Die
Armagnaken
im Eisass,
1439-1445
I
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STACKS
BEITRÄGE MAR 8 1971
ZUR
ELSASSLOTHRINGEN
XI. HEFT
MAGNAKIiK IM HLSÄSS
VON
Dr. H. WITTE.
STRASS6URG
J. H. Ed. Heitz (Hbitz & MQndel)
1890 •
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BBITRAGE
ZUR >
LANDES- UND VOLKESKUNDE
VON
ELSASS-LOTHRINfiEN.
Heft I : Die deutsch-fraiizüsische Sprachgrenze in Lothringen
von Const This. 8. U S. mit einer Karte (l : 300.000).
Jt 1 50
Heft II : Ein audechtig geistliche Badeut'uhrt des UoeUgelehrten
Herren ThonuiB Homer. 8. 56 S. Neudruck mit Er-
läuterungen, insbesondere über das altdeutsche Badewesen,
von Prof ür. £. Martin. Hit (> Zinkätzungen nach dem
Origiuul. M 2 —
Heft UI: Die Alamaimeuschlacht vor Strassburg B57 u. Chr.
¥on Archivdirector Dr. W. Wiegand. 8. 46 S. mit einer
Karte nnd einer Wegskizze. UI 1 ~
Heft IV: Lenz, Goethe und Cleophe Fibich von Straasbar^.
Ein urkundlicher Kommentar zu Goethes Dichtung utuI
Wahrheit mit einem Portrilt Araminta's in farbigem.
Lichtdruck und ihrem Facsimile aus dem Lenz-Stamm-
bach von Dr. Joh. Froitzheim. 8. 96 S. ul 2 &0
Heft V : Die denteeh-firaiiBSsieclie Spraehgrense im Blsass von
Dr Const. T h i 8. 8. 48 8. mit Tabelle, Karte nnd acht
Zinkätzungen. 1 50
Heft VI: Strussbnrg im französischen Kriege l&d2~6i von
Dr. A, H ollaender. r.8 S. 1 50
Heft VU: Zu ^trassboreü i^turm- und Drangperiode 1770—76
von Dr. Joh. Froitzheim. 8. 88 S. ul 2 —
HeftVni: Geschichte des heiligen Forstes bei Hagenau im
Elsass. Nach den Quellen bearbeitet von C. B. Ney»
kais. Oberförster. I. Teil von 1065—1648. vÄ 2 —
Heft IX: Reclit'^ und Wirtscbafts-Verfassung des Abteigebietes
Maursmünstcr während des Mittelalters von Dr. Aug.
Her t zog. 8. 114 S. M 2 —
Heft X : Goethe nnd Heinrich Leopold Wagner. Ein Wort der
Kritik an unsere Goetheforscher von Dr. Joh. Froitz-
heim. «# 1 50
Heft XI: Die Armamken im Elsass von Dr. H. Witte. 8.
158 S. UK 2 50
In Vorbereitung :
Ehrismann, Augnst Stöber.
Hey, Geschichte des heiligen Forste« bei Hagenau im Elsass.
IL Teil von 164Ö bis 17yi.
fir<0fte MMU Seite des WmeeMags,
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DIE
ARMAGNAKEN
' IM ELSASS
1439-1445
VON
Di . H. WITTE.
STRASSBUKG
J. H. Ed. HEITZ (HEITZ & MÜI^DEL)
1889.
I
Di«
DC 161
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INHALT.
Seit«
L Der L rbpi'ung der Arniagiiaken und iSciuiKit r. Ihr Treiben
in Frankreich und Lothringen und ihr Eiuhtll ins Elsass
im Jahre 148^> 7
IL Neue Beängstigungen und Beratungen itu Elsass . • . 22
UL König Friedrioli und dif Eif^genossen. Seine Yerhandhnt'2«^n
mit König Karl VII. von Frankreich und dem Baupliiu
Ludwig 30
IV. Die Armee des Dauphin. Verliandlungen mit der öster-
rei einsehen Kegierong zn Ensisheim. Einmarsch in den
Sundgau 37
V. Die Schlacht bei St. Jacob 48
VI. Folgen der Schlacht Friedensverhandlimgeii des Dauphin
mit den Eidgenossen nnd Basel 60
Vn. Der Einbrach der Armaguaken ins Elsass 65
Vni. Der Reichstag zu Nfimberg und der grosse Anschlag. Yer^
handlungen mit dem Dauphin nnd König Karl. Das
Scheitern des Anschlages 79
IX. Das Treiben der Sehinder im Elsass nnd der kleine Krieg
wider sie. Der Friede sa Trier 109
X. Die Feindseligkeiten wählend des Waffenstillstandes und
der Abzug der Armagnaken. Nene Befikrchtnngen.
Bündnis zwischen Kurfürst Ludwig und den Elsfisser
Reichsstädten . 135
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VORWORT.
Eb sind wohl $ehm neun Jalire vergangen, dass ich
da$ Material zu der vorliegenden Schrift geeamm^ habe;
als Vorarbeit soUte dazu dienen das Programm des Strass-
hurger Lgceums vom Jahre i88B: die Armen Gecken oder
Schinder und ihr EinfaU ins Elsass im Jahre i439* Ander-
weitige ArbeHen itber die Zeit der burgundisehen Herrschaft
im Elsass Hessen diese Absicht in den Hintergrund trOen.
Das hat zur üMn Folge gehabt, dass ich dem Stoff fremd
geworden 6tn, und so habe ich vor aÜem den htndigen
Leser um Nttchsicht zu bitten.
Das Material zur vorliegenden Arbeit fiiesst hauptsachlieh
aus den nie versiegenden Quälen des Strasiburger Stadt"
archivs und ist zum guten Teil zum erstenmal verwertet,
anderes ist unvollständig beniUzt in dem Werk von Tuetegt
Les £coreheurs. Kleinere Beiträge haben mir gespend^ die
Archive von Basel, Augsburg und Oberehnheim, Den Herren
Archiworständen sage ich an dieser St^ meinen herzlichsten
Dank, Mancherlei Bausteine, welche die Arbeit ausftthrlicher
hätten gestalten können, mögen noch in den Archiven der
kleineren Städte im Elsass, wie Münster, Bergheim, Rufach,
vergraben liegen; vielleicht lassen sie sich bei anderer
Gelegenheit heben, wo dann auch die heldenmiitige Haltung
von Metz in diesem Kriege mehr herOcksichtigt iverden
wCwde, Zum Sdiluss erübrigt es tmV noch, vor allem der
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KaiseHidien UmversitätS" und Landesbibliotkek zu Strassburg
meinen Dank auszudrücken für das bereitwilligste Entgegen-
kommen^ womit sie mir ihre Bücherschätze am hiesigen
Platz stets zur Verfügung gestellt hat; ohne diese Förderung
, wäre vorliegende Arbeit überhaupt nicht möglich geworden.
Und so möge denn dies Bächlein in die Welt hinaus^
geilen zum rühmenden Zeugnisy wie teuer Strassburg und
den clsässischen Reichsstädten ihr Volkstum und ihre Zu-
gehörigkeit zum deutschen Vaterland war, ivelche Kämpfe
sie für diese ihre höchsten Güter führten in einer Zeit, wo
sie vom Reiehe s^bst schmählich im Stich gdassen waren*
Hagenau, im August iS89,
H. WITTE.
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«
KAPITEL I.
Der Ursprung der Armagnaken und Schinder.*
Ihr Treiben in Frankreich und Lothringen
und ihr Einfall ins £lsass im Jahre 1438.^
Die Kntstehun^'" th'^r Arma^riaken HUIt in die Zeit des
B(ir>iPrkrie«^es, der iu Frankreidi aus^^olirochen war, als sich die
heideii Prinzen von Geblüt Herzo;^ .loliann von Bur*:^und und
Ludwig von Orleans darum stritten, wer an Stelle des walin-
sinnig gevtrordenen Königs Karl VI. von Frankreich die Regierung
führen sollte. Indem sich der Herxog von Burgund auf die
grossen Communen des nördlichen Frankreich, der Herzog von
Orlens aul* die Ritterschaft des südlichen FrankrescJi stützte,
war aus dem personlicluin Hader ein Kampf dei- Klassen und
der Landschaften geworden : Bürger und Ritter, Norden und
Süden befehdeten sicli.
An .Stelle des ermordeten Herzogs von Orleans trat dann
der Graf Bernhard von Armagnac« der jenen Söldnerscharen
fdr alle Zeiten seinen Namen verliehen hat. Die Wiege des
Grafen von Armagnac steht am Fusse der Pyrenäen ; von hier
1 Von nennenswerten Bearbeitmigeu des Gegeustaudes kommen
in Betiaeht der za seiner Zeit Bchfttzenswerte Aufsatz von Bartholdy
der Armegeckenkrieg in Raumers Histor. Taschenbuch NF. Jahr-
gang 1844; sodann das wertvolle Werk von Taetey, Les Ecorcheurs,
2 tom.; der IL Band enthält die urkundlichen Beilagen, die auch
dieser Arbeit wihv zn statten gekommen sind. Taetey geht eingehend
auf das Treiben dw Armagnaken sowohl bei ihrem ersten Einfall im
Jahre 1439 als namentlich anch während der Zeit 1444/45 ein und hat
dazu die Schätze des Strassburger Stadtarchivs verwertet; manches
ist dabei jedoch unbeachtet geblieben, anderes nicht gehörig aus-
genützt. Namentlich aber sind die reichlich fliessenden und zuver-
lässigen chroiiikalischeii Nachrichten nicht in dem nötigen Umfang
herangezogen, und es ist ihm dabei ebenfalls manches unbekannt
geblieben. Ich erwähne dies, nicht etwa um das Verdienst des Ver-
fasaers zn sehmälem, sondern nm meinen Standpunkt klarzastellen.
2 Hierzu meine Abhandlung: Die Armen Gecken oder Sehinder
nnd ihr Einfall ins Elsass im Jahre 1439. Strassbnrg 1883.
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liüiite er den ebenso aiinen als rauilus^lij^eii und zahlreicheu
Adel von Ga^cogne, Beain und Foix gegen Paris ; mit ihnen
vereini^n sich die halbwilden Bretonen. Nach ihrem Führer
hiessen sie Armagnaken. Sie halten in furchthai*er Weise
ihren Einzug in die französische Greschichte; es giebt nichts
Abscheuliches, nichts Grässliches, was von i)men nicht begangm
wäre. ^Schlimmer liatlen auch nicht die Sarazenen, schHmmer
nicht einmal die Heiden zur Zeit der ühristenverfoigung wüten
können.»
Aber diese Ainia^naken waren zugleich die Vorkämpfer
für Frankreichs Unahliäingigkeit. So unsägliches Elend sie auch
über das Land gebracht haben, immerhin sind mit ihrem Blute
die Kämpfe geführt, durch die Frankreich frei wurde von eng-
lischer Fremdherrschaft, Als Herzog Philipp von Burgund, um
das Blut seirfos ermordeten Vaters 7a\ rTulien, sich auf Seite
Englands schlug, als sollist Paris liehei König Heinrich von
Enjrland als den könig von Bourj^es innerhalb seiner Mauern
sehen wollte, da waren die Anna^naken die alleinigen Vor-
kämpfer für Frankreichs UnabbSüfigigkeit ; alles war Armagnac,
das auf Seite des Dauphin, des spateren Königs Karl VII., focht»
und so haftete dieser Name auch an den Söldnern, mit denen
der König seine Schlachten schlug, nachdem der Graf von
Armagnac selbst schon liinpst zu seinen Vätern gegangen war.
Diese Söldner bii(ien jetzt den Ilau})tl)estandieil des tVanzö-
sischen Heeres. Es war eine bunte Musterkai te von Völkern
und Stämmen, die sich hier zusammenfanden, etwa wie in
Wallensteins Lagci* : Schotten, die jetzt am Ufer der Loire mit
Pfeil und Bogen den Feind bekämpften, dem sie sonst am Ufer
des Tweed ;^ei;en übergestanden hatten, Lombarden aus der Schule
der Kondottieri, dann die StVhne der Pyrenäenlandschal^en und
der (lasro^ne, jener unerschöpilichen Söldnerhei'berge Frrink-
reicli.N, »iazü tiie keltischen Bretonen, iWe ilirem Landsniatjne,
dem Konnetable Graf Artus von lücliemont, folgten; endiidi
die unvermeidlichen Bestandteile eines jeden Söldnerheeres,
solche, die überhaupt nichts mehr zu vertieren hatten, Ver-
brecher und Räuber, die unter anderem Namen ihr Handwerk
weiter fortsetzen wollten, Bürger und Bauer, denen der Krieg
keine andere Wahl übrig gelassen hatte — sie alle verbunden
durch ein Lrerneinschattliches Ziel : Beute ist die Losung»-. Um
^in solches Heei- in Zucht zu halten, ist piniklliche Soldzahlung
das erste Erfordernis, aber dazu fehlte Karl VH. so gut wie
alles, lind so ergaben sich diese Leute den schlimmsten Aus*
schreitungen. Ihre Anführer, Kapitäne genannt, vielGach Glücks-
ritter, in den meisten Fällen echte Kondottien, die mit ilnem
Schwerte sich ihre Stellung erkämpll hatten, waren nicht viel
liesser. Wir sind freilich gewohnt, einen La Hire, einen Xain-
traille$ ab ideale Heldengestalten, als Bitter ohne Tadel zu
— 9 —
betr;irlitf»n, aljei" sie waren Plünderer .«o gut wie die übrigen...
Si dieu s?e ferait lioinnie d'ariiies, il serait pillard, <ia? war der
Ausspruch von La Hire; danach may inan diese Banden be-
Es war die eiserne Notwendigkeit^ die Kdnig Karl ge«
awungcn hatte, zu diesen Scharen seine Zuflucht zu neliiTien>»
nachdem das französische Ritterheer den halbnackten englischea
Bogenschützen eile^reri war. Allmählich brach jelzt doch bei
den Franzosen die Erkenntnif? durch, dass der Ki ie<i doch etwas
anderes wäie als ein erweitertes Turnier, dass man versuchen
jnüsste, die Eoglundei mit ihien eigenen WatTen zu schlagen;
und 80 volhog sieb in Frankreich dieselbe bedeutui^volle Um-
wälzung, wie sie in Deutscbland durcb die Krim mit den
Scbweizern und Hussiten hervorgebracht war. Die schwere
Reiterei verlor ihre ausschliessliche Geltunj^ und zwar mit gutem
Recht, waien doch die fratt/ösischen Ritter in ihren Rüstung^en
so unbeholl' ii ^^-^ewoiden, dass sie nicht einmal allein das Pfnrd
besteigen konnten und zu allen militärischen Scli^venkungen
und Bewegungen versagten, so dass sie eigentlich nur für den
Frcmtangriff auf ebenem, freiem Felde zu gebrauchen waren; ohne
Ross und gar im Fasskampf glich der Ritter einem mächtigen
Seetier, das von den Wogen aufs Festland geworfen war. Der
Reiter wurde jetzt ei leichterl, und vor allem trat die Infanterie
Wiedel- in ihr gutes altes Recht ein. Damit wurde auch die
Kriei^rührung von Grund aus verändert. Wäiirend die ganze
Kriegskunst der französischen Ritterschaft schliesslich doch nur
in dem oft recht regellosen Reileranprall bestanden hatte, bei
dem der eine dem andern tuvorzukommen suchte, um zuerst
an dem Feind zu sein, lernen die französischen Heerführer jetzt
^on der Kriegskunst der Engländer und Raliener die Vorteile
des Terrains benutzen, und wo diese fehlen, künstliche Sr lmlz-
wehren schallen, um den Anj^rilT der Reiterei abzuwelm^n.
Die wichtigste Waffe wird jetzt die bLnttcne Infanterie, etwa
den Dragonern ähnlich , die früher und wiederum heute be-
sonders auf den Fusskampf geübt sind; ihre HauptwaiTe ist der
Bogen ; in der Schlacht fechten sie lu Fuss. Zu Pferde durch*
messen sie mit der grössten Schnelligkeit die weitesten Ent-
fernungen imd wissen den Feind immer dort zu treffen, wo er
es am wenigsten erwartet, ünerschopdich sind sie in Erfindung
V(»n Handstreichen, unübertrefflich in der Erstürmung von
Burgen und Festungen, die sie auf Sturmleitern (pai e.scalade)
XU ersteigen pflegen, und in der Schlacht wissen sie die Vorteile
des Terrains in unvergleichlicher Weise auszunutzen.
So waren sie es, die Frankreichs Boden von den Engländern
befreiten, aber man kann gleichzeitig sagen, dass sie <lie Be-
völkerung niclil minder bedrängten als jene. In der Anwendung
von Martern, um dem Bauer den letzten Groschen abzuzwingen.
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— 10 —
waren sie weni^'^stens ebenso eilhuleriscli als die Schweden unil
Kaiserlichen zur Zeit des dreissigjährif^en Krieges in Deutsch-
land ; und Frankreich war zu einer Wüste geworden. Endlich
schien eine Wendung zum Bessern zu komnnen, als der Friede
von Arras im Oktol>er 1435 wenigstens dem Bürgerkrieg
zwischen Frankreich und Burgund ein Ende setzte. Man konnte
jetzt die S)ldnerscharen, die im Innern Frankreichs hausten,
an «lie Grenze werten und durfte holTen, dass nun auch die
Engländer hald gezwungen sein wurden, Frieden zu schliessen.
Diese Hoffnungen erwiesen sich als eitel ; die Drangsale, die
Frankreich von den eigenen Söldnern zu erleiden hatte, wurden
grösser denn je. Aut die Armagnaken folgten die Ecorcheurs,
die Schinder.
Das Ansehen des Königs bei seinen Feldhau ptleuten und
Söldnern war immer gering gewesen ; sie befolgten jetzt ihre
eigene Politik und waren durchaus nicht geneigt, jenem Frieden
beizutreten, der ihrer Selbstherrlichkeit ein Ende machen
musste. Die noch weniger verwüsteten Landschaften im Innern
Frankreichs und namentlich die burgundischen Herrschaften
zogen sie weit mehr an als die völlig ausgesogenen Grenzgegenden
der Normandie, wo harter Kampf und wenig Beule ihrer wartete.
Die grossen Kompagnien lebten wieder auf, die ein Jahrhundert
zuvor nach der Schlacht bei Poitiers sich zu Herren Frankreichs
gemacht hatten. Anstalt gegen den Feind zu ziehen, zogen sie
iiri eigenen Lande monlend und plündernd umher. Sie hatten
das Hauben förmlich organisiert, und die Kapitäne hatten die
einzelnen Landschaften Frankreichs unter sich zu dem Zwecke
verteilt. Diese Banden erhielten den Namen ficorcheurs, Lania-
tores, Escoricatores ; namentlich in Nordfrankreich, Burgund
und Lothringen wurde diese Bezeichnung allgemein. Es sind
«lieselben Banden wie früher, dieselben Führer, nur der Name
ist ein anderer geworden, und sie haben sich der königlichen
Autorität jetzt fast vollständig entzogen.
Der bisherige Name Armagnac war eben be<leutungslos ge-
worden, seitdem der Bürgerkrieg aufgehört hatte, und um diese
Banden nun zu bezeichnen, konnte allerdings kein besserer
Name gefunden worden, als den der Galgenhumor des Land-
mannes erfand. Jene Banden hatten nämlich die Gewohnheit,
ilire Opfer selbst der Kleider zu beraul)en und sie bis aufs
Hemd auszuziehen, und wenn die Unglücklichen dann in ihre
Heimat zui iickkebrten, spottete man ihrer und s.igte, si(^ wären
in die Hände tler Ecorcheurs, der Schinder gefallen. In den
Nachbarländern l)ehauptete sich jedoith der ursprüngliche Name;
er war hier el)en keine Parteibezeichnung gewesen, sondern
bedeutete den französischen Söldner schlechtweg. Der Name
wurde dann mundartlich umgeformt, ohne dass man an die
ursprüngliche B«?deutu*' *^ Wortes weitei- dachte, und so
— II -
linden wir neben Arniinacs, Ileriniiialx, Herminaux, Ermi-
naques, wie in den lothnn^"isf*hen und w)1Ioim<( hen Land-
schaften «itTeilei wurde, im Elsass die niei ku ürdige Ent-
slellung Anne Jacken, Aruie (jecken. So wurden .sie noch
vorwiegend 1439 genannt ; 1444 hat hingegen der Name Schinder
das Uebergewicht erhalten, eine Beieichnung, die an sich woht
die Verdeutschung des Worles ^orcheur sein soll, die aber
auch sonst in den oborrlieinisclien Gej^^enden für die adeligen
Str.*s<enn«uber üblicli war. ^ Danelx"!! tinden sicli noch vielf ich
andere liez^^ic lmung^on : Keleiisiiider, nach ihrer Gewohnheit,
den Gefangenen, die kein Lösegeld zaiden konnten, die Kehlen
abzuschnekien ; mehr allgemein der Ausdruek : das oede, da»
hoese volk ; den nationalen Gegensatz ausdröckend sind Be-
zeichnungen wie das fremde volk, das welsche Volk, die Walhen.
Daneben werden die Schinder nach den unter ihnen vorherr-
schenden Nationalitäten auch Gaskarden, verslümmelt Gesger^
Pikarden und Engeischen trenannt. Vereinzelt tritt eine recht
originelle Uezeichnung au(, die namentlich der Anwohner des
Uheins zu würdigen weiss : der Schweizer Historiker Hans
Frönd nennt sie schnaggen.
Diese Namen sind an sich ja bezeichnend genug für jene
Banden, und die Chronisten jener Zeit wissen die Ausdrücke
nicht stark genug zu finden, um ihr Treiben zu schildern.
Was wildp Ranh«iif'r verüben kann im Bund mit heslialischer
Grausamkeit, die sich weidet an- den Zuckungen ihrer Opfer>
das verübten sie. Es tritt ja sonst leicht die Gefahr ein, dass
man auf die Rechnung der Allgemeinheit setzt» was nur der
£inkel]ie verbrochen hat; hier aber liegen aus allen Teilen
Frankreichs dieselben Nachrichten imabhän^ii;^ von einander vor,
und zwar kommen neben den chronikalischen Nachrichten ganz
besonders jene amtlichen (^dci sMchun{?saktPii in Betracht, die
überall über die Ausschreitungen der Söldner aufgenommen
wurden.* Sie stimmen genau mit den Chroniken überein.
Nimmt man noch hinzu, dass auch die deutschen Chroniken
sowohl als auch eine Reihe von Privatschreihen dieselben Züge
über die Armagnaken berichten während ihres Aufenthaltes
in Deutschland, so crgiebt sich daraus, dass die verschiedenen
Haufen überall dasselbe VerralHen beobachteten. Der Bauer
wird },^eschlagen, dass ihm das Fleisch in Stucken vom Leilje
lallt, er wird gehängt, gekreuzigt, geröstet und gebraten am
Spiess über dem Herdfeuer ; was mit den Frauen geschieht^
entlieht sich der Darstellung, und wenn die Bande dann ein
Dorf verlässt und der Bauer nicht im stände ist, seine
Habe auszulosen, dann wird das Haus verbrannt, die Obst-
' KöTn'gshofen-Schilter p. 911.
3 Von ihnen hat Xuetey t. II verschiedene veröfifeutlicht.
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— ii> —
bäume unv^ehaueii, das Vieh, was niclit fortgeführt werden
kann, getötet und alles, was zerstörhar ist, zerstört.
Schliniin war es, dass diese Händen nun Gelegenheit
fanden, sich in Lothringen festzusetzen. Sie wurden tierbei-
gerufen von dem lapfern Grafen Anl<»n von Vaud^mont, aus
dem Hause Lothringen, der in erbittertem Kriege stand gegen
den Herzog Rene von Anjou und Bar, Prinz von Geblüt von
Frankreich, Titularkönig von Sicilien u)id Jerusalem, welcher
die älteste Tochter Isabella des uhne männlichen trben ver-
storbenen Hei-zogs Karl lU. von Lothringen i heimgeführt hatte
«nd von diesem zum Erben seines Heraoglums eingesetzt
war.2 Graf Anton, welcher sich auf das salische (besetz be-
rief und bessere Ansprüche zu haben vermeinte, nahm die
Schinder in seinen Dienst, welche schon vorher verheerende
Slreifzüge nach I^thringen unternommen hatten, und die Loth-
ringer wussten kein anderes Mittel, sich des Grafen zu erwehren,
als ihrerseits ebenfalls die Schinder in Dienste zu nehmen.
Sie wandten sich an König Karl, der ihnen mit grösstem Ver-
gnügen schickte, was er gerade von Schindern zur Verfügung
halte, und zugleich den im Dienste des Grafen stehenden Banden
befahl, denselljen zu verlassen und den Lothringern im Kampfe
Nvider ihn l)eizustehen. Das geschah ; im Dienste Lothringens
zehrten die Schinder Jetzt Lothringen aus, und so rasch und
gründlich besorgten sie dies, dass, nachdem Anfang Oktober
■1438 dieser neue Abschnitt des Krieges begonnen hatte, bereits
Anfang Dezember eine Post nach der anderen ins Elsass kam,
dass ein Einfall der Schinder bevorstände, weil sie Lothringen
rein ausgezehrt hätten und dort nichts mehr zu essen (anden.
Das erschien den Lothringer Herren als das be<|uemste Aus-
kunftsmittel, die bchlimmen Gäste los zu werden, und gleich-
zeitig gedachten sie dann die Streitkräfte der Schinder im
Kampf wider ihre Widersacher im Westrich und im Elsass zu
* Die zweite Tochter Katharina war mit dem Markgrafen Jakob
von Baden vermählt und brachte ihm die Städte Bniyeies, Saint-Die,
Arches und Raon als Mitgift, ausserdem den Pfandbesitz der lothrin-
gischen Landvogtei Vogesen. Digot, Hist. de Lorvaine II, 349.
• Der sich daraus entspinnende lothringische Erbfolgekrieg dauerte
von 1431 bis 1441 und brachte die schwersten Leiden über das
Herzogtum. Für Deutschland war es von grösstem Nachteil, dass der
Oraf von Vaudemont seine Anspniche auf Lothringen gegenüber dem
Beistand, den König Karl seinem Schwager Herzog Rene gewährte,
nicht dnrchführen konnte. Lothringen wurde dadurch, dass es an die
Anjous kam, geradezu eine französische Provinz, und es war von
grösster Bedeutung, dass nach dem Aussterben der Anjous 1473 der
Enkel des Grafen Anton, Graf Rene von Vaudemont, sein Erbrecht
geltend machen ' 'uid die enge Verbindung Lothringens mit
Frankreich d}?'' ^rde. Ich gedenke darüber eine l)esondere
Arbeit erschr
— 13 —
verwenden. Hier .standen sich die niacliligen Dynastengeschlechter
der Grafen von LiiUelstein und Leiningen, der Herren von Finstin-
gen unH Lichtenberg oin.mder in .schilrfster Spannung gegen»
über, und Herrn Johann von Finsliii^t u frs^ liien die Gelcj^en-
heit willkommen, um eine alte Reclmuii}^ mit »Ion GebiOdern
Jakob und Ludwig von Lichtenberg auszugleichen. Der Könne-
table von Frankreich aelber, Graf Artus von Riebemont^ schlug
8ich ins Mittel, um die Bandenführer den Vorschlägen der
Lothringer Herren geneigt zu machen, und es scheint, als ob
selbst König Karl in diesem Sinne seinen Einfluss geltend ge-
macht hat, um das Land seines Sclnva-^er« so ];\i]ii;o von jfVHMi
Banden zu hetmeo, bis er selbst wieder Verweiüiuug lür sie
hatte.
In der That entschlossen sich die Kauitane am 12. Januar
ins Elsass abzuxiehen, und Ende Januar neweglen sich dann
die Streitkräfte der Schinder langsam in der Richtung auf die
Zaberner Steige. Am 24. Februar waren sie in den Gegenden
von BadonwilTer, Blamont und Rixingen konzenti iei t, so dass e»
zweifelhaft erschien, oh sie über die Markii-ciier oder Zaberner
Sleij^e ins Land hinein wollten. "Von da brachte sie ein Ge-
vviiiüitt in einem Tage nach de» Zaheriier Steige, und am
25. Februar brachen sie ins Elsass ein.
Es hatte nicht an Warnungen gefehlt über die Plfine der
Schinder, und unerwartet konnte daher der feindliche Einfalt
nicht kommen. Gleich als die ersten Armagnaken in Lothringen
erschienen, Kt^de Dezember l-iJii, legte sich auch im Klsass I^e-
reils die Furcht, dass dies «oede» Volk das Land heimsuchen
könnte. Man gedachte der Einfalle der «Engelschen» im vor-
hergehenden Jahrhundert, und wie uiiNaglich damals das Land
unter ihnen gelitten hatte. Die mächtigeren ReichsstAnde traten
iEusammen, uro über Verteidigungsmassregeln wider den bösen
Feind zu beralen ; aber sie kamen über die ersten Beratungen
niclft hinaus; i so oft Nachrichten einlrelTen von Absichten der
Schinder, ins Elsas? einzufallen, vereinigen sich die Reichs-
«tände zu neuen Taj^en, und wt^nn dann die Nachricht kommt,
dass es nicht so schlimm gewesen, gehen sie erieiclitert nach
Hause. In dieser Weise zogen sich die Verhandlungen von
einem Jahre zum anderen, ohne dass irgend ein Abkommen
erreicht wurde, ausser dass man sich vielleicht über die GruiKl-
hnien eines Bundes einigte, falls die Armagnaken wirklich den
Versuch machen sollten, ins I^nd zu fallen. Vielleicht erschien
die Gefahr ohistweden noch nicht so p:ross, und voi' allern
hinderte das sehr horechligte Misstrauen, welches Strassburg
gegen seinen allen bösartigen und ränkevollen Bischof Wilhelm
von Diest hatte, ein engeres Zusammenschliessen. Erst als die
' Cfr. cap. n meiner dtierten Abhandlung.
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- 14 —
NacliiicKten aus LoÜiriiigvii irniner (irohender wurden und es
ziemlicli sicher war, dass di«* Iii oder in der Tliat beabsicli-
liglen ins Flsass einzufallf n, »ia sie in Lotlirin^^en nichts mehr
zu essen t niden, da kam es endlich ijep:en Knde Dezenil)er
1438 zu einer vorlüuügen Vereinbarung, die dann am 3. Fe-
bruar 1439 feste Gestalt erhielt.
Leider aber hatte auch jetzt noch nicht die drohende Ge-
fall! das ganze Land einigen können zur gemeinsamen Abwehr,
JNicht bloss hielt sich die österreichische Herrschaft völlig fern,
obwohl doch auch das 0!)eif'lsass und der Simdgau ebenso be-
<lrohl war, sondiMii auch jene elsässischen Landherren, die mit
«leui einen Fuss in Lutlniiigen und mit dem andern im Klsass
standen und die Pässe des Gebirgs behensciilen, die Graten von
Lötxelstein und Leiningen, die Herren von Ochsenstein, Gerolds-
eck und Bitsch waren ebenfalls dem Bündnis nicht beiget relen.
iTeilnehniei des Bundes waren der Bischof von Strassburg, die
Gebrüder Jakob und Ludwig Herren von Lichtenberg, Smassmann
Herr von Itappoltslein und die Bilferschaft im Elsass «an einem
Teil», Ritter Reinhart von Neiperii. ' ünterlandvogt zu Elsass als
Vertreter des Kurlin sten von derJ^lulz von wegen der Landvoglei
und der Reichsstädte im Klsass — ausser Weissenburg, das nicht
beigetreten war — «am andern Teile » und die Stadt Strassburg
«zum dritten Teile». Und wenn diese nun wenigstens einmütig
zusammengehalten hätten ! Gerade jetzt war unter den elsassi-
schen und lothringischen Grenzherren heftige Fehde ausgebro-
chen, und neben den Herren von Lützelstein und Finstingen
waren cb die Herren von Lichten lierg, denen nachgesagt wurde»
dass sie die Arrnagnaken ins Land rufen wollten, l nd selbst
Bischof Wilhelm von Strassburg, der am meisten auf den Ab-
schluss des Bündnisses hingedrängt hatte, da ja sein Land zu-
nächst dem Angriff der Arniagnaken offen tag, blieb von
diesem Verdachte nicht verschont. Auf den Gassen und in den
Schenken Slrasshings hiess es nicht anders, als dass der alte
Feind den Sirassburgern «reinen trab schenken» möchte und die
•Feinde ins Land rufen wollle.
So fehlten bereits die ersten Bedingungen tin- ein gedeih-
liches ZusammenwirkeDy'aber auch volle Einigkeit hätte nicht
viel genützt ; denn die Bestimmungen des • Bündnisses waren
derart, dass eine erfolgreiche Abwehr überhaupt unmöglich war.
Gerade sie stellen die ganze Jämmerlichkeit jener traurigen
Zeit, der jeder Sinn für die Interessen der Allj^cmeinheit und
des Ganzen abging, die unter dem Wust der Kleinigkeiten den
Sinn für das Grosse vollständig verloren hatte, einmal recht
* Kurpialz war imtßf "itz der Laudvogtei im Elsass. für
Kurfürst Ludwig IV. & »ein Oheim Pfalzgraf Otto von'
Mosbach die Re^i^
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wieder in deulliches Licht. Man stelle sitli einnial die L;igc
vor: es \^[ <,'evvi8!«, dass eine t'm- damalige Zeit starke Armee,
der ein Lurclitbarer Ruf voraiigelü, zu keinem aiuleren Zweck
ins Elsass einfallen will, als um es auszuplündern; und. wozu
vereini{^n sich die VerbUmlelen, wie wollen sie diese Gefahr
abwenden? Wenn der Feind ins Land einfallt, soll jeder Teil
dem andern nach bestem Vermöjj^en helfen. Man will den Feind
al^o erst im Laiide haben, ehe man ihn bekämpft; ihn jenseits
der Vügesen aufzusuchen oder ihm dorh wenigstens die schwie-
rigen Pässe durch die Vogesen zu verleben, davon ist keine
Rede. Unter den Augen des Feindes soll sich das Heer bilden,
das ihn vertreiben soll, und insofern jeder nach bestem Ver-
mögen helfen soll, ist es in sein Beliel>en {gestellt, wie viel er
für seinen Teil leisten will. Auch ein Kriegsrat war vorgesehen,
zu dem jeder der drei Teile je einen Flauptmann stellte. Wa-*
nutzte aber der Kriegsrat, dessen Hest-hlüssse ahhänjiig waren
von der ZustinimunLr dei" drei Teile, von denen jeder *eiuer-
seits sich wieder üei Zuslinunung tierjenigen zu vergewissern
liatte, aus denen er sich zusaramensetsle !
So lautete der anfängliche Entwurf ;l der endgi'dtige Ver-
tragt enthielt noch einige nicht unwesentliche Aenderungen, diö
natürlich wiederum Gegenstand ernster, lang wieriger Beratungen
gewesen waren. Die Verbündeten mochten li» h einsehen, das^
es nicht nn^'ethan wäre, sieh so ganz jeglicher Offensivr zu
begeben ujni mi h vom Feinde ai)liäugi^ zu machen, und m*
hatten sie sich zu dem grossen Entschluss aufgerafft, ein Korps
von 300 Reisigen aufzustellen. — Das waren die Verteidigungs-
massregeln, wozu über vier Jahre der Beratung nötig {^wesen
waren. Man hatte ausserdem jetzt noch einen beratenden Körper
mehr: der Kriegsrat beriet, und über seine Beschlüsse beriet
dann der Städtetag, den der l'nterlandvogf , und der allgenx ine
Landtag, den der" Bis( hof berief. IJie Beratungen waren somit
in Permanenz, und wäiirend der.sell)eii — es fand gerade eiii
neuer Tag zu Molsheim statt — ziehen die x\rmagnaken am
25. Februar unter Führung des Herrn Jobann von Finstingen
über die Zaberner Steige, ohne auch nur ein einziges Hinder-
nis vorzufinden.
Immerhin ein rätselhafter Vorgang! Der Unterlandvogt von
Neiperg drü< Kf sirli in einem Brief an Stras.sburg aus, dass
es mit « Liederin likeit » j^^esdiehrü sei. Freilich halle vor allen
andern der Bischof von Strassburg, zu des.sen Gebiet der Pas.s
von Zabern gehörte, liederlich gehandelt, dass er nicht einmal
ein einziges Verhau angelegt hatte, um den Anmarsch des Feindes
aulzuhallen, und es war kein Wunder, dass die Leute in Stadt
1 Schilter 949,
s Das Original bei Spacb, Oeuvres III, 47d.
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— -
und I^aiul jolzt iJas Gerücht l)estatij3^t «glaubten, dass der Biscliof
die Walhen für ein Stück Geld heimlich ins I^md gelassen
halle. Wie stand es nun al)er mit den übrig;en Verbündeten?
Ausser Sirassburg waren sie ebenso wen if,^ gerüstet; der Unter-
landvogt selbst war völlig entblösst von Truppen, und es dauerte
über zwei Wochen, bis ein kleines Hei ter^esch wader zu seiner
Verstärkung eintraf, gerade als die Armagnaken abgezogen
waren.
Demnach hielten diese Käuberscharen, ohne das geringste
Hindernis zu linden, ihren Kinzug in. das blühende Elsass.
Politische Zwecke lagen ihnen fern. Es galt die Raublust zu
Ix3friedigen, für die Lothringen nur weniges mehi* bieten konnte,
und ihre Anführer lockte auch wohl die Aussicht auf Ruhm.
La Hire, der grosse Kriegsheld, den unser Dichter in seiner
Jungfrau von Orleans in verklärter Gestalt uns vorführt, ein
Plünderer wie alle anderen, hatte in echt Gascogner Weise ge-
schworen, sein Kriegsross in den Fluten des Rheins zu tränken,
und, fügt der Chronist hinzu, er hat seinen Schwur gehalten.
Das schliesst nicht aus, dass nicht auch noch andere Pläne im
Spiel waren, und gewiss hätte Papst Eugen gar zu gern das Heer
der Armagnaken auf Basel gelenkt, um das ihm so wider-
wärtige Konzil zu sprengen. Den Armagnaken hätte es aber
schon gepasst, eine so reiche Stadt auszuplündern und so viele
Prälaten zu Gefangenen zu machen, von denen hohes Lösegeld zu
erwarten war. Al^er Zweck des Heerzuges war es nicht; Basel
lag ihnen nicht mehr am Herzen als jede andere Stadt, deren
Eroberung ihnen Beute und Gewinn verhiess.
Für damalige Zeit verfügten die Kapitäne über eine be-
deutende Streitmacht; das Heer zählte etwa 12,0ÜÜ Mann, die
entsprechend dem Brauche der Schinder sämtlich ))eritten waren;
die wirkliche Kriegsstärke war natürlich viel geringer, nicht
über 10,000 Mann, der Rest war « snödes Volk». Nach ihrer
Bewaffnung waren die Soldaten entweder geharnischte Reiter
oder Bogenschützen, die im Gefecht absassen ; die Zahl der
letzteren wird zu 5000 guter mier (iOOO guter und sch echter
Bogner angegeben ; sie trugen leinene Panzer und Sturmhauben.
Unter den ülDrigen waren 800 vollständig rittermässig ausge-
rüstet, vom Kopf bis zum Fuss gepanzert ; sie ritten Hengste
im Werl von 200 bis 400 Gulden, also eine Elitetruppe in jeder
Beziehung. Auf jeden diesei* schwerbewaffneten Reiler sind
wenigstens zwei bewalTnete und berittene Diener zu rechnen,
so dass im ganzen eine Minimalzahl von 2-400 Reitern heraus-
kommt. Ausserdem zählte das Heer 500 « einspenniger », die
lediglich einen Kürass trugen. Rechnet man auf diese je einen
bewaffneten Diener, so erhält man als Gesjimtznhl etwa 10,000
Mann. Dazu kam der zahlreiche Tross, der auch Handwerker
wie Sc hneider und Schuster enthielt, und ausserdem an 400 be-
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rittene Weiber. Mit Artillerie hutte sich das Heer entsprechend
dem Zweck des Zuges nicht selir heiastet; es w^ron nur zwei
yrrosserc Gof^ehfitze vorhanden, danohen an i(H) HaiMll)richsen.
Das jfair/i' H^ev war in drei Hauten eingeteilt, von denen joder
sein eii:« II s lianiK i- tidirte; auch die Lanzen der Reiter hatten
Fülmlciii, rot, blau und schwarz.
Die Anführer waren die nämlichen, vor deren Namen Frank-
reich ertitterte, Abenteurer, die teilweise von der Pike auf
^fedient hatten und den Krieg von Grund aus kannten: La
Hire> Antoine de Chabannes, später Graf von Dammartin und
Marschall von Frankreich, und der Bastard von Verlus; daneben
sind zu neniuMi Kloquel, Blanclietlor, der »rrosse und kleine
Brusac, Pierre iienauld und der Sehotle Müntj^umery, Namen,
die uns hei dem Kriege von liii wieder begegnen werden.
Ein furchtbarer Ruf ging ihnen vorauf^ unid so laast sich
der panische Schrecken erklären, der sich im Lande verbreitete,
als es hiess, die Schinder standen bei Zabem. «Und wurde
ein grosser Schrecken und ein grosses Fliehen am Rheinstrom
von Basel his gen Mainz, wie man noch nie ztivor erfahren
liatte. Und die nicht Wa^e?» oder KarTen liatten, die nahmen
die kleinen Kinder in die liuck korbe, und die da gehen niocliten,
die führten sie an der Hand, und es war ein Jauinicr und
Elend das ansuschauen.» Zunächst breitete sich der Feind längs
der Vogesen in der Richtung^ auf Buchsweiler im Gebiete der
Herren von Uchtenberg aus. In Steinbuiv suchte Herr Ludwig
von Lichtenberg vergebens mit seinen Bauern Widerstand zu
leisten : der Kirchhof, auf dem er sich verschanzt hatte, wurde
erstnrml; er selbst entkam mit knapper Not, viele Bauern
w urden getangengenommen und uiussten hohes Lösegeld zahlen.
Dann aber wandten sie sich gen Strassburg. Hier brachten sie
am i. März den unvorsichtig ausfaUenden lärgem eine Schlappe
liei, die dann zum grossen Verdruss Strassburgs durch das
Gerücht ins Ungeheuerliche vergrössertwurde, als ob die Schinder
sieh der Vorstadt von Strasshurg, ja gar der Rheinbrüeke be-
mä( hti^;t hätten. Weiter abfi- veimoehten <lie Keinde der Stadt,
die jetzt vorsichtig ilue Hüii^er innerhalb der Stadtmauern hielt,
nichts anzuhaben, und so zogen sie denn am iL März in der
Frühe wieder ab und wandten sich nach dem Gebirge gen
Eplig, Molsheim und Rosheim au.
Jetzt wäre es an der Zeit gewesen, dass jedes Mitglied des
Bundes dem anderen nach seinem besten Vermögen geholfen
hätte. Wunderbar muss es uns da voj kommen, wenn es heisst :
«Das ärgst(^ war, dass man ihnen nicht konnte Widei-stand
lei.sten, denn man konnte nicht zusammenkommen, iinl« m man
sich solchen Ueherfalls nicht versehen.» In der Thal wai nie-
mand gerüstet. 0er Landvogt hatte keine Truppen; ebensowenig
waren die zunächst liegenden Städte und JSurgen genügend
2
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— 18 —
armiert. Von «leii ul)erländis(lien Verbündeten rührte sich nie-
mand. Kein Wunder, wenn dem Feinde einstweilen der Kamm
schwoH und er sicli vormass, alle Herren vom Sohweizerlando
))is *»en Köln bestehen zu wollen. Üennoib Verloien die Vei-
J)ündeten den Mut nicht; was sie früher an Rüstungen versäumt
hatten, wollten sie Jetzt nachholen. Wenn ihnen nur <li«'
Schinder den Gelallen «^elhan hätten, darauf zu waiienl Zu-
nächst wollte man jetzt das ursprünglich geplante Geschwader
von 30() Reisigen möglichst bald aufbiingen, um den Streifereien
der Armagnaken ein Ende zu machen und sio zu zwingen, sich
zusammenzuhalten. In diesem Sinne schrieb der l nterlandvogt
an den Pfalzgrafen Otto, was er von Iteisigen zur Verfügung
iiätte, ihfii sofort zu Hilfe zu schicken. Längere Zeit erforderte
dagegen die Ausrüstung eines Heeres, das den Keind aus dem
Lande schlagen sollte. Es wurde ein allgemeines Aufgebot be-
sclilossen und als 'IVrmin der März, als Sammelplatz Hagenau
bestimmt ; Pfalzgraf Otto wunle gebeten, sich auch an die be-
nachbarten Fürsten um Hilfe zu wenden. Bis zu jenem Termin
musste man sich nun schon darein fügen, die Schinder als
Herren im Lande schalten und walten zu lassen. Denen aber
war es ums Plündern zu Ihun , und nicht nms Kämpfen;
und da jener ((Anschlag» ihnen nicht verborgen bleiben konnte,
waren sie längst über alle Rerge, bevor id)erhaupt nur das reisige
Geschwader, das aus der Pfalz kommen sollte, nun endlich in
Sicht war. Dennoch aber hatten sie nicht unerhebliche Verluste
(»rlitten. Von den festen Plätzen, die sie versucht hatten zu er-
stürmen, wie Epfip, Dachslein und Molsheim, waren sie mit
blutigen Köpfen zurückgewiesen ; zu Molsheim und Dachstein
sollen sie allein an i^OU Mann verloren haben. Mancher einzelne
Mann wurde von den ergrimmten Bauern erschlagen, kleineren
Haufen von den Streifpartien, die aus Städten und Burgen
kamen, ein gleiches Schicksal beieitet. So «'rlitten sie, ohne
Gelegenheit gehabt zu haben, in offenem Treflen ihren Gegnern
entgegenzutreten, doch erhebliche Verluste. Ihr G(\samtverlust
.soll an 1(100 Mann betragen haben, ein beträchtlicher Prozent-
.satz im Verhältnis zu ihrer Anzahl.
Rh* Aufenthalt im Untei elsass hatte gedauert vom 2.").Febi uar
bis zum (). März; an sich nur eine kurze Spanne Zeil, aber sie
hatte gereicht, um grenzenloses Elend über die betroflenen Ge-
genden zu bringen. Gewisse Einzelnheiten, die berichtet werden,
sind geradezu grässlich und lassen sich kaum wiedergeben.
Es war wenig, dass sie alles, was sie antrafen, vernichteten,
dass zwischen Zabern un<l Hagenau über 110 Dörfer in Asche
lagen, das war einmal Kriegsgebrauch; aber die Grenelthaten,
die dabei verübt wurden, die schrien zum Himmel. Zu Stein-
burg brieten sie einen Bauern, der ihnen kein Geld geben
konnle, am Fe»' "d als er um und um voll P>lattern war,
iL.
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^ 19 —
rieben sie ihn allenthalben mit Salz ein, ]>anden ihn vom Spiesse^
setzten ihn zu sich und gaben ilim zu essen und zu trinken.
Und nachdem er noch acht Tage in grosser Marter gelebt
liatfo, slarli er. orBiosor wäre auch wohl wiirfli^ p:rwp5?en, in
den rnf ilo^^^uni der Miirlyror zu sptzen», ITi^^t der liiodcn^ (ihi onisi
Bernliaid Herzog hinzu. — Grauenhaft war es, wie siih ^('^eu
Frauen und Mädclien verjjingen ; diese Akte hestiahscher Wol-
lust lassen sich nicht erzählen. Nicht anders vergingen sie sich
^cgen Kirchen und Klöster. Nonnen wurden geschändet, Priester
entmannt; die heiligen Gefusse geraubt und zu den gemeinsten
Zwecken missbraucht.
So liatten sie iin l'n(erhnid gehaui^t ; noch viel rrrnudMelter
.sollte sie das OheilaiKi kennen lernen. Ein Iditzx liiH'll aus-
gefülirler Ritt hatte üie in einem Tage aus der Ge;^>'U(l von
Epfig und Molsheim Ins gen Ensisiieim gcfiihrt und aus dem
Bereiche der Verbfindeten gebracht. Im Oberelsass und Sund-
gau war alles in tiefster Ruhe, niemand war auf ihr Kommen
getasst, nichts in Sicherheit i^ehracht worden. Bei Colmar
trafen sie die Leute in den Weinbergen und in einem Dorfe,
Ammelkirrh liei Ensisheim, gar auf dem Jahrmärkte und nahmen
gegen 3(K) Bauern dort p-efangen. Nirgends landen sie Wider-
stand. Der üsleneicliische Landvo^-t Markgraf Wilhelm von
Baden -Höchberg sass still und <dhal nichts dazu, und liess
seines eigenen Herrn I^nd verderben, die Bauern fangen und
erstechen, den armen Leuten das Vieh und Gut nehmen, wider
Ehre, Gott und Recht». Zu Thann ritten die Schinder ohne
Hinrlernis ans und ein und verkauften ihre Beute. Das hätte
er wohl wehicn können, aber, wie d-M- Clnonist drasti.sch
Jnnzufügt, der «Hund weiss seines IJerni >ilten wohl». Zuletzt
wandte der Lamivogt sich an Basel, was die Stadl zu thun ge-
dächte, da erhielt er nur spitze Aritworlen, «Sie wollten ihre
Stadt schon behüten und fürchteten sich nicht. Hatt' er aber
gern solcher Gäste, so sollt* er lugen, dass ihm Gäste mehr
wurden.» Der zahlreiche Sundgauer Adel, sonst so rauflustig,
wenn es den Städten und den auf den I.andstrnssen einher-
ziehenden Kauflenten galt, <ass jetzt still auf .seinen Burfren
und machte wohl geuK'iiisc iialtliche Sache mit den Schindern.
So konnten sie ungestört ihr Wesen treiben. Zu den Leuten,
die sie fingen in der Herrschaft oder im Bistum, spruchen sie:
Dein eigener Herr hat dich verkauft und verraten und mag
rnil seinem Leih und Gut leben na( h unserem Willen und
Wohlgefallen. So berichtet der ("ln onist Maternus Berler. . Er
zeip:t sieh über diesen Zui;' sonst gut unterrichh t ; hier mag
aher sein*' Krzählung docli durch die späteren FJieignisse be-
eintlusst sein, als im Jahre '1444 die oslcri eichische Begiernng
und der Sundgauer Adel gemein.schaftliclie Sache mit <len Ar-
magnaken machten. Der Verdacht mag entstanden sein infolge
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— t>0 —
<ler schlallen Halluiij^ dos Lainlvüj,'les. Seine j^anze Tliäti;,^kcil
Iwiscliränkte sich auf Verhandlungen mil diesen hösen Gästen,
oh er sie nicht aus dem Lande kaufen könnte ; al)er ihre For-
derunj^en waren zu ho<:h, er konnte sie nicht erfüllen. Es war
auch nicht ihn? Art, ein Land zu verlassen, so lange noch die
Klaue einer Kuh ühr'i'^ war, und einstweilen hatten sie ja
Unterhalt in Fülle, da «iie Bewohner üherrascht worden waren
und nicht Zeit «^ehaht hatten, sich mit ihren Vorräten zu flüchten.
So j^rosse Vorräte hatten .sie jjefunden, <iass sie einen freien
Markt ausriefen, und wer zu ihnen kam, der kaufen wollte,
«lern ^ahen sie einen Maller Korn für einen Gulden.
Sehnsüchtiji mochten jetzt die OL>erländer ihre Blicke nacii
dem IJnterelsass um Hilfe wenden, oh nicht hald das Heer
zusammentreten würde, das den Feind vertreil>en sollte, al>er
so wie sie es vordem im Oherland j»emacht hatten, machte
man es jetzt im Unterlande. «Diejeni«,^en, so es nicht betraf,
hliel>en daheim, dieweil ihre Wand kalt hlieh.» Nachdem die
Armagnaken glücklich aus dem Unlerelsass aljgezogen waren,
hatte der Unlerlandvogt von Nei|>er«» nichts Eiligeres zu thun
geliaht, als seinem Herrn, dem Pfalzgrafen Otto, den Feldzng
zu «wiederhielen», und «lieser hatte mit seinea Verhündeteu
daraufliin seine Büstungen eingestellt. Als dann die Alarm-
nachricht in Strassburg einlief, dass ol)en am Gebirg allent-
halben mit den Glocken gestürmt würde ül)er die Armagnaken,
die wieder das Land herabzögen, da ihnen von den Grafen von
Mümpelgart* und den hurgundischen Landherren die Pässe
nach Burgund verlegt wären , da wurde am 16. März zu
Strassburg auf einem Tage der Beschluss gefasst, dass der Zug
nun doch von statten gelien sollte; al)er der Termin verstrich,
und von einer Armee um Hagenau Hess sich nichts hören,
wenngleich es hiess, <lass Pfalzgraf Otto im Anzüge wäre. Am
März kam darauf die Nachricht, dass der Zug wieder wendig
geworden wäre. Und diesmal trug der österreichische Landvogt
Markgraf Wilhelm die Schuld, dass der Zug nicht zu stände kam.
Wichtige Dinge waren nämlich oben im Lande ge.schehen.
Den Schindern war es gelungen, zwei kleine Städte, Grand vil-
lar.< und Münstn»! zu erstürmen, und hier hatten sie .so viel
Vorräte vorgefunden, dass die Hoflnung, sie müssten über kurz
oder lang wegen Mangels an Lebensmitteln abziehen, einen
argen Stoss erlitt. An ihren baldigen Abzug war jetzt nicht zu
denken, zumal König Karl ihnen Weisung erteilt hatt<', bis auf
weiteres in Deutschland zu bleil)en. Umsomelir hätte der Mark-
graf dem Feind jezt energisch zu Leibe gehen sollen. Die (ie-
legenheit dazu war gimstig. Zahlreiche Streitkräfte waren ira
* In jener 7' " "»s selten Mömpelgart, sondoni meist
Mümpelgart.
— 21 —
An/ii;^', aber sie schienen dem zaglnrien Manne nicht auf^reichend
niH den Feind mit Erfol*:^ «ni^neitVn zu können; Nvenigstens
ÜOÜÜ Reisijire, meinte er, waren nöti^ ; und so schlug er vor,
dass acht Tage nach Ostern ein Heer in dieser Stärke sich zu
Ensisheim oder anderswo sammeln sollte. Das wurde denn auch
angenommen^ und diesmal sollte wirklich der Feldzu;^ von statten
gehen ; aufs eifrigste ^vu^de gerüstet, und man gedachte auch
so weit wif jiinprlich <lie }»enaclil)arlon Reiclisstände ziii" Hilfe-
leistung lieranzuzielieii. Noch in seinem Laj^or zu Sleinwviler
wandte sicli Pfalz^n-nf OUo zugleicli im Namen ties Piiscliofs von
Strassburg, des Marligrafen Jakob von Baden und der i>eiden
Grafen Ludwig imd Ulrich von Wörttemherg an Frankfurt und
forderte die Stadl auf, eine md^lichsl grosse Anzahl Truppen
iind Geschütz auf den 6. April gen Speier zu senden, und
wie an Frankfurt wird er sich auch an andere benachbarte
Heiehsstadte wie Mainz, Wocm^^ dtkI Speier gewandt liaben.
Er selbst röstete .ins nllen Kialten und gedachte mit 3(MX) Rei-
sigen und mit 2Ü0U «gewapetern mennern» ins Feld zu ziehen.
Im Elsass selbst hatten die unvermeidlichen lieratungen der
zehn Reichsstädte über die dem Pfalzgrafen als ihrem Ober*
landvogt zu leistende Hilfe bereits wieder begonnen, da kam
die Nachricht, der Feind wäre abgezogen. Markgraf Wilhelm
und GriUin Henriette von Mümpelgart hatten ihnen Geld ge-
geben und ausserdem freien Durchzug dur ch die nrafschatt Bur-
gund iiii- f<ie erwirkt, und so waren sie denn endlich in den
letzten Tagen des Mär/ abgerückt.
Warum rief aber das Elsass nicht das Kcich um Hilfe an?
Und Iies6 denn der deutsche König Albrecht es ruhig geschehen,
dass ein tVemdes Heer sich in diese blähende Landschaft des
Reiches einlagerte? König Alhrecht Dubrle Krieg wider die Türken
und bekümmerte sich wenij.' darum, was im Westen geschah,
und ebensoweni'/ nahm das Reich Kunde davon. Der Kinfall
<ler i^ranzuseii ging fast unbeachtet vorüber und wird in den
Chroniken kauni erwähnt. Nur die zunächst sitzenden Fürsten
förchten doch eine Wiederholung des Besuches. So erklärt es
sich, dass, nachdem die Arma^aken schon längst abgezogen
waren, der Eizbischof von Mainz und der Pfalzgraf Otto auf
den 29. Juni einen Tag nach Mainz anberaumten, um ül)er ge-
meinsamen Widerstand wider den Gegner zu l>ei*a1enJ Von den
l3es<:ld üssen des Tai^^ s haL)en wir weiter keine Kenntnis, als
dass der Ei zliischol und der Pfalzpraf ein Beschwerdeschreiben
wegen des Emialls der Armagnaken an den König von Frank-
reich richteten. Dieser antwortete > am 20. August und stellte
1 BiBcboffsheim samst n. pfingsten (Hai 30) 1439. Strbg. St.-A.
AA 183 or. ch.
« Tnetey 1. c. I, 118.
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unter dem Ausdruck ^»■ro'^slen Heilauerns üljer das Treiben der
Arina^niakeu je;j;;lit he Milsi liuld seinerseits an ihi'em Einfall in
Abrede ; sie seien von einigen Kürsten und L;uuleslje\volniei ii
lieibeige rufen wordea. — Dabei herubigten sich die Fürsten,
und weitere Schritte iinterblieben. König Karl aber konnte
daraus lernen, was er dem deutschen Reiche bieten durfle,
und die Ereignisse des Jahres liii haben gezeigt, dass der
König aus dem Jahre 1439 in der That gelernt hatte.
Neue Beängstigungen und Beratungen imEIsass.
üeber einen Monat halten die Schinder ungestört im Elsass
hausen können, und wenn sie auch zuweilen in kleinen Schar*
mQtzeln den kürzem gezogen hatten, so waren sie doch sonst un-
bestritten Herren im Felde geblieben ; die Bauern hatten sich in ihr
Schicksal erj^eben müssen, sich von ihnen ausrauhen und miss-
handeln zu lassen. Kein Wutider, dass es sie wieder hinzog
nach dem Lande, dass sie bei ihrem Abzüge eine baldige Rück-
kebr verhiessen ; das war eben das Bedenkliche, dass nicht
das geringste geschehen war, um dem Feind die Wiederholung
eines solchen Besuches zu verleiden, und da die Schindei* sich auch
in den folgenden Jahren in Lothringen hielten, so war die na-
türliche Folge, dass die Reichsstande im Elsass in beständiger
Aufregung und Besorgnis vor einem neuen Einfall schwebten.
Trotz der bittersten Erfahrung aber wissen sie auch jetzt kein
andeies Mittel, der stets drohenden Oerabr zu bci^egnen, als zu
neuen Berat uaj<en zusammenzukommen. So wiederliolt sich
die Geschichte der Jahre 1435—1439 in neuem Kreislauf.
In Lothringen war nämlich aufs neue ein erbitterter Kampf
mit dem Grafen von Vaud^monf und dessen getreuem Partei-
gänger, dem Herrn von Commercy ausgebrochen. Als dann ein
VVairensfillstand am 15. Angnsl i Iiier den Feindseligkeiten ein
Knd(! machte, entstand auch im Elsass sofort die grösste Furcht
voi' einem erneuten Einfall, da die S( hinder in Lotln ingen nichts
mehr /u zehren halten. Und in der That kam, gerade wie im
Februar, gegen Ende September und Anfang Oktober 1439 eine
Nachricht nach der andern,* wonach diese Absicht thatsächlich
1 Digot 1. c. III, p. 6L
2 Gräfin Henriette von Württcinberg-Mümpelgart an Basel dat.
Michael.; mitgeteilt von Basel an Strassburg fer. quint. p. Mich.
lOkt. 1):' die Schiuder wollen 18,000 Maua stark durch Lothringen in
KAPITEL IL
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Ijestanii. Slüike Ti'upponanli:ni fünften tanilen slalt zu Mamlres, ^
St-Miliiel, Baccnrat, Blaniont uiui St-Di»^, und es liit?s.s, dds^
Herr Johana voa Fiusliiigeii diese Truppen durch das Leber-
X thal ins Elsass führen wolle. Diesmal war das Geröcht» es solle
über die Stadt Bergheim und die österreichisdie Herrschaft
oder über die Grafen von Lupfen gehen, und zwar war die
Hede von nicht wenij^er als 30,000 Pferden. Zum Glück
die Gefahr aber noch einmal vorüber, denti Köni«,' Karl rief die
Kapitäne mit dem Volk ah zu einem Feldzuge wider die Eng-
länder i in der Normandie.
Damit hatte das Elsass für den Rest des Jahi'es Ruhe.
Das Jahr 1410 brachte neue Angst und Sorge. Sehen anfangs
März erwartete man im Oherelsass einen neuen Einfall der
Schinder, die durch die Grafschaft Münipelgart im Anmarsch
sein snlltoii.2 Und in diesem Jalire war es, d:is>; Slrasshurg
sich wenij^stens i!e< mächtigsten lolhringis«chen P:n1«:igangers,
de:s Herrn Johann von Finstingcn, zu versicliein suchte, indem
es mit iinn einen Dienstvertrag auf 10 Jahre abschloss. s
Glücklicherweise erwiesen sich diese Befürchtungen auch jetzt
wieder unbegründet. Weit schlimmer dagegen liess sich das
Jahr 14ii an. Damals war es, dass Karl Vfl. mit ^ner starken
Armee im Januar in die Champagne und bis an <lic Grenzen
von LothrinpMi vordranji, um die gänzliclt aus^ozclirlen Tand-
schaflcn von ihren Peini^ei ii, den ArniM;:ii;tkpn, zu heireien ;
und in der That verbreitete er Furclit und bi hret-ken durch
AA 182 or. ch. — Strbg. an Basel: Danken für Ueberseiidung de«
Schreibens und .sclireibi n, In .s sie Botschaft in welsche Land bis gen
Metz gethan haben . einer ihrer Uiener ist am Freitag lioimgekonuTien mit
einem Brief, worin ein treuer Freund Strassburgä schreibt, dass das
Volk an 4000 Pferde stark bis ait das Land von Bore gezogen ist,
um da mehr Volkes zu warten, so dass mehr als 30,000 Mann zusammen
kommen sollen, in mcinunge in dise lande zu ziehen. Der König
von Frankreich liegt aber vor einer Stadt an 7 Meilen ginsite Paris
mit eime hesesse ; da aber der Kdnig von England sich anschickt den
beseese zu bestriten, hat der König yon Frankreich nach dem ge-
naMTiton Voll:«' ireschickf, dass es sich mit ihm vereine, und so
haben die Schinder ihre Absicht aufgegeben in diese Lande zu ziehen
dat. do. n. Michael. (Okt. 4). Basel A Er. N nr. 200 or. ch. — Aus-
serdem anonyme Kundschaft. Strbg. St-A AA. 190.
1 de Beaucourt, Hist. de Charles VII, III, 21.
- Schreiben des Schulth rissen von Kaisersher;^ Ulrich vom Richen-
stein an (?). dnt. iudica. — Strbg. St.-A. AA 186cop. ch. coaev. Claus;
^haulit uu Burckart v. Mulnheim den altern, CUuea z&m Trubel
Stettmeister, Adam Riff, Conrat Armbrnster Altammeister. dat.
donrst. n. Mathis 1440. — Strbg St.-A. AA 186.
3 Der Herr von Finstingen dient der Stadt mit 10 Glefen, jede.
zu 3 Pferden. 1440 Okt. -Nov. Strbg. St.-A. AA 1^2 cop. ch. coaev.
* de Beaucourt Iii, p. 171 ff.
