  der  bairischen 
Herzoge  noch  drei  Zeilen  leer  gelassen.    Für  Nachträge  aus 
den  folgenden  Jahrzehnten  blieb  ein  ganzes  Blatt  frei. 

In  der  llerzogsliste  von  Oesterreich  ist  ein  verhältnis- 
mässig ausgedehnterer  Raum  iiir  etwaige  Kachtrilge  freigelassen 
worden.  Vor  1042  eine  Zeile,  vor  1056  zwei  und  eine  halbe,  vor 
1075  sechs  und  eine  halbe,  vor  1072  zwei,  vor  1096  fünf,  vor 
1106  sechs,  vor  1196  eine,  vor  1139  drei,  vor  1142  eine,  vor 
1152  acht  und  gleich  darauf  zwei  Zeilen,  vor  Leopold  VI.  vier, 
vor  Friedrich  dem  Streitbaren  zehn,  nach  Ottokar  Pfemysl  sechs, 
nach  Albrecht  I.  sieben  Zeilen;  für  alles  Folgende  wurde  auch 
ein  ganzes  Blatt  frci^a^laöscu.' 

Bei  beiden  llerzogslisten  tritt  die  Texthand  A  in  den 
Vordergrund.  Sie  hat  auch  die  Nachträge  zum  grossen  Theile 


'  Nor  fnnf  Zeilen  wurden  Fol.  18  beschrieben. 


376 


eingezeichnet.  Fol.  9"  oben:  ,Circa  hec  tempora  Narses  patzi- 
cius  ab  impemtrice  offensns  Longobardos  in  Italiam  introdiusit 
sab  Jobftnne  papa/ 

Unten:  Jtem  aanctue  Ifedardne  episoopus  moritnr  et  sanctos 
EnninlgSdoB  rex  a  patro  occiditar,  et  frater  eins  Richaredus 
cmn  Qothis  eonyertitar/ 

Jtem  8.  Gregorina  Rome  pape  creator  591*  et  anno  594 
ab  eo  concilinm  celebratnr.' 

,Itcm  s.  Kudbcrtus  in  Wawaria  aocpssitnr  et  Krchenfridus* 
[das  Folgende  ist  durch  einen  »Schnitt  am  Kunde  nicht  uiehr 
deutlich  genug]. 

Fol.  11^:  ^quia  quidam  Leupoldus  post  Rugenim  de  Preelara 
ibidem  per  Ärnoidam  monaekns  (Cod.  numacbo)  est 

effeetus.* 

Fol.  12'':  ,({ui  multos  lilieros  hahuit.* 
Fol.  13':  jlste  nionastcrinm  Sootonun  constnixit/ 
Fol.  16^:  ,l8te  Leopuldus  regem  An^Mie  captivavit  (fein  durcb- 
gestrichen),  Medelicum  con&truxit' 

In  kleiner  Schrift  schrieb  derselbe  Schreiber  eine  Anzahl 
von  Nachtrugen:  Fol.  9^:  ,Kt  Maclnnet  christianos  sedueit.  Item 
Heraclius  rediixit  lernsnleni  s.  crucem/  Hier  ist  die  Schritt 
fast  noch  der  gewöhnlichen  Textselinft  gloicli.  In  »ler  üblichen 
Weise  der  Nachträge,  d.  h.  in  der  ^ebi ,ii irliliehen  kleineren 
Schrift  finden  sich  einige  Notizen  auf  Fol.  lÜ";  ,lste  Grinwaldus 
defuncto  fratre  suo  Theodoaldo  uxorem  eins  duxit.  Pro  quo 
ipsum  sanctiis  Corbinianns  episcopos  increpavit.  Item  sanctus 
Emmeramus  martinsatur  et  Ratispone  sepelitur.^  Fol.  IP:  ,tein- 
pore  Leonis  V.  pape  et  Gerhardi  Laureacensis.'  Fol.  13'  (na 
yUeinricos  dux  Wawarie  in  Saxonia  obiit^:  ^rclinquens  ibi  Hliuni 
Henrienm.'  Die  sonstigen  Randnoten  sind  jünger.  Wie  beim 
Kataloge  der  Rischöfe  hat  aneh  hier  der  Verfasser  Einiges  in 
den  Zeilen  nachtrttgUch  gebessert:  eine  Zahl  angefllgti  ein  Wort 
(Fol.  11^:  ^Ottonis')  eingeschoben:  ,qui  suocesserat  Hermanne' 
(ibid.)  tt.  dgl. 

Die  kleinste  Schrift,  die  in  dem  Kataloge  der  Bischlile 
einige  Male  vorkommt,  fehlt  hier.  Es  ist  derselbe  Schreiber 
wie  dort,  der  den  eigentlichen  Text  in  kalligraphischer  Form 
schreibt  und  in  kleinerer  Schrift  später  einige  Zns&tze  an- 


üiyiiizeü  by  Googl 


377 


tii^.^  bedeutender  aiüd  lüeäu  im  Kataloge  der  Heraoge  von 
Oesterreich: 

Fol.  lö*":  ,Licet  legatur,  quod  anno  domini  U20  Leupoldus  pri- 
mus  ibi  marcUio  fucrit  post  Rugemm  de  Preclara, 
aed  qui  vel  quot  ante  hos  vel  post  ftierint  impe^ 
ratores/ 

Fol.  16^:  yCirca  hec  teinpora  monasterium  Qlunich  est  constme- 
tum  anno  domini  1133  a  Fmnone  nobili.   Et  Otta- 

chcnis  raarchio  dcdit  ei  privilep:iiim  Chaesaw,  quod 
a  Babcuberch  habuit,  ubi  Cliremsmunster  dederat 
ab'iid  antea  episcopus  Bnlx^ibergensis  Otto  II,  quod 
contirmavit  Ekbertus  aiuio  domini  1237/ 

Fol.  17*:  yCirca  hee  tempora^  scilicet  anno  domini  1190,  Otto  II 
episcopus  Babenbeigensis  constnudt  hospitale  in 
Pimo  monte^  cuius  presbitenim  inslituere  debent 
abbas  Admontensis,  Qlunicensis^  Gerstensis  et  pre- 
posituB  s.  Floriani,  ut  videtur  in  pmilegio/ 
,Itciii  Ottacberiis  inarcliiü  dedit  monasterio  in  Gluuieh 
villam  Tiulicb,  quam  ab  episcopo  Pataviensi  in 
feodo  habuit,  sed  pro  ea  postea  Leupoldus  dux, 
avns  Friderici  ducis^  dedit  eis  ecclesiam  Tudich  a. 
1201  sab  Steveno  abbate  successore  Marqoardi  post 
Ulricum  abbatis  in  Glimicb.* 

Fol.  17^:  ,Iste  Ottacherns  occiditur  anno  domini  1378.^ 

Die  Note  Fol.  15^  in  marg.:  ^scilicet  de  Vobbtirck'  ist  in 
der  gewöhnlichen  Textschrift  geschrieben.  In  der  klemeren 
Schrift  findet  sich  dann  noch  eine  Anzahl  von  kleineren  Nach- 
trägen: 1042  ist  zu  ,Albertus  marclüo'  d'w  ZifVer  über  die  Zeile 
geschrieben,  zu  105U  ist  vor  ,Leo^  das  ,et^  nachgetragen,  zu 
»Ernestus^  die  Ziffer  IV  (lOö«»). 

Pol.  16:  Zu  ^Leopoldus  IV  ist  ,vel  Leutoldus^  am  Rande 
nacli^retragen,  ebenso  dir  Ziffer  VI  bei  ,Leopold  VT*;  ,dictu8 
^  Uu^gtts';  das  letaste  Wort  ist  gestrichen  und  ,ptaB'  darttber 
geschrieben. 

Fol.  16^  zu  1106  .  .  .  ^Leupoldus'  steht  am  Rande  ,pins', 

SU  ,Heinrici  V  regis'  findet  sich  am  Rande:  ,per  quam  plures 


*  Van  anderer  Hand  sind  die  Kandnoten  Fol.  18*  und  IS*', 


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378 


filioB  generayit'.  1136  ibI  su  ^LeopoIdiiB'  ttber  der  Zeile  ^lArgos' 
and  ^Vn*  angefügt,  ebenso  1142  za  yHeinricas':  yVIII  marehi«/, 
zu  fiivaB  Leupoldi':  ^argi^. 

Bei  1177  ist  zu  ,Udalrieo'  die  Ziffer  m  hmsugefllgt,  dann 
am  Rande  su  ^Ottachenis':  ,111'  und  ,Kt  comites  de  Rebgaew 

Vichtwan^  otc  legaverunt*. 

Fol.  17.  jitem  dictus  est*:  ,eciam'. 

Denselben  Schriftgebrauch  finden  wir  i?)  den  folgenden 
Stücken:  ,Dc  kathalogo  abbatum*  (Fol.  19* — '62*,  wo  mit  den 
Worten:  ^uic  ancceasit  Fridcricus  luven is  quidam  ctatc'  [ab- 
gesehen von  den  gar  späteren  llandnoten  des  17.  Jahrhanderts 
und  einem  Stücke  auf  Fol.  18  von  1380)  zum  ersten  Male 
eine  andere  Hand,  die  der  ersten  seitlich  sehr  nahesteht), 
dann  in  dem  letzten  Stücke ,  der  ,Historia  de  ftmdacioDe* 
(Fol.  4ö' — 60*).  In  allen  haben  wir  drei  Arten  von  Schriften: 

1.  die  grosse,  sehr  sierlich  gehaltene  Haaptschrift, 

2.  die  kleinere,  in  der  die  meisten  Zusfttse  angefügt 
wurden,  und  3.  eine  noch  feinere,  in  der  sich  ein- 
zelne Bemerkungen  und  Noten  finden. 

Von  derselben  Hand,  welche  die  Hauptschrift  geschrie- 
ben, rühren  in  diesem  Codex  noch  her: 

Fol.  61* — 62'':  ;£pistola  (Gassinensium)  de  consuetndine  regu- 

Fol.  63*— 64*:  ,Decretales  pro  ecclesia  Chremsmunstrensi.' 
Fol.  64^:  »Kpistola  de  ccssione  abbacie.* 

FoL  Gö* — 79*:  ,D<^  «ligmuite  ecclcsie  Laureacensis  (chartae  Sym- 

machi,  Agapiti,  En<r«'nii.  Leonis  V,  Benedict!  etc., 
d.  h.  die  bekauutea  Lorclier  Fälschungen). 

Auch  die  Schrift,  in  der  die  beiden  folurenden  Stücke  ge- 
schrieben sind,  weist  mit  der  in  den  vorhergehenden  Theilen 
eine  gewisse  AehuUchkeit  auf: 

Fol.  85*— 96\-  ,De  sancto  Agapito*  (siehe  Anhang  Nr.  2). 
Fol.  97' — 104':  ,8ermo  de  sancto  Agapito.' 

Die  folgenden  Regulae  FoL  105— 139**  sind  von  einer 
anderen  Hand.  Derselben  Hand  scheinen  dagegen  wieder  an- 
zugehören : 


.     .^L.^  l  y  Googl 


379 


Foi.  141*-  146'':  ,Con8titutione9  nionachalüti.^ 
Fol.  146"*- 150':  »jnodalbeschlttSBe. 

Die  folgenden  Stücke  stammen  wieder  von  i'incr  anderen 
iiand  her: 

Fol.  151  --181*:  ^Oonstitaüones.  Vita  8.  Oholomatuii^  etc. 

Fol.  183*— 183":  Lei^nden. 

Fol.  184'— 185*:  ,Dc  sancto  Udalrico.* 

b)  Dar  Cod.  610  der  Wiener  Hofbibliothek  (die  Kataloge  der 
Pateauer  BiieliSfe,  der  bairiiehen  Henoge  und  der  Aebte  Ton 

Xremtmnntter). 

Eb  kann  sieb  hier  nicht  darum  handeln,  den  vielen  Be- 
schreihnngen  dieses  Codex  eine  neue  anznfttgen,  denn  wenn  es 
hier  um  eine  einfache  Beschreihnng  an  thnn  wäre,  könnte  das 
rar  Noth  genüge n,  was  die  ,Tal>b.  codd.  manuscr.  .  .  in 

.Bibliotheca  Vindobonensi'  (I,  106)  sag^en.  Die  folgende  Be- 
schreibung soll  aller,  mit  dorn  xusammenr^pibalten,  was  sich 
unten  in  dem  Abscdniitte  iil)cr  den  ersten  Abtskataloj^  und  aoi- 
iien  Verfasser  findet^  über  die  Art  und  Weise,  wie  der  (Jrosb- 
kellermeister  Sigmar  gearbeitet  bat^  einiges  Lielit  verbreiten. 
Die  Handschrift  wurde  in  KremsmUnster  angelegt  und  gehörte 
dem  Stifte  an.  Darttber,  wie  nach  Wien  gekommen^  ist 
dort  nichts  bekannt.  Sie  enthält  auf  Fol.  l*-<-lö*  Einhards 
yLehen  Karls  des  Qroesen',  Fol.  15' — f)%^  dessen  Annalen  und 
die  y Annales  Laurissenses',  Fol.  56'— Sl**  den  ,Monachus  San- 
gallensis:  Oaroli  Ma|^i  Tita  et  faeta'. 

Oh  diese  Handschrift  mit  jener  identisch  ist^  deren  im 
zweiten  Abtskataloge  Erwähnung  i^^ethan  wird,  ist  zweifelhaft, 
doch  immerhin  un'iji^dieh.  Dort  heisst  es:  Jtom  de  libris  chj'oni- 
cis  chronicam  Martini,  cui  eonseripta  sunt  gesta  Karoli  Magni.* 
Dann  wäre  freilich  der  Ausdruck  ,cui  ;,conscripta"  sunt*  nicht 
gut  gebraucht,  denn  mit  diesem  beginnt  der  Codez^  wie  er 
jetst  vorliegt.  Auf  die  ^Chronica  Martini^  könnte  immerhin  die 
Papstreihe  ffthren,  die  in  derselben  Handschrift  unter  den 
Arbeiten  Sigmars  steht  und  von  Anadetus  bis  auf  Adrian 
reicht.  Wahrschoinitcher  aber  ist  es  doch,  dass  sie  beim  Zn- 
sammenbinden der  einzelnen  Scliriften,  das  später  stattfinden 
mochte,  nicht  mehr  zu  der  ,Vita  Karoli'  gegeben  wurde. 

Arcbiv.  LXXXI.  HU.  ii.  HuHt«  20 


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a8o 

Der  Cod.  Ii  10  f:obr>rt  zu  der  Keilie  jener,  dio  untor  dorn 
Abte  FnVdrieh  in  KfciiismUnstcr  gescliriidien  worden  sind.  Sich 
mit  dor  (icsidnehto  Karls  des  Grossen  zu  befassen,  hatte  da- 
mals ausser  dem  streng  literarischen  noch  einen  besonderen 
Zweck.  Man  besass  aus  dieser  Zeit  Urkunden,  und  was  das 
Wiehti^'^äte  war,  in  diese  Zeit  fUUt  die  Gründung  des  Klostets. 
Mhu  erhielt  eine  und  die  andere  Auskunft  Uber  Baaem  and 
seinen  Herzog,  den  Stifter  von  Kremsmiinster.  Die  ganze  Elin- 
richtnng  mahnt,  wie  man  der  Beilage  Nr.  1  im  Vergleiche  m 
der  zweiten  entninmit,  an  die  Handschrift  401.  Hier  wie  dort 
dasselbe  Fomut^  hier  wie  dort  jedes  Peigamentblatt  in  vier 
Ck>lamnen  getheilt  u.  s.  w. 

Eün  Blick  anf  die  unten  folgenden  Tafeln  I  und  H  lehrt» 
daas  in  beiden  Handschriften  eine  und  dieselbe  Hand  thJUig 
gewesen.  Freilich  bei  einem  nnr  flQchtigen  Anblicke  der  leta- 
ten  Theile  von  610  kOnnte  man  meinen»  es  sei  dort  eine  grös- 
sere Zahl  von  Händen  nachzuweisen.  Sicher  isl^  dass  wir  jene 
Hand  aas  401  hier  wieder  finden,  die  wir  dort  die  Texthand 
genannt  haben.  Sie  erscheint  auf  den  unten  folgenden  Tafeln 
I  nnd  H,  von  denen  jene  aus  610,  diese  aus  401  stammt 

Aber  auch  die  beiden  anderen  kleineren  Schriftarten  sehen 
wir  hier  wieder,  jene,  die  wir  oben  mit  b  und  c  beseiefanel 
haben.  Sie  erscheinen  hier,  um  so  wie  dort  kleine  Verbeesenm' 
gen  vorzunehmen,  Zahlen  anzuftlgen  oder  Hinweisungszeichen 
anzubringen.  Wichtiger  als  dio  ersten  Theile  des  Codex,  die 
von  einer  anderen  Hand  geschrieben  sein  dürften  nnd  bei 
denen  nur  die  Nachträge  von  der  Hand  b  herrühien,  sind  iur 
uns  die  letzten  Blätter  mit  jenen  Aufzeichnungen,  die  mit  der 
Geschichte  KrcmsmUnsters  selbst  in  einer  nälieren  oder  ent- 
fernteren Verbindung  stehen.  Sie  reichen  von  Fol.  82*  bis  *J7- 
und  enthalten:  Fol.  82' — 83"  den  ,CatAlogu8  c[»iscupomm  Pata- 
viensium^;  Fol.  84*— 8G'  den  ,C<'italogus  dueuni  liavarie';  Fol.  86" 
ist  leer;  Fol.  ST"— SR»  ,CalaIogU8  Pataviensium  episcoporum: 
Cum  sacrosancUi  —  dant  Coronas*  (Loscrth,  Gesciiiclitsqucllen, 
S.  12 — 14,  Zeile  12  von  oben);  Fol.  BH*»  eine  Columne  leer; 
Fol.  88'' — HV)"  eine  Columne  ,Nunc  restat  viderc  —  vacuavit'; 
Fol.  89"— 90"  ,Sequitur  videre  —  defecerunt';  Fol.  leer; 
Fol.  9P — 95*  ,Catalogus  abbatum  Cremifanensium*;  Fol.  iK»' 
bis  97'  ^Oatalogus  paparum  ab  Anacleto  usque  ad  an- 
num  777^ 


381 


Diese  Listen  wurden  zu  einer  Zeit  angele^J  die  sich 
lifiite  nocli  bestiniincn  Ulsst.    Fol.  J^H  ist  ,Wernhar(lns'  j^onaTint 
mit  dem  Jahre  1284.    Nacli  diesem  Jahre  wurde  die  Liste 
geschrieben.  Die  folpronden  Worte  ,sedit  usque  ad  anDuiu  1313 
et  centenarins  obüt  et  vacavit  sedes*  sind  spJUer  hinzugefügt 
worden  und  gehören  demnach  nicht  in  diese  Rechnung.  Da^ 
gegen  Fol.  86*:  1231  ,Ludwious  duz  Bawarie  XXXIX  anno 
soi  dueatas  presente  familia  raa  a  quodam  ignoto  cultro  per- 
cnssos  apad  CheDieim  obüt'i  also  1270,  ^eui  sueeessit  filios  eins 
dax  Otto,  qui  iam  ducatum  Bawarie  regit  XXII  annis^  also 
121)2,   tlaiin  von  derselben  Hand  in  rother  'J'iiite:  jOtto';  dar- 
unter:  ,Heinricu8*;  darunter:  ,Otto  et  Stefph.imis)  iam,  seilieet 
anno    1301/    Ebenso   deutlich   lUsst  sich   die  iSache  aus  der 
Abtsliste  ermitteln.    Bei  dem  letzten  Abte  Friedrich  stehen 
voran  die  Jahre  1270  (was  allerdings  nicht  zutreffend  isl^ 
daher  sich  auch  Spuren  einer  Corrector  daselbst  finden)^  dann 
schrieb  er  dazu  ^XXVTTTT*,  hat  aber  in  Erwägung,  dass  der 
Abt  ja  weiter  regiert^  die  Zahl  gestrichen  und  drei  rOmische 
Zehner  sammt  einem  genügenden  freien  Raum  zur  NaehfUlnng 
angctVigt.    Wenn  man  die  ursprüngliche  Zahl  29  zu  1270 
addirty  so  erreicht  iiüiu  auch  wieder  jenes  Jahr,  in  welchem 
die  luventarisirungsarbeiten  in  Kremsmiinster  noch  im  besten 
Zuge  sind. 

Diese  Listen  blieben  im  Gebrauche,  bis  sie  durch  bessere 
ab|]felü.st  wurden.  Das  war  sicher  vor  1313  noch  nicht  der 
Fall;  die  Uaod,  die  den  sonstigen  Text  geschrieben,  fügt  am 
Schlüsse  der  Bischoftreihe,  wohl  gleichzeitig  mit  dem  genann- 
Jahre,  an:  ^sedit  usque  ad  annum  domini  ISIS  et  centenariua 
obüt  et  Tacarit  sedes^ 

Wer  diese  Listen  des  Cod.  610  sieht,  findet  sofort,  dass 
ihnen  jene  des  Cod.  401  in  KromaraUnster  nachgebildet  sind. 
Auch  hier  dieselben  leeren  iiäume  liir  spätere  Kac  htr;i<3re,  auch 
hier  dieseibc  Art  der  Eintragung  in  den  Linien,  über  den 
Linien,  am  oberen,  unteren  und  den  Seitenrändem,  in  einer 

*  Ich  möchte  durch  das  WOrtchen  .arifrr'lofrt'  nicht  wieder  ein  Mifsver^ 

«ät?lnflnif<s  horvornifen  und  bemerke  der  Darstellung  von  Wartz  «»-(»gon- 
über,  »lass  ich  1871  so  wenig-  wie  honte  ilaran  p-nflarht  hn\m,  da«s  dicae 
bischofs-  und  HorKopdistm  ursprfhi^lirh  in  K rcnisiiithiBter  anpelepr^  vvnr- 
den.  Siehe  Waitz,  Sigmar  nud  lltinihnrd  von  KremsmUnster.  ForKcbuu* 
gen  zur  deutschen  Qcscbichte  XX,  S.  6U6. 

26» 


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m 

Schrif^grOsBey  die  sieh  gaiis  nach  der  Gitae  des  rar  Ver- 
f^Sgoiig  stehenden  Baumes  richtet^ 

e)  Der  Cod.  375  der  Wiener  Hofbibliothek  (Anetariiini  Cremifa- 
neme).  Bmige  Bemerkimgeii  nber  den  Schriftehankter  der  ürbar- 

hiioh«r,  das  Todteiibudiat  iL  Ä. 

Dieser  Codex  ist  im  Jahre  1142  angelegt  worden:  ,Hoc 
anno  Über  iste  scriptus  est',*  liest  man  zu  diesem  Jahre,  und 
in  den  Noten  zum  Abtskatali)«,^^  "vvird  beim  Abte  Adelbert  an- 
gefügt: ,ltem  annalis  cronica  est  scripta,  quc  apud  nos  habe- 
tur/' Wie  es  scheint,  wurde  er  bei  der  groissen  Inventari- 
sirunp:,  die  unter  Friedrich  von  Aich  stattfand,  einer  genauen 
Untersueliung  unterzogen.  Dahin  zielen  Notizen,  wie  Fol.  5**: 
jKeliqua  require,  ubi  positum  est  infra  huiusmodi  signum  X'; 
und  darunter:  »deest  unus  areus  seiiieet  duo  folia  ab  anno  54 
usque.  ad  annnm  74'  Der  Codex,  den  schon  Wattenbacli  vor 
42  Jahren  beschrieben  hat,*  enthält  eine  Fülle  von  Nach- 
triif^en,  Hesserun<j:en  und  Ilinweisun^^en,  die  alle  von  der  Hand 
herrühren,  weiche  wir  bereits  aus  den  Codices  Kremsmünster 
401  und  Wien  610  kennen,  denn  dass  die  meisten  dieser  dem 
14.  Jahrhunderte  angehörigen  Nachträge  einer  Hand  zuzu- 
weisen sind,  hat  sclion  Wattenbach  bemerkt:  ,Per  totum  codi- 
cem  sparsae  sant  adnotationes  de  rebus  Cremifanenaibus  et 
PataviensibiiB,  qnaa  primo  intuitu  a  diversis  seculi  XIY  «cripto- 
rihns  veniase  putabam.  Sed  cum  singulas  discemere  oonarer, 
frnstrata  opera  eo  deductus  snm,  nt  pancis  quihnsdam  exceptis 
cetera  omnia  ah  eodem  scripta  esse  extstimem  sed  modo  festi- 
nanü  ealamo  modo  accnFatOy  «joo  tanqnam  vetmtioiiim  anna- 
linm  pars  apparerent'  An  diese  letzte  Bemerkung  milchte  ich 
gleich  eine  Beohachtnng  anftlgen,  die  man  in  dem  Codex 
machen  kann.  Der  Schreiber  bildet  ältere  Zeichen,  die  er  in 
diesem  Codex  findet,  nach.  Im  Cod.  375  findet  sich  in  der 
lütoren  Schrift  jenes  eigenthttmliche  U,  das  dem  Y  sehr  ähn- 
lich sieht,^  s.  B.  Fol.  13*:  yYolnsiaBns';  FoL  4*:  ,Yespasianns'. 

1  NUlicres  hierüber  siehe  nnlen  §  8:  4)er  Abtiketelo^  nnd  Min  Teffitteer.* 

'  Cod.  37r>,  Fol.  63  \ 

'  Lo!«erth,  Ge«chichtsquollen  von  Kremsmttneter,  ti. 

*  Mon.  Genn.  Ilist.  Script.  IX,  p.  481. 
Leider  fanden  sich  keine  Lottern  für  dieses  und  die  näch8ten  Zfiichen 
vor.  Das  V,  dem  T  JIhnlich,  hat  den  enrten  Thmletrieli  auRgebogen*  der 


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383 


In  einer  Schrift  des  12.  Jahrhunderts  finden  wir  das  natttr- 

Hch:  nicht  so  in  einer  des  14.  Jahrhunderts.    Man  tindct  aber 
von  der  Hand,  welche  in  375  die  Nachträge  einzeichnet,  im 
Cod.  610  <?cnau  so  das  U,  Fol.  9P:  ,(C)Ym'  n.  s.  w.  Nicht 
rinders   steht  es  mit  dem  Buchstaben  E;  er  benützt  dio  dorn 
12.  Jahrhundertc  angehörige  Form  E  mit  Vorliebe,  z.  B.  Fol.  90*': 
E  in  ,£ngclbcrtus^  Von  hier  scheint  er  auch  das  eigenthüm- 
liehe  SS,  das  einen  Haken  an  der  Seite  trägt,  genommen  zu 
haben.   Ich  habe  dies  Zeichen  allerdings  sowohl  in  Urkunden, 
als  auch  in  Bttcherhandschriften  gefunden,  z.  B.  in  der  Grazer 
Handschrift  des  Magnus  yon  ReicherBperg  zum  Jahre  1951; 
Fol.  92*':  yHaertwicus^;  ebenso  in  einer  und  der  anderen  Ur- 
kunde selbst  noch  vom  Ende  des  13.  Jahrhunderts,  jn  sop:ar 
noch  in  einer  vom  Jahre  \'M\1.    Aber  dieses  Vurkommen  ist 
im  Anfange  des  14.  Juhrhuntierts  schon  sehr  vereinzelt,  dann 
erscheint  es  meistens  in  deutschen  Wörtern,  um  den  Umlaut 
zu  bezeichnen.    Hier  finden  wir  es  nicht  blos  im  Cod.  610, 
sondern  auch  in  allen  bisher  besprochenen  Handschriften,  man 
kann  sagen  mit  Vorliebe,  oft  mit  einer  gewissen  ztir  Manierirt* 
heit  werdenden  Aufdringlichkeit  (siehe  Waitz,  Mon.  Germ.  Hist. 
Script.  XXV,  Taf.  IV,  und  Achleuthner,  Das  älteste  Urbarium 
▼on  Kremsm  finster,  Beilage  Taf.  I).    Sollte  der  Schreiber  es 
nicht  ans  Cod.  375  j^enommen  haben,  wo  es  auT  uiancher  Seite 
viermal  angewendet  wird?   Fol.  44**:  ,HaMnricus  rex  Boemiam 
petit.*  932:  ,flii;iüricus  Abodritarum  et  Nordmamionira  regem 
christianos  cffecit^  u.  s.  w.    Er  wendet  es  noch  in  demselben 
Cod.  375  an.  979:  ,Sanctus  Wolfknngus  episcopus  damit  Ratis- 
pone  et  Hairtwicus  Salzpurge';  Fol,  49":  ,mansus  in  Wachflsin'; 
Fol.  52^:  ,BanctU8  Berchtoldus  GiBrstensis  primus  abbas  damit'. 
Es  schdnt  also  wie  bei  U,  £  und  einzelnen  anderen  Zeichen 
ein  Archaismus  zu  sdn,  dem  er  huldigt  Wir  können  dies 
Streben  auch  im  Todtenbuche  von  KremsmUnster  finden.  Auch 
dort  sind  einzelne  Naniea  mit  Buchstaben,   die  denen  einer 
idicreu  Zeit  uachgebildet  sind,  p:eschrieben. 

Dieser  Schreiber  zeichnet  nun  im  Cod.  375  mit  Vorliebe 
schon  für  die  ältesten  Zeiten  jene  Dinge  ein,  die  auf  Krems- 
mUnster irgendwelchen  Bezug  haben,  z.  B.  zum  Jahre  164: 


swoite  Tbeti  bi«gt  neh  weil  unter  dem  e»leii  fort  Da«  hie  und  da 
in  der  Mitte  eingebogen,  iiat  oben  an  der  Schleife  einen  scharfen  Abatrich. 


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, Quarta  persecucio  chribtiaiionim  orta  CBt^j  dazu:  ,in  qua  et 
Agapitus  puer  quindoniiis  ai)iul  Pifiiestiiiain  iiiartyrio  coroiui- 
tiir/  Mit  249  beginnt  er  auch  liier  wie  in  Ii  10  mit  dem  Kai-er 
Philippus  und  seinem  Solme  die  fabelhaft4?'  Oeschichte  der 
Loreher  Erzbischöfe:  ,ls  Philippus  cesar  Pannonie  superioris 
fuit  et  infi^rioris  ac  ^lesiarum,  qui  arcbiepiseopatum  Laureaecn- 
sem  exftltjivit  .  .  /  oder  268:  ^Eucherius  LaureAceosis  archiepi« 
toopuB  sedit,  qui  coneilio  Sardieensi  interfuit^  u.  s.  w.^ 

Mit  508  greift  er  die  Geschiehte  der  Baiern  auf  und  flögt 
die  wichtigsten  Daten  in  ihr»  r  Ix  kaniiten  fabelhaften  Gewan- 
dung an,  Alles  Dinge,  die  wir  in  den  Noten  des  Cod.  610  und 
im  Texte  von  401  wiederfinden.  Die  Schrift  ist,  wie  schon 
Wattenbach  bemerkt  hat,  nicht  Überall  gleichmMssig:  an  eini- 
gen Stellen,  80  namentlich  FoL  26,  ist  sie  von  ausserordent* 
lieber  Schönheit,  an  anderen  Stellen  flüchtiger  und  kleiner, 
ganz  so,  Mfie  wir  dies  aus  den  beiden  genannten  UandBchriften 
kennen.  Auch  hier  finden  wir  jene  drei  Schriftarten  wieder, 
die  wir  dort  als  Textschrif);,  als  Schrift  b  und  c,  beseichnet 
haben,  auch  hier  sehen  wir  die  eigenthümlichen  Zeichen  4 
und  n  in  der  feinen  Schrift  von  e^  von  denen  auch  hier  das 
erstgenannte  nicht  ,obiit'  hetsst,  sondern  eine  allgemeine  Ver- 
weisung andeutet.  Schon  Wattcnbacb  hat  in  dem  Schreiber 
jenen  Mann  gesehen,  der  den  Cod.  610  mit  seinen  Glossen  ver- 
schen hat.  Er  hätte  noch  hinzulllgen  können,  der  alle  die  auf 
KremsniUnstcr  bezüglichen  Thoile  liieser  Uandschriil  geschrie- 
ben liat. 

Man  Laim  aber  noch  weiter  gehen  und  sagen:  Die  bei- 
den Exemplare  des  ,  Li  her  |K>ssessionum'  und  des  ,Liber  privi- 
legiorum*  sind  von  einer  und  derselben  Hand  gcsehriel)en,  und 
zwar  ist  es  dieselbe  Hand,  vvelehe  wir  im  Cod.  fHO  und  375 
der  Witiuer  llot  bibliothek  uud  401  in  KremsmUuster  gefunden 

'  Der  8cbnttb6r  prunkt  an  vi^n  8tell«&  mit  seinen  chronologiachen 
KennUuMen,  «o  i.  B.  wenn  er  ao  einer  Stelle  sagt,  den  die  Jehre  der 

Zoitiechnung  nicht  stimmen:  .ad  niinum  298;  nota  qnod  anni  poutifica- 
tiis  l.iiii  ot  Cleti,  Hcilicot  22  in  online  suceessivo  pojHintur,  et  pr«>i)ferrta 
est  liic  urior.  Ponutiir  er|»o  priniu  locu  post  s.  l*eürum  puntificatiis  s.  C'lo- 
ineuti»  au  t  :ioUui»  aut  M.  (»ic !  uiedii  V)  et  tercü,  ot  eic  uouconiabit  passiü 
Tbebeornm  tempore  imperatoris  a.  Dioeleeiani  et  apoetoUd  Maroellini,  qni 
oedditar  et  Marcielliu  succedit  po»t  Eueobinm,  inde  Meleiadee*  etc.  Ebenso 
Fol.  84^:  ,N(»n  eoneordant  cronioe  in  temporiboe  piq»e  SergU  et  impera* 
tori«.' 


385 


haben.  Aach  im  yLiber  possmionnm'  und  ^priTilegiomm^  finden 
wir  dasselbe  Verhttltniss  der  drei  Schriftarten.   Der  einrige 

Unterschied  ist  der,  dass  jene  Schrift,  die  wir  die  Textechrift 
geniiiiiu  habeu,  im  Codex  Kridftricianuis  entspreclicud  der  bo- 
deutend«'n  Grösse  des  Codex  etwas  grösser  genommen  wurde. 
Am  grossu;]!  ist  sie  im  Codex  Fridericianns  A,  kleiner  in  B, 
noch    etwas,  wenn  aut  li   unbedeutend,  kleiner  im  Ood,  401, 
dann  in  375  und  610.    Auch  hier  hat  dieselbe  Uand  sich  in 
dreifacher  Weise  bemerkbar  gemacht:  in  der  Schrift  des  Textes 
und  der  kleineren  Schrift  der  Nachtrage^  die,  wenn  e»  sehr  an 
Raum  mangelte,  noch  etwas  TeijOngt  wurde.   Die  Textschrift 
unterscheidet  sich  von  der  Schrift  der  sogenannten  Ptacht- 
werke  ans  der  Zeit  FViednchs  Ton  Aich  Kunttchst  dadurch, 
dass  die  Schäfte  alle  noch  ungebrochen  sind,  selbst  im  Fride- 
rieianus  A,  wo  man  wegen  der  (irüssi-  des  (jodex  imd  dem- 
entsprechend der  (»rösse  der  Scliril't  Im  i  *  iis  eine  reine  (soge- 
nannte) Gothik  erwarten  sollte;  nicht  emmal  die  Neigung  dasu 
ist  vorhanden.    Dagegen  findet  sich  die  I^igatur  von  a  und  e 
in  auffallender  Weise,  in  Worten,  wo  man  dies  nicht  vennuthen 
Bollley  und  so  gehäuft,  dass  man  auch  hier  sagen  darf,  es  ist 
Manier  eines  Schreibers  geworden.   Dass  diese  Ligatur  nicht 
immer  auf  den  Umlaut  deutet,  sieht  man  ans  WOrtem  wie 
Elrtech,  ^mperg,  gmeinfßr,  pODi  u.  s.  w.  Und  wie  im  Cod.  401 
so  auch  hier:   man  tindet  diese  manierirte  Form  nicht  blos  in 
der  sogenannten  Tcxtschrift,  sondern  auch  in  der  Schrift  b,  ja 
selbst  in  der  ausserordentlich  feinen  Schrift  c.  Fol.  Gl'':  Schön- 
laüikebcn.    Uasselbe  ist  mit  dem  eigenthlimUchen  d,  mit  dem 
^enartig  gebrauchten  Zeichen  für  ,con^  ^  u.  A.  der  Fall.  Man 
wird  festzuhalten  haben,  dass  aucli  hier  die  grosse,  mittlere 
und  kleine  Schrift  von  einer  einzigen  Uand  herrtlhrt  Der 
mittleren  (b)  begegnen  wir  noch  in  vielen  anderen  Krems- 
mlinsterer  Handschriften.  Wer  auch  immer  der  Schreiber  ge- 
wesen, die  meisten  der  unter  dem  Abte  Friedrich  in  ein  Ver- 
zeichniss  aufgenommenen  Handschriften  sind  durch  seine  Hände 
gegangen  und  enthalten  Sfjuren  von  ihm. 

Aurli  im  Totlu  iibuche  linden  wii*  die  Züge  von  b  wieder. 
Diese  Uand  hat  zunächst  die  Worte:  ,(Iste  Über)  est  (eeclesie) 
8(ancti)  Agapiti  m(ona8terii)  in  Ohremsmunster^  geschrieben. 


*  Et  bat  ftote  unten  emen  Haken  «ngefttgt. 


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386 

Auch  hu-r  IiikIcii  wir  die  oben  angeführten  eburaktenätischeu 
Merkmale  ^viede^,  und  zwar  nicht  blos  in  dor  ächrifl  son- 
dern auch  in  c. 

In  der  mittlereu  Schrift  b  sind  z.  B.  die  oben  (S.  363> 
erwähnten  Actiiistiieke  geschrieben,  in  denen  die  Trauerteier 
fUr  die  abgestorbenen  Mönche  von  Kremsmiinster  geregelt  wird. 

Uebcr  jene  Handschriften,  in  denen  sich  die  Schrift  b 
üudety  worden  zunttclist  noch  einige  Andeutungen  zu  macheD 
sein.  Man  wird  aus  ihnen  entnehmen:  der  Mann,  dem 
diese  Schrift  angehörte,  muss  an  der  Feststellung  der 
Eigenthums-  und  Kochtaverhilltuisse  des  Stiftes  mehr 
als  irgend  ein  Anderer  mitgearbeitet  haben. 

§  6.  Die  Ordnimg  der  Bibliothek  ron  Kremsmiinster 
anter  dem  Abte  Friedrich  Ton  Aich. 

Dieselbe  Sorgfalt,  die  der  Abt  Friedrieh  von  Aich  dem 
liegenden  Besitze  zuwandte,  brachte  er  auch  den  beweglichen 
Besttsthttmem  entgegen.  Die  Bibliothek  wurde  nicht  nur  reich 
vermehrt,  sondern  es  wurde  auch  Sorge  getragen,  dass  die 
vorhandenen  Btlcher  einer  genauen  Durchsicht  unterzogen  wer 
den.  Auf  jedem  Buche  wurde  an  der  Spitze  eine  Note  an* 
gebracht,  die  das  Eigenthumsreoht  des  Stiftes  bekundete.  Man 
suchte  alle  tbeologisehen  Schriften  zusammen,  also  die  Schriften 
des  heil.  Augustinus,  Ambrosius,  Hieronymus,  Origenes,  Cyprian, 
Rernhardus,  die  biblischen,  liturgischen  und  homiletischen  Schrif- 
ten, die  Passiunsbiielier  und  Lriienden.  die  exeii'etiselien  Seliriften 
berühnitiT  Doetoren,  Biieliur  juridisclien  Inhalts,  pliilosophibciie 
Arbeiten.  Stiulien  aus  der  Astrologie,  Arithmetik,  Geometrie, 
Physik,  31usik,  Khetorik,  aus  der  Mcdicin,  endlieh  die  lüstori- 
seliun  Schlitten.  Es  sollte  nicht  blos  ein  suiiiinarisehes  Ver- 
zeichniss  iin«]:eh»2:t,  sondern  vielmehr  jede  einzelne  Schrift  auf- 
<ri"/.eie)in»'t  werden,  wozu  es  leider  nielit  mehr  iz:ekonmien  ist. 
Daher  Imden  sich  an  jenen  Stellen,  wo  der  Selu'iften  der  einzel- 
nen Verfasser  geda<'ht  wird,  im  Abtskat^duge  se  tnosse  Lücken: 
,It<'ni  de  hbris  Augustini*,  folgen  13  leere  Zeilen;  ,lteni  de  Ubris 
Gregorii*,  folgen  11 V \j  leere  Zeilen;  ,Iteni  de  libris  Ambrosii*, 
8*  2  leere  Zeilen;  ,ltem  de  libris  Hieronymi',  ^Vs  leere  Zeilen; 
,Item  de  libris  Origcnis',  10  Icei-e  Zeilen;  ,Item  de  libris  Cypriani*, 
>if  ,Itcm  de  libris  Bemhardi^,  10  leere  2^1on,  und  so  geht  es 


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387 


bei  allen  jenen  SchrifteD,  die  nur  somniarisoh  genannt  sind. 

Dass  freüich  der  lecr^bliebene  Raum  hingereicht  hätte,  nm 
.ille  d\ü  Bilcher  eiii/utragcn,  die  man  von  einem  Autor  bcsuss, 
uKu  hten  wir  billig  bezweifeln.  Die  Worte,  die  das  Besiterecht 
des  Klosters  wahren  soUten,  lauten  zumeist:  Jste  über  est  cc- 
clesio  sancti  Agapiti  monasterii  in  Obremsmiuibter.'  ^  Von  den 
im  Abtekataiogc  angefllhrten  Werken  ist  zum  Glück  noch  ein 
groeser,  -rielleicht  der  grössere  Theil  bis  2u  dieser  Stande  vor^ 
handen.  Es  finden  sich  beispielshalber  noch  die  Schriften  vor, 
die  der  Arrt  Wemher  dem  Kloster  geschenkt  hat»  nnd  yon 
denen  es  im  Kataloge  der  Aebte  heisst:  ^Itern  de  Übris  medi- 
cinaKbns,  qnos  frater  Wemherus  medicos  dereliquit,  seilieet .  .  / 
Ebenso  der  .Liher  passionum  et  legondarnm',*  die  ^Serinoncs^,^ 
die  , Summa  Senteneiarum  Petri*,*  dann  Manches  aus  den  ,Libris 
metricis  seu  rytliniicis^* 

Nicht  wünig:;e  von  den  so  erhaltenen  Codices  erinnern 
noch  heute  an  die  Arbeiten  der  von  dem  Abte  Friedrieh  ein- 
gesetzten Commissiony  und  die  Art,  wie  das  der  Fall  ist,  ist 
beseiohnend  gonng.  Heben  wir  beispielshalber  den  Cod.  27 
heraus.^  In  einem  seiner  ältesten  Stücke  findet  sich  ein  Ver- 
zeichniss  der  Schriften  des  heil.  Angastinus:  Jncipit  mdicium 
Kbforom  sancti  Augustini  episcopi  a  Possidio  episeopo  oomposi* 


'  Das  ist  s,  B.  beim  TodtonbudiA,  dem  unten  in  bespredienden  CocL  27 
und  vielen  «nderen  Bfkhern  der  Fall. 

*  Er  enthält  ^e  iPaaslo  o.  Thome  episcopi  et  martyrifl,  Bauciorum  Haclia- 
beoruin',  die  ,Geata  Tel  paasio  sancti  Leodeg^arii  episcopi  et  confSessoris*, 

die  fPassiü  snuctrinim  martyrnm  Kilinni  et  Hocioruin  oiiit^,  die  ,V]ta 
•ancti  Btirciiardi  ttoiifessorisS  die  «Pasaio  t.  Ubnatopliori*  elc, 

*  üemelttt  sind  nmichBt  die  Codd.  14  nnd  880. 

*  iSenteneie  Petri*,  Fol.  27 

*  Von  den  hiolicr  gehürigen  Schriflcn  habe  ich  bei  dor  Kürze  der  mir  zur 
Verfügung  stehondoii  Zeit  nur  Einzelnes  durchnehmen  kOniuMi  Ks  findet 
aWh  ohi''  Srlirift  mit  dcMn  Anfange:  »Ituijiit  rithtnnn  i\c  iiudii.ui'Mio  per 
Septem  Lorts-  uiit  HMiidhemerktinfren,  die  ganz  der  Zfit  FricdridiM  Vf>n 
Aich  angcböruu  iii»d  von  der  Hund  herrühren,  die  aui-h  die  Sdiritti'n 
de«  sogenannten  T^crnardns  Noricu«  mit  Randglossen  veraschen  hat.  dnnn 
jlncipit  qiüdam  diulugitü  Hninie  et  curporis  homiuiä  muriontui/  Kguiiuj», 

ood.m 

*  Wie  er  beute  vorliegt,  bestand  er  1300  nicht;  beule  sind  noch  tünig» 
jüngere  Schriften  angefügt,  auf  denen  sieb  natOrlleb  Ten  den  oben  er- 
wibnten  Bandnolen  nicbts  finden  kann. 


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3S8 

tum.*  Da  beisst  es  bei  dem  Werke  ,De  utilitate  rn^drndi': 
Juibcmus*,  Dieses  ,hahi  }nuif'  ist  von  dvr  Hand  i;»  ^rlirn  Ix  n.  «ier 
die  mittcljJTOSseTl  Randuoteu  dos  aojf^enHniileii  Jirniardu^  (  n  lex 
angehören.  Und  so  liest  man  zu  ,Solilo(juioriim  libri  II":  Jinbt- 
mus*;  ,De  agone  christiauo':  ,ha}>emns*;  ,De  aermonc  evan- 
gelii  in  Monte*:  ,habemu8';  ,De  In  prineipio  erat  verbum,  col- 
kbtio*:  ^hemu»';  ,Item  de  doctrina  chrisiiana  libri  quatuor*: 
fQuortim  un%tm  habemui'f  ,Confcssionum  libri  XIIP:  fHaec  habe 
mris';  ,Dc  opere  mofnachonim* :  ,habemn$*;  ,De  virginitate  Hb.!*: 
jhabemua'f'  ,De  bono  ooniagaH  lib.  I':  ,kabmnui*.  Zu  dem  SatM: 
^Quatemio  unus  quem  propria  mano  8.  Augustiniu  episeopos 
iiii(  iavit*  befand  sich  eine  Note,  die  aber  nun  snm  grossen 
Tbeile  yerkratxt  tat  ^De  pneseneia  Dei':  ,hah0mu»';  yPsalmo- 
mm  expofliclo  a  primo  a  primo  uaque  triceaimum  aecundum': 
,Hahenna  omnet  in  quatuor  voluminUfw'^ 

Dieselbe  Hand  findet  sieh  in  gleicher  Weise  auf  dem 
ersten  Blatte  desselben  Codex:  JncipU  proiogns  sancti  Augu- 
stini  episcopi  in  librum  qui  dicitnr  Encheridion  ad  Lauren- 
cium.'  Am  unteren  Bande  stand  eine  Note,  von  der  man  nur 
noch  Spuren  findet 

Fol.  3:  ,£xplicit  prologos.  Incipit  über  Encheridion  saoeli 
Augustini/  Der  ganse  Tractat  enthält  feine  Randnoten  der^ 
selboD  Hand,  dann  Hinweisuugszeichen,  wie  wir  sie  genau  so 
auf  den  ersten  Blättern  des  sogenannten  Bemardns  Könens 
finden.  Beliebt  ist  besonders  das  Zeichen  4  oder  N^^nota, 
oft  sehr  verzogen.  Dieselben  Zeichen  finden  sich  in  einer 
demselben  beigebundenen  Schrift  des  Petrus  Damiani.  Zu  zwei 
Ijidlen  (Jrcgors  VIL  sclirich  lUryclbe  Hand  folgeiulc  Noten; 
jNota  (niclit  ganz  zu  Ic;scii,  da  das  ßhitt  am  Kaudc  zu  stark 
bescliuittcij  ist):  Isto  Gregorius  VII  (auch  hier  die  Gewöhn 
heit,  die  ZitTcrn  über  die  Nann  n  zu  schreiben)  papa  .  .  .  n 
dictus  fuit  Hiltjirandus  .  .  .  prior  Gluniacensis  et  (a)postolicc 
sedis  legatus.  In  d.  LXXXUI  Si  quis  foruicarius^  etc.  bis  ,ab 


Ehn;  Anmerkung  xu  Valeriuin  de  nupciis'  ist  ntui  verwischt.  Somt 
liiiiU'u  sich  noch  solche  Anmerkungen  zu:  ,Ex  evangeliu  luhanuls:  Nuu 
potest  tilius  favero  quic^uatn  etc.  Ex  eodem  lobaone:  Pater  euim  dili- 
gU  filiiun,  Do  Trinitat«.  Da  In  prineipio.  De  lobanntt  BaptiM».  De 
deoem  vixfinibna.  Probet  ^  orando.  InHane,  de  aancta  individiiitate. 
lugttm  meura  suave/  und  noch  bei  einer  weitenn  Aauhl  von  Wel- 
ken, die  wir  iiier  Übergehen  liOnnen. 


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889 


ofHcio  suspendutur.^  ^  Weiter  unten:  G.  vivua  et  mortuus 
.  .  .  roiraculis  gloriosus.^ 

An  die  Arbeiten  dieser  Commission  erinnern  die  Codices 
XIY,  VII,  XXIV,  CCLXXX,  XXXU,  LXX  w.  «.  Immer  ist 
es  der  genannte  SLlneiber,  der  sich  bemerklich  macht.  Im 
Cod.  XIV  hat  er  dreimal  die  Wort©  eingeschrieben:  ,Iste  liber 
est  sancti  Agapiti  martyris  in  Chremsmunster/  Von  derselben 
Hand  finden  sich  im  Cod.  VII  die  Worte:  y£a  qae  continentur 
in  hoc  volumine,  reperies  adnotata  post  hanc  quatemum/  Die- 
selbe Hand  achreibt  im  Cod.  XXIV:  Jncipit  dialogue  beati 
Gregorii  pape/  Liber  primns,  Fol.  S:  ,De  sancto  Libertino'} 
Fol.  U*:  ,Nota  bec  ezempla'.  ,Fol.  59  hat  er  ein  dem  Jahre 
1314  angehörendes  Ereigniss,  die  Geschichte  einer  FVan  Gislla, 
die  den  Heiland  im  Saoramente  sah,  angemerkt  Eine  Ungere 
Note  findet  sich  Fol.  77^  und  so  noch  dfter.  Es  ist  die  Hand, 
die  sich  auf  der  von  Waita  seiner  Aufgabe  des  Bemardns 
Noricus  beigegebenen  Tafel  (Mon.  Germ.  HisL  Script.  XXV, 
Tab.  IV,  Mitte  links)  und  noch  besser  auf  der  zweiten  Tafel 
der  AcUeuthner'schen  Ausgabe  des  ältesten  Urbarinms  rechts 
am  Rande  findet  Von  draser  Hand  finden  sich  Noten  im 
Cod.  CCLXXX.  Cod.  XXXU  trägt  wieder  an  der  Spitae  die 
Worte:  Jste  Uber  est  sancti  Agapiti  in  Chremsmunster.  Incipit 
exjto.sic'io  beati  leronymi  super  Ecclcsiasten/  auf  dorn  letzten 
lilalto  (lit-  Zeilen:  ,Hic  Über  cuutinct  isla:  Prinio  cxposicionem 
beati  leroiiymi  super  Ecclesiasten.  Item  cxposicionem  Albiia 
super  eundem.  Item  cxposicionem  Wilrammi  &uper  Cant.  Cant.' 
Von  den  Seiiiilien  des  übengenauiileii  Physikers  Wernhcr  iindet 
sich  Einzelnes  im  Cod.  LXX.  Von  der  i,'enannteii  Hand  stam- 
men die  Wolle  her:  ,8Hncti  Spiritus»  asbit  nubiö  grucia.  Wern- 
hcrus.  Lil)er  sancti  Agapiti  monasterii  in  Chremsmunster.'  Eben- 
so an  der  Spitze  des  bcigebiuuleneii  ,BÄrbarifimus  Doiiati  ;j;^rnin- 
matici^:  ,Iste  est  hbcr  8.  A^^apiti  m.  .  .  /  Und  öo  tiiulen  wir 
diese  Hand  des  sogenannten  Bernardus  Norirus  in  vielen  Codices, 
entweder  um  das  Eigenthumsrecht  festzustellen,  oder  um  hie 
und  da  auch  zu  corrigircn  und  zn  commentiren.  Gewiss  ist  es 
wichtig,  dass  alle  diese  BUcher  solche  sind,  die  im  Kataloge  der 


'  Aaf  der  folgenden  Seite:  J6'  O.  in  d(i8tinoeione):  Conaentire  videtnr,  qnl 
ad  reeeenada  qne  coirigi  debent,  non  mennit.*  Und  eo  aaeh  auf  der 
nioliflteo  Seile. 


390 


Ael»t«>  autV^t'zählt  werden.  Sie  sind  alle  durch  die  HJlnde  dieses 
Schreibers  gepiiii^eii,  der  ofTonbar  ein  Inventar  aufnahm,  eine 
Arbeit  also  verrichtete,  die  einen  Theil  der  grossen  orgaoi- 
satonsobeD  Tbätigkeit  des  Abtes  Friedrick  von  Aich  bildete. 

§  ?•  Zweek  der  Blschofis-  und  Eenogsliste  Im  Cod.  <(10. 

Wer  die  Bischofs-  und  Her/.o^sliste  im  Cod.  610  einer 
Betrachtung  unterzieht,  findet,  auch  wenn  er  die  Einleitang 
zur  Abtaliste  noch  nicht  gelesen  hat,  wo  von  ihrem  Zwecke 
die  Rede  ist^  diesen  ohne  Mühe  heraus.  Weder  die  Herzogs^ 
noch  die  Bischoisliste  enthalten  etwas  von  Krenumfinsterer 
Sachen.  Beide  waren  in  Kremsmanster  nicht  entstsaden,  und 
dorty  wo  sie  entstanden  waren,  hatte  man  keinen  Orund^  auf 
KremsmUnster  sonderlich  Besug  zu  nehmen.  Im  Cod.  610  smd 
beide  Listen,  Ton  geringen  Zusätzen  am  Ende  abgesehen,  in 
einem  Zuge  geschrieben.  Das  ist  bei  der  Ablsliste  nieht  der 
Fall.  Dort  hat  ein  Autor  lange  —  wohl  einige  Jahre  —  zu 
tbun  gdiabt,  bis  die  Liste  ihre  jetzige  Gestalt  eihielt  Und 
das  ist  ja  begreiflich.  Die  Bischofs-  und  Hmogslisfeo  stand 
fest,  den  Abtskatalog  hatte  der  Autor  erst  zu  entwerfen,  und 
um  dies  thun  zu  können,  bedurfte  es  ausser  den  Urkunden 
des  Archivs  noch  der  beiden  Listen;  diese  sollton  ihm  das 
Gerüste  bilden,  mittelst  dessen  der  Autbau  des  Abtskatalogcs 
erfol^rcn  konnte.  Diesen  aber  brauchte  man  sehr  notliwendijsr. 
uiu  die  Keilienfolir*^  der  Privilegien  des  Stiftes  festTinstellen.  um 
zu  bestiniuien,  unter  welchem  Abte  diese  gegeben  wonleii 
seien:  .Qui  dum  orrlineni  datoium  privile^iorum  et  qnoruin 
abbntum  tniipore  essent  data  vel  iiumerum  eorundom  qii«  rer<  t, 
nequaquam  perfectc  poterat  invenire  .  .  /  Um  (Hf^-sf  Arbeit 
zu  vollenden,  nitisste  grosse  Mühe  und  viel  Zeit  angewendet 
worden.  Die  Privilegien,  die  ,<>onica  annaiis*,  die  Todten- 
bUcher  gaben  über  viele  BVagon  nicht  genügende  Auskunft. 
In  diesen  Quellen  suchte  man  in  erster  Linie  nach  den  in 
Rede  stehenden  Personen:  ^icut  potuit,  ex  priTÜegüs  et  ex 
chronicis  ac  ex  defnnctorum  calcndariis  colligere  annotavit .  . 
Da  KremsmUnster  zur  Passauer  Diöcese  gehörte,  lange  Z(üt 
dem  Biätlmme  einverleibt  war  und  auch  nachher  in  so  vielen 
engen  Beziehungen  zu  ihm  stand,  da  man,  was  noch  wichtiger 
war,  eine  ziemliche  Anzahl  von  Bolchen  Privilegien  hatte,  die 


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891 


TOD  Passaaer  Bischöfen  ausgestellt  waren,  in  vielen  anderen 
auf  die  Pasaauar  Biach(^fe  Beang  genommen  wird,  da  man  im 
Gebiete  von  Eremsmtlnster  so  viele  Kirchen  und  in  den  Kirchen 
Altttre  hatte,  die  von  ihnen  geweiht  worden  waren,  da.  man 
endlich  andereraeita  von  Paasauer  Bischöfen  auch  gar  vieles 
Ueble  hatte  erdulden  müssen,  so  musste  natuigemilss  der 
Wunsch  rege  sein,  eine  Liste  der  Passauer  Bischöfe  zu  haben, 
wie  sie  ja  auch  die  meisten  KlOster  in  Oesterreich  schon  be- 
sessen. Im  18.  und  14.  Jahrhunderte  enthalten  diese  Listen 
oft  schon  die  fabelhafte  Herleitung  des  Passauer  Bisthums  von 
dem  Lorcher  Erzbistfanm.  Man  nahm  eine  solche  Liste,  die 
bis  aum  Jahre  1285  reichte  und  den  Bischof  Bernhard,  der  in 
diesem  Jahre  den  bischöflichen  Stuhl  bestieg,  noch  enthielt. 
Sic  enthielt  nichts  als  Namen  und  Zahlen.  So  nahe  es  ge- 
legen wäre,  ein  und  das  andere  Datum  aus  der  Gescliielite 
von  Kremsmünster  einzutüten,  wie  etwa  vielleicht  Eiui^^es  aus 
der  Geschichte  des  Bischofs  Manc'^uld,  der  doch  zuvor  Abt  in 
Kremsmiiüster  gewesen:  es  ist  nichts  davon  angefllgt  worden. 
Es  heipst  einfach:  ,1201  Manegoldus  episcopus  Patime  sedit 
sine  pallio  annos  novem,  menses  tres.'  Ebenso  findet  hieb  über 
die  Beziehungen  des  T^ischofs  Altmann  zu  Kremsmünster  auch 
nicht  die  leiseste  Andeutung. 

Tm  Besitze  dieser  Liste,  konnte  man  die  entsprechenden 
Ansahen  in  den  Privilegien,  der  Clironik  u.  s.  w.  näher  er- 
läutern. Man  schrieb  bei  den  einzelnen  Bischo&namen  zu, 
welche  Privilc<!:ien  er  dem  Kloster  gegeben;  solche  Noten  wur- 
den dem  Bischöfe  Regraar  beigesetzt:  ,Iste  a.  d.  1140  dedit 
claustro  montem  sancti  Martini';  dann  dem  Bisehofe  Theobald: 
,forte  propter  violenciam  quam  intulerat  Chrcnismunster.  Hio 
dedit  noliis  Chirchperch';  Wolfger:  ^c  dedicavit  capellam 
sancti  Michaelis  in  Chircli]>erch;  hic  cum  duce  Leupoldo  .  .  . 
lerusalem  ivit';  Ulrich:  ^Hic  remisit  steuram  in  Mantam  et 
dedit  de  Puchel  in  Privilegium  monasterio  Chremsmunster^  qnod 
speciali  iure  nobis  attinet';  Büdiger;  ^Hic  commutavit  Wnis- 
ehirchen  et  dedit  in  Privilegium:  Recognoscentes  etc.  .  .  / 
(folgt  eine  Stelle  aus  dem  Privilegium).  Diese  Notisen  wur^ 
den  von  derselben  Hand  nicht  blos  an  den  Rand  dieser  Liste^ 
sondern  auch  in  die  ^Chronica  annalis'  eingetragen.  Und  so 
war  es  auch  bei  der  HeraogsHste.  Der  QrUnder  des  Stiftes 
war  ein  Baiemherzog.    HeraM>gc  von  Beiern  hatten  in  der 


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399 


Alteren  Zeit  es  reicli  begabt.   Die  Reihenfolge  der  bairischen 
HerBoge  genau  za  kennen,  war  daher  noch  wichtiger;  an  einer 
Stelle  liest  man:  ^ec  dicta  sunt,  nt  elarescat  huins  nostri 
anctoritas  fondatoris/   Auch  hier  wftnschte  man  an  wissen^ 
wann  die  einseinen  Hensoge  gelebt,  welche  Aebte  ihre  Zeit- 
genossen  waren,  von  welchen  man  FriTÜegien  hatte,  n.  s.  w. 
Gleich  bei  Tassilo  wurde  am  Rande  in  rother  Tinte  angemerkt: 
tAnno  777  monasterium  Chremsmilnster  edifieavit/  An  späterer 
Stelle:  ,PriTilegium  dncis  Heinrici  habet,  quod  Welfo  dnx  dedit 
hnbara  Hall.    Huius  filins  Heinricus  dedit  manstim,  qiit  cora- 
routatus  est  pro  alio  manso  in  montc  vicino  .  .  .    Itera  hu  ins 
Heinrici  filius  Heinricus  dux  conHrmavit  donacioiiem  bonorum 
ab  Horenbach  scorsum  in  ChremsmÜnstcr/    Anch  nach  den 
Herzocrgliaten  konnte  man  nun  die  Daten  der  Urkunden  in 
mannigfiiclirr  Weise  ergänzen.    Man  fand,  dass  Herzog  Weif 
das  Out  iStt  iiiporz   gössen   Mochundorf   an   das   Kloster  ver- 
tausclite.    Wann  war  da^  V     Kn^^ähnt   wird  der  Abt  Abrain, 
dessen  Zeit  man  darnacli  l)cstimmen  konnte. 

Man  na})ni  also  einen  Katalog  der  Herzoge  von  Baiem, 
der  bis  in  du  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  reichte,  von  wo  aus 
man  ihn  in  Kremsmünster  selbst  fortsetzen  konnte.  Solche 
Kataloge  standen  an  mehreren  Orten  schon  in  Gebrauch.  Sie 
begannen  mit  508,  in  welches  Jahr  die  bairische  Stammsage 
die  Kinwandenmg  der  Baiem  verlegt. 

Da  man  fbr  diese  Zwecke  auch  einer  Papstliste  bedurfte, 
so  schrieb  man  eine  solche  ab,  und  zwar  zuniielist  nur  bis 
zum  Papste.  Adrian,  demselben,  der  dem  JBUoster  die  kostbaren 
Reliquien  des  heil.  Agapitus  ankommen  liess,  was  in  der  Liste 
am  Schlosse  anter  einem  angemerkt  ist:  ,Adrianus  sedit  Ronie 
XOVm  loco  post  Petrum  apostolorum,  cnins  tempore  Tassilo 
dnx  constnudt  noetrum  monasterium  anno  Domini  777  et  snnm 
filiom  ab  ipso  papa  baptiaari  procnravit  et  corpas  sancti  Aga« 
piti  martfris  ab  eodem  sibi  dari  peeüt  et  nobis  attnllt/ 

Doch  wir  sind  dem  Gfegenstande  vorangeeilt  Vor  der 
Papstreihe  wurde  bereits  der  Abtskatalog  angd^.  Deutlicher 
als  bei  dem  Bischofs-  nnd  Hersogskataloge  acht  man  bei  dem 
Kataloge  der  Aebte,  wie  diese  ganze  Arbeit  in  dem  aller- 
engsten  Znsammenhange  mit  der  unter  dem  Abte  Friedrich 
Toigenommenen  InTentarisirung  steht. 


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898 


§  8.  Ber  erste  Abtskatalog  and  sein  YerllMser. 

Wir  sind  an  dem  Kemponkte  der  gansen  Unteranchung 
angelangt  Viele  haben  bisher  die  Eremsmilnster  betreffenden 
Theile  des  Cod.  610  dnrchfbrscbt,  beschrieben,  nachgebildet,  * 
aber  wenn  irgendwo,  so  darf  man  hier  die  Worte  des  Dichters 

sagen : 

,Ich  weis  wol,  ir  ist  tII  gewesen, 

die  von  IVistande  hftnt  gelesen; 
und  ist  ir  doch  niht  vil  gewesen, 

die  Ton  Im  lehls  haben  gdesen/^ 

Und  doch  kann  nur  ein  genaues  Betrachten  dieser  Hand- 
schrift die  Lösung  aUer  einschlfigigen  Fragen  bringen.  Was 
enthält  der  Abtskatalog  In  610?  Nicht  mehr  als  das,  was  anr 
Ordnung  der  Privilegien  von  Kremsmttnster  am  nnerlJIsslichsten 
war:  die  Jahre  des  Regieroagsantrittes  der  einzelnen  Aebte, 
deren  Namen  und  die  einseinen  Privilegien,  die  ihnen  ron 
geistlicher  oder  weltlicher  Seite  xutheil  geworden.  Einige  Bei- 
spiele mögen  das  Gesagte  verdeutlichen.  Heben  wir  fllnf  in 
diesem  Kataloge  unmittelbar  aufeinander  folgende  Aebte  her- 
aus: Gerhart,  Erchenbert,  Peselin,  Dietrich  und  Alram* 

1040  ,Gerhardu8.  Huius  tempore  computate  sunt  omnes  res 
ecdesie  mobiles  tarn  in  libris  quam  in  vestibus  con- 

secratis/  * 

1060  jErchenbertus.  Huius  tempore  datiim  est  nobis  Privi- 
legium ab  Heinrico  imperatore  de  Schutsing  et  Diet- 
halming.' 

1060  ,Pezelinus.  Hic  redemit  loeum  ecclesie  in  Thalheim  cum 
dote  sua  a  quodam  servo  sanctt  Agapiti  snb  Albino 
advocato.' 

1072  yDietrieus.  Huius  tempore  domino  Altmanno  episeopo  eon- 
6nnante  tradita  est  nobis  ecdesia  in  War^[>eroh  et 


*  Gottfried,  TUte,  181. 

•  Das  Invent.nr  fand  man  im  Klostor,  wo  Jineh  noch  ein  Sltpros  im  )  !•  ' 
neren  ,Coilex  millenarius'  nach  dorn  ENnnjrf'liiini  (Ins  heil.  Mnlthäiis  ,iiif- 
hpwnliH  wnrflf»    Siolio  Hnfr".  I^fi?'  Wirki-ti  der  MfiuMlictinerabtoi  Krems- 
münt«tar,  8.  27.    Die  genannten  Inrentaro  siehe  in  meiner  Aiu^ahe, 
S.  C7»  68. 


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m 


mtaumÄ  in  Wachaein  et  apud  no8  reformata  est  qae 
deoreverat  monastica  diBCipUna.^ 

1093  jAlramas.  HuiuB  tempore  Bcriptus  est  matiitmalis  fiber 
chori  antiquns  et  datum  est  nobis  priYÜegiam  ...  de 
Petenpach  .  . 

Man  sieht,  es  sind  in  ei*ster  Linie  die  Privilepen  des 
StifUsy  aas  denen  der  VerCasaer  die  Kunde  von  den  Aebten 
und  deren  Aufeinanderfolge  gewinnt.  Von  vielen  Aebten  be&nd 
8i(;li  im  Kloster  wohl  eine  alte  Tradition;  damit  begnügte  man 
sich  nicht;  man  suchte  nacb  urkundlichen  Daten:  ^Sunt  enim 
plures  abbates,  quoram  rcgiminis  tempus  nescitur^  seitieet  Ho- 
holdus  .  .  .  Sigmanzs  .  .  .  Beitoldns  .  .  .  Wolfi:ama8y  quorum 
si  aKqui  dicto  Fater  successerint,  nequit  sein  .  .  Oder  man 
hatte  Frivilegien,  kannte  die  Aussteller,  wusste  aber  nicht, 
welchem  Abte  sie  ertheilt  worden:  ^Et  acLendom/  quod  eciam 
a  domino  Karolomanno  hnios  Amnlfi  patre  data  sant  tria  privi- 
legia  de  plurtbns  rebus  a  se  ipso  et  a  suis  capellanis  nostre 
ecelesie  delegatis,  sed  qui  abbates  tunc  prefuenmt  huie  loeo 
.  .  .  nullatenns  invenitur.' 

Manche  Notiz  fand  man  in  der  Chronik  des  Hauses.  Doch 
was  war  das  für  ein  scliwacher  Behelf?  Die  ,Chronioa  anna- 
\W  war  ja  erst  1142  augelegt  worden,  und  das  Kloster  bestand 
seit  777.  Der  erste  Abt,  von  dem  mau  in  der  Chronik  sichere 
Kuiide  hatte,  war  Alram,  und  auch  da  fand  man  nur  das  Jahr 
seines»  Rücktrittes,  nicht  seines  Antrittes.  Erst  von  Alram 
konnte  man  eine  rechte  Abisiiste  aufstellea;  ,Abhinc  abbatum 
ordo  in  ehronicis  invenitur  usque  ad  Rudolfum/  d.  h.  bis  1210. 
Das  Weitcrc  wusste  man  aus  mündlichen  Berichten:  ,Abhinc 
abbatum  ordo  cognoscitur  ex  reiatu.' 

Sichere  Zahlen  hatte  man  also  vom  Abte  Hermann  bis 
au  Friedrich  y<m  Aich,  und  nun  ist  es  interessant  sa  beob- 
achten, wie  wenig  man  sich  damals  im  Stifte  auf  die  heiT' 
sehende  Tradition  verliess:  Man  aeichnete  in  die  anzu- 
legende Liste  erst  jene  Aebte  ein,  von  denen  man 
völlig  sichere  Kunde  hatte.  Fttr  jene  Aebte,  die  man 
noch  nicht  sicher  bestimmen  konnte,  liess  man  vorne  eini|^ 
Seiten  frei.  Der  Abtshatalog  begann  also  bei  der  urspiilng* 
liehen  Anlage  gar  nicht  mit  den  jetzigen  Anfangsworten  ,Cum 


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Antiqua  ecelesia  CremsraunstrensiB',  sondern  mit  dem  enten 
AbtC;  den  man  in  der  «Chronica  annaUs'  las. 

Im  Cod.  375  liest  man  aber  Fol.  52":  1123  .Alramos 
abbatia  decesRit.  llennannus  eligitur  in  abbatem,  qui  in  brevi 
eliminatur.    Adalrammus  abbas  ubiit/ 

Fol.  52".  1126:  ^ermannus  abbas  yita  decessit  Ödalriciu  senior  . 

abbas  preficitur.' 
Fol.  &3*.  1131:  ^Ödalricua  (darüber:  ,1  de  Ohremsmunstiure') 
abbas  obiit.   Ödalricus  innior  successit'  (Uber  dem 
Namen:  ,11  in  Gbremsmunstiure^. 
Fol.  53^  1146:  ,Ödalricas  abbas  obiit  Adelbertus  successit' 
Fol.  M^  1159:  »Adelbertus  abbas  obiit' 
1160:  ^Hartinus  abbas  efficitur.' 
^Martinas  se  .  .  .  lans  (?)...  abbatiam  resignat' 

Hier  sind  awei  Stellen  radirt 
1165:  jAdelrammus  (darüber  von  zweiter  Hand: 
in  abbatem  eligitur  .  . 
Und  so  geht  es  fort. 

Diese  Kamen,  bei  denen  man  immer  gleich  die  Zahlen 
hatte»  trag  der  Verfi»ser  ans  der  »Oronica  annalis'  in  den 
Katalog  ein.  Cod.  610,  Fol.  92**:  ,M  .  .  .  Alramus.  Huiua  tem- 
poie.  .  .  .  MCXX  Hermannus  .  .  Fol.  93*:  ^MGXXVI  Vitt- 
cos  (anch  hier  ganz  wie  in  der  Vorlage  die  Ziffer  darüber 
geschrieben)  .  .  .  HCXXXI  Ulricns.'  DarUber:  »H  .  .  . 
MGXLVI  Albertus  .  .  .  MOLX  Martinus  .  .  Fol.  93": 
,MOLXIV  Aliamns  de  Geraten  .  .  .  MCLXXÜI  Ulricns  de 
Gersten  .  .  .  MOCVI  Chunradus  de  Sintensteten  .  .  Fol.;^94*: 
,MOCIX  Bcr(n)liardus  electus  .  .  .  MGCX  .  .  .  Rudolfns'.  .  . 
HGCXXI  Heinricns  .  .  .  MCCXLVn  Ortolfiis  .  .  J  Fol.  94": 
»MCCLVI  Berchtoldns  .  .  .  MCCLXX  ...  Fridericus.* 

Dass  anfangs  thatsächlich  nur  jene  Acbtc  eingetragen 
wurden,  von  denen  man  im  Kloster  f^anz  sichere  Knude,  sei 
es  aus  den  Annalcn  oder  ex  relatu,  hatte,  kann  man  ius  dem 
Cod.  ßlO  noch  hin  zu  dieser  Stund«  deutlich  entncluueii.  So 
ist  z.  B.  auf  Ful.  lU"  (siehe  die  Beilage  Nr.  1),  siebente  Zeile 
von  unten,  der  Käme  Fridericus  «.ingetragcn.  Der  Name  des 
Abtes,  zu  dessen  Zeit  die  Auf/eiehnurii,^eii  tremacht  wurden, 
erfuhr  die  Aiis/.eichiiunir,  dass  er  in  ^jr^isserer  Selirift  gubcli rie- 
ben wurd(\  denn  w.ilireud  die  Buchstaben  des  dancbeustehcn- 

ArchiT.  LXXII.  Bd.  II.  Uilfte.  27 


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den  Textes  nur  2  Millimeter  hoch  sind,  haben  jene  eine  H(5he 
▼on  3  Millimeter.  Die  Tinte  ist  eine  von  der  des  sonstigen 
Textes  verschiedene.  So  finden  wir  es  auch  auf  derselben 
Seite,  7.  Zeile  von  oben,  mit  dem  Abtsnamen  Berchtoldos, 
der  auch  noch  um  Einiges  grösser  und  schärfer  geschrieben 
ist  als  der  Übrige  Text.  Und  so  auch  auf  der  Seite  vor- 
her die  Namen  Ortolfus  (^>4");  wo  zwar  die  Buchstaben  nicht 
grösser  sind,  aber  die  Schrift  in  Bezupf  auf  die  Tinte  hervor- 
sticht, so  bei  ,Hcinncus'  (Fol.  1>4*,  7.  Zeile  von  oben),  ,Kudol- 
fus'  (ebenda,  1.  Columnc,  7.  Zeile  von  unten)  und  Jn  ri  ojhar- 
du8*  (ebenda,  7.  Zeile  von  oben),  so  Fol.  O^i*":  ,Cbuuradus  de 
Siiitenstetcn',  wo  das  überflüssige  n  durch  eine  Correctur  ge- 
tilgt wurde,  ,Manigoldus  .  .  .  Ulrirus  de  Gersten  .  .  .  Al- 
ramus  de  Gersten'.  Auf  Fol.  t>3»  treten  die  ursprünglichsten 
Kiiitra;,Mni;4-en  —  di<-  .'Kbtsnaincu  ganz  allein  —  am  deutlich- 
st« ii  luTVor:  .Martiiius,  Albertus.  Ulricus,  Ulricus',  und  so  noch 
ViA.  '.'2'':  ,Herniunnu«  .  .  Von  diesem  Abte  angefallenen  wur- 
den all«;  Abtsnamen  mit  den  Zahlen  des  liei;ierungsaiitritt'S, 
die  man  beide  in  der  ,Cronica  annaiis'  oder  aus  dem  Munde 
noch  lebender  Mitbrüder  hatte^  eingetragen.  Bemerkenswerth 
ist  es  hiebei  immer,  dass  man  gerade,  was  den  letzten  Punkt 
betrifft,  bei  dem  Abte  Friedrich  einen  Fehler  machte.  Sonst 
aber  ging  man  so  sicher  als  möglich.  Man  schrieb  demnach 
im  Ganzen  fünfzehn  solche  Namen  ein.  Sonst  stand  anfäng- 
lich nichts  oder  nahezu  nichts  dabei^  wie  man  dieses  noch 
ganz  deutlich  Fol.  94'  sehen  kann,  wo  auf  die  Worte,  be- 
ziehungsweise Ziffern:  ,1209  Ber(n)hardus  electus*  fünfisehn 
leere  Zeilen  folgen.  Genau  so  sieht  man  es  auf  Fol.  92^,  wo 
auf  die  Worte:  1120  ,Hermannus  tribus  annis  prefhit.  Huius 
tempore  . .  .*  nichts  mehr  folgt.  So  wurde  offenbar  das  Schema 
aufgestellt.  Erst  dann  zeichnete  man  zu  den  Namen  ein,  was 
man  aus  ihrer  Regiei*ung8zeit  in  sichere  fir&hrung  brachte, 
z.  B.  Fol.  94*  beim  Abte  Rudolf:  ,Hic  construxit  capeUam 
beate  Marie.'  Dann,  zweite  Einzeichnung:  ,Huius  tempore 
datum  est  nobts  privücgium  de  ecdesia  in  Puchchirchen.' 
Dieses  Privileg  fand  man  im  Archive;  sein  Inhalt  konnte  also 
bald  vermerkt  werden.  Später  schrieb  man  dazu  —  es  ist 
aber  doch  dieselbe  Hand  —  ,et  remissum  perchrecht  de  Plikers» 
perch';  dann:  ,et  absoluta  est  ccclesia  nostra  ab  oppressione 
advocatorum  per  L.  11  ducem';  dann:  ,Item  absoluta  est  dccima 


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in  Achllten';  ebenso:  ,Item  absoluta  est  steura  in  Mautarn^ 
Dazu  kommt  dann  eine  Anzahl  allgemeiner  historischer  Notizen, 
die  am  unteren  Bande  der  ersten  Golumne  beigefügt  sind. 
Beachtenswerth  ist  die  Notiz,  die  noch  hieher  gehört:  ,Abhinc 
abbatum  ordo  cognoscitur  ex  relatu.'  Noch  beachtenswerther 
ist  die  knapp  an  das  Ende  des  fllr  die  G^esehichte  dieses  Abtes 
noch  freigelassenen  Raumes  gedrängte  Notiz:  ,Hic  rediens  a 
Roma  Tervisii  mortuus  sepelitur/ 

Nicht  weniger  lehrrcicli  ist  der  Abschnitt  über  den  Aht 
Manegold,  Erste  Einzeichuuu^;  .lalir  des  Eintrittes,  N.iiue. 
Zweite  Einzciciiuunj^^:  liegierungsjalu-c  und:  ,postea  liictiis 
episcopus  rutavicnsis.  Iliiius  tempore  eonfirmata  et  aueta  sunt 
predia  nostra  in  Vieehtuaiieh  et  data  curtis  qiiedaiu  apud  Sicr- 
iiikli  et  jtrivilegiuiu  fle  punte  in  Wels/  Dritte  Einzeich- 
nuüir  (luan  sieht  hier  deutlich,  wie  die  Feder  neu  ansetzt): 
,ltem  eeelcsia  in  Vorichdorf  data  est  iiohis/  Vierte  Ein- 
zeich ming  (neuer  Federansatz):  ,Item  ideni  f'actns  episoopus 
Pataviensis  dedit  no})is  vlnc.im  in  Plikersperg."  Fünfte  Ein- 
zeichnung  (Tinte  schwärzer,  Schriftzug  derselbe):  ,Item  datum 
est  nobis  predium  propc  Kor.'  Sechste  Einzeichnung,  zu- 
sammenhängend in  blässerer  Tinte:  |Huius  abbatis  tcmporo 
magna  fuit  in  ecdesia  disscnsio^  quia  intrusus  per  Diepoldum 
episcopum  fratreni  stinm,  fratres  nionasterü  ad  Luciom  papam 
appellauteS;  cum  breviter  esset  defunctus,  per  successorem  cius 
Urbanum  tertlum  iinem  discordie  acceperunt.  Cuius  litis  sciipta 
require  in  Übro  De  excepcionibus  ecclesiasticis  ante  K  (viel- 
leicht K « Kegistrum  Jeronymi*).  Endlich  folgen  oben  und 
unten  am  Rande  Notizen  in  der  feineren  Schrift. 

Man  steht  aus  diesen  Beispielen  zur  GenOge,  in  welcher 
Weise  die  Abfassung  des  Katali^es  vor  sich  gegangen:  Wenn 
man  aus  einer  Urkunde  eine  sichere  Angabe,  aus  irgendeiner 
Quelle  eine  auf  Kremsmttnster  bezügliche  Notiz  gefunden  hatte, 
so  wurde  dies  in  dem  Kataloge  bei  dem  betreffenden  Abte  ange- 
merkt Bei  manchem  konnte  man  aus  den  Privilegien  gar  nichts 
finden,  daher  blieb  der  ihm  zugewiesene  Raum  unausgeftillt. 

Und  so  kann  man  die  ursprungliehe  Anlage  des  Kataloges 
noch  jetzt  in  der  Handschrift  deutlich  erkennen.    Der  Ver- 


*  T>h'  bötreHeridon  Stü<  ko  siiul  die  Nuiuiiiern  41,  42,  43,  44  «nd  45  im 
Kremsinünsturer  UrkundeiibticL,  8.  54 -  &8. 

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fasser  setzte  von  jenen  Abtanamen,  Ober  die  es  keineo  Zweifel 
mehr  gab,  je  zwei  auf  eine  Golnmne,  Tier  auf  eine  Seite,  und 
zwar  immer  einen  auf  die  7.  Zeile  von  oben  und  die  7.  Zeile 
▼on  unten  (beziebungsweise  die  7.  und  24.  Zeile).   Die  da* 
zwischenliegenden  Zeilen  sind  ursprünglich  ganz  leer  gewesen 
und  bei  einigen  Aebten  sind  sie  es  auch  geblieben.  Die  ersten 
Aufzeichnungen  machte  der  Verfasser  da,  wo  er  seiner  Sache 
ganz  gewiss  war.    Aus  der  Regierungszeit  seines  Abtes  Fried- 
rich waren  ihm  alle  Urkunden  und  auch  jene  Thatsaclien,  die 
nicht  in   den   Urkunden    verzeichnut    waren,   bokaiint.  Hier 
konnte  er  unverweilt  in  einem  Zuge  schreiben.    Und  su  war 
es  auch  in  Betreff  der  Regierung  des  zweitletzten  Abtes  Bercb- 
told.    Wer  die  unten  bei^egebenc  Tafel  Nr.  1  anblickt,  sieht, 
dass  Alles  von  einer  Hand  an  schrieben  ist.    Dieselbe  Persön- 
lichkeit, welche   1  -   Namen  Berchtoldus  geschrieben,  hat  auch 
alles  Weitere  ungclug^t.    Ein  Wechsel  in  der  Tinte  tritt  ( r?t 
ein  nach   ,Hnin8  tempore*  auf  der  zweiten  Columne,  h.  Zeile 
von  unten:  ,anno  domini  1304  coniputatis  .  .  /  Zwischen  dem 
Folgenden  und  dem  Vorhergehenden  hegt  ein  Zeitraum  von  vier 
bis  iUnf  Jahren;  die  Hand  ist,  wie  man  sieht,  immer  noch  die- 
selbe. 

Man  wird  also  festzuhaiten  haben,  dass  die  Hand,  von 
der  die  Einzeichnung  der  Abtsnamen  UerriÜirt,  auch  den  Text 
von  Fol.  1)4''  geschrieben  hat  (siehe  Beilage  Nr.  1).  Man  kann 
die  Gleichheit  der  Schrill  in  den  ftinfzehn  Namen  und  der  auf 
Fol.  94**  bei  allen  Buchstaben  bis  in  das  Einzelne  verfolgen. 
Man  wird  z.  B.  ohneweiters  zugeben,  dass  das  H  in  ,Heinricns', 
Fol.  94*  ganz  gleich  ist  den  vielen  H  im  weiteren  Texte  von 
94^,  z.  B.  in  der  Marginalnote  ,Huius  tempore^,  in  ,Hic  restau* 
ravit'  u.  s.  w.  Dasselbe  gilt  rem  R  in  ,Badolius',  94%  2.  Co- 
lumne, 7.  Zeile  yon  unten,  und  ,Rugeru8',  3.  Columne,  12.  Zeile, 
in  dem  Worte  ,Heinricns',  94%  T.Zeile,  und  ,FHdericu8%  13.  Zeile. 
Hier  wie  da  zieht  er  durch  die  Buchstaben,  die  er  hervorheben 
will,  einen  Strich. 

Wenn  man  aber  zugeben  muss,  dass  sämmtliche  Eigen- 
namen und  der  zu  den  Aebten  Berchtold  und  FHedricb  ge- 
hörige Text  von  einer  Hand  herrOhrt,  so  muss  mau  weiter 
sagen,  dass  dieselbe  Hand  die  ganze  Schrift  geschrieben  hat^ 
welche  wir  die  Textschrift  geuaimt  haben  —  auch  den  Anfang 
des  Abtskatalogcs. 


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I>ie  Art  des  Entstehens  dieses  Katiiloges  erklärt  es,  wes- 
halb   die  Tinte  so  oft  wechselt,   vviilirond  die  ilaud  dieselbe 
bleilit.    Man  sieht  es  ptiiz  deutlieli,  dass  mau  es  in  dem  Abts- 
katiiioge  von  610  mit  einem  Entwürfe  zu  tlnm  hat.   Es  fehlte 
in  dem  Kataloge  so  viel,  was  dann  an  den  KUndern  nachge- 
tragen werden  muflste.    Man  hatte  ja  nooh  nichts  darin  aufge- 
Dommen  als  Namen  des  Abtes,  Antrittsjahr,  knappen  Inhalt 
seiner  Geschichte.   Die  wichtigsten  Daten  aus  der  allgemeinen 
Oescliichte  fehlten:  welche  Päpste  damals  regierten,  welche 
Kaiser,  welche  Bischöfe  von  Passau,  welche  für  die  Kloster- 
zucht bedeutsamen  Verordntmgen  da  und  dort  erlassen  worden 
waren.     Alles  das  niusste  mm  in  irgendeiner  Weise  nach(]cetra- 
cfcn  werden,  und  da  für  die  Nachträge  die  wenij^en  frei^^eblie- 
bt  in'ii  Linien  nicht  mehr  ausreicbten,  so  nahm  man  die  Käuder  * 
zu  Uilfe.  Was  man  am  schmerzUchsten  vermissen  mochte:  von 
den  Achten,  deren  Katalog  es  ja  schliesslich  war,  waren  nicht 
einmal  die  Todestage  eingeschrieben,  man  wusste  nicht,  wo  sie 
begraben  waren.  Hier  war  es  in  erster  Linie  nothwendig,  £h> 
gänasnngen  anzobringen;  und  wenn  man  nun  dies  Alles  zusam- 
menbält;  wird  man  sich  nicht  wundem,  dass  der  ganze  Kata- 
lo^,  wie  er  im  Cod.  610  vorliegt,  mit  Noten  wie  ttbersttet  ist. 
Diese  finden  sich  nicht  blos  zwischen  den  Zeilen,  sondern 
auch  an  den  oberen,  mittleren   und  Seitenriindern.    Und  wie. 
in  einem  rechten  Concejito  finden  wir  im  Texte  und  in  d(  n 
Noten  einzelne  Worte,  ja  häutiger  noch  ganze  Satztbeile  und 
äätze  ausgcstnchen;  so  die  Note:  ,Ilie  abhas  (nilmlich  der  Zeit- 
genosse Friedrich)  usum  iniule  non  habmt  nec  habere  studuit; 
eins  tarnen  tempore  ipsom  Privilegium  in  sacrario  Pataviensis 
ecdesie  cum  XVI  et  eo  amplius  .  .  .  cognitum  .  .  .  fuit'  Es 
lag  doch  ein  leiser  Vorwurf  darin  gegen  den  regierenden  Abt, 
dsss  dieser  sich  um  ein  ihm  gebührendes  Recht  nicht  be- 
kümmere,  und  80  strieli    nun  lieber  die  ganze  Note  weg. 
Solche  Streichungen  bielit  man  auf  Fol.  04.  und  es  ist  inter- 
essant zu  bemerken,  sie  betreten  dtii  Entwurf  einer  Stelle, 
mit  dem  der  Schreiber  nieht  zufrieden  war,  denn  mit  wirklich 
bedeutenden  Schwierigkeiten  hatte  der  Autor  zu  kämpfen. 

Am  schwierigsten  war  es,  die  Reihenfolge  der  ersten 
Aebte  (precipue  a  Snelperone  usque  ad  Dietricum)  festzustellen, 
und  so  hat  man  die  ersten  Aebte  von  Fater  bis  auf  Dietrich 
erst  eingezeichnet  als  man  einigermassen  in  der  Lage  war, 


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400 


dies  tliiin  2tt  können.  Wieviele  Scliwierigkeitün  die  Festselaniiig 
der  Namen  und  Zahlen  dieser  Aobto  machte,  sieht  man  :im 
deutlielisten,  wenn  man  die  entsprechenden  Angaben  in  375 
und  610  zusammenhält.  Man  seichnete  diese  Abtsnamen  erst 
in  610  ein,  von  da  wurden  sie  in  975  eingetmgon;  nun  stellte 
sich  oft  genug  der  Fall  heraus,  dass  die  Zahlen  nicht  passten. 
Während  in  610  Gerhard  ohncweiters  zum  Jahre  1040  ange- 
setzt wird^  sagt  derselbe  Schreiber  in  376:  ^Gerhardus  abbas 
prefuit.  Circa  hec  tempora  seu  plus  yel  minus/  Ebenso  bei 
Erchenbertus:  ^circa  hoc  tempora  sive  plus  vel  minus/  Pese- 
linus  steht  in  610  zum  Jahre  1060,  in  375  ist  sein  Name  beim 
Jahre  1063  weggestrichen  und  zum  Jahre  1057  gesetzt  Den 
Abt  Dietrich  hatte  375  erst  beim  Jahre  1066,  dann  aber  hin- 
zugefügt: ,1Icc  notnla  debet  subsequi  circa  annum  domini  1060', 
und  so  stand  wohl  auch  in  610  erst  1066.  Das  wurde  wcg- 
radirt  und  die  ricbtirrere  Zahl  ang(  ln-i.  Genau  so  linden  wir 
CS  hei  Alram.  So  kciuii  man  denn  noch  heutigen  Tages  aus 
der  Handschrift  seihst  die  Worte  des  Abukataloges  erkennen: 
,Qui  dum  orfliiicra  datorum  privih'iriorum  et  quorum  al»l»atum 
tempore  esscnt  data  vel  numerum  <  •  »rundem  quereret  ahbatuiu, 
nequaqnam  jk  rloete  poterat  invenire.' 

l>i<  srr  (T^tc  Th<'il  niusste  also  zuletzt  ausgeführt  wt-rden. 
Man  sehrielj  ihn,  sohaM  inan  »ich  einmal  für  eine  bestimmte 
Ucilienfolge  der  ilUercji  At  l)ti'  entschieden  hatt«-,  ein;  sie  ?inH 
denn  auch,  mit  Ausnahme  eines  Nnmens,  der  iiodi  iiinin  r 
nicht  feststand,  in  einem  Zuge  geschrieben.  Da  man  bei  der 
Anlage  nicht  wusste,  wieviel  Abtsnamen  der  ältesten  Zeit  ein- 
zureihen sein  würden,  konnte  man  sich  auch  an  das  Schema, 
nach  welchem  imni«^r  nur  zwei  Abt>n:\mcii  in  mner  Columne 
stehen  sollten,  nicht  halten.  Wir  finden  daher  auf  dor  be- 
treffenden Columne  (untere  Ilillfte)  allein  nicht  weniger  als  drei 
Namen:  ^Gerhard us,  Krchenbortus,  Pezelinus/  In  der  nSch* 
sten  Columne:  ,DictncuBy  Alramus^  Hermaunus';  dazu  dann 
noch  in  Cursivschrif^  unten:  ,Sigmam8  abbas',  oben:  ,Wolf- 
ramus  abbas,  Hoholdus  abbas'.  Das  sind  offenbar  die  letzten 
Partien  gewesen,  die  in  das  im  Jahre  1297  begonnene  Werk 
eingefügt  wurden.  Auf  der  ersten  Columne  wird  noch  des 
Jahres  1303  gedacht,  doch  finden  sich  yereinzelte  Nachtrige 
noch  in  dem  Bischofskataloge  zum  Jahre  1313.  Damals  war 
demnach  der  Kremsmttnstercr  Cod.  401  noch  nicht  angelegt 


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401 


denn  sonst  hätte  man  das  betreffende  Datum  nicht  mehr  hier, 
sondern  nnr  mehr  dort  angemerkt.  Auch  die  Eiinleitung  wurde 

nun,  d.  Ii.  um  1305  oder  1304,  angefügt;  sie  hat  filr  uns  ein 
um  so  t,q*r).sscres  Interesse,  als  wir  endlich  der  Frage  nach  dem 
Verliisser  dicoes  Katalog't's  niili('rriick<  ii  können. 

I^ass  das  immer  noch   eine  Frage  ist,  muss  eigentlich 
Wander  nehmen^  und  für  mich  ist  es  denn  auch  seit  1871  nie 
t  inc  Frage  gewesen,  «umal  im  Cod.  GIO  ausdrücklich  Sigmar, 
der  Ghrosskellermeister  des  Stiftes,  als  der  bezeichnet  wird,  der 
,daB  da',  d.  h.  das,  was  folgt,  geschrieben;  ,qui  ista  scripsit'. 
Die  ganze  Stelle  lautet:  ,Tempore  domini  Friderici  abbatis, 
ordinacionis  sne  anno  XXVI  ex  consih'o  conventus  et  prec  ipnc 
Hertwici  prioris  ac  imperio  eiusdcm  abhatis  Sigmarus  tunc 
cellerarius  summns  una  cum  villicis  et  officialibus  ad  hoc  ne- 
cossariis   omnes    nostre   ecclesie   })()bscssiüiies  perambnlans  et 
diligciicms  investigans  scriptam  nobis  adtulit  nostrorum  rcddi- 
tuum  totam  summam  immo  pocius  reliquias  rerum,  que  rapto- 
ram  manus  ef^gere  contingebant,  qiii  deinde  in  voluminibns 
sunt  melius  ordinati.  IVeterea  et  privilegia,  que  transoripta  olim 
fuemnt,  de  ipsis  instrumentis,  antieqnam  yetnstate  corrumperen- 
tnr,  Tel  eerte  priusquam  per  rapinas  per  rapinas  dissipancium 
auferrentor,  et  que  in  nostra  ecclesia  poterant  aut  alibi  reperiri, 
similiter  scribi  fccit  .  .  /  Damit  erweist  der  Abtskatalog,  dass 
die  beiden  Arbeiton,  von  denen  oben  öchon  gesprochen  wurde, 
der  ,Liber  posses  i  mihi'  und  der  ,Liber  privilegiormn',  auch 
auf  Sigmar   zurückzutüiiren    sind.    Die   von   ilim  angelegten 
J^chriften  wurden  nur  ,melius  ordinati'.    Der  Begründer  des 
ähestou  Urbarbuches  ist  somit  (ausser  dem  Abte,  der  den 
Befehl  zur  Abfassung  ertheilte)  Sigmar.   Von  ihm  sagt  der 
Katalog  weiter:  ,Qm  dum  ordinem  datorum  privilegiorum  et 
quorum  abbatum  tempore  esscnt  data  vel  numerum  eorundem 
quereret,  nequaquam  perfecte  poterat  in  venire  (etwas  später 
angefugt:  ,precipue  a  Snelperone  usque  ad  Ditricum*),  verum 
tarnen  sicut  potuit  ex  privilegiis  vi  ex  chronicis  ac  ex 
defunctornm  calcndariis  colli^cre  annotavit,  incipiens  a 
primo  abbate  iuiius  loci  et  perduccns  ad  illum  abbatem,  cuius 
tempore  ista  scripsit.' 

Und  eine  gleichzeitige  Randnote  sagt:  ,His  eciam  addidit 
diem  obitus  abbatum  vel  locum  sepulture,  sicut  a  senioribus 
didicit  annotare.' 


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402 


Damit  ist  doch  «^'osugt,  dass  der  Mann,  der  das  ürhar 
und,  nachdem  er  dic«<^8  angefertigt  Imtte,  die  Transsiiiuiruug 
der  Privilegien  veranlasst  hat,  auch  den  xVbtskatalog'  vom  rrsten 
Abte  an  bis  auf  seine  Zeit  ^geschrieben  hat.  Kr  liat  Namen 
und  Zahlen  aneinandergereiht,  die  Privilt  i::it  n  der  einzelnen 
Achte  dazu  geschrieben  und  die  Todestage  und  die  Begräbniss- 
stätten derselbea  angefUgt:  ,sicut  a  senioribus  didicit  annotare^, 
d.  h.  wir  dürfen  in  ihm  \rohl  den  sehen,  dem  schon  Tordem 
die  Führung  des  Todtenbuches  anvertraut  war. 

Nach  alledem  scheint  jeder  Zweifei  ausgeschlossen,  einen 
Anderen  als  Sigmar  als  den  Verfasser  dieses  Abtskataloges  an- 
zunehmen. l!ilichtsdestoweniger  ist  dies  an  sich  80  klare  Ver- 
hältniss  jüngst  durch  Georg  Waitz  verdunkelt  worden.  Er 
findet  den  Katalog  ,wesentlich'  als  Sigmars  Werk/  ,wemi  aneh 
▼ielleieht  in  der  Weise^  dass  das  von  ihm  gesammelte  Material 
von  einem  Anderen  in  die  vorliegende  Form  gebracht  wurde'.* 
^Denn  gerade  dieser  Katalog  enthalte  so  viele  Aenderungen,  Zu- 
sätze, wie  es  schebt  von  verschiedenen  Bünden,'  mit  verschie- 
dener Schrift  und  Tinte,*  dass  das  Urs2)rUngliche  vieUSftch  gar 
nicht  mehr  zu  erkennen  sei.' 

Und  so  sagt  Waitz  an  einer  anderen  Stelle,  dass  das 
Kremsmttnsterer  Abtsverzeichniss  ein  Werk  sei,  das  jedenfalls 
auf  Sigmar  zurückgehe,  aber  in  seiner  ursprünglichen  Gestalt 
nicht  mehr  vorliege.* 

Nach  meiner  Ueberzeugung  liegt  die  Sache  so,  wie  sie 
die  Einleitung  zum  Abtskatnlo'j^«',  deren  Wahrlieit  zu  bezweifVln 
kein  Grund  vorhanden  ist.  und  die  mau  dtiin  über  Bord  zu 
werleu  kein  Recht  hat,  darlegt.  ,Ista  scripsit'  —  ich  weiss 
nicht,  mit  welchem  Rechte  Ci.  Waitz  diese  Wort»'  mihetlkk- 
sichtigt  gelassen  hat.    Aber  sicher  ist  wohl,  dass  kein  Grund 


'  Was  ihn  freilich  nicht  bewogen  hsl,  in  «eitter  Aasgfiibfl  der  ,Hi»toriA 
Creniifanensi«%  wie  er  nicht  ganz  richüg  dieeen  Katalog  betitelt»  Sig- 
mars Narnon  an  dio  Spitze  zu  stellen. 

*  Etwas  in  oinc  rartipe  ,Form  briii|»en',  wio  e«  610  bietet,  ist  etwas 
nahezu  U ii;:I;ui]iliche8,  weil  Unmögliches.  Man  kann  c»  höchstens  aus 
ilio^er  Form  in  eine  beä^ero  briugeu:  «melius  auuotarc/ 

'  Daaa  es  dieeelben  Hftnde  lind,  «iehe  oben. 

*  Das  ist  richtig. 

*  «Sigmar  und  Bernhard  Ton  Kremamfloater*  im  XX.  Bd.  der  Fonehnngen 
zur  deutschen  Qeachichte»  8.  606,  608. 


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4oa 

vorliegt;  an  der  Wahrheit  dieser  Aagaho  zu  zweifeln,  denn  in 
Kremsmünstcr,  wo  ditt^er  Katalog  um  1300  geschrieben  wurde, 
wird  doch  wohl  ein  Jeder  genau  gcwusst  haben,  wer  ihn  ge- 
sebrieben  hat,  und  hätte  ihn  ein  Anderer  geschrieben  als  Sig- 
mar, so  würde  man  dessen  Namen  doch  nicht  an  dieser  Stelle 
geduldet  haben.  &  —  Sigmar  —  also  war  es,  der  den  ersten 
Katalog  der  Aebte  angefertigt  hat.  Wir  erfahren  aber  noch 
mehr,  nämlich  wie  weit  dieser  von  Sigmar  angelegte  Katalog 
reichte  (incipiens  a  primo  abbate  huins  loci  et  perdueens  usqne 
ad  illum  abbaten^  coins  tempore  ista  scripsit);  wir  erfahren 
auch  etwas  aber  die  Quellen,  die  er  bei  seinen  Stadien  an- 
wandte. Er  bat  fttrs  Erste  die  Kremsmtlnsterer  FriTÜegien 
einer  genauen  Untersuchung  untersogen  (ordinem  datorum  privi- 
legiorum  quesivit),  eme  Arbeit^  m  der  man  offenbar  den  f^lhig- 
sten  Mann  im  Stifte  aussuchte,  und  der  muss  damals  wohl 
Sigmar  gewesen  sein,  denn  es  handelte  sich  hier  um  die 
Leetüre  von  Uikiinden,  die  ein  lialbes  .lalirtausend  alt  waren; 
er  mußste  diu  iiiiihevoUsten  üntorbuchungen  anstellen,  um  test- 
zustellen, unter  welchen  Aebten  die  Pnvilcgien  gegeben  worden 
waren  (^u-n  inn  abbuluni  tempore  esscnt  dat;i);  zu  diesem  Zwecke 
zog  er  die  Privilegien  selbst  herbei  (sieut  putiiiL  ex  privilegiis), 
und  wo  diese  nicht  ansroichciid  waren,  vertiefte  er  sieh  in  das 
Studium  d»'r  Clironiken  (ex  chronieis)  und  der  Todtenbücher 
(ac  cx  Ii  [mi  'torum  calendariis),  und  es  gelang  ihm  so,  die 
Liste  der  Aebte  bis  auf  die  Zeit  jenes  Abtes,  unter  dem  er 
,die8es  da*  (ista)  geschrieben  hat,  zu  Stande  zu  brin^'en.  Inter- 
essant ist  es,  ihn  bei  dem  Studium  der  Chroniken  zu  rinden; 
dass  damit  in  erster  Linie  die  Anoalen  von  KremsmUnster  ge- 
meint sind,  ist  ja  natürlich,  und  wir  erinnern,  dass  derselbe 
Schreiber,  der  die  Listen  von. 610  geschrieben,  sich  auch  im 
Codex  von  375  bemerkbar  macht,  und  ebenso  rinden  wir  ihn 
im  Nekrolc^um  thälig.  Wie  kann  man  nach  dem  klaren  Wortr 
laute  dieser  Stelle  und  nachdem  der  Thätigkeit  Sigmars  auch 
im  ,Liber  possessionum'  in  einer  geradezu  auffiiUigen  Weise 
gedacht  wird,  mit  Waitz  nur  sagen:  ,£2s  liege  nicht  der  min- 
deste Grund  vor,  in  Sigmar  den  Autor  von  W  (oder  eines 
Theiles  von  W),  d.  h.  des  Cod.  610,  zu  sehen.' 