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— t."f —
das Stral\,^ericht, das er an einijfeii Häuptern ihi-er Banden voll-
ziehen liess.» S(h:\\ wiclilij^er aJ>er war es, dass er die Quelle
alles Unheils versloptle, indem er den Grafen von Vaudeniont
und Rol>ert von Saarhrü< ken Herrn von Commercy zwan«^, mit
Herzo;,^ Rene von Lothringen Fritiden zu schliessen. Die An-
wesenheil des Köni^^s aher mit einer zahlreichen Armee errejfte
nicht hioss in den deutschen Grenzlanden, sondern auch im
ührij^en Deutschland grosse Besor^^misse vor einem neuen Ein-
fall, zumal jene ausj^ezehrten Lanclscliaften eine st>lche Truppen-
macht auf die Dauer nicht unterhalten konnten. Es hiess, « dass
an o(KH) Mann hereits hei St-Nicolas-ilu-Port ständen, und dass
Könij^ Rene wohl mit 1(XH> Mann nachrückte, inn zu St-Nicolas
seinen Schwager Koni«!: Karl zu erwarten, der eine Bittfaiirt nach
diesem vielbesuchten Wallfaliiisorte machen wollte; eine Bitt-
fahrt al)ei" mit so zahlreichem Gefolge unternommen musste
natürli<-h tlie Bcfürchtunj,^ erwecken, dass sie bis ins Elsass
hinein ausj^edehnt werden könnte. S<» nahm der jun^re Bischof
von Strassl)ur^, Pfalzgraf Ruprecht, wieder zu dem gewohnten
Hilfsmittel seine Zuflucht; er berief einen allgemeinen Iiandtag
nach Moltilieim auf den 7. Mär/, s und Pfalzgraf Otto setzte gar
eine allgemeine Heerfahrt auf den März an, wozu er
Hagenau als Sammelplatz Iwstimmte.* Auch jetzt bewiesen sich
die Befürchtungen als grundlos. Bereits Markgraf Jakob von
Baden hatte Strassburg beruhigt, während König Karl eine Ge-
sandtsiliatt auf den geradezu Mainz stattfindenden Kurfürstenlag
.schickte und die friedlichsten und beruhigendsten Versicherungen
' Hiermit beginnen jene wichtigen Bericlite, wcklie Jean van Esch,
genannt von Luxemburg, Sekretär der Stadt Metz, von jetzt ab über
die Verhältnisse in Lothringen und in Frankreich an Strassburg
richtete. Jean van Esch war, abgesehen von seiner amtlichen Stellung,
noch infolge seiner persönlichen und verwandtschaftlichen Beziehungen
zu dem lothringischen Adel in alle Verhältnisse genau eingeweiht.
Seine Berichte sind daher eine Quelle ersten Ranges für die Geschichte
dieser Grenzgegenden in jener Zeit und verdienten wohl eine beson-
dere Ausgabe, zumal sie auch sprachlich von Interesse sind. Jean
van Esch schreibt in Luxemburger Mundart: die Schrift selbst ist
vielfach schwer zu entziflFern. Die Berichte finden sich Strbg. St.-A.
AA 185.
' Hagenau an Strassburg dat. samst. n. Mathis (Febr. 25) 1441.
— Strbg. St.-A. AA 186 or. ch. — Diese Nachrichten werden ergänzt
durch einen Bericht von Clilwes Schanlit und Obreht Schaick über
eine Unterredung mit Markgraf Jakob von Baden dat. Peterstag 1441.
Peferstag kann hier nach dem Inhalt des Schreibens nur cathedr.
Petri (Febr. 22; .sein. — AA liK) or. ch.
2 Zinst. n. invocavit dat. estomihi (Febr. 20). AA 182 or. ch.
* An Strassburg. dat. Heydelberg sec. fer. p. estomihi (Febr. 27).
AA 181 or. ch. Desgleichen an Frankfurt Janssen, Frankfurts Reichs-
korr. 2, l nr. 38
1
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— ^ —
j^ab. ^ Gn»?>;s«'rf' Beruhip^ung aber jfevväbrlc es, dass der ktniii;
im April iiiiL doiii grössten Teil semts ileeiea wieder ahzo«r
und die Arniagnaken durch die iin Juni beginnende Beiagei un^
von Pontoise, die ins Ende September dauerte, ferngehalten
wurden.' Aber es waren immerhin noch genug von den Schin-
dern und xwar vom schlimmsten Ge^^indel in Lothringen lurtek-
geblieben, und so hörte auch jetzt die Furcht in dem wehrlosen
Lande niclit auf, dass am Ende wieder die stets i*autlusti<ren
Herren des Westrich die J^nden durch die von ihnen l»e-
herrschten Pässe ins Land führen könnten. Wie bitter rüchte
es sich doch, dass es im Elsass nicht zu einer durchgreifenden
Landesgewalt gekommen war, dass auch dem neuen Bischof, dem
mächtigsten Landherrn, ebensowenig zu trauen war wie seinem
Vorgänger. Als dann Pontoise geSlIen war, erhielt die alte
Fnrrfit wieder neue Nahrunjr, und es fanden abermals Be-
rat miL^cn st;»lt. wie man sich der Gefahr vor den Annagnaken
erwehren ktumte. Das Jahr 14i!2 vei^ing in derselben Weise.
Es wüixie zu weit führen, alle jene Larmgerüchte anzuführen,
welche der Bischof von Strasshurg der Stadt mitteilt, und wo-
bei er dann regelmässig die Stadt sum Scfaluss bittet, sich
gerüstet zu halten, um ihm auf Erfordern sofort zu Hilfe
zu ziehen. In I^)thringen nalimen die Fehdon nnler der
schwachen i\e<^iei'un<( von Könij; Rene kein Knde, und so
liesö sieh namentlich das Jalir i44ii reclil sclilirnm an. Der
unverbesserliche Roberl von Saarbrücken halle zahlreiciie Scharen
der Sehinder in Dienst genommen, öherzog zunächst den
Bischof von Metz und den Grafen von Salm und verwüstete
dann die gesegnete Metzer Landschaft ; starke Schaivn .sollten
auch zu St-Die und in der Nähe der Zaberner Steige liegen.*
Das erregt natürlich wie<ler die grösste Besorgnis im Elsass,
die in jenen unvermeidlichen Beiatun^^en ihren Ausdruck tindet,
deren Ergebnisse immer dieselben sind.
Anders wurde es nun aber im Jahre 1444. Die Friedens-
verhandlungen zwischen England und Frankreich waren wieder
aufgenommen worden, und wenn auch ein endgültiger Friede
noch nicht zu erreichen war, so hatten sie doch wenigstens
das Ergebnis gehabt, dass am 28. Mai zu Toins ein WafTen-
stillstand bis zum 1. April 1440 geschlossen wurde. Sofort
musste tlie Frage entstehen, sowohl auf fran/osiseher als auch
englischer Seile ; wohin so lange mit den Söldnern, die <lar>
. • '
^ Main7. :m Sf rassbnr;,', dat. invocavit. AA 180 or. eh. — Am
11. März sagte »laiiu Ffalzgrat Otto die Heerfahrt ab. 1. c.
2 de Beaucourt III, 177 ff.
S Berirlste von Jean van Esch vom 10. Mai und 9. Juni. — Schreiben
vqii Bischot Uuprecht und Basel an Strussburg. — AA 191.
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— 20 ^
l/dnd wü.sle lo|^«MrM Man kouiite sie nicht oiilbt liitMi, wtMin der
Kiie^ wieder ausbraclj, aljer wenn Frankreich und die l'ron-
zösischen Gebiete Englands intwischea der S(^nungen des Frie-
dens teilliaflig werden sollten, mussten für diese Zeit die Banden
entfernt werden.
Diese qiudende Fraj,'e J>eschäfti«j^le nicht nur die Geniüler
in Frankreich, sonilern noch weit mehr in deri (Iieiizlnnden.
Würde es so erjj^ehen wie im \oi i^en Jalirhunderl, wie im
Jahre 14139, würde sich nun diese yanze Flut von Mordbrennern
und Banditen über das gese<;nele Elsass ergiessen? Mail kann
isich denken > in welch änjiistliclier Spannung die Gemfiter
waren, wie sie sich abmarterten nnt der Frage, über wen es
nun gellen würde, .ds sich die Arin i^iinken vom bisherigen
Kriegsschauplatz her langsam gegen die Ostgrenze in Bewegung
setzten. Die erste Kunde eihielt Strassburg durch seinen uner-
müdlichen ßerichtnrstatttM' lean van Fsch. - Die Kapitäne von
Fiaiikreich und England sind nnt ilirem Volk «in diese lande»
geritten und liej^en wohl mit 34,000 reisigen Pferden zwischen
Vitry und St. Menehould; der König von Frankreich will sie
nicht mehr im Lande bähen und hat ihnen erlaubt andere Läader
zu suchen, um sich zu ernähren, « so sie beste moegent».
Also will der grösste T'mI ins FIsass ziehen und der andere ins
Mel/.er Land, und sie waren sciiuii liiiigsf aufgebrochen, wenn
nicht die grassen Wasser gewesen wären. Ivurz darauf war
Jean van Esch in der Lage, seine Nachrichten zu ergänzen.'
Er gab die Stärke des Volkes, das aus Franzosen und Eng-
ländern bestände, auf 40,000 Pferde an ; davon lägen an 10,000
zwischen Chälons und Vitry, oOOO hielten jenseits der Maas
bei Veidiin ; der grösste Teil liLif aber um Troyes, und hier
betan«len sich aucli der ntupliiii mit seinem Schwiegervater,
tieni König von S lioltlaud, und der König von Sicihen ; ob
dieselben aber mit dem Volk in diese Lande ziehen weiden,
ist noch unbestimmt. «Sie haben groese upsacz und sach vor
banden, nieinantz kan aber noch nicht gewissen btre meinunge.»
Bei dem Heere befänden sich 84 französische Kapitäne, die
Engländer hätten 8 Hauptleute. Die Leute selbst seien zum
Teil ^'ir ftisrb und gar wohl gerüstet : der grössere Teil a)jer
sei lioder l[t In s und zusamniengerall'les Volk, und sie hätten
mehr als 2iKM) Weiber, die mit ihnen ritten.
Die Nachrichten, die jetzt von allen Selten zusammentrafen,
bestali^len diese Mitteilungen nur zu sehr. Und nun stelle
man sich die elsässischen Reichsstände in ihrer Angst und
Not vor. Diesmal .%hien es also doch ernst werden zu wollen.
1 Beancourt III, 278.
- dar. 1444, Juni 5. — AÄ 185 or. ch.
^ dat. sampst. nae u. h. lichams dag (Joui 13) 1. c.
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— 27 —
Ein gewalti'^es fleer lifuifte .sich nicht allzufern von der Grenze
zusammen, \u]<\ nacli allen Anzeichen zu urteilen, wollien sie
ins Elsass liijicin/iehen, a))er was für Pläne sie hiei' vedulg'len,
davon verlautete einstweilen nichts. In dieser quälenden ün-
gewissheit sdieint man fest das bewährte Rezept der Tag-
satzungen vergessen 2U haben; denn es liegen keinerlei Nach-
richten vor, dass solche in dieser Zeit abgehalten wären. Zum
Teil wurde darauf der Schleier über die Absichten des fran-
zösischen Heeres gelüftet durcli ''in Sri i reihen des Herrn von
Blamont, Marschalls von Burj^und, au den Graten Hans von
Fieihurg, welches der Markgraf Jakob von Baden an Strass-
bur^ ^elajigen hess, ^ darin es hiess, dass der Dauphin der
österreichischen Herrschaft wider die Schweizer zu Hilfe ziehen
wollte. Aber auch das waren nur Vermutungen ; einigermassen
Klarheit brachte erst ein Schreiben der Königin von SiciUen
an ihren Schwager Markgraf Jakob von Baden. 2 /war von den
eigentüi heu Mt'^it lifen Könijjf Karls und des Dau|)hins wnsste sie
auch nieht.s wciletes, als dass der l)aii|iiun Feinde siu he; sie iialle
aber durch die Fürbitte von Konig Karl heim Dauphin erwirkt,
dass derselbe weder des Markgrafen noch der Pfalzgrafen Land
und Gebiet schädigen wollte ; wenn der Dauphin nun in die
Nähe seines Landes käme, so möge der Mai kgraf ihn an das
Versprechen mahnen, welches er ihr, der Königin, gegeben
hätte. 3 — Wenn bisher noch mancfie geglaubt li.Hfen, dn?;s der
D:inplün wider den Herzog von Burgund ziehen wollte, so war
wenigstens so viel jetzt sirhei", dass der Ziig des Dauphin über
deutsches Gebiet gehen sohle, und da lag die Vermutung nur
zu nahe, dass zunächst das Elsass von dem feindlichen Einfall
betroffen werden würde. Da musste auch vom Reich Vorsorge
getrotlen werden, und Markgraf Jakob, so nahe er sonst König
Friedrich stand, war doch so wenig üher dessen Pläne unter-
richtet, dass er jenes Schreil)en ihm ühersandte, um ihn über
die Absichten l'iankreichs rechtzeitig anfzuklai en. *
Unter dem Eindruck dieser Hiohsposlen wussten sich die
elsassischen Reichsstände nicht anders zu hellen, als dass sie
zu neuen Beratungen zusammentraten; und so hatte Bischof
Ruprecht einen Tag auf den 16. Juli nach Molsheim berufen.
» fer qumta p. Viti iJuui 18). — AA 187.
* Doncrst n. pfingsten (Juni 4j, Bei Fugger-Birken Ehionspiegel
bbl. — Markgraf Jakob erhielt es erst 30. Juai/l . Juh uud teilte es am
1. Jali an Strassbarg mit — Beaacourt IV, 12 verwechselt die Königin
von Sicilien Elisabeth (deutscher Name far Isabella) mit Marie von
Anjon, Gattin König Karls VII.
^ Ein gleiches Schreiben ist auch wohl an den Pfalzgrafen erfolgt.
* Fagger-Birken 1. e.
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— 28
dem ein vom Kui-füi^slen I^utlwij,^ von der IMalz» nacli Strass-
burg auf den 21. Juli ann^esetzter Tag immittelhar folgte,« und
dai*an sollte sich in demselben Monat noch ein weiterer Tag
zu Hagenau^ anschliei^sen, der aber mittlerweile widerboten
wurde. Leider wissen wir von den Verhandlungen auf diesen
Tagen gar nichts ; einen praktischen Erfolg können sie nicht
gehabt haben, aber es wäre interessant zu wissen, welchen
Eindruck die Nachrichten, welche Strassburg in reichlichem
Masse mitteilen konnte, auf die Köpfe der Abgeordneten machten.
Gerade als sie zu Strassburg tagten, empfmg Strassburg äusserst
})eunruhigende Nachrichten, wonach es gewiss erschien, dass
es sowohl gegen Metz als Strassburg gehen sollte. Und sehr
bedenklich musste das Gerede unter den Franzosen erklingen,
wovon Strasshurg ebenfalls Mitteilung gemacht wurde. Danach
hiess es bei den Franzosen, es sollte vor Strasshurg gehen,
weil diese Stadt vor Zeiten zu Frankreich gehört hätte, wie sie ja
auch noch heutigen Tages die Lilie auf ihren Münzen pmgen
Hesse. Das käme davon, dass die Stadt von alters her zu Frank-
reich gehört hätte, wie sie (die Franzosen) das in alten Historien
gefunden hätten. * Auch die folgenden Nachrichten waren nicht
besser, brachten aber ebensowenig Klarheit in die Lage. Darüber
konnte jetzt kein Zweifel mehr sein, da.ss der Dauphin mit
einem grossen Teile des Heeres nacti Langres zu abmarschiert
war, aber was nun dieser, was die Könige von Frankreich und
Sicilien mit den zu Troyes zurückgebliehenen Massen beab-
sichtigten, dai ul)er zerbrach man sich vergebens die K öpfe.
Die verschiedensten Nachrichten liefen um, die um so eher
Glauben linden mussten, als sie von gut unterrichteten lauten
herrührten. Im allgemeinen liefen sie darauf hinaus, dass der
Dauphin ül>er Mömpelgart in deutsche Lande rücken und ent-
weder wider die Schweizer oder ^ie^en Basel und ins El.««ass
ziehen und sich hier zwischen Breisach und Basel oder Strass-
bung und Basel mit dem Heere unter Anführung König Karl.s
vereinigen würde, welches nun die einen durch <ias Leberthal
oder über die Zal>erner Steige ins Elsass marscliieren, die andern
durch das Metzer und Trierer Land an den Bheinstrom vor-
gehen licssen, um diesen einzunehmen.
Im Elsass muss damals vollständige Ratlosigkeit geherrscht
1 Derselbe war inzwischen der Vormundschaft seines Oheims,
des Pfalzgrafen Otto, entwachsen.
* Schreiben Colmars an Schlettstadt, dat. 1444, Juli 14. Revue
d*Alsace, Jahrgang 1875, p. Iä8.
3 Colmar an den Unterlandvogt R. v. Neiperg. dat. 1. August
1444. — Rev. d'Alsace 1. c. p. 59.
* Zu Grunde liegen hierüber und für das Folgende die Berichte
von Jean van Esch.
— 29 ^
haben. Was :^olite auch das so oft versuchte Mittel, Ta|,>e zu
hatten, gej^enüber der Ansammlung: von so '^^ewaltijroti Heeres-
massen nützen ! So viel war ja inzwischen liir)dur( h;^e<irkP! t,
dass der Dauphin mit seinen Arma^aken dem deutsdieii KrniHr
gegen die Schweizer zu Hilfe kommen wollte, aber wus be-
durfte es dazu einer solchen Truppenzahl I Es konnte nicht
anders sein, es mussten da noch andere Din^e im Werden
sein. Von Seiten Konig Friedrichs fehlte jeder Anhalt fdiei seine
Absichten. Man stand der Entwicklung der Dinge hiifloS) in
völliger Ohnmacht gegenüber. Aus der schlerht verhüllten Freude
des Adels enhinhinen die Reichsslä<lle das Schlimmste für sich ;
es schien eine allgemeine Verschwörung <^e;4en sie im Werke
zu sein, und sie beeilten sich, wenigstens alle Anstalten zur
Verteidigung zu treffen. Damals war es, dass Strassbui'g sidi
an Augsburg, Nürnberg und Ulm um Je 50 BuchsenschQtaen
wandte, und diese Städte i entsprachen rechtzeitig diesem Be-
gehren. Sonst aber geschah nii hts, keinerlei Massregel wurde
getmlfen, um ein Zusammenwirken alfer Kräfte «regen '»ihm
iurchlbare Gefahr zn ertno«i:lielien und herheizuführon. Ks
wäre Sache des Oberlandvogts, des Kurfürsten Ludwig von
# der Pfalz gewesen, hierzu den Anstoss zu geben, aber auch er
wusste kein anderes Mittel, als — vielleicht in Erinnerunj^
an den Brief der Königin von Sicilien — eine Gesandtschaft
an den Dauphin abzufertigen. Die Gesandten trafen den
Dauphin nicht mehr zu Langres, sondern bereits auf <lem
Nfaisch 7u [jjfiprs ; ihre Mission scheiterte vollstüjidi'^ , denn
sie konnten keuie weitere Antwort erlan;(en als wohlfeile schöne
Redensarten. 2 Das hinderte aber nicht, dass Herren und
Städte dem wetteren Ganj^ der Dinge nnt verschränkten Armen
zusahen, indem sie sich einreden mochten, dass sie nichts zu
fürchten hatten, da der Dauphin ja als Freund von König
Friedrich käme und die Armagnaken im Dienste des Hauses
Hahsburg t7')chfen. Al)er als nun der f).iiiphin nach der S( lilnriit
bei St. Jakob sich im Sundgau ausbreitete und seine Scharen
namenlose Greuel verfd)ten, als er selbst deutliche Neigungen
kundgab, die «vor langer Zeit von Frankreich entfremdeten
Landschaften am linken Ufer des Rheins» zurückzuerobern,
da, hätte man glauben sollen, wäre Einsicht eingekehrt, und
man liätte sich nicht weiter an den Strohhalm angeklammert,
als ob das alles nur den Besitzungen des Hauses Habsburg
1 Die Antworten der fraglichen Städte AA 189.
* Schilter-Königshofpn p. 93ß und 1019. Die Gesandten waren der
Kanonikus Konrad von Bussnang, dem für seinen Verzicht auf das
Strassburger Bistum von Bischof Ruprecht auf Lebenszeit das Ober«
mniidat Bnfach eingeranmt war; ansserdem Herr Friedrich von Fler8->
heim, Heinrich von Fleckenstein und Doktor Johanns Qüldinkopff.
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— rw) —
gallo uiul die Franzosen nicht wa^^en \vünien, das Gelüet des
Rciciies anzutasten. Auf der andern Seite imiss man aber ge-
stehen, dass die Rechnung der KIsässer etwas für sich lialte,
<lenn wer konnte und duifle annehmen, dass der deutsche
König eine solche Gefahr und ein solclies Verhängnis über das
ihm befohlene Reich heran fl^eschworen hätte ! So vergingen
<lie Tage in Sorge und banger Erwartung über die unerforsch-
lichen We^e König Friedrichs und seiner Ratgei)er, bis dann
die Armagnaken selbst aller Ungewissheit ein Ende macliten
imd, unbekümmei t darum, wo die Lande des Hauses Oesterreich
ein Ende liatten und das Gel)iet der anderweitigen Stände des
heiligen römischen Rei<^hes deulscher Nation begann, sich fd>er
die gesegneten und in vollem Ernteschmuck prangenden Fluren
des Elsass ergossen.
König Friedrich und die Eidgenossen. Seine
Verhandlungen mit König Karl VII. von
Frankreich und dem Dauphin Ludwig.
Zu unglficklicher Slunde für das deutsche Reicli war
Herzog Friedrich von Oestei'reich zum römischen König gewäidt
worden. Kein Habsburger hat jemals eine so nackte Selbst-suchl
für die Voiteile seines Hauses zur Schau gelragen, keiner in
der Art die Interessen des Reiches davor in den Hintergrund
treten lassen. Für ihn war der Hauptgesichtsj)unkt Ijei seiner
Wahl, dass er Jetzt versuchen wollte, die Macht des Reiches
in die Wagschale zu werfen, um die Besitzungen seines Hauses,
<iie im Laufe fler Zeit an die Schweizer verloren gegangen
waren, zurückzuerobern, und zunächst und vor allem anderen
stand ihm dei- Sinn danach, ihnen den Aargau, die Wiege
seiner Väler, zu entreissen. Nirgends konnten diese Pläne
rückhaltslosere Reistimmung finden als bei dem zahlreichen,
ebenso armen als rauflustigen oberrheinischen Adel. Die Zeit
.schien gekomm(»n, dass den Schweizer Kuhhirt(Mi mit vollem
Masse vergolten wurde.
Wir können uns nui' schwer in jenes Mass des Hasses
hineindenken, welches die Edelleule am Bodensee, am Ober-
rhein und im Sundgau gegen die Fjdgenossen hegten, den ein
Jahrhundert gezeitigt und fortwährende Niederlagen immer aufs
neue genähit hatten. Es war aber nicht nur dies nagende
demütigende Gefühl, dass sie, die stolzen Ritter, vor den
verachteten ])auern, zum Teil ihren früheren I^eibeigenen
hatten weichen mi'isscMi , welches ihren Hass immer aufs
ni'ue anfachte, .sondi'in es kam noch di(» blasse Furcht
KAPITEL III.
A
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— :]l —
hinzu, dass es ihren Eigenleuten am rachten Ufer de;«
Rhein> inul inv Sundgau ebenfalls bei kommen könnte, sich
die •roldcncn Früchte der Freiiieit zu jillnckon ; iliio Existenz
stand auf dem Spiol, wenn die Ki(l;^eiiosson foriruliren, in
der Weii^e weiter um «icli zu greiten. ])tM' Kru'^ zwisriien
dem Hanse Hahsluirg und den Eidgenossen war zugleich ein
Kampf zwischen Bauernstand und Adel gewesen. Da wo die
Schweizer siegreich vorgedrungen waren ^ hatte der Adel in den
meisten Fällen Land und Hof in Stich gelassen, um nicht
seinen Nacken unter das Gebot des neuen ])äuerliciien Gebieters
l)Png'on zu müs^jon. So dränt^lcu sicli denn hier am fUioin«trom
die verarmten adeligen tfesellen zusammen, nur mit knapper
Not Ott ihr Dasein fristend. Denn auch mit dem Hilfsmittel,
wozu sie sonst wohl gritlen, war es schlimm bestellt- die mih h-
tigen Städte am Rhein und im Schweixer Gebiet sorgten för
Sicherheit der Landstrassen, tmd wehe dem Schnapphahn, der
in ihre Hände tiel ! Voll Neid sah die Ritterschaft auf das
Emporblühen der Städte, voll Hass auf jene reichen Kaufherren,
die den armen T.andjunker nff nur zu sehr ihren Reichtum
fühlen liesson. Krst di(^ Hauern, dann die Städte, darin* las«:en
sich die WÜhm he und Däne dieser Ritterschaft zusanmienlas^cn.
Namentlich waren es die Sundgauer Hennen, die das reiche
Basel und mannhafte Solothurn vielleicht noch mehr hassten
als die Eidgenossen. Man kann sich daher die Freude denken^
als es hiess, dass der junge Spross der Habsburger zum Schwerte
greifen wollte, um das Erbe seiner Väter wieder zu gewinnen.
Die Gelc^entieit war selten «rünsüjj, da die sonst so fe^f
gesclilosseue Eidgenn«;sens( liatt dur( h innere Zwietracht zerrissen
war und sich Zürit h von tien übrigen Eidgenossen getrennt
hatte. Und als nun gar das Unerhörte geschah und Zürich,
die alte Widersacherin des Hauses Hahshurg, sich mit König
Friedrich zum Bunde vereinigte, da schien der Steg sicher
zu sein. Aber die Dinge kamen andei s, als man erwartet halte,
infolge der traurigen Nichtigkeit des Königs, dessen Können
im umgekehrten Verhältnis zu seinem Wollen stand. Statt der
erhotTten Siege ;^ab e-- .N'iedeilage auf Nied('rlau!< , uml iilierall
wehte siegreich das Ranner der Eidgenos.seu . In Stich gelassen
von seinem Herrn, wandle sich der Landvogt Markgraf Wil-
helm von Baden-Hochberg an Herzog Philipp von Burgund,^
der ja als Hort der Ritterschaft galt: einer der mächtigsten
Sundgauer Herren, Herr Peter von Mörsperg, - ein eigrimmter
Feind der Kiftgenossen und Basels, übernahm die Rotsriiat't
im Juni 144o und schlug dem Herzog vor, seine S( liinder.
14,000 an der Zahl, mit denen des Königs von Frankreich zu
1 Ivhngenbergcr Chr. cd. Henne, p. 332,
s Mdrsperg oder Morimont an der Schweizer Grenze.
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— 3t> —
veieini^^en un»l !sie wUlev die Kid^^onossen ins Feld zu (uliren.
Herzoj^ Philipp wai* auch nicht ^anz ahgeneij,M, al)or die Saclie
scheilerle an den Bedinjiungen, die er dein König slellle. i
Inzwischen aber «gestaltete sich die Lage immer he<lenk-
heher, und <he verzweifelte Stimmung kam recht deutlich
zum Ausdruck auf einem Landtage zu WinttTthur, auf dem
der Statthalter i^elhst, Markgraf Wilhelm, beantragte, dem
König durch Herrn Thüring von Hallwil, einen der eifrigsten
Parteigänger wider die Schweizer, erklären zu lassen, dass die
vorderösterreichischen Landstände, das Elsass einhegrifl'en, sich
«lern Herzog von Burgimd ergeben nnlssten^ wenn er sich nicht
Iwld ihrer annehmen würde.
Der König selbst befand sich in der bedenklichsten Lage;
der Boden in den Krblanden wankte unter seinen Füsjfen, er
war nicht im stände, den Hilferufen, die an sein Ühr erschollen,
zu entsprechen, und wenn er selbst im besten Falle einige
Mannschaft zusammengebracht hätte, so war nicht anzunehmen,
<lass diese Leule den Eidgenossen stand halten würden. Dazu
t)e«lurfle es änderet- Streiter, und diese hoflio er in Frank-
reich zu linden. Bereits im Sommer halte er sich im Vereine
mit seinem Mündel, Herzog Sigmund von Oesterreich-Tirol,
dem die Vorlande gehörten, an König Karl von Frankreich
um Hilfe gewandt. Indem sie ihre Sache als eine gemein-
schaftliche von Fürsten und Adel wider rebellische Unterthanen
darstellten, baten sie den König, ihnen die Gesellschatl der
Armagnaken wider die Eidgenossen zu Hille zu senden, * ohne
dcss sie dal>ei irgend etwas über «leren Anzahl ausmachten.
Damals abtM* war König Karl noch nicht in der Lage, die Ar-
magnaken missen zu können, und so brachte der Uel>erl)ringer
der Briefe, Herr Peter von Mörsperg, eine ausweichende Ant-
wort heim, so gern König Karl sonst wohl einer Bitte nach-
gekonnnen wäre, die in erster Linie auch Herzog Sigismund
gelordert hätte, dessen Vermählung nnt seiner Tochter Bade-
gunde in Aussicht genommen war.
Während des Winters ruhten die Feindseligkeiten; im
Frühjahr al>er begann der Krieg mit erneuter Kraft, und wie
hoch die Leidenschaften gestiegen waren, wessen die wilde
Barbarei der rohen Schweizer Bauern tahig war, das lehrte das
grässliche Blutbad von Greifensee : die g<\samte Besatzung, die
^ Fechter, Basel im Krieg mit den Armagnaken, im Basler Taschen-
buch, Jahrgang 1862, p. 14, erzählt eine ünterredung zwischen einem
Hans Muting und dem Ritter Götz Heinrich von Eptingen, die im
Sommer 1448 zu Pratteln in einem Wirtshause stattfand, die eben-
falls recht deutlich zeigt, wie sehr die Sundgauer Ritterschaft damals
schon ihre Hoffnungen auf die Armagnaken gestellt hatte.
2 21. und 22. August 1443. Schöpflin, Alsatia diplomatica 2, 372.
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— 33 —
sirli iKtlin^unj^slos er<^el)cn hatte, wurde c'ntli;tu]i(«'l. Was
musste <la Zürü'h ri warten, vor welches sich nun die FAö-
«genossen aui ii. Juni legteji, um es zu eixibeiii, lievor die
Armagnaken ins Land kflmen! Allee stand auf dem Spiel,
ivenii es nicht gelang, die Stadt m entsetzen; nicht allein
Leben und Sicherheit der zahlreichen Ritler, die in der Stadt
eingeschlossen waren, der Bürji^ei-, die Oeslerreichs Partei er-
jzriffen hatten, sonH^Mn dif» Sff^llun^ des Hauses Hahsbur^ am
Oberrhein fil>erlinupt ; denn wer sollte dann noch den Eid-
;jfenossen Widerstand leisten, wenn Zürich getailen war? Da
wai'en es die Arma^^naken, welche Beistand leisteten.
König Friedrich hatte aufs neue Veriliandlungen mit König
Karl an^j^eknüpfl wegen Ueberlassung der Arma^naken und
durch Graf Wilhelm von Lützelstein, der König Karl zu Tours
traf, die Bitte des vorigen Jahres wiederholen Inssen. Ks
konnte dem französiscfien Herrsclier wahrlich nichts .(M^reneh-
ineres geschehen. Die Verliaiidlunjjen mit den Kni'ländern
. waien im besten Zuge und liessen einen {günstigen Al)schluss
als gewiss erscheinen. Die Werbung von König Friedrich ver«
scheuchte jetzt mit einem Schlage alle Sorgen, die König KaH
und seine Bäte wegen des Verbleibens der Armagnakon für die
Dauer des WafTenstillstandes gehnl)t hatten. König ßene von
Sicilien halte sich !)ereits finen Teil dei' Armee ansj^ebeten,
um die ;dten Pläne der lothi mj^nscheii Hor*7ö^c auf \fetz endlich
zur Auslülirung zu bringen und der Selh-^t itidi^-keit der Stadt
ein Ende zu machen; jetzt wurde der franzosische Herrscher
auch den andern Teil der Armagnaken auf gute Weise los.
Der König selbst sprach sich in dieser Hinsicht in der unzwei-
deutigsten Weise aus. Frankreich bedurtte eines kräftigen
Aderlasses, um sich seiner .schlechten Säfte zu entledigen.
Und in einem Briefe an die Stadt Reims sagte der König mit
dürren Worten, dass es sich darum handelte, die Soldaten los
zu werden, damit sie ausserhalb Frankreichs nach iliieii alten
Neigungen weiter leben könnten. ^ In solchem Lichte erschien
der Zug der Armagnaken auch den fremden Beobachtern, so-
weit sie sich darum kümmerten ; und in dieser Hinsicht liegt
das unverdächtige Zeugnis eines Mannes 2 vor, der längere Zeit
in der Umgebung des Dauphin weilte. Er schreibt: «als mich
bedunken will, so insuchet dis volk nicht anders dan die zit
zu verhalden in anderen landen ustei- der cronen vaii Francke-
rich, das van liin gar sere verdorben ist gewef^en und noch ist,
bis uf die zit das der bestant, der tuschent dem kiinig va*i
Franckerich und den koning van England ist, usgan wirdet und
man vernemen mach, abe si eine ganzen frieden haben suUen
oder nicht.»
' de Beaucourt IV. 13.
2 Robln d'Alnoy, cf. Cap. IV.
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Es kann kein Zweifel sein, chiss dieser Gesichtspunkt zu-
näclist allein lür den Köni|i und seine Ilatj^eber massjiebend
war, wozu nocli der Wunscli des Köni^^s kommen mochte,
seinem zukünrtiy:en Schwiejfersolm in ausj^iebijrer Weise Bei-
stand zu leisten. Aber es kommen doch au( h noch andere
Beweggründe in Betracht, welclie diese ursprünglich massi-
gebenden Gesichtspunkte zeitweilig völlig in d<«n Hintergrund
drängten. Es konnte nicht anders sein, als dass die siegreichen
Kämpfe der lelzten Jahre das Nationalgetühl der Franzosen
mächtig gehoben hatten ; wenn es nun gelang, mit den Eng-
ländern Frieden zu schliessen — und der \Van'enstillst;tnd
sollte ja nur das Vorspiel zu einem dauernden Frieden sein — ,
so konnte man mit dem ursprünglichen Zweck sehr gut den
andern vereinigen, dem toten Körper des Beiches einige Glieder
zu enlreissen und die französische Grenze bis an den Bhein aus-
zudehnen. Darüber kann kein Zweifel sein, dass im liate der
Krone ein umfassender AngrilV auf das deutsche Beich geplant
wurde. Wenn der König von Frankreich in eigener Person
Metz, Toni, Verdun und Epinal Ijedrängt und von den vier
Städten tJnterwerfnng unter die Krone Frankreich verlangt,
wenn der Dauphin an eine alte Beichsstadt wie Basel die
gleiche Forderung stellt und wir denselben Vorgang auch l)ei
elsässischen Beichsstädten wahrnehmen, dann kaim wohl nicht
allein die Absicht massgebend gewesen sein, von Fiankreichs
Boden auf achtzehn Monate die Armagnaken feinzuhalten,
sondern wir begegnen hier im Gegenteil nach langer Zeit zum
erstennjal wieder einem Verstoss Frankreichs nach »1er «natür-
lichen Grenze» des Bheins.i
Wenn nun ein französischer Prinz wie Bene von Anjou als
Herzog von Lothringen den König von Frankreich anrief, ihm
zur Unterwerfung einer Beichsstadt wie Metz seinen Beistand
zu leisten, so lässt sich am Ende dagegen nicht viel sagen.
Wie steht aber der König des deutschen Beiches da, der
ebenfalls diese Fremdlinge herbeirief! Wir kennen leider weder
die Instruktion für den Grafen von Lülzelstein noch den
Gang der Veihandlungen. Unsere ganze Kennliiis beschränkt
sich darauf, 2 dass König Karl dem Grafen mündlich erklärte,
* Es ist merkwürdig, dass sowohl Tuetey als de Beaueourt diese
Absicht leugnen. Auch wenn keine historischen Dokumente vorlägen,
wären diese historischen Thatsachen allein schon vollgültig be-
weisend; und wie erklären sie denn das Verhalten des Dauphin gegen
Basel. Hingegen Camille Favre in der Einleitung zu Le JouvenccI
par Jean de Bneil, public pour la Societ6 de Thistoire de France, I.
120, meint allerdings, dass die Eroberung von Lothringen und Elsass
geplant worden wäre, um Burgund von allen Seiten zu umfassen luid
es von Deutschland zu trennen.
•>^^2 Colmarer Richtung im Basler St.-A.
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35 ^
dass der Dauphin nach Dfiils^chland ziehen wollte, und ihn
bat, demselben mit Hat und Tliat l)eizu.stehen : zu diesem
Zwecke {fab er dem Grafen ein Emplehlungssclneil)on an seivien
Sülm mit. Die Festsetzung der näheren Bedingungen, unter
denen der Feldzug von statten gdien soUte, blieb Also dem
Dauphin uberlassen, der an Ort und Stelle am.- besten wissen
% mnsste, was er zu fordern halte. Ausserdem berief sich Könige
Friedrich spater darauf * — augenscheinlich mit Bezugnahme
auf stein Sc^hreihen im August 1443 — , das.« er König Karl
nicliL um eine solche Menge Volkes gebeten, sondern bloss ge-
schrieben habe, falls er der Armagnaken bedürfen und nach
Unieu begehren würde, dass König Kail ihnen dann Urlaub
gewähren möchte« Und bei einer anderen Gelegenheit erklärte er,
wohl um 5000 Armagnaken, aber nicht um die ganze Armee
gebeten zu haben. Wir mü.'^sen noch hinzufugen, dass die
französischen Heerscharen bereits in vollem Aufl)ruche be-
griffen waren von ihren Standquartieren in drr Oascogne und
iier Normandie der deutschen Grenze zu ; Koni^ Karl hattt^
demnach die Bitte des deutschen Herrscheis aus dem vorigen
Jahre in gutem Angedenken gehalten. Darüber kann . kein
Zweifel sein^ dass König Friedrich nicht an die Möglichkeit gedacht
hat, dass sein Bruder von Frankreich In solchem Umfange
seiner Bitte entsprechen wurde, aber das Urteil über des
Königs Handlungsweise wird daduich kein anderes. Es bleibt
bestehen, daj>s nietnais, weder vorher nctclt iKicJiher, ein deutscher
Hei l ädier ein isoU lies Unheil mit ühniiehein Leichtsinn über
das ihm empfohlene Reich heraufbeschworen hat, als er, und
man kann nicht einmal zur Entschuldigung anführen, dass er
•aus jugendlichem Unverstand gefehlt hat. liVenn nidit er, so
mussten doch seine Ratgeber wissen, was sie thaten. Hatte
doch der eigene Statthalter Markgraf Wilhelm von Baden ei'St
fünf Jahre vorher um schweres Geld den Abzug der Armagnaken
erkauft; ebon weil er sie kannte, hatte er sie gerufen. Und
durften König Friedrich und seine llate nun im Ernst glauben,
dass sie diese Banden banilijieo konnten, deren Gehorsam nicht
einmal der eigene König erzwingen konnte! Dass König Friede
rieh nachträglich erklärte, nur um 5000 Mann gebeten zu haben,
war doch lediglich eine elende Austlucht, die iter Daupln'n und
König Karl selbst spater genügend gekennzeichnet haben. Wie
konnte er sich über eine T.eis1nng Ijeschweren, für die er
keinerlei Gegenleistung gewährte? Warum that er nicht Schritte,
so lange es noch Zeit war, so lange die grosse Armee noch
auf französischem Boden stand? Erst als das Geschoss die ent-
gegengesetzte Richtung genommen hntte^ als er sich gedacht
1 Schreiben an König Karl dat. n- Thom. Ap. (Dec. 1444.)
Schüter 992.
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— 36 —
hatte, da y^riff zu so scIiwAcliliclier Rechlferligung. Ausser-
dem zahlte er den Arina^iiaken auch nicht einen Heller Sold
und verwies sie damit selber auf Hah und Gut der Un«?läck-
lichen, die ihnen in die Hände fielen. Oder glaubte er vielleicht,
dass König Karl, der seine Leute in Frankreich nicht bezahlen
konnte, es jetzt, wo sie auf deutsf hem Ikxlen standen, thun
würde? Und wenn es auch für König Karl ein grosser Grewinn
war, für eine i^itlang sein Heich von jenen furchtbaren Banden
zu l)efreien, so erwies er doch auf der anderen Seite König
Friedrich einen un.s<:hätzbaren Dienst; und konnte dieser nun
im Ernste erwarten, dass der Dauphin ihm für nichts und
wieder nichts als ein edelmütiger Helfer aus der Not erschien?
Auch jener Zeit war es ein geliiuliges Thema, von den vielen
Städten und Landschaften zu reden, die durch den gallischen
Nachbar dem Reiche entfremdet wortlen waren ; und musste
nicht von selbst der Gedanke entstehen, dass ähnliches wieder
versucht werden könnte? Die einzige Entschuldigung für den
deutschen König läge allenfalls in dem bitteren Ernst des Augen-
blicks, dass ohne die Hilfe Frankrei< lis eine verbündete Stadt,
z^ihl reiche ?>eunde, ja vielleicht der ganze Besitz am OI>errhein
verloren gewesen wäre. Aber man muss wohl erwägen, dass
König Friedrich jeden Augenblick von den Eidgenossen Frieden
haben konnte, wenn er sich dem Gott fler Schlachten unter-
warf, der sich ge^jen ihn erklärt hatte, und aufhörte, sich in
ihn? inneren Angelegcmheiten zu mischen.
S) muss gegen ihn der schwere Vorwurf erhol)en werden,
dass er in unverantwortlichem Leichtsinn und kurzsichtigem
Eigennutz das Reich in die schwerste Gefahr brachte. Bürger
und Bauer fühlten sich mit Recht von dem eigenen Herrscher
verraten und riefen ihm zürnend zu :
Des römiechen Reiches ein Herre ?
Du solltest mehren das römisch Reich,
So willst da es zerstören :
Da hast die Mörder hergeladen
Allen Städten auf ihren Schaden,
Schäm^ dich der grossen Unehre !
Du solltest wehren Räuberei
Und treiben aus dem Lande ;
So hast du sel))st gemacht sie frei:
Schäm' dich der grossen Schande ! '
* Cfr. das Volkslied bei Maternn.s Berler im Code historique de
Strasbourg II, 62.
Bist du ein König von Oesterreich*
i
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— 37 —
KAPITEL IV.
Die Armee des Dauphin. Verhandlungen mit
der österreichischen Reg^ierung zu Ensisheim.
Einmarsch in den Sundgau.
Langsam lialten sich die franiösischen Heeresinassen im
Laufe des Monats Juli um Langres kon7X>ntriert; kein geringerei*
als der Dauphin selbst, der am 20. Juli in Lang^rcs eingetroffen
Avar, halle den OheH»etehl übernommen. Das war einerseits eine
Beruhigung fiir diese Soldnerst'haren, «luss sie üicfjt, wie man
wohl hie und da munkeln wollte, eintach aut dm Sciilachtbank
gefuhrt werden solUen ; andererseits ist es ein Beweis dafür,
welche Bedeutung diesem Feldzug von massf^etonder Seite bei-
gelegt wunle. Nalfirlich war der Dauphin nicht in der Lage,
selbständig den Oberbefehl zu i&hren, wenngleich er befeits
trotz seiner Jugend — er zählte erst 21 Jahre — keineswegs
im verächtliche !*roli(»ii kriegerischer Tüclitii^keil al»<,^clegt halle.
Als uiihtäriscliei iieistatid war ihm beigeordnet Herr Jean de
Bueil ; > er nebst den Herrn Amam y d'Estissac und Jean Sunglier,
Sipe du Boisroguet bildeten den militärischen Stab des jungen
Fürsten ; ausserdem muss ihnen noch betgezählt werden Robert
von Saarbrücken^ Herr von Commercy, dem die Herbeischaffung
und Oberleitung der Artillerie anvertraut war. Umgeben war
der junge Fürst von einem -ilänzenden niililäriscljen Hofstaate,
unter dem die beiden Herren von dem «Blute von Frankreich»,
Pierre de Beaujeu, Sohn des Herzogs von Bourbon, und Arnaud
Amanieu d'Albret, Seigneur d'Orval hei vori-agen. Da/u kam die
lange Reihe* namhafter Heerführer und Kapitäne, unter denen
1 Cfr. über ihn die biographische fiinleitnDg zu Le Joavencel par
Jean de Beuil 1. c.
* Ein vollständiges Verzeichnis derselben, das auch in die Fort-
setzung des Königshofen bei Schiiter p. U13 und in die Strassburger
Archivchronik im Code historique de Strasbourg II, 159 übergenommen
ist, teilt der praeceptor des Antoniterklosters zu Isenlieim an Strass-
burg mit in einem Schreiben vom 5. September, in dem er eine über-
sichtliche Darstellang der Ereignisse vom Einrücken der Armaguakeu
im Sandgau giebt IKe Beriehte dieses Mannes, der Im Lager und der
nächsten Umgebung des Dauphin verkehrte und dessen Persönlichkeit
de Beaucourt IV, p. 14 als dio eines Jean Berthonelli, Neffen des auf
dem Konzil zu Basel anwesenden BischoÜB von Mondovi Aymeri Segaud
beetimmt hat, sind von ausserordentiichem Wert und von Tuetey
Bd. II, 5tm ff. aus dem Strbg. St.-A. veröffentlicht. Tuetey I, 157 giebt
danach eine vollständige Liste aller Anführer und begleitet sie mit
sorgfältigen biographischen Notizen Für uns hätte es keinen Zweck,
die Namen dieser Führer anzuführen, da nur wenige von ihnen im
Laufe des Krieges genannt wevden.
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— 38 —
wir uns begnügen besonders anzufObren : Philipp de Culant,
Herr von Falonncs, Marsehalt von Frankreich, sowie die gefürch-
lelen Bandenfuhrer Antoine de Ghabannes, Ciaf von Danim:trfin,
Blanrht^fort, il^^ii jüngeren Li» Hire, den Spaiiiei- Salazar un(i doii
Schotten Montgoinmery. Alles in allem snWen es 1 W KapiWine*
gewesen sein, vvelclie eine der furchtbarsten Ariucen, wie sie
lange nicht mehr im Felde {gestanden hatte, befehligten.
Ueber die Stärke des Heeres gehen die Antraben weit aus-,
einander,' jedoch wird man nicht unter die Zahl 50,000 Pferde*
hinuntergehen dürfen. Wie gross aJjer die wirkliche Kriegs-
stärke war, darüber lässt sich nur srbwer ein abschliessendes
Urtf^i! ^^ewinnen ; so viel aber kann man mit Gewissheit sagen,
dass »lieseihe verbältnismässig nur gerinj? war. Denn es lag
in der Natur der Sache, dass sich in diesem Heere zunächst nur
das Raubgesindel von ganz Frankreich zusammengefunden hatte;
das sich zwar meisterhaft darauf verstand, den Bauersmann bis
aufs Blut zu peinigen, aber dem Feind aus dem Wege ging
und den rnbilden des Wetter? nicht slandzulialten vermoehte.
Einen Fingei'zeig in dieser Hinsicht giebt eine Ordonnanz König
Karls vom 2. November 1 i39, * worin er dajzegen eiterte, dass
jeder Kürassier» einen Tross von zehn Pferden mit Pagen, Weibern
and Knechten mit sich schleppte; er befahl daher, dass kein
hommed'armes mehr als drei Pferde und zwei oder höchstens drei
Bogenschützen bei sich haben sollte. Bis dahin war der König'
nicht in der Lage gewesen, diese Verordnung duixibzuführen,
und am allerersten wird bei dieser Armee davon Abstand ge-
nommen sein, die ja eben dazu bestimmt war, Frankreich von
jener «coquinailley zu befreien. Damit stimmen auch alle Be-
richte überein, die von der Menge des «snöden nackten» Volkes
reden, wovon das Heer breitet wäre ; schlägt doch ein Bericht-
erstatter die Zahl der Weiber, welche dem Heere folgten, auf
nicht weniger als 6000 an, • während andere Angaben allerdings
1 Zeitung vom 11. August in Strbg. St -A. AA 190, cop. cli. caev.
^ Speier hatte von Peter Büchsenmacher uud Heinrichs von Flecken-
stein Scareiber, die mit den pftlzisdien R&ten beim Delphin gewesen
sind, vernommen, dass des Volkes an 100,000 Pferde zählte, darunter
60,000 mit ganaen Kurasaen vom Haupt bis an die Füsse gewappnet.
Wülcker p. 28.
9 Die Stäxkebezeicliuuue jener Zeit iür die durchweg berittenen
Trafen geschieht gewöhnlich nach Pferden.
* de Beancourt III, 410.
^ Das wäre die entsprechende zeitgemässe Uebersetzmig von ^ens
d'armes, honune d^armes; es sind allemal schwerg^panserte Reiter,
* Hans Brack an Strassbnrg dat. 4. Angast Strbg. St-A. AA
90 or. ch
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— 89
nur auf 150()i und 800 lauten. ^ Am sichersten grehi man, wenn
man den Angaben des xMelzer Stadtschreibers Johann van Escli
und seiner Gewährsmanner folst. Von diesen kommt zunächst
Herr Robinet d'Alnoy in Beti*aiiii, der mit dem Herrn Robort
von ßauldrecourt 3 mul den Lothriiit^et n Johann Herrn zu
Finslingen und Pliilipp von Lenoncourt sich im Gefolge des
Dauphin befand, als dieser durch die Grafschaft Tonnerre nach
Langrres zo<^. * Dieser berichtet, dass der Dauphin, soweit er
gesehen, 1500 opgereckter Glefon guder manne und 8000 Bo-
^»^enscIiMtzen und ?:onsl noch allerlei andres Volk hatte. Das
wären ausser den Bojj»'nschülzen also eine ausgewählte Mann-
schaft von 15 Kom[ia-rii 11 gewesen, wie si^^ nur selten ein
Heer in jener Zeit hatte. Such der Neu forma tion, die Karl VH.
im folgenden Jahre vornahm, & sollte sich eine jede Glefe oder
Lanze xusammensetzen aus einem gepanzerten homme d'armes,
einem coutilter,« einem Pagen, zwei Bo^^enschülzen und einem
Knecht, sämtlich beritten ; es wurde sich doninach eine Elfek-
tivstärke von 1500 hommes d*arnies, IJ(KK) eoutillers (die gleich-
tKjwaffneten Pagen mit eingerechnet), 'M¥M) l?o«iensciiützen und
15tX) Knechte eri^eben ; im ganzen ulso 17,(H)(> Mann, wenn
man die Schützen als ein gesondertes Korps? ansieht. Jjal)ei ist
jedoch zu erwägen, das^ in dem Heere des Dauphin die Zahl
der Knechte eine erheblich grössere war, dass der homme
d*armes in der Regel mehr als einen zur Verfügung halle und
zum mindesten der coutiller auch gewöhnlich über einen ver-
fügte.
Ein anderer Gewährsmann, ein Oheim des van Esch,
Henii d'A^^y, I.andvogt zu Bar, schrieb an demselben Tajje 7 von
übe»" 5l),000 Pferden und Menschen und von wohl 800 Wagen
mit Büchsen und mancheriet anderem Geschütz. Dabei erwähnt
1 Taetey hat irrtümlich 1500 gelesen.
- Bei der Würdigung dipser Änf^abon mnss man nameiitlu b das
Datum beachten ; da das Heer des Dauptiin sich erst aUnuitdich
konzentrierte und ursprünghch wohl nnt dem gegen Metz und die
lothringisclien Bistümer bestimmten Heere ein Ganses bildete, so sind
danach auch die ZilTern zu beurteilen.
3 Schillers I^audricoart in der Jungfrau von Orleans.
* Dessen Schreiben an Esch vom 24. Juli. Pro copia TOn Welsche
ZU Dutsch gemacht und an Strasiborg übersandt.
^ de Beaucourt IV, 393.
* Das Wort lässt sich schwer im Deutschen wiedergeben; im
Wesen der Sache entspricht dem coutiller der «einspenoiger », der
nicht wie der kürisser vollständig gepansert war.
' Ebenfalls in Uebersetzung an Strassburg gesandt am 1. August.
In solcher Gestalt ist dieser Bericht dann von Strassburg an Frank-
fturt mitgeteilt und als anonymer Bericht von Janssen Retchskorr.
1 nr. 79 veröffentlicht
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— 40 —
derselbe, dass unter dem welschen Volk wohl 1 1,000 Schützen
und lio^'^ener wären, linier diesen hehl er drei Kapitäne von
England hervor, die hätten wohl 2500 gar rüstiger reisiger lüde,
ritterschafl, bogener und ander. * Auch die übrigen Angaben,
die von dieser Seite komnien, halten sich auf solcher Hohe, und
sie stimineii überein mit dem, was der praeceptor von Isen-
heim, der zuverlässigste Gewährsmann, eiiahlt. Er Ijerichtet
am 19. August, dass er mit eigenen Augen !20,000 Heiter*
auf dem Marsch von Müm|K»lgart nach dem Sundgau hinein
erblickt und ausserdem gehört hätte, dass noch mehr als
30,000 zurück wären. Dagegen kann weder die Angal)e des
••«on.sl ja zuverlässigen und gut unterrichteten Mathieu tl'Es-
couchys aufkommen, welcher dem Heere des Dauphin 12 bis
14,000 Pferde giebl, worunter nur (iOOO kriegstüchtige Leute
cde l>onnes eslotfe et conduile» gewesen, noch die des Slrass-
burger Kundschafters Hans Hubsam, der am 15, August nach
Aussagen burgundischer Herren an Strassburg schrieb, dass die
Gesamtstärke der Armagnaken ül>er 30,000 Pferde betrüge,
aber höchstens 10,000 streitJ)are Männer, nämlich 4000 Ge-
wafl'neter und 6000 Schützen, dabei wären. Entscheidend ist in
dieser Hinsicht, dass die Zahl der Armagnaken zu der Zeit,
als der Dauphin sie in die \Vinteix|uartiere auseinanderlegte,
trotz aller erliltenen Unfälle und .sonstiger Abgänge n<X!h
I30,0(X) Mann Initrug, während er von der Österreich isclien Re-
gierung für 25,000 Pferde Quartier verlangt hatte.
Man wird demnach nicht fehlgehen, wenn man für die
Gesa mIzifTfr des französischen Heeres etwa iO,000 Mann annimmt,
deren Wert natürlich ein sehr verschiedener war ; * dafür alK*r
eine Ziffer anzusetzen ist ganz unmöglich. Auf alle Fälle war
' Es wäre denkbar, dass damit die schottisclicn Bogenschützen
gemeint sind, die unter Befehl von Jean de Montgommery, dem Herrn
d'Azay nnd Robert Petitlo standen. Der praeceptor von Isenheim
erwähnt jedoch auch die Anwesenheit von 6000 Engländern im Heere
des Dauphin
2 Homines terribiles. Tnetey II, n09.
3 ed. de Beaaconrt I, \). Seine Ziffern bewähren sich überhaupt
hier nicht; die Yerlustangabe der Franzosen bei St. Jakob mit HO Manu
erinnert an russische Schlachtbulletins.
* Das Corps von 2000 Reisigen, welches den Dauphin nach Loth-
ringen zuiückgeleitete, ist nicht einmal mit eingerechnet.
^ Die Schätzung Tueteys ist zu niedrig, wenn er nur bis 16,0(")0
Reisige gehen will. Favre p. 97, dem de Beaucourt folgt, nimmt wenig-
stens 30,000 an, worunter 20,000 Reisige. Indeiu Favre dann von der
feststehenden Ziffer 25,000 Pferde ausgeht, kommt er zu dem Resultat,
^4a88 der Daui)hin über 4000 Lanzen ^zu 6 Mann) verfügt hätte. Bei
T eigenartigen Zusammensetzung des Heeres wird man jedoch auf
Lanze zum mindesten zwei Knechte, wahrscheinlich drei Knechte
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44 —
es ein «fewaltii^x's Heer, welches wohl «»eeij^net war, Sehrecken ^
und Furrlil überall zu verliifilen. Dazu kam der Iluf, Jt-r
diesen Leulen vorautj^inj^, und man kann ohn»* Ud)eilreihMnj:
sagen, dass diese Armee vielleicht nicld die beste, aber auf
alle Falle die yeüblesle des datnalige» Europa war. Sie war
zyw bunt xttsanmengeselzt : nebeii den Franiosen, die luitür-
lieb die Hauplmasse miemachten, fochten Gaseogner und Br«-
tonen, die nocli als gesonderte Stamme auftreten, Schollen,
Lombarden und Spanier, ßunl war es also wie in Wallensleins
Lager. Die Schlagferligkeit des Heeres wurde dadurch al*er
nicht vermindert; jeder Stannn führte die Waffe, mil der er am
besten vertraut war. So w ncn es die Engländer und Schotten,
welche wohl liauptsächlich ibi e nationale WalVe^ den B(^en, führ«
ten. Freilieb focht auch der bessere Teilder Mannschaft nichtmit der
todesmutigen Verachtung der Schweizer, und fiir ihre Kapitäne
war der Krieg ja Tiberhaupt in erster Linie ein gewinnbringendes
Geschäft, welches sie möglichst lange betreiben und dessen
Flüchte sie in Ruhe geniessen woll!en, alter was ilinen in dieser
Hinsicht abjring, das ersetzten Heer und 1 nluei- vielfach durcli
ihre unvergleichliche Uebung in den Wüllen, in denen sie
gross geworden waren. Es iässt sich daher denken, dass Köni^
Friedrich und die Sundgauer Ritterschaft den Sieg bereits
wähnten in den Händen zu haben, als es nun endlich gelang,
diese Scharen wider tWe Schweizer in Bewegung zu bringen.
AufTallend war die Stärke der Artillerie, und sie erweckt
die Vermutung, dass der Dauphin von vornherein doch noch
andere Pläne hegte, als bluäs die armen Schweizer Bauern zu
l)ekriegen ; denn was wollte er mit dem schweren Geschütz
wider sie, die weder Städte noch Burgen hatten ! Man
mfisste dann schon glauben, dass er beabsichfigle %-or das herrsch-
gewaltige Bern lu sieben. Die Angaben über die Artillerie
gehen im übrigen au< h wiederum weit auseinander. Der Mark-
graf Tak<»l) von Bad(Mi hatte von einem gesippten Freund die
Nachriclit ertialten,' diss der Dauphin nicht weniger als
1400 Wagen mit sich hihrte, die Büchsen und Slurmzevig
trügen. Es musste rals«tm ersclieinen, bei der Schwierigkeit
der Fortbewegung diese Artillerie vorauskiiflehielieny um sie
im geeigneten Augenblick verwenden zu können, und so wur-
den der Marschall von Frankreich Philipp de Culant, der Herr
und jedenfalls drei Bogenschützen, also im ganzen — 10 Pferde zu
zählen haben, es würden sich danach etwa 3000 Lanzen ergeben;
der Best der Maiinaehaft wird flberbaupt nicht in Laasen eingeordnet
gewesen sein, und so viel stdit fest, dass ein starker gesonderter
Truppenkörper von Bogenschützen da war.
* Meldnng des Markgrafen Jakob von Baden an Strass1)urg vonv
1. August — Strbg. St-A. AA 187 or. eh. — Der Freuiid war wohl
der Graf Hans von Freiburg.
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— -
von Comniei' y iind dov Kapitän Blanciieflor am '21). Juli l>e-
niiftin^l, I mit (KHK) PtVnlon (iiosellK? von Lini^jros in der Richtunj^
auf Miiinpel^ait zu j^^eleiteu: Der AI»m;u*soli gescliali an dem-
selben Tatfe um 10 Uhr; nur langsam bewegte sich da.s Corps
vorwärts: wegen der Wagen, die «vast und sere gelaeden sint»,
wurden täglich nur zwei Meilen zurückgelegt. Unter dem GeschQtz
beCBnden sich zwei grosfie Büchsen, wovon die eine «p^ wol-
lanl», die andere «p«''s i (5se» liiess. « Der Strassbui*ger Kund-
schafter Hans Kübsam* halte Gelegenheit, am 1. August einen
Teil dos Zuges auf dem Marsch zu sehen, und er erzählte von
H Wagen ; auf dem einen wäre eine grosse Büchse gewesen,
die scliüsset ein stein, hat "2 schürh hoch; 2 Wagen wären mit
Spieesen» 1 mit cEngelsbogenv (englischen Bogen) und Pfeilen,
1 Wagen mit Schilden, 1 Wagen mit Schanzzeug und 2 Wagen
mit kleinen Büchsen und Bü( hsoupulver geladen gewesen.
Auf alle Fälle erschien dem Dauphin seine Artillerie noch
nicht als ausreichend, und der Herr von Gommercy wurde zurijci«-
gerufen, um aus I^othringen weiteres (leschütz herbeizuschalTen.
Seine Bemühungen waren von Erfolg begleitet. Am II, August
zog er in Begleitung von zahlreicher Artillerie an den Thoren
vnn Vaucooleurs vorhei, seinem inzwiacheo aufgehrochenen
Herrn in der Richtung auf Mümpelgart folgend. Hier sind wir
einmal in der I^ge, genau sehen zu können, denn der uner-
müdliche Stadtschreiber von Metz schickte am 10. August ein
genaues Inventar nach Strassburg, so ins einzelne gehend,
dass er ein Seil von der Dicke der Feldschlangen übersandte.
Danach enthielt dieser Arlilleriezug an Feldarldlerie Ü Schlangen
in einer Länge von je 15 Fuas, welche eiaenie Klütze aehoasen,
sowie 4 andere Schlangen von je Ii Fuss Länge, die bleierne
Klötze von der Grösse eines Eies schössen ; ferner 6 Tonnen
mit Pulver s*)wie 2 Weiokufen voll «stellender» Armbrüste
nebst dem Geschütz, was dazu gehört, und endlich 2 Härings-
tonnen voll Bleiklötze für die Schlangen. Dazu kamen von
* Schreiben des Bellis d'Agy au Johauu van Esch vom 31. Juli
des Herrn Martin von Plaxey an seinen Schwager, den Bellis, vom«
2. August. Der Bollis ist insofern - in einen Irrtam verfallen, als er
den Kapitän Blancbeflor mit einem « cappitanie > ans England ver»
wechselt hat.
* Tuetey I, 15ö liest irrtümlich pas anstatt pes, und das ist dann
allerdings ein nnveratindlicher Name. P^s ist aber nichts andtfrea
ala eine fehlerhafte Schreibung des deutschen Berichterstatters för
pi^oe volante, und piece heisst in diesem Sinne Geschütz; hingegen
rose vermag ich auch nicht zu erklären ; an den Franennameu Kose
jni denken erscheint mir doch bedenklich, wenngleich ja Fälle, in
Ehland wenigatensy vorkommen, dass Geschütze Franennaraen
»in Bericht vom 16» Angnst ist bereits citiei*t.
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^ 43 —
schwerem Geschütz 4 Büolisen, <lie dazu bestimmt waifcn,
Erker und Holzwerk^ zu «lurclischiiv^sen, sowie 3 prrosse mäch-
tige Bonibarden, um Mauei u und rOrme niederzuschiesseu, und
8 Wagen, die mit schwarzen harten Steinen aU Munition iVir
diese totstmn Geschütze beladen wären. De4^ Zug wurde :ge-^
leitet von 400 bis SOO Pferden; 30O Reisige .tragen gleiche
Kleidung in den Farben des Herrn von Gommercjf, de» Roclc
halb rot, halb grau, ein grosses weisses Kreuz mitten auf dei-
Brust uiui auf dem Rucken. Ausser der Artillerie waren noch
3 Wa^eu im Zu^^, mit schwarzem Lederzeu^ überdeckt, welche
mit Sirickleitern, Pfeilen und andeieru Kiie^sgerät beladen
waren. Zu seinem eigenen Gebrauch führte der Herr von Goin-r
mercy, der auch zwei Sdhne «cgar kostelich gezierte bei stcli
hattey 11 Streithengsie mit, aufgEOäumt mit schwarzem Lieder-
zeng; davon waren drei gepanzert, die von drei Bereitern in
seine!* Livree geritten wurden.» Einem späteren offiziellen fran-
zösischen Inventar fibei- einen Artillerietrain, der den Franzosen
bei ihrem Abzug aus dem Klsass genommen wuixle, entnehmen
wir dauji uorli folgende Angaben : 2 grosse eiserne Bombarden,
welche Steine im Gewicht von 60 Pfund schleuderten, 6 kleinere
Büchsen, vi>n denen -4 Steinkugeln im Gewichte von iO Pfund
schössen, 8 Schlangen, unter denen 6 dickere mit 500 Blei-
kugeln, 3 Tonnen Kanonenpulver Im Gewiclite von 700 Pfund,
2 Fasöer Pulver für die Schlangen im Gewichte vot> 3(X) Pfund
und die Lafetten für die Schlanj^en ; 6i> Peldschinne zum Schutz
für die Bedienungsmannschaft bei den Iloml» u den, 400 Spilz-
iiaueu und Schaufeln, 18 Köcher und iUX)ü Annbrustbolzen,
600 Pfund Eisenblech zur Anfertigung von Schlangen und iOOO
Pfund Blei; 4 aehtsDänntffe Wagen zur Betoi^derang der Artillerie»
2 Sturmleitern, jecie lertegbar m i4 Stücke, und endlich sehn
Dutzend Brandraketen.'
Hand in Hand nun mit den militärischen Vorbei ei tu n'^en
zum Einmarsch in das «leutselie Gebiet gingen die dipiomatischen
Verhandlungen. Nachdem Könij^ Karl sich zur Ueberlassunr;'
der Armagnaken an König Friedrich bereit erklärt hatte, hatte
er die Festsetzung der näheren Bedingungen, unter denen die
HilfeleiiBlung eifolgen seilte, seinem S<fhne überlassen^ und. auch
König Friedrich muss wohl seine Regierung in Ensisheim: an-
gewiesen haben, dasNftliere mit dem Dauphin zu vereinbaren,«
1 £s sind Aussagen eines Trompeters, den Esch auf Kundschaft
Aii8g6Bandt hatte, und der Von den Schindern gefaugengenommen
wurde, dann aber wieder freikam» Bericht von 10. Augoet t c.
2 Dies VeneioluiiB mitgeteilt von Taetey II, 113.
3 Es ist wenig wahrfTheinÜch, dass die östorreichisclio Regierung
auf eigene Faust, wie spater König briedhch dem Reichstag vor-
spieeeln' will, diese Verhandlungen geführt und so weitgehende Ver-
pflichtmigea ftbernommen hat; es muss vielmehr angenommen weiden.
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— 4i —
s(i wie es die La«,^e erheisclite. I>i«*sfi war aber liocheriist nnil
verlan^^to unl)eclingte schleuni^v Hille. I>er Dauphin konnte
demnach seine K<triderun*(en m» hoch schrauhen, wie er wollte,
4lie Regierung inussle dennoeli alles gewähren, um nut den
baldigen EntsaU von Zdrich berbeiiuführeiiy das mio aal Juni
belagert war. Wenn irgend moglieb, war die Zustimmung der
Vorlande selbst zu erian^^en, und zu dem Zweck berief auf An-
ordnung'' des in Zu i ich eingeschlossenen Landvogts Markgrafen
Wilhelm von Haden-Hochhei i,-^ (le<*^en Statthalter Herr Wn-ner
von Slaulen einen Landtag na( Ii Allkirch ant den 9. Juli. * Die
österreichischen Hüte beantragten in Anlass der bedrängten Lage,
in welche die gesaraten Vorlande geraten mfisalen, wenn auch
Zürich gefallen w9re, eine Gesandtschaft sowohl an König
Fiiedrich als an den Dauphin zu senden. Von der Landschaft
waren die Prälaten und Städte nur mit der erstei-en einver-
.standen, während die Ritterschaft zwar die Re^nerungsvorschlS^^e
annahm, aber zugleich erklarte, kein Ciold m lial)en, um die
Gesandt sc halten zu unterhalteu. Daraut veizielitete der Statt-
halter auf die Mitwirkung des Landtages und berief einzelne
hervorragende Vertreter der Sundgauer Ritterschaft, wie Burkard
Münch von Landskron, Heinrich luippler und Hans von Mänstrol
auf den 11. Juli nach MasmQnsler su einer vertraulichen Be«
•Nprerhimg, und die hier versammelten Heri-en drangen nun in
den gleichfalls anwesenden Grafen Wilhelm von Lntzelslein,
nochmals die Reise zum Dauphin zu unternehmen. Der war
auch bereit dazu und machte sich anheischig, 10,000 Mann
beraussubringen. Es fehlte nnr eine Kleinigkeit, das notige
Reisegeld von 200 Gulden ; aber wenn er eitel silberne Pfänder
hätte, beteuert der Herr von Staufen an Hersog Albrecht, den
Bruder König Friedrichs, so könnte er dennoch das nötige
Geld dafür nicht aufliringen. Nichts kann die Trostlosigkeit
der Lage in ihrem ganzen Umfang wohl l)essor veranschaulichen
als dieser eine Umstand. Wiedann diese Sciiwierigkeit geliolwjn
wurde, wissen wir nicl»t ; jeilenfalls aber kam die Gesandtschaft
zu Stande. * Die Herren Graf Wilhelm von Lfilzelstein, Herr
dasB, da die Dinge von langer Hand vorbereitet waren und der Aufmarsch
des Dauphin sicli sehr langsam vollzog, die Ensisheinier Rejrierung
Zeit hatte, mit König Friedrich in Verbindung zu treten, um von ihm
die nötigen Anweisungen za erlangen. Es ist ferner niobt wahnehein«
1i<di, dass dieselbe König Friedrich nach der Uückkehr der Gesandt-
srliafi von Langres über die Foidorun": fies Dauphin anunterrichtet
gelassen hat, und der König hätte , immerhin Zeit gehabt, Einsprach
zu erheben.
1 Akten der Colmarer Richtnng im ßasler St-A. ; cfr. aueb Fechter
L c. p. in.
2 Pio ('( rncren Verhaiidhiiigen ergeben sich aus den von Tuetey
II, 127 ff. veröffentlichten Instriüwtioncn französischer Gesandtschaften
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45 —
Siegfried von Vcnuingen uiul Mni tiii von Helinstaft i suclifen
den Dauphin zu [.anj^res auf und ülMMlii-arlUoii o'm SrfinMl)en
des Markgrafen Willielm, worin dieser auU drin^eud:»te um
Hchlt^unigen KntsaU liat.^
Die I^e hatte sicli inzwischen noch erheblich verschlimmert^
sdtdem die Eidgenossen sich voller Grimm vor die Veste Farns*
byrg gelegt hatten, deren Besitzer Herr Thomas von Falkenslein
Ihren Zorn aufe faörbste gereizt liatte durch den Ueberfall und
die Einäscherung des Städtleins Bruck. Der Besatzung stand
das Schicksal von Greifcnsec in sicherer Aussicht, wenn nicht
haldiger Entsatz karn Je hiUsbeiturftiprer aber die »»sterreichisclie
Regierung v^ar, um so weniger Eile hatte der Dauphin. Er
erklärte sich woiil zur HÜfe tereit« abei' machte sie abhängig
von der SichersteUong von Lebensmitteln för ^,000 Mann und
\on der Einräumung einer Reihe von festen Plätaen.s In ihrer
Hiifiosigkcit blicl) den Sundgauer Rittern nichts anderes übrig,
;i)s wohl oder übel darauf dnzuj^ehen, u \(\ mündlich sagten
sie ziinaclist alles zu, was der Dauphin verlan;^te. Der Regie-
rung zu Ensisheini erging es nicht andcis ; als die Gesandten
in Ensisheim erschienen und die Forderungen des Dauphin
uberbracfatoi,« die kurz und bündig auf ein <an- oder absagen>
binaustiefen bezüglich der Städte und Schlösser, deren Ein-
räumung verlangt wurde, da blieb auch den 5s(cri eichischen
Räten nichts anderes übrig, selbst wenn sie über die Tragweite
dieser Zugeständnisr^e hedenklich sein mochten, als kui-zweg Ja
und Amen zu sagen. Waiirscheinlich nhev hal>en sich solche
Bedenken prar nicht geregt, und leichten Herzens werden sie
auf solche Forderungen eingegangen sein. Hass und Furcht
madite die Leute, blind ; jetzt hatten sie gegründete Hoffnung,
auf dan Reichstagen au Nfimberg etc., in denen auf diese Verband
langen Bezng genommen wird.
1 Tuetey I, 172 erwähnt auch Peter von >försperg, der jedoch
bei dieser Botschaft weder in der französischen Instruktion 1. c. p. 160
noch in den deutschen Nachrichten genaunt ist.
s Der Zeitpunkt der Ahreise der Oeiandtichaft und ihres Ein*
toeffens in Langres kann nicht genau bestimmt werden ; einen Anhalts*
pankt giebt das Eintreffen des Dauphin in Langres am 20. Juli.
3 Romoiitrances faites par les ambassadeiirs de Charles VII aux
«•lecteurB de 1 'Empire assembl^s a Boppart. l4Ab März 13. Tuetey II,
p. 140.
* In einer Kundschaft loni 4>.Angnst ist ton Emrännumg von
22 Städten und Schlössata und ausserdem einer • &heinbrücke die
Kede. Die Antwort sollte der von Venningen am 4. AagJist über-
bringen. Strbg. 8t.-A. AA 1^ or. ch. — Ausserdem erwähnt Bischof
Ruprecht in einem Schreiben vom 6. Angust die Anwesenheit des
von VenningeUi yon Heimstatt u. a. mehr zu Ensisheim, um Ton
des Dauphin wegen au reden und au teidingen. AA 182 or. eh..
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46 —
nicht /üiicli uml Ftrnsluip^ r\\ entsplzen, sondern alle
J<MU' all<^n Pläne zn vciwirklicluMi, die sie sonsl im stillen
VVirikol des Herzens veiber^vii nui.sslen. Nicht bloss die
Schweizer Bauern sqlUeu unterjocht werden, ebensosehr ^ait
e8 den verhassten Reichsstädten » und ganx besonders hofften
sie jetzt an dem reichen Basel, das ihnen doppelt verhasst war,
seitdem die Zünfte allmählich utter die alteingesessenen Bitter-
geschlechter die Oberhand jjewonnen hatlen, ihr Mütchen kühlen
zu düifnn. Wie herrlich war es doch, wenn sie sich rnil den
Armaji^nakeii in (he reichen Kaut'mannsgüter der verhassten
Stadt teilen konnten!
So "ing denn zunächst Herr Sieg^fried von Venningen zum
Dauphin zurüclc nach Langres, um ihm die verlangten Zusagen zu
überbringen, und jetzt erst, nachdem der Dauphin alles erlangt
hatte, was er iiberhaupt nur hatte fordern können, jetzt erst
erteilte er den Befehl zum Aiithnn h des Heere>^, d*'r dann am
folj(enden Ta^^e, dem 5. August erfol<?te. * Arn tolj^^enden Tage
machte dei Dauphin Ouartier zu Jonvelle, und hier traf ihn
aul's neue eine Ge.samlt.schalt Sundgauer Edelleute, an welciier
ausser den Herren von Helmstatt und Venningen auch die
Herren Peter von Mörsperg und Hans von Münstrol teilnahmen.
Sie beabsichtipften den Marsch des Dauphin thunlichst zu be-
schleunigen, damit zunächst das am meisten I)edrohle Farnsbur«,'-
baldigst entsetzt würde ; a!)ei- trol/(iem sii li der Krie«^si'at ei;i-
stimmi«^^ fin- den Weiterniarsi li aussprach, beharrte der Dauphin
dai)üi, auch fenierliia aus der Notlage seiner Verbündeten mög-
lichst grossen Vorteil zu ziehen. Vor allem wollte er völlig
sicher gehen. Die Gesandten mussten zunächst Bevollmächtigte
de»? Dauphin heimgeleiten, welche nun endlich auf einem Tage
zn Altkirch am 11. August^ mit der österreichischen Regierung
und <!»'!' i^iiiid^auer Ritteisehan endirnltig im einzelnen jene
Bedmguii;^ '!! lesfsetzten, unter welt lien der Einmarsch erfolgen
sollte, uuii uaiuentlich auch die lesteii Plätze bestimmten, welche
ilcni Dauphin einzuräumen wären.
Inzwischen verfolgte dieser andere Pläne, die sehr zu
denken geben konnten. Es galt die Resitznahme des festen
Mümpelgart, das$ den getreueslen Alliirten König Friedrichs,
den Grafen von Württendierg, gehörte. Der Dauphin konnte
demnach der wolilwollendsten Haltung versichert sein ; zudem
hatten die Grafen iliin bereits zu Langros alle möglichen Zu-
. Sicherungen geben lassen, um ihr» j)ur zufrieden zu stellen.
' Aber trotzdem sich auch der bereits erwähnte Kriegsrat dafür
^''Ausser den schon dtierten Berichten cfr. das Schreiben des
Hf'vrn do la Tour an Esch vom 8. Augast Aber die Bewegungen der
Armee des Dauphin bei Tuetey II, 507.
2 Bereits citierte Kundschaft vom 11. Augast.
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;»Msspracli, dass flor L>;uiphiii MÜMi]>«'l^^avt hei S(Mt*' lic'ji-eii lassen
sollt«', behan to er dennoch dabei, das^ ilun die Fe>Uin}j: jreoffnet
werden mü.ssle. Es stand jelzt bei dem Lauilvu^t der Herr-
schaft von Württemberg, Erhard von Neuenfel», den Marsch des
Dauphin auf lange Zeit aufzuhalten, denn Mümpeli,^urt war für
daibalige Zeit schwer einnehmbar. Gerade zur rechten Zeit er-
schiene aufs neu^. Siegfried von Venningen und Peter von
Mörsperg beim Dauphin, als dieser am 17. August zu Dampierre
bei Mümpelpnt la^^erle. Für sie war es jetzt von höchster
Wichti^^keit, alle Hindernisse hinwegzuräumen, ilie dem Dauphin
etwa noeh zum Verwand dienen konnten, seinen Votmarseh zu
verzögern. Wir dfirfim annehmen, daas sie g:egenäber den
Württemherger Amtleuten das gemeinsame Interesse der Herr-
schaft und des Adels betonten, wodurch diese vermocht wurden,
dem Dauphin noch an demselben Tage Mümj)elgart auf 18 Mo-
nate einzuräumen. * Damit fiel jeder Grund zu einer weiten^n
Zögerung fort. Herr Peter von Mörsperijf hall»' (h'in Dauuliin
Verheissen, hinnen acht Taj^cn Hasel in i^eine Gewalt /u ^eben,
und so war aul den 20. August ein Kriegsrat unter dem Vor-
' sitze desIDauphin anberaumt, welcher darüber entscheiden sollte,
ob zunächst Basel angegriffen oder Zürich entsetzt werden
sollte. Der Ausfall der Beratung ist uns nicht bekannt; auf
alle Ffdle wurde der AVeitermarsch jetzt unmittelbar angetreten,
und die österreichis< lie Tlprrschaft ordnete den Schindern rnehrer»'
Edelleute bei, von denen wir Herrn linrkart Mönch, Hans von
Reciiberg, die Herren von Eptm^eu und vom Huse Ju rvorhehen,
.welche die .Schinder geleiten und dafür sorgen sollten, dass sie
in die Schlösser infi Sundgau eingelassen würden.
Die Sundgauer Rittersohaft war demnach am Ziel; das
erste Kriegsheer der Welt stand zu ihiw V'erffigung, um ein
furchtbares Strafgericht an den Schweizei' Bauern und Baseler
Zünften zu vollzif^hen. Der Sturm schien am F'l?5a!5s vorbeizu-
ziehen und es hoclislens etwas streifen zu wollen. Die Thoren
.ahnten- nicht, dass. sie lediglich Spielkarten in der Hand de^
Dauphin waren, und dass dieser weit davon entfernt war, für
die raublustige Sundganer Ritterschaft seine Armee aufs Spiel
zu setzen.
*
^ Die Enfthlnng Nanelen über eine angebliche Aeusscrang des
Dauphin bei seinem Einzng in Mümpelgart. dass der Vogt verdiene
gehäugt zu werden, weil er eine so feste Stadt ohne Schwertstreich
Ibsvgeben hätte, ist widersumig ; es waren politische Gründe, welche
die einstweilige Uebergabe der Festmig veranlassten. Uebrig«as hat
schon Taetey I, 207 gegen diese Erzählung Zweifel erhoben.
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KAPITEL V.
Die Schlacht bei St. Jakob.
B«^reits nm !!. Ah;j^»is( liatte <li<^ Vorhut (les; li ,ifi/i*-^isclica
Heeres, die mit»*» Bt^tehl \oii lilarichetort aiaud und ilas Geschülz
^releitet hatte, den Sundgauer Boden betreten, und nachts hatten
an 1000 Gewappneter zu Boss um Grandviilars und Morsvillars
gelagert ; von innen rannte ))ereits am folfj^enden Tage ein Haufe
bis vor die Thore von Base), i Dann kam ein gewisser Still-
stand in dio R<nvegun{xen des Feindes, ln's sich nacli der Ueber-
gabe von iMüinpelj,'-a!'l das ganze Heei" nntpr Führnn'^' des Sund-
gauer Adels l)is vor die Tliore von Basel ergoss. Die Absicht
war eine duppelle: einerseitjs handelte es sich um einen Hand-
streich auf Basel, und dieser schien unisomehr Aussicht auf
Erfolg zu haben, als einerseits die weite Ausdehnung der Stadt
die Verteidigung gegen einen so zahlreichen Feind ganz erheh-
ticii erschwerte und ausserdem der Sundgauer Adel zahlreiche
Verl)indunjien in der Stadt unterhielt Sn sicher war man
si'hon, (lass sicli die IV;nizösischen Hauptieiile der Ortske!)nhif<;
der l)enachbarlen Kdelleule versiclierten, um sich die ;;n)s>^('ii
Höfe und wo die Reichen gesessen wäien, zeigen zu lasstnt. Auf
der anderen Seite handelte es sich um den Entsatz des in der
Nähe gelegenen Famsburg, und zwar wurde beabsichtigt, die
Eidgenossen von zwei Seiten zu fassen, indem die Armagnaken
unter Befehl des Herrn de Bueil das l)ei Basel mundende
Ergolzthal aufwärts -^e^^^cn die Feste vorgehen sollten, * während
die Oesterreicher unter Hans von Rechherg ihnen von Säckingen
aus die Hand bieten wüixlen.*
Am Somitag und Montag (23. und 24. August) zog* ein
Haufen nach dem anderen an Basel vorbei im Thal der BIrs
aufwürts, wählend der Dauphin selbst in Waltighofen in fler
Nähe von Basel blieb und hier für fünf Tage sein Hauptquartier
aufschlug. Die Avantgarde, deren Oberliefehl jetzt der Graf von
Dammartin Obernommen hatte, rd>ersclu"itt noch am Sonntag
die Biro und besetzte die Dörfer Münchenstein, >futtenz und
Pratleln : von hier waren es nur nü<:h vier Wegstunden bis
Farnsburg. Die Besatzung konnte .somit ihrer Kettung versichert
sein. In der Burg zu Müncfaenstein harrte der Hauptleule der
1 Basel an Strassbnrg dat fer. quari. p. LauniuM. Strbg St -A A A
191 er. eh.
2 Fechter p. 20.
Das Folgende im wesenthchon nach der vortrefflichoii Ab-
haiidlung von Bernouilli, Die Schlacht bei St Jakob ; ausserdem Favre.
Le Jouvencel I, 101 IT.
— 49 —
Armagnakeii ein tVeudiger Empfung^ seitc^ns der Sundy^uer
üerren, die eben ihre erste Helden! hat ausgeführt hatten. Jetzt
nicht mehr in Furcht vor der Ahndung durch Basels Waffen,
hatten Burkard Mfinch, - Peter von Ifdrsperg und andere im
Vereine mit den Armagnaken einen Warentmnsport uberfallen,
der von Genf naeh Basel bestimmt war, und reiche Beute ge-
invi« ht. Wenn nun aber die Sundgauer Herren gemeint hatten,
dass die Annaj^naken nichts Eiligeres Ihnn wilrd^n, als ihre
Freunde und Genossen in Farnsburg zu ents»'lzen, so hatten
sie sich sehr getäuscht. Herr Jean de BuetI, dem der Dauphin
den Oberbefehl übertragen hatte mit der Weisung, jene Burg
2u entsetzen, machte keine Miene, die Ebene um Basel zu ver-
lassen und sich mit seiner Reiterei in die Defileen des Ergolz-
thales hinaufzutragen, um sich nicht hei aufgelöster Schlacht-
ordnung der Gefahr eines AngrifTes auszu.setzen. Er mochte
abwarten, ob nicht die Eidgenossen, durch die Stärke des in so
grosser Nähe haltenden feindlichen Heeres eingesL'lifichtert, die
Belagerung aufheben oder ihn vielleicht hier, wo in der Elyene
die Massen der Reiterei su voller Wirkung gelangen konnten,
angreifen wurden. Zudem gedachte er nicht eine so lockende
Beute wie Basel fahren xu lassen. So blieben die Scharen einst-
weilen ruhig in ihren Quartieren stehen und trieben in ge-
wohnter Weise ihi' Unwesen, raubten, was sie rauben konnfen,
und liiigen die Menschen, um möglichst hohes Löse^'^eid von
ihnen m erpressen. Vergeblich beschwerte sich die Stadt heim
Dauphin und bat um Freilassung der Gefangenen und um
Rflckgabe des geraubten Guts.^ Der Dauphin selbst kam hin*
^egen am Montage dem 24. August, mit kleinem Gefolge ver-
kleidet von Waltighofen herül)er vor die Stadt, um sie zu
besichtigen, und wurde hier mit KanonenachAssen empfangen.*
1 Am 22. August Das Sckreibeii bei Tuetey I, 214.
s Bei Fechter p. 21. Das Schreiben irt insofsni interessant, weil
e?5 nns einm Fingerzeig giebt, wie Strassburg sich wider deii Feind
zu verteidigen gedachte. Die Ratschläge laufen darauf hinaus, dass
die Basler lugeu sollen, ilii Volk jxi Meiäteibchütl zu liabeu, läemaud
hinauslaufen zn lassen, die Ringmauer wohl mit Geschüts zu armieren
und mit zuverlässigen Leuten zu bewachen. Sie sollen auch nicht
viel Gespräch mit dem Dauphin oder mit seinem Volk halten — denn
dieselben würden sie doch < beschisen » — , sondern auf jeden, der
herankomme, ihr Gesebüts abfeuern. Wenn aber ihre Mauern nieder-
geschossen wären, sa sollen sie mit grossen «Hölzern » and mit Mist
neue Schutzwohren errichten und sich auf keinerlei Unterhandlung
einlassen, da der Feind doch nicht lange ausharren könne wegen
Mangels ah Munition und Geld. Wenn es aber möglich wäre, so sollten
sie auf eine Meile Wegs alle Dörfer verbrennen, damit der Feind um
so eher wieder abzöge. Vor allen Dingen ahor sollen sie einhellig
sein und diejenigen aasstossen, denen sie misstrauteu.
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Im übrigen blieben die Bfirger der vielfachen Warnungen, die
sie namentlich von Strassbui^ erhalten hatten, eingedenk und
hüteten sich wohl, sich aus dem sichern Schutz ihrer Mauern
herauslocken zu lassen.
Inzwischen bofand slih d;js Ilelagerun^heer der Kid-
«rfno<^f>n vor Farn^fiii nj in pf^inlichei' Unschlussigkeit, und die
HecUiiuii^^ iU's tranzosisciiefi HeerlTihrers schien in der Thnt
zutredend. Von zwei Seilen bedroht, wussJen die Hain>lleut»-
nicht, ob sie die Belagerung fortsetzen oder aufheben sollten.
Die Ankunft eines Luzemer Fähnleins verbesserte die Stimmung,
und Nachrichten, die nber die Armagnaken aus dem be-
nachbarten Baseler Städtchen Liestal kamen, erraten die Lust
7M einem kühnen AngrifT. Es hiess nämlich, dass die «schna^'-gen>»
der Vorhut sich jreteilt hätten und zerstr»Mi( zu Prattehi und
Muttenz lagerten, und di es ausserdem mir ein «nakend»
Volk sein sollte, dem uiaa leicht grossen Schaden zufügen
könnte, so bot ein U^rM hi der Thal Aussicht auf Erfolg,
ohne dass man dabei einen andern Zweck als reiche Beute zu
machen verfolgte. Immerhin aber war das Unternehmen nicht
ohne Crefahr; denn wenn auch die Vorhut des Feindes sich
sorglos verstreut b;ifte, so h'^ seine H.inptmacht doch nicht so
fern, dass sie niclit bald hatte zu HiltV kommen könTipji
Zudem war zu betürchten hei lUmi wilden Kriegseifer der Eid-
genossen, dass sie, von der HiUe des Kampfes fortgerissen,
sich zu weit vorwagen und sich so der Gefahr aussetzen wCIrden,
von der Ueberzaht der Feinde umzingelt und erdrückt zu
werden. Den Hauptleuten entging dies keineswegs, und die
Mannschaft musste ihnen schwören, nicht über Pratteln und
Muttenz hinaus vorzurücken und sich im Notfall ün die be-
wa1d<'fcn Vorherge des Jura zu halten, um sich durch dies
geschlitzte Terrain gen Farnsburg zurückzuziehen. Das waren
recht vernünftige Anoixinungen, wenn sie nur l>efolgt worden
wären. Schlimm aber war es, dass die Kriegszucht infolge des
Burgerkrieges bedenklich gelockert war, und so versagte der
wilde Kriegsmut der Mannschaft im kritischen Augenblick den
Führern den Gehorsam.
Es waren an 131)0 Mann,' die am Dienstag Al)end ("20. August)
von Farnsburg aufluachen und gegen Mitternacht vor Liestal
ankamen. Etwa lOOU blieben vor der Stadt, der Rest ging
hinein und verbrüderte sich mit der Baseler Besatzung, aus
welcher sich die tüchtigsten Leute anschlössen, so dass die
Schar jetzt auf 1500 Mann angewachsen war. Vergebens warnte
der Baseler Hauptmann Hemman Seevogel vor weiterem Vorrücken ;
1 Ich halte die bisherige Kontroverse über die Starke der
Schweize)- durch d^ Unterstichting von Bemonilli für abgeschlossen
and gebe dara'^ "«iter ein.
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— M —
um dem Vorwurf der Feigheit zu entgehen, mussle der ortskundige
Mann siVh selbst an dio Spitze dor Schar stellen. Da blieb nur
wcni^r '/»'tt iür Nachtruhe; der Platz war voll Kriegslarm, nnd
die ursprünglichen Abmachungen waren wohl bald vergessen.
Nach Basel wollten sie ziehen und der bedrängten Stadt die
Hand reichen; und es wurde Botschaft nach Basel gesandt, diese
Ahsicht kundiogehen« Inmitten des Kriegslärms kamen zwei
Chorherren aus Neufchatel^ wekhe Basel an demselben Tage ver-
lassen hatten, auf Umwegen nach Liestal. Wie waren sie er-
staunt, als sie dieses Hp|flf*nlrinfleln erblickten, welches den
Kampf mit den «befürchteten Artna^naken autnelimen wollte!
Vergebens wai uLeri sie vor dem unmöglichen Beginnen, bis zu
den Thoren Basels vorzudringen. Wilde, todesmutige Tapferkeit
war mit einßlltiger Frömmigi^eit damals bei den Eidgenossen ge-
paart, und so gab einer der Hauptleute die denkwürdige Antwort :
«So befehlen wir unsere Seelen Gott und unsere Leiber den Arma-
gnaken!» Indessen war der günstige Augenblick zu einem Ueber-
fall bereits verpasst. Der unermüdliche Vorkämpfer der Ritter-
schaft Hans von Rechherg hatte von Säckingen aus den Abmarsch
der Eidgenossen bemerkt und nach Pratteln und in das Haupt-
quartier der Franzosen gemeldet, al>er noch vorher musste das
tumultuarische Quartier in Liestal dem Feind, der seine Feld-
wachen bis eine Viertelstunde unterhalb des Ortes vorgeschoben
hatte» die Absicht der Eidgenossen offenbaren. So waren die
Armagnaken vollständig vorbereitet und hatten alle Massregeln
trefTon können, um nicht nur dir Kid^'enosscMi zu emiifangen,
sondern auch einen Handstreicli gegen Basel vorzubereiten.
Auf die Meldung Rechbergs war nämlich der Graf von Uam-
inartin schleunigst in das Hauptquartier des Dauphin geeilt, der
sich damals in der Nähe von Basel aufhielt« vielleicht xu Häsin -
gen otler Hegenheim. Notwendigerweise musste man hier auf
den Gedanken kommen, dass die Eidgenossen dem hart be-
drängten Ri-^e! zu Hilfe komme?! wollten : tmd es war dann
vorauszusehen, dass die Kaseler hinaiisrücken wünlen, um ihren
WafTenhni.h'in die Hand zu reichen. Ks entstand daher der
plan, 1 dass, während ein Teil der Streitkratle den Kampf mit
2 Diese Kombination von Bernonilli «erscheint mir doch wahrschein-
licher als die yon Favre, der Daramartin an dem Rekognosziemngs-
ritt des Dauphin vor Bnsol toibiphTTiPn nnc! von da znrückkolir-'-n
lässt, als der Angriff der Eidgenossen gerade erfolgt war. Er meint,
dass der Rekoguosziernng ein Kriegsrat gefolgt sei, in dem der
Entsatz von Farasbnrg und ein Handstreicli auf Basel fär den 86. An-
tust beschlossen wäre, und so erkläre sich die späte Rückkehr von
Dammartin. An sich wäre diese Annahme nicht übel ; sie that aber
xmserem zuverlässigsten Berichterstatter Gewalt an, dem praeceptor
▼OB Isenheim, der ^anz genau ^e Reikognonierang , feria secimda
in die Bartholomaei geschehen Illsst; wenn dieser in der Folge sich
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tl»M) Kidgenosseii .luruahin, ein anderes Korps eine abwar-
tende Haltung einnehmen sollte, um sich, wenn die liaseler
ausj^errickt wären, zwischen sie und die Stadt zu drän<^en und
ihnen so die Rüc kkehr alizuschneiden. * Die au*;enblicklich ver-
fü^haivn Sti*eitkräfte mussten dafür zunächst vollständig; ausrei-
rliend erscheinen, während der Dauphin die noch zerstieul liegen-
den Mannschatten zu einer Reserve zusammenziehen sollte. Die
Reratun^^en nahmen einen guten Teil der Nacht in Anspruch,
uiul so kam Dammartin zurück, als der Kampf Ijereits entbrannt
war lH»i sei seiner Vorhut. Ohne sich Zeit zu nehmen, vollstän-
dige Rüstung anzulegen, stürzte er sich nun, die Seinigen anzu-
leuern, in den Kampf.^
Der AngritT der Eidgenossen war noch vor Tagesanbruch,
gegen i l'hr moi*gens ges<"hehen, am Mittwoch dem 26. August ;
nach aller Silte waren sie in drei Treffen geordnet, deren jedes
M\ Mann zähllo. Die vopgeschobenen Haufen der Armasrnaken
dann versieht und den Angriff der Schweizer in crastinnm, d. h. einen
Tag vu früh erfolgen h'isst, so haben wir deshalb noch kein Recht,
nun uui'h jene ganz genau gegebene Angabe für falsch zu halten.
Im übrigen bleibt das Resultat dasselbe. War die Rekognoszierung
am 'iä. August und war der Kriegsrat in der Nähe von Basel noch
versammelt, so konnte ihn noch gerade die Benachrichtigung Rech-
bergH treffen und danach obiger Plan entworfen werden.
1 Diese scharfsinnige Kombination ist von Bernoailli p. 8 auf«
gestellt und stellt den Verlauf der Schlacht erst ins rechte Licht.
Ich möchte hinzufügen, dass dieser Schlachtplan, wie ihn Bernoailli
rekonstruiert hat, durchaus der Kriegführung der Armagnaken ent-
spricht, und weise darauf hin, wie namentlich Strassburg die Basler
noch ausdrücklich gewarnt hatte, sich ja nicht von den Armagnaken
aus der Stadt herauslocken zu lassen.
Hier ist der einzige schwache Punkt in dem Beweisgang voa
Reruouilli, denn wenn die Chronique Martinienne vom Grafen vou
Rammartin, der doch zu Pratteln lag, berichtet, dass er estoit log6
deux lieues vom Dauphin und zu diesem geeilt wäre, wo hielt sich
dann der l>auphin auf ? Damit wird die alte Streitfrage über den Auf-
ivuthalt des Dauphin während der Schlacht wieder erneuert. Der prae-
9^tor von Isenheim, der unbedingte Glaubwürdigkeit verdient, er-
llflmt^ dMt der Dauphin vom 23. August ab fünf Tage zu Waltig-
WAm g*w«tU das hat Bernouilli übersehen — und während dessen
lü^ August Basel in der Nähe besichtigt habe. Nach der Erzäh-
^IM^ i4MM klMT ttigtntlich nur von einem Tagesausflug die Rede sein.
l^MKSMM^^uug der Chr. Martin, verlangt aber, dass der Dauphin am
Mikch NValtighofen zurückkehrte, sondern sich in der
tlWA lu einem der benachbarten Schlösser Häsingeu
wi« B. .selbst bemerkt. An sich würde es ja auch
IM^ ^Um d«r Dauphin die Gelegenheit benutzt hätte,
4ir Seinen zu besichtigen und mit den Führern
trtffen. Cfr. übrigens unseren Text.
58 ^
hielten auf einer Matte bei Pmtteln, wichen aber einein ern^t*
liehen Kampfe ans und zi>gen sir!i scharmüfzelnd tuf Muttens
zurück, wo inzwischen Dammai tin seine übrigen Streitkräfte
konzentriert hattP. Ks war eine bedeuteude Ueberniacht, die liier
den Eidgenossen ^gegenüberstand, etwa 8000 Mann unter der
persdniichen Führung kri^^rfahrener Manner wie Dammartin
und Salazar, aber trotzdem hielten sie dem An^rifT der Eidge*
nossen nirlit stand, sondern zogen sich teils Ql)er die BirsbrÖdte
zu ihrer Hauptmacht, teils in der Richtung auf Münchent^tein
zurück. >
Jetzt hätten die Eidi^enossen ejit.sprechend ilt'iii in^pi iiiiglicheii
Plan halt machen müssen, und sie konnten wahriiatlig zutricdeu
sein mit dem errungenen Erfolge. Hätten die Hauptleule vermocht,
ihren Gebnten Nathdnidc zu verschaffen, unberechenbare Folgen
würden sich an diesen Kampf bei Muttern geknöpft haben;
aber wer vermochte der entfesselten Kampfeswut der Eidgenos-
sen Kinlifdt zu thun! So sehne)! sie nur laufen konnten, eilten
sie den Feinden nacli. Ein unglücklicher Raseler kam ihnen
in den Wurf; er war voji der Stadt ^'^escinckt, um sie von den
Absichten des Feindes zu unterricliten und ihnen mitzuteilen^ dass
unter den obwaltenden Umständen auf Basels Mitwirkung nicht
zu rechnen wfire. Der Unglückliche bfisste seine Meldung mit
dem Leben; sie erstachen ihn. So kamen sie in wilder Ver- •
folgung bis an die I3ii\s, wo <?ie zunächst wieder halt min Ilten,
um sich zu sammehi, und diese Pause benutzten die Haupt-
leute nochmals, um sie von weiterem Vordringen abzumahnen,
ai>er vergebens.
Aus dem Thalgrand erhebt sich hier steil das Terrain zu
eineifi Plateau, auf dem HeiT Jean de Buell die Hauptmacht der
Armagnaken aufgestellt hatte. Von ihrer Stellung im Thalgrnnde
erblickten die Eidgenossen daher nur einen Teil der feindlichen
1 Ich möchte mir hier eine Vermatun^ erlauben, die zwar nicht
qaellenmfissig zu belegen ist, die aber eigentlich ein notwendiges
Glied in dem aufgestellten Schlachtenplan Ist. War der Widerstand
bei Mattenz seitens der französischen Heerfahrang überhaupt ernst
gemeint? Es ist nahezu unmöglich, dass eine Schar von läOO Leuten,
auch wenn sie noch so tapfer sind, ohne Vorteile des Terrains und
dazu, was Aasrüstung betrifft, vielfach im Nachteil, ein mehr als fünf-
mal so starkes Heer in die Flucht treiben kann Es entsprach dem
Plan der t'i tiizosen, die Schweizer auf die Ebene vor Basel heraus-
zulocken; nur unter dieser Voraussetzung erschien es müglich, dasi>
die Basier den gewünschten Ausfall niMhen würden, an den Eid«
genossen die Hand zu reichen. Diese Möglichkeit fiel fort, sobald die
französische Avantgarde die Schweizer bei Muttenz festhielt Es ist
demnach sehr wahrscheinlich, dass die Avantgarde nur so lange die
Schweiler anfhalten sollte, bis dass die übrige Armee ihre Aufstel-
lung bei Basel gewonnen hatte, um ds.nn auf dem Rückaug oder
durch eine scheinbare Flacht die Gegner nach sich su sieben.
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— 54 —
Streit klärte. Sie müssen «laher in dem Waliue^ belangen ge-
wesen sein, als ol» das die gesamt»* Sheitmacht d«T Feinde
wäre, und uut der ^daiiMrn sie es elxiusu autnehmen 2U
können wie bei Mutlenx. So liatten die VuisteJluugen der
Hauptleute keiuen linderen Erfolg, als dass auch sie jetzt der
Feigheit beaebuldigt wurden.
Vorwärts ging es jetzt über die unverteidigte Birsbrücke, <
ohne dass es der Mühe wert gehalten- wurde, diese Brücke für
ilen Fall (l^s Rückzuges Ijcselzt zu halten. Und auch jetzt noch
hätlea sieeint^ üljerans glückliche Bewegung inachen können, wenn
sie sich von der Brücke lechts dem unleren Wege nach der Stadt
zugewandt hätten.^ Sie hätten sich dann mit der kampfeslustigen
Baseler BQrgerschafl vereinigen und mit ziemlicher Aussicht auf
Erfolg einen Kampf mit^ dem Feind bestehen können. Aber
möglich, dass sie über die vermeintliche Feigheit der Baseler
Bürgerschaft ergrimmt waren, die nicht wagte, ihnen dnrch
«•inen Ausfall die Hand zn rciclien, so <lass sie jet^t meinten, die
Sache allein ansfecliten /.u .sollen. So zogen sie also nach links
das Plateau iiuiauf dem Feinde entgegen, dei bei Gundeldingen
auf der Höhe hielt.
Nach dem. Zeugnis eines österreichischen Reisigen, der an
der Schlacht teilnahm, waren es nicht weniger als 16,000 Rei-
sige,* welclie hier auf offener Ebene aufgestellt waren, so dass
der eine T<;il den Eidgenossen zug<'wandt war, der andere sich
mit der Fionl gegen Basel i'ichtete, um die Büigerseliaft im
Falle eines Ausfalles von der Stadt abzuschneiden. Und man
wird gut thun zu erwägen, dass dieser letztere Plan bei den
Franzosen im Vordergrund stand, und dass der Kampf mit den
1 Ein Gesichtspunkt, den meines Erachtens Bemomlli nicht scharf
genug herTorgehoben hat.
2 Nor!) Tuotey I, 221 folgt der altfii Legende, als ob die Schweizer
unter einem mörderischen Artilleriefeuer den Üebergang über die
Birs erzwangen hätten, obwohl das ihm bekannte, von Janssen, Frank-
furt. Keicliskorr. II, p. 69 veröffentlichte Schreil>en Basels an die zu
Nürnberg verfrotprioTi Reichsstädte einen ganz anderen Sachverhalt
glicht. Es wird sich im Verlauf der Darstellung übrigens noch ergeben,
dass die Armagnakeu anfangs gar keine Artillerie zur Stelle hatten.
^ Wie der Baseler Bat schreibt, dessen Einsicht ich in diesem
Falle doch ül>er die Bemouillis stellen mnss, welcher dieser Bewegung
die Aassicht auf Erfolg abspricht.
* BesügUch der Starke des Heeres verweise kh. gegenüber Ber-
nouilli auf meine Ausführungen. Die Angaben von Schamdocher
liiü&äeu SU geuummeu werden, wie sie sind, dass die Armagnakeu
mit mehr als 16,(MN) Pferden vor der Stadt hielten ; and augenschein^
lieh bezieht sich diese Ziffer nur auf das unter de Bueil vor Basel
"^Itende Korps: es ist nicht einbegriffen die unter Befehl des Dauphin
die GOOO li'ferde stark war.
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— 55 -
Eiiigenosseii für sie «Mst in zweiter Linie in Hrwai^tm^' kam.
Daraus erklärt sich die Art des Kampfes, der sich jetzt entspann^
als die Schweizer gegen acht Uhr morgens das Gundeldinger
Plateau erstiegen. Es hat für die Tapferkeit derselben nichts
Herabsetzendes, wenn wir der Meinung Raum geben, dass Herr
Jean de Bueit sie mit Leichtigkeit in den Thaigrund der Birs hätte
hinabwerfen köanen, wenn er ihre dichtgedrängte Schar durch
die berittenen Bogenschützen mit einem Pfeilhagel hätte über-
schütten und (iui*ch seine hommes d armes hätte aii^^reiten lassen.
Das war aber ;^ar nicht die Absicht; die Augen waren auf Basel
gerichtet, und J>ei den Eiilgenossen wurde die Entscheidung
hingehalten ; es bandelte sich nur darum zu verhüten, dass sie
Terrain gewannen. So ist es dann der wiederholte Anprall ein-
zelner Scharen, deren sie sich mit der grössten Tapferkeit er-
wehrten. An vier Stunden, bis gegen 12 Uhr» dauerte hier der
ungleiche Kampf, und mit solchem Löwenmute fochten sie,
da.ss .solche, die den grossen Schlac hten zwischen den Englandern
Tind Franz(jsen heigewohnt hatlen, gestanden, noch niemals
Leute gesehen zu haben, iJie so tapfei* und verwegen ihr Leben
in die Schanze schlugen. >
Wo blieben inzwischen die Baseler, warum lieesen sie ihre
Bundesbruder in einem Kampfe verbluten, der sich nur eine
Viertelmeile von ihrer Stadt abspielte? In der That war es nicht
ihre Schuld, wenn sie ihien Verbündeten nicht zn Hilfe kamen.
Stürmisch hatte die Gemeinde den Auszug verlangt, und noch
ijevur der Rat schlüssig geworden war, in welcher Weise der
Auszug geschehen sollte — dann si gimse Warnung lielten
der stat Basel halb — , nahm ein Met:^r dem Bannerträger
das Stadtbanner aus der Hand und schrie : Nach, wer ein Basler
istl Der Rat erleilte nur noch den Befehl, dass jeder sich
• einen Strohwisch als Abzeichen hinten unter den Gürtel binden
sollte, und <i»> Hl ■ktf die Bürgerschaft in der Sfärke von r^OOO
bis iÜüU Manu vors Thor. So tumultuariscli arilaiigs der .\üs-
zug auch gewesen sein mochte, feruerhin hatte der Rat das
Heft in Händen. Nur vorsichtig r&ckle man vor, die Reiterei
voran. Das Fussvolk machte zunächst halt bei der Katharinen-
kapelle, da wo jetzt das Denkmal der Tapferen von St. Jakob
steht, während die Reisigen bis -zum ICreuzstein vorgingen,
einem Punkte, von wo aus man einen IJehet hlick über das
Schlachtfeld hat Hiec sahen sie, wie der linke Flügel des
Feindes in keillornii^er Aulslellung hei Gundeldingen am
Rhein hielt, um sie bei ihrem weiteren Vonlringen vun der
Stadt abzuschneiden. Erwartungsvolle Augenblicke, die jetzt
folgten ! Der Kampf ruhte wohl eine Weile : den Eidgenossen
winkte Hoffnung auf baldige Hilfe; der Feind jubelte, das^
i Worte des französischen Chronisten Mathien d'Escoachy.
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die iluryer lu die Fallt ^^iiij'fü, und warlfle ikii-, das.s sie noi-h
weiter voiTücklen, um daa NeU zuzuziehen. Die bange Situation
vefgegenwärtigl uns so recht der ä{)äterc Stoss:»eufzer eines
d«ierreichi8ch«i Knechtes, der bei den Armai^akeii focht : €0,
waren die Btewicbter mit ihrem Uamier nur einen Steinwurf
welUir geiogeD, wir bfttten sie aUeeemt erschlagen und die
Stadt genommen.»
Alles hiijji davon ab, ob die Buij^erschatt dem Befehle des:
Bürirernieisters, der jetzl den Riickzii^'^ aiiorrhiete, folpren würde,
und bciiwerlieli wären die Zünfte uut^eiweiui, wenn nicht die
Absicht des Feindes auch anderweitig bestätigt worden wäre.
Auf den Tfirmen konnte man am. deutlicfaKten die Bew^ungen
des Feindes wahrnehmen; dort gewahrte man auch das Re*
servekorps dos Dauphin, und ein Bote nach d<'m anderen mel-
dete den Bürgern: sie wären verloren, wenn sie weitei- zö^jen.
Auch das machte not b keinen Eindruck auf das Fussvolk, das
von seiner Stellung aus die gefahrdrohenden Bewegungen des
Feindes nicht wahrnehmen konnte, wenn nicht jetzt das blut-
rote Banner des Erxteindes der Stadt auf dem jenseitigen Rhein-
ufer sichtbar geworden wäre. Es war Hans von Rechlierg, der
mit seiner reisigen Schar von Säckingen herzog, um die Um-
ziiijelunfj: der Stadt vollständig zu machen und sie vfui der
Kleinseite anzugreifen. Das war enlsrbeideiid : schweren Herzens
niussten die Zünfte jetzt den Ku» kzng antreten und die Eid-
genossen ibreni Schicksale überlassen.
Mit dem Rückzüge der Baseler Börgerschaft war die Lage
völlig verändert, das Ziel des Kampfes war ein ganz anderes
geworden. Jetzt mussten die Franzosen anf die eine oder di«-
andere Weise mit den Schweizern fertig werden, und sicberliclj
wäre es dem Herrn de Jiueil am liebsten j^p^vfsen, wenn die^
Eidgenossen sich ergelien und «m- su des letzten enlseheidenden
Kampfes mit einem so furchtl>aien Gegner überhoben gewesen
wäre. FQr die Eidgenossen war abei* die Lage geradezu hoflf*
nungslos geworden, seitdem die Scharen der Baseler ihren Augen
enischwunden waren, und man kann sich den knirschenden
Zorn der wilden Gesellen vorstellen über die feigen Städter,
die ohne Schwertstreich das FcM r'Unnleri. Die wirkliche Sach-
lage kannten sie ja nicht. Die ganze Macht <les Feinries konnte
nun gegen sie verwendet werden ; es gab keine üotltjung mehr
auf Sieg; es bandelte sich nur noch um Rettimg oder Unter-
gang. Vergehens suchten sie den Rückzug Ober die Birs zu
gewinnen : die Scharen der Schinder, die sich nach Mü neben -
stein zurückgezogen hatten, liatten sich dieses Punktes bemäch-
tigt und ihnen den Mückzug verlegt. In ihrer bisherigen
Stellung konnten sie nicht bleiben : sie ninsstcn nacli Deckung
suchen, schon um vor» dem Kample zu verschnaufen, der j»'f/.t
von 8 bis 12 Uhr gedauert hatte. So suchten sie denn kämplentl
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57 ^
ihre Zuflucht at» ein^^m Oi le, den sonst jeder anjistlieli meid^'t,
den deshalb auch die Arinagiiakeii niehi wenlen besHzt haben :
in dem Hause der Aussätzipren, hinter den scliidzenden Mauern
des Sichenhausen von St. Jakob und des dazu gehörigen Gartens,
um hier bei günstiger Gelegenheit hervorzttbrechen und sich
nach Bisel dttrchiusdilagen.
Die Armagiiaken Hessen ihnen jedoch kehw Zeit, frische
Kräfte zu sammeln ; sie zündeten das Haus an und z\vnn*ren
so die Schweizer, sieli in den von einer hohen M;iuer umgel>enen
Gaiien zurückzuziehen. Jefzl wäre es an dei Zeit gewesen,
das Geschütz spielen zu lassen, um die Mauer zusammen-
zuschiessen, aber wenn auch endlich Kanonen herlieigesehaflt
sein mochten, so- fehlte es -doch noch immer an Munition. Um
zu Ende lu kommen, wurde eine Ri-esebe in die Ifaitter ge-
brochen, imd die zusammengedrängten Eidgenossen wurden
jetzt von (M)i) ;d»«r(^soss«Mten nogenschützen mifs Korn genommen.
Da machten die Tajiteren einen Au.^fall, <j*Mn der «rrösslr Teil
der Schützen zum Opfer fiel ; die nn isten verblulelen unler
tien furchtbaren Streichen ihrer Hellebarden, und es dauerte
nicht lange, da tagen sie auf zwei Haufen geschichtet« Damals
mögen sich jene schauerlichen Szenen abgespielt haben, welche
Aeneas Sylvius beschreibt, wie die Schweizer die )>lutigen
Pfeile aus ihren Leibern rissen und sieh mit abgehauenen
Händen auf den Feind warfen und nicht elier den Geist auf-
ga})en, als i}is sie den Möider seihst gemordet hallen, wie
andere von Spiessen durclibohrt und von Gescho.ssen belastet
in die Reihen der Feinde hineinrannten und dort ihren Tod
rächend zusammenbrachen. Dann aber mussten sie wieder
zurück, gedrängt durch die Uebermacht des Feindes, der jetzt-
seinerseits vei*suchte, durch die Bresche den Garten zu stürmen,
;d)pr vp! ^vlif'üs. !);di«'r wurde Ixischlosseii, weitere Stürme einst-
weilen einzustellen, Im< Munition zur Stello war, damit die
Ailillerie unterstützend eingreifen könnte. So l»egnügte der
Feind sich damit, einzelne Austalle der Schweizer zurückzuweisen,
und hielt sonst Waffenruhe; für die Eidgenossen eine will-
kommene Rast. Erst als die wilden Feinde der Eidgenossen
Hans von Rechherg und die Sundgauer Ede^leute, nachdem
der Anschlag auf Basel misslungen war, auf dem t^mwege über
Rheinfelden auf d:is S<lilaehtfeld «geeilt waren, kam neues
Lehen in den Kaiupl, aber auch der Sturm, den sie ujilei-
nainnen, wurde abgeschlagen.
So nahm der Kampf allmählich eine missliclie Wendung
für die Ritterschaft an, und es war nicht Schuld der Arma*
gnaken, wenn die Eidgenossen ihr Leben nicht retteten. Nach-
dem Basel ihnen entschlüpfl war, hatte der Kampf überhaupt
kein Intei-esse mehr für sie. Was sollten sie um des Hasses
der österreichischen Herren willen sich mit einem solchen
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— 58 —
Uejrner in einen letzten Todeskampf einlassen I Als daher end-
lich um Vesperzeit Munition aus Schloss Röteln gekommen war,
so dass das Geschützleuer eröfihet werden konnte, und nun ein
Teil der Mauer niedei'geworfen wai-, da glauhte Herr Jeiin de.
Bueil den starren Sinn der Eidgenossen endlich so weil ge-.
brochen, dass sie auf Unterhandlungen eingehen wurden. Aber,
einen ungeeigneteren Friedensboten, als den er sandte, hätte
er nicht wählen können, Hei rn Burkard Münch von Landskron,
den grimmigsten Feind der Eidgenossen, der keinen sehnlicheren
Wunsch hatte, als seine Feinde vollends zu verderben. Als er
in dem Garten die auFgetfirmten Leichen der Eidgenossen er-
blickte, da schlug sein Herz vor Freude, und im Hochgefühl
der gesattigten Rache brach er in die Worte aus : «Ich sehe
in einen Rosengarten, den meine Vorfahren vor hundert Jahren
geptlanzt haben Id Vor hundert Jahren war ein Ahn von ihm auf
Seite der Franzosen bei Crecy gefallen; jetzt, meinte er, wäre
es ihm beschieden, den Lohn dafür zu ernten. Die Freude
währle nicht lange.. Ein zum Tode verwundeter Schweizer, der.
diese Worte gehört hatte, warf ihm mit dem Aufgebot seiner
letzten Kräfte einen Feldslein ins Angesicht, dass er halb-
entseelt weggeführt wurde. Kein Wort sprach er mehr, und.
nach drei Tagen war er eine Leiche. Dieser Vorfall machte
nun auf die Armagnaken den tiefsten Eindruck. Münch war
die Seele des ganzen Unternehmens gewesen ; er hatte zuletzt
noch die Armagnaken ins Land geführt. Zu der Gleichgültig-
keit an der W^eilerführung des Kampfes trat jetzt Mutlosigkeit
hinzu. Was für ein Feind musste das .sein, der in einer Lage,
in der auch der Mutigsie mullos werden kann, nicht nur die
Unterhandlungen von der Hand wies, .sondern noch dazu in.
wildem Trotz den Unterhändler tötete! Es war denmach sicher,
dass der Kampf bis auf den letzten Mann geführt werden
musste. Das war nicht nach dem Sinne der Armagnaken ; sie
wollten jetzt kurzweg die Feinde stehen lassen und von dannen
ziehen. Ein verhängnisvoller Augenblick für die Sundgauer
Ritterschaft ! Da riefen sie das Ehrgefühl ihrer französischen
Standesgenossen an, dass man sie doch nicht vor den Schweizer
Bauern im Stich lassen sollte. Das wirkte ; ein «Graf aus
Armigeck>>, Herr Robert de Brese, hiess .seinen Haufen absitzen
und sprach : «Besser hier mit Ehren ge8torl>en, als in Frank-
reich mit Schanden gelebt I» Auf seinem Hengste sprengte er
vor in die Bresche, die das Geschütz eröffnet hatte, und Mann
und Ross wurden hier erschlagen. Seinen Tod wollten die
Landsleute rächen ; sie sa.ssen ab, aber nicht um zu stürmen,
son<lern sie beschränkten sich darauf, <lie Sun«lgauer Edelleute
und ihre Mannen über die Miiuer zu bringen; ihnen fiel jetzt die
eigentliche Blutarbeit zu. Gleichzeitig ling das Geschütz wietler
an zu spielen, legte an der entgegengesetzten Seite im Rücken.
— 50
der Eidgenossen einen Teil der Mauern nieder upd riss iß
ihren dichti^edrüngten Häuf« ii breite Gassen. Darauf begannen
auch auf dieser Seile die Leute von Recliber); zu stürmen:
Nun entst:ni<l auf dein »'n^en Kirchhole ein solches Würgen,
dass es selbst die Steine ('il)arinen sollte. Vorwärts und rück-
wärts wird gekäaiptt, jeder Fusshreit Kauines wird streitig
gemacht; Mann ringt mit Manu, niclit mehr aus der Feme^
sondern Aug* im Auge zückt man das Schwert. Zuletzt schart
sich das letzte Häuflein der Eidgenossen zusammen und bricht
aus dem engen Kirchhof hervor, den Kampf in der Weite zu
suchen. Gleicli Löv»mi rasten sie mitten in die Sie^^'^er hinein
durch das ^nTV/:!^ Heer, schlugen, s<'h!))etterfeu alles nieder,
nicht als kauiptten sie uui den Sieg, sondei ii in dem ßewusst-
sein, ihren Tod zu rächen. Zuletzt sinken sie, nicht hen
siegt, sondern vom Siegln ermüdet, mitten unter dem gewal-
tigen Feuideshaufen zusammen. So schildert uns der G^eim-
sekretäi' König Friedrichs, Enea Silvio, das letzte Todesringeii
des Häufleins der Eidgenossen.
Nicht alle hatten den letzten Todesgang rnilgeniaclit ; ein
Häuflein, etwa 100 Mann stark, balle sieb vor dem verbeerenden
Goschutzteuer in die Kellerräume des Sieebbauses zurückgezogen.
Von Ergebung wollten sie nichts wissen ; sie vei langten, man
sollte sie heraus in die Weile lassen, da wollten sie sich ritter-
lich um ihr Leben wehren gegen eine dreifach grossere Zahl»
dass man in Frankreich noch über 60 Jahre sollte davon sagen;
Aber die Armagnaken hatten genug von den Proben eidgenössi-
scher Tapferkeit : sie versperrten den Keller und legten Feuer
davor an, so dass das Häutlein erstickte. Jetzt war nocli eine
kleine Schar übrig, die in allzu eifriger Verfolgung des Feindes
gen Münchenstein bin sich von den Ihrigen getiennt und
auf dem Rückwe^r von allen Seiten umzingelt auf einer
Insel der Birs Zuflucht gefunden hatte. Sie bezeugte nicht den
Ueklenmut ihrer gefallenen Brüder, sondern gab sich — es
waren ihrer etwa noch 70 — gefangen. Als die Schinder sie
gebunden hatten, kam Herr Peter von Mörsberg darüber binzn
und schrie die Leute an : «Tötet die Bösewicbter, denn hatten
sie (überhand und hätten sie den König selbci, ei' niüsste
sterben I» Da erstadien die Schinder den grössten Teil der
Geßmgenen, gebunden wie sie waren.
Ihren Mut fanden die Armagnaken erst jetzt wieder gegen^
über Toten und Verwi ii nieten : allen rissen sie die Kehle ab
und hiehcn ihnen den Hals auf, dass man den einzelnen Mann
inchl mehr erkennen konnte. Alles in allem nio^en liiOO Eid-
genossen gefallen sein; etwa "200 waren glücklich nach Basel
entkommen. Dem stand ein ungleich grösserer Verlust des
Feindes entgegen. Den Armagnaken selbst kam es darauf an^
zu verhehlen, wie viele der Ihrigen den Tod ji^efunden hatten ;
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— 60 —
sie führlen die f>ei( licii vom SclilachtteUle fort und verbrannten
sie; aber jf'deiirill- betrug die Zahl der Gefallenen nicbt unter
tKXK), eine liociist bedeutende Zahl in Veibältnis zu der ZabI
der käui|>t'eiiden Eid^^euossen, zumal wenn mau die Vorteile
der Bewaffnung der Armagnaken in Betracht lieht. Duu kamen
an 1100 Sireitroase, deren Kadaver an versehiedensten Stellen
aufgefunden wurden.
Das war die S< bla( l»l bei St. Jakol» an der "l'>!r~^, ein denk-
würdiges Zeugnis, was Mannesmut und Mauneskr itt zu leiston ver-
mögen. Und wenn auch durrh die geschichllicbe Korscbun;,'- uiani lie
Züge aus jenem rarl»ei»sallen Bilde, welches Joliaiines von Müller
in seiner Schweizer Geschichte von der Schlacht entworfen hat,
getilgt sind, so bleiht doch wahrlich noch genug übrig, um
<lieseii Todeskampf der Schweizer 8U einer der glänzendsten
Waffenthaten aller Zeiten zu erheben. Mit Recht mögen die
Eidgenossen diesen Kampf dem Rinf^on der Dreihundert l>ei
Thermopylae zur Seite stellen; ja, man könnte sagen, dass der
Ruhm der 8CK> Spai taner in mancher Hinsicht vor dem der
Schweizer Bauern verblassen rnuss. Was wir alier in der
Gegenwart am meisten bewundern, ist nicht so sehr die
heldenhafte Tapfei-keit als jene geradezu ubermenschliche Aus*
dauer, die es fertig brachte, von morgens 4 Uhr bis zur Vesper-
yeit gegen (5 I'bi- abends mit geringen Unterbrechungen zu
kämpfen gejieii »Mtie rnelir als zehnfache Ueliermncht. Selbst
wenn wir in Ajirei imung bringen, dass sieb wahrscheinlicli die
einzelnen Abteilungen der Schweizer zuweilen im Kampfe ab-
lassen konnten, so liegt hier dennoch eine Leistung von Mannes-
kraft und Ausdauer vor^ die auch wir bewundernd anstaunen,
müssen.
KAPITEL VL
Folgen der Schlacht. Friedenaverhandlung^en
des Bauphin mit d,en Eidji^exiossen und Basel.
Die näclisteii Folgen der Schlacht waren hüchl l)e4leutsant.
Die Eidgenossen /oj^en in lluchtartigem Rückzug unter Zurück-
lassiin<j ilires Belaj^ei nngsgeschntzes von Karnshurg ab, und auf
<iie kutule von dem, was gesc liehen, wurde auch die Bela^'^ening
von Zürich aufgehoben. Danut hatte der Dauphin eingelöst, was
er König Friedrich und der Sundgauer Ritterschaft verheissen
hatte, und es war fürwahr kein geringer IHenst, den er dem
König geleistet. Dass er Zürich, dass er die Besat2ung zu
Farnsburjr ihren Henkern entrissen, kam nirfit gegen jenen
zweite]» Dienst aul, d;tss er den ilabsburi^isclien Besilzslnnd
ant Uberihein gereitet halle. Wer wollte es ihm verargen,
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wenn er glaubte, damit <^eniig gethan zu hal)en, und nun «meinen
!.ohn verlangte! Oder sollte er den rachsüchtijjen Plauen der
Sundgauer Hilter zu liebe sich mit seinein Heere in di«* Scldupt-
winkei des Lande«» hineiuwaueu und noch mehr Leute verlieren,
als er adion verioren hatte! Es mag wohl wahr sein, dass der
Bauphin gesagt bat, was ihm die Eidgenossen in den Mund
legten : er wollte als gross gold geben aU er war, dass die
sinen und die unsren noch im leben weren. i Schwerlich hatte
er sich in dieser Weise den Kampf mit den Eidgenossen vor-
gestellt, und (1* r Gedanke wirti in ihm ^ivreift sein, dass e?*
l)esser waie, diese tapferen Männer zu Freunden als zu Feinden
zu haben.
Zunächst aber handelte es sich jetzt darum, was aus Basel
werden sollte. Zwar, war die Stadt der nächsten Gefahr gluck-
lieh entronnen, aber wenn der Dauphin jetzt auf die Pläne dei
Sundgauer Herren einging, wnr es mehr als zweifelliafl^ oh die
Stadt sich namentlic h imter dem Kindruck der Niederlage ihrer
Verbündeten gegen einen Ansturm des Feindes zu halten \>m -
niochte. Basel war sich der Gefahr seiner Lage vollkomineu
bewusst und schickte gleich am Tage nach der SchUeht
fröh morgens zwei Barfüssermdnche zum Dauphin, der sieb
jetzt nach Waltighofen zunk-k begeben hatte, um von ihm
frei Geleit für eine Gesandlschaft zu erbitten, Vielehe die
Stadt am fol^renden Tage zu ihm schicken wollte. Das
wurde ^»^ewährt; die Gesnndtschaft traf den l);nn)hin aber am
28. August nicht mehr zu Waltighofen, sondern bereits in
J)edenklicher Nahe liasels zu Volkensberg, und gewiss zu nicht
geringem .Schrecken mussten die Gesandten hier erfohren, dass
ursprQnglich die Absicht beslanden hatte, an diesem Tage einen
Sturm auf Basel zu unternehmen* «Summer Gott, (ich sold hüt
irü ein purgatz sin worden», sagte zu ihnen Heinrich von S[»ech-
hach, ein Sundgauer Edelmann. Ff^ war sicheilii h die Erwägung
der schweren Opter, welche der Stnrm unfehlbar erfordern
winde, weshall) der Plan lallen i^^elas^en war; der Dauphin
hotUe auch auf andere Weise zum Ziele zu gelangen. Einst-
weilen erhielten die Gesandten Basels auf ihre demütige Bitte,
wessen die Stadt beschuldigt wurde, dass der Dauphin sie so
hart l)edrangte, keine andere Antwort, als dass sie nach Alt-
Jtirch l)eschieden wurden.' In ihi-er Not wandle sich die Stadt
jetzt wohl an das in ihren Manern lagen lc Knn/il, das sich
auch durch die Nähe der feindlichen Scharen ijeuni uliij^t fühlen
mochte. Eine stattliche Gesandtschaft, an der Spitze zwei
l^rdinäle, suchte nun am 31. August den Dauphin auf, und
kein geringerer als der Kardinal von Arles, Louis Allemand,
l Schreibeu der Eidgenossen an Bibrafih bei Feehter L c. 5S.
s Feehter L c. 54.
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— &2 —
legte für «lio gejlnpjslijfle Stadl oin «fiiles Wort ein. * Der
Dauphin anlworlete sofort innl jrni) bczfifrlicli Hos Konzils he-
ruhigende Vrrsi('liorun}xen ; rd>er Basel aber liess er sich drohend
vernehmen, dass er die Stadt dem Herzojr von Oesterreich unter-
werfen wolle: si«» sollte ihr Bündnis mit den Schweizern lösen,
ihm seihst Gohorsain leisten, seine Ausla^^en erstatten und
fernerhin nichts mehr widor das Haus Habshurjr unternehmen.'
Ausserdem maclite er es der Sadt zum schweren Vorwurf, dass
auf ihn geschoss<^n wäre, und dass Basel mit den Schweizern
einen Bund zur Vertreihunp: des Adels greschlossen hatte.' Die
Antwort der Gesandtou war würdig, und namentlich bezüglich
des zweiten Vorwurfs machten sie geltend : dem Adel, der alle-
zeit Gutes wirke und thue, dem sei man in Basel von ganzem
Herzen hold, und den habe man jedei*zeit geslärkel und gehand-
festet. Aber es gelie eben viele Kdle in der Umgegend, welche
den Leuten das Ihre gröblich raubten und nähmen wider Gott»
Ehre und Becht ; deren Frevel abzustellen, dazu beholfen und
beraten zu sein, sei Basel bereit.*
Der Dauphin lie.ss sicli jedoch in weitere Unterhandlungen
nicht ein, sondern bedeutete den Gesandten, heimzureilen ; er
werde dem Konzil zu Ehren seine Botschaft gen Basel .schicken ;
zu diesem Zwecke bewilligte er eine Waffenruhe von acht Tagen
bis Mariä Geburt. Am 0. September ^ kamen darauf Herr
Jean de Bueil und als eigentlicher Leiter der Verhandlungen
Herr Gabriel de Bernes, Bat und Hofmeister des Dauphin, mit
einem Gefolge von Pferden in B;Ksel an, wo sie im Augustiner-
kloster feierlich von Abgeordneten des Konzils und des Bischofs
* üeber das Auftreten der Gesandtschaft zu Altkirch berichtet
der praeceptor von Isenheim. Tultey II, 513.