In  den  Worten  ,ista  seripsif  steht  es  doch  klar  zu 
lesen,  dass  er  selbst  und  niemand  Anderer  den  älteren  Katalog 
der  Aebte  verfiisst  hat.    Man  hat  nach  diesen  Worten,  die 


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404 


jeden  Zweifel  aiisseliliessen  nrnl  beweisend  w.in  ii.  aiu  li  \\<  ii 
wir  die  palHog^raphischen  Merkmale  nicht  hätten,  keiii.  Hecht, 
zu  sagen,  ,dass  der  iilterc  Katalog:  auf  Sigmar  zurückgehe' 
(WaitZy  S.  608);  ,er  ist  SigmftFa  Werk  selbst/  Man  darf  nach 
den  eigenen  ^^^>I•ten  Sigmars  dessen  Arbeit  durchaus  nicbt  so 
gering  veransi  lil.i^jen,  wie  dios  Waitz  gethan.  Zunächst  rnusste 
er  mit  den  Urkunden  nieht  blos  gut  umzugelien  wissen,  es 
mufisto  ihm  auch  deren  Wortlaut  bis  in  die  l.in/.*'Iuheiten  be^ 
kannt  sein,  er  musste  nicht  blos  die  Urkunden  des  Krems milnste- 
rer  Archives  gut  kennen,  sondern  auch  in  auswärtigen  Archiven 
Nachforschungen  halten,  und  dass  er  dies  that,  erfahren  trir 
aus  mehreren  Stellen  seiner  Schriften.  Dass  er  ttherhaupt  den 
Werth  der  Urkunden  so  ausserordentlich  zu  schätsen  wnsste, 
dass  er  eine  Absdirift  des  gesammten  Urknndenmateriales  Ter- 
anlasste  und  bei  dieser  Sammlung  auch  die  auswärtigen  ArchiTS 
berücksichtigte,  sagt  er  ja  selbst:  ,Preterea  et  privilegia,  que 
transscripta  olim  fuerunt,  de  ipsis  instruroentis,  antequam  vetn- 
State  corrumperentur  vel  certe  priusquam  per  rapinas  dissipaD- 
cium  auferrentur  et  que  in  nostra  ecdeaa  poterant  aat  alibi 
reperiri  .  .  .  similiter  scnbi  ieeit  •  .  .* 

Man  könnte  nun  sauren,  dass  nur  die  oben  erwähnten  älte- 
sten Theile  des  Katalogcs  von  Sigmar  hcrrllhren,  nieht  auch 
das,  was  sj)ät(;r  innerhalb  der  Zeilen  und  ausserhalb  aji  den 
ivandern  beigefügt  wiir<h;. 

Wt  nn  wir  die  Partie,  die  offrubar  :^!t  den  eiöten  Ein- 
zeichnungen  gilimt.  vom  Abte  Bereht<)l(lu^.  mit  den  früheren 
Listen  der  Bisehöfe  von  Passau  und  Ilnzogc  von  (  >i'Sterreicli 
vergleichen  —  es  ist  dieselbe  Hand.  Wi  iui  wir  dirst  ibe  Partie 
mit  den  spiiti  it'n  Nnehtrfigen  (aiu  IrlnTeiehsten  sind  die  dem 
Abte  AllKTtt  vi'i-i:It'irli«  ii  CS  ist  dieselbe  Hand.  Nur  ist  ilu* 
Tinte  nieiit  dieselbe,  und  der  Charakter  der  Sehrift  zeigt  die- 
selben kleinon  Schwankungen,  die  wir  bei  einer  Hand  linden, 
die  nicht  in  unmittelbarer  Zeitfolge  schreibt,  beim  Abte  Albert 
mindestens  fünfmal,  und  es  ist  doch  immer  dieselbe  Hand. 

Wie  steht  es  nun  aber  mit  den  zahlreichen  Noten,  die 
sich  im  Cod.  610  finden?  Ich  war  früher  geneigt,  diese  Koten, 
wi(^  dies  auch  schon  ältere  Forscher  gethan,  einer  jüngeren 
Hand  zuzuschreiben.  Man  ist  dazu  um  so  geneigter,  wenn 
man  die  extremsten  Schriftarten  dieses  Codex  nebeneinander 
hält,  wo  eben  die  zierhche  Minuskel  neben  einer  ausserordent* 


.  kj:  1^ od  by  Googl 


405 

iich  f(?iiien,  oft  sehr  stark  verwcreuen  Ourbivc  steht.  Ein  ande- 
res Bild,  gewinnen  wir  '^clion,  wenn  wir  (Wo  (unzelnen  Schritten 
nach    ihrer  Grösse  unmittelbar  aneinander  reihen:  da  kennt 
man  bald,  dass  es  eine  Ilaiui  ist,  die  Alles  das  geschrieben 
hat.     Aber  anch  so  ist  die  Aehnliclikcit  schon  in  die  Axigea 
faUend.  Wer  z.  B.  Fol.  94»  (Beilage  Nr.  1),  Zeile  13,  das  Wort 
yWieischirchen'  mit  dem  gleichen  Worte  am  Rande  vergleicht^ 
wird  sich  kaum  leicht  Überzeugen  kOnnen,  dass  das  zwei  vei> 
echiedene  Hände  sind;  das  N  von  Tafel  I,  Colamne  2,  Zeile  3 
von   unten,  findet  man  in  der  Cursive  auf  fi*llheren  Seiten 
wieder;  ebenso  das  R,  wo  der  Abstrich  förndich  seitwäi'ts  hin- 
ausgeworfen wird,  und  so  noch  manclies  Andere. 

Doch  wir  haben  einen  unmittelbaren  Beweis  dafür,  dass 
Noten  und  Text  yon  einer  Hand  herrühren.  Wie  heisst  es  im 
Prologe,  nachdem  von  Sigmar  gesprochen  wurde,  der  ,das  da* 
geschrieben  habe:  ,HiB  eciam  addidit  diem  obitus  et  locum  se- 
pulture^  sicut  a  senioribus  didicit  annotare.'  Welches  sind  denn 
diese  ,Additamenta'?  Wir  finden  sie  alle  in  610:  Fol.  92^:  ,Her- 
mannus  obiit  secundo  Kai.  lan.';  Fol.  92^:  ,Huia8  anniversarius 
est  VI  Kai.  Febr.  Sanctus  esse  creditur*;  ,Huiu8  anniversarius 
est  VIII  Kai.  lulii  et  banctus  esse  crcditnr*;  Fol.  92'',  '2.  Co- 
\ttmne,  oben:   ,HniuR  anniversarius  est  V  Idus  Deeeudu'ib  et 
sanctus  creditur';  Fol.  92'',  2.  Columue,  rechts:  ,(Jirca  colunip- 
uam  mediam  in  dextro  choro  in  capella  quiescit',  und  dar- 
unter: jObiit  V  Idus  Marcii  .  .  .*   Wenn  nun,  wie  der  Prolog 
«agt,  das  Sigmars  Schrift  isl^  und  wir  haben  daran  zu  zweifeln 
keinen  Grund,  so  haben  wir  den  Autor  ftlr  Alles,  was  der 
Cod.  610  an  EremsmUnsterer  Sachen  enthält,  festgestellt.  Ich 
mache  namentlich  auf  das  Anniversarienyerzeichttiss  aufmerk- 
sam: das  ist  dieselbe  Schrift,  die  uns  im  Todtenbuche  und 
80  vielen  Büchern  der  KrenisniUnstcrer  IJibliothek  begegnet, 
iu  allen  denen,  auf  die  oben  liiii^n'wiesen  wurde. 

Dieses  Resultat  ermöglicht  es  .ilK  r  aui  Ii,  der  Persönlich- 
keit des  iSühreibers  von  401  näher  zu  rücken. 

§  9*  Bas  TerliSltiiiss  des  ersten  zum  zweiten  Abts- 

kataloge.  Die  anderen  Kataloge. 

♦ 

Aus  der  vorheigehenden  Darstellung  hat  sich  ergeben, 
dass  es  Sigmar  war,  der  die  Aufzeichnung  sämmtlicher  Ein- 


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4üü 


kiliiftr,  Keehtf^  und  Fr(  ilM'iu>n  vot^onorameii  hat,  und  •la>-  das 
angelegte  Vcrzeichniss   uicht   all*ii  Wünschen   entspraili.  Kr 
wurde  also         eigenen  Biintii-ii"   besser  un;i;cordnet    i , melius 
ordiiiati*').    Aehnlich  lai_''»'Ti  die  Dinge  zweifellos  bei  (K'in  Abts- 
katalüge.    So  wie  dieser  nun  im  Cod.  GIU  vorlag,   mit  seiucn 
zahllosen,  kaum  lesbaren  Randnoten  einerseits  und  seinen  noch 
vorhandenen  Lücken  andererseits,  endlich  mit  einigen  darin 
▼orhandenen  Irrthümcrn,  mochte  er  Niemandem  EnsmgeOy  am 
wenigsten  vielleicht  dem  Schreiber  selbst.    So  wie  er  es  nnii 
gewesen  sein  wird,  auf  den  die  Ausarbeitung  eines  besseren, 
weil  übersichtlicheren  Schemas  der  Urbare  (und  darin  liegt 
wohl  das  ^melius  ordinäre')  zurllckzuführen  ist,  da  sich  kaum 
ein  Anderer  in  diesen  Dingen  so  zurechtfand  wie  er,  so  hat 
wohl  er  selbst  auch  den  berichtigten  Abtskatalog  hergestellt 
Man  wird  bemerken,  daas  die  erste  Anlage  des  Kataloges, 
vermehrt  am  die  Noten  dazu,  den  zweiten  Katalog  gibt,  wo- 
bei denn  freilich  manche  UnregelmAssigkeiten,  hie  und  da 
auch  einige  Widersprüche,  mit  unterlaufen.   Die  meisten  von 
diesen  sind  es  aber  doch  nur  scheinbar,  wie  weiter  unten  er 
wiesen  werden  wird.   In  dem  Kataloge,  wie  er  nrsprtlngÜch 
angelegt  war,  standen  nicht  einmal  die  Angaben  der  Todes- 
tage und  Begräbnissstättcn  der  Aebte.    Der  Autor  hat  das 
zwar  in  den  Noten  nachgetragen,  aber  dus  konnte  nieht  ge- 
nügen.   Man    wünschte  vor   Allem   ein*;   sauhere   1  )arstcUuii|j 
dieser  Dinge.    Mit  denselljeii  Worten  wie  im  ersten  wird  im 
zweiten,  bisher  dem  Bcrnarilus  zugescluifbrnen  Katal<)«;e  von 
dieser  Aibeit  gesprochen:    ,Nihilo  mnius  tarnen  .singuloruui 
noiuina  notiibuntur  in  ordine  veriori  et  dies  obitus  ae  sc- 
pTiltiire  locns.^    Alles  das  findet  sich  in  der  That  in  dein 
zweiten  Kataloge.    Kr  benützte  hiefÜr  die  ,caiendaria  defuncto- 
nuu^;  diese  werden  dann  in  dem  zweiten  Kataloge  auch  ge- 
nannt: ,Hohoidus  post  istura  crcditur  praefmsse;  de  quo  nil 
aliud  invenitur  nisi  quod  in  Calendariis  dicitur  abbas  esse 
.  .  .  oder  Berchtoldus  ...  in  Calendariis  mortuorum  abbas 
dicitur  .  .  /    Oder  er  zieht,  wie  er  es  selbst  sagt  (ex  chroni- 
cis),  die  Chi'oniken  zu  Käthe:  ,ex  libro  vite^  discitur  mani' 
feste.   Kam  Wawaria  pluries  ab  Ungaris  est  vastata,  .  .  .  ut 
ex  chronicia  invenitur  .  .  .  Anno  domini  1040  prefbit  Ge^ha^ 


Siehe  darüber  den  Escun. 


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407 


dm  tempore  H^iBrici  regia  filii  Chnnradi,  nt  Habetur  ez  libro 
▼ite';  oder:  ,Po8t  hmie  Berchtoldns  ...  in  libro  annaliiim  .  .  . 
Abbinc  abbatttm  ordo  ex  cbronica  üiTemtur  .  . 

Kachdem  Sigmar  erwieseDemuuroeii  den  ersten  Katalog 
verhast  und  die  schwierige  Untersachong  besttglich  der  Sterbe- 
tage und  Begräbnissstätten  der  Aebte  durchgeführt  hatte,  ja 
welche  Arbeit  wäre  tlenii  noch  für  einen  uiKlereii  Verfasser, 
etwa  für  Bcrnardiis,  überheblichen V  r>nthiilt  denn  der  zweite 
Katalog,  den  mun  diesem  zuschreibt,  überhaupt  viel  mehr,  als 
was  Sigmar  thatsiielilich  geschrieben?  Setzen  wir  einmal  zwei 
Berichte  über  denselben  Abt  aus  dorn  ersten  und  zweiten  Kata- 
loge nebeneinander: 


1. 

1064  jAkamus  de  Gersten 
IX  annis;  hic  construxit  basili- 
cam  sancti  Egidii  et  sab  altare 
qniescit;  bic  deponitur  a  Die- 
poldo  episcopo  Pataviensi  .  .  . 

Hnina  tempore  data  sunt 
noble  predia  in  Hoitenbaim  et 
in  Percbwinden  snb  Ottachero 
marcbione;  item  sab  eodem 
date  sunt  nobis  due  vinee  in 
Eriacb.' 


2. 

1065  (die  Correctur  aus 
,Auct.Crem/)  ,Alramu8  de  Ger- 
sten annis  IX.  Postea  deponi- 
tur a  Diepoldo  episcopo.  Hic 
capellam  sancti  Egidii  constni- 
xity  quam  consecravit  Albertus 
arcbiepiscopus  Saltapnrgensis 
a.  d.  1170.  Huius  tempore  data 
sunt  nobis  predia  in  Percbwind, 
ubi  forte  eodesiam  fabricayit^ 
Item  in  Haitenhaim  sub  Ota- 
cbero.  Item  due  Tinea  in  JEr- 
lach.  Obiit  m  Nonas  lulii  et 
sub  altari  est  scpultus.' 


Der  einzige  Fortschritt  ist  hier  ausser  einigen  ganz  uu- 
bodoutendcn  Zusätzen  die  Anfügung  der  Todestage,  und  die 
geht,  wie  mau  sieht,  auf  Si^rinm-  /^urück:  .Iiis  eeiani  addidit  .  .  / 

Es  ibt  noch  die  Methode  zu  sehen,  wie  der  Autor  arbeitete, 
um  von  den  mitunter  etwas  dürftigen  Angaben  des  ersten  zu 
den  reicheren  des  zweiten  zu  gelangen.  Er  schrieb  au  den  liund 
des  ersten  Kataloges  einfach  noch  hinzu,  was  er  über  die  ein- 
zehien  Aebie  und  ihre  Zeit  noeli  in  Erfahrung  brachte.  Von 
denen  der  ältesten  Zeit  vermochte  er  weder  Todestag,  noch 
Begräbnissstätte  aufzutinden,  denn  wenn  es,  und  wir  zweifeln 
nicht  daran,  ältere  l^ekrologien  gab,  so  waren  diese  in  den 


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I 


408 

MagjareDStÜmen  za  Oninde  gegaog€D.  Weder  yon  dem  Abte 
Fater  nocli  von  Sighard  fand  er,  was  er  snchte:  ylste  abbas 
qnamdia  rexerit  vel  Tizerit  vel  nbi  sepnltaB  faerit^  ignoratar', 
heiBSt  es  gleichlautend  vom  ersten  und  aweiten  Abte. 

Vom  Abte  Burkhard  erfuhr  er,  dass  er  am  14.  Jänner 
(XIX  Kai.  Febr.)  gestorben  sei.  Im  sweiten  Kataloge  ist  er 
merkwürdigerweise  ganz  aus  der  Liste  gefallen.    Das  kann 

aber  nur  zufUllig  geschehen  btiii,  denn  envähnt  wird  er  doch 
bei  seinem  Naclifolger  Snelpero:  ^exceptis  Iiis  (ju.'  Purchardo 
et  Sneljx  runi  contulerat/  Er  kennt  im  erstiii  Katnlog^-  rlie 
Nachricht,  dass  Hor/oo'  Arnulf  dem  Kloalcr  dir  (  Jrtsi  liaft 
Papilundorf  g^gtiln  ii  lialx-,  und  wenn  er  klagt:  .scd  net-  in- 
sti-umentum  nec  rrscriptuiu  proh  dol^r  invcninius',  so  ist  das 
richtiir.  df^nn  dio  Schrnkunir  des  Bositzos  bei  PapiliiiKlörf  wird 
in  einer  anderen  Sclu  nkuiiLTSurkunde  vom  3.  .TUnner  ÖÖÖ  als 
vordem  geschehen  erwähnt;  die  Sehcnkunj^surkunde  ,de  Papaln- 
dorf  wurde  auch  später  nicht  gefunden.  Er  weiss,  dass  dieser 
Abt  Porchard  in  einem  ,Privilegium  venerabilis  abbas'  (Nr.  8 
des  Kremsmiinsterer  ürkundenbuches),  in  einem  aweiten  ,fide- 
lis  noster'  (Nr.  9)  gtmannt  wird.  Pass  in  dem  zweiten  Kata- 
loge der  Todestag  bei  diesem  Abte  nicht  angemerkt  ist^  rührt 
wohl  daher,  dass  er  nachträglich  fand,  dass  dieser  Todestag 
zum  Abte  Bercbtold  gehöre,  von  dem  er  ja  sagt,  dass  er  sei- 
nen Namen  im  ^Kalendariis  mortnorom'  gefunden  habe,  und 
hinzufügt:  ,Obiit  XIX  Kai.  Febr.'  Er  hat  also  einen  begange- 
nen Irrthum  im  zweiten  Kataloge  verbessert 

Ganz  dasselbe  gewahren  wir  bei  dem  Abte  Snelpero.  ür^ 

sprünglieh  hiess  es  da:  ,Huius  tempore  data  sunt  nobis  tria 
privilet^ia.'  Am  Rande  wurde  ,tria*  in  ,i^uinque'  verbessert,  uiul 
so  cr.sciieinl  er  nun  im  zweiten  Kataloge.  Im  zweitcii  Kata- 
loge wird  nur  noi  Ii  knapp  von  den  einzelnen  Privileirien  der 
Inhalt  vermerkt;  es  ist  hier  also  streng»-»'  g<'nomnien  nur  eine 
weitere  Ausliilirung  dessen,  was  sieh  im  ersten  Kataloge  rindet. 
Wieviele  Münehe  während  der  Mfipryarennoth  umgekommen 
seien,  darüber  gab  es  im  ^^lit'te  eine  feste  Tradition:  man 
nannte  .50  Personen.  Im  .Jahre  1303  erfuhr  man  aus  dem 
Monde  einer  besessenen  Frau,  dass  mehr  als  200  Menschen^ 


homineSf  Rlustorleute. 


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409 


ihre«  Qlaubenfl  wegen  mngekonimeii  seien,  die  50  Mönche 
werden  noch  beeonden  gerechnet  Zu  den  Worten  ^per  ob 
femine  obsesse'  machte  er  dann  die  Randnote;  |licet  talibus 
testibuB  non  credatnr',  und  so  blieb  diese  ganze  Geschichte  im 
sweiten  Kataloge  weg;  dagegen  nahm  er  fUr  die  50  Mönche 
die  Tradition  als  Bürgschaft  auf  (et  dicunt  nostri  seniores). 

Nach  Snelpero  kannte  man  die  Reihenfolge  der  Aebte 
nicht  bis  auf  (Terhard  (1040),  oder  wie  es  in  einer  Kandnotc 
zum  ersten  KhI.Uwur  heisst:  ,vel  poeius  u.st|ue  ad  DitriLuiii  a 
quo  rt  deiiiecps  u&quc  ad  Fridcricum  a  chronicis  et  privilcgiis 
cogüuäcuntur*.  Der  erste  Katalo^'^  hatte:  1.  Fater,  2.  Sigliard, 
3.  Purchard,  4.  Snelpero,  ö.  (Jcrhard,  0.  Erchenbert,  7.  Pezeliu, 
8.  Dietrich,  9.  Alram,  Naoli  Sin  li)cro  gab  es  eine  Lücke;  hier 
galt  es.  einige  Namen  mikrziibiiii^^eii,  weiche  die  Tradition  ak 
AbtsnamcTi  festhielt.  Schon  in  scintr  ernten  Liste  klagt  der 
Autor:  ,8uut  et  piures  abbatcs'  etc.  Die  Namen  lluhold,  Sig- 
mar, lierchtold  und  Wolfram  hat  er  gar  nicht  in  die  Liste 
aufgenommen,  weil  er  nicht  wusste,  wohin  er  sie  setzen  solle. 
Die  zweite  Liste  bietet  bis  auf  Alram  schon  folgende  Namen: 
1.  Fater,  2.  Sighard,  3.  Purkhard,  4.  Snelpero,  5.  Sigmar,  T).  Ger- 
hard, 7.  Erchenbert,  B.Wolfram,  9.  Fezelin,  10.  Dietrich,  IL  Ho* 
hold,  12.  Bercbtold,  13.  Ahram. 

Hier  ist  also  Sigmar  an  die  fünfte,  Wolfram  an  die  achte, 
Hohold  an  die  elfte  und  Berchtold  an  die  zirOlfte  Stelle  ge- 
rückt Aher  wie  lange  man  schwankte,  bevor  man  diese  Reihen- 
folge feststellte,  sieht  man  daraus,  dass  sowohl  in  den  Noten 
zum  ersten  Kataloge,  wie  anch  im  zweiten  Kataloge  eine  Moti- 
^^"g  gegeben  wird,  warum  man  diesen  oder  jenen  Abt  so 
und  nicht  anders  einreihe,  und  wenn  sich  da  schliessHch  in 
der  FestBtellnng  der  Noten  und  dem  zweiten  Kataloge  Un- 
ebenheiten finden,  so  wird  man  das  nach  dem  Gesagten  er- 
klärhch  Huden.  Die  Widersprüche  erklUren  sieh  so:  In  einem 
Jiuehe  ^  (in  ,Min()ri  Plenario')  fand  er  ein  Verzeiclmiss  des  von 
Sij^niar  iüntcriassenen  Klostergutes,  vielleicht  (denn  die  Stelle 
ist  nicht  ganz  klar)  auch  eine  Notiz,  die  ihm  sagte,  warum 
Sigmar  nach  (Jcrliard  zu  setzen  sii.  Imlem  er  nun  ahrr  die 
beiden  nocli  erlialteueu  Klosterschatz-liiventare  näher  mit  eiu- 


*  Nach  dem  Evangelinin  des  lieil.  Matthii»  im  Ideineraii  HiUenar-Codex. 
triebe  oben»  und  Ua^,  27. 


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410 


ander  Terglicb,  stellte  sich  heraus,  dass  das,  was  Gerhard 
hinteriiesB,  &8t  doppelt  so  viel  ausmache  als  der  Klostersdiats 
Sigmars^  daher  mttsse  er  der  spätere  sem.  Und  dementsprechend 
wurde  in  dem  zweiten  Kataloge  die  Sache  festgelegt  Ebenso 
hat  er  in  Bezug  auf  die  Reihenfolge  von  Hohold  und  Wdfiram 
sp&ter  eine  richtigere  Meinung  gewonnen.  Während  er  im 
Anfange  meinte,  Hohold  noch  vor  Sigmar  setaen  zu  dürfen,* 
kommt  er  später  au  einer  besseren  Ansicht  von  der  Sache; 
man  sieht  ihn  an  der  Arbeit:  ,hic  quoque  alios  duos  pono.' 
Der  Grund,  weswef^en  er  Hohold  nach  Dietrich  setzt:  ,quia 
Hoholdus  Ditrici  tcm|)on'  fiiit  j)re[)()sitius.' 

Oft  findet  sich  im  zwcituii  Kataloj^e  eine  Ergänzung  zn 
dem,  was  iu  den  Randuoten  gegeben  ibt.  Berchtold  fehlt  im 
ersten  Kataloge  ganz;  in  den  Randnoten  und  im  zweiten  Kata- 
loge wird  seiner  in  gleichlautender  Weise  gedacht 


Randnoten: 

,Invenitur  cciam  quidam 
Bertoldus  abbas  in  K.,  scriptus 
est  in  libro  vite  pro  testimonio 
eensualium;  sed  quando  pre- 
fuit  ignoratur.' 


Zweiter  Katnlog: 
yPost  hunc  Berchtoldus 
creditur  prefuissc.  De  quo 
eciam  nichil  constat  nisi  quod 
in  libro  annaiinm  in  testimo- 
uium  eensualium  est  adductos 
et  quod  in  Kalendarüs  mortuo- 
mm  abbaa  dieitur.  Obiit  XIX 
Kai.  Feh/ 


Die  letaten  vier  Worte  bilden  die  einzige  Ergänzung. 

In  den  Randnoten  sagt  er  bei  Alram  I:  ^Abhinc  abbatum 
ordo  in  cronicis  invenitur  usque  ad  Rudolfum',  und  so  im  er^ 
gänzenden  Sinne  im  zweiten  Kataloge:  ,Honun  omnium  abba- 
tum noticia  tantum  ex  privilegüs  et  annalibua  est  inventa.' 

Im  6hinzen  und  Grossen  steht  also  die  Sache  so,  dass 
der  zweite  Katalog  nicht  mehr  als  der  erste  und  nur  an 
einzelnen  Stellen  einige  Zusät/«'  und  Verbesserungen  enthält 
Nehmen  wir  als  Beispiel  das,  was  über  den  Abt  Hermann  ge- 
sagt wird.  K  italüg  I  bchreibt;  ,1120.  Hemiannus  ti'ibus  annis 
prcliiit.    Iluius  tempore  .  .  / 


'  ,Siitit  i  nim  plaree  abb«tea,  quorum  fCf^iniais  tempna  neaeitiir,  Milieel 
lloholduii,  Bigraanis  .  .  / 


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411 


Dazu  sagen  die  >loteü;  ,Ubiit  II  Kai.  lan.' 

Nichts  Anderes  bietet  der  zweite  Katalog:  ,1120.  Herman- 
nna  preiiiit  tribas  annis.  HoiuB  tempore^  ...  6  Zeilen  leer  .  .  . 
yObiit  H  Kai.  lannarii,  tamnlas  ignoratnr.'  8  Zeilen  leer. 

Der  zweite  Katalog  hat  den  Worten  dos  Autors  zufolge 
ilcii    Zweck,   auch   die  Todestage  und  BofrräUnissstätten  der 
Aebie   anzumerken.    Warum  findet  sicli  weder  bei  Ulrich  I, 
noch  bei  Ulrich  II  eine  hierauf  bezügliche  Angabe?  Der  Grund 
ist  der,  weil  der  Autor  nichts  Sicheres  wusste;  man  kannte 
den  Todestag  von  zwei  Aebten  dieses  Namens,  von  einem  den 
Begräbnissplatz,  welcher  von  beiden  aber  ,VI  Idiis  Maü',  wel- 
cher fYl  Kai.  Sept.'  starb,  welcher  es  war,  der  ,ante  candela- 
brom  in  capella',  wie  die  Noten  sagen ^  begraben  lag,  das 
wuaste  man  nicht,  trad  darum  wurde  Beides  im  zweiten  Kata- 
loge ganz  unerv,a)ii:t  gelasRon.    Vielleicht  hoüte  mau,  später 
durch   weitere  Forseimu;xen   auf  den   rechten  Sacliverhalt  zu 
kommen,  darum  liess  man  beim  ersten  Ulrich  7  Zeilen,  beim 
zweiten  4  für  Nachträge  frei. 

Bei  dem  folgenden  Abte  Albert  bildet  der  erste  Katalog 
mit  den  dazu  gehörigen  Randnoten  den  zweiten;  dasselbe  ist 
bei  Martinus  der  Fall.  *  Den  Todestag  kannte  man  nicht;  in 
den  Randnoten  heisst  es  nur  ,ante  turrim  est  sepultus',  imd  so 

steht  aueli  im  zweiten  Katalot^e  nach  ,obiit'  eine  Lücke. 

Bei  Alram  II  findet  sich  im  zweiten  Kataloge  nur  der 
Zusatz:  |Iste  Alramus  emit  vineam  in  Plikersperg.' 

Fttr  Ulrich  III  hat  der  zweite  Katalog  einige  Nachtrüge, 
die  sich  in  den  Noten  zum  ersten  Kataloge  nicht  finden;  be< 
zeichnend  aber  ist,  dass  diese  Nachträge  auch  im  zweiten 

Bjitaloge  erst  , nachgetragen'  wurden.  Die  erüte  Anlage  daa  ' 
zweiten  Kataloges  hatte  sie  nicht.  Dieses  Verhultniss  gewahrt 
mau  aueh  beim  Abte  Mane^Mjld  und  hvi  Cliuniad;  wuä  sieli 
bei  Letzterem  in  der  zweiten  Liste  melir  findet,  ist  auch  in 
dieser  erst  ein  jUngerer  Zusatz,  allerdings  noch  von  der- 
selben  Hand. 

Sämmtliche  Ausgaben  der  Kremsmtüisterer  Geschichts- 
<iue]len  —  auch  die  neue  von  Waitz  —  nennen  nach  Chan- 
Tadus  de  Sitensteten  einen  ,Gerhardu8  electus*.    Einen  solchen 

hat  es  aber  ihcIiI  gegeben;  der  Schreiber  meint  auch  ^^nv  kei- 
nen Gerhard;  das  G  ist  um*  ein  etwas  verzogenes  B,  also 

ArcbiT.  Ui&Xi.  Bd.  U.  Hilft«.  28 


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412 


Ber(n)hardtt8;  dann  ist  zweitens  darch  swei  BesieliiuigsseiclraD 
a  und  die  auch  von  den  Herausgebern  ttberseben  worden 
sind,  die  richtige  Reihenfolge  ^Rndolfus,  Bemhardus'  heigeatellt 
worden,  und  ist  darnach  das  ^Omittitur  Bemhardns^  qoi  sedit 
a.  1222—1280'  in  der  Waitz'schen  Ausgabe  richtigzustellen. 

In  der  That  stehen  auch  im  ersten  Kataloge  alle  die 
Noten  bei  seinem  Nameu,  die  der  zweite  Katalog  in  den  Text 
mit  aufnimmt. 

Im  Wesentlichen  ist  dus  Verhültniss  auch  bei  den  folgen- 
den Achten  Heinrich,  Oitulf,  Berchtold  und  Friedrich  kein 
anderes.  Eine  riclitij^e  Bemerkung  hat  G.  Waitz  bei  der  Er- 
wähnung <  M-tolfs  gemacht.*  In  den  Noten  findet  sich  n.lmlich 
zu  ilicstin  Abte  Folgende««:  ,Hiiiiis  Ortolti  tcmpure  creditur 
Privilegium  de  infula  abbatuni  nostrorum,  quam  habuit  ipse. 
esse  venditum  (Jttoni,  ejoisetipo  Patavicnsi  a  custode  Holn- 
pergensi;  quia  in  sigillo  antecessoris  eius  vidimus  ipsum  sedere 
inftüatum,  ad  cuius  evidenciam  idem  sigillum  in  armario  iussi« 
mus  reservari/  ,Hier  spricht  offenbar  eine  Person^  die  der 
Sache  gleichzeitig  war,  die  auch  im  Kloster  etwas  anordnen 
konnte/  Das  passt  aber  sehr  gut  auf  Sigmar,  der  ja  auch 
eine  solche  Anordnung  in  Betreff  der  Anlegung  eines  neuen 
Gopialbuches  getroffen  hat:  ,preterea  et  privUegia  similiter 
scribi  fecit.' 

Das  jiussimus  resenrari'  hat  er  freilich  noch  in  den  Noten 
selbst  mit  eigener  Hand  in  ein  ,ecclesle  reservatnr'  abge- 
schwächt; im  zweiten  Kataloge  ist  die  Sache  noch  mehr  abge- 
blasst:  ,Item  Privilegium  de  infnla  abbatnm,  cuius  usum  ipse 
sui  regiminis  tempore  habuit,  est  yenditnm  a  custode  ecdesie, 
forte  PeUndorfer  Ottoni  episcopo  Pataviensi/ 

Waitz  hat  übrigens  Übersehen,  dass  der  Autor  an  einer 
Stelle  seiner  ^Narratio  de  ecdesia  Chremsmunstrensi'  im  Oapitd 
,De  violentia  episcoporom*  weitläufig  darüber  spricht,  und  dass 
das  wolil  der  Grund  ist,  weswegen  sich  Sigmar  im  zweiten 
Abtskatalüge  kürzer  fasst  als  in  den  Koten  zum  ersten.  Die 
Geschichte  von  der  Tnfel  wird  übrigens  auch  bei  den  beiden 
letzten  Achten  Berclitold  und  Friedrich  erzählt. 

An  diesen  Beis])ielen  mag  es  genügen.  Man  dürfte  ihnen 
eutuouunen  haben,  dass  das  Verhältniss  des  Kataloges  I  au  II 


^  1.  c,  p.  610. 


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413 


das   eines  Oonceptes  zur  Reinschrift  ist.    Und  nicht  anders 
steht  die  Sache  bei  den  übrigen  Katalogen.    Freilich  müssen 
hier  nothwendigerwelse  jene  Einschränkungen  gemacht  werden, 
die  sich  aoB  der  verschiedenen  Art  der  Entstehung  der  Kata- 
loge ergeben.   Im  Cod.  610  ist  Sigmar  der  Antor  des  Abts- 
kataloges;  die  anderen  Kataloge  hat  er  einfach  ans  einer  ans 
Passaa  stammenden  Vorlage  copirt.   Nur  die  Noten,  die  er  su 
diesen  Katalogen  macht,  rühren  von  ihm  her,  und  man  findet 
sie  auch  \s  i-  der  in  den  Katalogen  des  Cod.  401.  Dieser  Codex 
ist  genau  «u  angelegt  wie  OK),  die  ganze  Richtung  ist  dieselbe: 
Bischofslistcn,  Herzogsiisten,  Abtskatalug.   Den  einzigen  Unter- 
schied gewahren  wir  darin,  dass  die  Kataloge  in  401  etwas 
reicher  ausgestattet  sind.  Und  das  ist  ja  auch  erklArlich,  denn 
Vieles  von  dem,  was  dem  Autor  bei  der  Anlage  von  610  noch 
nicht  bekannt  war,  ist  nun  zu  seiner  Kenntniss  gelangt  und 
wird  non  auch  behandelt  Da  die  ältesten  Listen  vor  1300 
geschrieben  sind,  wird  man  sich  nicht  wundern,  in  den  jünge- 
ren Zusätze  zu  tiiiden,  welche  Ereignisse  des  Jahres  1300  be- 
rühren.   Die  meisten  Zusätze  sind  aus  dem  ,Anctariuni  Cremi- 
fanense'  (Cod.  375)  genommen,  wo  gie  entweder  sehen  vordem 
eingezeichnet  waren,  oder  erst  kurz  zuvor  eingezeichnet  wur- 
den.  Dass  es  im  letzt eien  Falle  von  derselben  Hand  geschah, 
die  wir  in  610  und  401  finden^  ist  schon  bemerkt  worden.  Im 
Grossen  und  Ganzen  bietet  auch  hier  der  Text  von  610  sammt 
den  Noten  die  Grundlage  von  401. 


610. 

Text:  ,1333  Rugerus  epi- 
8copu8  Patavie  sedit  XVIII  an- 
no6  et  sex  menses.' 

Noten :  ,Hic  commutavit 
W<eizchirchen  et  dicit  in  privi- 
legio:  Recognoscentes  quod  ei- 
dem  ecciesie  ex  eo  quod  de 
eorpore 


•    •  • 


Kfemtmtbntt  CtoscUcbtBqn.,  8.  16: 

,Piligrimu8  archiepiscopus, 
vir  maguificus  atque  sanctus^ 


401. 

,1233  Rugerus  episcopus 
sedit  Patavie  XVIII  annis  et 
sex  mensibus. 

Hic  commutavit  nobis  ec- 
clesiam  in  \V  ieizchirchen  pro 
Altenburch.  Item  dicit  in  privi- 
legio:  Recoguoscentes  quod  ei- 
dem  ecciesie,  sciHcet  Ohrems- 
munstrensi  eo  quo  de  cor- 
pore .  .  .* 

,PiHgrimus  archiepiscopus 

öcdit  Patavie   annis  XVIITI. 

28« 


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4U 


ecdeBiam  strenue  rexit,  et  qae 
bftrbari  occnpaveraiit  et  de- 
struxerant,  ingenio  magno  et 
anxilio  imperatorum  revoeavit. 
Capitulum,  quod  sevicia  barba- 
rorum opibus  exhaustttm  fuerat, 
virüiter  reformavit' 

Daau  die  Noten:  ;Hic 
contulit  beneficia  circa  Trnnam 
et  Hausruck  Ottaehero  mar- 
ühiuni  et  ecclesiaui  Tudicli/ 


late  fut  vir  magnificiis  et  eo- 
elesiaiii  siiam  strenne  reiü 
Que  barbari  oceapayerant  et 
destnucerant^  ingenio  magno  et  i 
auxüio  imperatorum  reyoeavit 
Capituium  quoqae  Tiriliter  re- 
fonnavit.  Hnic  Benedictas  papa 
pallinm  dedit  bte  eontoEt  ee> 
I  clesie  nostre  predia  circa  Tru- 
]  nam  et  Ilaiisnick  et  AscIiä 
Ottachero  uiarchioni  St_yrie  tiÜo 
Ottacheri. 

Huius  tempore  apostoÜci 
resumpscrunt  investituras  eo- 
clesiarum  qoas  Adrianns  papa 
Karolo  Magno  contulerat,  sed 
renatentibas  imperatoribus  di»- 
sensio  propterea  in  eccleaia  est 
ezorta/ 


So  genau  sind  die  Angaben  in  den  Noten  von  610 
in  401  ubergegangen,  dass  aucli  das  Tn verstaut] iiclu«  her- 
UbiTgeiiumiuen,  aber  durch  einen  Zuöuu  verständlich  ge- 
macht wurde: 


610. 

,Christianu8  episcopus  se- 
dit  sine  pallio  Patavie  annis 

xxn .  . 

Noten:  ,Hic  eciam  dedit 
Chremfäiuiiiister  iure  legitimo 
sacrc  I'ataviensis  occlesie  sedi 
pf  iliuentem*  (fehlt  das  Sub- 
stantiv). Diese  Note  war  nur 
dorn  Kenner  des  Privilegiums 
selbst  verständlich. 


401. 

,Christianus  episcopus  se- 
dit  Patavie  XXH  annia,  Jste 
nihil  dari  gesät  et  sine  psilio 
decessit  .  .  . 

Hic  eciam  specialem  sHm 

iurisdiccionem  in  nostra  ecdc- 

i  sia        vendicavit.  Unde  dicit 
'  in  privilegio:  Chrcnismiinstren- 
sem  ecclesiam  satrc  Patüvienai 
s(>di    iure   legitime  pertinen- 
tem  .  . 


Die  Herxogslisten  sind  oft  gar  nicht  erweitert: 


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416 


610. 

834  ^Ludwieiis  imperator 
et  ex  Bavarie  iudicio  episcopo- 
rum  depomtar  et  recluditur  et 
eodem  anno  relaxatus  ab  in- 
clasorio  ama  resumpsit  et 
regnavit' 


401. 

834  yLudwicuB  imperator 
depomtar  et  recluditur;  sed 
post  breviter  restituitnr  regno 
suo.' 


§  10.  Dar  Cod.  401  In  Eremamflnsier  und  der  angebliehe 

Bemardas  Norleas. 

Die  ohi^o  Untersuchung  hat  orp^cben,  dass  das  Anniver- 
«arienverzeichiiis«  des  Cod.  610  von  Sigmars  Hand  herrührt. 
An  dieser  Stelle  niöjs^en  noch  einige  Bemerkungen  angeftlgt 
werden.  Wie  man  Jon  b<  trctTcndcn  Stellen  entnimmt,  hat  der 
Schreiber  diese  Notizen  durch  (rothe)*  Linini,  die  er  nntf'n 
entweder  gerade  oder  amli  in  Form  eines  W  inkels  anbringt, 
hervorgehoben.  Ks  ist  dlosc-lbc  Art,  die  wir  auch  in  seiner 
grösseren  Schriit  linden.  So  hat  er  in  der  ersten  Beilage 
(Fol.  94'')  die  in  schöner  Textschrift,  aber  am  Rande,  geschrie- 
benen Worte:  ,Huiu8  tempore  collati  sunt  nol^is  redditus  in 
Karinthia'  mit  rothen  Linien  eingeklammert.  Die  Tode.«tage 
der  Aebte  und  tloren  HegräbnissstAtten  fielen  nun  gleich  in 
die  Augen.  Nicht  Uberall  finden  wir  diese  Klammern,  es  sind 
offenbar  nur  die  ersten  sicheren  Daten  von  ihm  in  dieser  Weise 
ausgeaeichnet  worden.  Die  späteren  finden  wir  in  fernerer 
Schrift  und  ohne  solche  Klammem,  aber  die  Hand  ist  doch 
sweifeDos  dieselbe.  Wir  finden  diese  in  der  sogenannten  Text- 
schrift; da  sind  einaelne  Buchstaben  so  gross  geschrieben  wie 
im  FridericianuSy  wir  finden  sie  in  der  Einzeichnung  der  Anni- 
▼ersarieU)  d.  i.  dieselbe  Schriftart,  die  wir  in  so  vielen  Codices 
der  Kremsmttnsterer  Bibliothek  finden,  endlich  in  der  noch 
kleineren  Schrift  an  den  Rändern,  wie  sie  uns  oft  und  am 
zieriichsten  in  gewissen  Noten  des  Codex  Fridericianus  begeg- 
net. Er  hat  sie  dort  angewendet,  um  einige  bisher  übersehene 


Die  Farbe  lässt  sich  dem  Abdnicke  leider  nicht  entnehmen.  Durch  die 
Farby  heranffri'liobeTi  «»ind  die  Todestage  und  Begräbnissstätton  von  tier- 
hard,  Ercbenbert,  Fezeliaus,  Alnim»  Ulrich,  Martin,  Alram  II. 


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416 


Angaben  nachzutragen,  aber  öfter  noch,  um  etwas  vorzu- 
schreiben^  was  dann  später  kalligraphisch  ausgeführt  werden 
sollte. 

Alle  Schriftarten^  die  wir  in  BIO  sehen,  findeii  sich,  wie 
bereits  oben  erwähnt  wurde,  in  375  wieder.    Gams  dieselbe 
Hand,  welche  z.  B.  in  610,  Fol.  92',  oben,  die  Worte  geschrie- 
ben: ,Huius  tempore  datum  est  nobis  piivikgium  a  Ludwieo 
pio  et  Lotbario  fiUo  eins  de  Gninzwit',  hat  im  Cod.  375  oben 
angemerkt:  ,Hoc  anno  datum  est  nobis  priyüegium  a  Ludwieo 
et  Lotbario  filio  eins  imperatoribus  de  territorio  in  Ghrmswh 
flub  Syghardo  abbate/  In  beiden  Handschriften  ist  das  Wort 
yGronzwit'  ausgestrichen  und  in  610  darüber  geschrieben,  and 
zwar  in  der  Cursive  ,de  territorio  inter  Snmerberch  et  Dnua- 
munster';  das  leiste  Wort  ist  durch  darunterstehende  Punkte 
getilgt.  In  375  findet  sich  in  derselben  Cursiye  Uber  ,Grnns- 
wlf  das  Wort  ^Sumerbergfa'.  Wir  haben  also  hier  beide  Schrift- 
arten und  dieselbe  Correctur,  die  offenbar  ein  und  derselbe 
Schreiber  gemacht  luit.    Aber  nicht  immer  ist  da^,  >vas  in  610 
in  einer  bestimmten  Schriftart  von  dem  Schreiber  einfretragen 
worden,  in  dieser  auch  in  375  vermerkt.    Fol.  93  tiiuiet  sich, 
imd  zwar  in  der  feinsten  Schrift,  die  er  anwendet:  jCirca  hec 
tempora  HeMorfus  fuit  camerarius,  qui  tot  bona  comparavit/  In 
375  (aber  in  der  Tcxtschn'ft  von  (HO)  steht  Fol.  03-':  ,rirca 
hos  annos  claruit  Ileldoiius  eamerarius  huius  loci,  cuius  iiidu- 
stria  multa  bona  aucta  sunt  nobis.' 

£s  kann  hier  nur  die  Frage  auftauchen,  ob  er  die  Zu- 
sätze —  denn  er  und  kein  Anderer  ist,  wie  schon  Wattenbach 
richtig  gesehen  hat,  der  Wrtasser  des  ,Auctarium  Crcmifanense* 
—  vor  oder  nach  der  Einzeichnung  der  Nachträge  in  610  ge- 
macht hat.  Ich  mochte  glauben,  dass  er  aus  610  das  , Aucta* 
rium'  angefertigt  hat  Und  das  ist  auch  natttrlioh;  die  ^Gronioa 
annalis'  durfte  nicht  durch  fortwährende  Oorrectnren  Yerunsiert 
werden.  Nur  was  sicher  war,  nahm  er  hier  auf.  Während 
er  z.  B.  bei  den  älteren  Abisnamen  in  610  schwank^  radirt, 
ausstreicht,  bessert,  hat  er  in  375  die  Dinge  so  eingetragen, 
wie  sie  in  610  ihre  letzte  und  endgiltige  Gestalt  bekommen 
haben. 

Wie  steht  es  denn  aber  mit  401,  mit  dem  sogenannten 
Autograph  des  Bemardus  Noricus?  Auch  hier  finden  wir,  wie 
schon  oben  aus  der  Beschreibung  der  Handschrift  ersichtlich 


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417 


geworden,  dieselben  drei  Schriftarten  wie  in  610  und  375 
(jAuctariiun  Cremifanense^):  die  SchriftzUge  Sigmars,  die  einen 
unbedeutend  geänderten  Charakter  haben,  geändert  mit  Rück- 
sicht auf  die  Differenss  der  Zeit;  denn  von  401  ist  das  Meiste 
mindestens  um  einige  Jahre  später  geschrieben.  Wo  sich  aber 
auch  in  610  aus  späterer  Zeit  solche  Nachträge  findeui  ist  die 
Schrift  ein  und  dieselbe,  z,  B.  610,  Fol.  85^  der  Zusats:  ^sedit 
usque  ad  annum  domini  1313  et  centenarius  obiit  et  vacavit 
sedes  .  . 

Hält  man  fest,  dass  dieselbe  Hand,  welche  das  Namens- 
yeraeichniss  der  Aebte  in  610  angefertigt,  auch  die  in  der 
ernten  Beilage  unten  befindliche  Textschrift  geschrieben  hat, 
80  sind  wir  im  Stande,  auch  die  Identität  dieses  Schreibers  mit 
dem  von  401  festzustellen.  Man  vergleiche  z.  B.  nur  das  erste 
Wort  von  4U1 :  ,(.'Vm'  -  ,ciim*  mit  dem  ersten  Worte  des  Abts- 
kataloges  von  OK):  ,(C)Ym*.  Wir  fanden  oben,  dass  der 
Schreiber  von  IllO  mit  Vorliebe  das  dem  12.  Jahrhunderte  an- 
geh  ii  iue  Y  —  V  oder  u  anwendet,  wir  finden  nun,  wie  wir 
sehen,  dieselbe  Manier  iiueli  in  401. 

Denselben  Fall  haben  wir  mit  dem  gleichfalls  dem  12.  Jahr- 
hunderte anp:chöri*^cn  c  E,  dessen  Kenntiiiss  er  sich  ebenso 
wie  die  des  u  aus  dem  Annalenbuebc,  das  er  so  oft  in  Hän- 
den hatte,  erwarb.  Wenn  wir  es  dort  geschrieben  tinden  in 
,Eutices'  (Fol.  22**),  so  ist  das  ganz  zeitgemäss;  es  ist  aber  eine 
Manierirtheit,  wenn  Schreiber  des  angehenden  14.  Jahrhunderts 
solche  Buchstaben  anwenden.  Jenes  e  nun,  das  610  so  oft  ge- 
braucht (Fol.  87",  88',  89",  90%  90"  u.  s.  w.),  sieht  man  oft 
genug  im  Cod.  401  (siehe  unten  Tafel  II,  Columne  1,  Zeile  10 
,eceleBii8^}  Cohimne  2,  Zeile  2  ,£piphania'  u.  s.  w.).  Und  wie 
einzelne  Buchstaben  dieselben  sind,  so  ist  denn  natürlich  der 
ganze  Schriftcharakter  in  beiden  Codices  der  gleiche.  Es  fin- 
den sich  in  den  beiden  Handschriften  ftst  die  nämlichen  Stellen; 
da  ist  denn  der  Vergleich  der  Schriften  besonders  lohnend.  In 
610  liest  man  Fol  94**  unten  («ehe  Tafel  Kr.  I,  Colunme  2, 
ZeUe  5  von  unten):  ,Huius  tempore  anno  domini  1304  com* 
putatis  reddidibtts  sunt  inventa  in  Nativitate  sancte  Marie 
LVIII  tal.  den.  et  in  alüs  direrBis  temporibus  XUX  et  II  tal. 
Werch.  et  Stainpfenning  preter  minorem  . .  .*  Zur  Vergleichung 
/.iche  man  aus  dem  Cod.  401,  Fol.  28%  1.  Columne,  die  ersten 
neun  Zeilen  (siehe  unten  üeilagc  2s  r.  2,  1.  Columne,  Zeile  1 


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418 


bis  8)  heran.  Man  wird  Hndcn^  dass  die  Schrift  in  beideo 
Fällen  80  ahnlich  ist,  als  wären  dio  gleichen  Typen  einer 
Druckerei  augewendet  worden.  In  dieser  Schrift  ist  aber  der 
ganze  sogenannte  Bcrnardus  Noricus  (401)  geschrieben  wor- 
den. Daraus  folgt,  daas  es  ein  Schreiber  war,  der  den  Abte* 
katalog  in  610  sammt  den  vorhergehenden  anderen  Katalogen 
und  den  Cod.  401  geschrieben  hat  Nun  konnte  ans  den  Wor- 
ten des  Abtskataloges:  ,cuiu8  tempore  „ista**  scripait*  Sigmar 
als  der  Schreiber  dieses  Eataloges  erwiesen  werden:  er  mnaa 
somit  auch  401  geschrieben  haben.  ^ 

Bei  dieser  Lage  der  Dinge  dfirfte  Mancher  es  ftr  ein 
aberflüssiges  Unternehmen  halten,  noch  eine  weitläufige  Unter- 
suchung Uber  die  Persönlichkeit  des  Verfassers  der  im  Cod.  401 
enthaltenen  Stücke  anzustellen,  aber  andererseits  dürften  Man- 
chem die  Uusseren  Grtinde  für  die  Identität  der  Verfasser  der 
Werke  in  010,  401  und  des  .Aiutariüui  Cremifanense'  noch 
nicht  genügend  erscheinen;  zu  diesem  Zwecke  wird  es  ange- 
messen erscheinen,  jiueh  die  Uhrigen,  in  den  Wciken  selbst t 
enthaltenen  ni-iiude  für  unsere  Auti'aösung  uuchnials  aufzurollen; 
das  ist  Hin  so  wichtiger,  als  von  Maneheni  zwar  /ufifeireben 
wird,  duss  Sii^niar  die  in  ülU  entiialtenen  Stiieke  geseijrieben, 
beziehungsweise  verfasst  habe,  dabei  aber  bemerkt  wird,  dass 
fUr  die  Stueke  in  401  ein  Anderer  als  Verfasser  anzusehen 
sei.  Mau  pHcgt  bis  in  die  neueste  Zeit  herab  die  historischen 
Stücke,  die  sich  im  Cod.  401  finden,  auf  einen  gewissen  Ber- 
nardus,  den  man  seit  den  Tagen  Aventins  den  Noriker  nennt,' 


*  Oben  wurden  nur  einige  Aehnlichkeiteii  in  der  Schrift  beider  CSodieet 
heranigehoben;  rie  lanen  sich  leicht  nhr  bedeutend  vermehren;  jenei 
eigenthttmliche  R»  das  wir  in  610  mehr&ch  beobachten,  finden  wir 

wie  da»  gleich  gebildete  K  oft  in  401.    Dazn  ist  die  ganse  Anlage 

beider  Codicen  die.selbe,  wie  man  aus  den  Beilagen  entnimmt  und 
wie  pH  dein  Urnndsafze  dm  Autors  entspricht:  ,Unf?p  ot  spacia  racna 
rt-scrvavi  circa  tem|torii  singulorum.'  Das  sagt  dor  niif^blirlio  llor- 
nanlu8,  ahmt  aber  nur  das  Verfahren  Sigmars  nach,  wie  man  am»  den 
Beilagen  aieht 

*  fATentinns  in  «yllalto  AUtorum  .  .  .  quos  aeeutns  eil  .  .  .  Beraaidus 
Noricna,  monachus  in  Cbrembsmunater,  de  lebu«  Boiomm  .  .  .*  Weiti 

bemerkt  SQ  dem  Namen  Noricus:  ,Noricus  genere  eclam  Hieronymus 

dicitur  neqiip  nr>mar<ll  ajriK»nif»ti  habendum  est  ...  In  ver^iono  G*:*r- 
manicn  prnrsiis  oiuittitur:  Beruhard  von  KrpmMniüiisti>r,  oin  15(Mu'iliiti>r, 
bat  von  den  Beyrischen  Fürsten  gesclirieben,  bei  Kaiser  Friedrich«  de« 


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419 


um  fl«iiie  bAjavamche  Herkunft  anrodenten,  sarttcksnfilbreti. 
SehrifUicbe  Belege  ftlr  die  Autorschaft  des  Bemardns  yennag 
Niemand  beisabringen,  denn  Jene  Handschrift^  die  von  dem 
Mönche  Bemardns  als  dem  Verfasser  der  von  ihr  copirten 
Stücke  ttber  Baiem  spricht^^  ist  ausserordentlich  jung.'  Sie 
stammt  aus  der  aweiten  HllUte  des  16.,  wenn  nicht  gar  schon 
aus  dem  17.  Jahrhunderte,  ist  abo  jüngeren  Datums  als  selbst 
der  Druck  Aventnui  und  kann  demnach  bei  der  Beurtheilung 
der  Toriiegenden  Frage  nicht  ins  Gewicht  fallen.' 

Auf  welche  Quellen  sich  Aventin  stützt,  wird  nirgends 
angemerkt.  Eine  KrcmsmUnsterer  schnliliche  Quelle  wird  es 
nicht  gewesen  sein.  Die  KrcmsmUnsterer  wissen  von  di«'Soin 
Bemardus  «xar  nichts;  man  hat  es  dort  nicht  der  Mühe  worth 
gofnnden,  (Wo  Krinn»'nin<j:  nn  dief?rn  Mann,  dem  das  Stift  au- 
geblicli  so  inis^rroi  /i(  iitlH*!i  v!''l  (lniikt(%  in  der  Schrift  festzu- 
haken. Mfin  weist  heute  'iiif.u'l»  auf  die  Tra<litii  n  liin.^  Ich 
bin  der  Letzte,  der  der  Tradition  ihre  Hereehti.Lcnni?  absprcclien 
möchte,  aber  luisslich  ist  es  gewiss  immer,  auf  eine  blosse  Tra- 
dition hin  einem  Manne  einen  £hrenpiatz  in  der  Geschichte  der 
historischen  I^iteratur  anzuweisen,  wMhrcnd  man  durch  gute 
Zeugnisse  genothigt  ist,  diesen  Plntz  einem  Anderen  zuzu- 
erkennen. Wie  alt  ist  denn  diese  Tradition?  Man  hat  Bei- 
spiele, wie  Traditionen  gemacht  werden.  In  Lambach  weiss 
man  s.  B.  von  einem  Abte  Sigmar,  der  aus  Kremsmttnster 


Anten  Zeiten  .  .  (Und  eoldien  Angaben,  man  «piicbt  da  beeehCnigond 
▼on  «Tredilien'y  wird  hente  mehr  geglaubt  alt  jenen,  die  gnt  begründet  sind.) 

*  Das  ist  der  Cod.  187S  in  Mttnebeii:  «Ich  weiss  nicht»*  sagt  Waite,  »warum 
man  diese  Zeugnisse  inrllckweisen  soll,  da  doch  su  dieser  Zeit  ein  ge> 

wtsser  Bernhard  in  KremsniUuster  gelebt  haben  hoII.'  Gewiss-,  sogar 
zwei,  wie  man  dem  Todteiibuche  entnimmt.  Wenn  ilm  aber  im  Todten- 

bndif»  oinf  Hand  (>iiiträj;'*t,  dio  schon  dor  Mittf  do«--  11.  JnlirhiiridertÄ  an- 
gchnrt,  S()  wird  er  kaum  der  Hi-riiliard  sein,  der  sclioii  im  orstoii  .Tahr- 
zehnt  de«  Jalirbunderts  oder  gnr  noch  im  letzten  des  13.  äcLriftätellerisch 

tbitig  war.  Wamm  hXlt  man  sich  da  nicht  an  Sigmar,  der  erwieeener^ 
messen  in  der  fraglichen  Zeit  noch  lebte?  Freilich  meint  Weite,  gesttttet 
aof  die  beiden  Quellen  (I),  dass  jener  Sigmar  dem  Bernhard  die  Palme 

nicht  entwinden  kann.  Aber  dntn  101  nur  wen%  bringt,  was  nicht  schon 

in  610  stünde,  das  hat  Waitz  Ubersehen. 

'  Mittheilung  von  Dr.  A.ChroiMt  in  Mttnohen,  dem  auch  S.Biesler  beistimmt. 

*  Ho  schon  Pez,  Script,  rer.  Äostr.  I,  688:  ,Don  aliunde  constare  opinamnr 
quam  fiuna  perpetaa  ac  constanü  maaonim  tradicione/ 


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420 


stammte  und  mn  K-K)2  in  T..imbach  Abt  geworden  sei.  Die 
Krerasraünstcrer  Herkunft  dieses  Abtes  begründet  man  aneh 
auf  die  Tra(liti()n.  Nun,  cur  Zeit,  als  Braschius  schrieb,  kaimte 
man  diese  Tradition  gewiss  noch  nicht,  denn  er  weiss  von 
diesem  Abte  Überhaupt  nichts,  also  auch  nicht,  dass  er  ans 
KremsmOnster  stammte. 

Wenn  man  mit  Waitz  sagt,  dass  in  der  Zeit  des  Abtes 
Friedrich  ein  M0nch  dieses  Namens  in  Kremsmttnster  gelebt 
habe,  so  ist  ja  damit  noch  nicht  bewiesen,  dass  das  auch  der 
Verfasser  der  genannten  Schriften  ist,  wenn  man  dann  aber, 
wie  Hagn  u.  A.,  weiter  sagt,  dass  dieser  Mönch  namens  Bemard 
1290  Subdiakon  gewesen,  1399  Priester  geworden  sei,  u.  s.  w^ 
80  befindet  man  sich  in  einem  Zirkel,  denn  das  Letztere  wird 
von  dem  Verfasser  der  Kremsmiin.sterer  Ucj^cliichteu  gesagt, 
nach  dessen  Namen  aber  erst  noch  gefahndet  wird. 

In  Kremsmünster  hat  im  zweiten  Jahrzehnte  dieses  Jahr- 
hunderts ein  «relehrtes  Mitjrh'ed  des  Stiftes,  Jakuh  Schwarzen- 
brunner, Vorarbeiten  zu  einer  Ocschichte  von  Kremsmünster 
gehefert,  in  denen  er  im  ersten  üande,  8.  i)ü5,  sagt:  ,Bei  der 
Ansieht  so  vieler  schätzbarer  Sehriften  unseres  Stiflsmitgliedes 
ist  die,  Kntstehung  des  Wunsches  ^anz  natürlich,  einige  Nach- 
richten aus  seinem  übrigen  Leben  zu  erhalten.  Aber  die 
Befriedigung  dieses  Wunsches  ist  grßsstentheils  un- 
möglich. Woher  der  Verfasser  stammte?  Welche  Aemter  er 
im  Stifte  bekleidete?  Darüber  schweigt  unsere  Geschichte 
gänzlich,  und  er  selbst  gibt  in  seinen  Schriften  keine  nAhere 
Aufklärung  darüber.  Nicht  einmal  sein  Name  kommt  irgendwo 
daselbst  ausdrücklich  vor,  so  dass  wir  eigentlich  nur  der  be- 
ständigen Tradition  die  Aufbewahrung  seines  Namens  verdan- 
ken. Das  älteste  Zeugniss  ftlr  seinen  Namen  kommt  in  Aventias 
„Annales  Boiorum"  vor,  welcher  in  seinen  1554  ausg^beneo 
Annalen  dieses  unser  SUftsmitglied  unter  den  von  ihm  bentttx- 
ten  Schriftstellern  mit  folgenden  Worten  anftihrt:  „Bemardns 
Noricus,  monachus  in  Chrembsmunster  de  rebus  Boioram*'.'^ 

*  Wa0  Sehwaraenlvniiner  aonat  nodi  von  Bemaidof  ist  Folgend«: 
J)er  Znname  Noricm  maelit  ei  tor  Oewinhoit  (ilalio  ffbor  diesen  Zu* 
namen  Weite,  p.  616:  ,Noncus  bei  Aventin  ist  nickt  Beiname,  sondern 

nur  Beseiclimjnp  der  bairisdien  ITcrkunfl'),  tlnan  Oesterreich  ob  dor  Enns 
sein  Vaterland  war.  .Stiino  Ab;<taniniung  von  nicht  unadeligLMii  Geblflt« 
verbürgt  er  selbst  aus  seiner  Voirede  zur  Legende  des  heil.  Agapitus 


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421 


Wenig  genug,  wie  man  sieht,  was  man  von  Bernardus 
weiss.  Die  Thätigkeit  Sigmars  ist  dagegen  vorzüglich  bezeugt. 
Im  Proloo^e  zum  Codex  Fridericianus  schreibt  Abt  Friedrich: 
,Sane  dum  iutirmitatis  nostre  vires  ad  execucionem  tarn  utilis 
ac  pernecessarii  negocii  metiremiir  eaa»  nimium  imbecilles  et 
id  quod  in  hac  parte  mentis  noBtre  presnmebat  affectio,  singu* 
lares  nostre  manne  ezeqni  non  valerent,  qnaedam  de  sabiectie 
nobis  personasi  firatrem  aeilicet  Sigmar  um,  tone  celerarium  de 
moBAchis,  et  Ditricam  prepoeitiun  ex  laieie  de  eonBÜio  noetri 
conventns  elegimns  ad  hoc  ipsnm.'^  Wie  sich  die  Thätigkeit 
dieser  Manner  äusserte,  sagt  der  Prolog  gleichfalls:  ,Sie  durch- 
zog^en  alle  unsere  Bezirke  (qiü  omnes  districtus  nostros  por- 
ambiilantes),   durclifVtr^cliton  alle  jene  Dinj^Cj  die  zu  unter- 
suchen waren,  sehr  genau  (de  quibuslibet  mquirendis  diligcncius 
requirentes)  und  brachten  das  Ganze  zn  unserer  Eenntniss, 
und  so  ist  es  geschehen,  dass  wir  die  Namen  der  Orte,  die 
Lage  der  Besitaongen  und  die  Beschaffenheit  und  GrOsse  der 
Einkünfte  yolktttndig  kennen  lernten  (ad  nostram  defeirent 
noticiam  nniyeraa.  Hinc  &ctam  est,  ut  nomina  looorumy  sitos 
poasMionam  et  reddititam  qaaHtatem  com  quantitate  plenarie 


Fol.  86.  Von  seiner  Geachichtalnude  nnd  seinen  Talenten  mneste  der 
NoTiienmeister  viele  nnd  sicbere  Proben  erhalten  haboi,  denn  dieoer 

war  eiy  der  ihn  zur  Verfassung  einer  Legende  vom  heil.  Agapitus  anf* 
forderte^  welche  er  jedoi}i  orst  im  Jahre  1300,  dem  ersten  seine«  Prieeter- 
tliames,  nachdem  er  schon  im  Jahre  1290  die  Dinkonswclhf*  empfangen, 
wirklich  verfasKte.  Schon  etwas  früher  scheint  er  seinp  _Narratio  de 
ecclesia  ChrBmsmiin.strensi",  auf  welche  or  in  der  Vonrilr  m  seiner 
liegende  aagpielt,  gescliriebeu  zu  hal>en.  Zu  den  letzten  Früchlen  seiner 
historischen  Bemühungen  gehören  die  Folgeroihou  der  Bischöfe  von  l#orch 
und  Paüaau,  jene  der  Herzoge  von  Baiem  und  von  Oesterreieh  und  der 
Chronik  von  Kremtmttneter.  Bei  allen  dieien  Hees  9t  viele  leere 
Zwieohenitnme,  welche  er  in  der  Folge  hei  einer  Ueherarbeitanf  mehr 
oder  weniger  anasniailen  gesonnen  war.  Die  letste  Nachricht  von  seiner 
Hand  ist  die  Resignation  des  Abtes  Friedrich  sn  Anfang  1825  (Fol  32) 
welche  er  im  Jahre  18M  hinsogeiBgt  haben  mag,  weil  die  letalen  Worte 
Ton  seiner  ITand  lauten:  „privatum  deineeps  vitam  duxit  per  annum  .  .  .** 
1318  ist  ein  Prior  Bernhard  im  Stifte  .  .  /  Vgl.  Tl  r  dorich  Hagn,  Das 
Wirken  der  Benedictinerabtei  Kreninininister,  8.  22 ff.  Siehe  Urkunden- 
buch  vr^n  Krcmsmflnster,  S.  194,  Hx.  Ittü.  Urkundeubuch  von  Oesterreich 
oh  der  Ena»  V,  231,  Nr.  240. 
*  Fast  mit  denselben  Worten  charakterisirt  Sig'mar  Polb.'^t  im  ersten  Abts- 
kataluge  seine  ThätigkmL  Vgl.  Achleuthuer,  Das  älteste  Urbarium,  p.  4. 


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422 


diseeremus).  Abgcschlosseu  war  diese  Arbeit  im  Wesentlichen 
im  Jahre  1299:  ,Anno  domini  1299  scripta  sunt  predia  reddi- 
tiis  atqne  iura,  qnc  trinc  eeclesia  Clirerasmunstrenfis  m  tota 
aMiacia  vidobatur  haben'*;  man  sieht  aber  ans  den  beiden 
Frifbrieianen.  dass  noch  fortlaufend  Nachträge  hinzukamen, 
und  darum  möchte  ich  darin  keinen  Widerspruch  finden^  wenn 
es  ha  Abtskataloge  heiast:  ,Anno  1304  .  .  .  computatis  redditi- 
btts  ecciesie  hactcnus  neglegtis  inTenta  sunt  de  .  .  / 

Die  OommissioD^  die  zur  genauen  Erhebung  der  Besits- 
▼orhldtnisse  ausgesandt  wurde^  nalim  die  Aussagen  aller  Untei^ 
thanen  genau  zu  P^tokolL  Von  diesen  Aussagen  lassen  sich 
heute  noch  Spuren  auffinden,  und  es  ist  ja  beaeSchnend,  dass 
auch  sie  'von  jener  Hand  geschrieben  sind,  die  Uber  die  Besita- 
und  Rechtsverhältnisse  von  Kremsmttnster  so  genau  Buch  filhrt 
Es  bezieht  sich  die  Sache  auf  den  CSensus  von  War^erg.  Da 
heisst  es:  ,Predia  in  Wartperch  dedit  nobis  quidam  comes 
Amoldus,  ut  ibi  ecelesia  fundaretor.  Quam  Ditricus  abbas 
construxit  et  episcopus  Altmannus  eonsecravit  in  honore  sandi 
Ohyliani  mar^nris.  et  Ceterum  nichü  seribaro,  quia  his  «nbas 
choma  Pataviensis,  sibi,  licet  iDieite^  usurpavit^  hac  ex  causa: 
Hanc  enim  Ditmarus  clericus  de  Hagwald  olim  a 
noütra  ecelesia  habiiit^  ut  milii  dixit.  Sed  cum  eius  col- 
lacio  sicut  Chirehdüri  esset  ad  cpiseopum  devoluta,  quc  tarnen 
postca  debuerat  revocari,  abbas  Fridericus,  mcnte  pavidiis, 
potenciam  episcopi  verebatur.  Et  »ic  iam  tercio  per  episcopos 
sunt  collate.   Qne  si  repeti  debeant,  questio  esse  potest.' 

Nachdem  die  einzelnen  Bezirke  des  Klosters  durchforscht 
waren,  ginjj  Sigmar  daran,  die  Pnvib'gieii  des  Stiftes  zu  sam- 
meln, ordnete  sie  nach  der  Zeitfol<:e,  stellte  fest,  unter  welchen 
Aebteii  sie  ertheilt  worden  waren,  bestimmte  ihre  Anzahl  und 
benützte  hiebei  eine  Abtsliste,  die  er  aus  den  Privilegien  selbst, 
aus  Chroniken  und  den  Todtenbüchem  zusammenstellte:  ,Qm 
dum  ordinem  datorum  privilegiorum  et  quomm  abbatum  tem- 
pore essent  data,  vel  numerum  eorundem  quereret,  nequaquam 
pcrfccte  poterat  invenire,  verum  tamen  sicut  potuit  ex  privi- 
legiis  et  ex  chronicis  ac  ex  defunctomm  calendariis  coUigere 
annotavit  .  .  Blr  führte  diese  Liste  vom  ersten  Abte  bis  auf 
jenen  Abt,  unter  dem  er  schrieb:  ,incipienB  a  primo  abbate 
huius  loci  et  perdncens  usque  ad  iUum  abbatem,  cuius  tempore 
ista  Bcripsit'  Wer  wird  leugnen  wollen,  dass  das  jene  Arbeit 


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423 


ist,  die  ich  unter  Nr.  5  in  den  , Geschichtsquellen  von  Krems- 
mttnster  im  13.  iiiul  14  Jalirliunderte*  und  W&itz  als  ^Uistoria 
Cremifanensis*  abgedruckt  bat*? 

Diese  erste  Liste,  die  er  yerfasste,  genügte  seinem  Sinne 
i  iXr  geschichtliche  Darstellaog  nicht.  Sie  Iiattc  auch  noch  viele 
f^ehler.  £s  war  notbwendig,  auch  die  Todestage  der  Aebte 
land  die  fiegrabnissstätte  eines  Jeden  anzufügen.  Alles  das  war 
in  jener  nicht;  sie  hatte  nur  Namen  der  Aebte  mit  der  Auf' 
asftblung  der  Privilegien,  die  ihnen  zufielen.  An  den  Rändern 
der  Liste  stellte  er  zunächst  das  Fehlende  fest:  ,His  eciam 
iiddiilit  diem  obitus  ubbatum  vel  locuni  sepultiirc  .  .  Auch 
mocbte  ihm  die  Reihenfolge  nicht  gauz  klappen.  Man  sieht 
ihn  an  der  Arbeit,  wenn  es  heisst:  ,hic  (pioque  ulios  duos 
pono';  oder:  ,abhinc  abb&tum  ordo  coguoscitur  ex  relatu^ 
u.  s.  w.  Die  vollendete  Arbeit  erhielt  nun  den  Titel  ,CatA]og>us 
abbatum^  Noch  immer  freilich  war  er  mit  seinem  Werke 
nicht  Bufrieden;  es  gab  noch  Irrthttmer  und  Widersprüche,  die 
nioht  YOUig  auftubellen  waren:  ^otandom^  quod  multomm 
jkbbatum  tempora  non  possunt  veraciter  inveniri,  quos  tamen 
abbates  Chremsmunstrensis  ecclesie  eztitisse  ex  calendariis 
Tnortaomm  et  libro  vitae  (siehe  darüber  unten)  discitur  mani* 
feste,  sicut  WoltVami,  Sigmari  et  aliorum.  Kquidcni  ncc  eorum 
omniutu.  (Quorum  tompus  regiminis  invenitur,  liais  aut  princi- 
piuni  vahiit  perscrutari  .  .  Ni(  htsdeBtowenio-er  habe  er  die 
Kamen  der  Aebte  in  besserer  Ordnung  angefügt  und  Todestag 
und  Begr&bnisssüitte  hinzugefiigt.  Und  dass  er  dies  that,  nicht 
ein  Anderer,  sagt  die  Note  des  Cod.  61Ü  ausdrücklich:  ,HiB 
eciam  addidit',  nämUch  SigmaroSi  von  dem  der  Text  der  Note 
spricht*  Die  Ausdrucksweise  dieser  Note  findet  sich  auch  ganz 
im  Kataloge  der  Aebte  wieder. 


CocLSlO: 

,IIis  eciam  addidit  (Sig- 
marus)  diem  obitus  abba- 
tiira  vel  lociim  sepullurae, 
sicut  a  seniohbus  didicit  au- 
notare/ 


CUalogos  abbatum: 

jNichiloininu.s  tarnen  sin- 
galoruni  noniina  notabuiitur  in 
ordinc  veriori  et  dies  obitus 
ac  sepuiture  locus/ 


Soll  ein  Mann,  der  mit  den  Nekrologien,  Zeittafeln  und 
anderen  Quellen  umangeben  wusste^  den  man  im  Kloster  zu 


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dem  nach  der  AbtswUrde  wichtigsten  Amte  berief,  dem  einet 
Kellermeisters^  eines  Guterdirectors  in  nnserem  Sinne,  nidit  im 
Stande  gewesen  sein,  jene  CompiUtion  zosammensnbriDgen,  die 
dann  ab  ^Uistoria  de  fondaoione  monasterii  Chremifiuieiisis*  be- 
kannt wurde? 

Umgekehrt^  nar  Deijenige^  dem  die  Privilegien  des  Stiftes 
so  oft  durch  die  Httnde  gegangen  waren  wie  Sigmar,  konnte 
jene  ,Historia'  ahfiMsen,  welche  in  jedem  Capitel  auf  die  Ur- 
kunden des  StiftsarchiTS  Bezug  nimmt;  denn  ihr  Verfasser 
kennt  nicht  nur  die  im  StiftsarchiT  seihst  vorhandenen  Privi* 
legien  sehr  genau,  sondern  weiss  auch  von  denen,  die  dem 
Stifte  entzogen  wurden,  und  wo  sie  augenhliekfich  bu  finden 
sind.  Von  den  dem  Stifte  gehörigen  Outem  hefimd  sich  eise 
ziemliche  Zahl  in  den  Händen  der  Passauer  BischOfSe.  Auch 
die  entsprechenden  Urkunden  hierüber  waren  dahin  gelangt, 
äci  es,  (lass  sie  von  dioseii  mit  üewult  dem  Kloster  entrissen 
(sive  sint  nuljis  violenter  ablata),  oder  dass  sie  freiwillig  an 
das  Hochstift  gegeben  wurden,  um  sie  vor  auswiirtigen  Fein- 
den oder  Feuersgetahr  zu  sehützen  (sive  a  nobis  illo  pro  tuteia 
contra  pervasores  et  iguis  voragiuem  frequentem  transportatal. 
Der  Verfasser  der  ,Kftrratio*  sagt  hierüber:  ,Dass  die  Passauer 
unsere  Besitzungen  sammt  den  dazugeliörigen  Privilegien  inne 
haben,  dafür  besitzen  wir  einen  lebendigen  (vivnm)  und  wahr- 
haftigen Beweis;  denn  ab  um  das  Jahr  1308  einer  von  den 
Brüdern  unseres  Ortes  in  Angelegenlieiten  des  Klosters  nach 
Passau  gekommen  war,  gewann  er  dort  die  Gunst  des  Custos 
in  so  hohem  Grade,  dass  er  ihn  in  die  Scbatskammer  ftihrte 
und  ihm  jene  Privilegien  Torlegte  und  sie  lesen  liess.'  Der 
Wortlaut,  den  der  Verfasser  anwendet,  fUhrt  natuigemäss  dsr* 
auf,  dass  dieser  Mönch,  ehen  um  diese  Privilegien  kennen  su 
lernen,  nach  Passau  gegangen  sei;  denn  er  erhielt  es  ,ge* 
wfthrtV  <lf^BS  er  diese  Privilegien  sehen  und  lesen  durfU.  £r 
musste  also  wohl  um  diese  Vergttnstignng  hesonders  angesucht 
hahen;  er  ist  auch  keiner  von  den  unhedentenderen  Hönehen 
gewesen,  denn  ftirs  Erste  sendet  man  einen  solchen  nicht  in 
wichtigeren  Gteschlften  der  Kirche  ans,  dann  vermochte  er  die 


.ipsa  privilegia  concederel  lef^^oro  et  videre.'  Er  fand  damals  aHw^r 
dem  obengenannten  noch  16  l'ri\ ils-f^ien  im  !'a-s.saner  Archive,  die  nach 
Kreoism Cluster  geborten.    Geschichte  von  KrumsmUnster,  S.  27,  Note. 


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alten,  Uber  sweihimdeit  Jahre  zarttckliegenden  Fri^e^^en  der 
Kremsrnttnaterer  Kirche  nicht  bloa  an  leaen,  aondem  er  merkte 
auch  ihren  ^ihait  an.  Er  fand  unter  den  Frivilegien  eines, 
das  dem  Abte  den  Gebrauch  der  Infel  gewahrte,  er  &nd 

weiter,  dass  dieses  Privileg  heimlich  nach  Passau  verkauft 
worden  war.  Er  unternahm  ein  fürmliches  Studium  hierüber, 
wobei  er  fand,  dass  der  Schuldige  aller  WahrscheinUchkeit 
nach  kein  Anderer  sei  als  der  Custos  des  Stiftes,  Konrad 
Pellendorfer,  aus  der  Zeit  des  Abtes  Ortolf  (f  12öü). 

Aber  nicht  genug  daran,  er  weiss,  welche  Privilegien 
Passau  sonst  noch  hat,  die  nach  KremsmUnster  gehören: 
,Superioribus  quoque  teraporibus  Christianas  episcopus  dinpuit 
ecelesie  dotem  in  Petenpach  et  quedam  alia  predia  et  hec  con- 
tiüit  Lenpoldo,  marchioni  Austrie,  que  restitoit  Ueinricna  III 
rer/» 

Dieser  Bote  kann  in  der  Sehatakammer  anch  jene  Ur- 
kunden Ottos  n.,  Ottos  in.  und  Heinrichs  III.  ein^sehen 
haben,  in  denen  die  betreffenden  Kaiser  die  ganae  Abtei 
Kremsmünster  an  das  Hoohstift  Passaii  schenken  (Urkunden- 
buch,  Nr.  15,  16,  17, 19,  20).  Man  wird  bereits  Termutfaen,  wer 
der  Bote  gewesen,  den  die  Kremsmünsterer  Mtoche  au  diesem 
etwas  heiklen  GeschAfte  nach  Passen  entsandten.  Es  war  der- 
selbe, der  das  Oopialbuch  im  SMfte  angelegt  hat.  Und  nun 
wird  man  sich  nicht  wundem,  erstens  dass  so  yiele  Stellen  in 
den  Noten  des  Copialbuches  wörtlich  mit  den  Angaben  der 
,Nai- ratio'  übereinstimmen,  und  zweitens  daes  beide  von  einer 
und  derselben  Hand  geschrieben  sind. 

Man  wird  sich  auch  nicht  wandern,  zu  weic  hem  Zwecke 
und  weshalb  eben  dieser  Mönch  nach  Passau  entsandt  wurde: 
schon  um  1290  hatte  er  erfahren,  welche  Kremsmünsterer 
Schätze  sich  in  Passau  befänden.  Als  nämlich  der  Bischof 
Bernhard  dem  Clerus  und  den  Bürgern  der  Stadt  die  Reliquien 
rirr  Kirche  zur  Verehrung  aoBStellte,  fand  man  unverhofft  die 
Körper  der  Heiligen  Tiburtius  und  Valerianus  und  das  Haupt 
der  heil.  Oftcilia  mit  Urkunden,  welche  es  auswiesen,  dass  sie 
Ton  Kiemsmttnster  hergeführt  worden  seien.  Dieses  Ereigniss 
sah  der  Schreiber  der  ,Narratio',  der  damals  zum  Diaconus 


*  Vgl.  dasu  lUikmidenbiieb  von  Kfemtmaoater*,  Nr.  80,  amnmt  Koten. 


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ordinirt  wurde;  er  sah  die  Reliquien  und  bOrte  die  Schrift- 
stücke hierüber  veriesen. 

Seine  f^enauere  Bekanntschaft  mit  dem  Krems  münsterer 
Archiv  t  i  weist  der  Verfasser  der  ,Nari  Jitiu'  schuii  im  Pmloire: 
er  bat  nach  den  im  Arcliiv  lie^omlen  Urkunden  j^'-arbeitet  uud 
will  das,  was  von  diesen  urkundliclicn  J>elijiuen  der  Hiinii  der 
l{Hul)i'r  entgangen,  zu  Nutz  uud  Frommen  der  künt'iii^eii  (iliiubi- 
ireu  feststellen.    So   werden  denn  nicht  blos   (He  älteren  im 
Stifte  vorhandenen  Privileirien  im  All£remeinen  eitirt.  sondern 
auch  längere  Auszüge  aus  diesen  geboten.  Vom  l'rivüeg  Ulriche. * 
des  Nachfolgers  Manegolds,  theilt  er  aus  dem  Wortlaute  einige 
Sätze  mity  ebenso  aus  der  Urkunde  des  Bischofs  Rudiger  von 
Passau  vom  21.  August  1242,  beide  Stellen  mehr  formelhafter 
Art,  aber  doch  wieder  so,  dass  die  Vorlage  der  Urkunde  rat- 
ausgesetzt  werden  muss;  aus  der  Qrttndangsiirkunde  stammeD 
xunftchst  in  dem  Capitel  ,I>e  origine  et  causa  ftudationis  mona- 
sterii  Ohremsmimstrensis'  die  Worte:  ,Tassiloiie  anao  dacstoi 
sui  XXX,  indictione  prima  (Urkandenhuch,  S.  2)  et  anno  primo 
dncatus  sui  fiUi  Theodoius'  (Urkandenbuch,  S.  2),  dami  in  dem 
Capitel  ,De  patroni  sublinutate'  ein  langer  Sats  ans  dem  Privir 
leg  des  Königs  Amulph,  wo  er  dem  Stifte  die  eingezogenen 
Liegenschaften  der  .  Grafen  Engelschalk  nnd  Wilhelm  anweist' 
Im  Capitel  ,De  donacionibus  munificis'  sind  die  StiftongsorkundB, 
dann  die  Bestätigungsurkunden  Karls  des  Grossen,  Ludwigs 
des  Frommen  und  Lotbars  Schenkungsurkunden,  drei  Urkun* 
den  Karlmanns,  die  Urkunden  Arnulphs  vom  3.  und  4.  Jänner 
888,  sowie  die*  sonsllgtu  l  rkiuideu  Arnulph.s  ciUit.  i^asselbi- 
ist  der  Fall  im  zvseiten  Tlit  ilc  der  .Narratio',  der  von  den  dfui 
Kloster  zugefligten  Entfremihiuircn  handelt. 

Wenn  e«  feststeht,  und  «iaran  kann  man  naeli  den  vor- 
hergehenden  Bemerkungen  wohl  kaum  mehr  zwcib  lu .  dass 
der  Haupttext  von  CIO  sammt  den  Ni»  litrH£:en  von  Si;j:inar 
herrulirt.  so  haben  wir  damit  den  8clut'il)er  der  ein;><  Idägigeu 
Stllcke  von  401,  den  Verfasser  des  ,Auctanum  Cremifanense', 
den  Schreiber  des  Todtenbuches  und  jener  zahlreichen  Noten 


^  Uur  Ivaiuti  ist  irrig. 

*  Die  Stelle  ist  deiwegen  interwwnt,  weil  der  Vtarfawer  der  ,Nanmtio*  noch 
einen  Naehtng  bringt,  den  er  eben&Ib  dem  Privileg  entnimmt,  nimlidi 
die  Worte:  ,«d  sanctam  Dei  martgrieffl  Aga^itaro*. 


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gefunden^  die  man  in  so  vielen  KremsmUnsterer  Handschriften, 

Tor  AUem  in  dem  ,Liber  possessionum'  und  dem  ,Liber  privi» 
legiorum'  sclien  kann. 

Die  in  401  enthaltenen  Kataloge  bieten  ja  im  (jl rossen 
uiul  Ganzen  ohnehin  nicht  viel  mehr,  als  sich  in  610  findet, 
und  da  sich  diese  Kutalofre  von  der  ,Narratio  de  ecclesia 
Chremsmunstrensi*  nicht  scheiden  lassen,  so  wird  man  natur- 
gemäss  in  Sigmar  gleichfallö  iliren  Verfasser  zu  suchen  haben. 
Die  stilistischen  Unterschiede  sind,  wenn  man  den  Zweck  der 
Kataloge  einerseits  und  der  .Narratio'  andererseits  im  Ann^e 
behält,  doch  nicht  so  bedeutend,  als  Waitz  meinte.  Der  Autor, 
der  in  den  Katalogen  nicht  mehr  als  nackte  Thatsachen,  Tabellen 
geben  will,  muss  da  selbstverständlich  mit  seiner  Person  in  den 
Hintergrund  treten,  und  schliesslich  ^ar  so  vordringlich  ist 
auch  der  Verfasser  der  ^Narratio^  nicht.  Er  tritt  an  swei,  drei 
Stellen  hervor. 

Wie  steht  es  denn  aber  mit  den  Widersprüchen  in  den 
beiden  Fassungen  der  Kataloge?  Waitz  sagt:  Auch  seine  An- 
sichten mttsste  er  wesentlich  gelindert  haben.  So  wird  Alt- 
mann im  Cod.  610  ^Pataviensis  ecciesie  destractor',  an  anderer 
Stelle  ysevns  destructor'  genannt.  Es  heisst  von  ihm,  dass  er 
seine  Kirche  ^nsque  ad  interitum  dimembravit^  suos  eanonicos 
usqne  ad  ultimam  paapertatem  deducens'.  Im  Cod.  401  heisst 
es  Yon  Altmann:  ^bonus  et  religiosus  fait  et  dum  canonicis 
et  aliis  dericis  male  virentibas  resisteret,  de  episcopatu  deiec- 
toB.^  Das  ist  nan  freilich  ein  aiger  Widerspruch.  Aber,  was 
Wattz  ganz  Übersehen  hat,  die  ersteren  sind  keine  Sätze,  die 
Sigmar  angehch*en.  Darüber,  dass  die  Liste  der  Passauer 
Bischöfe  aus  Passauer  Quellen  stammt,  existirt  kein  Zweifel. 
Wie  konnte  man  aber  in  Tassau  von  Alt  mann  etwas  Gutes 
sagen,  wenn  es  wahr  ist,  was  man  ihm  naelisagte:  .Hic  de 
püösessionibus  ecciesie  Pataviensis  et  sui  capituli  phnimas  eon- 
ventuales  ecclesias  fundavit,  restauravit  et  dit^ivit,  suam  autem 
usque  ad  interitum  dimcmbravit  et  suos  canonieos  ad  ultimam 
i  paupeitatem  dedneens,  castra  ecciesie  et  comitittus  et  aquaruia 
alhivia  ut  eunonicis  posset  resistere,  nobilibus  contulit,  quibus- 
dam  eciam  infeudavit.* 

Ja,  wie  konnte  man  von  Aitmann  in  Passau  Gutes  sagen, 
wenn  er  so  aus  dem  Körper  seiner  Kirche  Kiemen  schnitt? 
Aber  ist  denn  das  die  Meinung  Sigmars*?  Was  sind  Sigmar 

AnUt.  LXIXL  Bd.  II,  HAlfU.  89 


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diese  ersten  leisten  der  bairiselien  Herzoge  nnd  der  Bischüfe 
von  Lorcli-Passaii?    Doch  nichts  Anderes  als  ein  Faullenzer 
ftir  seine  eiji;ene  Arbeit.    Wer  seine  Ansicht  über  Altmann  ken 
nen  lernen   will,   niuss   daher   entweder  einen  Blick  in  die 
Noten  zu  ülO  oder  in  den  zweiten  Fassauer  Bischofskatalog 
werfen.   Hier  weist  Sigmar  deutlich  nach,  dass  Akmamri  ein 
GOnner  von  KremsmUnster  war,  denn  ^hic  nostnim  monasle- 
rium  in  disciplina  roonastica  refonnavit  .  .  .  dedit  decimas  eo* 
clesiarum^,  ja  er  hätte  noch  mehr  gethan:  ,et  forte  dignitatem 
pristinam  restituifiset,  si  indigcna  fuiaaet,  nt  eam  sciTisset^  aot 
violencia  principam  non  obstetisset  .  .  .   Isto  posoit  termmos 
ecderie  Tudich,  quam  fnndator  nobis  dederat'  .  .     also  lauter 
Verdienste,  die  er  am  Kremarnttnater  Iiatfee.  Wenn  alles  das 
im  zweiten,  d.  h.  dem  allein  in  Kremsmdnster  abgefsssten  Kata* 
löge  der  Biscbltfe  von  Lorch-Fassan,  entsprechend  gewOzdigtp 
besiehungsweise  gerühmt  wird,  so  ist  das  ja  gana  begreiftich. 
Aber  unbegreiflich  ist  es,  wie  man  mit  Waita  ssgen  kann, 
dass  hier  Sigmar  mit  sich  selbst  in  Widersprach  gerathen.  Ist 
denn  Sigmar  der  Autor  des  ersten  Kataloges  der  Passaner 
Bischöfe?  Was  den  Passauem  hier  recht  schien,  das  hfttte 
den  Eremsmünsterem  sehr  unbillig  scheinen  mttssen.  Daher  die 
verschiedene  Behandlung  Altmanns  in  Passau  und  in  Krems 
rtiünster.    Von  einer  Aenderung  der  Au&ichten  Sigmars  wird 
mau  alöü  nicht  wohl  reden  dürfen. 

Auf  einige  andere  angebUche  Widersprüche  >viu\ie  bereits 
in  anderem  Zubamuienhange  hingedeutet.  t>a.s  a))er  wird  man 
doch  nur  ganz  billig  finden,  ,da8S  K  (=Cod.  4üi  Kremsmtinsier) 
genauer  nnd  besser  erzählt  als  die  Glosse  zu  W*  (d.  h.  als  die 
Noten  in  61Ü).  Ist  doch  der  Cod.  401,  um  mit  Sigmars  Wor- 
ten selbst  zu  sprechen,  der  Liber  , melius  ordinatus',  eine  ver 
besserte  Auflage  dessen,  was  der  Text  von  ÜIÜ  saumit  den 
Koten  bietet 

Dieses  jmelius  ordinäre*  kann  man  nirgends  besser  beob- 
achten als  in  den  Bischo&katalogen.  Im  Cod.  610  ist  die  Oe- 
se] lichte  von  Lorch  in  vier  Theile  zerrissen:  den  eigentlichen 
Bischofskatalog  (Fol.  82* — 83^),  dann,  unterbrochen  durch  den 
Heraogskatalog  von  Baiem,  das  StUck  ,Cum  sacrosancta  — 
dant  Coronas'  (Fol.  87'— 88*),  hierauf  das  Sttlck,  welches  von 
dem  Patrimonium  der  beiden  Philippe  handelt^  und  endlich  eine 
Untersuchung  ttber  die  Frage,  welche  der  Bischöfe  würdig 


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seien^  dass  die  Nachwelt  dankbar  ihrer  gedenkt^  und  welche 
nicht  (FoL  89^ — ^90^).  In  dem  zweiten  Kataloge  wird  Alles  in 
aystematiacher  Weise  angeordnet.  Auf  dass  kein  Zweifel  be- 
stehe, dass  der  erste  Katalog  die  Grundlage  des  sweiten  bildet, 
beginnt  dieser  mit  einer  Beangnahme  auf  jenen,  dann  aber 
nimmt  er  sofort  ein  Stück  aus  Nr.  3  (Cum  sacrosancta  —  dant 
Coronas)  und  gibt  hierauf  eine  Beschreibung  des  Erbgutes  der 
beiden  Philippe.  Erst  nachdem  dies  geschehen  ist,  f^hrt  der 
jüngere  Katalog  mit  der  Geschichte  des  zweiten  Bischofii  fort; 
wir  erhalten  somit  im  Wesentlichen  dasselbe,  die  Darstellung 
ist  aber  nunmehr  abgerundet.  Aach  das  Papstverzeichniss,  das 
wir  im  Cod.  610  finden,  ist  ausgenützt. 

Unter  den  Argumeuten,  die  \\  aitz  gegen  Signiaiö  xVuU/r- 
schaft  vorbringt,  ist  eins,  das  von  besuiidercm  Gewichte  ist. 
,E8  scheint/  sagt  er,  ,tiberhaupt  zweifelhaft,  ob  Sigmar  seine 
erste  Arbeit  lauge  überlebt  oder  sie  nur  zu  Ende  gebracht  hat. 
Er  heisst  in  der  Vc»rrede  y.uni  Abtskataloge  in  W  (ijlO)  „tunc 
cellerarins  summus'^,  und  ebenso  steht  in  der  Vorrede  zum 
„Liber  possessionum" :  „Sigraarum  tunc  cellerariuni  de  mona- 
chis"  ...  er  muss  also,  da  dies  geschrieben,  entweder  schon 
gestorben  oder  zu  einer  höheren  WUrde  befördert  gewesen 
sein.  Denn  dass  er  jenes  Amt  aufgegeben  habe  und  wieder 
zum  einfachen  Mönch  herabgesetzt  sei,  wie  die  vorher  ange- 
führte Steile  den  Autor  der  Gründungsgeschichte  bezeichnet, 
ist  doch  ganz  unwahrscheinlich.  Wäre  er  aber  zu  einer  höhe- 
ren Stelle  befördert,  so  hätte  dies  wohl  Erwähnung  gefunden. 
So  liegt  es  am  nächsten,  das  „tunc**  auf  seinen  bereits  einge- 
tretenen Tod  au  beziehen.' 

,Er  muss  also  entweder  schon  gestorben  oder  zu  einer 
höheren  Wfirde  befördert  gewesen  sein.'  Diese  Schlussfolge- 
rang  aus  dem  WOrtchen  ^tunc'  zu  ziehen,  ist  etwas  kfihn.  Er 
braucht  weder  gestorben,  noch  auch  zu  einer  höheren  WUrde 
befördert  worden  zu  sein.  Das  ,tunc'  hat  in  dem  Falle  ent- 
schieden nicht  die  Bedeutung  des  ,piae  memoriae',  das  wohl 
hier  stunde,  wenn  es  den  ThatBachen  entspräche.  Davon,  dass 
das  Amt  eines  OeDerarius  ein  lebenslängliches  ist,  steht  in  der 
Benedictinerregel  kein  Wort.^    Der  Abt,  beziehungsweise  der 

*  Eb  heisst  von  ihm:  ,CurÄin  gerat  de  omnibns.  Sine  iufsiono  abbatis 
nihil  faciet.  Oinnia  vasa  monnstprti  mnctainque  Kubstaaciam,  ac  ai  alta- 
m  vasa  sacrata  conspiciat,  nihil  ducat  uegUgenduui  .  .  .* 

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CoDTenty  ttbertrMgt  es,  ohne  sich  nn  ein  bestimmtes  Alter  zn 
binden,  dem,  den  er  filr  den  Tauglichsten  hJÜt;  er  kann  es 
ihm  eben  so  gut  wieder  abnehmen,  nnd  es  ist  sogar  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  ihm  in  dem  Augenblicke,  als  er  su  seiner  be- 
schwerlichen, ihm  von  seinem  Abte  ttbertragenen  Arbeit,  ein 
Inventar  des  gesammten  Besitzstandes  des  Klosters  aufzuneh- 
men, ein  Verzeichniss  der  Privilegien  anzulegen,  diese  zu  ex- 
cerpiren,  mit  ihrer  Hilfe  an  Ort  und  Stelle  auf  dem  Lande 
langwierige  Untersuchungen  zu  pflegen,  als  er,  genOtfiigt,  Ar 
die  Anlage  des  Abtskataloges  Bebelfe  su  suchen,  Bischofs-  und 
Herzogsreihen  copierte,  mit  einem  Worte,  als  ihm  diese  lange 
dauernde  und  schwierige  Arbeit  übertragen  wurde,  das  ver- 
antwortunejsvolle  Amt  eines  Cellerarius  abgenommen  wurde, 
um^joinehr,  als  seine  Arbeit  ihn  für  längere  Zeit  aus  dem 
Süfte  führte. 

Waitz  legt  ein  grosses  (  Jt  wicht  darauf,  dass  1298  schuu 
t-in  andt'i-er  Kellernicijjter  genajint  wird.  Dem  ent.sju i<.  ht  es, 
»agt  er,  wenn  •^••liun  \2WS  ein  Ernestus  als  Nachfolger  genannt 
wird:  .j»er  niaiuiiu  fratris  Krut-sti  eiu.sdem  h)ei  eellerarii  pro- 
testaraur*  (Urkundenbuch  von  Kremsmünster,  2^r.  13r>;  L'rkuii 
denbuch  von  Oberösterreieh  IV,  Nr.  316)  .  .  .  Aber  führt  denn 
nicht  Sigmar  im  Abtskataloge  die  Bezeichnung  ,ceUerariu8  sum- 
mus',  woraus  hervorgebt,  dass  er  oinon  Subeellerarius  an  der 
Seite  gehabt  haben  mussV  Und  da»  ist  ja  auch  begreiflich,  da 
Sigmar  wegen  der  Elrhebungen,  die  ausserhalb  des  Stiftes  zu 
pflegen  waren,  Iftngere  Zeit  vom  Hause  abwesend  war  (siehe 
Achleuthner,  Das  Älteste  Urbar  von  Kremsmttnster,  S.  XI).' 


>  Wie  sehr  alle  in  der  Zeit  dee  Abte*  Friedrich  in  KrenumOniter  rer 
furntm  Weriie  dem  Ziele,  in  die  BesitsverliBItiiiase  de«  Stiltee  Ozdaviif 
la  bringen,  dienen  mOasen«  riebt  man  daraus,  daai  dieae  Frivilegioi 
und  Rechte  niclit  blo8  in  dem  Annalenboche  eingetragen  wurden,  son- 
dern «Irhs  ««opar  tlas  Todtenbnch  dnzn  verwendet  wnrde.  Anch  hier  finden 
wir  die  Üclieukun^ri'ii  <>injfetr«<ri'ii,  liic  an  d.is  Stifl  gemacht  wurden; 
,WuIchunus  frater  noster'-,  dazu:  ,bic  dedit  nobis  sagenam  in  Atersee  et 
omnee  poMeadonea  et  dedit  et  SO  hominee  .  .  Fol.  48^:  ,dedit  nohii 
(in)  Keoholen,  Aspaeh,  Wele  .  .  .  Chnnegnndia  eonvena  de  Mxäpug 
•oror  noetra.  Nota,  de  hoins  patre  et  matre,  aeilieet  Hertwieo  et  Oerlntde 
de  Hnlperg,  habemiu  eciam  in  Aptsy  et  tinum  eampum  in  |^«eipido 
Biiper  Chremsam  .  .  .  Itpm  per  oam  habemns  curiam  in  HaPng  .  .  . 
Item  deeimnm  in  mri.-i  Aii.-im.  Itrin  .  .  .  Hiltwinii««  pri^sbvtf'r  frater 
noster,  plebanus  de  Thaihaim;  hic  dedit  iiubis  tal  .  .  .  {pro)  amürena- 


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431 

Davon,  dass  Sigmar  etwa  schon  in  den  Jahren  1301—1303 
gestorben  wttre,  können  wir  nicht  nur  nicht  die  mindeste  Spur 
finden,  wir  können  viehnehr  mit  Sicherheit  sagen,  dass  Sigmar 
in  der  Zeit  von  1297 — 1320,  ja  sogar  noch  ein^e  Jahre  dar- 
über hinaus,  nicht  gestorben  ist.  Wir  müssen  an  dieser  Stelle 
jene  zwei  Urkunden,  von  denen  oben  die  Rede  gewesen,  in 
Erinnerung  bringen:  In  der  ersten  setzt  der  Abt  fest,  dass 
und  in  welcher  Weise  die  Todtenandacht  fUr  die  Mit<^4icder 
des  Klosters,  die  seit  1300  verstorben  sind,  su  halten  sei;  in 
der  zweiten  wird  dies  flir  die  seit  1310  verstorbenen  bestimmt. 
In  dem  Todtenbuche,  das  beide  Schriftstücke  enthält,  werden 
nach  di-ni  ersten  die  Namen  jener  ( 'onventsniitglieder  aufge- 
zählt, die  nieht  etwa  seit  13(K),  sondern  schon  seit  \2i)l  ver- 
btorhen  sind;  wir  lindrii  Namen  zu.  1297,  1310,  1312,  1))13, 
1320  u.  s.  w.,  im  fianzm  3fi  Namen,  was  ftir  die  Zeil  von 
circa  25  Jahren  genug  is>t  —  aber  Sigmars  Namen  tinden  wir 
nicht  unter  den  Verstorbenen,  Damit  entßlllt  der  erste  Theil 
des  S(  hlusssatzes  von  Waitz,  der  zweite  ist  ja  ohnehin  nur 
der  Form  wegen  gestellt.  Zu  welcher  höheren  Wilrde,  da  die 
des  Abtes  besetzt  war,  hätte  er  aufsteigen  können? 

Nur  eine  Möghchkeit  wäre  noch  da,  die  zur  Annahme 
fuhren  würde,  dass  Sigmar  zwar  noch  über  die  genannte  Zeit 
hinaus  gelebt  habe,  aber  dennoch  nicht  in  der  Lage  gewesen 
sei,  seine  Arbeiten  zu  vollenden,  nämlich  die,  dass  er  etwa  an 
ein  anderes  Kloster  als  Abt  postuh'rt  worden  wäre.  Und  in 
der  That  liest  man  in  dem  1865  herausgegebenen  ,Breye 
Ghronicon  monasterii  beatae  Mariae  Lambaeensis',  dass  der 


rio  sgendo  (a)iio  et  raorum  ...  V  Id.  Dee.  Hertwieiu  ^ratbjter  et 
nwmaehitii,  prior  et  cnttoe  titias  loci . .  .*  Darüber:  ,Sc1ilfliaelbeif*.  Allee 

in  rother  Tinte,  um  ihn  auszuzeichnen,  dnun  ee  jener  Hertwicoe,  von 
dem  der  Abtakatalog  '  1 )  sa^'-t:  ,Item  huius  tem|K)rt;  Ilcrtwicu»  custo«  re- 
novavit  triicpm  et  caimt  ^iaucti  Agapiti',  uii<l  im  zweiten  Katalog«: 
,ltem  umnes  leneatre  monaüterü  per  fratrem  iiartuicum  cuätodem  vitri» 
pulchrius  deeorata  .  .  .  Item  .  .  .  idem  freier  (renovavit)  ambo  plena- 
ri»;  item  bracUnm  sanctl  BUuai  .  .  .*  Hartwig  drängte  auf  die  Her- 
etellniig  der  Ordaang  der  BeeitaverhlltniMe,  aiehe  .CataL  abb.*,  8.  18: 
,et  precipue  Hertwici  priori»  .  .  .*  Abt  Friedridi  selbst  ist  im  Todten^ 
bttdie  Angetragen:  ,X  Kai.  lairaar.  Fridericus  presbyter  et  monacbus, 
isti»!««  loci  fiunndam  abba?  .  .  .*,  in  marg.,  zum  Th*»t!f  worp^frescIiiiitt'Mi : 
,XLJ11I  aiiuis  .  .  .  iavlt  Uiud  iulii  tm.s  .  .  .  aniiu  IHiJü*,  und  von  jünge- 
rer Hand:  ,Uic  rexii  öl  auuis  et  multa  bona  tecit.' 