* Es muss hervorgehoben werden, dass diese Antwort sich noch
durchaus im Rahmen der Freundschaft mit dem Hause Habsburg hielt.
3 Dass dies der hauptsächlichste Vorwurf des Dauphin war, geht
auch ans dem Schreiben Basels vom 3. September an die zu Nüinberg
vertretenen Reichsstädte hervor. Janssen, Frankf. Reicbsk. 2, 1 nr. 94.
* Diesen Teil der Verhandlungen bringt Fechter p. 56.
s Betreffs des Datum besteht hier einige Verwirrung. Fechter
p. 56 lässt diese Gesandtschaft noch im Monat August erfolgen, indem
er sich durch eine unklare Angabe der diese Gesandtschaft berich-
tenden .Aufzeichnung verleiten lässt. Die Eidgen. Abschiede U,^, 180,
welche diese Aufzeichnung abdrucken, verlegen diese Verhand-
lungen ebenfalls nach Ende August. Abgesehen davon, dass die Ge-
sandtschaft Basels und des Konzils, worauf die des Dauphin folgte,
erst am 1. September aus Altkirch zurückkehrte, hätte Basel dann
bereits in seinem Schreiben vom 3. September an die ReichBstädte
zu Nürnberg jedenfalls die Forderungen des Dauphin mitgeteilt,
wählend es in Wirklichkeit darüber erat am 10. September schreibt.
Uebrigens bringt Wurstisen in der Basier Chronik p. 384 eine Notiz,
wodurch unser Datum sichergestellt wird.
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— «3 —
von Basel sowie der Stadt und Herns und Si)lothurns empfanden
wurden. Was der jjenannte GafuK I de Bernes aber vorbrachte,
musste billig alle Welt in Erstaunen setzen, denn naebdem er wie
früher Geau^liiuuag gefordert hatte dafür, dass von (ier Stadt aus
auf den Dauphin g^Bsehoesen worden war, helehrie er des. ivi^tem
die biederen Börger, wie ihre Shidt von altersher in Schirm-
w&ae zur Krone Frankreich <^eli5rt und darum jährlich der
Krone ihre Leistungen gethan hätte, wie denn solches in In-
stniTTienten und Rödeln, so hinter der Krone lägen, klärlich
verschrieljen wäre. In den verjfaiii^enea Jahren sei Frankreich
infoige seiner Bedrängnisse verhindert «rewesen, diese und andere
Rechte in Deutschland wahrzuneliineii ; jetzt aber wolle es seine
alten Rechte wieder (geltend machen, und er verlangte daher,
dass Basel jetzt seinen von altersher zu Recht bestehenden Ver-
pflichtungen geg-enüber Frankreich nachkommen sollte. Die
Antwort der Stadt war kurz und bnndig : als eines Tages
fremdo^ V^lk vor die Stadt gezogen und Baslci- Bürger vor den
Thoren erstochen hätten, da tiättea auch sie dus dei- Stadt ge-
schossen ; sie glaubten daher nicht, irgend jem uKi »lafür Genug-
thuunj^ schuldig zu sein. BezugUch der zweiten Forderung ai^er
lautete die Antwort der Stadt, dass sie noch niemals gehört
hätten, dass sie irgendwie 2U Frankreich gehören sollten ; ihr
erster natürlicher Herr wäre der Bischof von Basel, sonst aber
gehörten sie niemand oder wären ihm verpflichtet, ausser
dass sie einem römischen König, wenn er üljer Berg i ziehen
wollte, mit 15 Glefen zu di«Mit'n hätten. Als die französisclien
Abgeordneten heftiger in sie drangen, sie sollten solches ihun,
denn wenn sie steh dawidersetsten, so wolHe der Dauphin
alles das, so ihm Gott je verliehen hätte, daran setzen und
Basel dazu' bringen, dass es solches thun- musste, da Hessen
sich die wackeren Basier Abgeordneten nicht einschüchtern,
s(»ndpr»i antworteten, dass sie sich weder vom heiligen römischen
Keicli noch von ihrem Herrn von Dasei drängen lassen wollten,
was sie auch darum leiden sollten.
Diese mannhafte Haltung Basels trug ihre Flüchte. Der
Dauphin machte fernerhin keine Versuche, die Selbständigkeit
der Stadt anzutasten, und alle weitere Gefahr schioi geHob^
zu sein, als der Waffenstillstand verlängert wurde und in-
zwischen Frie<lensverhandlungen mit den Eidgenossen angeknüpft
wurden, die dann einen günstigen Verlauf nahmen. An>
21. Oktober wurde durch den geschickten Unterhändler Gabrird
de Bernes zu Zofingen mit den Eidgenossen der Frieden ge-
schlossen, welcher dann am 28. Oktober zu Ensisheim vom Dau-
phin ratißziert wurde.*
^ D. h. seinen Romerzug machen.
' Eidgen. Absch. ü, 807 ; cfr. de Mandrot, Etnde sur les relations
de Charles TII, roi de France, avec les cantoas snisses, im Schweizer
Jahrbneh fdr Geschichte Y, 62.
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r
— 64 —
Dieser Friede wai* der getreue Ausdruck der vollsUindijj
verändeilen Laj^e, wie a'w in/wisrht^u ein<rf'trohMi war. König^
Friedlich Iialte keine jener Versprechungeji, die seine Re!:,nerung
uuf sich genocniiien liatte, ertüilt ; das VerhälUns zum Reich
■mtr ein äusserst feindliches gewordeni seitdem der Dauphin
unter »nerbArten Grauein das Elsass besetzt hatte. Unter diesen-
llmstäiideii hatte der Dauphin ebensosehr ein Interesse daran,
mit den Schweizem zum Frieden zu kommen, wie diese^
l)ei ihrem tbrtgej*etzlen Krippr^' mit Oesterreicli wenigrslens
eines solchen Gej^ners ledi^r zu werden, und so hatte er (ieuu
alle Forderunj^en , die er sonst nh Sie«:er vielleicht {restellt
hätte, fallen ;>elassen. belir hezeichnend für die veränderte
Stellung des Dauphin ist, dass er jetzt sogar auf sich nahm,,
die oberrbeittische Ritterschaft zur länhaltung des Friedens zui
zwingen. Die Sache des Hauses Habsburg wurde völlifi Mufgegeben-.
Die Friedensvermittlimg zwischen den kriegenden Parteien, die
in dem Vertrag»- noch in Aussicht genommen wurde, war kaum
noch ei jist <,'-eineiH(, iii\d auf keinen Fall sollu? deren Scheitern
ileji Frieden /wisdieu dem Dauplun und den Eidgenossen be-
einträchtigen. Er gewährte iiiuen sodann freien Ab- und Zugang,
Kauf und Verkauf in allen Plätzen diesseits und jenseits des
Bheins, die er bereits in Besitz |!;^enommen hätte und ein
bedenkliches Streiflicht auf seine weiteren Pline — die er noch
in Besitz nehmen wurde.
Besiegt wie sie waren, konnten die Eid'^enossen keinen-
vorteilhafteren Frieden schliessen, und man k um wahrhaftig
nicht mit ihnen rechten, dass sie sich in ihroii Entschlüssen
nicht um die Haltung des Reiches kümmerten, das zu Nßmberg'.
die Reichsheerfahrt wider die Armagnaken beschlossen hatte;
mochte Jetzt das Reich sorgen, wie es die bösen Gäste wieder
los wurde, die der eigene Köni^ herbeigerufen. Und es ist
nicht unwahrseheinlicli, dass nie in eineni f^eheimen Artikel
des Frieden'^vei tja^es, wie der Geschichtsschreiber d'Escouchy
erzählt, sich verpiliclilet fiatten, dem Dauphin hei der
drohenden Haltung des Reiches 4000 Mauu zur Verfügung
zu stellen ; war es doch ihr eigener Feind, den sie dann
an der Seite der Armagnaken bekämpft hätten. Anders
stand es hingegen mit Basel, das doch noch nicht so sehr mit
den Interessen der Eidgenossen verwachsen war, als dass es
sicli so leicht von der Gemeinschaft des Reiches gelrennt hätte.
Am 27. Oktober» meldete Clans Sdianlif, der Abgeordnete Strass-
hurgs, *h\m der Gemeiud»? »lie ^uiotkl»^ am jfestrigen Tage zur
Genehmigung voi^iesen wäre, und <ks.s am heutigen Tage
dieselbe beschlossen hälte, keinen Frieden mit dem Telfin ein^
zugehen. Es war noch ein anderer Grund, weshalb die Stadt
1 Strbg. 8t*A. AA 190 or. ch.
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— 65 —
sidi anfangs ablehnt^ni verhielt : der Daupliin wollte tius leu ho
Basel nicht so wuliUeilen Kaufes davon koniincu lassen und
heharrle dabei, dass die Stadt dafür, dass auf ihn geschossen
wäre, schwere Besserung schuldig wäreJ Basel wollte davon
aber 4?benso\veni^ etwas wissen als die Eidgenossen. SehliessUch
jnuss der Dauphin diese Fonierun«^ fallen gelassen haben, denn
es findet sich kein einztiror Anhaltspunkt, (Ihss l^isel irjrend eine
Zahlun^^ gelf^istet liäfte. Dage;jren liess die Stadl nun ihren an-
fanglichen \Vjdeis|u u» li ^egen «Iimi Fi iedeiisvertrag fallfn . nm
5K>. Noveiidjer wurde der Friede leieilich auf dein Korniuarkt
verkündet .
So war das «Geschütz», welches König Friedrich und der
Sundgauer Adel wider die Srhweiaer und Basel losgedrückt
hatten, «durch die Wunder Gottes» auf die eigenen Urheber
zurückgegangen.
KAPITEL Yll.
Der £inl)ruch der Armagnaken ins Elsass.
Es lagf noch im Fortgange der wider die Eidgenossen und
ihre Verbündeten erjrrilTenen Ortensive, wenn der Dauphin nun
unmittelhnr n ii Ii (l<,'r Sclilaclif am 28. Au;j^ust ein Korps, dossen
Stai'kc bis zu IKNK) Mann anjfe^e!tf')i wird, unter- Anliihrun«»
des Herrn von Comiaercy, des Schotten Montgonirneiy und des
Ii Itters Hans von lU*chl)erg rheiiiaut würts schickte, um die öster-
reichischen Waldstadle l^ufenburg, Kheinfelden, Waldshut,
Säckingen zu besetzen und von da aus, wenn es nötig sein
sollte, im Vereine mit dem Hauptkorps auf Zürich zu operieren.;
Die Bewohner, die in grösster An^t vor ihren rohen eidgenös-
sischen Na( ld)arn lebten, kamen ihnen mit ihrem Heiltum und
mit Kreuz und Faline ent*jegen und hf^iiiissten si»» als Boten
von Gott entsandt. ^ Als dann aber die Belagerung von Züricb
^ 1 Claus Schaulit meldet am 5. Oktober au Obreht Schalck,
Ammeister zu Strassburg, dass des Telfins Botschaft 41,000 Gulden
gefordert hätte, dafür dass ihr Herr Basel und die Eidgenossen nicht
weiter schädigen wollte, und dass Papst F^elix und der Herzog von
Savoyen 21,000 Gulden beisteuern wollten. AA. liK) or. ch. Dement«,
sprechend Tieisst es aach bei Schilter-KOnigshofen p. 916 und 1002,
dass die Eidgt nossen um 41,000 Gulden den Frieden erkaufen sollten.-
— Dass die Eidgenossen den Frieden aber erkauft hätten, ist un-
denkbar und entspricht auch nicht der politischen Lage; wohl aber
wäre es möglich und entspräche auch schon den sonstigen Gepflogen-
heiten der Eidgenossen, dsss sie anfangs diese Last auf Basel ab-
gewälzt hätten.
2 ffr. Fechter p i'A) — Fortsetzung des Königshofen bei Hone,
(^uellensammlung zur badischen Geschichte III, Ö3U.
5
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- 06 -
auf^ehuheii war, waniUoii die Schinder sidi wider SchalVIiausen,!
(Jas einst (iea Herzogen vom Oesterreich verpfändet gewesen,
dann aber unter Kaiser Sii^mund wieder Reichsstadt geworden
war. Durch die Herren von Geroldseck und Sulz forderten s^ie
von der Stadt, aufs neue dem Hause Oesterreich zu huldigen
iHid zu schwört II und sich vom Reiche zu hegeben. 2 Anfänghch
wollte die Stadt 3 si( Ii zu einem rorlitlichen Aiisn^leicdi vor den
KinTthsloii erbieten; dann aber ludclile sie zur Eiiisiclit kommen,
ilass ein Hechts verfahren hei den Sciundern unmöglich Anklang
finden könnte. Sie hielt sich aber mannliaft, ungeachtet eines-
schweren Verlustes, den die Walhen ihr hei einem glücklichen
Ueberfall unter Fuhrung des Ritlers Hans Erhart von Zessingen
beigebracht hatten. Bald hörte auch ihre Bedrängnis auf infolge
der verfmderlen Haltung des Dauphin : dafür brach nun eine
schwere Zeit für die Waldstädte heran, weiche jetzt die gesamtr»
Last der Einquartierung zu tragen liallen. Das Aultreten der
Sclundi'i war hier wie ül)erall und lässl sich in den Worten
Rauhen, Schänden, Morden zusammenfassen. Was sie selbst nicht
verwerten keimten, verkauften sie nach Basel oder zerstörten
es und warfen es in den Rhein. Jedoch konnten sich hier die
Leute noch glücklich schätzen, dass sie nicht den Winter über
l)!iel)en, denn nachdem sie sich den Abzug nocb tbeuer hallen
bezalilen lissen,^ vereinigten sie sicii wieder mit dem Haupt-
< Wie* Basel machte wach Schaffhaasen den anf dem Reichstage
zu Nürnberg vertretenen Reichsstädten von allem, was L:* chah, Mit-
teilung (Schreiben vom 1 . nnd 7. September bei Wülcker, Urkunden,
lind Sthreiben betreffend den Zug der Arraagnaken ji 80) nnd ver-
fehlte nicht, darauf hinzuweisen, dass, was ihnen geschehe, auch dea
andwen Reichsst&dten widerfahren könnte.
2 Der Herr von Commorcy verfolgte bei diesem Znf,'e noch einen
persönlichen Zweck, einen alten Span mit dem Grafeji von Lupfen
auszukämpfen, und unternahm zu diesem Zweck noch einen Streifzug
in den Kletgau hinein,
3 Scbaffhausen war früher Pfandbesitz des Hauses Habsburg und
infolge dor Aechtung Herzog Fn'odiir)is von Oesterreich-Tirol unter
Kaiser Sigismund wieder Reichsstadt geworden. %
^ Hans von Mftlnheim der eilter Ritter nndClftwes Schanlit, welche
YOn Sirassburg an Herzog Albreeht von Oesterreich entsandt waren,
erzählen in einem Schreiben vom 22. September, wie die Kai it.inf^
auf die Beschwerden der Städte hin sich erboten hätten, ^egen
Zahlung abzuziehen, und es wäre die Summe von 5000 fl. verabredet,
wobei nieht ersichtlich ist, ob diese Summe von den drei Städten
oder von Lanfenburg allein gezahlt werden sollte. Da sei ein Kapitän
hervorgetreten nnd sprach: es is nit also, ir werden uns 800l> gd.
geben oder ir miiäsen alle sterben. Do ist einer von Löffenberg ge-
wesen» der bei ein snn, dem bat er zft im gewinket und dann an-
geslichen und sind bedc über die mur usgevallen und dervon knmen.
Die sagen, daz sü ein gross gesre hünder in gehört hant: morde*
. go, etc. — Strbg. St.-A. AA 18b or. ch.
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— 67 —
heer im Klsas.s. Wann und in welcher Wciso sie den l\iu kzuj^
besverkstelliglen, lu.sst sich iiiciit leststellen. Nui das steht fest,
dass ihr Yersiieb, durch die Pässe des Schwarzwaldes den
Eingang in den Breisgau zu erzwingen, scheiterte. Sowohl der
Schwarzwald al.s der Breisgau blieben von diesen Horden he»
freit, allerdinj,^s iiiciit durcli das Verdienst der österreichischen
Herrschaft. Der Anblick (lcs>;en, was in ihrer Nachbarschaft
jjasciiah, bewirkte, dass sich die Scliwarzwalder Hauern frei-
willig zusammenscharten : als Hanptlculc wurden ihnen «respt/t
die Herren Jakob von Staufen, Hans vun Landeck und Kngclltarl
von Bluiüeneck.i Indem nun die Wege unwegsam gemacht und
durch Verhaue gesperrt wurden» gi^ang es in der Tliat, ^ie
aus dem Breisgau und dem SchwarzwaTde fernzuhalten.
So musste denn das KIsass allein die gesinnten Scharen
der Armaj^nakcn aufnehmen und unterhalten. An sich li.indplte
der Dauphin in seinem Recht, wenn , er nun von der <»ster-
rcichisdien Kegierung verlangte, da«s seiner Armee der nötige
Uiderlialt gewährt und ihm die verJiei^jsenea festen Plätze ein-
feräumt wOrden, und als dies nicht geschah, sich auf eigene
aus! ausbreitete. Die Armagnaken konnten mit Recht den
unglücklichen Bewohnern sagen : Euer eigener Herr hat euch
verkault. Es war eine naive Zumutung, wenn Köniji Friedrich
später meinte: Hätten sie nur rrednlfl i^eliabt und sich L'ntlirh
gehalten und nicht alle Dinj^e (ihno Unterscijicd ><• iincu dcnt-
licli verwüstet, bis die Unseren zu iJinen gekommen waren,
ohne Zweifel, alle solchen Sachen wären wohl mit ziendiclien
Dingen geordnet worden. Der König und seine Räte mussten
diese Freunde docli kennen, und wo und wie lange sollt<;n sie
denn warten? Und da war es nun natürlich, dass die wilden
St:haren sich nicht darum kümmerten, wo das Gebiet des
Hauses Oesterreich aufhorte und das der ührigeri l'eichsslände
begann. Wie ein wilder Strom ergossen sie sicii nber das
fruchtbare Land. Es war, als ob der liimmel selbst ihr Für-
nehmen begünstigte, denn es war ein gar lustiger und guter
Sommer, und die Ernte von Wein, Früchten und Obst war so
gross, wie seit vielen Jahren nicht gewesen war.* Das alles
fiel jetzt den Armagnaken anheim. Dann staute sich der Strom
vor den festen Plätzen, auf die jel/.l der Dauphin .sein Augen-
merk richtete.3 Altkirch war ihm gleicli bei seiner Ankunft
1 Hftns Küng an Strassbnrg, ohne Datum. Strbg. St-A. AÄ 190
or. eil. — Wülcker 1. c. p. 39.
« Schilter p. 948.
* Die Erzählung in den Fortsotzun^ien des Königshofen hei
Schilter and Mone macht den Eindruck, als ob die Eroberung der
festen PlStse eleichMitig mit der Besetzung des platten Landes ge-
schah, während in Wirklichkeit jene erst allmählich, einer nach der
andern, in die Gewalt der Armagnaken gerieten.
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— 68 —
durch Horm Hoiiiricli von hamsfoin ('iii;4»M ;imul wonien ; jetzt
rirhtete er ziiiiäclisl 8ein Anj;^eiime»k aul die lleiclissfadt Mül-
hausen, das, mitten iai österreichisctieji Territorium gelegen,
dennoch seine Thore den Schindern xu verschliessen wag^e.^
Erst auf das emstticbe Andrangen der Kdton des Landes, die
dem Dauphin vorstellten, dass es ein Widerspruch wäre, üo
lange er noch mit dem 01)erhaupfe dt^s Reiches in triedli( her
Verbindunj? slnnde, ein Glied dieses Reiches anfjroilon zu
wollen, stand er von einem Arii^rifVe ah. Hingegen legte er
eine liesalzung in das vor Muiiiaiiseii gelegene und denen
von Andlau gehörige Schloss Wittenheim, die von da aus die
Stadt besländig bedrängte. 'Die BArger hatten sich aber vor-
gesehen, die Vorstädte zu l>eiden Sailen der III und was da
war von «scliönen Holen, Kirchen, Kai)ellen und SpilAlern»
hinweggeJ)ror)i(»n, das pIik» der vier Sf'tdftltMco vermauert, das
Landvolk in grosser Anzahl in die Stadt ziciien lassen und l»e-
walFnet und ausserdem so viele SöUlner geworl>en, als sie in
der Eile bekommen konnten, sowie das vor den Thoren gelegene
Schtoss Illzacli besetzt. Spater sollten sie auch ernste Anfech-
tung ei l" ihren. Am 18. ScptiMnber hatten sich 8(X) der Jäcken
in den W^ iidiergen vor Mülhausen versteckt, in der Absicht,
sobald das Basler Tlior ninrji»^iis geöOnel wurde, dasselbe ab-
zulauten und alsdann aus iiaeni Hinterlialte vorzubrechen und
sich der Stadt zu Ix'nicistcni. Der Anschlag s<'hlug aber fehl,
da ilie Tliore erst um Mittag geörtnet wurden. Darauf ver-
anstalteten etwa zwanzig der Gecken (.jenseits dem Meerboden
ein Spiegelfechteni» ; etliche mutwillige Gesellen folgten der
Herausforderung, wurden aber in die h^lucht gejagt, wobei
siebzehn von ihnen das Wagnis mit dem Tode busse»! mussten.
Dadurch mutig gptnatht, sfüiintc dfv Koind die St:idf, wurde
alwM- Zill ikkg('wi«^s(Mi ; iiocliiiials t'rneu«*rte erden \ersuch, und
nicht vvcjiiger als 400 Kürisser nahmen an dem Sturme teil,
wobei sie aber derart empfangen wurden, daas sie ihren Banner-
herrn und viele andere namhafte Leule auf dem Platze liessen;
seitdem blieb Mülhausen imangefocliten. HerrWt^rner von Staufen
mussto dem Dauphin sodann am 5, Septeml)er die r.ande^haupt-
stadi Ensisheim einräumen; dem St rassbutgcr Dondierru Conrad
von Bnssuanj; nützte es nictils, tiass er weinend <lio Kni»' iles
Dauphin umtasste; wold oder rd)el mussle er, um Sulz und Hu-
fach zu behalten, das feste Egisheim übergeben. Die Herren von
Hattstadt übergaben Ihre Festung Herlisheim ohne Grund, gegen
den Willen der Bewohner, die zur Gegenwehr liereit waren.*
J Der piac'ceptor von Isenheim bei Taetey II, 516« Heinrich-
Petri. Der Stadt Mühlhausen Geschicliten, p. 121,
- ('oliuar zo^' (Up Herren dosli.ilh iiatdi dem Abzüge der Ar-
Htagtiaken mv liechenschaft., und um sicli zu rechtfertigen, mögen
V
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— m
Von süintiichen testen IMälzon im Sund^an blieben nur Bel-
f(Ml, MasmCinster, Thann und Sennbeim in der Ocwnit (I<m r»<f»M -
reiehiscben V'ö^te. Im 01)erelsass wurden die ie?^leu Platze
Heilig-Kreuz 1 i»ei Colmar und Kestenholz, die dem Oberland-
vogt Kurlursteu Ludwijf von der Pfalz gehörten, ohne Gegen-
wehr übergeben. St. HU versuchle Widerstand zu leisten und
schlug mit Erfolg einen zweimaligen Ansturm ab. Damit war
aber die Kraft des Widerstandes erschöpft, und die Stadt unter-
warf sich den Sievern. Zugleich verkündeten auch die lie-
woliiKM' des I^berthales iln'<' UnlerwiTturi'^ , und damit war
eine HanplstiMsst' von Klsai«« nach Lolhrnii^eu in die (lewalt
der Arinagnaken gekommen. Auch auf Breisach richtete der
Dauphin seine Blicke, und die Erwerbung dieses Platzes hätte
dann die Eroberung des Breisgaus zur Folge gehabt. Die Bui"-
ger> wollten atier nichts von den Lockungen der Franzosen
wissen und In'elten ihre Stadt frei von diesen Gästen, l>eneckten
aber ütreii llulim dann!, dass wir» Ba>;(»l, mit den Scltin-
dern Handel trieben und ifmeii dii; Krtiä^nisse ihres Raubes
gegen Waren und Naliruiii^smitlol eintaut-chten.
Auf diese Weise Iiatte sich der Dauphin auch zum Heiin
des Oberelsass gemacht, ohne dass ihm dabei irgendwelche
Schwierigkeiten erwachsen wären. Der Kurfürst von der Pfalz,
dem es vor allen anderen zugekommen wäre, hier den Franzosen
Widei'stand zu leisten, rührte sich nicht; er mochte sich einst-
weilen noch auf die «^datten Worte verlassen, womit der Dauphin
seine Gesandten vertröstet hafte. Die Herren von Rappoltstein
als die mächtigsten Landliei rcn des Oberelsass liiellen wold von
vornherein getreu ihren lothringischen Traditionen zu den
Franzosen. So waren es denn einzig die Reichsstädte Colmar,
Schlettstadt, Münster, Turkheim, Kaisersberg und Mülhausen,
die noch allein das Reichsbanner aufrecht hielten. An ihren
Thoren brach sich die Brandung; al)er von den Erträgnissen
ihrer Aecker und Weinheivf lebend, hatten sie namenlos zu
iejden von den Verwüslun;;eji des Feindes, der mit seinen
tlinken Reiterscharen das flache Land belierrschte und sie ver-
iiinderte, ausserhalb der Thore ihren friedlichen Beschäftigungen
sie dann die Erzähhing in Umlauf gebracht haben (Schilter 9171. wie
einer von ihnen vor die Burg geführt und der Bcsatziin^i Ijedcutet
wäre, wenn sie die Burg nicht übergäbe, wurde man ihrem Herrn
den Kopf vor die Fdsse legen und sie alle über die Klinge springen
lassen.
f Heriisheim war am 18. September noch nicht in H&nden -des
Feindes, Heilig- Kreuz war gerade gefallen, wie aas Schreiben Colmars
Tom 18. September hervorgeht. — Mülhauser Urkb. \l nr. 618.
^ Schreiben Breisachs vom 8. Oktober an Strassbarg. AA 186 or.ch.
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— 70 —
nachzug^eUeii. ^ (^Imar solb:jt liatte sich teii'v^ in Verteidi$^n|^
zustand gesetzt und ausserhalb der Stadtmauern alle Baulich-
Jveiton, in denen sicli der Feind vielleiclit festsetzen konnte,
ahtrnjjen Imv<«m) ' Dieses Scliicksal war auch dem Kircliliof der
f^l<;is«'i- Juden for dem Thore f>ereitet worden; die Mauern
waren abgetragen und die J^»iclieiisteiiie eullernt worden.
Somit hatte sich der Dauphin jetzt aller Rücksichten auf
das Reich entschlagen und offen die Glieder desselben mit
Kne^ überzogen. Proteste j^^n derartige Vergewaltigungen
verhallten ungehört oder gelangten gar nidit an die Ohren des
Dauphin. 3 Schon ging er weiter und richtete sein Augenmerk
auf keine geringei-e Stadt als Strasshurg. \)rv Präzeptor von
Jscnheim-* berichtete an Strasshurg, wir cm iiolier Heic aus (Km-
Umgehung des Dauphin, dei ihn umi ^vine Eltern kannte, am
4. September zu ihm gekommen und ihm angesonnen hätte,
an einer feierlichen Gesandtschaft, die der Dauphin demnächst
au Stra5;sburg zu i«enden gedächte, teilzunehmen. Der Präzeptor
lehnte diese Ehre wohlweislich ab und meinte gegenüber Strass-
burg, <'s würde atif eine (lelderpressung seitens des Dauphin
binanslaufen ; er riet «laher der Stadt, einen Schutzbrief für sich
bei Konig Friedrich zu erwirken, denn er glaubte, dass der
Dauphin solche Städte, die der König l>esonders unter seinen
Schutz nähme, nicht belästigen würde.
In der That näherte sich der Feind in bedrohlicher Weise.
1 Genaaerag über die Haltung der einzehien Reichsstädte ist mir
nicht bekannt geworden, mit Aasnahme von Colmar. Bezüglich
Colmars hat ^Tossmann in flor Hovue d'Alsaoe Jahrgrtn'j 1875 und
1876 eine dankenswerte Sammlung von Regesten erscheinen lassen;
▼on den meisten ist der Text jetzt vollständig im Müihaaser Ur-
knndeninich veröffentlicht.
* Obwohl dies «hie notwendige Terteidigungsmassregel war, be-
schwerten sich doch im Namen ihrer Jadenschaft der Herr von Rap-
poltstein, der Württemberger Vogt von Reichenweier und die Stadt
Bergheim darüber. Revne d'Alsace 1875 p. 161.
3 Am 15. September bat Colmar den Dauphin, den Excesseu
seiner Troppen auf ihrem Gebiet ein Ende sn machen, da es keinerlei
Feindschaft weder mit dem Hanse Oesterreich noch mit der Krone
Frankreich habe, aasserdem unter dem Schutze des Pfalzgrafen stehe.
~ Der Bote konnte aber trotz eines Geleitsbriefs des Kapitäns Po-
ehon de Riviere seinen Brief dem Dauphin nicht übergeben, sondern
wurde bei Rufach von den Armagnaken ausgeplündert und wegge-
schleppt. Die Stadt rnnsste einen zweiten Boten schicken. 1 r ]). 1^2.
— Mülbauser Urkuiulenbuch II, 12H nr. 612. — Gleichzeitig wandte
Colmar sich an den Markgrafen Wilhelm von Baden-llochberg um
eeine Verwendung beim Dauphin, dass derselbe dem Boten eine
gänstige Antwort gebe.
* Bericht vom 5. September bei Tneiey II, 511.
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— 71 -
Am 0. Sepleml»«^!" ' Irnn^^ »mmi' starke Ahleilung, etwa l*2,(XKj
Pferde stark, laniiuiuwarts *^e^en Etiershoim, Blieiisweiler,
Kogenlieint >owie andere Dörfer an dev Sclierr und weiter bis
yen Erstein vor. Mau sollte meinen, dass die Leute endlich
durch lottere Blrfiihningen gewitzigt wären, aber wiederum kam
der Zug völlig unerwartet, und niemand hatte sich geflüchtet.
Zu spät bereuten die hartköpGgen Bauern, der Warnun<^ Strass-
bur«,^s nicht },'efnl{7t zu sein ; denn als sie gemahnt worden
w.Tren, sich mit ihr^^rn Korn und ihrer Ix^vf-ilichen Habe in die
si hülzenden Ringmauern der Stadt zu beiielMMi, damit der Feind
keinen Unterhalt auf dem Lande fände, antworteten sie : mau
warne sie nur, damit, wenn sie ihr Korn in die Stadt gebracht
hätten, sie gezwungen wären, es nach Vorschrid der Obrig-
keit zu verkaufen ; heber wäre es ihnen, wenn es den Gecken
wurde. Ihr Wunsch ward erfülltj denn sie retteten kaum das
nackte LelM*n, so dass viele nachher ilir Brot elendi^li« Ii erbetteln
mussfen, wenn sie sirb vor dem ütingertod lipwnliri'n wollten.
Am fol^remien Tajie ]>ewegle sicli «Ins feindliche Kor|>s weitei*
illabwärls in der Richtung auf Strassburg zu bis gen Eschau
und Geispolsheim, während eine andere Abteilung, derenr
Stärke su 12,000 Pferden angegeben wird, sich am Fusse ded
Valf2 lagerte, um sich spHter mit einem Korps von Engländern
zu vereinigen, deren Ankunft aus Lothringen in Aussicht stand.
Hier war es allein Barr, das einigen Widerstand enffrejren setzte,
aliei als Dorf und Kirrbbof mit stürmender Hand genommen
waren, musslen die Bewohner froh sein, mit einer Brand-
j<chaf2ung von 500 Gulden davonzukommen, zumal die Schinder
erklärten, der römische König selber hätte ihnen mit seinen
Briefen erlaubt, ihren Unterhalt zu nehmen.
Damit trat zunächst ein Stillstand in den feindlichen Be-
wegungen ein ; das weit«?re Vordringen in der Elxine hemmte
Strassburg, iiii(t es g^ilt Jetzt den Versueli zu machen, ob dio
mächtige Stadt nicht, zum Anst hlns'^ an iM aiikieich oder doch
"Wenigstens zu einer wohlwuilenden Neutralität zu bewegen
wäre. Zu diesem Zweck sandte Herr Peter von Br^z^, einer
der einflussreichsten Räte König Karls, am 18. September *
einen jungen Gesellen, genannt Johann von Ivenheim, eine
1 Für das Folgende cfr. Sefailter 917 ff. und 1003. Fortsetsoiig
des Königshofen bei Mone, Qaellensammlang III, 527. niul Aichiv-
chrouik im Code historiqne de Strasbourg II, 163 enthalten dieselben
Nachrichten, meist in kürzerer Fassung, zuweilen auch mit einzelnen
Zusätzen.
2 Bischof Ruprecht an Strassburg. Dat. qoarta p. exaltac. crae.
(Sept. 16). Strbg. St.-A. AK 192 or. eh.
Yogesen hinzog und sich
3 Frit, n. ci'ätz tag.
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12 —
Burj^ers von Köln «verlornen» Sohn, in die Stadt, um die
Stinriiriung des Ilates auszuforschen; int günsti<,ren Fall möchte
die Stadt eine Gesund tscliatt an den Kö.ii^ schicken i)eliufs
weiffMTM- VorbuMihiniien, und es wmt bereils ein Herold mit-
gegelien, um tlii'sfUje sicher zu {geleiten ; im nJ)ii"ri«'u wäre auch
König Karl Ijcioil, seinerseits eine Gesandtschait jiac h Str.tssburj^
zu schicken, um über diese Dinge «völlig» zu reden. Das war
gewiss entgegenkommend genug ; aber Strassburg hielt treu
zur Sache des Landes und lehnte alle noch so verlockenden
Vorschläge «gümpHich» ab; dem Boten aber ward aufgegeben,
schleunigst die Stadt zu verlassen, i
Die Franzosen scheinen den Aus^iiaii;; <liesei- \'ef'li.ni<llungen
erwartet zu bähen, lievur sie <lie Feindselig k«'iten erölVneten« ver-
suchten abei nach Abbruch deiselben sutorl am folgenden Tage
in ihrer gewohnten Weise, die Bürger in einen Hinlerhali zu
locken ; früh morgens bei dichtem Nebel, so dass man sie weder
auf dem Münster noch von den andern Türmen ans er«
blicken konnte, gingen die Schinder über die III und rückten
in der Stärke von etwa 6000 Pferden in vier Haufen auf die
jenseits des krummen Rbeins gelejrene Kallaue, während
kleinere Abteilungen vorgingen und das auf der Weide behnd-
liche Vieh forttrieben. Mit seiner Hauptmacht aber hatte der
Feind zurückgehalten, um die Bürger, wenn ^ie dem Vieh
nachgeeilt wären, einerseits von der Stadt abzuschneiden,
anderseits sie vorn und in der Flanke anzugreifen. Gleichzeitig
hielt ein anderer Haufen hol dem Kloster St. Arbogast »md raubte
auch d(M } <!,i^ Vieli ; was sie im KloshT und in den Häusern
fanden, dus liuien passte, nabmen sie toi t. Jedoch war das
Beste in die Stadt geflüchtet. Sie lingen aucb viele arme Dorf-
leute, alles zu dem Zweck, um die Bürger zu einem Ausfall
zu verlocken. Diesmal aber war die Bürgerschaft klQger* und
vorsichtiger als im Jahre 1-4^19; man mei kte die Ahsiclit und
ergab sich darein, dass der Feind das Vieh und zahlreiche
Bauern fortschleppte. Des gerauhten Viehes war aber si» viel,
dass die Schinder nicht alles fortbringen konnten und ein uut«'r
Teil wieder in die Stadt kam. Das war das einzige Mal m
diesem Kriege, dass die Armagnaken unmittelbar mit StrasH-
hurg in Berührung kamen.
Inzwischen erhielt der Feind eine wertvolle Verstärkung.
Herr «St hana von Finstingen, jener schamlose Verräter, <ler
bereits 1439 die Schinder ins Land geführt hatte und jetzt dein
^ rfr. Schilter p. 918 und das Sclireiben Strassburgs an Frank-
furt vom 20. September bei Wülcker p. 40. — Der am Samstag er-
littene Schaden wird nar kurz angedeutet in diesem Sehreiben.
S Ich verweise auf die Ratschläge Strassburgs an Basel im
vorigen Kapitel.
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— 7^ —
Dauphin als Ratgeber dieiiie» hatte sich, naelidem er von seiner
Mission an Köni^ Friedrich^ zuruck(pek«hrt war» wieder nach
Lothringen begehen» um als ortskundigei* Mann einen neuen
Feind, am 21 Seplpm^ei , 2 ins FJsass zu geleiten. Es war pine
Kernsrhar- von Lngiümlem unter Anführni»^ ihres hewüiuten
KapHäii.s Mathaeus Gough, * die ehenfalls seit deia WalVcn-
stiiistand zwischen England umt Frankreich olme Uescliaitigung
und Unterhalt war und nun von der Normandie her brüderlich
in Gemeinschaft mit französischen Scharen unter Anführung des
Bandenftihrers Floquel liasselbe Ziel verfolgten» sich näniKcb für
den Winter durchzuschlagen. Diese blieben vor Metz zurück,
jene führte Herr Joliann von Finstinsjen «lurcli die Grafschaft
Lützeisleni fiber die \Viiilersherg<*r * iSleige herab seinen alten
Gegnein, den Herren von Lichtenberg, ins Gehege. Sie waren
nicht 80 zahlreich, aber dem losen, zusammengeraflten Volk der
Armagnaken unendlich uberlegen : 1200 Bogenschützen» aus-
ei'wählte Leute, die tapfersten, die in England gefunden werd(>n
konnten, und 300 Lanzen, Männer vom Kopf bis zum Fuss
gewappnet, so dass ihre Zahl sich im {ranzen auf 9000 aus-
erlesene Kämpen beliel", die an Zaii! UMK) anrlere aiifwo^ren.»
In der ersten Nacht lagerten sie in der Gegend von Ingweiler,
Buchsweiler und Weitersweiler und zogen sich dann näher an
die Franzosen heran, jedoch ohne sich mit ihnen zu vereinigen.
Die Schlosser zu Ingenheim, Marlenheim, Scharrachbei^eim
und BjtUbronn sowie das Sirtdtlein Bergbietenheim ' öffneten
ihnen ohne Schwertstreich die Thore. Herr Johann von Finstingen
al>er, zufrieden, id)er die Besitzungen seiner Gegner Verwüsfi mg
gehraelil zu halwii, ritt weiter zum Dauphin gen Dambach und
diente iinn ferner als ein Kuntlsrhafter des Landes.
So lialten sich denn nun die Schinder wie ein reissender
Heei'strom über das unglückliche Land ergossen und es bis
zur Zorn hin in ihre Gewalt gebracht; nur einige feste Punkte
waren es, an denen sich bisher die Gewalt des Feindes ge-
brochen hatte. Jetzt kam es darauf an« auch diese zu gewinnen,
1 Cfr. das folgende KapiteL
2 Uff s. Mathaeus
^ In den deutschen Quellen wird er Matteko genannt.
* Une niontee deWeinbourg, wie Tuetey I, 279 sagt, giebt es nicht.
^ Der prueceptor vonlsenheim bei Tultey II. 520. Bischof Ruprecht
achreibt liingegen den 21. September au Strassburg (AA 182) von
4000 Englischen, und dieselbe Zahl findet sich auch bei Schilter 923 :
()i>^ Abweichung erklärt sich wohl daraas. dass der praeceptor die
Kriegsstärke der EnfTländer angiebt ohne Knechte, Tro.ss n. dgl.
6 Letzteres geliurto zum Ristnin Strassbnrg, während Ballbronn
und Ingenheim den Herren von Lichtenberg, Marlenheim und Scbar-
vachhergheim denen von Ochsenstein war.
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— Ii —
bevor der Winter heit inlHach und weilore kriejjorisrhe Unter-
nolimungen ersi^lnverlo oder unmöglich mnchto. Min hätte
meinen «sollen, das tnuiri-v Scliicksal, welches die uii|4iü( klichen
Bewohner des f.nndes lielrofl'en, sowie <ier l'ni.stajid, dass
iiirj;;endwo den liewohnern der Platze, die sich üherj^eben hatten,
die Kapitulation gehalten M'ar, hätte die Verteidiger mit dem
Mute der Verzweiflung erfällt, dass sie bis zum letzten Atem-
ziij^v Ehre nnd lieben verteidigten, alier überalt treffen wir die-
.<elhe Vei z.iLitheit an, eine Krscheinnng, die sieh lun* «jo ei klären
lässl. dass <iie Einwohner eine Verteidigung tiu' nutzlos hielten,
so lanjre iljre eip^enen Herren mit den Armagnakeu im besten
Kinverneliiiien shinden. Der Danj>hin selbst hatte sich von Ensis-
heim erhoben, wo ihn bisher die Verhandlungen mit den deut-
schen Fürsten festgehalten hatten, und ihm übergab am 26. Sep-
tember Herr Eberhard von Andlau, Amtmann des Bisehots von
Strasslmrijr, ohne Not, lo(li^rii(|| beängstigt dnrcli die Drohworte
«ler Sehinder, das It sle Markolslieim, und der Umstand, das^
der leiehtsinni^o Piälat eine Zusammenkunft mit dem Dau|)hin
verabredet 1 liattt;, erregte in Strassburg die begründete 1^'urcht,
dass auf ähnliche Weise auch das wichtige Rheinau in die
Gewalt des Feindes fallen könnte. In der That liatte Bischof
Rupi echt wenigstens niclits gethan, um diesen Platz, der einen
wichtigen Uel^rgang über den Rhein Ixjherrsclite, in Ver-
teidigungszustand zu setzen ; einmal im Besitz dieses Punktes,
konnte der t'"ein<l, was er so solo erstreble, seine Raubzüge
auch auf <tas rei'hte Rlieinufer ao>dehnen. Der Dauphin halle
denn auch unmittelbar nacii der Einnahme von Markolsheim
den dortigen Schultheiss und zwei Walhen gen Rheinau ge-
schickt und den Platz zur Uebergabe aufgefordert. Diesmal
halfen Droliwoile aber nif hts ; die Bürgerschaft liess sich nicht
einscln'ichtern und lehnte die üebergal)e ab, schickte aber den
Hauptmann Hans Zorn-Schultheiss an das Kapitel zu Strass-
burg, woiriies .sich an die Stadt um Hilfe wandte. Strassburg
sorgte nun zunächst si hleunigsl für eine ausreichende Ausrüstung
des Platzes und nahm daraus Veranlassung, Bischof Ru^)recht
in einem scharf gehaltenen Schreiben aufzufordern «ernstlicher»
zu seinen Schlössern zu sehen und zu bedenken, was dem
Bischöfe und dem Lande daran gelegen sei. 2 Gleichzeitig trat
Stras-sburp in Verbindung mit dem Kurfürsten Ludwig von der
Pfalz und Markgraf .lakol) von Baden, so dass Rheinau nun mit
« in» 1 ausreichenden Besatzung versehen ward, welche die Schinder
bei einem Sturui mit blutigen Köpfen lieim.scliickte. So blieb
denn da»« rechtsrheinische Gebiet von den Verheerungen der
1 Brdsach an Strassburg. Dat. 28. September. AA 186 or. ch.
« Michael. (29. September). Strbg St.-A. AA 1489. Die Korre-
spondenz mit Baden und Pfalz hierüber ebenda AA 187.
'V
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— 75 —
Armagnaken auch fernerhin verschont. — Auch das Stadllein
BlbersheimmCinsfer hewahrte Strasshurg vor der Gewalt des
Feindes; hier hatte der Aht hereits unter Vermittlung- einig-er
Edlen des Landes eine Vereinharunj»- mit den Armag^naken getrof-
ten, wonach er dem Delphin 500 Gnlden zahlen sollte, wogegen
die Einwohnei- frei ihren Acker hehauen konnten ; aber hier wie
überall wurde die Verabredung von dem Feinde nicht gehalten,
und der Abt wandte sich daher um Hilfe an Slrassburg,
weiches das Stadtlein mit ausreichender Mannschaft und Artillerie
versorgte. Von grosser Wichtigkeit war es auch, dass e? Strass-
burg gelaii'-i', ■^ich in dem fe«5ten Benfeld zu ])eliaupten. Es stand
so in Veibindung mit Schleltsladt, und die allzeit wachsame
Besatzung des Platzes hielt die von Erslein aus slieifenden
Scharen der Schinder in Schach.
Allgemeines Aufsehen machte es aber, als es den Schindern
gelang, eine der elsässischen Reichsstädte, Hosheim, in ihre
Gewalt zu bringen, wenn die Eroberung auch sonst keinen
bedeutenden Gewinn brachte, da Roshciin ii!(ht bloss die
klein'^^te, sondern auch die verschuldetste der zehn Reichsstädte
war. Schon 1439 war die Haltung der Stadt eine überaus
klägliciie gewesen, und der Marschall von Frankreich Phihpp
de Culant, der am' 29. September in eigener Person vor die
Stadt geruckt war, musste diese Verhältnisse wohl genau kennen ;
denn zu den öblichen Drohungen fügte er sehr veilockende
Versprechungen. Indem er einerseits die Uebergabe vpfhmgte,
was er damit begnindete, dass Land und Leute seinem König
gehörten, verhiess er ihnen anderseits, dass sie aller Zinsen
und Beschwerden ledig seien und keinem a«idern dienen oder
steuern sollten als lediglich seinem Herrn von Frankreich und
zwar nur innerhalb des Masses ihrer Kräfte.
Da beschlossen die fünf Obersten des Rais, die Stadl zu
übergeben, teilten ihre Absieht noch etlichen Freunden mit,
die beistimmten, und pfal^n also dem Röniischen Reich die
Stadt hin ohne Wissen und Willen dei- Gemeinde, die sich auf
den Mauern und Verschanzungen befand. Da geschali dann das
Furchtbare, dass während dieser Verhandlungen ein Mann,
ganannt Has^i^Iaulin der Rebinann, der gerade auf einer Mauer-
zinne Ausschau hielt, erschossen wurde. Blasser Schrecken
überfiel die tapfere Schar der Verteidiger, dass noch einen
andern aus ihrer Mitte vielleicht dasselbe Schicksal treffen
könnte, und um dem voi/ulx-ugen, brachten sie schleunigst
etliche der Gecken mit Leitern über die Mauern, damit sie
ihnen behilOich wären, das inwendig vermauerte und ver-
rammelte Thor aufzubrechen. Solche «Not» hatten die biederen
Rosheimer, die Gecken einzulassen.
Darauf S( liwur die Bürgerschaft dem Marschall Trc»uc und
Gehorsam und brachte dann ihre Privilegien vor, die der
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— 70 —
Marschall nun nacb altem Herkommen beschwören sollte. Der
aber meinte wegwerfend : das wäre clapperigei ; man werde
ihnen andere Freiheiten •^ehen und das Uebereinkommen halten.
Dem ««injf man aljer also nac h : so lange die Bürger den
(mm kt n liinh ii'^on an Essen, 'l'rinkeii. FnHoi und anderem,
Wdj. sie liCijehrtej», da nahmen sie nicliU ; aber als die Börger
antingen zu klagen, es würe nichts mehr vorhanden, da nahmen
die Gecken selber, was sie fanden, und wurden Henen und
Meister über Leib und Gut der Bürgersleute und thaten damit«
was ihnen beliebte. So hatten die g^ten Rosheimer den Schaden
und mussten dazu den Spott tragen ; no( h im Jahre 1612 rückte
man e.s ihnen vor: Die von Hosheim halben die Gecken ein*
gelassen . '
Ebenso ruliniios wurde das bena( hbarte Schloss Bischofs-
heim und das den Herren von Laudsbei^ gehörige Slädtlein
Niedermünsier übergeben; hier wie ülierall öffneten lediglich
Drohungen die Thore. Um so grossere Achtung nötigt uns die
Haltung von Oberehnheim ab, das unter seinem wackeren
Schultheissen Ulrich von Ratsamhausen zum Stein, obwohl
es nun rinpi-s von Feinden umgelioii war, nicht bloss allpn
Ang rillen des Feindes tapferen Widersland entgegensetzte,
sondern ihn auch durch iiäulig^e Streifzüge vielfach scbädigle.
Die Franzosen gingen überhaupt jetzt darauf hinaus, sicli der
festen Plätze am Gebirge zu bemächtigen, da sie ja die Ebene
mit Ausnahme der Reichsstädte und weniger sonstiger fesler
Plätze vollständig beherrschten. Nordwärts melden sie jetzt den
Engländern <lie Hand. Am no. September forderten sie Wangen
7ur I'ehergnbe auf; das wnllton die Bewohner nicht thun.
Daraut begann dei Feind zu stürmen, aber wer auch die Leiter
herauf auf eine Zinne kam, den schlugen die Bürger mit Aexten
wieder herab, und mit Steinen warfen sie unter die Stürmenden.
Indem ward eine einstündige Waffenruhe beredet, und während
<lessen gingen nun etliche von den Mauern und flüchteten ihre
Habe in die Burg. Das deuteten einige von denen, die auf der
Mauer zurnckgohli(»l)cn waren, als wenn jene fliehen und sie
im Stich lassen wollten, und so schlössen sie ihrerseits auf die
erneute Aufforderung der Gecken, nocli ehe die Stunde der
Wailenrulie verstrichen war, einen Vertrag mit dem Feinde,
worin dieser ihnen Leib, Leben und Gut verbürgte und nichts
anderes m nehmen verhiess als Essen, Speise und Kost, Die
Kapitulation wurde natürllcb nicht besser gehalten als die bis-
herigen, und zudem mussle der eine Teil der Bevölkerung mit
Kecht vermuten, von d^m amlern verraten zu sein. D:is be-
nachbarte» Westhofen iiiL'lt sich länger ; erst niu lidem die Mauer
an einem Ende niedergeschossen und das Wasser im Graben
1 Schilter 920.
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— 77 -
ali^^t'Ieitet war, wrstan«l»M» die F^iuwohiier am t^r». Oktober
zur Uebergabe. Die Hallte von ihrem Hab uuil Gut sollten sie
behalten und frei ihrer Beschäfligung nachgehen diulen. Da:*
ward ihnen wohl acht Tage gehalten ; nachdem aber die Schinder
die ihnen gewordene Hälfie vertban hatten, griffen sie den
Wesihofern auch an die andere Hälfte. ^
Inzwischen war auch der Dauphin niiht uirissig gewesen.
Am 7. Oktoher le^'^le er f^ich voi* Dambarli, weNdies jed-xh
inaniiharieii Widerstand leistete. Drei Tage lang dauerte 1 is
Geschützfeuer, welches eine weite Bresche legte, so dass mau
ohne Leiter aus- und einziehen konnte. Der Dauphin selbst
wurde durch einen Pfeil, der durch sein Knie ging, an den
Sattel seines Pferdes fesl^i^enagelt.s Schliesslich aber mussten
sich die Bewohner am 7. Oktober zur Uebei^galje verstehen:
nur wa? y.n ihrem Leib gehörte und was sie tragen oder auf
einem Pierde führen konnten, durften sie lorthrin-ieji. Das
hielt man so lange, bis sie vors Thor kamen, und da nahm
mau ihueu a»ich dies fort.
Damit erreichten auch hier die grosseren Unteiiiehroungen
ein Ende. Die Armagnaken konnienjetst ruhig die Anstrengungen
des Reiches abwarten. Für den Dauphin hatte der Aufenthalt
im Lande aber jetzt keinen Zweck mehr. Zudem war König
Karl über die Verwundung des einzigf^n Salines in die grösste
Bestürzung versetzt und sandle Briefe auf Briete, um ilui zur
Rückkehr zu bewegen.^ Zuvor aber verteilte der Dauphin in
ftilgender Weise seine Streitkräfte über das eroberte Gebiet :
Zu Mümpelgart Herr Louis de Bueil mit 2000 Pfei'den
Zu Altkirch Joachim Rouault, der spatere
Marschall von Frankreich, mit der gesamten
Mannschaft des Prinzen Karl von Ai^ou, eben-
falls mit 2im »
Zu Ensisheini Herr (tuyot de ia Koche nul lÜüO »
Zu Waltweiler Estevenot Lahire und Peter
Brusac mit 1500 * »
üeberzutragen . . . 0500 Pferde.
1 Die Qaellen geben keinerlei Anhalt dafür, dass, wie Taetey I,
284 meint, die Unternehmungen auf Wangen und Westhofen haupt-
sächlich von den Engländern ausgegangen wären.
2 TueUy I, 286.
^ Hietffir und fftr die Verteilung der Streitkräfte liegt ein zweiter
Bericht des praeceptor von Isenheim za Grande, der in den Haupt-
sachen anch der Erzählung in den Forteetiungen von Kdnigehofen
sur Grandlage gedient hat.
* Schiller 923 und 1006 und Arcbivchronik IGü geben nur
1000 Pferde an, verstehen dann aber die folgende Stelle des Beliebtes
rlr? praeceptor falsch uiul rechnen die Besatzung zu Wittonlieim noch
hinzu, während dieselbe bereits inbegriffen ist. Es ergiebt sich daraus
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— 78 —
Uebertra^' . . . 6500 Pferde.
Von (lieseil lagen fortgesetzt 80 aur Schloss
Wiitenlieim liei Mülhausen als Beobachtuogs-
posten.
Zu Heili'^-Krouz 11 rr Ilol)iiiet irEsloule-
ville nebst den Üandeiitniirern l.e lioussin und
Kavenel mit 1500 »
Zu Herlislieim ein Teil der Truppen des
Marschalls Philipi» de Culant mit 1000 »
Zu Egisheim die Spanier in derselben
Stärke mit lOOö
Demnach zählte die französische Truppen-
macht im Sundi^^au einschliesslich der Garnison
zu Mümpelgart zusammen 10,000 Pferde.
Zu Markolsheim Gastoii de Lerigot und
Lespinnre sowie die M;inii;if haft des vor St. Pilt
gefallenen Pochon de Hivieiv mit 2000 Pferden.
Zu S(. Pilt der Herr vcui Coimun ry
Zu Kestenliolz Lestrac i
Zu Dambach der Bretone Hohin Pe- ( , ^
titlo, Montgommery mit allen Schollen, ; öber 30üü »
Herr Johann von Finstingen und der i
Marschall von l.ol bringen . . . .
In Niederehnbeim der Herr von Orval, Sobn
des Grafen von Albret, zu P»o<heim der übrige
Teil der Leute des Marstlialls von Frankreicli,
zusammen milden Brelonen. Ibre Gesanilslürke
wird angegeben mit 4000 >
Zu Wangen i und den benachbarten Orten
der Graf von Dammartin und Blanchefort mit
allen ihren L. utpn . (jOOO »
Zu Westhofen und Marlenheim die Eng-
länder mit 2000 »
Zusammen . . . . 17,000 Pferde.
Summa 27,000 Pferde. «
fiiM- I>ilfcroiiz von 420 Pferden : bei Schilter lC>Ol), wo die Besatznn^r 7ti
Wittonlnjim um eine Null vermehrt ist, erwächst daraus ein Plus von 3üü.
• Schilter 928 fätt binzn Bergbietenheim. Der praeceptor nennt
Htalt Westhofen, das bei Schilter genannt ist, oppidnm Mulsen; Mo!s-
hoini kam aber nicht in die Gewnlt der Armagnaken. Bei Schilter
betrügt die Stärke der Engländer 4000 Mann, und es werden dann
in Banteh und Bogen an 30,000 Pferde gezählt, zusammen mit den
im Hutulgau stehenden 29,580 Pferde.
- UieFortgetzer dos Königshofen haben den Bericht des praeceptor
un i'inigen Stellen talscli vpratfiTulen und sind dadurch bezüglich der
/itTur der einzelnen Truppenteile in iiitumer verfallen.
feigitlzcci by Google
- 7ü —
Hinzu koiiiiiieii iiuch 200Ü Heisi^t;, mit welclien der Dau-
phin den Rückmarsch anzutreten gedachte, so dass die Gesamt-
macht der Armagnaken nach Abzu^ aller Verluste doch noch
529,000 Pferde l)etra«ren halte. Aus der Autslellun^^ selbst, die
.später noch insofern (Miir Aeuderunj; erfuhr, als die Besatzung'
zu En.sisli*'ii(! diiicli die Scharen des Grafen von Daniniarlin
und Blanchc'tbrts verslärkl vvnrde, crgicl»! sich, duss der Dau-
phin zunächst seine HaupUnuchl in dm- Nälie von Slra^sburj^
in einzehicn festen Plätzen zusammenzog, um dieselbe sowohl
gegen Angrifie dieser Stadt als aucli ^fegen die Gefahr, die
seitens des Reiches von Hagenau aus drohte, bereitzuhalten.
Diese Truppenveiteilungen müssen sich im Laufe des
Oklobei' vollzogen haben. Der Dauphin selbst halte sich
nach Knsisheim begeben, um /iiiiäclist die Heilung seiner
Wunde abzuwarten. Hier verweilte er deti Mnjiat Noxember
über und nahm die Verhandlungen mit König Friedricli und
den deutschen Fürsten wieder auf. Von hier begab er sich
über Mfimpelgart, wo er von Ende Dezember bis Mitte Januar
verweilte, zu seinem Vater nach Nancy. i Schlimm war es aber,
dass nach dem Vorgange des^Dauphin auch die meisten vor-
nehmen Herren, die sich unter seinen Augen die Sporen halten
verdienen wollen, eheuialls das Heer verliessen. Es war dem-
nach sich selbst äbei lassen ; 1* ührer und Mannschaft gaben
sich nichts nach. 2 Das Land gehörte ihnen, und da sie vvusslen,
dass sie nur den Winter über in Elsass bleiben sollten, um
beim Beginn des Frühlings entweder nach Frankreich zurück-
zukehren zum Kampfe wider England oder aber, wenn ein
dauernder Frieden zwischen beiden Mächten zu stände käme,
mit Kdnig Dene von Sicilien nach Italien zu ziehen, um dem
zu liciren,sein Königreich zu erobern, so halten sie auc h keinei lei
Grund, irgendwelche Uncksicht zu nehmen, damit da.s Land
nicht allzu rasch ausgesogen würde, sondern im Gegenteil : die
Zeit musste wahrgenommen werden, damit, wenn die Schwalben
wieder kamen, sie ein wüstes I^nd und nackte Bewohner
fänden.
KAPITEL VII].
Der Reichstag zu Nürnberg und der grosse An-
schlag Verhandlungen mit dem Dauphin und
König Karl. Bas Scheitern des Anschlages.
Zu derselben Zeit, da sich im Westen das furchtbara
Kriegsgewitter xusammenballtei das über das Elsass herein-
J Tuetey 1, 291.
* Der praeceptor von Isenheim bei Tuetey II, 521.
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— 80 -
hreihrn sollt«', trat in Nüniberj» der Itfirlisln^'^» /usamiiitii, /u
(lern Köiii;^ Friedrich in eigener Per.soii eräcliieiieti war. Ks
handelte sich einerseiLs um die ßeilejjung des Schismas, dann
aber wollte Köni^ Friedrich vor allem verbuchen, die Mittel
des Reiches wider die Eidgenossen aufzalHeten. Die Stimmung
der Försien wider die Städte überhaupt und gegen die Eii£>
genoss:en insbesondere war sehr unjjTinstig; das zollte sich
auch darin, dass die Gesaii<!ten Basels, das seine freund-
scliarilirlu' Halliin^ ^eprenuber den Eidgenossen rechtfertigen
wollte, Ulli elirverletzenden Worten empfanden und abgefertigt
wurden J Xm liebeten wohl hätte König Friedrich die &ratung
auf diese beiden vorliegenden Fragen beschränkt und das Reich
in seinen Krieg mit den Schweizern hineingezogen; aber ganz
Hess sich doch die F]r\väp:»mp: nicht umgehen, was jenes
maclitige französische Heer an der Grenze beabsichtigte. Das
(Geheimnis der Verhandlungeu zwisciien König Friedri( h nnd
dem französisclien Hof war gut gewahrt worden, und so war
anfangs die Ungewissheil allgemein. Notwendig mussten sich
da die verschiedensten Vermutungen regen , und namentlich bei
den Reichsstädten, die in ewiger Besorgnis vor Vergewaltigung
waren, wurden sehr ernste Befür( Ii hingen laut : um lediglich
wider die Eidgenossen verwendet /m werden, was man ^»"leicti
anfangs munkelte, dazu wai' das Heer der Armagnaken viel zu
gross ; also, schlössen die Städte weiter, müssteu noch andere
Absichten vorliegen. Sie fürchteten eine grosse Verschwörung
zwischen König und Fürsten wider die Städte; wenn die
Schweizer abgethan wären, würden sie an die Reihe kommen.
Die Eidgenossen erschienen ihnen wie früher so auch jetzt
als eitjeiif Heber Hort ihrer Freiheif ; das muss man wotd
beachten, um die spätere Haltung der Städte verstellen zu
iiönnen. Alx?r auch die Fürsten mussten stutzig werden üijer
die Ansammlung solcher Heeresmassen an den Gjenzen, zu-
mal in anbetracht des furchtbaren Rufes, der den Armagnaken
voiaufging. i)er König selbst befand sich in der peinlichsten
Lage. Es ist kein Zweifel, dass er selbst von dem Gang der
Dinge überrascht war; das$ König Karl ihm die Schinder
1 lieber den Keicbstag onterrichten die Berichte der Fratiktui ter
Abgeordneten Walter Schwarzenberg, Dietrich von Alzei and Heilman
Schiltknecht bei Janssen, Frankfurter Reichstagskorr., und die der
Strassburger Abgeordneten Burkard von Mülnheim ritter der olt( i- nnd
Cnnrat Armbrnster altammeister, bei Schilter und Müller KcichS'
tagstheater. (Strbg. St.-A. AA 192 or. ch.) — Tueteys sonst so sorg-
fältig gearbeitetes Werk lässt in der Darstellimg dieser Verhand-
Inugen Hlc nötige Genauigkeit vermissen; ebensowenig lassen sich
die Ausführungen von de Eeancourt IV, 83 halten. Die Irrgäiige von
Friedrichs Politik hat keiner von ihnen erkannt.
« Fechter p. 13.
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— 81 —
in solcher Zahl auf den Hals schicken würde, Iwitfe er nicht
erwartet. Was nun thun ? Sollte er aut <leni lieichsta^re
erklären, dass er, der Köni;<, diese GetaJir über das Reich
heraufbeschworen hatte? Lieber Jiess er die Dinge an sich
herankommen, um abzuwarten, was die Franzoeen mit ihren
Heeresmassen binnen wurden. Einstweilen hatte er die Stirn,
sich vor versammeltem Reic-hstage bitter über das fremde Volk
zu beschweren, wie es das Reich so «jrässlich schädi*(e ; dazu
wolle er Leil) und (th\ sef/tMi, um das yb/nwr'nHpn. Die
Städteboten, misstratii^i h wie mc waren, schütztcji Manj,^el an
Instruktionen vor, rieten aber eine Gesandtschaft an König
Karl zu schicken. Damit war König Friedrich einverstanden«
verlangte aber von den Städten eine bindende Erklärung ffir
den Fall, dass die Gesandtschaft nichts fruchtete ; seine Meinung
wäre, dass in diesem Fall er und die Fürsten ihre Macht wider
die Schinder aufbieten wnlltm D;H-ü])er sowie über ein«' Vcr-
niiltlnn«^' zwischen Zürich und den übri^ien Eitlj^enosseii sollten
die Städteboten sicii ausreicliende Vollmacliten konnnen lassend
In der That ging am 16. August eine Gesandtschaft an den
Dauphin ab, > deren Haupt der Bischof von Augsburg Pefer von
Schauenberg war.s Ihr offizieller Auftrag ging dahin, vom
Dauphin in Anbetracht der engen Bande zwischen dem Reich
und der Krone Frankreichs zu vorlanjren, fl^ss er sein Heer
aun<'»-o: etwaij:;en Beschwerden wäre Köniy Frierh if h gern bereit
abzuheilen. Bis die Gesandten jedoch einlrai(?n, hatte der
Dauphin mit seinen wilden Schajen bereits die l)iuiienden
Fluren des Sundgaus überschwemmt, aber auch d;e Schlacht
bei St. Jakob geschlagen und so den Entsatz von Farnsburg
und Zürich bewirkt. Das waren willkommene Nachrichten,
welche die Gesandten erst in ihrem vollen Umfang erfahren
mochten, als sie am 27. Anjxusf zu Breisach eintrafen ; von da
ritten sie weiter gegen Ensisheini, von wo sie am '20. Anj^ust
si« h mit dem obersten Kämmerer des Dauphin weiter nach
1 Bericht der Strassbarger Abgeordneten vom 14. Augast bei
bchilter p ^'J^')
^ Bericht der Frankfurter Abgeordneten vom 16. Augast bei
Janssen II, 1, iir. 85.