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m  I 

siebzehnte  Abt  von  Lambacb  Sigmar  geheiesen  habe  und  ni>  1 
vor  MQncb  in  Kremsrnflnster  gewesen  sei.  Die  Aunkflnfte,  die  1 
ich  über  diesen  letaten  Punkt  erlangen  konnte,  gingen  dahin,  I 
dass  die  Tradition  in  Lambach  die  Kremsmttnsterer  Herkonfi  I 
des  Abtes  Sigmar  festhttlt    Aber  ich  habe  bereits  erwfthst,  I 
dass  diese  Tradition  keine  alte  sein  kann,  da  Braach  von  ihr 
nichts  weiss.^  Die  Sache  klappt  aber  noch  nach  einer  ande- 
ren Seite  hin  nicht.   Dieses  Chronicon  von  1865  sagt:  ;13(B 
Sigmarus.  Griflfone,  Lambacensinm  electo,  per  episcopum  Ber 
luirdiiiu  repulso,  per  arcliitpi^copum  Salisburgenseiu  quidera 
confirmato,  denique  anno  1305  ultro  cedent«  —  Sigiiiaiu*. 
monaclius   antea   Croniit  lu  iisis   fratribus  Minoriiijus  saceUtim 
B.  M.  V,  Welsii  confinunvit  .  .  /  Er  soll  dann  —  von  Quellen 
wird  keine  cronnnnt  —  am  ö.  Juli  (dabei  ein  Fragezeichen] 
1321  gestorben  sein. 

Vor  1305  ist  kein  Siormar  in  Lambach  als  Abt  nachzu- 
weisen.   Krwälilt   war   naeli  Christians  Tode  (triffo,    der  am 
17.  April  1305  sein  Amt  in  die  Hftnde  des  Bischofs  Bemhart 
von  Passau  niederlegte.    Davon^,  dass  sein  Nachfolger  Signuu* 
aus  KremsmUiister  postoUrt  wurde,  findet  sich  in  keiner  Ur- 
kunde eine  Andeutung}  wenn  dem  so  gewesen  wnre,  so  hätte 
der  Schreiber  des  Kremsmttnsterer  Todtenbuches  seinen  Sterbe-  | 
tag  im  Juli  1321  doch  angemerkt,  da  zwischen  Lambach  und 
KremsmUnster  Gonfratemität  bestand.   Die  Tradition  in  Lam* 
bach  dürfte  nach  alledem  auf  eine  blosse  Oombination  sorttck« 
zufuhren  sein:  es  könnte  der  Abt  Sigmar  derselbe  sein,  der 
sich  vordem  um  die  Herstelhmg  wirtfaachafUicher  Ordnung  in 
Eremsmttnster  so  grosse  Verdienste  erwarb.    Diese  Combi-  i 
nation  lag  dem  Verfasser  des  ^Chronicon*,  P.  Schmieder,  um  so  I 
nAher,  als  auch  der  damalige  Abt  Th.  Hagn,  dem  er  daa  ■ 
W^kcben  widmete,  ans  Kremsmfinster  stammte  und  vom  £n- 
bischof  Scbwarzenberg  zum  Abte  von  Lambach  ,denomiDirt^ 
wurde.  i 

Im  Prologe  zum  ,Liber  possessionura*  wird  bemerkt,  dsBfi 
die  Aufzeichnung  der  Güter,  Einkünfte  und  liechte  der  Kirche  l 


^  3ruiehU  Chronicon  sive  centoria  nennd.*  p.  137.  Kr  ftUurt  Sigmar  flb«r* 
hanpt  sieht  an;  nach  Chri»(i:in  fol<ron  Henrieng,  Siraon,  loannee;  Hbo 
ganz  andere  Namen  nennt  die  Tradiüoii,  der  er  iweifello«  folgte,  alt  t» 
der  Qescbichte  entsprechen. 


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433 

in  Kremsmllnster  durch  Sigmar  im  Jahre  1299  vorgenommen 
wurde.   Die  Arbeit  zog  sich  bis  in  das  Jahr  1304  hinaus.  Sig- 
mar Jeo^te  ein  scliriftliclies  Elaborat  vor,  das  dann  ,in  Bänden* 
besser    angeordn*  t    w  urde:   , scriptum    nobis   attulit  nobtrorum 
reddituum  totaiu  suminam*.    Damit  ist  p^psagt,  dass  der  Ver- 
fasser des  jLiber  possessionum'  Sigmar  ist.    Wir  können,  wie- 
wohl sich  das  ^melius  ordinäre'  auch  leicht  anders  deuten  lässt^ 
selbst  annehmen,  dass  die  ursprangliche  Arbeit  Sigmars  nach 
einem   Übersichtlicheren  Systeme  abgeändert  wurde;  in  der 
Sache  blieb  doch  stehen,  was  er  zusammengestellt  hatte.  Im 
jX/iber  posseasionum^  lesen  wir  Fol.  46:  ,Hec  sunt  feoda  qne 
nobis  dominus  Hugo  de  Morspach  ex  suis  propriis  possessioni- 
bua  pro  eedesie  nostre  dampnis  resignavit  et  a  nobis  In  feodo 
accepit  .  .  .'    Fol.  45";  ,De  censu  ecclesiarum'  u.  s.  w.  Ist 
dieses  Buch  nicht  dasselbe,  von  dem  es  im  zweiten  Abtskata- 
lofro  bei  dem  Abte  Friedrich  hoisst:  Jtcm  quidam  ex  suis  pro- 
iesöis  monachus  foniiavit  (pieiidam  liitrnm  de  feodatariis,  mini- 
sterialibus,  censuaiibus,  tiscaliuis,  quem  ortum  ecclesie  appella- 
vit.'    Sachlich  würden  beide  miteinander  wohl  übereinstimmen. 
Und  finden  wir  nicht  in  dem  Capitel  ,De  censu  ecclesiarum* 
noch  jene  schon  oben  angefahrten  (protokollarischen)  Angaben, 
die  IHetmar  von  Hagwald  dem  Autor  machte:  ,ut  mihi  dizif 
(Urkundenbuch,  S.  378)?  Dieses  Buch  führte  den  Titel:  ,Hortus 
(ortus)  eedesie'.   Derselbe  M0ncfa  aber,  der  dieses  Buch  ge- 
schrieben, hat  aber  auch  Einiges  über  den  Urspi  ung  der  Grün- 
dung  und  das  Ansehen  des  Gründers  geschrieben:  ,Item  de 
origine  fandacionis   et  fundatoris    dignitatf    (jucdam  scripsit.' 
Nun  wird  von  der  ,origo  fiindacionis^  und  der  ,diguitAS  funda- 
toris* in  der  ,Narratio  de  ecclesia  Chremsmunstrensi*  gesprochen. 
Ein  Capitel  der  ,Narratio'  fUhrt  den  Titel:  ,De  origine  et  causa 
fundacionis  monasterii  Chremsmunstrensis^,  ein  anderes  ,Dc  pa- 
troni  aublimitate^  Dass  wir  unter  dem  Werke  ,D6  origine  fun- 
dacionis et  fundatoris  dignitate'  nichts  Anderes  zu  verstehen 
haben  als  die  ,Narratio  de  ecdesia  Chremsmunstrensls'  mit 
ihren  zwei  Abschnitten:  ,De  construccione'  und  ,De  ruina  ec- 
elesie',  steht  demnach  fest.    Derselbe  Autor  hat  somit  dieses 
Werk  und  deu  ,Liber  de  feodatariis'  etc.  geschrieben.  Wie 
nahe  liegt  es  hier  wieder,  an  Sipraar  zw  denken,  und  der  Um- 
stand, dass  eine  und  fliesel})e  Hand  es  ist,  die  beide  Bücher 
geächrieben  hat,  kann  diese  Meinung  nur  unterstützen. 


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434 


Dass  diese  im  ^Mittelalter  aohv  gern  j^ebrauchte  Wen«luni: 
mit  .Q^lida!n^  wenn  der  Autor  sich  selbst  mt-int,  auch  hier  auf 
den  Verfasser  zii  It  und  somit  unter  dem  ,Quidam'  in  beiden 
Fällen  Sigmar  zu  verstehen  ist,  dafür  tinde  ich  noch  einen 
Beweis  ia  seinen  eigenen  jächriften.    In  seiner  ^Narratio  de 
ecciesia  Chrerasmunstrensi'  im  Capitel  ,De  violentia  episcopo- 
rum*  (Mon.  Germ.  Hist.  XXV,  p.  648;  Loserth,  Gescbichts- 
quellen  Yon  Kremsmttnster^  ä.  103)  liest  man:  ^Quod  antem  in- 
cunctanter  predia  cum  privilegiis  Chremsmunstrensis  ecclesie  a 
PatayieosibuB  teneantur,  vivum  et  verum  testimonium  sie  faaW 
mu8.   Nam  eirca  annum  domini  1308  quidam  de  fratribos 
noatri  loci  in  ecclesie  negoeiis  veniens  Pataviam,  tantam  costo- 
dis  eiusdem  ecclesie  meruit  graciam  et  faTorem,  ut  enm  in 
sacnuium  introducens  ipsa  privilegia  legere  concederet  et  videre. 
Inter  que  Privilegium  quoque  de  usa  infule  vidit  et  legit,  et 
quod  sit  occttlte  ipsis  venditam,  intellexit    Quod  potest  esse 
fiictum  per  Ottonem  episcopum  et  nostram  cnstodem  fratrem 
Gbnnradum  Pellendor&rium  tempore  Ortolfi  abbatis  .  .  /  Wer 
ist  dieser  ,Quidam';  der  das  Privileg  Uber  den  Gebrauch  der 
Infel  durch  die  Aebte  von  KremsmOnster  in  Passau  gelesen 
liatV   K^!  ist  der  Autor  der  Noten  im  Cod.  tilO.   Dort  nennt  er 
bicL  (Müu.  Gt  rni.  Ilist.  Script.  XXV,  p.  G35):  ,Huiu8  Ortolfi 
tempore   creditur   Privilegium  de    intula   abbatum  nostrcruni, 
quam  habuit  iste,  esse  venditum  Ottoni  episcopo  Pataviensi  a 
eustode  Hülenpergcnsi,  quia  in  sigillo  antccessoris  eius  vidi- 
mujs  ipyuni  scdcre  intulutum;  ad  euius  evidenciara  idem  sioril- 
Inm  in  armario  iussimus  rewrvari'.    Das  kann  anden^r-rit- 
nur  Jemand  von   sich   schreiben,   dem  wie  Si^nnar  ein  \  er 
fllgungsrccht  über  die  Dinge  zustand,  Jemand,  der  sieh  nicht 
scheut,  gelegentlicb  auch  Uber  den  Abt  einige  schtfrfere  Worte 
2U  sprechen. 

Dass  der  Verfasser  der  älteren  Theile  des  Cod.  GIO  und 
der  Stücke  in  401  eine  und  dieselbe  Person  is^  erhellt  auch 
sonst  aus  einigen  gelegentlichen  Bemerkungen^  von  denen  wir 
nur  eine  und  die  andere  herausheben.  Im  Prologe  zu  seinem 
^ordo  episcopomm'  sagt  er:  ^Vemm  quia  nihil  in  humanis  ad- 
inventionib'us  perfectum  esse  potesl^  m.  quid  minus  fecero  aut 
ultra  quam  debeo  vel  forsitan  erravero,  quod  non  spero^  dili- 
genti  adhibita  caucione  venia  non  negetur,  cum  a  vetustisaimis 
exemplaribns  et  diversis  collegerim,  que  scribere  cogitavi,  licet 


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485 


ad  onuiia  qae  Yolui  ezemplaria  non  potuerim  pervenire/  Wenn 
der  VerfasseTi  der  dies  schreibt,  nicht  derselbe  ist  wie  der  von 
610^  so  sagt  er  eine  grosse  Unwahrheit,  deren  man  ihn  zu- 
nächst in  seinem  eigenen  Hause,  wo  mau  seine  Thätigkeit 
g-enaii  kannte,   fi^eziehen  liiitte.     Denn  mit  nichteii  ist  dieser 
Autor  d>"^  >U\vki:a  ,De  ordiue  cpiscoporum  Laurea*   u-iunn'  und 
der  folgenden  Stücke  in  401  auf  die  ,vetu8tissima  cxemplaria" 
zurackgegangen.   Die  Arbeit,  in  diesen  ^vetustissimis  exempW 
ribus*  zu  forschen,  war  schon  von  dem  Autor  von  610  ge- 
macht, und  der  von  401  hat  seine  Vorlage  einfach  abgeschrie- 
ben.^   Die  Redewendung  ^cum  a  vetustiasimis  ezemplaribus  et 
diTersis  oollegerim^  finden  wir  aber  ganz  correct,  wenn  der 
Verfasser  beider  eine  und  dieselbe  Person  ist.   Er  hat  dann 
in  401  seine  früheren  Arbeiten  einfach  neu  geordnet,  erweitert 
und  ergänzt,  in  einigen  wenigen  Punkten  auch  verschlechtert, 
vorgelegt    Er  Katu.  aucli  weiter  nicht  iiütliig,  sich  um  die  Er- 
forscliung  der  Todestage  der  auf  Suelpcru  folgenden  Aebte 
grosse  jMüho  zu  geben:  was  da  geleistet  werden  konnte,  hat 
Sigmar  geleistet,  und  in  einigen  Sätzen,  die  4U1  schreibt,  trMto, 
wenn  man  zwei  verschiedene  Verfasser  annehmen  würde,  nichts 
als  die  Verlogenheit  des  zweiten  zutage,  der  sich  einer  Arbeit 
rühmt^  die  der  erste  schon  gemacht  hat;  denn  wie  konnte 
Bemardus  Noricus  so  von  seiner  Arbeit  sprechen:  ,CSrca  quod 
notandum,  quod  multorum  abbatum  tempora  non  possunt  Tera- 
citer  inreniri,  quos  tarnen  abbates  Chremsmunstrensis  ecclesie 
extitisse  ex  calendariis  mortuorum  et  libro  vite  discitur  mani- 
feste, sicut  Wolframi  Sigmari  et  aliorum.    Equidem  nec  eoruui 
omni  um,  quorum  tempus  regiminiB  invenitur,  finis  ant  prinei- 
pmm  valui  porscrutari,  sicnt  Sii;liardl,  Snelperonis  ot  aliorum 
.  .  .  nihilominus  tamen  singulorum  nomina  notabuntur  in  ordinc 
veriori  et  dies  obitus  ac  sepulture  locus.*    Hier  würde  sich 
Bemardus  einfach  die  mühevolle  Arbeit  Sigmars,  über  die  im 
ersten  Kataloge  fast  mit  denselben  Worten  gesprochen  wird, 
zugeeignet  haben. 

Hilit  man  alle  Umstftnde  zusammen,  dass  die  Codd.  610, 
375  und  401  in  der  Anlage  ganz  oder  theilweise  übereinstimmen, 


Wetni  pr  liinznfflj^t:  ,Unde  pt  sp.'iti.'i  vacua  rcst'rvavi  cin  a  tompora 

siiip-uloruin',  8'»  bofoljrt  er  nnvh  mir  das,  \\o/.u  fjlUdas  Hei^piol  gegeben, 
und  wovon  man  sich  in  der  von  Waitz  pubiieirteu  Tafel  überzeugen  kann. 


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436 


dass  in  den  genannten  Handschriften  yoraehmlieli  drei  Sclirift^ 
arten  vorkommen,  die  anf  eine  emsige  Hand  znrflckauftlhreD 
sind,  und  dass  diese  Hand  es  ist,  die  in  allen  jenen  Sachen 
SU  thun  haty  die  in  erster  Linie  auf  die  Feststellan^  der  Rechte 
und  Besitsimgen  des  Stiftes  Kremsmttnster  Bezug  nehmen,  dass 
als  der  Autor  der  Stücke  in  dem  einen  Codex  Sigmar  genannt 
wird,  auf  den  nachweislich  auch  die  ,Libri  Fridericiani'  zu- 
rUckzufillircn  sind,  crwilgt  nian  cudJiih,  dass  Sitrmar  innerhalb 
der  Jahre  — 13^0  nicht  gestorben  sein  kann,  tla  das  Ver- 
zcichiiiss  im  Tudteiibialie  von  Kremsmttnster  seineu  2v'ümeD 
nicht  neuat,  üü  wird  man  wohl  zu  dein  Sclilusse  «^elan^en, 
dass  kein  Andoror  als  J^iirmar  es  ist,  auf  «Ion  alle  dem  so- 
genannten Bernardus  !Noricus  zugeschriebene u  Arbeiten  zurück- 
zuführen sind. 

Völhg  erwiesen  ist  dies  in  Bezui^'  auf  den  Abtskatalog 
des  Cod.  610  sammt  den  hiezngehörigen  Noten.  Wer  aber 
wird  leugnen  wollen,  dass  mit  dieser  Arbeit  das  Wesentliche 
geleistet  war,  das  der  angebliche  Bernardus  geleistet  hat?  Wenn 
die  Tradition  Recht  hätte,  dass  ein  Bernardus  den  Cod.  401 
gesell  rieben  hat,  so  könnte  sich  dies  im  ilussersten  Falle  nur 
auf  das  St  In-eiben  als  solches  beziehen,  aber  dann  mUsste 
seine  Thätigkeit  als  Schreiber  anf  viel  mehr  Handschriften  als 
allein  auf  den  Cod.  401  ausgedehnt  werden.  Die  letztere 
Losung  wird  indess  gewiss  nur  Wenigen  zu  gefallen  im  Stande 
sein.  Das  Wahrscheinlichste  is^  dass  auch  die  Tradition  mcbt 
tther  die  Zeit  des  Aventinus  hinausgeht 

g  11.  Ergebnisse. 

Wenn  wir  den  Veiiasser  der  ^Narratio  de  eodesia  Ckremi- 
munstrensi^  mit  den  herOhmten  Worten  Cioen»  ,De  oratore'  9, 
9,  36  über  die  erhabene  Aufgabe  der  Geschichte  prunken 
hören^  so  k5nnte  man  leicht  meinen,  dasa  die  hnmerfain  wht 
bedeutsame  historiographische  Thätigkeit^  die  in  diesem  Stifte 
am  Ende  des  13.  und  am  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  entfaltet 
wurde,  auf  die  Vorliebe  eines  einzelnen  oder  einiger  MOnche 
für  die  Geschichte  zurückzuftlhn n  sei.  Es  liat  ja  damals  auch 
in  der  Thal  ein  Mitglied  des  Klosters  gelebt,  das,  wie  mau 
schon  der  vorgelegten  Probe  entnimmt,  von  der  Geschichte 
und  ihrer  Bedeutimg  die  höchsten  Begriffe  hatte,  aber  im 


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437 


Ghrande  genommen  hingen  diese  hktorischeD  Studien  in  Krems- 
mttnster  sammt  und  sonders  mit  der  Regelung  und  Sicher- 

stelluDg  der  Besitzverhältnisse  zusammen,  die  man,  durch  arge 
Verluste  belehrt  und  den  Beispielen  benachbarter  Klöster  und 
Stifter  folgend,  endlich  in  Angriff  nahm.    Diesem  Zw»  eke  zu- 
liebe wurde  ein  Urbar  angelrgt,  die  Urkunden  inventarisirt  und 
in  ein  Copiaibuch  eingetragen  und  ein  genauer  Katalog  der 
Aebte  von  Kremsmtlnster  angelegt.  Begreiflicherweise  mussten 
sich  die  Voistudien  auf  eine  Geschichte  der  Bischöfe  von  Passaa 
and  der  Herzoge  Ton  Oesterreich  und  Baiem  erstrecken;  auch 
der  Pttpste^  die  dem  Kloster  manche  Privilegien  gegeben  hatten, 
muBste  gedacht  werden.^  Solche  Listen  der  Bischöfe  von  Passaa 
and  der  Herzoge  von  Baiem  fand  man  viele  in  der  Nachbar- 
schaft.   Man  schrieb  eine  solche  Liste  ab  und  ging  dann  an 
die  Abfassung   des   Abtskjitalog'f^s,     Diese   Arbeit  bot  grosse 
Schwierigkeiten.     Man  hatte  eine  sichere  Abtsliste  nur  inso- 
weit, als  die  Aebte  in  der  ^Chronica  annalis'  einf:;etrageu  waren-, 
doch  diese  war  erst  1142  angelegt  worden.    Wieviel  aber  war 
an  historischen  Materialien  in  den  MagyarenstUnnen  verloren 
gegangen?   Die  Festsetzung  der  Keihenfolge  der  ersten  Aebte 
bot  daher  die  grOssten  Schwierigkeiten:  die  alten  Todtenbücher 
und  die  Privilegien,  die  man  neben  der  Chronik  allein  als 
Quelle  benutzen  ko^mte,  reichten  nicht  aus,  um  die  vielen  vor^ 
handenen  Lücken  su  füllen.  In  mühevollster  Weise  wurde  end- 
lich eine  Abtsliste  aufgestellt  und  in  diese  eingetragen,  was  für 
die  Geschichte  von  Kreinsmünster  bedeutungsvoll  war:  zunächst 
der  Inhalt  der  Privilegien.    Diese  Abtsliste  in  Verbindung  mit 
den  hiezngehörigen  Vorarbeiten  und  den  Nachträgen  zu  ihr 
bildet  den  Inlialt  der  auf  Kremsmiinster  bezüglichen  StUcke  im 
Cod.  610  der  VV  iener  HofbibUothek. 

So  wie  die  Abfassung  des  Kremsmünsterer  Urbars,  so 
sind  auch  diese  dem  Fieisse  Sigmars  zu  danken,  der  damals 
die  eigentlichen  Geschttite  als  KeUermeiBter  an  ein  anderes 
Mil^lied  des  Stiftes  abgab.  Auf  ihn  ist  auch  die  Abfassung 
des  yAuctarium  Cremüanense'  snrUcksufUhren.  In  der  alten 
Chxünik  des  Klosters  fand  er  das  Vorbild,  nach  welchem  er 
seine  Geschichtswerke  anleorte,  wie  auch  manche  Archaismen 
auf  dieses  Vorbild  ssurUckzutuhreu  sind. 


^  Uricandenbooh,  Nr.  38<-39,  41—46. 


438 


Dass  Sigmar  der  Verfasser  d* Abtskataiog^s  ist,  wird 
ausdrücklich  angemerkt;  da  ihm  die  Untersnchung  der  Benti- 
yerhaltniBse  abertragen  war  und  er  za  dem  Zwecke  die  PriTi- 
legien  dea  Kloster«  der  sofgeamsten  Unterencbung  ontenogea 
hatte  (votorum  noetroram  affeccio  perrexit  olteritu^  indagare 
omnia  nostre  eccleaie  privilegiay  qae  in  tota  bibliotheca  pote- 
rant  reperiri),  so  war  es  begreiflich^  dass  er  den  Inhalt  dieser 
Privilegien  bei  der  Erwähnung  der  einseinen  Aebte  kurz  Ter* 
zeichnete.  Um  eine  voUständige  Kenntniss  des  gesammten 
Materials  zu  erlangen^  war  er  genöthigt,  aach  die  ArcluTe  der 
Nachbarschalty  namentlich  das  ron  Passau,  zu  durchforscheiL 
In  der  That  fiind  er  dort  nicht  weniger  als  16  Urkunden,  die 
nach  KremsmUnster  gehörten.  Ihren  Inhalt,  dann  die  Todes- 
tage der  einzchuu  At»bte  und  manche  historisclie  Notizen,  die 
er  in  der  ,Chrouiea  aiinalis'  luiid,  trug  er  auf  den  Räudem 
seiner  Kataloge  auf.  In  dieser  Weise  finden  wir  den  Autor 
bis  13  lö  thatig. 

Wie  aher  schon  vordem   aus  seinem  Verzeichnisse  der 
Beslt/nnfj^en,  Einkünfte  und  Hechte  eigene,  schrm  presch riehtuc 
Volumina  angefertigt  wurden  waren  —  wie  wir  vermuthen, 
von  seiner  eigenen  Hand  —  so  stellte  sich  auch  das  BedUrf- 
niss  heraus,  diese  .silva  rerum^,  die  nun  in  den  verschiedenen 
Katalogen  angehäuft  lag,  in  eine  bessere  Ordnung  zu  bringen 
(melius  ordinäre).  Zugleich  sollte  eine  eigene  Schrift  von  dem 
Entstehen,   dem  Wachsthume  und  dem  Verfalle  von  Kreni> 
münster  Zeugniss  abgeben.   Das  wurde  in  der  ,Narratio  d« 
ecclesia  Chremsmunstrensi'  geschildert,  deren  zwei  Theile  dem 
genannten  Gesichtspunkte  entsprechend  die  Titel  fähren:  fh 
construccione  ecdesie'  und  ^De  ruina  ecclesie'.   Der  Ruin 
wnrdo  voroehmlich  auf  drei  Dinge  zurtlckgeftlhrt:  die  Invasio- 
nen der  Magyaren,  die  Begehrlichkeit  der  Passaner  Bischöfe 
und  die  Verschleuderung  durch  die  eigenen  Aebte.   Im  An- 
hange dazu  wurden  die  alten  Kataloge  neu  bearbeitet  und 
eine  Liste  der  Markgrafen  und  Herzoge  von  Oesterreich  hin- 
zugefügt. Die  neuen  Kataloge  enthalten  im  Wesentlichen  nicht 
viel  mehr  als  die  alten,  die  sammt  den  dazugehörigen  Noten 
das  Concept  zu  den  neuen  Katalogen  bilden.    Auch  in  den 
neuen  Katalogen  und  in  der  ,Nairatio  de   ecclesia  Chrems* 
munstrensi'   liegt  auf  den  Urkunden   dub   Hauptgewicht.  So 
entstanden  aus  den  Schriften  des  Cod.  ülü  jene  Werke,  die 


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439 


flieh  im  Cod.  401  zq  Kremsmttnster  finden  und  seit  den  Tagen 
AveiktiiiB  einem  HOnche  des  Klosters^  Bernhard  dem  Noriker^ 

zugesclirieben  werden. 

Dass  diese  Annahme  wenig  Berechtigung  hat,  ergibt  sich 
aus  inneren  und  äusseren  Kriterien.  Jene  zeigen^  dass  für 
die  Arbeit  des  angeblichen  Bemhardas  alles  Wesentliche  schon 
durch  Sigmar  gethan  war,  diese  stützen  sich  auf  eine  Ver- 
gleichung  der  Schriften,  indem  die  Gleichheit  einiger  zweifei* 
loa  von  Sigmar  herrührenden  Stücke  aus  dem  Cod.  610  mit 
der  Schrift  anderer  Stücke  dieses  Codex  und  der  Handschrif- 
ten 401  und  375  erwiesen  wird. 

Von  den  Notizen  Sigmars  ist  eine  erhebliche  Anzahl 
dem  Kremsmünsterer  Todtenbuche  entnommen,  das  gleichfalls 
von  ihm  angelegt  wurde,  wie  auf  ihn  möglicherweise  auch 
noch  die  in  jenen  Tagen  in  Kremsmünster  abgefasste  ,Vita 
Agapiti'  zurückzuführen  ist.  Dass  man  seine  Hand  im  ,Codex 
MiUenartus  und  in  so  vielen  anderen  Handschriften  aus  der 
ftlteeten  Zeit  Eremsmünsters  wieder  findet^  <igt  von  dem 
grossen  Eifer,  den  er  bei  der  schweren  ihm  zugefallenen  Auf- 
gabe entfaltete. 

Im  Todtenbuche  zeichnet  er  noch  den  Tod  seines  Abtes 
ein;  Fol.  41":  ,X,  Kai.  Dec.  Fridericus  presbytrr  ot  monachus 
istios  loci,  quondam  abbas  pie  memorie  (re)xit  lAlü  annis  . .  . 
avit  Ried  infirm  .  .  .  anno  domini  1326.'  Bald  darauf  wird  er 
selbst  gestorben  sein,  denn  nur  so  ist  es  zu  erklären,  dass  im 
Abtzkataloge  die  Regiemngsjahre  dieses  Abtes  nicht  mehr  von 
seiner  Hand  eingetragen  und  an  einer  anderen  Stelle  noch 
Ltk'ken  gelassen  wurden,  die  man  kaum  erwarten  sollte:  Jste 
ai*l>ate  mortuo  anno  sue  elatis  .  .  .  ordinaciouis  .  .  .  anno  do- 
mini MCCCXX  .  . 

Die  vorstehenden  Blätter  suchten  seine  Verdienste  in  die 
reehte  Beleuchtung  zu  rücken,  wie  dies  auch  früher  schon, 
wenngleich  nicht  so  weitgehend,  Dümmler  versuchte,  wenn  er 
sagt:  Im  Ganzen  hat  man  den  Werken  des  Bemardus  Neri- 

cus  bisher  einen  viel  zu  hohen  Werth  beigelegt,  da  man  nicht 
erkannte,  wieviel  er  seinem  nächsten  Vorgänger  zu  verdanken 
hatte.  Meine  ciprcne  wissenschaftliche  TJehcrzeugung  von  der 
Sache  linbe  ich  seit  «'innndzwanzig  .lalin-n  nur  in  nnwesent- 
Uchen  iJmgen  zu  ändern  Ursache  gehabt,  ein  genauerer  Ein- 


440 


blick  in  das  geflammte  einschUlgige  bandschriftliche  Mateml 
hat  die  damals  gewonnenen  Anschannngen  nur  befestigen 
können. 


AiNHANG. 


Nr.  1. 

Der  LIber  vitae  tou  Krentömilu&ter. 

Im  Codex  Friderii  ianus  findet  sich  auf  Fol.  66*'  du-  Notiz: 
yNuta,  quod  in  libro  anualiuin,  qui  dicitnr  Liber  Vite,  liabetur 
quod  homincs  ibidem  residentes  cum  suis  posteris  dcdcrunt  ad 
censum  V  denarios*  (siehe  Th.  Hagn^  Urkuudenbuch  von  KremB- 
münstrr,  S.  87,  Note  2). 

Darnat-h  wäre  der  Cod.  375  der  Wiener  HofbibhOthek. 
welelier  die  KremsniUnsterer  Aiiiialen  enthalt,  einstens  Lilw^r 
Vitae  ^eheissen  worden  und  dieöes  Buch  mithin  nicht  unter 
jene  zu  rechnen,  deren  Verlust  seither  zu  beklagren  ist.  Des 
Liber  Vitae  wird  sowohl  in  den  Stücken  des  Cod.  Ii  10  als  im 
KremsmUnsterer  Codex  sehr  oft  gedacht  In  jenem  tinden  sich 
folgende  Stellen:  Juvenitor  eciam  quidam  Bertoldus  abbas,  qai 
est  scriptas  libro  vite  pro  testimonio  censualinm'  (Fol.  92*  nnten); 
in  diesem:  ,Circa  quod  primo  notandnm,  quod  multonun  abba- 
tum  tempora  non  possont  yeraciter  inTeniri^  qaos  tarnen  abba- 
tes  Gbremsmunstrensis  ecdesie  eztitisse  ex  calendariis  mortao- 
nim  et  libro  Tite  diseitnr  manifeste  .  .  .  Anno  1040  prefoit 
Qerhardns  tempore  Heiniici  regis  filii  Chonradi^  nt  babetar  ex 
libro  yite  .  .  .  Post  hnno  Bercbtholdos  creditor  prefoisse,  de 
quo  eciam  nibil  constat,  nlsi  quod  in  libro  annalinm  in  testi- 
moninm  eensaalium  est  adductus  .  .  /  Zum  lotsten  Male  in 
der  Qeschicbte  des  Abtes  Friedrieb:  ^quas  require  in  prologo 
libri  vite  .  .  / 

Ebenso  im  Liber  privilegioram:  ^Privilegium  huias  re- 
quire in  principio  libri  vite,  in  novo  folio',  Urkundenbuch, 
S.  ol'J,  bezielit  sieh  auf  eine  Urkunde  Alexanders  III.  .  .  .  Zu 
einer  Urkunde  vom  Jaiirc  llÖU  wird  bemerkt;  ,Item  de  buiu*- 


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441 


modi  require  in  libro  Tite,  capitalo:  Omniam;  et  Privilegium 
de  liberUte  pontu  in  Wels  ex  parte  Fridrici  de  Bor  reqnire 
in  medio  Hbri  yite  .  .  ,* 

Sehen  wir  nun  in  den  ^Annales  Cremifanenses'  nach,  so 
wird  darin  der  Berchtoldna  gar  nicht  genannt,  geschweige  denn 
die  ^quinque  censuales  homines  ibidem  residentes  .  .  /  Zum 
Jahre  1040  wird  Abt  Gerhard  nicht  genannt,  sondern  erst  zum 
Jahre  1044  und  auch  da  von  einer  Hand  des  ausgehenden 
13.  Jahrhunderts  und  mit  HinsufUgung  (von  zweiter  Hand): 
yCirca  hec  tempora  sui  plus  ytÜ  minus/  Ebenso  stimmen  alle 
anderen  Angaben  mit  dem  Annalenbuche,  d.  h.  dem  Cod.  1375, 
nicht  zuöummen.  Ka  wäre  nun  freilich  nicht  unmr»g-lich,  diiss 
mau  in  der  Zeit  des  Abtes  Friedrich  von  Aich  noch  ein  zweites 
Annalenbuch  angelegt  hätte,  in  das  man  dann  verschiedene 
Nuclitnige  eingezeichnet  hätte,  wahrscheinlicher  ist  aber  doch, 
dass  das  Wort  ,Annalis'  an  der  oben^'enannten  Stelle  ^ir  nicht 
die  Bedeutung  unseres  ,Jalu-buch'  hat,  sondern  entweder  die 
,Messen'  Vredeutet,  die  an  bestimmten  Tagen  für  die  an  diesen 
Tagen  versiorbcTiPTi  Wohlthäter  zu  lesen  sind,  wie  man  solclie 
Stellen  mehrfach  tindet/  oder  die  Einkünfte,  die  in  Gemäss- 
heit  der  letztwilligen  Anordnungen  eines  Gönners  des  Klosters 
an  einem  bestimmten  Tage  des  Jahres  dem  Convente  auszu- 
folgen sind,*  oder  endlich  überhaupt  eine  Art  jährlicher  Ein- 
kOnfte.« 

Nr.  2. 

Zur  Tita  sancti  Agapiti. 

Die  zur  Vita  Agapiti  gehörigen  Stacke  finden  sich  im 
Cod.  401  auf  Fol.  85*-104»;  die  Vita  selbst  steht  Fol.  87* 
bis  ihr  geht  eine  Erklärung  des  Namens  Agapitus  Toraus, 
und  vor  dieser  befindet  sich  der  Prolog,  dessen  wesentlicher 
Inhalt  bereits  oben  yermerkt  wurde.  Fol.  87*  folgt:  ,Uq  saneto 


^  ^teiu  iego  sex  Ubran  ad  Uiioii  auuales  faciendos  .  .  .*  Du  Gange  I,  256; 
aaeh  «Aimsl«  »  AxmiTttrMriam  »  dies  qni  pro  movtnia  eelebratnr  aingalis 
uuiit  .  .  .*  Ebenda. 

*  tAnnale,  qaod  pro  dttAmcto  dagnlif  annui  ant  Mltem  per  unum  annnm 
datur  Tel  eoHTentui  vel  pauperibus/    Du  Gange,  1.  c. 

*  , Annale»,  censun  nnnni  spccios:  et  questas  et  tolt.is  et  nlhei^M  et  man- 
ÜAtua  et  Anna  loa  cenaus  et  usua  .  .  /   Du  Gange,  ibid. 


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442 

Agmpito  vuatyre  Oiristi*,  dann  Fol.  97*  ein  ^ermo  de  aancto 
Agapito  Buutyre'.  Ueber  die  Etymologie  des  Namens  wird 
sehr  breit  gehandelt^  Die  Geschichte  des  ans  PrKneste  stam- 
menden Heiligen  ersäblt  der  Autor  in  verhilltnissmässiger  Kttne 
ohne  charakteristische  Einzelnheiten,  was  sich  ja  nach  dem  in 
der  Einleitung  Gtesagten  begreift  Wir  fügen  eine  längere  Stelle 
an,  weil  man  aus  ihr  des  Verfassers  Art  su  arbeiten  ersieht: 
yHuius  autem  gloriosi  martyris  Christi  oesa  dehinc  (de  Prae> 
nestina  urbe)  cir<$a  annum  domini  770  translata  sunt  in  fines 
Wawariü  proyincie  Germame  inferioris  (sie)  et  locata  in  mona- 
sterio  sancti  SalTatoris  ordinis  sancti  Benedict!  Pataviensis  dio- 
cesiSy  quod  situm  est  in  Pago  Traunp^a  super  alveum  Clireni- 
sam,  a  quo  eciam  nomcn  traxit.  Hic  locus  est  tvrocinii  iiostri 
tc'Stis  et  in  t\n<>  de  tanti  niartvris  reliquiis  gratulamur.  Porra 
eiusdum  traiiblaciuiiis  scrijita  ])roli  dolor  üon  habentes,  tum  quia 
aiit  Yotustate  vel  inctiudio  vel  ncgligencia  perierunt,  aut  quia  a 
ra{)t(jril)nB  sunt  ablata,  hoc  sufficit  scire.  Et  quod  p\un  pre- 
öciiciL'  pcrliibent  testimonium  scnjiture  in  fiiisdeni  ilms  ti^ju- 
rate  t  t  diversarum  curaciones  iutiriuitatiun ,  ([waa  uou  solum 
iegimus  sed  oculis  vidimus,  et  veraritci-  tcstes  sumus.* 

,Sed  ad  hoc,  quod  beatus  ieronyraus  dicit,  quod  passus 
sit  sab  An^ocho  reo^e  potest  dici,  quia  Aurclius  Antyochum  ex 
preside  regem  fccit  vel  quod  errore  scriptoris  poeitnm  est 
Antyochos  pro  Aurelio^  sicut  in  legenda  sancti  Cyriaci  Maxi> 
mianus  ponitur  pro  Gnlerio  et  in  sancti  Lauren cii  Decius  pro 
Gallieno  et  in  sunete  Katbarine  Maxencius  pro  Maxime.  Nam 
nuUus  rex  vel  imperator  huius  nominis  circa  hec  tempora  re- 
gnasse ez  cronicis  Orosii,  Ysidori,  Eusebii,  Honorii  vel 
Martini  invenitur.  At  contra:  Martyrologium  id,  cui  pre- 
mittitur  prologus  sancti  leronymi,  non  est  eins,  quia  in  eo 


Agapitus  dicitur  ab  Aga  qnod  est  festivus  vel  «olempnis  vel  loquent 
ve)  nu^ilitaiis  et  Pntns,  quod  est  pnj«sio,  vol  podos,  quod  est  puer  .  .  . 
vel  dicitur  ab  Agapoo  pci,  quod  out  donuui  datuu)  ex  dileccione  .  .  . 
vel  dicitur  ab  Ago,  quod  est  facio  vel  procuro  et  patoa  ...  vel  dicitar 
ab  Agos,  quod  Minmctiu,  eipatos,  quia  sangnittS  tiaetoi  • . .  tsI  dieitiir 
ab  quod  est  üat,  ei  Geoa  terra,  et  Patoa  . . .  vet  dieitiir  ab  Ag%  qaod 
ett  doeoo  et  pedoa,  qood  aonat  pneroa  .  .  .  vel  dicitur  a  Oapite,  quod 
ideo  croatom  ett  rtne  cAmo  secundunn  pbiloaophojn,  at  velocioris  et 
mcHori«  sit  ««••nsTt''  ot  quia  ipse  Optimum  capttt  hnbnit  .  .  Zu  jeder 
Lin/cIiuMi  Ableitung  werden  die  entaprecbeudeD  ausführlichen  Motive 
angefügt. 


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443 


plurimum  mencio  fit  sanctoram,  qui  post  sua  tempora  clarae- 
rant.  De  hoc  martyre  eciam  dick  Houorius:  Sub  hiis  imperar 
toribus  scilicet  Lucio  Aurelio  Commodo  et  fratre  eius  Marco 
Antonino  Vero  quarta  peraecucio  christiaiioniin  est  exorta  et 
multa  martynim  millia  Rome,  Orete,  in  Sjria  et  in  Alexandria 
sunt  martjno  coronata^  in  qnibns  et  Agapitus  puer  quindennis 
apud  Prenestinam  martyrio  coronatur  .  . 

Die  Predig^  welche  sich  an  die  Legende  anachliesst^  ent> 
häH  keine  bemerkenswerthen  Angaben^  aus  denen  sich  über 
Zeit  und  Autor  etwas  feststellen  liesse.  In  der  Legende  finden 
sich^  wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  einige  historische  Notizen 
aus  der  Zeifgeschichte.  Die  Ereignisse,  die  erwähnt  werden, 
liegen  freilich  ziemlich  weit  auseinander.  Zu  unseren  Zeiten, 
heisst  es,  ist  der  Herzog  Stephan  von  liaieni  zum  Erzbischof 
von  Salzburg  gewühlt  worden.  Das  geschah  Albrccht 
von  Oesterreich,  von  dem  gesagt  wird,  dass  er  Bischof  von 
Passau  war,  wurde  1313  gewühlt.  Da  nun  der  Prolog  der 
,VitA  A^i^apiti'  davon  spricht,  dass  er  KiOO  g<'sehriebeu  wurde, 
so  ertj;^ilit  sieh,  dass  der  Theil  der  ,Vita*,  in  welehem  von  der 
Bischofswahl  Allm  elits  ges})rnchMn  wird,  um  ganze  dreizehn 
Jahre  später  gcscliriebcu  wurde  als  der  i*rolog,  oder  dass  die 
jVita*  vielfache  Nachtrüge  erhielt.  Und  da  rauss  gleich  von 
voinherein  bemerkt  werden,  dass  nicht  die  ganze  ,Viüi  Aga- 
piti*  von  einer  und  derselben  Hand  geschrieben  ist,  und  dass 
die  obige  Angabe  des  Jahres  1300  sich  mit  den  sonstigen  An- 
gaben geschichtlicher  Art  gut  vereinen  lässt. 

Der  Verfasser,  der  sich  im  Prologe  meldet,  ist  in  schrift* 
steUeiischen  Sachen  ein  An&nger:  ,Rogo  antem  humilibns  lite- 
ris  ac  desiderüs  tocius  cordis,  ut  super  huiusmodi  presumpcione 
devota  seu  devocione  presumptnosa,  qni  hec  legeris,  veniam 
mihi  prestes  et  moneo  nichilominns  quam  attcnte  ne  hiis  quasi 
mea  anctoritate  utaris  in  publice  sed  nec  passim  in  cubiculo/ 
Er  besitzt,  wie  man  merkt,  ein  starkes  Lampenfieber.  ,Sed,' 
fthrt  er  fort,  ,ut  occasione  accepta  ex  hiis  que  scripsi  satis- 
faciens  meo  voto  Tel  obediens  iuiperio  senioris  alia  edas  scripta 
aut  saltim  (sie)  ista  corrigas.'  Dieser  Wunsch  ist  ihm  erftdlt 
worden,  und  es  war  auch  wirklich  nothwen  diese  Sachen 
zu  überprüfen,  denn  abgesehen  von  der  stilistischen  Unbeholfen- 
heit, die  er  fast  in  jedem  Satze  kundgibt,  zeugt  des  Autors 
Schrift  von  einer  solchen  Uukenutniss  im  Schreiben,  dass  man 

Arohiv.  LXXXI.  Bd.  II.  UHtU.  30 


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444 


fach  nicht  wandeiiy  wenn  scUiessIicli  ein  Anderer  ihm  die 
Feder  aus  der  Hand  nimmt  nnd  den  ange&ngenen  Faden 
weiter  spinnt.  Die  Verbesseningen  dürften;  was  man  zum 
Thefle  noch  sehen  kann,  aneh  stUistischer  Art  gewesen  sein: 
Fol.  85*  (2.  CSolumne,  Zeile  3  von  nnten)  hatte  er  geschriehen: 
,ante  me  intemptata  ansns  fberim  usnrpare.'  Der  Ausdruck 
^usurpare'  passt  nicht,  darum  schrieb  der  Oorrector  darfiher 
,adtemptare'.  Andere  Correcturen  sind  zahlreicher.  Sie  be- 
treffen ausjETclassene  Wörter.  Fol.  ^5**:  .qui*  iu  dem  Satze  ,tunc 
fuit  doiiiiiii  lauU'"*;  Fol.  85V-  ,viaii.ua  uf;  Fol.  Sb^  macht  er 
aTis  dem  siiuiloseii  ,assigat':  ,aö±>igiiatum*'.  Fol.  86'  ergänzt  er 
ein  ausgebliebenes:  ,scito  tanicn*;  Fol.  Bö**  bessert  er  ,a  quam 
exequondam'  in:  ,ad  f]naiii  excquendam*  u.  s.  w.  Man  sieht 
schon  daraus,  da  -  sich  hier  auf  einem  Blatte  uiiuewrilm- 
Hch  viele  Fehler  tindcii.  Und  dabei  ist  dem  CorrectDr  notdi 
der  eine  und  andere  entgangen.  So  steht  an  einer  Stelle 
(Fol.  85*)  statt  ,oxemplum  de  eo  habemus^:  ,cxemplum  Deo 
habem^s^^  Im  AHgemcinen  gewinnt  man  den  Eindruck,  als 
habe  der  Schreiber  bisher  sehr  wenig  mit  der  Feder  ge- 
arbeitet: er  weiss  die  Wörter  nicht  geschickt  genug  auf  die 
Zeile  zu  vertheilen,  so  dass  er  genöthigt  ist,  nnp:f'Av  ■Imliche 
Umbrechungen  vorzunehmen,  z.  B.  FoL  86  endet  die  Zeile  mit 
,8(er)mo(ny^  wobei  die  in  Klammem  stehenden  Buchstaben  die 
Abkürzungen  andeuten;  das  noch  fehlende  e  setzt  er  auf  die 
andere  Zefle;  er  schreibt  ,ac  deino*  statt  ^divino',  weil  er  nickt 
weiBSy  wie  man  richtig  das  Wort  zu  kürzen  hat;  er  kürst 
fporro'  (p^*"),  wie  man  es  nicht  gewohnt  ist,  schreibt  ^Inperro' 
statt  ,inperio^,  ,armantibus'  statt  ,animantibu8'.  Das  sind  Dinge, 
die  man  von  einem  Schreiber,  sei  es  nun  Sigmar  oder  Bern* 
hard,  nicht  erwartet;  denn  ob  man  nun  an  den  £inen  glaubt 
oder  den  Anderen  verfieht,  wie  dies  Waitz  thut,  wir  wissen, 
dass  er  um  1300  schriftstellerisch  thätig  ist  und  eine  gute 
Feder  fülirt.  Das,  was  auf  FoL  85* — 86*  sicli  findet,  kann 
daher  weder  der  Eine,  noch  der  Andere  geschrieben  haben. 
Die  Unb(^li«)lfenheit  des  Schreibers  des  Blattes  85  ist  eine 
geradezu  kläghche,  und  wir  besrrcifen  seine  Bitte:  ,Non  enim 
(et  [sie!]"*  mihi  in  hoc  estmo  (eorrit:;irt  von  anderer  Hand: 
estimo)  dcrogari,  dunimodo  amateria  (sie)  tarn  uobili  et  (fehlt, 


>  Ebenio  ,aauuii  gloriiun'}  oder /de*  «tatt  ^icnt';  ,admode*  stati  fadmodau'. 


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44& 

TOD  anderer  Hand  ergUnzt)  utili  imo  (coirigirt:  immo)  neces- 
saria  non  recedas.  Scito  tarnen  (beide  Worte  am  Bande  er- 
gänzt), quod  hec  ipsa  manns  transiemnt  archydiaconi  Padnani 

et  aliorum  litcratonim  virorum,  quibus  ea  idcm  archydiaconus 
commiserat  corrigenda.  Si  vero  nee  aiin  scriberc  nec  suscipere 
isla  placet,  hec  saltiin  (sie)  que  de  diversis  .  .  / 

So  weit  reicht  diese  Hand.  Uli'enbar  wurde  ihr  die  Feder 
genoiumen,  uiul  dieselbe,  die  den  sogenannten  Bemardus  ge- 
schrieben, corrigirte  die  vorhergehenden  Fehler  und  führte  nun 
den  Text  weiter,  und  zwar  in  doi'spll)en  leiehtpn  und  elr';^':intcn 
Weise  wie  dort.  Auch  hier  finden  wir  wieder  die  drei  Schrift- 
arten: Textsc!n*ift,  kleinere  Schrift  in  den  NachtrUgen  und  die 
ganz  feine  Scliriff,  in  der  er  hie  und  da  sein  ^Nota^  anbringt 
oder  eine  Bibeistellc  citirt. 

Ks  ist  nach  dem,  was  im  Prologe  bemerkt  Avird,  wahr- 
scheinlicli,  dass  eben  der  Mönch,  dem  die  BUcher  in  der 
Bibliothek  wohl  bekannt  waren/  und  der  im  Passional  die 
Legende  des  Schatzheiligen  im  Stifte  yermisste,  einen  seiner 
jüngeren  Genossen  aulBTorderte,  eine  solche  zu  schreiben.  Dass 
man  da  in  erster  Linie  an  Sigmar  als  jenen  denken  wird,  der 
2U  der  Arbeit  die  Anregung  gab,  liegt  auf  der  Hand.  Da  sich 
aber  der  Autor  seiner  Aufgabe  wenig  gewachsen  zeigte,  wurde 
sie  ihm  von  Sigmar  abgenommen,  und  dieser  wird  es  gewesen 
sein,  der  die  Arbeit  ergänzte  und  ins  Reine  schrieb. 


Sieh»  oben  §  6. 


3ü* 


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INHALT. 


Seit« 


Binleitaiiiir   U9 

§  1.  Allgemeino  Bemerkungen  Qber  die  literarische  Tbitigk«it  ia  Kraau- 

rnttutar  unter  dmn  Abte  Friedrich  Ton  Aldi   368 

§  S.  Der  Codex  Friderieianna   SM 

aj  Das  Urbariun  des  Abtes  Friedrieh  von  Aich   3(6 

b)  Der  L&ber  privilegionim   360 

I  8.  Das  Todtenbueh  des  Abtes  Friedrieh  von  Aich   361 

§  4.  Die  Tito  sanctl  Agi^iti   366 

i  5.  IMe  historischen  Arbeiten  in  Kremsmflnster  ans  der  Zeit  Friedrichs 

Ten  Aich  und  ihre  handsdiriflliche  Ueberliefisraiijr   370 

a)  Dfir  Cod.  101  in  KrenismünBter   870 

I»i  r  Cod.  010  der  Wiener  Hofbibüothek   379 

c)  Dur  Cod.  375  der  Wiener  Ilofbibliothek   362 

§  6.  Die  Orduuu^  der  Bibliothek  von  Kremsmflnster  unter  dem  Abte 

Friodricli  von  Aich   386 

§  7.  Zweck  der  Iiii»chofs-  und  UerzogsIiHte  im  Cod.  6lü  

§  8.  Der  erste  Abtakatalof^  ntid  min  Verfasser   itilü 

§  9.  Da>i  Vt  rh.Hltniis  des  ersteu  zum  sweiton  Abtskatal(^e.  Die  anderen 

Katalojre   405 

§  10.  Der  Cod.  4u  l  in  KremsmUnster  uud  der  angebliche  Bemardos  Noricus  415 

§11.  Ergebnisse   43« 

Anhang   44u 

1.  Der  Libor  vitae  in  KreinsmQnster   440 

2.  Zur  Vita  sancti  Agapiti   441 


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LosEKTH  Sipimir  und  Bernlianl  von  Kronisniünstpr. 


Taf.  1 


inn£.T  MS  ffne(^  mmuii^ 


▼Ulis 

tib  rt^^»^  in  .\m(:"%w  rcfbiursiL  mihi 
tormtKtA-     qfwinr  tncrrlif  reb''>i(P|tt 


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frm  ^^uiTla.  ^iorii'tvn  x'pvdy 

n  ^}>c\ir.  vift  «riif  1  wKnvÄc4> 
q  tn  Ambt  ^^IK«  tgtbj  gfrß 

nilhvbif  AuYir.  ^tio^iA  an 

n|>K<maTit»Zi-.T  vnü  mm'*- 
Vi.iK)him'ib'?tTR  ^uAUÄ.inf 
b^-  tvm  btbltÄ  xivuitf  litema 
nmnalf  in  ^uM^llW  tcoUf 

TnifTulef  .o<!^  fi>Uefmtf  Ub's. 
in  ftag{U  ivlutniir.  1  hioi 
^  iputacmb'itttHiuii-fcnbt 
ftor.  ITtfSe  ino  AxccMif 
tturtns  rek6ialC(ui  tnvioi 


l        iT^^u  ^'^v 

I  -iw't?^.^*  •'  tiftfhä  l^iapftn?Wiui^u«^^^  ,  . 

ifixrujf  -I ir  pflffdU<mü.-t<un«i?«tiie.  ^   -r  ... 

'  J^v^tr  T?^.**'?  ki^  m  u 


f.  U<tV  ^«*»*  «rtfc >• 


Aus  (\om  Al»tskatalo«r  «los  C«m1.  Viixltili.  t»l«> 


Archiv  fßr  öBicrrcichische  Geschiubti-.  LXXXl.  BauJ.  II.  llültte. 


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Lo.-»KKrii  Siytiiiur  uihl  lUM  iiliard  von  KreinsinfuisWr. 


Taf.  II. 


4^jjf  Äno  Mix  <*'»crc»4ij  cihuAS 
ms  flu  Anc  ipMCAti^  rei^tfib" 

«itÖArhi.mventA  fwr  6'r 

tilf.W/»h*rr  i^bunpfeiii  5 
pfminoii  numu    taitm  ■ 

f  .caiTiTt  fuific .  q  dhrnir 
^ql;  vnu  'r^Ttfa>fhtttn.r2>. 


pr  öcnmÄ  ifm/im. 

5»'  nr. cus-  ir.tal'.a  Ir  cafci . 
fiif-  Niünulu  cccp. 

ounXr.  f.  y mf  -»vin,  itvlif  viu. 


3f        ccc  ptxu. 

C  iFv.cfthir'GimV.'i^tfain  für 
Ä^  xiv.  tA\\ 

Ah 

f  itW  ^'o  mar.  cuvi] 

bvbc  V.  mifl  hmriv- 
Ah  ^icxdUahrv. 

hamal'. 


T  ip A  cSftch  fir  Äru>  hm 

4  4ltanA  dtaiur.  whin6#  a 
leiJii^  C'Xx*  hiufi  oi>tntii 


All.-  »U-iu  Abtskatali*^'-  »lr>  C'««!.  401  in  Kn'iu>iiiruisti'r 


(AuUij'rai>liii-  <l(.'->  !«>);<'»uiuil<  11  Ittiiunliiü  Nuricii«<.j 


Aicbiv  für  üi«tfrrcicliis.lii'  (icschicUlo    I.XXXI  Band.  II.  Ililfti- 


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BEITRÄGE 

ZUB 

ÖTÄiiTE-  UND  MüiLTSGEiSOfllCflTE 
OBERUNGAßNS. 

VOM 

D*  FRANZ  VON  KRON£S, 

oounpomiMnnwH  maaum  tm  kais.  aiadhiii  du  wieiimoB«fm. 


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V  or  beiiiör  k  ung. 


Der  VerfaBser  bietet  unter  diesem  Titel  dreierlei  Bei- 
träge zur  Städte-  und  Rechtsgeschichte  Obeningams. 

Die  I.  Abtlieilmig:  ,Analektcn  aus  dem  Kascliauri  Stadt- 
arcliiv«'  enthält  acht  Urkunden  und  deren  sachliche  Erläuterung. 
Zwei  davon  gehören  der  Epoche  der  ^Böhmen  in  Oberungam'i 
den  Zeiten  Jiskra's  von  Brandeis  an;  drei  faUen  in  die  Zeiten 
K.  Mathias  Corvinus  und  gcwäluen  uns  deu  Einblick  in  zünftige 
Verhältnisse  und  gewerbliche  Interessen  der  Stadt,  abgesehen 
von  ihren  sprachlichen  Eigenthflmlichkeiten,  während  die  drei 
letzten  Urkunden  den  Thronkrieg  zwischen  König  Wladislaw  II. 
von  Böhmen  und  Ungarn  mit  seinem  Bruder  Albert  und  dessen 
Folgen  pkr  Kaschau  beleuchten. 

Die  n.  Abtheilung:  ,Znr  Geschichte  der  königl.  Frei- 
stödt  Zeben'  versucht  es,  aus  einem  Bruchstikkwerk  hand- 
schriftlicher Aul/f  icluiungen  die  wechselnden  Geschicke  einer 
der  DeutBchstädte  des  Säioscher  Comitates  in  der  StrOmting 
der  Jahrhunderte  aneinanderzureihen. 

Die  III.  Abtheilung:  ,Zwei  deutsche  Rechtshaudsehriften^ 
untersucht  einerseits  die  zwei  Theile  eines  im  Jahre  1599  yer- 
fassten  Manuscriptes,  deren  erster  eine  jttngere  Fassung  der 
sogenannten  Zipser  Willkür  oder  des  Landrechtes  der  Zipser 
Sachsen  enthält  und  gewissennassen  in  der  Mitte  zwischen 
dieser  Rechtsaufzeicbnung  und  jener  Articulirung  der  ^Zipser 


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4ö0 

Willkttr'  steht,  welche  sich  in  einem  GoUnitEer  Fonnelhnche 

aus  dem  Jahre  1666  findet  und  vom  Verfasser  im  ^ArchiT 
lUr  Kunde  österreichischer  Geschichtäquellen^  1865  besprochen 
wordcy  während  der  zweite  Theil  eine  Bearbeitung  des  Sieben- 
bürger Landrechtes  bietet,  und  yeneichnet  anderseits  die 
Oapitel  emer  Handschrift  unter  dem  Titel:  ^Der  Bergstetter 
gcsehriben  Rcclit  und  Freystetter  creschriben  Recht,*  die  sich 
als  Privatarbeit  des  Tyrnauer  Stadtrichters  Kaimuudi  ^zu  Nutz 
und  Frommen  seiner  Kinder'  heraosstellt  und  als  systemati- 
sches Handbuch  des  persönlichen  und  dinglichen  Rechtes  und 
der  Rechtshandlungen  nach  den  Grundsätsen  der  Jurispmdeni 
erscheint. 


V 


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Erste  AbtheiluDg, 


Analekten  aus  dem  Kaschauer  StadtaroMve. 


Das  hier  Gebotene  entstammt  der  Zeit  meines  berufs- 
ivuissigcn  Aufenthaltes  im  Jlaiiptorte  des  ostungarischen  Berg- 
landes,  Studien,  die  ich  als  wissbegieriger  Gast  der  alten 
•  deutschen  Ansiedlungsgemeinde  mit  fmchem  Behagen  am  be- 
deutenden Geschichtslcben  Kaschaos  in  den  Bäumen  des  Stadt- 
archivs betrieb.  Manches  von  dem^  was  ich  später  nach  der 
Rttckwandenmj]^  auf  den  Boden  Oisleithaniens  als  Excerpt  oder 
Abschrift  mit  mir  nahm  und  als  Aehrenlese  liebgewordener  Thätig- 
keit  TerwahrtOy  schien  mir  der  Veröffentlichang  werth,  und  so 
biete  ich  denn  eine  Reihe  solcher  archivaliseher  Findlinge^  die 
ichy  in  Gruppen  geordnet,  sunächst  inhaltlich  würdigen  will. 

1. 

Au»  den  Zelten  Jiskra^s  Ton  iiruiuieiä  1449). 

Bie  erste  der  im  Anhange  mitgetheilten  Urkunden  fUlt 
in  die  Zeit  der  Machthöhe  des  Söldnerftihrers  nach  harter  Be- 
dr:lnr(nis8.  Jiskra,  der  oberste  Fcldhauptmann  der  Künigs- 
witwe  Elisabeth  und  des  nachgebornen  Sohnes  Ladislaius^  wie 
dies  eine  von  ihm  veranlasste  Inschrift  im  Kasehauer  Elisabeths- 
dome noch  heute  verkündet,  Latte  den  Handstreich  des  Erlauer 
Bischofs  Simon  Kozgonyi  gegen  Schomnitz,  anderseits  den  An- 
griff der  polnischen  llauptleute  Komorowski  nnd  Czaika  auf 
Eperics,  den  llauptort  des  S;lroselier  ('omitates  (1442),  dureh 
den  Sieg  vor  den  Mauern  der  letztgenannten  Stadt  und  dureh 
die  Erfolge  innerhalb  des  Gebietes  der  Grundner  Bergorte  und 
der  Gemarkung  des  Zipser  Sachsenlandes  gründlich  wettgemacht 
und  .den  Erlauer  Bischof  zu  einem  Waffenstilistande  gedrängt^ 


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463 


welcher  anfangs  September  1443  za  Neodorf  (Iglö)  in  der  Zqps 
abgeflcUoBBen  wurde,  dem  ^Hauptmann  yon  EaBchau^  den  Besitz 
dieser  Stadt,  Leatschaus,  ,imd  der  anderen  Städte  nnd  Festun- 
gen des  Berggebietes'  (Krenmitz^  Schemnitz,  Neosohi,  Königs- 
berg, Pakancz,  Libethen)  auerkannte  and  bis  zum  8.  Hai  1444 
wäbren  soUte.^  Der  3.  Febmar  1444  war  zor  Aofiiahme  der 
eigentlichen  Friedensunterhandlnngen  ausersehen.* 

An  der  Wende  dieser  Kriegsvorßllle  war  jedoch  (24.  De- 
eember  1442)  die  schwergeprüfte  Küuigswitwc  und  Mutter  des 
habüburgischcii  Anwärters  der  Krone  Ungarn^  eines  jaheii  Todes 
verstorben;  sie  hatte  die  ^löglichkeit  eines  gedeihlichen  Reichs- 
friedens mit  sich  ins  Grab  genommen  und  anderseits  mit  dem 
bitteren  (ictühle  die  Augen  geschlossen,  dass  ihre  Oeld^  uml 
Machtmittel  nieht  hinreichten,  ihrem  Sohne  den  Bet^it;*  Lngarns 
zn  errini^en.  Hatte  doeli  schon  früher  Jiskra  von  Brandeis  bei  ' 
aller  Unisielit  und  eisernen  Willeut^ kraft  für  Sold  und  Verpflegung 
der  schwierigen  Söldner  nicht  leicht  das  Nöthige  aufzubringen 
vermocht,  und  die  Bedürfnisse  wuchsen  in  dem  Masse ,  in 
welchem  die  Bezogsquellea  mit  dem  guten  Willen  der  Land- 
und  Stadtbevölkerung,  die  unbequemen  Söldnerrotten  zu  Ter- 
pflegen^  schwanden. 

In  die  Zeit  vor  dem  wichtigen  Ofner  Reichstage,  der,  vom 
polnischen  Parteiktfnige  Ungarns,  dem  Jagellonen  Wladiskw,  ein- 
berufen, den  18.  April  1444  seinen  Abschluss  fand'  und  auch 
Jiskra  yon  Brandeis,  mit  Geleitsbrief  des  Kdnigs,  unter  den  Be- 
suchern zllhlte,  filUt  die  ausfilhrliche  Urkunde,  in  welcher  Jiskn 
▼on  Brandeis  die  Treue  und  Opferwilligkeit  der  Easchauer  rühmt 
und  sich  vor  Allem  als  Schuldner  ftir  die  Summe  yon  16.388 
Qulden  in  Qold  einbekennt.  Wir  merken  der  langathmigen 


*  Kaprinay,  Hang,  diplom.  iemp.  Mafhiae  Conrini  I*  diMeri  V.,  KatoB% 
Hist  crii  Xm,  m  Die  Urkunde  bei  Teleki,  Hunjradiak  Koi«,  XLBd^ 

p.  135,  Nr.  62.  Vgl.  aucfa  Hatvani  (Horväth  M.)  im  .Magyar  tört.'i  : 
IX.  (1861),  ,Magyar  rogestAk'  (ans  f5{ä<lti>r]it'u  .\irliivoii\  p.  145  — U7, 
und  ,Mon.  Hung.  Hi<?t.  1  A.  Diplom.',  1.  Bd.  Vgl.  auch  Krnnc??,  Oie 
bölimificlicii  Söldner  im  östiicheii  Obertingara  (Progr.  des  Gramer  akad 
Gyaui.  1862),  uad  Kwiatkowski,  Jan  Giskra  z  Braudysu.  Lemberg 
1886. 

*  Die  Haap^nkte  der  Neadorfer  Abaaehang  drehten  rieh  nm  die  Bintan- 

haltung  der  Qewaltthaton  aller  Art  und  um  die  Zahlung  de«  Geld-  nnd 

Vtctualienzinsc!«  an  Johannes  Jittkra. 
>  Kovachich,  S^lloge  decretorom  comitiaUnm  i.  r.  Hang.  1,  p. 


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468 


Sprache  der  Urkande  sogleich  an,  daas  sie  der  Feder  des 
Rathsehreihers  entstammt,  dass  die  Stadtrertretung  seihst  be- 
miiht  ist,  ihre  Verdienste  um  den  habsbnrgischen  KOnig  Ungarns 
und  den  Verfechter  seiner  Rechte  nachdrttcklichst  zur  Geltung 
sa  bringen,  und  dies  erweist  auch  die  lateinische  Schlnssformel 
der  Urkunde,  die  pn  Gegenwart  Herrn  Jiskra's  von  Brandeis, 
des  obersten  Feldhauptmannes',  ausgestellt  wurde,  als  er  ,mit 
lebendiger  Stimme  im  Ratho  der  Stadt  Kaschau  weiltet 

Die  Urkunde*  hebt  mit  dem  Nacliweiso  an,  dass  die 
Kaschauer  Stadtgemeindc  ihm  als  iiauptmann  der  Königin 
Elisabeth  und  ihres  Sohnes  Ladislaus  mit  ,ganzer  Treue'  an- 
hing und  die  angeführte  Summe  vorsehoss,  an  mancliorlei 
Heerfahrten  sich  mit  Wagen  imd  Aufgebot  zu  Fuss  und  yai 
Ross  ge^^en  die  gemeinsamen  Feinde  betheiligte  und  daher  für 
ihn-  tr<Mien  Dien^ste,  Mühen  und  Leistungen  der  ewigen  Dank- 
barkeit  Jiskra  s  versichert  sein  könne. 

AN'ir  wissen  allerdings,  dass  die  Kaschauer  Bürger  nach 
dem  Ableben  der  Königin  Elisabetli  und  angesichts  der  Macht- 
stellung des  jagelionischen  Ungarnkönigs  keineswegs  gewillt 
waren,  ihre  Parteistellung  hervorzukehren,  sondern  ▼ielmehr 
sich  be(  Ilten,  mit  K.  Wladislaw  auf  guten  Fuss  zu  treten,  denn 
eine  Urkunde  des  Letztgenannten  vom  Jahre  1443  lobt  die  Blr- 
gebeuheit  der  Kaschauer.^  Solange  der  stramme  SöldnerfUbrer 
die  Hand  über  ihrem  Stadtwesen  hielt,  mussten  sie  sich  aller- 
dings seinem  Begehren  ftlgen,  wie  mttde  sie  auch  des  wüsten 
Parteikrieges  waren.' 

Die  zweite  Urkunde  vom  19.  Juli  1449  gehtfrt  euier  Zeit 
an,  welche  die  Stellung  Jiskra's  von  Brandeis  ab  königlicher 
Feldhauptmann  wesentlich  verilndert  zeigt.  Allerdings  hatten 
sich  seit  1445  die  Reichsstftnde  in  ihrer  Allgemeinheit  zur  An« 
erkennung  Ladislaus  Posdramus'  bequemt,  aber  die  Tage  der 


»  Perpranicnt-UrkiiiMl«^  (  Acta  Pnliticx  Nr  f  Eine  zweite  Urkunde  (Nr.  236) 
be/.otigt  eiuen  nouen  Vorschuss  von  .T.'iitti  (uiMen. 

*  Timon,  Cussoria  vctus  et  nova,  gedruckt  17^2  zu  KascLan,  p>  66,  uud 
Teleki,  a.  a.  O.  X.,  p.  123. 

*  Eine  willkommene  ZaMmmenstellung  der  Auslagen  der  Kaachaa^  Qe* 
meinde  in  der  Epoche  CUskra's,  iasbesondere  1440-^1446,  bieten  die 
kfirslich  (1892)  von  L.  Ketnony  jun.  herausgegebenen  Rochnungsbücher 
unter  dem  Titel:  ,Kaä9a  varos  vo^'i  y/,;iiiiaila.s-köuyvei  1431 — 1563/ 
Kaschau,  Verlag  Adolf  Maurer*  8.  22— 30  (in  deutscher  Sprache). 


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454 


oligarchischen  Verwaltung  Ungarns  durch  Beichshauptleute  gin- 
gen zu  £nde,  und  die  Wahl  Johaimes  Hunyadi's  zum  Reichs* 
▼erweaer  (1446)  legte  die  gaoze  vollzieheade  Gewalt  in  die 
Hände  emes  Mannes,  der  entschlossen  war,  mit  den  Söldner 
rotten  Obeningams  anfsuTilumen  und  den  ktiegstQchtigen,  un- 
beugsamen Jiskra  an  die  Wand  zu  drücken.  Aber  auch  dessen 
Machtkreis  hatte  inzwischen  wesentliche  Verftnderungen  er&h* 
ren.  Jiskra's  SOldnerrotten  landen  allerdings  noch  immer  in 
'  Ostungam  ihren  Halt,  so  im  Abaujyirer,  Sftroscher  und  Zipeer 
Comitate,  sie  besetzten  GAlsz^cs  und  Homonna  in  der  Zempüner 
Gespanschaft  und  waren  auch  in  Gömör  heimisch  geworden. 
Aber  sie  begannen  auch  da  und  dort  auf  eigene  Faust  zu 
wirthöc haften;  Barczal  von  Dobra,  dem  wir  \A4b  , Statt- 
halter* Jiskra's  in  der  Zips  begegnen,  zeigt  sich  später  auch 
iiielit  verläsölicli.  Der  Reichstagsabschied  vom  22.  März  1447 
drängt  auf  eine  Riiuiuung  der  .Stiidte  von  Seite  der  Sflldner, 
und  Hnnyadi  rüstet  von  1446  auf  144^  zu  einem  Hauptsehlage 
gt'grn  die  wichtigste  Stellung  Jiskra's,  das  westungarische  Gebiet 
der  lierjyetiidii;,  das  der  böhmische  FeldluiujttMi  um  vor  Allem  zu 
decken  bestrebt  sein  muss.  Aber  er  blieb  cbcuso  entschlossen, 
seinen  Einfluss  in  den  ostungarischen  Städten^  so  namentlich  in 
Kaschau,  Leutschau,  Eperies  und  Bartfeld,  aufrechtzuhalten  und 
sich  im  Bewnsstsein^  dass  er  nur  dem  Könige  unterstünde,  den 
Znmuthungen^  des  ungarischen  Reichssenates  nicht  zu  ftigen. 

Die  Urkunde  vom  19.  Juli  1449*  datirt  von  Altsolil,  ^vo- 
selbst  sich  Jiskra  in  Kriegsbereitschaft  befand.  Er  meldet  den 
Kaschauem  sein  Wohlbefinden  und  die  Uebertragung  der 
(Kasehauer)  Mttnze  an  Herrn  Czancko  (Zenko).  Die  nttchste 
Stelle  bezieht  sieh  auf  die  Friedensaction  der  obengenannten 
ostnngarischen  Stftdte.^  Während  derselben  hätten  die  ungari- 
schen Herren  um  den  4.  Juli^  Kremnitz  mit  1600  Pferden  über- 
fallen wollen,  was  aber  missglückt  sei,  doch  wären  ihnen  dabei 


*■  8.  Juni  1449  forderte  der  Reichssoiiat  die  vior  guuaunten  Städte  auf, 
dem  schon  in  der  FastenMit  an  sie  gerichtctou  Maudate  zufolge  albo» 
gleich  Abgeordnete  behnfr  der  Unterhandlnngeo  mit  Jiskia  absoMiideii. 
Kovachieh,  Sappl,  ad  Taet>§^  eomitioniin  II,  p.  110. 

«  Aiiliniifr,  Kr.  II. 

'  Vgl.  KoYachich,  Suppl.  ad  vestigia  comitiorum  II,  p.  110.  Vgl.  Knanz, 
Az  orssägos  tanAcs  6s  or8i4gg\ilI«^sek  tört6n<  te  1445 — 14,5*  (l'e?t  1869). 
*  piu  am  flurejrtage  acht  tage%  d.i.  acht  Tage  vur  dem  Freitage  vur  Dorothea. 


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455 


Peter  Kolar  imd  andere  Gctrour  Jiskra's  in  die  Tliinde  ge- 
rathen.    Hätten  die  Bevollmächtigten  der  Kascluiu»  r,  wie  sie 
beabsichtigten,  die  Reise  nach  Ofen  angeti*eten,  so  wäre  ihnen 
ein    Gleiches  begegnet.    Sie  sollten  daher  auf  der  Hut  sein. 
Schliesslich  fordert  Jiskra  die  Stadtgemeinde  auf,  seinem  Mttnz- 
meister  in  Allem  behilflich  zu  sein.  Wir  stehen  am  Beginne 
des  Krieges,  der  nach  dem  Erfolge  Jiskra's  yor  Sornas  und 
Kremnitz  gegen  Sz^kely  und  Hanyadi  durch  polnische  Ver- 
mittlnng  zur  Abmachung  einer  Waffenruhe  von  Anfang  De- 
cember  bis  25.  Juli  1450  ftlhrte,  worauf  zu  Knschaii  in  der 
Osterwoche   des  Jahres   1450  Jiskra   den  iSüidten  Kaschau, 
Leutschan,  Bartfeld,  Eperies,  Kremnitz,  Schemnitz  und  Neu- 
sohl einen  Friedensbrief  ausstellte.  ^ 

n. 

Ans  dem  gewerbllehen  Leben  Easehans  fn  den  Tagen 
K.  Mathias  Corriniis'  (1475,  1482,  14S3). 

Ans  staatlich  geordneten  Verhältnissen,  aus  einer  Zeit, 
deren  kriegerische  Verwicklungen  Ungarn  nicht  imniittelbar 
berührten,  treten  drei  Zeugnisse  für  die  rege  gewcrblicho 
Thätigkeit  Kaschaus  an  uns  heran. 

Den  Keigen  eröffnen  (Nr.  IVj  die  Satzungen  oder  Statuten 
der  Kaschauer  ,Bruder8chaft  der  Steinkrämer^  Üifenbar  haben 
wir  es  mit  der  Zunft  oder  Innung  jener  Krämer  oder  Kauf- 
leute zu  ihun,  welche  in  ^steinernen',  gemauerten  Lftden  oder 
Kramen,  die  sie  laut  der  in  Kede  stehenden  Urkunde  ,vor 
langen  Zeiten'  Ton  der  Qemeinde  kttnflich  erwarben,  ,erblich' 
besessen  and  dafür  jlthrlich  einen  Zins  entrichteten,  ihre  ge- 
mischten  Waaren  feilboten. 

Der  erste  Punkt  dreht  sich  um  die  Einschränkungen  des 
Waareu Vertriebes  der  , Ausländer'  oder  Solclier,  welche  nieht 
das  Bürgerrecht  der  Stadt  Ka^clmu  besitzen,  ilie  weiteren 
Satf.nngen  um  die  Kegelung  des  Verkaufes  einzelner  Waaren- 
gattungeu. 

Die  nttchstfolgende  Urkunde  Yom  Jahre  1482  (IV)  bietet 
die  Satzungen  der  Kaschauer  Gerber znnft,  eines  in  Ungarn 


'  Vgl.  Teleki,  X,  p.  119,  und  Hatvani,  a.  a.  O.  I,  p.  162,  Nr.  CXX. 


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456 


besondors  firUh  und  namhaft  entwickelten  Gewerbes.  Ee  sind 
im  Qansen  45  Artikel,  von  denen  16 — d3  mancherlei  Alh 
änderuDgen  enthalten  und  34—45  in  grosserer  Schrift  auf  der 
Rfickseite  der  Urkunde  angebracht  erscheinen.  Die  Arixkel 
1 — 11  haben  Torzugsweise  mit  der  Standesmoral,  der  Ehmog 
der  Todten  u.  A.  za  thnn,  die  fügenden  (12 — 33)  betreffen 
Fellkanf  nnd  Lederbereitung,  während  die  letzten  (34 — 41) 
sich  mit  der  Erwerbung  der  Meisterschaft  mit  Gesellen  und 
yLehrknechten'  beschitftigen. 

Beide  Stücke  sind  belangreiche  Denkmider  das  mittel- 
alterliche Qewerbe  Oberungams  nnd  die  Sprache^  des  Kaschauer 
DeuU^chthums. 

Das  letzte  Stllck  dieser  Gruppe  (V)  ist  ein  Schreiben  des 
köni«?liehen  Bur:,"i::rat"t  n  und  Kämmerers  der  ostuiii^ärischen 
Bijr^.sUidt  Napyhänju,-  Stefan  Zöld  von  üsztopan,^  an  die 
Kaschaucr.  Letztere  hatten  sich  an  den  Genannten  mit  «lern 
Gesuche  gewendet,  das  für  die  Montaninilustrie  nothw.  iidige 
Ülei  von  ilinen  und  nicht  von  den  Polen  zu  bezii  h«  n,  <l;i  sie 
dm  j:-I<  lohen  Preis  in  Sill^rr  zu  gewähren  erbutig  j?*  it  n.  l>t-r 
Kaunuer;^oal'  bedauert,  dem  Wunsche  der  Kaschaucr  nicht  ent- 
sprechen zu  können,  da  er  sich  infolge  der  Verarmung  seiner 
Berghilucr  und  zur  Vermeidung  königlicher  Ungnade  weder 
mit  den  Kaschanem,  noch  mit  den  Polen  in  irgendeine  bin- 
dende Abmachung  einlassen  könne,  sondern  zum  Nutz  und 
Frommen  Nagybänyas  £reie  Hand  lassen  mOsse. 


*  Vergkiiche  diesfalU  den  Anhang  *u  meiner  1864  im  ,Archiy  f.  Kunde 
Siterr.  G«achiehlM|Qell«n*,  XXXI.  Bd^  «rschieneaen  Abhandlnng:  .Zur  ilte* 
sten  OeMshichto  der  obeningaruKbeQ  Freistadi  KMeban*  und  meinea  Auf* 

■ata  in  der  ,Zeitschrifl  fQr  dentoche  dUtnigeadnchteS  Nene  Folge,  her 

ausgpgeben  von  Chriatiaii  Meyer,  Berlin,  II,  1.  Heft  (tSSlX  S.  80— Sl, 
Uber         Ktucliauer  DeataohbUr^erthuin  und  seine  Nainen'. 

^  UjvArns,   Neustadt,   Aflamnypatak,  Kivali  dominaram   im  SBatminr 

Comitat. 

8  Djp^p  Familie,  ^volchr-  ztinRclist  im  Somop^ypr  Comitate  auftaucht  und 
das  l'riirlirat  T'crncs/.i  tilhrt,  vorzweigt©  sich  auch  nach  Siehenbörg«n. 
Vgl.  Nagy,  Mngynninti.&^  caalidai,  VIJU.  Bd.,  p.  299,  uud  IX.  Bd.,  p.  244 


\ 


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457 


Aus  der  Zelt  des  Thronkrleses  K.  Wladlstow  H.  ron 
Ungarn  (und  BOhineii)  mit  seinem  Bruder  Albert  von 

Polen  (1491).^ 

Infolge  der  Bfldmig  einer  polnischen  Wahlpertei  im  nord- 
östlichen Ungarn  tinter  der  Führung  der  Magnaten  Emerich 
Fer^nyi  nnd  Bhisius  Magyar  kam  es  in  der  Zips,  im  Abanjvärer 

und  Säroscher  Comitate,  besonders  vom  Herbste  1490  an,  zu 
krie<2jerisclieii  Krci-^iiisscn.  Kaschau^  liiclt  mit  Leutsc  hau,  Käs- 
luark  und  lJurtfcld  zu  Wludiblavv,  dem  Caiididaten  der  IIauj)t- 
partei  Ungarns,  welcher  die  Personalunion  Bühnu  ns  und  Ungarns 
herbeiführte,  wilhrond  Eperies,  Sdros  und  Zeben  der  Partei 
seines  Bruders  Allx^ii  von  Polen  beitreten  musstcn.  Anfangs 
Octübcr  1790  hatten  die  Kasehaiier,  von  der  W.itl'enmaclit 
PfTciivi's  und  Magyar's  eingeschlossen,  an  K.  Wiadislaw  ge- 
schrieben, sie  seien  kaum  im  Stande,  sich  ohne  Entsatz  noch 
zwei  Wochen  halten  y.n  können.  Wladislaw,  damals  auch  von 
König  Maximilian  I.  im  Westen  bedroht,  vertröstete  die  Kasehauer, 
so  gut  es  ging,  und  Gleiches  that  die  fUr  Wladislaws  Krhebung 
thätige  Könifjswltwo  Beatrix,  während  Albert  von  Polen  mit 
polnischen  nnd  ungarischen  Kriegsyölkem  vor  Szeroncs  im 
Zempliner  Comitate  lagerte  nnd  von  hier  ans  drohende  Mahn- 
schreiben sor  Haldigung  an  die  seinem  Bruder  anhängenden 
Stfldte  ergehen  liess.' 

£ndlich  nahte  ein  Banderinm  der  Königin -Witwe  zum 
Entsatz  von  Kaschan,  Blasius  Magyar  zerstreute  diese  Beiter- 
schaaren.  Sein  Tod  in  diesem  Treffen  war  und  blieb  der 
härteste  Schlag,  welcher  die  Sache  Alberts  treffen  konnte.  Die 


»  \  Katona,  Hung.  hist.  crit.  XVI  (bis  1490)  im.l  XVII  (1191—1495); 
Foüäler-Klein,  UI  (1467—1576);  Falacky,  GescUicbte  Böhmens  V, 
i.  A. 

*  Im  hierortigai  Aichive  fiudeu  sich  sämmtUcbe  im  Texte  angezogene 
CORespoDdanieii  in  dar  AMheilmig  ^cta  politiea'  v«r. 

*  Haaptqaelle;  Boofin,  B.  H.  Dec.  1.  und  2.  Biusli,  1490— 149S.  D«sa 
TttberOt  Comm.  a.  temp.  Bagos.  Ausg.  von  1784,  I,  1.  hii^  t.  r>ucli  (bei 
Schwandtner,  Script,  rer.  Hung.,  II.  Bd.);  ferner  Pray,  Epist  proc. 
rer.  Hang.»  LBd.,  nnd  Wngner,  Diplom.  Siro».  (1780,  Poflou.  CaMoviae). 


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458 


Ziisclirifl  der  Feldherren  WladislawSi  Stefan  BAthory  und  Rani 
Kioizai  (vom  7.  December),  vertröstete  die  bangenden  Kaschaaer 
Bürger  auf  die  Ankunft  K,  WladiaJawB  mit  dem  fintsatsheere 
binnen  sechs  Tagen.  Der  römische  König  habe  sich  suriick- 
gezogen^  und  die  Polen  würden  nicht  standhalten,  ,wenn  es 
auch  xwei  solche  Feldherren  wie  Albert  gäbe',  in  der  That  ein 
schönes  Zeugniss  ftJr  die  Kriegstüchtigkeit  des  Gegners! 

Doch  blieben  die  Kaschauer  abermals  in  ihren  Hoffnun' 
gen  auf  Entsatz  getäuscht  Vielmehr  fand  sich  Ende  1490 
Albert  mit  frischer  Kriegsmacht  im  Feldlager  yor  Kaachau 
ein.  Die  Strenge  und  Qefithrlichkeit  der  Belagerung  wucks, 
das  Gcsctioss  richtete  wachsende  Verheerungen  in  der  Stadt 
an,  von  denen  auch  die  schöne  Hauptkirche  zur  heil.  Elisabeth 
heimgesucht  wurde.  ^ 

So  verstrichen  der  Jänner  und  h \  bruur  des  Jahres  1491. 
Kasehau  leistete  Widerstand  mit  dem  Aufgebote  der  letzten 
Kräfte. 

Endlich  —  den  13.  Februar  1491  —  hn^irte  ein  Send- 
scbreiben  K.  Wladislaws  ans  dem  .Feldlac^er'  nahe  bei  Ka<ehau 
ein.  Die  fürstlit  hen  Brüder,  inmitten  deren  Kriej^svölker  t  iu 
Zweikampf  des  waÜ'entüchtigen  Demeter  Jakusith  mit  einem 
riesigen  Tataren  im  Kriegsgefolge  Alberts  vor  sich  gegangen 
war,  hatten  einen  Priiiiminarfrieden  abgeschlossen^  welcher  der 
Belagerung  Kaschaus  ein  Ende  machte. 

Die  letetgenannte  Stadt  wurde  mit  dem  Onadenbnefe 
Wladislaws  vom  17.  März  (datirt  vor  Kaschau)  entlohnt,  der 
ihr  für  die  erlittenen  Unbilden  6000  Gulden  in  Baargeld  und 
3000  in  Salz  zusicherte^  und  swar  in  einer  Weise,  dass  sie 
bald  in  der  Lage  sei|  ihren  Verpflichtungen  gegen  die  Krakauer 
und  Andere  nachkommen  zu  können. 

Diese  Urkunde  bietet  der  Anhang  (VI)  als  ein  arohiYsfi- 
sches  Zeugniss  dieser  Zeitläufe. 

Das  zweite  (vom  24.  April  1491,  datirt  Ofen,  Nr.  VH) 
beweist,  wie  unsicher  und  schwierig  die  nJlchste  Zukunft  sich 
anliess.  Die  Kaschauer  hatten  nämlich  bald  darauf  an  K.  WUmUb- 
law  einen  Sendboten  mit  der  Nachricht  geschickt,  sie  bitten 
gehört,  dass  der  Polenkönij:^  Kasimir,  der  Vater  der  streiten- 
den Brüder,  an  Johann  Albert  gebchrieben,  er  brauche  nicht 


*  Vergleiche  auch  (Tiwoo)  Uassovia  vetus  et  nova  {^Cam.  IT^i). 


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TJngarD  sa  räumen^  Bondern  die  Eriegshilfe  absuwarten,  die  er 
ihm  alsbald  zusenden  oder  pendnlleb  snfilbren  wolle.  Sie  sollen 

dies  nicht  glauben,  noch  solchen  Gerüchten  das  Ohr  leihen,  da 
er   von  seinem  könijj^liehen  Vater,   welcher  ihn  schon  ,König 
von    Ijügarn*  neune,    nichts  FeindscHges  zu  besorgen  habe. 
Aiulerseits  sei  ihm  kürzlieh  ein  »Schreiben  des  Bruders  Johann 
Albert  zugekommen,  demzufolge  dieser  nur  durch  die  Ueber- 
schwemmung  der  Wege  am  Abzüge   ms  Ungarn  verhindert 
wäre.    Gleicherweise  habe  der  Unterliäiidier  Wladislaws,  Zako- 
loczky,  des  Friedens  wegen  nach  Schlesien  entboten,  durch  die 
austretenden  Gewässer  eine  Verzögerung  seiner  Ankunft  er- 
fahren.   Die  Kaschauer  mögen  denn  ohne  Furcht  in  ihrer 
Treue  beharren  und  sich  um  die  Drohungen  der  benachbarten 
£delleute,  insbesondere  des  Niklas  Lapospataky,*  nicht  küm- 
mern. Die  Sache  werde  bald  eine  ganz  andere  Wendung  neh- 
men als  diese  vermeinen. 

In  diese  Zeiten  einer  unerquicklichen  Sachlage^  denn  der 
Krieg  zwischen  den  beiden  Brüdern  nahm  in  der  That  seinen 
Fortgang,  gehdrt  auch  der  Sendbrief  der  Krakauer  Kaufleute 
an  die  Stadtgemeinde  Kaschau  vom  14.  Juni,  aus  Leutschau 
in  der  Zips  abgesendet  (Anbang,  Nr.  VHI).  Das  Schreiben 
handelt  von  der  gegenseitigen  Wahrung  der  Handelsinteressen, 
mit  dem  Bemerken,  .dass  die  Absender  des  Briefes  sich  des 
freien  Geleites  Palatins  Stefan  Zdpolya^  des  Erbgrafen  der 
Zips,  des  Tomehmsten  Anhängers  K.  Wladislaws,  versichert 
hätten. 

Der  wiederausbrechende  Krieg  zwischen  Wladislaw  und 
Johann  Albert  gab  somit  jenen  Besorgnissen  der  Kaschatier  recht, 
wie  dies  K.  Wladislaw  in  seinem  Sendschreiben  xoiii  .).  August 
1491  eingcbtchen  musste.  Palatin  Stefan  Z:l|M)lya  überkam  nun 
den  Oberbefehl  mit  unumselnaiikLcr  \  ollnuiclit  und  zwang  end- 
lich den  Prinzen  Johann  Albeit  zum  liiickzuge.  Sein  Anliang  in 
Oberungam  schmolz  auf  ein  kleines  Häufchen  zusammen  und 
die  Stildte  Eperies  und  Zeben  erlangten  (1402)  die  Versiche- 
rung des  Palatins,  dass  ihi'e  ohnehin  nur  durch  die  Sachlage 


^  2tikla8  L.,  Sohn  Sigmunde,  des  Burggrafen  von  Preasburg,  wurde  1491 
all  ifldkfllliger  Parteigängor  4m  Burggutas  Bebet  im  SAroeeher  Comttate 
▼erlnetig  erklärt  und  deuelbe  der  von  Ihm  geadildigteii  Stadt  Kascba« 
mgMproebeB  (Ifagner,  Diplom.  EUbroe.,  p.  7b), 

Inhir.  LXXXL  B4.  tt.  Hftlft*.  81 


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460 


enswimgeiie  Parteinahme  für  den  polniscben  Tbroneaodidaten 
ongeahndet  bleiben  solle.  Die  Prflfungeseit  Air  Kaacbau  ging 
rorttberi^  und  seine  Treue  wurde  durch  eine  nmfangreiche 
Gnadennrknnde  K.  Wladiskws  (vom  8.  December  1492,  Ofen) 
enüÜohnt,  welche  der  Stadt  ein  neues  Wappen  beacheerte.* 


Urkunden  -  Anhang. 


I. 

1444,  7.  Februar,  Kasohau. 

Wir  Johan  Gyskra  von  Brandis  des  alleiiluixhlewchtig'isteu 
fürsteu  vnd  Herren  Laslan,  künigeb  ze  Huni!;ern.  Dalmatien,  Ciuatieu  etc. 
hauptman:  Bekcanon  thuen  offenbar  ?or  allermeuicklychen,  den  diser 
vnser  hriflF  furbracht  vvii-t  yeczunder  und  zukumfTtigk  und  sunderlifhen 
vor  deme  obengeschribunt'n  deuie  allerdurchlewcbtipisten  furbten  und  her- 
ren  künigLaslan  und  vor  allen  andern  nochkomundon  an  der  heiligen  cruu<f 
des  reif  lies  ze  Hunt^ciii:  Noclidenu;  als  uns  dye  allerdurchlewchtigiite 
fürstinne  und  frawe,  frawo  Ely/ahcth  zu  Hungern,  Dalmation,  Croatien  ek. 
kaniginne  erpfrawe  zu  Behemen  berczoginne  zu  Osterreich  und  markgraf- 
fine  zu  Merheren  selige  gancze  macht  und  volkomene  crafft  geben,  aastat 
nnde  von  wegen  des  achtparen  Ires  naturlichea  von  keysers  kuniges  ge- 
seybe  (!)^  und  kyades  kunigis  Laslan  erpherren  und  worhafftigen  gekrOne- 
ten  kuniges  der  Torgenenten  lande  in  seyner  dnrchlewchtikeyt  yugent  iit 
zn  den  selbigen  cseiten  beoolben  als  einem  getrewenbawptman  tnTonresen 
mitsampt  den  trewewirdigen  herren  Ton  den  steten  in  disen  obirlanden, 
dye  dann  in  seyner  konig^tcben  genaden  teyle  su  den  caeiten  Testigk- 
lieben  mit  ganesen  trewen  beygestanden»  nff  das  der  egenante  allerdureh- 


*  Die  getiainuita  C<in-esjiondenz  über  den  Polenkrieg  von.  1490 — 1492  um- 
faast  im  Archive  der  Stadt  die  Numaiera  662—692. 

*  Al^odrackt  nach  dem  Originsl  im  Ksachaner  BtadtsrehiT  io  Tatk<», 
Kmm  Tivot  tOri  MObjvb,  Ksadum  1861,  Anhang,  p.  SM-^SIO, 
Nr.  XyL 

*  =  Guippe,  ffippe. 


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461 


lewehtigiate  ftinto  und  htm  li«rre  knnig  hwlfty  ukiar  luikirliclitr  hem 
wider  Got  und  Backt  und  In  nlle  redalitfae  uraacliA,  das  fnd«r  eriBten- 
lewten  Tomuüa  nngebort  ist  —  von  Mjme  Taterliclitn  erbe  nidit  ver- 
triben  word«,  do  got  dar  hana  ewige  vorsey.  Als  dann  TOiiganaman  ist 
worden  Ton  dam  allarduralilawclitigstan  furatan  und  Iiamn  Wladialaan 
XU  den  caafitan  kunige  so  Folon  atc,  und  aeynan  halforn:  darkegen  und 
mehr  wtnn  obinnogen  ^  sich  dy  erbern  berren  von  d«n  steten  in  dyaen 
landen  obenberQrt  mit  namen  dy  wolwürdipen  der  stut  Caschuw  irem 
naturlichen  höiren  kiiuig  Laslaeu  um  an  ftciuer  genadeii  stat  als  eyme 
ha^^  ptiiian  j^utliclien  dargeligen  sich  angegriffen,*  uffb  allerhochsto  loyp 
(  iniil)  £,Mit  mit  uns  g'etrewlichcn  geteilet,  das  wir  nymmer  mögen  dye  folle 
Viil.laiickf  n  ^  und  yeczunder  mit  crafl't  dises  iiusers  briffis  soliclier  trt'we 
und  beystendikeyt  bis  in  unsern  t(td  nymmer  wellen  vorgfsscn  und  mit 
namen^  ans  geligpn  ^  nn  goldes  silber  gelde  nach  inuehaljiiiii^«'  dnr  register 
etc.  darliehen  awsgedruckt  sechzehen  tawsent  drey hundert  nnd 
acht  und  achczig  goldein  in  golde  und  der  wirde  unuorgessen  vil 
manicherleye  andere  notduilft  auch  gar  meriiiiche  czeitan  gehalten  haben 
und  ab  got  wil  noch  werden  getrewiich  halden  bys  an  ir  anda.*  Noch 
▼il  mehr  bekennen  wir,  wye  gar  vil  und  mancherleye  reysen  die  eegenan- 
ten  berren  von  der  etat  Caacbaw  mit  waegen  als  das  awch  beschriben  ist 
can  roaaa  nnd  fDaae  wydar  dy  flynde  kunig  Laalaa  trigelichen  (aic)^  be- 
waiaet,  tag  ond  nacht  gawachat,  daa  do  koatit  nnde  stehit  ayna  gar  groaaa 
mnmoaBen  marcklicha  hadewtliche  summa  geldis,  awaganomen  anderen 
Bctaadan  do  numioh  wolgaborn  man  aowol  unaerthalben  von  gestann  (aic)* 
also  aoat  geatorban  iat  adaU  nnd  nnadall  donon  mehr  wann  an  vil  wer 
an  adiroiben.  Ala  dann  daa  offinpar  gamck  (aie)*  ist  in  tU  oriaten- 
landan. 


*  mehr  als  über  ihr  MUgen  =  Vermögen,  Uber  ilire  Knifto. 

*  —  'TTtit)  ^ntlicheu  (gutwilligen)  dargeligeu  (Darlehen)  sich  angegriffen 

(ang^erttrengt). 

*  djre  foUe  (Fülle)  voldanoken,  d.  i.  Dank  iu  autäjirechauJtir  Fülie  aus- 


*  geUgen  «  geUeheo. 

*  und  nicht  vergi—cn  wird  noch  viel  mancherlei  andere  Nothlege,  welche 
ne  dnmh  gar  meiUselie  Zeiten  ertragen  haben  nnd  ~  ao  Gott  will  — 
noch  werden  getrenlich  ertragen  bis  an  ihr  Ende. 

'  soll  wohl  ttriTolidien*  «=  «trenlich*  heiasen. 

*  SB  Wiegestanden,  erlitten. 

*  gerudc  s  Gerttobt 

81» 


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462 


Nu  Iiaben  wir  wol  petnditet  in  dysen  so  harten  itb«niw«iicidkhit 
dinsten  au  siat  konig^Laalan  von  den  vügenuiten  beeren  von  Oaadisv 
vor  andern  in  grossen  noien  mehr  wann  m  vfl  ereieigei  nnd  snndir 
csweiffel  noch  gotia  willen  nooh  niii  voUkninge^  der  werke  hinflr  miidir 
gerechtikeyt  beweisen  werden,  also  ferro  in  nicht  geprieht  leyp  noch  got, 
nnd  an  Tomws  haben  wir  so  heresen  genomen  als  ptUidhen  ist  sollen  wir 
Torgessen  solioher  woltat  nnd  getrewen  beystendikoyt  der  warheit,'  die 
dan  dy  vilgenanten  geti-ewen  beeren  von  Caschaw  getan  bnben,  das  wir 
in  nn  noch  nymmer  mögen  gedaneken  mit  ToUbmiige  solieber  becalosge 
nnd  widergeldnnge  nns  mildeklioben  ftn  alle  widenrede  etlwedidte'  er- 
czeigot  und  wir  auch  solche  woltat  Toreweif^en  schrifftlich  und  montlidi 
das  von  arm  und  reich  gutlich  dargeligen  ist  und  dorumb  den  vilgenan- 
ten  herren  von  Caschaw  in  und  iren  rechten  erben  odor  nachkomeling«n 
in  zukumfftigen  tczeiten  nicht  belonunge  oder  g^nui/Minikt  yt  geschehen 
Wolde,  mag  allerweniklich  wol  erkennen,  das  is  widtM  allor  recht  wert- 
und  It'steruuge  in  smuhbit  der  tr«»!  sm  iickeyt/  das  goth  unde  das  geliickf' 
nymmer  werden  vorhengen.  Dorumb  du  ruffen  wir  an  alle  allerdurch- 
lewchtigiste  ffirston  und  heiTen  und  rechte  nachkoraen  an  diser  heiligen 
crone  zu  Hungern  und  eynen  iczlichen  besunders  was  wesens  der  sey, 
den  unser  britf  furbracht  wirt,  ßunderlichen  kunig  Laslnn  noch  gotis- 
willen  in^  merklichen  bitende  mit  demutigen  fleisigen  andächtigen  bcgtr> 
liehen  suffczenden  beten,  so  wir  höchste  snllen,  ermanen  mit  geneygtem 
bawpte  durch  ansere  getrewer  dinste  willen  mit  sampt  den  steten  kunig 
Laslan  in  harten  noten  ercieiget  und  ab  got  wil  mit  beweisnnge  der 
werke  binfur  su  bebaltunge  wkwg  und  besduimunge  seyner  geaadeo 
▼aterlicben  lande  nnd  erben  noch  nnserm  höchsten  Termogen  b^tendig 
sein  wellen  und  das  auch  also  one  alles  abelassen,  als  püliGben  ist  mit 
gancser  eyntracbt  nod  mit  bulffe  der  höchsten  warbnit  forgenomen  faabea 
in  solichen  getrewen  dtnsten  bis  an  nnsem  tod  so  Tollbren  und  bleiben 
welche  wol  angehabene  treffliche  merkliche  dinste  ffirflntscbafft  nnd  ober- 
swenckliche  darlegonge  der  vorgenanten  sommam  geldis  an  atatt  knnig 
Laslas  nns  geligen  su  bniffe  der  rittovchafft,  dye  nns  dann  von  BumehesQ 
landen  geriten  nnd  gedienet  unbelonet  nicht  bleiben,  damff  bekennen 
wir  mit  craflt  disis  unsere  brilfis  bey  unsem  guten  Trewen  an  eydiststi 
ateo  in  ym  selbist  ist  gesehen,  das  wir  soUche  somma  schuldig  seyn  mit 


>  s  y olUfthrang.       *  der  Wahrbelt  gvnlee. 

*  =^  mhd.  Steswenne  dicke. 

*  tind  eine  LKaterong  rar  Sohmach  der  Qeieehtigkeit. 

*  ihn. 