S Die Namen der übrigen Teilnehmer stehen nicht ganz fest. Bei
Fngger-Birken, Spiegel der Ehren des Hauses Habsbnrg p. 554 werden
angefahrt Ulrich von Rechberg, ein Herr von Waldsee aus Oesterreich
xma Dr. Johann Eich ; bei Müller Reichstagstheater p, 219 fehlt der
von Waldsee. — Dagegen nennt der Berichterstatter Btrassburgs Hans
Küng Herrn Friedrich Ton Hochenberg, einen von Starckenberg (Star-
Hemberg) nnd einen Doktor Hans Eich. Wie Tuetey I,14o, dem de Bean-
court 4, 35 folgt, dazu kommt, Thftring von Hallwil dr n jungen an
der Gesandtschaft teilnehmen zu lassen, weiss ich nicht.
ß
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— 82 —
AMUn h \}4',in\ß^ü ;^ hier wui-deii sie am 1. Sepleiober in Audienz
bic Gesandten waren in einer peinlichen Lage ; ihr olhziellei
Auftnif* war von den Ki>ei«^nissen fiberhoU; jetzt nach der
Hclilaclit von St. Jakob vom Dauphin zu verlangen, dass er sein
Heer zurückführe, '/iiv^ wohl nicht an. Auf der anderen Seite
niusste es ilmon l)edenklirh erscheinen, dass der Danpliin j:ai
keine Miene machte, Heu Kripp" wider die Eidp:enoss;en weiterzu-
führen ; und was .--ie buii&t vei nahmen, war nur zu sehr geeignet
die grössle Besoi^nis zu erwecken. Es konnte ihnen nicht
verborgren bleiben, welches Ansinnen der Dauphin an Basel
^(estellt hatte ; bei solchen Absiebten fand allerdings die Grosse
des Heeres völlige Erklärung. So konnte ihr Auftrag unmöglich
Erfolg haln'ii. Auf die Voi Stellungen der Ge.sandlen, dass er
oImm' fii und mit ciriPin so zalilieichen Heere von crjarbrnen» den
J*^Ki<.ji des Heiciis iiLtu ffMi habe und die Glieder des Reiches
niii Krieg überziehe, halle der Dauphin nur allgemeine Ver-
sicherungen der Freundschaft für das Haus Habsburg; lediglich
seinem äh wager zulieb hätte er diesen Zug ubemommen, aber,
«ü fügte er bedeutsam hinzu, er wäre auch gekommen, unt
etliche Gebiete zurückzuerobern, die von alters her zu Frank-
reich jieluWf sich \vi(h"r liecht dem schuldigen Cehoi'^rtm
entzogen hatten. Im übrigeu verwies er auf die Mitteihnii;en
seiner Gesandten, die er binnen kuiüem an König Friedlich zu
senden gedächte.^ In seinem Innern musste der französische
Prinz in hohem Grade erbittert sein über die Doppelzüngigkeit
des deutschen Königs, der selbst ihn herbeigerufen und ihn nun
deswi^en zur Rede stellte und verleugnete. Das kam zunächst den
Eidgenossen und dem verbündeten Basel zu ^ute ; der Dauphin
wird es jetzt ««ndgültig aufgegeben haben, den Kriep;- wider sie
weiterzuführen . Dann aber bandelte es sich darum, den deul-
» Bericht von Hans Küng an Strassburg vom 80. August. Strbg. Öt.-A.
AA. 190 or. ch. — Taetey I, 146 verf&llt in einen merkwürdigen Irrtum,
wenn er nach dem uns vorhegenden Berichte des üans Küng, den er
Hans Emig nennt, die Gosniult^Mi am 25. August in En isheim ein-
treffen lässt, um den Marsch des Dauphin zu beschicumgeu. Wahr-
scheinlich hat er Dienstag mit Danstag verwechselt. Später, p. 256,
giebt er den Zweck der (lesandtschaft richtig an.
- Leider sind nns die Inatraktionen für sie nicht bekannt ; jener
obiL' Aaftvag war nur darauf berechnet, die Aufregung der Reichs-
staaae zu beschwichtigen; ernst konnte er nach der ganzen Lage
der Verhrdtnisse unmöglich gemeint sein. Es läset sich übrigens auch
der Fall denken, das8 die Gesandten in gutem Glanben handelten
Ull i von den geheimen Beziehiingen König Friedrichs znm Dauphin
'•"hts wiiHsten.
■^eber die Audienz beim Dauphin berichtet ausfuhrlich der prae-
%ön Isenheim bei Tnetey II, 514. Vgl. hiersn Wülckor 1. o,, p. ö8.
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— 83
«chen Könin: zu strafen und das Misslraueii, welrlips die Reübs-
stände hegten wider ihren König, noch zu vei mehren. Empfind-
licher aber konnte er König Friedrich nicht hiossstellen, der
ja öffentlich erklärt hatte, Leib und Gut daran setzen zu wollen,
die Franzosen vom Boden des Reiches zu vertreiben, als -wenn
er die ganzen Verhandlungen, die zwischen ilmen geführt
waren, veröffenthchte. Und das war der Zweck der Gesandt-
schat'i, deren Erscheinen er dem BiscUot von Augsburg in Aus-
sicht stelhe.
Es waren neben den zwei französischen Herren, dem Baron
de Stissac und dem königUchen Kämmerer Herrn Gadorat de
Poysi, der Lothringer Johann von Finstingen,! welcher wohl
hauptsächlich wegen seiner Kenntnis der deutschen Sprache
und Verhältnisse ausgewäldt worden war, die am 3. September
ihre Reise nach Nürn!HM>! antraten, wo sie am 12. September
eintrafen. Alle geheimen Verband lunf?en solHen sie al«o auf-
decken, und was dem Dauphin zum Voi wart gemacht wurde,
das sollten sie als sein gutes Hecht fordein. Quai'tier und Ver-
pflegung wären ihm für seine Leute verheissen worden, aber noch
wären zwei Drittel seiner Leute unterzubringen, die jetzt auf
dem platten Lande zerstreut lägen und grosse Not und Pein litten.
Die Einwände, die König Friedrich dawider erheben wurde,
waren in der Instruktion 2 vorp:esehen : dass der König die
Armagnaken nur unter gewissen Bedingungen und in be-
schränkter Anzahl berufen hätte, und dass die vorderöster-
reichische Regierung und die Sundgauer Ritterschaft nicht
befugt gewesen wäre, den Dauphin mit solcher Macht einzulassen
oder ihm die OetTnung von festen Plätzen einzuräumen oder
endlich mit ihm Verabredungen wegen der Verpflegung einzu-
gehen.
Dawider sulUen sie erklären, dass der Dauphin niclü er-
wartet hätte, dass ihm für seine Hilfeleistung solclie Vorwürfe
gemacht Wörden ; angesichts der Notlage, in der sich der König
damals befunden, sei es nicht ehrenvoll, solche Austlüchte zu
machen, als ob der König sein Ililfe^esuch nur unter bestimmtem
Vorbehalt gemacht iiätte. Betreirs der Grosse der Armee macht
^ Bericht des praeceptor 1. c. p. ölö. — Die beideu anderen
Teilnehmer Baonlin Begnanlt und Jacqaemm de Buxieres scheinen
Personen mehr untergeordneten Banges gewesen zu sein.
- Instruction anx ambassadeurs de monseignenr le Daalphin,
envoy^s de sa part vers le Roy des Romains, ohne Datum bei Tuetey
II, 127 — 133, aber merkwürdiger Weise in den Anfang des Jahres
141Ö Terlegt, während sich aus dem Inhalt absolnt sicher ergiebt,
dass sie eben für die Gesandtschaft auf den Rt. zu Nürnberg ent-
worfen war; de Beancourt 1. c. 35 teilt diesPTi Irrtnm. Der Dauphin
hat überhaupt keine andere Uesandtschaft als eben diese an König
Friedrich abgeordnet
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— 84 —
«lei- Dauphin mit Itecht pfeltend, dass der K5ni«r ilun »iatVir nur
zum Danke verplliditet wäre, da er mil eiuei- geringem Truppeu-
maeht doch nichts hätte ausrichten können; und deshalb sei
ausdrücklich verabreci« ! worden, da.ss er mit Macht käme.
Ausserdem lifitten Ilm die nsterreichischen Statthalter auf das
iusländigsle und täjj^lich in den dringendsten Aus*l rücken j^^eheten,
seinen Marsch zu l»est hleunigen und ihnen m Hilfe zu kom-
men. V> wäre alxr nicht wahrsclieinlich, dass sie solche Schritte
^elhau hätten ohne Vorwissen und Zustimmung des Köni^rs.
Der König wäre daher auch gehalten, jenen Verpflichtungen,
die seine Beamten eingegangen wären, nachrukommen, nämlich
I^hensmittel zu stellen his Johanni > und ihm Plätze einzu»
räumen für seine Armee bis zu der Stärke von 25,000 Mann.
D.Mfiir verliürgle sich ;il)er auch (h-r Dauphin fnr seine Leufe,
dass sie keinerlei Aussi hreitungen iiegeh(Mi wüiden ; im anderen
Falle aber sagte er sich von aller Verantwortliciikeit los.* Auf
diese Weise hoffte der Dauphin wahrscheinlidi etwaigen Be-
schwerden, dass er von Basel und Epinal, welches zum Bfetier
Bistum gehörte, Einlass hegehrt hätte, aus dem Wege zugehen.
Die Gesandten erhielten keinen Auftrag, sich darüber zu recht-
fertigen.
Das waren in tlei- Thal sehr heiJenkhcije Aufschlüsse, die
in .seilsamem Widerspruch standen mit dem Bi ustton der Ent-
rüstung, womit sich der König über das Treiben der Armagnaken
ausgelassen hatte ; wenn die Gesandten sich in dieser Weise vor
versammeltem Reichstage ausliessen, da musste dem jungen
Herrscher doch die Schamröte ins Antlitz steigen, und er moäte
sich viele Meilen weit fori wünschen . Kiiist weilen alK»r schien man
in Xürnherg gar nicht nielir dar.m /n denken, dass die Ar-
magnaken auf des Keiches Boden .standen; nachdem der ßiscliof
von Augsburg abgefertigt worden war, geschah nichts weiter.
Dagegen wurde das Eisen wider die ähweizer geschmiedet;
die Stimmung wurde zusehends ungünstiger widei- sie, und davon
bekamen auch die Reichsstädte ihren Teil zu fühlen, denen man
Schuld ;ial), dass sie in Gemeinschaft mit den Eid^fMios^on den
Adel veitreihcn wollten. ^ Ihnen niusste nm so nnlwMinlicher
weitlen, je mehr der eigenlUche Sachverhalt .sich uutkiai te, dass
die .Vrmagnaken im Dienste des römischen Königs tochten.
Damit stimmte in bedenklichster Weise üherein, dass nun König
1 Jasques ii la St-Jean. Es ist nicht ersichtlich ob hier Johann,
evan;^:«'! (Dez ) oiler Johanu. bapt. (Juni) gemeint ist, wahrscheinlich
aber das letztere
- Selbstverständlich übergebe ich solche Paukte der Verhand-
langeu, die nicht unmittelbar zu dem Gegenstand in B««iehang stehen,
s Bericht der Strassbg. Abgeordneten, dat.- mi. n. Gilgen iSept. 2)
hilter p. 1184.
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— 83 —
Friedrich den Zeitpunkt für gekommen erachtete, um an den
kräftigen Stamm der Eidgenossen die Axt zu legen, .letzt oder
nie!* Indem er sich der Erwartunji: hinj^ah, flass der Dauphin
auch novAi ferner tiir Ilm wider die Eid*jeno:>seii kampteu wücde,
erkläi'te er mit Ueberschreilung i>einer rechthchen ßetu^nisse am .
30. August den Eidgenossen den Reichskriej^, hevollmächtigte
seinen Bruder Albrecht, das Reichsbanner wider sie aufzuwerfen
und alle Glieder des Reiches lum Kampfe wider sie zu erfor-
dern. Das war zunächst nur ein Schlaj^ ins Wasser, aber
bezeichnend tur die L.ig^e. In welcher Ang^t sich aber di»»
Sf uite vor den geheimen Plänen des Königs und der Fiirsieii
i>eii)nden, geht daraus hervor, dass das mächtige Uhu am
4. September seine Büchsenschützen, die es Strassburg zu
Hilfe gesandt hatte, wieder abrief, da es Warnung hatte, dass
die Armagnaken das Haupt gegen die Städte der schwäbischen
Vereinigung richten wollten ; 2 und die Frankfurter Abgeordne-
ten gaben ihrer Stadt am 0. September zu erwägen, es sei jetzt
not, dass sich eine jede Stadt wohl versorge.
Die Hoffnung König Friedrichs erwies sich als trügerisch, und
seine Lage gegenüber dem Drängen namentlich der Städte wurde
recht unbequem. Der Dauphin trag keine Lust mehr, die Schlachten
des Hauses Habsburg zu schlagen. Seine Scharen überschwemmten
das blühende Elsass und erffdlten es mit namenlosen Greueln. £s
.schien sich in der 'I'hat bewahrheiten m sollen, dass die Fran-
zosen den »ganzen Bheinstrom einnehmen wollten. Dazu kamen
nun die Städte in den Besitz der Sclireiben von Basel und
Schaffhausen, die ihre schlimmsten Befürchtungen rechtfertigen
roussten. Auch von den Boten der österreichischen Städte
Ensisheim, Thann und Hasmünster, die nach Nürnbergs ge-
kommen waren, um aus dem Munde König Friedrichs und
seines Br»iders Herzogs Albrecht Verhaltungsvorschriften gegen-
über den Armagnaken einzuholen, konnten sie gar mancherlei
vernehmen, was zu sehr ernsten Besorg^nissen Anl;»ss gab. Und
doch regle .sich der König noch immer nicht ! Sie waren völlig
ratlos gegenüber diesem Gewirr diplomatischer Fäden. So ist
es zu verstehen, wenn die Städtelioten sich in ihrer Gesamt-
heil am 9. September zum König begaben, ihm über das
Treiben der Armagnaken Vorslellungeu machten und ihn baten,
das heilige Reicli zu versetien.^ Der König konnte nichts
1 Climel Matei'ialiei». 140 — 141.
2 Fht. V. nativit. Mar. Strbg St.-A. AA 181). or. oh.
3 Deren Rückkehr von Nürnberg meldet Hans Küng um iO. Sept.
nach Strassburg. AA 190 or. ch.
* Bericht der Frankft. Abg. dat. quint fer, p. nativ. Mar. (Sept. 10)
bei Janssen 2, 1 nr. 9(): Sti bg. Abg. dat. samst. frage n. nativ. Mar.
(Sept. 12) bei Schilter p. 98G.
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— 86 —
anderes darauf erwidern als : es sei ihm leid, und er habe nicht
darum gewusst, dass die Armagnaken also in die Lande ziehen
und (iicjsolhen schädigen wurden. Vm\ als er sie dann um Rat
l»at, da aiitwoiteten ihm die Städtebuten mit Kecht sehr spitz
' und mit einem deutlichen Seitenbhck : er möge Rat suchen
bei seinen Räten und bei den Kurfürsten und deren Räten, da sei
Weisheit; die vermöchten bessern Rat zu gehen als sie einföltige
Leute. Vom König begaben sie sich zu den Kurfürsten und
machten ihnen die nämUchen Vorstellung^y aber das war alles
tiiirhtlos ; die Dinge blieben so wie sie waren. Oleichzeiti}::
kamen immer schlimmere Hiobsposten. Man wnsste liereits,
dass ein andeies mächtiges Heer der Armagnaken sich in be-
drohlicher Nälie von Metz zusammen häufte und dass König Karl
Absichten auf Toul und Verdun hatte. Darüber konnte der
Bischof von Melz Conrad Bayer von Roparten^derauf dem Reichs-
tage zugegen war, persönlich am besten berichten, und dieser
selbst musste vernelimcii, wie Herr Pierre von Rreze seine Stadt
Epinal im Namen des Königs von Kiankreich am 30. August
aufgelürdert hatte, demselben binnen drei Tagen Huldigung zu
leisten, in welchem Fall sie den königlichen Schutz und die
Gewährleistung ihrer Freiheiten erhalten sollte, während sie sonst
als Feind behandelt werden würde. Die Stadtherren von Epinal
fanden es aber anfangs sehr merkwürdig, dass sie dem König
Karl unterthan sein sollten «wie die Stadt Paris» und wandten
sich in Abwesenheit des IJischofs an dr'ssen Hat um Hilff, un<l
dieser mahnte am '\0. August die Stadt zum Widerstande und
machte zugleich dem Rischof Mitteilung, aul dass er .-sich an den
römischen König um Hilfe wende und schleunigst zurOekkehre.
Die Stadt 1 leistete aber keinen langen Widerstand, sondern er^
klärte bereits am i. September voller Freude, anstatt ihres
ohnmächtigen RischoFs einen mächtigen Schutzherm gegenüber
den ewigen Uäubereien zu erhalten, dass sie für alle Zeiten
getreue Hnterthanen des Königs von Frankroi« h sein wollte?».
So war die allgemeine Lage, als des deutschen Königs ßolschalt
und mit ihr die des Dauphin amil. September nach NQmberg
kamen.
Ks war eine denkwürdige Reichstagssitzung am 14. Sep-
teml>er,2 als Herr Johann von Finstingen vor versammeltem
Reichstage das Wort ergrifl'; niemals weder vorher noch nachher
hat ein deutscher König beschämendere Dinge anhören müssen.
1 de Beaucourt IV, 50; Digot, Hist. de Lorraine III, 74,
2 Ueber das Auftreten des französischen Gesandten handelt
Fuggcr-Birken p. 554, wie es scheint nach einem authentischen Bericht
oder Protokoll. Seine Ers&hlnng hat Müller, Reichstagtheater, p. 819
%is 220. wörtlich übernommen. — Vgl. auch den Bericht der Strbg.
dat. ini. zu mitemdage (Sept. 10) bei Schilter 982.
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fcf M » • ' ■■je ■
87 —
Der Lothrinf^er v»'s l it Ifte nun in der Thai den versaniitK'llcii
Keichssländen, dass Korii^^ Friedricli seinen Herrn mu Hille
gebeten halte. König Karl liütle daraul, um dieser JÜUe .statt-
zugeben^ den deutschen Fürsten und dem Adel wider den
«PöbeU behilüich zu sein und um Hecht und Frieden zu beför-
dern, seinen ältesten und liebsten Sohn und Kronerben gesendet.
Dem seien nun zwanzig Schlösser als Winteilager zur Ver-
fugung gestollt, die ihm aber nicht ^eotlnet wären. Deswegen,
weil er nicht j^ekoinmen sei, im Feld zwischen Kis iiiid Schnee
zu liegen, habe er s»ich um ein Winterlager umthuri muss«'ii.
Der Gesauilte begehrte dann die Au.slieferung de.s von Herzog;
Friedrich mit der leeren Tasche» dem Vater Herzog Sigmunds»
hinterlassenen Schatzes von Gold und Silber, Barschaft und
Kleinodien an Köni^^ Karl, weil Herzog Sigmund mit dessen
Tochter verlobt sei. Hingegen wolle der König dann dessen
Eidam durch den Delfin alle von den Kidgenossen eingezogem^ü
Länder und Herrscfiaften wieder erobern, wie denn dies
zwischen den beiden Königen abgemacht sei.
Es mag wohl sein, dass der König ob dieser Anklage de.s
Gesandten etwas «etwas erschamrotet t wurde. Unerwidert
durfte sie aber nicht bleiljen, und so unterrichtete er seinen
gefreuen Markgrafen Albrecht Achilles von firandenburg, was er
dem Gesandten in seinem Namen antworten sollte. Dessen Ant-
wort liess nun zwar an derhei- Deutlichkeit nichts zu wünschen
übrig, aber sie konnte doch nicht den Eindruck verwischen,
den tlie Rede des französischen üesandten auf alle nicht Ein-
geweihten hatte machen mAssen. Es blieb kein anderer Ausweg
übrig, das offene Geheimnis musste vor versammeltem Reichstag
heraus, da.ss der König, um die Eidgenossen zu züchtigen, die
St hinder herbeigerufen hätte. Es konnte unmöglich viel helfen,
'veiin nun entschuldigtem! liinzng-efügff wurde, da.ss König
l'M 'drich aber nur 5(XM) und nicht U),C)(>0 Mann be<^ehrt hätte ;
und denen hätte er, damit sie «lern heiligen römi.sclicn Reich
und dessen freien Unterthanen nicht lästig fallen mötditen, in
seinen Erblanden Elsass und Sundgau 20 Städte und Märkte zu
Quartieren angewiesen.
Diese Behauptung des Heirn von Finstingen musste der
König also doch als zutrelfend anerkennen. AVas trug es da noch
viel aus, wenn M.irkg-raf Albrecht nun den Spiess umkehrte,
wie König Karl diesem Abkommen zuwider nust.dl r)(HJU acht-
mal .St) viel geseiidet, überdies Metz, Toul, Verdun, Münipelgarti
1 Bezü^ich der drei ersten Städte war das nicht richtig ; entweder
ist der KnrRrst selbst im Eifer der Rede Aber das Ziel hinaus-
geschossen, während er vielleicht nur von der Bedrohung dicst>r
drei Städte Jun Ii Fr inkreich reden wollte, oder seine Worte sind
entstellt wiedergegeben. ^
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— w —
kilui aoiifi^ Stü«ite im eiiv^(^'>tiiAes biUe un«i «ei^ues
IVUleBS » damit veHahren «aiie ! Koaig Fhedrick habe deslnlb«
weil das cGediog » nicht gehaHes, es aiicli weder bfll^ noch
ratsam i^unden. die Terhiet^^nen Plätae dem Dauphin einzu-
räumen. Die Thatsache blieb bestehen, dass der eigene Köni;:
*\eu Sleiii ins P»«»llen j^«?bnjchl und der Trheber des ^nzen l'n-
bejU ireworilen vv-tr. f*> war ein leere- Wortj^eprassel und dar-
auf ljere<hn»^t. dem K'»rii;: au< r^einer t«*»lUchen Verlegenbeit zw
iK'ifen, wa:^ der Mark/ral noch weiter ^pracb : dass der köai^
es daher gar nkbt sehen köonte, wie Kdni|r Kail sieh solcher-
^restaU einen Freund des romischen Reiches berOhmen könnte;
dafem er es aber st» ;^ut mt'inte, wie seine Gesandten von^äben,
«50 möchte er seine Völker <ünitli< h zurückziehen t»<1er nur so
viel al" \}^^^^hri 7iirü' kl.«<<eu. Die F' i«l''! im;r l»ezrijrlich Herzo'rs
Si^'muiid wi»*- d»^r Mark;.'i-af irn weiteren Verlauf >eintM Kede
kurzwe;.' zurück ; v enn er dann al>er zum Schlüsse seiner Kede
meinte, dass die Franzosen um dieser und derarti^per Sachen
willen, die sie nichts ai^ingen, ihres Weges reisen möchten,
'woher sie gekommen« und das römische Ilei« h ungeirrt lassen
s*»lllen, so entsprachen leider d^ vollen Worten die Thaten
nicht. Daran hielt«*n a!lerdiii;rs auch die übri<ren deutschen
Kfir-teii lest. tl;j^> der Daupliin d.is Reich zuvor verlassen mn^-te:
(iaiiii snilti* in <len ührij^^eii /\vi>tlien l)eiden K«»uigen schwellen-
den Irrungen ein Vei'gleich ^etrolTen werden.
So verlief der Empfang der französische Gesandtenn: es
verlautet nichts darüber, dass ihnen Gelegenheit geboten wäi-e,
auf die in ihrer Instruktion vorgesehene Antwoi t Köni^' Fried-
richs ihrerseits zu enfge*rnen. Wir dürfen wi.hl annehmen,
/•jMial in den Ifeiii hten der Ali;,^e<>nlTi»'f«Mi Kranktin t< und Strass-
burjis nirlits rlaiülier ei wrdiiit wiid, dass den Gesantlten aus
gutem Grunde nicht nochmals die M«\Miehkeil gewährt wurde,
den König vor versammeltem Reichstag schamrot zu machen.
Sie blieben bis zum 22. September i und nahmen den Be-
>( heid mit heim, dass der König seinen Bruder Herzog Albrecht
mit bindender Vollmacht zum Dauphin senden werde, um
alle '^clnvehenden Frajren zu dessen Zufriedenheit zu ordnen. 2
l)ar,'His ;^in;.^ hervor, dass der Könij: auch jetzt niclits Ernstes
in der Sache zu thun «redachte, sondern seine persönlichen
Anii^elegenheiten mit den tid«,ren(»ssen ihm noch immer im
' de Beaucourt IV, 39. — Unmittelbar nach ihrer Abreise traiTen
sswei Gesandte König Karls, der Siro de Gancourt und Jean Fran-
berger, in Nürnberg ein, um die baldige Entlassung Herzog Sigmunds
aus der Vonnandschaft sn erwirken, ihnen verhiess König Friedrich,
seinen Mündel noch vor dem 6. Januar in seine Länder su enthwsen.
de Beaneovrt 1. c.
2 Remontrances faites par les arabassadeurs de Charles VII anx
61ectears ##i)£9W'' ^«unUes a Boppart, bei luetey II, 141.
Digiitzed by Goi^i
— 89 —
Yoixierjiruiide aller Erwä{^uu^en «tajuit u. I>ie Fürstdi ahor,
soweit sie nicht an dem Strange dei' habsbui^ischea Politik
zogen und an dem Vorgehen wider die Eidgenossen be-
teiligt waren, werden sich einstweileQ noch wohl mit dem
Gedanken beruhigt haben, dass (<ich hier um eine Angelegen-
heil liandelte, die zunächst wenij^er das Reich als die Interessen
d*-^ Hauses Oesterreich berührte, die König Friedricli daher jkm-
«iiiiich mit dem Dauphin austechten mochte, Hiiigepren auf die
Städte müsiien die ErolTnuii^eu (l(»r franzosisciieu Ge:»audteii den
tiefsten Eindruck gemacht bai>eii ; ihre äi ^äten Befürclituugen
&nden sie bestätigt, und der Umstand, dass die Fürsten so lau
in der Saciie waren, konnte sie nur darin bestärken, dass es
sich in der That um eine weilgehende Verschwörung zwischen
König und Fürsten wider die Selbständi^^keit der Beiclisstädte
bnndelte. Man musste sich auf alle Fiille bereit halten, und so
winde ein gemeinsames Vorgehen sämtlicher Reichsstädte am
16. September ins Auge gefasst. Zu tliesem Zwecke sollten
die rheinischen Städte ihre Abgeordneten um St. Gallen zu
Worms, die Städte am Rodensee zu Gonstanz, der schwäbische
Sfädtebund uml die fränkischen Reichsstädte zu Ulm haben, um
zu l)esrliliessen, wie diesen schweren erschrecklichen fiäufen
zu begegnen wäre.' Damals bei der allfremeinen Hoän^^sf j^nnji
wird es auch gewesen sein, dass zu Fiankt'ud «cum des grossen
Lehels willen, das sich in den Landen erhebt durch das tVemde
Volk, das man nennt die Armeiacken, Gott dem Allmäclitigen,
der würdigen Mutter Sanct Maria zu Ehren» die Abhaltung
einer Prozession unter Tragung der heiligen Sakramente ver-
ordnet wurde, mid sicherlich wird es in anderen Städten ähn-
lich gehalten worden sein. 2
Die Haltung der Städte niu.site nl't^\( ikIil ;uicli auf die
am Keiclislag anwesenden Fürsten Eindrui k machten ; /uma!
da die Aimagnaken sich bereils des ganzen Elsass bemächtigt
hatten und jeden Tag sich auch über das rechte Rheinufer aus*
breiten konnten. Niir war «liegrosse Schwieri;^ keil, dass nicht wohl
kräftige Massregeln wider die Schinder ergriffen werden koiniten,
wenn nicht zuvor der Friede mit den Eidgenossen hergestellt
war.» Der war aber nicht /u erlangen bei der unvernnnfli;,'en
Halsstarrigkeit des jungen i\unigs, der Forderungen stellte, die
nur dann zu verwirklichen waren^ wenn die Schweizer gänzlich
zu Roden lagen. Aber ein Waffenstillstand war vielleicht zu er-
reichen, und so wurde beschlossen, zu diesem Zwecke eine
Gesandtschaft von Fürsten und Städten an die Eidgenossen zu
1 Schilter p. 98H. — Frankfarter Abgeordn. bei Jaussen 2, 1 nr. 97.
« Wülcker l. c. 41.
3 Cfr. die Berichte der Strassborger Abgeordneten vom Sep-
tember bei Schilter p. 962 und vom 20. September p. 987. -
Digitizixl by <jOO^iC
^ - »-H*^ , r" 'fi m .11: 't'»-^, i.-"»
«I - '4.-4 —r-zaeff ».v Man^nf
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* ^ • ' * .» ''A ' ' - •': - .—i* 'i L-* '"^i *ia,4«<i*ai.
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>>. ^'»■sa. »I...' !' < l «Iii t .: ; ■ *" '^-f *
^'t'f',» rti^'C • er 'fia«^r?^.'> * ' ^ ^h'''t?en
\N '»«ij ,k*^ l>t.i r r i ^. ^ :r : t'>r il ^«f«:'^-. i - 'un K «.iie
^i cvrv,.' :.tes ^ j . : J-r^^r it.r=r, lii iler
\^ui;t:tif **r $k'h aim 17. Se^a:b«ft ja die zuuäoh«! beleili^eu
(Wfvii<$BiKle mihI forderte $ie auf« um St. Gallen ihre Streit-
^ B<»nchc dir '^TTimfcmu AbgcordacteK Tom 20. September bei
Di^zeci by Google
— 91 —
kräfte in möglichst ^^rosstM* Anzalil zu Speier bereitzuhalten
zu einem premeinsamen Heereszuj^e wider den Feind,* nachdem
i^r tapfszuvor l)ereits Strassburjr im Falle eines AngriUess seines
lieislandes versichert hatte. Zugleich entsandte er den Grafen
Hesse von Leintngen > auf den Beichstag, um ernste Massnahmen
\vider das fremde Volk zu beantragen, und hier schlug die
Stimmung so sehr um, dass er allgemeine Bereitwilligkeit fand.
Die Erkenntnis dran;^- doch .lnrcli, (1ms< ot\v;ci: geschehen inüssfe;
das einmütige Eiuti rteii der Städte tür Hasel hatte zuriaclist schon
die Folge gehabt, dass eine Bei atung /wischen dem König, den
Kurfürsten und Fürsten statt ianü, und einer der Strassburger
Abgeordneten hatte einen vertraulichen Wink erhalten, er
wurde in kurzer Zeit \vohl hören, was zu Strassburgs Vorteil
gereiche. Dazu inusste die Botschaft des Grafen von Leiningen
tiefen Eindruck machen. Er war nicht bloss der berufenste
Berichter-^tatter von dem, was im Fl-^ i^s '_io-^ch*dien, wie Strass-
burg bedroht, wie die Ankunft eines neuen Korps von Engländern
zu erwarten wäre, sondern unzweitelhaft war er nun aucli der
Träger höchst bedenklicher Nachrichten aus Lothringen. ^ Am
il. September hatte König* Karl seinen feierlichen Einzug in
Epinal gehalten ; die Brirgcrsdiaft hatte ihm als ihrem wahren
und naturlichen Herrn gehuldigt und den Gid geleistet, ihm
als seine getreuen Unterthanen gegen jedermann zu dienen,
l'jid noch bedeutungsvoller war das Manifest, welche» der
König am gleichen Tage erliess. Darin erklärte er, ganz ähn-
lich wie der Dauphin, dass er gekomincu wäre an die Grenzen
der Herzogtümer Bar und Lothringen, um verschiedene Länder,
Herrschaften und StAdte diesseits des Rheins, welche von alters
her zur Krone von Frankreich gehört hätten und von derselben
entfremdet wären, wieder unter seine Botmässigkeit zurück-
zubringen. Wip zu verstehen war, 1. hrten nur allzu deut-
lich die Ereignisse vor der alten Reichsstadt Metz. Nachdem
bereits seit dem 10. September die Umgebung von Metz von
der königlichen Armee verwüstet worden war, hatte am 15. Sep-
tember ebenfalls Herr Pierre von Br^ der Stadt auf Befehl
von König Karl Fehde angekündigt,« weil sie demselben den
schuldigen Gehorsam verweigere. &
1 Janssen 2, 1 nr. 99.
2 Seine Ankunft mnss am 22. September erfolgt sein.
3 de Beaucoiirf IV. p. 52.
■* Schreiben der ^Sieben von dem Krieg zu Metz an Strassburg vom
17. September nebst üebersendung einer Abschrift des Fehdebriefes
von Petras de Bresse, Ritter, Dominus de Varane, Rat und Kämmerer
des Königs von Frankreich, summns senescallus in Pictogaven. AA 185.
^ Kenntnis von den weitern Ereignissen konnte der pfalzische
Gesandte noch nicht halben. ^
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— fh> —
Dufüc (Jeiii Heiclie (Ir^hemle Gefahr niiiss es tfewesen sein,
welche die Fiir.>feii Im^woj^, * nachdem sie am '22. und Sep-
leml>er bei einander *,'e\vesen und die Botschaft des Grafen von
Leinin^^en i^ehürl hatten, dass sie in den Köni;,^ dranj^en, des
Heiches itanner aufzuwerfen und den Feind aus dem Lande zu
treiben. Der erbot sich al»er gar demraiglich, mit Leib und Gut
<lazu zu helfen, und es wurde für jjul gehalten, dass auch die
Kurfürsten mit ganzer Macht und eigener Person dal>ei sein
sollten, damit dem frenulen Volke Widerstand geschähe. So gross
war der Eifrr, dass die Fürsten meinten, König Friedrich sollte
sich unverzüglich mit den Kurfürsten gen Frankfurt erheben
und dort den Heeresanschlag feststellen ; denn diese Sache
möchte nicht «verzog» haben. Dagegen meinte König Friedrich:
Die Sachen wären schwere und grob, und es würde den ober-
ländischen Herren nicht gelegen sein, nun auch noch nach
Frankfurt zu kommen; dieweil sie nun doch bei einander
wären, würde es am besten sein, wenn sie jetzt gleich über
den Anschlag einig würden. Diese Meinung drang durch ; am
25. September fand demgemäss eine Beratung statt zwischen
dem König und den Kurfürsten, in der im Sinne des pfälzischen
Antrages beschlossen wurde, zunächst ein Heer nach dem
kleinen Anschlage 2 aufzustellen, das um Gallus (16. Oktober) zu
Strassburg versammelt sein sollte. Die übrigen Fürsten schlössen
sich diesem Beschlüsse an, und der König beschied darauf am
26. September die anwesenden Städteljoten zu sich und verlangte
von ihnen, dass sie ebenfalls diesem Beschlüsse nachgingen.
Zugleich abei- wurde bereits die Notwendigkeit ins Auge gefasst,
die ganze Wehrkraft des Reiches nach dem grossen Anschlag
wider den Feind aufzubieten, und die Städteboten wurden ein-
geladen, aus ihrer Mitte Abgeordnete zu schicken, welche helfen
sollten, den grossen Anschlag zu entwerfen, l'nter diesen Um-
.ständen, da der Reichskrieg wider die Armagnaken nun eine
beschlossene Sache war, war es ein unbedingtes Erfordernis,
<lass der König mit den Schweizern ins Reine kam. Die ur-
sprünglich beschlossene Botschaft wurde aufgegeben; dafür
1 Strassburger Bericht vom 23. September und panz besonders die
Frankfurter Berichte vom 24. und 26. September. Ich muss übrigens
hervorheben, dass die Darstellung notwendigerweise eine gewisse
Einseitigkeit erhalten muss, da wir einstweilen lediglich auf diese
stiidtischen Berichte angewiesen sind.
2 In den städtischen Berichten erscheinen kleiner und grosser
Anschlag als feststehende Begriffe, die keiner Erläuterung bedürfen.
Wenn man auf die analogen Fälle der Hussitenkriege zurückgeht,
so erscheint dieser kleine Anschlag als eine Art eilende Hilfe zum
täglichen Krieg, während der grosse Anschlag das Aufgebot des
ganzen Reiches umfasst, zu dem die dem Kriegsschauplatz zunächst
sitzenden Rcichsstände verstärktem Prozentsatz hinzugezogen
wurden. ^
— 03
sollten ilie fifi/clnen Stände, Kurrüi>;teii, Füisfen innl Städte,
jeder eine behindere Botschaft senden, die am 12. Okiober zu
Konstanz sich treffen sollten, um auf die Eidgenossen einzu-
wirken und den Fnedeu zu vermitteln.
Man hatte nun meinen sollen, jetzt, da endlich Ernst ge-
macht wurde, wären diese Vorschlage ^ani besonders von den
Städten freudig b^üssl worden; al>er das Misstrauen war einmal
da, und so nahmen sie dieselben mit grosser Zu rück haitun j;^
auf. Die Abgeordneten verschanzten s'h \i wie gewöhnlich hinter
ihren mangelhaften Vollmaclilen ; )>ezü^lich <les kleinen An-
schlages, meinten sie jedoch, möchte der König nur an die
Städte schreiben, wie er es damit vorhätte, und sie hofften,
dass dieselben sich in solcher Weise beweisen sollten, Gott zu
}A)he und dem Reich zu Ehre, dass der König seine Zufrieden-
heit daran haben wütde. Ander;^ stand es jedoch niit dem
grossen Anschlage und der Botschaft an die Kid^enosser« .
Hierzu versagten sie nicht ^»"crade die Mil Wirkung, aber sie ei-
klürten, nicht beauftiagt zu sein, darüljer eine bindende Er-
klärung abzugeben. Zwei Tage darauf hatten die Dinge ein
ganz anderes Aussehen gewonnen. Der kleine Anschlag wurde
zwar nicht direkt fallen gelassen, alier es ward nun doch zu-
nächst besclilossen, ein Heer nat h dem grossen Anschlage auf-
zustellen, das acht läge vor Marlini nm Speier vers*imnielt
sein sollte, ohne dass die liede daxori war, ob nun auch der
kleine Anschlag vollzogen werden sollte oder nicht. Bereits am
90. September erliess der König die nötigen Ausschreiben ins
Reich an die betreffenden Heichsstände, und am 4. Oktober
ernannte er KurfQrst Ludwig von der Pfalz zum obersten Feld-
hauptmann. >
^ Von welcher Stärke das Heer sein sollte, lässt sich «•instweilen
nicht genau ermitteln. In dem von Wülcker mitgeteilten Stücke des
grossen Anschlages ist von 36000 Mann 'die Rede, ohne dass er-
sichtlich ist, wie sich diese Zahl auf Fussvolk und Reiterei verteilt.
Eine Addition der einzelnen Ansiitze für die betreffenden Reichs-
stände ergiebt jedoch nicht 36000, sondern h5,720. Es folgt darauf
der Anschlag für Artillerie mit 50 Kammerbüchsen ; die Addition
der Ansätze ergiebt jedoch nur 32. - Was darauf weiter folgt bei
Wülcker, ist nichts anders als der kleine Anschlag ; Jas ergiebt sich
mit zwingender üewissheit daraus, dass die Ansätze für die Städte
vollständig übereinstiimnien mit jenem Yerzeiehniss bei Janssen 2,
1 nr. 103, welches die Frankfurter Abgeordneten als kleinen Anschlag
an ihre Stadt < insfliickten ; nur dass letzteres unvollstfinfli^j ist auch
in seinen Angaben für die iStädte. Addirt man die einzelnen Ansätze
des kleinen Anschlages, so ergiebt sich die Ziffer 1559 Pferde.
Wiiln eud also das Heer nach dem grossen Anschlag in unbekanntem
Verhältnis Fii Kvolk und Rcitoroi umfasst. haudeli es sich bei dem
kloiiion Ausctilag lediglich um ein kleines Ucitorhccr entsprechend
dem Zweck einer eilenden Hilfe
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Was diese pl«itzlii )ie Schwoiikuu«: vei-anlasste, daräijer «^ieht
es nor Vermutim^^en. Gmod genug war allerdiii^fs vorhanden,
lim selbst die }^e?*amten Streitkräfte des Reiches aufzubieten ;
<lenn abj^esehen von den Ereijrnissen im Elsass lag seil dem
21. Septendier ein französisches Heer von über IX>,000 Mann
vor Melz, und j^leichzeitijf war an Toni und Veixiun die Auf-
forderunj^ j,^erichtet worden, Köni^' Karl zu huldigen.* I'nd in
Nürnl>ery: ging das Gerücht, dass der König von Frankreich
alles Land wieder eiobern wollte, was vormals zur Ki-one Frank-
reich gehört habe, nämlich alle Städte und Leinde, die «hinsil»
des Rheines lagen. 2 Da war es nun aber sehr schlimm, dass
die Reichsheerfahrt fast um einen ganzen Monat hinausgescho-
ben wurde, und man kann sich des Veixlachtes nicht ent-
schlagen, dass es aus keinem anderen Grunde geschah, als um
den Erfolg jener in Aussicht genommenen Botschaft an den
Dauphin abzuwarten. Oellenllich hatte diesell)e die Aufgabe,
den jungen Prinzen zu lw?stimmen, den Boden des Reiches mit
den Armagnaken zu verlassen; die geheimen Instruktionen
lauteten aber wesentlich anders. Vielleicht hatten die Städte
<lavon Wind l)ekoinmen — der Frankfurter Abgeordnete drückt
.sich sehr geheimnisvoll aus und verweist auf seine mündlichen
Mitteilungen — , auf alle Fälle wollten sie von diesem grossen
Anschlage, bei dessen Aufstellung sie nicht gefragt worden waren,
nichts wissen. Geradezu verliängnisvoll war es aber, dass hin-
sichtlich des kleinen Anschlages nichts ausgemacht war, ob er
zu Recht bestand oder hinfallig geworden war infolge der Auf-
stellung des grossen Anschlages; die nächste Folge war, dass
saumselige Reichsstände die bestehende Unklarheit zum Vor-
\vanfle nahmen, um überhaupt nichts zu thun. Und schon ilie
nächsten Ereignisse sollten es deutlich machen, dass das Miss-
Jrauen der Städte nur zu sehr begründet war.
Herzog Albrecbl von Oesterreich hatte sich in langsauien
Tagereisen in seine österreichischen Vorlande begeben und auf
den 24. September einen allgemeinen Landtag gen Villingen
}>eiufen, auf <lem nicht etwa ül^er Beilegung des Krieges mit
den Eidgenossen beraten, sondern dessen kräftige Fortführung
l)eschl(»ssen vvni'de. — Und jene Fürsten, welche ursprünglicli
dazu auserscben waren, die Friedensverhandlungen mit den Eid-
genossen zu lühron, Kurfürst Albiecht von Brandenburg, Mark-
graf Jakob voji Baden, Graf Ulrich von Württemberg, hatten
nichts angelegentlicheres zu thun, als ihrerseits den Eidgenossen
<len Krieg zu erklären. ^ Wie stand es da mit der Friedens-
> Do FJeaucourf IV, 02.
Da« ist in volkstündicher Weise ausgedrückt nichts anderes
nl« dor Irdmlt jnnoH Manifostos, von dem die Rede war.
» Die hfiden Ornfon von Württemberg nebst 75 Grafen, Rittern
und Herrn nin 4. Oktooer, Kurfürst Albrecht mit 43 Grafen etc. am
— 05 —
vermilllung, zu dei" sich die Städte Strasslmi'^, N'ürnlierg und
Auirsl)arg auf eigenen Antra*^ seitens Königs Fi ie<lri< h erboten
Jialleii! Da mussle der biedere Städlebote von Stra.s.sburj4, Herr
Claus Schanlit, zu Villingen von Herzog Albrecht, bei dem sich
jetzt Kurförst Albrecht, die Grafen von Württemberg' und
viele Edelleute befanden, zu seinem Erstaunen vernehmen, wie
König Friedrich alle Fürsten angerufen um Hilfe wider die
Eidgenossen, falls der Stritt mit denselben nicht ijütlieh bei-
gelegt wurde, was sie auch auch alle zu^^esa^t hätten. Die-
selbe Hoffnung hege der Herzog auch von den Städten. i Unter
gütlicher Beilegung verstand der Herzog abei, dass die Eid-
genossen ihm alles zuvor herausgeben sollten, was sie und
ihre Väter unter Kaiser Sigismund mit der Schärfe des Schwertes
erobert hatten. Bei einem solchen Standpunkte war an eine
Beilegunfi* der Feindseligkeiten mit den Eidgenossen jrar nicht
zu denken, und ohne ditv'- konnte der Krieg wider die Fran-
zosen nicht in AngritT ^■^enoiiiinen werden.
Das war aber auch gar nicht die Absicht; König Friedrich
behielt nach wie vor seine doppelzüngige Haltung bei : einerseits
die ihm so unbequeme Stimmung auf dem Reichstage zu beseh wich-
tigen, anderseits auch jetzt noch sich der Mitwirkung der Arnia^-
naken wider die Eidgenossen zn versicliern. J<mipm Zweck verlolgte
die Sendung des Biscliols von Augsbnrj^, <lei in Ki wiflpfung der
Botschaft des Dauphin denselben jetzt zu Kusisheim auJsuchte.s
Er überbrachte ihm zunächst den Dank seines Herrn, dass ei'
dem Hause Oesterreich wider seine Feinde zu Hilfe gekommen
wäre; da aber jetzt infolge der Hilfeleistung des Dauphin ge-
gründete Aussicht auf Frieden mit den Eidgenossen bestände,
8. Oktober, der Markgraf von Baden am 19. Oktober, Staliiif Würt-
temberg. Geschichte, III, 4G7.
1 Clans Schanlit an Obrent Schnlcis, Ammeister za Strassburg,
AA 190.
2 üeber dieso Botschaft cf. den ausführliclit'n Bericht des prae-
ceptor bei Tuetey II, 520, dem derselbe dann I, 2B0 folgt. Eine gleich-
zeitige Uebersetzung des Berichtes bei Wülcker p. 51. Lu Gegensatz
wa "uietey hat de Beaoeonrt IV, 42 ff. für die folgenden Verband"
Inngen eich ein ktUutliches Gebäude errichtet, das jeglichen festen
üntergrnndes entbehrt. Zunächst setzt er in direktem WidorsprtK h
mit dem praeceptor, der sich serade hier wieder ais vorzuglichen
Berichterstatter seigt, welcher m den beiderseitigen Lagern Zutritt
bat, die Mission des Bischofs von Augsburg nach der Zusammen-
kunft der dent' rhcii Fürston mit dem Panphin Es fehlt allerdings
ein chronologischer Anhaltspunkt für die Ankunft des Bischofs in
Ensisheim, aber es ist kein Grund vorhanden, weshalb nicht der
Bischof vor den Fttrsten in Ensisheim, etwa am 17. Oktober, mit
dem Dauphin hätte 7n?ammentreffen können ; dass der Dauphin erst
am lU. Oktober nach Ensisheim zurückgekommen wäre, darüber fehlt
jedes Zeugnis.
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— m —
so wfliv (liiiiiil aucli (lor Grund rnrf^ofallpn, weshall) «1er Dauphin
heri>ei}^eru^ell wiuc. Duinuacli lor«loi Icu sie ihn auf, da.s l^nd
wieder zu verlassen, zumal er weder autgefordeil wäre, in
etg[eaer Person zu kommen, noch mit einem so xahlreichen und
so l)escha(renen Heere, welches das Land zerstöre und alte
denkljiiK ii Frevel verübe. Dass der Dauphin über diese Rot.schaft
in lebhaltt ii Zorn p^erief, ist natürli' )i und v«Msfrindlich. Dieser
Zorn klingt dinrh in seiner scliarlen Krwidenni^^ d;iss ih»n niidifs
von dem geljaiten, was. Gral VViliielni von I Jilzelstoiji und Herr
Peter von Mörsber;? versprochen halten. Mit ^-Jossen Opfern
hätten sich seine Leute solcher Plätze bemächtigen müssen, wo
sie den Winter über bleiben und sich gegen feindliche Aogrifie
verteidigen könnti n. Darum gefiele es ihm auch nicht, aus
diesem jaulen Lando und den g^uten j*^emauerten Städten, die sie
mit vielem Rlutver{>^iess<Mi ^^evvounen hatten, zu weirlion und
«lie Kälte des Winters :ni unsictierer Stelle zu fM wai ten. Wenn
ihm aber nach Ablauf des Winter.*! das Haus Oesterreicli die
Kosten des Zuges ersetzen wollte, so wäre er bereit, im März
das Land zu verlassen, oder aber es mfisste ihm auch jetzt noch
alles so gehalten werden, wie es ihm von Anfang an ver-
sprochen wäre.
Auf diesen l^osfhcid — ■ scitwerlich Ixoimfe ein an«lerer er-
wartet werden — leilte sidi die ro^s.didbchaft ; der Bischof
reLstt' viuii Solnie zum Valer, um von diesem den Abzug der
Arniagnaken zu erwirken; die übrigen Mitglieder der Ge-
sandtschaft! begaben sich zu Herzog Albrecht von Oesterreich,
der an» 17. Oktober mit Kurfüist Albrecht von Brandeidjurg,
Markgraf Jakob von Baden imd Graf L'lrich von WOrlteml>erg in
Breisacb einj^etrotTen war. Sie waren auf dem Wege zum Dauphin,
nicht etwa um das Gewi( hl der Ar^umenlc «les Bischofs von .\ugs-
burg zu verstärken, sondern um im Namen des Königs sieb den
erneuten Beistand der Ärmagnaken wider die Eidgenossen aus-
zuwirken ; denn erst dadurch schien der sichere Erfolg des Feld-
zuges verbürgt, dendieoherländisclien Herren wider die Schweizer
planten. Freilich mochte der Bescheid derer, die von Ensisheim
gekommen waren, nicht sehr ermutigend wirken, aber sie
mochten dennoch boflVm, zu einem guten Ziele m kommen in
anbetraclit der wertvollen Zugeständnisse, die sie dem Dauphin
auf Grund ihrer Instruklionen von Seite König Friedriciis zu
machen hatten. Es klingt unglaublich, dass dersellie Fürst, der
zum zweiten Mate sich hoch und teuer vermessen hatte, Leih
imd Gut daran zu setzen, um das fremde Volk \om deuts( ben
I Inden zu vcrtreitien, welcher die Kräfte des Beiches zum Feld-
/uge wider die Schinder aufgeholen hatte. dass dersellie Fürst
nun insgeheim Schritte thut, um die Aimagnaken aufs neue
1 Ihre Namen sind nicht bekannt.
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als Bunde:>geno.ssen zu gewinnen, naululeni er unniittelbai \oi licr
noch den Dauphin inil dürren Worten hatte aulTordern lassen,
den Reichsboden za verlassen. An der Sache kann kein Zweifel
sein; die uns zum Gluck erhaltene Instruktion i ist leider nur
zu deutlich. Danach war der Könige nun in der. That bereit,
dein Dauphin so ziemlii h alle Forderunjj^en, dir» seine Ge^sandfen
auf dem Nürnbeiyt Heichstaj^e orhofven halten, zu erfüllen.
Kr wollte dem Daupliin sowohl die veilangteii Quartiere ein-
räumen als auch für entsprechende Vet pUegung der Mannsi:iiaU
Sorge tragen; nur ihre Anzahl, welche die französischen Ge-
sandten zu Nürnberg l>ereits auf ^,000 herabgesetzt hatten, sollte
die Gesandtschaft versuchen noch weiter herabzumindern. EI>enso
verstand sich der König dazu, dem Dauphin alle seine Schlösser
diesseits des Rheins einzuräumen, wogegen der Danpliiii sicli
verpfliehten sollte, dieselben iiin<Mb.db einer zu l)estnnn)endeii
Frist in unverlelzteni Zustande zurnckzn^eUen und alle Plün-
derung darin zu verhüten. Dafür mussten dann aber auch die
Schinder aufhören zu hausen wie bisher, und jedermann sollte
ungestört seiner Beschäftigung nachgehen können. Die Haupt-
sache aber war, dass der Dauphin sich verpflichten «olHe, aus
diesen Schlössern keinen andeien Krieg zu führen, als wider
die Feinde des Hauses 0«'sl»'i reich — das heisst doch nicht
anders als wider die Fidgenossen — , und tlass es auch dem
König freistehen sollte, die in seinen Schlössern lagernden
Truppen des Dauphin zu diesem Zwecke zu verwenden. Mit
anderen Worten, König Friedrich wollte nochmals alles ver-
suchen, um die Mitwirkung der franzteischen Truppen herbei-
zuführen bei dem Hauptschlag, den die süddeutschen Fürsten
«
' Diepplbe ist schon langst von Chmel, Materialien I, 160 mitten
uutei' deu Akten der Trierer Friedensverhandlangen abgedruckt and
wohl deshalb in ihrer Bedentung bisher noch nicht erkannt worden.
Im Eingang wird darauf Bezug genommen, wie der König der Qe-
sandtscliaft des Dauphin habe antworten lassen auf ihre Werbung
bezüglich der ünterbringung Ups Kriegsvolkes, dass, da diese Sache
hier — auf dem Nürubeiger Keichstag — nicht wohi mag vorge-
nommen werden, er seine Botschaft ans etlichen des Reichs Fürsten
und seinen Bruder senden werde mit voller Gewalt. — Da der Dauphin
keine andere Gesandtschaft als auf den Nürnberger Reichstag gesandt
bat, die obige Antwort des Königs ferner auch sonst historisch fest-
steht, da endlich der König nnr diese Fürsten nnd seinen Bruder an
den Dauphin gesandt hat, so ist damit erwiesen, dass uns hier ihre
Instruktion vorliej^f zTunal dipsrlbe Punkt für Pnnk*^ nnf die zu Nürn-
berg erhobenen Forderungen des Dauphin eingeht. lu den Zusammen-
hang der Ereignisse greift sie ausserdem sehr richtig ein, da der
aufs neue in Angriff genommene Krieg wider die Sehw< iz« r nur dann
Aussicht auf durchgreifenden Erfolg hatte, wenn die beteiligten
. Fürsten, die hier als Gesandte fungieren, sich mit dem Dauphin auf
die eine oder andere Weise auseinandersetzten.
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und Herren damals ^-egen die Eidj^enossen planten. Nur wünschte
der Königs dass ihm seine Stellung im Reich nicht unnütz er-
schwert würde, und deshalh sollte der Dauphin einerseits Ijessere
Mannszucht halten; da ferner doch etwas geschehen musste, um
die Gährung im Reiche wegen der Ausdehnungsgelüste der Fran-
zosen zu lM»sch wicht igen, so i)ezieht es sich nun ferner darauf,
dass der Dauphin oder die Seinen niemand dem Reiche oder
dem Hause Oesterreich gehörig drängen sollen, ihnen Huldigung
zu leisten ; weiter sollen alle Städte tmd Schlösser, die man
erobern, d. h. den Eidgenossen enireissen wird, dem ursprüng-
lichen Besitzer, also in den meisten Fällen dem Hause Oester-
reich wieder anheimfallen; endlich al^r soll der Dauphin
sich allei- gesonderten Verhandlungen mit den Eidgenossen ent-
halten.
. Die ganze österreichische Politik, sowohl in ihren Wünschen
als auch in ihren geheimen Aengsten und in allen ihren Winkel-
zügen liegt hier otTen vor uns. Wenn aber König Friedrich und
.seine Freunde meinten, dass der Dauphin auf diese ihre Bedin-
gungen eingehen würde, so zeugt das wiederum von einer gewissen
Naivetät der Auffassung. Der Dauphin stand elien im Begriff, mit
den Eidgenossen Fri(*den zu schliessen; sollte er sich jetzt um
der schönen Augen König Friedrichs willen in die Gefahren des
Krieges mit einem Gegner stürzen, dessen Tapferkeit er kennen
und fürchten gelernt hatte? Was ihm geboten wunle, besass
er bereits mit Ausnahme einiger weniger Plätze, die von keinem
Belang waren ; dafür sollte er al>er eine Reihe drückender Ver-
pllichtungen übernehmen ! Und ausserdem, wer bürgte ihm
dafür, dass der König ihn nicht aufs neue schmählich ver-
leugnete? So fanden denn die drei Fürsten, welche den Dauphin
am 19. Oktober zu Ensisheim aufsuchten, i für ihre Bemühungen
ein sehr ungünstiges Feld ; sie mussten bald inne werden, dass
sie für ihren Auftrag zu spät kamen. Der weitere Gang der Ver-
handlungen^ ist nicht bekannt ; nur so viel steht fest, dass, da
man dem Dauphin doch wohl nicht zunmten konnte, den geschlos-
senen Frieden mit den Eidgenossen zu brechen, man wenigstens
von ihm zu erreichen suchte, dass er seine schottischen und
1 Unterwegs begegnete ihnen der praeceptor von Isenheim. Schilter
p. 938 lässt die Fürsten auf dem Feld zwischen Breisach und Ensis-
heim mit dem Dauphin zusammenkommen.
2 Es ist mir unerfindlich, wie de Beaucourt IV, 43 die von mir
auf den Nürnberger Reichstag verlegte Instruktion des Dauphin für
seine Gesandten an König Friedrich hierher verlegen kann, da es
sich doch, abgesehen von dem Inhalt derselben, um Verhandlungen
zwischen Gesandten des Dauphin mit dem König handelt, wie schon
die Ueberscbrift instr. aux ambassadeurs de monseigneur le Danlphin,
envoy^s de sa part vers le Roy des Romains deutlich ausweist.
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oiij^liischeh Söiciiit i- in Herzo«^ Albreclits Dienste treten liess;i
aber wenn der Dauphin iii der Hinsicht sich auch aniangs nicht
ahjjeneigt zeigte, so zerschlugen sich schliesshch doch diese Ver-
handlungen. Der französische Prinz ^rar zu keinerlei Entgegen-
kommen erbötig und trollte nichts thun, was einem Dienste
filr das Haus Habsburg ähnlich sah. Konnten die Fürsten
somit die französische WalTenhilfe nicht erlanj^en, so wollten
.sie doch wenijrstens selbst nichts von den Wallen der Arnnafr-
nakeii zu helürcliten hal)en in dein Kriege gegen die Schweizer,
der jetzt auf der ganzen Linie wieder entbrannt wai", und um
ihre Streitkräfte ungeteilt wider letztere verwenden zu können^
schlössen sie mit dem Dauphin einen Waffenstillstand bis zum
22. November, und Kurfürst Albrecht von Brandenburg nahm
mit einem Eifer, der einer besseren Sache würdig war, es auf
sich, auch den Keichsfeldhauptmann Kurfürst Ludwig von der
Pfalz zum Anschlüsse zu bewegen. So sehr blendete diese
Fürsten der Hass «repren die Kidgenossen, die Besoi-^nns v(tr
einem weiteren Llitisichgreifen und einer möglichen Verbindung
derselben mit den Reichsstädten, dass sie lieber den Reichs*
krieg wider die Franzosen hintertrieben, die Armagnaken ruhig
im Elsass beliessen und König Karl den Eroberungskrieg in
Lothringen fortsetzen Hessen, während ein VeF-zit fit dos Hauses
Habshin«^'- auf Ajisprüclie, die doch nicht zu verwH'klichen waren,
den Frieden mit (ier Scliweiz sofort zur Folge gehabt und die
Waffen für den Krieg mit dem Reichsfeind freigemaclit hätte.
Einen ganz ähnlichen Verlaufnahmen nun auch die Dinge auf
dem Reichstage zu N&mberg. Die Rdhen der Anwesenden hatten
.sich immer mehr gelichtet; die Städteboten waren wohl sämt-
lich abgereist ; von mächtigen Fürsten waren nur noch die Erz-
}>ischöfe von Trier und Köln sowie die Herzoge fleinrich imd
Ludwig von Bayern zugegen, und dieser Hnmpfreichstag vei-
absehiedete sich nun am 16. ()ktol>er nat dem nierkwiji'(hpen
BeächlubS; dass die beiden Erzbischöfe von Köln und Trier nnL
anderen ihren Mitkurfursten entweder persönlich zum 11. De-
zember gen Frankfurt kommen oder ihre vollmächtigi^ Send-
boten scTiicken und auch die Reichsstädte ihre Boten mit Macht
dabin senden sollten» um daselbst eins zu werden, wie man
de< tVemden Volkes aus <leni IJeidie möchte entladen wenlen
und das Reich nach Notdurft versorgen.^ Das hiess doch nichts
1 Schreiheti von Andre von Hohieck und Sigmund von Wissperjach
an Herrn Johann von FinsUngen dat. mend n. allerheiligen (Nov. 2):
EinUMliui^ an denselben in Begleitung des Herrn von Bftll (Bneil)
und wer ihm sonst dasn gefällig sei, mit 30 oder 34 Pferden auf
Mitwoch (Nov. 4^1 gen Breisach zu kommen, am über diesen Puuikt
sa verhandehi. Strbg. St.-A. AA 183 or. ch.
2 Janssen 2, 1 nr. Iii.
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anderes, als dass die bereit» beschlossene Sache nochmals be-
i^blossen werden sollte ; inzwischen aber musste der Ausgang der
Verhandlungen mit dem Dauphin ofTenliar werden, und die
Heichshoer fahrt wurde zunäclist ölierhaupt vereilelt ; denn wie
««lltp der srhwertäHige Körper d^^^ Hei« h»«- mitten im Winter
Ki ie^^ tühren ! Es ist daher keine i>i(»s.se X eriuutun«^ mehr, wenn
wir es aussprechen, dass es dein König und seinen lierateui
mit dem Reichsaufgebot überhaupt nicht Emst war, dass das
ganie eitel Spiegelfechterei war, um für den Augenblick die un-
bequemen Klagen und Vorwürfe, hesonders der Reii-hs.städf<>,
verstummen zu machen. Dem entspricht es nun auch, dass
die l>eiden Frzhischöfe sich .nid» ihrerseits wie Kui fOr-l All»rer!it
daniii iiKiehten, dem Kurlin'>leii i.udwijj das Schwell wietler
zu entwinden, welches er schon aus iler Sciieide ziehen wollte.
Und dennoch ist diese Entwicklung der Dinge für uns
schwer zu begreifen ; der König und die oberiändischen Herren
waren doch nicht die einzi^ren massgelienden Personen, und
{5^erade von den ;zeist liehen Kurfürsten halte man annehmen
sollen, d l« vif» <u \i duicli Fnlwirklunj( der Dinge in Lolh-
rifi'Tt'ri uiniiitti-lljar selbst bedrolit ffddten; streiften iknii die
Armai^naken von Metz aus l>emts bis in das Krzi)i&luin Trier.
Ausserdem musste auch nach Nürnberg die Kunde gekommen
sein von dem, was Melzer Aligeottlnete, die König Karl ad
audiendum verbum am !27. September nacii Metz beschieden
hatte, doli von dem Präsidenten des Pariser Parlaments, Jean
Rahafcau, hatten vernehmen müssen, der ihnen, ähnlich wjp
Trahiiel de l>ernes zu Basel, au^einandej-setzte, wie Met/ \ ii
altei'ä her zur Krone Frankreith j^elioi t und die Stadt sich »M.st
während der kriegerischen Bedrängnisse Fi*ankreichs dem schul-
digen Gehorsam entiogen hätte. Das machte ebensowenig Ein-
druck wie die stoiie Antwort des Metaer Ritters Xikulaus Louve,
dass sie lieber alle zusammen sterben wollten, als den Vorwurf
auf sich laden, auch nur ein einzijres Mal U n grossen .Vdler»,
das heisst die Zusaiiimen^hörigkeit lu Kaiser und Heicl». ver-
leugnet zu haben. Wenn s*» die Metzer bis zum äu.s»ersteu ent-
•. )«chlossen waren, an König und Reich lag es wahrhaftig nicht,
wenn sie das äusserste erlitten hätten. Ebenso wie das Hilfe-
gesurh von Toul an König Frie(h icii. so blieb auch das ihrige^
wei( hes sie am 5. Oktober an König Fneilrich richteten» ohne
Wirkung.! Unwillkürlich muss man sich die Frage vorlegen:
war das Reich denn wehrlos'* Gewiss hielt es si*hvver, seinen
schwertalligen Körper in Bewegung zu bringen, zumal der Feitnl
I Relation du siege de Metz par de Saulcy et Hugaeniii; cfr.
Bigot L c. III, 7H: de Beancoort W, 54. Qans lassen sich diese
Lothringer KTeignisse nicht umgehen, weil sie sn charaktmistiach
für die gesamte Lage.
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bereits im Lande stand, aber \iras 30 Jahre später wider Karl
den Kuhnen von Burjifund möglich war, dai> konnte aucli damals
von statten ^ehcn. Zudem war die sonstige La^e keineswegs
ungiinsti^'" ; Fifnikreich war Husserordetiflich friedensbedörfli^»-,
und die Missstimiriun^ ini Lande war gross übep das Untri-
nehmen des Königs, h tu h» Ftankroirh in neue V«M'wj( kliin^eii
stürzen konnte. Dazu kam dte Suaiinuiig /.wischen Kuni^ Karl und
Herzog Philipp von Burgund, die jeden Augenblick zum Kriege
führen konnte, das Verhältnis zu England, das auf keine Weise
einen ^'^osicherten Frieden verhiess. Diese Verhältnisse, die fiir eine
tliatkräftige Politik so gunstig lagen, sie brachten in den Köpfen
des Könijis und seiner Kat^neber eine ganz andere Berechnung
hervitr, <lass es sicli doch nur um einen augenblicklichen Sturm
haiidie, den man am besten ruliig austoben üess. Da sie nun
«inmal da waren, die Arniagnaken, vom König selbst ins KIsass
berufen, unaufgefordert in Lothringen eingedrungen, nun, so
beliess man sie, wo sie waren, und wartete ruh ig, ob sie im nächsten
Frühjahr nicht von selbst wieder abzogen. Wozu sich da noch
anstrengen und gar ( )pfei- bringen ! So harmlos or^t hien diesen
Fürsten das Treiben dei Arma^nakeii, dass der Krzbiscliot von
Köln sieh selbst mit dem Gedanken trug, diese Banden wider
die Stadt Soest in seine Dienste zu nehmen. i Wir mu.ssen
wahrlich unser günstiges Geschick preisen, dass einstweilen die
Verhältnisse den König Karl zwangen, Wasser in seinen Wein-
zu giessen; König Fricdriehs und seiner Ratgeber Schuld war
es wahrhaftig nicht, dass nicht schon damals Elsass und Lotti-
ringen dem Reiche verlort^n ging-en.
Mit jugendlichem Eiter iiatte sich inzwischen Kurfürst Ludwig
der schweren Aufgabe, das Reichsaulgebot ins I^ben zu rufen,
unterzogen ; er ahnte nicht, welche Schwierigkeiten ihm von
denjenigen gemacht werden würden, von denen er am erss^ten
Hilfe erwarten durfte. Mit Recht war er der Ansicht,* dass es
zunächst darauf ankam, eine ausreichende reisige Truppenmacht
ins Feld rn stellen, fmi rien Sti*eifereien des Feindes ein Ende
zu mactien, und so liieit er an dem kleineu Anschlag fest: dus
Hauptheer >(»llli' sieh dann gemäss dei' letzten Bestimmun^^
Mitte Novemlier um Speier sammeh». Weltii bitteie Enttäu-
schungen sollte er aber erleben I Alles ging einen Schnecken-
gang; seine Bestallung als Feldhauptmann erhielt er Oberhaupt
erst am 13. Oktol>er, und eher hatte er nicht die Befugnis, daa
Reichsbanner aufzuwerfen und zum Feldzuge aufzubieten. Am
17. <1kfnher ged:ichle er mit meiner reisigen Schar zu Germers-
heiin zu sein, dort weiteren Zn/n^ abzuwarten ; Sh assburg sollte
inzwisehen die Mannsctiafteu fesllialler», ihe sicii auf Gebeins
> Janssen II, 1 nr. 114.
* Schreiben an Strassbnvg vom 7. Oktober AA IBt.
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— m —
des Königs zur iesl-esel/.loii Zeil dort jiesiiiumelt hätttMi^. Es
kam alMM- niemand, ausser den Reichsstädten, die ^'lösstenteilSj
wie es sclieint, die ihnen auferlegten Beisi<^en, wenn auch
säumij; gen Strassburg sandten.' So beä4:l)ied sicii dann auch
- der Kurförst, einstweilen zu warten^ bis das Hauptheer zusammen-
getreten wäre. Zuvor aber sollte zu« Speier am 29. Oktober ein
Tag stattfinden, und hier sollte der Feldzugsplan wider die
Arniag:naken fest j^-^esf eilt werden.* Inzwischen aber hatte sich der
Kurfürst zu riPi-mprsfuMm Pw^^nrli»"^ der beiden geistlichen
Herren von liier und kuln zu erheuen. Beide waren aus den
deutbi h-lranzüsischen Grenzlanden gebürtig, der eine Jakui>
Herr von Siei*ck, der andei^ Dietrich Graf von Mdrs, und schon
deshalb dem Herzschlaf^ nationaler Empfindung: wenig zuganglich;
in ihrem Gefolge befand sieli bezeiciinenderweise eine franzö-
sische Gesandtschaft.* Beide baten ihn, den Feidzug^ aufzugeben
und sie mit der Krone FraTikreit h unterhandeln zu lassen, ob
man nicht das fremde Volk uohne <;ross Bkitverjilj'ssen und Ab-
gang des Adels» aus dem Reiche bringen möchte. Der Kurfürst
. aliei", der bereits ahnen mochte, was im Werke war, beharrte
dabei, ins Feld zu ziehen, auf das» männiglich sehen möchte,
dass es nicht seine Schuld wäre, wenn dem l)ösen Volke kein
Widersland t;eschähe.s Hieraiso abgewiesen, gedachten die beiden
Ei'zbischöfe, die so eifrig für den König von Frankreicli die Ge-
schäfte machten, ihr Glück bei Strassburg zu snrhen, und baten
die Stadt von Germerslieini aus am 25. Oktol)er um Geleit für
sich und die französischen Gesandten, die sie mitbrächten.«
1 Schreiben an Strassburg vom 14. Okto^pr.
2 Der schwäbische Städtebiind kimdigto ;uri 4. Oktober Sendung
von 1200 oder 1300 halb reisigs gerittens gezügs, halb Büchsen- und
Armbnistsehützen an, die ani §8. Oktober in StraBsbarg sein sollten.
AA 189. — Frankfurt bittet am 16. Oktober Strassburg um Quartier
für 40 Reisige; Speier kündigt am 15. Oktober an, dass es mit Pf.
Ludwig an 40 Pferde senden werde unter Befehl des vesten knechtes
Bnrckurt Starmfeder. AA 189* — Nfimbers sandte 60 Pferde unter
Befehl Werners von Parssperg. Deniidie äftdtechroiiiken III, p. 8^
Vgl. auch Schreiben Angsbnrgs an Herzog Albr. von Bayern vom
2. November; Ein Diener der Stadt sei am 31. Oktober von Strass-
burg gekommen und kabe gemeldet, m von Fürsten nnd Herren
niemand zu Strassburg sei, weder mit Rasigen noch mit FassTolk
nnd auch niemand kommen werde : sei lediglich der Städte gesnig
za Strassburg. — Augsbnrger St.-A. IV p. 84.
» Schilter 998. — AA 181.
^ Woher sie kam, ans welchen Personen sie bestand, vermag ich
nicht zu bestitnTnen. Möglicherweise war es die köiiigHche Gesandt-
schaft, die nach der des Dauphin in Nürnberg eingetroffen war nnd
nun unter dem Schutz der beiden Erzbischöfe zurückkehrte.
» Bericht der Strassbnrger Abgeordneten anf dem Speirer Tag
bei Schilter 990.
« AA 183 or. ch.
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— i03 —
Das Herz lacht einem im Leibe, wenn man sieht, wie die
kerndeutsrhe wackere Stadt sich zu den l)eiden halbwelschen
Geistlichen stellte. Kür die französisrtion Gesandten schlu«»'
sie da.s Geleit runtiwHL^ ab, und so mussten die beiden Kur-
fürsten sich bequemen, allein nach Strassburg zu kommen. '
Hiei* ^viederholten sie ihre Bitte um AufDahme der firanzösischen
Gesandten und stellten an die Stadt das gleiche Ansinnen wie
an Kurfürst Ludwif^, dass sie in Unterhandlungen einwilligen
m(')chte, damit der Dauphin und das fremde Volk aus dem
Reiche kämen. Das lehnte die Stadt aber in der schroffsten
Weise ab; «denn sollte solche ünterhaiidlung bei odei- von ihnen
geschehen, das müsste der Stadt in deutschen I.anden ImM-n
Ruf erwecken». Gleichzeitig gab Sirassburg der Hollnuiii; Aus-
druck, dass beide FGrsten als swei der tidehsten Glieder des
Reiches helfen würden, des Volkes Uebelthat und böse Sache
mit dem Schwerte zu richten;* sobald man nur dem N^um«
berger Anschlage nachginge, würde man binnen acht Tagen
des nnnfit7en Volkes ledig werden können. Dazu aber waren
die i)ei(Jen Kurfürsten nicht genei^-^t und fuhren zu Schiff
rheinabMÄrts. Ebenso wacker iiess sich Strassburg vernehmen,
als es um diese Zeit Nachricht erhielt, dass der Dauphin
nächstens beabsichtige, eine Gesandtschaft an Strassburg, Colmar
und Schlettstadt zu schicken, die mit diesen Städten verhan-
deln sollte, dass sie ihn und sein Volk während des Winters
in den gewonnenen Platzen ungestört lie.ssen und ihm Proviant
und Kriegsbedarf verkauften ; es erklärte an Schlettstadt, dass es
darüber keinerlei Rode hören oder übeihaupt nur einen Ab-
gesandten des Dauphin einlassen wollte ; «daii an iren Sachen
weder gloube noch getruwen ist; was sie ouch versprechen,
verbriefen oder versigeln, haltent sie nit».'
Bald musste sich zeigen, ob Strassburg allein stand mit
seiner wackeren patriotischen Haltunj^: oder ob sich wenigstens
die benachbarten Fürsten und Städte wider den bösen Feind
zusam nienscha leii wi i rden .-^
Der Tag von Speier stand unmittelbar l^vor, auf dem nun
die letzten Beratungen über den Feldzug, zu dem Kurfürst
1 Cfr. namentlich das Schreiben Strassburgs an Schlettstadt vom
3*^. Oktober bei Hugot oxtraits (Mannskript auf der Hagenaner Stadt-
bibliotkek). Fortsetzaug des Königshofen bei Schilter \)'dö hat diesen
Bxiif mm Teil wörtlich übetnommen.
> ßchilter p. 988.
9 Damit verknüpfte Strassburg die Bitte, dass Schlettstadt sich
ebenso halten und dies SchreibMl auch an Colmar mitteilen möchte.
■* Für dns Fol^reiide vgl, ausser dem citierten ^^ericht der Strass-
burger Abgeordneten auf dem Tag zu Speier das Schreiben von Mainz
an Augsburg dat. qainta fer. p. omn. storum. iNov. 5). — Angsburger
St-A. LittenHen or. eh.; ebenso Seliilier p. 9jK^.
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— 104 —
Ludwiji: schon allenthall)en aufgellten hatte, stattliiiden sollfen.
Der Taj,^ war im Verhähiiis zu <Jer Wiehl ijjkeit des Gegenstan-
des nur schwach l>esucht, aulTallend war l)esondcrs der geriefre
Besuch seitens der Elsässer Heichsstiinde. Zujjeg^en waren der
Kurfürst von Mainz, Kurfürst Ludwi'>, sein Onkel Pfaizjjraf Otto,
der Hischiif von Speier, Graf Ludwig von VVnrttemljerj^, der Graf
Von Katzenelnhogen nehst vielen anderen Grafen, Herren, Rit-
tern und Knechten; an Städten waien vertreten ausser Strass-
hur^ Speiei", Wcirms, Mainz, Frankfurt, Nürnher^^, Wimpfen,
dazu der schwähische Bund durch zwei Ahgeordnete. Die Ver-
samndung wurde eröffnet im Namen des Kurfürsten Ludwig
durch den Grafen Hesse von Leiningen mit einer Auseinander-
setzung üher die gegenwärtige Lage, wol)ei auch der Antwort
des Kurfürsten Ludwig an die Er/hischöfe von Trier und Köln
gedachtx wurde. Während der Rede kamen Schreiben von
Herzog AIhrecht von Oesterreich und Kurfürst AIhrecht von
Brandenhurg. Beide baten um Aufschub der Verhandlungen bis
Freitag den 110. Oktober, indem der Herzog die bevorstehende
Ankunft einer Botschaft, der Kurfürst sein jMirsönliches Er-
scheinen in Aussicht stellte. Die Mehrheit der Versammelten
wollte so lange warten ; Kurfürst Ludwig aber setzte es durch,
dass man trotzdem in die Beratungen einging. Es wurde dar-
auf ein engerer Ausschuss von Räten der Fürsten gebildet, wozu
etliche von den Herren und vier von den Slädtelwten hinzu-
traten. Jetzt wollten der Fürsten Räte wissen, was die Städte
zu leisten gesonnen wären, so wollten auch die zu Speier an-
wesenden Herren nach ihrem Vermögen dazu tliun, und da-
nach sollte dann der «Anschlag» entworfen werden, wie man
sich im Felde halten wollte. Da zeigte sich nun das alte Leljel
l»ei den Städten, und die Aufstellung von zwei Anschlägen zu
Nürnberg trug ihre bitteren Früchte.
Etliche der Slädteboten wollten nicht mehr Iwwilligen, als
in dem kleinen Anschlage vorgesehen war, einige waren wieder
ohne ausreichende Vollmacht, andere vertrösteten den Kur-
fürsten damit, dass man sicherlich, wenn der Krieg nur erst
im Gang wäre, noch eine grössere Trupp(;nanzahl ins Feld
stellen würde; vor allen andern Dingen aber war für die Städte
massgebend, wie sich die Fürsten selbst zu dem grossen An-
schlage stellen würden. So ging scium jetzt alles auseinander,
ond die Abge.sandlen Strassburgs in ihrer Besorgnis, der Feld-
zug könnte nicht zu stände kommen, baten den Kurfürsten, dcM^li
ja bei seiner Absicht zu verharren ; Strassburg werde ihm mit
allen Kräften Beistand leisten. Dieser, schon entmutigt, erbat
sieh Bedenkzeit bis zum Samstag, un<l an eben diesem Tage
kam nun auch der Kurfürst AIhrecht gen Speier, der nun
seine IJeberredung^skünste l»ei dem Pfalz^irafen versuchte. An-
fangs vei harrte der- Kurfür.st i***»^ der Meimin;: Slrassburj^s, das
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— 105
den Nürnberjjfer Anschlo^j ausgeführt haben wollte. Wie nun
aber Kurförst Albrecht meinte, dass man vorher sollte die
Güte vor die Hand nehmen, damit werde man mehr ausrichten
als mit Gewalt, als dann der Erzbischof von Mainz und andere
dem Kurfürsten Alhnn lit heistiinniten und alle Hille abschlu*j:en,
wol'ern man nicht vorher die Güte versuchen würde, » da «^ah
der Pfalzj?raf kleinmütig^ ?ifich, anstatt seine Macht mit der des
waffenge wältigen SUassburg und dei übrigen Reichsstädte, die
so sehnsüchtig nach ihm als ihrem Obei*land\ ü^i und Besehütxer
aussf^aaten, tn vereinif^n und wider die Armagnaken zu Felde
zu zielien. Nur das machte er zur Bedingung, wenn die in-
zwisclien einzuleitenden Verhandlungen mit dem Dauphin über
seinen AIk/m^'^ keinen Erfolg haben würden, dass dann der Keld-
zug gemäss dem grossen Anschlage anfan^is Dezember unweiger-
lich von statten gehen sollte. Indessen kamen nun zahlreiche
Mannschatten aus den anstossenden Landschaften gemäss dem
Ausschreiben des Königs um Mitte November zu Speier zu-
sammen, zoin^en von da nach Strassburg und warteten daselbst
auf Kurfürst Ludwig, der ihr Hauptmann sein sollte;* als sie
al>cr sahen, dass niemand begehrte, si( h ihrer anztmehmen, da
Zügen sie wieder zurück ; «Ips^en din von Strasshuiir sehr un-
willig wurden. Das war die ers^te Folge der traurigen Haltung-,
welche König Friedrich und seine Raigebor beliebt hatten ein-
zuschlagen.
Am 15. November trafen darauf Herzog Albrecht von
Oesterreich, Markgraf An)recht von Bnindenbui^,^ Markgraf
Jfikob von Baden und Graf Ulrich von Wurllemberg' in Strass-
burg ein ; zu ihnen gesellten sieh ausserdem nocli Kurfürst
Ludwig von der Pfalz und sein Oheim Pfalzgraf Otto, um, wie
verabredet, zu Roslieim mit dem Daupliiu zusammenzukutamen.
K\n Herold, den sie dorthin sandten um frei Geleit, fand nur
den Marschall von Frankreich vor. Der Dauphin, hiess es, sei
nach Mfimpelgart zu abgereist ; er hatte es nicht der Mühe
wert gefunden, die Fürsten davon zu verständigen. Diese
Missachtung maclite auf die Fürsten aber ebensowenig Eindruck
als die Kunrle, welche der Bischof von Slins^huig über den
Ausgang seiner Mission an König Karl iliuen brachte. Der
ßiscliof hatte sich bei dem Vater über den i^ohn beschweren
1 Scinlter 1007; (V\p liier erwähnte Gegpiix^ art des Marli •j;rnfen von
Buden und des Graieii von Württemberg ist aber sonst niclit bezeugt.
— SchreilMtt des Pf. Ludwig an Strassburg vom L November. AA 181.
2 Ulm nahm aus dem Aufschub des Anachtages bis Niclas (Dec« 6)
Veranlassung, sein reisig gezüg und Fussvolk sofort abzuberufen; selbst
die 50 Büchsen* und Armbrust schützen, die es im Anfang der Sachen
da gehabt hatte, hätte es gern zurückberufen. Schreiben an btrass-
bnrg vom 6. NoTember. AA \8B.
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— 100 —
soUen; er mus:)te aber iioren, dass der Köuig das Verhalten
seines Sohnes vollkoramen billigte. > Uebertiaupt war die Miss^
achtun^^, welche König Karl gegen die Person seines köni<^'-
Jichen Bruders an den Tag legte, wo möglich noch grösser als
die s*iines Sohnes gegenüber den erwähnten Ffirslen. Noch
auf dem Heichstnjre zu Nürnh<M<i hatte sich Köni;^ Friodrich
zu einer grossen Thal aufgerafit und — König Karl energische
Vorstellungen gemacht über sein Auftreten in Lotiuingen und
ausserdem die Röckgabe von £pinal verlangt. 0ie Antwort des
Königs darauf vom 14. Oktober ist barer Hohn.* Jedermann
weiss, schreibt er, dass er seit seinem Einmärsche in jene
Gegenden niemand ein Unrecht zugefugt und ebensovi*»! Milde
als Mässigung an den Ta^ gelegt hat; er ist daher in hohem
Grade erstaunt filx'r die Klagen, welche die Schollen von Toul
gegen ihn bei Konig Friedrich erhoben haben, noch mehr aber,
dass der König so leicht dem, was jene geschrieben, Glauben
geschenkt hat. Um endgültig auf das Schreiben des Königs
zu antworten, erklärt er, dass er in keiner Weise wider Recht
und Gerechtigkeit gehandelt, sondern lediglich von seinem
Piechte Gebrauch gemacht hat olme l^eeinträi htigung weder des
Königs noch sonst irgend jemands. Die fiewoliner von Epinal,
welche seit unvordenklicher Zeit das Recht gehabt haben, ihren
Herrn zu wählen^ haben ihn in ihrer grenzenlosen Not, von aller
Hilfe beraubt, um Beistand angefleht; den hat er ihnen nicht
verweigern können. Auf ein stürmisches Meer geschleudert,
im BcfirifTe unterzugehen, sind sie zu ihm geUommen, und er
hat sie gnädig aiifgenornrnen. Nennt König Friechich das die
Leute quälen und vergewaltigen ? Kann man derartige Vor-
würfe an ihn und die Seinen richten? Keineswegs. Es ist die
Pflicht der Könige, die Unglücklichen lu schätzen, die 'Unter-
drückten emporzurichten. Auf solche Weise gedenkt er seinen
Ruhm zu vermehren und seinen Namen berühmt /u machen.
Danach kann man ermessen, welche Aufnahme der Rischof
am französischen Hofe gefunden haben mag. Noch von einer
ainitMen Seite hören wir, welcher Wind doit wehte. P^rzbischof
Jakol» von Trier halte, wahrscheinlich nachdem der grosse An-
schlag auf dem Tage zu S)ieier zum Scheitern gebracht war,
einen Gesandten an König Karl geschickt, vermutlich um ihn
davon zu benachrichtigen , das war Peter von Hasselt, Kanonikus
von Xanten, zum Unterschiede von seinem Herrn ein kern-
deutscher Mann. Per meldete am \). November : König Karl
habe gesagt, er wolle für deutsche Freiheit und deutschen
1 IStia.ssburg au Speior dat. 24. November hei Wülcker 53.
^ Das Schreiben bei de Beaucourt IV, 62; auf beide Schreiben
^ • ist Bezug genommen in dem Briefe Friedrichs an Kdnig Karl von
^ Ende Dezember bei Sehüter 944»
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i07
Adel wider das Haus Oesterreiclr kämpfen. Da meint man
wahrhaft!;;» liereits die violherüchtigte deutsche Libertät dos
sochzehnton und siebzoluiteii Juhrhunderts im Munde fmii/o-
sischer Gesuiidten an deutschen Fürstenhöten zu veruehnien.
Weiter heisst es dann, König Karl solle gesagt haben, er wolle
dem Hause Oesterreich in Ungarn ein Spiel spielen, dessen
es sich nicht versehen werde; ebenso soll der König gesagt
haben: Frankreich müsse das Land bis an den Hhein haben,
und er furcht«' die deufsclieii Füi-sten nicht, die wollte er alle
schlagen, einen nach dem nndern, nl er er furchte die St-hlte
und Bauern. — Wir wollen diese letzlere Aeusserun«^ dahin stehen
iassen; aber wohl thul es einem, wenn der Mann dann fort-
fährt: was, lieber Herr, die schändlichen Fransosen im Reiche
zu thun haben, mag ich fürwahr nicht erkennen, und meinte,
man sollte alle vertreiben ans dem Reiche. >
Leider war das nicht die Stimmung der Fürsten; elienso-
wenig macht'^ e^ auf <^ie Eindruck, dass di»^ Sendung des liischofs
völlig gescheitert war. Das einzig^e, was der Gesandlr erreicht
halte, war ein Schreiben l\t>nig Karls, worin er m tierseihen
Weise wie sein Sohn auf die Klagen des deutschen Herrschers
in der Weise antwortete, dass er die Beschwerden wegen des
Auftretens wider Metz, Toul und Verdun einfiich überging und
Friedrich dort festnagelte, wo er ihn festnageln konnte, dass
er ja selbst die Schinder ins Elsass herbeigerufen und durch
die Nichterfüllung der getrollenen Abmachungen an allen Febeln
Schuld trüge. Von Wiclitigkeit aber war es, wenn nun der
französische Herrscher König Friedrich anhei instellte, entweder
durch seine und der Kurfürsten Gesandtschaft die bestehenden
Zwistigkeiten zu beseitigen oder aber einen Tag «an den Rhein
ztt machen», zu dem er dann seine vollmächtige Botschaft sen-
den wollte.'
Für jedermann ninssle es jetzt klar sein, was Frankreich
l>ez\veekte; dass der Dauphin persönlichen Unterliand1ur»gen aus-
gewichen war, dass König Karl jetzt neue diplomati.M he Unter-
handlungen vorschlug, die in der bt^kaiinten Weise <ler Reichs-
tage endlos hingeschleppt werden konnten, hatte keinen anderen
Zweck, als die Dinge so lange hinzuziehen, bis die Jahreszeit
die Kriegführung völlig uiunoglich machte; dann musste man
wohl oder ul)el die Schinder in ihren Quartieren belassen.
Man wurde der Einsicht der Fürsten zu nahe treten, als ob
< Janssen, Frankreichs Rheingelüste p. 5.
2 Das Schroihpn selbst ist nicht weiter bekannt ; Köllig Friedrich
giebt aber eut^precheud dem damaligen Briefstil eine kai-ze Inhalts-
angabe in seiner eitierten Antwort an König Karl und in seinem
Aasschreiben zu dem betreifenden Reichstag vom 1. Januar 1445 l»ei
Schiker 946.
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— 108 —
sio das nicht selU^ i^ouuHsf häft«Mi ; iiocli war es Zeit» und
kuiiürst Ludwig drang nun daraul, dass jetzt endlich mit dem
Anschlage £rn8t gemacht wQrde, aber die öbngen Forsten
dachten, wozu sich weiter anstrengen; es waren sihhesslich ja
nur Bürger und Bauern, die unter dem Treiben der Schinder
h'tten. Wiederum wurde die Sac he auf die lange Bank «ge-
schoben. * Zu dem Zwecke wurde zu dem niemals versandenden
Hilfsmittel der Tage die /utluclit j^enommen. Aul (len 30. No-
vember war ein Tay zu Bruchsal durch den Pfaiz^iat'en an-
beraumt, der ausser von den Räten der Markgrafen von Bran«
denburg, Baden und der Grafen von Wärttemberg von den
Städten Strassburg, Hagenau und Weissenburg besucht war;
<ler Tag wurde dann nach Keidelheim verlegt, wo auch noch
Bot>;rhnfter aus Hessen, Sarli-^eü und den schwiibischen Städten
erwartet wurden.* lieber dn' J Wvschlüsse verlautet nichts; das
ist auch kein Unglück: gewiss waren sie wie die anderen.
Und um alle Bedenken zu heben« wollte es der Zufoll, dass,
als nun der Zeitpunkt fOr das Reichsaufgebot herangekommen
war, glei( li/eitig der Winter mit solcher M i ht liei einbrach,
dass sicli weder Leute noch Vieh im Felde eihalten konnten.*
Damit wurde der Feldzug wider die Schinder endgtiltig zu Gnl e .
getragen ; der laut Reichst.agsai>sctued von Nürnberg aut lien
11. Dezember nach Frankfurt anberaumte Kurfürstentag gab
ihm das Geläute« An sich ist es überflüssig, aber nachdem wir
so viele sachliche Beschlüsse von Tagen kennen gelernt haben,
wäre es doch sciiade, wenn wir nicht auch von dem erführen,
was jetzt die Gesandten von Mainz, Köln, Trier, Pfalz und
Sachsen von wegen des welschen Volke< heschlos?«n: da von
einigen Kurfürsten ein Tag nach Mergeiitiieini auf den 30. De-
zember angesetzt ist und ferner ein Tag zu Trier in dei*selbeD
Angelegenbeit stattfinden soll, so haben sie bis zu denselben
Tagen tir fumemen offgeslagen». * Inzwischen hatte Erzbischof
Jakob von Trier bereits die Geschäfte gemacht.
Es war alles nach Wunsch gegangen ; die Reichsheerfahrt
war gescheitert, keiner der Fürsten brauchte in seinen Säckel
zu greifen und Aufwand machen. Jetzt war es an der Zeit, mit
1 de Beanconrt IV, 44 lägst von hier den Bischof von Augsburg
sich zum Dauphin nach Ensisheim begeben ; die Quellen gewahren
hierfür keinerlei Anhalt. Man wüsste auch nicht, was doi Bi>nhof
nochmals beim Dauphin ausnciiten sollte, and noch viel weniger,
was bei König Karl wo. suchen wäre, zu dem de Beaueonrt einfach
einen Teil der königlichen Gesandtschaft surfickrdsen läset
3 Bericht des Strassburger Abgesandten Lienlinrf Drachenfeilss
Altammeister an Strassburg vom BO. November. AA 1^ or. ch.
8 Schilter, p. 939.
* Schreiben des Nürnberger Abgeordneten Berthold Yolkmer an
Mmberg vom 17. Dezember hei Janssen II, 1 nr, 119.
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— lüi) —
dam König in Unterhandlungen zu treten, dass mit Beginn des
Frühlings wenigstens die Schinder das Land räumten. Zu dem
/wecke begab sich der Erzbischof zu König Karl nach Nancy«
Die Verhandlungen waren glatt; es war ausserordentlich liebens-
würdig, dass der Köni^ die Ausschrei tuDijen seiner Truppen
yjedauerte, aber wählend des Wintere könnten sie docii nirgend
anders wohin kommen. Das war auch die Ansicht des Erz-
hischofs; es war selbstverständlicti, dass die Armagnaken während
des Winters im Lande blieben. Es wurde verabredet, dass am
21. Dezember Kurfürst Ludwig seine Botschaft zu Trier haben
sollte, wo mit königlichen Gesandten die näheren Bedingungen
des Abzuges festgestellt werden sollten. Wenn «rleichzeitig vor-
jiesehen wurde, d;iss VeiMbr''»! untren getiuflen werden sollten,
damit die ArmHgnaken niiL linen Quartieren nicht weiter um
sich griffen, auch keinen Schaden mehr anrichteten und beim
Abzug sich aller Schädigung an Städten und Schlössern ent-
hielten,' so hiess das bloss Sand in die Augen streuen; das
Gericht, welches König und Fürsten dem Elsass beieitet hatten,
sollte bloss etwas schmackhafter gemacht werden. König Karl
wusste el>ensnw()lil wie der Erzbischof, dass solches bei Banden,
wie die Schulder waren, gar nicht (iuix"hführbar war.
Das Unglaubliciie war also wirklich geschehen ! Den ganzen
Winter über sollte das unglückliche Land den furchtbaren Feind
noch ertragen ; niemand im weiten deutschen Reiche röhrte sich,
die durch Hunger nnd Kälte arg geschwächten Armagnaken aus
tlem Lande zu verjagen. Nur die Städte hatten sich innerhalb ihres
beschrankten Gesichtskreises zur Hilfe bereit erklärt und die-
selbe auch geleistet. Die Eibitterung gegen König und Fürsten
iuussle noch steigen, als nun auch diese Mannschaften, nach-
dem the Reichsheerfahrt endgültig aufg^eben war, heimwärts
zogen. Die, weldie die Fahne des Widerstandes noch hoch
trugen, waren also ganz allein auf ihre eigene Kraft angewiesen.
KAPITEL IX.
Das Treiben der Schinder im Elsass und der
• kleine Krieg wider sie. Der Friede zu Trier.
ff Ich horte und sah so grässliche und grausame Handlungen,
wie sie niemals gehört und gesehen worden sind von liegend
jemand, und nicht möchte ein Mensch es fertig bringen, jene
Marlerarlen m ersinnen, welche sie an den armcTi Leuten aus-
üben, die in ihre Hände lallen ; waiirliailig, ich zittere, so oft
1 Hagenau aii btrassburg. dat lä. Dezember bei Schilter 059, —
AA 192 or. ch.
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110 —
ich nur dtiran denke. » So schildert uns der Präzeptor von Isen-
faeiitty jener gewiss unparteiische Berichtei-statter, das Tretben
der Armagnaken. nachdem er drei Tage lang mitten unter
ihn^n hei ihrem Einmarsch in die Grafschaft Mümpelg-art ver-
weilt liatle. Wenn de» ieinffihlende Mann davor zurückschreckte,
das grässhche Schauspiel, das sich ihm darbot, näher zu ht-
&chreil>en, so sind zwar unsere Chronisten aus härterem Stolle,
aber auch sie betonen, dass sie sich davor stiioben, alles das
zu erzählen, was jene Scheusale getlian ; und doch ist in ihren
Erzählungen und in den sonstigen Berichten gar manches, was
wir Bedenken tragen müssen dem Leser anzuvertrauen.
In dieser Zeit,* wird uns lierichtet, getiahrtcn sich die
Armngiicikcn, als oh das Land heidnisch und die Leute darin
alle unL(läuhig, Mörder oder Ketzci wären; denn sie öciionten
nieiaami, weder in Kirchen, Klöstern, geweihten und gefreiten
Orten, noch in Städten, Dörfern oder auf dem Felde. Wo sie
die l^ute antrafen, Geistliche oder AVeltHche, Priesler oder
Laien, Männer und Frauen, Knaben und Töchter, Alt und Jung,
da schlugen und stachen sie vi<=lp m Tode; etlichen rissen sie
die Kehle ab, andere schlugen und stachen sie übel wund und
lip>:s(»n sie für tot lie^aen. Seihst in den Kirciien stachen sie
die Leute /u Tode und schütteten das heilige Sakrament aus
und nahmen die Monstranz; ebenso verfuhren sie mit dem
heiligen Oel. Auch nahmen sie alle Kelche und Kleinodien und
Heiltümer mit Silber beschlagen und fingen die Priester und
schätzten sie um Geld; denn all ihr Sinnen und Trachten war
auf Gut gerichtet. Frauen und Jungfrauen, Jung und AlL d;is
Kind in der Wiege musste sich tVeilösen. Seihet die Kmd-
betterinnen waren nicht frei; sif waifen sie aus ihren Betten
und begingen ihren Mutwillen mit ihnen. Manche fromme Frau
und Jungfrau haben sie geschändet und mit ihnen gelebt nach
ungewöhnlichen Dingen, dass sie tot und gestorben sind, und
sie haben junge Töchter, die da uidet ihren Jahren waren,
übel behandelt, dass sie starben und Märtyrer wurden. 2 Die
alten Weiber aber wurden zu Rnninpns(']nv{>n;j[plt) geinadit. Dif
("rf'fani^vnen marterten und peinigten sie jamnierlicli ; etliclien
banden sie Hände und Fusse zusanunen und Hessen sie also
gebunden Tag und Naclit liegen, dass ihnen die Haut und das
Fleisch über die Bande gross aufschwoll und grosse Blattern
entstanden, und vielfach drangen die Bande durch das
Fleisch bis auf das Gebein. Etlichen schlugen sie Hände
1 Die folgende DaistGllnng beruht hauptsächlich auf den Er-
zählungen der Fortsetzungen Königshofen bei Schilter und Mone
und der Chronik des Maternus Berler im Code historique de Stras-
bourg IL-
& Cfr. hierin auch Wnlcker.
k. Digitizeci by Google
— III
und Füsse durch so enge Lficher in HöUem und Dielen, dass
die Glieder \vnnd wurden, und so lagen ieinzelne so Inn^^c, dass
sie i\ov Marter halb starben; andere töteten sich selbst, da sie
sahen, <la.ss sie doch gelähmt waren. Oft auch scbio-Ncn sie die
Leute in g^rosse Kisten; darhk mussten sie liegen la^ und Nacht
in grosser Pein und lularter, dass viele darin starben tnid er-
stickten. Da vieliach die Mßhlen zerstört vmren, so richteten
sie viele Mühten ein, die man herumzog wie einen Senfstein.
Da mussten die Gefangenen tags die Müiden lierumziehen —
. wie das heutzntriLre vielfnrh von Pferden und \u l»arbanscliei-
Weise von Hunden zuwnlen »icschiebt — niui ilinen all ihr
Korn mahlen. <fUnd wenn einer also «leu Tag über gezogen
hatte, das-s ihm der Biutschweiss über den ganzen Leib rann,
80 musste er des Nachts dann wieder in die Kiste; die war
ihm dann aber zu eng und er konnte sich nicht darin strecken»
und dazu gaben sie den Gefangenen nicht halb satt za essen.
Was man aber den Schindern eif,''entlich am meisten zurn Vor-
wurf machte, war, dass sie von ihren Gefangenen ein Lüse^'^eld
lorderien, welches dieselben in den meisten Fällen selbst mit
Preisgebuui^ ihres ganzen Vermögens nicht erschwingen konnten,
und so sahen sie sich rettungslos der ärgsten Peinigung preis-
gegeben. Oft genug kam es auch vor, dass, wenn einer nun
wirklich ausgeldst werden sollte, der Ueberbringer des Gekles
von anderen Armagnaken ausgeplündert und ermordet wurde.
In dem strengen Winter erstarrten aurti einzelne Oefan^iene
vor Frost, anderen froren Füsse und Zehen ah; denn s h l l
sie jemand gefangen hatten, zogen sie ihm seine Kleidei-, Husen
und Schuhe aus und legten ihn so nackt ins Gelangnis. Andere
Unglückliche verbrannten in ihrem Kerker, wenn die Böse-
wichter bei ihrem Abzüge die Häuser anzündeten, ohne ihren
Opfern vorher die Bande zu lösen. So waren diejenigen noch
j^lücklich zu preisen, welchen es vergöimt war, mit Weib und
Kind -<n\< den von den Feinden besetzbMi Oiten <b\s nackte
Leben zu retten, aJier wenn nie dann hilflos nniiieriirend an
solche PliUze kamen, die sich wider den Feind gehalten hatten,
80 wurden sie vielfach schnöde zurückgewiesen, indem man sie
des Verrates bezichtigte, weil sie die Armagnaken eingelassen
hatten. Und so mussten sie dann den Wanderstab weitersetzen
wie die elenden Wanderer, die man nennt die Heiden,! und
weiter in fremde I*mde /ieben, schreiend und weinend und
sich von Almosen nährend, svahrend sie d^rh (Int «renug ge-
habt hatten, das jetzt die armen lietken vergeudeten und ver-
prassten.
So trieben es die Armagnaken an zwei Monate, ohne dass
sie eigentlich irgend einen Widerstand ausser bei den Reichs-
1 Zig»uner.
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s(ij<iten fanden; und man muss sich immerhin ikhIi or^Uiunt
Irajicn, wie es kam, dass die sonst so walTent'i'ohe Bt'völkerunjr
sii.il SU willenlos unter dies Joch heiif^te. Da ist ducli zu er-
wägen, dass «icht bloss der Adel die Armagnaken als seine
Bundesf^enossen betrachtete, sondern dass sie auch dem ge-
meinen Mann als Freunde und Verbundele wider die Schweizer
erschienen. Ais solche wurden sie begnisst und im Sundgau und
in den Waldstädten aufgenommen. Einiges wollte man gewiss
^ern von dieser wilden Soldntesk i hinnehmen, wenn man nur
dadurcii vor ilen Scli Weizern Ijewalirt blieb, die man ebenso
selir liasste türclitete. Wie wären .sonst die so angstlichen
Stadle dazu gekommen, den Armagnaken die Thore zu öflnenl
Man täuscht sich darüber oft und ist woh! geneigt, in der da-
maligen Zeit Zuneigung bei der Bevölkerung für die Eidgenossen
zu vermuten. Liebe fanden diese wildtrotzigen, rohen, raub-
gierigen Ge.sellen nirgentls. In den iUMchsstridten wnnle ihnen
ein«' Mh^stlirhe Aehtun;; ^'^ezollt; unter der oberiändischen He-
\i>lkeiuii^ landen sie eine sehr krrüti'^'e und durchaus herech-
ligle Abneigung. Niclits kann in »liesei Hinsicht bezeichnender
8ein als jene Geschichte, die uns der Foiiaetzer des Königs-
hofen erzählt. Oben im Lande fing ein Geck einen Schweizer;
<ler Geck konnte, kein Deutsch und der Schweizer kein Welsch.
Da kam ein Sund'^auer liinzti, der konnte beide Spi'aelien. Als
nun der Geck den Schweizer hei der (iurgel liatte und HX) Kronen
Jiegelate, da war der Schweizer dessen zufrieden und hätte
auch noch mehr gegeben. Der Welsche fragte imn den Sund-
gauer, was jener sagte, und dieser antwortete : der Schweizer
sagt, dass er keinen PfSennig geben will, worauf der Geck dem
Schweizer die Gurgel abstach. Als n«in der Sundgauer gefragt
wurde, warum er nictil die Wahrheit geredet, .sagte er, er wäre
gut österi eichisch und daher beiden nicht hold gewe<»Mi ; desh.ill)
s«i gönnte ich dem Walen das Geld nicht, SO göim(e ich aucl»
tiem Schweizer das Leben niclit.
In ähnlicher Weise war auch der Widerstand im Qbrigen
Elsass gelähmt. Kurfürst Ludwig hatte allzu sehr gebaut auf die
trügerischen Verheissungen des Dauphin ; wohl hatte man sich
darauf gefassl gemacht, dass einzelne Scharen Sfi-eifziige ins
Land niiternehmen könnten; aber dass der Dauphin, der Freund
des Königs, der für ihn die Schweizer besiegt halte, das heilige
romiitche Reich antasten und das Elsass besetzen könnte, an
diese Möglichkeit konnte oder wollte man nicht glauben. Sonst
lässt sich überhaupt nicht erklären, dass nichts geschdien war,
um die Elemente des Widerstandes, die 4h)ch vorhanden waren,
zu sammeln. Und als nun dennoch das Unerwartete geschah,
war die f iijt> h innner so unklar wie bisher. Niemand kermte
vvivsf^n, \v»'i( iir Veränderung sich in dem Verhältnis zwischen
Konig Frieilrich und Dauphin Ludwig vollzogen hatte; erklarten
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— m —
doch die Ariiiagnakeu sei Ixt, «Irss sie im Naaieu «ies Köni^rK
kamen, dass dieser ihnen das („lud /.um Quartier anj^ewiesen
hätte. Als sich die Lage daim klarte, vvai e:5 zu spät. Der Adel
hielt auch jetzt noch zum bei weitem (^rössten Teile zu den
Armagnaken und erkaufte sich durch feige Unterwörfigkeit
Schonung auf Kosten der übrigen Bevölkerung. Im Unterelsaes
WUT der Krieg immerhin noch leichter zu organisieren ; hier
bildete Strasshurjjr den natürlichen Mittelpunkt alles Wider-
standes ; zu<lem konnten hier die Streitkräfte der Pfalz leicht
eingreifen ; aussei dem hielten die Heiren von Lichtenherp: /.u y
der i^uten Sache, und auch die Grafen von Lützelstein liatlen
sich von den Armagnaken losgesagt, seitdem Herr Johann von
Finstingen an der Spitze der Engländer so sclioniingälos ihre
Grafscliafl verwüstet hatte, während allerdings der leichtsinnige
Bischof Huprecht für die Verteidigung des Ehass vollständipr
forttiel. Schlimm sah es dai^eiren im Oherland aus. Hier waren
es lediglich die paar Reii hsJilädte, tlie das Banner des Uwic lies
aufrecht hielten. Sehnsüchtig schauten sie ans nach Hilfe vom
Land vogt. Alles stände auf dem Spiel, schrieb Colmar am 18. Sep-
tember an den Unterlandvogt Reinhart von Neiperg ; i wenn
nicht bald Hilfe käme, würde das ^(emeine Volk in Stadt und
Land sich zur Selbsthilfe erheben. Die Erbitterung des Volkes
sei unbeschreiblich. Fs < i^-e : wir haben KOni^re, Landvögte,
Herren, die da gerne nehmen, al>er wenn es gilt, uns zu s( liützen
und zu schirmen, da will keinei liellen. Den Jiauci n leiK htete
das Beispiel ihier rechtsrheinischen Brüder vor, aber widirend
sich dort der Adel an die Spitze der Bewegung gestellt hatte,
war hier niemand, welcher die Elemente des Widerstandes
sammelte und den Volkskrieg entfesselte. Der Landvogt wusste
sich nicht anders zu helfen, als auf erneuten Tagen über Mittel
<ler Abhilfe zu beraten, und srli.nite sehnsiUhtiL; mit den Reichs-
städten nach der Keiehshill'e aus. Immer ^etalndeter wurde
ihre Lage, da sie nicht stark genug waren, ihrerseits zum An-
grifle vorzugehen, und rat- und Uiallos von ihren Mauern aus
zusehen mussten, wie der Feind die VV^einberge ablas und die
reiche Ernte entweder einbrachte oder mutwillig zerstörte. Um
so höher müssen wir es Colmar anrechnen, dass es einer
schweren irdischen Versuchung mannhaft widerstand und durch
s<'in Bei<pi(d aurli die übrigen Reichsstädte ermutigte, dass sie
ihr nicht unterlagen.
Die Heraöge von Lothringen hatten immer mit einem Fuss
im Elsass gestanden, und Colmar und SchleltsUdt hatten am
i4. September 1399 mit Herzog Karl dem Kühnen von Lothringen
einen Schutzvertrag auf zehn Jahre geschlossen, der bis zum
Jahre i42ü in Kraft blieb und dann mit Herzog Karl am 25. Mai
i Mülhauser UrkEndeubuch II, 128 iir. 613.
8
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— 114 —
1431 auf zehn Jahre erneuert wurde, wobei auch Kaisersberj;
mit einbejrriffen ward. Derselbe war somit im Jahre 1444 ab-
gelaufen, » und jetzt Hess Herzoj^ Rene durch Herrn Maximin
von Rappoltstein an Colmar den Vorschlag gelangen, jenen
Schulzvei'trag zu erneuern, wogegen er versprach, dass König
Karl und der Dauphin denselben bestätigen und anerkennen
würden. Augenscheinlich bedeutete dieser Vorschlag jetzt etwas
anderes als in früherer Zeit ; was die Stadt damals vorteilhaft
gefunden, dem Herzog von Lothringen zu gewähren, musste ihr
bedenklicli erscheinen und Anstoss erregen, seitdem ein fran-
zösischer Prinz Herzog von Lothringen geworden, der im engsten
Bund mit König Karl und dem Dauphin stand. So war die
Stadt denn entschlossen, den Vorschlag abzulehnen, hielt es aber
für ratsam, zunächst mit der entscheidenden Antwort zurück-
zuhalten, 2 und riet dasselbe Verfahren auch Schlettstadt und
Kaisersberg an, 3 die bereit gewesen waren, den Eröffnungen
des Herrn von Hap|K>ltstein Folge zu geben. Hingegen waren
Colmar die Erbietungen des Lothringer Herzogs insofern will-
kommen, als es gegenül)er dem Oherlandvogt Kurfürst Ludwig
mit dem Anschluss an Lothringen drohen konnten, wenn nicht
bald Hilfe käme. * Aber wenn auch fernerhin die Stadt auf
sich allein angewiesen blieb, von jenen Vorschlägen wollte sie
doch nichts wissen, und als nach dem endgültigen Scheitern der
Reichsheerfahrt König Rene die Zeit für gekommen erachtete,
dass die Städte sich willfahrig beweisen würden , und sich
nochmals durch den Herrn von Rappoltstein an jene drei Städte
wandte, da beharrte Colmar trotz seiner Bedrängnis und Not
auf dem bisherigen Standpunkte und wusste auch die beiden
anderen Städte vor jener Anfechtung zu bewahren. «
Da die Hilferufe an die Herren der Welt vergebens er-
schollen, so wandte sich Colmar an den Herrn des Himmels
um Hilfe, und wir dürfen wohl annehmen, dass jene Städte,
* Mülhauser Urkandenbuch II, 131, Note. In den Werken von
Calmet und Digot findet man nichts hierüber.
2 Antwort an den Herrn von Rappoltstein am 24. September.
Mülhauser Urkb. II, nr. 614.
8 Oktober 6. Mülhauser Urkb. II, nr. 616.
* Oktober 6. nr. 617.
» Auf das bei Schilter 999 veröffentlichte Schreiben von König
Rene ohne Adresse vom 13 November bezieht sich Colmar in seiner
Antwort an den von Rappoltstein am 23. November. Mülhauser Urkb.
II, p. 139 nr. 620. Jenes Schreiben ist demnach nicht, wie ans Schilter
hervorgehen könnte, an Strassburg gerichtet, sondern an eine jener
drei Städte. Möglicherweise sollte der in dem Schreiben beglaubigte
Herr Johann von Finstingen auch bei anderen Städten solche Schritte
thun, — Im Strassburger St.-A. AA 183 befinden sich drei solcher
Schreiben in^MBder geheftet, mit Siegel, aber ohne Adresse.
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- «5 -
die sich in ähnlicher Bedrängnis fanden, auch in derselben
Weise zum Himmel ihre Zuflucht nahmen. Es konnte nicht
anders sein, der Zorn Gottes musste auf der Stadt lasten, und
ihn iralt es zu besänftifren. Da hatten fromme Leute entdeckt,
das.s (lull vielleiclil deshalb den Cohnarern zürne, weil an so
holiea Feiertagen, wie Christi Himmelfahrt, Fronleichnam und
iiin Feste des Schutzpatrons der Stadt, des heiligen Martinus,
Messen und Märkte abgehalten wurden. Diesen Hissbrauch he-
schloss 1 der Stadtrat abzustellen, und zum ewigen Angedenken
sollte dieser Resrbluss in das Iiatsbiufi einjretrapren ^verden.
Als al)er die Bedrängnis nur noch mehr wuf h^. suchte der
Stadtrat nach anderen Ursachen des göttlichen Zoiiies, der sich
der Stadt so furchtbar erwies, und er glaubte, dass vielleicht
Jene unselige Gewohnheit, bei jeder Gele^nheit, namentlich
beim Spiel, bei Gott und seinen heiligen Gliedern zu schwören,
die Ursache gewesen, weshalb der Allerhöchste solche Bedränj?-
nis über die Stadt vertiänj^t hätte. Datier wurde das Verbot
erlassen, dass nienirtnH weder bei den Gliedern Gottes, einerlei
ob man das heilige Blut hinzufüj,^e, no(;h bei der Gotlesmutter
oder den Heiligen schwöre. 2 Ein anderer Ratsbeschluss des-
selben Tages verbot alle Spiele, bei denen Geld zu gewinnen
oder zu verlieren wäre, ausgenommen das Brett- und Karten-
'spiele vorausgesetzt dass der Einsatz einen Heller nicht über-
stiege. Einschneidender war noch ein anderer Roschluss, wonach
alle öfTentlichen Dirnen, einerlei oh aus Gol mar oder auswärtige,
binnen 15 Tagen die .Stadt zu verlassen hätten, in anbetracht
dass das Laster der Unzucht immer weiter um sich grille und
vielleicht den Zorn Gottes heraufbeschworen hätle.
Leider beschrankt sich hierauf unsere Kenntnis ; die Är-
magnaken beherrschten hier eben vollständig die Landschaft,
und die weni^ien Reichsstädte waren ausschliesslich auf die
Defensive an^ewie^rii. Viel sclilirniiu !' ^!;md es aber noch im
Sundgau, wo seitens der ostciK it loschen Herrschaft auch nicht
das Geringste geschah, um die arme Bevölkerung gegen die
Schinder zu schätzen. Das härteste Schicksal traf in dieser Hin-
sicht Ensisheira.* Wie die meisten österreichischen Städte hatte
auch die Landeshauptstadt die Armagnaken auf Treu und Glau >
ben eingelassen und mit offenen Armen empfangen ; ja, es wurde
1 Oktober 2. B«v. d^Alsae«, Jahrgang 1887, p. 169 nr. 58.
2 Am 19. Dezember. Revue d'Alsace 1. c p. 177 nr. 72. Es ist
schade, dass Mossmann diese so interessanten Ratsbegchltilse nur in
der moderneu franzusibchen Uebersetzung mitgeteilt liat.
9 Cfr. das bewegUche Klaseschreibeu der Stadt au Herzog Albrecht
Vom 11. Dezember bei Chmel, Materialien 11 öS; dazu die. Chronik
von Maternus Beiler im Code historique de Strasbourg ü, 59 and
die Fortsetzung des Königshofen t>ei Mone III, Ö30,
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— MG —
den liür;,^ern sogar zum Vorwurf j^omachl, dass sie an den
Plünderungszüj^en der Arniagnaken teilgenommen und ihnen
geholfen hätten in den Dörfern Gundelsheim, Orschweiler, West-
halden und Sulzmatl sowie an etHchen Stellen im Rufucher
Bann den Wein abzulesen. Ihr Zutrauen v/urde ihnen übel
genug gelohnt. Noch während der Dauphin sich in der Stadt
aufliielt, wurde sie hart gehalten. Während der Landvogt Mark-
giaf Wilhelm von Baden mit dem Dauphin abgemacht hatte,
dass er mit nicht mehr als 400 Pferden und nicht länger als bis
zur Rückkehr seiner Gesandtschaft von Nürnberg sich in Ensis-
heim einlagern und alle Bedürfnisse bezahlen sollte, hatte derselbe
:]000 bis 4000 Pferde in die Stadt gelegt und nichts gezahlt.
Als dann der Dauphin abzog, wurde es noch schlimmer ; die
beiden Häupter der Armagnaken, der Graf von Dammartin und
Blancheflor, mit ihren Scharen wurden dahin verlegt, und jetzt
sollte das Städtchen mehr als ()000 Pferde beherbergen. Die
Bürger mussten ihre Häuser verlassen, und die Pferde wurden
in Stuben und Kammern eingestellt, und schliesslich fasste
die Bürgerschaft den Entschluss, lieber alles im Stich zu lassen,
um sich nur den immer zunehmenden Quälereien zu entziehen.
Gegen ein Geleitsgeld von 'M) Gulden dafür, dass sie ihr nacktes
Leben aus der halb verbrannten Stadt retten durften, zogen
sie mit Weib und Kind, im ganzen 7(X) Menschen,» Mitte De-
zember in grimmigem Winter ab und landen Aufnahme in den
Städten Freiburg, Breisach und Neuenburg. 2 Da waren die
Bewohner der festen Plätze Thann, Masmünsler und Beifort
sowie von Gebweiler und Mülhausen noch glücklich zu preisen,
«lie sich vom Feinde wenigstens freigehalten hatten, so sehr sie
auch bedrängt wurden.
Ganz anders sah es im Unterelsass aus, und hier wurde
den Armagnaken das Leben sauer genug gemacht. Zunächst
halte Strassburg sich selbst in stattlichen Verteidigungszustand
gesetzt und einen ausgedehnten W^achdienst eingeführt, um
» Die Thanner Annalen von Tschamser p. 573 enthalten noch
folgende wunderbare Erzählung : Den 1. Februar (das Datum ist auf
alle Fälle falsch) nahm Ludowicns der Dauphin Ensisheim ein und
machte aus der schönen neuen Lützler Kapelle, so der Mutter Gottes
zu Ehren geweiht war, einen Rossstall. Um Mitternacht sahen die
Stallknecht ein Weibsbild in einem schneeweissen Kleide und mit
himmlischem Glanz schimmernd dahergehen und alle Pferde ablösen
und fortjagen; diese wurden alle so wild und taub, dass sie in der
Stadt herumliefen und die ganze Stadt in Schrecken setzten. Als
dies Wunder auskommen, Hess man die Kapell aussäubein und hin-
für in grössern Ehren halten.
' Die Erzählung bei Berler weicht von dem Bericht der Bürger-
schaft erheblich ab. Berler lässt sie alle ihre Barschaft mitnehmen
und dann in der Hart von den Armagnaken überfallen und berauben.
— 117 —
vor jeder Ueberrumpeltni^, wnvor man sich bei den Armagna*
ken am meiis^ten hüten musste, sicher zn sfin.^ Dieser Wach-
<lien>;t tnif einen jeden ohne Unterschied (i» r Person, Pfaffen,
Ritter und Knechte, wohin er beschieden ward. Um Weihnachten
trat einige Erleichterung ein, insofern jedermann, Edel und Un-
€M!e1, Pfaffen und Laien, Huren und Buben, wöchentlich 6 Heller
zahlen mussfe, woffn- die Stadl Wächter an den Thoren besol-
dete mit 8 Schilling für die Woche. Wenn dann des heiligen
G' i^tr? Glocke zum Sturm ertönte, so sollte sich jedermaim in
den Harnisch werfen, Pfaffen und Laien, und so wie das einem
jeden zuj^ewiesen war, ein Teil an den Salzhof,« ein Teil vor
diis Münster, ein Teil auf den Weinraarkt ziehen. Es war
überhaupt ein schdnes Zeichen fQr die Einigkeit in der Stadt
gegenüber der Gefehr von aussen, dass sowohl die Domherrn
vom hohen Stift wie die Grafen von Helfenstein und Leiningen
als auch die Mitglieder der anderen Stifter Lieb und Leid mit
der Stadt erduldeten und auf dsi^ g^e^ebene Zeichen mit dei-
Menp'-e vor den Saizhof zoj^en. Der VVaclidienst an den Thoren
verursachte auch sonst erhebUche Kosten, und so waren Mei.sler,
Rat und die Einundzwanzig übereingekommen, dass, wer im
Dienste der Stadt Hengst und Pferde unterhielt, von jedem Hengst
ein Ort eines Gulden und von jedem Pferde ebensoviel zahlen
sollte; der Betrag füi ein halbes Pferd war zwei Schilling;
son^t musste ein jeder, Mnnn ü<h?r Frau, der ansässij^ war oder
Kiiien^ul hatte, einen Schilling geben; nur arme Bettler waren
ausgenotninen. Auch die Kirche wurde herangezogen ; jede;:?
Kloster hatte zwei, eine «samenungj)^ einen Gulden zu zahlen.
Auf einen Domherrn kamen zwei Schilling« auf jede andere
geweihte Person, die eine Pfründe hatte, ein Schilling. Die
Beträge selbst wurden von dazu bestellten Burgern, die von
Haus zu Haus gingen, erhoben und in den Pfennigturm abi-
geliefert.*
Ein Hanplau-ennierk richtete die Stadt, die auf die Drangsale
einer Belagerung gel'asstsein musste, auf einen ausreichenden Vor-
rat von Lebensmitteln. Daher stellte der Rat genaueEriiebuagen an,
einerseits wie viel Personen in jedem .Hause waren, dann aber
1 Fortsetzung des Königshofen III, 531.
2 Heute Kanfhattsgasse ; cfr. Schmidt, Strassbarger Gassen- nnd
Häusernamen, 2. Aoüage, p. 148.
* Convent.
^ Rfttsbesehluss ohne Datom im Strassbarger St.-A. AA 194. Es
lässt sich daher aach nicht feststellen, in welchem Verhältnis diese
Stenor 7.n der von der Fortsetzung des Königshofen erwähnten
Leistung steht. Dass Strassburg finanzielle Schwierigkeiten hatte,
beweist auch die Thatsache, dass Strassburg bei Duisburg eine An-
leihe von 0000 Galden zu machen suchte, was diese Stadt am 8. De-
zember ablehnte. ~ AA 1811 or. ch.
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— 118
auch wie viel Frucht, gedroächeD und ungedrosch m, jedes Haus
enthielt,! und die Folge war, dass viele Flüchtlinge, die sich
nicht ufaer ausreichenden Lebensvorrat ausweisen konnten, die
Stadt verlassen mussten.* Trolldem aber war die Stadl übet
füllt, und OS werden nicht wnni^'erals 3000 Landleufe aif'^v^'-ey)en,
die in Slrassburj^ iiire Zuüuchl ^-^efunden hatten. Die mussten
alle der Stadt schwören, gehorsam /u soin, was immer ihnen bc-
folUen sein mochte. Mangel aber tiat üolz der Zusammen-
häufung von Menschen nicht ein, sondern obwohl Strassburg
sowohl wie den anderen Städten, die sich gegen die Schinder
hielten, der Elsässer Markt versperrt war, blieben die Lebens-
mittel doch sehr niedrig im Preise ; denn jenseits des Rheins
wuchs auch p;ir viel Wein und Frucht, was zu S<'hiiT j^ef^en
Strassburg j^etührt wurde, und man t5^ab den l^>;^i!en um sie-
ben Schilling das Viertel, den Weizen um 8 und Ü Schilling,
während ein Mass guier Markgräfler zu 3 und 4 Pfennigen
verkauft wurde.* Sonst ruhten naturlich die Geschäfte, und für
die Dauer des ganzen Krieges konnte weder vor einem geist-
lichen noch weltlichen Gericht Irgend eine Schuld eingeklagt
werden.
Es erübrigt noch einen Blick auf die damalige Wehrkraft
der Stadt zu weifen. Ein genaues Bild darüber /u erlangen
ist allerdings schwierig; denn wenn auch das SladLarchiv* ein
ausserordentlich reiches Material über den vorliegenden Fall
enthält» so ist doch die Natur desselben schwer zu erkennen ;
in den meisten Fällen .ist nicht zu erfahren» zu welchem Zweck
die zahlreichen Namensverzeichnisse ans jener Zeil dienen
sollen.» Zunächst lie;^t eine Liste sämtlicher Constofeler^ vor,
deren Zahl danach mit Einrechnung von 21 Witwen und Jung-
frauen, die ebenfalls als Erbinnen zur fJallung von Dienst-
bengsten und Dienstpferden verpflichtet waren, 12i betrug.
Von bekannten Geschlechtern sind hier die Bock mit 7, die
Mülnheim mit 6 männlichen Mitgliedern und einer Jungfrau
1 Ratsbeschluss ohne Datum iu Strbg. St.-A. AÄ 194.
- So viele Flüchtlinge ans Rosheim. Eine solche Untersuchung
fand statt am S& Oktober. ~ Strbg. St-A. AA 194.
" Scbilter 948 Königshofen bei Mone DI, 531 u. 582.
* AA 194.
^ Immerhin liegt hier für den Statistiker eine dankbare Aaf-
gabe vor.
< Die Constoiier bilden das Stadtpatriziat, das im lä. Jahrhundert
sich aus den beiden Klassen der Edlen and Bürger, d. h. den
Teichen grundbesitzenden Geschlechtern gebildet hatte. Sie mussten
der Stadt den Kossdienst leisten and durften weder Kaufmannschaft
noch Gewerbe treiben. — Hegel, Chroniken der deutschen Städte
n, 903.
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— 110 -
Gertrud v. M. verlrelen. Kiuu aiulcre Liste entliäll ilie Naiiieii
der Personen^ die Hengste und Pferde liehen «von gcbotz we?
tfen»* Es erscheinen hier die Constofeler mit 60 Hen$(sten und
63 Pferden ; am stärksten sind die Bock hier mit I i Hen*^ten
und 2 Pferden vertreten , während die Mülnheim 12 Henjjste
und i Pferd unterhalten. Die übrigen Genossenschaften und
Zünfte unterhalti-n 30 H«Miu>:fe und \10^1 (2tH) Pferde, so dass
liie GesaintzifTer der im i>ienste der Stadt uiitertiaitenen Hengste
09 und der Pferde 265 (267) beträgt. Das würde etwa
100 Glefen ausmachen, insofern auf jede Glefe immer ein
Streithengst kommt, während die Zahl der Pfeinle zwischen
drei und vier schwankt.
I ».ln^r die sonstijie dienstplliclitijre Bürgerschaft der Stadt
Hiebt uns eine Zählung'* Auskunft, die am 2i. Januar i iii vor-
f»enonimen worden war. Sie umfassL wie bei den Gonslolelem
ausser den sesshaften liurgern und Gesellen auch die Witwen
und lungfern, die sich im Besitz eines selbstSndig^en Hausstandes
heßnden, und hat als Gesamtziffer 6541, die Constofeler mit
ein l)ejf ritten . Diese Zifler würde also den männlichen Bi stand
und gleichzeitig die Wehrkraft der Stadt darstellen ; Witwen
Mild .funji^fern mussten entweder entsprechende Mannschaft
uuterlialten oder entsprechende Steuer zahlen. Wi** viel Siildner
Strasshurg sonst noch in Dienst iiatte, lässL sich nicht be-
stimmen; wir wissen nur, dass es von Ulm 61, von Aujis-
hur^ 42 und von Nürnber^^ 53 Mann, vorwiegend BQchsen-
schützen hatte. 'Dazu kam nun der bewaffnete Zuzug der
Herren, mit denen Strassburg Dtenstvertrag hatte orler die
A>isl)iM'(>er der Stadt waren, wie die Grafen von Fnrstenberj^ ;
ihre Zahl lässt sich ülierhaupt nicht n'-<t<tellen, kann aber nicht
sehr gross j^ewesen sein. Mit fliesen Mannschaften liatle
Strassburj; nicht liloss sich selbst zu verteidigen und den
laghchen Krieg wider die Schinder zu fahren, sondern eine
Beihe von Platzen besetzt zu halten. Da sind besonders zu nennen
Benfeld, Bur^^ Wörth an der III, der Kochersherg, während auf
dem reichten Rheinnfer die Strassburg gehörigen Orte Kenzingen
und Ettenheim Besatztnv-^en hatten.
Der eij^entliche K n ipf nun wider die Armaj^naken hej^^ann
hier erst, als der Reiclisivi i«';.^ wider sie erklärt wai* un<l so
Köni^ Friedrich sich scheinbar von aller Verbindung mit ihnen
|os>,resagt hatte. Freilich konnte die Stadt nicbt daran denken,
mit ihren Kräften den Feind aus dem Lande zu jagen, aber in
dem kleinen Kriegt, der mit der äussetsfen Frbitterun;^ jj^efühit
wurde, wurden den Scliindern doch sehr erhebliche Verluste l>ei-
jjebracht, «Da vvnnl ilmt^n Ta;( und Nacht Abl»rnch ^efban ; wo
.<!ie aber die Ihren lol landen, da l)e<riul)en sie dieselben ; die red-
lichen Leufe legten sie in geweihte Krde, die l»rdMschen ver-
scharrten sie auf freiem Felde oder wo es sich gerade traf, (Hier
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sie verbrannten sie oder warfen sie in liefes Wasser, so dass
man die Grösse ihrer Verluste niclit erfahren konnte. Ethche
bheben auch auf dem Felde liej^eii, dass die Hunde sie frassen
wie andere Schelme.» Strassburf^ richtete sein Hauptaugenmerk
darauf, dem Feinde seinen täjjlichen Unterhalt zu erschweren,
und wenn es nach der Stadt geoanj;en wiire, so hätte man durch
eine planmässiffe Verwüstun«,^ des platten Landes es dem Feinde
unmöjjrlich gemacht, sich den Winter über im Elsass zu halten.