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463 


Yolknmener  warlieit  gwcboliea  und  gelig^n  «1«  obMi  ist  berflit  und  dor- 
ynDe  keynerlej  gwerde  nencben  noch  g^mwehen.  Siindw  der  offfege- 
melte  nnur  natorlielier  herr  knnig  Lasl»  oder  eejne  anwaldon  die  ob- 
geschnbenen  boren  von  Cascbaw  solicber  trewer  dinste  mftbe  arbeit  and 
beystendikeyi  in  sondern  genaden  nicht  worden  genissen  lassen,*  das 
doch  nnpillidi  wer.  So  geloben  wir  und  vorsprechen  in  masse  als  obge- 
schriben  ist  unsern  naturlichen  herren  und  dy  seynen  ogciiielt  trcwlichen 
aiizuhalton,  das  cynes  solchoü  kogcn  den  herron  von  Caschaw  und  ireu 
erben  in  allem  triite  nymmer  sol  vergesson  werden  und  suüderliche  dy 
wetlo  wir  hawplüiau  sein  und  bleiben  werden  in  Ii  pn  rechten  erben  (und) 
erpkomenden-  der  egenanten  ai&i  CaHcbaw  innwonein  ycziinder  und  zu- 
knnfFtig  noch^  unserm  höchsten  vermögen  belonuug  w-yderstat  danrk- 
sag-unge  mit  beweislichen  teylhaflftigon  werken  dorc/u  wir  wellen  ge- 
dencken  i\n  alles  oblassens.*  Also  ferro  vns  Got  der  herre  vorleyhe  unser 
lebtage  iinde  nicht  gebrechen  in  beswerunge  leybis  unde  gutls,^  so  sol 
aolicb  gelawbde^  dises  imsers  briffis  ewigk  no  und  yinmer^  aws  unserm 
herczen  gelassen  njmmer,  wann  zugedencken  wo  sieb  das  wirt  gebfiren  so- 
wol  in  liebe  fordern  n^n  woltat  bestis  zu  wissen  gedeyen  in  aller  wolfsrt 
awfrichtiger  nnstrefflicher  boUfe  rotis  nnd  totis,^  dy  wir  dann  vor  goto 
sebnldigk  so  tbuen  sein  inn  merem  geesewgnys  der  bocbsten  warheit  all 
eadt  ftn  alle  aigelist  generde  nnd  newefunde*  dy  an  dysem  unserm  briffe 
nw  and  ewickliob  soUen  awsgesnndert  bleiben  nnd  abgefirret,*^  keynerley 
do  got  Yor  sey  geprfieben**  noch  an  bnlffe  annirfiffen  wann  warbafftig 
erbare  lawtre  forsorgnnge  inn  bedewibUcher  merklicher  belonnnge  so  bey« 
atendik^  den  egenanten  berren  von  Caecbaw  nnd  all  Iren  rechten  nach- 
kommen erblingen  nnd  rechten  beyligem*'  dy  weil  wir  leben,  mit  urkond 
Torsigelt  mit  onMnn  angchangeu  ingesigelL 

Qegeben  so  Gascbaw  am  freytag  noch  sant  Doroth»  tag  der  seli- 
genn  jnngkfrawen.  Noch  Cristi  geport  Tawsent  yirbondert  nnd  in  dem 
virundvirczigsten  iaren. 


t  oioht  würden  ediadlM  halten  Iumd. 

t  mm  Erbe  kommenden. 

■  nach.        *  ohne  alle«  Abliuwen. 

^  sofern  uns  Gott  der  Herr  das  Leben  flchenkt  and  wir  nicht  Schaden  er 
leideu  an  Leib  und  Gut. 

•  Gelübde.       ^  jederzeit        *  Rath  und  Tbat 

*  nene  Fände  »  Kniffe» 
M  bewitigt 

11  gebrüchen  =  gebiauohen,  benfltMa. 
^*  Binwobner,  Insaaie. 


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464 


Coram  proprU  praoBentia  d.  loh.  Oiakre  de  Brandis  Capitw 
snpr.  Besidens  viTa  noee  in  eonailio  civitatis  Cassa. 

n. 

1448,  19.  Juli,  Altaohl.  —  Johanu  Jiskra'e  von  Brandeis  Send- 

sohreiben  an  die  iCasohauer. 

Deii  naiiihaftifrf'ii  und  weisen  herron  richkTen  unde  geschwomen 
purgereii  czw  Casöchaw  imsereu  besundereü  ^'utten  gunneren  und  fmnden. 

Unspin  dinst  czuuor  litiiii  lierren,  wir  tun  ew^rnn  erenedin  zu 
wissin,  daz  wir  frisch  und  crcsnnt  seyu  von  den  geuedm  guts,  Uüd  lU 
geet  uus  gar  wol  ;  desglejcheii  herct  wir  gerne  sagen  von  euch,  anch  tnn 
wir  pwer  Weiset'  zu  wissen  daz  wir  dem  herren  Czancko-  dy  moucze^ 
befolen  haben  und  auch  pey  im  dv  probe*  g^sant  haben  und  wirgetrawen 
euch  wol  daz  ir  uns  beheltl'en  wert  sein.  Auch  tun  wir  )>wer  Weishaitn 
wissen,  dacz  dy  hangehsche  herren  in  dem  ffride,  den  Ir  czwischen  Im 
gemacht  habt,  haben  sy  wolt^  wberfalendy  Crempnych^  mit  fnnfflz'  h -n- 
hnnderih  pherden,  and  das  hat  uns  got  bewaai  und  ^tie  leate,  und  dax 
solde  gesehen  sein  gewest  nw  am  ffrey  tags  acht  tage  ond  haben  g»- 
fangen  herren  peter  Oolar  und  andere  onser  diner,  und  wisst,  das  sj  ven 
uns  nie  nicht  gnttes  gedencken,  und  wert  Ir  hegen  Owen^  geritten,  ab 
Ir  den  mnt  habt  gehst,  so  wert  Ir  alle  ge&ngen;  dcnunme  bewart  eneh 
seihest  nnd  was  Ir  ader  newer  leitange  wert  haben,  das  Ist  nns  sncb 
wissen,  und  desgleichen  wellen  wir  hegen  euch  tuen;  wir  pitten  eoch, 
das  Ir  dem  herren  Zenko  beholflich  seyt,*  das  dj  moncse  ein  forgang* 
habe  Ton  tage  caa  tage  umb  nnsem  gnedigisten  herren  kflniges  Lasls 
willen  nncs  nnd  auch  unsem,  sls  Ir  dann  Toimols  getan  habet  alle  leii 

Ge gebin  Im  Alden  Sole  am  snnobenih  nehest  noch  sent  Harga- 
rethin  tage  als  man  schreibet  noch  Christi  gepuri  thaosent  firhundei-t  ond 
in  dem  XLIX.  lare, 

Jan  Giskra  von  Br.iüdis  des  allerdurchleuchtigisten  fürsten  und 
herren  kuniges  Lasla  Oberster  hauptmann. 

(Ori?.) 

^  Weisheit  (Titalatur  der  Kathsbürger)  0.  w.  u. 

*  w.  n.  Zenko  geschrieben. 

*  llflDM».       *  Xfiiisprobe. 

*  gewollt       *  Kxemnita. 

^  Ofen,  wohin  ein  Landtag  einberufen  war. 
«  Mid.       0  Umlauf. 


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465 


lU. 

Statuten  der  KMObamer  Bradenohfllt  der  ,8t0in-JDr&mer* 

Tom  21.  MSn  1475. 

Wir  Johannes  Müssikgank  anff  die  seit  richtor,  Hanns  Tlioiklar, 
Hanns  Wogmaister,  Johannes  Weysser,  Banns  Villach,  Czotmar  Frauts, 
Hanns  Henckel,  Johannes  Bwsdorffer,  Johannes  Wakkhart,  Hanns  Ool- 
man,  Petir  Seghart,  Sabrancsy  Janusch  vnd  Stephan  Broner  gesworne 
latmanne  der  stadt  Cascha  bekennen  offenlich  mit  disem  vnseren  offen 
l»n«fe  allen  nn  jecslichen  da  Tnnd  es  notb  wflrde  sein  xu  sehen  odir 
leazen,  das  vor  Tnns  komen  seyni  die  f&rsichtigen  Tnnd  erharen  lewte  der 
brudiischaft  der  Stejn-Grome  vnd  halienn  Torbracht  ire  anh  giude^  noth 
In  cze  lindn*  Tnnd  anderlich^  geboten  en'  Ire  freiheitTnd  gerechtikeit, 
so  sie  mit  denselben  cromen  die  sie  denn  Tor  langen  zeitenn  Ton  eynem 
erbaren  Rato  diser  stadt  gekauft  haben,  vnd  von  alter  bysher  auff  sie  ge- 
erbt  vniid  komen  scynt  vnnd  noch  vor  czinsen^  jcrlich  miiszcn,  auff  eyn 
newsz  zu  bestetigen  vnnd  zu  conlinuuen  ober  das  '  ^ia  auch  durch  merk- 
lichei'  nütdorft  willen  mit  etlicliünu  stücken  der  iremerey  höcher  zu  be- 
gnaden vnnd  zu  begoben  vnnd  sie  de«  mit  eynem  briefe  sukher  besteti- 
gUQg  zu  versorgen;  wii-  allzeit  gutwillig  snvn  mit  ;;:iutzigem'  fleys 
gemaynen  nncz  allenthalb^^n  tn  betrachten  denselbi^n-nn  in  der  künig- 
lichen  vnsern  stadt  zu  erheben  vnnd  forderen  mochten.*  dadurch  eyn 
ieglicher  in  vnnserem  mittel  in  soynem  woszen"  bey  vns  sich  aufhalden 
Tnnd  besseren  mochte,  habenn  wir  en  eyntrechtiglich  aws  wolbedachtem 
mntte  mit  reifen  rate  vnnd  guttem  willen  mitgeben  TorÜhen  Tnd  auch 
sie  begnadet  mit  den  ai'ticklen,  als  denn  in  mosze  vnnd  weisze  von  wort 
zn  werte  clarlich  begriffen  hernach  Tolget.  Darnoch  Bich  eyn  jecalicher 
kanftnan  beide  fremde  Tnnd  eynwoner^^  mit  seynem  handel  wisse  zu 
halden  Tnnd  zn  richtenn. 

Zu  dem  ersten,  das  alle  awslender  odir  die  nicht  bnrgerrecht  diser 
Stadt  habenn,  nicht  suilen  aaslegen  odir  feilhaben  awsschneiden  aws- 
messen  hinwegen  odir  Terkanffen  auff  dem  markte  an  keynem  tage,  aws- 
genomen  in  dem  freien  Jamarkte,  sunder  in  iren  herbrigenn^^  snilen 


*  aaHegende.       '  lindeni       '  andeiMitt.       *  «  fai,  Ihneii. 

*  Tor-ziiuen,  Zins  oder  Abgabe  zahlen 

*  tlberdies.        ^  gKnz1ich(^m     ToUem.        '  mochten. 

*  Wesen  —  Beruf,  Geschäft. 

sowohl  Fremde  als  Einheimische.  her  bergen. 


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466 


sie  Vüud  mOgen  verkaufTeii  uocli  awssatzimg*  der  stÄdt^erechtikeit  noch 
den  articklen,  die  hcnidcli  beg^rilTt-n  vniul  gfczai<heiit  sevnt.  awsu-'-nomen 
all  and*'re  pfeiiu-rt*  wclclu'i  lej  vuüd  wie  diu  geuaüi  iiioc-liteu  werdeü,  dit 
alhie  nicht  be.styni[>t  imüt  aws^(»di'uckt  s*»ynt:  der  8ol  ejn  gast^  dem 
andern  nicht  verkuufTtiu  odir  kauffen  vnder  vier  gülden. 

Item  eyn  ieczlicher  eynwoner  sol  frej  seyn  in  der  wocben  ejnea 
tag  vnd  nicht  mer,  das  itt  am  donrstage,  aoff  dem  markte  aiuiii]«gen 
feilKohabenn  vnd  in  Torkauffan  Til  oder  wenig  was  oder  wi  der  wfl, 
aander  snat  all  andern  tage  in  der  wochan  magk  er  vnnd  aol  in  aejnem 
hawae  odir  herberge  yerkfaanffen  Tnd  hingeben  noch  awasatsnng  der  atit- 
gerechtikeit  nmd  anch  noch  diaen  articklen  hie  vnden  awageciaicheiit, 
Bonder  allerlay  andere  pfemert,  welcherl^  tnnd  wie  diä  genant  so  Tod 
hie  noch  nicht  begriffen  aejnt  mit  ejnem  golden  Tnnd  darmder  nickt 
kanffen  odir  Terkanffen  awagenomen  festilspeiase^  allerlej  die  sol  idt 
anff  dem  markte  ynnd  der  herbrige  an  kanffen  vnd  an  Torkaoffen  ejneai 
ieczllchen  noch  sejnem  vermögen  frej  seyn. 

Item  CS  sr.l  nymant  verkautfcn  odir  hingeben  vndir  eynen  vierteil 
eyneä  czcntners  bloenczwyrun  nicht. 

Item  nndlr  eynem  vierteil  eynes  czentners  wetgarn^  nicht. 

Item  nndir  ciwehn  caindel  posth*  nicht. 

Item  vndir  czwehn  %tflcken  leynnt  nicht  die  do  nwaslendiacb  Tnnd 
nicht  bej  der  atadt  gemacht  ist,  wie  die  genent  were. 

Item  yndir  czwehn  Stöcken  goltsch^  nicht 
Item  vndir  czwclicn  liarisson®  nicht. 

Ttrin  Yüdir  virr  stiickt  ii  scliiuer  nicht  awsg^nomeu  eyn  leczUche 
fiaw  (  dir  liiiwoni  rin  8ol  frej  seyn  ecbloer  zu  kaufen  zu  wes  leibee  not- 
dorft  zo  vil  vnd  ir  noth  ist. 


*  nach  Bostlmmiuig. 

*  V  pfennigwert,  pfenwert,  Verkanfrartikel,  Waare,  ioBbeeondere  KifliB> 
waara. 

*  hospes,  Ausländer. 

*  w»1ir!<cheinHch  FastenspeiBe,  v^t.  Brinckmeier,   Gloss.  I,   p.  775, 
lind  Srhmellpr-FromariTi,  Mair.  Wtb.  I,  p.  763— 766,  ttber  ^^Mtal*. 

*  wot-^arn;  wote  —  wa-te,  Gewand. 

'  ofVonbar   zusatnuieiiposetstt  aus   ,rzindel'  ,zcndel'  (S<>rt©  VOtt  Tafft)  osd 
jKi.sth  =  jiosztu,  ina^var.  Bpjseicbimnp'  für  Tuch,  St*)ff. 

*  goltäcb,  vgl.  jKülscli'  bei  Scbniel  1er- Froinaun,  p.  IJil  =  Loinensenf. 

*  h&riäson,  vgl.  Harras,  Tuch  vou  Arraä,  düuues  Tuch,  üriuckuieidr, 
OloflB.,  p.  962. 


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467 


liem  Tndir  acht  flchiUing  droemeU  nieht,  sander  eyn  ieatieher 
«yDwoner  ader  eynwoBerm  so  wer  notd(»rft  vil  adir  wenig  frej  seyn  uaA 
mflgen  kaoffea  mb  oyuoii  golden  wider  caa  TorkraiFen. 

Item  Tndir  vier  spulen  Tntosengolt'  nicht. 

Item  vndir  vier  gantcen  parchent  nicht. 

Iten  Tndir  eymem  thnain*  hoszen  nicht. 

Item  Tndir  dreisig  t  zu  heu*  nicht. 

Dio  obgeschribeii  ai  tickol  ^«jbitpii  wir  oniHtlich  stet  vnnd  vnverukt 
zu  halden.  Wor  abir  ymaud  der  solche  vusero  ^,'<^bot  öbirtretenn  vnnd 
anders  denn  hie  vorgenomon  ist  mit  kaiiffon  dir  vprkaiiffen  gefunden 
Aviii  lo.  der  sul  dieselben  soyue  gutter  verloren  haben  vnnd  dazu  in 
vnnsere  strafte  verfolenn  seyn. 

Zu  urkumi  vnnd  mcror  sicherhejt  haben  wir  vnoser  Stadt  Insigel 
an  dison  brieff  thun  hengenn. 

Der  geben  ist  noch  Christi  vnnsers  herren  gebui't  Tawsont  vier- 
hondirt  vnd  darnoch  im  vQmf  vnnd  sibenczigstenn  Jare  an  dem 
nagaten  Dinstage  noch  dem  aontag  Palmaram. 

(Fefg»iMiit>Uikii]ide.) 

IV. 

1482.  —  Sttbrangen  der  Kaaohaoer  QerberBiinft. 

Item  das  ist  eyne  lobeUche  gewonhejt  vnd  eyne  anelhng  Ton  aldies 
her  das  do  haben  angehaben  dy  meyster  ald  Tnd  inngk  der  aeebe  der 
gerbir  das  sy  geübt  haben  mit  gemeyner  stymme  eyntrechticlioben  das 
man  das  halden  sol  bey  gehorsam  der  seche  dy  nochgeschriben  stftcke: 

(1)  Item  cso  dem  ersten:  das  vjn  meyster  den  anderen  eren  sol 
Tnd  forderen,  ys  sey  wo  ys  sey,  wer  es  aber  Sache,  das  eyn  meyster 
denn  anderen  vuern  wurde  ader  ligen^  heyszen,  der  sal  die  busz  vor- 
fallen seyn. 

(2)  Item  czu  dem  anderen  mol,  das  keyn  meyster  der  czeche  heym- 
lichkeyt  nicht  sal  awsbrengen  vnd  der  es  awsbrengen  wirt,  der  sal  seyne 
huBze  nicht  wyszen.^ 


*  Stangen?  vgl.  Brinckmeier,  Qlo«.,  p.  641,  und  Schmeller-Fro- 

mann,  p.  662. 

^  V  Blattgold;  uncz,  uucse  al»  Fläclieumass.        ^  thu^in  —  Dutzeud. 

*  tenbea  »  Ztoehm,  Ueberzag.  Sehmeller-Fromann,  II,  p.  1079. 

*  Lflgea. 

*  wiien  n  ausweichen,  meideii«  rg\.  entwtten     Twluitig  gehen»  leer  aus- 
gehen. 


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468 


(8)  Item  cia  dem  dritten»  ab  yndert  eyn  meyster  wurde  jx 
ebrecherey  adir  yn  dewberey  infondeD,  «dir  ya  vnetlicbeii  aadieii,  d« 
do  mit  rechter  worheit  oberaewget  wurde,  der  aal  keynen  m^yrtar  dv 
cxeche  nicht  gut  wyn,^ 

(4)  Item  ja  dem  iore  ein  fyrmol  aal  man  lel  meai'  loaien  aingan 
alle  qnatQor  tempomm  bey  dem  geboraam,  vnde  eyn  yder  meyster  aal 
aelber  dabey  seyn.  Vnd  wer  daa  erate  opper*  Teraewmpt,  der  lat  bnaa- 
Tellig  eyn  halbt  phnnt  war;^  Tnd  Ui  ee  aaehe»  ab  eyner  henweg  wolda 
ayhen,  wen  en*  daa  zeychen  noeh  do  heymen  begreyfft,^  der  aal  lawbe 
nemen7 

(5)  ItPTO  wen  (?yn  nieyster  stirbt  ader  eyne  meysterin.  do  sal  der 
meyster  mit  saiiipt  seyner  hawsfiawen  czn  der  leyche  geen  vniid  czwyer 
cza  opper  geen  vnd  den  meyster  ader  meysterin  weder  *  heym  beieyten 
bey  di'V  biisz.® 

(6)  Item  btirbit  aber  eynes  mevbters  kint,  das  sich  bericht^'' bot, 
80  sullcn  sy  auch  beyde  geen  vnd  ejn  mol  cza  dem  opper  vnd  den  man 
adir  fraw  wodir  ht^ym  beleiten  bey  der  biisz. 

(7)  Item  stirbet  eynom  meyster  eyn  dinstbote,  ys  sey  mayt  adir 
knecbt,  dos  sich  bericht  hot,  do  sai*^  czn  der  leyche  geen  vnd  eyn  moi 
csn  dem  opper  geen. 

(8)  Item  stirbt  aber  eyna  meyatera  kint  das  nicht  beriebt  ist,  so 
asl  auch  eyns  cza  der  leyche  geen,  vnd  wer  dy  leyche  yn  dem  bawsM 
nicht  begreyfft,^  daa  ist  bnaafellig  eyn  halb  ^bnnt  war. 

(9)  Item  CSU  dem  eraten  snllen  dy  fir  iimgaten  meyater  do  asjn 
vnd  snllen  bor  kereaen^  vnd  daa  leyehtuch  dartrogen;  ist  daa  aache,  das 
ay  daa  versewmen,  ao  aeyn  sy  dy  bnss  Torrallen  bey  eynem  l^mit  war. 

(10)  Item  keyn  meystei'  ad  dem  andern  seyn  dynstboten  mA- 
freden^^  ea  aey  kneoht  adir  medt;^^  wer  daa  thnt  der  aal  a^  bisi 
niebt  wyazen. 

(11)  Item  ab  eyner  qweme  csn  feU*  adir  ledir,  ao  aol  her  vp» 
kewffen  vnd  der  andere  daa  ander,  der  doresn  kompt,  csw  dem  kawff« 

'  der  soll  keinem  Heister  der  Zeche  genehm  sein 

'  Sceloiimease,  Todtenamt.        '  Messopfer.        *  Waare*        •  ihn. 

*  da»  Glockenzeii-lien  noch  zu  Hause  ereilt. 

*  Urlaub  nehmeu,  seineti  Abgang  melden. 

*  wieder        *  bei  Strafe. 

"  berichtet  hat  =  mit  den  Bterbssacrsmenlon  venehen  ward«, 
u  (Meiiter  oder  MeiMarin.)       »  ?  bertthrt. 
"  Bahrkenen,  Todlaii]i«bter. 

^*  entfremden,  abwendig  machen. 
»  medt  =  Maid,  Magd.  Fell. 


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» 


469 


kompt/  abir  der  erste  hot  dy  wole,*  was  her  kewffen  wil;  wer  das  über- 
trit  der  ist  dy  busze  vorfalleu  nach  dyrkeutnysz '  der  meyster. 

(lüj  Iteiu  ayinaüd  ys  czii  woertheii*  wodir  leder  noch  fei  vmb  geit. 

(13)  Item  der  do  by  wurde  kewffen  vf  dem  marckta  fei  adir  leder 
Tnd  wer  nicht  hantwerg^  is,  dem  sal  man  nicht  abe  kewffen,  js  sej 
d^ime,  her  brenge  is  Ton  dem  lande;  wer  das  obirtrit,  der  aal  seyne 
Irass  nicht  «jnen. 

(14)  Item  kejn  meyster  sal  keyn  raw]eder  *  Tff  den  Amen  *  kewffen; 
wer  das  tbnen  wurde,  der  sal  dy  bass  Torfallen. 

(15)  Item  ab  eyn  meyster  ?mb  asohe*  kewfft»  lo  sa!  her  eynem 
andern  teil  loszen,  her  kewff  sy  vmb  gelt  ader  vmb  gülden,  dy  weil  eyn 
ander  dy  asch  t  *  ^^i  üifift  oflf  dem  wa^eii. 

(16)  Item  keyn  meysterin  ani  keyii  rawleder  kewffon,  vnd  wurde 
sy  begryffen,  zo  sal  ir  man  dy  bnsz  nicht  wyszen,  Is  sey  denne,  ir  man 
wer  kräng,  ader  nicht  do  heymen,  so  sal  sy  lawbe  nemen^  (cau,,  der  SatB 
wm  yls  sey'  .  .  .  <iii  durehsirichen). 

(17)  Item  eyne  meysterin  hot  frey  aUenosal  fel^®  zo  kewffen:  eyns 
adir  swee  obir  eynem  hawffen  Tnd  snst  nicht  mer  obir  eynen  hawffen 
md  auch  vnder  den  bencken  nicht  Ynd  von  den  tysdhlem  anoh  nicht 
(mm.,  twA  ,obir  eynen  hawffen  vnd  auch  vnder  den  bencken'  diireA- 
#tinusAcii). 

(18)  Item  eyn  meyster  adir  eyne  witwe,  dy  das  hantwerg  arbten,*' 
an  ÜLui  II  10  II  tat:  siilion  sy  fyer  ieder  awstragen  adir  sechzehn  fei  vnd  an 
dem  dornstiige  VI  ledir  adir  eyn  firtel  fei. 

(19)  Item  wen  eyn  meyster  ledir  adir  fei  awstret  vff  den  marckt, 
so  sal  f's  der  meyster  selber  vorkewffen  vnd  sal  das  nicht  das  weib  lossen 
Tork«wffen,  vnd  her  wolde  vff  dem  marckte  vmblawffen  raw  ledir  kawffen 


>  rieh  beim  Kaufs  einfindet       *  die  Wahl. 

*  EikeimtaiM,  Btiaferkeaptaiw. 

*  86Ule  ee  eoTiel  wie  «werdereii*,  absdüUien,  teadren  (Brinckueior,  II, 
p.  7S7)  bedenleii? 

*  hanlweffg  b  kaatwetger,  vom  Handwerk. 

*  Ranhleder  =  unaus^oarbritelesi  rohes  Leder* 

^  LängeiunaM  odor  Bestimmung  des  Leders  zur  Fussbeklaidung? 

'  Das  7nm  Entbnnren  der  Häute  nothwendi^  Aetzmittel.  S.  W.  IL  »AfGher*. 

*  die  Erlaubniss  ausuclien.         *°  Fpüe  in  jeder  Zahl. 

Eine  schwer  verständliche  Stelle.   Der  ,hawffou'  miiss  eine  bestimmte  Zahl 
oder  Masse  vou  Fellen  oder  Häuten  daruttillou.  Die  ,beacke'  düi-ften  sich  als 
Fleischbänke,  die  «tyschler'  vielleicht  als  Fleischer,  die  nicht  in  Bänken, 
■dodem  anf  »Tieohen*,  d.  L  «nf  Bünden  verkaufen,  deuten  lauen. 
**  f  erblea»  eihlieh  Hhetkemen. 


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470 


d«r  B«l  dy  bunt  Torfidlen  seyn  dornooli  dj  mejsinr  dirkennen^  als  der 
kBwff  ist  (cait.  wnd  dmtlMriAm)» 

(SO)  Item  Byn  yder  meyster  ader  wHw«  aal  dj  gewdrditeii  f«l 
loaien  aehawoD,  ae  das  her  qr  Tovkewft  ader  dy  achoster  wegtragen,  sy 
seyn  Irewg*  adir  naai.  War  sie  nicht  last  aohawan,  der  ist  vorfUlaa  van 
ydem  fhrtal  fei  eyn  tphnni  war. 

(21)  Item  keyn  meyster  sal  keyn  meyster'  leder  TorkewfTen  ftn  d«r 
fir  meyster^  wille  Tiid  lawbe.  Is  sey  denne  das  es  ein  dj  fyr  meyster  be> 
fuleu  adir  hyszeas  en  awskagen  vff  den  marckt. 

(22)  Item  den  buttern  czn  gote  leychnamstag  adir  off  EUsabet, 
welche  en  hutten,  den  sal  aiaii  bfien.* 

(28)  Item  man  sal  keyuem  bürgen  dy  eyn  genge  ader  den  phenig 
alle  fyr  wochen.*' 

(24)  Item  ab  eynem  meyster  eyn  ler  iunge  entlewft  so  sal  der 
meyster  ein  eyn  ior  nooh  harn  ee  das  her  eyn  andern  off  nympt  (catg.). 

(25)  Item  wen  eyn  meyster  eyn  lerknecht  freysaget  das  her  bot 
auRgeloert  so  sal  her  aweh  eyn  yor  em  noch  bam  ehe  her  anden 
off  nympt. 

(36)  (MÜ  kUmeret  S6kr0)  Item  wen  eyn  meystar  eyn  terknecU 
Tf  wU  nemen  so  sal  her  lewb  nemen  von  esween  ^nneistem  ader  an  cm 
wyssen  thftn^  hey  der  hnss. 

(97)  Item  eyn  innger  meyster  der  nawlieh  euch  gewyni  sal  vnder 
eynem  yor  keyn  lerhne^t  anfiiiemen. 

(38)  Item  keyn  meyster  eal  eynem  TUTordlngten*  knahen  den  eyn- 
stoss*  gebin. 

(20)  Item  keyn  meyster  sal  den  rymeis  geescherte^*  leder  aws  dem 
aacher yorkewJfen  wer  es  vbirtrit  der  iat  dfe  bnsi  TorfhUen  (c<ut.). 


^  erkennen,  das  Urtheil  fällen.        '  trocken.        '  kttitma  MeiBter. 

*  Die  Tier  Meister  als  VoratAnde  der  Gerberzunft. 

*  Schwer  rentindlidil  Sollte  deh  dies  auf  die  Erbauung  von  Altarbüttw 
bei  den  Uvchliehen  Ftelkhkaltea  am  ArduileiduiaaMrtiga  oder  «■ 
Tage  der  heil,  XUeabelht  Patronin  der  ff  mwhm  er  .Haapflriwhfti  bedehn? 

*  Gleichfalls  dunkel.  Dürfte  die  Zufristung;  der  »Bii^|liige^  oder  dei  iUe 
vier  Wochen  in  die  Znnftcasse  einxQsahiendoii  PfoDiiiga  belieffeii» 

'  oder  Einem       wih««»?!  Ia8.sen. 

*  unverdingt  =  m  die  Lehre  aufgeuoininen, 

*  ^instom*  des  Felles  oder  der  Haut  zur  Qerbnng  (vgl.  w.  u.  §  46). 
.geewAerle*,  d.  l.  mit  der  «Aeeh«^  {a.  u.)  behandelle  Felle  oder  Bbito» 
bedehangaweiee  da«  am  ihnen  bereitete  Leder. 

"  Der  flaoher*,  der  Baum  in  der  Gerberei,  allwo  die  »Aeodieniag'  odtr 
BeiiuBf  der  Felle  vor  ei^  geht. 


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471 


(80)  Ttcm  was  dy  meysUir  haben  czii  reden  ader  czu  schafFon  dy 
fyrmeister,  so  sal  sy  nymaut  dorjime  iru  ader  eu  Tuder  schreyau/  das 
man  eyn  sache  awsgerichte. 

(dl)  Item  hot  ymant  csn  reden  adir  cur  sdiaffen»  der  etee  ?ff  vnd 
trete  for  den  tjtdi*  tmd  red  Beyn  notdaift  yn  l>6eclieydenheit. 

($8)  Item  keyn  m^yster  ssl  freneln  yn  der  csech  mit  werten  noch 
mit  wereken  bey  der  Imai. 

(33)  Item  wer  Terbusit  yn  dem  lore,  der  aal  es  eyn  brengen  i6r  der 
newen  firmeysterschafft'  bey  der  boBz. 

1482 

(Mit  pOuerer  Schrift  folgt  auf  der  Rttckaeite  der  Urkuu<lt>  Nach* 
stehendes:) 

(34)  Item  wer  won  eimer^  meyster  wil  weren,  so  sol  her  der  czecb 
gerecht  werden  nnnd  eol  putgerrecht  gewinnen  das  her  wold  erbeten  du 
het  her  nicht  iErey. 

(86)  Item  won  her  wil  meister  werden  so  sol  her  anlf  [eiwentisch] 
itilichen  tysoh  drey  geriebt  geben  wnd  eyn  orth^  tphennig  sol  her  nyder 
legen  off  den  tyseh. 

(36)  Item  eyn  freyer  ledigrer  knecht  won  eynei-  kj  mpt,  der  do  czech 
wil  ^ewmuen,  Der  sol  off  czwe  schoflfel  awszwirchen,®  das  her  sol  domit 
pesteu,^  ist  in  nicht  gut,  so  musz  her  is  c^am  andermol  wyrchon. 

(37)  Item  der  halb  czoch*  hot,  sey  liald^  cyiinys  uieyster  sun 
ader  meyster  tocbtei*»  der  sol  vff  eyn  scboff  fei  arbeteu,^^  das  der  czech 
esw  steth. 

(88)  Item  won  eyner  meyiter  wH  werden,  sol  her  priff  prengen, 
des  her  enff  richtig  hat  awss  gelöhrt^^^ 

(89)  Item  das  eyn  gesel  dynth,^  der  sol  nicht  leder  kewffen  pey 
wegen  das  herwm  woldet  huiflia  wnd  von  den  flesoheren^*  weidet  auch 
kanffem,  das  gestat  wir  nicht,  wen  sist  wider  dy  rymer^^  wnd  wider  dy 


*  ihnen  daswiaehanieltraieii.       '  im  Zisamer  der  Znnft. 

*  Die  Tier  Zenftvoietlnde  wediaehi  jSliflidi. 

*  wann  einer.        *  Stflck. 

'  Als  Probestück  hat  er  zwei  Scheffel  H&ate  oder  Pelle  aussnarbeitea 

*  pesten  —  benteheu,  damit  den  BefiUügongniaGbweis  liefern. 
'  halbes  Zei  Inm   oder  ZunftrechL 

*  hald      halt,  sei  er  nun  .  .  . 

Die  li&lfte  der  im  §  37  Toin^schheboneu  rrobeleistung. 
"  gelernt  ^*  Wer  als  Gesell  dient.  "  Fleischern. 
"  Denn  das  ist  dem  Beehte  der  Biemar  abtrigUch. 


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473 


mejBter  seyder  pflj  den  pronii;  *  lo  mag  h&t  am  donnerstafr  kaaffen  ctmef 
ledw.  Item  mer  wer  aol  leder*  wil  admeiden»  der  sol  kejn  leder  wirobeii,' 
her  fiol  eynes  loasen  *  • 

(40)  Item  der  ejn  freyer  lediger  gesell  yai  der  gaats  csech  gewjot^ 
der  sol  yn  dy  eieclie  geben  fyer  golden  vnd  vor  eyn  gülden  war. 

(41)  Item  ist  her  aber  eynes  meysters  sxon  ader  nympt  e^ns 
meysters  tochter  ader  meysterinn,  der  halbe  cseeh  bot,  sol  geben  jn  dj 
czeche  ij  gülden  vnd  vor  ejn  halben  gülden  war. 

(42)  Item  Wfii  iiiau  eyu  Iciknecht  aiidyngot,  szo  szol  her  y:ebt'n  vn 
dy  czeche  vor  eyn  gülden  war.  Das  yiste  lor  hot  her  eyn  hey  balk-"  ^ju 
ciustoszen,  Das  ander  lor  (>yii  leder,  Da^  dritt  lor  czwe  leder. 

(43)  Itpiii  wer  evii  lerkiif-cht  droy  lor  lernet,  yst  her  seyuein  ler- 
meyster  iij  gulili'n  vt-i  jilliclit.  It  i  ii'-t  er  a»lef  mj.  9Z0  yst  her  frey. 

(44)  Item  wen  eyn  ierkueuht  dy  belffie  ausz  gelernet,  szo  gebort 
ym  das  tmuckgelt*'  dy  helfi'te. 

(45)  Item  vyi*  meyster  vnd  vyr  meyster  daz  .  .  czech  der  gerb«r 
haben  eyn  beslosz  gemacht  mit  eyntreohtiger  stym  das  eyn  iczlicher 
mayater  er  sey  iunck  ader  ald  .  .  .  ader  nicht  mer  leder  sol  eynstoss«!! 
yn  eyn  aaaser  (Ascher)  dan  . .  .  vnd  nicht  halb  . .  .  fert  ader  heybelcL 

(PecfsneDt-Urkeade.) 

V. 

148S,  M.  Hai,  Burg  Na^ybanya  (Hivallia  dombuniiB). 
Sohreiben  des  könlgl.  Burggrafen  tuid  K&nunerefB  Stolhn 
Zöld  von  Osathopan  an  die  Easohauer, 

Pnidentes  et  ciicttmspecti  amioi  honorandi.  Scribitia  nobis  vestris 
in  litteris  ex  parte  plmnbi  nt  a  Vobis  pocins  qnam  a  Bsionia  predo  com- 
peraremus  qoi  nobis  non  rariori  precio  nti  ipai  Poloni  dant  venderitis  et 

argentum  in  sortem  solncionis  ipsius  plumbi  in  Tslore  eodem  quo  ipos 

Polonis  vendimus  conipararetis.  Sciatis,  quod  libenti  animo  faceremus«! 
etiam  comodo  vesti»  plus  quam  Folonorum  faueremus.  nisi  utilititi  Ktgiv 
maiestatis  et  juribus  ipsarom  montani&i  um  faceremus,  quia  ipsa  moutäna 


^  Was  unter  den  Moistem  ,seyder  pey  deu  prooii'  (Branneu)  gemeint  ift> 

bleibt  dabiugesti^lU. 
'  Sohlenleder.        '  gerben. 
«  Br  daif  nieht  beiderlei  Handweik  rereiidgeii. 

•  Balg,  Bllge^  HttHe  oder  Belle,  he^f 

•  Draogeld,  Angeld. 

'  Die  aiiq»iuikttrten  Stellen  in  der  lehadhafteii  Uvkaade  aatoaerlidi* 


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473 


noii  p.irvi  sunt  deterii  r  ita  ot  ijisi  montan in  itiiniam  deindp  dpnene- 
runt  paupertiitem.  Coubidenmk's  eiiiMiiodi  [in  iVctus  et  neces^sitalc•8  in- 
dignationemqne  regie  maiestatis  exinde  üicunere  foimidantes.  Et  neque 
TOS  ToleniM  scimas  ftiiquid  nos  a^ere,  quod  po&sit  obesse  statui  et  houori 
nosiro.  Igitor  etiam  puie  plmnbi  aliquod  pac(iiiiii)  aotdi^osieionem  ali- 
qnaiii  Deqoe  yobimnim  neqoe  cum  Polonis  facere  poBsnmas.  Sed  alinnde 
et  a  qmbuscimiqae  tarn  pro  ntilitate  Begiae  maiestatis  tum  eciam  siuten- 
tadonem  Ipsorom  Montanistanim  a  Vobis  seu  a  Polonis  aot  quibnscnm- 
que  piedo  leTiori  liabere  possomiis,  prent  per  Begiam  matestatem  samus 
infonoati  comparare  necessitamnr  et  comparamiis. 

Ex  Castro  Riviilidouiinai'uu)  bubato  proxüno  autu  le»tum  Sanct« 
Trinitaiitt  aono  domini  M.LXXX"**'  teiüo. 

Steplianas  Zewld  de  OszthopaiL. 
comes  et  camerarius  de  BiTolodominarum. 

(Original  mit  Siegel.) 

VI, 

1401,  17.  MiTB,  Kuohaa.  —  Onadonbriof  K.  Wladialaw  n. 
ftlr  die  königl.  Freistadt  Kasehau. 

Nos  Wladiölaus  dei  «riatia  lex  Himgariae  Bohemiae  etc.  Recogno- 
«oimus  üt  teiiore  pR-seueiuni  sicrnificamus,  quibus  expedit  univei-sis,  quoii 
nos  volentes  fideles  nostros  pnuieutes  et  ciiciunspectos  ludiceni  et  Imatos 
ceterosqae  cives  Imius  civitatis  aosire  Cassoviensis  ob  illam  praeclaiam 
Udem  et  integeiriiiiam  fidelitatem,  quam  in  hoc  regiminis  nostri  exordio 
et  pTesertim  ab  eo  tempore,  quo  iliostrissimiis  dominus  lobannes  Albertos 
dnz  et  frater  noster  diarissimns  dTitatem  ipaam  CassoTiensem  obsiderat 
et  longa  diatomaqiie  cq^pngnadone  fittiganenii,  ergo  nos  et  sacram  ooro- 
nam  oonstantissime  ostenderunt  ab  Ulis  debitts»  qne  iidem  üdem  tempose 
hmnsmodi  obsidionis  pro  defensione  eiusdem  civitatis  et  snstentaeionem 
stipendtariomm  contraierunt,  benig-ne  ac  liberaliter  ut  par  ee^  relevare, 
eisJciii  Iii  parat. i  i)i'i_'uiii;i  sui  milia  tlorenos  et  tiiu  laiUu  lu  ^alibus  dai'ü 
et  solvere  nitro  jii  uinisimus  et  poiliciti  sumus.  Ita  videlicet,  quod  medie- 
tatem  dictorum  sex  miiium  fioieuuruia  ad  iVbtuiii  Puiilii  acionis  beate 
Marie  Virginis  proxime  Teaturum,  reiiquorum  vero  medietatem  ad  fijstum 
beati  lobannis  Baptistae  extimc  immediate  sequens,  sales  vero  praetactos 
ciciüs  ao  celerius  quo  fieri  poterit  reddi  et  persolTi  iacere  teneamnr»  nt 
ipsi  qnoqne  creditoribns  eomm  a&  tenninos  prefixos  tarn  scüieet  mereato- 
ribns  OnooriensibQS  qnsm  edain  aiiis  satisfaoeie  et  so  ab  illonim  in- 


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474 


fMtMioM  Ubeiran  poBsint  et  vileiiii.  immo  promittimiif  «fc  poUkeanr 
hanim  ncwtnunim  vigon  et  tostimonio  literamm  medirat». 

Datum  in  prvdlcta  dTitate  noBtn  CBSsoTieDsi  fem  qiimta  proma 
post  DominicMn  Letare  Anno  domini  Millesimo  QiHidring«iitfleimo  Nona- 
g«simo  primo  Begnonim  nOBtroinm  anno  Hungariae  ek.  |>i  ima  Bohendaa 
Tero  Tigesimo.  Wladislaus  Rex  m.  p. 

(Orig.)  (aufgedrucktea  Siegel.) 

VII 

1481,  2A,  April,  Ofen.  —  K.  Wladiatewa  n.  Brief  an  die 

Wlndislans  dei  »nK*!«  Hex  Hungarie  et  Bohemie. 

Prudeutes  ot  circumspecti  fideles  nobis  sincere  dilecti.  Ea  omnia, 
qoe  nobis  de  preseuti  formidine  vestra  per  han€  hommem  Teetnim  Boipei* 
atifl  plane  intelleximus. 

Ad  que  vobis  taliter  respondemos  et  imprimie  obi  scribitig,  tos  ai]- 
diviflae,  qualiter  Serenissimus  dominus  genitor  noater  doonwoB  Bei  Pokh 
nie  acripaiaaet,  Uli  Illuatriaaimo  fratri  noatro  lohaiini  Alberto  dnei  etc., 
quod  de  hoe  regno  exire  non  deberot,  aed  expectaret»  naoi  propediem  aat 
peraonaliter  ad  eom  venire  ant  eopiaa  et  plnrea  eciam  gentea  aibi  mitten 
Teilet,  dioimua,  qaod  hec  erodere  non  debetia  nee  omni  rumori  et  aimili 
fame  üdem  adbibeaüa,  qnoniam  certi  aomna,  qnod  noa  patema  üla  maie^ 
Btaa  iam  non  oppognabit,  aed  pocina  omne  aubaidiom  nobia  contra  boitea 
noatros  prestablt  Qnod  videli€ot  ex  boe  manifeste  elioere  oonjeotaripote* 
atis,  quod  nos  iam  Begem  Hungariae  acribit  et  appeUat,  quod  antea  nan- 
qnam  fedt  neqne  modo  faoeret,  ai  aliqnid  dnistri  in  nos  attentare  et  vel 
solus  venire  aut  copias  suas  contra  nos,  ut  vos  dicitis,  mittere  vellet.  II- 
lustrissimus  aiitom  dominus  dus  liater  noster  Iiis  diebus  snpcrioribuii 
nobis  scripsit,  quod  nuila  ulia  cauga  remansiouis  sue  in  hoc  regno  cssf-t 
et  libeuter  do  ipso  diu  exiiss^t,  prout  yerisimile  est,  nisi  inundacio  aqaa- 
rum  et  viarum  incommoditas  i]>«iim  prohihuissont. 

Nam  plures  in  aquis  de  suis  pt  i  is-,'  scribit  et  ideo  Nos  rogat4)s 
habuit,  ne  hiiiusinodi  morara  suam  m  njalaiu  partem  inteq>r*»t«'mur,  pro- 
misitque  mox  post  festa  ista  pascalia  cum  omnibtis  gentibus  suis  eiire 
vellet,  prout  ipsnm  iam  eciam  exivisse  non  dubitamus.  Acceditqoe  homo 
quoque  noater,  Tidelicet  dominus  Zakoloczky,  quem  iuxta  concordiam 
lactam  pro  assignandia  dicto  domino  fratri  noatro  civitatibaa  et  caatris 
ad  Slesiam  misimna  propter  canaaa  praaeriptaa  predpoe  aquai-um  ex- 
ereaeenciaa  intrare  non  potoit,  qne  lea  qooqne  enndem  doninnm  docen 


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475 

hactemis  retiniiit.  Idcirco  dp  his  vohis,  cum  oss*  ih  ii  debot  noquo  hec  vos 
ptjrplexos,  iit  vos  sciibitis,  rt'd(U*re  di-bt-i,  *iuaiido(juidein  wm  nibi  p.iieni 
et  tranqnilliUtem  ab  illis  paiübus  expectamus.  Confortetis  eciam  reli- 
quiun  populum  et  fideles  nostros  et  ipsos  ob  hunc  metam  recedere  non 
permittatis.  Kam  falso  ad  vos  hec  onmia  perferuntur.  Uabemus  antem 
▼obis  graeias  non  Tulgares,  qiiod  Nobis  hec  significastis  et  circa  con- 
servaeionem  illiiis  cmtatis  adeo  soUiciti  estis»  rogamiisqDe  ut  eciam  dein- 
ceps  81  quid  tale  aenaeritis  ad  aigniflcatiim  dignam  erit,  Nobla  peracriba- 
iia.  Gerti  enim  aiiia,  quicqmd  Nobia  a  YObis  profei-etar  et  aigniflcabitur, 
aemper  gratnm  Nobis  erit  et  perinenndoin.  —  Habete  eciam  interea  costo- 
diam  illins  civitatis  et  nudiori  modo  quo  scitit;  pro  vestra  in  Nos  inteiecer- 
rima  fide  et  fid^litate  cons«'rvHcioiii  eiusdcni  iucumbit^^.   Oetwinn  ubi  do 
mioiB  illis,  quo  vobis  per  vicinos  iiobiles  et  öiguaiitor  per  Nicolaum 
LapaFpatliald  imponantur,  Kobis  saibitia»  dicimua,  quod  baec  advei*tere 
et  curare  neu  debetis. 

Nam  aliter  quam  ipai  credant  et  sciunt,  res  deo  duce  soccedent  et 
in  bravi  tempore  omnia  occaaio  minandi  eia  anrripietnr.  Sitis  igitar  boni 
aaimi,  qnoniam  Noa  Adelitatea  Teatiaa  nnnquam  deaerere  sed  de  conatanti 
Teatra  eiiga  Noa  fide  et  fldeUtate  aemper  memorea  esse  rolnmaa. 

Datum  Bode  in  feato  beati  Georgii  Hartyris,  Anno  LXXXX™®  primo. 
(Original-Urkunde.) 

vm. 

1481,  14.  Juni,  Leutsohan.  —  Krakauer  Kaufleute  schreiben 
an  die  Kaaohttoer  in  Hinaiolit  der  Verkehrsverh&ltnisse. 

Nambafftig  eraam  wolweisse  herren  deaz  rothisz  zu  Casscha,  auch 
boBiindere  ganner  wnnd  forderer  der  gancien  gemein  der  aelbigen  atate. 
Bwer  N.  W.  iat  nicht  hejrmlich  dy  caweitracht  wnnd  krigh  diaseai  Baichisa, 
daaz  dan  wnaa  nicht  weniger  ala  ench  leith  iat,  daax  wir  deas  mit  euch 
entgelden  aoldin,  welchias  wir  nicht  geniaaen,  doch  in  aller  cristenhaith 
luntTmannatrew  gehalden  wirth  wo  hmdaftirstin  sieh  caweyen  wnnd  wn- 
aynsz  sint.  Dem  kauffman  sagz  man  zu  fride  (sie),  so  her  auffsleg,  mauthin, 
dreissigst  iiucli  laiulisz  gewoiiliaith  g:ibt.  Habe  wir  wnsz  sie  lu  ibait  li;ill>»!n 
gefurdert  mit  vil  eynwouür  diszes  laiides  ym  kauczin  C/.ips<'r  ^'ebitli  desz 
gi'oszmechtigen  herrn  Steffen  gelaith  halben  laibisz  wand  giittisz  wnnd 
wir  auch  ewer  nyderlag  bawende  besser  sicherhait  iialben  bltteu  als 
TDnser  gotte  herrn  wnnd  fronde,  so  yndert  eyner  ausz  vnsz  auff  ewer 
nyderlag  hweme,  mocht  frey  aeyn  leibia  wnnd  gnttis.  So  wir  diaa  vor- 
aiehert  werdin  vor  ewer  W.  wnnd  der  ganczen  gemeyn,  weiten  wir  mit 

AicUt.  LXZXI.  Bd.  H.  BUflt.  82 


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476 


enandtr  kaaffslag«!!  als«  toh  aldem  her  mit  ewer  K.  W.  g«lotth»  ap  wnsd 
SU  mit  Uub  wnnci  mit  gatl.  So  wir  BOlehe  antworth  von  ewer  Wetsaik 
derlangten  woUe  wir  ew«r  N.  W.  sa  willen  wjn  mit  aUen  geburliebMi 
dingin.  bitende  mit  diBien  eieilen  i>  u  gunstig  antword. 

Datum  czw  der  Lewta  am  eontag  vor  petri  vincula.  1491. 

(Origiual.)  KawflQewth  Yon  Croca. 


Zweite  Abtheilung. 
Zur  GescMokte  der  königlioiieiL  Freistadt  Zeben. 


Die  königliche  Freistadt  Zeben  (Oibiniamy  nuigy-  Kis-Szeben 
zum  Unterschiede  von  Nagy-Szeben  Hermannstadt  in  Sieben- 
bürgen) im  Tharcsuithale  der  Säroscher  Oespaiuehaft  T«rdaakt 
der  Epoche  des  AngioTinen  K.  Ludwig  L  und  seinea  Nadi* 
folgere^  E.  Sigismand  von  Lnxembnrgi  ihre  gesteigerte  Beden* 
tang.  Als  deutsche  Ansiedlung  können  wir  Zeben  bis  ins 
13.  Jahrhundert  hinauf  verfolgen;  eigentlich  atädtüsehes  Gemeiii- 
wesen,  entwickelt  es  in  der  Schlnsahälfte  des  14.  Jahrhunderts. 
E.  Ludwigs  Freibrief  vom  Jahre  1370  ertheilt  den  ^Oigen 
und  Oästen'  ron  Zeben  das  Recht  freier  Gerichtsbarkeit^  und 
die  Gnadenurkunde  E.  Sigismunds  vom  Jahre  1405  gewthrt 
der  Zebener  Gemeinde  alle  Vorrechte*  einer  königlichen  Frei- 
stadt, indem  sie  mit  Kaschuucr  Kecht  bewidinet  wird,  die  Be- 
fugniss  der  Ummaueniiii;,  der  freien  Richter-  und  Geschwornei»- 
wahl  erhält  und  iii  Itechtssachen  die  Berufung  oder  Appellation 
bei  der  Stadt  Kasehau,  in  letzter  Instanz  beim  Tavernicus 
(Magister  tavi  i üu  oi  um)  als  Vertreter  der  Krone  in  allen  frei- 
städÜHchen  Angelegenheiten  ergreifen  darf. 


*  Vergleiche  die  sutreffendeu  Bemefkimgeii  Aber  daa  atldtiaclie  Beehti- 
weien  Zebena  in  der  sehr  ampreehend«!  Momogiapbi»  tob  DenltV; 
yk  febOmagyarorscigi  v&roBoIc  ölct^rOl  a  XV.— XVIL  sutzadbaa*  (Bada> 
pMt  1890),  p.  8,  7,  11,  IS,  die  allerdinge  nur  daa  AUfemeinale  atoiüBa. 


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477 

Bald  darauf  (6.  Jftniidr  1406)'  erhalten  die  Bttiger  von 
Zeben  das  kircbliche  Patronatsrech^  wie  ea  die  Kaachaaer  be- 
wttwieii.  Gleicbaeitig  wird  ihnen  die  freie  Holzung  in  den  be> 
nachbaiten  ySchwarzwmdem'  (nigrae  ailyae  »Nadelholz)  gewähr- 
leistet nnd  die  Freiheit  yom  Zoll-  oder  Dreissigatanite  in  Ujfaln 
suerkannt 

So  hatte  denn  Zeben  bereits  einige  Jahrzehnte  stildtischer 
EiOtwicklnng  hinter  sich,  als  die  Eintragungen  in  jenes  Buch 
begannen,  welches  den  "Htel  ,Liber  annalium  liberae  regiae 
ciTÜatis  Cibin  ab  anno  149(V  fUhrt.  Es  ist  eine  Art  von 
Stadtchronik,  ein  Vormerkbuch  gemischten  Inhalts,  das  uns  bis 
ins  18.  Jahrhundert  das  Geleite  gibt  und  die  wechselnden  Ge- 
schicke des  Städtchens,  sein  Leben  und  Weben  in  der  Strömung 
der  Zeiten  wie  in  Stichproben  kennzeichnet. 

Die  Ausbeute  ist  allerdings  spärlich,  immerhin  nicht  un- 
willkommen, denn  auch  die  kleinschlUchtigen  Verhältnisse  eines 
solchen  Ortes  haben  ihre  Bedeutung. 

Zu  den  frühesten  und  wichtigsten  Aufzeichnungen  zählt 
die  vom  Jahre  1461 : 

,1461  feria  VI.  proximal  post  festum  Visitationis  ill.  V.  M. 
haec  civitas  incendüs  Bohemorum  ac  praedonum  nulla  domo 
snperstite  neque  campanis  coramutata  est  penitus  in  favillam/ 

Der  Freitag  nach  Mariä  Heimsuchung  (3.  Juli)  des  Jahres 
1461  blieb  wohl  lange  in  der  Erinnerung  der  Zebener  haften, 
denn  die  ,Btfhmen  und  Räuber'  äscherten  die  Stadt  ein,  dass 
kein  Hans,  selbst  die  Kirchenglocken  nicht  verschont  blieben. 
Dieses  Ereigniss  hftngt  mit  den  letzten  Zuckungen  des  Krie- 
ges K.  Mathias  Corvinus  wider  die  böhmisch-mtthrischen  SOld- 
nerrotten  in  Obernngam  zusammen.*  Der  junge  Ungamkönig 
hatte  Ende  1460  seinen  Gttnstling  Emerich  Zdpolya  mit  dem 
Oberbefehle  alldort  betraut  und  ihm  seinen  Bruder  Ste&n  ZA- 
polya,  sodann  Ste&n  Bithory  und  später  Ladislaus  Upor  als 


»  Wagner,  a.  a.  O.,  p.  178—179;  Fejör,  C.  D.  X,  4,  p.  608. 
'  Eiue  Notiz  von  ddoiselben  bietet  auch  Kiss  iu  ,Szazadok*  1881,  bixottm. 
jelent^  p.  108. 

•  Iii  einer  andereo  Nolls  beiwt  es  ferU  terti«  (Dienstag  naeh  Ifsrii 

Heimsuchnng)  st  7.  Juli. 

*  Vergleiche  da»  geschichtliche  Material  bei  Kaprinai,  Hnng-.  diplorn. 
temporibug  Matthiae Conrini  II,  p.  492f.;  Katoaa,  XIU}  TeUkl,  Uimya- 
diakkora  X. 

88» 


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478 


Feldbaupdeate  zugeseUt  Ste&n  ZApoly«  erlitt  vor  Säroscb  eine 
Schuppe  und  wurde  gegen  Zeben  mrllekgedrftngty  das  nmi 
Ton  den  Böhmen  beBtUrmt  und  in  Brand  gesteckt  wurde/  ohne 
dass  dies  Zäpolya  Terhindem  konnte. 

Wir  besitzen  eine  Urkunde  aus  naher  Zeit,  ein  Seud- 
folireiben,  von  K.Mathias  auf  iscincr  Pfalz  l)i<'>su^vör  den  '.K  An£ni<*t 
14(jl  ausgefertigt,  worin  er  d'iv  Zt-lx  iirr  seiner  kr»iii;,'-li(  }it  a 
Gnade  und  auch  dessen  versichert,  sie  von  der  Krone  Unirarns 
nimmer  trennen  zu  wollen.  Die  schwer  heimgesuchten  Zebener 
begrüssten  gewiss  erleichterten  Herzens  die  Wendung  der  Dinge 
im  Jahre  14G2,  das  Ende  des  ,Böhmenkricges'  in  Oberungam. 
Langsam  erholt  sich  das  Stüdtchen.  Zehn  Jahre  später  iag 
hinter  ihm  eine  neue  Krise.  1471 — 1472  wurde  Zeben  Ton  der 
polnischen  Bewegnngspartei  oder  der  sogenannten  Magnaten- 
verschwörung gegen  den  Corvinen  als  einer  ihrer  Stützpunkte 
ausersehen,  wie  dies  ein  Mandat  des  polnischen  Prinzen  Kasimir 
(1471)  andeutet,'  der  von  Siros  aus  die  Verthetdigang  der  Stadt 
Zehen  anordnet.  Nichtsdestoweniger  muss  K.  Mathias  die  Ge> 
sinnung  der  Stadt  loyal  befunden  haben,*  da  er  in  der  Urkunde 
vom  3.  Octoher  1472'  die  Freiheiten  der  Zebener  als  solche 
besttttigty  die  denen  von  Kaschan  und  Ofen  gleichkämen. 

Aus  dem  Htadtbuche  erfahren  wir  nun,  dass  bald  darauf 
(1474)  Zeben  mit  einem  Palissadenzaune  und  Gräben  versehen, 
also  neu  befestigt  wurde.*  Doeli  müssen  wir  dies  nur  als  An- 
ßluge  einer  VV'ehrhaftmailmiitc  ansehen,  da  eine  folgende  Notiz 
darin  das  Jahr  1482  als  solchem  bezeichnet,  in  welcljeni  die 
Pest  wUthete,^  und  am  Ta^^e  Johannes  des  Täufers  {'J4.  Juni) 
die  Befestig ui)«,'^('n  iliren  Abschluss  fanden.  Auch  darf  man  da 
wohl  auch  nur  an  provisorische  Fortifieationen  denken,  da  eine 
Urkunde,  der  Befehl  K.  Mathias',  1485,  Juli,  aus  dem  Lager 
vor  Wien,^  die  Anweisung  von  100  Goldguiden  auf  vier  Jahre 
zur  Vollendung  der  Stadtmauern  von  Zeben  enthält 


*  In  der  Rubrik  ^Incendia  civitatis'  heisst  es  1461:  ,pu»t  vi« it.  Maria« 
feria  tertU  corabastom  foit  Cibiniam  totaliter.*  Su  oben  8.  477,  A.  3. 

*  Wagner,  Diplom.  Sin».,  p.  186^187. 

*  Ebenda,  p.  187-188. 

*  Liber  ann.:  ,baec  civitu  robonta  est  et  eiieamdata  eom  M|»e  et  IbMlii.* 

*  peste  maxima  vi^ente. 

«  Wagner,  Diplom.  Siros.,  p. 


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479 


Seit  dem  Jahre  1481  bestand  die  ,windischc'  Kirche  für 
die  slawischen  Miteinwohner  von  Zeben  ^  and  ein  Stadtbad,  wie 
dies  eine  Notiz  im  Stixdtbache  zum  Jahre  1482  verbüi^gt.' 

Der  Tod  des  Corvinen  und  der  Throzistreit^  der  nun  ent- 
brannte, bescheerte  den  Zebenern  sobwere  Tage.  Die  Partei 
des  Jagellonen  Albert  nOthigte  aueb  die  Zebener  zur  unfrei- 
willigen Parteinabme  gegen  dessen  Bruder  Wladislaw^  den 
WaUkOnig  der  Mehrheit.  Doeh  gewfthrte  schliesslich  dessen 
Feldbauptmann,  Palatin  Stefan  Zdpolja,  den  Zebenern  im  Namen 
Wladislaws  Verseibung  für  ihre  Parteigängerscbaft' 

lieber  diese  Vorftüle  schweigt  das  Stadtbueb.  Seine  mage- 
ren Au&eichnungen  sum  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  machen 
uns  nur  mit  dem  Baue  der  St.  Martinskapelle  und  der  Kirche 
zu  Ehren  Johannes  des  Täufers  bekannt.  Die  Wölbungen  des 
Chors  der  St.  Martinskapelle  führte  Meister  Nikhis  Kromp- 
holz  von  Kascliau  au^  und  erhielt  122  Gulden  au^hezahlt.* 
Die  Einzclausla<;('n  bctnifjen  250  Gulden.  Eine  Monstranz  wurde 
um  den  Preis  von  40  (iül<U^n  vom  Meister  Paul  aus  Leut- 
schau  vergoldet.  1518  wurde  die  Wölbung  der  Johanußs- 
kirche,  und  zwar  der  vier  rückseitigen  Kapellen,  vom  Meister 
Hanns  aus  Eperies  vollendet.^  Man  hatte  als  KostensuuiiiiQ 
1 175  Gulden  vereinbart.  1519  findet  sich  der  Bau  der  Stadt» 
schule  erwilhnt  * 

Mit  diesen  Notizen  nähern  wir  uns  einem  neuen,  be- 
deutungsvollen Zeiträume,  dem  der  Verbreitung  des  neuen 
Glaubens  in  Oberungam. 

Um  diese  Zeit  fand  auch  ein  drückender  Ausnabms- 
zustand  Zebens  sein  Ende,  die  VerpfHndung  der  Stadt  an  den 
Magnaten  Emerioh  Pertoji,  Erb-Obeigespaa  von  Abaujvir 


'  Uuter  der  Babrik  Jloceadia  dvitatis':  1491  BrectAm  est  fiUvonim 

teniplnm. 

'  Halneum  autetn  anno  hinc  proximc  pr(»t<'rito  est  erertutn  et  conipletnm. 

"  W.igner,  Diplom.  S<4roH.  1492,  6.  Jäuner,  aus  dem  Lager  vou  Eperiea, 

p.  193—194.  Vgl.  oben  S.  4öÖ. 

*  Lther  ann.  zum  Jahre  1603. 

*  Liber  ann.  151H  in  die  S.  .Tnhaimis  E.  tiutta  mt  testitiitl.»  ecrlesiaa 
S.  Johanuis  B.  ad  quatuor  capeUas  posteriores  per  Mag.  JoLauuem  de 
Epperiea. 

'  Scoia  lapidea  editicata. 


480 


(Beit  1506)/  indem  die  Regentschaft  K.  Ludwig  II.  die  Wieder- 
einlOaang  (1518)  bewirkte.* 

Die  Lehre  Luthers,  der  ^dentsehe  Glaube',  fand  bald  Ein- 
gang in  Zeben,  gewiss  schon  TOr  dem  grossen  Verhlngmsse 
bei  MohAcs.*  In  den  drangvollen  Tagen  Tor  der  blutigen  Eot- 
scheidnng,  als  die  lotsten  Yersnche  geschahen,  die  drohende 
Gefahr  an  beschworen,  mnssten  anch  die  Zebener  die  Kosten 
des  Eriegsaofgebotes  tragen  helfen.  Sie  aahlten  140  Gulden 
in  altem  (420  GKdden  in  neuem)  Gelde  und  stellten  10  Mann 
Söldner.^  Auch  nach  der  Mobäcser  Schlacht  mussten  sie  sdch 
zu  weiteren  Opfern  herbeilassen  und  20  Söldner  ausrüsten.^ 

Nachdem  die  Wahl  Zäpolyus  erfolgt  war,  entschlossen 
sie  sich  wohl,  Geschenke  nach  Gran  einzusenden,  allein  die 
Huldigung  leisteten  sie  nicht,  wie  der  Leutschauer  Chronist  Sper- 
fogel  erwähnt.*  Das  Kundschreiben  Zapolyas  vom  24.  August 
1527/  worin  auch  die  Zebener  die  Ermahnung"  zur  Treue 
empfingen  und  gewarnt  wurden,  die  Zuschriften  Ferdinands  an- 
zunehmen, hatte  doch  keineswegs  die  Partetsteilung  der  Zehe* 
ner  zu  seinen  Gunsten  gelenkt. 

Die  Säroscher  Deutschstädte  Eperies,  Bartfeld  und  Zeben 
hielten  mit  Kaschau  und  Leutschau  zur  Fahne  K.  Ferdinands, 
and  dieser  unterlicss  es  daher  auch  nicht,  in  seinem  Send- 
schreiben Tom  16.  Februar  1528*  die  Zebener  in  ihrer  Treue 
zu  bestärken  und  ihre  Befürchtungen  zu  beschwichtigen.  Leider 
sollten  diese  Recht  behalten,  denn  die  Schlacht  hei  Silrospstsk 
Tom  26.  September  1528  entschied  das  Uebergewieht  der  ZApo- 
Ijaner  in  Ostungam.  Die  Zeiten  worden  immer  schwerer,  der 
Parteikrieg  Terbissener.  So  hatten  beispielsweise  1532  die  Zebe- 
ner von  Hieronymns  Lasaki  Mancherlei  an  erdulden.*  Umso* 
mehr  Anspruch  hatte  daher  die  Stadt  auf  Anerkennung  ihrer 
Ansdaner  in  ihrer  Parteistellung,  wie  dies  auch  E.  Ferdinand  I. 

*  Wagner,  Diplom.  Siros.,  p.  195,  34.  Juni  d.  flfnhlTTfiiiioiibmy 

"  Ebenda,  p.  196  (13.  December.  Ofen). 

*  Doch  kam  es  erst  splUer  zur  eigentlichen  Froteatantiäirung  Zeben«. 

*  SperfogeTi  LentMdmmr  Cliroiük;  W«gner»  Anal.  Scepoaü  p. 
Vgl.  Wagner,  Diplom.  SinM.»  p.  199. 

*  Spsrfogel»  a.  A.  O.,  p.  147. 

*  Wagner,  II,  p.  148. 

»  Ebenda,  p.  200-201  (datirt  von  Erlau). 
"  Ebenda,  p.  2ül  — 2U'2  (datirt  von  Gran) 

'  Leibitser's  Chronik  bei  Wagner,  AnaL  äcepusii  U,  p.  61. 


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481 


in  seiner  Gnadenurkimde  vom  Jahre  1533  betliatifite,  indem  er 
den  Zebenern  das  Recht  der  bevorzugten  Städte,  mit  rothem 
Wachs  zn  siegeln,  veHioh.* 

Immer  enger  t^cstaltetc  sich  zufolge  der  gumemsamen 
Notlilage  und  der  Glaubensverwandtsehaft  der  Vorl)«*ind  der 
,Fünfstiidte',  derPeutapolis  des  ostungarischen  Berglandes.  Schwer 
traf  daher  auch  die  Zebener  die  Nachrieht,  am  Barbaratage 
(4.  December)  1536  sei  Kaschau  durch  Verralh  den  Zäpolya- 
nem  in  die  Hände  gespielt  worden.  Dieses  Pireigniss  Andet 
sich  daher  auch  in  den  Jahrbüchern  von  Zeben  eingeschrieben. 
So  schlössen  sich  denn  bald  (anfangs  December  1636)  die  vier 
Städte  Leutschau,  Eperies^  Bartfeld  und  Zeben  aneinander.* 
Letstgenannte  Stadt  hatte  nunmehr  vor  den  ZApoIyanem  doppelt 
auf  der  Hut  za  sein.  Besonders  läst^  gestalteten  sich  die 
Feindseligkttten  von  der  Burg  Säiros  aus,  daher  ihre  Erobe- 
rung durch  die  Anhänger  Ferdinands  am  21.  September  1537 
den  Zebenern  sehr  willkommen  war. 

Aber  die  Ungunst  der  Zeiten  sollte  auch  der  Grosswardei- 
ner Geheimfriede  (1538)  nicht  bessern;  nach  dem  Tode  ZApo- 
lya's  (K.  Johanns)  trat  der  Parteikrieg  in  eine  neue  Phase,  und 
Ferdinands  Machtmittel  waren  dem  Kampfe  wider  den  Anhang 
Johann  Sigmund  Ztlpolya's  und  die  Türken  nicht  gewachsen. 
Aus  diesen  drangvollen  Tagen  stammt  der  Trostbrief  des  Ver- 
trauensmannes Ferdinands,  des  Zipser  Propstes  und  Tiiular- 
bischofs  von  Fünfkirchen,  Stanislaus  Varallyi  (1546,  16.  Fe- 
bruar), an  die  Epcrieser  und  Zebener  Bürgerschaft.' 

Doch  müssen  wir  auch  einen  Blick  auf  die  eonfessionellen 
Verhältnis^!  Zcbens  werfen.  Längst  schon  hatte  sicii  in  di«  x(  a 
Gegenden  der  Protestantismus  entwickelt  und  namentlich  aniiart- 
feld  und  dessen  Kefonnator  Leonhard  Stiiekl  einen  besonderen 
Halt  gefunden.  Unter  seiner  Führung  wurde  auch  das  Glaubens- 
bekenntniss  der  Fünfstädte  —  die  Confcssio  pentapolitana  — 
(1549)  yereinbart  und  dem  Könige  Ferdinand  unterbreitet. 


*  Waipnar,  Diplom.  SAtm.»  p.  SOS— S04  (Charwoche). 

*  Sperfogel's  Chronik,  a.  a.  O.,  p.  185. 

*  Diplom.  SAros.,  p.  Wi*-  .  .  .  ,j»ro  xenio,  qnod  niisere,  gratiam  lial>eiiius  (be- 
lieht flieh  anf  die  ihm  vou  den  Eporiosern  zugeschickte  Gratiüciition), 
tanquam  fratrtbus  nobi«  apprime  dilecti«.  Immo  vet  pro  ipso  bono 
suuno,  quo  domioatimies  vwlnw  «rga  um  mn%,  intendemaa  jNuem  giir 
tbuB  onul  gimtttadine  ac  atndio  ipais  rafarrA.* 


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482 


Auch  Zeben  hatte  mit  den  Glaubensgenossen  in  DeolBch- 
Umd  stetige  Fühhmg;  1554  yeraeichiiet  die  Wittenberger  üni- 
versitÄtsmatrlkcl  zwei  Zebener  Bürgersöhne,  Paul  Kroener 
and  Anton  Plattner,  welche  asu  den  Füssen  Melanchthon's 
Sassen.^  Im  Juli  1560  war  Zeben  der  Versammlungsort  (Synode) 
der  Glaubensgenossen  aus  den  fUnf  Städten,  und  solche  Tfaat- 
Sache  wiederholte  sich  den  15.  April  1563,  den  95.  April  1564^ 
den  11.  Februar  1579  und  den  9.  Blürs  1599.* 

Inawischen  hatten  die  Geschicke  Ungarns  bedeutsam  ge- 
wechselt K.  Ferdinands  Regienmgsselty  in  welche  (1546)  der 
im  Stadtbuch  verzeichnete  Ankauf  des  Adelsgutes  Orknta 
seitens  der  Zebener  ftttt,*  der  Befehl  des  E9nigs  vom  33.  April 
1566  gehOrty  wonach  die  Zebener  den  abgebrannten  Kaschaueni 
mit  Zufuhr  aushelfen  sollten,  und  an  deren  Abschlnss  die  Bot- 
schaft zweier  Abgesandten  Zebens  zum  Wahl-  und  KrOnungs- 
tage  des  Kaisersohnes  Maximilian  II.  (1563,  6.  Juni)^  grenzt, 
wird  von  den  Herrschertagen  des  Letztgenannten  abgelöst,  ohne 
dass  sicli  die  allgemeine  Sachlage  bessert.  Es  verschärfen  sich 
die  Parteikämpfe  in  Ostungarn,  alhvo  Lazarus  Schwendi  und 
dann  Rueber  von  Pixendorf,  die  beiden  protestantischen  Feld- 
hauptleute Maximilians,  ihr  wechöeludes  Kriegslager  aufsehlatrcn. 

Aber  auch  der  rürkniknefr  zieht  die  Zebener  in  Mitlri-len- 
sehafl.  Schon  in  dem  Kundschreiben  des  neuen  Herrsehers, 
das  den  Tod  seines  kaiserlichen  Vaters  anzeigt  (L).  Juli  15t>4),* 
wird  die  Stadt  zur  Aufgebotsleistung  gt^gcn  den  Erbfeind  vf^r- 
halten.  Bald  darauf  sollen  die  Zebener  zur  Wiederherstellung 
der  Burg  Säros  beitragen*  und  zur  Eroberung  der  feindlichen 
Vesten  Szadvir  und  Monkics  Söldner  und  Geld  beschaffeA 
helfen  (1566). 


*  SevAas  Uagyar  tanuMk  Wittanbeigben  MelaaditlKni  halaUi^.  TWL 
tir.,  6.  Bd.  1869,  p.«)6ff. 

*  Die  ZaMmmenatellniig  dieMr  Synoden  bei  Korabinvsky,  G«ogr.-UiL 

und  Productonlexikon  von  Ung-nrn  (1786),  p.  850. 
'  Lilicr  ann.,  z«m  Jahru  154(".,  29.  Juli.    Es  war  der  Edelmaim  Lnbtckj« 

welcher  Orkuta  verkaufte,  und  zwar  um  11*J0  CJulden. 

*  Kovacbicii,  bcri[)t.  minorefi  rcr.  lumg.  I,  p.  137  1".:  .Coronntin  regi* 
Maxiiniliani'  1563.  (Bericht  des  (iabriel  Zent^yfJrg-y,  socrot.  i  lioina»  Jiä- 
dasdi.)  Zebens  Abgeordnete  waruu:  Andreas  Braun  und  Matli.  Laniat. 

*  Wagner,  Diplom.  Siro«.,  p.  S07— 

*  10.  November  1564.  Ebenda»  p.  89»90. 


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483 


Dann  folgt  die  lange,  aber  nnaellge  Begienmgsepoche 

Rudolf  II.  und  verdüstert  sich  immer  mehr,  je  nilher  wir  dem 
Wechsel  der  Jahrhunderte  kommen.  Der  Türkenkrieg  ver- 
schlimmert sich/  und  der  unerwartete  Schlag,  die  Niederlage 
der  Kaiserlichen  bei  Mezö  Keresztcs  (26.  October  1596)  und  ihre 
naturgemässe  Folge,  der  Fall  Erlaus,  entscheiden  das  Ueber- 
gewicht  der  Osmanen.  So  schliesst  das  16.  Jahrhundert,  das, 
wie  die  Jahrbücher  Zebens  kurz  anmerken,  1668,  den  4.  Sep- 
tember, eine  Ueberschwemmung  der  Vorstädte  durch  den  Hoch- 
stand  des  Tharosaflnsses  und  1591  der  Sttdseite  des  Stadt^ 
platzes  eine  vernichtende  Feuersbmnst  bescheerte. 

Mit  dem  17.  Jahrhundert  gewinnt  für  uns  das  Vermerk- 
buch  des  ehrsamen  Zebener  Blligers  Valentin  Böntsch'  die 
Bedeutung  ^ner  Stadtchronik,  welche  in  willkommener  Weise 
die  spärlichen  Aufzeichnungen  im  ,Liber  ahnalium'  ergänzt. 

Das  Jahr  1662  bildet  die  Schlussgrenze  seiner  gutgemein- 
ten Emtragungen,  welche  meist  in  der  Kurze  von  kaleiider- 
artigeu  Jsotizen  gehalten  sind.  Ueber  ihn  selbst  erfahiea  wir 
nichts.  Dass  er  dem  Glauben  seiner  Mitbürger^  dem  prote- 
stantischen,  anhing,  erweist  die  Einzeichnung  zum  Jahre  1662, 
oder,  riehtiger  gesagt,  eine  gelegentliehe  Wiedergabe  lateinischer 
Gedeukverse,  die  dem  protestantischen  Ungarn  damals  gelilufig 
sein  mochten  und  dem  Kriegsplane  der  ,Jesuiter'  und  jPapisten' 
den  ^besseren  Kath^  der  Lutlicrfreuudc  gegenüberstellen.  Da 
diese  Verse  lateinisch  sind,  so  darf  man  voraussetzen,  dass 
unserem  Böntsch  die  hdhere  Schulung  nicht  fehlte: 

VersvB  a  Jesuitis. 

Qua  vatione  qneat  Qemania  tuta  tnoA 
Aeeipe  eonaalituiii  lector  amiee,  meam. 

Vtere  iure  tno  Cbeasr,  Mrvosqne  Lutheri 
Ense,  rota,  ponto,  igne,  neea. 

Kcspousiiin  opjiositum. 

Si  vis  et*8c  diu  prorinana  monarchia  toeLix: 
YCere  coumlio,  patria  chara,  meo: 

*  1693,  19.  8eptBmber,  Wien.  Enhenof  Matliüui*  Aufgebot  an  dis  Zebe- 
ner  (Wn^aor,  IHpIoou  Slioa.,  p.  209}  aiit  W«iaiiligeii,  da«s  die  Stadt 
mit  All>  m  TW  vAmor^en,  ihi«  Befestigung  wusabestern  und  die  Bttrger- 

welir  zu  muBtcni  «ei. 

*  BudApester  Museaibibliothek,  Mscr.  Germ  ,  12",  Kr.  33  (Sigmruog  sor 
Zeit,  aU  ich  es  —  1^68  —  benutzte). 


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484 


Christi  Evangellmn  tittarc,  tubamqae  LnÜieri 
C^Mtei«  «onnti  enncte  reliqne  Deo. 

An  dicsf!  Gedenk versu  schliessen  sich  allerhand  jGoheim- 
mittel',  welche  uns  im  16.  und  17.  Jaliilumdert  gar  so  häafig 
verbucht  begegnen  und  gewissermasöen  den  eisernen  Vorrath 
des  hausväterlicheu  Sjiiritismus  jener  Zeiteo  darstellen.  Die 
Arcana  fliegen  das  Fieber,  die  untei-schiedliclien  Salben  und 
Speeifica  für  allerhand  Pferdekrankheiten  sind  allerdings  Sachen 
der  Volksmedicin,  die  weder  etwas  mit  der  ^Sympathie*,  noch 
mit  der  ,Mag^e'  zu  thun  haben;  dann  aber  folgt  eine  Reih"* 
eigentlicher  Gehcimmittel,  die  ,Geierzunge'  als  Arcanum,  ^dass 
dir  deine  Feinde  hold  werden',  der  Ouss  sicher  treffender 
Kugeln,  Abwehr  gegen  Zauber  und  bdse  Geister,  Bannung  des 
Unfiriedens  im  Hauae,  Versicherung  gegen  Brand,  ,Nader>Paii> 
neu'  —  eine  Art  von  Schlangenbeschwörung;  ,was  man  an- 
stellen muss,  um  Allen  zu  gefallen'.  Kabbalistisches  wider  den 
Diebstahl,  ein  Geheinunittel  wider  das  Abgeworfenwerden  Tom 
Pferde,  die  Sache  nach  dem  aanberkrttftigen  ^Krottenstein'  ii.A. 
Da  und  dort  mischt  sich  Latein  mit  dem  deutschen  Wort 

BOntsch  hat  nicht  blos  EirlebteB,  Zeitgenössisches  in  seine 
Aufiseichnwigeny  welche  kunterbunt  durcheinander  laufen^  ein- 
gestelll^  er  merkt  auch  Ereignisse  an^  welche  bis  ins  15.  Jahr- 
hundert aurttcki^ren*  So  gedenkt  er  des  Zebener  Brandes 
von  1461|  des  Baues  der  ^windischen'  Kirche  Tom  Jahre  148t, 
Thatsaohen,  die  wir  bereits  keimen  und  im  Stadtbuch  Te^ 
zeichnet  fanden.  1494  wird  mit  der  Bemerkung,  dass  die  An- 
kunft ,dreier  Könige  auf  einmal  stattfand,  versehen.  Es  be- 
zieht sich  dies  offenbar  auf  die  Zusammenkunft  K.  Wladislaws 
von  Böhmen -Un^^ani  mit  seinen  Brüdern,  K.  Joliiiiin  Albert  von 
Poleu,^  Sigisnmn<l  und  Alexander,  zu  Leutsciiau  ^10.  März 
1494).  Der  ausfiihrliehe  Berieht  des  zeitgenössischen  Chronisten 
Bonfin  gedenkt  der  Heise  Wladislaws  über  Eperies,  Zeben 
und  Burg  Säros  in  die  Zips  zum  Empfange  der  Brüder.* 

Dem  16.  Jahrhundert  gehört  die  Notiz  zum  Jahre  \:A9 
Uber  die  Eingabe  des  Glaubensbekenntnisses  der  fünf  Städte 


Die  Angabe,  d.isa  ea  drei  Kfinige  w.nrcn,  kfJnnte  nur  gulten,  wenn 
Wladislaw  in  seiitor  Doppelei|peiiachaft  &U  KOnig  B{(hmen«  uod  Unganif 
in  Rechnung  kommt 

Bonfin,  Rer.  Huug.  Dec.  V,  1.  IV,  iu  der  Ausgabe  de»  äambuciu. 


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485 


^(Joofessio  Pentapolitana)  an,  die  schon  weiter  oben  erwähnt 
wurde.     1566  berichtet  im^cr  Gewälirsmann  des  Vordringens 
der  Türken  bis  Kaschau.^    Die  Daten  aus  den  kSchhissjahren 
mögen  immerhin  mit  .Tugcnderinnerungen  unseres  Böntsch  zu- 
sammenhängen, 80  158G  die  Erbauung  des  Stadtthurmes^  1588 
die  Belagerung  und  Einnabme  von  Lublaa  in  der  polnischen 
Zips  durch  die  Ungarn,  ein  Ereigniss  von  Torlibeigehender 
Bedeatnng,  zur  Zeit  des  polnischen  Thronkrieges  Erzherzog 
Maximilian  III.  Zum  gleichen  Jahre  heisst  es:  ,Ist  die  Schlacht 
▼nter  Six  (!)  gehalten  worden,  so  haben  die  Ünsem  die  Schlacht 
gewonnen/  und  1592:  ,Ist  der  Tttrkh  bis  zur  steinernen  Brucken 
kommen  zu  Kaschaw/  Die  obige  iSotiz  über  die  Tttrkenschlacbt 
findet  sich  noch  einmal,  deutlicher  imd  genauer,  aufgenommen 
und  die  Oertlichkeit  mit  Szikszo  bezeichnet;  1300  Ungarn  hatten 
es  da  mit  mehr  als  13.000  Türken  zu  thuu.  Auch  die  Feuers- 
brunst  vom  Jahre  1591,  wobei  die  halbe  Häuserreihe  am  Platze 
ein  Raub  der  Flammen  wurde,  fehlt  nicht.' 

BOntsch  erwfthnt  der  Pestsenche  in  Zehen  zom  Jahre  1600. 
Genaueres  bieten  die  ,AnnaleB  civitatis'.  Es  ereignete  sich  dieses 
Sterben  im  Monat  Jnni  znnllchst  nnd  wahrte  bis  zum  October. 
An  800  Menschen  raffte  die  Seuche  dahin.  Voran  ging  empfind- 
liehe  Theuerung,  so  dass  ein  Scheffel  Weizen  8,  ein  Scheffel 
Gerste      und  das  gleiche  Mass  Hafer  4  dulden  kosteten. 

Das  Stadtbuch  verzeichnet  dann  zum  Jahre  1()01,  25.  Juli, 
die  Enthauptung  des  Bürgers  Miche)  Heinrich  wegen  des  Ver- 
brechens der  Blutschande  in  Gesellschaft  der  schwangeren  Ge- 
nossin seines  Verbrechens.' 

Das  ereignissTolle  Jahr  1604,  in  welchem  Bocskay's  Schild- 
erhebnng  die  grosse  Krise  Ungarns  herbeiführt,  beschMlkigte 
auch  lebhaft  die  Zeitgenossen  In  unserer  kleinen  Stadl  Einen 


*  ,1566.  Der  Tator  (Tartareii  als  türkische  Streifschaaren)  ist  hin  an  die 
»teinorue  Bruck  zur  Kaschaw  kommen.*  Es  w&r  wohl  nur  ein  Beutezug 
in  die  Umg^bunp^  der  Festungsstadt, 

*  Auch  der  ,Liber  annalium'  verzeiclmet  bedeutname  Zeitereiguisse ,  so 
1598,  29.  Mär?,  die  Eroberung  Raabs  durch  Sehwanenbeig  im  damaligen 
TOrkeakfiege,  oder  I5M»  96.  Oolober,  die  Niederlage  de>  kaiaerlicheii 
HeeM«  TOT  Brian  (  .  .  .  ,pene  vietvr  Tietiui  eat*). 

*  yAnno  1601,  26.  lolii,  proxim««  aaaewer  Indioia  Dominl  Ciir.  Bntnail 
Ifiobael  Heinridi  pvopter  iaeealom  cum  pririgna  commissum  publica  ad 
ftatuam  oapite  tmneatar  est  naa  com  dtcta  ptiTigoa  Uieela  giaTida.* 


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486 


Vorboten  des  kommenden  Unheils,  die  Wegnahme  der  Kaschauer 
Hauptkirche  durch  die  kaiserlichen  Comminftre  (1604,  6.  Jin- 
ner),  yeneichnet  fiöntech  ak  Protestaut  mit  schwerem  Henen. 
Das  Stadtbnch  spricht  tarn  26.  August  1604  von  einer  Vinoo, 
die  auf  schlimme  Eriegazeiteu  und  einen  neuen  ^beUenkOnig' 
gedeutet  wurde.^ 

Die  charakteristische  HSrslÜilungy  welche  die  Ueberschrift 
iVisio  in  Tihisco  ad  Beregaaa'  fUhrt,  entspricht  so  gana  einer 
politisch  aufgeregten  Zeit,  welche  sich  in  BeAlrchtungen,  Hoff- 
nungen, abenteuerliehen  Gedanken  und  —  nachfaUgiichen  — 
Weissagungen  erging.  Zn  diesen  mochte  anch  das  ^Gesicht  an 
der  Theisfi  bei  Beregszäsz'  trotz  des  Datums  (16.  August),  also 
lange  vor  dem  ersten  Siege  Bocskay's  bei  Diöszeg  (14.  October) 
Uber  den  kai^erlii  licn  Feldhauptmanu  Barbiano  de  Belg^iojoso, 
zählen.  Der  ,aufst?iii(lis(.'lR''  oder  .Rebellen*- KönifTT  und  sein  ,ge- 
treuester  HelfershelfVr'  ersclH-inen  (Inmi  als  Boeskay  und  Valen- 
tin Druireth  von  Homonnu  verkörpert.  Die  Vereinigung  des 
vom  1  lirkeu  zerrissenen  Ungarn  unter  dem  neuen  Könige  war 
als  Wunsch  in  den  Kreisen  des  Aufstundes  gewiss  verbreitet, 
aber  verwirklichte  sich  nicht. 

Dir  Aufzeichnungen  Böntsch's  enthalten  ein  Nachspiel  der 
Vor<;üng:e  in  Kaschau  vom  Spätherbst  1604.*  Er  schreibt: 
,1004,  den  7.  November,  haben  die  Deutschen  mißen  ihre 


*  Die  au8naIiiiMw«jie  aoiRIlurlicbe  Eintragung  im  »lab«r  aonalinm'  Untat 

wörtlich:  ,AnTin  ir>04,  die  16.  Augusti  nd  oppirinm  ReregTsaz  (Kere{r"'2i8« 
im  Bercgher  ('"nnt.ite)  <lip  serftio  et  anuMio,  diM  Hiis.'yiri  rubris  .imicti 
vestibus,  quorum  uiius  rubrum  vüxilluiu  et  curuitam  iii  capit«,  in  qa& 
cmx  «tabat,  habobat,  presentibus  plus  quam  400  bominibua  mnltotiM 
per  TibiMaiD  hne  stqne  illae  oeleiiter  tranaradere  cou^pecti  mik  IdqM 
aliqnotiee  facti tante*  tMiden  evaaaeninl  Hnngart  visionem  iaian 
ita  interpretati  auiit  In  TibUei  rdg^ioiiibuB  fato  et  praesagio 
Domini  novus  rex  seditiosns  cum  complice  sao  fidissimo 
brevi  consurpct,  prn.sporab  i liter  cuniqne  applansa  vnigi 
pngnans  utraiiKiue  ripain  Tibisci  occup.'ibit.  Kex  erit  terri- 
bilis,    impigur    et    i udeteasus,    qui    Kegnum    Uuugariae  a 

T{vrcia)  diviaum  mnlto  «angvine  redigel  in  mmni.* 

*  Yefgleidio  darILbar  axumr  i«m  «aUgeiiOaiiaefaea  Berichte  bei  OrteU««: 
(ChxoBologiB  oder  UitsriMlie  Boeehreihniig  aller  KricgienpSmiig'  .  , . 

(t607),  der  Chronik  de«  Pethö-Spangir,  Katona,  Hint,  crit.  ITung., 
XXVllI.  Bd.,  zum  Jahre  160-t,  den  iutore.ssantpn,  «{uellentnä.ssijroii  Auf- 
BÄtz  von  O,  Kfimniel:  ,Au.s  der  Türken-  und  Jesuit^nzoit  oiuer  deattcb* 
ongariacbeo  ötadt'  (Kaschau)  in  den  ,Greaxbotea'  1879,  Kr.  6. 


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487 


Büchsen  und  gewer  ya  auch  von  Gold  und  Silber  zu  Zöben 
l&fien  ttnd  hcmachcr  aii£a  Zerwenitzer  Hattert  und  sie  nieder^ 
gehawen  worden.^  Die  etwas  unklare  £intragaiig  bezieht  sieh 
auf  die  mmiittelbaren  Folgen  der  Besetsung  Kaschaiu  durch 
Bocskaj  (31.  October).  Die  deutsche  Besatzang  erhielt  capitu* 
lationsmOssig  freien  Abzug.  Als  jedoch  das  Söldnerfilhnlein  mit 
12  Gepttckswagen  (1.  Kovember)  von  Kaschau  unter  Bedeckung 
eines  Reitertrupps  der  Bocskayaner  den  Weg  nach  Polen  durch 
das  SAroscher  Gomitat  einschlug,  wurden  die  Ahnungslosen  in 
der  Nähe  von  Zehen  Ton  der  Bedeckungsmannschaft  über- 
fallen, ausgeplündert  und  zum  TheÜe  niedergehauen,  zum  Theile 
gefangen  gesetzt.  So  lautet  der  liericht  des  dabei  in  Mitleiden- 
schaft *;ezogencn  k.  Mustermebters  Erich  Lassota.  liüutscli, 
dessen  Aufzeichnuiif;  bei  aller  Sprcxligkeit  der  Worte  das  Ge- 
prüge  tler  Gt'iiaui^^keit  verräth,  ergänzt  diesen  Berieht  weaent- 
lich.  Ihm  ziilul^e  mu88  in  Zeben  gerastet  worden  sein.  Hier 
kam  es  auch  zur  Entwart'nuu^  und  Au^pUindcrl^ln;■  der  deut- 
schen Söldner;  dann  ebcortirte  man  sie  weiter,  und  auf  dem 
jZerwenitzer  Hattert'  wurden  sie  niederf^ehauen.* 

Das  nächste  Jahr  (ir)05)  führte  die  Anhängei*8chaft  Bocs- 
kay'a  vor  Zeben.  Da  die  Bürjn^erseliaft  die  Uebergabe  der  Stadt 
verweigerte,  so  steckten  die  Gegner  die  Vorstädte  in  Brand  und 
verwandelten  sie  sammt  den  Mühlen  in  Asche.  Auch  die  Stadt 
befand  sich  in  der  grössten  Gefahr,  und  nur  die  Wachsamkeit 
der  Frauen  vorhinderte  d;is  Schlimmste.  Dartiber  berichtet  das 
ätadtbuch  austührlicb.*  Bontst  h  spricht  nur  kurz  von  dem  An- 
griffe der  Hajduken  und  dem  Versuche  der  Brandlegung. 

Aus  der  nächsten  Zeit  wissen  wir,  dass  1613  (18.  Juni) 
und  1618  (30.  October)  Synoden  der  glaubensverwandt^  fünf 
Städte  in  Zeben  abgehalten  wurden.  Ihrer  gedenkt  weder  das 
Stadtbuch  noch  Böntsch.  Dafür  verzeichnet  ersteres  den  Tod 
E.  Rudolf  n.  (21.  Jänner  1612)  mit  der  Angabe  eines  drei- 
tägigen Unwettera'  zur  Zeit  der  kirchlichen  Leichenfeier,  wie 


^  Wir  finden  anderorta  die  G«gend  Kwisoheo  Uäthin  (Siabfinliuden)  and 

Pics<-Uj£ala  beseidmet. 

«  Liber  ann.  1605,  10.  April.  ,.  .  .  P.  Sef^ie  ot  DeseOffj  deditiooMii  civi- 

tjitis  huiu8  uomino  prineipis  Botskay  ur.seriint  .  .  .* 

•  Liber  aim.    ,ut  tectum  tonipli  niaiori.s  moenia  et  alia  editieia  Tiolata 
fuerint.   Bioiilem  tempostatem  riri  septnageuarii  non  memiuerint/ 


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488 


man  es  seit  Langem  nieht  erlebt  hätte.  Böntsch  (aaat  sich 
kOner.^ 

Der  Epoche  Gabriel  Bethlen's  gehört  eine  Beflie  tod  Notizen 
in  den  Au&eichnungen  Valentin  Böntsch's  an^  Be  zunflchat  der 
Niederlage^  welche  der  Gegner  Bethlen'B,  Homoimayy  mit  aeiiuB 
6000  ,Eo8ak^'  vor  Zehen  (1619)  erlitt  Dann  wird  (1621, 
23.  Angoat)  des  greulichen  Unwettern  nnd  der  filrefateriichen 
Waasemoih  gedacht  ab  Heimanchungen  Gottes.'  Auch  das 
Stadtbach  enthält  die  Angabe,  dass  der  23.  August  des  Jahres 
1621  eine  Ueberschwemmung  Zebens  durch  den  Thareaafloas 
bescheertey  und  spricht  an  anderer  Stelle  Ton  1621 — 1622  ab 
Hunger-  imd  Pee^ahren. 

Böntsch  Terzeichnet  zum  Jahre  1622  die  Thatsaehe,  dass 
,25  zechmiUäige  Personen  die  heilige  Krune  bis  TreiiUichia  be- 
gleite ten^* 

gedenkt  er  des  feierlichen  ]]iaptanges,  den  (27.  Fe- 
bruar) die  Zebener  Bürger  der  Braut  Gabriel  Bethlen's,  Katha- 
rina von  Brandenburg,  auf  ihrer  Reise  nach  Kaschau  Ix  r.  iteten.* 
Dana  U'efl'en  wir  auf  oiue  Reilie  von  Daten  der  Epoche 
( Irorg  Raköczy's  I.  (IGäO — 1648\  die  uns  Böntsch  liefert,  ohne 
dass  sie  mit  Zeben  in  Verbindung  stehen.  Sie  beziehen  sich 
eben  auf  Vorkommnisse  von  aügenieiner  Bedeutung  oder  Be- 
gebenheiten in  der  Nachbarschaft.  So,  zum  Jahre  1633,  der 
Abschluss  des  Vertrages  zwischen  K.  Ferdinand  II.  und  Geoig 
Räköczy  in  Eperies,  1637  der  grosse  Brand  in  Kaschau  vom 
25.  Jänner,  welcher  200  Häuser  einäscherte,^  das  Erdbeben  in 
Siebenbürgen  vom  Ende  des  Januar  1637,  und  1643  (3.  Februar) 
die  Hochzeit  Georg  Käköozy's  des  Jüngeren  au  Wetasenbuig  mit 
Sofie  vom  Ecseder  Zweige  des  Hauses  Bithoiy. 

^  Er  spricht  nur  von  dem  ,LeichenbegängniM*  fUr  Kalter  Radolf  in  den 
FünfirtidtOD,  gibt  aber  dafür  den  Zeitpunkt  der  fizeqnieii  (S8.  Febnv) 
an. 

'  BOntschr  ,.  .  .  hIso  daß  man  p^onntzlicUe  diese  große  strafe  vor  ein 

Erdbeben  und  8chiekang  GoUes  erkeuul  habe.' 
'  16S1,  7.  NoTember,  wurde  beksaatlieh  der  NUmkbuiger  Friede  iwiMben 

Ferdinand  DL  nnd  Gabriel  Befhlen  abgeeehloMen.    Densnfolge  frnd 

anoh  die  AniUslanuig  der  «ngaiisehen  Beiehakrone  eeitene  Gabriel 

Bethlen's  an  K  Ferdinand  II.  statt. 
*  Die  Hochzeit  fand  zn  Kaschau,  1.  MSrz,  statt.    Die  fürstliche  Braut 

nalim  den  Weg  von  Zeben  nach  Eperie-s  und  von  hier  nach  Kaschau. 
'  Dieses  £<reiguiss  findet  sich  an  zwei  verschiedenen  iSteUeu  eingetragen. 


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489 


Zebener  V orfilUe  m  dieiem  Zeitraome  yereirigt  das  Stadt- 
buch,  80  die  UebenchwemmangBgefahr  toh  1621  (33.  August) 
nnd  1635  (25.  Mai  und  1.  Juni),  die  Feaenbniost  in  der  unteren 
Vorstadt  (1630,  3.  Mai),  den  MttUenbnmd  Tom  13.  Mai  1631 
und  die  sehr  geiUirliche  Fenersbronst  in  der  Stadt  selbst  am 
•  nftohsten  Tage  (14.  Mai). 

Die  Aufteieknungen  Vakatin  BOntsoh's  Air  die  Aera  RA- 
köcEj  n.  (1648^1660)  in  den  Schlussjahren  der  Regierung 
Ferdinand  HI.  und  an  der  Schwelle  des  Königthums  Leopold  1. 
haben  das  gleiche  Gepräge  wie  die  vorher  zusiuumengestullten. 

Die  Wiederbesetzung  Kuschaus  durch  i'alatin  Wessel^nyi 
nach  dem  Ableben  Georg  Räköczy  L  (18.  November  1648),  die 
Hochzeit  Sigmund  Räkoczys,  seines  jilngeren  Sohnes,  mit  Uim- 
riette  von  der  Pfalz  zu  SdroRpntak  ^^iööl),  das  frühe  Hinschei- 
den der  Neuvermählten  iiu  gleichen  Jahre  (10.  Decembcr),  der 
der  hotfiiungsvolle  Gatte  von  29  Jahren  sclion  wenige  Wochen 
spater  im  Tode  folgte  (1652,  4.  Februar),  sind  Ereignisse, 
welche  in  keinerlei  engerem  Bezüge  zu  der  Stadtgeschichte  von 
Zehen  stehen.  Dennoch  bietet  sich  ein  solcher  an  einer  ande^ 
ren  Stelle  des  Büchleins  unseres  Gewährsmannes.  Zum  22.  Juni 
(des  Jahres  1651,  das  Jahr  ist  ausgefallen)  stellt  Büntsch  die 
Weiterreise  der  Braut  Sigismund  EAköczy's  (,Fnedricb  Königes ^ 
Tochter  in  der  Pfalz')  nach  kurzer  Rast  in  Zeben. 

16Ö0  gedenkt  B()nt8ch  der  ^grossen  Octava  zu  Eperies', 
d.  i.  des  sogenannten  Octavalgerichtes  des  Palatins.'  Eine  der 
ausfllbrlichsten  Kotisen  findet  sieb  unter  dem  10.  October  des 
Jabres  1651  ab  Beitrag  zur  Tflrkennotb  Ungarns  trota  aller 
FriedensBchlttsse : 

,Hat  der  tttrkisebe  Blnlbund  ein  jttnuneriicbes  Scbreoken 
.^in  der  Obristenbeit  geftbt,  indem  er  bej  der  Nacht  bis  auf 
Zanto*  kommen  nnd  alldan  das  Dorf  Kdry^  mit  Fejr  ange- 
steckt, bey  die  500  dunsten  in  die  türkische  Dieostbarkeit  bin- 
getrieben  vndt  sonderlich  auß  dem  Saaroscber  Oomitat  ettficbe 
vornehme  Adeleyt  (Edelleute),  unter  welchen  auch  war  Petzy^ 
Gaspar  sambt  seiner  Frawen,  item  3  seiner  Diener.' 

*  Br  nteiat  den  SzkSnig  von  BOhmttn,  Friedridi  tod  der  Pfals. 

*  Bin  Mildiea  Oetavmlgwtcht  vooi  Ifal  1611,  dia  Pulatin  Thiifsd  in  EperiM 

abhielt,  erwähnt  B(fntsch  an  früherer  Stelle. 
■  Ssdnto,  Markt  im  Abaujvarer  ComitAto,  an  der  Qieiute  de«  ZampliiMr. 
«        bei  äduiid.       ^  Föcsj. 


490 


1653,  7.  Mftrs,  gibt  es  ein  groeees  Erdbeben  in  den  Berg- 
attldten.  Beaonden  sfark  venpOrte  man  es  in  Eascbwi,  aillwo 
die  Sehflnehi  von  den  Gestellen  kemnterfielen.  Der  7.  April 
des  gleichen  Jahres  enthalt  die  knrae  Angabe,  dass  Graf  ,Me- 
rodus'  ^  als  k.  CommiflSär  an  die  fünf  Sttdte  eniboten  wurde; 
1654  (32.  Jani)  folgte  ihm  Paul  PiOffj  ab  Palatin,  ,aber  erfolg- 
los'; es  galt  Versuche  einer  kaiholiseben  Restauration  in  den 
protestantischen  Deutschstftdten  Oberungarns.  Doch  blieben 
diese  in  abwehrender  Haltnng  und  suchten  im  engen  An> 
.Schlüsse  aneinander  die  eigene  Glaubenssache  aufrecht  zti  hal- 
ten. Auch  Zebeii  behcrberg^te  1645  (1.  November)  und  1666 
(15.  Juli)  Synodalversammhinijrn  der  fduf  Städte. 

Das  .Jalir  der  Mission  des  Palatins  PAlffy  war  auch  ein 
schweres  Pestjahr.  Tu  Eperies  starben  nacli  der  Angabe  unse- 
i'<'>  Bontsch  1200  Personen;  Zebeii  blieb  von  solch  ächworer 
1  Icinisnchnntr  verschont.  Gleiche  Gunst  des  Geschickes  war 
auch  im  Jahre  1662  den  Rttrfrcrn  unserer  kleinen  Stadt  be- 
schieden. Grosse  llungersnoth  lierrschte  in  und  um  Kasehaa, 
in  der  Zips  und  im  Säroscher  Comitat,  so  in  Eperies;  Zeben 
entging  dem  Uebel,  wie  Böntsch  mit  Befriedigung  niederschreibt. 

Dieser  letzten  Notiz  unseres  Gewährsmannes  geht  eine 
andere  gleichen  Jahres  voran,  die  uns  eine  interessante  Episode 
aus  der  kaiserlichen  Söldnercampagne  in  Oberungarn  vorfllhrt 
Montecuculi^  der  kaiserliche  GeneralissimuSy  hatte  1661,  Mitte 
September,  den  Bttcksng  aus  Siebenbfii^n  angetreten  und  sieb 
gen  Oberungarn  auruckgewendety  wo  er  seine  Winterquartiere 
aufsuschlagen  gedachte.  Das  stiess  auf  grosse  Widersetslich* 
keit  der  Oomitatey  wie  sehr  sich  auch  im  Januar  1662  die 
kaiserlichen  Commissäre  in  Kaschau  mit  einer  beallglichen  Ver- 
einbarung abmühten.  Böntsch  ersählt  nun,  um  Pauli  Bekehroig 
(25.  Januar)  1662  sei  Montecnculi  mit  800  Mann  yor  Zeben 
erschienen  und  sei  am  vierten  Tage  ^mit  grossem  RaubeV  ,weil 
man  ihm  nicht  freien  Pass  geJassen',  abgezogen.  Er  hatte,  e^ 
afthlt  BOntsch  weiter,  sein  Lager  bei  Siebenlinden  (H^tbirs), 
in  der  Nfthe  von  Zeben,  aufgeschlagen  und  hauste  im  Siroseker 


Offeabar  Qraf  Ermt  Merode^  welcher  im  lOfi.  Artikel  des  oogariMkeB 
Beichstagsdecretes  vom  Jehre  1649  als  4ndigenirlf  oder  in  die  ungariidie 
LATiflsUndscbaft  an%enoiiuneii  «lecbewt. 
Dies  ausgeatrichen. 