"V\^eni*jstens hielt es aber unbarmhei*zip: darauf, alle Dörfer, in
denen Ar magnaken sich eingenistet hatten, zu verbrennen, un»!
es Hess sich darin auch nicht beirren durch die Drohungen
zweier Kapitäne, dass sie für jedes Haus, das verbrannt werden
würde, ein Dorf in der Nähe Strassburgs in Asche legen woll-
ten. i Hauptsächlich war es die Gegend zwischen Strassburg
und Schlettstadt sowohl in der Ebene als nach dem Gebirge
zu mit Bonfeld als Mittelpunkt, wo der tägliche Krieg in den
Monaten November und Dezember mit der grössten Erbitterung
geführt wurde. Schonung gab es da nicht. Die Strassburger
pflegten ihre Gef^mgenen, wenn es nicht Männer von Ränj,'
waren, von denen ein hohes Lösegeld zu erwarten .stand, zu
ertränken ; wie ein Chronist sich drastisch ausdrückt, sie gaben
den Schindern ein kaltes Bad im Rhein, während sie zu Basel
in den warmen Bädern herum lagen. Den Schindern war es
al>er jetzt, wo ein ungewöhnlich harter Winter eintrat, weniger
um Geld als um Nahrungsmittel und Gerätschaften zu thun,
und so schätzten sie ihre Gefangenen um Schuhe, Tuch, Huf-
nägel, Rüsseisen und um — Häringe. Es ist in der That psy-
chologisch interessjint, dass diese Banditen sich ängstlich an die
kirchlichen Fasten hielten und unter Umständen ein Schaf für
einen Häring hingaben. 2 Hochachtung aber muss man vor dem
wahrhaft antiken Heldensinn jener wackeren Bürger hal>en, die
lieber ihre Angehörigen den qualvollsten Tod erleiden Hessen,
als durch eine Auslösung in jener Art dem Feinde die Mittel
zum Unterhalte gewährten. Am weitesten ging in dieser
Hinsicht Strassburg, das selbst die Auslösung um Geld nicht
zuliess. Um .so erbitterter musste daher auch die Stimmung
gegen Städte wie Basel und Breisach sein, die dem Feinde
freien Markt bei sich gewährten. Während Golmar sich in
dieser Hinsicht schwer durch Breisach benachteiligt fühlte,
war Strassburg namentlich gegen Basel in hohem Grade er-
bittert. Dieses hatte anfangs seinen Frieden mit dem Dauphin
überhaujil zu verheimlichen gesucht aus Besorgnis vorder üblen
Nachrede, die der Stadt dadurch erwachsen würde. Natürlich
J Schreiben von Jan Fol und Ara^ de Valperga an Strassburg.
datum 1. November bei Tnltey I, 311.
2 Scbilter t)48.
— 121
^111^ auf die Dauer nicht. Dann al>ei hatte fJasel auch
kein Bedenken gelragen, rege Handelsbeziehungen mil den
Armagnaken anzuknüpfen; nicht bloss verkauften sie ihnen
Kleidungsstücke für den Winter, natürlich meistens gegen
Beutestücke, sondern sie führten ihnen auch Salz und Eisen
zu und lieferten Bretter und Dielen den Schindern zu Re-
festigungszwerker» iijch Markolsheim. Letzteres leugnete Basel
zwar, Sirassburg blieb aber bei die.^er Behauptung. Es erlioh
allenthalb Klagen wider die Stadt und brach alle Handeis-
besiehungen mit ihr ab; und gegen den Basler Oberxnnft>
meister Ospemell wurden Drohungen laut, wenn er sich in
Strassburg sehen Hesse, würde man ihn in Stücke liauen.»
Der erste glückliche Handstreich geschah am 18. Oktober ;
an 100 Fnssknechte von Strass!)iirg und Benfeul üherlielen die
Bur«r zu Stotzheim, verbrannten den "Vorhof der Bnr^% wobei
ülHJr 40 der tt.Mördei in den Flammen den Tod fanden, töteten
ausserdem noch an 16 Feinde und erbeuteten an 30 reisige
Pferde. Bald darauf gelang den Bürgern von Schiettstadt ein
glücklidier Fang; sie griffen unfern ihrer Stadt einen Haufen
des Volkes, der gerade gefüttert und Frucht au^eladen hatte,
an, erschlu^'^en 10 Tiec kon, nabrnen 4 jrefangen, die ertränkt
wurden, und erbefiteten M)0 Viertel Korn und viele PfeHe.
A Herbei b^-^en Abend - überfielen dann gegen 70 Strassburger
Reisige unter Anlührung von Hans Fülle von Geispolzheim und
Walter Riflf die Gecken in Sermersheim beim Füttern^ erstachen
ihrer über 90, nahmen gegen iO gefangen, die ^nachher zu
Strassburg ertränkt wurden, und gewannen gegen 72 gute und
böse Pferde. — Kurze Zeit vorlier (17. Oktober) war den
Gecken auch ein Handstreich auf Mutzi^ fehlgeschlagen. Sie
hatten versucht, die Stadt in der Nac bt zu ersteigen, waren auch
heieits in das «Porlhüsel» eingetlrungen und liatten dort ihr
Hauptbanner aufgepflanxt, als die Bürger noch rechtzeitig das
Vorliaben merkten, den Feind vertrieben und das Banner in
ihre Gewalt brachten. — Auch Kurfürst Ludwig muss um
diese Zeit einen Streifzug gegen die Schinder im Oberelsass
unternommen haben. ^
Am 5. Novenil»er glückte Str:i>-liuin ein an«leres Unter-
nehmen. Tags zuvor waren andertiialbliunderl Fussknechte gen
Oeispolsheim gerückt und waren von den Herren Beger \n ihr
Schlos^r' au^nommen. Tags darauf kamen mehr als äOO Gecken
von der Roslieimer Besatzung hergeritteh, um zu futtern. Sie
luden wohl 50 Wagen mit Weizen, Korn und Heu und sonstigen
1 Der Briefwechsel Basels mit Strassburg hierüber bei Schilter
970 ff.
> Oktober Sl.
^ Revue d'Alsace 1, c. p. 174.
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— 1^2 —
Vori'äteQ auf. XU nun mehr die Hälfte dei' Leute ab^ezu|,^üa
war, da fielen die Ge^sellen aus dem Schioiss über den hintersten
Haufen, schos^^en uiit Haiidbfichften und ürmbröston unter sie,
jagten sie in die FIik lit, ^rsclilugen eine ziemliche Anzahl und
erbeuteten nielir als 'J(J() IHerde, gut«' iiihI Inlse, aucli /iemlich
viel Harnisrlh' und Kürass*.* und bi a< lilt'ii (ias alles ins Schloss.
Viele der Jb'ei nde {fingen auch zu Grunde in dem Doiigraben,
über den sie mit Pferd und Harnisch zu setzen suchten ; ein
Teil verbarg tüich in den Scheunen unter Heu und Stroh. Als
nun aber auf das Geschrei und den Lärm der übrige Teil des
Volkes nnikehrle, zogen sieh die Fussknechte in das Schloss
/in Mck, nnil da sie liesorgflen, das Volk wilrde sich ins Dorf
cmla-crn, srliussr'u ^ie e.s mit Feticrpleileii in Brand, wobei
viele jener Gecken in den Scheuiieii umkamen. Der Feind zoj{
sich nach Hosheim zurück, die Gesellen, von denen nur einer
wund geworden, nach Strassburg ; der Beuteanteil eines jeden
aber betrug 4 Gulden. Weniger von Bedeutung war ein neuer
Auszug, den etwa 8(X) Gesellen zu Fuss am 10. Novemlier gen
Mutzi'p»^ ni;H lit<^n ; t\U- hatten auf ihrer l'ahne unseres herren
martei, un:jere Frau und eineji ninidsrhuh.! Auf dem Wege
gedachten sie Sulz zu überfaHen, wo lange Gecken gelten
hatten. Die waren aber Tags zuvor fortgezogen, Sie beschrankten
sich daher darauf, die dort befindlichen beiden Mühlen zu ver-
brennen, und kehrten erst am dritten Abend wieder heim ; was
sie aber da aussen verzehrten, bezahlten die von Mutzig. —
Kini^e Ta^e später gingen an 200 Gesellen zu Fuss von Strass-
ijur;; mit Feuerpfeilen gen Niederebnheim und <( hossen an
sechs Enden in die Vorstadt ; und der Wind wehte st) ^ta^k, dass
die Vorstadt fast ganz abbrannte, und dass grosse Not und Ge-
schrei darin erscholl, so dass man glaubte, dass viele Leute,
rieido und Gut verlirannl wären. — Am Gebirg hielten den
Kampf ge<;en die Engländer. aufrecht die Grafen von Lützelslein
und Herr WaKlier von Thann zu Wasselnheim. Während Grat*
Wilhehn vi>ri Liil/elsleia die Englander zu ingenheim am 10. No-
vendier überliel, id)er 40 erschlug und 183 Pferde erbeutete,
halte Herl Walther einer Schar derselben, die gerade von der
Fütterung kamen, einen Hinterhall gelegt und schlug sie in
die Flui ht ; und dabei fand der allergrosste und geradeste Mann,
' der im Heere der Armagnaken war, den Tod ; sein Hengst aber,
auf dem er erstochen ward, wurde verkauft um 350 Gulden ;
<em rrcselie, der gefangen wmxle, mns^fe sich lösen um 1200
Gulden. Auch von Schlettstailf ans wurde rüstig der Kampf
wider das bose Volk fortgesetzt, und de» Stadt gelang es, nam-
e Erfolge davonzutragen. Am i8. November ei'stachen die
merkwürdig, wie dieses spätere Abzeichen der aufstän-
schon damals und auch im Jahre 1439 gebraucht wurde.
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m —
Bürger 83 Gei kcii un*l au iÜO Pierde, mus.sten sit Ji dann zwar
vor dem Feinde, der Verstarkun«; erhalten hatte, zuruckzielieii,
aber erst nachdem sie ihm 500 Stück Vieh abgenommen hatten.
Ebenso trugen die Bürger am 2. Deiember eineri erheblichen
Vorteil davon ; an 1000 Mann stark waren sie bis auf Arm-
/»ruslst liussweiie gen St. Pill ^^enk-kt, um zu versuchen, es
durch einen Handstreich zu nohincn, als s>ie einfMi Zii<r 'ici'
Feinde von Gemar heranrücken s.ilieii. Denen nickten sie Strucks
entgeji:en ; die aber wandten %>icii gleich zur Flucht und liessei)
über 400 Viertel Kom zurück. >
Der Hauptteil des Kampfes jedoch wurde nach wie vor von
Strassburg getragen; und es \vard keine Gele«^enheit vorl)ei-
gelassen, um dem Feinde Abbruch zu thun. Zwar niisslang ein
Sturm aut ScharrachlHM-jrheim ; dann aber r iumten freiwillig
die Engliuuler ihre Stellun«]^ und zojren nach Luthringen ab, wie
es scheint, duich das Weilertiial,^ wo sie von den Bauern des
Herrn Ulrich von Ratsamhausen am 5. Dezember überfallen
wurden und an 00 Pferde und 2 grosse Weidsäcke mit Silber-
geschirr und vieler Barschaft vei ioren. Strassburg aber benutzte
sofort die Gelegenheit, i)evor die Franzosen die von den Eng-
ländern verlassenen Stellungen besetzt hatten, und schickte eine
Schar von 1000 Manu mii dem Banner unserer Frau unter
Antülining von Rudolf Barptennig am 4. Dezember gen Wangen.
Da fanden sie keine Engeischen mehr, und .sie zündeten nun
die Stadt an und brannten sie mehr als halber ab, damit da»
böse Volk kein Lager mehr darin finden konnte. Die armen
Bauera aber, die kaum ihre ersten Peiniger losgeworden waren»
hatten allen Grund, die Strassburger nicht minder zu fürchten,
und flüchteten sich in das S( bloss:, worin sie sich gegen die
Schar Barpt<Muii;:s hielten. — Das bedeutendste Unternelunen
dieses Jahres aber wai der Zug gegen Marlenheim, das durch
Herrn Dietrich von Kageneck den Gecken übergeben worden wai-.
Am i7. Dezember zogen an 100 Pferde wohlgewappnet und wohl
1400 Gesellen zu Fuss vor das Schloss, liefen mit Leitern über
das Eis des Schlossgrabens an die Mauer und begannen zu
stürmen, so dass die Gecken gar bald um Frieden schrien und
sich eriioten, das Schioss zu übergeben. Indem ward Herr Harn
1 Ulrich von Ratsamhaasen an Oberehnheim. dat Niclaus obend.
Oberehnheimer St-A £E 6 or. ch.
s Bischof Ru. meldete bereits am 28. Novamber, dass die Eng-
lander, welche zn Westhofen, Wangen, Balbronn, und Berg-
heim lasen, am 29. oder 30. November abziehen würden, und schlug
einen Üeberfall Tor, falls sie den Weg wieder über die Zaberner
Steige nehmen würden. AA 182 or. ch. ^ Am folgenden Tage erhielt
Strassburg eine ähnliche Meldung, dass die Engelsclien in dieser
Woche abrücken wollten und dass ein Teil der Hosheinier Besatzang
deren verlassene Stellungen besetzen würde. AA UJO or. ch.
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Meist er-slieirn, Altammeister, mit einer Axt von <ler Sturmleiter
jreschlagen uihI liel <lurcli das Eis in den Graben, und bis man
ihn wie<ler aus dem Wasser auf das Eis brachte, war er tot.
So ward auch Herr Martin Zorn von einer Bficlise durch den
Schenkel geschossen, dass er l»ald starb. Danach ward aber
jrestürmt, das Schlossthor aufgeschossen und aufgebrochen, und
von den Ijösen Leuten wurden 36 erschlagen, ihre Pferde,
Harnisch, Hai» und Gut sowie 1300 fl. in barem Gelde, auch
Bficlisen und Pulver erbeutet, dazu das Schloss verbrannt und
viele Früchte, Wein und Hausrat darin verdorben. Der Schall
<ler Büchsenschüsse hatte inzwischen die Gecken aus den be-
nachbarten Schlössern herbeigelockt, die nun auf Marlenheim
zogen; aber auch die Sliassburger erhielten eine willkommene .
Verstärkung durch die beiden Grafen von Lützelstein, die mit
60 Pferden von Manersmünster her zu ihnen stiessen. Vor den
Angriffen der berittenen Gecken hielten sie nun enge zusammen,
und da sie wohl iOO Wagen bei sich hatten, worauf sie Wein
und Frucht hatten laden wollen, teilten sie dieselben zu beiden
Seiten um die Fussknechte, die jetzt innerhalb dieser fahrenden
Wagenburg weiter marschierten ; und es ritt Junker Jakob von
Lützelstein vor den Wagen und Herr Wilhelm hinten nach mit
den Schützen, die sie geleilt hatten. Also scharmützelten sie
mit Geschütz zusammen, und Herr Wilhelm wurde durch einen
Arm geschossen, und sonst wurden viele Gesellen wund ge-
schossen. Da wurden zwei Schüsse aus Klotzbüchsen unter die
Gecken gethan, davon ging der eine fehl, der andere aber traf,
dass ihrer fünf davon getötet wurden. Wie man aber in Slrass-
burg von der Sachlage hörte, Hess man sofort eine Abteilung
zu Boss und über 3(KX) zu Fuss ausrücken ; und als die Gecken
ihrer an der Musach ansichtig wurden, trabten sie zurück.
Hingegen gewannen sie damals die Burg zu Breuschwickers-
heim, woraiif viel Gut geflüchtet war; hier war es auch, wo
die Schurken ein hochschwangeres Weib, das sich nicht los-
kaufen konnte, an einen Baum hingen, so dass die Leib'sfrucht
lebendig von ihr ging ; da nahm einer der Gecken das Kind
und schlug es an den Baum, das Weib aber Hessen sie hängen.
Auch an einer anderen Stelle erlangten damals die Gecken
einen Vorteil. Es zogen am 30. Dezemlier an 030 Bauern vom
Kaiserstuhl und anderen Gegenden des rechten B hei nu fers über
<len Bhein, überlielen und verjagten die Gecken in einem Dorf,
als sie gerade füttern wollten, und kamen dann in Sicherheit
gen Schlettstadt. Ihnen zogen aber 100 Gesellen über den Bhein
nach. Da kamen aber etwa 10 Gecken über sie und Jagten sie
in die Flucht ; etliche andere Gecken ritten noch hinzu, so dass
ihrer an iO wurden ; die erstachen viele Bauern auf <ler Flucht
211 Tü<le, lind ein Teil entfloh in solcher Hast, dass sie in den
llliein spianjjen und sich » " ertränkten. Also wurden an
V.
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— 125 —
6<) Mnim getutet und -40 jiffiui^en ^on Mai'k<»i>ilieiiii ^^MTihrl.
Die (>iJO aber zogen au.s Sthiellätadt wieiler ab und iiielten
redlich zusammen, so dass ihnen nidits geschah. HStten sich
die 100 Gesellen auch zusammengehalten und zur Wehr g^e-
setzt, so "wären sie auch wohl davongekommen, denn der bösen
Leute waren wenijj, und wenn ihrer auch viele gewesen wären,
so waren sie docl» nicht alle gut beritten und gewaffhet. Kaum
der vierte Teil hatte Hariiisrho, und wo einer ordentlich gerüstet
war, da waren drei oder vier ungerüstet, ein Teil ohne alle
Waffen, ein Teil ohne Schuiie oder ohne Hose oder olme
Kugelhutfi in wüsten, losen Kleidern gleichwie andere öde ver-
lorene Buben, die Sommer und Winter nackt und bloss sind
und nichts andeies haben, als was sie durch Mord und Raub
;^e\vinnon. Von solchen Bösewichtern war auch unzählig viel
»inlor dem Volk, und s'io hängton nianclipn aniien Mann, der
il»neu nichts «^ehen konnte ; — denn lieiche wandelten uui jene
Zeit nicht. Und wejui die Dorlleute nun meinten, sie könnten
wobl durch die Wälder geben, heimliche Notdurft zu suchen^
da hatten die Bösewichter um und um viele bissige Hunde;
die waren gezogen, die Leute in den Wäldern und im tiefen
Horst zu suchen ; und die Oelen über pie her und hellten und
bissen sie, bis dass die Bösewichter herbeikamen, welche die
Leute also in den Wäldern jagten wie das Wildpiet. Wo aber
redlich kühne Gesellen an diese BosewKlitei' kamen und s«ie
kecklich imgriffeii, da Hohen die Schälke und Hessen sich nieder-
. schlagen ohne Gegenwehr wie eine gebundene Kuh.
Das sind die Hauptereignisse aus jenem erbitterten Kampfe,
der von Oktober I.is Dezeinher geführt wurde und täglich
Opfer verlangte. Fast überall hatten sich die Waften der Strass-
burger und ilnei- Verbün()cteii d»*nen dei- Armaj^iiaken über-
legen erwiesen;^ um so unj^eduldigcr walteten die \vark«'ren
Leute auf die Hilfe des Reiches, um dem Feind mit ganzer
Macht zu Leibe zu gehen. Ueberall war eine gehobene Stirn«
mung: «Beutscher Kriegsgesang tönte durch die Giaue, die
unter dem Druck der Fremden seufzten, und seihst die Frauen
sangen Kriegslieder auf ihren Bittgängen nach den heiligen
Orten, und den Bauern tauchten Erinnerungen auf,& die man
1 Sturmhanbe.
* Tuetey und namentlich de Beaucoart vertreten die Ansicht,
dass ein deutsches Heer sich mit den Armagnaken überhaupt nicht
hätte messen können und dass Deutschland sich eigentlich glücklich
Bcbfitsen milsste, dass es nicht in die Lage gekommen wiie mit
einem so furchtbaren Feind sieh messen zn müssen. Dawider ist doch
zu betonen, dass die Erfahrungen im Elsass in keiner Weise den Kuf
der Armagnaken bestätigen. Ueberall wo sie mit regulären Trappen
Strassimrgs snsammentreffen, haben sie den küraeren gesogen«
9 Man denke dabei an die Volkserhebang am rechten Rheinnfer
und an die Befürcbtimgen Colmars.
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— 136 —
längst eiits< hwunden glaubte^ an «iie atte /reilieit und an die
alten Volkskaiser: sie wollen st-lilaj^en und frei sein und den
Kaiser j^eii Rom fnlircn. Wip pros«: musste da die Krbitteniii^
sein, nl-; Huch fliese Heertahrt wi»'(l«M wendijr ward ; notwen-
digerweise MiMs<t<'n tlie nacliteilig>ten ( reniclite über die Fürsten
im Lande Umlaut finden. Stras^^burg naliin jetzt selbst die Sache
in die Hand, ob es sieb nicht wenigstens machen lieese, die
Kräfte des Landes zu vereinigen, um die von den Armagnaken
besetzten festen Plätze zu erobern und sie zunüch^:! an? dem
Unterelsass zu vertreiben. Zu dem Zwecke fanilen Mitte De-
zember in Strassburg Beratungen statt, die in der That dazu
führten, dass die Aufstellung eines Trupi»eiikoij)s zu diesem
Zwecke iHjschlo^seii wurde. Colmar, obwohl ringsum vom Feinde
bedrängt, erklärte am '23, Dezember sich bereit, 400 Mann zu
stellen, und meinte, dass auch Kaisersl>erg, Tfirkheim und
Münster wenigstens ^00 Mann dazu aufliiingen würden. ^ Gleich*
zeitig regte es sich auch im Oberland ; der Graf von Lupfen,
Herr von Hohen landsl)erg, der bis dahin mit den Armagnaken
gemeinschaftliche Sache gemacht hatte, tlial seinei*seits jetzt
Schritte, um einen gemeinschatllichen Widerstand gegen den *
^eind ins Leben zu rufen, und lud zu dem Zwecke den Kanonikus
Xonrad von Bussnang, als derzeitigen Besitzer des Obermundats
Rufaeb, den Herrn von Rappoltstein sowie die oberelsassischen
Reichsstädte zu einem Tag auf den 21. Dezember nach Kiens-
neim ein.^
Das WM eil Ansätze zum Bessern, nlier das Gelingen diesei*
Pläne rnu.ssle notwendig ahliAngen vnii dem .Vusgang der \'er-
handluugen, die um eben «liese Zeit, am 21. Dezember, zu Trier
stattfanden.
Unter Vermittlung der Erzhischdfe von Köln und Trier
war es zwischen den fran/.ösi scheu und pfälzischen Bäten auf
Grundlage der zwischen König Karl und Erzbischof Jakob ge-
troffenen Abmachungen zu einer verlanflgen Vei einharung * lie-
kommen, die dann auf einem neuen Tag zu Ti icr am 10. Februar
endgültig hescld<»ssen werden sollte. » Danach verptlic hteten sieh
König Karl und der Dauphin, mi Monat Februar das Gebiet des
Kurfürsten und des Bischofs Ruprecht sowie ihrer Verbündeten
1 Schreiben Peters v. Hasselt bei Janssen, Frankreichs Rhein-
gelüste p. 5.
8 Strbg. St.-A. AA 186 er. eh. — Rev. d*Als. l. c. p. 179 nr. lö,
s Rov. fV\U. 1. c..|i» jlJÖ. nr. 73, p. 179 nr. 74.
^ Sclaeibfcju JirEbiöchüiisvo^ girier au die Herzöge Friedrich
und Wilhelm von Sachsep i^tm^yy^i^e ergpcht, ihre Räte zu dieser
^!««Urtfalen-riheinland in^ l"). Jahrh.
Tagfahrt za entsenden^
(PnMtotionen aus ^
r«itft)
Ml' BtaataarchiTen Bd. 34), p. 125.
Dkiitizeci by CjOOgle
i27 —
und Schutzbefohlenen zu räumen und sich aller rornoren Feind-
seligkeilen wider die Städtf lU^v Landvo;xtoi von Elsass, Stra.ss-
bürg, Speier, Worms, Mainz und die Städtt? des schwäbischen
Bundes zu enthalten. Dagegen sollen auch die genannten Fürsten,
denen Schaden geschehen ist durch des Königs oder des Dauphins
Volk, um des Königs willen, durch dessen Anordnung das nicht
geschehen ist, auf jeden Anspruch auf Schadensersatz gegen-
übcnr König Karl, dem Dauphin und König Rene verzichten. —
Bis zu dem Abzu^ sollen wWe Feindseligkeiten seitens der Fürsten
lind Städte wider die Aima^iiaken unterbleiben. Jedermann soll
. ihnen Nahrung nnd Kleidung verkaufen dürfen; jedoch darf
dabei keinerlei Zwang seitens der Armagnaken stattfinden, und
niemand gezwungen sein, sie in Städte, Dörfer und Schlösser
lauiiunehmen und einzulassen. Sehr bedeutsam sind nun die
Bestimmungen fiber die von den Armagnaken besetzten Terri-
torien des Hauses Habsbur^. Bei dem Abzug sollen diese Ge-
biete ^inem noch nähor 7m beslirnmf'nden Fürsten in Ver-
, walirung übergeben werden; derselbe soll die Scldösser « Ite-
halten >» und keinen Herzog von Oesterreich einlassen olun-
ausdrückliche Zustimmung vom König Karl. Wenn aber dessen
Zwistigkeiten mit den Herzögen von Oesterreich binnen Jahres-
Irist nicht blichen sind, so sollen die Städte und Schlösser
dem König wieder eingeräumt werden, jedoch g^n Erstattung
der Kosten, die dem beti efTenden Fürslen inzwischen erwachsen
sind. Letztere Verptlichtung trilft auch die Herzöj^e von Oester-
reicli, bevor ihnen ihre Platze wieder idjerj^eben werden. Eine
Forderung des Kurfürsten wui dann noch, «lass in den Friedens-
vertrag mit inbegriffen werden sollten sein Vetter Pfalzgraf
Stephan und die beiden Grafen von Württemberg, denen das
als Besitzern der Grafschaft Mümpelgart sowie der Herrschaft
Reichen Weier wesentlich zu statten kommen musste.
Fasst man diese Vorbedinuunrren in iluvT Gesamtheit ins
Au}4e, so lässt sich nicht leugnen, dass sie gnnstifr ^renug aus-
gefallen waren. Wenn man den Feind nini einmal mit dei-
Schärfe des Schwertes nicht angreifen wollte, so musste man
sich schon zufrieden geben, dass er die harten Wintermonate
über einstweilen noch im Lande blieb, und es war viel, dass die
'Armagnaken schon im Februar abrücken und die besetzten Plätze
ohne weitere Kosten einfach räumen sollten. Ks gehörte freilich
ein starker Glaube dazu, um anzunehmen, dass sie wälireml dei
Zeit des Waffenslillslandes aufhören würden, die Finwohner zu
scliädigen, und ihren Abzug in der vorgeschriebenen \\ eisel)ewerk-
stelliglen. Das mussle dann notwendig Vergeltungsinassregeln
hervorrufen. Deren kwnten aber die Armagnaken sich erwehren;
fni 'en König von Frankreich musste der Gesichtspunkt mass-
gebend sein, dass jetzt doch grössere TInternehmungen gegen sein
Heer unterblieben, dass dieses in Ruhe seine Wintei^uartiere ge-
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— 12}^ —
niesseii koniile und ilanii im kommenden Frühjahr um so besser
verwendbar war. AuffTdHg sind die Bestimmungen bezüglich der
habbburgischen Teirilorien. Da bricht der Unmut auf beiden
Seiten hervor, bei den Franzosen über den Bundesgenossen,
der sie erst gerufen und dann verleugnet hatte, bei dem Fürsten
rdier den König, der all diesen Jammer über das Land gebracht.
Deshalb aber dem Pfalzgrafen «Perfidie» gegen das Haus Oester-
reich und Liebäugeln mit dem Erbfeind deutscher Nation vor-
zuwerfen, beruht auf völliger Verkennung der Sachlage.* Nicht
Kurfürst Ludwig, .sondern König Friedrich hatte die Franzo.sen
ins Land gerufen; jener hatte alles Mögliche versucht, um den
Keichskrieg in Gang zu bringen, dieser hingegen halte ihn
iiintertrieben, und wenn jetzt der Kurfürst von König und Reich
verla.ssen, Unterhandlungen pllog, so hatte er keine Veran-
lassung, auch noch für die Interessen des Hauses Oeslerreich
zu .sorgen. Das war freilich Egoismus, aber ein l)erechtigter
gegenüber der Haltung des deutschen Königs, der die Folgen
seiner Handlung tragen mochte. Anders aber stand es mit den
beiden geisl liehen Herren. An ihnen wäre es gewesen, eine
solche Bestimmung, die immerhin für das Reich in hohem
Grade schädigend war, fernzuhalten ; ausserdem täuschten sie
tias Vertrauen, welches König Friedrich ihnen bewiesen halle,
als er sie noch auf dem Nürnberger Reichstag mit jenen Ver-
handlungen, die wir leider kennen gelernt haben, betraute.
Beide schwammen aber vollständig im französischen Fahrwasser,
untl Erzbischof Dietrich von Köln halle es um so eiliger, ans
Ziel zu kommen, weil er selbst die Armagnaken wider den
Herzog von Kleve und die Stadt Soest zu verwenden gedachte.
Inzwischen regle sich auch König Friedrich wieder. Bis
dahin halte er dem Gang der Dinge in unwandelbarer Ruhe zu-
gesehen, und es dauerte geraume Zeit, bis er Müsse fand, König
Karl zu antworten. Erst gegen Ende Dezember erwiderte er
ihm nicht ohne Würde, ohne dass neue Gesichtspunkte in
seinem Schreiben hervortreten, und bestimmte endlich auf seinen
Wunsch einen Tag auf reminiscere (21. Februar) zu Mainz, zu
welchem auch König Rene Gesandle schicken möchte.2 Bald
darauf, am I. Jannar, erliess er dann ein allgemeines Au.s-
sohreibens ins Reich, in welchem er zu obigem Tage einlud,
um das Beste und Nützlichste deutscher I>ande gegenüber den
Franzosen vorzunehmen, wobei er Zügleit;h gegen den König von
Frankreich un<l den König von Sicilien die Anklage erhob, dass
1 Wie dies von Janssen in seiner sonst ja wohlgemeinten Schrift,
Fraukreichs Rheingelüste geschieht.
2 dat. nach Thome bei Schilter 944-45 f ausserdem 1. c. noch
zwei Abdrücke», ebenso Fugger-Birken 557, Müller 261).
3 Schilter 946. — AA 183 er. ch.
— 129 —
dev Bischof von Aug-.sburg; von ihnen Antworten jjebri'-ht halte,
■W(jbei er « lucht Grundes noch Endes» versiehe; dalier habe
er es auch nicht für ziemlich g^ehalten, nochmals den König
mit einer Botschaft zu besuchen, nachdem er das bisher mit-
samt den Kurfürsten freundlich genug gethan habe. Falls es
aber auf diesem Tage niclit zu einem guten Ende käme, s jllten
die Reichsstände sich mit seinen Bevollmächtigten^ als weiche
er die Bischöfe von Augsburg und Wüizburg und den Mark-
grafen Jakob von Buden beglaubigte, > aufs neue beraten, welciie
Massregeln in diesem Falle zu erfi;reifen waren, damit das Reich
«solichs überlasts hinfür vertragen weide».«
Dieses Schreiben zugleich mit der Abschrift des Briefes an
Konig -Karl muss etwa um dieselbe Zeit in Strassburg ange-
kommen sein, als auch Kurfürst Ludwig die Trierer Abmachungen
wie an Strassburg so auch nn die Elsässer Beichsj^tadte über-
sandte zugleich mit «ler B^inladung, über die einzelnen Artikel
auf einem Ta^e zu Strassburg am 21. Januar zu beraten.*
Hier* waren eljen die Rate des Kurfürsten, des Bischofs liuprecht,
der Grraf Jakob von L&tzelsfein, die Bevollmilchtigten von 0>lmar,
Hagenau und Weissenburg und für die Ritterschaft Herr Sieg-
(riä. von Oberkirch und Ulrich von Bathsamhausen versammelt
gewesen, um ihre Beratungen über die gemeinschaftlif Ii \vi<ler
die Schinder zu criz n'itV'!iflc!i Massregeln fortzusetzen ; sie liatfen
dann abei" ihre Besciilusstassun«,'- ausgesetzt, um zuvor den Ab-
schied jenes Tages zu erfahren, den Kurfürsten und schwäbische
Reichsstädte ebenfalls betreffs der Armagnaken am 6. Januar
zu Mergenfheim abhielten. Man kann sich daher wahrlich nicht
wundern, wenn den biedern Strassburgern ob dieser schönen
Beratnngsaussichten nun dix;h endlich die Geduld ausging;
zumal zu befürchten 5^tand, dass die Sache, wenn sie aul einem
Reichstag zur Beratung kam, sich endlos hinziehen würde. Die
Stadt richtete daher an Kurfürst Ludwig ein in sehr deutlichen
Ausdrücken gehaltenes, geharnischtes Schreiben. Nachdem man
das Volk, wie auch abgeredet, um Martini wohl aus dem Lande
hatte bringen können, liesse sich doch niemand das zu Herzen
gehen, dieweil das Feuer sie nicht berühre. Um Gottes Willen
inöire mnn ihnen Beistand leisten, damit solcher Mutwille ah-
gestellt wurde, deini es seien schon 20,0(X) Personen im Land(?
umgekonmien; wenn aber niemand mit ihnen Mitleid haben
1 Chmel Keg. 1, ii)0 iir. 188G.
* Der KOnig beschwert sich ausserdem Aber die maunigfaltigeii
ftblen Nachreden, die über ihn im Umlaiif sind.
3 Do. p. circnmcis (Jan. 3). Schreibeta von Pf. Ludwig an Stnwa*
bürg bei Schilter 958.
* Am 2. Jannar Schreiben Colmars an Schlettstadt vom ö. Janaar
in Mulbauäer Urkuaiienbuch II, iir. 625.
9
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— 13(> —
w(»llt«, musslen sie die Schweizer zur Hilfe lierbeirufen ; was
dann dem Ileich und dem Hause Oesterreich daraus entstellen
wurde, d.is möge man ihnen nicht zumessen. Wenn dem Kaiser
«der einem Kurfürsten im Reich etwas Leides widerfahre, müsste
man in kürzester Frist zu Hilfe kommen oder man würde mit
der Acht liedroht ; jetzt al>er, da die Stadt und das Land Not litten,
achte es niemand.»
Als Kurfürst Ludwig dieses Schreihen erhielt, hielt er es
nirtht für ratsam, his reminiscere auf den Tag zu Mainz nnd
«auf des Kaisers Langsamkeit» zu warten. Strassburg hatte eben
mit dem gedroht, was den Fürsten stets als ein drohendes
Sclireckgespensi vor Augen stand. Wenn Stras.sburg sich den
Kidgonossen zuwandle, würden alle Städte im Elsass und
hreisgau und die Reichsstädte nachfolgen. Dann würden zwar
die Armagnaken verjagt werden, aber für das heilige Reich
und das Haus Oesterreicli würfle ein zu mächtiger Rund ent-
sleluMi. lind Rischof Ruprecht eilte zu dem Pfalzgrafen und
drückte seine Relürirhlung aus, dass, wenn ein solcher Rund
zu Hiande käme, das ganze Land in andere Hände und nimmer-
mehr zum heiligen Reich kommen würde; er würde sich dann
auch dem Runde anschliessen müssen oder den Verlust seines
Ristums zu erwarten haben.
Unter diesen Umständen hielt es der Kurfürst nicht für
ratsam, auf den Tag zu Mainz warten, der nur neue Ver-
zögerungen in Aussicht stellte, sondern beschloss an der
ursprünglichen Abmachung festzuhalten, dass am 10. Februar
ein neuer Tag zu Trier behufs endgültiger Reschlussfassung
stattfinden sollte. Dahin konnten die französischen Revoll-
mächtigten, unter denen Herr Pierre von Rreze und der unver-
meidliclie Finstingen zu nennen sind, ungefährdet gelangen,
während ihnen der Weg zum Reiclistag nach Mainz ausserdem
auch versperrt war: denn die Erbitterung in den Städten war so
gross, flass sie wetler Geleit noch Sicherheit, sei es von König
Friedrich noch von den andern Fürsten achteten, .sondern un-
erbittlich einen jeden, der französisch redete, wenn sie seiner
habhaft wurden, zum Tode brachten. Sc» fand sich nicht einmal
ein einziger Rote, welcher wagte, nach Mainz zu gehen, um
dort um Verschiebung des Tages nachzusuchen. 2 Der Reichstag
wartete daher vergeblich auf die Ankunft der angekündigten
* Schilter lülo ohne Datum, aber mit ausdrücklicher Beziehung
auf die beiden Schreiben den Königs. Ich würde das Schreiben sonst
lieber in den Anfang Dezember rücken, als die Heerfahrt wiederum
gescheitert war, wenn es nicht unmittelbar in Beziehung zu den
beiden Schreiben König Friedrichs stünde.
2 Remontrances faites par les arabassadeurs de Charles Yll aux
61ecteurs de Tempire assembl^s a Bopart bei Tuetey II p. lAd.
— 131 -
französischen Bevollmuchti«;ten. i Hin^e$(en kam es nun zu
Trier* zum' end«;ulti^en Abschluss, nicht ohne dass \vichti|^e
Abändenmgpn an den vorläufi<ion Abmachungen getroHeii
worden waren. Es waren Kurtnrst Ludwip: und Bischof Rup-
recht, (he mit König Karl uuti dem Dauphin am 13. b'ebruar
übereinkamen, dass die Franzosen nicht mehr im Februar,
sondern erst bis zum 20. März alles im Elsass eingenommene
Gebiet, mochte es nun dem Reich, den Pörsten oder dem Flause
Oesterreich angehören, räumen sollten. Jene für das Haus
Oesterreifh m narlifeiHg-e Bedin^iun«;: war also jetzt fort«i:efa!!en,
die übrigen Ahma* lum^'-en waren in den Vertrag' auf^'^ernui nien
wordfen. ^ Ausserdem war es Gegenstand einer besonderen \ er-
abredntig, dass die zuletzt gemacliten Gefangenen gegenseitig
ohne LAsegeld freigelassen werden sollten ; jedoch sollten die
gefangenen rWalen» erst beim Abzug ledig gelassen werden,
Kurfürst Ludwig aber scbloss an demselben Ta^^e, an dem
er noch für einen weiteren Monat dem ihm zum Schutz he-
fohlenen Elsass eine unerträgh'che Last aufgehin-det halte, nin
Bündnis mit König Karl von Frankreich. Mit ihm tliaten denselben
ISchritt die beiden Krzbischüfe und der Kurfürst von Sachsen.
Es waren zum Teil Beweggründe »kirchlicher Natur, indem
diese Kurfürsten als Anhänger des Basler Kontils bei Kdnig
Karl, dem Beschützer desselben, eine Stütze suchten gegenüber
König Friedrich, der sich allmählich mehr auf Seite das Papstes
Eugen neigte. Der Kurfürst von Sachsen wnr*de zudem noch
bestimmt durch das Interesse seines Bruders Herzog WiUielm,
der mit französischer Hilfe das ihm gebühiende Her/.<!gtun»
Luxemiiuiy dem Herzog vun Üm-gund zu entreissen holfte. Der
Graf von Blankenheim machte dem sächsischen Abgeordneten
Aussicht, wenn die Armagnaken das ßlsa»s am 90. März ge-
räumt hätten, würden sie binnen acht Wochen, spätestens
binnen drei Monaten das ganze Land Luxemburg für Herzog
Wilhelm erobern. Der Sachse war alier gewitzigt durrli di«-
Ereignisse im Elsass und fragte, wie es mit den eruberleu
Städten gehalten werden solle, ob die alle in der Weise be-
schädigt und Frauen und Jungfrauen «gesmeht» werden sollten
wie bisher geschehen ; solches würde seinem Herrn sehr schwer
1 de Beaucourt l. c. p. 72.
2 Üe1)er den Tag gicbt wertvolle Nachrichten der Bericht des
sächsischen Abgesandten Heinrich Engelhard b«i Hausen 1. c. p. 127 ff.,
WO übrigens p. IUI durch falsche Interpunktion der Sinn Tollstfindig
entstellt ist im fünften Absatz. Es soll hier heissen, dass die Freund-
schaft mit Kiinig I^aslo beschlossen, alle Städtf» und S'-hlocser im
Elsass geräumt, dem König von Frankreich die Gerechtigkeit König
Laslos von Biabant etc. gegeben.
9 Schilter p: 940 ; die Ausfertigung von König Karl bei Fugger*
Birken 561^ Mäller 278.
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— 132 —
fallen. Der Unterhändler meinte dann, bei ei-stu nuten Städten
könnte man wohl die AusplunHerung nicht hindern, dagef^eii
«olche, die si( h ohne Sturm er^i^äben, sollten dem Hei7jOii un-
beraubt einj^e^'^eben werden. Gleichzoiti«> that auch der Erzhisfliof
von Köln Schritte, um sich end^niltij^ dos licistiindes iler Arnia-
gnaken zu versiclieni.* Zum Glück unterbhehen diese mensclieu-
freundlichen Absichten, ohne dass uns der Grund bekannt
wäre.«
Wenn der Vertra^^ von Trier nun zwar jene ungünstige
Bedingung für das Haus Oeslerreich nicht mehr enthielt, so
hoharrte der Köni^j von Frankreich doch noch in seiner feind-
sehgen Haltuiif:. Das zeigte sich auf dem Kurfinstentag von
Boppard, auf dem nun .sowolil der Trierer Vertrag als auch
seitens der beiden Erzbischdfe der Bund mit Frankreich voll-
zogen wurde. Nur tritt hier ein ^nz neuer Gesichtspunkt
hervor : zaiieste Rücksicht f&r alle diejenigen, welche während
des Aufenthaltes der Armagnaken im Elsass irgendwelche
Schädigung erlitten hatten. Allen denen sollte der römische
König und «lie Herzöge von Oesterreich vollen Schadenersatz
leisten. Ausserdem forderten die Gesandten — «'s war wiederum
der von Finstingen und de Bussieres — für König Karl und
den Dauphin die Kleinigkeit von 600,000 Gulden als Ersatz für
den Verlust von so vielen tüchtigen Leuten, sowie die Zurück-
gabe des Geschützes, welches die Franzosen bei ihrem Rück-
zug ans dem Elsass im Leberthal verloren hallen.^ Die nbrigen
Beschweiden \v;iren lediglich Wiederholungen der fndieren.
Schlinim war es nun aber, dass die Kurfürsten auf die
Forderung der Gesandten diese Beschwerde entgegennahmen und
sich bereit erklärten, dieselben beim König Friedrich zu unter-
stutzen, anstatt sie in gebührender Weise zurückzuweisen und
ein deutsches Wort darüber zu sagen. ^ Es waren wieder die
beiden dienstfertigen Erzhischöte, welche die französis( he Be-
schwerdeschrift all König Kriedrich ;^elaii^'en liessen, welcher
seinerseits darauf am 11. August antwortete, dass nach seiner
Meinun;^ nicht Frankieich, sondern Deutschland Grund zur
Klage hätte; binnen kurzem gedächte er, wenn die Geschäfte
' Hansen I. c. p. 78.
* Die Gräuel der Armagnaken bei ihrem Abzug, wie Hansen
meint, können den Erzbischof nicht abgehalten haben; die waren
nicht grösser als vordom, und der Erzbischof kannte sie schon früher
ans eigener Anschauung ; eher schon die Furcht vor dem allgemeinen
^Unwillen ob eines solchen Unternehmens und den Folgen, die daraus
itstehen konnten.
\ s Cf. das folgende Kapitel.
* Bei Tuetey II, 138 ff.; ef. ansserdem den Ansang dieser Be-
den bei Hansen 133.
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— i33 ^
ihm Zeit Hessen, auf nl)o Stfirkc des Klagezettels gründlich zu
antworten. * König Friedrich aber liütete sich wohlweislich,
dies zu Ihun, und der Kunstgriff des tVanzösischen Königs, sich
als Anwalt dei im Kriege Geschädigten hinzustellen^ war doch
zu plump, als dass Irgend jemand darauf hereingefolloi wäre.
So versuchte es König Karl im Jahre 1447 nochmals mit einer
Gesandtschaft auf den Reichstag zu Nürnberg, deren Instruktion
die alten schon l)ekannten Beschwerden wieder enthielt. 2 Die
Gesandtschaft 3 kam abpi- nicht zu ihrem Bestimmungsort; denn
der Reichstag zu Nürnl>eig^, der wesentlich über kirchliche
Fragen beraten sollte, loste sich auf infolge des plötzlichen Todes
des Papstes Eugen. Damit hatte der diplomatische Feldzug des
französischen Herrschers gegen König Friedrich ein Ende; von
den Beschwerden verlnutete nichts mehr ; die Sache verlief sith
in den Sand. König Friedrich hatte wieder einmal sein be-
währtes Hilfsntittol, unangenehme Dinge zu verschleppen, mit
Erfolg angewandt.
Auch in Lothrm»^ei) halten die Dinge einen verhältiii-«-
mässig günstigen Verlauf genommen. Zwar hatten die Füislen
verg^ns auf dem Tag zu Trier versucht, auch Metz die
W(Hilthafen des Friedens zuzuwenden, aber diese Stadt hatte
selbständig l/nterhandlungen mit dem König Karl begonnen,*
die den Ahschluss des Friedens am 28. Februar zur Folge
hatten. Da der König die Stadt nicht liaHe erobern können, so
mvisste er naturgemäss auch auf seine liochflie^endf^n Pläne
verzichten, und so lief der Feldzu^, der mit so vielem Geräusch
unternommen worden war, in einen ganz gewöhnlichen Raub-
und PIfinderungszug aus, der wohl für einen Kapitän der
Armagnaken, aber wenig für einen König von Frankreich
pa.sste. Metz behielt seine Zugehörigkeit zum Reich, die der
Köni^r der Stadt nicht verwehren konnte, w^eil sie dieselbe nicht
durch Hilfe des deutsrfinn Rrichs, sondern durch ei<j:en<' Krnft
jicgen die Macht Frankieuhs behauptet hatte, aber es inusste
viel, sehr viel zahlen. König Karl erhielt 84,000 Gulden, und
durch ihre Forderungen an König Ren^, die sich auf 100,000
Gulden beliefen, mussten die guten Meta»r einen Strich machen
und ihm ausserdem noch ebenfalls 20,000 Gulden zahlen«.*
^ Hansen p. 156 nr 170.
8 Listructious de Charles VII a Ger&rd de Loss, comte de Blan-
kenh«im, i Miles d*Dlier8, doyen de Chartres, et antres (Weny de
Fl^villr T.andvogt von Dentsch-Lothringen, imd Jaquemin de Bnssiires).
3 Beglaubigungsschreiben für din ^!;enannten Gesandten mit Aus-
nahm« des Orafen vot5 Blankenheim vom 1. März an den Erzbischof
von i ner, damit dieser die Gesandten unterstütze in ihrer Sendung,
deren Inhalt das genannte Schreiben ebenfalls angiebt, Tnetey II,
150—168.
* Digot 1. c. III, 79 ff.; de Beaaconrt IV, öl ff.
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— 13'f —
Kijrii^ Kail fand (.Jetalleii an die^jjein Geschärt und fuhr fort,
^^eine Koffer anf Kosten der Lolhrinj^er Heichsslüdte zu
füllen, und man kann wirklich zweifelhatt sein, wer damals
weniger Ehre davontrug, der deutsche König, der ausser
einigen ohnmächtigen Protesten kein Glied rührte, diesen Städten
zu Hilfe zu eilen, oder der König von Frankreich, der einen
Feldzug in pomphatler Weise mit einem grossartigen Manifest
eröfinete und ihn in eine ganz gewöhnliche Brandschatzung
auslaufen Hess. Toul musste 55iH) Gulden zahlen und sich
ausserdem zu einer jahrlichen Rente von 400 Gulden an König
Karl verstehen, Ver<lun in ähnlicher Weise 3000 Gulden zahlen
und sich zu einer Rente von 500 Livres an die französische
Krone verpflichten ; ausserdem musslen l)ei(le Städte unter den
Schutz der französischen Krone treten, vorhehaltlich jedoch
ihrer Stellung zu Kaiser und Reich. Nur Fpinal blieh eine
französische Stadt, aber nicht für lange Dauer; die Stadt er-
scheint später wieder dem Metzer Bistum einverleibt.
Wenn sich nun auch der thatsächliche Erfolg des Feld-
zuges, den König Karl unternommen hatte, auf die Brand-
schatzung der ilrei Reichsstädte beschränkte, so hatte derselbe
doch in andeier Hinsiecht ein l)edeutungsvolles Ergebnis. Jene
Vorposten im äussersten Westen waren ohnehin schon längst
halb vergessen ; jetzt waren sie dem gallischen Nachbar vollend.s
preisgegeben. Wenn das stolze Metz seine Selbständigkeit be-
iiauptet hatte, so verdankte es diese Errungenschaft seiner
einigen wehrhaften Bürgerschaft, die seit Jahrhunderten für
Haus und Herd Wache gehalten hatte gegenüber den lüsternen
Herzögen von Lothringen; und diese Bürgerschaft mochte sich,
vom Reich im Stich gelassen, wohl vermessen, auch ohne
Reich etwas zu bedeuten ; erst als religiöser Hader die
sonst so fest geschlossenen Reihen der Bürgerschaft zerriss,
trat ein tiauriger Wandel ein. Ungleich ungünstiger stand es
mit den viel weiter vorgeschol^enen Posten Toul und Verdun, die
niinehin schon seit langer Zeit Anfechtungen von Frankreich
erfahren halten. Die letzten traurigen Erlahiungen, dass das
Reich nicht in der Lage war, seine Angehörigen zu schützen^
musste die ohnehin schon in Fluss begrifFene Entwicklung
noch beschleunigen : dass es besser wäre, Frani^reich einverleibt,
als der französischen Krone zinspflichtig und gleichzeitig schutz-
los zu sein.
j Google
— i:i5 —
KAPITEL X.
Die FeindseUgkeiten wahrend des WaÜeiistill-
standes und der Abzug der Armagnakeu.
Neue Befürchtungen. Btlndnis »wischen
iCurfürst Ludwig und den Eläässer Reichs-
städten.
Während der Verhandlungen, die /.u Trier gepllu^en wurden,
nahm der Krieg im Elass ungestört seine > Fortgang. Am
8. Januar gelang es, den Armagnaiten einen empfindlichen
Verlust heizuhrini^eii. Nach wi<> vor war die Haupt ma» ht ilcr
Armagnaken unloi der persüiiiichen Führung des Mursciialls
von Frankreich zu Rosheim konzentriert. Diese Zusammcnhüufnng
von Menschen und Tieren zwang den Feind, in weitem Umkreis
Unterhalt zn suchen, und so streiften die Schinder bis gen III-
kirch und Grafenstadni in der Nähe von Strassburjg. Daraufliin
wMido der Plan gefasst, dorn Feind an einer seiner gewöhji-
hclien Fullerslellen einen Hinterhall zu logtMi, und a»n 8. Januar
rückte eine Schar von 7()0 Reisigen, wozu die Plalz 4()0 und
Strassburg 200 Manti gestellt hatten, während der Rest aul
die in Straisburg weilenden Grafen von FQrstenberg und LGtxeU
stein, sowie die Hennen von Lichlenberg und Bitsch kam,
morgens früh vor Tag aus und vorl)ai j: sich hei Ulkirch in der
ilichtung nach Gral'enstaden zu in den Büschen. Die Schinder
waren mit *J000 Pferden von Rosheim ausgerückt, um zu Bläs-
heim und in der ümjregend zu tüüern. So kamen die S< hinder
nun auch in die.sei Absicht mit mehr als 8Ü0 Pt'erden nacli
Geispolsheim ; da setzten sich Graf Wilhelm von Lützelstein
und die übrigen genannten Herren an die Spitze ibrer Schar
und jagten in einem Rennen von Grafenstaden nach Geispols-
heim,» obwohl OS «gar vast wüste und lief in dem velde» war.
Die Feinde ergrilVcn sotViit dio Fliu lit und liessen fallen und
warfen von sich, was sie anlgeladen hatten. Die Reisigen aber
verfolgien .sie bis an das Guticuthaus zu Rosheim, töteten an
^KK), erbeulelen eine beti . ich t liehe Anzahl .schöner Pferde * und
fingen 112 ihrer Anfuhrer, wovon die vornehmsten waren
Mathelin de Lescouet, Arne de Valpeiga und Äufleret de
> Schilter p. 1013 neont Plobsbeim; ein solcher Ritt wäre aber
undenkbar.
t Die Fortsetzung des Königshofen bei Moiie III, 521) nennt 18(>,
die zweite Fortsetzung boi S<'hilter i> UMH neimt HK) l'tVrdft
und lüsst nachträglich noch 10 Pferde erbeut on. Der eingehendste
Bericht bei Schilter 93H spricht aIlgemeiiL.von vielen Pferden.
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— 13(i —
Lepralo. i Gleichzeitig hatten aucli die fiurg^iiiaiincn zu Geis-
polsheim einen Ausfall gemacht, zehn Gecken erschlagen und
neun derselhen, die auf der Flucht )>egrifTe:i waren, gefangen.
Als nun aber die Reisigen in die Nähe von Kosheim gekommen
waren, kam der Feind mit grosser Macht heraus und den
Seinen zu Hille. Die Reisigen gaben jetzt die Verfolgung auf,
machten kehrt und trabten wieder ihre Strasse gen Strassburg
zu ; die Gecken eilten ihnen nach, und die, welche am besten
beritten und bewaOnct waren, folgten unmittelbar hinter den
Reisigen und kamen oft auf Schussweite ilmen nahe ; wenn
diese sich aber wandten, kehrten sie um und suchten auf diese
Weise die Schar aufzuhalten, bis ihr bester Haufe, der an 40(X»
Pferde zahlte, zur Stelle war. Das merkten aber die Reisigen
und ritten nun ohne weiteren Aufenllialt nach Strassburg. Ver-
histe hatten sie überhaupt nicht erlitten, ausser dass ein Knecht,
der dem Feinde zu weit nachgeeilt war, gefangen genommen
und gen Rosheim geführt wurde. Von den gefangenen Anführern
wurden die drei vornehmsten Malhelin de Lescouet um 15,000 11.,
Ame de Valperga um 4000 H. und endlich AufTeret de I/eprafo
um 2000 tl. geschätzt ; l)is zur Erlegung dieser Summen wurden
sie in harter Haft gehalten ; das Geld alier wurde zu gleichen
Teilen zwi.schen Kurfürst Ludwig, Rischof Ruprecht und der
Stadt Strassburg geteilt. 2 Die übrigen Gefangenen hingegen
wurden ertränkt.
Damit nahmen die grösseren Unternehmungen, soweit sie
))islier von Strassburg ausgegangen waren, ein Ende; es fehlte
zwar nicht an einzelnen Slreifzügen, wie denn 400 Strassburger
Gesellen am 8. Februar bei Westhofen die Gecken überfielen,
sie in die Flucht jagten und an 20 zu Tode brachten ; aber
sonst wollte (he Stadt augenscheinlich den Ausgang der Ver-
handlungen abwarten, ehe sie wieder losschlug. Hingegen
dauerten im übrigen Lande die Feind.seligkeiten ungestört weiter
fort. Am Neujahrstag hatten die Gecken St. Pitt geräumt,
naclidem sie es vorher zum Teil niedergebrannt hatten. Nach
ihrer Gewohnheit legten sie sich dann in der Nähe in einen
Hinterhalt, um abzuwarten, ob sich nicht Leute aus der Um-
' Dessen Persönlichkeit ist nicht genauer zu bestimmen ; Met-
thelin de Lescouet ist in dem Verzeichnis der Anführer bei Schilter
914 angeführt als Führer der Bretonen ; Arne Valperga war mit
Bonifaz de Valperga Anführer der Lombarden.
2 Die Nachricht bei Schilter p. 1013, dass die Beute zur Hälfte
zwischen Strassburg und den «Herren» geteilt wäre, braucht sich
nicht auf diese Suramen, die erst erheblich später eingingen, be-
ziehen. In dieser Beziehung ist die Mitteilung falsch, wie aus der
Korrespondenz zwischen Kurfürst Ludwig und Bischof Ruprecht mit
Strassburg über diesen Punkt hervorgeht.
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— 137 —
gegend in die verlassene Stadt begeben wüiden. In dei Thai
besetzten etliche aus Berghetm nebst anderen das Städtlein ; so-
fort kamen die Gecken nerbeif^rannt, erstachen gar manchen
lind jagten die übrigen in die Flucht. Die erhielten nun aber
Hilfe aus Bergheim und Rappoltsweiler, so dass jetzt die Gecken
wieder flüchti}? wurden und die von Bergheim uihI Rnppolls-
weiler St. Pill aufs neue besetzten. Was noch von Korn und
Hausrat darin war, führten die eigenen Landsleute fort, und
wenn sie ein Haus geleert halten, brannten sie es nieder.
Ebenso machten es die Gecken an demselben Tage zu Kesten-
holz. Das Schloss räumten sie, das Dorf zündeten sie an.
Cleicl» kamen Bewohner von Kestenholz und andere aus Schlett-
Stadl herbei und legten sich in das 5>chloss ; soprleich kamen
aber auch die Gecken wieder, nahmen das Schloss, ersclilugen
einen Teil der Leute, machten die anderen Ilüchtig und ritten
darauf von hinnen und Hessen das Scliloss mie stehen; denn sie
hatten nichts mehr darin zu essen, und es war zudem voll-
ständig verwüstet. Um Lichtmess versuchten die Crecken einen
Handstreich auf E})ersheimmiinster. Nachts zogen nämlich an
800 Gecken zu Ross von Dambach aus dahin und gelangten
um die Zeit zwischen zwei und drei Uhr durch das Wasser
in die Vorstadt, erschlugen gleirli drei Leute zu Tode und
machten zehn ^j^efangen. Erst jetzt wurden sie bemerkt, und
es erhob sich der Schrei : «vigende do» ; da fing aber auch
der welsche Trompeter an zu blasen, und es hüben die Böse*
wichter «in welsclien grüselichv an zu schreien. Die Strass-
burger Büchsenschützen, welche auf Bitten des Abtes in dem
Orte lagerten, liessen sich aber nicht schrecken, sondern macliten
einen Ausfall und schössen zehn tot; unter ihnen befand sich
aller auch ein Kapitän der Schinder, der Schotte Montgommery,
«gar ein vverder, hoher man». Da klagten die Gecken gar
sehr und schnitten allen Gefangenen die Gurgel ab. Den toten
Obersten aber führten sie gen Dambach, schnitten ihm die
Eingeweide aus und sotten den Leichnam in einem grossen
Kessel in Wein und Oel^ «um ihn seinen Freunden nach hei-
mischer Sitte wold^^chmeckejid » lieimzuschicken.
Aus dem ObeK Is iss verlautet aus dieser Zeit sehr wenig.
Ihre Quartiere sciieinen die Gecken nicht verlassen zu haben,
und nach Lage der Din^e konnten sie nur wenig belästig,
werden. Mangel litten sie auch hier gleichwohl, und um so
bitterer war die Klage, dass die Gecken nach wie vor in Brei-
sach und Basel Unterschlupf fanden, da ihre Beutestücke ver-
kauften und das, was sie bedurften, dafür einhandehen. Colmar
hingegt'H 'schärfte am IH. .lanuai- d;is V»M bot ein, dass nieinrmd
Angehörige von den Armagnaken gegen Natura hen und Klei-
dungsstücke und anders als gegen bar auslösen ilürfe; hinzu-
gefügt wurde noch, dass auch Pferde zur Auslösung nicht
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138
durften verwandt werden.' Kriegerische Ereignisse geschahen
hier nur wenige. Der Plan, gegen die Ärmagnaken gemeinsam
vorzugehen, war jetzt bei der veränderten Sachlage fallen ge-
lassf»n. Colmar seihst hntte am 4. .laimnr eine emplnulürh*^
NiHtieil )--' y\i v(>!/ei('hiioii.' Dorn)e\volni( i von Andolslieim, dm
in Goiuiar /iilluciit gelunden hallen, hatten den Plan gefas-sl,
das ungedroscliene Korn, das sie daheim hatten lassen müssen,
nach Colmar zu holen, und so logen sie mit einer grossen An--
zahl Wagen unter Bedeckung von 200 Bürgern aus. Die Är-
magnaken zu Heilig-Kreuz hatten jedoch Kunde von dieser
Ahsicht erhalten und überfielen die Cohntin^i mit i<h»^rl<'genen
Streitkräften. Die Bürger Iressen sich trotzdem nicht entmutigen,
sondern widei. standen tapfer, bis man in der Stadt von ihrer
Not veinahm. Eiligst kam man ihnen zu Hilfe^ und jetzt ent-
spann sich das Gefecht aufs neue und dauerte über drei Stun-
den, bis die Bürgerschaft in voller Ordnung den Rückzug an-
trat. Der Verlust an Tolen und Verwundeten war im Ver-
hältnis; zu der Dauer des Gefechts nur gering": von den Borgern
lielen nur 3, von den Andohheimern 8 oder 9, während 8 oder
•10 gefangen genommen wurden. Dagegen hatten die Aiina-
gnaken, wie die Colmarer meinten, erheblich stärkere \erluste
erlitten.
Im Sundgau war die Lage unverändert dieselbe. Die Be-
mühungen, den Ensisheimem die Bückkehr und die Bäuniung
ihrer Stadt zu erwirken, waren erfolglos geblieb^'n. Schlimm
war die Lage von Masmünster und Thann. Beide te-t.Mi Plätze
waren überfüllt mit Leuten aus allen Altersklassen, die ihn»
Habe verloren, nichts zu «beissen und zu breclien« halten und
doch zur Verteidigung nicht zu brauchen waren; Masmünster
allein zählte 4000 solcher Flüchtlinge. Jetzt aber, da es wieder
begann wärmer zu werden und die Jahreszeit kriegerische
Unlernehmunjicn begünstigte, heirschte die Furcht, dass die
Ärmagnaken sich vor beide Festen legen könnten, was um so
bedenklicher war, als beide höchst unzureichend mit r.cbens-
mitteln und mit Mannschaft versehen waren. So richteten denn
sowohl Masmünsler als Thann am 8. und 9. Februar recht
bewef|;liche Klageschreihen ^ an Herzog Albrecbt von Oesterreich
und baten ihn, in anbetracht dessen, dass sie zwei Gebirgs-
s( blosser wären und deutsche und welsebo Lande beschlössen,
sie doch mit Geld und Mjuin^rlinft zu versehen. Nichts ist aber
bezeichnender für die Veriialtni^sr iucr im Lande, als ilass die
«armen, einfältigen Leute» aus Thann noch immer nicht wussten,
1 Revue d'Alsace ]. c p. 184.
> Sehreiben Colmars an Hünstor vom 9. Januar. Revue d^Alsace
'C. p. 1H4.
^ C^el Mater. I, ld6-lö$.
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wie sie denn fiberhau|>t die Armagnaken zu beliaiideln hätten^
als Freund oder als Feind und ob sie ihnen überhaupt nur Ab-
bruch thun durften. Vergebens hatten die beiden Städte den
Herzog darüber um Auskuntlt gebeten, sie waren bis dahin
ohne Antwort ^v1»lip|)en.
tSonst aber waren die Schinder unbesli ilton Herren im
Habsburger Lande. Jetzt sollte auch GebweÜer, i das StäilU
chen des Murbacber Ffirstabtes, «an den Tanz», und zwar er-
schienen die Schinder in der Nacht vom Ii. auf den 12. Fe-
bruar, vor dem Feste des heiligen Valentin, um 3 Uhr urplötz-
lich vor der Stadt, um sie nach ihrer Gewohnheit zu ül)errumpeln.
Schon hatten sie mittelst Leitern die Ringmauer crstiopen, da
wo an dieselbe eine Badstube sich anlehnte, als einige Steine,
womit die Mauer belegt war, auf ein innen wärts anstehendes
Gerüst fielen. Dadurch entstand ein solches Gepolter, dass die
Wächter, die sich vor der Nachtkälte in die warme fiadstube
geflüchtet hatten, darüber erwachten, lu schreien anfingen und
einen solchen L§rm machten^ dass die Bürger erwachten und dem
Gesrlirei zuliefen. Die waren aber <lo(rh wohl zu spitt gekommen^
wenn niclit ein wackere« Weib, namens Bridt Schickhin, herbei-
•^eeilt wäre, etliche Wellen Stroh rasch angeztnidet und mit
grossem Geschrei über die Mauern geworfen liätte. Darauf
entstand ein so panischer Schrecken unter den Feinden, dass
sie schleunigst zurückwichen. Als es nun aber Tag ward und
man die Thore aufthat, wurden noch etliche Leitern von son-
derbarer Erfindung, teils von Stricken, teils von Holz gemacht,
die man zusammenlegen konnte, an der Maner hängen gefunden,
die nun zum ewi^'^en Gedächtnis in der Pfarrkirche anfj^ehängl
wurden. 2 Es fingen auch (!tliche Manner hinaus auf Si henken-
Wüst, wo sich der Feind gelagert lialte; der aljor war ge-
flohen mit Hinterlassung vieler Pferde und anderer Sachen,
wovon die Bürger gross Gut gewannen.