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491 


Oomhate  zwei  Monate  ^fuTchtbar'.  Endfich  schlössen  die  Btkiger 
▼OD  Zeben  mit  dem  Obersten  Jobann  Qfmfen  von  Herrenstem 
einen  yAccord^  Das  Stadtbuch  schweigt  von  Allem  dem  und 
bietet  uns  höchstens  eine  Notia  Aber  Wasserschftden  (1602, 
6.  August)  oder  Uber  das  Abbrennen  von  swanzig  Stadibftuseni 
(1661,  9.  Juni)  sufolge  eines  Blitzsclilages.  Fttr  den  Sommer 
1669  (Aug:a8t)  verzeichnet  es  das  Hinsterben  von  mehr  als 
600  Einwohnern  Zebeiis. 

Mittheilsamer  wird  unsere  (Quelle  seit  der  Zeit  des  los- 
brcchendi'u  Kiiriizzenkriej^^cs.  Es  tindet  sicli  nicht  blos  die 
Aufzeiclmun^  zum  22.  April  1679  über  den  rlluberischen  Ueber- 
fall  der  wehrlosen  8tudt  durch  den  Iiisiu'yeutenfuiirer  Kis  zur 
Nachtzeit  und  die  arge  Plimdrrung  des  Ortes,  sondern  uueh 
ein  Verzeichniss  der  Schaden  und  Auslairen.^  wrlche  dif  Stadt 
von  1676  an  bis  1714  zu  tragen  hatte,  also  über  die  Kuruzzen- 
zeit  hinaus,  in  den  Tagen  des  grossen  Türkenkrieges  und  der 
Insurreetion  Franz  Rdköczy  II.  Wir  stellen  dieses  Verzeichniss 
ein,  weil  es  zur  Geschichte  der  Drangsale  der  obemngarischen 
Städte  einen  nicht  bedeutungslosen  Beleg  liefert. 

1676,  8.  Mai,  Brandschaden   ö.OÜO  ä. 

1679,  8.  Juli,  Piarrkirche  und  Thurm  vom  Blitze 

getroffen   l.ÖOü  „ 

1678,  20.  September,  Brandschatzung  durch  Pater 

Stefan  Josa   büO  „ 

(Es  ist  dies  der  bekannte  Kumzzen- 
fOihnv,  P.  Jdzsua,  Pfiurer  Ton  TäUya,  der 
im  April  1678  den  kfkhnen  Handstreich  gegen 
die  westuogarisohen  Beigatftdte  unternahm.) 

1679,  29.  April,  Brandschatzung  durch  Franz  Kis 

und  SzahUiczv  fKuruzzenfllhrer)   10.000  „ 


1680,  22.  Juni,  1  jrandschatzung   3.000  „ 

„      Brandschatz ung  durch  Gcor<i:  Njidastay     .    .  5.000  ^ 

„      Erpressung  von  Seite  der  Kuruzzeu  ....  2.300  „ 

Unter  der  Tököly'schen  Herrschaft.   12.000  „ 


*  (Exbactafl  brevi«  damnofam  et  axpenaanim  üb.  BegUe  Civ.  (Hblniemi» 
in  eomitata  de  Smunm  ab  aimo  1676 — 1714  eoannatiu.*  Es  geschah  dies 
1794  boi  acle<,'on1jeit  der  Begiitriitin|p  der  Stadtoximiideii  durch  den 

Notar  Einerieh  Idczonyi. 
▲MliiT.  LXJUU.  £4.  U.  mtf.  8S 


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(Wahrend  der  Jahre  1681—1682  brachte 
es  TokOly  ■mr  Vorheiroeliaft  im  oetongari- 
sehen  Bcwjf^ftnde.) 
Unterhalt  der  Kaiserfichen  and  der  TttMjuier  .   .  30.864  fl. 

1683,  vom  8.  December  bis  4.  Mttrz  1684,  VerklMi- 

gung  des  Polenheeres   30.000  ^ 

„     iiir  den  PolenkSnig   4.000  » 

(Ab  E.  Johann  Sobieski  den  BOckxag  ans 
Westongam  In  sein  Reioh  antraf  ftlhrte  ihn 
die  Marschrichtung  auch  über  Zehen.) 

1684,  fUr  General  Schulz  (Befehlshaber  des  nach  Ost- 
iingurn  uud  Siebcubiirgeu  bestimmten  Armee- 
korps): 

a)  H(K)U  Kabel  Getreide  24  rKK>  „ 

äO.UUO  , 
540  , 
1.800  . 


h)  l']r[)roösuugen  von  Privaten 
c)  andere  Giebigkeiten    .  . 


1684,  5.  Kovember,  bis  1685,  4.  October 


50.ÜÜO 


Diese  Zahlen  führen  eine  deutliche  Sprache;  nicht  minder 
die  weiteren  Angaben: 


1686—1703 . 


53.341  fl. 


Den  Schluss  macht  die  lUköczy'sche  Insnrrectionsepoclie: 

1708    30.000  fl. 

1710  7.248  „ 

1711—1714   6.387  , 


Als  Gesammtsiunme  fHr  den  Zeitraum  von  38  Jahren 
(1676—1714)  finden  wir  807.080  Qnlden  eingesteUt;  ftr  ein  w 
bescheidenes  Gemeinwesen  wie  das  von  Zeben  tewahr  m 
starker  Posten! 

Das  Stadtbnch  enihftit  unter  den  Rubriken  ,Theuening'y 
,Uebeirachwemmungen  des  Flusses  Tharcza',  3^°^^  ^i^r  Stadt 
Zeben^  noch  einige  Daten,  die  uns  bis  in  das  dritte  Jahrzehnt 
des  18.  Jahrhunderts  bt  g'leiten : 

1710  herrschte  vom  Juli  bis  Octobcr  eine  Seuche,  welche 
2278  Einwohuur  Zelx  ns  daliinrafFte;  1724,  29.  Jänner,  wurde 
gegen  Mitternacht  ein  Erdbeben  verspürt;  1730  (5.  November), 
1732  (30.  Mai  und  21.  Juli)  ereigneten  sich  Stadtbräode. 


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498 

Zu  diesen  Aufzeichnungen  gesellen  sich  die  ,Denkwürdi^ 
keiten'  *  seit  1738,  aus  der  Feder  des  Stadtschreibers  Tohias 
Gala  111 1)0  3,  magere  Angaben,  so  zu  den  Jahren  1738,  1741, 
17tjö,  1770. 

Von  diesen  Notizen  interessirt  uns  am  meisten  die  vom 
letztgenannten  Jahre,  wenn  sie  gleich  nicht  Zeben,  sondern  die 
Sobwesterstadt  Eperies  betriflft,* 

,1770, 3.,  4.  und  5.  Juni,  rerweilte  der  erlauchteste  deutsche 
Kaiser  Joeef  II.  mit  kleinem  Gefolge  und  ohne  allen  Prunk  au 
Eperiea  und  musterte  sein  dort  befindliches  Regiment  persön- 
lich. Mittags  hatte  Jeder  freien  Zutritt  zu  ihm,  gegen  Jeden 
benahm  er  sich  aufs  Gütigste  und,  was  das  Denk  würdigste  isl^ 
er  ging  während  der  ganzen  Zeit  seines  dortigen  Aufenthaltes 
in  ungarischer  Kleidung  einher." 

AVir  vcrzielitcn  darauf,  die  weiteren  Notizen,  die  ins 
19.  Jahrhund  eil  hinübergreifen,  heraussuschälen,  wollen  jedoch, 
bevor  wir  von  Zeben  scheiden,  noch  einer  chronistischen  Quelle 
gedenken,  die  dem  18.  Jahrhundert  angehört. 

Es  sind  dies  Au&eichnungen,  welche  dem  Piaristen- 
kloster  in  Zeben  angehören  und  die  ,HauBgeschichte'  des- 
selben darstellen. 

1721  wurde  eine  eigene  ,ungari8che'  Provinz  des  Ordens 
der  Väter  der  frommen  Schulen  gebildet,  was  den  veränderten 
Zusiänden  Ungarns  entsprach.  Iiis  /.um  18.  Jalirhimdcrt  konnte 
die  ,Congregatiü  pauperuin  Dei'.  wie  ursprlüiglich  die  ,Patre8 
pianim  scholarum'  hicsscii,  im  kalhoilHeheu  Ungarn  nur  schwache 
Wurzeln  sclilagen,  da  die  Jesuiten  tiberall,  wo  sich  ein  Halt- 
punkt fUr  die  Mission  der  römischen  Kirche  darbot,  in  den 
Vordergrund  drängten  und  keiner  Ooncurrcnz  hold  waren.  So 
gab  es  ausser  den  ältesten  Ansiedlangen  der  Piaristen  in  Ober- 
nngam,  su  Pudlein  in  der  Zips  und  zu  PHvigye  im  Neutraer 
Comitate,  nur  noch  awei  Residenzen  des  Ordens,  in  Briesen 
(BresnobAnya)  und  zu  St.  Georgen  in  der  Pressburger  Gespan- 
schaft; jene  beiden  Collegien  knüpfen  an  die  Jahre  1642  und 


^  Mtiinurabilia  ab  aiiao  iT6\i  couäcriptA  per  me  Tobiam  Galambos  C.  K.  C. 
CibiuieDtiiti  Nüt&rium. 

*  Wir  vecdvatMben  die  latelniBche  Anfiseichimng. 

*  ».  .  .  et  qnod  memoiiae  digniirinwin  est,  toto  morae  soo  tempore  in 
bungaricie  veilibiu  incedehat',  iras  den  daauJigen  StadtoolKr  Zebens, 
rtnen  Ifagyaren,  erbanen  moMte. 

88» 


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494 


1632,  die  zwei  Rendensen  an  1673  und  1686  ihreD  Bestand.' 
Seit  dem  18.  Jahrhimdert  wurden  die  Vttter  der  frommen 
Schulen  in  Neutra  (1701),  Vesprim  (1711),  Waisen  (1714), 
Kecskem^t  (1714),  Pest  (1717),  Debieczin  (1719),  Karpfen 
(1720),  Szegedin  (1720),  Gross^K^ly  bei  SsatmAr  (1737)  ond 
Sziget  im  Mannaroscher  Comitat  (1730)  heimisch. 

Seit  dem  Szatindrer  Friedeu  (1711)  und  der  glücklichen 
Beendigung  des  Türkenkriejjes  dnreh  den  Tractat  von  Passaro- 
witz (1718)  begann  die  katlioliscli«*  Strümunfr  zu  erstarken. 
Siirosclier  Deutschstüdtc  waren  seit  Jahrzclmtcn  vom  kalliuii 
scIk'u  Element  unter  den  mafry arischen  und  slavischen  Neu- 
blu'gcra  uuiner  mehr  durchsetzt  worden,  uud  dies  bot  der 
katholischen  Mission  die  Handhabe. 

Graf  Samuel  Dezsüffy  von  Csetnek,  Obeigespan  Ton  Siros, 
fasste  den  Entschluss  (1736),  die  Piaristen  auch  in  Zeben  an- 
zusiedeln, um  für  die  katholische  Stadtjugend  zu  sorgen.  Zu- 
nächst wurde  die  Dotation  mit  10.000  fl.  in  Aussicht  genommen. 
Baugrund,  Baumaterial  und  Brennholz  sollten  die  Väter  der 
frommen  Schulen  umsonst  erhalten  und  überdies  einen  Jahres- 
beitrag Ton  100  fl.  aus  der  Stadtcasse  beziehen.  Die  Kasehaner 
Kammer  trug  (1737)  100  fl.  bei. 

Die  Ordensansiedlung  in  Zeben  fand  den  3.  October  1740 
stiitt;  den  21.  Kov»  mber  wurde  bereits  das  Gymnasium  der 
Piaristen  mit  64  Schülern  eröfi'aet;  1743  nahm  das  Convict  sei- 
nen Anfang. 

Das  Hausbuch  der  Zebener  Piaristea  bietet  auch  die 
Zeit  vor  der  Gründung  des  Collegiums  einige  Daten  zur  Stadt- 
geschichte. So  hnden  wir  darin  die  Angabe,  dass  168S  das 
Stadtarchiv  durch  die  Tökülyaner  arg  mitgenommen  wurde  und 
ein  gewisser  Fako  die  Güter  der  vertriebenen  Zebener  Katho- 
Uken  in  Beschlag  nahm.  Man  habe  mit  den  katholisehen 
Heiligenbildern  und  Statuen  das  Bräohaus  geheizt  und  höhnend 
vom  ,heiligen  Bier'  gesprochen. 

Ftbr  die  Epodie  der  Räkdczy'schen  Insurreetion  gedenkt 
das  Hausbuch  der  Piaristen  der  Beschickung  des  Szecsener 
Tages  der  Confoderation  (1705)  durch  die  Zebener  Abgeord- 

*  Vgl.  .Merkur  fllr  Ungarn*  1787,  I,  p.  402 ff.,  und  Horinyi,  Soviptoist 
piATOin  •choUrom,  Ofen  1808—1809,  2  fida. 


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495 


neten:  den  ,Notar*  Fakö  ^  und  den  Schusterraeister  Lehoczky. 
Der  katholische  Pfarrer  habe  in  Noth  und  Elend  seine  Tage 
Terlebt  and  den  Gottesdienst  in  einer  Friedhofkapelle  abhalten 
müssen.  Die  Lutheraner  Zebens  pflegten  die  Kathohken  ,pol- 
nische  Hunde^  (canes  polonid)  sn  schelten.  Jeden&Us  führte 
die  katholiadie  Oegenrefonnation,  welche  im  Siroscher  Comitat 
da  and  dort'  yersacbt  wurde  und  aach  in  Zehen  begann,  m 
Verbitterangen,  welche  sich  1744  in  SchlMgereien  iswischen  Pro- 
testanten und  Katholiken  kundgaben. 


Dritte  Abtheilung. 
Zwei  deutsche  Beohtshandsclirifteii. 


Als  ich  im  Jahre  1865  im  XXIV.  Bande  dusor  akademi- 
schen Publieation  unter  dem  Titel  , Deutsche  Geschiehts-  und 
Rechtsquellen  aus  Oberungarn'  1.  über  ein  Göllnitzcr  Formel- 
buch nebst  einem  Anhange  von  Zusatzartikeln  zur  sogenannten 
Zipaer  Willkür  oder  zum  Zipser  Landrechte  Mittheüungen  her- 
ausgab, erhielt  ich  einige  Monate  später  ein  .Schreiben  des 
verdienstvollen,  nunmehr  Inngst  verewigten  siebenbürgischen 
Geschichtsforschers  Josef  Franz  Trausch  (f  16.  November 
1871),  worin  er  sein  Interesse  an  diesem  Aufsatze  aussprach 
und  mir  zwei  Handschriften  zur  Einsichtnahme  und  beliebigen 
Verwerthung  ttberschickte.  Ich  machte  von  diesem  firennd- 
lichen  Angebote  Gebrauch,  sandte  die  beiden  Handschriften 
zurttck  und  liess  meine  Notizen  jahrelang  im  Pulte  Hegen,  da 
sich  meme  Arbeiten  in  anderen  Qeleisen  bewegten,  und  ich 


*  Dar  Hotuins,  StadtebreOMr  Fsk6,  dllifle  wohl  mit  ätm  weitar  oben 

som  Jsbr»  1688  AagaflllirtMi  ideatiach  «ain. 
'  So  sn  Hithirs,  Biobenlindon,  in  der  Nlbe  von  Zebea  im  Jahre  1747. 

Der  Ort  war,  bis  auf  drei  IlÄUF*  r,  panz  protestantisch.  Es  wurden 
Oowfil»mittol  anpcwpmU't,  so  aucli  1752  in  Dar6cz,  allwo  Karl  Pobay 
mit  12  iiajdiikeii  die  Kirche  den  Proteatantoa  eutrias  (Uatubuch  der 
Zebener  Fiaristen). 


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496 


▼onnssetzen  durfte,  dass  jene  beiden  IlandBchriften  Y<m  ande- 
rer Seite  ihre  Verwerthung  ftnden.  D«  letEteres  meines  Wissens 
nicht  gesollall,  mehr  als  swei  Decennien  seit  dem  Tode  des 
würdigen  Mannes  Terflosseti  und  mich  die  LieblingsneJgimg  za 
Studien  Uber  die  Vergangenheit  des  Deatschthnms  in  Ungarn 
wieder  anwandelte,  so  entschloss  ich  mich,  den  Fadigenoseen 
eine  Beschreibung  nnd  Inhaltsangabe  beider  Handschriften  ▼or» 
sulegeD,  und  dies  nmsomehr,  weil  ihr  Inhalt  mit  jener  aka- 
demischen Pablication  vom  Jahre  1865  stofflieh  susammenhängt 

Ich  beginne  mit  der  Handschrift,  welche  In  ihrem  erst« 
Theile  eine  besondere,  jüngere  Fassung  der  Zipser  Will- 
kür oder  des  Zipser  Landrechtes  vom  Jahre  1599  enthält, 
während  der  Hnd(M*e  Theil  t-inc  I'rivatarbcit  über  das  IJechts- 
wesen  der  Siebcubürgcr  Sachsen  verbucht.  Für  unseren 
Zweck  fjült  zunächst  der  vorlaufende  Theil  ins  Gewicht 

Die  Papu  r- Handschrift,  Klein-Quart,  zUhlt  81  Blätter.  Auf 
der  erbten  Bluttseite  findet  sich  unter  dem  Texte  der  Name 
, Andreas  Bertraraus  Pharmacopaeus*,  aller  Walirsehein- 
lichkcit  nach  des  ui"sprüngUchen  Eigenthümers  der  Handschrift, 
dem  wir  wohl  das  Apothekerofe werbe  zusprechen  dtlrfen.  Die 
Zeit  der  Abfassung  der  Handschrift  wird  durch  die  Schluss- 
worte  des  vorUufenden  Theiles,  Fol.  36:  ,Lau8  deo  feliciter 
finitnm  11  die  7 bris  anno  1599^  angedeutet  Die  Schrift 
trägt  den  Charakter  der  Wende  des  16.  und  II.  Jahrhanderts 

Den  Anfang  macht  (Blatt  1 — 15)  die  Transsnmirting  des 
Freiheitsbriefes  der  Zipser  Sachsen  Ton  1392  in  deotscher 
Sprache  mit  den  Emgaogsworten:  ^Wir  Gapitel  von  Sanet 
Herten  Propstd  Ziepea  bevelhen  das  an  einem  gedechtnis  Allen, 
denen  es  noth  ihuet,  das  die  ersamen  ynd  yorsiehtigen  Manne: 
Mathias  Rissdorfer  GtnS  der  ailff  stedte  in  dem  Ziepss  und 
George  Grenitaer  Richter  der  Stadt  Lentschaw  nnd  Gristsn 
Heiderich  Schreiber  der  elff  Stedte  sein  khonunen  sti  nnscr 
gegenwttrtigkeit  mit  voller  Unterweisung  der  gantaen  Gemeine 
der  vorgenannten  Stadt  Lentschaw  und  haben  ans  beweiset  ett> 
liehe  Briffe  die  auf  pcrfranient  offentlieh  j^e^eben  seint  von  dem 
allerdurchleichtigsten  Fiirstn  und  Herrn  Herrn  Sig^isniundt,  der 
da  ein  Kliaiser  ist  und  der  melirer  Komisches  Keichs  und  »in 
Khüni^  der  Landt  von  Ungern,  von  Böhmen,  von  Dalmatia, 
vou  Croatia  ete.  unter  äcinem  whareu  Sigell,  weiche  Brieffe 
von  furchte  wegen  ritterlich  wären  zu  fUren  über  landt  (sie). 


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497 


XDanimben  Imben  Sie  uns  demtttiglich  gepeten^  das  wir  die 
vorschreiben  und  verantworten  unter  unsenii   Sifjell,  welcher 
iDrieiOf  von  Worte  zu  worte  lautet  also'  .  .  .  nun  folgt  das  Trans- 
sumpt  des  Freilieitsbi  it;li^,    hezielmngsweise  der  Bestätigung 
der  Privilegien  und  Coutirnuitioncii  von  1392,  1347,  1328  und 
1271.    Daran  reiht  sich  Blatt  16 — 36  eine  Art  von  jüngerer 
Vsasang  des  Zipser  Landrecbtes  gegenüber  dem  Texte  der  so- 
genannten Ztpser  WiUkttr  von  1370^'  beziehoDgaweiBe  ihrer 
^nfxeiohniuig  yom  Jahre  1540,'  aammt  einer  Reihe  von  späte- 
Mn  Znstttzen.  Wir  haben  es  sohin  mit  einem  Seiienstück  sn 
dem  Funde  zu  thun,  welchen  der  Verfasfler  dieses  Aufsatzes 
in  einer  jüngeren  Handschrift,  im  Göllnitzer  Formelbucbe, 
machte  und  seinerzeit  (181)5)  an  gleicher  Stelle  beschrieb. 

Wir  wollen  nun  die  96  Artikel  mit  Schlafj^worten  ver- 
zeichnen, unter  fortlautender  Rücksichtnahme  aut  die  einschlä- 
gigen Paragraphe  der  Zipser  Willkür  (ZW.)  und  der  Auf- 
zeichnung im  Göllnitzer  Formelbache  (GF.). 

1      Lcilikautrccht.^  (S.  w.  u.) 

2.  iSchlachtungs-  und  Verkaufsrecht  der  Fleischer  (ZW.  70). 

Etwas  abweichend  gefasstj  die  Busse  ausdrücklich  mit 

3  Mark  angesetzt. 
3«  4.  Befugniss  des  Richters  in  Bezug  auf  Gefkngnisshaft  aus 

Verdachtsgründen  (ZW.  78). 

5.  Bassgeld  yod  10  Mark,  das  ein  Kichter  im  Falle  der 

Gefangensetzung  wegen  unehrhcher  Sache  als  Busse  neh- 
men dürfe  und  nicht  mehr  (vgl.  ZW.  77  und  GF.  74). 

6.  *  üeber  den  Verkauf  und  Wiedenrerkauf  von  Pferden,  Ochsen 

oder  Rindern  auf  dem  Freimarkt  (vgl.  GF.  75). 

7.  *  Erbrecht  der  Frau  und  der  Kinder  eines  Erschlageueu  oder 

Ermordeten  (vgl.  GF.  76). 


*  Ver^leicho  über  fliose  Rechtfqnelle  die  1801  als  SeparataMnirk  aus  den 
»Ertekezf'sok  ina^^'yar  tf^rt.*  ( HiHii  nst,  akadfinische  FablicAtiouen)  er- 
schienene Abhandlung  von  Dciniktl,  Östepesi  jop. 

*  Siehe  Michnay  und  LicUner,  Ofner  Stadtrocbt  (l'reiisburg  1845), 
p.  221 — 235.  Diethe  Aofzeichnung  wurde  von  Henrich  Geners  Ich  ,anno 
domlni  1540*  volKUvt 

*  Aamerirong:  Dnrdi  Sterndieii  endi^nen  die  der  Handaehrift  ei^a- 
thllmliehen,  d.  i.  in  der  Zipaer  Willkflr  nicht  vorkommenden  Capitel 
lierrofgelioben,  nnd  ebenao  jene,  welche  im  QF.  vorkunmen,  jedoch  Ab- 
weiehendee  in  der  Fammog  leigen. 


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498 


8.  Klage  vor  dem  Bichter  oder  Gxafen  (vgl.  ZW.  82  —  ab- 
weichende Fassung). 
9  *  Verbot  des  WUrfeki^lee  (vgl  GF.  77). 

10.  Recht  der  Vererlmiig  ernee  bestmunten  VemLOgenatbefleB 

(ZW.  2). 

11.  Bei  Lebaeiten  ihres  Hannes  hat  keine  Frau  das  Bech^  au 

,taidingen'  (ZW.  3). 
13.  Anspruch  ans  Erbe  kinderlos  Versloibener  (ZW.  4). 

13.  Gtttertheilung  beim  Ableben  des  einen  Ehegatten  (Z  W.  5). 

In  der  ZW.  heisst  es  ,zwen  prüder  ader  ein  ge- 
schwistert*,  iiier  abwciclieud  ,2  brtieder  oder  2  schwestem'. 

—  und  14.  Behandlung  des  Erbes  der  Kinder  bei  Wiede^ 
Verheiratung  des  verwitweten  Ehetheiles  (ZW.  6). 

15. *  Erbrecht  des  Enkels  beim  Ableben  von  Grossvater  oder 

Grossmutter. 

yOb  die  enigkhel  nicht  wehren,  so  griff  der  Nehiste 
(Verwandte)  daran/  mit  Ausschluss  des  ^Ahnherrn'  oder 
der  ; Ahnfrau'.  Vergleiche  damit  Art.  63  der  ZW.  ,Wenn 
ein  enkel  stirbet  und  vater  und  mutter  noch  geschwistozt 
nicht  hinder  im  lest,  wir  weDen,  das  sein  erbe  und  sein 
frwt  auf  den  anherren  und  auf  die  anfran  erben  soll  und 
liicht  auf  vetter  noch  auf  wazc^n  (Basen)  noch  auf  ömen*, 
worin  wir  unter  anderer  Voraussetzung  der  gegentheili- 
gen  Anschauung  begegnen  {s.  w.  u.  Art  70^  identisch  mit 
ZW.  63). 

16.  17.  Kocht  der  Waisen  (ZW.  7). 

18.  Erbrecht  der  Oeschwister  (ZW.  8)  in  ausfuhrlicherer  und 

etwas  abweichender  Fassung. 

19.  Thcilung  des  Erbes  zwischen  dem  Kinde  und  dem  Über- 

lebenden Ehegatten  (ZW.  66,  etwas  abweichend). 
SO.  Verheiratung  von  Sohn  oder  Tochter  und  Rechtsfolgen  in 

Hinsicht  der  ,Schnttrche'  (Schwiegertochter)  (ZW.  9). 
21.  Erbrecht  der  Schwiegertochter  und  der  Enkel  (ZW.  10). 
32.  23.  Erbrecht  der  Kinder  (ZW.  11). 

24.  Erbtheilung  awischen  den  Kindern  und  dem  flbeiiebenden 

Gatten  (ZW.  12). 

25.  Kecht  der  Frau  auf  die  Morgengabe  im  Falle  der  Geburt 

eines  todteu  oder  lebenden  Kiadcb  ^ZW.  l'd,  etwas  aus- 
führlicher). 


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499 


36^  37.  Nothsueht  an  einer  Witwe  oder  Jnngfinui  (ZW.  14). 

28.  Enterbung  bei  eigenwilliger  Verheiratung  (ZW.  15). 

3i9.  30.  Anspruch  des  Eheweibes  im  Falle  der  Bigamie  ihres 

Gatten  (ZW.  16). 
31.  32.  Vurtretuns:  dar  Kinder  aus  erster  Ehe  (ZW.  17). 

33.  ächuldzahlungsfirist  der  Frau  bei  Abwesenheit  ihres  Mannes 

(ZW.  18). 

34.  Klage  mn  Geldschuld  (ZW.  19). 
aö.  Desgleichen  (ZW.  20). 

36.  Klage  um  verdienten  Lohn  (ZW.  21). 

37.  Klage  mn  Bttrgschaft  (ZW.  32). 

38.  39.  Klagereeht  des  Einheimischen  wider  den  (hat  und  um- 

gekehrt (ZW.  23). 

40.  Geldschuld  und  Pfandforderung  (ZW.  24,  die  Casuistik  der 

ZW.  25,  26,  27  fclilt  in  unserer  Handschrift). 

41.  42.  Betr?itj^  der  Schuld  über  eine  Mark  und  mehr  (ZW. 28). 

43.  Verpiiiühtung  der  Eltern,  iiiren  Sohn  (als  ,Brötlmg')  vor 

Gericht  zu  vertreten  (ZW.  29). 

44.  Gewaltsame  Heimsuchung  (ZW.  30). 

45.  Verfolgung  in  ein  fremdes  Haus  (ZW.  31). 

46.  fibgt^fangf  eines  Mannes  oder  Weibee^  die  bei  ^schlafen- 

der  Zeit'  im  Hause  oder  Hofe  betreten  wurden  (ZW.  32). 

47.  Recht  des  Bestohlenen  zur  Nachforschung  (ZW.  33). 

48.  Garteneinbruch  (ZW.  34). 

49.  Verbot  des  ,PayF-Tragens  (ZW.  35,  ,hekel'). 

50.  Pfandrorht  (ZW.  36). 

51.  Desgleichen  (ZW.  37). 

52.  Bruch  des  Veisprechens  (ZW.  38). 

53.  Taxenrecht  der  , Versprecher^  (Anwälte)  (ZW.  39). 

54.  Gesetzliche  Beschränkung  des  Spielverlnstes  (ZW.  51). 
56.  Verpflichtung  eines  StrafifUligen  gegen  seine  Freunde  als 

Borgen  (ZW.  53). 
66.  57.  Verpflichtung  zur  ^Mannschaft'  (ZW.  53). 

58.  Gerichtlicher  Zweikampf  (ZW.  54). 

59.  Erscheinen  vor  Gericht  ohne  Wehre  (ZW.  55). 

60.  Ol.  Rücktritt  von  der  ,Graf8chaft*  (des  Landgrafen  der 

Zipser  Sachsen)  (ZW.  56). 

62.  Bezugsrecht  des  Zipser  Sachs(mgrafon  und  der  24  Richter 

auf  die  Gerichtsgelder  (ZW.  57). 

63.  Fehdereoht  (ZW.  58). 


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64.  Verwondung  eines  ,£dliiig«]i -Holden'  (UnterÜia&en  eines 
Adeligen)  (ZW.  &9). 

66.  66.  Verwundung  emes  Zipser  Landstaeen  durch  einen  Edfing 

oder  Holden  (ZW.  60). 

67.  Schwere  Yerwundang  und  gerichtliehe  Verfelgang  der  ThftCer 

(ZW.  61). 

68.  Eidenhlegung  des  Schuldigen  (ZW.  48). 

69.  *  Gebot  der  Yenchwiegenheit  des  Richters  (GF.  83). 

70.  Erbrecht  des  .Ahnherrn'  und  der  yAhnfrau'  (ZW.  68  — 

vgl.  oben  Art.  15). 

71.  Erbrecht  rlc^s  Enkels  fZW.  66). 

72.  Erliinguug  der  Mündigkeit  (ZW.  64). 
7B.  Geftihrlichcr  Hund  (Z  W.  73). 

74.  Falsches  Mass  (^ZW.  ü8). 

75,  7lj.  llopfenhandel  fZW.  69). 

77.  *  Vorrecht  Desjenigen^  der  Haus  und  Hof  verkaufte,  tk 

Glänhiger  (G  F.  84). 

78.  Busse  dessen,  welcher  eine  Sache  ,zwier  taidingt  (ZW.  80). 

79.  *  Vorladung  innerhalb  der  Landesgrenze  (GF.  85). 

80.  *  Geldbussenbezug  der  Zipser  ^Grafen',  des  ^ungarischen 

Grafen'  und  des  ^Landgrafen*  (s.  w,  u.). 

81.  *  Kein  Weber  darf  Richter  werden,  er  habe  denn  seit 

14  Jahren  das  Handwerk  nicht  betrieben  (GF.  86). 

82.  Busse  auf  nasses  Marktleder  (ZW.  72). 

83.  Beschiftnkung  des  Wuchers  der  Mtthlherren  (ZW.  74). 

84.  Bichterliche  Beiugniss  (ZW.  75). 

85.  *  Wenn  eine  Frao  ihren  Mann  suchte  mit  dem  Recbten 

(GF.87). 

86.  Wenn  ein  ,Elender<  geschlagen  wurde  (ZW.  42). 

87.  Wenn  ein  ^nder'  ,Terterbet'  wurde  (ZW.  43). 

88.  Wenn  ein  Mann  ^▼erachmeraet'  wurde  (ZW.  44). 

89.  Wenn  ein  Mann  oder  eine  Frau  ,verterbet'  wurde  (ZW.  46). 

90.  Wenn  ein  Mann  einen  unrechten  Weg  gehet  (ZW.  46). 

91.  Wenu    ein   Maim   , verschmerzt'   wurde    oder  erschlagen 

(ZW.  47). 

92.  Ikandlegimg  Drohung  (ZW.  49). 

93.  Todtschlag-1  Vollung  (ZW.  50). 

94.  ,Wenn  ein  Mann  den  andern  beklaget  umb  Geld  and  der 

Kläger  stanilet'  (ZW.  88). 

95.  fWenn  ein  Manu  Gewand  pringet  in  das  Land'  (ZW.  40). 


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501 


96.**  yWenn  ein  Mann  mit  dem  andern  zn  kriegen  khemp  und 
einer  dem  andern  seinen  Bartli  auürauffet^  (GF.  89). 

Vergleicht  man  die  96  Capitel  unserer  Handschrift  mit 
den  98  Paragraphen  der  ursprünglichen  Zipsor  Willkür,  so 

decken  sich  78  Capitel  der  ersteren  mit  67  Abschnitten  der 
letzteren,  und  zwar  wenn  wir  die  Paragraphcnzalil  der  Zipser 
Willkür  voranstellen  und  die  Capitelzabl  der  Uandscbrift  in 
Kiammern  beifügen;  nachstellende: 

2  (10),  3  (U),  4  (12),  6  (13),  ö  (14),  7  (16,  17),  8  (18), 
9  (SD),  10  (21),  11  (22,  23),  12  (24),  13  (25),  14  (26,  27), 

15  (28),  16  (29,  30),  17  (31,  32),  18  (33),  19  (34),  20  (35), 
21  (36),  22  (37),  23  (38,  30),  24  (40),  28  (41,  42),  29  (43), 
30  (44),  31  (45),  32  (46),  33  (47),  34  (48),  35  (49),  36  (50), 

37  (51),  38  (52),  39  (53),  40  (95),  42  (86),  43  (87),  44  (88), 
45  (89),  46  (90),  47  (91),  48  (68),  49  (Ü2),  50  (93),  51  (54), 
52  (55),  63  (56,  57),  54  (  5H),  55  (59),  56  (60,  tU),  57  (62), 
68  (63),  59  (64),  60  (65,  66),  61  (67),  63  (70j,  64  (72),  66 
(71),  68  (74),  69  (75,  76),  72  (82),  73  (73),  74  (83),  76  (84), 
80  (78),  88  (94). 

Es  fehlen  daher  in  uoBerer  Handschnft  folgende  Para- 
graphe  der  Zipser  Willkür: 

1.  Das  uns  Zipser  kein  mann  zu  laden  hat  gen  hofe  in  keinerlei 
Sachen. 

25. 

26.  F&ndrecht. 
27. 

41.  Ab  ein  laDdnchter  einen  finge  mit  yerlornem  gelde,  wie 

mans  damit  halden  soll. 
62.  Ab  ein  mann  erbe  und  holden  hat,  die  dem  lande  dienen, 

wer  die  za  richten  hat. 
65.  Ab  etlich  mit  einander  kinder  haben,  und  ir  eines  stirbet, 

ab  die  kinder  mit  dem  anderen  unvorenderten  teilen 

ml^en. 

67.  Ab  einer  ein  eid  tut,  und  seinem  vorsprechen  nicht  recht 

nachredet,  was  das  recht  sei. 

70.  Wie  sich  die  fieischer  halden  sollen. 

71.  Ab  ein  schenke  mit  einer  unrechten  masz  derfunden  wOrde, 

was  das  recht  sei. 


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508 

* 

76.  Ab  sich  tmBat  wider  seinen  richter  setsen  wolde,  was  das 

recht  sei. 

77.  Ab  imant  umb  uneriicbe  sacben  gefangen  würde  und  miif 

andere  bekente,  was  recht  sei. 

78.  So  eiü  richter  einen  finge  in  vordechtnuä  uuerlicher  Sachen, 

wie  mans  halden  wü. 

79.  Was  ein  ider  goldschmit  einer  mark  silbern  ansecaen  w3. 

81.  Was  ein  toark  goldes,  die  gemoigengabet  wir^  wert  ist 

82.  Ab  einer  sein  saoh  vor  den  grafen  anders  füren  wolt^  wenn 

sie  Tor  dem  richter  geftlrst  ist^  was  der  bestanden  sei. 

83.  Wenn  ein  richter  einen  fing,  es  sei  wo  es  sei,  so  soll  er 

dem  grafen  in  die  Leutschau  überantworten. 

84.  Von  dienstpoten. 

85.  Richterwahl  in  den  24  steten. 

86.  Bichter*  nnd  Grafenbesttge  für  das  Beschauen  von  Schmer- 

zen und  Wunden. 

87.  Klage  auf  Verwundung  und  Todtschlag. 

89.  Rechts-  und  Friedensbruch. 

90.  Busse  fUr  Todtschlag  und  Wunden. 

91.  Klage  nach  todter  Hand. 

92. 1 

Von  den  vorzeiten. 

Es  fehlen  also,  abgesehen  von  den  späteren  Zusätzen  von 
1505  und  1516  (94,  95),  26  Paragraphe  der  Zipser  WiDkiir 
Dafür  bietet  die  Handschrift  in  den  Artikeln  1,  6,  7,  9,  15^ 
69,  77,  79,  80,  81,  85,  96  swölf  Satzungen,  welche  als  spfttere 
Zusfttse  oder  Ergttnaungen  zu  gelten  haben. 

Wir  haben  es  eben  mit  einer  jüngeren  Fassung  des 
Zipser  Landrechtes  au  thun,  wie  sich  eine  soiohe  auch  in  der 
noch  jüngeren  GOllnitaer  Handschrift  findet  Der  Schreiber 
der  ,Jura  terrae  Scepusiensis'  sagt  hier  ausdrilcklich:  ,anno 
1666.  Seindt  sonst  116  Artickel,  ich  hab  aber  die  Noth- 
wcmdigkeit  von  fürnehmste  ausgezogen  vnd  auszgeschricben 
90  Artikel.'  Dass  der  Verfasser  des  vorlaufenden  Theiles  unserer 
Handschrift  von  1599  ebenso  verfuhr,  zei^t  schon  die  That- 
sache,  dass  20  Paragraphe  der  Zipser  Willkür  und  ebenso  die 
Zusätze  von  1505  und  1516  fehlen. 


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m 


Vei^glekhen  wir  nun  die  Artikel  miserer  HuidschrÜt:  1, 
6,  7,  9,  15,  69,  77,  79,  80,  81,  85,  96,  xwö]f  an  Zahl,  die 
auch  als  jüngere  Satzangen  des  Zipser  Landreclites  sa  gelten 
haben,  mit  den  analogen  (17)  Ergänzungen  in  der  GoUnitser 
Handsebrift,  so  decken  sich  beiderseits  nachstehende: 

6.  (GF.  75).  Abweichend  ist  der  Strafkatz;  dort*  heisst  es  10, 

hier*  4  Mark. 

7.  (GF.  76).    Abweichend;  dort  lieisst  es:  jTschlap^en  wurde 

oder  derm ordert,'  hier  fehlt  das  im  Druck  Gesperrte. 
9.  (GF,  77).  Dort  heisst  es:  ,Au(h  wollen  wir  das  zu  ainera 
recbtten  haben,  wyrffelspill  soll  vcrpothen  sein  bey  drey 
marckhen  ewiglich  aU  weitt  das  iandt  ist';  hier: 
,Da8z  wttrffebpiel  ynd  Karten  verbotten  sey  bej  3  marck 
das  wirdt  mitsampt  gestrafft. 

15.  (GF.  78). 

69.  (GF.  83). 
77.  (GF.  84). 
79.  (GF.8Ö). 
81.  (GF.  86). 
85.  (GF.  87). 

96.  (GF.  89).  Die  in  der  Göllnitzer  Handöchrift  ausgefalle- 
nen Worte  lauten  dort:  ,Weu  ein  Man  mit  dem  Andern 
zu  Kriege  kern'  .  .  . 

Die  Capitel  74,  79,  80,  81,  82,  83  und  90  der  GöUnitzer 
Handschrift  von  1666  fehlen  somit  in  der  von  1599. 

Dagegen  finden  sich  in  der  letzteren  zwei  Artikel,  und 
zwar  der  erste  und  achtzigste,  die  uns  in  der  Göllnitzer 
Handschrift  nicht  begegnen. 

Der  1.  Artikel  lautet:  ,Wir  wollen  tzu  einem  Rechten 

haben,  das  kein  leykaufF  man  nicht  mag  lenger  gestehen  noch 
getzcügcn,  wenn  allein  ihar  (Jahr)  vnd  Tag  vor  dem  Hechten  .  . 

Der  80.  Artikel:  ,Aueh  wollen  wir  das  zu  einem  Rechten 
haben,  das  die  G raffen  haben  zu  nehmen  von  einer  KÄmpffer- 


'  iDorf  bezieht  sich  auf  die  vorliegende  Handschrift. 
*  ^er*  bMi«lit  doh  auf  die  asUnitaer  Handachrift. 


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604 


wunden  5  margk^  yon  eiDem  stich  5  margk,  der  TOgrische 
Oraff  soll  nehmen  zwey  thail,  der  Landtgraf  ein  drittheü 
▼nnd  von  einer  schlechten  wiandten  haben  rie  m  nehmen 
6  margk.' 

Dieser  Artikel  ist  sachlich  verwandt  mit  dem  86.  Psnir- 
graphe  der  Zipaer  WiOkttr,  worin  es  heisst;  ,Wir  wollen  auch 
das  m  einem  rechte  haben,  wo  swen  Biehter  schmersen  be- 
schauen,  ir  sein  yiel  oder  wenig,  so  soll  der  richter  6  gr.  dot- 
von  nemen,  die  soll  der  wunde  geben,  tat  er  genug  den  rich- 
terea,  so  sollen  die  richter  den  schmersen  in  4  wochen  tot 
den  grofen  pringen,  und  sies  nit  teten,  und  prechten  den 
schmerzen  in  4  wochen  nicht  vw  den  grofen,  so  sollen  sie 
den  grofen  ein  mark  bnsze  geben/ 

Unter  ,Graffen'  siiul  im  Allgemeinen  die  Verweser  der 
Landcsgerechti^^keit  zu  verstehen;  sie  werden  weiter  unten 
specificirt.  ^Ungrisclier  GrafT  ist  der  Comitatsgraf  (comes  eomi- 
tatus  Seepusiensis),  unter  Xandtgraf*  ist  der  Graf  des  im  Zipser 
Oomitate  eingeschlossenen,  aber  privileg-irteii  Saehsenbodens,  mit- 
iiin  der  comes  terrae  Saxi  ii  nn  Scepiisieusium*  oder  der  Leut- 
schaucr  Sachsengraf  zu  verstehen. 

vSo  bietet  denn  unsere  Handschrift  gleich  der  Gf^llnitzer 
in  ihrem  dem  Jahre  IHGG  angehürigen  Zipser  Landrechie 
einen  Beleg  flir  die  Umstellung,  Veränderung  und  Ergänzimg 
der  ursprunglichen  Zipser  Willkür  vom  Jahre  1370,  und  ihr 
Text  steht  gewissennassen  in  der  Mitte  der  Aufzeichnung  vom 
Jahre  1540  und  der  Textirung  im  Göllnitzer  Formelbache. 
Hier  spricht  der  Schreiber  schon  tob  116  Artikeln,  ans  denen 
er  die  ^fUmehmsten'  ausgezogen,  während  die  Aufzeichnung 
vorn  Jahre  1540  zu  den  ursprünglichen  93  Paragraphen  nur 
zwei  hinzufügt,  welche  löOö  und  1516  entstanden  waren.  Unsere 
Handschrift  bietet,  abgesehen  Ton  den  Ansseheidungen,  zwolf 
Zosatsartikel,  von  denen  zehn  auch  im  GoUnitzer  Formd- 
bnche  aoftaaehen,  während  zwei  darin  nicht  Torkonunen. 

Unsere  Handschrift  von  1549  verrilth  auch  noch  in  andern 
Richtung  die  Oleichartigkeit  ihres  Inhaltes.  Im  CkfUnitser 
Formelbuche  findet  sich  (S.  99 — 163)  ein  Auszug  des  Land* 
rechtes  der  Siebenbttrger,  durch  Mathiam  Fronium 
ybersehen  und  vermehrt'.  Es  ist  dies  eine  Wiedergabe  der 
bekannten  Verdeutschung  der  von  K.  Stefan  BAthorj  bestätig- 
ten ,Jura  municipalia  Sazonum  in  Transsylvania',  wdche  unter 


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Ö05 


dem  Titel  ,Der  sächsischen  Nation  in  Siebenbüri^*  ti  Statuta 
oder  Eigen  Landiccht'  im  gleichen  Jahre  (IÖÖ3)  Matiiias  Fro- 
niuB,  Rathraann  in  Kronstadt,  verdeutschte.* 

Aehnlicher  Art,  aber  in  Anlage,  Gliederung  und  Umfang 
nicht  ubereinstimmend  ist  das  Rechtsbueh  vom  37.  bis  82.  ßlatt 
unserer  Handschrift   Es  iat  eine  zweitheilige  Bearbeitang  des 
Xjaadrechtee  der  Siebenbttiiger  Saclweiiy  deren  erster,  kttrzerer 
Thefl  vom  Bewetsverfaliren,  vom  Erbrecht  and  besttmniten 
Zahlungsverbindlichkeiten  hAndelt,  wfthrend  der  zweite,  nm&og- 
rmchere  die  ,peinliehen  Fülle'  erörtert  Dase  sich  der  Inhalt 
auf  das  Rechtswesen  der  SiebenbUrger  Sachsen  bezieht,  erhellt 
schon  aus  der  Stelle  (Fol.  32'),  wo  es  heisst:  ,\Vir  werden  be- 
richt,  dass  etliche  ausz  vnsem  Sachsenstüelen  ein  vndter- 
scheidt  vnter  Draw-  (Droh-)  und  Vheden-  (Fehde-j  worten  zu 
XQAchen  püegen/ 

Die  Form  des  Statatarrecbtes  zeigt  sich  in  den  Aus^ 
drücken:  ßo  ordtnen  und  petzen  wir'  .  .  .  ^Unsere  Verordnete 
halten  es  dafUr/  So  heisst  es  bei  der  ,Straff  des,  so  den  Pflug 
beatillt  nnd  beraubet^:  »Obwol  die  Saebsischen  Recht  yermelden, 
das  der,  so  einen  Pflneg  beraubet,  mit  dem  Radt  soll  gestrafft 
werden,  alldieweil  aber  hierr  allerley  weitleufftiger  verstandt 
gesucht  wirdet,  demnach  setsen  vnd  wollen  wir'  .  .  . 

Als  Rechtsquelle  wird  auch  der  ,^emeincn  kaiser- 
lichen Rechten'  Erwähnung  p^ethan. 

Bei  dem  Capitel  (Fol.  Sö")  ,zwiefaolio  Ehe*  wird  der 
,peiniichen  Halsgerichtsordnung',  im  Capitel  über  , Ehe- 
bruch' der  ,Con8titutionen  Moritzen  Herzogs  von  Sach- 
sen und  Augusti'  (dux  Saxoniae)  gedacht.^  Das  Qanze  gUedert 
sich  in  nachstehende  Artikel: 

1.  Eidschwnr;  3.  Beweis  und  Qegenbeweis;  3.  ,Briefliche 
Urkunden';  4.  Folgen  der  ,Publication  der  Beweisung  und 
Ghgenbeweisung';  5.  Dienstgeld  der  Bauern;  6.  Schuldthurm; 
8.  ,0b  die  Verpfknduug  unbeweglicher  Erbgfltter  für  (vor)  der 
Obrigkeit,  dai- unter  sie  gelegen,  nach  Sächsischem  Recht  ge- 


'  Siebe  Schaler-Libloy ,  Öiebeuburgtäche  liechtägeseUichte,  2.  Abtli., 
U.  Bd.  (1868),  p.  233—334. 

*  Von  glttciiOT  Zeit  und  Hand  wto  du  Vorheigebende. 

*  Iffofis  von  Sgfibaen  und  lein  Naehfolger  Ansagt,  die  entan  Knififarslen 
▼on  SsduMi  Toa  der  Linie  der  A11»reehtiner  (1647— 166S  und  1668  bis 
16M> 


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506 


schehen  mttsse';  8.  ,0b  der  Vatter  nach  SächfliBchem  Beebt 
die  Matter  von  der  Kinder  Erbschaft  anwchlieBse.' 

Nun  folgt  nnter  dem  Qesammttitd  ,De  criminalibas'» 
yVon  peinlichen  feilen'  eine  Reihe  von  Satzungen:  9.  Gottes* 
läetemng;  10.  Zauberei  und  Wahrsagerei;  11.  Todtschlsg  so 
Kindern;  12  Abtreibung  der  Leibesfiiicht;  13.  Umbnng«ii, 
Bestehlen  oder  Verschmachtenlassen  von  PestdendETankeat 
14.  Todtechlag  bei  Irrthum  in  der  Person;  16.  Todteohlag  bei 
Auflauf;   16.  Todtschlag  als  Nothwchr;  17.  Herausforderung: 

18.  Herausfordenin»'   unter   dem  Vorwandc   verletzter  Ehre: 

19.  ,0b  der,  welcher  urab  Todtsclilags  willen  als  des  exccs- 
siven  Exeess  bei  der  Defcusion  begangen  des  Landes  ver 
wiesen  wird,  des  Todten  Freunden  zug^leich  ein  Webrgeld.  so 
der  Oerter  (an  Orten),  da  Säciisisch  Recht  gehalten,  zu  <,'eben 
scbuldi^^V'  20.  We^^elagcm  oder  , Vorwarten';  21.  Fehden,  Fehde- 
briefsehreiben,  Autstecken  von  Brandzeiehen:  22.  Drohworte, 
Absage  uder  Fehde;  23.  Fehdebriefe:  24.  Mordbrennen,  ,so 
die  That  nicht  verbracht*;  25.  Vergiftung  der  Weide;  26.  Ehe- 
brach^  27.  Zwief^iehe  Ehe;  28.  Ehebruch,  dessen  eine  Wittfrau 
von  den  Erben  beschuldigt  wird;  29.  Incest^  Blutschande; 
30.  Ehebruch  und  Blutschande  zugleich  begangen;  31.  ^Ver 
mischong  bei  naher  SohwUgerschaft';  32.  Besohlafnng  einer 
gefangenen  Weibsperson  durch  den  Qefangenwftrter;  33.  Be- 
schlafung  einer  wahnwitzigen  oder  sinnlosen  Person;  34.  Jungfem- 
Bchändung;  S&.  iSoUediteHurerei',  simplez  lenacinium;  36.  Notfa- 
zucht;  37.  Nothsaeht  oder  Schändung  von  Mildchen  unter  iwOlf 
Jahren;  38.  Diebstahl;  39.  Raub  an  einem  Todten  oder  Ge- 
hängten; 40.  Bestrafung  dessen,  ,80  den  Pflug  bestielt  oder 
beraubt';  41.  Diebstahl  der  Hausgenossen;  42.  Theilnahme  der 
Wächter  am  Diebstahl;  43.  Kundschafterdienst  bei  Diebstahl; 
44.  Injurien;  45.  Misshandlung,  Verwundung  und  Injuninuig 
der  Obrigkeit;  46.  Sehandschriften;  47.  Wenn  sich  einer 
rühmt,  er  oder  ein  anderer  habe  eine  Ehefrau,  Jnngfnut  oder 
Witwe  beechlafen  ,vnd  sich  dasselbige  nicht  befindet';'  48.  ,Wan 
wider  die  Iniurien  vnd  auch  wider  die  Famos '-Schriften  vor- 
faret  werde';  49.  ^Wie  diejenigen  zu  strafi'en,  so  autf  einen  Uhr- 
ielid^  verweiset  vnd  doch  ein  oder  melirmahl  wiederkiiommen'. 

*  als  unwahr  heraasstellt. 

'  «brenriÜirig«  Scbrifteu,  Fiuuphiete.        "  Urfehde. 


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507 


So  liietet  denn  diese  Handschrifi  gleich  dem  CMdlnitser 
Fomelbuche  den  Beweis,  dass  ein  lebendiges  BedUrfiiiss  naeb 
gegenseitiger  Recbtsbelehrang  unter  den  dentseben  Stammes- 
genossen des  angariscben  Reicbsgebiet<ss  bestand. 


Kttner  können  wir  uns  ttber  die  swMte  Handschrift 
fassen.  Sie  fhbrt  den  Titel:  ^Der  Bergstetter  geecbribne  Recht 

und  Freystetter  g^eschribne  Kecht^,  und  hatte,  wie  es  zum 
Schlüsse  heisst,  .Raiinundi,  der  königlichen  Stadt  Tirnaii 
Judex',  zum  Verfasser,  also  eine  Aiut-^person,  den  StaJliichter 
einer  der  bedeutendsten  Coinmunen  Westungarns,  welche,  seit- 
dem Grau  in  Tiu'kenhand  gefallen  (1543).  als  Hanptsitz  des 
ungaiibclien  Reichsprimas  einer  der  Brennpunkte  des  katholi- 
schen Lebens  wurde.  Die  Sehrift  des  118  Folioseiten  zählen- 
den Papierbandes  gehört  der  Selilusshiilfte  des  lU.  oder  schon 
dem  17.  Jahrhundert  an.  Näheres  Uber  Kainmndi  konnte  ieh 
nicht  in  Erfahrung  bnngen.  Es  ist  eine  Privatarbeit,  deren  • 
Zweck  der  Verfasser  zu  Anfang  des  Buches  in  folgenden  ge- 
mUthÜchen  Worten  auaspricht: 

fVon  wegen  der  vaetterlichcn  lieb,  die  leb  gegen  meinen 
Kindern  gehabt,  hab  Ich  angefangen  nach  meinem  geringen 
Verstand  durch  yU  emsigen  Vleiss,  arbeit  vnd  Mtthe  auf  das 
ainffeltigst  zu  verfassen  ein  kurae  nualicbe  und  kleine 
Summa  der  Rechten  oder  Oeseta,  damit  Sj  sich  darinnen 
ttben  mUgen,  bis  Oy  su  etwas  groessem  kommen  Und  rueffe 
des  hejligen  Oeystes  Qnade  an,  der  mir  solch  werk  vollbrin- 
gen helffe,  one  welchen  kein  rechter  anfang  gemacht  vnd  kein 
end  entspriesslich  und  löblich  getroffen  kann  werden'  .  .  . 

Der  Titel  des  Reohtsbuches  und  diese  Eingangszeilen  er^ 
weisen  I  dass  der  Ver&sser  als  berufsmässiger  Kenner  des 
Rechtes  der  königlichen  Freistttdte  im  Allgemeinen  und  der 
westnngarischen  Bergstttdte  im  Besonderen  ein  Handbuch  zur 
Rechtsbelehrung  der  eigenen  Angehörigen  abzufassen  sich  be- 
wogen fand;  anderseits  finden  wir  in  der  Gliederung  und 
Textirung  des  Ganzen  die  Belege  fUr  die  gelehrte  oder  fach- 
liehe  Schulung  Raimundi's. 

So  heisst  es  beispielsweise  im  ersten  Hauptstüeke: 

De  Reetore  et  Gubernatore  civitatis.  ,Von  einem 
Regenten  oder  Verwalter  einer  Stat  oder  Regiments.  Das  1.  Ca- 

AmUt.  LXXXI.  Bd.  U.  Hilf»«.  31 


608 


pitel.  Es  ist  von  nOtten,  dM  ein  Bagierer  oder  Vemalter  emer 
Statt  oder  Regiments  aufs  wenigat  zwey  Ding  an  sich  habe, 
nembfich  Wissenheit  der  Recht  and  Qeseta  und  FOrsichtigkeit 
oder  wehr  und  waffen,  damit  Er  in  Zeit  des  Prides  der  Heu* 
sehen  BoIUieit  abstehen  möge.  Derhalben  wöUen  wir  eratlieh 
Yon  Rechten  und  Gesetsen  und  ftirs  andre  von  Waffen 
und  Wehren  sagen.  De  iustitia  et  jure:  Von  der  Q-erechti^ 
keit  und  von  Rechten.  Das  II.  Capitel:  Die  Qerechtigkeit  ist 
ein  beständiger  und  innerer  Will*  .  .  . 

Dif  Systematik  der  lieliandluii^  gebt  aus  der  Zusiiii.üjen- 
stelluni:  der  Capitel  nach  ihren  Leberschriften  hervor.  Der 
Vertas.ser  selbst  hat  einen  sorglUltig  abgefasbten  Index  der 
klar  und  sauber  gehaltenen  Handschrift  angefUgt 

Das  erste  Buch. 

De  liectore  et  gubernatore  civitatis.  Von  einem 
Rep^enten  oder  Verwalter  einer  Stat  oder  Regiments  das  1.  Ca- 
pitel (Fol.  1).  2.  Von  der  Gerechtigkeit  und  vom  Hech- 
ten (S.  1).  3.  Die  Austaillung  der  Rechten  (S,  2).  4.  Von 
Ursprang  der  Rechten  (S.  3).  5.  Von  Taillung  der  Rechten, 
6.  Warumb  die  Gesetz  gemacht  sejn.  7.  Yon  Maß  und  Qe> 
stak  der  Geseta.  8.  Wie  Gesetz  gemacht  werden.  9.  Wie  man 
nach  dem  Gesetz  vrtaillen  soU  (S.  4).  10.  Wer  zum  ersten 
Geseta  gemacht.  11.  Wer  au  unsem  Zeiten  Geaeta  au  machen 
Macht  habe.  13.  Wann  die  bürgerlichen  Recht  erfunden 
sein.  13.  Was  nicht  gesehrieben  Recht  sein.  14.  Von 
Wirkung  und  Tugendt  einer  guten  Gewohnheit.  15.  Von 
geschribnen  Privilegien  der  besondem  Geseta  und  Frey- 
haiten.  16.  Von  öffentlichen  Instrumenten  und  briff- 
lichen  Urkunden  (S.  5).  17.  Wie  ein  Instrument  onorefftig 
wird  (S.  6).  18.  Von  crafft  der  SigeL  19.  Wie  einem  Sigel 
abbruch  beschehen  mag  (S.  7).  30.  Von  den  Rechten,  ao  die 
Personen  derselben  Güter,  Gewerb,  Verpflichtung  und  recht* 
lieh  Klagförderung  belangt.  21.  Von  gemeinem  underscheid, 
stand  und  weseii  der  Menschen.  22.  Von  der  vätter- 
lichen  Gewalt  (S.  9).  23.  Wie  weit  sieli  die  viitterliche 
Gewalt  über  ihre  Iviuder  ersti-eckt.  -4.  Wie  die  vätterhche 
Gewalt  aufgebebt  wird.  25.  In  wie  vilerley  Weg  einem  die 
Stadt  verbotteu  wird.   26.  Von  Ehestifftungen  oder  Vor- 


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509 


sprechung  und  von  HochseTt  oder  Hejratt  (S.  10).  27.  Ver^ 
sprechen  de  futnro,  d.  i.  auf  kttnftige  Zeit,  werden  aus  drey- 
zehen  Yrsaehen  gebroeben  (S.  11).  S8.  Von  der  Ehe  oder 
GemahUohafft  29.  Von  Verhinderung  der  Ehe  (S.  12). 
30.  Von  den  Nntabarkeiten  der  Ehe  (S.  15).  31.  Von  der 
Klag  wider  die  Ehe  (S.  16).  32.  Von  der  Vogtang  oder 
BeBehirmnng  der  Wa^rsen  (S.  17).  33.  Von  dem  Onrator^ 
Vorsorger  oder  Pflegvater.  34.  Von  vOerley  Tutoren.  35.  Wer 
Tntor  oder  Beschttzer  sein  möge.  36.  Durch  wieviel  Mittl  die 
Tutel  oder  Beschllzung  ir  endschaft  nimmbt.  37.  Wer  Be- 
schüzer  sein  mag.  58.  Wie  man  sich  der  Tutel  cntziclicii  oder 
enUchüldigcn  raag  (S.  18).  39.  Von  verdiiehtigen  Gerhaben 
(Tutoren^  nnd  allerlei  Ursachen  des  VcrJaehts.  40.  Wer  die 
Gerhaben  anklagen  raag.  41.  Von  Straff  der  verdilchti^^en  Qer- 
haben.  42.  Von  tadlhaftigen  und  verworffneii  Contracten. 
43.  Von  der  Wittweu  und  Jungfrawen  Uecht.  44.  Ein 
Weib  kann  one  iren  Mann  nicht  handien  (S.  19).  4.5.  Worzu 
die  Ehe  dient.  46.  Worauf  ein  Mann,  der  lieyraten  wil,  Aelitung 
haben  soll.  47.  Wie  sich  ein  jeder  selbst  regieren  soll  (!S.  20). 
48.  Vom  üaus  Kegimcnt.  49.  Von  der  Weiberzucht.  ÖO.  Wie 
sich  das  Weib  gepfen  den  Mann  halten  soll.  51.  Was  der 
Mann  dem  Weib  zu  thun  schuldig.  52.  Was  die  Eltern  den 
Kindern  schuldig  (S.  21).  53.  Wie  sich  die  Kioder  gegen 
den  Eltern  halten  sollen.  54.  Wie  sich  ein  Hausvattcr  halten 
soll.  55.  Vom  Statt-Regiment  (S.  22).  66.  Von  Statt-Regen- 
ten und  ihren  Aemtern.  57.  Vom  Bürgermeister  (S.  23).  58.  Was 
einen  guten  Rath  findet  69.  Worliher  man  ratfaschlagen  soll. 
60.  Von  der  Rathsherm  Wahl.  61.  Von  des  Richters  Regi- 
ment 62.  Was  anf  dem  Itichthaus  oder  Schrann  zu  thun 
(S.  24).  68.  Was  die  Rathsherrn  thun  sollen.  64.  Von  des 
Fttrsten  Amt   66.  Von  Tyrannen. 

Das  andere  Buch. 

1.  Von  der  Gttter  Recht  (S.  26).  9.  Von  den  Gatern, 
die  wir  durchs  natürliche  Recht  hekommen  (S.  26).  3.  Von 
der  Bienen  Art  und  Gerechtigkeit  (S.  27).  4.  Von  den  aus- 
fliegenden Vöglein.  5.  Von  denen  Thiercn,  so  wieder  zu 
Hause  gehen.  6.  Von  Haus -Vöglein.  7.  Durch  Fangen  wer- 
den wir  auch  eines  Guts  habhaft.    8.  Durcli  Finden.   9.  Wie 

84« 


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510 


man  dureb  Verlas sung  bekommt  (S.  38).  10.  Dmrcb  An- 
scbQtt  der  WasserflaO.  11.  Durch  Waebssen.  IS.  Dordi 
Erraglimg  (Erseugung)  (8.29).  13.  Dnrch  FArbang  (S.aOj. 
14.  Durch  VermiBcbmig  der  nassee  Dingen.  15.  Durch  Yer- 
mischnng  der  dttrren  Dingen.  16.  Durch  Bauung.  17.  Durch 
Pflanzung  (S.  31).  18.  Durch  Säung.  19.  Durch  Schrift. 
20.  Durch  Malen.  21.  Durch  Kaufung.  22.  Durch  Nie- 
ßung  der  Gründl  (S.  32).  23.  Durch  NieÜung  des  Viehe*.. 
24.  Durch  Gebung.  25.  Durch  Ht  \  ratsgut.  26.  Aus  Vtr 
k.iufung.  27.  Von  unleiblicheu  Gutern  (S.  33j.  28.  Von 
Grnnddienstharkeiten.  29.  Von  GebMndedienötbarkei- 
ten.  '50.  \'on  Niessung  (S.  34).  31.  Vom  blossen  Brauch. 
32.  Vom  Brauch  eins  Hauti  fS.  3ö\  33.  Von  Ersit7:ung,  und 
zwar  .  .  .  34,  Von  Präscription.  3Ö.  Von  Ueberkommung 
durch  Geschenk  (8.  37).  36.  Dass  die  Donation,  welche  des 
Todes  halber  geschieht,  widerruft  kann  werden.  37.  Vod 
Hey  ratgut  und  dessen  Speeles  (S.  38).  38.  Was  das  Heyttta- 
gat  aey.  39.  Wann  der  Mann  dem  Weib  die  Wider  lag  zu 
tbun  Bchuldig  fS.  ?)9).  40  Wann  das  Heyratgut  abgefordert 
mag  werden.  41.  Von  Widerzalung  des  Heyratgutes.  42.  Von 
der  Cautel  als  Sicherheit.  4d.  Von  andern  des  Weibe  Gütern, 
2U  Qriechisch  Paraphema  genannt  (S.  40).  44.  Wie  man  dtudi 
Testament  ttberkombt  45.  Was  znm  Teatamentmachen  ge- 
hört (S.  41).  46.  Wenn  man  etwas  schaffen  oder  testuren  mag 
(S.  42).  47.  Was  für  Dinge  mögen  verschafft  werden  (S.  4S). 
48.  Was  ein  GscbftffI  (Legat)  sey.  49.  Wievil  man  TerschaffBii 
mag.  50.  Von  einem  aierlichen  Testament  (S.  44).  51.  Von 
Zengen  des  Testaments.  52.  Warum  die  Testament  antriebt 
werden.  53.  Von  Einsetzung  der  £rben.  54.  Von  £rben  und 
Erbschaften.  55.  Die  Weyß,  wie  man  einsetat  (S.  45).  56.  Die 
Enterbung  der  Söhne.  57.  Von  der  Enterbung  der  Töchter. 
58.  Von  der  Aiter-EinsetKung  (S.  46).  59.  Wann  einer  testiren 
mag  (S.  47).  60.  Von  des  Testaments  Execution  (S.  48).  61.  Auf 
wievil  Weyß  einer  ohne  Testament  abgeht.  62.  \'on  Erh- 
gerechtigk »*it,  so  von  Tcstameut  cnfallet.  03,  Von  Erbschaft 
der  absteigeiuleii  Linie.  64.  Vom  Erblall  der  Beiseittreundcn 
(S.  50).  65,  Vom  Erbfall,  den  aufsteif^enden  Personen  znsrc- 
hörig  (S.  öl).  66.  Vom  Erbfall,  der  auf  die  Weiber  kumbi. 
67.  Wann  die  Kammer  erbet.  68.  Von  der  SchwagerschaÖ't. 
69.  Von  der  schwagerlichen  Freundschafft  (S.  Ö2).    70.  Von 


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Gerechtigkeit  des  fi^insats  in  des  Gestorbenen  Güter.  71.  Von 
Austeilung  der  gemeinen  Dinge  (S.  Ö3).  72.  Von  Ver- 
frembdung  der  Dinge.  73.  Von  den  Exceptionibus  und 
des  Rechte  Wohlthaten  (S.  54).  74.  Von  Gerechtigkeiten, 
deren  rieh  einer  snm  teü  begeben  mag  und  nun  teil  nit  (S.  57). 

Das  dritte  Buch. 

1.  Von  Rechtshandlongen  (S.  58).  2.  Vom  Darleihen,  wel- 
cbee  SU  Lateinisch  Mntuum  heißt  (S.  59).  3.  Vom  Darleihen, 
welches  an  Lateinisch  Commodatum  heißt  (S.  60).  4.  Vom 
Behaltnus  der  Tertrauten  Gut  (S.  62).  5.  Vom  Gläubigen 
und  Tom  Glaubten  (S.  64).  6.  Vom  Pfandt  7.  Von  Ver- 
haissun^'c  n  (S.  66).  8.  Von  Blii  n  (S.  68).  9.  Von  Pacten 
oder  Gedin^an  (8.  69).  10.  AußteiUung  der  Gedingen  (8.  70). 
11.  Die  ander  Teillung  der  Gedingen  (S.  72).  12.  Die  dritte 
Teillung  der  Gedingen.  13.  Wie  die  Peen  in  Gedingen  ein- 
jsrleibt  verwirkt  wird  (8.  74).  14.  Ein  ander  Teillung  der  Ge- 
dingen. 15.  Ein-  und  Austeilung  der  Gedingen.  16.  Von  un- 
möglichen Gedingen.  17.  Von  der  Abhandlung  (S.  76).  1.^.  Von 
scliriftlicher  Verbindung  (S.  78).  19.  Von  Verpflichtungen, 
die  aus  Bewilligung  der  Partheien  beschehen  (8.  78).  20. Vom 
Tausch  der  Dingen  (S.  81V  21.  Vom  HinlaRsen  und  Bestehen 
(Locatio  et  conductio)  (S.  Ö2).  22.  Vom  erblichen  ewigen 
Bestand  (S.  84).  23.  Von  Geselschaft  (ö.  85).  24.  Von  Ge- 
walten (Mandatio)  (S.  86).  25.  Von  Verpflichtungen,  die  ans 
Handlungen,  so  sich  einem  rechtmässigen  Contra  et  vergleichen 
(S.  87).  26.  Von  Bezalung  (S.  88).  27.  Von  Contracten 
(S.  89).  28.  Von  Verpflichtungen  aus  Malefizhändeln  (S.  90). 
29.  Von  des  Diebstahls  Klag.  30.  Von  der  Klag,  die  Dieb- 
stals halber  Abgenommen  (S.  93).  31.  Vom  Wucher  (S.  95). 
32.  Von  der  Falschheit  (S.  97).  33.  Vom  Eirchenraub  (S.  98). 
34.  Von  Räubern,  35.  Von  Jungfrau-  und  Weib  er  raub 
(8.  99).  36.  Von  Strassenräubern  (S.  100).  37.  Vom  Bren- 
nen. 38.  Von  Zauberey  und  Wahrsagung  (S.  101).  39.  Vom 
Todschlag  (S.  102).  40.  Von  des  Todschlags  Straff  (S.  104). 
41.  Wer  Todschlags  halber  klagen  möge  (S.  105).  42.  Von 
Injurie  und  zugefügtem  Schaden.  43.  Von  Schaden,  der 
durch  Unrecht  zugeaigt  (8.  107).  44.  Von  Straff  der  Schaden 
halber  (S.  108).   45.  Von  Schaden,  den  die  Deinigcn  Andern 


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512 


sugetllgt  haben  (S.  109).    46.  Von  VerpflichtungeD,  die  m 

Handlungen,  welche  M^leHzhiindeln  gleicbsehen ,  herflieijeü 
(8.  110).  47.  Vom  Bann  (Ö.  III).  4^.  Wie  sich  einer  vod 
Bezieht  purfi^ire  nnd  i-einifi^ft  (S.  113).  4IJ.  Von  Straff 'S.  1151 
60.  Von  Veränderung  oder  Verwechslung  der  Ötrai'  (Ö.  117;. 


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DIE  FRAGE 

DER 

HERANZIEHUNG  DES  DEUTSCHEN  ORDENS 

ZUB 

VEETHEIDIGUNÖ 

DER 

UNGARISCHEN  GRENZE. 

TON 

D»-  WILHELM  ERBEN. 


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L 


Sehweniirs  Bemflliangeii  um  BnlelLtaiig  eines  ftttter- 
ordens  an  der  nngarlsehen  Orenae. 

Der  Gedanke,  den  Deutschen  Orden  zur  Abwehr  der 
Türken  an  der  ungarischen  Grenze  heranzuziehon.  findet  sich, 
soviel  ich  sehe,  zum  ersten  Male  in  einem  für  Kaiser  Maxi- 
mihan  II.  bestimmten  Gutachten  ausgesprochen,  welches  im 
Frühjahre  1566  entstanden  sein  muss.  Der  Verfasser  dieser 
Schrift  war  Laswirus  von  Sehwendi,  der  AbkömmHng  einer  in 
Schwaben  heimischen  Adelst'amilie,  welcher  seit  den  Zeiten  des 
sehmalkaldischen  Krieges  Karl  V.,  dann  Philipp  II.  in  diplo- 
matischen und  kriegerischen  Missionen  gedient  hatte  und  im 
Jahre  15G4  nach  längeren  Unterhandlungen  mit  dem  Ober^ 
befehle  tiber  das  kaiserliche  Kriegsvolk  in  der  Zips  betraut 
worden  war.  In  dieser  Stellung  hatte  Sehwendi  im  Jahre 
1565  die  kriegerisclien  Operationen  gegen  Johann  Sigmund 
Zapolja  nieht  ohne  Erfolg  geleitet,  freilicli  anck  duroh  die 
Einnahme  Ton  Tokai  zum  Wiedelausbruche  des  Tttrkenkiiegea 
den  Anstoss  gegeben. 

lütten  unter  den  Vorbereitungen  zum  TOrkenkriege  ist 
Sekwendi's  Denkschrift  entstanden.'  Ln  Vordergrunde  des  Inter- 


jBedenkon  was  wider  den  Türken  fürznnchmon  nnil  wio  man  sich  ver- 
halten m«clite,'  gedruckt  in  dp>r  .Oesterreichisrhf^-n  militärisclieu  Zeit- 
schrift', J&lirg.  1821,  ä,  82  ff.,  und  darnach  bei  J  a  n  k  o ,  Lazarus  Freiherr 
von  Sohweikdi  (Wien  1871)»  55  ff.  —  Da  di«  Belagerung  von  Ualta  iae 
Ttigaageiie  Jalir  geeetet  wird  (Jsako,  8.  66)  und  «neb  lehon  von  dem 
eben  nbgeUofenen  Winter  die  Rede  ist  (S.  60),  anderseits  aber  das  Ein- 
treffen der  beanspruchten  Verstürkungen  für  den  Mai  in  Aussicht  ge- 
nommen wird  (8.  62),  so  dOrfte  der  Min  1666  lia  Abfiuaungsseit  des 
Bedenkens  anzusehen  sein. 


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esses  steheD  dem  Ver&sser  natorgemilSB  die  Angelegenheiten  jen« 
KriegsBchaapUtzes^  auf  welchem  er  selbst  das  CSommando  m 
führen  hat;  er  erörtert  aosBihrlich  die  Bedürfnisse  der  oheronga- 
rischen  festen  Pltttze^  bittet  dringend,  ihm  die  zum  Erfolge  ndüit- 
gen  Mittel  aor  Verfügung  za  stelleUi  und  berichtet  ttber  dss 
Verhalten  des  Siebenbttrgers.  Daneben  gibt  er  jedoch  anch 
Raihschliige  für  die  Kriegführung  Im  Übrigen  Ungarn,  welche 
freilich  allgemeiner  gehalten  sind,  aber  gerade  deshalb  in  erhdli- 
tem  Masse  Beachtung  verdienen.  Er  empfiehlt  eine  gnädige  Bo- 
handlung  der  Ungarn,  die  durch  das  GefUhl  der  Zurlicksetzuü^' 
leicht  zur  Untreue  verleitet  werden  könnten;  aber  er  betreibt 
auch  t'ner<j;isch  die  Werixiriir  tüchtigen  Kriegsvolkes  in  Deutsch- 
land nnd  insbeüüudcre  m  Burpmd,  Frankreich,  Lothringen  imd 
den  Niederlanden;  er  räth,  den  risterreichisehen  Adel  starker  als 
bisher  zum  Kriegsdienste  heranz;u/.ielien  und  die  Säumigen  mit 
Veriuüt  der  Standesehre  zu  bestrafen:  er  hält  ea  für  wünschens- 
werth,  dass  der  Kaiser  selbst  Feldobrist  sei,  und  dass  auch 
seine  Bruder  sieh  persönlich  am  Anszufre  betheiügen  möchten 
Allen  seinen  Ausführungen  aber  liegt  der  Gedanke  zu  Grunde, 
dass  nur  im  Defensivkriege  und  in  der  Schaffung  einer  ständi- 
gen Grenzbefestigung  Heil  und  Erfolg  zu  suchen  sei.  Dies  ist 
der  Znsammenhang,  in  welchem  Schwendi  von  der  Verwes* 
dung  des  Dcatscheu  Ordens  redet  Indem  er  an  die  ursprüng- 
liche Bestimmung  dieses  Ordens  erinnert  und  auf  die  Erfolge 
der  Johanniter  hinweist,  welche  erst  im  vorigen  Sommer  den 
Angriff  der  türkischen  Flotte  auf  Malta  so  ruhmvoll  znrtlck- 
geschlagen  hatten,  empfiehlt  er  dem  Kaiser,  au  erwttgen,  auf 
welche  Weise  auch  der  Deutsche  Orden  ^wieder  in  sein  alten 
Stand  nnd  ersten  Beruf  möchte  gebracht  werden,  dass  er  nSmlich 
all  sein  Vermögen  und  Thun  auf  den  Krieg  wider  den  Türken 
mttssfe  wenden,  nnd  dass  sich  die  Ordensritter,  aUe  last  in 
gleichmässiger  Ordnung  wie  die  au  Malta,  in  einem  gewissen 
Platz  in  Ungarn  zum  Krieg  gebrauchen  (lassen)  mflssten,  wie 
solches  wohl  ordentlich  und  stattlich  möeht  ins  Werk  gebracht 
und  die  Bewilligung  einer  solchen  Reformation  leiehdich  bei 
dem  Pabst  und  den  Chor-  und  Fürsten  des  Reichs  möcht  er- 
halten werden,  dann  man  sie  doch  sonst,  da  sie  sich  änderst 
in  ihren  Beruf  nieht  schicken,  wie  Jetzt  die  Zeit  und  Leute 
geschaffcu,  in  Kui'zem  vollends  zerreiüeu  und  zu  Grund  rich- 
ten wird^ 


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517 


In  vielen  l'uaktcn  ist  der  Kaiser  den  Rathschlägen  von 
Schwcndi's  , Bedenken^  gefolgt,  aber  filr  die  Ausführung  so 
^'eitgehender  PlUnc  waren  weder  die  wenigen  Monate  vor  dem 
Anzüge  8uleimans.  noeli  die  unmittelbar  fol«renden  Jahre  gün^^tii^. 
Der  erfolglose  Ausgang  des  mit  grossen  Miltein  untemoniiucnen 
-Feldzuge»  hatte  die  Unzufriedenheit  der  Köichsstiinde  geweckt; 
überdies  wurde  die  Thcilnahme  fUr  die  ungarische  Angelegen* 
heit  auch  durch  die  wieder  aufgenommenen  Unterhandlungen 
mit  der  Fforte  gemindert,  welche  im  Februar  1668  su  dem 
Frieden  von  Adrianopel  führten.  Indem  so  die  allgemeine  Auf- 
merksamkeity  von  den  Oetliclien  Grensen  abgelenkt,  sich  ande- 
ren Fragen  anwandte,  worde  anch  Schwendi  ein  nener  Wirkungs- 
kreis besobieden.  Die  Religionskriege  in  Frankreich  and  in  den 
Niederlanden  begannen  die  angrenzenden  Lttnder  des  Reiches  in 
Mitleidenschaft  zn  riehen.  Deutsche  Söldner,  von  den  kämpfen- 
den l'aitcien  geworben,  durchzogen  das  westliche  Deutsehland; 
einzelne  kriegführende  Parteihäupter  der  Nachbarländer  räch- 
ten durch  Einfttlle  in  deutsches  Gebiet  die  schiecht  gewahrte 
Neutralität;  am  schwersten  litt  der  Rheinhandel  unter  den 
Gcwaltthätigkeiten.  Unter  solchen  Umstünden  wurde  eine 
festere  Organisirong  der  Kriegskräfte  des  Reiches  zum  drin- 
genden Bedürfnisse;  sie  bildete  den  wichtigsten  Berathnngs- 
gegenstand  auf  dem  1569  zu  Frankfurt  abgehaltenen  Depu- 
tationstage und  auf  dem  Speierer  Reichstage  des  darauffolgen- 
den Jahres.  Zu  Frankfurt  hatte  es  Maximilian  erreicht,  dass 
er  zum  Generalobersten  tlber  sttmmtlicbe  Kreise  gewtthlt  wurde; 
SU  seinem  SteUyertreter  in  der  Austtbung  dieses  neuen  und 
wiehtigen  Amtes  hatte  er  Schwendi  ernannt,  der  an  diesen 
Massregeln  den  lebhaftesten  Antheil  nahm.^ 

Es  verstand  sich  bei  dieser  Lage  von  selbst,  dass  auch 
Schwendi's  liath  vor  KrölTnung  des  Reichstages  gehört  werden 
musste.  Von  Zabern  aus  sandt.e  er  am  5.  März  1570  eine 
Denkschrift  an  den  Kaiser,  in  der  er  seine  Gedanken  |Uber 


*  Yg\.  Bezold,  Briefe  des  Ffalz^rafen  Johann  Casimir  T,  73.  Zn  kriege- 
ri.schein  FinThreiten  ist  es  während  der  kurzen  Amtefübrung  Schwendi's 
nicht  gekouinien;  als  aber  zu  »Speier  die  Fra^e  seiner  Belohnun^^  zur 
bprache  kau,  konnten  ihm  MaiuiA  uud  Oetiterreicb  uachriihmen,  dsu6»  er 
flflin  Amt  fl«iMig  Tetaehan  und  groMe  Kotten  «nf  Kuntiaehafton  wntgt^ 
braucht  habe.  Wiener  Stattiarehiv,  Maüuer  Beichrtagaactftn,  Füe.  66, 
F.  W,  860^ 


ÖlB 


den  jetzigen  Stand  and  Wesen  des  heiligen  Beichs,  unser« 
lieben  Vaterlandes',  zuNUimieiiiasste.^  Schwendi  vergass  hiebei 
nicht,  neben  den  eben  erffrtertsn  Fragen  auch  die  Bedttrftiine 
der  (totUeben  Beichslllnder  mit  einsubesiehen.  E2r  wiederbolle 
seine  BathacUige  Uber  die  Befestigong  der  nngarischen  Qrenie, 
forderte  eine  beaaere  Kriegsttbong  Tom  dentBcben  Adel  und 
yerlAngte  auch  Bier  die  Verpflansnng  dee  Dentaehen  Otdeni 
nach  Ungarn.  Kau  mOge  dem  Orden  einen  Plata  in  üngani 
snr  Reddens  anweisen  und  ihm  alle  im  offenen  Kriege  ge- 
machten EiToberungen  zu  Eigen  geben.  Dadnrch  würde  nicht 
nur  dem  Grenaweaen  genUtil»  aondm  ea  würde  zugleich  eine 
Art  von  Ritlerachule  geachaffen  werden,  aus  welcher  in  der 
Folge  die  beaten  Befehlshaber  und  HeerftÜtrer  hervorgehen 
würden.' 

Noch  vor  EröfFnuno^  des  Reichstages  wtu-de  Schwendi  zum 
Kaiser  beschieden,  uud  der  grösste  Theil  seiner  Vorschläge 
fand  Aufnahme  in  der  Proposition,  die  am  lo.  JuH  den  ver- 
sammelten Stünden  vorgetra^r^'n  wurde.  Aber  desOrden6[)i  tes 
war  hier  nicht  gedac  ht:  MaxiiuiHan  wollte  wohl  abwarten,  wie 
sich  der  Reichstag  zu  anderen,  dringenderen  Anträgen  stellen 
würde.  Erst  als  die  Antwort  der  Stünde  auf  den  der  Türken- 
hilfe  gewidmeten  Punkt  der  Proposition  vorlag-,  ruckte  der 
Kaiser  mit  dem  neuen  Gedanken  heraus:  ,Zur  Erleichterung 
der  Kosten,'  so  hiess  es  in  seiner  am  27.  August  den  Ständen 
aberreichten  Erklärung,  ,und  damit  derselben  Enden  erat  mehr 
Kriegszucht  und  Tugend  verpflanzt  und  aolche  gute  geübte 
Kriegaleut  unter  dem  Adel  gezUgelt  werden  möchten,  deren 
man  sich  zur  Regirung  des  andern  Kriegsvoika  bedienen  möcht^ 
sei  ihrer  kais.  Majestät  su  GemUthe  kommen,  weamaßen  vor 
Zeiten  die  lieben  Vorfahren  und  alten  Deutschen  durch  Anstel- 
lung und  Anordnung  etUch  ritterlicher  Orden  und  Unterhaltaiig 
vieler  adelicher  und  ritterlicher  Peraonen  . . .  viel  anagerichtat 
So  stellen  die  kaia.  Majeetüt  hiemit  lu  der  Stünde  wofanaiali- 
chem  Nachgedenken^  ob  nicht  bei  jetaigen  Zeiten  ...  ein 
ritterlicher  Orden  au  Einführung  dea  deutachen  Adeta  und 


*  Vergleiche  über  diese  bisher  ungerlnukte  Sclirift  Kluokliohii.  Allpem 
Deutsche  Biographie  d3»  990 1»  und  Janssen,  Gescliichte  des  deutsches 
Volkes  4,  281  ff, 

*  Jausseu,  4,  284. 


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519 


Pflanzung  männlicher  Tugend  and  beharrlicher  Gegenwehr  . . . 
auf  der  Frontier  an  einem  oder  mehr  gelegen  Fiats  nnd  Ort 
angeordnet  werden  mOchte'.  ,Darch  sein  männlichea  Znthun 
und  hoehntttaliche  Gegenwehr/  so  sehloss  die  Erklirung,  wttrde 

der  neue  Orden  bald  , soviel  Ansehen  gewinnen,  dass  mancher 
begierig  wäre,  denselben  auf  mancherlei  Weise  zu  stÄrken^* 

Als  der  Kui iui stenralh  an  die  Besprecluiiif^  der  kaiser- 
liclien  Erklärung  herantrat,  vertrat  Sachsen  mit  Entschieden- 
heit die  Ansicht,  es  sei  nicht  Sache  des  Reiches.  Orden  zu  er- 
ricliten,  und  am  wenigsten  hätten  die  An^'-chörip;en  der  Augs- 
burger Coiifi  ssion  damit  etwas  y.n  thun;  nachdem  auch  die 
übrigen  Stimmen  erklilrt  hatten,  lucht  zu  wissen,  wie  die  Sache 
ins  Werk  zu  setzen  sei,  kam  man  zunächst  überein.  der  Kaiser 
möge  auf  die  Mittel  zur  Durchftlhnmg  des  Planes  bedacht 
sein;  sobald  nähere  Vorschläge  gemacht  wären^  wUrde  man 
eich  femer  darüber  erklären.  Als  aber  in  einer  zweiten  Be- 
rathang der  Erzbiechof  von  Main:^  ^  erlas,  was  über  das  Er- 
gebniss  der  ersten  zu  Papier  gebracht  worden  war,  da  schien 
es  fast  allen  Mitgliedern  des  KiurfUrstenrathes  au  gewagt,  von 
den  Mitteln  der  DurchfUhrang  an  sprechen.  Un<)  i^achdem 
auch  der  Fürstenrath  gewillt  war,  das  geplante  Werk  dem 
Kaiser  ^ttnalich  heimausteUen',  so  beschloss  man,  diesen  Punkt 
mit  möglichst  knrzen  Worten  absuthnn.  Die  Ueberzeugung  yon 
der  Ntttalichkeit  des  Gedankens  konnten  die  Stände  in  ihrer 
Duplik  allerdings  nicht  nnterdrücken;  ,dieweU  aber  dies  neue 
Werk  ganz  weitUlafig  und  den  Stünden  nnd  Gesandten  der 
Oerter  Gelegenheit  unbekannt',  so  seien  sie  nicht  im  Zweifel, 
,ihr  Majestllt  werden  in  diesem,  was  dem  Beich  und  gemeiner 
Christenheit  znm  Besten  gelangen  mag,  wol  nachzudenken 
wissen'.* 

Fragen  wir  nach  Aem  Gründen  dieser  ablehnenden  Ant- 
wort, 80  liegen  sie  zum  guten  TheUe  in  der  unklaren;  jedes 

bestimmten  Vorschlages  entbehrenden  Form  der  kaiserlichen 

Erklärung.  Sollten  die  Kcichsständc  ernstlich  zur  Theilnahme 
an  dem  von  Schwendi  angeregten  Plane  herangezogen  werden, 


^  Wi«n€r  SkulaajreliiT,  Malnsar  Beidutagneleii,  Faw:.  67,  t  S88. 

*  Die  Protokolle  der  Boratirnngen  der  Kurfnn4ten  am  31.  Aagnst,  2.  und 

7.  September  in  dem  Fase.  66  der  Mainzer  Reichstagsacteili  t  218\ 
834  nad  266}  das  Conoepi  dar  DnpiÜc  im  Fase.  67,  f.  892. 


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690 

dann  maaBte  fluien  die  Art  der  Darchftkhnmg  com  Mincle^^ten 
«ngedentety  es  mciMte  ihnen  mitgetheilt  werden,  was  der  Kaiser 
hieza  beisutnigen  gesonnen  wäre  und  mwiefern  er  ihre  Hilfe 
in  Anspruch  nehmen  wolle.  Statt  dessen  waren  alle  diese 
Punkte  mit  Schweigen  ttbei^ngen  worden,  ond  selbst  die  Er 
wähnung  des  Deutschen  Ordens,  an  dessen  Verwendung  ausser 
Schwendi  doch  auch  der  Kaiser  in  erster  Linie  gedacht  habes 
muss,  war  sorgfilltig  vermieden.  So  wurde  den  Ständen  die 
Berathang  erschwert  und  wohl  auch  die  Beftrchtung  wach- 
gerufen, dass  zur  Aufrichtung  des  neuen  Ordens  die  finannel- 
len  Kräfte  des  Reiches  angespannt  werden  sollten;*  denn  msa 
hatte  sich  gewöhnt,  die  Frage  der  ungarischen  Grenavertheidi» 
gung  nur  vom  Gesichtspunkte  der  lästi^ren  Steuern  aus  zu  be- 
trachten. Zu  dem  Misstrauen,  welelies  die  unklare  Fassung 
der  Erklärung  erzeugt  hatte,  gesellte  sich  die  Abnei^un^'  der 
Stände,  sieh  mit  den  Details  einer  Frage  zu  befassen,  die  sie 
als  innere  AiiL^elej^enlieit  Ungarns  und  der  österreicbischen  Erih 
lande  anf^tssehen  ^Yis^^en  wollten. 

öo  war  der  erste  Versueli,  den  Gedanken  Schwendi  s  in 
die  Wirklichkeil  zu  überaetzen,  j^änzlich  gescheitert.  Das  einzige 
Ergebniss  der  ganzen  Action  war  die  Versicherung  des  Kaisern, 
der  Sache  mit  allem  Fleisse  weiter  nachdenken  zu  wollen.' 
Immerhin  hätte  auch  dieses  magere  Versprechen  eine  Bedea- 
tnng  erlangen  kOnnen^  wenn  M^umilian  sich  dadurch  ver- 
anlasst gefühlt  hätte,  die  Ausführung  des  Projectes  durch 
solche  Schritte  vorzubereiten,  zu  doien  er  einer  besonderen 
Ermächtigung  yon  Seiten  der  Reichsstände  nicht  bedurfte.  Kr 
konnte  vom  ungarischen  Landtsge  die  Zussge  der  Unte^ 
Stützung  verlangen  und  im  Einverständnisse  mit  ihm  und  des 
Ständen  der  eigenen  Erblande  die  Ausftlhning  eiOrtem,  oder 
er  konnte  in  directe  Verhandlung  mit  den  beiden  in  Deutsch- 
land bestehenden  Kitterorden,  dem  Deutschen  und  dem  Johsn- 
niterorden,  treten.  Der  letztgenannte  Weg  Isg  um  so  näher, 
als  hier  auf  die  Mitwirkung  des  Papstes  und  des  KOnigs  von 
Spanien  gerechnet  werden  durfte  und  als  der  Hochmeister  des 

*  Jkm  adebe  B«4enkeD  mitginpielt  haben,  ISut  das  in  der  Torigan  An« 

raerknng  anireflllirto  Concopt  der  DupHk  erkennen,  wo  die  Worte  ,ohne 
Beschwi-nni.s  dor  h>tHnde'  an  den  Hand  geaetsti  dann  aber  doch  wieder 
go.stricluMi  worden  sind. 
^  Triplik  des  Kainer«.  Maiaxer  Beichstagsacteii,  Fm»c.  &7,  f.  399. 


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521 


I>eatBch6ii  Ordens,  der  vor  AUem  in  Betracht  kam,  gerade  in 
den  letsten  Jahren  wiederholt  die  Hilfe  des  Kalsera  in  An- 
spruch genommen  hatte.^  Maximilian  hat  von  alldem  nichts 
gethan.  Schweodi  suchte  allerdings  den  Bruder  des  Kaisers, 
E^hersog  Karl,  fitr  die  Sache  zu  gewinnen,  um  wenigstens 
auf  kleinerem  G^ehiete  seine  Gedanken  zu  yerwirklichen.  Nach 
dem  Kriegsplane,  welchen  er  den  im  April  1574  zu  Graz  yer- 
sammelten  Aosschfisaen  der  innerOsterreichischen  Stttnde  vor* 
trug,  sollte  den  Deutsehen  und  Johanniterhäosem  die  Unter- 
haltung einer  Anzahl  von  Pferden  an  der  Grenze  auferlegt 
werden.'  Aber  auch  diese  den  innerOsterreichischen  Ständen 
gegebene  Anregun^^  bat  keinen  praktischen  Erfolg  gehabt.' 

Maximilian  ^va!•  in  der  zweiten  Hälfte  seiner  Regierung 
von  anderen  Gedanken  in  An.s])rue}i  genommen.  Seine  wieder- 
holten Bemüluuigcn  um  die  Krone  von  Polen  verliefen  ebenso 
resultatlos  als  vordem  die  auf  Centralisation  der  Keichskriegs- 
macht  gerichteten  Pläne.  Mit  um  so  grösserer  iSorgialt  wurden 


*  Schwarz,  Briefe  und  Acten  sur  6e  (  I  i  hte  Maximilians  II.  1,  40  u.  85. 
■  Diiuitz,  (jeschicbto  Krains  3.  42.    Im  onpfsten  Zu«Amnjpnhanf^o  mit 

dem  von  Dimitz  auszugüwuihü  niit}i;'Otheiltt'n  Kriep'splanp  steht  ein  von 
Schwendi  verfasstea  , Verzeichnis  einer  HeratschlHguu(^  wie  man  wider 
den  Türken  kriegen  ning',  wovon  die  Hs.  Viti  der  Wiener  Hofbtbl.  auf 
f.  S— 20  eine  Abichrift  entfallt;  in  Betreif  des  Bitterordens  whreibl  bier 
Scliwendi,  Ibre  Dnreblaneht  (damit  kann  aaeb  den  Zniammenbange  nur 
Erzherzog  Kar)  gemeint  nin)  hXtte  vifh^  IVsache,  hiemit  in  ihren  Erb- 
landen den  Aiifanj*'  zu  marhon,  ,tlerg'c.'<talt,  dass  Ihro  Purchl.  alle  ih'utst  hn 
HStiscr  aufh  dio  Jolianneser  Häuser,  die  billieher  für  iiir  Vaterland  und 
Obrigkeit  dann  anf  dem  Moer  für  andere  streiten,  desgl.  die  KlOster  in 
ihren  Erblanden  anf  eine  gewisse  Anzahl  Pferd  taxierten  und  ihnen  auf- 
erlegten dieselben  Pferd  an  einem  gewissen  Ort  und  Plats  anf  der 
Frontiere  sn  unterballen  and  sich  der  ersten  Einsetaung  und  der  Sta- 
tuten ihres  Ordens  nach,  welche  man  auch  jetziger  Gelegenheit  und 
Notdurft  reformieren,  ändern  und  bessern  inöclite,  an  dem  Feind  stttig- 
lich  gebraiiclien  zu  laasen  und  dass  sondcrlit  li  keiner  von  dauueu  nit 
möt  lit  abziehen  noch  zu  ainicher  Komenterey  nicht  möchte  kommen,  er 
hätte  denn  seine  Anzahl  Jahr  ausdient  und  dieselbe  durch  sein  ebriicb 
Wolbalten  tot  andern  Terdient»  dase  er  auch  alsdann  ein  andern  jungen 
Ordensbruder  an  seine  Btatt  verordnete*. 

*  Dem  die  innerSsterfeichischen  Oeseadten  auf  dem  Beicbstage  Ton  1676 
in  irgendeiner  Form  das  Ordensproject  anregten,  wie  Valvasor,  XII, 
48,  berirlitpt,  ist,  nachdem  schon  1574  in  Graz  davon  die  Rode  pewoson 
war,  naturlu  ii  nicht  .aiispesclih>.sson ;  aber  auch  dieser  Autrag  geht  dann 
indirect  wieder  auf  Schwendi  zurück. 


632 

die  Verhandlungen  über  die  Nachfolge  in  Ungarn,  Böhmen 
und  im  Reiche  geführt,  die  sich  bei  der  wankenden  Gesund- 
heit des  KaiBen  als  nothwendig  herausstellten.  Erst  nachdem 
in  den  beiden  östlichen  Königreichen  die  Erhebung  Rndel6 
erreicht  worden  wnr^  traten  im  Oetober  1575  zu  Begensbmg 
die  deutschen  Kurfürsten  susammen,  um  die  Wahl  eines  rOmi- 
sehen  Königs  vorannehmen ,  die  nach  des  Kaisers  Wunadi 
ebenfalls  auf  seinen  ältesten  Sohn  fiel. 

Der  Wahltag  bot  aber  gleichseitig  Gelegenheit,  aoch  die 
sonstigen  Angelegenheiten  des  Reiches  von  neuem  in  Berathang 
zu  ziehen.  Zu  diesem  Zwedke  war  neben  anderen  Grafen  and 
Herren  aucb  Schwendi  vom  Kaiser  mit  der  fSinladung  beehrt 
worden,  in  Regensburg  zu  erscheinen;^  er  leistete  dieser  Auf- 
forderung Folge  und  wurde  von  Maximilian  zu  verschiedenen 
Aufgaben  lierangezocren.'  insbesondere  zur  Ir'eslstelhmg  dessen, 
was  auf  (liMii  l{(nchsuif,'e  zu  beratheii  wilre,  zu  dessen  Ein- 
berufung für  tlus  folgende  Jahr  die  Kurfürsten  ihre  Genehrni- 
g^in^»"  ertheilton.  Koch  während  der  Atnvesenheit  des  Kaisers 
in  I\«'o;eiisburg  seheint  ein  von  Jörg  Ilsung,  Landvoirt  in  Seliwn- 
beii,  gemeiuöam  mit  Sehwendi  verfasstes  ,BeHlenken,  was  auf 
kUnftip^en  Keichstag  zu  handeln*,  entötanden  zu  sein.*  Sicher- 
lich war  e.s  Seliwendi,  der  in  dieses  Schriftstück  abermals  sein 
Project  betretfend  den  Kitterurdtu  elnfliessen  Hess,  und  der 
damit  den  Anstoss  zu  einer  neuerlichen  und  weit  gründlicheren 
Behandlung  der  Frage  gab.  Weil  die  Erhaltung  der  Frontieren 
zu  Friedens-  und  Kriegszeiten  ein  ewig  Ding  sein  mllsse,  so 
möge  der  Kaiser  die  Kurftlrstcn  erinnern,  ,das8  man  auf  ein 
Ritterorden  wie  bei  andern  Potentaten  und  vor  Zeiten  auch  im 
Boich  geschehen,  bedacht  sei  und  den  Deutschen  Orden  dahin 
reformire  und  stärke';  zu  diesem  Zwecke  mOge  der  Kaiser  dem 
Orden  ^ediche  Orttnispittts  eingeben  und  mit  merem  Commen> 
dareien  und  anderm  Einkommen  und  in  allem  so  mOglich,  die 
Hand  bieten/  Derselben  Zeit  dttrfte  ein  Verzeichniss  der  auf 
dem  künftigen  Reichstage  zu  erledigenden  Gegenstände  an* 
geboren,  an  welchem  Schwendi  ebenfalls  betheiligt  war,  und 


*  Sch  n  t*  i  (U,  VollgtandigeQMchichted«rfflmiichenKflnig»-WahlB«dirf^l»IL 

(Wiraburg  1792).  357. 

*  Schneidt,  S.  536. 

*  Wiener  Staataarcbiv,  Reichsta^sacteu  der  Beichakauzlei  1676,  tom.  1,  Orig. 


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5S3 


in  dem  die  yVerwendiuig  des  teutschen  Ordens  sum  Bitter- 
Orden  auf  die  Frontier'  an  zweiter  Stelle  aa%enommen  ist' 

Die  Vorarbeiten  Air  den  Reichstag  bescliäftigten  Sehwendi 
such  nach  Schlnss  des  Knrflirstentages.  In  einem  Briefe,  den 
er  von  seinem  elsSssischen  Gute  Eienzheim  aus  am  26.  No- 
Temher  an  den  Kiuser  schrieb,  empfahl  er  ,die  Fortsetzung 
des  Ritterordens  zu  we)B:en',  dem  Kaiser  ,norhmal8  zu  hoch- 
fleiÜiger  ^ädigister  Befurdrung'.  Seinem  Briefe  fügte  Scliwendi 
ein  besonderes  Schriftstück  bei,  in  welchem  er  gemeinsam 
mit  Carlowitz  und  Dsung  darlegte,  was  noch  vor  Eröffnung 
des  Keichstages  in  dieser  Sache  zu  unternehmen  wäre.*  Vor 
Allem  war  hier  die  Notliwendigkeit  hervorgehoben,  zuverläs- 
sif^e  Kenntniss  von  dem  Vermögen  und  der  Leistungsfähigkeit 
des  Ordens  zu  erlangen,  und  es  war  eine  Anzahl  von  Män- 
nern naiiiliatt  i:('iri'((  ht,  deren  man  sich  hiebei  bedienen  könnte. 
Daneben  müsse  auf  dem  nächsten  ungarischen  Landtage  fest- 
gesetzt werden,  welcher  Platz  dem  Orden  zu  überlassen  sei 
und  ob  ihm  für  etwaige  Eroberungen  das  Eigenthumsrecht  — 
unter  Vorbehalt  der  Rechte  des  Kaisers  —  zugestanden  würde; 
für  den  Anfang  würde  es  genügen,  nur  einen  Ort  ein/nr-iumen, 
Kanisza,  Raab,  Papa  o.  dergl.;  aber  es  solle  dem  Orden 
vorbehalten  bleiben,  seinen  Besitz  der  Verproviantirung  halber 
durch  Ankauf  oder  lehensweise  zu  erweitern.  Ferner  müsse 
sich  der  Kaiser  entschliessen,  durch  welche  Mittel  er  den 
Orden  zu  stftrken  gedenke;  yErfolglassnng^  der  Comthuraen  in 
den  Erblanden,  Einyeileibnng  der  Johanniterhäuser  und  Ein- 


*  £beuda;  da»  Schriftstück  igt  undatirt  und  niclit  uutorzeirhiiet,  aher  die 
in  dorao  eitigeirageno  Aufschrift  ,Vers&aiühuiti  etlicher  Artikel  durch  die 
kai.  Ift  auf  künftigen  Beickstig  an  kandeln  nnd  m  erledigen*,  rttkrt 
von  Sehweadi^f  Hand  her. 

*  Der  Brief  Schwendi*t  vom  S6,  November  (Otig.)  nnd  ,der  verordneten 
Käthe  Gaetbedenken»  wha  in  Anrichtung:  dr^s  Rittorordens  zu  Ungern  und 
auf  dio  Tfandlung  80  auf  künftigem  Reich^ta^  dorwegen  vor  der  Hand, 
raittler\\ eil  xu  bedenken  nnd  zn  thnon  welle  von  npfen  sein',  hoidc  in 
den  Reichstagsacten  der  Reichskanzlei  1576,  tora.  1.  Die  letztgenannte 

Schrift  Ut  in  dorM»  al*  «Der  SO.  kai.  Ht  drei  verordneten  Rftthe  nem- 
lieh  Chr.  v.  Cerlowiti,  JSif  Ybniig*«  nnd  L.  v.  Sehwendi*«  Bedenken 
Sher  AMtellnng  de«  Bltterordene  in  Ungern*  beMicbnet,  ist  aber  blos 
von  Sehwendi  und  Ilsung  unterzeichnet;  Cerlowitz  wird  wohl  nur  in 
Repensbnrp  nn  der  Borathmiß:  theilpenommen  haben,  inde^  Ilsung 
ßchwendi  hin  auf  Koine  Elsäaser  Besitzungen  begleitet  haben  dürfte. 
jlrchiT.  LJLXXl.  M.  II.  U&lft«.  85 


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624 


Ziehung  TerOdefer  Klöster  smd  die  wichdgBten  Uawrogelii, 
welche  die  Räthe  sa  diesem  Zwecke  empfehlen.  Um  dem 
Reichstage  einen  ordentÜehen  Discnrs  und  aosltlhrlichen  Bericht 
über  die  Frage  vorlegen  zu  können^  sei  es  nttthig^  dem  Deut- 
schen und  dem  Johanniterorden  schon  jetst  ihre  Statuten  ah- 
auTerlangen,  damit  die  Räthe  rechtaeitig  in  dieselben  Einsicht 
nehmen  könnten;  yielleicht  wttrde  es  auch  nfltalich  sein,  in 
Florena^  Savoyen  und  Spanien  über  die  dortigen  Ritterorden 
anzufragen.  Endlich  müsse  der  Deutschmeister  aufgefordert 
werden,  persönlich  auf  dem  Reichstage  zu  erscheinen,  und 
müsse  ihm  anbefohlen  werden,  alle  seine  Landcomthure  mit> 
zubringen. 

Ein  besonderer  jDiscurs',  welchen  Schwendi  ül)orfli('s  <ler 
Fra^<'  f^^owidmct  zu  haben  «scheint/  ist  uns  nicht  erhalten,  doch 
ist  sclidii  ans  dem  liier  ( t«'.«ai^"tiMi  cr.sichtlich,  wie  energisch 
Schwendi  für  seinen  IMan  eintrat.  i>er  Misserfoig  zu  Speier 
hatte  ihn  keineswegs  entmuthigt,  sondern  vielmehr  angespornt, 
seinen  Gedanken  besser  zu  begründen  und  mit  umsichtiger 
Fürsorge  das  Gelingen  der  neuen  Action  Torzubereiten. 

Und  in  der  That,  wenn  Maximilian  Schwendi's  Rath- 
schlagen folgte  und  seine  Autorität  für  die  Sache  einsetzte, 
dann  waren  begründete  Aussichten  auf  Erfolg  Torhanden,  denn 
gerade  jene  Partei  des  Reichstages,  die  sonst  überall  den  Mass- 
nahmen des  Kaisers  ihren  Widerstand  entgegensetzte,  war  flbr 
das  Froject  gewonnen,  ehe  der  Reichstag  zusammentrat,  und 
hatte  mit  Eifer  den  neuen  Gedanken  in  ihr  eigenes  Programm 
aufgenommen. 

Seit  dem  Regeusburger  Wahltage  war  tl(^n  Kurfürsten 
zur  Genüge  bekannt,  dass  die  Frage  der  Türkonliihi  aherraals 
einen  Hauptgegenstand  in  den  Beratliun^^en  des  niichsteii  IJeichs- 
tatre.s  bililen  würde.  Kurfürst  Friedrich  von  der  Pfak  vrr- 
säumte  deshalb  niciit,  in  der  Instruction,  die  er  seinen  zum 
Keichstage  abgehenden  Kätheu  am  4.  Juni  157(5  ertheilte,'  auf 


*  In  dem  oben  betprodbenen  »Qaetbedankon*  htM  m  dort,  wo  tod  d«r 
NoUbwendigkeit  geredet  wird,  dem  kanfti^n  BeichstA^  einen  anrführ» 
liehen  Bericht  vorsulegen:  ,bo  int  zu  dieser  Verfufong  in  dei  fWi 

8rbwpn<li  'nincur»  auch  ein  guter  Anfancr  gemacht.' 

•  In  ausführlichen  Aussjttg««  ^«'i  l  iiizelnen  Punkten  der  f'ropositwa 
mitgetheilt  von  Uäberlin,  Neueste  teutäche  Keichi»ge8chichle  lü,  f?.  15, 


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525 

Jifittel  und  Wege  hinsaweisen,  die  ihm  geeignet  schienen,  eine 
neuerliche  Tttrkenetener  abaenwenden  oder  mOglichBt  zu  ver- 
iringero.  Von  einem  Offensivkriege  wollte  der  Kurftlrst  von 
^ornehmin  nichts  hören,  man  solle  Tielmehr  trachten,  gleich 
Anderen  Staaten  m  einem  dauernden  Frieden  mit  den  Tiirken 
xii  jBrelangen.  Sollte  aber  eine  Defensivhilfe  verlangt  worden, 
dann  lasse  sieh  kein  bessere»  Mittel  vorschlagen  als  die  Stiftung 
etlicher  Orden,  die  man  auf  die  tiirkisehe  Grenze  senden  und 
■mit  jährlichen  Einkünften  versorgen  könne.  Um  die  Mittel  zur 
Gründung  und  Krhaltung  der  Orden  war  der  Kurfüröt  nicht 
verlegen.  Vor  Allem  seien  die  Palliengelder  and  Annaten,  die 
nach  der  Meinung  Friedrichs  ohnehin  anfangs  wider  die  Tiir- 
ken eingeführt  wttren,  heranzuziehen,  daneben  aber  aach  die 
Güter  der  eingegangenen  Kloster.  Für  weitere  Stttrkong  wür- 
den KOnigCi  Fürsten  and  Herren  ohne  Zweifel  sorgen^  aach 
sei  dem  Orden,  was  er  erobert^  vom  Reiche  als  Lehen  an 
Überlassen*  Der  Knrfftrst  zögerte  auch  nicht,  seinen  R&then 
den  Lazarus  Ton  Schwendi  als  eigentlichen  Urheber  des  Planes 
namhaft  an  machen,  und  befahl  ihnen,  sich  mit  diesem  in  Ver- 
bindung zn  setzen  und  unter  allen  Umstftnden  -anf  dem  Vor* 
schlage  zu  beharren;  aueh  wenn  es  infolge  des  von  der  Geist- 
lichkeit zu  erwartenden  Widerstandes  nicht  zu  einem  einheit- 
lichen Bt^sehlusse  käme,  solle  doeli  der  Antrag  an  den  Kaiser 
gebracht  werden.  Aueb  wJthrend  der  Iieichf«tagsverhandlungen 
ist  Friedrich  in  der  Correspondenz  mit  seinen  /n  liegensburg 
weilenden  Käthen  wiederholt  auf  diesen  Punkt  zuiückgekom- 
men,  und  bis  an  sein  Lebensende  hat  er  ihn  im  Auge  behalten.' 

Neben  dem  Kurfürsten  von  der  Pfalz  hatten  noch  andere 
Vertreter  der  protestantischen  Partei  Schwendi's  Plan  zu  dem 
ihren  gemacht.  Die  rührigen  Chrafen  der  Wetteraa  hatten  im 
Verein  mit  Gkmbens^  und  Standesgenossen  aus  anderen  Theilen 
des  Reiches  auf  dem  Regensbuxger  Wahltage  eine  Supplik 
überreich^  welche  die  Beschwerden  des  Standes  zusammen« 
ftsste  and  insbesondere  die  allgemeine  Zulassung  der  Augs- 
burger ReligionsTcrwandten  zu  den  Stiftern  und  geistlichen  Bene- 
ficien  forderte.    Nachdem  dieser  Schritt  auf  dem  Wahltage 


SO  tt.  •.  w.;  das  Dstnm       Klaokholiii,  Briefe  Friedrieh  des  Frommen 

2,  966. 

^  Klnckhohn,  s.  a.  O.  2,  970,  9U,  Anm.  1,  9S6  and  1021. 

36« 


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626 

ohne  Erfolg  gewesen  war,  wurde  er  gleich  zu  Beginn  des 
Reichstages  erneuert;  in  erweiterter  Gestalt  wurde  die  Bitt- 
schrift TOigebracht.  Indem  nun  die  Grafen  und  Herren  sich 
bemttfaten,  neben  den  schon  frtther  angeflüirten  GrOnden  für 
die  Freistellung  noch  weitere  beizubringen,  und  indem  «o 
trschteten,  die  Einwendungen  der  katholischen  Stinde  ma  mat- 
streaen,  bot  sich  ihnen  ein  mit  Scbwendi's  Project  Terwmndtei 
Auskonftsmittel,  um  beide  Parteien  wa  befriedigen.  Die  in 
kirchlichen  Beneficien  gelangten  Evangelisehen  sollten  hiiAb 
▼erpflichtet  sein,  dem  Kaiser  und  Reich  Kriegsdienste  so  Idstsn, 
und  sollten  sich  vor  ÄUem  wider  die  Türken  gebrauchen  lassen 
nach  dem  Muster  der  in  anderen  Landern  bestehenden  geiat> 
heben  Orden,  ,denen  der  eheliehe  Stand  nicht  Torboten  wire^ 
und  die  doch  geistliche  Gflter  und  Stifter  ohne  deren  Sehmile- 
rung  und  Zerreissung  genOssen^  Die  Bittsteller  yeigaasen  nicht 
daran  zu  erinnern,  welch  wohlthtttige  Wirkung  diese  Binrichtung 
auf  die  Wohrverhältnisse  des  Reiches  haben  wUrde,  und  wie 
dadurch  die  iiistigen  Contribiitioneu,  wenu  nicht  beseitigt,  so 
doch  verringert  werden  könnten.' 

Ohne  Zweitcl  haben  auf  die  giiiistige  Aufnahme,  welche 
das  Ordensproject  auf  dnii  äussersten  Flügel  der  evangelischen 
Partei  fand,  die  persönlichen  Beziehungen  eingewirkt,  welche 
Sehwendi  zu  einflussreichen  Protestanten  unterhielt.*  Aber  auch 
in  sachlichen  Punkten  ))erührten  sich  Schwendi's  An  u  hten 
mehrfach  mit  den  politischen  Forderungen  der  Pfälzer.  Zu 
Zeiten  Karls  V.  ein  eifriger  Anhänger  des  Kaisers  und  an  der 
Durchführung  des  Interims  hervorragend  betheiligt,  war  Sehwendi 
während  seiner  niederländischen  Wirksamkeit  immer  mehr  von 
dem  streng  katholischen  Standpunkte  abgekommen.  Unter  Maxi- 
milian II.  hatte  er  nicht  nöthig,  seine  Gesinnungim  au  verbw* 
gen;  fireimUthig  äusserte  er  sich  zu  wiederholten  Malen  Uber 
den  religiösen  Zwist  und  trat  ein  flir  Ausschliessung  alles  frem- 
den Einflusses  und  volle  Toleranz  beider  Bekenntnisse;  ja^  auch 
die  Forderung  der  Freistellung  hat  er  gerade  auf  dem  Regens- 
burger  Reichstage  in  einer  eigenen  Denkschrift  ▼erfochten.'  £i 

»  Häberlin,  10,  270  1 

*  Lo8!«en,  Der  külui.sche  Krieg  1,  306|  404,  und  Kiuckhohn,  Allgeia. 
deutliche  Biographie  äü,  '6^1. 

*  JAusaeu,  Geachichto  det  dentochen  Volke«  4,  465,  und  Klackhoha, 
a.  a.  O.  Hoch  1688  wandten  «ah  die  Weltaiaiwr  Gfnfm  an  8ebv«n<i  ia 


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^37 

entsprach  dieser  Stellung,  dass  Schwendi  an  ansgiebige  Heran- 
siehimg der  geistlichen  Güter  zu  Gunsten  seines  Ritterordens 
dachte.  Schon  in  seiner  für  die  innerösterreichischen  Stünde 
bestimmten  Denkschrift  hatte  er  neben  den  Ordenshäusem  auch 
die  Klteter  anr  Unterhaltung  einer  Anaahl  von  Pferden  yer- 
pflichten  wollen.  ^  Noch  einen  Schritt  weiter  ging  das  ^Bedenken', 
das  Schwendi  im  November  1575  dem  Kaiser  Ubersandte;*  hier 
war  die  Einverleibung  der  verödeten  Klöster  in  Aussicht  ge- 
nommen und  ausdrQcklich  hinzugefügt,  der  Kaiser  möge  sich 
nicht  an  die  Bewilligung  oder  Weigerung  des  Papstes  kehren; 
auch  die  Domstifter  sollten  ein^  ihrer  Präbenden  dem  Werke 
widmen.  Solche  Gedanken  waren  freflidi  dasn  angedian,  dem 
Projecte  die  Sympathien  der  Protestanten  zu  gewinnen;  dass 
sie  demselben  in  den  Augen  der  Katholischen  schadeten,  wäre 
noch  nicht  allzu  schwer  ins  Gewicht  (gefallen,  wenn  nur  der 
Kaiser  selbst  sich  von  allen  Bedenklichkeiten  freigehalten  und 
die  von  Schwendi  empfohlenen  vorbereitenden  Schritte  unter- 
noiiimen  hätte.  Dazu  konnte  er  sich  aber  auch  diesmal  nicht 
entschliessen,  vielmehr  kam  es  in  fleni  j:^oheinien  Rathe,  der 
im  März  1576  über  die  dem  Reichstage  vorzulegende  Pro- 
position berieth.  in  Betreff  des  Ritterordens  zu  einem  Beschlüsse, 
der  einer  Ablehnung  ziendieh  nahe  kam.  Indem  man  an  den 
misslungenon  Versuch  zu  Speier  unknU])fte  und  die  BetUrchtung 
äusserte,  das  neue  Project  konnte  die  Bewilligung  der  Türken- 
hilfe beeinträchtigen,  beschloss  man^  von  der  Aufnahme  dieses 
Punktes  in  die  Proposition  abzusehen.  ,Aber  damit  sonsten 
der  Sachen  ein  Anfang  gemacht,  mücht  man  beim  Reichstag 
mit  dem  teutschen  Meister  darauf  reden  und  indes  dem  Herrn 
von  Schwendi,  CSarlowitz  und  Usung  befehlen,  Nachdenkens 
und  Nachfragens  zu  haben,  wie  es  ungefHhrlich  anzugreifen, 
was  der  Orden  dabei  tbun  m(tohte  und  dergleichen  prae^mra- 
toria  mehr/* 


Sachen  der  IVet»tellitiig.  Besold,  Briefe  dee  VhXtgraioa  Johann  Cteimir 
%  71;  v^l.  eneh  8,  08. 
'  8.  oben  8.  681,  Ann.  8. 

'  8.  oben  8.  523  f. 

•  Protocollum  und  Verzaichnis  äen  Anfang;»,  Ansschroibens  nnd  Vnrtfrfinp« 
des  neuen  Reichstags,  m  auf  den  15.  Februar  anno  76  ausf^nsclirit'beu 
werden  soll.  Wiener  Staatsarchiv,  Heiclistagsacton  der  Reichskaitzlei 
1676,  tom.  8, 


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628 


Die  Verfasser  des  ^Bedenkens'  Tom  November  1515,  in 
welchem  die  Toribereitetideii  Schritte  so  deutlich  erSrtert  und 
so  dringend  empfohlen  waren,  hatten  alle  Ursache,  mit  diesem 
Bescheide  onaufiieden  am  sein,  und  am  schwersten  magSchweodi 
empfunden  haben,  wie  wenig  er  anf  die  Unterstiltsnng  jen«r 
Männer  rechnen  kdnniB,  welche  die  nnmittelbare  Umgebimg  des 
Kaisers  bildeten.  Dennoch  gab  er  die  Hoffnung  nicht  auf  nnd 
setzte  seine  Vorarbeiten  eüHg  fort.  Als  er  gegen  Ende  Juli 
1576  m.  Regensburg  eintraf,*  brachte  er  als  Frucht  seiner  Arbeit 
einen  umfangreichen  Discun  über  das  gesamrote  türkische  Kriegs- 
wesen  mit  sich,  den  er  am  30.  Juli  den  geheimen  RlUhen  Tor- 
trug.*  Da8  Ordcusproject  hatte  hier  insoferne  bestimmtere 
Gestalt  luij^cnommen,  als  nucli  (Icr  Ort  genannt  war,  welcher 
den  Ordensrittern  zum  Sitze  bestimmt  werden  sollte :  es  war 
Kanisza,  dessen  ordt'ntliclie  Besetzung  dir  nngariachen  Stände 
vor  zwei  Jahren  als  hrsondt  is  wiehtitr  lu  rvur^^ehoben  hatten.* 
Der  Kaiser  fand  an  Scliwendi's  AiistVihrun^i'n  (ietallen  und  er- 
theiltc  ihm  den  Auftrag,  auf  Gruud  seiiu's  ,r)iscuröes'  zwei 
Schriften  zu  verlassen,  eine  Uber  den  Ritterorden  und  eine 
Uber  das  Kriegs-  und  üreuzwesen  Überhaupt^ 

*  Am  30.  Juni  war  8chwencit  noch  nicht  iu  liegen^buig,  b.  Kluckhohn, 
Briefe  Friedrieh  des  Frommeii  2,  957;  im  gebeimen  Beihe  ist  er  •nent 
in  der  Sitsung  Tom  S8.  JoU  nachweUbar,  in  welcher  Uber  die  Antwort 
der  Btftnde  sof  den  enten  Artikel  der  Fropoeition  berstfaen  wurde. 

*  Reichstagiiacten  der  Reichskanzlei  1676i,  lOD*  1  (avch  für  das  Folgende 
benUt/t).  N.K'h  dem  kur/.en  An^znpe,  welchen  das  Protokoll  von 
vprlpseiifii  Discurs  bietet,  itst  nicht  /.u  boxweifeln,  dass  derselbe  i(leiitL9*;h 
iät  mit  der  lateiuischea  i^chrift  Sehwendi's:  ,Quomodo  Turcis  «it  re- 
siBtendam  eonailinm*,  die  sich  bei  Renener,  S«IectiMlniarnm  oratleiMiiB 
et  counltationum  de  belle  Tnrcieo,  toI.  4,  pars  S  (Leipsig  lft96)f  p.  6€ff^ 
und  bei  Conringr,  De  belle  contra  Tnress  pmdentor  gerendo  libri  Tarii 
(Holmstildt  1664),  p.  382  ff.,  ^ruckt  findet.  Diese  Schrift  nimmt  a» 
drücklich  Ik'zng'  auf  die  Vfrlian<llini^'i'ii  de«  Keichstag^e«  (Conring, 
p.  ayt»:;  da  .sie  die  Dnppelwahl,  uoUlio  am  12.  und  14.  Deceinber  1575 
XU  Warschau  erfolgte,  voraussetzt  vp.  kauu  sie  nicht  ideuiiscb  sein 
mit  dem  «DLsoors'  äcbweadi's,  dessen  da«  ,Bedeuken'  vom  Novemb^  1679 
Erwihnnng  thnt  (s.  oben  Anm.  1).  Dws  die  in  der  Hs.  Mit  der  Hof* 
bibliothek  erhaltene  Abbandlnng  Sehwendi^s  (s.  oben  B.  MI,  Anm.  %)  tta» 
di-utsclie  Fassung  der  vorliegenden  Bchrift  biete,  wie  J.^hns,  Qesehidlts 
der  Kriegswissenacliaft«  n,  S.  541,  behauptet,  ist  sum  Aiindeetein  angeosn. 

*  Monnm^nta  comitialia  reftii  Hnnfr»riae  6,  106. 

*  D'w  eine  der  beiden  Denkschriften,  der  ,Discurs  wie  dem  TOrkcii  zu  be- 
gegnen und  Abbruch  zu  thun  sei',  ist  auszugsweise  gedruckt  bei  Iläber- 


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529 


Auf  Grand  der  bislierigeiL  Vorarbeiten  konnte  die  ge- 
stellte  Aufgabe  rasch  gelitot  werden,  aber  ab  am  2.  Angnet 
beide  Actenstttcke  fertiggeetellt  waren  nnd  dem  geheimen 

Rathe  vorlagen,  tauchten  die  alten  Bedenken  auf,  die  schon  im 
Aiärz  gegen  das  Ordeiisproject  uugefülirt  worden  waren.  Der 
Obersthofmeister  Leonhard  von  ITarrach  war  es,  der  jetzt  einen 
abermaligen  Aufschub  der  Angelecr^^nheit  l)eftirwortete  und  erst 
die  Bewillif^un^'-  der  von  den  Standen   verlangten  TUrkenhilfe 
abzuwarten  für  nüthig  hielt,  ehe  man  mit  der  Nebenschrift  des 
Kitterordens  halben  ^herfUrkoramen'  sollte.  Schwendi  sprach  da- 
gegen und  fand  Unterstützung  bei  dem  Kaiser,  welcher  dies- 
mal der  Sitzung  des  geheimen  Käthes  beiwohnte;  da  jedoch 
die  Entscheidung  auch  nach  Maximilians  Meinung  .erst  von 
einer  nochmaligen  Anhörung  des  in  einigen  Punkten  der  Ab- 
änderung bedttrftigen  yDiseurses'  abhilDgig  gemacht  werden 
sollte,  gewannen  schliesslich  doch  die  Gegner  des  PTojectes 
den  Sieg.   In  Abwesenheit  des  Kaisers  beschloss  der  geheime 
Rath  am  4.  August,  die  Schrift  Uber  den  Ritterorden  erst  nach 
cndgiltiger  Erledigung  des  ersten  Propositionsartikels  den  Stän- 
den zu  übergeben;   überdies  sollteu  einzelne  Punkte  gemildert 
und  l^Ianelies,  was  Schwendi  als  bestimmt  hingestellt  hatte,  nur 
,fÜrschlagsw(M's  gesetzt'  werden.    Die  Zusage,  dass  die  GlUer 
der  eingegangenen   K Irrster   dem  Orden    zugewüudet  werden 
sollten,  wurde  demgemäss  gestrichen,  auch  die  Erwähnung  der 
entfremdeten  Ordensprovinzen  Livland  und  Preussen  musste 
wegfallen. 

Erst  nachdem  diese  Aenderungen  vorgenommen  und  nach- 
dem auch  die  Angelegenheit  der  Ttlrkenhilfe  ihrer  Erledigung 
nAheigerückt  war,  wurde  am  15.  September  neben  anderen 
Repliken  nnd  Tripliken  des  Kaisers  den  Ständen  auch  der  yDis- 
cttis  vom  neuen  Ritterorden  in  Ungarn'  augeetellt.^  Der  Zeit- 

lin  10,  44  ff.,  und  erweist  »ich  aU  eine  UeberarbeitunR'  pinifror  Ab- 
Rfbnitt*!  <1<'S  Coiisilnim*  bei  (^'onriiijr,  p.  -iÜ- tV  ;  <\'w  Sclirift  ü1>im-  <ieu 
Kitt<Tijr(len,  woIlIm'  in  dfr  Fi)riu,  wie  sie  u;it'btr;ij,'Ii<li  ilfii  »Stauden  vor- 
gelegt wanle ,  von  Zwiedineck-Siiden hörst  im  »Archiv  für Osterreichi- 
Mhe  Oeschichta*  56,  408  ff.,  mitgolliellt  ki,  beraht  in  der  Hanptaaohe 
inf  dem  im  November  1576  durdi  Sehwendi  etogereichten  Bedenken  der 
dxei  BUfce. 

*  Meeh  Zwiedineeki  p.  406,  wiie  der  ,Discurs*  erst  am  18.  September 
übergeben  worden,  nach  Voigt,  Geschichte  äm  Deutschen  Ritterorden« 
S,  219,  am  17.  September,  aber  nach  den  BeichstagMcten  dee  Wiener 


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530 

punkt  war  ungh\cklioh  genug  gewählt.    Der  Kaiser  war  er- 
krankt und  konnte  nicht  mehr  sein  persönliches  Ansehen  in 
die  Wagschalc  Avcrfen;  die  pfUIzische  Partei,  welche  anfangs 
das  Pro|(>ct  des  liitterordens  begünstigt  hatte,  war  durch  den 
ihren  Wünschen  zuwiderlaufenden  Gang  der  Verhandlangen 
Terstimmt;  alle  Stände  endlieh  sehnten  sich  nach  Hanse^  naeh- 
dem  flie  achon  naheau  drei  Monate  in  Kcgensburg  getagt  hatten. 
Unter  solchen  Umständen  fiel  es  den  Abgesandten  des  Deutsch- 
meisters nicht  schwer,  die  Berathung  der  Ordensangelegenheit 
auf  dem  Reichstage  an  hintertreiben;  konnten  sie  sieh  doch  mit 
Recht  darüber  beschweren^  dass  sie  und  ihr  Herr  bisher  in  der 
Sache  nicht  belragt  worden  seien.  So  kamen  die  Stinde  ttber 
ein,  die  Angelegenheit  bis  auf  den  nächsten  Depntationstag  sa 
verschieben;  inzwischen  mOge  der  Kaiser  bei  Spanien,  Florens 
und  Savojen  ihrer  Orden  halber  anfragen  and  mit  den  Hei' 
Stern  des  Deutschen  und  des  Johanniterordens  verhandeln;  die 
Stilnde  aber  sollten  in  ihren  Kreisen  davon  ,tractiren  und  Kacb- 
denkens  haben,  damit  sie  ad  deputationem^  desto  besser  ,ge* 
fasst  seien'.    Der  Kiuser  erklärte  sich  bereit,  die  gewünschte 
Unterhandlung  mit  den  Ordensmeistern  zu  führen,  und  in  den 
am  Todestage  Maximilians  verlesenen  Keiehstagsabseliied  wui'de 
ein  kurzer  Bericht  über  den  ganzen  Hergan*^  aufgenommen.* 
Dies  war  das  Krjrebniss  der  zu  Reg^ensburg  in  Sachen 
des  Ritteroniens  eingeleiteten  AcUon.    Im  V  ergleiche  zu  ih-m 
vor  secbää  Jaliren  zu  Speier  gefassten  Bescblvisse  der  Kuekver- 
weisung  an  den  Kaiser  war  e^  wohl  ein  Forlöchritt,  dass  uuü 
die  Kreis-  und  Deputatioustage  mit  der  weiteren  Berathung  be- 
traut wurden,  aber  die  Aussiebten,  auf  diesem  Wege  zur  Ver- 
wirkliehung   des  Projeetes   zu   gelangen,    waren    nieht  gro?«. 
Maximiiian  hatte  zunächst  jede  directe  Verhandlung  mit  dem 
Deutschen  Orden  vermieden,  wohl  in  der  Meinung,  aucli  gegen 
den  Willen  des  Meisters  oder  seiner  Abgesandten  einen  Be- 
schluss  der  Stände  zu  erzielen;  indem  aber  diese  die  Entschei- 
dung hinausseboben,  erwuchs  ein  doppelter  Nachtbeil:  man 
hatte  dem  Orden  Ursache  gegeben,  sich  zu  beklagen,  indem 
man  ihn  nicht  vorher  von  dem  Plane  veiständigto,  man  liets 

titaaUarcltives  fand  die  U «übergäbe  am  15.  statt  und  erfoli^  schon  am 
17.  die  erate  Verlesung  dos  Antrages  Im  FQrstenrAtlie. 
>  Neue  «ad  TolhtKndige  Sammlung  dar  Beiehnbnlilide  (Fnmkftirt  1747) 
%,  868. 


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58t 


ihm  aber  oun  doch  Zeit,  hiesu  Stellung  so  nehmen  nnd  seine 
Gegenmassregeln  sn  ergreifen. 

Dieser  Nachtbeil  wog  am  so  Bchwerer,  als  in  den  Elret- 
sen  des  Ordens  eine  dem  »Translationsprojecte  keineswegs  gün- 
stige Stimmung  herrschte.   Ohne  Zweifel  hat  der  Mangel  an 
Theilnahine  iUr  die  auswärtigen  Verhältnisse  des  Reiches,  ins- 
besondere die  wachsende  Entfremdung  der  österreichischen  Erb- 
iiiiidt:  dazu  bcifi;etragcn,  dca  Mitgliedern  des  Ordens  eine  starke 
Abneig-un^  g^'^X^'"         beabsichtigte  Versetzung  nach  Ungarn 
einzutlüssen ;  herrscliti-  dot  li  auch  unter  den  Fürsten  und  Kur- 
fürsten des  Reielics  nur  sehr  mang-clhaftes  VerBtllndniss  für  die 
Hedürfnisse,  welche  die  ständige  Türkengefahr  mit  sich  brachte, 
nnd  wollten  doch  auch  sie  die  dagegen  zu  ergreifenden  Mass- 
regeln  niemals  als  Sache  des  Reiches  gelten  lassen.   Für  die 
MitgHeder  des  Deutschen  Ordens  aber  lag  noch  ein  besonderer 
Grund  vor,  den  türkischen  Krieg  mit  ktthler  Zurückhaltung  so 
betrachten.  Die  geschichtliche  Bedentung  des  Ordens  beruhte 
in  seiner  Thätigkeit  in  den  Ostseellindeni^  und  er  vermochte 
nicht  80  schnell  seine  Vergangenheit  zu  vergessen ;  die  Ver- 
snche^  das  durch  den  Ab&U  des  Hochmeisters  Albrecht  ver- 
lorene Prenssen  dem  Orden  wiederzugewinnen,  waren  nie  unter- 
brochen worden,  und  gerade  in  den  Siebzigerjahren  des  16.  Jahr» 
hiinderts  konnte  die  Hoffnung  auf  endHchen  Krfolp:  dieser  Be- 
sti '  l)iintjen  aus  niunelierlei  Umständen  neue  Nahrung  schöpfen. 
HurzOiT  Albert  Friedrieh,   der  im  Jalire  1568  seinem  Vater, 
dem  einstigen  Hochmeister  Albrccht,  in  der  Re^i^ierunr^  des 
Herzogthums  Freussen  gefolgt  war,  erwies  sich  als  regierunf^s- 
unfi&hig,  und  auch  der  polnische  Tliro%  von  dem  die  neuen 
Herzoge  ihr  Land  zu  Lehen  trugen,  war  zweimal  nacheinander 
verwaist.   Wenn  es  dem  Kaiser  gelang,  die  erledigte  Königs- 
krene  sich  oder  einem  seiner  Söhne  zu  erwerben,  dann  war 
aneh  die  Lösung  der  preusaischen  Frage  zo  Ghinsten  des  Ordens 
erleichtert   Waren  somit  die  schwankenden  Verhältnisse  in 
Freussen  und  in  Polen  nur  dazu  angethan,  in  den  Kreisen 
des  Deutschen  Ordens  die  Hoffnung  auf  Restitution  in  seine 
nordischen  Besitaiingen  waehzuerhalten,*  so  war  es  schwer. 


*  Siehe  die  Supplik,  welche  der  Administrator  Hoinrich  im  Jahre  1573  an 
den  Kaiser  richtete,  bei  Venator,  IliHt^irischor  Bericht  von  dem  MätIä- 
iii«ch-teutBchen  Bittor-Ordeu  (Nürnberg  ICÖü),  438  S. 


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b32 


ihn  Air  ein  vOllig  neues  Project  zu  gewinnen,  welches  mit 
jenen  Hoffnungen  in  keiner  Beziehung  stand  und  dess^ 
Durchführbarkeit  um  so  sweifelhafler  erschien,  als  die  finan- 
«eilen  VerhaltnijBse  des  Ordens  in  der  That  nicht  die  günstig- 
sten waren.  ^ 

Zu  solchen  allgemeinen  Grtlnden  kamen  sicher  auch  Motiye 
▼on  mehr  persönlicher  Art  Zur  Zeit  des  Deutsehmcistefs  Wolf- 
ganig  Sehnshar  war  der  Orden  mehnnak  aa  mSUtbischen  Unter- 
nehmungen betheiligt  gewesen;  auch  dessen  Nachfolger  Oeoig 
Hund  von  Wenekheim  war  noch  mit  kriegerischem  Prunk  auf- 
getreten; er  hatte  sich  1566  auf  dem  Reichstage  au  Augshuig 
unter  freiem  Himmel  vom  Kaiser  belehnen  lassen,  und  er 
hatte  vier  Jahre  spftter  Maximilians  Tochter  Anna,  die  Braut 
Philipp  II.,  von  Speier  in  die  Niederlande  begleitet;  beide  Male 
war  er  von  einer  stattlichen  Schaar  von  Ordensrittern  umgeben 
gewesen.*  Aber  zum  emstlichen  Kriegsdienste  war  der  Orden 
seit  dreissig  Jahren  nicht  mehr  verwendet  worden,  als  an  ihn 
die  Autfurdcrung  herantrat,  die  Vertheidigung  von  Kanisza  zu 
übernehmen.  Wie  sollte  es  ila  a Tiders  sein,  als  dass  neben  allm 
.indcrcn  Gründen  .sich  ancli  dit-  \'t»rliebe  für  das  lansre  gr^wolnite 
friedliche  Leben  und  die  Abneii^nn;::  gcg^n  ein  {jjcwairteis  kriege- 
risches UntemehniPTi  coltend  machte?  Und  gerade  bei  den  älte- 
ren MitL'lit'dorn  <]r-  <  »i  U  ns.  bt'i  denen  die  Entscheidung  lag, 
mus.sten  naHir^ciuibs  diese  Bedenken  überwiegen.  Heinrich  von 
I^obcnliaiisen,  der  seit  lf)72  die  Stellunfr  des  Hoclimei.^ters  be- 
kleidete, war  damals  schon  hoch  in  den  Jaliren^  und  hatte 
überdies  bei  denen,  die  ihm  nnhestandi  ii,  den  liuf  eines  Man- 
nes, der  das  fudd  lieb  hat.*  Vielleicht  hatte  Ilm  sehen  die  Erfolg- 
losigkeit des  Schrittes,  den  er  bald  nach  Autritt  seines  Amtes 

*  Vfjl.  hiprübcr  Voit^t.  (Jfscliii'lito  diw  Dt'utxclieii  Rittorordetis  2,  265 f., 
und  Dudik,  Dos  hohen  Deutschen  Eitterorden«  MQnzsauuulaug,  S.  169, 
Anm.  6. 

*  Venator,  8.  378  ff.  und  4t4  ff. 

*  Er  war  schon  in  den  Jahren  1648 — 1567  Comthnr  In  MeigenÜraim  und 
Fraskfart  geweeen.  Voigt  810. 

*  Bischof  Julius  von  WUrzburg,  der  im  Jabf6  1582  bei  dem  Dmticli* 
meister  eine  GoldunterstUtzung  fUr  den  neugewfthltoii  Krxbischof  von 
Köln  au  erlangen  vt  rsiulit  hatte,  srhreibt  rl.irüber  an  Herzog  Wilhelm 
von  Baieru,  er  utüü>.':<o  ihm  im  Vertrauöii  mitttteilen,  daits  er  befuuüen, 
dass  der  gut  alt  Herr  das  Geld  lieb  hat.  Lossen  in  ^Forschungen  zur 
deuttclion  GMohichto'  23,  861. 


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533 


in  der  preussischen  Sache  unternommen  hatte,  gegen  Maxi- 
milian eingenommen,  aul  J^Ilii  Fall  war  die  Umgehung  seiner 
Ant oriUlt  in  den  Vorverhandlungen  betreffend  die  ungarische 
Angelegenheit  nicht  dazu  angethan,  eine  etwa  vorhandene  Ver- 
Btiramung  zu  beheben.  Es  half  nichts,  dass  der  Kaiser  noch 
zwei  Tage  vor  seinem  Tode  ihn  mit  der  Administration  des 
btiltrs  Fulda  betraiitf,  nachdem  der  dortige  Abt  Balthasar  von 
Dernbach  von  scmeii  eigenen  Fiiterthanen  im  Verein  mit  dem 
Würzburger  Bischöfe  abgesetzt  worden  war.^  Heinrich  hatte 
von  Anfang  an  die  stärkste  Abneigung  gegen  das  Project  (ier 
üebertragung  des  Ordens  nach  Ungarn  gefasst,  und  er  hielt  es 
für  geboten ;  sich  mit  allen  Mitteln  der  Verwirklicbung  dee^ 
selben  zu  widersetzen. 

Zuerst  galt  es,  sich  der  massgebenden  Personen  im  Orden 
selbst  zu  versichern.  Noch  im  October  und  Kovember  lö76 
theilte  daher  Heinrich  allen  Landcomthuren  mit,  was  anf  dem 
Reichstage  Torgegangen  und  beschlossen  worden  war,  yerhehlte 
ihnen  ntcht^  dass  es  nach  seiner  Meinung  ndthig  sei,  dem  Plane 
des  Elaisers  entgegensutreten,'  und  berief  fikt  den  14.  Jftnner 
1577  ein  Groescapitel  nach  Keckaisulxn.*  Dieses  hielt  aunächst 
eine  Umfrage  bei  der  freien  Ritterschaft  des  Reiches  und  die 
HersteUung  genauer  Verzeichnisse  Uber  die  Verml^nslage  der 
Balleien  fktr  nothwendig,  zwei  Massregeln,  denen  die  Berechti- 
gnng  nicht  ganz  abgesprochen  werden  kann,  die  aber  doch  zu- 
gleich aeigten,  dass  es  dem  Orden  nicht  um  rasche  Erledigung 

*  Das  Deoret,  mit  welchem  die  Administration  dem  Bisohof  Jnlins  abge- 
nommeu  wnMei  datirt  vom  5.  October  1676;  am  10.  October  erfolgte  die 
UebertrapiiTig-  an  den  DtMitscbmeister.  Hii*t.-|)nl.  Bliitter  50,  101.  Am 
17.  November  ertlicilte  iliiii  Hndnif  von  Linz  aus  die  Uewalt  als  kaider- 
lieber  CommiiMiär  in  der  Fuldai^cben  Sache.  Häberlin,  18,  622. 

*  Voigt,  2,  219.  Die  Verhandluugen  dea  Jahres  1577  sind  von  Zwie» 
dl  neck  *  Sfldenhorst  im  «Archiv  f&r  Ssterreiehische  Geschichte* 
6^  418^441»  so  ansflihilich  besprochen  worden,  dass  ich  mich  hier 
kflrser  tesen  kann.  Neben  Zwiedineck-SQdenhorst  kommt  Jedoch 
auch  die  vo!^  H  rn  nicht  berOcksichtigte  Dantellvng  der  Ereignisse  bei 
Voigt,  2,  21b-2:i0,  in  Betracht. 

*  Voigft,  2,  219,  setzt  die  Eröffnung  wohi  irrthünilich  auf  den  21.  Jäii- 
uerj  das«  da«  Capitol  schon  vor  diesem  Datum  getagt  hat,  ergibt  sich 
ans  Yenator,  466  (Capitelsbeschlnss  Tom  tS.  Jioner),  und  ans  der 
ToUmacht  der  anl  Qrand  der  Ciq^telsbesohlOsse  nadi  Fnnklnrt  au  de* 
legirenden  Abgeordneten,  die  Voigt  selbst  (2,  SS6,  Anm.)  als  Tom 
19.  Jlnner  datirt  beseichnet. 


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634 


der  Angelegenheit  sa  dum  war.  Deutlicher  noch  trat  clia  AV 
sicht  der  Ablehnung  in  anderen  Schritten  zu  Tage,  welcbe 
Heinrich  unternahm.  Dem  Mainzer  £rsbiBehofe  wnrde  ein  mge^ 
nes  Promemoria  ttberroichf,  das  bestimmt  war,  ihn,  von  der 
UndurchAlhrbarkeit  des  Planes  an  llbersengen.  Um  aneh  die 
anderen  Theilnehmer  des  Depatationstages^  der  am  1.  August 
au  Frankfurt  ausammentrat,^  fUr  die  Ablehnung  geneigt  au 
machen,  wurden  ihnen  die  in  den  letaten  Jahren  dem  Orden 
auferlegten  Auslagen  und  sonstigen  Beschwerden  im  £«inselnen 
vorgebracht,  die  Bestimmung  des  Ordens  flir  die  septentrionalen 
Länder  gebührend  hervorgehoben  und  die  Lage  von  Kanissa 
In  den  sehwSraesten  Farben  gemalt;  auch  Ueinilcher  Mittel, 
um  die  Stimmen  der  einzelnen  Stande  ftkt  sich  zu  gewinnen, 
sclieinen  die  Gesandten  des  Ordens  nicht  geschont  zu  haben. 
Als  aUer  auch  der  Deputationstag  nur  zu  einem  Aufschub  der 
Verhandlung  führte  und  der  Kaiser  aut  die  liiiu  überreichten 
Bedenken  des  Ordens  seine  Forderung  nur  uiu  so  bestimmter 
wiederholte,  da  ergriff  Heinrich  ein  letztes  Mittel,  er  schob  die 
lieautwortung  des  kaiserlichen  Schreibens,  das  ihm  die  Stände 
am  6.  November  von  Frankfurt  aus  zusandten,  in  unirebühr- 
liebster  Weise  hinaus*  und  benutzte  die  so  gt  \w)miene  Frist, 
um  den  »Sclmtz  des  Papstes  anzurufen.  Im  Februar  1578  war 
zu  diesem  Zwecke  ein  Gesandter  des  Ordens  in  Rom  einge- 
troffen; die  deutsche  Congregation,  welche  am  8.  März  über 
die  Angelegenheit  berieth,  hatte  bald  den  wahren  Zweck  der 
Gesandtschaft  erkannt  und  scheute  sich  bei  ihrer  ungenügen- 
den Kenntniss  der  Verhältnisse  mit  Recht,  ein  entscheidendes 
Wort  auszusprechen;  dennoch  fiel  aneh  ihr  Votum  mehr  sb 
Gunsten  der  Annahme  als  gegen  dieselbe  aus.^  Heinrieh  war 
ohne  Zweifel  schon  von  diesem  tmerwünschten  Ergebnisse  in 


»  Häberlin,  10,  505. 

*  Birst  am  24.  Februar  eutiicLuiiU^tü  t^r  nich.  beim  Kaiser  für  die  Unge 
Venögerung;  Voigt,  186.  JH»  wirklieb«  Antwort  erfolut»  «nt  m 
15.  April.  Diese  VenOfenuig  war  nn  wo  anpuMader,  alt  Heiniich  ia 
der  Zwiadienaeit  beim  Keiaer  aeine  Belehnong  einholen  Uem,  die  tlu» 
auch  am  30.  Jlaner  1578  sutheil  wwd«.  Dmellliie,  Hialotia  oidiaii 
eqaitnm  Tpntonicoram  2,  34. 

'  Schwarz,  Briefe  uinl  Akteu  zur  GesehicLte  Maxinnliaii.s  11  2,  127  f. 
Vergleiche  auch  daa  Breve  des  Fapstes  bei  Petteuegg,  Die  ürkondeo 
dei  DenfeMh-Ordeiii-CeiitralarehiTs  lu  Wien  1,  665,  Nr.  S686w 


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535 


Kenntnifls  gesetzt,  als  va  HeObroon  am  12.  April  ein  neues 
Ordenseapitel  erOffiiet  wurde,  dessen  Aufgabe  es  war,  die  knge 

hinansgeäcliobene  Antwort  an  den  Kaiser  festzustellen. 

Es  muss  anerkannt  werden,  dass  dieselbe  mit  Geschick 
abe^efasst  und  dem  angestrebten  Zwecke  vortrefflich  angej)asst 
worden  ist.  Formell  schloss  sie  mit  dem  Anerbieten,  das  i  k 
der  Translation  mit  allen  Mitti^la  des  Ordens,  mit  L»  il>  und 
Ont  fördern  zu  wollen.  Aber  dieses  Anerbieten  war  abhängig 
gemacht  von  Bedingungen,  die  kaum  zu  erMlen  waren:  Hein- 
rich verlangte  nicht  nur  die  Klickstellung  des  dem  Orden  ent- 
fremdeten Besitzes,  er  forderte  auch  mit  besonderem  Nach- 
drucke die  volle  Wiederherstellung  aller  dem  Orden  krsft 
seiner  PriTilegien  Bostebenden  Frttheiten^  Ezemptionen  and 
Becbte.  Obwohl  die  KeichsoiuDittelbarkeit  des  Ordens  ausser 
Frage  stand^  hatten  doeh  die  einseben  Fürsten  und  Stünde 
die  in  ihrem  Gebiete  gelegenen  Balleien  und  Ordensblluser 
vielfach  gimebwie  ihre  eigenen  Untertbanen  zu.  Abgaben  and 
Pflichten  berangeeogen ;  je  stärker  sich  die  landesf^lrstliche 
Gewalt  entwickelte,  um  so  drückender  waren  die  Lasten,  die 
dem  Orden  hinaus  erwuchsen,  und  gerade  die  in  den  liabs- 
buro:!.sehen  Erblanden  angesiedelten  Balleien  hatten  am  schwer- 
sten darüber  zu  klagen;  aber  auch  in  den  anderen  Theilen 
des  Reiches  hatte  sich  seit  dem  15.  Jahrhunderte  dasselbe  Ver- 
httltniss  herausgebildet.^  Indem  nun  Heinrich  und  seine  Be- 
rather in  ihrer  Antwort  an  den  Kaiser  die  Behebung  dieser 
Beschwerden  forderten,  hatten  sie  eine  der  wichtigsten  den 
Orden  angehenden  Fragen  aufgeroDt;  aber  es  wäre  Irrthum, 
sa  glauben,  dass  sie  auf  eine  wirkliche  Erledigung  derselben 
gehofft  hätten,  es  war  ihnen  vielmehr  nur  darum  su  tbon,  sieb 
binter  einer  nnerftUlbaren  Bedingung  gegen  die  Wunsche  des 
Kaisers  sa  Yerschansen.  Wie  sehr  sie  ihrer  Sache  sieber  waren, 
zeigt  der  Umstand,  dass  sie  sich  auf  eüiehe  sehr  angesehene 
Kurftrsten,  Fürsten  und  Stände  berufen  konnten,  welche  keines- 
wegs gesonnen  seien,  auf  ihre  landesfUrstlichen  Rechte  gegen- 
über den  Ordensrittern  ihrer  Länder  Verzicht  zu  leisten,  da 
sich  diese  ihres  landesherrlichen  Schutzes  ebenso  erfreuten  wie 
die  übrige  Eitterschaft.^ 


*  Vgl.  Voigt,  1,  ins. 

*  Voigt,  2,  m. 


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536 


So  unbestimmt  diese  Aetuserung  gehalten  war,  so  ging 
doch  ans  ihr  hervor,  dass  die  BemtÜrangeii  des  Ordens,  sich 
gegen  die  Pläne  des  Kaisers  zn  schtttseo,  wenigstens  in  einem 
Punkte  von  Erfolg  begleitet  gewesen  waren;  es  war  Heinrich 
gelungen,  Bundesgenossen  su  finden  an  dnigen  Beichsstipden, 
welche  fürchteten,  durch  das  Translationsproject  jene  Einkünfte 
XU  verlieren,  welche  ihnen  von  den  Ordenshftusem  der  e^^en 
Lande  suflossen. 

Wdche  Kurfilrsten,  Fürsten  und  Stände  sich  auf  solche 
Weise  dem  Plane  des  Kaisers  entgegenstellten,  das  war  aus 
der  Antwort  Heinrichs  nicht  zu  ersehen,  aber  wir  wissen  aas 
anderer  Quelle,  und  auch  dem  Kaiser  konnte  es  nicht  verlM»^ 
gen  bleiben,  dass  selbst  der  König  von  S|iamen  sieh  in  An- 
betracht der  ihm  aus  den  niederländischen  Ordenshäusern  zu- 
kommenden Einnaliuien  gegen  die  X'ersctzung  des  Ordens  nach 
Ungarn  ausgesprochen  und  seinen  (iesandten  fUr  den  Fntiik 
furter  I )eputatiüU8tag  in  diesem  Sinne  instruirt  hatte.*  Nichts 
konnte  die  Aussichten  des  Ordensprojectes  tiefer  htraijtlrticken 
als  diese  Stellnngnahme  Philipp  II.  Wie  konnte  Kiulolf  von 
den  Ständen  des  Reiches  Upterwilligkeit  erwarten,  wenn  der 
spanische  Zweig  seines  eigenen  Hauses  5«o  deutlich  jedes  Ent- 
gegenkommen verweigerte?  ¥jS  blieb  ihm  allerdings  unbenom- 
men, auf  weiteren  Kreis-  und  Keichstagen  den  GegensUmd  zur 
Berathang  zu  stellen,  aber  er  musste  voraussehen,  dass  das 
derzeitige  Haupt  des  Ordens  die  einmal  gestellten  Bedingungen 
nicht  aurdcknehmen  und  dass  auch  die  Stünde  zur  Aa%ahe 
ihrer  Ansprüche  nicht  zu  bewegen  sein  würden. 

So  hess  der  Kaiser  nach  dem  letzten  Schreiben  fienh 
richs  die  Angelegenheit  ruhen.  Als  im  Jahre  1582  ein  neuer 
Reichstag  zn  Augsburg  zusammentrat,  war  Heinrich  darauf  ge- 
fasst,  dass  dort  die  Verhandlungen  Uber  die  Translationsfrage 
wieder  an%enommen  würden;  trotz  seines  hohen  Alters  erklirte 
er  sich  deshalb  zu  persönlichem  Erscheinen  bereit,  falls  dies 
der  Kaiser  für  unumgftnglich  nothwendig  hielte.'  Aber  Budolf 

*  Zwiedlneek-Sndenhortt»  8.48S. 

'  Heinrich  an  Kudolf,  13.  Juni  1582.    Reichstagsacten  der  Reichskanslei, 

Faso.  50.  On^.  Tleinrich  erklärt,  sich  Altors  halber  darch  Gr'.<.aii<!tschaff 
vertreten  lasaen  xii  wollen,  obwohl  es  ihm  sehr  liob  gewesen  wäre,  dem 
Kaiser  persönlich  anfzaw arten,  ,und  da  es  die  Gelegenheit  geben,  wie 
widerwärtig  und  hinderlichen  es  meinem  Orden  bei  eines  Theils  Chnr* 


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537 


dachte  nicht  daran,  die  Stände  mit  dieser  Angelegenheit  zu  be- 
lassen. Weder  in  der  Proposition,  noeh  in  den  vorbereitenden 
Acten  wird  ihrer  gedacht,  und  auch  von  dem  Anerliieten  Hein- 
richs wurde  kein  (iel)rauch  gemacht.  Wäre  nicht  vun  Seite 
der  Stände  eine  neue  Anreirung  erfolgt,  so  wäre  der  Reichstag 
ohne  jede  Erwähnung  des  j^eseheiterten  Versuches  abgelaufen. 
Indess  hatte  Kurfürst  Ludwig  von  der  Pfalz  den  Punkt,  wel- 
chen sein  Vater  beim  letzten  Reichstage  mit  so  lebhaftem  Inter- 
esse verfolgt  hatte,  in  der  Instruction  seiner  Gesandten  nicht 
nnberttcksichtigt  gelassen.^  Die  KurpfUlzer  werden  es  also  ge- 
wesen aein^  auf  deren  Anregung  die  Stände  den  Kaiser  er* 
maluiten,  die  Eniditung  des  RittmrdenB  in  fernere  Erwttgang 
sa  sieben  und  ,80Tiel  thnnlich  und  nfttzlieh  ins  Werk  an  brin- 
gen'.' Der  Kaiser  aber  hielt  es  nicht  fttr  nöthig,  auf  diese  Mah- 
nung weiter  einzugehen;  er  wies  in  der  Replik  ganz  knrs  anf 
seine  auf  dem  Deputationstage  unternommenen  Bemllhungen 
hin  und  verspraeh,  es  hierin  und  in  anderen  Nebeni»unkten 
des  ersten  Propositionsartikels  bei  den  Bcisclilüssen  des  Rekens- 
burcrcr  Reichstages  zu  behissen.*  In  dem  Abschiede  Hess  der 
Kaiser  die  Zusage  wiederholen,  ,auf  solche  Mittel  und  Wege' 
denken  zu  wollen,  ,wie  naehmals  ein  löblicher  Ritterorden  an 
und  auf  den  christlichen  Conünien  gegen  dem  türkischen  Ein- 
brechen anzustellen,  auch  mit  guter  Ordnung,  Unterhaltung  und 


und  Filreten  des  Reichs  begegnet  und  susteht,  ihnen  mttndUcIien  Jil>- 
bftlden  zu  eatdeeken  nnd  ihres  ▼Uerliohen  alleignedigsten  Bathes  und 
Gntbedenkent  .  .  .  darAber  su  erholen  nnd  sn  gebnnchen*.  Wenn  der 
Kaiser  es  fttr  driogend  nftÜAg  hält,  will  er  persSnlieb  erscheinen. 

>  Dies  ergibt  sieh  ans  der  karplUsischen  Reiehstagsinstmetion  vom  Jahre 
1607,  in  weleher  den  Gesandten  an%etragen  wird,  die  in  den  lustruotio- 
neu  von  1576  und  1582  enthaltenen  YorschlHgo  betreffend  Errichtung 
des  Ritterordens  zu  wiederholen.  Ritter,  Briefe  nnd  Akten  aar  Ge- 
schichte des  dreissigjährigen  Krieges  1,  105. 

*  Erste  Erklärung  <ler  Stiind»'  ;iuf  den  ersten  Artikel  der  Proposition,  tibnr- 
reiflit  2n  Juli.  I\LMrhst;i^sju'tf-ii  di-r  lieicbskanzlei,  Fa«c.  58»:  ,Danu  auch 
dasjeuiu'"'  .  z'H'  AnsUiUuiif;  üiues  lütterurdens  anno  76  zu  Regena- 
burg  uud  anuu  77  s&u  Frankfurt  ohne  sonder  Nachtlieü  der  Stände  Ar 
gut  angesehen  werden,  in  weiteres  Naehdenlna  au  nehmen*  n.  a.  w.  Die 
Wort«  ,«luie  sonder  Naehth^  der  Stinde*  lassen  erkennen»  dass  aneh 
jetst  keine  Neigung  bestand,  die  von  Seite  des  Ordens  gestellte  Fenle- 
rang  tu  erfüllen. 

*  UeichstagaMten  der  Beiohskanalei,  Fiae.  68». 


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538 


anderen  Nothwendigkeiten  sn  yenehen';^  alier  nach  Mmem  Ver- 
halten während  der  Verhandinngen  iat  mr  Gkntige  sn  etken- 
nen,  dass  er  alle  Hoffhnng  aufgegeben  hatte,  anf  dem  bisher 
eingeschlagenen  Wege  sum  Ziele  su  gelangen. 

Ausser  den  Misserfblgen  des  Frankfiirter  Deputationstages 
wird  noch  ma  anderer  Umstand  dazu  beigetragen  haben,  das 
Interesse  des  Kaisers  fllr  das  Fh)ject  herabsumindem.  Schwendi, 
der  Urheber  des  QedankenSi  der  seine  Besiehungen  su  Maxi- 
milian  II.  wiederholt  bentttst  hatte,  um  die  ins  Stocken  ge- 
rathene  Frage  des  Ritterordens  wieder  auf  die  Bahn  zu  brin- 
gen, war  bei  dem  neuen  Kaiser  in  Unj^nade  g^efallen,  ohne 
Zweifel  weil  seine  Ansieliten  ilber  die  eonfessioüellen  Fragen 
Jenen  der  neuen  Regierung  /.uwiderliefeu.  Schon  als  im  Jahre 
1580  über  Abhaltunn:  eines  KurfÜrstent^es  zu  Nürnberg  ver- 
handelt wurde,  tiug  Rudolf  Bedenken,  JSehwendi  hiezu  einzu- 
laden, und  wandte  sich  deshalb  an  Mainz;  er  wiederholte  die- 
sen Schritt  im  Jahre  1582,  und  mit  ZusHmniun<r  des  Erz- 
kaiudie»  unterblieb  ächwendi's  Berufung  nach  Augsburg.' 


<  Nene  nnd  volbtiiidige  Sammliuig  der  Beieluabecliiede  (Frankfurt  1747) 

3,  403. 

*  Rudolf  an  üeu  Kurfünit@u  m  Mainz,  27.  Jänner  1582,  Concept  Reichstag»- 
actea  der  Reichskanzlei,  Fase.  57.  ,Was  wir  D.  L.  verflossonon  80** 
Jahn  vamen  Ratiu  Lasati  von  Scbwendi  Freybenm  Efforderang  hallMB 
BQ  daanmal  bevoigewesenem  ChnrAbntentag  in  Nttmbeiip  in  VertnmeB 
■ngesehrieben  nnd  danebens  an  D.  L.  wegen  ErSftinng  Ihres  ratsamen 
Gutachtens  begert,  das  haben  D.  L.  aus  beiverwahrter  Abechrift  zu  sehen 
(Abschrift  llo^^t  «lern  roiicopt  nicht  bei).  Wann  dann  jetjso  bei  Ans- 
?rbreihnii)j  (lie."*fs  mist-ra  Keitlustagos  iiit  weniger  zweiflich  fürf.illet,  ob 
ormulUir  vuu  ächwuiidi  dazu  stu  beschreiben  oder  ntt,  und  wir  uns  aber 
mi  erindern  klJnton,  da«  von  D,  L.  begertes  Gnetbedenken  einkonten  mm^ 
himmb  gerinnen  wir  an  D.  L.  hiemit  fteundlich  nnd  gnedigelieb,  Sie 
wollen  berfirten  Sachen  anf  ein  nnd  den  andern  Weg  nochmals  na^ia* 
denken  unbeschwert  sein  und  was  Sie  darunter  su  t}iun  ermessen,  uns 
fUrdcrlicli  eriiffnen  nnd  znsehreiben.'  —  Vom  selben  Tag'e  .('i^v.rcyt  su 
Beschreibung  etlicher  Grafen,  Herren  und  von  Advl  iu  HotVath  .-vul  den 
Reichstag',  wobei  der  Name  Schwendi'a  dnrcbstrichen  ist,  ebenda  —  Er»- 
bleehef  Daniel  Ton  Hains  an  Rndolt  81.  Pehmar  1582,  Orig.,  ebenda. 
Entschuldigt,  dass  Jenes  Sehieiben  von  1580  unbeantwortet  geblieben  ssi, 
wtil  der  Knrfllrstentag  an  Kflmbeiig  sieh  senchlagen  habe,  nnd  flOut 
fort:  ,Und  ob  mir  gleichwol  bedenklich  ftlrfellet,  in  diesen  Dingen  etwas 
m-  oder  .iVirnrn^b"«,  jedoch  wann  h-h  >i<  denke,  was  neben  'b^n  NIi!er- 
lendiscbcn  Hamiliingen.  davon  in  kat.  i\iat.  Ausschreibung  uieldung  p*^ 
schiebt,  Docli  vor   andere  Farticolariteteo  iu  RoUgiona-  and  andern 


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An  den  Gesinnungen  des  alten  Schwendi  konnte  diese 
ZurQcksc  tznTig  nichts  ftndern.  Er  blieb  der  Ueberzeugung  treu» 
dasB  der  Kaiser  nur  durch  eine  zwischen  den  beiden  Confes- 
sionen  vermittelnde  Haltung  und  durch  Ausschluss  des  römi- 
schen und  spanischen  Einflusses  das  Wohl  des  Reiches  fördern 
könne  und  scheute  sich  nicht^  des  Kaisers  Bruder  MaximOian 
vor  den  Wegen  zu  warnen,  welche  die  neue  Regierung  einge- 
schhigen  hatte.^  Und  so  hielt  er  auch  an  seinem  Lieblings- 
gcdanken,  der  Verwendung  des  Deutschen  Ordens  an  der 
ungarischen  Grenze,  bis  zu  seinem  Ende  fest:  In  seinem  Te- 
stament hat  er  fUr  den  Fall,  als  alle  seine  Verwandten  sterben 
würden,  den  Deutschen  Orden  zum  Erben  seiner  gesammten 
Besitzungen  eingesetzt,  unt^r  der  Bedingung,  dass  derselbe 
»mittlerweile  dahin  reformirt  und  angestellt  w%re,  dass  er  auf 
der  Frontier  in  Ungarn  wider  die  Türken,  «gleichwie  der  Johan- 
ser-Orden  zu  Malta  kriegen  und  sich  zur  BeschirmuDg  des 
Vaterlandes  gcbruuelien  lassen  werde*.*  Diese  letztwillige  Ver- 
fugung ist  nicht  in  Wirksamkeit  getreten,*  aber  der  Gedanke, 
dem  dieselbe  ihre  Entstehung  verdankte,  hat  auch  nach  Sehwcn- 
di's  Tod  fortgelebt  und  hat  schliesslich  zu  einer  Ivcform  des 
Deutschen  <  )rdens  geftlhrt,  welche  dem  von  Öchwendi  ange- 
strebteu  Ziele  wenigstens  theüwcise  entsprach. 


Sachttn  fiirfallen  werileti  and  djuran  gelogen  soie,  ilas  liierin  «thno  affec« 
tion  mild  lienlnr  ^-f'tr.itiifoti  wordo,  wio  es  d'to  liolir*  Nf>tturft  siuiflcrlit  h 
(Ipr  uiH'h  ührijfuu  8tiiiiH)f  ilcr  cathrd  Keli^rion  in  unstTiii  r^clii-liten  Vütcr- 
laud  tüutdfhur  Nation  erl'urdert,  was  flergleiclicii  Siii;rulHrit«ten  viel  Nuts 
dabei  scbaffeu  keuiieu,  wie  E.  kai.  Mal.  allurgnuiUgKt  besser  Als  mir  be« 
wuflt  sein  mag.  Darumb  dann  ancb  E.  kai.  liat,  desto  mehr  den  SacLen 
ein  anergnedigsten  Ausschlag  au  geben  wissen  werden.*  —  Mit  Reckt  ist 
von  dem  EmpfXnger  dieses  Briefes  in  i!<>is.>  bemerkt:  »obscure,  inagts 
tamon  quod  tion.*  —  Dans  Schwendi'«  Einl.Khttifr  TttitorMiib,  ergeben 
auch  dio  Erijinonnijrssrhrßiboii,  diu  am  20.  Mai  15b"J  an  «Iii;  in  den 
Ilüfrath  BeacliriL'bcuüu  auiH^inpeti;  bior  ittt  ebeuso  wie  bei  den  Eiii- 
ladiiugun  vuin  27.  Jäuuer  nur  Karl  von  Scbwendi  genannt,  uach 
Janko,  8.  140,  ein  Oroseveteer  unseres  Lacams. 

^  Scbwendi  an  Uaximilian,  8.  November  168S.  Janko.  188.  In  dem- 
selben Brief»  klagt  Scbwendi  darüber,  dass  man  am  Hofe  seine  Dienste 
mit  Misfttrauon  und  AufsäsHirrkeit  beb>hno. 

'  Martin  in  Zeit<irbnft  fllr  Gf»««rhif'htc  dos  OherHieiii»,  Nouo  Folge  8,  402. 

•  Di«'  i  lsHHsischcn  (Jiit.  r  Si  liw t  ii-Ii's  sind  %uitäctiHt  im  Besitze  »einer  Nacii- 
kuiniuuti  geblieben,  biä  üie  bei  ßositzuahmo  de«  Elsass  durch  Ludwig  XiV. 
in  franaOeisehe  HXndo  gelangten.   Martin«  a.  a.  O.  404. 

AreWv.  LXXXI.  Bd.  U.  lliUto.  36 


1 


540 

n. 

Die  Erhebung  des  Erzherzogs  Maximilian  zum  Uucii- 
njcfstor  des  Deutsdieu  Ordens. 

AuB  der  Ehe  des  Kaisers  Maximilian  II.  mit  Maria  von 
Spanien  stammten  sechs  Söhne.  Es  war  begreiflich^  dass  schon 
bei  Lebzeiten  des  Vaters  die  Verscrguig  der  Jüngeren  Prinsen 
emstlich  in  Erwägnng  geaogen  wurde.  Fflr  die  beiden  j&ngsten, 
Albrecht  und  Wenzel,  sollte  in  Spanien  gesorgt  werden;  dem 
einen  sollte  das  Erzbisthum  Toledo^  dem  andern  das  Gross- 
priorat  des  Malteserordens  yerliehen  werden.  Am  dringendsten 
schien  es  deshalb,  den  beiden  mittleren,  Uathias  und  Maximilian, 
eine  angemessene  Stellung  au  sichern.  Das  nftchstliegende  Aus- 
knnftsmittel  wllre  die  Bewerbung  um  ein  geistlicfaes  Forsten* 
thum  des  Reiches  ^(  wcäun;  nach  seiner  gansen  religiösen  Bich« 
tung  war  jedoch  der  Kaiser  hiesu  wenig  geneigt  Er  hatte  sdne 
Söhne  nicht  zum  geistlichen  Beruf  erzogen,  und  da  mit  Aus- 
nahme von  Albrecht  keiner  Neigung  zu  diesem  Stindc  i  nipfand, 
\v;ir  er  auch  nicht  ;,n'\vi]lt,  einen  der  anderen  hiezu  zu  zwingen; 
er  vertrat  diese  Aulla^sung  ohne  Kückhalt  gegenüber  dem 
Cardinallc  gaten  Morone,  der  mit  ihm  auf  dem  Kegeubburger 
Reichstage  wegen  der  bevorstehenden  Erledigung  des  Erzbis- 
thums Köln  verliandelte.* 

Ganz  anders  als  Maximilian  stclhe  sieh  Rudolf  II.  zu  dieser 
Frage;  in  bcwus^tom  npfrensatze  zu  seinem  Vater  war  <?r  eat- 
sehlosscn,  si'inc  lirüdei'  durch  geistliche  Ftit-^tnitliumcr  zu  ver- 
sorgen; die  Schwierigkeit  schien  ihm  nur  darin  zu  liegen,  ob 
CS  gelingen  würde,  jene  fiir  eine  solche  Laufbahn  zu  gewinnen. 
Mathias  setzte  hartnäckigen  Widerstand  entgegen;  Maximilisn 
erklärte  sich  zwar  hiezu  bereit,  wenn  nach  Meinung  des  Kaisen 
das  Interesse  des  Hauses  es  erfordere^  aber  auch  seine  Neigung 
bheb  einer  kriegerischen  Laufbahn  zugewendet.^  Trotz  dieses 
geringen  Entgegenkommens  that  der  Kaiser  sofort  Schritte,  um 
eines  der  wichtigeren  Stifter  seinem  Hause  zu  gewinnen.  Bei 

*  NuDtiaturberiehteaitBDeutücblaiid,  III.  Abth., 1,21.  N  ach  dieser  Meldunf 

Moroiio'M  scIkmiiI  gs  mir  uinvahrscheinlich,  dass,  wio  Lossen,  Der  kffl- 
iiigcht'  Krio^r  1,  474  berichtet,  Maxitniliaii  auf  d®m  Repfenshurirer  Rciths- 
tAgo  den  Erxbischof  Saloatiii  gefragt  h&tte,  ob  einer  seiner  Söhue  uadi 
Köln  gebracht  werden  könne. 

*  Nuntiaturberiehte  III,  1,  S6  und  29. 


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*  541 

der  Bewerbung  am  Köln,  welche  er  in  den  ersten  Monaten 
des  Jahres  1577  betrieb,  stiesB  er  auf  den  eneipschen  Wider- 
atand  yon  Baiem;  aber  obwohl  er  auf  die  Vorstellungen  des 
Herzogs  Wilhelm  diesem  versprach,  niemandTAndem  als  dessen 
Sruder  Emst  zu  empfehlen,'  hielt  er  doch  an  seinen  Absichten 
fest  und  crthcilte  am  31.  Mai  seinen  nach  Köln  abfischenden 
0<>niniis.siircn  eine  geheime  Ntb^  ninstruction,  nach  wclclier  sie, 
laiis  die  Wahl  Emsts  nicht  durchzusetzen  wäre,  für  einen  seiner 
T3rüder  einzutreten  hätten.*  Als  die  am  5.  DeoenilKM-  1n77  er 
lV)i;4^te  Wahl  Gebhards  in  gleicher  Weise  die  IIolTiiimguii  Oestcr- 
reiciis  und  Baieras  zerstört  hatte^  wandte  Rudolf  sein  Augen- 
merk anderen  Stiftern  zu.  Im  Sommer  1579  begannen  seine 
i^emiihungen^  fUr  Mathias  oder  Maximilian  eine  Coadjutoric  in 
^i^zburg  zu  gewinnen;^  daneben  Hefen  Unterhandlungen,  welche 
bezweckten,  einen  der  kaiserhchen  Brttder  zu  dem  seit  mehreren 
Jahren  erledigten  Bisthum  Münster  zu  verhelfend  Aber  weder 
liier  noch  dort  hatte  Rudolf  Erfolg;  während  sein  Versuch  in 
Salzburg  an  dem  WiderwiUen  des  Capitek,  sich  von  einem  der 
beiden  benachbarten  Fttrstenhttuser  abhftngig  zu  machen,  schei- 
terte,  gewann  in  Mtlnster  Herzog  Wilhelm  von  Jülich-Clevo' 
Berg  den  Sicp^,  dessen  Sohn  Johann  Wilhelm  schon  vor  sechs 
Jahren  gewählt  worden  war,  nunmehr  aber  mit  der  Admini- 
stration des  Bisthums  betraut  wurde. 

entsprach  den  Oesinnungen  der  beiden  kaist  rlichen 
Prinzen,  dass  sie  au>srr  drr  vom  Kaiser  bt  trif-lH-nen  Bewerbung 
um  geistliche  Fürsienihiimer  noch  andere  i'iäue  verfolfj^ten,  die 
ihren  persönlichen  W Unschön  besser  zusagten.  Ohne  Wissen 
Budolfs  stürzte  sich  Mathias  im  Herbste  1577  in  das  nieder- 
ländtBchc  Abenteuer,  in  der  HoOnung,  einen  Mittelweg  zwischen 
der  spanischen  Politik  und  jener  Oraniens  einschlagen  zu  kOnnen. 
Maximilian  dachte  wenigstens  eine  Zeitlang  daran,  das  Com- 
mando  in  der  Zips  zu  übernehmen;  bei  Schwendi,  der  einst 
auf  demselben  Schauplatz  gewirkt  hatte,  holte  er  sich  im  Herbst 
1Ö83  Rath  fUr  dieses  Amt.<^ 


1  Lossen  1, 

*  NantUturbericlite  III,  1,  128,  Anm.  3. 
'  Lossen  1,  6H6f 

*  Lo!<<«eu  1,  677flF.    Be>old  2,  28,  Mr.  34. 
<^  Janko,  ö.  im. 

36* 


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542 


Wichtiger  wurde  für  Maximilian,  dass  ihm  schon  im  Jahre 
1578  Erzherzog  Ferdinand  von  Tirol  den  Eintritt  in  einen 
Ritterorden  empfohlen  hatte.  Den  Anlasa  hiezu  mag  der  am 
22.  September  1578  erfolgte  Tod  des  Erzherzogs  Wenzel  ge- 
geben haben,  der  dem  Malteserorden  angehOrt  und  im  März 
1577  Yom  Papste  die  Ezspectanz  auf  das  Grosspriorat  von  Ca- 
stUien  und  Leon  und  auf  die  Ballei  Lora  erhalten  hatte  ;^  denn 
Ferdinand  rieth  seinem  Nelfen,  in  erster  Linie  die  Grossmei- 
sterwiirde  des  Malteserordens  anzustreben.  Dem  jungen  Erz- 
herzoge aber  scbien  vom  Anfange  an  das  als  wanschenswerther, 
was  sein  Oheim  nur  an  zweiter  Stelle  genannt  hatte:  die  E^ 
langung  der  Deutschmeisterwtlrde.*  Neben  dem  Wunsche,  in 
Deutschland  bleiben  zu  k(5nnen,  dürfte  bei  dieser  Entscheidung 
^laximilians  der  Tiedanke  massgebend  gewesen  sein^  die  Kräfte 
des  Deutschen  Ordens  einst  zum  Schutze  der  östeireichischen 
Kil)l;inde  gegen  die  Türken  verwenden  zu  können:  denn  von 
den  Verhandhingen  über  die  Translatitin  des  <  Jidcns  musste 
der  Erzherzog  schon  damals  Ki  nntiiiss  haben,  wenn  öich  autlj 
er>t  t'ür  etwas  s|nlt«*re  Zeit  narliwriscn  lässt,  dass  zwisclien 
Ferdiiian«!  und  ^faxituillan  die  Er<>rl''rung  de»  im  Jalire  lölö 
bei  8rit«!  grsttlllcn  Prnjfi'trs  wie<it'i-  aufgenommen  wurde. 

Es  wtthrte  jedoch  einig»'  Jahre.  l»is  die  im  Herbste  157^ 
gegebene  Anregung  weiter  verfolgt  wurde.  Zum  Thcil  wird 
sich  diese  Verzögerung  aus  den  anderweitigen  Plänen  und  Be- 
werbungen erklären,  welt  he  erst  mit  der  Wahl  des  bairischen 
Herzogs  Ernst  zum  Erzbisehof  von  Köhl  ihr  Ende  fanden  — 
denn  n( u  h  b<;i  der  Kölner  Wahl  des  Jahres  1583  scheinen  die 
Brüder  des  Kaisers  nicht  ganz  ausser  Betracht  gewesen  zu 
sein;*  ausserdem  Avird  sieh  der  Kaiser  mit  gutem  Grunde  ge- 
scheut haben,  unmittelbar  nach  den  unliebsamen  Verhandlungen 
Uber  die  Translationsfrage  dem  Orden  die  Auüiahme  seines 
Bruders  zuzumuthen.  Erst  im  Jahre  1584  wurde  die  Ange- 
legenheit in  Angriff  genommen,  und  es  war  nicht  der  Kaiser, 
sondern  Erzherzog  Ferdinand,  der  sich  zunächst  ftlr  Maximilian 
einsetzte. 


•  Vertut,  Histoire  tlf»s  chovarier»  do  .S.  Jean  de  JeruMleill  4,  llä. 

•  Hirn,  Erashoraog  Ferdinand  II.  ve>n  Tirol  2,  29(J. 

•  Nuntiaturberichte   III,  1,  306  und  bessold  2,  yi,  Nr.  III;  vgl. 
auch  Besold  2,  9ö,  Nr.  117. 


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543 


Ab  UiiterliändJer  benutzte  Ferdinand  den  Comtbur  auf 
dem  Ritten,  Claudius  von  Roccabrun;  in  des  Erzherzogs  Auf- 
trag brachte  derselbe  im  Sommer  1584  dem  Administrator  des 
Hochmeisterthums  mttndlich  die  Werbung,  Heinrich  möge  den 
Erzherzog  Maximilian  in  den  Orden  aufnehmen.  Ferdinand 
er<)ffhete  zugleich,  dass  im  Falle  der  Gewährung  er  selbst  und 
das  ganze  Haus  Oesterreich  und  Burgund  aus  Dankbarkeit 
nicht  ermangeln  würden,  sich  (Ur  die  Wiedergewinnung  der 
Ordenshänser  in  welschen  Landen  zu  verwenden.  MiBstrauisch 
iiHhm  Hcinrieli  diese  Botschaft  auf;  der  weitlUutijjen  VertrÖ!<tung 
auf  Wiederjifcwinn  der  welschen  licsitzungen  war  weni^  Werth 
beizumessen,  und  welche  Consequenzen  die  lk\vil)i;^un^  dos 
Ansuchens  für  ihn  selbst  haben  dürfte,  konnte  er  leicht  voraus- 
selien.  Kr  hi<-lt  es  deshalb  für  {^ut,  zu  erwidern,  dass  zur 
Kntseheiilung  einer  so  wieiitiiren  Frage  ein  Genei alrapite!  noth- 
wendi^  sei,  und  dass  in  Anbclracht  der  iiicderlandiseheu  Wirren 
fiir  solche  Pläne  die  Zeit  nicht  I2:iul^^til;•  s(»i.  Mit  diesem  Be- 
^(•lit  ide  meinte  er  die  Fra;;e  erKili^ii  /.u.  halu-n.'  Fmliiiaud 
aber  Hess  sieh  auf  d!ps«>  \V*'ise  nielit  von  scinnii  \'orlial»un 
abschrecken.  Fti  icllit  li  fordcrtt'  er  l^leinrich  auf,  <  r  nui-i^-,  wenn 
er  schon  die  Aufnahme  nicht  ohne  vorherige  Berathung  auf 
sieh  nehmen  wolle,  sogleich  die  näclisti^rcsc 'ssenen  Landeomthure 
und  Comthure  hierüber  befrai^en,  moghchst  l)ald  ein  General- 
capitel  einbenifon  und  ihm  den  Termin  desselben  rechtzeitig 
bekanntgeben.^  Diesen  energischen  Forderungen  musste  Hein- 
ricli  nachzukommen  vei'sprechen,''  aber  ehe  er  an  di<'  Ein- 
berufung des  Gent!falcapitels  sehritt,  holte  er  sich  bei  seinem 
Nachbarn,  Bischof  Julius  von  Würzburg,  Bath,  was  in  der 
Sache  zu  thun  sei.  Am  23.  September  hatte  der  Kanzler  des 
Ordens  eine  Unterredung  mit  Julius.  Heinrich  scheint  durch 
seinen  Gesandten  dem  Bischöfe  angedeutet  zu  haben,  welche 
Befürchtungen  er  hege  und  wie  dem  unwillkommenen  Projecte 
zu  begegnen  wäre.  Julius  aber  war  klug  genug,  sieh  ent- 
'  schieden  zu  Gunsten  der  Aufnahme  Maximilians  auszusprechen ; 


>  Sclirolben  Heinrieb*  vom  29.  August  1584  an  den  Lftndcomtlinr  voa 
Franken,  in  weK-hom  Uio  früheren  Vcrlianilliiiifr'^Ti  rosuinirt  werden. 
Cop.  im  Deut»ch-Ordens-Central-Archiv  v.n  \\  im,  rt-raonaim  Nr.  1127/L 

•  Ferdinand  an  lloinricli,  10.  August  1584.  C<»ii.  ebenda. 

•  Utiiurlch  an  Fordin.niid,  Ib  Aiigusit  1584.  Cup.  ebenda. 


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544 

durch  VcraOgernog  oder  Verweigemiig  der  gestellten  Bitte  könne 
man  nur  MiBstrauen  erwecken;  eine  abemalige  Befiragang  der 
Ritterschaft,  wie  sie  Heinrich  aus  Anlass  des  Translationspro- 
jectes  inscenirt  hatte  und  nun  wohl  zu  wiederholen  gedachte, 
sei  zu  vermeiden;  die  Persönlichkeit  Maximilians,  den  JoUiu 
auf  dem  letzten  Reichstage  kennen  gelernt  habe,  gebe  zu  keinen 
Besorgnissen  Anlass;  der  junge  Erzherzog  sei  ,ganz  demtithig, 
freundlich,  ^^cspritchig,  wohl  erzogen  und  eines  guten  Verstandes'.* 
Als  dann  auch  von  dem  Laibachcr  Comthnr  Hanns  Cobenzl 
von  Prossegg,  der  den  neuen  Gedanken  mit  derselben  Freude 
be*j:rUsste,  mit  der  er  Rieben  ^lalire  vorber  für  das  Translations- 
pfoji  t  f  ringetretcn  \\iu\^  ein  sebr  günstig^es  Urtbeil  über  Maxi 
miiian  einHef,  da  entschloss  sieb  Heinrieb,  seine  Btdtdktü 
aufzugeben.  Am  12.  Oetober  konnte  er  Ferdinand  davon  be- 
nachrichtigen, dass  selion  für  den  December  ein  General- 
eapitol  naeb  Mergcntbeim  l  inbcrnfen  sei.* 

Als  sirh  dort  die  Vertreter  der  Balleien  einfanden,  er- 
sebienen  zugieicb  (u  sandtseliaften  des  Kais(M-.s  und  der  beiden 
Erzherzoge  Ferdinand  und  Karl.  Ibrer  Werbung  konnte  das 
vei-sammeite  Generaleapitel  nielit  wid(  i-streben,  obwohl  es  Thun 
und  Lassen  gk'ieb  bedenklieh  fand.  '  80  erfolgte  noch  am 
3.  December  1584  iMaximilians  Aufnahme  in  den  Orden.* 

Dem  Daukscliroiben  Maxiniilians,  welches  am  3.  Jänner 
1585  an  Heinrich  abging,  fügte  der  Neuaufgenommene  einige 

^  l\(  l:iti<>ii  dos  KaiizlurR  über  Kiutiulnng^  oino8  Ratlies  von  H.  Bischof 
/.II  Würzburg,  ehendfi.  —  iVr  Aiiw&senheit  Maxiiniliaii<^  Aug^burg^ 
gedenkt  auch  lläberlin  12,  48.  Er  kam  am  4.  August  mit  seiueui 
Bruder  Matliias  iu  Augsbui^  au  und  reisto  am  16.  August  zu  seium 
Oheim  Ferdinand  nach  Innsbruck,  wXhrend  «ich  Hathiaa  nach  Uni 
wandte.  Berichte  von  Ant  und  Ilsnnf  an  Enhersog  Ferdinand  in  Ftac 
^)^^^  dor  Reich8tag»acton  dor  Reichskanslei. 

*  Vgl.  Zwiediiieck-Südenhofift,  Archiv  flir  tisterreicbi.<4che  Geschichte 
ö6,  427  ff;  Coln  II/IN  Schreibon  vom  13  Sepfembor  15H4  (Oric".  Doiif^.li 
Ordeus-Aicliiv,  l'ers.   1127  I  )  ist  aus  i'rag  datirt,  dürfte  alüo  vou  den 
am  kais.  Hofe  horrscliondfii  Absichten  beoiudus«t  seiu. 

*  Heinrich  an  Ferdinand,  18.  Oetober  1684.  Cop.  Dentaeh-MeiM-ArduT, 
Peri.  11S7/I.  —  Die  meisten  Landcomthure  hatten  in  ihren  Antwortes 
an  Heinrich  (ebenda)  die  EinbenifiiQff  de«  Generalcapitels  «rat  fllr  den 
Anfang  de.s  folgenden  Jahren  in  Aussicht  genommen. 

*  Handlung  und  Abschiej^  de'^  C.ipitols  zu  Mergönth«*im.  3.  December 
st.  n.  1584.  Deutsch-Ordens  Archiv,  Gross-Capitularia  Bd.  8.  —  Voigt 
2,  24y. 


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545 


eigenhändige  Worte  hinzu,  welche  die  Anbahnung  guter  Be- 
asiehangen  hoffen  lieBsen.^  Die  Ftthning  der  durch  die  Auf- 
nahme nöthig  gewordenen  Unterhandlungen  behielt  aber  auch 

jetzt  Ferdinand  von  Tirol  in  seinen  Händen.  Am  U).  M  iiz 
übersandte  er  das  Formular  der  Obligation,  welche  Maxirmli  in 
selbst,  der  Kaiser  und  die  Erzherzoge  dem  (  h  dcn  ansznst«  Ikn 
hatten;  am  3.  April  ^-.ih  or  die  Modalitäten  bekannt,  unter 
denen  die  feierliche  Einkleidung  des  nenen  Ordensritters  statt- 
finden solle.-  Die  Landconithure  von  Franken  und  Elsass,  der 
greise  Volpert  von  Schwalbach  und  Hug  l>ietrich  von  Hohen- 
landenberg^  die  Oomthure  von  Freibui^  und  Wirsberg,  Christof 
Thum  von  Neuenburg  und  Adam  von  Klingelbach  nebst  den 
OrdenaprieBtem  Mathias  Marquart  nnd  Andreas  Heoseler  worden 
Ton  Heinrich  beauftragt,  an  der  Einkleidung  theilznnehmen, 
die  nach  Ferdinands  Wunsch  am  1.  Mai  ku  Lins  stattfinden 
'sollte.  Als  sie  am  29.  April  dort  anlangten,  war  aus  Anlass 
der  Messe  und  des  Landtages  die  Stadt  OberfÜllt,  aber  Maxi- 
milian war  nicht  zugegen;  er  hatte  nur  seinen  Kammerherm 
Hans  Jakob  von  Löbl  dorthin  abgefertigt  und  Hess  durch  diesen 
die  Gesandten  des  <)rdens  auffordern,  mit  ihm  die  Heise  bis 
Wien  fortzusetzen,  wo  sie  am  1.  Alai  eintrafen.  Am  dritten 
Tage  darauf  erfolgte  unter  Entfaltung  lVu\stlieiien  i'runkes  in 
der  Augustincrkirelit'  die  0<'remonie  der  Einkleidung.  Von  den 
Geschwistern  Maximilians  wohnten  Erzherzog  Emst  und  die 
Königin -Witwe  Elisabeth  der  Feier  bei;  Erzher/og  Karl  war 
durch  Krankheit  in  Laxenburg  festgehalten,  aber  seine  Ge- 
mahlin war  zugegen,  ebenso  der  Bischof  von  Wien,  der  Schotten- 
abty  der  Probst  von  St  Dorothea  und  viele  angesehene  Männer 
und  Frauen.  Die  Gesandten  wurden  durch  festliche  Bewirthung 
geehrt;  ihren  Heimw^  mussten  sie  Uber  Prag  nehmen,  wo  sie 
vom  Kaiser  in  Andiene  empfangen  wurden.' 


*  ,Ich  thue  midi  p-Rjyon  K.  L  der  wilfnniTij^  imd  inrf»r  f^iietlierzipoii  .nfffc- 
tion  ff-antz  freiinclttk*h  btxlfiiicklion,  vpräi<  Ii  tnicli  /.n  E.  L.  vill  guette» 
und  aller  befürderung',  Diß  hingegen  »ambt  lerem  orden,  wo  ich  jetzo 
imer  liebs  und  gutts  erzAigen  khan,  ein  getreuen  freundt  an  mir  haben 
■ollen.*  Orig.  DentselfOrdens-ATchiT»  Pen.  11S7/I. 

*  Beide  Briefe  Feidinands  Dentaeh>Of«leii»>ArcbiT,  Pen.  1187/1. 

*  Briefe  Ton  Hng  Dietricli  und  Volpert  an  Heinrich  tarn-  JAnz,  29.  April 
1585,  uu(\  ans  Schnaitteubadi  vom  13.  Mat  1585  im  Deutsch^Ordens* 
Archiv  Penk  1127/1.       Einen  officielien  Bericht  Uber  die  AeaaMrlicfa« 


I 


546 

Maximilian  liattc  am  2G.  April  ein  ('ij::enliäiiili:;».'s  St-lin  iben 
an  lleiiu'irli  <:iriclitet.  in  welchem  er  die  durcli  den  Lmzer 
Landtag  nöthig  gewordene  Verlegung  der  Einkleidiingsfeierlich 
keiten  nneh  Wien  entschuldigte;  um  sieh  die  Zuneigung  dea 
Administrators  zu  erwerben,  stellte  er  ihm  zuj^'^lrlch  einen  Zag 
yon  aiebenbUrgischen  Pferden  lüs  Geschenk  in  Aussieht.^  Indess 
war  von  Innsbruck  ein  zweiter  entscheidender  Schritt  ta 
Gunsten  Maximilians  geschelicMi.  Nicht  lange  nach  drni  Mergent- 
heimer  Generalcapitel  hatte  sich  im  Auftrage  Ferdinands  Johann 
Achilles  Usong  bei  den  Landcomtburen,  Comthuren  und  Kath^- 
gebietigern  der  einzelnen  Balleien  eingefunden,  um  sie  fUr  die 
Wahl  Maximilians  sam  Ooadjutor  des  alten  Deutschmeisters  m 
gewinnen.  Ilsung  konnte  sich  darauf  berufen,  dass  auf  dem 
Generalcapitel  Heinrich  selbst  die  Anwesenden  schrifUich  and 
mündlich  ersucht  habe,  sie  müchten  ihm  mit  Rücksicht  auf  sein 
Alter  und  die  seltsamen  Zeiten  die  Last  der  Regiemng 
leichtern  und  eine  andere  geeignete  Persönlichkeit  hiemit  be- 
trauen. Es  ist  nicht  sicher  ob  Heinrich,  wenn  er  im  December 
16H4  so  ZQ  dem  Generalcapitel  sprach,  gerade  an  Maximilian 
als  seinen  dereinstig^n  Coadjutor  und  Nachfolger  dachte.  Die 
auffallende  Art,  in  der  ihm  Uber  die  Werbungen  Usung^s  be> 
richtet  wurde,  und  die  Zurückhaltung,  mit  welcher  er  diese 
Meldung  aufnahm,  kssen  auch  eine  andere  Annahme  zu.'  Viel- 


keiten  der  Einkteidiinif  bi«tot  dM  ,Hugonu  Blotii  s.  caeau  nui**»  biUio- 
thecae  praefecti  hi«U»iic«  breris  et  ver«  iwmitio  ...  de  mlenni  celebri- 
täte  qua  «erenuiurou»  princepa  BfaximtHanus.  . . .  tese  in  enm  aoratae 
militine  equestrom  uriliiioni  i|iu  !n  Mnrianutii  vocaiit  Teutoiiiriirii,  eo<>|it«ri 
pnwus  (isV  in  tl.T  Wi.  iK.r  Hufhihliotlifk  ('..<!.  H13ß,  L.  III,  f.  O-io.  Wenn 
ich  mich  niciit  taiiNchc^,  rührou  eiiiigi*  IvaiiillH'iiierkuiigtiii  xu  tli» -^oin  Eitpin- 
plare  des  Horiclite«  von  Maximiltaus  eig»!n«T  Hand  her.  Derselbe  Benchx 
findet  Mich  nach  Angabe  der  ,Tabnlae  codicum*  ancb  ia  den  Codd.  TIW, 
7306  und  7648,  ferner  primae  Uneae  einsdem  narrationw  in  Cod.  7661  and 
eine  namtio  germanica  bierflber  in  Cod.  7850. 
»  Deutsch-Ordens-Archiv,  Pers.  1  H'T/I 

•  Heinrich  schreibt  an  den  Landcomthur  in  Franken,  Volpert  von  Seli\\.i! 
bnch,  7.  Marx  st.  n.,  or  habe  «lf^?<pn  Rclireihen  vom  27.  Februar 

erhalten,  in  welchem  V.  mittheilt,  ,was  Achilles  ll»un|r  .  ,  .  nach 

Überreichter  Credeiiz  von  der  fUrRil.  Durchlaucht  Ersh.  Ferdinand  n 
Oeitorrttiob  wegen  dero  Vettern  H.  lUkimiliao,  Ersb.  tu  Oeeberreicb* 
bei  V.  ^peworben*.  ,Und  lanea  wir  swar  eolch  Werben  and  Saebeo 
auf  ^eh  aelbit  and  in  «einem  Wertb  and  UawerÜi  rnhea*  . . .  bia  la 


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547 


leicht  dachte  Heinrich  daran,  durch  die  rechtzeitige  Wahl  eines 
ttichtigen  Coadjutors  seinem  eigenen  Widerstande  gegen  die 
gefährlichen  Pläne  des  habsburgischen  Hauses  mehr  Kraft  yer* 
leihen  zu  können.  War  wirklich  dies  die  ursprüngliche  Ab- 
sicht Heinrichs  gewesen,  so  musste  er  doch  bald  einsehen,  dass 
gegeuaber  der  wohlvorbereiteten  Action  zu  Gunsten  Maximilians 
jeder  Widerstand  vergeblich  sein  würde. 

Kurz  vor  Eröffnung  des  auf  den  20.  Mai  1585  iiaeli  Mer- 
gentheim  einberutenen  Ut'nerak-a|iitels   crliielt  Heinrich  einen 
Brief  des  Kaisers  mit  dem  Auftrage,  sich  zu  einer  vertraulichen 
Unterredung  mit  Bischof  Juhus  von  \V  Urzburg  zusammen/u- 
finden.'    Als  am   14.  Mai  zu  Biitthard  die  gewünschte  Zu- 
sammenkunft stattfand,  ei*üfluete  Julius  im  Namen  des  Kaisers 
das  V^erlangen,  Heinrich  möge,  falls  er  wirklich,  wie  man  er- 
zähle^ zu  resigniren  gedenke,  dem  Erzherzog  Maximilian  zur 
Kriangung  der  niedergelegten  Würde  behiltlieli  sein.  Heinrich 
lehnte  eine  Beeinflussung  der  Wahl  ab,  erklärte  jedoch  die 
Erhebung  Maximilians  ftir  wahrscheinlich.    Drei  Tage  nach 
dieser  Unterredung  trafen  in  Mergentheim  Graf  Karl  zu  Hohen- 
zoUern-Sigmaringen,  Sebastian  Schenk  von  Staufenberg  und 
Johann  Achilles  Ilsung  ein,  legitirairten  sich  ab  Abgesandte 
des  Kaisers  und  der  beiden  Erzherzoge  Ferdinand  und  Karl 
und  brachten  zunächst  dieselben  Wünsche  vor,  die  Julius  in 
lies  Kaisers  Auftrag  geäussert  hatte;  als  ihnen  hierauf  Heinrich 
am    18.  Mai    die   gleiche    Antwort  ertheilt   hatte    wie  zuvor 
dem  Bisehofe  Julius,  erklärten  sie  am  niiehstt-n  Morgen,  es 
wäre  gar  nicht  die  Meinung  ihr<*r  Auftraggeber,  dass  Hein- 
rich resigniren  solle;  Maxinnlian  möchte  ihm  nur  als  Coadjutor 
beigeordnet  werden.   Inzwischen  war  auch  von  Künig  Philipp 

nücliHtoni  sclion  aiibeiauinfttin  tJoneralojipitol.  Er  habo  auch  voninüimen, 
(la.s»  p-UMcfio  W(>rhtiTt;r  sclion  boi  «Umi  Ulirin^on  Lautlciiinthuioii  uiul  Katlis- 
pC'hiff i;:«'!  !!  iMtMl^'l  '-.  i.  Colli'.  DtMitscli  -  UnliMis  -  An  liiv,  Per«.  11*27^1. 
Am  .'Ju.  Mürit  l  >bri  btnieliift  Volpert,  da-ss  or  bui  Aiihünttig  der  Kecli- 
nniigen  in  DonaawOrth  nnd  Regensboi^  in  Bericht  btftmdeti  habo» 
dasB  eben  dergleichen  Werbung  wie  bei  ihm  auch  bei  den  Comthuren 
Ton  Blnmenthal  und  Dettingen  durch  Ibnng  verrichtet  worden  eeien. 
Orig.  ebenda. 

*  Rudolf  an  Ucinricli,  6.  Mni  UySd.  Deiitsi  li-Ordens-Archiv,  Orost-Capitularia 
Bd.  8.  Ich  boniltzö  don  in  iliist  in  l'ande  «Mjthaltenen  Bericlit  üIkt 
da«  Qros8capit«)l  vom  ÜU.  M&i  löb6  auch  flir  das  Folgende.  Vgl.  auch 
Voigt  2,  2ü4ir. 


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648 


eine  Oesandtscliaft  eingetroffen,  welche  ähnliche  Beförderungs- 
Bchreiben  sowohl  an  Heinrich  als  an  das  gaaae  Capitel  mit- 
brachte and  ttberdies  in  der  Lage  war,  einen  Befehl  ihres 
Herrn  an  den  Hersog  von  Parma  vorzuweisen,  in  welchen 
dieser  beauftragt  wurde,  den  Orden  in  seinen  niederlftndischen 
Besitanngen  an  schützen.^  Endlich  warf  noch  der  Papst  sein 
Wort  in  die  Wagschale,  indem  er  in  drei  besonderen  Breyen 
den  Bischof  von  Wttrzburgy  den  derzeit^n  Administrator  und 
den  Orden  ermahnte,  die  Wahl  Maximilians  zum  Naehlbiger 
oder  wenigstens  zum  Ooadjutor  zu  befördern.* 

Nach  so  gewichtigen  Fürbitten  konnte  der  Aasgang  nicht 
zweifelhaft  sein.  Voa  der  wirklichen  Resignation  Heinrichs 
wnrde  abgesehen^  da  sich  die  angesehensten  Männer  im  Capitel, 
unter  ihnen  auch  Oobenzl,  der  Vertreter  der  Bailei  Oesterreich, 
dagegen  aussprachen.  Heinrich  behielt  seinen  Titel,  es  wurde 
ihm  das  Haus  zu  Cronweiasenburg  zugewiesen,  ftir  den  AbziiEr 
eine  Summe  von  1000  und  für  jedes  Vierteljahr  500  Gulden 
luid  v'm  Trunk  Ntu  karweincs  bewilligt;  in  wichtigen  Angelegeu- 
hriten  des  Ordens  solle  mit  seinem  V(»rwissen  und  Rath  ge- 
h:iii(it'lt  wcnlcii,  die  Führung  der  Giöchafte  aber  und  die  Ein- 
künfte des  I  )(  utj!icliniciätt'i-s  sollten  dem  Ooadjutor  zufallen.  Am 
'il.  Mai  wurde  Maximilian  durch  einhellige  Wahl  zu  ditscr 
bisher  im  Orden  uiiIm  kannten  Würde  erhoben  und  ihm  aus- 
drücklich die  Nachtblt:;e  /.uges-iehert. 

Kine  am  2.  September  desselben  Jaliros  zu  Mcn^n-utlieim 
abgehaltene  Oonvocation  befasste  sieh  damit,  den  Kid  für  den 
Coadjutor  festzusetzen  und  seine  Wirksamkeit  genauer  abzu- 
grenzen, wobei  die  schon  im  Mai  angenommene  Scheidung 
zwischen  wichtigeren  Dingen  und  gewöhnHchen  Angelegenheiten 
beibehalten  wurde,  so  dass  die  ersteren  mit  liatb  und  Weissen 
des  alten  Meisters,  die  nndcron  selbststilndig  von  Maximilian 
zu  erledigen  sein  sollten.  In  formeller  T liiisicht  wurde  bestimmt, 
dass  die  ofiicieUen  Schreiben  in  beider  Namen  auszustellen 
and  dass  beider  Siegel  in  eines  zu  bringen  seien;  doch  solle 
über  diesen  Punkt  noch  mit  dem  Coadjutor  yerhandelt  wer- 


*  Dip  Schreiben  Philipps  sind  vom  4.  MSrr..  Sarngossa  d.itirt. 

•  Sie  ilatiren  vom  3.  Mai  1589  niul  gelangten  über  WUrjtbtirg  »ach  iler- 
geutUeim;  mit  Schreiben  vom  17.  Mai  Obersendet  sie  Julius  an  Heiuricb. 
Vgl.  attch  Oropp,  Wirtsbnrgisehe  Chronik  I,  388. 


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549 


den.^  Bftld  genug  fand  dieser  Anlass^  seine  eigenen  Wünsche  zur 
OeHnng^  ssn  bringen;  schon  im  folgenden  Monate  übernahm  er  « 
selbst  die  Regierung*  und  beantragte  bui  den  Lande  omthurcu 
'von  Elsass  und  t  iaiikcii,  da  der  Titel  Coadjutor  nieht  gut  auf 
Sfine  Stellung  passe,  ihm  den  vollen  Titel:  ,Adiuiiiiötrator  des 
JÜeutich-Ordens  in  deutschen  und  welschen  Landen^  zu  geben.* 
Am  14,  September  des  nttchston  Jahres  kam  es  im  Schlosse 
Stocksberg  zu  einem  Ausgleiche  zwischen  den  beiden  Uäuptem 
des  Ordens,  in  welchem  Heinri(d)  gegen  Aufbesserung  seines 
^Deputates  auf  das  Regiment  Verzieht  leistete.* 

Dnrch  einträchtiges  Zusammenwirken  hatte  somit  das  Haus 
Oesterreich  einen  Erfolg  errangen,  der  nach  so  manchen  fehl- 
geschlagenen Bewerbungen  der  letzten  Jahre  doppelt  erfreulich 
wirken  mosste.  Dem  Deutschen  Orden,  der  an  Reichthum 
und  politischem  Einflüsse  zur  Zeit  freilich  den  meisten  Bis- 
thtlmem  nachstehen  mochte,  gaben  die  niemals  aufgegebenen 
Ansprüche  auf  Preussen  und  die  M((glicbkelt  einer  besse- 
ren militärischen  Organisation  erhtihten  Werth.  In  protestan- 
tischen Kreisen  dachte  ninn  zuiiä(  lisL  an  das  crstgcna?inte 
Moment,  als  sich  die  Niu  linclit  von  Maxinulinns  Aufiiabnie  in 
den  Orden  verbreitete;  Pfalzgraf  .Johann  Ofisiniir  betrachtete 
dieses  Ereignibs  als  eine  Warnung  Air  Preussen,  und  die  Rätlie 


*  Handlung  g«n  Moig«iitlieiin  anagMchriebener  Convocation,  2.  September 
ir>»5.    DeiitAch-Onlens-Arcliiv,  GroMhCapitalaria  Bd.  8. 

*  Dudik,  Münz.san>mlnn{j,  S.  173. 

■  ,V>>n  der  ftlrsfl.  !>iirrhlnnr1it  Erzh.  Msiximiliflu  ...  an  hPidf»  Laiulcomthnro 
El.<»a.«<.s  uml  l'ranlicii  mit  ^Mi.iilfii  zu  Iwif.hrfn/CotU'J^pt  vom  iO.  0<'t«>l»<T(!  .'V8:'»\ 
DeutMch-Ordon.H-Archiv,  l'vrs.  1127/1.  Die«eii  BegcUreu  wird  Maximilian 
SU  Mnrgentheim  mOndlich  gestellt  haben.  In  eeineni  ane  Wien  datirton 
Scbretben  vom  4.  Angnsl  1685  (Dentach-Ordens-Archir,  Pen.  1127/1.) 
meldet  Maximilloji  Heiniich»  daas  er  durch  Verhandlungen  wegen  seines 
erblich«!  Deputatee  nech  murltdcgehftltaii  werde,  dast  er  aber  noch  vor 
Ende  September  nach  Mertj^entlipim  aiifzuhreehen  gcdoiiko;  am  4.  Sep- 
tember erfolgte  daraufhin  Heinricli.s  Einladung'  an  L;ui(lt  onitluir 
von  El^ass  (und  wohl  nnrh  an  Andere),  sich  xu  Ende  September  iu 
Mergentlipini  «nazutinden.    Conc.  ubenda. 

*  Das  Datum  des  StockMber^^er  Vergleiches  bei  Dudik,  Münzsammlung, 
S.  178,  der  Inhalt  dea  Vertrage»  ebenda  170,  Anm.  1;  bei  Voigt  i«t  der- 
aeilM  nicht  erwihnt;  daai  der  Stoekabeiger  Veijgleich  einen  Versieht 
HeinHcha  auf  daa  Regiment  enthielt,  entnehme  ich  den  in  Bd.  8  der 
Oroae-Capitalaria  dea  Dentaoh-Ordena*ArcliiTa  enthaltenen  ,articuli  propo- 
sitioniB'  an  der  Cenvocation  rem  1.  August  1680. 


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550 


tlfs  Markgrafen  Georg  Friedrich  von  Aasbauh,  welcher  seit 
1Ö78  an  Ötellc  seines  geistesschwachen  Vetters  Albert  Fnedrieh 
dem  Herzogthunie  Preiissen  als  Gubernator  vorstand,  wollten 
wissen,  Maximilian  beabsichtige  ihren  Herrn  entweder  auf  güt- 
lichem Wege  oder  durch  Occupation  der  markgrSflichen  Lande 
zur  Abtretung  Preussens  zu  bewegen.*  So  radicale  PUne  hat 
man  auf  österreichischer  Seite  gewiss  nicht  gehegt.  Von  Mazi> 
milian  wenigstens  ist  bezeug^  dass  er  seinen  Einfluss  auf  den 
Orden  in  ganz  anderer  Richtung  zu  verweithen  gedachte. 