Das ganze Ereignis erschien aber den guten Gebweiler
Büi'jrern zu wunderbar, als dass es mit rechten Dingen hätte
zn<^eg;ingen sein können. T'nd in der Ttiat wollten vi(-!p f.pute
gesehen haben, wie «die glorwürdigste MuUei Gottes und der
^ Gebweiler Chronik ed. Mossiuann p. 63. Die Erzählung ist
wortUch entnommen aus «gelabt aus einem alten zerrissenen brief»»
geschrieben dnreh Johann Melchior Nussbaumer, Stadtsehreiber xn
Uebweiler, abgedruckt eben&lls 1. c. p. 42.'}— 424. Diese Vorlage der
Gebweiler Chronik enthält zwar «sagenhafte Bestandteile, insofern sie
den Dauphin Ludwig in Person mit 4(),(XH} Mann vor die Stadt
rflcken lässt, aber die Thatsache selbst ist festgestellt durch die sich
unmittelbar anschliessende Verordnung des Fürstabtes.
s Mossmann bemerkt in seiner Ausgab» vom Jahre 1844, dass er.
in der Pfarrkirche noch soldie Leiter gesehen. »■
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heilij^e Bischof und Märtyrer Valentin* mit grossem Glanz um-
geben auf der Hin^^mauer liin und lier spazierten, um anzu-
zeipren, dass sie die Stadt in ihren besonderen Schutz und
JSchirm genon»men». Und auch die Feinde bekannten öffentUcli,
dass ihnen nicht anders war, als wenn eine g^rosse Schar ihnen
nacheilte. «Ohne Zweifel wird ihnen die heiligste Mutter Gottes
eine übernatürliche Furcht und Schrecken eingejagt haben.)»
Daher berief denn der Fürstabt Dietrich vom Haus alsbald
am 14. Februar den Hat der Stadt und die sieben Zunftmeister,
und sie gingen zu den Dominikanern in das Refektorium, all-
\vo besclilosseii wurde, dass man zu ewigen Zeilen St. Valentin-
tag sollte verehren und hochfeierlich halten als wie den heiligen
Weihnachtstag selber. «Die Frühmesse soll von St. Valentin
gesungen werden, und wenn das Amt beginnt, soll Jung und
Alt mit brennenden Ker/en um die Kirche gehen ; das Hoch-
amt soll unserer lieben Frau gesungen werden, und es sollen
<iie vom Adel, die Ratsherren und die Zunftmeister wie auch
ihre Weiber zum Opfer gehen, dass auch fernerhin durch Für-
bitte Marias und des heiligen Bischofs Valentin die Stadt samt
allen Einwohnern von allem feindlichen Unfall und allem
Uebel gnädiglich behütet werde.*
Damit hätten nun die Feindseligkeiten ihr Ende nehmen
müssen, denn am 13. Februar war Friede geschlossen ; aber
wie nicht anders zu erwarten stand, blieben die Dinge wie sie
waren. Gleichsam um es aller Welt zu zeigen, dass König
Karl und die deutschen Fürsten so viel beschliessen möchten,
wie sie wollten, brach das ))öse Volk am 19. Februar von Ros-
heim und anderen Quartieren wohl mit 4000 Pferden auf und
zogen über den Kochersberg und die Zorn in das- Land der
Herren von Lichtenberg, denen sie an acht Dörfer verbrannten,
darunter Dettweilcr, Lütolzhausen 3 und Gottesheim. In den
J)eiden ersten Dörfern verbrannten sie an 40 Personen, Männer,
Frauen und Kinder, die sich auf den Kirchturm geflüchtet
hatten und sich nicht ergeben wollten. Zu Gottesheim ver-
l)rannten sie ebenfalls die Kirche mit allem, was darin war;
nur das Bild des heiligen Oswald trugen sie vorher heraus, wie
sie denn auch in Lütolzhausen vor der Verbrennung der Kiixrhe
<las Bild des heiligen Nabor herausgetragen hatten. Auch in
1 St. Valentins Haupt wurde zu Rufach verehrt.
2 Diese Erzählung ist auch in die Thanner Annalen von Tscham-
ser p. Ö7Ü übergegangen, wo ebenfalls von der wunderbaren Heilung
einer durch einen Armagnaken schwer verletzten hochschwangeren
Frau erzahlt wird, die auf Fürbitte des heiligen Diebolt geschehen
wäre.
3 Der Ort scheint unter"
Breuschthal, wie Strobel ir
Leu zu sein ; Lützelhausen im
'8 nicht sein.
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Gottesheim verl »rannten sechs Menschen in der Kiivlie, während
vier sicli durch einen Sprung vom Kiichtiirm vot ilein Tdd in
den Flammen retteten, ai>er an den Brandwunden und vom Falle
starben .1 Natürlich raubten die Schinder auf diesem Zuge alles»
was sie fenden; ausserdem fingen sie m«$hr als 200 Personen»
Pfaffen und Laien, zum grössten Teil arme Leute, die sie mit
sich gen Rosheim und nach ihren sonstigen Quartieren führten ;
die sich al>er niclit auslösen konnten, die töteten sie, indem sie
dieselben aufhingen oder ihnen die Gurgel abrissen ; andere
stiessen sie ins Feuor, so dass ihnen Haut und Haai- ahi^esen^t
wurde und das Anllilz verbrannte ; anderen Ihalen sie grosse
-Marter an mit Schlagen, Stessen, Treten, Werfen undmannig-
facher Häite. Im Unterlande aber entstand grosser Schrecken^
dass die Gecken ihren Raubzug noch weiter ausdehnen könnten,
und Hagenau hatte nichts Filigeres zu thun, als alle liiume in
seiner' nächsten TlrM^rpfiiin^ attznhaueii. Diese Befürchtunf^en er-
wiesen sich dann aber gar bald als grundlos, die Gecken kehrten
in ihre Quartiere zurück, und man müciite last vermuten, dass
es sich hier um einen letzten Gruss handelte, den der von
Finstingen den Lichtenbergern ins Land schickte.
Um die Wiederkehr ähnlicher Rauhzage zu verhüten, /og
der Landvo^ von Neiperg und die Landherren dann am 25. Fe>
bruar mit jener reisigen Schar, die vordem zu Geispolsheim
einen so schönen Erfolg" davongetragen hatte, nach Zabern, al)er
die Gecken kamen nicht wieder. Anderswo trieben sie es nicht
besser, und so war es natürlich, dass auch lleiien und Stüdte
sich nicht an den Waffenstillstand kehrten» sondern den Feind
nach Kräften schädigten» allerdings nicht immer mit Erfolg.
Eine ähnliche Plage wie Rosheim war auch Markolsheim ffir
die Illge{]^end. Als nun am 5. März das böse Volk wieder zum
Füttern auszo^'^ und grossen Schaden anrichtete zu Hilzenheim
und anderen Dörfern, da zogen wohl über Gesellen aus
Benfeld, Ebersheim nnlnster, Wörth, Ehenweier und Umgegend
nach dem genannten Dorf. Sobald die Gecken ihrer ansichtig
wurden, schickten sie nach Markolsheim um Verstärkung und
kamen dann mit starker Macht an dic^ Gesellen, Die wurden
nun flüchtig gemacht, ihrer auf der Flucht erschlagen und
wohl 50 gefangen, daruittct- Bechtold, ein Sohn des RiHers Hans
Manss, Hans Heinrich Bussoncr - nnd Peter der Orjreler zum
Münster in Strassburg. Die schätzten sie um so hohes Geld,
«
1 Strassburg stellte später eine Untersuchung an über die Ex-
zesse, welche die Schinder auf diesem Zuge begingen. — Strassburgcr
8t.-A. AA 186.
2 Schreiben von den beiden an ihre Väter, worin sie bitten, bis
SoHTitafr eine SnmTnc Geldes zn ihrer Auslösung zu senden, oder sie
müüsteu beide Kterben — ohne Datum — AA 190 or. ch.
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dass sie es nicht zahlen konnten, und so schleppten sie diesellten
später mit nach Welschland und spraclien, sie wollten sie an
die Juden in Frankreich verkaufen. Die anderen aber wurden
(rrössteiiteils ausgelöst um viele Gulden ; die Schinder hatten
nämlich einen Gesellen l)eMuftiajjl, zu den A.ngehön{reii <ler G»«-
tanj^enen zu gehen, um IQr dieselben Geld und Schätzung zu
bringen. Das hatte er auch sclion mehrtach ^elhan, bis er zu-
letzt ÜO Ciuldt'u von Ehenweier nach Markolslieim tragen sollte.
Da lauerten ihm unlerwej^ zwei Gecken auf, die keinen An-
spruch auf das Geld hatten, beraubten ihn und stachen ihm die
Gurgel ab. Natürlich wurden diese Feindseligkeiten erwidert.
So waren liereits alle Vorbereitungen getrofTen, um einen Hä-
ringstransport abzufangen, der von Baccarat ilber die Marlvircher
.Steige konunen und dem l'aslcnb«nlru t"nis der Gecken liechnung
tragen sollte. Leider blieb derselbe aber au.s. Audi eine
gemeinschaftliche üulernehmung auf Dambach kam nicht zur
Ausführung, i Selbstverständlich wurde unter den obwaltenden
Verhältnissen auch jene Bestimmung bezöglich der Auswechs-
lung der Gefangenen nicht beobachtet. Bischof Ruprecht drang
lim '2.^). Februar bei Strassbiug darauf, die Gefangenen nicht
ohne Lösegeld freizugt bon, und wenn sie dasselbe niclit zu dem
festgesetzten Termine bezahlten, sie um so härter zu lialten,
damit sie baldigst das Geld zahlten.^ Einer .solclien Mahnung
bedurfte es jedoch schwerlich bei Strassburg weder von Seiten
des Bischofs noch Colmars, wetehes am 5. März den Unter-
landvogt von Neiperg um seine Verwendung bei Strassburg
ersuchte, damit es die Gefangenen nicht eher herausgäbe, als
bis auch Goiinais Bürger von deti Armagnaken zu Markolsheim
und Heiiig-Krenz freigelass«Mi wären.»
Inzwisclien i iu kte der Termin heian, dass die Armagnaken
abziehen sollten, die nun von den Herrschaften nocli möglichst
viel herauszupressen suchten dafür, dass sie ihnen ihre Städte
und Schldsser nicht niederbrannten. Blancheflor, der zu West-
hofen lag, verlangte für seinen Abzug 700 Gulden, oder er
wollte die Stadt so kahl niederbrennen, wie es Bergbietenheim
bereits ges( hellen wAie. Durch Dazwischenkunft des Junkers
VValther von Thann wurde die Sunnne auf 415 Gulden ermässigt.
Ausserdeni mussten die Bürger eine Armbrust, eine Winde
dazu, sowie zehn Fuder Wein und ein Bett geben, welches die
Schinder dem Junker Cur seine Vermittlung schenkten. Trott-
dem legten sie Ijei ihrem Abzug in vielen Häusern Feuer an,
so dass die Stadt in Flammen aufgegangen wäre, wenn nicht
1 Ulrich von Ratsamhaasen an Schlettstadt. Datum dunderstag
n. Veitin (Februar 18). Oberehnheimer St.-A. ££ 6 or. ch.
— 143 ~
die Börger zeitig ein$^escbrifien wSren.t Auch der Marschall
von Frankreich, der zu Iloslieim iMg, verschmähte dies
saubere Geschäft nicht. Er l>ediente sieh dazu der Vermittlung
eines verlorenen Strasshurger Kindes, Klaus Zorn, den man
nennet Lap^>e. So verlangte er von den Herren von Landsberg
1000 Gulden lär ihr Stadtlein Niederehnheim und warnte sie
ausserdem, ja nicht mit irf^nd einem anderen Kapitän in der
genannten St.ult ein Abkommen zu treffen, da er dasselbe nicht
hoAcliftMi wuitle.s Auch Oberelinlieim sollte das Dort* Bernhards-
weilei auslösen und desgleichen Shüsshui-^ etliche Häuser zu
Hosheim, die Bürgern der Stadt gehörten. Die Drohungen al)er,
sonst die Orte oder Häuser niederzubiennen, verfingen nicht,
und der Marschall muss sich doch wohl gescheut haben, sie aus-
zuführen. «Hätten sie ihm aber das Geld geschickt, er hätte
e.^ ihnen nicht wieder gesandt. 9 Hingegen schenkte der Bischof
für die Schonung von Damhach zwei Hengste, und das Pfirter
Amt mussle gar SCXK) Guldeii /nlilef) \ov ihrem Ahr'upre he-
giiij^en sie nucli noch ein andeies tiuheiishick. \ValireiJ<l sie sonst
aus den Städten und Schlössern, die sie eingenommeu, die Be-
wohner grösstenteils vertrieben, hatten sie doch zu ihrem eigenen
Vorteil manche Handwerker zurückbehalten, wie Müller, Bäcker,
Schmiede, Zimmerleute und Maurer, derer Dienste sie bedurften;
jetzt, da sie abziehen wollten, lohnten und dankten sie diesen
Hf^ndwerksleuten ihre Arbeit damit, dass sie dieselben fingen,
ein 11 l'eil hoch schätzten, einige jämmerlich marterten und
tüteten, andere mit sich fortschleppten und verdarben.
Die Vorbereitungen zum Abzug begannen am 16. März.
Um Mittagszeit brachen die Gecken von WTesthofen auf in der
Richtung auf Molsheim, um sich mit ihren Genossen zu Hos-
heim und Niederehnheim zu vereinigen; am folgenden Tage
zogen sie nach Bliensweiler und den benachbarten Dörfern am
Eingange des Leberl irules, wo sie die Nacht über lajren ; hier
reichten sie die Hand den Schindern in Dambach und traten
am 18. März den Ruckweg durch das Iieberthal^ nach Frank-
reich an, nachdem sie vorher* alles, was auf ihrem Wege lag^,
niedergeljrannt hatten. Sie zahlten an 8000 Pferde und teilten
sich in drei Haufen; der letzte Haufe enthielt auserlesene Mann-
schaft, die vornclinisl«'ri Herren und Fdelleut*', v-:ihrerid in den
l»eiden voranziehenden Haufen, deren Stärke auf (iOOO ungegeben
1 btrassbnrger A AÄ 186. Schilters Angabe p. iU2 ist angenau.
- Schreiben des Claus Zorn an Herrn Heinrich von Laudsberg
and seine Vettern vom 12. März. Strbg. St-A. AA 183.
' Ueber den folgenden Deberfoll im Leberthal beriekten die erste
mid zweite Fortsetzung von Köni^fskofen bei Schilter p. 935 und 1018
sowie bei Mono III 520. Alle drei enthalten in der Hauptsache übet*
einstimmende, in £inzelnbciten aber auseinandergehende Nachrichtea.
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wird, ilie jschleciit FiewafTnelen und KranktMi \v:irpn Inzsvischen
hatten sicli an 500 Gesellen von Iier^hr-ini, Schlettstadl, Slrass-
ijurg, sowie aus dem Weüer- und Leberthal zusammengefunden^
an deren Spitze vier Hauptleute standen, einer von Strassburg^
einer von Schlettstadt, welcher Konrad Lang hiess, einer vom
Weiler und einer vom Stein; die legten sich bei St. Kreuz, da
wo der Pass am enji^sten war, so dass nicht zwei neben einander
reiten konnten, in den Hinterlialt. Die beiden vordersten Haufen
Hessen >*ie ruhi^ v*>i i*eiziehen ; als aber der hinlerr?te Haufen
kam, da liessen sie gerällle Baume und Steine von oben auf
den dichten Haufen herablallen, schössen mit Handbüchsen und
Armbrusten unter sie, sturroten dann herunter und schlugen
über 'SOO tot ; darunter befand sich einer der obersten Kapitäne,*
der zu Daml)ach gelegen, und noch sonst zwei Hauplleute, ausser-
dem viele andoro frefl'Iiffie r.eiitc, KtUf und Unedle, au? welschen
Landen. 2 Hätten di«; Gesellen Sii)ei ebenso eifrig auf die Gecken
gefahndet wie auf das Gut, das sie mit sich führten, sie hätten
1000 Mann mehr erstochen. Die Beute war allerdings . hdchst
beträchtlich : 416 Hengste und Pferde, an 80 vollständige Kürasse
und ausserdem sehr viele gute Harnische und Schwerter, dasu
neun grosse Büchsen, die auf Rädern fuhren, drei Tonnen
Pulver und viele Wagen mit Kriejjs^rerat und Stnrmzeug be-
laden. Ganz besonders wertvoll aber war der Inhalt der zahl-
reichen Kleidersäcke und Taschen, die erbeutet waren, in denen
der ganze Raub aus dem Unlerelsass stak ; nicht bloss fand sich
dort sehr viel Silbergeschirr vor im Wert von vielen tausend
Gulden, sondern ancli an 60,000 Gulden baren Geldes. Ruhm-
voll waren auch die Trophäen, die gewonnen wui'den: drei llie-
gende Banner, ausserdem viele Standarten, die in Sacken ver-
packt waren, darunter eins, welches die Schweizer vor Basel
verloren halten, und König Karls Hauptbanner, welches «gross
schätz» wert war. Zum ewigen Angedenken wurden sie zu
Schlettstadt in der Kirche aufgehängt. > Auffallend ist, dass so
wenig Gefangene gemacht wunlen, von denen unter Umständen
doch reiches Lösegeld su «m pressen gewesen wäre ; nur ein Mann
und zwei Frauen wmdon lebend nach Schlettstadt gebracht.
Wunderbarerweise erlitten die i:.l.sässer gar keine Verluste,
> Die «rsteFortsetsung nemit allem den Namen des einen Obersten:
Eobin Petitlo, während Taetey I, ddl denselben noch im Jahre 1449
als lebend nachweist.
* Hier heisst es übertrieben in der zweiten Fortsetzung bei Schil-
ter von den Oesellen : eitel vornehme Herren und drei Obristen,
darunter über 30 Fftrsten, Herzoge und Glrafen und der beste Kern
von Rittern und Edelleuten.
3 Nach einer freundlichen Mitti ilung von Herrn Dr. Knod zu
Schlettstadt sind sie aber spurlos verschwanden, and es fehlt jeglicher
Nachweis, wo sie geblieben.
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146 —
auss»M- (lass etliche uniif^fährliche Wuinleri davon tnij^'^en; «das
ist ein Zeichen, dass ihnen unser Herr Gott tselbst halt", die
wühlgewappueteii stieitbaren Beisige zu überwinden ; denn die
Knechte waren meistens arme nackte, achleetit auafferöstete
•Leute < Unmittelbar an diesen Siegr aeliloes sich noch ein neuer
Erfolg. Der Dauphin hatte nämlich seine Artillerie in das dem
Markgrafen Karl von Baden gehörige Schloss St. Kreuz ein-
S:eslellt, nachdem der markgräfliche Vogt versichert iiatte, dass
die^jelbe hier ebenso sicher wäre wie in Nancy. Daran kehrte
sich aber niclit die sietJ:i(Mche S<:har, sie führte die fraiiAosiscbe
Artillerie als gute Beute im Triumph nach Schletlstadt.
• Auf die Kunde von diesem gelungenen Ueberfoll fuhr ein
gewaltiger Schrecken in die Armagnaken. Die su Markolsheim
lagen, gaben es auf, durch dns T.el}erthal zu ziehen, sondern
ritten am Palmsonntag, dem 21. März, landaufwärts, indem sm
die Stadt als oine Ruine zurückbessen. Bereits am "25. Fetjruai
wai ein jiros.ser Teil der Stadt ein Raub der Flamin* n fje-
worden, zum grossen Verdruss der Armagnaken, die liauials
einen guten Teil ihrer Beute eingebOsst hatten. Jetzt hatten
sie eine Scheuer niedergebrannt, an »der 90 tote Gefangene
aufgehängt waren, die durch den I^ichengeruch lästig wurden ;
das Feuer griff al)er um sich und legte fast die ganze Stadt
in Ascbe. Für ihr Treiben emplin^ren sie jedoch die ge-
hfihrende Strafe. Ant ilirem Marscb dmcli den Nonnenbnich
wurden sie von Bür;iern der benarlilKirten Städte Thann,
Sennheim, Sulz und Watt weder überlallen und verloren au
400 Mann, während die Burger nur 22 Mann zu beklagen
hatten und mit reicher Beute zurückkehrten« > Am folgenden
1 Vielleicht ist die 8iegesfreude noch durch argen Missklang
gestört worden, iosofern Streitigkeiten sich über die Beute erhoben.
In d«r Fortsetsung des Kdainhofen bei Mone heisst es, dass Schletta
Stadt jedttm CtoselTen 6 OnldeiL Yon der Beute geben wollte. Das
hielten diese aber für zu gering und kündi;2:ten Schlettstadt Fehde
an. Bei Schilter 1019 steht eigentlich das Gegenteil, dass die Gesellen
Ton der Beate sehr reich wurden^ ansserdem noch allen früheren
Eigentümern, die sich darfiber ausweisen konnten, das Ihrige sn«
rftckgaben.
^ Diese That ^nehe wirft wieder ein eigentümliches Streiflicht
auf die Haltung der deutschen Fürsteu. Markgraf Karl von Baden,
der Sohn von Markgraf Jakob, beteuerte dann oei König Karl seine
Unschuld an der Wegnahme des Geschützes (de Beftocoort IV, 74);
darauf wandte sifh König Karl mit Beschwerden über dir^^nn Üeber-
fall 1445 an die Kurlürsten zu Boppart und 1447 an den Keichntag zu
Nürnberg ; sein Geschütz hat er aber schwerlich wiederbekommen.
s Eine nngedrackte Chronik des Beatas Rhenanns entbftlt nach
freundlicher Mitteilung des Henm Dr. Knodt eine auf diesen üeber-
fall bezügliclK Stelle, die, wie es scheint, nuf mündlicher Ueberliefe*
rnng beraht, jedoch bereits einen sagenhaften Charakter trugt. i
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Ta;^e vprlif'ss*-n die Mannschaften zu Heili^^ -Kreuz, Heiiibiieua
und Egit^heim iiue Quai lieie und lagerten sich in der Um^egead
- -von Ensishdm; die Besatzung von Heiligkreiiz kehrte jedoch
nochmals turflcli und besetzte den Ort, um ihn erst am Oster^
montag, dem März, endgültige zu verlassen, wobei sie alles,
was sie nicht mitschleppen konnten, mutwillig dem Verderben
preisgal>en : d:is Korn wurde aut die Gassen und ins Wasser
gesehüttet, Betten und Leintücher wurden zersi hrtiften, Kühe,
Kälber und Schweine abgestochen, damit nienmrui melir davon
Nutzen ziehen konnte. ^ Am Osterdienstag fand der allgemeine
Abmarsch der Schinder statt aus allen Orten, die sie beseist
gehalten, wobei wiederum namenlose Greuel verObi ivorden ;
<rzuletzt nagelten sie die Leute mit Hund' und Füssen an die
Wand und verbrannten viele hundeit Personen».
Mit sich führleiJ ^ie noch viele Gefangene, die jetzt zu
Mümpelgart ein grauenvolles Gefängnis fanden. Wir sind hier
ausnahmsweise in der Lage, ein bis in die Einzelheiten genaues
Bild geben zu können über die Art und Weise, wie die
Schinder von ihren Opfern das höchste Lösegeld berausschanden.
Es waren nicht bloss körperliche Martern, sondern solche teuf*
lisrho Veranstaltungen, die den ganzen Organismus des Menschen,
Krtrjier nnd Seele, in namenloser Weise peinigen, welche sie
daiiei anwandten. Der Mulliauser Stadtschrei bei Hans Scliad
war auf einer amtlichen Reise den Schindern in die Hände
gefallen, und diese seine amtliche Stellung < war für sie Ver-
anlassung, ein Lösegeld von ihm zu verlangen, welches seine
Verhältnisse weit überstieg. Der arme Kerl musste wohl oder
iibel darauf eindrehen, oder er musste «straks sterben». Die
Sehatzung betrug 40<) Gidden, 10 Fuder Weins :aif lü Wagen,
iO Mnth Weizen Mlunpeigarler Masses, 40 Mutli Hafer und
10 Pariser Ellen des besten schwarzen Tuches, s während dei-
ganze Besits des Stadtsehreibers, liegende und fahrende Habe,
nicht einmal 100 Gulden betrug ; dazu hatte er eine arg sieche
Frau und vier kleine unerzogene Kinder. Der Schreiber aber
meinte ein gewisses Anrecht auf Auslösung seitens der Stadt
zu baben, da er auf einer amtlichen Heise gefangen genommen
wäre. Davon wollte Mülbausen aber nichts hören; es wuiite
höchstens 150 Gulden aufwenden und war augenscheinlicli der
Ansiebt, wenn der Mann auch Misshandlungen ertragen mfisste,
mit der Zeit Wörden die Schinder doch mit dem Lösegeld
heruntergehen. Es kann nun nicht unsere Aufgabe sein, den
recht unerquicklichen Briefwechsel zwischen Mülhausen und
J Thanner Annalen von Tschamscr, p. ö71.
' Hans Förster au Junker Heinrich Meiger dat März 29. Strbg.
St.-A ÄA 242.
s Sebreiben vom 30. Mai 144ö. MOihauMr Urkb. II p 148 nr. 689.
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dem Stadtschreiber weiter zu verfol^^en ; er wirft auf den Kräint^i -
geist der Stadt ein hässliches IJrht. St hliesslich waren < - 4i h)
Gulden, worum Mülhausen und <iie ATJ^f liöri'ren und Freund.' des
Schad denselben nebst dem mit ihm gefangen genommenen
Knecht auslösen wollten; der Schinderhauptmann wollte aber
nicht wen seinem Preise ablassen und die Sbtd( nicht mehr
zahlen. Vergebens wandte sich der arme Schreiber, der nun
schon l)einahe zwei Monate im Stock gefesselt gelegen hatte,
am 19. Tnü an die Stadt, ihn doch um Gottes Willen auszu-
\ös(*n, damit die Schuld von seinem Tode nicht auf ihr Haupt
käme; bezahlten sie' doch Ersatz für ein Pferd, wenn es im
Dienste der Stadt fiele; wie wollten sie denn seinen Kindern
den Vater besahlen^ den sie doch befreien könnten ( i Ver-
gebens; Hölhansen glaubte damit genug für seinen Stadt-
schreiber gethan zu haben. Inzwisdien hatten die Schinder
von der ursprünglichen Forderung von Naturalleistungen ab-
«jetassen nnd die gesamte T^ösirnjissumme festgesetzt auf rund
ÖOU Gulden. Um die fehlenden 200 Gulden dietite sich das
fernere Feilschen. Den Schindern ging aber jetzt die (ieduld
aus, und der Stadtschreiber musste am 31. Juli und den 1. Au-
gust Streiche erleiden, es möchte einen Stein erbarmen ; ausser-
dem wurde der 5. August als ftusserster Zeitpunkt für das
Lösegeld bestimmt oder aber er müssie sterben. > Damit nahmen
die Schinder es nun zwar nicht so genau Dagegen ergriffen
sie ein anderes Mittel, um Mülhausen und Srhads Anire-
höri«je mürbe zu machen, und was sie jetzt mit dem armen
Manne machten, ist allerdings so schmutziger Art, dass man
Bedenken trägt, es niederzuschreiben. Sie führten ihn nach
einem Türm, auswendig gar schön zu schauen, aber als die
Thftre geöflbet war, kam ein solcher Gestank und Geruch
heraus, dass seine Führer selbst sich nicht hinein getrauten.
Das war auch kein Wunder; denn oben auf dem Gewölbe
lagen über 12 gefangen und unten im Erdgeschoss ö; wenn
die oben aber ein Nalurbedürfnis zu verrichten hatten, das
thaten sie alles durch ein Loch in das Erdgeschoss hinab, auf
und neben die, so da Uigen* Und da unten war so viel Unrat«
dass nirgends eine trockene oder saubere Stelle und es in der
Mitte gar mannstief war. In diesem Loche musste der Un<
glückliche nun von 2 Uhr mittags bis zum anderen Tag, dern
7. August 8 Uhr morgens bleiben, cdn sölichem unlust, bitt^ru
gesmack», widirend «die ohein nülzit anders, nachdem si uhel
essen, wasser trinken und siech sind, tüud denn eins über das
ander herabe ulT, an und neben mich und die andern so da
1 Mülhaoser Urkb. U, 137 nr. 673.
s 1. c. p. 192 nr. 678.
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lagen, tun was inen not ist*.* Schliesslich eiiipfaiidon tlie Be-
wohner von Mumpelgart ein menschlich Rühren, und sie kamen
mit Schads Schergen auf 500 Gulden Lösegeld flbere*n,s und
diese Summe versfand sich Mülhausen su zahlen.*
Es erübrigjL jetzt noch die Frage zu stellen» welche Verlusld
die Schinder wnhrond ihres Aufenthaltes im Elsass pHittf n h;itten,
wie viel Monscheiiieben durch sie umgekommen war. Str^ss-
burg selbst schätzte im Anfange des Jahres 1445 deren Zahl
auf 20,CI00. So erheblich war die Einbusse, welche die Schinder
erlitten hatten» keineswegs. Feste Anhaltspunkte besitsen wir
überhaupt nicht, aber wenn wir einer Angabe Schilters^ trauen,
dürfen» so überschlugen die Kapitäne, als sie gen Lothringen
gekommen waren, dass rnoln als 10,00(» Mann auf diesem
Zuge verloren hätten ; »larunter waren mehr als 1000 Herren»
Ritter und Knechte «gewesen.
Für das Obereisass al)ei halte jetzt endlich die Stunde der
Befrdung geschlagen. Das Land atmete erleichtert auf, und
die Bewohner sandten Druikgebete mm Himmel. In Strassburg
wurde verordnet» dass alle Samstag und Sonntag das Salve Re-
gina gesungen werden sollte, Gott und unserer lieben Frau zu
dankon,5 und Colmar beschloss für den 5. April Ahhaltunjj
einer allj^emeinen Prozession nebst Absingung des Tetleum.ß
Dennoch war die Gefahr noch nicht ganz vorüber. Der Dau-
i<hin hatte bei seiner Abreise aus dem Elsass mne starke Be*
Satzung zu Mumpelgart zurückgelassen» die von den abziehenden
Armagnaken noch erheblich verstärkt worden war» und es war
vorauszusehen, dass von diesem festen Platze aus die Sc hinder
Plünderun^i^szü^e in den Sund^au und d.is Oherolsass unter-
nehmen würden, während für das UnteieUas.-s die Gefahr nahe
lag, dass in den fortdaueiikden Fehden ' zwischen de»i Grafen
> Ich habe Bedenken getragen, diese ekelhafte Sache aufounehmen,
aber sie ist doch so bezeichnend, dass sie nicht wohl zu umgehen ist.
* Schreiben Schads vom 7. August (fev. sexta au. Laorenc. ; von
Mossmauu falsch datiert auf 6. August). 1. c. 197 nr. 681.
^ Aach ein Schreiben Ersteins an Oberehnheim wirft ein interet»-
santes Streiflicht über die Art und Weise, wie die Schinder mit ihren
Gefangenen umsprangen. Drei Bewohner von Kogenheiin v-aren gefan-
gen genommen ; eiripf von ihnen, Ulrich Hochstrass, wurde vor die
. «leube» gelahrt und verkiiutt iür ÜÜ ti. Daraui wurde derselbe von,
dem Kfinfer an ein Thürgestell gehenkt und «swerlich getümdt», Ina
er 100 Gulden. an geben verhien. Oberefanh. St-A. ££ 6 or. eh.
* p. 926.
ä Schilter 1()2().
* Revue <rAlsace 1. c.
~ Bezüglich dieser Fehden verweise ich auf einen demnächst in
der Zeitschrift für Geschichte des Oberrheine von mir erscheinenden
Aufsatz.
Digitizixl by <jOO^iC
— 440 —
von Leiningen und den Herren von Lichtenbei-^^ die lothrin-
^i'^'^Uen I.andherren die wilden Scharen wieder ins Land
tülii ten. Einstweilen aber fühlte man sich sicher im Vertrauen auf
die zu Tiiei ^etrotlenen Abmachungen, die ja insofern pünkthch
gehalten woitlen waren, als die Armagnaken zlir rechten Zeit
abgezogen waren. So vergassen die sonst so änsstlichen Städte
die Vorsicht, nm rechtzeitig Streifzügen von MQmpelgart vor«-
zubeugen. Dagegen schien jetzt die Zeit gekommen, an denen,
welche die Armagnaken herbeigerufen und ihr Treiben be-
günstigt hatten, die Strafe zu vollziehen. Am schlimmsten
fuhren die Sundgauer Edelieute, die jetzt bitler entgelten mus^i-
ten, was sie gethan. Hier war es Basel, welches das Strafanit
übernahm, i Der Krieg wurde wider alle diejenigen besclilossen,
die den Dauphin hergerufen oder unterstützt hatten. Wie immer
mussle das arme Landvolk die Sunden seiner Herren entgelten ;
was der Dauphin itn Sundjjau nn verheert gelassen, das wurde
jetzt vollends ver(lorl)e)i und verbrannt. Es winde uns jedoch
zu weit führen, auf die einzebicn Züj^e, welche die Stadt wider
die Burgen der Sundgauer Herren unternahm, einzugehen ; ea
genügt, dass eine ganze Rejhe Ton Schlössern des Adels er-
obert und auch zum Teil gebrochen wurde; und dadurch ist
dieser .Rachekrieg Basels für den Wohlsland des Sundgauer
Adels geradezu vernichtend geworden. Zugleich wurde sämt-
lichen Edlen, von df^nen die Stadt in Erfahrung gebracht hatte,
dass sie auf seilen der Armagnaken gestanden, auf Lebenszeit
der Aufenthalt in der Stadt unlersagl. Gern tiiitte Basel auch
die Elsässer Reichsstädte zu ähnlichen Massrei^eln bewogen, und
es fehlte anfangs auch nicht an Neigung dazu. Noch während
des Krieges mussten die Herren von Hattstadt schwere Vorwurfe
von Colmar hören, dass sie ohne Not dem Feinde die Thore
von Her Hsheim geöflnet hatten ; ® und unmittelbar nach dem
Abzüge des Feindes kam es zu mehrfachen Gewaltakten j^efren
Hreisach und andere Orte, denen man Schuld j,^ab, den Feind
liegüuhtii^l zu iiaben. Am 47. Ajjni war Colmar dann in der
Lage, Basel zu antworten, dass es augenblicklich mit den an-
deren Reichsstädten über gemeinschaftliche Massregeln gegen
die Schuldigen unterhandelte, s Es erfolgte jedoch nichts, und
man wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass die Städte
sich scheuten, etwas zu unternehmen, aus Furcht, mit der öster-
reichischen Herrschaft und dadurch mit Köniy Friedrich in
Widerstreit zu geraten ; sie wollten eben jeden Anschein \ei -
meiden, als ob sie irgendwie die Unternehmungen der Eid-
1 Ochs, Gesehachte der Stadt Basel S, 490 If.
s Schreiben Golrnftre an Anton von Hattstadt vom 22. März.
Revue d'Alsace I. c. p. 187 u 188.
' Revne d^Alsace L c. p. 416.
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— 150 -
^'eiiosseii ua<l Basels l)ej?iiusliglen. Nur Mülhausen schloss sich
dem feindlichen Vorgehen Basels an, und stiess nicht nur
die Edelleute aus seinem Haie aus, sondern wies sie und die
Achthürger auch mit Horst und Nest aus der Stadt. Damit
hatte sich die Stailt mil der Linken den rechten Arm abge-
schlagen, und es halte noch lange an dieser in der ersten Hitze
getroffenen Massregel zu tragen. »
Der einzige im I^nde, den sonst noch Strafe traf,« war
der Graf von Lupfen, der den Gecken in Kiensheim ünter-
schliipt gewährt halte. Strassburg, der Graf von Lützelstein
und der Herr von Lichtenberg, zu denen sich merkwürdiger-
weise auch der Markgraf von Ilöteln mit 8(X) Mann gesellte,
zogen über den Rhein und suchten ilni in seiner Grafschaft
im Kletgau auf. Hier eroberten sie seine Stadt Kngen und
nahn»en ihn selbst gefangen. Dagegen der Hauptschuldige,
Herr Johann von Finstingen, musste einstweilen noch unbe-
straft bleiben; ihn deckte zunächst noch der mächtige Schutz
des Königs von Frankreich, dessen Unterhändler er bei den
Kurfürsten war. Später traf ihn dann allerdings auch empfind-
liche Strafe, aber nicht ohne dass auch Strassburg in dem so-
genannten Wasselnheimer Krieg erliebliche Finbusse erlitt.»
Während nun der Sundgau von ilen rachedürslenden Scharen
der Basler heimgesucht wurde, drohte gleichzeitig wieder ein
neuer Einfall der Schinder. Die Garnison, die zu Mümpelgart
lag, hatte eine namhafte Verstärkung erhalten : der Kapitän,
der früher zu Markolsheim gelegen hatte, war mit 1200 Pferden
in Mümpelgart eingerückt ; darunter waren 800 gute, wohl aus-
gerüstete Leute, während die übrigen nacktes Volk waren. So-
lort begannen sie auch ihr altes Treiben; ihre Streifzüge,
wobei auch das Städtlein Pfirt in ihre Hände geriet, dehnten
sie bis vor die Thore von Basel aus. Ausserdem verlautete,
dass auch ein mächtig Volk von Schindern «danidenan» von
lothringer Landherren ins Elsas« sollte geführt werden.* Die
Gefahr für das Unterelsass erwies sich zunächst noch als un-
begründet; dagegen war sie im Oherlande drohend genug; und
diesmal waren die Stände im Oberelsass so gewitzigt, dass sie
* Der Stadt Mühlhauseii Geschichten von Petri p. 125.
2 Die einzige Nachricht hierüber bei Schilter p. 1020.
3 Ich gestatte mir hierüber ebenfalls auf einen demnächst in
der Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins erscheinenden Aufsatz
zu verweisen.
•* Strassburg an Burckart von Mülnheira dat. Juni 15 bei
Schilter p. 968. Die hier gemeldete Nachricht von dem Abzug der
bisherigen Garnison muss auf einem Missverständnis des Bericht-
erstatters beruhen — Basel an Strassburg dat. Juni 25. — Schilter
p. *J69. Zu Markolsheim hatten übrigens zwei Anführer gelegen :
Gaston de Lerigot und L'Espinasse.
— 151
sich zu.*nrni 11^*11 <r!ilossen. Es waren Herr Goniatl von iiussnan;^^
als zeitweiiigt'i Jksiizcr des Obermimdals, Herr Dieiricli vom
Haus, Fürstabt zu Murl>ach, dei- Grat vun Luplen, der Herr
von Rappeltölein, Herr Ulrich von Ratsambausen mm Stein als
pßilxiscner Vogt zu Hetlig-KreiiZy Herr Stephan von Vef^tsbui);
als \viirtfember}^ischer Vogt zu Reichenweier, zwei Kernen von
Haltsladt, sowie Colmar und Schleltstadl mit den vcibündeten
Stadien Kaisersberg, Türkheim, Münster, xVmnierst hweier nnd
Oberber'^lifim, welche sich am 24. Juni zu Holniar zui" Autsteliun^
einer Ti uppeuiiiaclit wider die Armaguaken verl)anden,> um die
Einbringung namentlich der Weinlese zu sichern und nötigen-
falls einen Zug^ wider die Armagnaken in Mdmpeigarl tu unter-
nehmen. Das Bfindnis soltfe auf fünf Jahre Gültigkeit haben,
und alle Herren und Städte, welche demselben beitreten ? woUten>
sollten den Bund hescliworen. Das geschah seitens Golmars am
27. Juni, seitens Schlettstadts am 2. Juli. 3 Besonders feierlich
machte dies dei* Fiirstabt von Murbach. Am 27. Juni versan»-
melte er alle Zugehörigen von Geb weder, Reich und Arm, gab
ihnen vom Bunde Kj^ntnis und bestellte ihnen zugleich den
Edlen Hans Stoer als ihren Hauptmann, der dann im Vereine
mit den Bürgern feierlichen £idschwur leistete, sich allen Ver-
pflichtungen des Bundes zu unterwerfen. In derselben Weise
liess der Abt auch die Xi'y^h^ und Räte von Wattwilei-, Uffliolz,
St. Amarin, Bülil und ISer^iiolz ihren Beitritt erklareji und vei-
pflichtete sich gleichzeitig persönlich, den Vertrag tünt Jahre
lang zu halten.
Nicht so fflficklich war der Bund in dem Bestreben, sich
Beistand und Hilfe zu verschaffen. Am zuvorkommendsten be-
wies sich Strassburg, das sieli gerne bereit erklärte, ^ dem
Bunde mit Truppen und Lebensmitteln zu Hilfe zu kommen,
falls dessen Truppen bei Verfol;(unj: des Feindos der Stadt Ge-
biet betreten würden. ^ Bisehof Fiupreehl meinte hin^e;ien auf
die Bitte der Verbündelen um Beistand, wenn sie liei der Ver-
folgung des Feindes das bischöfliche Gebiet berührten, dass er
sich doch zuvor genauer mit ihnen beraten mOsste, ehe er sich
' Die «ntsprecbeadsn AktsnsHIcke im Mülhauser Urkb. 2, 161 it
2 Leid«r ist die Bondesorkimde nieht bekannt.
3 Mül]i;uisen erkhirte seinen Beitritt am \). JuU. (nr. 668) Münster
am 12. Juij, iVip den Vrfteni Hans Oswald und Wigelis von Hattstadt
ehörigpn (irtscliatteii Herhsheiiu, üattstadt und Salzbach beschworen
eu Bund am 17. JuU (nr. 671).
^ Joni 28. nr. 646.
^ Dabei ist allerdings sa bemerken, dass diese Möglichkeit
eigeiitlleh ausgeschlossen war. Lieber wäre es dem Bund schon ge-
wesen, wenn die Siadt sich m einer bestimmten Leistang verpftichtot
hätte.
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452 —
in einer so wicntigen Sache eui^liiie^^^eii könnte — und lud
XU dnem Tag nach Mölsheim auf den 19. Juni ein. >
Aueh an die dsterreichiachen Landstädte, wie A.itkircb,
Eosisheim, Ifasnifinster, Thann und Serinlieim, hatten sich die
Verbündeten um Beistand gewandt. Bekannt ist die Antwort
von Alikircli vom 30. Juni, dass sie nicht ihre eij^enen Herren
wären und nichts hes« liliossen konnten nlme Zustimmung ihre*
augeablit klicii ab\ve.<en(lon Vogte:s Heuu icli von Ramstein. ^ Der
österreichische Landvogt Graf Hans von Tier%>tein beschränkte
sich dann darauf« den verbündeten Städten — an sie ist sowohl
sein als auch der übrigen Eingeladenen Schreiben gerichtet,
und sie sind das treibende Element — die Erlaubnis zu gewähren,
den Feind auf i'^t rreichischem Gebiete zu verfolgen und dort
T,ebensmitlel zu kaufen; ihnen dagegen Einlass in die öster-
reichischen Festungen zu gewähren, hielt er sich nicht belügt;
dazu müsste er erst die Erlaubnis von Herzog Albrecht ein-
holen. > — Hätselhafl war aber die Haltung von Mülhausen.
Man hätte meinen sollen, diese Stadt, die rings umgeben von
den Gebieten der österreichischen Herrschaft und in nächster
Nähe von Mümpeljiarl la^, hätl»^ flic-m Bund doppelt freudig
iKjgrüsst ; statt dessen ni-n lit fhe Stadt die merkwurdi^slen
und wideisprechendsten Austtu(lite, und es scheint sie bei
ihrer femdlichen Stellung zur österreichischen Heirschaft ver-
schnupft lu haben, dass Versuche gemacht waren, auch diese
zum Eintritte in den Bund zu bewegen. Später aber überwand
die Stadt ihre Bedenken und trat am 0. Juli dem Bunde bei.
Die Streifereien der Armagnaken hatten inzwischen fort-
gedanfrt ; sie hatten sich hei Wnenheim und Sulz sehen lassen
und waren gar am 3. Juli bis in die Aue bei Colmar gekommen.
Jedes Mal war Ck)lmarer Mannschaft ausgerückt, jedoch ohne
den Fdnd weicht zu haben. Jetzt schwang sich der Bund zu
dem Entschlüsse auf, dem Feinde auf den Leib zu gehen und
einen Zug vor Mümpelgart zu unternehi|ien. Zu diesem Zwecke
fand am (1. Juli ein Bundestag^ zu Colmar statt, auf welchem
nufi in der That beschlossen wurde, in den nächsten nrht Ta^ren
ein* II Zn^ j^'^ej.'^en Mijmpelgart zu unternehmen. Viel kuimte allei-
dings nicht dabei herauskommen, denn der Bund wollte sich
nicht auf eine regelrechte Belagerung einlassen, sondern es sollte
lediglich ein Streifzug sein, bei dem man versuchen wollte, den
Feind aus der Stadl in einen Hinterhalt zu locken. Die weitei'en
Beschlüs>e sind wieder so recht bezeichnend für die Schwer-
fälligkeit aller solchen Unternehmungen, wodurch ein schlag-
^ Juii 1, nr. 650.
2 30. Jnni, nr. 648.
> 4. Joli, nr. 6d6.
4 Der Abschied im Mülhanser Crknndsnboch II, nr. 660.
Digitiztxi by <jOOgIe
— loa
fertiges Huiuteln j;eiadezu uiiinoi^^licli wird. Jedeü selbstän-
dige Bundesmitglied beansprucht Fülirun{j^ seines Truppen-
teils unter Führting eines eigenen Hauptmanns; erst wenn der
Zug von statten geht, sollen diese Hauptleute zusammentreten
und aus ihrer Mitte swei, drei oder vier Männer kiesen, denen
das ganze Heer zu folgen hat. Um die notwendigen Vorberei-
tun^^en zum Kriej^- zu treffen, soll ausserdem noch ein Fünfei'-
aussclinss zusarnmetitreten, zu dem der Herr von Bussnang und
der Ahl von Murhach, ebenso die Herren von Lupfen und
Uappoltstein, sowie Colmar und iichleüstadt und endlicii Kaisers-
bei^, Mftnster und TArkheim zusammen je ein Mitglied stellen.
Vernünftig war es dagegen« dass beschlossen wurde, dass jeder-
mann im Heere eine weisse Binde als Abzeichen tragen sollte,
nnd dass beim Zusammentritt des Heeres alle besonderen Banner
und Fähnlein eingezogen werden mussten; das Heer sollte dann
ein «gemeines» Banner, nämlich St. Wiliielms Banner führen.
— Bis aber jener Zug zustande kam, sollte ein Streifkorps von
400 Mann zu Ross und zu Fuss aufgestellt werden, um den Plün-
derungszügen der Schinder zu begegnen.^
Das waren nun ganz tapfere Beschlüsse, die aber leider
nicht zur Ausführung {xelan^ien; denn als nun die Abgeord-
M(>tf'n heimkamen, hatte der eine Herr dieses, die andere
btadt jenes auszusetzen. So wollte Mnlhnusen- von einem Streif-
zug vor MLnn^tel<iarl und der Verwüstung der Umgegend jiii lits
liören ; das winde zu nichts führen, als dass die Armagnaken
an all^ denen, die nicht hinter festen Mauern sassen, Vei^
geltung übten ; lieber sollte der Bund eine regelrechte Belagerung
unternehmen. Schlettstadt erklärte sicii zwar bereit, an dem
Feldzug teilzunehmen, bemerkte aber, dass der Bundestag mit
diesem Beschlüsse seine Befugnis nljerschritten hätte ; vom
Funfcrausschuss wollte es hingegen nichts wissen, da d(*r Bundes-
vertra^ bereits genüjxende Vorkehrun^'^en in dieser Hinsicht ge-
troilen liätte. Vor allem mu.s.ste man sich des Beistandes der
übrigen selbständigen Reichsstädte versichern, um ein Heer von
solcher Höhe, wie es beabsichtigt war, zusammenzubringen.
Da zeigte sich nun aber wieder die ganze Kläglichkeit der Ver-
hältnisse, und Colmar, das die Sache in die Hand genommen
1 Der Anschlag scheint ans in dem Aktenstück des Mülhaofier
Urkundenbueh n, nr. 624 — ohne Datum, von Hossmum in den An-
fang des Jahres 1446 gesetzt — erhalten sa sein. Das Aktenstück
enthält keine Namen, aber nllc Beziehungen stimmen. Danach sollte
eine Trappenmacht von 400 Fterden und 1000 Mann za Fuss sich
in der Nähe von Mümpelgart in einem Hinterhalt legen, und am
anderen Morgen sollte eine möglichst starke Macht nachrücken, ver«
nmtüch nm die Besatzung nach der Seite, wo der Hinterhalt war,
zu einem Ausfall zu verlocken.
i 9. Juli. nr. 662.
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— 15i
hatte, inusste die bitter. -iteii Enttäuschungen ertahren. Nicht
einmal die österreichischen Stände zu Ensislieim waren zum
Ansehloss »i bewegen, obwohl es doch ibr iiidistes Inleresse
war, während der Landvogt Graf Hans von Tierstein nicht ganz
al)g-eneii]fl war. Ebenso erfolglos waren die Bemäbungen, ein
Tnippenkorps zu erhalten, bei Strasshurg, Haj^cnau, dem Bischof
J{tipr f*cht und dem Oberlandvogt Kurtüi*st Ludwip:. oljNvohl dieser
allen Grund hatte, seine lässige Haltuiiv^ wälirend des Kriej^es
in Vergessenheit zn bringen. Die Monale Juli und August waren
nnter diesen vergeblichen Bemühungen verstridien, und so
waren die Aussichten, unter denen der Bundestag am 2. Sep-
tember wieder zusammentrat^s nicht sehr günstig. In dar Tliat
zeigen auch die Verhandlungen, wie hei-abgeslimmt die Hoff-
nungen waren. Nicht einmal die Aufstellunjr j«Mier kleinen
Tri4)j)enmacht, welche die Streifereien der Schindei- verliüten
sollte, war zustande gekommen. Der Bundestag beschrankte
sich darauf, aufs neue die Aufstellung eines kleinen Trupps
von Reisigen zu heschliessen, ging aber in der Zahl ganz erheb-
lich herunter; nur 60 Reisige sollten zur «Landwehr» wider die
Schinder aufgestellt werden, bis € der rechte Zug » wider den Feind
zustande käme. Den Refehl sollte der edle Hans Stoer führen ;
die einzelnen Mann- lll^te^, so viel von den ßundesmitdieiiern
gestellt \vui*den, solllt H am i. Septoniber zu Sulz zusanimen-
treten. Der Plan zu einem Feldzuge vor Mümpelgart war jedoch
nicht aufgegeben ; ein neuer Tag sollte darüber beraten, wenn
inzwischen der österreichische Landvogt Graf Hans von Tier^
stein und der edle Hans Kappeler die Absichten der österreichi-
schen Herrschaff ühev etwaige Beteiligung an dem Zuge er-
fahren hätten. Herzog Albrechf hatte aber genug mit den
Schweizern zu thun, und schliesslich warteten die Aa^naguaken
auch nicht so lange.
Sie kamen in der That wieder. > Am i5. September zogen
sie mit 400 Pferden von MOmpelgart das Land herab und kamen
über RulTach hinau^^ bis in die Nähe von Herlisheim. Hier
^jin'fTen die Dörfer Pfaffenl eim tmd Gebersweiler in Flammen
aut\ W i In end etliche der Schinder das letzlere Dorf plünderten,
VVeiii und Korn aufluden und fröhlich %varen. tränkte ihr Ka-
pitän mit etlichen anderen die Rosse. Da Ihaten sich etliche
bürger zusammen und erschlugen den Kapitän mit denen, die
bei ihm waren. Als der Kapitän nun mit ganzem Harnisch
angethan, ohne sich rühren zu können, am Boden lag, bot er
vergebens eine grosse Summe für sein Leben. Die Bauern
wollten nicht sein Geld, sondern sein Lehen, und töteteii ihn,
155 —
ln/\visclten vei%'inuii«'Uen sich aJ)Cr «iie Walfn, dass die
Bauern nur mit knapper Not nach Münster euliaunen, wo sie
den Haub verprassten. Mutiger waren hing^egen die Weiber,
welche die Barg verteidigten, bis der Sturm voröber ¥rar.* Die
Armaipiaken fingen ober über 100 Menschen, jung und
die sie mit dem erbeuteten Gute fortschleppten. Inzwischen
wurde ihr Zug ruchbar, alle Glocken stürmten, und nun zeigte
sich, dass man doch etwas aus den Ereignissm gelernt hatte.
Eine grosse Menge Volkes zu Ross und zu P^uss kampii zusam-
men und zog den Schindern nach. Als diese aber nieikten, dass
sie verfolgt wuixlen, da flohen sie, was sie konnten, und liessen
Menschen und Vieh stehen. 0ie Reisigen aber hotten sie ein^
während die Fussginger nicht folgen Iconnten, da es «wüste»
war und regnete. Jene a)>er erstachen mehr als 200 der Schin-
der und {rewnnnen üher '200 Pferde. Wären aber die Bauern
rechtzeitig herheigekominon, so wjhev) ihrer nocfi viel mehr
er-st*K'hen worden, denn die Scijiiiiier h.Ulen grossen Schaden
^ethan iin Uberelsass mit Mord uiui Brand. Und darum vvaien
ihnen die Bauern auch gar feind, und wo sie an die Schinder
kamen» da nahmen sie keine gefangen, sondern erstachen alle^
Edle und Unedle.
Das war der letzte Zug, den die Schinder auf elsässisches
Gebiet unternahmen, und wir dürfen wohl annehmen, dass
dieser Misserfolg sie von weiteren UnternehmuT^^^en abschi"erktp.
BiM war das Land jeglicher Gel.thr tiJjei höhten. Am 28. Ok-
tober schieden die Armagnakeii aus Mümpelgart, nachdem die
Bürger ihnen noch 2000 GuMen für Räumung des Schlosses
hatten zahlen müssen.
Damit war für das Oberland die Gefahr beseitigt ; end-
gültig war flas Land von der schrecklichsten aller PIa«fen be-
freit. Nicht so ^ninsfj<r stand die Sache für das T-nteriand, wo
die «ietalir eines erneuten F'inbruch» - der Schinder nahe ge-
rückt war. Die Fehden liei Gralen von Leiningen mit den
Herren von Lichtenberg wollten noch imm^ kein Ende nehmen,
und so bestand auch die Gefahr eines Einfalles der Schinder,
die im Dienste jener Herren standen, fort. NanienMK h im
Anfange des Jahres 1446 kamen in der Hinsicht sehr bedroh-
liehe Nachrichten aus Lothringen herüber. Zum Glücke han-
delte es sich aher jetzt nicht melir um den Einfall einer voll-
ständigen Armee, sondern um einzelne liHuberjicharen, und mit
3 Borlcr in Code historifjiif^ 'lo Strasbourg II, iiö. Man winde
dies Ereignis, da äussere Daten fehlen, in den Beginn des Knegea
setzen können, wenn nicht der Zusammenhang, in dem Berler
erzählt, und der Umstand, dass die Weiber die Barg doch nur vor«
übergehend ha^ton konnten, dem widersprich« ; es wird demnach
unser Ansatz richtig sein.
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I
ülwaü Eneiyie und ^utem Willen mussle man dieser Banden
doch Herr werden iLÖnnen. Schlimmer achoo stand es mit den
Verwicidungen, die wegen des Herrn von Finstingen drohten.
Sirassburir hatte im M m des Jahres 1446 genaue Emnittlun^en
.-in^tellen lassen, welche dessen Teilnahme an den Ausschrei-
huv^en der Armajfnaken unzw»>ir»»1hHft niaciilen. Jetzt ireri:t( )ile
es ihn zui liechensehatt zu ziehen im Vereine mit den tiiaten
von Lützelstein, die ja ebenfalls aufs schwerste geschädigt waren.
Die Gefahr war aber da, dass man dadurch auch die lothrin*
giscbe Macht auf sich stehen würde. Kurs, das Land hefiind
sich in schweren Fx frii chtun^^en, die ja auch durch die späteren
Kreignisse, namentlich durch den Wasselnheimer Krieg gerecht-
lertijft sind, und so wurden aufs nene Verhandlungen ^-^efnlirt
bühuts Abschlu««t s eines litindes, welcher sich namentlich gegen
alle diejenigen richten sollte, welche diese Scharen ins Land
führen würden.
Ueber die Vorverhandlungen sind wir nicht genauer unter-
richtet;' nur waren sie auch jetzt recht langwierig, was wir
aus dem Hin- und Herreisen der Colmarer Abgeordneten su
diesem Zwecke ersehen können. ^ Das Bündnis 3 wurde am
11. Novernljer ;fl»i_'<'-^r}il()<>en und iimfasste ausser dem Kur-
firrst^Ti als Oheriaii(tvo^^f und d*Mii Herrn von Buf^snang M>svie
♦Strassburg lediglich die lleichssliidte Hagenau, Colmar, Schlett-
stadt, Weissenburg, Mülliauseu und Oberebnheim und sollte
auf drei Jahre Gültigkeit haben ; es richtete sich ausdrücklich
gegen solche, die das fremde Volk in das Land brächten oder
demselfjen im Lande Beistand leisteten; sie wollten die Ver*
hMrtflf>tpn na< h Kräften an ihren Schlössern, Städten^ ihrem
Leihe und Gut schädigen ,
Der Bund braudit« k< uk- Probe seiner Leist un^^fahigheit
mehr zu l>estehen; deiui mzwisschen halte König Karl in seinem
Lande jene grosse Armeereform vollzogen, wodurch er der
Wohlthater Frankreichs geworden ist. Die Armagnaken hatten
aufgehört zu sein ; aus den besseren Teilen wurden jene Com-
pagnien gesrhaffen, welche die ersten Anfänge des stehenden
Hf'Mvs Vftn Kiankreirli hilfteferi. Das war ja schlir-^slich der
?j rosse Ertolg des Feldzu^es für Frankreich gewesen, dass die
Armagnaken zeitweise aus dem Lande waren; inzwischen konnten
' Hierher ^choit der Abschied eines Tages zu Oberehnheim ohne
Jahresdatura von Dieubtag nach St. Adolf (September 6), den Schilter
p. 995 unter Aktenstücken des Jahres 1444 abamdct, m aber sdnenk
Inhalt nacli sich auf das Bündnis swischen Pfolsgraf Ludwig und
genannten Reichsstjidten bezieht.
' Die Ausgaben der Stadt dafür sind iu der Eevue d'AUace l. c.
notiert.
— 157 —
alle Massregeln vorbereitet weiden, welche dazu dienen sollten,
aus der bisherigen Geissei des Landes eine Schutzwehr zu schaffen .
Es handeHe^ sich besonders darum» die Zahl der Truppen herab-
zLimindem, jene ccoquhiaiUe» ausiascheiden und für pünktliche
Soidzahlung und feste Garnisonen zu sorgen, damit «las Streifen
im Lande, die eigentliche Quelle aller Unordnung, ein Ende
nahm. Die beabsichtigten Massregeln mussten jedoch im
heimen vorbereitet werden, um eine Wiederkehr solcher Zu-
stände wie nach dein Frieden von Anas zu verhüten. Zu dem
Zwecke wuiden die namhafteren Kapiläoe ins Interesse geio^n.
Ihnen teilte man im Vertrauen von den beabsichligten Mass-
regeln so viel mit, als nötig war, dass sie auserlesen wären, mit
ihrer besten Mannschafl in die ständigen Dienste des Königs
zu treten. So ihres Beistandes veisichert, könnt«' der König es
wagen, d«»n Haiiptschlag zu führen Nach der Rückkehr der
Armagnaken taiid vor dem Gonnetable Artus de Hichemont
grosse Truppenschau statt, und er bestimmte, wer nun in die
neu zu bildenden fünfzehn Gompa^^nien aufgenommen werden
sollte. Die übrigen sollten in einzelnen Trupps in iiire Heimai
zurückgeleitet werden, wo sie ihre frühere Beschäftigung,
bevor sie das Kiie'^'^slKindwerk enrriffen hatten, wieder auf-
nahmen mussten. S( Ihstverständlich konnte die letztere Be-
stimmung' in ihrem ganzen Umfanjre nicht durchgeführt wer-
den; nameiillich in Lothringen iiielt sich noch /.ahlreiches
GcMsindel in Diensten der ander Elsässer Grenze ansässigen Land-
herren, und ihre Scharen sind es, die noch einige Jahre das.
Elsass beunruhigen, um dann auch zu verschwinden.
Wir sind zu Ende; es ist eines der traurigsten Kapitel,
deutscher Geschichte, das hier autgerollt ist; scheint es doch,
als oh den Häuptern des Reiches jeglicher Sinn tnr des Heiches
Ehre und Wühitalirt abhanden gekommen war. Einen Licht-
blick gewährt allein das Verhalten des elsassischen Bürgertums,
und da kt es Strassburg vor allem, dessen Wappenschild heU
und strahlend er*jlanzt. Es giebt keine Stadt in Süddeutsch land,
die das ganze 15. Jahrhundert hindurch in allen Fährlich keilen
eine gleich mannhafte Haltung beobachtet wie diese Freistadt
des deutschen Reiches, nicht einmal das mächtige Ulm, das
Haupt des schwähischen Rundes. Auf seine eigene Kraft an-
gewiesen, hat es den Kampf wider den gewaltigen Feind auf-
genommen, und meist mit Erfolg, immer mit Ehren gestritten.
Und wenn der deutsche Name bei diesen gallischen Kriegs-
knechten noch ^nigen Ruf behielt, so ist es die Faust der
■wat^keren Strassburger Büi*ger gewesen, die ihnen diese Achtung
al»p:ezwtingen hat. Wie steht sie doch d:^ diese Stadt, die stolz
jede Unterhandlung mit dem Feinde abweist, so lange er auf
1 de Beaacoort III, 391 ff.
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— f58 —
dem Boden des Reielies steht, im Verffleiche zu dem Herrscher
des Reiches und dessen «Säulen», den Kurfürsten ! für die
Geschichte des deutschen Reiches möclite man wohl wünschen,
dass es keinen Armengeckenkrieg zu verzeichnen gä he ; in dem
schimmernden Ruhmeskranze Slrasshurgs hingegen bedeutet
er einen der glänzendsten FMelsteine. Vielleicht ebenso tüchtig
und ehrenhaft wai- das Verhalten des übrigen elsässischen
Bürgertums; und wenn es weniger in den Vordergrund tritt,
so liegt die Ursache davon in der Geringfügigkeit der Mittel,
welche diesen Städten zu Gebote standen. Es will schon etwas
bedeuten, dass auch die kleinsten Reichsstädte mutig dem
Feinde stand hielten, dass nur eine einzige Reichsstadt vom
Reiche abfiel, trotz aller lockenden Verführung. Und wenn
wir dann erwägen, wie sehr den armen Rosheimern dies ver-
dacht wurde, wie sie überall als Abtrünnige von der guten
Sache verachtet waren, wenn wir ferner sehen, wie scharf diese
Reichsstädte auch das Verhalten der übrigen Landstädte tadelten,
die in allzu grosser Verzagtheit dem Feinde die Thore geöffnet
hatten, wie sie sich selbst den Pflichten des Mitleids gegen-
über verhärteten und unbarmherzig solche von Haus und Hof
Vertriebene abwiesen, wie sie selbst ihre eigenen Bürger, die
sich hatten gefangen nehmen lassen, lieber elend umkommen
liessen, als dem Feinde durch ihre Auslösung Mittel zum
Unterhalt zu gewähren, da muss man sagen, es war ein wetter-
hartes, kernfestes Geschlecht, dieses Bürgertum in den elsäs-
sischen Reichsstädten, welches das Banner der nationalen Sache
aufrecht erhielt. Traurig war es, dass diesen wackeren Scharen
der Führer fehlte, der sie vereint gegen den Feind geführt
hätte. Freilich kamen wieder bessere Zeiten, und unter einem
Maximilian I. wäre nicht möglich gewesen, was der Vater straf-
los geschehen liess.
SB
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Stmfcburg
Bachdracktrei tou J, K Ed. Heits (Heits d MOndoll.
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OC 10» .Wi
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