Im  Frühjahre  1585,  kurz  vor  seiner  Wahl  zum  Coadjutor, 
hatte  Maximilian  Gelegenheit  gehabt,  seinem  Oheim  Ferdinand 
gegtmQber  seine  diesbezüglichen  Gedanken  darzulegen.'  Nach 
seiner  3feinung  sollte  nun  das  Project  der  Einfllbning  des 
Ordens  in  Ungarn  in  AngrilV  genommen  werden;  statt  Kanissa 
hatte  er  einen  festen  Platz  der  eroatisch-slavontschen  Grenze, 
Copreiniz,  Karlstadt^  Bihitech  oder  Zengg  als  Stützpunkt  Id 
Aussicht  genommen.  Ks  ist  zu  vermuthen,  duss  Berathungen 
mit  lüzlierzog  Karl  von  Steiermark  oder  mit  dem  Laibacher 
Comtlmr  Cobenzl,  der  schon  im  Jalire  lö77  Copreiniz  ak  SiU 
des  Ordens  »  iiij-tolilca  hatte,'  tur  diese  Wahl  Maximilians  mass- 
gebeud  waren,  l'erdinand  stimmte  seiiieia  ^Sellen  bei.  aber  er 
hieh  es  für  nöliug.  iliii  zur  Vnr.siclit  zu  mahnen.  Auf  die 
F ■  utristiitzun«:  der  Kurfürsten  und  «Irs  Papstes  dürfe  iuun  wohl 
i  der  Ausführung  dii"-t  >  ri.uies  rerlmen.  aber  ztmUchst  müsse 
im  <  h'den  selbst  fester  li'»den  gewonnen  wi-nlru;  erst  wenn  es 
gelungen  sein  würde,  unter  den  Ordensrittern  eine  verlässliohe 
(isterreichische  Partei  heranzubilden,  erst  dann  möge  Maximilian 
mit  seinen  Absiebten  hervortreten  * 

Vielleicht  hätte  ^Maximilian  trotz  dieser  verständigen  Katli- 
schlägc  seines  Oheims  den  Gedanken  der  Translation  energ^h^ 
betrieben,  wenn  nicht  soine  Aufiuerksamkeit  bald  einer  andern 
Seite  zuj^elenkt  worden  wäre.  Durch  den  am  12.  Deeeraber 
erfolgten  Tod  Stephan  BAthory's  ^\ m  der  polnische  Thron 
von  Neuem  erledigt,  znm  dritten  Male  im  Jjaafe  von  fünfzehn 


'  Rrirff  Julian n  Casimirs  2,  267  und  328. 

'  Hirn,  Hr/lirr/og  Fordiiiaml  "i,  297. 

*  ZwitMÜnock-äUdonhurMt   im  «Archiv  für  ötttorroiclii«cbti  Qtsscliicbto' 
56,  433. 

*  Hirn,  a.  «.  O. 


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651 


Jabren.  War  Kaiser  Maximilian  gchon  1573  und  1576  als 
Mitbewerber  aufgetreten  und  das  eine  Mal  in  der  That  Ton 
einem  Theile  der  Wähler  znm  Könige  erhoben  worden,  so 
.  standen  nach  Bdthory's  Tode  die  Aussichten  fÖr  einen  öster- 
reichischen Bewor])er  noch  «j^Unstir^cr  als  frUher.  Von  Nachtheil 
war  CS  jcdocli,  dass  von  österreichischer  Seite  anfangs  kein 
bestimmter  CaiKÜdat  namhaft  jjcmaclit  wurde.  Neben  drei 
BrUdern  dt-s  Kaisers,  Krnst,  Mathias  und  Maximilian,  bewarb 
sich  auch  deren  (Hn  im  Erzherzog  Ferdinuiid  von  Tirol. 

Von  allen  dic»»'n  Candidaten  der  österreichischen  Partei 
hatte  keiiK  I-  <o  c^rosscs  Interesse  an  der  Erlangiinj^  der  pol- 
nischen Krone  als»  Maximilian,  den  die  Rücksicht  anf  den 
Deutschen  Orden  bestimmen  musste,  sie!»  mit  hosoiidt  rcni  Kifi-r 
der  Sache  anzunehmen.'  Seit  zwei  Jahrhunderten  war  Polen 
der  gefiihrlichste  Gegner  des  ( »rdcns  gewesen,  unter  seiner 
dhrecten  oder  indirecten  Herrschaft  »tanden  die  alten  Kemländer 
des  Ordens,  West-  und  Ostpreussen  und  seit  25  Jahren  auch 
Livland.  Allen  BestreVmngen  um  den  Wiedergewinn  dieser 
Lande  war  bisher  Polen  im  Wege  gestanden.  (Jelang  es  nun 
dem  Erzherzoge  ^taximiliany  mit  seiner  Stellung  im  Deutschen 
Orden  die  polnische  Krone  zu  vereinigen,  dann  war  eine  fllr 
den  Orden  günstige  Erledigung  des  alten  Streites  vorauszusehen. 

ludern  Maximilian  diese  Aussichten  darlegte,  wusste  er  schon 
jetzt  die  Kräfte  des  Ordens  zu  Gunsten  seiner  polnischen  Bewer^ 
bung  heranzuziehen.  Schon  im  Frühjahre  1587  trat  er  an  den  Land- 
comthur  von  Elsass  mit  dem  Verlangen  heran,  auf  seine  Ballci 
ein  Anlehen  von  50.000  Gulden  aufzunehmen  und  diese  Summe 
dem  Coadjutor  Torzustreckcn;  ein  gleich  hohes  Anlehen  hat  noch 
im  selben  Jahre  die  Ballei  Franken  auf  sich  genommen  und 


*  Dam  diese  Rfleksiebt  fttr  Bfsximiliiui  beitiinineiid  war,  i»t  in  den  Car 
pttelaTerhandlniigen  Tom  November  1688  und  vom  Docember  1593  ausge» 
sprochen,  s.  Vo  i  gt  S,  267  nnd  273.  Für  die  im  Orden  horrscheiKl«'  An  tTiissung 
ist  liiii  Bericht  Wostcriiaeir«  über  seino  sofrl<  icli  zu  ürwüliiiemien  Vor- 
liandluii^eii  il<»in  Lfnidt^omthur  v»>ii  Elsn^ü  bezeichnend;  bier  lu  isst 
es,  der  Landcomtbar  haiio  sich  erinnert,  ,wir  Ordens  hetUMi  ein  gntbe 
Zeitt  heer  groAses  Terlaugon  getragen  und  horsUch  gowiuat,  dM  der 
Fall  und  Oltlokb  es  dermal  ainisl  dahin  achicklien  und  wenden  wollt, 
damilt  das  hoehlObl.  Hatuw  Oesterreich  au  der  snccession  |in  Polen]  ge- 
langon  und  hernachor  der  Orden  durch  diss  Büttel  siu  soirifn  ciitwctidten 
I.aii  l<-n  und  Lout]iüu  widerumben  Icomen  mecht.*  Conc.  l>eutiM;h-Ordetts>- 
Archiv,  Pen».  1127/1. 


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552 

Maximilian  zur  Verfügung  go8teUt.^  Daueben  konnte  der  Coad- 
jutor  seine  Stellung  im  Orden  noch  in  anderer  Uinsicbt  zu  dem 
angestrebten  Zwecke  ausnQtsen.  Dem  findierzoge  Ferdinand 
war  CS  bei  seiner  Mitbewerbnng  um  die  polnische  Krone  weniger 
um  sich  als  um  seinen  Sohn  Karl  zu  thun.  Er  erkJftrte  sich 
daher  gerne  bereit,  zu  Gunsten  Maximilians  seine  Candidator 
zurdckzuziehen,  wenn  dieser  dafür  seinem  Sohne  zur  Ekiangong 
der  DentschmeisterwOrde  behilflich  sein  wolle;  indem  Maximilian 
sich  hiezu  bereit  fand,  vereinte  Ferdinand  seine  Bemühungen 
mit  denen  Maximilians,  um  diesem  den  Wahlsieg  zu  sichern.' 
Der  Erfuig  war  kein  vollständiger.  Am  19.  August  wurde  von 
den  Gegnern  des  Hauses  Habeburg  der  Sohn  des  schwedischen 
Königs,  Prinz  Sigismund,  durch  seine  Mutter  ein  Abkömmling 
der  Jagcllonen,  zum  König  gewählt;  drei  Tage  später  erhob 
die  österreichische  Partei  Maxiraihan  /  uti  Oe^fcnküiiig. 

Mehr  noch  als  bisher  Ijcdurfte  nun  iMaxiiniiiaii  die  Gcld- 
hilte  verwandter  und  hctreundeter  Fürsten,  wenn  er  seine  wohl- 
erworbenen AnspriUlic  mit  Gewalt  durchsctzcii  wollte.  Aber 
seine  Sache  fand  nur  <:»'rin^''e  Thcilnahme,'  In  dieser  Lage 
trat  nun  der  gewUldte  KüuiLr  nochmals  an  seinen  Orden  heran 
mit  dem  Verlangen  einer  Liil>|»r«'Lhendon  Unters^tützung.  Zu 
Anfang  i^'cbruar  1588  tagte  zu  Mcrgentbeim  eine  Yorsammlung, 


*  Am  6.  April  1687  «ehreibt  der  Landcomihur  von  Els«ss  mit  seineD  zu 
Altiihausou  vorMimmelteii  Cumthuren  an  Maximilian,  das«  or  sich  auf 
WoHtoruach"'»  Vcrlnttfr<»n  nach  Ulm  bepi^'n^n  und  dort  dns  lictrfhrpn  des 
Krzhpr7.n!rs  veruomni««u  liabc,  50.000  Guhion  auf  ^eiua  Ballui  ant'zuutiltmeQ 
und  für  <lic  poluischc  Angoiugonbeit  bereit  z\x  halten j  er  erklärt,  da^ 
die  La^  der  Bmllei  dies  nicht  salame,  bittet,  ed  ihm  su  erUnea  und 
will  etet»  wenn  wirklich  Maximiltan  stim  Künif  gewXblt  wOrde,  erfotder- 
lichenfatls  anstatt  eine«  Reiterdienstee  eine  niemliebe  Stunme  Geldei 
Iristi'n.    Deutach-Onlens-Archiv,  I*er8.  1127^1.    In  seiner  Antwort  Tom 

4.  Hai  (ebenda)  lässt  ^T.iximilian  diese  Entschuldigung  nicht  gelten  und 
wiederholt  seine  Fonlcrunfr-  Au»  den  Verhandlmicfii  der  ConvocatioH 
SU Mergenttieira  am  4.  Februar  I58H  (Doutsch-Dniens-Archiv,  Gruss-Capi- 
tularia  Bd.  11)  ergibt  sich,  dass  eboosu  wie  Eluss  auch  Franken  60.000 
Golden  darlmhen  muarte. 

*  Heidenstein,  Bemm  poleoicamm  libri  XII,  p.  868t  HirD,  JEhndienwe 
Ferdinand  3,  268;  anch  nach  erfolfter  Duppelwahl  hat  Maximilian  seine 
Verwendung  filr  Karl  in  Aussicht  gestellt.    Hirn  2,  277. 

*  E.  V.  Mayer,  l>fs  Olmfltzor  Bisdnifs  Pawlowski  Gesandtiäch.'iftsrri'en. 

5.  89 f.,  und  Sieniawski,  Das  luterroguum  und  die  KOni^w&hl  in 
Polen  im  Jabre  15Ö7,  S.  77. 


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553 


^olehe  die  VertheiluDg  der  im  Yoijafare  von  den  BftUeien 
IVanken  und  Elsass  aufgebrachten  Aidehen  regelte  und  dem 
Coadjutor,  der  neuerdings  einen  Reiterdienst  begehrt  hatte, 
12.000  Gulden  zu  AuBrüstung  und  Führung  von  100  Pferden 
bewilligte.^  Aber  noch  ehe  diese  Beschlüsse  gefasst  waren, 
liatten  die  Angelegenheiten  Maximilians  eine  seliliiiime  Weinlung 
g:enommcn;  vor  Krakau  von  den  Anlillii'j-ern  Sigismunds  ge- 
sehlagcn.  hatte  er  sich  nach  Schlesien  zuruckziielu!n  müssen 
und  war  am  24.  Jänner  bei  Pitschon  nach  tapferem  Widerstände 
in  die  Hände  der  Feinde  gefallen. 

Wenig  geneigt;  es  nun  auf  einen  Krieg  mit  Polen  an- 
kommen zu  lassen^  bemühten  sich  der  Kaiser  und  seine  Ver- 
-wandten,  auf  gtttUchem  Wege  die  Befreiung  Maaümilians  su 
erreichen.  Trotodem  wollte  sich  Rudolf  fllr  den  Fall,  als  An- 
wendung yon  Gewalt  nothwendig  werden  sollte,  der  Mitwirkung 
des  Ordens  yersichem.  Im  August  1588  berief  er  deshalb  den 
von  Maximilian  eingesetzten  Stetthalter  des  Ordens,  Johann 
▼on  Westernach,  den  er  selbst  nach  der  Gefangennahme  seines 
Bruders  in  dieser  Würde  l>estMtigt  hatte,*  zu  einer  Berathung 
nach  Prag  und  beauftragte  iliii  im  nächsten  Monate  schriftlich, 
ein  Generalcapitcl  einzuberufen  und  einen  Beschhiss  über  die 
im  Kriegsfalle  von  Seite  des  Ordens  zu  gewürtigende  Hilfe  7AI 
Stande  zu  bringen.  Am  2"^.  November  traten  zu  Neekarsulm 
die  Laudcomthure,  Comthure  und  Rathsgebietiger  zusammen 
und  erklärten  sich  bereit,  im  Falle  des  Krieges  400  Pferde 
durch  sechs  Monate  auf  Kosten  des  Ordens  zu  erhalten  and 
BU  fahren.'  Aber  die  Vorausseteung  dieses  Beschlusses  traf 
nieht  ein.  Auf  Grund  eines  von  dem  pftpstlichen  I^egaten 
Aldobrandini  yermittelten  Friedens  erlangte  Maximilian  am 
S8.  JuU  1689  seine  Freiheit 

Maximilian  hat  das  unverdiente  Missgeschick,  das  ihn  bei 
seiner  Bewerbung  um  Polen  getroffen  hatte,  schwer  getragen 
und  sich  lange  nicht  darein  finden  können,  seine  Hoffnungen 


*  Origiiialrecet$ü  cnnvocationis  s.  düpuUitiuiiis  zn  Mei^entheim  G.  Februnr 
1588,  Deutoch-Onieii»-Ärchiv,  GroKs-Capitularia  Bd.  8  uud  Uaudluug  und 
Abschied  der  CoDVoeation  sn  Meti^eaÜieiin,  4.  (!)  Februar  1588.  Deutsoh- 
Ordem- Archiv,  OroM-Capitnlaria  Bd.  11. 

*  Orig.  Rttdolii  vom  80.  Febnuur  1688.  DeiitMh*Ordeiii>Arcfaiv,  QroHhC«pi> 
tnlMria  Bd.  8. 

*  Dentsch-Ordens-Arahiv,  OroMhCaptitOaria  Bd.  11.  Voigt  8,  868f. 


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554 


gänzlicli  aufzugeben ;  erst  nach  vielftltigen  Unterliandlungen  hat 
er  unter  ausdrücklicher  Wahrung  der  Ansprüche  des  Deutsdien 
Ordens  auf  Preussen  und  Livland  am  8.  Mai  1598  eidlich  auf 
den  KOnigstitel  ycrzichtet.^  Auf  sein  Verhältniss  zum  Deutschen 
Orden  hat  die  polnische  Angelegenheit  immerhin  in  mehrfacher 
Beziehung  nachgewirkt. 

Das  im  Jahre  1586  zwischen  dem  Coadjutor  Maximiliaii 
und  dem  alten  Deutschmeister  Heinrieh  getroffene  Abkommen 
hatte  keine  geiii\<;ende  Scheidung  des  beiderseitigen  Einflusses 
bewirkt.  Hatten  sich,  wie  es  scheint,  schon  bald  nach  Abschlun 
des  Vertrages  I^fissverstündnisse  eingestellt,^  so  wuchs  die 
Spanminjr,  als  während  Maximilians  polniseher  Unternehmung 
nnd  Gcf.iiiLrensehaft  dessen  Statthalter  VV'esternaeh  die  Vcr- 
waituni:  führte;  die  Kachbani  klagten  über  sein  unfreundliclses 
Heiriment, '  innl  mih  Ii  ini<)nl«'T)  selbst  begegnete  er  iiiclit  uberall 
dem  gebrilux  nil'  ii  ( !«  h>i)->,un ;  der  deshalb  seines  Amtes  ent- 
setzte O^mtlnir  von  I ii  ilbimm  suclilr  und  t'and  Srlmtz  bei  dem 
händelsiiclitiir'ii  Pfal/u raitii  Johnmi  Casimir  luid  tictzle  «ich 
übt  rdit's  mit  dem  alten  OeulschiiieiftU  r  in  Verbindung,*  der  es 
ohne(He!«  nl'»  ^sehwere  Hohidiirnnir  eini»fand.  dnss  Westernach 
eiLremiiru  htig  und  ohne  iini  /u  liuilie  /ai  ziehen  die  Verwaltung 
leitete.  Sehen  im  August  U)66  tVdirte  Ileinrieh  über  Wester- 
naeh  Klage  beim  Kaiser."  Bei  dem  im  November  desselben 
Jahres  vorsammelten  OeneraleapiteJ  Hess  er  durch  zwei  Ge- 
sandte seine  Beschwerden  vorbringen;  sie  richteten  sich  diesmal 
nieht  nur  gegen  Westernach,  sondern  gegen  Maximilian  selbst, 
welchem,  entgegen  de-n  getroffenen  Verein barun-jen.  der  nur 
ihm  zusteheudc  Titel  eines  Administrators  des  lloelnnf 'ister- 
thums  in  Preussen  und  Meisters  iu  deutschen  und  welschen 
Landen  beigelegt  werde.  ^  Dass  seine  Gesandten  nicht  zu  den 

*  ]Iirii,  MirtiM  Utiii^'eii  des  IiuÜtates  f.  Oatorr.  Qottchiditsfoncbang  i.  Et- 

gäiizung^band,  266. 

*  Voi|;:t  2,  260. 

*  Narh  Oropp,  WirtzburgiHche  Chrouik  1,  342,  bftttan  sieb  die  hinter- 
Iwienen  Begenten  Maximiliaiu  tsonderor  Unnsvhbsnchaft  atiter«Uuid«n*. 

*  Uetnrich  ao  Koipping»  14.  Februar  1588.  Deutiob-OrdeiiB'ArcbiT»  Pen. 

Heinrich  an  Kiulolf,  18.  Aiipiist  1588.  l>eut*<  Ii  Ontens-Arcliiv,  Tors.  1127  I 
■  Voigt  2,  259.  Die  allerdings  unvollstämli;,'^*'  1  iiMtructioii  der  Ge«antiu-ü 
vom  21.  November  1588,  die  hierauf  erfolgte  Ivetiulutioii  de»  Ueueral- 
capitels  vom  'M.  November  und  die  Replik  der  Gesandten,  nndatirt» 


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565 


BerathuDgen  beigezogen  und  ihre  Beschwerden  mit  einer  ihnen 
nicht  genügenden  Kosolution  beantwortet  wurden,  ^rnb  Heinrich 
nenen  Anlass^  an  den  Kaiser  zu  berichten  and  auf  Erledigung 
seines  früheren  Schreibens  zu  dringen.^ 

Als  Maximilian  seine  Freiheit  wieder  erlangt  hatte,  war 
es  seine  dringendste  Aufgabe,  in  diesen  Verhältnissen  Ordnung 
zu  schaffen.  Im  November  1589  konnte  sich  der  Ensherzog 
nur  kurae  Zeit  in  Hergentheim  anf halten,  erst  im  Frfthjahre 
1590  weilte  er  länger  dortselbst,'  und  vermuthlich  filUt  in  diese 
Zeit  eine  Versammlung  zu  Neckaraulm,  welche  sich  mit  der 
Bestellung  des  Eegimentes  zu  befassen  hatte.*  Als  aber  die 
Unzufriedenheit  fortdauerte,  beschloss  er,  das  Uebel  an  der 
Wurzel  zu  fassen.  Er  berief  im  August  1590  eine  neuerliche 
Versammlung  nach  Neekarsttim  und  eröffnete  sie  mit  dem  ener- 
gischen Verlanjren,  jeder  seiner  LandcomÜiure,  Comthure  und 
Riithsg^cbictifrer  nif^«;«,  wenn  er  Ursache  zur  Klasre  gegen  ihn, 
gegen  seinen  Staiiluilter,  Kanzler,  Rälhf  und  lio«,nerunp:  hätte, 
seine  Besch  werde  ,ohne  Scheu,  gut  deutech,  rund  und  ü-ocken, 
schrif'tlioli  und  in  specie'  vorbrinj^cri,  damit  Abhilfe  preschaffen 
werden  kinnif';  wenn  aber  einer  trotzdem  der  üblen  Nachrede 
nicht  entöagen  sollte,  den  müsse  er,  so  erklärte  Maximilian, 
, nicht  fUr  ehrbar  und  rcdlicli  halten*.^  Es  ist  nicht  bekannt, 
ob  daraufhin  irgendwelche  Klugen  vorgebracht  worden  sind; 


sHinnitlich  Deut«r1i  OrdeiiB-Archiv,  Per».  1127/L,  than  indeas  der  Titel* 

*  HeinricU  au  Kudoli",  13.  Deceiubor  (verschrieben  November)  löd8.  Orig. 
Deutech-Ordens- Archiv,  Pora.  1127/L 

*  Am  81.  Norember  1589  «ehMibt  Mucimillan  ans  Meigentbeiiii  aa  HeiO' 
Heb,  bedauert»  ibn  nieht  lehen  m  kanneii,  da  er  eine  eilende  Beiae 

nach  Innsbruck  vorhabe.  In  f  inein  Briefe  vom  10,  Februar  1690,  der 
ebenfalU  au«  Mergentheim  datirt  i  lioiilc  I'era.  1127/1"),  meldet  er  ITein- 
rich  seine  Absicht,  fich  auf  «eine  Häuser  «in  Naeknr  zu  bofrebeti.  Von 
Merten th mm  ans  lii.lt  Maximilian  den  aum  Comthur  in  Fianl  :nrt  ver- 
ordneten Adam  von  Clingolpach  auf  einen  Tag  tur  Besprechung  noth- 
wendiger  Dingo  naeb  Mergentbebn.  SO.  April  1590.  Orig.  Dentaeb-Oidene* 
ArehiT,  Oroaa-GapitulMfia  Bd.  8. 

*  In  der  PropoiUtton  de*  im  Angost  1590  ?i1i<:*'baltenen  Gespriebee  an 
Neekavmtlm  heisst  es:  ,Ea  wimen  sich  auch  kgl.  WUrdo  zu  entsinnen,  w.ia- 
masson  sie  bei  nepsfon  allhie  zn  N.  prphaltencn  Gespr.Hch  tatj  wet^fon 
Bestellung  dm  liügiiiieiit.s  pmiionirt,  was  auch  der  Herren  Landcomthare 
.  .  .  Meiuuug  daraof  gewesen.' 

*  Deutsob-Ordena-Arebiv,  OrowGapitnlaria  Bd.  8. 

IzAiv.  LXXXLBd.  n.BUII*.  87 


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656 


vielleicht  hat  das  sichere  Auftreten  des  Erzherzogs  genügt,  dir 
Unsufriedeuen  einzti8chüchtern.  Von  grösster  Bedeutung  war 
es  auf  jeden  Fall,  dass  gleicliz»  Itig  mit  jenem  Gespräch  zu 
Neckarsulm  Wich  ein  befriedigender  Vergleich  mit  dem  alten 
Deutsch  TU  ciBter  zu  Stande  kam.^  Heinrich  behielt  seinen  Titel 
Tind  sein  Einkommen  und  sollte,  wenn  wälirend  Maximilians 
Abwesenheit  von  dessen  Statthalter  und  Regierang  Aendemngen 
in  dem  Verhältnifls  der  alten  OrdenBpersonen>  Diener  nnd  Be- 
amten vorgenommen  werden  mUsuten,  hieven  verstilndigt  ond 
auch  sonst  in  wichtigen  Sachen  um  seinen  Rath  befivgt  werden; 
er  erklärte  sich  hingegen  bereit,  die  Hassregeln  der  von  Maxi* 
milian  eingesetzten  Regierung  anzuerkennen  und,  falls  tibniai' 
liehe  Landcomthure  ihre  Zustimmung  ertheilen  wttrden,  auf  die 
Regalien  zu  verzichten.  Am  12.  December  1590  erfolgte 
BchrifUich  die  Aufkündigtmg  der  Regalien  durch  Heinrich,' 
im  Februar  des  nächsten  Jahres  die  Huldigung  der  Untertfaaoen 
ftor  den  neuen  Herrn,'  und  am  9.  November  eihieh  itf^^rifnfti«* 
von  dem  Kaiser  die  Belehnuog.^ 

Neben  diesen  Anseinandersetzungen,  welche  Maximilian 
zur  vollen  Herrschaft  im  ( 'rden  fllhrten,  inaclitcn  sich  noch 
andere  Folgen  der  polnischen  Unternehmung  bemerklich.  Ub 
wobl  weder  der  im  Februar  1588  bewilligte,  noch  der  im  No- 
vember des  gleichen  .lalires  in  Aussicht  genomincne  Rciterdieii&i 
wirklich  geleistet  wurde,^  hatte  der  Orden  doch  unter  den 

*  Orig.  Vertrap  vorn  i;>.  Auj^ust,  Nijck;irHuliii,  im  DouUich-ürdoua-Aruliiv,  Pen* 
1187/1.    Vgl.  Voigt  2,  270. 

*  Heinrieh  an  Rudolf,  12.  December  1690.  Cop.  I>eQtoch*Ovdeiie-AfcUv, 
Per«.  1127/1,  vgl.  Toitft  8,  871.  —  Ans  dem  Wortlmt  des  Vcrtregw 

ergibt  flieh,  da»»  Heinrich  sieh  schon  am  3.  Jintier  1587  schriftlich  bereit 
crktürt  liatte,  die  HegaÜon  zu  reeignireo,  falls  alle  oder  doch  die  Mdir* 
zahl  der  Landcomthure  Eustiminton. 

*  Westernach  an  Maximilian,  9.  Februar  1591.  Cop.  Deutacb-Ordous-ArciUr, 
Per».  1127/1. 

*  DaellUs»  Historia  ordiuis  Theatonioi  (Wieo  1727)  2,  34  ond  Voift 
8,  878«  Amn.  8. 

*  Daas  die  im  Februar  1588  bowilligtoii  18.000  Qutden  (s.  oben  8.  US) 

nicht  gezahlt  worden  Hitul.  «  i^öbt  sich  ans  einer  Qaitttlli|f,  welche  Ws* 
et^Tnafli  ixim  2  Mai  1688  dtiu  Landconithnr  von  ITf  >i«!f»n  »»f««t<^l!f:  W.^t^r 
nach  varpüiihtöt  «ich  in  der^M^llton,  dm  vou  «iiösem  Heiterdieuste  »u! 
Hessen  entfallenden  Ketrug  zuritckzustelleu  oder  von  aaderea  Aulsg«a 
abaureehnen,  falls  es  »infolge  des  widerwärtigen  unTeibofeatfichan  2a- 
Standes  ihrer  kgl.  WUrde',  d.  h.  infolge  der  Oefengenechaft  MiudmUiaas 


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657 


Hiianzielien  Nachwirkungen  der  gegi- Ii  eiterten  Candidatur  su 
leiden.  Ucber  die  Anleihe  von  öO.iXJi)  Gulden,  welche  der 
Landcomthnr  von  Elsass  im  Frühjahre  1587  auf  seine  Ballei 
aufgenommen  und  dem  Coadjutor  vorgestreckt  hatte/  entspannen 
sich  langwierige  V<  rli.indlungen.  Im  Februar  1588  war  der 
^anze  Betrag  von  50.000  Gulden  in  neunzehn  Theile  aerschlagen 
"worden:  vier  derselben  Ubernahm  filsasSy  die  anderen  wurden 
auf  die  übrigen  Balieien,  Franken  ausgenommen,  vertheilt^  und 
das  Meisterthum  Übernahm  die  Bürgsehaft  für  die  richtige  Ab- 
Zahlung  an  die  Ballei  Elsass.'  Aber  schon  die  Bezahlung  der  den 
Balleien  auferlegten  Theile  sttess  auf  erhebliche  Schwierigkeiten, 
insbesondere  in  Sachsen,  Lothringen,  Westfalen  und  an  der 
£t8ch.'  Da  überdies  auch  Maximilian  nicht  alle  eingegangenen 
Gelder  zur  Abzahlung  der  Schuld  an  Elsass  benützte,  so  konnte 
die  Ballei  durch  Jahrzehnte  nicht  zu  ihrem  vollen  Bechte 
kommend  Auf  einem  im  December  1593  abgehaltenen  General- 
capitel  war  Maximilian  indess  mit  neuen  Anforderungen  an  den 
Orden  herangetreten.  Er  legte  in  semer  Proposition  den  ver^ 
sammelten  Vertretern  des  Ordens  dar,  in  welche  Schuldenlast 
er  durch  seine  polnische  Gefangenschaft  gerathen  sei,  hob  hervor, 
dass  8L'iiic  Unteruehmuiig  nur  zum  Nutzen  der  Christenheit 
und  ,zur  Vermehrung  und  Erhöhung  des  Ordens  gemeint  ge- 


nicht  zu  dem  Beiterdiensto  kommen  ebllte.  DetttBoh>Ordens-Archiv,  Pen. 

1127/1. 
1  s.  oben  S.  &51f. 

*  8.  oben  S.  öö2f. 

*  Wiederholte  Mahauiigeii  «n  die  Balleien  ond  GegenToiatellaivea  Ton 
ihrer  Seile  im  Detttoch^Orden«* Archive,  Pers.  11S7/I. 

*  Am  19.  Jäauer  1589  batto  das  Meisterthum  18.1S4  Childent  am  12.  November 
1592  12.500  Gulden  an  Elsass  rilckerrttattet ;  von  nun  nn  prfoIj,'te  bis  1608 
keine  Abzahlung  mehr.  Der  I.nnrleointhur  mahnte  am  25.  März  15'J5 
und  am  2.H.  April  1596,  aber  vor^obuiis.  Am  17.  Jänner  1597  versuchte 
vielmehr  Maximiliau  den  Nachlafis  der  ganzen  Schuld  zu  erlangen;  aber 
Hug  Dietrich  und  «eine  Cromthnre  weigerten  sich  wiederholt,  der  Ballei 
ElaaM  diese  neue  Last  anfanladen.  Erst  am  3.  Juli  1699  erkUrten  sie 
sich  bereit,  die  aufgelaufenen  Zinsen,  deren  Summe  ll.OOO  fl.  24  kr. 
betrug,  nachzulassen,  falls  Maximilian  Uber  das  noch  ausfltändige  Capital 
voTi  19.474  Gulden  eine  Kf-hul^ltirkiiiKlf  .'lusstollen  und  von  mm  an  der 
Bailui  füiifix.TLTiifig-o  Ziu^ieu  bexaUluu  nolle.  Das»  dieser  Ausgleich  nicht 
sustandu  Ivuiii,  ^üigt  eiuo  Rechnung  vom  Jahre  IBOb;  die  Schuld  des 
MebtarOnnM  an  die  Ballei  war  damals  auf  eine  SumoM  Tom  S9.887'fl. 
10  Vs  Basen  angewachsen.  Deutseh-OrdeospArehiv,  Pen.  1187/L 

37* 


658 


gewesen^y  und  verlangte  deshalb  nochmals  eine  mitleidige  Uil£e 
Ton  150,000  Gulden  zur  Erledigung  seiner  polnischen  Ange- 
legenheiten. Bewilligt  wurden  ihm  allerdings  nur  100»000  Gulden.^ 
Znsammengenommen^^mit  dem  gleich  hohen  Betrage,  den  Maxi- 
milian noch  vor  seiner  Wahl  dem  Orden  zu  leisten  auferlegt 
hatte,  bildete  diese  Summe  aber  doch  eine  nennenswerthe  Be> 
lastang  für  die  Verhältnisse  mancher  BaUeien.  Es  konnte  daher 
nicht  ausbleiben,  dass  die  pohüsehe  Angelegenheit  anf  die 
Leistongsfidiigkeit  des  Ordens  dnrch  eine  Reihe  yon  Jahrea 
einen  ttblen  £inflns8  llbte.  Trota  dieser  ongOnstigen  Kach- 
wiiiLung  bedeutete  es  jedoch  aoch  einen  erfreolichen  Wende- 
punkt^ dass  es  dem  jungen  Coadjutor  dank  seinem  Ansehen 
und  seiner  persönlichen  Tüchtigkeit  gelungen  war,  die  Kräfte 
des  Ordens  wieder  für  die  auswärtige  Politik  des  Reiches  nuts- 
bar XU  machen,  der  sie  einst  mit  so  grossem  Erfolge  gedieot 
hatten.  Nachdem  die  ganae  Thfttigkeit  der  Ordensritter  seit 
Jahrzehnten  in  der  Verwaltung  und  Erhaltung  ihrer  GQter  nnd 
in  erfolfrlosen  Unterhandlungen  wegen  der  verlorenen  Ordens- 
güter aufgegangen  war,  musste  die  finanzielle  Betheiligung  an 
den  polnischen  Bestrebungen  Maximilians  als  ein  Fart^eliritt 
betrachtet  werden.  Freilich  fehlte  noch  viel  zu  der  Opfer 
wilhgkeit,  welche  Schwendi  dem  Orden  zugemuthet  hatto.  Zur 
Ausführung  solcher  Pläne  bedurfte  es  der  persönlichen  Ik- 
theiligung  der  I\itter  am  Kriege;  der  Wiederausbruch  He? 
TUrkenkrioges  sollte  Maximilian  den  Anlass  gehen,  auch  in 
dieser  Hinsicht  ciuuu  Schritt  nach  vorwärts  zu  machen. 


m. 

Maxiuiiliaaü  l^eidzfige  in  den  Jahren  1594  and  Ib^h, 

Seit  dem  Jahre  15(38  hatte  dem  Namen  nach  zwischen 
dem  Kaiser  und  der  Pforte  Friede  geherrscht,  wenn  aueh  die 
Beibangen  und  Streifzüge  an  der  Grenze  niemals  wirklich  unter- 
brochen wurden.  Erst  zu  Beginn  der  Netmzigerjahre  tmt  ein 
Umschwung  in  diesem  Zustande  des  Scheinfriedens  ein.  Nach- 

*  Orig. -Protokoll  Tom  10.  Doeember  IftM»  D9atoeh>Ovd«iio<Af<Bbin  OroM- 
CapitnlAiu,  Bd.  8.  Voii^t  %  278. 


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559 


dem  die  Pforte  im  Jahre  15dO  mit  Fernen  Frieden  geechlossen 
hatte,  nahm  am  tttrkischen  Hofe  die  Neigung  zu,  die  Kriege- 
krftfte  wieder  auf  ungarischem  Boden  an  yerwenden.  Schon 
1592  kam  es  zu  einem  grosseren  Zusammenstosse,  in  welchem 

Hassan,  der  Pascha  von  Bosnien,  die  christliche  Besatzung  vou 
Brest  vernichtete;  entscheidend  wurde,  dass  ihm,  als  er  im  fol- 
genden Jahre  seine  Unternehmungen  fürtzusetzt  u  und  durch  die 
Einnahme  von  Sissek  zu  krönen  gedachte,  auch  die  christHchen 
Streitkräfte  besser  gerüstet  und  geleitet  entfrf'^'en  traten.  Der  Sieg, 
den  die  Innerösterreicher,  geführt  von  Kupn  rlit  von  Eggenherg 
und  Andreas  von  Auersherg,  am  22.  Juni  lä93  bei  Sissek  er- 
känipften,  hatte  nebst  der  Vernichtung  eines  türkischen  Heeres 
auch  den  Bruch  des  Friedens  znr  Folge.  Am  13.  August  er- 
folgte die  Kriegserklärung  des  Sultans,  der  zugleich  den  Grosa- 
yezir  Sinan  und  dessen  Sohn,  den  Beglerbeg  von  Griechenland, 
anssandte,  die  Niederlage  Hassans  au  rächen. 

Der  Kaiser,  der  schon  im  Vorjahre  bei  einzelnen  Kreisen, 
Stftnden  und  befreundeten  auswllrtigen  Fürsten  um  Unterstützung 
angesucht  hatte,  musste  sich  zur  Einberufung  des  Reichstages 
entschlieeson  und  ti'achtete,  ein  Bündniss  der  christlichen  Fürsten 
wider  den  Erbfeind  zu  Stande  zu  bringen.  Kiemanden  konnte 
die  Sorge  des  Tttrkenkrieges  näher  berühren  als  den  Erzheraog 
Maximilian,  der  gerade  im  Jahre  1593  die  Regierung  der  inner- 
(toterreichiBchen  Lande  und  sngleich  die  Vertheidigung  der 
croatisehen  und  windischen  Qrenae  Übernehmen  musste.  .Schon 
im  Torhergehenden  Jahre  hatte  man  darauf  gerechnet»  dass 
sich  durch  seine  Verwendung  der  Deutsche  (Men  zu  einem 
Reiterdienste  bewegen  lassen  wlirde;^  nachdem  ihm  nun  ein 
so  wichtiger  AntheU  an  dem  bevorstehenden  Kriege  zugefallen 
war,  beeilte  sich  Maximilian,  noch  vor  dem  Reichstage  von 
seinem  Orden  eine  ausgiebige  Kriegshilfe  zu  erlangen.  Am 
20.  September  1593  liess  er  das  Ausschreiben  zu  einem  General- 
capitel  ergehen,  welches  am  8.  Decembcr  zu  Mergentheim  zu- 
sammentrat.' 


'  Hurter,  Geschichte  Kaiser  FerdinAiicLi  IL  und  seiner  Eltern  3,  140. 

*  leli  benlltM  hi^r  daa  Orig.-Proiokoll  vom  10.  December  1693  im  Dentaeh- 
Ordens^ArehiTe,  GrQae*Gapitnlaria,  Bd.  8  nnd  eine  am  85.  NoTember 
17d9  verfoMte  acteiituiusigu  Relation  der  Bailei  Altenbiessen,  ,wm  Ton 
leiten  den  h.  TeutHcheii  Ritterordeu.H  an  Mannschaft  oder  sunistiger  Hülf 
der  Chrutenheit  wider  den  Erbfeind  in  Jahren  1693,  164Ö  und 


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56a 


Den  yersammelten  Landcomthiiren,  Statthaltern  und  Be* 
yoUmächtigten  liess  der  Erzherxog  die  waehflenden  Fortaehritte 
der  Türken  darlegen  nnd  mittheilen,  welche  Aufgabe  er  seHMt 
auf  Wunsch  des  Kaisers  ttbemommen  habe;  er  nnteriiess  auch 
nicht^  an  die  ursprüngliche  Bestimmung  des  Ordens  zu  erinnent 
und  die  Vorwurfe  und  Gehässigkeiten  ansudeuten,  welche  dem> 
seihen  aus  der  ablehnenden  Haltung  gegenüber  dem  Tran»- 
latiotisprojecte  erwachsen  waren  ;^  das  Oeneralcapitel  mdgeihm 
daher  die  Erhaltung  einer  Leihgarde  von  200  oder  mindesteiis 
150  Pferden  und  von  100  SehUtzeu  zu  Fuss  fiir  zwei  Jahre 
bewilligen,  wogegen  er  beim  Kaiser  die  ganzliehe  oder  doch 
thrilwcisf  N'a<  ltla>siing  der  Heichscontribution  erwirken  wolle, 
welclu'  voruus^iclitlich  heim  näcliötcn  iJ ei ehstAge  beschlossen  wer- 
den wiinlt'.  Dass  die  Versamm*^lten  diesen  Autordenm^en  einifr*" 
EiuwfMidiiii^'t^n  entgegenstellt«  !!,  und  dn«s  die  Lnndronitimri'  «la- 
Unvermiigcii  ilirer  Halleien  btitoni<-i!.  ist  iniiJ^t)weiiiL''er  zu  ver- 
wundern, als  Maximilian  gleidi/«  iti;:-  zur  Krlediguü;::  seirtpr 
aus  der  polnischen  Gefangensehaft  erwachsenen  Schulden  eine 
sehr  beträchtliche  Geldhilfe  beanspruchte.'  Trotzdem  kam  e? 
in  iwei  Tagen  zu  einem  einhelligen  Beschlüsse,  der  im  Ganzen 
den  Wünschen  des  Kr/lu  rzogs  ent^iprach.  Die  Hilfe  zur  Er- 
ledigung der  pnluischeu  Angelegenheit  wurde  allerdii!2'=  von 
150  (MX)  auf  100.000  Gulden  herabgesetzt,  und  auch  bei  der 
Zahl  der  zu  unterhaltenden  Reiter  hielten  sich  die  Vertreter 
des  Ordens  an  die  kleinere  der  beiden  in  der  Propoeition  vor 
geschlagenen  Ziffern.  Immerhin  hatte  Maximilian  eine  stattliche 
Hilfe  durchgesetasty  denn  zur  Erhaltung  von  150  Reitern  und 
100  Schlitzen  zu  Fuss  auf  zwei  Jahre  war  nach  Reichsbe- 
stallung  eine  Summe  von  63.600  Gulden  erforderlich. 

Ausser  diesen  Geldhilfen^  deren  Aufbringung  in  einigen 
Balleien  nur  durch  Verpfitndung  von  Ordensgtttem  ermOglieht 


166S  rr«  und  gelewtet  worden'.  Ueutäcli-Ürdons-Axchiv,  MU.  131; 

vgl.  Voigt  2,  272  f. 

*  .  .  und  dann  ire  kgl.  WQrde  sich  der  Fandation,  HerkommeiM  and  Auf- 
nehmens  dero  lübl.  Ritterorden«,  «ach  ww  etwaa  demselfaen  ein  Zeit 
bero  Yeilileinerliche  von  den  Widriehen  anlgesnelit  und  ftvgewofftn 
worden,  gnädigst  erinnern  und  dabei  erwägen,  wie  rflhmlicb  es  »ei,  der 
Fandation  und  der  alten  im  ritterlichen  Orden  Vorfahren  löbliche  Foa- 
pfadfn  nnch^^ngehen.* 

*  S.  oben  ö.  657  f. 


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561 


werden  konnte,^  wurde  jedoch  anch  die  Frage  der  persönlichen 

Betheilijyung  der  Ordensritter  an  dem  bevorstehenden  Feldzuge 
in  dem  (ieneralcapitel  in  Jirmthung  gezogen.  Die  Proposition 
hatte  zwar  nicht  ausdrücklic  h  über  diesen  Punkt  gehandelt, 
aber  sie  hatte  durch  den  Hinweis  auf  die  urspri^nt^liclie  ]]e- 
Stimmung  des  Ordens  die  VV  iiiische  des  Erzherzogs  angedeutet, 
die  er  dann  im  Verkehre  mit  den  Landcomtliuren  sicherlich 
noch  deuthcher  zum  Ausdrucke  gebracht  haben  wird.  Daa 
Ki^ebniss  der  Berathungen  war,  dass  es  jedem  Landeomthur 
freigestellt  wurde,  einige  iiitter  und  Ordensbrüder  ans  der  ihm 
anvertrauten  Bailei  unter  den  bewilligten  löO  Reitern  mitaiehen 
zu  lassen.  Manchen  Kreisen  im  Orden  machte  diese  Frei- 
stellung der  willkommene  Ausweg  sein,  sieh  der  persönlichen 
Betheiligung  am  Ttlrkenkriege  zu  entziehen,  im  Ganzen  fiel 
jedoch  die  Anreguug  auf  fruchtbaren  Boden,  so  dass*  wenig- 
stens an  dem  Feldzuge  von  1594  eine  grossere  Anzahl  von 
Ordensrittern  thcilgenommen  hat.*  Ausführliche  Nachrichten 
liegen  nur  Uber  die  Betheiligung  der  iiicderrhcinisehcn  Balleien 
vor.  In  der  Jiallei  Altenbiessen  war  noch  vor^Kröffnuug  des 
Generalcapitels  ein  der  pi-i-sciiiliclit  n  liclhrili^^un^-  «jünstiger  Ca- 
pitelsbesehluss  zu  Stande  <;i-k()iniii»  n.  Um  die  Mitte  des  Monats 
April  zogen  von  hier  aelit  Ordi  nsritter  mit  zwölf  Dienern  aus; 
jedem  von  ihnen  hatte  das  Capitel  ausser  den  bisherigen  Be- 
ziigen zum  Anritt  und  zu  der  Zehrung  noch  150  Keicbsthaler 
bewilligt;  über  l\r<  ra^(Mitheim,  wo  sie  vier  Katen  der  auf  ihre 
Bailei  entfallenden  Tttrkenhilfe  abzuliefern  hatten,  gelangten  sie 


Pflttenegg,  Die  Urkonden  des  Deiitwh-OrdeiiB-CeiLtnitorehivs  su  Wien 
1,  66»,  Nr.  2571  und  666,  Nr.  267Sff. 

Die  Ton  Daelliua,  HUtoria  or^nii  Teutonici  1,  47,  dann  Ton  De  Wal, 
Essai  mir  Tliistoire  de  Tordre  Tentoniqne  8,  616,  von  Diemits,  Ge- 
schichte Kiains  8,  261  und  Vautcek,  8|)ecia1geschichto  lier  Militft]|prenxe 
1,  270  angegebene  Zahl  von  lOü  Theilnehmem  dürfte  wohl  zu  hoch 
frf*Fr'"'ff''n  Kfin.  Di«  iS'.'ulnitht  bei  Yptiatür,  Uistiirisclier  Bericht  vom 
Manani«ch-t«uts(  lu'ii  UittcioKlt'ii  407,  «l;iss  Ai't  <>nUii  ausser  den  63.6ü0 
Gulden  schon  vorhur  4uU  i'l'cidu  bewilligt  und  durch  tucliS  Monate  unter- 
lialten  habe,  kann  sich  mir  auf  den  im  November  lö8d  gefassten,  aber 
nicht  ansgefflhrten  Beeehlufls  des  Neckanulmer  Oenendcapitoli  besiehe» 
(«.  oben  B,  668);  De  Wal  a.  a.  O.  hat  diese  400  Pferde  mit  den  68.600 
Onldea  in  Yerbindang  gebracht  nnd  beide  Angaben  ttberdiee  auf  den 
Feidang  Ton  1696  belogen. 


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662 


nach  Donauwörth  und  von  da  zu  Schiff  nach  Wien.*  Etwas 
froher  waren  jene  beiden  Ritter  an%ebrochen,  welche  die  BaOet 
Utrecht  in  den  Krieg  sandte;  von  Mergentheim  aus  reisten  ae 
in  Begleitung  des  Statthalter»  Westernach  und  langten^  da  sie 
in  Regensburg  mehr  als  drei  Wochen  stUle  gelegen  wareo^ 
erst  am  22.  Juni  in  Wien  an;  nachdem  dort  ein  Rttstwagea 
angekauft  worden  war,  wurde  am  24.  die  Reise  nach  Neustadt 
fortgesetzt'  lieber  die  Betheiligung  anderer  Balleien  belohren 
uns  nur  einige  von  Ordensrittern  ausgestellte  Quittungen  über 
ihnen  bezahlte  Soldbeträge'  und  ein  unvollendet  gebliebenes 
Verzeichniss  der  Theilnehmer.* 


'  Auszüge  aus  den  CapitelsfichlUssen  vom  27.  Nnv.-iiiber  1593,  19.  April 
1594  (beide  zu  Knln)  und  einem  blos  mit  li^'Ji  «iatirteti,  fr-rner  Briefe 
de*  Landtointliurs  KtunchpnbtTj;  an  Maximiliun  und  an  Westernafli  v^m 
18.  April  Ibi^i  uud  Autwurt  des  LeUitereu  vum  9.  Mai,  ^lumtlick  aLt 
Beilagen  dar  oben  8.  659,  Anm.  8  erwlhnten  «etenmSseigen  Belmtioa 
▼om  Jahie  1730. 

*  J.  J.  de  Oeer«  Arcbieyen  der  ridderiijke  daitsche  orde,  iMille  tu  Utrecht 

(Utrecht  1871)  2,  547  fr-,  die  dort  «bgedru.  Ivten  R^senotizen  der  Ritter- 
berren  Willem  MuUrt  and  WiUMtt  Sloet  tunliaien  die  Zeit  vom  April 

bis  August  1594. 

*  Deut«cb-Ordens-Archiv,  Mil.  135  enthält  Originalc^uittungen  von  deo 
OrdeBMittam  Friedrich  Ton  Neuhausen  Uber  je  30  Gnldea  vom  86.  Mti 
and  89.  Jaü  1594,  dat.  Betschungen  in  Ungarn  (mit  Bemerkung:  ^den 
84.  Aprilis  bin  leb  au  FranStfort  atiaiogen*){  Ton  Hereulec  Kan  an  Belaqr 
über  45  Quldf^ii  und  von  Ferdinand  von  TOrring  Ober  180  (tutdeu,  beid« 
vom  13.  Juli  1594,  Pcttnii;  von  \V«»lf  Erbard  von  Mukenthal  über  30  (Jiilden, 
ebenda  14.  Juli,  und  vn  ll.ins  Philipp  Schuz  von  Hokhansen  ütu  r  9l» 
Gulden  vom  25.  Februar  (ielztero  mit  Bemerkung:  »und  ist  mein  Monats- 
Bold  den  16.  Tag  Febraar  »ngangen').  öäwmtHche  Quittuugeu  siod 
dem  Rittmeister  Jobann  von  Gleichen,  Ckimtiinr  an  Hrilbronn,  aa*- 
geitellt. 

*  Deutflch-Ordena-Archiv,  Mil.  136  enthält  auf^loeem  Zettel  ein  Verzeic^v 

der  Ordenslinrron  ,<«o  ansboid(»n  Balleien  Bisten  und  Coblena  nacher  Ungani 
gezogen  den  If).  A\>r.  151*l'.  Ans  der  Bailei  Bissen:  Johnnn  von  Steinhaus, 
Comthur  zuGhtradl,  lieiuricb  vou  HoldurfT,  Comtlinr  stubLGiHea  in  Aachen, 
Wilhelm  von  Schasberg,  Comthur  zu  Beck(enifurt,  Dietrich  von  Laut« 
beig,  SdiaSner  an  Benieh^,  Adam  von  Spiesz,  Stefan  von  landen, 
Edmnnd  von  AnaCerrodt,  Wilhelm  von  Knrtebaeb,  falle  Tentaebordeoi 
nnd  mit  ihnen  iween  vom  Adel  mit  Namen  Werner  von  Binsfelt,  Jobana 
von  Blackherey'.  —  Aus  der  Bailei  Coblen«:  Winant  von  Schelli.irl, 
,tenti»cbordcns'.  —  Ann  dnr  B.ilkn  Utrecht:  Wilhelin  v.iri  Schlodi  und 
Fridrich  (!)  vou  Möllert  (e.  oben  Aura.  2).  —  Aus  der  Bailei  Hessen:  N. 
Schwarz  (der  Landcomthur  vou  üeeaen  Wilhelm  von  OinhauRen  empfiehlt 


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563 


Maximilian,  in  dessen  Leibgarde  die  Ordensritter  den 
Feldang  mitmachen  soUten,  befand  sich  anfangs  Mai  in  Gras 
und  traf  dort  wichtige  Vorkehningen  für  den  Erieg.^  Vom 
Kaiser  hatte  er  die  BewÜIignng  zur  Anwerbung  von  1000  deut- 
schen Reitern  erhalten,  Air  deren  Bezahlung  Budolf  zu  sorgen 
versprach;  am  5.  Juni  hAtte  nach  dem  Bestallungsbriefe  zu 
Neonkirchen*  die  Musterung  dieser  Truppo  stattfinden  sollen;* 
infolge  des  Qeldmangels  trat  eine  Verzögerung  ein.'  Erst  am 
27.  Juni  wurde  nahe  bei  Neustadt  die  Musterung  der  Ordens- 
ritter vorgenommen;  der  Comtlmr  von  lleilbroiin,  Johann  vou 
Gleichen,  übernahni  das  Amt  des  liittnieisters  und  Joiiaun  von 
Steinhaus  jenes  des  Fähnrichs;  so  erfolgte  am  '2.  Juli  der  Auf- 
bruch, am  ü.  die  Ankunft  in  Graz,  wo  Maximilian  seine  Ordens« 
ritter  der  Erzherzogin  Maria  vorbUille;  naehdem  dann  noch  in 
Pettau  eine  zweitürige  Käst  gehalten  worden  war,  wurde  um 
den  1<S.  Jidi  Agram  erreicht.* 

Als  Ziel  des  Fehlzugos  war  zunäelist  das  Blockhaus  Pe- 
trmia  ins  Auge  gefasst,  welches  den  Türken  als  Stützpunkt 
für  ihre  Kaubzüge  in  Turopolieu  diente,  in  zweiter  Linie  wohl 

am  (27.  M&rz  =)  6.  April  1594  dio  Oidcushorren  Heinrich  Stabl  und 
Benilmrd  Schwarz  al«  Theilnehuicr  «ks  IV  Idzuge».  Deutech- Ordens - 
Archiv,  &Lil.  136).  —  lu  dew  Verzeiciiiiittae  fulgt  noch  die  Ueberschrift: 
.all«  der  E«llei  WMtftlen'  aber  ea  «ind  keine  Hamen  mehr  eingetragen. 
>  Von  Gras»  1.  Mai  ist  ein  Artikelabrief  Maximilians  für  die  deatichen 
Knechte  aof  der  windischen  Grense  daürt,  von  welchem  eine  im  Be- 
sitse  de»  Herrn  Figdor  in  Wien  befindliche  Hnndsclirift,  deren  Kennt- 
nis?» ich  Herrn  Prof.  Herzberg-Fränkol  verdanke,  eine  Abs^idirift 
Liotot:  zn  Gra«  niass  also  auch  die  vom  gleichen  Tage  datirt»!  Hcstalhuig 
für  Eggenberg  ausgestellt  sein,  die  Z wiediueclc-äüdenhorst  in  den 
.Mittbeilnngen  dea  bist  Vereines  Ittr  Steiermark*  26,  ISS  erwJibnt. 

*  Oonoept  der  Bestallni^  im  Kriegearebive  1694,  8,  17. 

*  Bine  Zeitung  ans  Oraa  vom  SS.  Jnnt  in  der  Bs.  S947  der  Wiener  Hof  biblio- 
thek (Fiigfer'Hche  Relationen  Tom  Jahre  1504)  f.  611  meldet,  Maximilian 
befiudi«  sich  mit  dem  noch  un«r<»umstprten  Kile^volke  in  der  Neu- 
ütadt;  diiMri  Golduiaii^M'l  den  späten  Anzu;;  verschuldet  habe,  schreibt 
Hasimiliau  au  Kudolf,  Ib.  August.   Orig.  im  Kriegsarchive  15^4,  8,  26. 

*  IKe  von  De  Geer  a.a.O.  abgedruckten  ßeisenotiaen  finden  ihn  Be- 
slfttigang  in  den  am  IS.  nnd  14.  Juli  au  Pettan  ansgestellten  Qnittangen 
(s.  oben  8.  ftftS,  Anm.  S).  Aber  ein  Brief  Maximilians  an  Mathias  ans 
Pettan  vom  14.  Juli,  Cop.  Kriegsarchiv  1694,  7,  3,  meldet,  dass  er 
gestern  Abend  mitsammt  seinen  Hoifahnen  und  Orden  daselbst  ange- 
kommen wSre,  Nvilhroud  sich  aus  jenen  Notiien  der  12.  ala  Tag  der  An- 
kunft in  Pettau  ergeben  wttrde. 


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564 


Sissek,  das  im  Vorjahre  trotz  des  gljlQEenden  von  Clggeii- 
berg  erfochtenOD  SiegcB  schlieasKch  doch  den  Feinden  in  die 
Hände  gefallen  war.*  Ehe  jedoch  das  christliche  Heer  an  die 
Kalpa  gelangte,  stellten  sich  neue  Schwierigkeiten  in  den 
Weg.  Zu  Agram  lagen  vier  Fähnlein,  anf  deren  Mitwirkung 
Maximilian  gerechnet  hatte;  aber  Krankheit  und  Mangel  ao 
Geld  hatten  sie  so  weit  heruntergebracht,  dass  es  besonderer 
Unterhandlung  bedurfte,  sich  ihrer  zu  versichern.*  Um  nicht 
durch  solche  Zögerungen  den  Vortheil  des  Angreifera  au  ver- 
lieren, sandte  er  seinen  Oberstlieutenant  Ruprecht  von  Elggen- 
berg  mit  dem  «ri  össoren  Theile  des  Heeres,  welches  im  Ganzen 
12.0(X)  bis   IG.ÜÜO  Köpfe  zählte,»  voraus.    Am  21.  Juli  traf 

*  Obwdhl  üVirr  <V\r-  p.  r-^nlii  lio  TlioiluahiiiB  «Irr  On1eii««ritter  ftir  f!i«  .Tr.br 
1594  nur  «euigc,  tür  'i;»s  tuliri  nilo  Jahr  p«r  k<  ni<'  Nacbrii  liti  ti  vxilii  ^eD. 
will  ich  ducli  uiue  ErxHhhiiig  der  betreflV>udt«ii  Operatiuneii  m  bieten 
Tenmchen,  welche  in  der  neueren  Qeechicbtiliteiatar  fa«t  ginslich  Ter* 
gemen  «ind.   Maximilians  kri«geri0che  Thitigkeit  im  Jahre  1S94  faat  ia 

Grafen  Rudolf  Coronint  von  Cronberg  3«llttm  Petiinienge*  (Goriliae 
1779)  <>ine  aiiKfübrlirbo,  aber  nicht  tiberall  zuverlä^^isige  Darstellmig 
{^ofiindon;  aus  ihr  i.st  goHosw'ii,  wa«  Hirhtpr  in  H'>rmayr's  Archiv, 
H).  Jahrg'.,  326ff.  Ulier  diesen  GegeusUtad  gei»cluic'l>eii  hat.  Corouini 
hat  unter  Anderem  eine  von  Jakob  Schüller,  ZahUueister  eiuesCoronini'scheu 
Kttramier-Regimentea  verfaaate  dentaehe  Belation  Aber  die  Ereigiiiaee  Tor 
Petrinia,  aowie  denn  lateinieche,  Ton  dem  Jesniten  Jeaef  Kanffnaan 
besorgte  Uebenrntsang  benQtat  (vgl.  die  Anmerkungen  44,  IIS,  Iii  de» 
, Helium  Petrinienne');  diese  Quelle,  welche  durch  die  atai^  Betomny 
1'  -  Atillif'iN,  'If^n  di*»  Fam?)»»»  C<>rAiiin5  an  den  Eroig'uissen  »renommea, 
Vt  rUiicht  errept,  li.'it  aiuli  .Tut  ila."  Hiu  li  do??  Ornfen  Rtidolf  CiTorini 
uugüustig;^  eingewirkt;  aber  die  Neueren  sind  in  ihrem  Mii>e»trauen  xu 
weit  gegangen,  wenn  ein  die  Unternehmung  Maximiiiaoa  ginalich  ttbei^ 
gangen  oder  wie  Zwiedineek>8fld»nhor«t  a.  a.  O.  IM,  Anm.  61,  Thal- 
sachen, die  aaeb  anderwlrta  beaengt  sind,  in  Zweifel  geaogen  haben. 
BoÄKore  Quellen  als  f''»rMiiini  hat  Hamm  o  r  -  P  n  vir  >  t  a  1 1.  ( Jijjchichu^ 
deH  ohinanischen  Heiohe!»  4,  222,  henUtzt;  bei  Fesuler- K  lei  n,  Ge- 
schichte von  ITn^j.irn  4,  21,  ist  der  Feldzu^  Maximilians  im  Jahre  lb$i 
mit  wenigen,  al>«;r  nicht  ganz  zutreft'enden  Worten  abgethan. 
'  Maximilian  scliroibt  an  Kudoif  am  18.  August,  er  habe  auf  dem  Uineiu- 
ange  an  Agram  mit  den  daselbst  gelegenen  Tier  ,Fendeln*  nntar  dem 
Hanptmanne  Weidner,  welche  wegen  Jlangel  an  Beaahlnng  matt,  krank 
nnd  armselig  waron,  Ilandluui?  {dk^n  mfisseu. 

*  De  Geor  2,  65o  wihlt  10.000  Heiter  nnd  2000  Fussknechte;  da  Maxi- 
milian St  lli^t  wnvh  dfr«flhf ti  Qik  Mc  nur  ITtiH)  Mann  hei  «ich  ht  liielt, 
nm8S  K^'j;t'iil)<T^' s  llci>r  lU.OOü  Mann  »tark  gewfs»  n  soin.  Istvanffjr, 
Regni  Huugarici  histturia  367,  berechnet  en  jeduch  mit  lt>.OuO  Mauu. 


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ÖG5 


dieser  vor  Pt  tiinia  ein.  Rustan  Beg,  der  Befehlshaber  in  Pe- 
triiiia,  Hess  dem  christlldu  n  Lager  gegenüber  eine  Schanze 
errichten  iind  rrf^tlnetc  von  da  Uber  die  Knlpa  hinüber  das 
Feuer.  Tndess  i!<  l;i)iir  es  JC^itcenberof,  das  windiM  lic  Kric^rsvolk 
lind  ein«  n  Thcil  dvr  deutsohcn  iSehützen  weiter  oben  über  den 
Fluss  zu  setzen;  so  wurde  die  feindliche  Besatzung  aus  der 
neu  errichteten  Schanze  verjagt,  und  vier  Falkunete  fielen  den 
Christen  in  die  Uände.^  Trotz  dieses  glücklichen  Anfanges 
konnte  aber  Eggenberg  nichts  Wesentliches  ausrichten,  da  er 
m  wenig  Fussvolk  bei  sich  hatte.*  Als  Maximilian  die  Nach- 
richt von  einem  Ausfalle  der  Türken,  der  dem  christlichen 
Heere  starken  Abbruch  Temrsachte,  erhalten  hatte,  beschleu- 
nigte er  seinen  Marsch  und  traf  mit  1500  Mann,  unter  denen 
sich  auch  die  Ordensritter  befanden,  am  38.  Juli  vor  Petri- 
nia  ein.* 


'*  Zeitung  ans  Oru  vom  86.  Juli  in  Hs.  8067  der  Hofbibliotlisk  f.  524 
meldet:  »Den  81.  diu  ist  der  H.  t.  Eg^.  mit  dem  Kriegsvolk  für 
Petr.  ankommen,  der  Rugtaiiib  Begh  aber  ein  Silianz  gegen  der  unsera 
über  greniacht  iind  ?tnrk  in  unser  Lager  pp«rbo?Rf»n.  Tf.it  der  H.  v.  V.icvr. 
djw  Windiflch  K ri<'L:-^v<ilk  s;unt  etlich  teuterhen  Jr^cliiitzen  wf-it  über 
der  iSchuiiii  lnH.seii  iiUHrturen,  die  haben  g^edachton  Hu^tauib  liegh 
stracks  aus  seiner  Schanz  gcschräckt  und  4  Stuck  auf  Kiidom  sammt 
etlich  Köpfen  bekommen/  Diese  Worte  machen  den  Hergang  besser 
verstKndlich  als  die  «neflihrtichere  ErsShlnng  bei  latvanffy  887f. 

*  So  Maximilian  in  dem  oben  S.  664»  Anm.  8  erwthnten  Bericht  vom 
18.  Anfuai;  vgl.  auch  oben  S.  5G4,  Anni.  3. 

'  Die  Nachricht  von  dem  Ausfalle  bei  Istv.uiffy  388  zum  27.  Juli,  in 
einem  angeblichen  St  lii  fMl»''n  der  Bege  von  I*etrinia  und  Sissek  an  Sinan 
Pascha,  welches  Maximilian  seinrni  Bcrichto  vom  18,  Aup:'ii«t  beilegte, 
xum  achten  Tage  der  Belagerung,  dm  wäre  zum  28.  Juli.  Nach  einem 
kurzen  Berichte,  den  Maximilian  am  10.  August  unmittelbar  nach  er- 
folgter Einnahme  von  Petrinia  dem  Kaiser  dnroh  Courier  ankommen 
Ken  (Cop.  Kriegaaiehiv  1M4,  8,  13  V,),  "^«^       87.  Jnli  vor 

Petrinia  gele^;  dies  «ehliesst  die  genaueren  Angaben  von  Istvanffy 
a.  a.  0.  nnd  Kercselich,  Historianirn  cntli.  eccl.  Zagrabiensis  pnrtis 
primae,  toui.  1,  299  nicht  ans,  wonach  Maxiiuülm  am  Abend  des  27. 
eine  halbe  M>Ah^  vor  Petrinia  Vh  i  T-ntovanlc  Halt  niaf  htc  uiirl  ;ini  fol- 
genden M(iri:t  ri  im  L;i'j;er  eintraf.  Kino  Zeitung  au»  (ira/,,  Iis.  h'.)G7 
der  Hof bibliothck  t.  lUü  und  494,  berichtet,  Maximilian  wäre  am  28.  Juli 
nachts  vor  Petrinia  angukumuien.  Die  Notizeu  bei  De  Geer  ergeben, 
da»  die  Ordensritter,  wie  zu  erwarten»  erst  mit  Maximilian  von  Agram 
jinf  brachen,  aber  nach  ihnen  bitte  der  Manch  von  Agram  bis  Petrinia 
vier  Tage  beanspmchl 


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566 


Maximilian  sali  bald  ein,  dass  nor  vom  rechtsseitigen  Ufer 
der  Kulpa  eine  erfolgreiche  Beschiessnng  des  festen  Blockhauses 
möglicli  sei.  Er  setzte  daher  mit  dem  ganzen  Heere  über  den 
FloBS,  sehlag  nahe  bei  Fetrinia  in  einem  dichten  Walde  sein 
Lager  auf  ^  und  Hess  am  5.  August,  um  sieb  den  Rftcken  ra 
decken,  das  eine  Stunde  sttdlich  von  Fetrinia  gelegene  Hrasto- 
yicE  wegnehmen  and  mit  deutschen  und  windiacben  Knechten 
besetaen.*  Nun  erst  begannen  die  ernstlichen  Bdageiungs- 
arbeiten.  Am  6.  wurde  die  erste  Schanze  angeworfen;  am  7. 
erstarmte  man  eines  der  beiden  feindlichen  Vorwerke^  welches 
allerdings  bald  darnach  sammt  seinen  Eroberem  in  die  Luft 
flog;  am  9.  entstand  eine  zweite  Schanze  nilher  gegen  das 
Blockhaus  zu,  und  am  Morgen  des  10.  fiel  auch  das  zweite 


*  Der  Bericht  HuimiliMii  tod  18.  August  letet  des  FliusHbecgaiig  aaf 
den  8.  Anguat,  eine  Zeitung^  aua  Qras  Tom  16.  Angiui  (mitgetheilt  alt 
Beilage  Nr.  1)  aof  den  SO.  Juli,  Kereaelieh  anf  den  1.  Angoat;  nach  den 
Notizen  bei  De  Goer  a.  a.  O.  zog  vier  Tage  nach  Maximiliana  Ankunft, 

<1«»  wäre  also  am  31.  Juli  \n\vr  1.  Augrtist,  das  ganze  Heer  fiber  den  Fluss: 
ob  die««!  DifTürenzen  auf  Fühlern  der  QuelleD  b<3ruheu,  oder  ob  der 
Uebergaiig  nur  allmäJig  erfolgte,  läi»t  sich  nicht  entscheiden. 

*  Daa  Dfttnm  fibareinatimmend  in  dem  Berichte  Marimiliana  Tom  10.  Anptit 
und  in  der  Flufschrift:  ^ewe  Toa  Oott  verliehene  |  Yietorin  nad 
Zeittang  |  Welchennaaaen  «her- 1  mal  in  Krabaten  vad  Win- 1  diadi 
Land,  dir  R«(ni:  Kay:  May:  etc.  vnsers  Allorgonidi- [ giaten  Herrn  etc. 
Kriojjß  Vt.lck,  etliche  Vestung  vud  Grä-|uitB  Heuser      .  dem  Türcken 

j  aberhnlten  vud  eingenoiiten  habeu.  .  .  .  AuiS  dem  Christlichen  V(>!d- 
läger  I  vor  Petriuia,  den  (i.  vnd  7.  hernach  den  10.  |  vnd  12.  Augui»u 
dises  1&Ü4.  Jar  auisiert  |  vud  zasamcngesetzt.'  —  Am  Schlüsse:  ,Ge- j 
dmckt  an  Wienn  in  Oakerraich,  |  bey  Georg  Hieber,  Fonnacbneider. 
I  Im  I5M.  Jar.*  4*  4  Bl.  Wiener  Hof  bibliothek  39.  K.  hl  (Terseichaal 
bei  Kertbeny,  Bibliographie  der  ungarischen  Literator  1,  S60,  Kr.  1100). 
Hier  lieisst  es,  Lenkowitz  soi  ,Diit  seinem  Kriegsvolk  und  den  Carl* 
Städtern  auf  Rastowitz  znj^i  rilckt.  dif^polben  iü  F'il  Uberfallon,  die  Ft^ütiing 
mit  Sfnrni  erobert  und  die  darinnen  gewesemen  Türken  alle  niedtrt|e- 
haut*;  dai$a  hiobei  4b  Wlacbeu  getudtet  wurdeu  uud  der  PlaLae  öo  deuu>che 
nnd  60  windiaebe  Knechte  aar  Beaatanag  erbielt»  melden  eine  Zeitaag 
aus  Oma  vom  13.  Anguat  (Ha.  der  HofbiblioChek  8967,  f.  436*}  und  nach 
ihr  die  Herbatrelationen  dea  Jahrea  1694  Ton  Byainger  (bei  Stiere, 
,Ueber  die  ältesten  balbjährigeu  Zeitungen  oder  Me^relationen*,  .Ab- 
handlungen der  Münclienor  .Akademie  IIT.  01a!«<?e  If.,  IfT.,  vorzeicbnet  als 
Nr.  öi»)  Ö.  ü6  und  von  Fram  us  (=  Stieve  Nr.  b'.»)  8.  l.ö.S.  Damit  stt^ht 
im  VVideraprucho,  dasa  nach  Istvanffy,  S.  388,  uud  nach  Kercseiich, 
8.  299,  Hraatoviea  pacta  ineolnmitate  abergeben  worden  ist 


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567 


Vorwerk  Id  die  Hände  der  Christen.  Von  diesem  Punkte  und 
"von  den  Mden  eigenen  Schanzen  aus  konnte  nnn  die  ener- 
gische Beschiessunjs:  des  Blockhauses  geführt  werden;  zugleich 

versuchte  man  ^lincn  unter  die  Festung  zu  legen.  Nun  ent- 
sank den  Türken  der  Muth;  sie  begehrten  zu  unterhandeln, 
aber  Maximilian  erklärte,  sie  hfttten  die  Zeit  zur  Gnade  ver- 
säumt. Da  auf  Entsatz  nicht  zu  hotlen  war,  entschloss  sieh  die 
Besatzung  zur  Flucht;  in  rier  Nacht  vom  10,  auf  den  11.  Auf^ust 
verliessen  die  Türken  durch  eine  Hinterpforte  das  Blockhaus, 
nachdem  sie  die  Geschiltze  and  sonstige  werthvolle  Dinge  ver- 
graben und  in  die  Festung  Feaer  gelebt  hatten.*  In  der  Nähe 
▼on  Sissek,  wohin  Maximilian  noch  in  der  Nacht  100  Reiter 
unter  Lenkowitz  sandte,  wurden  400  FIttchtige,  die  theils 
KU  Land,  iheib  auf  Schiffen  ihre  Rettang  sachten,  angetroffen 
und  niedergehauen,  und  schon  am  folgenden  Tage  verliessen 
auch  die  BesatKungen  von  Sissek  und  Gera  ihre  Posten  und 
gaben  ihre  Castelle  den  Flammen  preis.' 

Als  am  11.  die  Führer  des  christlichen  Heeres  das  er- 
oberte Petrinia  besichtigten,  waren  trotz  aller  durch  i\.uupf 
Ull  i  Flammen  verursachten  Verwüstung  dennoch  die  Reste 
einer  starken  Festung  zu  erkennen,  deren  gewaltsame  Erstui- 


*  Die  beale  und  ^unaueste  EnXhlung  gibt  die  in  der  vung«ii  Anmerkung 
angeftlhrte  Flugschrift.  Mit  ihr  stimmt  in  der  Sache  üboreiu  der  Bericht, 
den  Maximilian  am  18.  Ani;n.<«t  dem  Kainer  erstattete.  Dio  Zeitung  aas 
Graz  vom  16.  August  i  Heil.-ijre  Nr.  1)  erwähnt  wlinn  bei  lier  Erstürmung 
der  ersten  , Katze*  am  7.  Augiiüt  die  Zengger,  während  dio  Flugschrift 
nur  bei  der  zweiten  ihrer  guten  Ualtung  gedenkt.  Da  in  Bes&ug  auf 
die  Beton  die  dxei  geneimtoii  Ton  einander  nnabbängigon  Qaellen  ttber« 
einatimmea,  ao  mllaaen  die  abweieheaden  Angaben  b^  De  Oeer  (eiater 
Stnim  anf  daa  aBIookbana*  ~  richtiger  Vorwerk  am  S.,  awetter  am 
9.,  Flacht  der  Tflrken  am  Abend  des  9.)  auf  Irrthum  beruhen;  auch  in 
einer  Zeitung  aua  Wien  vnm  20.  Auguat,  Hs.  8967  der  Hof  bibliothek, 
f.  410*,  >vir(l  »lio  Flucht  dor  Türken  irrthümlich  tw  äi^m  Abend  des  9.  Au- 
gust prcsetzt,  was  wohl  durch  die  verschiedeue  Deutung  des  Ausdruckes 
.8.  Loren^enabend'  erklärbar  ist. 

'  Der  Bericht  Maxiuiiliaui»  vom  16.  August  sGUtt  den  Fall  von  Öisüek  und 
Gera  aaf  ,den  Tag  hernach*,  das  iat  anf  den  11.;  auch  die  anderen  Be- 
liebte beeeicbnen  dieae  Ereigniaie  ala  unmittelbare  Folge  dea  Brandea 
▼on  Petrinia,  demnach  mnM  anch  hier  die  Angabe  der  in  TOfiger  An> 
merkung  angeftthrton  Wiener  Zeitaqg  yerwoilian  werden,  nach  weldier 
Siasek  and  Oora  erat  am  IS.  von  ihren  Beaatanngen  anijpegebea  worden 
wiran. 


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568 


miing  ßchwerlich  gelungen  wäre.'  Das  gtltige  Geschick,  welcbes 
die  Belagerung  abgckiirzt  liatte,  war  um  so  freudiger  zu  be- 
grttSBen,  alß  sich  nm  11.  Regenwetter  einstellte  und  aach  der 
Gesundheitt^zustnnd  <l*  s  Heeres  sich  bedenklich  verschlechterte. 
Zunächst  hielt  noch  das  Suchen  der  von  den  Türken  Tergfm- 
benen  Kanonen,  sowie  die  Berathung  über  Aufrichtung  einer 
neuen  Befestigung  den  £rzhensog  fest  An  den  Wiederaufban 
▼on  Petrinia  wurde  nicht  gedacht;  es  schien  vortbeilhafter,  auf 
einem  der  zerstörten  Festung  gegenüberliegenden  Punkte  am 
linken  Ufer  der  Kulpa,  da,  wo  einst  Brest  gelegen  war,  eine 
Festung  zu  erbauen;  daneben  erschien  die  Herstellung  des 
zerstörten  Sissek  wichtig.'  Aber  der  Erzherzog  fand  in  dieser 
Hinsicht  kein  Entgegenkommen  bei  denen,  deren  Interesse 
doch  Tor  Allem  dabei  in  Frage  kam;  auf  Brest  musste  yer 
ziehtet  werden,  Sissek  sollten  die  Agramer  Domherren  her* 
stellen,  verzögerten  aber  die  Arbeit  in  unTerantwintiicher 
Weise.* 

Auch  eine  Fortsetzung  des  Feldznges  in  der  Richtung 
nach  Südosten;  insbesondere  einen  Au;,q  iti"  auf  Kostajniza,  wo- 
hin die  Hüclitigen  Besatzungen  von  Petrinia  uml  Sissek  sieh 
zurückgezogen  hatten,^  erklilrto  Maximilian  selbst  für  höchst 


'  Ein  (iiiNcbnnlioheH  Bild  von  dem  Zii»t|inde,  in  d«Di  die  Sieger  Petrinit 
fanden,  bietet  ein  Bericht  des  Grazer  Gohf  iiiischn  ibor?  Peter  ÜMal  MU 
die  Erzhfrzojrit!  Mnria,  den  ich  al»  I^oilac"   Nr.  'J  wH-ficfjfebe. 

•  ,und  obnul  ilivin)  UauHer  erobert,  ho  i»i  tii»ch  damit  wenig  au^gencht, 
venu  nicht  auch  diu  darauf  gehörige  und  hedürftigo  Geltsverlag  item 
BeMtK-  tiD4l  V«ntllrlniDg  denelben  eheai  . . .  sn  die  Hsad  genoniiieii 
wird.*  liiuüiniJiaii  im  Radolf,  17.  Angiut  Orig.  Kriegnrchiv  1«M« 
8,  26;  in  demselben  Schreiben  empfiehlt  Haximilian  den  Aofbu  VOD 
Bf6«t.  Siehe  auch  deo  Beiiciit  CSMÜ'a,  «VDftCh  M«simiU«ii  am  18.  dsD 
Plntx  berichtigt  hnt. 

'  Maximilian  schreibt  an  den  Kai-i  r  ;uii  is  August,  er  hahu  doch  noch 
da8  Ndthigu  anordnen  wollen,  um  Sii^sek  und  Brest  wieder  zu  erbaueu 
und  sa  befetitigen,  aber  M  seige  sieb  hietin  ein  eolcber  Unwillen  und 
WiderwKrtigkeit»  dsu  er  acblechter  Hoffnung  stehe,  hierinnen  wa«  Fhitlit- 
barliclis  m  richten.  Als  Eggenbeig  nt  Anfiing  fieptember  von  Agfnm 
nach  (Kssek  ritt,  dat<6elbe  eu  beMichtirr«  it,  wie  es  die  Domherren  «lld» 
hauen,  dn  war  die  Arbeit  noch  nicht  einmal  angefangen  worden.  Zeitung 
ans  vom  8.  .St'ptonibor  151>4,   11«.  dor  Hof  bihliothek  8<>r»7.  f.  354. 

Wenn  Kerc»elich  8.  öOU  berichtet,  das»  schon  am  12.  Augutst  der  Auf- 
hea  von  äiMek  hegouuen  worden  sei,  so  verdient  er  keinea  Qlaaben. 

*  De  Geer  8,  650. 


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569 

-wttnsclieDSwerthy  aber  hiexu  reichten  seine  geringen  Streitkräfte 
nicht  aus;  denn  ein  guter  Theil  der  Reiterei^  besonders  die 
steirische,  war  theils  mit,  theils  ohne  Erlaubniss  nach  Hause 

gezogen,  und  unter  dem  ohnehin  nicht  zahlreichen  Fnssvolke 
Ovaren  viele  krank  oder  verwundet.'  So  iiberliess  es  Maxi- 
uiiliau  tseineu  Unterhefehlshnbern.  Htreifzii^^-  iiai  li  versi  liiedonen 
Richtungen  zu  unteniehnien,^  uiul  keiirte  am  lü.  August  nach 
Agram  und  von  da  nach  Steiermark  zurück.^ 

Unter  solchen  Verhältnissen  konnten  die  errungenen  Vor- 
theile nicht  lange  behauptet  werden.  Als  zu  Anfang  September 
der  Pascha  von  Bosnien  mit  einem  Heere  von  15.ÜU0  Mann 
die  Unna  tiberschritt,  wehrte  ihm  Niemand,  Petrinia  wieder 
aufzubauend  Damit  war  der  entscheidende  Gewinn  des  Feld- 
znges  abermale  verloren;  es  half  wenig,  wenn  es  Eggenbei^ 
am  5.  September  gelang,  den  in  Turopolia  streifenden  Artogti 
Beg  zu  besiegen  und  gefangen  zu  nehmen,^  und  wenn  am 
15.  Noyember  Lenkowitz  die  Stadt  Wihitsch  Überfallen  und 
an  1200  Christen  von  dort  fortführen  konnte.* 


*  Max  an  Ru(lf)lf,  18.  August. 

*  Die  Steirer  zogen  in  die  Possega,  Lenkowits  mit  den  KSmtnern,  Krai- 
nern  nnd  Carlstldtern  gegea  KoitigBlsa,  der  Bau  wandte  sich  nseb 
einer  dritten  Seite.  Dan  Lenkowit»  Kostajniu  (Gastanitata)  beeetst  hUtte, 
wie  Coronini  S.  73  und  naeli  ihm  Biohter  8.  847  nnd  Tanieek  I, 
871  beriehten,  beruht  auf  einer  Verwechslung:.'  von  Kost.ijniM  mit  Hnisto- 
vicz.  Coronini  ist  zu  diesem  Feliler  wnlil  dmtli  ('nnnpnna  vorführt 
worden,  welcher  den  Namen  Hrastovizn  in  ( 'astrovi/.H  vcrMtulort  hat, 
,äupplimento  all'historia  della  vita  de  catolico  re  .  .  .  Filippo  U.'  (Ve- 
nedig leoy;  f.  83'. 

'  Bericht  Maxioniliana  an  Rudolf,  datirt  aus  Agram  vom  17.  August  Kriegs- 
aiehlT  1694,  8,  24. 

*  Zeitung  aus  Gras  vom  8.  September,  Hs.  8967  der  Hof  bibliothek  f.  854. 

*  Das  Datnm  ergibt  rieb  aus  der  in  voriger  Anmerkung  angefUbrten  Zeitung; 

vgl.  auch  Zwiedineek-SUdenhorst  a.  a.  O.  S.  1S4  und  die  auaftlhr- 
liclje,  aher  nicht  ganz  ziivorlftsHigo  Erzühlunsr  bei  Coronini,  S.  80ff. 

*  Einen  Bericht  hierüber  brinj^t  die  Me!i8rt  l;itiuii :  ,Knrtzer  |  Eigentlicher 
vnd  war-  I  haflFtiper  I?*  rifht,  etlicher  j^ewinNor  N»'ui>r  |  xeitnnfren  .  .  . 
vom  »September  bi»8  auff  |  drn  Monat  Martü  in  dii'sum  jetzt«ciiwebenden 
1  MDXCV.  Jahr.  .  .  .  |  (Vignette  Eyzinger's)  |  zu  Cölln  j  Bey  Wil- 
belm  von  Lfitaenkirehen,  Anno  1696.  (14  B1.  Hofbibliotbek  901.  F.  S) 
f.  88*  (bei  Stieve  a.  a.  O.  nicbt  verseiobnet).  Dieselbe  Meldung  findet 
rieb  aaoh  In  Eysinger's  Frfl^abrsrelatlon  vom  Jabre  1696  (»  Btieve 
Nr.  62),  S.  86  —  wo  jedoch  Ueberecbrift  nnd  Einleitung  beigefügt  sind, 
die  glauben  macben  konnten,  daas  Haadmilian  selbst  an  diesem  Unter> 


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I 


570 

Die  Deutfichordonsrittcr  hatten  an  den  letzten  Kriega» 
Unternehmungen  des  Jahivs  lö04  nicht  mehr  Antheil  srenonunen; 
nachdem  sie  zugleich  mit  ihrem  Hochmeister  den  Rückmarsch 
angetreten  hatten^  wurde  zu  Pettaii  ihre  Fahne  abgedankt 
Krankheit  und  Tod  hatten  in  den  Reihen  der  Ritter  empfind- 
liche Lücken  gerissen.  Schon  während  des  eigentlichen  Feid- 
suges  hatte  die  kleine  Truppe  Verluste  erlitten;  und  auch  von 
denen,  welche  den  Rttckmarsch  von  der  Grenze  antraten,  sahen 
nicht  alle  die  Heimat  wieder;  in  Marburg,  Graz  und  an  an- 
deren  Orten  blieben  manche  krank  zurttck  und  erlagen  zum 
Theile  den  Folgen  des  Feldzuges;  unter  den  Letzteren  befiuid 
sich  auch  der  Fähnrich  des  ganzen  Häufleins,  Heinrich  Ton 
Steinhaus,  der  nach  längerem  Krankenlager  am  6.  October  za 
Graz  verschied.'  So  endigte  die  erste  Theilnahme  des  Ordens 
am  Tlirkenkriegc.  Es  scheint,  dass  die  Wafien  der  Feinde 
den  Rittern  weniger  verderbKch  geworden  sind  als  das  EÜma 
des  Landes  und  die  Verpflegäverhältnisse  im  christlichen  Heere.' 
Ein  solches  Er^'^elmiss  war  nicht  daKu  angethan,  die  Lust  zur 
weiteren  Bctheiligung  an  diesen  Fcldzllgeu  zu  befördern;  es 
wird  ohne  Zweifel  auf  die  persönliche  Theilnahme  <ler  Ritter 
au  dem  Feldzuge  deä  tolgenduu  Jahres  ungünstig  gewirkt  uaben; 


neliAeti  botkeilig-t  geweaen  wäre,  was  nicht  zutrifft  —  dann  in  dw 
Fastenrolation  des  Fr.mcns  von  l^Of»  fSti  f  vf>  Nr.  91).  Au«!  der  letxteren 
{■»t  sie  ni'Prj]rf»}Tfi'ipoii  in  dm*  Buch:  ,Unp<  rischer  uml  Sn>onbi1rfftscher 
Krie^äbiiiidul  außtUhrHchc  Beftchroihung,  wul^  sich  vom  Friiliug  Anno 
1592  .  .  .  biß  den  Früling  dieses  jctztlauffenden  1696w  Jars,  zwischen 
gemeltem  Erbfeindt  vnd  den  Chiistai  . . .  siig«itng«ii  . . .  Fnnkfiirt  ui 
Mftjni  hej  Chrialian  Egenolpht  Erben,  1696/  386  Boiten  und  10  Bl.,  da 
Werk,  il.'iH  /uiiiei.>it  auf  den  Relationen  des  Francus  beruht  und  audi  ia 
den  folgenden  Jahren  fortgesetzt  worden  ist;  hieher  gehören  die  von 
Stieve  als  Nr.  97,  106,  III  und  116  verzeichneten  Schriften,  zu  d<»nen 
ich  noch  die  Frühlings-  und  die  llt  rlisfrelalioii  von  1507,  sowie  «iir» 
Uerbstrelation  von  1598  nachtrage,  von  deneu  die  beiden  erstgeoanuteu 
Jekob  Pre7  ale  Yer&aeer  nennen;  die  gnnte  Reihe  dieeer  Berichte  b» 
Herbit  1598  Terainigt  der  Band  68.  H.  8  der  Wiener  Hof  bibUothek. 
'  De  Oeer  %  660ff.  und  De  Wal,  Ebbsi  rar  l'histoire  de  Vordre  Tee- 

tonique  8,  619. 

*  W  äre  einer  von  den  Rittern  der  niederrheinischen  Balleien  vor  dem 
Feindt'  frefallen  oder  den  Wunden  erlegen,  so  hätte  dies  vemiuüilicb  in 
dem  bei  De  Ueer  2,  651  gedruckten  Briefe  Erwähnung  gefondeoi  indes» 
ist  dort  nur  v<m  Kranken  und  Yentorbenen  die  Bede;  von  der  groMn 
Krankheit  im  Lager  qireehen  aneh  die  Reiienotiaen  ib.  560. 


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671 

dass  dieselbe  gttnzlich  unterblieben  wäre,  ist  jedoch  nicbt  wabr- 
aobeinlicby  wenn  sich  auch  keine  bestimmten  Kaebricbten  da- 
gegen anführen  laaeen.  YeTmatfalieh  waren  in  der  Ho&hne, 
welche  am  10.  Juni  1595  m  Wiener-Neustadt  von  Maximilian 
gemustert  wurde/  auch  diesmal  einige  Ritter  des  Deutschen 
Ordens  eingetheQt.  Ihre  Schicksale  werden  eraJihlt  sein,  wenn 
wir  uns  die  kriegerische  Thätigkeit  Maximilians  im  Jahre  1595 
vergegenwärtigen.* 

Wenig  befinedigt  von  den  Erfahrungen  des  letisten  Feld- 
zugeSj  trachtete  Maximilian  so  rasch,  als  er  konnte,  YCfa  der 
Regierung  der  innerOsterreichischen  Lttnder  loszukommen.  Seine 
BemtthuDgen  fielen  zusammen  mit  jenen  der  verwitweten  Erz« 
herzogin  Maria,  welche  die  Entfernung  ihres  Sohnes  Ferdinand 
aus  Ingolstadt,  der  sie  zu  Anfang  des  Jahres  ir)()3  noch  ent- 
gegengearbeitet hatte,  und  seine  Kückkelir  nach  (iraz  nunmehr 
mit  Ijfer  betrieb.  Nach  einigem  Zügem  entschlo&s  sicli  der 
Kaiser,  diesen  Wünschen  zu  entsprechen;  er  berief  am  7.  Fe- 
bruar 1595  Ferdinand  von  Ingolstadt  ab  und  übertrug  ihm 
zwei  Monate  später  nach  den  Vorschh'igen  Maximilians  das 
Regiment  in  den  einst  von  seinem  Vater  beiieri  ^'  hten  Ländern.* 

Lösten  sicli  auf  diese  Weise  die  Bande,  weli  ln  Maximilian 
au  Graz  fesselten/  so  wurde  er  doch  noch  in  der  ganzen  ersten 


*  Zeitangen  ans  Wien  tom  8.  und  10.  Juni,  Iis.  der  Hofbibliothek  8968 
(Fugger'sche  Relationen  vom  Jahre  1695)  f.  447',  449\  467\ 

*  Dieselbe  ist  wenigstens  von  den  dent-seh  schroihendf»n  Historikern  bimher 
nur  gestreift  worden;  was  Fpsslt^r-Kloin  4,  3Uf.  hierüber  horiclitet, 
ist  reich  an  Fehlern;  Maximilian  wird  mit  Mathias  verwechselt,  Basta's 
BeroAing»  die  1597  erlblgt  ist,  wird  an  1696  berichtet  n.  e.  w.  Ich  Ter* 
■uelie  also  aneb  hier  eiae  snatnitDeohtiigende  EnMblmig  wx  geben«  be- 
merke jedoch,  dass  mir  die  etwa  eineehl&gige  ungarieehe  Literator  wegen 
Unkenntniss  der  Sprache  unbekannt  geblieben  ist. 

*  Hurter  2,  561  und  3,  199,  229,  518;  Stieve»  fifiefe  und  Acten  rar 
Geschichte  des  dreissigjährigen  Krieges  4,  114  f. 

*  Die  bei  Francus,  Herbstrelation  für  15i^&  (ätieve  Nr.  95),  S.  34,  uud 
Ungerische  nnd  SiebenbOigiecbe  Kriegafalndel,  8.  19S,  flberlieferte  Naeb- 
ridift,  da»  MariniiHan  noeh  im  Jnni  169ft  auf  dem  cnatiadien  Kriegs- 
■ehanpIatM  thitig  geweeen  «Ire  nnd  dort  den  Pascha  von  Bosnien  ge> 
schlagen  hätte,  verträgt  «ich  nicht  mit  der  Thatsache,  dass  der  Erzhersog 
in  der  ersten  .TuniliJilfte  in  Wlencr-Neiistailt  wellto  nnd  dort  seine  Tnjyjxm 
suni  Ahzu|j;e  nach  Oberungarn  mnsterte  (s.  oben  Anni.  1).  DaH.s  nur  ein 
falscUeii  Geriiclit  dit^ser  Meldung  zu  Grunde  lag,  zeigt  eine  mit  der  Stelle 
bei  Francus  fast  wOrtlich  Ubereinstimmende  Zeitung  aoa  Plag  Tom 

AnUv.  LXXXL  Bd.  U.  HUfl«^  88 


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572 


Hälfte  des  Jahres  1595  vod  einer  Angelegenheit  in  Anspruch 
genommen,  welche  in  enter  Linie  den  innerösterreiohischen 
Zweig  des  Erzhaases  betraf,  sogleich  aber  itir  die  gesammte 
Caterreichische  Politik  von  gitater  Wichtigkeit  war.  Es  gehörte 
au  den  Bedingungen,  die  der  Woiwode  von  ^ebenbOigen, 
Sigismund  BAthorj,  bei  seinen  BUndniasverhandlungen  mit  dem 
Kaiser  gestellt  hatte,  dass  ihm  die  Hand  einer  Enhersogin  ge- 
währt würde.  .  Nachdem  am  28.  Jänner  1605  das  BOndniss  sn 
Prag  geschlossen  worden  war,  fiel  die  Bestimmung,  Sigismunds 
Qattin  zu  werden,  auf  Maria  Ohristiema,  die  sweitälteste  tob 
den  TOchtem  der  Erzherzogin  Maria.  Am  5.  März  fand  zu 
Graz  die  Trauung  durch  ProcnratioD  statt,  wobei  neben  dem 
eben  aus  Ingolstadt  heimgekehrten  Bruder  der  Braut  aucb  £rs- 
herzog  Maximilian  als  Brautführer  fungirte.  Die  znr  Hochzeit 
erforderlichen  Vorbereitungen  und  eine  bedenkliche  Erkrankung, 
in  welche  Maria  Chribtiema  verfiel,  verzögerten  jedoch  die 
Reise  nach  Siebenbürgen,  auf  welcher  Maria  ihre  Tochter  be- 
gleiten woihe,  bis  in  den  Sommer,  Erst  Mitte  Juni  erfolgte 
der  Aufbruch  von  Graz,  am  17.  die  Ankunft  in  Wien,  wo  zur 
Selioming  der  kranken  Brnut  bis  zum  22.  gorastet  w<  r»Icn 
mubbte.  Auf  dem  weiten  l'inwege  über  Kaschau  gelangte  der 
Hochzeitszug  erst  am  "24.  Juli  nach  Klausenburg. ^ 

Es  war  wohl  j^vucn  dm  Wunsch  Maximilians,  dass  er 
auf  <lem  weiten  Wege  bis  an  die  si(d)enbür<xiselie  (irenze  die 
beiden  Erzherzoginnen  begleiten  oder  ihuen  vorauziehen  mnsste.^ 


II.  Juni  1Ö96  (Ha.  der  HofMbUotlielt  8968,  f.  471')»  die  mit  den  Worten 
anhebt:  U^nheat  gibt  man  mehrer  Orlen  für  gewi»  aoa,  dew  vu  s.  w.*;  ent 
Franc Qs  hat  alM  der  fUeehen  Nachridit  den  ScheiB  grlh»er»r  BUh»' 

heit  gegeben. 

*  Nohen  Ilurter  8,  323 ff.,  565 ff.  und  R^issenber^rer  in  «Mittheilungen 
des  hi.^tori«clien  Vereinps  fiir  Stri<*r!iiark'  30,  31ff.  vgl.  auch  die  in  der 
niu-hstüu  Anmerkung  augutührten  <^UL'llün. 

'  Die  IIa.  8968  der  Hofbibliotbek  enthält  hierüber  fulgtiude  Zeitungufi:  f.  486 
ane  Wien,  17.  Joni:  »Heute  kemmt  die  siebenbUigiaehe  Brnnl  hieher, 
«te  mU  Montag  (da«  irt  am  19.  Juni)  abreiaen;  Ershersog  Maarimiliaa 
Boll  auch  Montag  fort  nach  Obemngam;  Ist  sn  Termatben,  das»  er  dai 
Frl.  nach  Siebenbürgen  begleiten  mfipsen  wird,  obwohl  er  «ich  dessen 
•ehr  geweigert.'  f.  606'  aus  Wien,  21  Juni:  ,l)io  siebenbürpische  Braut 
hat  flieh  bi.s  dato  wegen  tipbrischer  Krankheit  nicht  sehen  lassen,  morsr^n 
soll  sie  fortgeführt  werden,  eiu  Weg  oder  deu  andern.'  f.  661'  ttua 
Kaachan  9.  JuU:  aOeatem  iat  Ersheraog  Maximilian  mit  efUdi  hundert 


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57S 


Der  Eraherzog  hatte  jedoch  hiebei  GelegeDheit^  mit  Sigismund 
in  persönliche  BerOhrang  za  treten;^  er  wird  dieflelhe  sicher 
bentttst  haben,  den  jnngen  Forsten  enger  in  das  Intoresse  des 
Hauses  Habsburg  an  sieben  und  Verabredungen  Uber  die  Krieg- 
führung zu  treffen.  An  den  Hochzeitofeierlichkeiten  nahm  Mar 
ximflian  nicht  theil;  sobald  er  sich  seiner  diplomatischen  Hission 
entledigt  hatte,  eilte  er  nach  Obemngam  in  die  Gegend  von 
Tokaj,  wo  die  unter  dem  Befehle  Teoffsnbach's  stehenden 
Tmppen  schon  seit  mehreren  Wochen  in  Rakomasz  ein  Lager 
bezogen  hatten.*  Zu  grosseren  Unternehmungen  nicht  stark 
genug,  bfgiiügten  sich  die  einzelnen  Bi^fehiähaber  mit  Streif- 
Zügen  in  das  türkische  Grenzgebiet.  Zunächst  wurde  Hatwan 
hievon  betroffen,^  und  Maximilian  im  Lager  eingetrotFen 
war,  sandte  er  neuerdings  o(MX)  Heiter  aus,  die  sich  iiacdi  Süden 
wenden  sollten;  sie  verbrannten  die  Vorstadt  von  Szolnok  und 
in  der  Gegend  von  Gyuia  an  36  Dörfer.^   Solche  Züge  be- 


Hnnaren  und  500  dentechen  Knechten  ankommen  and  heute  das  FrL 

Ton  Gräz  mit  vierzig  Kiitscheu.  Die  hat  ein  ziemlich  bOse  Färb,  die- 
weil  sie  tUg-lich  mit  dem  Fieber  behaftet.'  f.  nus  Ti>kaj,  20.  Juli: 
,I>Gn  14.  Juli  m-in  ir  knii.  Würde  Maximilian  siimiut  der  P>/Jierzi»pin 
titnl  Braut  von  Caschau  um  3  Uhr  zu  Morgens  früh  aufgewest  und  von 
der  ganxen  deatadien  Beiterei  anßeihalb  dee  Fnaerolks,  Hunaren  und 
Landvolka,  ao  aieb  Uber  8000  erstrecken,  bis  auf  die  siebenbttigisebe 
Greiue  begleitet.*  Dieselbe  ICetdunff,  iittr  mit  etwas  geindeiten  Daten 
(.statt  14.  Juli:  16.;  sUtT  3  Uhr:  9  Uhr)  in  Franc us'  Herbstrolation  fUr 
1595,  8.  44,  und  Unperische  und  Siebmibilrjijisi  lio  Kriegshiiiidel,  S.  204. 

*  Plinc  Zoitnng  aus  Wien  vom  24.  Juli  (alten  ötiles,  Ha.  böGö  der  Hof- 
Inbliutliuk,  f.  üu7)  meldet:  ,ir  Durchl.  Ersh.  Max  hat  den  Eid  von 
dem  SiebenbUrger  aufgenommen  and  sich  alsbald  wieder  gewendet*. 
£twas  ansftthrlieber  Ungeriscbe  und  Siebenbflr^sche  Kriagriiindel,  B.  lOÖ. 

*  Naeh  einer  Zeitung  vom  80.  September  (Es.  8968  der  Hof  biblietbek, 
t  776)  war  das  oberungarisdie  Lager  damals  schal  drei  Monate  lang 
an  der  Theiss  stille  gelegen;  es  muss  also  schon  im  Jnni  beaogen 
worden  sein. 

*  Eine  Zeitung  avi.s  Hakomas«  vom  10.  Aiipm"*  (Hs.  8968,  f.  G77')  berichtet: 
(Unser  Erlauische  Kitt«r8chaft  sanibt  dcu  Roth-  und  GelbrOckel-Archi- 
bnsieten  sein  gestern  T<m  Hatwan  sonigg  kommen.  Den  Hatwanisehen 
Tflrggen  ir  Weiber,  1200  Ochsen,  9000  Schaf  nnd  ander  Tiel  Vieh  weg- 
getrieben, auch  etliche  TSrggen  niedorgehaut,  12  gefangen  nnd  20  Robs 
mitgebracht  .  .  .  Davon  sie  ir  kön.  Würden  ein  Vererung  thun  wöllen.' 

*  Einp  Zpltnnpr  der  Hh.  l^',>fis,  f.  R77  meldet,  d.-t««  df>m  Entherzope  100 
au.serleseuo  Ochsen  von  Ucui  boi  Hatwan  (rewoinujnen  Kaube  verehrt 
worden  seien,  und  fährt  fort:  , Darauf  sein  wieder  äüOO  Pferd  ausgeschickt 

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574 

raabten  nicht  nur  die  Beaatsungen  der  tOrldachen  Greils» 
festnngen,  die  Ton  den  Leistungen  der  nmwolinendett  BatLom 
lebten,  ihres  UnterbalteB,  de  hatten  ohne  Zweifel  aach  den 
Zweck,  das  eigene  Heer  zn  verproviantiren  und  das  Heran- 
nahen des  feindlichen  an  erschweren.^  Erst  als  mit  Sicher- 
heit erkannt  werden  konnte,  dass  sich  die  Hauptmacht  der 
Türken  diesmal  nicht  nach  Ungarn,  sondern  gegen  die  nnters 
Denan  wende,  scheint  sich  Maximilian  sar  OffensiTC  entschlossen 
au  haben.  Am  5.  und  4.  September  hielt  er  Musterung  aber 
die  ungarischen  und  kosakischen  Truppen  seines  Lagers.*  Das 
Landvolk  und  die  Spanschaiten  hatten  4900  Mann  su  Boss 
und  an  Fuss  gesteDt;  hiezn  kamen  1000  Kosaken,  die  der 
Erzherzog  schon  auf  seinem  Marsche  nach  SiebenbOrg:en  in  der 
Gegend  von  Szathmar  geworben  hatte."  Von  den  in  diesen 
Zahlen  nicht  inhogrifFenon  deutschen  Truppen  mussten  zur 
selben  Zeit  15tKj  schlesischo  Heiter  dem  Fürsten  von  Sieben- 
bllrgcn  zu  Hilfe  gesandt  wenlen;  nicht  viel  über  2000  Deutsohe 
blieben  im  Lager  zurüekj  so  dass  die  Gesammtstärke  etwa 
8000  Köpfe  betrug.^   Mit  diesem  kiemen,  zum  grössten  Theile 


worden  .  .  .  ir  kOu.  VVUrdß  Vdsst  da»  Reuuen  auf  Solnok  geben/  —  Wenn 
itt  elBMn  B«rieht»  am  Prag  rom  SS.  Angust  (Ut.  8M8,  t  ^  dann 

«tcb  bei  Praii«iit,  Herbstrelation  Tom  Jabre  169(»,  8.  96  (=  üngeriacbe 
ond  Biebenbtliigische  KriegsbAndel,  S.  241)  wiederkehrt»  fowohl  dar  Zu; 
gegen  Hatwan  als  der  ^egen  Szolp.ok  und  Ojnla  dem  Erzherzoge  selbst 
rnj^eschrieben  wird,  i«t  dies,  wie  die  hier  und  ui  der  vnrifTfn  Anmorknn? 
abgednickteu  «Stellen  pnvpi«eii,  in  keinem  Falle  wr.rtlich  zu  nehni'U; 
diese  PlUnderungszUge  hat  Maxiituliau  der  leichten  ungarischen  Heiteret 
Uberliwen  and  ist  inätm  im  Lager  still  gelegen. 

*  Ana  aoldleii  Qrttnden  hatte  einst  Behwendi,  als  v  selbst  in  Obenrngem 
das  Commando  fthite,  dem  Kaiaer  ansdrUt&lidi  empfobten»  die  Zeit  vor 
dem  Herannahen  des  türkischen  Heeres,  das  gewOhnllcb  im  Spltaommer 
erfnlp^c,  mr  Dnrchstreifnnp  der  Gron-'^fhifto  Rn«»EnnfltKen:  9.  dessen  .Be- 
denken, WILS  wider  den  Türken  fürzuiiplimen  ...  de  anno  1666'  in 
Oesterr.  militär.  Zeitschrift,  Jahrg.  1821,  Bd.  3,  8.  95f.,  und  Janko,  La- 
zaroa  Freib.  v.  Schwendi  S.  65. 

*  Zeitung  ans  dem  Feldlager  in  Obemngan  hA  Bakoraaas  Tom  5.  Ssp* 
tember  1606  (Ha.  8968,  f.  726'). 

*  Francns,  HerbstrelaHon  des  Jahres  1696,  8.  46  Kriegsbindet 
8.  206.) 

*  Am  11.  Soj^tembor  wird  .ms  dem  ohpniti'^.irisclien  L.'ipor  pei«ch rieben: 
,\Vir  f^itllun  viel  Vö^tiingtju  eiuitehniuii  und  den  Feind  schlagen  nnd 
sein  gar  schwach  and  in  Wahrheit  Uber  8000  Mann  nit'  Ha.  8968,  f.  766. 


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575 


aus  irregulären  Trappen  gebildeten  Heere  war  nicht  viel  ans- 
zurichten.  Unter  solchen  Umständen  wurde  der  Beginn  der 
Operationen  noch  weiter  hinansgeschoben,^  und  Maximilian 
wandte  sich  mit  der  Bitte  um  Verstärkung  an  seinen  Brader 
Mathias,  dem  am  2.  September  die  Einnahme  von  Gran  ge- 
glückt war.  Indess  hatte  auch  Mathias  seinem  Brader  ge- 
schrieben^  in  der  Absicht,  ihn  zu  einem  gemeinsamen  Unter- 
nehmen gegen  Pest  oder  Ofen  zu  bestimmen.^  Klickbichten  auf 
Siebenbürgen,  von  wo  zur  selben  Zeit  uiiiriinstige  Nachrichten 
eintrafen,  bewogen  Maximilian,  dicöeu  Gedanken  zurückzu- 
weisen.^ Maximilian  hatte  inzwischen  sein  Ln£rer  al)Ln'brocben, 
hatte  die  Tlieiss  überschritten  und  war  am  rechten  Ufer  des 
Flusses  gegen  Südwesten  vorgerückt.  In  der  Gegend  von 
Mezö-Keresztes/  wo  er  im  nächsten  Jahre  mit  dem  Heere  des 
Sultans  zusammentreffen  sollte,  hielt  er  still  und  liess  bei  Osege 
eine  Sehitil^rUcke  schlagen,  an  der  1500  Mann  zu  Ross  und 
zu  Fuss  Wache  halten  mussten.    Auch  hier  Terbraohte  er 


1  I^Batlidie  Klagen  biarfllMr  biingt  eins  Zsitnng  am  Kaochan  rem  26.  Sep- 
tember (Hs.  8968,  f.  778X  wo  indes»  die  irrige  MflUang  vorliegt,  dsM 
ifMiiwiiiM«  Yon  RefcomM«  nach  GeoO  geiofen  wlre;  das  beniht  anf  Ver- 
weehfllnng  mit  einer  von  den  Siebenbüigem  auBgefUhrtan  Untentehmung} 

8.  KriegsblntM  S  280. 

*  In  cinom  Ori^'innlliriefe  des  Chrißtof  Wincklhofer  ;in  Philipp  Eduard 
FiifTfirer  ans  Praf^  vom  Ifi.  Snjitiniiber  (R«.  S968,  f.  752)  hebst  mi  ,Seid 
der  Eroberung  [vnnj  Gr.iii  ist  von  uuserii  iiiflits  ftlrg'enoinmen,  und  warten 
jetzo  auf  antwurt,  ub  erzherzog  Maximilian  mit  äoiuem  Inger  icu  inen 
«toeaen  und  Pest  nnd  Ofen  belagern  belfen  welle/ 

'  Zeitungen  ans  dem  oberungariseben  Feldlagw  vom  2ft.  September  nnd 
ans  dem  Lager  bei  Kockem  vom  1.  October,  Rt.  8968,  f.  800  nnd  818, 
gedruckt  in  ^Doenmente  priyit6re  la  iatoria  Bomftnilor,'  8,  243. 

^  Nadbriebten  vom  26.  September,  4.  und  6.  October  in  der  Hb.  8968  dap 
tiren  ana  dem  Foldlaprer  boi  RaretzteH,  Raretzes  oder  Karotze«;  in  jener 
vom  4.  October  hcisst  es:  ,un«er  Srhiflfpruggen  Ober  dif'  Teyssa,  so  ein  Meil 
Weg  vom  Laijor,  ist  bereits  fertig*;  und  in  einer  weiteren  Zeitung  vom 
26,October(H». Ö9t»8,f.868)  wird  berichtot : »ir  kOu.WUrden (haben)den l7.0o- 
lober  h«A  Tidiega  mit  dem  gaasen  banlen  Aber  die  Tbeiis  gesetatp  die  Scbüf  < 
prügln  allda  Tersebanat*  n.  s.  w.  Wenn  nun«  wie  ansonebmen,  die  am 
4.  Oelober  ToUendete  Sebiffbrflcke  identisoh  ist  mit  janer  bei  Taebega  oder 
Cbege  (6^3  Meilen  westoordwestlicb  von  Debroczin),  so  kann  unter  Ka- 
retzes,  soviel  icli  f  ohe,  kein  anderer  Ort  verstanden  worden  als  das  2*/a 
Meilen  nordwestlich  von  Csege  geleg-ene  Mr'/.fj-KoresKte»  (eine  Meile 
östlic  h  von  Me/ö-Kövesd);  da»  Lager  muss  also  zwischen  Mezö-Keresztes 
und  dem  Flusse  geschlagen  worden  sein. 


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676 


wieder  naheaa  zwei  Wochen  unthfttig;  vielleicht  waren  es  Unter- 
handlungen mit  Sigmund  HÄthory  oder  mit  Erzlu  raog  Mathias, 
die  ihn  an  diesen  Ort  fesselten.  Ohne  Zweifel  ist  hier  das 
Schönau'sche  Regiment,  ans  dem  Gruner  Lager  kommend,  sn 
den  Truppen  Maximilians  gestossen^  nnd  vermatlilieli  erwartete 
der  £rsberzog  hier  die  Nachricht  von  dem  Herannahen  der 
7000  Mann^  die  ihm  der  Siebenbfliger  zu  Hilfe  sandte.'  Noch 
ehe  die  letstgenannte  Verstärkung  eintraf,  brach  Mazimiliatt 
auf,  ttberschritt  am  17.  Ootober  die  Schiffbbritcke  and  nftherte 
sich  dem  türkischen  Castell  Sz.  Miklos.' 

Sobald  die  türkische  Besatzung  dieses  Platzes  die  ihr 
drohende  Gefehr  erkannt  hatte^  verliess  ne  ihren  Posten  und 
übergab  das  Castell  den  Flammen,  indem  sie  es  Mairimilian 
ttberUess,  den  Graben  aussuftdien,  den  hohen,  aus  Quadern 
erbauten  Thurm  umzustürzen  und  sich  der  vorhandenen  Vor- 
rftthe  und  der  acht  Feldstücke  zu  bemächtigen.  Noch  während 
Maximilian  mit  dieseu  Dingen  beschäftigt  war,  sandte  er  eioen 
Theil  .SLiiK's  Heeres  —  1000  hussarische  Pferde  und  ebensoviele 
Trabanten,  dnun  3Ü(J  Arkebusiere,  2U0  deutsche  Kru  i  hte  und 
vier  grobe  Geschütze  —  ge^en  Südosten.  Ohne  Schwierii^kcii 
konnte  dieses  Detachement  sieh  der  Castelle  zu  Szarvas,  He- 
kes  und  Erdöhegy  bemttchtig"en.  In  einer  Woche  waren  nicht 
weniger  als  vier  PlHtze  den  Türken  abgenommen  worden; 
gelang  es  noch,  die  Festungen  Gyula  und  Szolnok  zu  bewiil- 
tigen,  dann  war  iu  der  Tliat  ein  grosses  Stück  Landes  den 
Feinden  entrissen  und,  was  unter  den  gegebenen  poHtisehen 
Verhältnissen  besonders  wichtig  scheinen  musste,  es  war  die 
nächste  Verbindungslinie  von  der  Donau  nach  Siebenbürgen 
gewonnen.^  In  der  Hoffnung  auf  die  Unterstützung  der  sieben- 
bürgischen  Truppen,  die  etwa  Kwdlf  Meilen  entfernt  Tor  Eis- 


'  Kriegpahiindel,  8.  264,  284. 

*  Zeitang  ans  Prag  vom  7.  November,  Iis.  8968,  f.  903. 

*  Ha.  8968,  f.  868>  wo  die  StXrke  det  HeerM  mit  8000  Manii  «ngcfeboD 
iit,  und  Ktiegahladal,  8.884. 

*  Die  in  der  Hs.  der  Hofbibliotbek  8968,  f.  868,  900  und  949'  enthaltOMn 
Zeitungen  Uber  die  ThHtigkeit  Maximilians  im  October  1595  stimmen 
überein  mit  Jonen  hei  Franctts,  F.nstonrf latirm  ftlr  das  Jahr  l')'.»ö 
(Ötieve  Nr.  101),  8.  ö7  — 61  (=  Kriepsliäudel,  S.  '284  — 287  (  uml  bei  (  >r- 
telius,  Chronologta  oder  Histurischo  Bescbroibung  .  .  .  (Nürnberg  16o3), 
8. 886f. 


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577 


Jenö  lagen,  glaubte  der  £rzherzog  des  Erfolges  sicher  au  sein, 
und  schon  Hess  er  am  26.  October  Abends  darch  seine  Ge- 
schütze die  üblichen  Freudenschüsse  abgeben.  Aber  seine 
Hoffimngcn  nnron  trügerisch.  Kaum  waren  die  Truppen  vier 
Tage  vor  Szolnok  ^clo^r.n,  als  ihre  Kraft  erlahmte.  Mangel 
an  Qeld  und  an  Proviant^  wie  anch  die  vorgeschrittene  Jahres- 
seit  mochten  die  wichtigsten  Ursachen  der  Unzufriedenheit  sein^ 
die  insbesondere  den  ungarischen  Adel  befiel.  Der  Rttokcugi 
der  also  2u  Ende  October  oder  Anfangs  NoTember  angetreten 
werden  musstei  ging  nicht  ohne  Unfall  von  statten.  Zur  Deckung 
des  Rückens  war  an  der  Schiffbrücke  eine  Nachhut  von  200 
Landsknechten  zurückgelassen  worden;  die  Türken  zu  Szolnok, 
welche  den  Abzug  der  Belagerer  zu  einem  Aus&lle  benützten, 
überfielen  und  vernichteten  sie  und  .hieben  nieder,  was  ihnen 
von  Kranken,  oder  sonstigen  Nachzüglern  in  die  EÜlnde  fiel. 
Ohne  diesen  Streich  zu  riehen,  zog  Maximilian  nach  Norden 
weiter  und  legte  bei  Kaschau  seine  sftchsischen  Reiter  ins 
Winterquartieri  er  selbst  aber  veriiess  Ungani,  am  erst  im 
Sommer  des  nächsten  Jahres  —  diesmal  als  General-Feldoberster 
—  seine  kriegerische  Thätigkeit  wieder  auf'zunehiiien.  Mit  ihm 
werden  auch  die  (Ordensritter,  soferne  sie  w  irldieh  ;in  allen 
Uutoniehmungen  des  Jaines  1695  theilgcnoiumcn  iiatteu,  nach 
Deutschland  zurückgekehrt  sein. 


IV. 

Die  Beform  der  i:>tatuteu  des  DeutöcUeu  Ordens. 

Der  im  Jahre  1593  ausgebrochene  TUrkenkrieg,  der  gleich 
im  ersten  Feldzugsjahre  die  Einberufung  des  Reichstages  noth- 
wendig  machte,  erweckte  im  Reielu-  bri  den  weitesten  Kreisen 
lebhafte  Theilnahme.  Neben  gedruckten  Flugschriften,  welche 
über  einzelne  Ereignisse  vom  Kriegsschauplätze  Nachricht  gaben, 
bemllchtigte  sieh  die  im  Entstehen  begriffene  regelmassige  Be- 
richterstattung der  Hess-  und  Monatsrelationen  des  willkommenen 
Themas,  und  ausser  den  eigentlichen  Berichten  entwickelte  sich 
bald  ein  zweiter  Zweig  der  Türkenliteratur.  Es  hatte  seit  jeher 
nicht  an  gebildeten  Mftnnem  gefehlt,  welche  die  Türkengeiahr 
erkannt  und  mit  der  Feder  ihre  Zeitgenossen  zum  Kampfe  an- 


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578 


gespornt  hatten;  niemals  aber  wurde  eine  solche  Menge  von 
Reden  und  Predigten  wider  den  Erbfeind  gehalten  und  gedruckt 
niemals  herrschte  so  grosser  Eifer,  den  Fürsten  mit  Radisclilägm 
ftber  die  Ix  stcn  Mittel  des  Widerstandes  an  die  Hand  zu  geben, 
als  um  die  Mitte  der  Neunsigerjahre  des  IC.  Jahrhunderts.^ 
Von  besonderer  Wichtigkeit  war  es,  dass  hiebet  aach  altere 
Sckriften  Uber  den  Tttrkenkrieg,  gedrackte  and  ungedracktSy 
abennals  oder  zum  ersten  Male  an  die  Oeffentlichkeit  gesogen 
wurden.'  Diese  literarische  Strömung  brachte  es  mit  sich,  dasB 
auch  das  Project,  den  Deutschen  Orden  zur  Vertheidigung  der 
ungarischen  Grenze  heransusiehen,  wieder  herYorgehok  und 
neuerdings  erörtert  wurde. 

Im  Jahre  1596  wurde  jene  Denkschrift,  welche  Schweudi 
lEwanzig  Jahre  vorher  dem  Reichstage  vorgelegt  hatte,  cum 
ersten  Male  dem  Druck  Ubergeben;  hier*  war^  wie  wir  ge- 
BtAtm  haben,  dem  Deutsehen  Orden  neben  den  Stftnden  der 
österreichischen  Länder  und  neben  jenen  des  Reiches  ein  her- 
vorragender Antheil  an  der  Vertheidigung  zugedacht.'  Zwei 
Jahre  später  gelangten  drei  IvedcD  über  den  TürkLukrieg  zur 
Verüftentlichung,  die  der  Ötrassburger  Kector  Johannes  Sturm 
um  die  Mitte  der  Siebzigerjahre  des  Jaiir liunderts,  aufgefordert 
von  dem  schwäbischen  Landvogte  Georg  Ilsung,  verfasst  und 


*  Stieve,  Briefe  und  Acten  6.  340 ft"..  li;it  «mik- Uoborsicht  dieser  Li teratar 
gegeben.  Von  EinJielschriften  wäre  den  Christian  Kr:vni-ns  .Doliom 
Diogenis  strepitu  «uo  colUiborans  djnastis  bellum  in  Turi^a:»  paraotibas' 
nacbzutragen.  DaM  dieM  Schrift  1694  entstanden  und  erschienen  ist, 
ei^bt  tich  aut  dem  Inhalte  und  aas  einer  Erwibnung  derselben  in  einem 
Briefe  Tom  19.  NoTember  1594,  Bens n er,  Epiatolarum  Tnrdicinim, 
Uber  Xn,  XIII  et  XIV  (FhuiUdrl  1600)^  p.  97.  Abgedruckt  ist  sie  bei 
Rensner,  8electiMiniarum  orationnm  et  consultationmn  de  belle  Turcico, 
vol.  4,  pars  2,  p.  53  ff.,  und  darnach  bei  Conring,  De  bello  eontim 
Turca»  prudenter  gerendo   Hnliiistiidt  1664),  p.  4i;nr. 

'  Die  grOssten  Yerdieuate  bat  »ich  in  dieser  Büziehuug  Nicülaus  Keuäoer 
erworben,  welcher  1695  und  1696  sa  Leipzig  vier  Binde  ,8electi«i* 
mumm  omtiontun  et  oonmltalionwn  de  belle  Turdco*  etseheinen  Um. 
Benfaer  hat  hiemit  einen  Ctodanken  «ugeftthrt,  welchen  schon  dw 
kaiserliche  BiblioUiekar  Hugo  Biotins  gehegt  und  in  einem  tob» 
10  Srptfniber  1576  datirten  Bericlite  an  Kai.Tr  Maximilian  II.  ansge- 
spriH  heu  hatte;  s.  Keusuer,  Epistol&e  Turcic«e,  Uber  Xll,  XUi  et 
XIV,  p.  4. 

*  Reaener,  Seleotiarimamm  cn«tioniim  et  eouniltatioBUB,  vol.  4»  pan  9, 
p.  7Sf.;  Tgl.  oben  S.6Sa. 


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579 


mit  Vorreden  an  den  Kaiser  und  an  die  Knrfürsten  nnd  Fttrsten 
des  Reiches  versehen  hatte.^  Storm,  welcher  Schwendi's  Rath- 
schlag, betreffend  die  Anstellung  eines  Ritterordens,  frtthaeitig 
kennen  gelernt  hatte,'  nahm  zwar  in  seinen  Sermones,  in  denen 
er  sich  ein  noch  höheres  Ziel  gesteckt  hatte,  nicht  eigentlich 
hierauf  Rttcksicht,  aber  er  gedachte  in  der  zweiten  Vorrede 
ausAihrlich  der  Verli;in«llung<'ii,  welche  auf  dem  Regensburger 
Reichstage  von  1Ö7G  über  diesen  Gegenstand  gepflogen  worden 
waren.*  Indess  hatte  schon,  bevor  die  »Scliriften  von  S(  liw  eiidi 
und  Sturm  an  die  OcflentUchkeit  <r<'langten.  der?,ell>e  Gedanke 
an  Johann  Lauterbacli  einen  warmen  Vertreter  gefunden;  in 
einer  im  Jahre  1594  verfaästen  St  lirift,  welche  1595  heraus- 
gegeben lind  schon  im  folgenden  Jahre  wieder  abgedruckt 
wurde,  empfahl  derselbe,  von  den  gemachten  Eroberungen  und 
aus  den  Einkünften  der  Kirchen  einen  Ritterorden  an  der 
Grenze  zu  errichten>  Aehnlich  äusserte  sich  der  herzoglich 
hairische  Rath  Johann  Fickler  in  einem  aus  Anlass  des  Ver- 
lustes Ton  Raab  yerfassten,  an  den  jungen  Herzog  Maximilian 
gerichteten  Qutaehten,  welches  1595  zu  München  im  Drucke 


*  JoMuüs  Sturmii  J)e  bello  adTemu  TarcM  peipetno  administnuado  . . . 
coiDm«iitaiii  a.  aermones  traa ...  ex  recognitioiie  H.  Banane rL  Jena« 

ir>98'.  Zu  der  EntstahiuigsgeKrlncIite  dickes  Werkos  vgl.  die  bei  Reusner, 
Epistolaram  Turcicarum,  Über  IX,  X  et  XI  (Frankfurt  1599),  p.  136  und 
139,  und  über  XII,  XUI  et  XIV,  p.  15,  17  und  24  jredrnckten  Briefe. 
'  öturm  schreibt  an  Heinrich  Rudolf  Thiirinp  am  30.  August  eines  leider 
unbekannten  Jahr^jä:  ,Vidi  consilium  baionis  Schwendii  de  ordinibus 
equestribua  Bhodiorum,  Teutonicorum,  JohannitArum.'  Rousner,  £pU 
stoUiniD  Toroieamm,  Uber  XII,  XUI  et  XIV,  p.  84. 

*  ,aeitiv  quid  de  eqneatri  Tentonioo  ordine  aaperioribna  comifüa  ad  imperii 
ordinea  reUtttm  ^t;  baee  enratio  Um  eaeaari  iDcnmbit;  ut  biiie  erdiai 
Gtaiaa  et  iUa  ▼ieiiulaa  aascribatur;  ut  boram  equitum  Ikcoltates  annuae 
angeantnr  .  .  .  ut  huic  ordini  discipUna  praescribatur  ...  ut  haec  disci- 
plina  bis  milifibiis  iure  et  legibus  confirmelur.   Sttirmii  Sf^rnioncs,  f.  51. 

*  Johannis  Lauterbachii  in  NcMCOwits  ,De  bello  contra  Turca»  siisci- 
piendo  coinnient;itio,  Lipf«iae  1595',  mit  einer  vom  1.  Mäx/.  liiUi  ilatirten 
Vorrede;  ohne  diese  bei  Keusner,  Orat  et  consult  4,  1,  127 flf.  Ueber 
den  Bitteroiden  aagt  Laaterbaoh  8.  79  (Beuaner,  «.«.0,6. 167): 
quid  obatat  quomiana  Tel  de  patria  (Uea:  partia)  bec  bello  bonia  Tel  de 
reditiboa  eccleaiaaticia  aliia,  eommani  principtiin  «ooaeiiaa,  tnatitiiatar  eqni- 
tazn  aaeranun  noTua  ordo  ad  exemplum  Rhodiorum  vel  eoram  qni  divi  Ste- 
phan! nomine  iusigniti  a  Cosmo  II.  Florentiae  duce  sumserunt  initium. 
Iti  iuvenps  nobiles  otio  miixna  diMaerent  baeoqae  militia  contra  barbaroa 
aemper  ezcnbarot. 


680 


erscliien  und  du  i  .lalire  später  neu  aufgelegt  wurde.'  Mit  aus- 
drUcklicher  Berufung  auf  Schwendi  nahm  ein  Unbekannter, 
der  im  Jahre  löI^T  einen  Discnrs  ttber  das  nngarisehe  Kriegs- 
wesen Terfasste,  den  Vorschlag  der  neu  zu  errichteiidcn  Kitter- 
orden auf  -  Achnliche  Gedanken  hatte  wohl  auch  der  Verfasser 
eines  im  folgenden  .Jahre  gedruckten  TractateSy  wenn  er  den 
deutschen  Adel  aufforderte,  lieber  nach  Ungarn  zu  siehen,  an- 
statt nach  Preossen  und  Livland.*  Ebenso  war  m  dem  ^Netten 
Tttrkenbttchlein'  des  Simon  Wolder,  das  schon  im  Jahre  1568 
im  Druck  erschienen  war,  in  den  Jahren  1595  bis  1597  aber 
wiederholte  Abdrucke  erlebte,  des  laylilndischen  OrdensataaSes 
gedacht;  unter  scharfem  Tadel  ihres  epiknrftischen  Lebens  er- 
innerte diese  vielverbreitete  Schrift  die  Ordensritter  an  ihre 
Pflicht,  fUr  den  christtichen  Glauben  zu  streiten.^ 

Bei  so  vielfacher  £rwtthnung  in  publicistischen  Kreisen 
konnte  es  nicht  fehlen,  dass  anch  von  jenen,  die  an  der  Politik 


*  .Klap^rhrifft  (ihnr  dm  lir.chärliSflliclicn  Verlust'  u.  8.  w.  (1595'^  und  ,Trea- 
herzigo  Warnuiigschritit  an  »lie  blüniie  zn  Reg'onfiinirg-'  ^iöi>Ö  —  vg'l. 
Stieve,  Briefe  und  Acten  6,  352,  Anw.  4),  i.  126':  ^t  von  nOtlien,  dasa 
num  dieMlbig«  Stittt  und  Flecken  . . .  mit  neuem  Volk  su  beeetien  und 
gewiiM  Kvigeorden  wie  vor  Zeiten  die  Johanniter,  Tentflckorden  nsd 
andere  mehr  Kriegs-CoUegia  ■nnutelten*  n.  ■.  w. 

*  Joh.  Com.  T.  Friedensbei^  tatS  Wahrtfels,  Discnrs  oder  Bedenken  Tom 
if«t!(i^n  nn?eri<ichpM  Kriegswesen  bei  Ooldaet,  Politiaehe  BeirJuhindel 

(Fratikfurt  H'.U  >  S.  i>h\). 
'  ,lVMctat  oder  kurtze  anzeigung  durch  was  nnttcl  da£)  man  den  Erbfejndt . . . 
8ol  mUgen  bekriegen.*  1696,  ■.  1.  SO  nnpaginirte  Bl.  Unter  der  Ueber- 
•cbriftf  ,IHe  Tom  Adel  helangendt*  werden  nuf  Seite  D  die  HnchtheÜe, 
welche  die  grone  Zahl  der  Adeligen  in  DentMhlnnd  ntr  Folge  hnbe,  gnehil- 
dort  und  wird  vorgeschlagen,  die  Adoli^on  sollten,  8r>vv<>it  nie  es  verdienen, 
,in  Ungarn  fwclclics  eint*  Landscbatt  i-^t,  dariiuio  Milrh  uiidll<«ni^  fleiist  iiiul 
viel  besser  um-li  von  aller  Notturft  überüüssip^er  als  LevlVIandt  «kIit 
Preusson  m'm  inügen,  die  eine  Zuflucht  pflegen  icu  sein  diu»  tüutechea 
Adels)  zu  guten  Qtttem  kommen  auch  Hollen  viel  feiner  Leuth  dienlich 
sa  beachttts-  nnd  boBchirmung  der  Clirialenheit  and  des  rOmiiehen  Beicht 
im  Krieg  gettbt  mit  der  Zeil  ersogen  werden.* 

*  ,New  Tilrkenbüchlin'  .  .  .  dnreh  Simon  Wolder.  1668.  S.  1.  £  16*:  4)ie 
deutschen  Orden  in  Lifland  .  .  .  sollen  ihre  Macht  nach  Anul  irer  ge- 
sflinleten  Stour  (nachdem  ff'w  dann  auch  sf<in«t  fllr  den  christlichen  GlaiiHen 
stu  »troiten  nnd  nit  wie  die  Epicurer  allein  uflf  frem^u  und  sautfen 
fundiert  sein)  zu  den  Muskawitteru,  Poln,  Sachsen  oder  Oe»terrt«ichi»<;heu 
Hnnffen  Minen . . lieber  die  Nnchdmeke  dieier  Schrift  in  den  Jnbren 
1696  bis  1697  a.  Stiere,  Brie«»  nnd  Acten  6,  868,  Anm.  4,  864,  Anm.  6. 


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581 


Antheü  za  nehmen  berufen  waren,  ao£  das  Projeet  des  Ritter- 
ordens znrttckgegriffen  wurde.  Es  waren  Vertreter  protestan- 
tiacher  Stände,  welche  auf  den  beiden  in  den  Jahren  1598  und 
160S  2XL  Regensbnrg  abgehaltenen  Reichstagen  das  Ordens- 
project  zur  Sprache  brachten.  Als  am  17.  Jänner  1598  im  Eor^ 
Alrstenrathe  über  die  Befestigung  Wiens  und  ttber  den  Nachsug 
berathen  wurde,  da  setzten  die  brandenbm*gisclien  Käthe  aus- 
einander, dass  die  Festungen  und  Pässe  besser  besetzt  uud 
das«  hiezn  die  Orüiidung  eines  Ritterordens  in  Angriff  ge- 
nomincn  werden  sollte;  wie  einst  Sehwencii,  rietlien  auch  sie 
zur  Transferirung:  des  Deutschen  Ordens  nach  Ungarn;  fUr  die 
Statuten  möge  man  den  Malteserorden  und  andere  zum  Muster 
nehmen,  bei  der  Aufnahme  der  MitgUeder  aber  sei  der  Religion 
halber  kein  Unterschied  zu  machen.^  Auf  die  Zulassung  der 
Protestanten  legten  aucli  die  kursttchsischen  Vertreter  Gewicht, 
als  sie  am  21.  Mai  1603  bei  Berathnng  der  kaiserlichen  Replik, 
ihre  Mitstände  in  sohGner  patriotischer  Rede  su  einer  higheren 
Hilfe  anspornend,  zum  dauerhaften  Schutze  Ungarns  die  Errich- 
tung eines  Ritterordens  empfahlen;  wenn  man  den  Orden  aus 
Personen  beider  Confessionen  bestehen  lassen  wolle,  dann  werde 
auch  ihr  Herr  das  Seinige  beizutragen  nicht  unterlassen.'  Am 


Mainzor  ReichsLaf^sacten,  Faac.  96"  (Protokoll). 

Mainzer KeiehstajT-HHcteii,  Fase.  97  (Protokoll).  Nachfleni  Trier  und  Köln  74, 
Pfalx  nnr  54  Monate  bewillifrt  hatten,  führte  Sachseu  aus :  dif  Noth 

ia  Ungarn  so  groas  soi,  dsm»  billig  sei,  alle  Privatbe^cbwerden  auf 
8«ite  sn  setaeii  und  dahin  m  tracbteo,  wie  dem  gemeiDeD  Unheil 
mit  Eniat  entgegengegangen  nnd  yoigebant  weiden  kOnne,  k»  ezkennien 
lie  Aeh  flir  fcbnldig,  ihr.  Mt  mit  der  fetneren  begehrten  Hlllf  an  die 
Hand  %a  gehen.  Wollten  nit  dafür  balten,  dass  ein  anfriohtig  deutsch 
Qemitfh  lein  werde,  dem  diese  gemeine  Noth  der  Christenheit  nit  emsdich 
anp^olppen  sein  werde  oder  soin  Vorniügon  dabei  ufzosetzen  [nit]  gemeint 
Hein  werde.  Dati  einmal  fir'u-n  wir  dem  Vaterland  geborn,  Gelt  und  Gut 
UTul  alle»«,  was  wir  haben,  kouime  aus  demselben,  sei  also  billig',  dass 
man  es  xu  Ueschützung  de.s  Vaterlandfl  anwende.  Stellen  es  daheru  dabin 
nnd  seien  ihreneit»  erbötig,  ihr.  Mt  mit  80  Monaten  ku  helfen.  Jedodi 
Milte  Ten  eatraerdinari'Httlfen  abgeseb«!  werden.  Und  dieweil  ihres 
Erechtemi  diesem  Werk  dnrob  ein  solche  Hilf  nit  gnogsam  geholfsn, 
balten  sie  dafür,  dass  man  anf  ein  perpetaram  praesidium,  so  in  Hnngem 
gehalten  werden  machte,  gedacht  sein  müsse.  Sein  hiebeTOr  Ton  einem 
Ritterorden  hol  etruhen  Tagen  allerhand  vor«relotVen,  da  man  den.selben 
nachmals  von  Personen  beiderlei  Religion  anzuordnen  gemeint,  werde 


582 


gleichen  Tage  hatte  sieh  auch  der  Füretenrath  mit  der  Ritter- 
ordensfrage zu  befassen.  Die  Gesandten  von  Pfalz-ZweibrUcken 
hatten  darauf  hingewiesen,  dass  es  nöthig  sei,  dem  Beiche  die 
Last  des  TUrkenkricges  zu  erleichtern,  da  ihm  auch  von  anderer 
Seite  Gefahr  drohe;  für  den  Fall,  als  Friedensverhandlungen, 
die  unter  Zuziehung  fremder  Potentaten  mit  dem  Türken  zu 
fuhren  wären,  kein  Ergebniss  hätten,  schlugen  sie  eine  Reihe 
Yon  Mittehi  vor,  die  geeignet  schienen,  das  Reich  Ton  der  Ver^ 
pflichtnng  der  Tttrkenhilfen  ztt  entlasten,  danmter  auch  die 
AnsteUang  eines  Ritterordens.^ 

Während  die  protestantischen  Stitnde  und  vor  allen  die 
Pfillser  ihrer  Instmction  gemttss  eifrig  auf  diese  Anregangen 
eingingen,'  beobachteten  die  Katholiken  eine  sehr  reserrirte 
Haltung;  sie  erklärten,  für  diesen  FaD  nicht  instmtrt  an  sein, 
sie  wiesen  auf  die  Schwierigkeiten  hin,  denen  das  Project  bei 
den  früheren  Berathangen  begegnet  sei,  oder  sie  gingen  stitt- 


Snchsen  hiozn  das  Seinige  daVjf»!  thnn,  dann  die  Erfahmnp  >  i-hero  j»«- 
goben,  d;«««  «lurch  ilergloirhfii  Rittürordon,  als  nemlich  <\t'r  M  litt-sür  uuü 
Florentiner  lütter,  viel  Guts  %n  gemeiner  Christenheit  \Voltart  bis  jetzo 
Milg«rushtet  woidao.*  —  Ueber  die  lOiiBtigea  Yeritwidlungen  vgl.  Eitler, 
Briefe  und  Acten  1,  888f. 

*  Beidielegsecieii  der  Beichakeiielei,  Fiiae.  7S*,  FOntrarethspratokoll.  IKe 
Mittel  eilldt  1.  einen  Verein  christlicher  Potentaten  su  gründen:  2.  Afi- 
Stelhinpr  Pine!«  Ritterordens;  Ii.  rolonias  dcducirpn;  i.  <-inen  Aufschlag' 
auf  alle  trcmden  Waaren  zu  inachen;  .'».  den  Uobortlt)«"'  .t^^chaffen.  it«io 
Simon  Wolffen  (!)  Fürschlag  imperatori  FeniinanUu  tactum  zu  Werk 
richten/  Der  Protokolbcbreiber  bemerkt  sum  letaten  Punkt:  »qnod  neno 
itttellezif,  ee  ist  aber  nicht  m  beeweifeln,  daae  hiemit  Simon  Woldei'« 
,Neaee  Tflrkenbflelileia*  gemeint  war  (•.  8.  580,  Anm.  4\  welehee,  wie 
die  Vorrede  besagt,  swei  Jahre  tot  dem  ersten  Brecheinen  Feidivand 
im  Concfpt  vor^t-lppt  worden  wnr. 

*  Vg-l.  die  T?i«tructioii  der  piaUischen  Gesandten  bei  Kitter,  Briefe  und 
Acten  1,  l*'i'>.  Auf  Brandenburgs  Anregung  im  Jahre  16^8  erklärte 
Pfalz,  die  impedimenta  konnten  wohl  abgeschafft  werden,  Sachsen  em- 
pfidkli  wenigetena  von  der  Sache  m  redeot  ,oh  «ich*e  thon  lieace,  hitt 
seinen  Weg*.  Im  Jahre  1608  erinnerten  die  pflOsisehen  Hltiie  an  das 
lebhafte  Interesse,  welches  Knrflirst  Friedrich  lU.  an  dem  Proji  ct^'  ire 
nommen  hätte;  , woran  aber  die  Fortsetzung  solchen  Werks  derzeit 
prsitxfn  pobliobpn,  könnten  sie  nit  wissen*.  Die  Hratidf>nhtir<^er  hielten 
es  diesmal  für  gut,  firh  nicht  mit  der  Sachu  auUuhalten,  damit  dem 
kaiserlichen  Cuumiiü>är  nicht  Aula«»  zum  Tripliciren  gegeben  werde. 
Mainaer  Beichstagsacten,  Fase;  06»  und  97.  Ueber  die  Haltung  d«a 
FOnleniathes  vgL  Stleve,  Briefe  nnd  Acten  5»  408,  Anm.  1. 


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583 


schweigend  darüber  hinweg.'  Trotzdem  wurde  beide  Male  in 
die  BescUttsae  des  KuifUrsteDratiies  eine  diesbezOgliohey  freilich 
recht  nnbeatimmt  gehaltene  Erinnerung  an  den  Kaiser  aufge- 
nommen. Im  Jahre  1698  schlosaen  sich  die  ttbrigen  Stände 
dem  Votum  der  Kurfürsten  gänzKch  an.*  Im  Jahre  1603  htn< 
gegen  fiel  die  Replik  der  Stftnde^  betreffend  das  ungarische 
Kriegswesen,  nicht  einheitlich  aus,  indem  sich  die  Räthe  der 
Kurfürsten  und  der  Stildte  weigerten,  der  hohen  Bewilligung 
des  Fflrstenrathes  beizufallen;^  aber  die  Frage  des  Ritterordens 
fand  in  den  getrennten  Gutachten  dennocli  die  gleiche  Erwähnung: 
alle  Stände  ermalmten  den  Kaiser  und  seinen  Stellvertreter, 
das  Ordensproject  behufs  stiindiger  Beschützung  der  ungarischeu 
Grenze  als  letztes  Mittel  im  Auge  zu  behalten.^ 


^  Das  letztere  ^It  von  der  Zweil^rückon'&cbün  Aureguug  im  Fürsten ratbe. 

*  In  der  Stände  ersten  Erkl&rung,  dem  Erzherzoge  Mathias  ttherretcbt  «m 
11.  F«bniar  1598:  ,Be«ehlieHlich60  und  als  auch  von  eiaea  Tb^  dM 
GhuHDiBtenrattis  erwiCbnt,  vi«  au  beharrlicher  Defeiwion  gegen  daa 

wttetterich  Einbrechen  dea  Türggen  nach  teataehar  Nation  der  hievor  in 
anno  76  fUrgeschlagen  nnd  damals  wie  auch  .  .  .  anno  77  zu  Frankfurt 
envog-eno  Ritterorden  .  .  .  wieder  zn  bedenken  und  anzurichten  odor  zum 
wenigsten  von  Mitteln  und  Wegen  prneparatorie  zu  reden,  hätto  man 
sich  doch  andern  Theils,  wtis  derselben  Zeit  Hunderlich  zu  Frankfurt  vor 
inipudtmenta,  warnmb  fruchtbarlich  nit  daau  an  kommen  gewesen,  fftt- 
gelaofen,  auch  erinnert  und  derwegen  weil  solche  impedimenta  noch 
vorhanden  und  es  damals  bei  den  StXnden  nit  angestanden,  aus  Mangel 
Befelchs  sich  darttber  weiter  nit  einzulassen  gewiisst,  insgemein  aber 
dafür  geacht,  ihr©  kni».  Mt.  allerunterthänigst  erinnern,  dass  ftje  hier- 
inucn  eins  cxler  andern  dies  Orts  Gelegenheit  »einer  Zeit  zu  Work  zu 
ziehen  allergnädigst  cindächtig  sein  wollten/  Reichstagsacteu  der  Keichs- 
kanslei,  Faae.  69.  Vgl.  Hiberlin-Senkenberg,  Neueste teutscheReicha- 
geaehichte  «1,  849f. 
>  StieTe,  Briefe  nnd  Acten  6,  640. 

*  ,1^  hi  auch  bei  Berathschlagung  der  kais.  Replik  bedacht  worden,  waa 
hiel>ev()r  hei  weiland  .  .  .  Kaiser  Maximilian  des  andern  Lebzeiten  Wfrr4"n 
Anstellung  eines  Ritterorden  in  der  Cron  llungorn  N'orschläge  geschehen, 
und  nit  vor  undienstlich  erachtet  worden,  wauu  e&  sich  jehe  mit  dem 
turgiachen  Kriegswesen  soweit  verlaufen  sollte,  das  durch  ein  solches 
Mittel  anf  ein  bestlndig  perpetuum  praesidinm  gedacht  werden  mochte, 
wekhaa  sie  doch  allein  ans  unteithllniget  gehorsamater  Wolroeüinng  an* 
geregt  und  es  sunsten  zu  vielhOchstg onannter  kais.  Mt.  und  ihr.  DurchL 
mehr  nnd  hoch  verständigerem  Nachdenken  gestellt  haben  wollen.*  Replik 
der  Stände,  übergeben  am  25.  Mai  1603.  Reichstag^aetan  der  Reichs- 
kanzlei, Fase.  76,  f.  828'.    Vgl.  Häberlin-Öenkenberg  22,  93. 


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584 


Kndolf  wäre  im  Jahre  1598  nicht  »bgeneigt  geveesen,  auf 
die  Anregung  der  Stände  eiiuagehen;  er  erklärte  sich  bereif 
alles  Mögliche  zur  Beförderung  des  Frajectes  aa  thtin,  und 
woUte  gerne  das  Gutachten  der  Stände  darüber  ▼emehmeo, 
wie  das  Werk  aasustellen  wäre  und  wie  die  bisher  bestandenen 
Hindernisse  aus  dem  Wege  geränmt  werden  konnten.^  Anders 
dachte  des  Kaisers  Bruder,  Ersherzog  MatfaiaSy  welcher  sowohl 
1598  als  1603  die  Verhandlungen  des  Beichstages  als  katser 
lieber  Commissär  au  leiten  hatte  und  in  unmittelbarem  Verkehr 
mit  den  Ständen  eher  Gelegenheit  fand,  die  Aussiebten  des 
Projectes  richtig  zu  beurtheilen.  Er  erblickte  in  den  Antrlgeo 
zur  Errichtung  eines  Ritterordens  dne  Gefahr  fHar  die  kaÄo- 
lischen  Stünde;  denn  die  Proteetanten  würden  sich  mit  dem 
Deutschen  Drden  nicht  gentigen  lassen,  sie  würden  auch  andere 
geistliche  Güter  zu  ilerasell)en  Zwecke  verwundet  wissen  wollen, 
solche  Pläne  aber  hätten,  wie  Mathias  wohl  mit  Recht  voraus- 
sagen konnte,  eine  neue  Quelle  des  confessionellen  Haders  und 
ein  ITt'nininiss  für  den  Gang  der  ReichstajLrsverhandlungen 
werden  nuisbcn.  Indem  Mathias  in  diesem  Sinne  an  Rudolf 
berichtete,"  versiclirrlr  er  die  Stünde  mit  uuverbindliclien 
Worten,  dass  der  Kaisur  ihrer  f^utlu  rzijjon  Erinnerung'  cinjre- 
denk  sein  -wolle,  und  dass  er  es,  wenn  etwas  Fnielitbares 
gethan  werden  könne,  an  seiner  Interposition  und  Zuthuung 
nicht  ermangeln  lassen  werde.'  Von  seiner  Absicht,  eine  weitere 
Erörterung  des  Gegenstandes  zu  verhindern,  Hess  sicli  der  Erz- 
herzog auch  dann  nicht  ablenken,  als  die  Stände  in  ihrer  Da* 
plik  hierauf  zurückkamen  und  ihrer  Ueberzeugung  von  der 
Nützlichkeit  des  Projectes  erneuten  Ausdruck  gaben;*  mit 


>  Rudolf  «n  UatfaiM,  98.  Febnur  i59d.  Beiehstignetaik  der  Wetchskswritf, 

fasc.  69. 

»  Matliia«  an  Rndolf,  2.  März  1598,  ebonda, 

•  Koplik  des  Erzlifr/oß^s  vom  26.  Februar  16ü8.    Mainaör  Keichtsa^sacten, 
Fase.  95\    Vgl.  Hüberlein-Senkouberg  21,  262. 

*  Duptik  der  Stände»  abemicht  am  14.  Ifln  1698:  Jhm  «neb  ihre  kai«. 
Mi.  ▼on  wegen  Anstellung  einei  Bittefofdene  der  Sttnde  gutbeniger 
BrinneniBg  wollen  <ängedeiik  0^  da  trigt  nuin  keinen  Zweifel,  all> 
dicwei]  da  deavelbe  frncbtbnrlieb  angeeteUt  worden  n>llle>  gar  ein  nütz 
Ikh  Werk  .«ein  nm\  ihrer  Mt ,  nnch  fr'inzcm  Wesen  go^on  den  Erbfeind 
gemeiner  Cliristeiiheit  zu  p-utem  Nutzen  orsprießen  knnntp,  deme  ihre 
Mt.,  wie  eä  frucbtbArlich  ins  Werk  zu  stellen,  allergnädi^t  temer  nach- 
zudenken wissen  wird.*   Mainaer  Beicbatagsacten,  Fase.  94,  f.  S35. 


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585 


einem  kunen  Hinweise  auf  seioe  frühere  Antwort  erklärte  er 
die  Sache  diesmal  für  abgcthan.^  Ks  war  reine  Formalitut, 
wenn  auch  in  dem  Reichstagsabschied  das  Versprechen,  der 
Kaiser  wolle  der  Sache  eingedenk  sein,  Aufnahme  fand.' 
Trotz  dieser  Zusage  wurde  in  den  folgenden  Jahren,  soviel  wir 
sehen,  nicht  der  mindeste  Schritt  untcrnoramen,  um  das  Projcct 
zu  fördern.  Und  als  im  Jahre  1603  die  Stände  von  N«  uom 
denselben  Gedanken  anre^rten,  du  liiip  Matliias  gar  kein  ]5e- 
denkeu  mehr,  ihn  in  elxnso  (»briHiiclilicher  Weise  abziitliim 
wie  fünf  Jahre  vorher,  ind^'in  er  sowolil  in  seiner  Triplik  als 
im  Reichsaböchied  das  leere  Versprechen  wiederholte,  dass  es 
der  Kaiser  gegebenenfalls  an  seiner  Beförderung  nicht  fehlen 
lassen  werde.  ^ 

Sicher  wÄre  es  auch  diesmal  bt  i  dem  leeren  Versprechen 
geblieben,  wenn  nicht  die  schlimme  Wendung  der  Dinge,  die 
sich  im  Jahre  1604  in  UDgam  einstellte,  dem  Kaiser  nabe- 
gelegt hätte  y  nun  seinerseitB  einen  Versuch  mit  dem  vielbe- 
sprochenen  Ordensproject  au  machen,  dessen  Ausfllhrung  ihm 
in  der  allgemeinen  Verwirrung  wie  ein  letzter  Nothanker  er- 
scheinen mochte.  Zu  der  Erhebung  Boczkay's  gesellte  sich 
die  schwierige  finanzielle  Lage ;  die  Reichshilfe  war  verbraucht, 
was  die  Kreise  oder  auslilndische  Für.sten  gewährten,  fiel  kaum 
in  die  Wagschale,  die  Soldaten  waren  unbesoldet  und  der 
iSIeuterei  nahe.  In  dieser  verzweitiungsvollen  Lage  fiel  der 
gemUthskranke  Kaiser  auf  den  (J (danken,  die  reichslVeie 
Bitterschaft  zur  Theiluahme  an  dem  ungarischen  Kriege  zu  be- 


*  Triplik  des  kntg.  Comiuisäärs  iu  puncto  contributionis,  übergeben  am 
18.  Män  1698:  »Wegen  Anstollunp  eines  Bitterordens  in  Hangern  wider 
den  TttAen  haben  die  Stfude  ilire  Mt  Meinung  und  Erpieten  vu  der 
Replik  gennngMoib  ▼enHanden,  dabei  es  ihre  Aretl.  Dnrehl,  tot  dieemsl 

beruhen  lassen.*    Mainzer  Beichstagflacten,  Faso.  94, 
«  HKber  lin-Senkenherg  21,  311,  §  4«. 

•  Kais.  Triplik  und  St  hlussscbrift,  27.  Mai  1003:  ,Von  Anricbtung  eines 
Ritterordens  wider  den  Türken  wisHcn  iliro  k.nis.  Mt.  w.is  fflr  diesem  bei 
anderen  Reichstagen  fUrkouimen,  auch  whh  für  Dii'HculUiten  dagegen  im 
W !•;,'«:  gestanden,  sich  wol  zu  entsinnen,  wollen  aber  der  Reichastäude 
itsiger  gutherziger  Erinnerung  ingedenk  sein  und  da  etWM  frvchtbar- 
liches  hieron  kflnfUg  angestellt  werden  kann,  an  mOglieher  Znihuung 
nnd.  Befilidemng  nichti  erwinden  laaeen.*  Beiehetagineten  der  Beiehe- 
kanzlei,  Fase.  7ß,  f.  8.14.  Reichstagsabschied  §  14  bei  LUnig,  CSorpvs 
iorU  iniUUris  1,  366  und  Häberlin-Senkenberg  S2,  180. 


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586 


weg«D.  Dm  Bedenken^  welches  auf  empfimgenen  Befehl  ein 
mit  den  deutsehen  und  ungeriachen  Verhiiltiiiaaea  Tertranter 
Mahh  im  Laufe  des  Jahres  1605  hierQber  dem  Kaiser  er 
stattete,*  lässt  deutlich  den  Zusammenhang  mit  dem  Pftgecte 
des  Bitterordens  erkennen.  Der  Verfasser  des  Bedenkens  Hess 
jedoch  den  Deutschen  Orden  aus  dem  Spiele;  er  empfidil^  sich 
direct  an  die  Bitterschaften  in  Schwaben,  Franken  und  den 
Rheinlanden  zu  wenden  und  diese  sur  TheHnahme  am  Feldzuge 
aufisufordem.  Eine  bestimmte  Gegend  in  Ungarn,  zunächst 
etwa  der  Strich  von  Toksj  bis  SeatmAr,  sollte  den  Rrttem  zur 
Vertheidigung  und  zum  Unterhalt  zugewiesen  werden.  In 
Tokaj  möge  man  unter  dem  Scheine  eines  Winterlagers  die 
Sachü  in  der  Weise  beg-innen,  dass  neben  den  11)00  Pferden 
der  Ritterschaft  600  Haiduken  und  3(X)  Knechte  erhalten 
würden;  es  sei  zu  hoffen,  dasa  viele  Kitter  sich  zu  dauernder 
Niederlassung  in  T'Ugam  und  Siebenbürgen  entschliessen  würden, 
und  da&s  auf  diese  Art  endlieh  der  lange  betriebene  Ritter- 
orden sicli  ins  Werk  sitzen  lassen  werde.  I^duifs  besserer 
finanzieller  Iiefrrtln<lun<r  und  um  den  ausfredientcn  Rittern  und 
sonstigen  Kriegern  einen  Zufluchtsort  für  das  Alter  zu  sichern, 
war  die  Zuweisung  der  Stadt  Donauwörth  an  den  zu  gründen- 
den Orden  in  Aussicht  genommen.* 

Die  Kraft  der  kaiserlichen  Regierung  war  indess  so  voll- 
ständig lahmgelegt,  dass  es,  selbst  wenn  Rudolf  sich  ent- 
schlossen hutte,  den  Rathschlligen  des  Gutachtens  zu  folgen, 
gewiss  niclit  zur  Ausführung  des  Projectes  gekommen  wäre.  So 
scheiterten  alle  Versuche^  den  Gedanken  Schwendi's  ins  Werk 
zu  setzen,  nicht  so  sehr  an  dem  Widerstande  des  Deutschen 
Ordens^  als  an  dem  Mangel  entschlossener  Initiative  Ton  Seiten 
des  Kaisers  und  an  den  BeAlrchtungen,  welche  die  katholi- 
schen Stunde  Tor  einem  Plane  hegten,  der  seine  eifiigsten 
Freunde  in  dem  protestantischen  Lsger  hatte  und  bei  dessen 


'  Gedruckt  bei  Goldast,  Politische  Reichsh&ndel  672,  nnterseichnet:  ,Ge- 
boiMuniler  edler  Knecht  N.  von  N.,*  am  Bude  die  JahfnBhiwwnhimBg 
1606. 

'  Da  das  Datum  des  Bedenkens  nicht  bekannt  ist,  ntuss  ddilngeitollt 
bleiben,  ob  dasselbe  auf  die  im  Sommer  1605  befriinmndo  Artion  pepen 
die  Reichsstadt  Donnnw«rth  fam  9.  Juli  ere-iiijr  das  erst<»  F"'nalmandat 
in  die^or  Sai^lio.  Stil.^v0,  Der  Kampf  um  DouauwOrtb,  ö.  4G,  Anm.  2) 
▼ou  Eioduss  geweüeu  mL 


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587 


DareUÜhniiig  ihre  eigenen  Gilter  schwerlich  venchont  geblieben 
'W&ren.  Von  entseheidendem  EinfluBs  war  es  endlich,  dass  anch 
MaTimilian,  der  bei  seiner  Aufnahme  in  den  Orden  selbst  sa 
den  Anhängern  des  Tnmslationsprojeetes  geh(}rt  hatte,  ^  im 
Xiaufe  der  Zeit  zn  einer  anderen  Auffassung  gekommen  war. 

Der  Erzherzog,  der  sich  durch  seinen  Feldzug  gegen 
Petrinia  einen  guLeu  XaiiK-ri  gemacht  hatte-  und  in  den  folgen- 
den Jahren  wiederholt  den  Oberbefehl  in  Ungarn  führte,  war 
in  dieser  Stellung  befähigt  und  bemfen,  die  allgemeinen  Be- 
durfnisse des  uugarisehen  Knegsneaeiis  ms  Auge  zu  fassen  und 
seine  Erlahningen  und  liatlischläge  dem  Kaiser  bekanntzU' 
geben.  Als  es  sich  um  die  Vorbereitungen  des  Reichstages 
von  1598  handelte,  Hess  er  tlber  Aufforderung  Kudol&  eine 
ausführiiehe  Denkschrift  Uber  den  Krieg  in  Ungarn  Terfiusseni 
welche,  auf  mehrjährige  Erfahrung  begründet^  nicht  nur  für 
die  nttchste  Zeit  Torsorgte,  sondern  das  ganae  System  der 
Kriegfiihning  in  die  Erörterung  einbezog;'  es  kann  kein  Zufidl 
sein,  dass  des  Ordensprojectes  hier  mit  keinem  Worte  gedacht 
ist  Die  bessere  Kenntniss  der  ungarischen  Yerhfiltnisse  hatte 
wohl  Maximilian  selbst  Ton  den  Schwierigkeiten  tiberzeugt,  die 
einer  Verwendung  des  Deutschen  Ordens  auf  diesem  Boden 
entgegensüinden.  Die  iicianzieliuug  eines  kriegstüchtig eu,  dem 
KliniH  gewachsenen  Heeres,*  das  der  Feldherr  das  ganze  Jahr 
hindureii  völlig  in  der  Hand  halben  müsse  und  zu  jeder  Unter- 
nehmung gebrauchen  könne,  erschien  ihm  als  das  oberste  Be- 
dtirfniss;  wie  sehr  die  Kitter  seines  Ordens  den  verderblichen 
Wirkungen  der  ungarischen  Luft  ausgesetzt  waren,  hatte  er 
vor  Petrinia  erfahren;  wie  gefkhrlich  es  gewesen  wäre,  dem 


1  a  »iM&  a  6fto. 

*  Vgl.  Bnissius  Scotus,  ConsUimn  de  bello  adv.  Turcos  gerendo  (ge- 
Bchrieben  1694/96)  bei  Reusner,  Orat.  et  consult.  de  bollo  Türe. 
4,  2,  107  und  den  Discorso  sopr«  la  prewnte  guerra  d'Uugaria  (a.  d.  J. 
1596^  im  To.^nro  politico  3,  109. 

■  Maximilian  nebst  seinen  Käthen  au  Rudolf,  13.  November  löiJ?.  Heichs- 
tagsacten  der  Reichakanzlei,  Faso.  67*  (vgl.  StieTe,  Briefe  und  Aeton 
6,  868,  Anm.  2).  Der  wiehtigtte  Punkt  dieses  für  die  KeDotolie  der 
wfariwbeii  YeiUltaiiMe  aelir  wertfaYoUen  Onteehteoe  ist  wolil  das  Ver- 
langea  nadi  «Wiateriiilfea'. 

*  Lothringer  und  Wallonen  halten  naeh  Marinrilianw  Gntnchton  die  Luft 
nicht  aus,  am  wenigsten  aber  die  Italiener}  deeiialb  solle  Florens  statt 
der  Leute  Gold  beisteuern. 

▲rcbiT.  Lim.  Bd.  11.  Hilft«.  88 


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588 


Orden  die  Verth eidigang  einer  einzelnen  Festung  ansuver- 
tranen,  seigte  der  ganae  Verlauf  des  Krieges;  weigerten  sich 
doch  auch  einzelne  Re;]rimcnter,  in  Besatsoiigen  gele;^  xa 
werden,  weil  hier  die  Gefahr  weit  grösser  war  als  im  freien 
Felde.*  £b  entsprach  jedenCalls  auch  dem  Standpunkte  des 
Hochmeisters,  wenn  der  Gesandtei  welcher  im  Jahre  160B  den 
Deutschen  Orden  auf  dem  Reichstage  an  Tertreten  hatte^  die 
Instmetion  erhielt,  sich  gegenüber  der  neuerlichen  Anregung 
des  Traoslationsprojectes  ablehnend  au  yerhalten;'  die  Zu* 
Stimmung  des  Ordens  sollte  Ton  denselben  Bedingungen  ab- 
hängig gemacht  werden,  welche  einst  Heinrich  yon  Bobenhausen 
gestellt  hatte,  Bedingangen,  an  deren  ErftÜlharkeit  die  Ordens- 
mitglieder jetst  ebensowenig  glauben  konnten  wie  einst. 

Dem  Plane,  den  Orden  ak  solchen  auf  dem  ungarischen 
Kriegsschauplatze  zu  verwenden;  stellte  sich  somit  Maximilian 
so  gut  entgegen  wie  sein  Vorgänger.  Aber  dies  hinderte  ihn 
nicht,  aQ  die  Heran/ieliung  der  einzelnen  Mitglieder  des  Ordens 
zur  Thtiiualiiiu;  am  Tiirkenkriegc  zu  denken,  in  einer  Weise, 
welche  der  ursprünglichen  Bestimmung  des  Ordens  genügte 
und  gleichzeitig  den  gegebenen  VerhiÜt  nissen  Rechnung  zu 
tragen  gestiittcte.  Vor  Beginn  des  Htüchstages  von  1603  legte 
Maximilian  dem  Comthnr  und  Kanzler  zu  MergciithLim  seine 
diesbezüglichen  Absichten  dar.    Seine  Meinung  war,  ,dasa  die 


*  In  dem  ohen  erwfihnten  Gutachten  fordert  MAximilinn.  jef»llcbes  Roeiment 
»olle  eich  »u  »Uou  Unteriielimnnj»en  g^ebraucheu  lassen,  in«  1.-  u  ierc 
dürfe  siuh  keines,  wie  die«  häutig  vorkomme,  weigern,  in  Bebauung  ge- 
legt m  werdsiL, 

*  Inrtractioii  dM  Comfliitn»  Kaulen  und  dar  Bithe  ni  UoffentlMim  flir 
Johami  Jakob  Haioldt,  80.  M li  1608.  4)en  nmeii  Kitterordaii  batnCoid, 
im  Fmll  weiters  darvon  geredt  and  dtt  littarlicb  Teutschorden  darunder 

pomeint  sein  infU-hte,  habt  ler  pupt  votnm  mit  Kürz  dnliin  zu  richten, 
man  fTiTtnert  sich  Ordens  wegen  der  l'un  iation.  war  auch  je  und  alwegeu 
der  Wuu&ch  dahin  gericht,  das  mau  viel  Mazes  schaffen  und  Terrichten 
machte,  hätte  an  guetem  geneigten  WUlen  nidits  gemanglet,  da  da«  Un- 
fem9gtn  niebt  «n  Weg  gelegen.  Im  IUI  aber  der  Oiden  widenunb 
reetitaiert  nnd  wm  ihm  abgemonraiea,  ^ngemunbinad  «ader  Mittel  vumI 
Wag,  so  anno  Chrürti  76  und  77  Torgesehlagen,  richtig  gomadi^  wllida 
der  Orden  das  Seinig,  wie  gering  es  gleich  ist,  dabei  auch  gern  aof- 
setzen  und  an  ihm  nichts  ermanglen  lassen.  \V<»)ltt>n  euch  derentwegen 
auf  vorige  anno  Christi  77  bei  dem  Deput-atiouaLiic  zu  Frsnkfnrt  be- 
sehene Anerbieten  referiert  und  gesogen  haben.'  Deutsch-Ordeuü-Arclüv, 
IfU.  IST. 


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689 


jungen  ungezogenen  nnd  zur  Hanshaltiuig  untauglichen  Ordens- 
brüder za  mehrer  ihrer  Bändigung  und  Erfahrenheit  sollen 
ausgestaffiert,  wider  den  Erbfeind  chrisdichen  Kamens  in  Tin- 
gern  fortgeschickt  nnd  angeführt  und  etwa  bei  solchen  Obristen 
und  Befehlichhabcrn  unterbracht  und  emstlich  comineiidirt 
(werden),  dass  sie  wohl  im  Zwang  und  sorgftlltiger  Aufacht 
gehalten  werden  und  also  künftig  unserm  Orden  nnd  ilinen 
selbst  zu  Elir  und  Nutz  gedeihen  mögen^^  riiiicre  Acusserun- 
gen,  auf  die  sieh  der  Erzherzog  liieljei  lierief,^  sind  uns  uielit 
bekannt,  a]>er  auch  die  vorliegende  reicht  aus,  um  seine  Ab- 
sichten zu  verstehen.  Der  junge  Ritter  sollte  sich  im  Dienste 
wider  den  Erbfeind  erproben^  er  sollte  eine  militärische  Schu- 
lang  durchmachen,  die  ihn  befuhinrcn  würde,  spUter  als  An- 
fllhrer  TtLchtiges  zu  leisten;  durch  aJimfllige  Ersiehung  der 
Ordensritter  konnte  dem  ungarischen  Kriegswesen  ein  weit 
besserer  Dienst  erwiesen  werden,  als  wenn  eine  ganse  Schaar 
Ton  Rittern  auf  einmal  den  Gefahren  des  Tttrkenkrieges  aus- 
gesetzt und  der  Bestand  des  Ordens  von  dem  ungewissen  Aus- 
gang eines  Feldzuges  oder  einer  Belagerung  abhängig  gemacht 
wurde.  Erst  wenn  der  Orden  eine  genügende  Anzahl  im 
Kriep^e  gescliulter  Kriifte  herangezogen  hatte,  erst  dann  konnte 
un  die  AusfiUirung  weiter  gehender  Pläne,  an  die  Uebernalimo 
einer  einzelnen  Festung  oder  eines  ganzen  Grenzabschuittes 
in  den  Schutz  des  Ordens  «rf-^cli ritten  werden. 

Um  diese  Absichten  durchzusetzen,  bedurfte  es,  wio 
Maximilian  bald  genug  erkennen  musstc,  einer  grUndUcheu 
Reform  der  Ordensstatuten,  die  zu  den  Verhältnissen  des 
Ordens  olmehin  nicht  mehr  passten.  Als  Grundlage  fUr  das 
Leben  der  Deutschordensritter  mussto  um  1600  noch  jene 
Fassung  des  Ordensbuches  gelten,  welche  unter  dem  Hoch- 
meister  Conrad  von  Erlichshausen  im  Jahre  1443  auf  einem 
GhroBBcapitel  zu  Marienburg  festgesetzt  worden  war.'  Indess 


'  Hbudmilian  an  Cointhur  und  Kau/Jer  i&u  Mergentheim,  10.  Miirz  1603. 

Eztr.  I>eat8ch-Ordei»ArebiT,  IGl.  137. 
*  JOarbei  wir  daa  nochmals  auf  nnsarer  Torigen  Ueuiiuig  ginslielt  be- 

rnheii.* 

'  Hennig,  Die  Statuten  des  Deatschen  Ordens  (Königsberg  1806),  hat  das 
im  Staatsizeliive  xu  Königsberg  boHndliehe  Ortg* -Exeoiplar  des  Ordens- 
buches von  1448  «bgedrackt.  Eine  ZusamnieiuteUang  Ton  HandachnAea 

89» 


590 


war  es  im  Jahre  1442  nicht  etwa  zn  einer  Nengestaltimg  der 
Statuten  gekommen,  man  hatte  sich  vielmehr  auch  damals  mit 
einer  endgiltigen  Redaction  des  von  altersher  Uehemommenen 
hegnttgt.  So  reichten  die  einaelnen  BestandtheQe  jenes  Ordens- 
buches,  das  bis  1606  in  Kraft  stand,  in  weit  Altere  Zeit,  ja 
cum  guten  Theil  bis  in  die  Entstehtmgszeit  des  Ordens  zurftck. 
Die  Regeln,  die  Gewohnheiten  nnd  ein  Theil  der  Qesetie 
hatten  sich  in  jener  Form  erhalten,  die  ihnen  um  die  Mitte  des 
13.  Jahrhunderts  gegeben  worden  war;  hiesu  waren  noch  die 
Bestini  Duingen  einzelner  Hochmeister  und  Capitel  aus  dem 
Ende  des  13.  und  aus  dem  14.  und  15.  JahrVmndert  gefügt 
worden.*  Seit  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  uud  vollends  seit 
der  Losreissung  Pn  ussens  war  diese  gesetzgeberische  Thätig- 
keit  in  Stilktand  gerathen.  Das  ( )rdensbuch  von  1442  enthielt 
demnacli  Vieles,  was  auf  die  neuen  Verhältnisse  keine  Anwen- 
dung mehr  änden  konnte,  und  es  Hess  alle  Fragen  offen,  die 
sich  aus  diesen  entwickelt  hatten. 

Das  Reformwerk,  welches  sich  unter  solchen  TTmstMnden 
nh  TiothweTidi<^  liernusptellte,  leitete  Maximilian  durch  eine  sorg- 
fältige Beratliuiig-  iniicrhalh  des  Ordens  ein.  Nachdem  er  mit 
Hilfe  erfahrener  Ordensraitglieder  mit  grosser  Mühe  einen  £nt~ 
wurf  des  Ordensbuches  zustande  gebracht  hatte,'  Hess  er  den- 
selben vorerst  zu  Cöln,  Ulm,  Mergentheira  und  Innsbruck 
durch  Abgeordnete  der  betreffenden  ßalleien  getrennt  berathen, 
um  ihn  dann  einem  für  den  27.  Februar  1606  nach  Mergentheim 
berufenen  Grosscapitel  zur  endgiltigen  Beschlussfassung 


dieses  aehr  verbreiteten  Ordensbucbes  gibt  Perlbach,  Die  Statuten  des 
Dentichen  Ordens  (Hülle  1890),  Einleitung  S.  XXIX. 
^  7gl.  Perlbach  a.  a.  O.  und  desselben  »Beitrlge  snr  Kritik  der  iHerten 
DeutRchordensstatnten'  in  den  .Historisdien  Aofiltien,  dem  Andenken  an 

Georg  W&its  gewidmet*,  837  ff. 
•  Zn  dfnen,  deren  Rath  MaximiHnn  hiobei  benützte,  gehOrte  der  Ordens- 
priö-HttT  und  Vfarrer  Mathias  Marquard,  der  ira  Jahro  15S5  bei  Maximi- 
lians Einkleidung  zugegen  gewesen  war  (s.  oben  S.  545/,  und  den  er  in 
einem  Sehveibmi  Tom  8.  Jinner  ICNX  anffovderte,  ToreckKg«  fltr  die 
beabsichtigte  Beform  ra  machen,  insbesondere  in  Betreff  der  Wahl  eines 
Dentaehmdslen.  Ich  verdanke  die  Kenntniss  dieses  im  ltottfialt««i> 
arcbive  zu  Innsbruck  lieigenden  Briefes  Henm  Prof.  Hirn.  Ira  Uebrigen 
sind  die  auf  di»»  <>rr1en8angel"tT"iihoiten  bezflglirhen  Acten  Maxiniilianjt, 
wie  nur  Prof.  Hirn  frenndlic)i><t  niittheilt,  bald  nach  dessen  Tode  aas 
dem  innsbrucker  Archive  ausgehoben  worden. 


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591 


legen.  Durch  den  am  7.  Män  daselbst  erfolgten  Abschied  sind 
die  Maximilianischen  Ordensstataten,  welche  bis  in  unser  Jahr^ 
hundert  in  Geltang  blieben,  aum  Beschluss  erhoben  worden.^ 

Der  erste  Theü  dieser  Statuten  im  weiteren  Sinne  ent- 
hält die  Regeln  und  bezieht  sich  auf  die  geistlichen  Verpflich- 
tungen der  Ordensmitglieder,  auf  ihre  Gelttbde,  Gebete  und 
gottesdienstlichen  Haüdlungen  und  auf  die  Einschränkung  ihrer 
weltlichen  Freuden.  Iiier  lehnen  sieh  die  iiestimniungen  von 
160G  überall  an  das  ältere  Ordcü^lmch  an,  indt-ni  sie  die  ein- 
schliigigtiu  l*urtion  demselben  in  mehr  oder  weniger  geänderter 
Form  wiedergeben.*  Selb&tötilndiger  erweist  sieh  der  zweite 
Theil,  der  unter  dem  besonderen  Titel  der  Statuten  die  äusseren 
Verhältnisse  der  Ordensmitglieder  behandelt.*  Hier  war  der 
Plata,  wo  Maximilian  seine  Absichten  botreffend  die  Verpflicli- 
tung  der  Ordensmitglieder  zum  Ttlrkenkriege  verwirklichen 
konnte:  ein  eigenes,  ausrüln-lielies  Capitel  wurde  der  Frage 
gewidmet  und  umsichtig  wurden  alle  au  einer  firuchtbringenden 
Durchflihrung  nothwendigen  Massregeln  YOrgesehen. 

Unter  Hinweis  auf  das  infolge  der  Unthtttigkeit  gesunkene 
Ansehen  des  Ordens  war  im  Eingange  die  Nothwendigkeit  her- 
vorgehoben, die  Ritter  im  Krieg  und  im  Herrendienst  au  ttben 
und  ihnen  die  Eenntniss  fremder  Länder  und  Sprachen  zu 
verschaffen,  damit  es  dereinst,  wenn  der  Orden  durch  Ver- 
besserung seiner  Mittel  in  die  Lage  käme,  etwas  Nandiaft«,'S 
zu  unternehmen,  nicht  an  erfahrenen  Mänueru  fehle.  Zur  Er- 
reichung dieses  Zieles  wurde  bestimmt,  dass  jeder  Ritter  drei 


^  Handlung  und  Abadiiod  dw  Clen.-CspitnU  wa  Metfentfaeimb«  den  7.  Min 
1606.  Dentoch-Ordens-Arcliiv,  Groa>-Ca]»itnlnna  Bd.  71.  Vgl.  Voigt, 
Geschichte  des  Deutschen  Ritterordens  2,  28^flf.  —  Gedruckt  sind  die 

Statntfn  von  IGüR  bei  Lünifr,  Spicilep'im  ocl.  1,  49 ff.,  und  Elben, 
8amiiiliin},'fn  für  die  (ifsiliichte  de»  llorh-  und  Tcut«r!imei»tfitlinin8. 
Erst.'s  Stärk.  Tiil)ii<p;»'ii  iTö.»,  S.  Uff.;  dann  von  Uuth  ini  Corre^Jponden«- 
blau  duH  Guttuiiuiiiveretues  1»»8,  S.  IGff.,  uud  Tou  Kduig  im  Freiburger 
IHBceMuuurebiTe  16,  Uff.  Das  Orig.'Statatenbaeh  von  1606  beBndet 
sich  in  der  kgl.  PriTathibliothek  sn  Stuttgart,  «.  Petteo egg.  Die  Ur- 
kunden de«  DeutMsh-Ordenft-CentraloAichiTe  sn  Wien  1,  Einl.  XI. 

'  Die  genaueste  Ut  bcreinetimnitin^'  zeigen  Cap.  13—15  der  neuen  Stallten 
mit  dem  alten  Wortlaute;  vgl.  mit  Elben,  8.  21  f.,  rerlbach  n.  n.  (>., 
Gisetze,  Cap. '-'2,  1'4  und  2  {-=  Hennig,  Gesetze,  Cap.  2/1,  "J."»  und  3). 

*  Da«  Aufuahiiierilual  in  Cap.  t,  Elben  S  .'H  ff.,  deckt  sich  uaturgemäss 
mit  dem  alten,  vgl.  Perlbach  121)1.  uud  iienuig  207ff. 


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593 


Jmbre  laog  auf  einem  UDgarischen  Greuzhaose  oder  anderwärts 
mit  zwei  Pferden  wider  die  Ungläubigen  dienen  s<^e;  diese 
Pflicht  der  ^Residcne'  sollte  nicht  auf  einmal  abgedient  werden 
müssen,  es  wurde  gestattet,  sie  in  ganze^  halbe  oder  Viertel- 
jabre,  ja  selbst  in  Monate  zn  zertheilen;  der  Bitter  sollte  sich 
während  dieser  Zeit  als  tttchtiger  Kriegsmann  bewähren,  dem 
Orden  Ehre  machen  und  nach  BefeÜshaberstellen  trachten; 
an  einem  während  der  Residenzzeit  ausbrechenden  Feldzuge 
sollte  er  unbedingt  theilzunehmen  rerpflichtet  sein.  Für  ge- 
wöhnlich sei  ihm  ron  Seiten  des  Ordens  ein  monatlicher  Untei^ 
halt  yon  20  Gniden  zu  reichen;  überdies  wurden  zum  Anzug 
100,  zum  Abzut;  50  und  für  den  Fall  eines  Feldzugts  zur 
Ausrüstung  dem  Berittenen  nochmals  100,  dem  zu  Fuss  Dienen- 
den 00  Gulden  bcwillij]ft.  Erst  nneh  Vollendunf;:  seiner  Resi- 
denzptlicht  küimc  ein  L'itt<'r  zu  einer  Comthuroi  zugelassen  und 
nur  jenem  dürfe  eine  l'.rlcicliterung  oder  pnnzliehc  Nachsicht 
der  ResidenzpBieht  gewährt  weiden,  der  ficlinu  vor  seiner  Auf- 
uahnie  in  den  Orden  iih  Kittnieister  oder  Hauptmann  in  Ungarn 
oder  audeibwu  wider  die  Tlnfflaubigen  gedient  habe.*  Zur 
Unterhaltung  der  auf  der  (iienze  dienenden  jungeu  Ritter- 
schaft solle  jeder  Landeomthur  je  nach  den  Verhiiltnissen 
geiner  Jiallei  eine  eigene  Casse  anzulegen  trachten,  die  aiuh 
sonst  zum  Nutzen  der  Railei  herangezogen  werden  könne. ^ 
Jenen  Mitgliedern  des  (Ordens,  die  sich  zu  Kriegs-  oder  Herren- 
dicnsten  besonders  geschickt  und  geneigt  erweisen  würden, 
sollte  es  gestattet  sein,  auch  nach  Vollendung  ihrer  dreijährigen 
Kesidenzpiiicht  iu  solche  Dienste  zu  treten  und  darin  zu  vei^ 
harren,  solange  der  Orden  ihrer  nicht  bedürfe;  zu  einer  Be- 
streitung der  hieraus  erwachsenden  Kosten  sollte  der  Orden 
zwar  nicht  yerpflicbtet  sein,  doch  blieb  es  ihm  unbenonimeni 
Mezu  beizusteuern,  wenn  die  Dienste  des  Ritters  ihm  selbst  zu 
Nutzen  und  Ehre  gereichten.'  Ja  selbst  jene  Ritter,  die  bereits 
zu  einer  Oomthurei  gelangt  wären,  sollten  dadurch  nicht  für 
immer  an  die  Geschäfte  des  Ordens  gebunden  sein;  auch  dem 
Comthur  wurde  freigestellt,  sich  mit  Wissen  des  Landcomthurs 

•  Statuten,  Cap.  5,  Elbon  S.  51  ff. 

•  Statnton,  Taji.  IH,  Kllir*T)  S.  H3f.;  ilrins  sich  liiclu'i  Srhwierisrkpitpn  er- 
holion.  zfijrt  sihoii  ilic  l-\-issiui^'  ilcr  Statuten;  über  die  AusfttliTUDg  de» 
Beechluäüeü  in  «li-r  Bnllei  üiessen  vgl.  Voigt  2, 

•  SUtnteu,  Ca]).  6,  Elben  8.  58  f. 


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593 


und  Bewilligung  des  Meisters  in  Kriegs-  oder  Herrendienste  zu 
begeben  imd  an  seiner  Statt  ein  Mitglied  des  Ordens  oder  eine 
andere  yerlttssliche  Person  mit  der  Verwaltung  seiner  Obliegen- 
heiten sn  betrauen.^ 

Alle  diese  Bestinunnngen  selten  dahin,  den  Orden  aus 
Jener  Isolirung  und  Unthtttigkeiti  in  die  er  seit  der  Losreissung 
des  Herzogthums  Preusaen  verfallen  war,  zu  befreien  und  seine 
Kritfte  von  Neuem  den  Öffentlichen  Angelegenheiten  dienstbar 
zu  machen.  Dass  hiebei  Maximilian  vor  Allem  an  die  Heran- 
Ziehung  des  Ordens  zur  Vertheidigung  der  ungarischen  Ghrenze 
dachte,  zeigt  deutlich  genug  die  AnsfiÜirlichkeit  der  gerade 
diesem  Dienste  gewidmeten  Bestimmungen.  Schon  in  den 
nächsten  Jahren  sind  einzelne  Ordensritter  in  Ungarn  nach- 
weisbar^- wenn  auch  der  im  Jahre  1606  mit  der  Pforte  abge- 
schloBsent;  l^riede  es  mit  sich  brachte,  duös  manrJier  jujigc 
Kitter  seine  Residciizpllicht  nicht  in  Ungarn^  sondern  an  anderen 
Orten  erfüllte.' 

Es  liegt  ausserhalb  der  Grenzen  dieser  Arbeit  festzustellen, 
wie  stark  die  thatöächliche  Betheiligunp  des  DeutKchen  Ordens 
an  den  Kämpfen  in  Unfrani  in  der  Fuln;e  «^'ewescn  ist.  Dass 
dieselbe  nicht  ganz  <leii  g*ehe<^ten  Erwartungen  entsprach,  das 
zei^ren  die  im  Laufe  des  17.  Jahrhunderts  mehrfach  wieder- 
kehrenden Verhandlungen  über  Mittel  zur  Hebung  des  in  Ver- 
fall gerathenen  exerciüum  militare.    Zu  wiederholten  Malen 

»  Stählten,  Cap.  7,  Elben  S.  65  f. 

'  Deutsch-Ordfiiis-Arohiv,  Mil.  136  enthnlt  C'onc.  eines  )?<'<-'>(ni)iandationfl- 
schreibüuä  für  Juhaua  lüiith  vuu  Fenitz  (nachmals  Coiutbur  ku  Uorneck, 
Voigt  2,  653)  ao  etliche  Obenten  in  Ungarn,  yoib  87.  Mal  1008.  Aus 
dem  Bxttael  einee  Vetgleichnngwregiater»  swiacheii  Mmimilian  vtnä  der 
Bailei  Franken,  Dentscb-Ordena-ArehiT,  Mil.  137,  ergibt  eieb,  den  ileh 
im  Jahre  1608  Hans  Jakob  von  Altmannsbaosen,  Teaticbordens  (i.  Voigt 
2,  CAo)  -/.n  (^nrlntMilt  in  Crojitien  befand. 

'  Der  Statthaltur  der  Biilloi  EUtcii,  dann  der  Coiutliiir  und  zwei  Ratlis- 
gebietiger  der  Ballei  Franken  beriubton  am  1.  December  16Uö  von  Ulm 
ans  «n  Maiiniiliai»  Uber  Anfnahme  dee  jungen  ven  der  Heias  and  dee 
jvngea  toh  Tlacfailud  in  den  Orden;  de  beantragen»  «nlaren,  der 
,Torhin  elliehe  Zttg  getban*  und  ,dero  Orden  heranOen  an  gebrancben 
wSreS  von  der  Reeidon/pflicht  zu  disponsiren,  den  ,Ton  Vlachsland  aber 
nach  Malt«a  oder  auf  die  Fldientinistdie  Galem,  sintemnln  jetzt  in  Ung^ani 
kuin  Krieg',  ssu  vorschicken.  Extr.  Deut8ch-Ordeiui*Archiv,  Mil.  137. 
I>ajs8  Vlachsland  wirklich  nach  Malta  kam,  bezeugt  daa  in  der  vorigen 
Anmerkung  angeführte  Veigleicbungbrügiitter. 


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594 


wurde  hiebet  auf  den  Gedanken  surtlekgegijffeny  dem  Orden 
einen  Grenzort  in  Ungarn  bleibend  anm  Sebutse  an  Uberlassen. 
Im  Jahre  1637  regte  der  Hochmeister  Eiutaeh  Ton  ^Teetemachj 
der  vordem  Maximfliane  treuer  Gehilfe  gewesen  war,  die  Sache 
an,^  nnd  auch  sein  Nachfolger,  Johann  Kaspar  von  Stadion^ 
setste  die  Verhandlungen  fort.*  Auf  dem  im  Jahre  1662  au 
Wien  gehaltenen  Generalcapitel  wurden  sie  erneuert»  nachdem 
man  vorübergehend  an  eine  Vereinigung  des  Deutschen  Ordens 
mit  jenem  der  Johanniter  gedacht  hatte.*  Neun  Jahre  sp&ter 
betrieb  Johann  Kaspar  von  AmpriDgen  dieselbe  Angelegenheit^ 
indem  er  trachtete,  den  Kaiser  au  einer  ausgiebigen  Unter- 
stützung des  Ordens  zu  bestimmen,  damit  dieser  in  die  La^e 
komme,  eine  grössere  Wirk.^ainkeit  zu  entfalten;*  die  schiechten 
Erfahrungeu,  die  Anipringen  in  den  nächsten  Jahren  als  be- 
stellter Guberuator  des  Kömgieiches  Ungarn  luaelien  musste, 
haben  vielloieht  dazu  beigetragen,  weitere  Erörterungen  über 
eine  (lauernde  Niederlassung  des  Ordens  in  jenem  Lande  ab- 
zuschneiden. 

Zur  vollen  Ausfuhrung  des  von  iSehwentli  augeregten  Oe- 
dankciis  ist  es  somit  niemals  gekommen.  Dennoch  ist  die 
Thätigkeit,  welche  rfchwendi  in  dieser  Hinsicht  entfaltete,  nicht 
ohne  jede  Wirkung  geblieben;  sie  hat  einfi:ewirkt  auf  den  Ein- 
tritt des  Erzherzogs  Maximilian,  der  zu  der  engen  Verbindung 
des  Ordens  mit  dem  Hause  Ilabsburg  den  Grundstein  lc<;te; 
die  persönliche  Theilnahme  der  Ordensritter  an  den  Türken* 
feldatkgen  der  Neunzigerjahre,  welche  Maximilian  durchsetste, 
war  wenigstens  mittelbar  aus  derselben  Quelle  entsprungen; 
und  die  Statutenreform  von  1606  setzte  in  der  That  einen  Haupt- 
punkt von  Schwendi's  Programm  ins  Werk.  Jener  Theil  des 
Ordensprojectes,  der  nach  der  thatsttchlichen  Lage  des  Ordens^ 
bei  der  SchwerfilUigkeit  der  Reichsverfassung  und  der  Schwierig- 
keit der  ungarischen  Verhiiltnisse  Überhaupt  durchsusetzen  war, 
jener  Theil  ist  durch  die  Statuten  von  1606  verwirklicht  worden. 


*  Voigt  8,  8S5.  Zwiedinook-Sftdealiorst  im  Amhiv  flir  Satarwirti' 
•ehe  OeMkielite      1,  444. 

»  Voigt  2,  329. 

*  Voijrt  2,  373. 

*  Voigt  2.  399ff. 


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BEILAGEN. 


1. 

Zeitung  aus  Graz  vom  Iii.  Augmt  1594,  betreffend  die 
Einnahme  von  Fetrinia, 

(Hb.  8967  dar  Wiener  Hoflubliolhek,  t  44S.) 

Aus  Giätz  vom  lö*^  Aiigusti  anno  94.  Auf  unsern  Grabat-  und 
Windischen  Gränizen  haben  die  ünsrigen  mit  Gottes  Hilfe,  wie  lang  es 
sich  auch  gespArt  und  sich  ansehen  lassen,  als  man  nnverrichter  Sachen 
mit  Spot  und  Schaden  abziehen  müste,  das  schedlich  türkisch  Banb-  und 
Blockhaus  Petrinia,  das  soviel  Volks,  Gelts  und  Ouets  gefressen  and  die 
edle  herliche  Gegend  Torapolia  verhört  und  verderbt,  an  Sant-Loranxen- 
Nacht  den  10.  diss  bekommen  und  in  Grand  zerstört. 

Es  ist  aber  damit  also  sngangen.  Naebdem  ihr  kOn.  Wurde  den 
80.  Jnlii  über  das  Wasser  der  Kalpa  mit  mebrerem  Theil  des  Hörs  ge- 
setzt nnd  m  schanzen  nnd  scfaiessen  angeftngen,  haben  sich  mit  Schiessen 
die  Türken  heftig  gewährt,  diss  kein  Hensch  sich  in  der  Nahent  blicken 
dörfen  lassen.  Aber  dennoch  aonderüch  bei  der  Nacht  die  ünsem  je 
linger  je  besser  und  nahender  hinzngeschaaat.  Bann  dann  die  Zenger 
köstlich  goet  und  geschwind  gewesen  und  haben  den  7.  AngDsti  dem 
Feind  ein  starke  Katsen  eingenommen,  der  arge  Boswicht  aber  hat  Pnlver 
darein  gelegt,  welches  ein  halb  Stnnd  hernach  angangen  nnd  viel  der 
ünsrigen  gen  Himmel  geschickt  und  verderbt.  Habens  die  Tfitten  also 
wiederbekommen,  doch  nit  Ifinger  halten  mögen  nnd  endlich  flbersehen, 
dass  die  ünsem  die  andere  Katzen  auch  eingenommen.  Da  ist  ihnen  das 
Herz  entfallen  und  weil  sie  kein  Kntsatz  gespürt,  haben  sie  Sprach  zu 
halten  beerehrt,  aber  ihi  k  ai.  Wurde  ihnen  anzeigen  lassen,  es  sei  zu  si>at 
und  haben  mit  gewciltigem  Schiessen  immer  stark  angelialteu,  bis  sich 
endlich  die  Türken  durch  ein  heimblichen  Ausgang  hinab  zu  der  Kulpa 
bei  der  Nacht  begeben,  das  Blockhaus  verlassen  und  angezündt,  also  dass 
an  S.  Lorentzen-Nacht  um  10  Uhr  das  Feur  an-,  auch  die  geladen  Stuck 
in  der  Brunst  abgangen  und  theiis  zersprungen. 


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5d6 


Darauf^  die  ünseni  ihnen  nacbgMetit  nnd  bei  Bentechin,  so  fegen 
SiraegK  ttber  liegt,  bei  800  angetroffen  nnd  erlegt,  an  einem  andern  Ort 
nii  weit  davon  wieder  100;  item  8  Schiff  voll  haben  aidi  aob  Wasser 
begeben  ond  nachSis»egg  fahren  wollen,  die  haben  die  ünsrigen  antroffen, 
die  Schiff  zerschossen  und  gesprengt,  was  nit  ersoffen,  das  ist  erschlagen 
und  gefangen  worden,  darunter  der  Begh  von  Gradiska.  Da  die  Sissegger 
das  gesehen,  haben  sie  alle  Thftren  zersprengt,  das  Gasteil  angetint  und 
auch  davon  entloffen,  welches  die  tJnsem  sambt  einer  starken  KatMU, 
welche  die  Tflrken  gebaut,  innenhaben.  Bentschin  ist  auch  wieder  unser 
nnd  Gonora  so  ein  gemauerter  Thum  nnd  auch  nit  wenig  schidlich  ge- 
'  wesen.  Grastonitz  haben  die  ünsem  «tlich  T§g  vor  Erob«rong  Petriiüa 
eingeuommen.  Dem  Allmächtigen  sei  Lob  nnd  Dank  gesagt. 

Der  Bestia  Roustan*  Begh,  der  docli  vom  turkibchtm  Kaiser  bei 
W'i  lit'i  iiiiu'"  seines  Kopfs  in  Petrinia  vi  i  hannt  gew^ötu,  hat  sich  z.ütlich 
davou  gciaarlit  und  s«'ll  zu  Castanowitz  sein.  Anjetzo  werden  ditt  CjitI- 
stetter  sambl  d(-ii  Krainern  nnd  Karnorn  ein  Keis  hinein  für  Caatanowitz 
und  die  Steyinr  sambt  (h-m  wiudischcn  Kiiegsvulk  in  di»'  Ik)s.>-ego  aufn 
Baub  ziehen  und  ihr  Heil  vtrsucht'ü,  bein  auch  schon  ob  der  Keis. 

Aber  ihr  kön.  Würde  begeben  sich  nach  Warasdin  und  werden  sich 
daselbst  besser  erfrischen  und  proviantiren  und  sich  des  ferneren  Für- 
uehnicu  entschliesson.  Es  mangelt  dem  HOr  au  Proviant  und  FnssvolV 
nnd  sein  gar  viel  krank,  seien  auch  viele  Laudleut  im  Leger  und  am 
Herausreisen  gestorben,  darunter  Herr  Wilhalm  von  Bottmansdorff, 
Hofkriegsrath,  ein  Herr  von  Liechtenstein  und  andere  mehr,  in  summa  es 
schmeckt  daheimb  in  den  frischen  GebQrg  besser. 

Der  Feind  hat  das  meiste  Geschütz,  Ober  30  Stuck,  gross  und  klein, 
vergraben  gehabt,  aber  man  hats  dannoch  gefunden.  Gott  half  weiter. 
Petrinia  ist  von  den  Unsern  gar  lerschlaipft  worden. 

n. 

Eigentliche  Particularitat  von  Erobernn<j  und  Hinnehmung 
beeder  Vobtungen  Peti  iuiu  und  Sibsegg. 

(Hf.  8967  der  Wietter  BofbibUothek,  f.  449.) 

Bnrchlenchtigste  Erzherzogin,  Gnädigste  Frau!  Aus  meinem  jüng- 
sten Schreiben,  so  der  an  gestern  von  hinnen  abgefeiiigt  C'urier  mit- 
geführt,  werden  E.  tl.  Dt.  die  freudenreiche  Zeitung  der  vun  liutt 


*  Daraus«.  MS. 

*  iioustan.  MS. 


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besebertAii  Erobernng  Petrinia  gnedigist  T«mommeii  haben.  Ndii  bin  ich 
gestern  Abends  mit  dem  Herrn  Ton  Kggenbeig  ancb  binsns  geritten  imd 
gesehen  wie  alle  Sachen  beschaffen,  hab  anch  dieselben  solcher  Gestalt 
befanden,  dase  man  des  Krieges  Blend  nnd  dessen  ei'bfinnlichen  Ausgang 
besser  nit  abmalen  noch  die  Terwiestong  ortlicher  describieren  mSchte. 
Bann  dieselb  VOstnng,  darauf  der  Feind  so  stark  gepocht,  die  auch  eines 
schonen  Lands  Verderben  gewest,  hat  sich  gleich  In  Aschen  verendt. 
Inwendig  sein  alle  kleine  Honslin  in  Grand  ansgebrennt,  der  Umfang 
aber,  weil  derselb  dick  und  mit  grossen  Banmen  nnd  tirdrich  ansgeffiUt, 
brennt  noch  immerdar  und  möchte  das  Feuer  noch  etliche  Tag  währen^ 

Die  erschossenen  Pei-sonen  sieht  man  bin  und  wit'tiei  vcibreiinter 
liegen  und  etliche  daiunter  sein  grosse  dicke  Leiit  «.^ewosea.  Viel  haben 
die  Türken  vor  der  Anfturung  vergraben.  Da  ibt  ein  Theil  unserer  Sol- 
daten zugefahren  und  haben  bie  wieder  ausgraben  und  von  ibiion  die 
Kleider  und  anderes  ^n  nommen.  Bei  dn  Katz  lag  der  Hassan  Bassii,  so 
in  der  Kulp  ereoffen,  bt?|j:rabt'n.  Und  weil  etlidio  vermeinten,  seinen  Säbel 
mit  .Silber  und  anderen  (Jeziorden  beschlng-cn  bei  ihm  zu  finden,  haben 
sie  ihn  auch  ausgrabon  aber  ausser  seiner  (iebein  nichts  gefunden.  Es 
ist  dastdbs  hemm  ein  soiiches  Gestenk  von  todten  Kör])C'rn  und  vnn 
andern  verbrennten  Sachen  gewost,  dass  es  schier  nit  zu  erdulden  wäre. 

Man  kann  noch  abnehmen  wie  die  Türken  zu  Petrinia  gar  enge 
Gösslin  und  darneben  viele  Handmöhlen  gehabt,  davon  noch  die  runden 
Stein  in  grosser  Anzahl  vorhanden.  Sie  haben  auch  einen  tiefen  Brunnen, 
damit  sie  das  Wasser  aufschwollen  m(}gen.^  Wunder  viel  grosse  Kugeln 
fanden,^  die  allda  noch  zu  dem  Oeschfitz  gehörig,  ausser  denen  die  sonst 
das  Gesind  hin  und  wieder  vertragen,  wie  dann  die  Sftmb  mit  Doppel- 
hackengelegen  Yerilert  worden.  Und  sintemal  wenig  gross  GeachOts  zu 
sehen»  veimeint  man  gewiss,  der  Feind  habe  dasselbe  meistentheils  ver- 
graben auch  andere  mehr  Sachen  Tersteckt,  zomal  die'  unseren  bei  der 
abgedningenen  Schanz  verlorenen  StOcUin  nit  zn  linden,  der  Feind,  anch 
am  Tag  der  Viktori  gar  kein  Schuss  gethan,  also  dass  er  mit  einer  andern 
Arbeit  umgangen  sein  wird.  Unsere  christliche  Gefangne  sein  vor  der 


^  Die  Flngaehrift  ,Now6  ▼on  Gott  Terliehene  YietorU*  n.  s.  w.  (s.  oben 
B.  666v  Aom.  9%  welche  in  ihrer  sweiten  Hüfte  ▼oUattbidig  auf  dem  hier 
ftbgedrackten  Berichte  Gaaai*e  beruht  und  «ieh  nur  durch  einige  Umstel- 
liiri^'^en  von  demielbon  unterscheidet,  f!)^t  hier  biiura:  ,wie  dann  die 

Leyttern  «iariunen  noch  gefunden  worden'. 

*  Vielleicht  zu  vürbessem:  Sie  haben  auch  in  eiuuui  tiefen  Brunnen  ... 
wunderviel  grusse  Kugeln  (ge)funden  .  . . 

•  deei,  h». 


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68S 


Anfoumiig,  wie  die  entspnmgne  Prybeken  anzeigten,  alle  niedergeaibeit 
worden.  Die  Graben  der  YOstang  sein  swnr  nit  fast  breit  und  tief,  aber 
onterschiedHcher  Weis  wie  ein  Laberint  Tertraiter  gemacht  wordeiL 

Bei  dem  ThoTp  darauf  von  nnarer  lesten  Sehani  geaeboesen  worden, 
ist  inwendig  eebr  diek  mit  Erdrieb  geechftttet  nnd  eben  daselbst  ist  der 
eraehoesene  Tflrk,  deasen  Todt  den  andern  das  Hen  genommen,  bo  «in 
fiftmehmer  Baumeister  gewest  sein  soll,  bUben.  Und  ans  vielen  Um> 
stftnden  ist  sn  sehen  and  absnnehmen,  dass  sie  niemals  gefeiert  sondern 
ohne  ünterlaas  mit  Graben  sein  in  ander  weg  in  starker  Arbeit  gewesL 

Wie  ein  grosse  Gnad  hat  nns  der  gütigste  Herr  mit  dieser  Vikteri 
beschert  und  mitgeteilt.  Denn  wftr  es  nnr  um  ein  Tag  länger  nnd  also 
bis  auf  den  gestrigen  Tag  und  gar  starken  Regen  angestanden,  bitten 
steh  die  Tftrken  eines  andern  bedacht  und  im  Fall  sie  nnr  den  halben 
Thcil  untrer  L  ug*  1*  gtnheit  nnd  schlechten  Hoffnung  recht  er£ihren, 
hätten  sie  sich  unsor,  wenngleich  der  Haufen  zweiaud  griSsser  und  ihrer 
nur  der  halbe  TUAl  trewcst  wiir.  ^^ewiss  nit  gofürcht^^t.  Dann  wo  es  zu 
Erstürmung  dvr  üucli  uubt'scliossi-iit'ii,  stiukt'u  gaiiz  dicken  IJlockniauer 
kommen  hätte  sollen  und  wir  nur  di  u  fistfii  Sluiui  verloien,  wfire  ge- 
wiss kein  Knecht  mehr  hiuzuzubriugeu  güwest,  sondern  wir  hätten 
änderst  nichts  :il.s  ,U'U  spAtlirhen  |?anz  g^efährlichen  Ab/.iii:  zu  g»'warten 
g»>habt,  und  \v«ifiMn  fs  ein  hN'^'rnw^-ttcr  |/:t'bi'n  huttc,  wer  wollte  das  'ie- 
schütz  fi )rtpt'l»rufht  hal^-n':'  I>.uuniben  sein  wir  grwis.slirh  uuserui 
lieben  H»'rrn  unaussj.rechlichen  Dank  zu  i^;lg^^ü  schuldig,  dass  i*r  uns  ein 
80  stattliche  impresa  ohne  einiches  Bluetver^'iessen,  ja  vom  Ft  ind  selbst 
also  gewiuschter  Massen  zum  Ende  gebracht,  dass  wir  es  selbst  mt  bösser 
begeren  mögen,  ja  auch  der  grossen  Mühe  und  Unkosten  der  Nieder- 
reissnng  und  Zerschlaiffung  enthebt  worden  sein. 

Es  sein  gesterigsTags  etliche  Tfirkon  hin  und  wieder  gefangen  und 
fOrgebracht  worden,  aber  die  meisten  werden  von  den  Hussarn  iu  Hoffnung 
der  guten  Schaznng  versteckt,  inmnssen  dann  auch  zuvor  in  jener  Reis, 
da  der  Feind  vor  den  Unsrigen  die  Flucht  genommen,  auch  beachehen. 

2r.  ü.  Dt.  haben  noch  in  derselben  Kacht  wie  Petrinia  ist  angetindt 
worden,  den  Herrn  Lenckhowitsch  mit  1000  Pferden  gen  Sissegg  abge- 
fertigt. Als  soliches  der  Feind  vermerkt,  hat  er  dieselbe  YOstong  ebner- 
massen  selbst  angefeuert  und  meistentheils  sersprengt.  Damit  ist  sie 
auch»  Gott  lob,  wieder  in  nnsern  Gwalt  kommen.  Dieweil  sie  aber  alao 
verwiest,  ist  kein  Besatzung  derseit  darin  gelassen  worden,  doch  wird 
man  von  der  weiteren  Versicherung  su  tractiern  nit  Untertassen.  Wie 
es  allda  so  stark  gebrunnen,  da  hi&tte  man  einen  Wuest  Tauben  heraus- 
fliegen sehen. 


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Bs  ist  Zeit  dasB  wir  den  Feiad  seiner  Art  nach  auch  einmal  an- 
nachbarlicher Weis  heimbanchen  und  er  h&tt  in  Bwigkeit  nit  gkubt,  daas 
wir  uns  flbers  Wasser  berQber  begeben  sollten.  Derhalben  dann  auch 
liii]  E.  fl.  Dt.  jflngsten  Schreiben  hoehTemnnftig  Meldung  gethan,  im 
FaU  wir  nit  hinflberkommen,  so  werd  er  nit  darfftr  halten,  dass  ea  mit  der 
Einnehmung  nnaer  Ernst  sei.  Den  entwichenen  Feinden  sein  die  Carl- 
stättor  und  andern  gm  Castanuwitz  nachgercndt,  von  denen  wir  noch 
kein  Gewisshoit  ihrer  Vorrichtung  bis  dato  bekommen,  sunst  solle  sieh 
ein  Schloss  iiiittrwegeu,  Gora'  genannt,  auch  ergeben  haben.  Was  ntin 
weiter  fürgeuomui<'U  wcidoii  solle,  hab  ich  noch  nit  eigeutlich  veriieliiiien 
können,  aber  ingeuieiu  sein  unsere  Sachen  nit  also  beschaflfen,  dass  wir 
lange  ausharren  mögen. 

Anheilt  soin  ir.  fl.  Dt.  über  das  Wuüser  in  Mpinring  geritten,  dass 
sie  (ia.s  Ort,  wo  hievor  Bressst  geloiren,  besichti^'on  nmi  (»b  iiuui  daselbst 
oder  aiulerstwdhin  ein  V^stimg  zu  Jem  sichoi  n  "Widerstand,  wie  dann  in 
allw^  von  Noten,  orhöboii  uml  orbalton  Wüllen. 

Unter  andern  zu  Petriuia  gewesten  Türken  sein  zw<'(M)  Aga  ge- 
fangen worden,  die  lauter  bekennen,  dass  in  der  Vöstung  boi»  [Kcitpr] 
und  600  FussTolk  gewest,  wöliches  bei  allon  fast  unglaublich,  weil  die 
Gelegenheit  zn  einer  solichen  Anzahl  nit  vorhanden,  allein  die  meisten 
hätten  sich  etwa  herrorn  aufgehalten,  so  man  aber  niemals  gewahr 
worden. 

Diesen  Abend  ist  ein  Türk  gen  Petrinia  gefübi-t  worden,  der  hat 
Anzeigung  gethan,  wo  der  Bustan  Beegh  die  Stflck,  Haniiscb,  Panzer 
und  andere  dergleichen  Sachen  Tergraben  lassen.  Wie  man  nun  tief 
hinein  graben  thut,  findet  man  in  etlich  aufeinander  gemachten  PMt 
8S  Stuck  gross  und  mittel  Gescfaiktz  und  andere  dergleichen  mehr  Kriegs- 
rttstung. 

Morgen  sollen  wir  mit  des  Allmicbtigen  Segen  sament  flbers 
Wasser  sieben  und  alldort  unser  Lager  schlagen.  Was  sieb  nun  sutregt, 
haben  E.  fl.  Di.  hernach  mit  Gnaden  zu  ?emehmen. 

Aas  dem  Läger  bei  Petrinia  von  12.  Augusti  ao.  1694. 

E.  fl.  Dt.  unterihenigster  Diener 

Feter  Cassall. 

*  Gera,  h». 


Ausgegeben  am  25.  Jänner  Ibt^ö. 


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^  Avi^ogdben  am  26.  Jännax  1895. 


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